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Full text of "Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins"

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Zeitschrift 


des 

Deutsclieii  Palaestiiia-Vereiiis» 

Herausgegeben 

von  dem  geschäftsführenden  Ausschuss 

unter  dei*  verantwortlichen  Redaction 

von 

Prof.  Lic.  Herinaiiu  Giithe. 

/      €. 

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Band  VII. 

Mit   1  Holzschnitt  und  3  Tafeln. 


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Leipzig  1884 

iu  Commissiou  bei  K.  Baedeker, 


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Inhalt 


des  siebenten  Bandes  der  Zeitschrift  des  Deutschen 
Palästina -Vereins. 


Seite 
Nachrichten    über  Angelegenheiten   des  Deutschen   Vereins    zur 

Erforschung  Palästina's I 

Personalnachrichten  und  geschäftliche  Mittheilungen.    .    .  III.V.  XI.XXIX 

Rechenschaftsbericht  über  das  Vereinsjahr  1883 VII 

Auszug    aus    der    Rechnung    über  Einnahme   und   Ausgabe   des 

Deutschen  Palästina- Vereins  1883 XII 

Verzeichniss  der  vom  30.  Juni  1883  bis  zum  26.  April  1884  für 
die  Palästina -Bibliothek  eingegangenen  Bücher,  Zeitschrif- 
ten u.  s.  w XIV 

Verzeichniss  sämmtlicher  Mitglieder  des  Deutschen  Palästina- Ver- 
eins            XVII 

Protokollarischer  Bericht  über  die  am  2.  Oktober  1884  in  Dessau 
abgehaltene  dritte  Generalversammlung  des  Deutschen  Palä- 
stina-Vereins          XXVII 


Bemerkungen  über  Gaza  und  seine  Umgebung.  Von  G.  Gatt  .  1 
Das  altchristliche  Taufhaus  neben    der  Kirche    in  'Amwäs.     Von 

C.  Schick 15 

Die  Pilgerfahrt  des  russischen  Abtes  Daniel  ins  heilige  Land  1113 

— 1115.     Übersetzt  von  A.  Leskien 17 

Die  sogenannte  Manära  in  Tyrus.     Von  J.   Gildemeister  ....  74 

Moabitisches !    Von  E.  Pryin 78 

Beiträge  zur  Kenntniss  abergläubischer  Gebräuche  in  Syrien.   Von 

Jüijüb  Abela 79 

Beiträge  zur  Inschriftenkunde  Syriens.    Schreiben  des  Herrn  Dr. 

J.  H.  3Iordtmann  in  Tera.  a.n  die  B-edaction 119 

Das  Thal  Zeboim,  Sam.  I.  13,  18.    \ on  K.  3Iarti 125 

Nachträgliches  zu  Nabulus  und  Garizim.     Von  31.   Grünbaum    ,  131 

Die  Dreifussbasis  von  Nabulus.    Von  Th.  Schreiber 136 


n 

Seite 
Bemerkungen  über  Anthcdon  und  Muntür.    Von  Th.  Xüldeke  und 

J.  Gildeiueister 140 

Beiträge    zur  Palästinakunde   aus    arabischen  Quellen  IV.     Von 

J.  ff'ildeiueister 143 

Heilbäder  und  Badeleben  in  Palästina.     Von   H.  Dechent .    ...  173 

Jüdische  Münzen  aus  Jerusalem.     Von  /.  G.  Stichel 211 

Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  IV   Schluss). 

Von  J.  Gildemeister 215 

Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Palästina- 
literatur 1SS3.     Von  A.   Socin 231 

Die  römisch-katholische  Kirche  in  Palästina.     Von    K.  Schnahl  263 

Verzeichniss  der  bewohnten  Ortschaften    der  Kaimakamlje  Gaza. 

Von  G.  Gatt 293 

Die    orthodoxe    Palästina -Gesellschaft    in    Kussland.      Von    H. 

Guthe 299 

Correspondenzen 306 

Bücheranzeigen:     Cunrady ,     Vier    rheinische    Palästina -Pilger- 
schriften      65 

Berichtigungen  und  Nachträge 310 


Holzschnitt,   Krug  aus- Teda  darstellend.    •    .    .  ' Zu  Seite:  7 

Tafel  I :  Das  altchristliche  Taufhaus    neben  der  Kirche  in   Am- 

■wäs    Lithügi'aphie; . »      15Ö". 

Tafel  II :     Altchristliche  Inschrift; .     Nach    einem   Abklatsch    des 

Dr./.  H.  Mordtnunm  (Lithographie) »    llQff. 

Tafel  III:  Die  Dreifussbasis  von  Nabulus   Lichtdruck^ »    136  fi'. 


Pcrsoiuiliiachricliteii  und  trescliüftliclie  Mittlioiluns^n. 


Als  Mitglieder  sind  dem  Vereine  beigetreten : 
Kinter,  P.  ManrKs,  O.  S.  B.,  Stiftsarchivar  in  Raigcrn  bei  Brunn. 
Loeb,  Isidor,  in  Paris. 
Lotz,  Lic.  Dr.  Wil/i.,  Privatdocent  der  Theologie  in  Erlangen. 

Durch  den  Tod  verlor  der  Verein  die  Mitglieder  : 

Calinich,  Dr.  phil.,  Hauptpastor  an  St.  Pauli  in  Hamburg. 
Kalliwoda,  Günther,  Abt  des  Benedictiner-Stifts  Raigern  bei  Brunn. 
Lützenkirchen,  Arnold,  Orientalist  in  Düren. 

Ihren  Austritt  erklärten  : 

Abcrlc,  H.  G.,   Secretair   der  Gesellschaft  des  deutschen  Tempels  in 

Stuttgart. 
Dlumenthal,  Dr.  M.,  in  Berlin. 
Boehrmyer,  Immanuel,  in  Bönnigheim. 
Dörr,    W.,  in  Bonn. 
Gatt,  G.,  kath.  Missionar  in  Gaza. 
Godet,  Dr.  /''. ,  Professor  in  Neuchätel. 
Harnach,  Dr.  Adolf,  Professor  in  Giessen. 
Hefter,  Rev.  Dr.  A.,  in  Frankfurt  a/M. 
Krause,  Alb.,  Pastor  an  St.  Catharina  in  Hamburg. 
Lantz,  H.,  Rittergutsbesitzer  in  Lohau^en  b/Kaiserswerth. 
Ritschi,  Dr.  Alb.,  Consistorialrath  und  Professor  in  Göttingen. 
Trumpp,  Dr.  phil.  E.,  Professor  in  München. 
Wehner,  Kaufmann  in  Beirut. 
Wiegand,  Pfarrer  in  Schlieprüthen  bei  Serkenrode. 


Herr  L.  Conrady  in  Miltenberg,  Pfarrer  a.  D.,  hat  am  27.  De- 
cember   1883   dem  Expeditiönsfonds   unseres  Vereins   als  Reinertrag 

a* 


IV 

der  von  ihm  herausjjegebenen  Vier  Klipinischen  Palästina-Pilgerscliriften 
die  Summe,  von  5  4  Mark  1  U  l't.  ül)er\viesen. 

llcn  A.  Conradt/  hat  ebenfalls  am  10.  März  d.  J.  im  Auftrage 
des  Herrn  Jul.  hettbrck  in  Wiesbaden  einen  einmaligen  Beitrag  von 
5  M  a  r  k  für  den  Expeditionsfonds  unseres  Vereins  eingesandt. 


Das  weitere  Comite  des  Deutschen  Vereins  zur  Erforschung  Pa- 
Ifistina's  hat  den  von  dem  geschäftsführenden  Ausschuss  gestellten 
Antrag  auf  l^nterstützung  der  von  Herrn  Adolf  Frei  aus  Zürich  beab- 
sichtigten wissenschaftlichen  Reise  nach  Palästina  ohne  Einsprache 
genehmigt.  Herr  Adolf  Frei  hat  am  1.  Februar  d.  J,  seine  Reise  in 
Triest  angetreten  und  gedenkt  Anfang  April  in  Tiberias  einzutreffen. 

Der  Plan  des  Herrn  Adolf  Frei  hat  Herrn  Prof.  Dr.  W.  A.  Netimami 
in  A\'ien  (Mitglied  des  weiteren  Comite's  unseres  Vereins)  zur  gleich- 
zeitigen Wiederaufnahme  seiner  im  Jahre  1869  unternommenen  For- 
schungen am  See  Genezareth  bewogen.  Derselbe  hat  sich  mit  Herrn 
Frei  über  eine  gemeinsame  Arbeit  an  den  Ufern  des  Sees  Genezareth 
verständigt  und  wird  bereits  jetzt  in  Tiberias  angekommen  sein  ,  um 
die  nothigen  Vorbereitungen  für  eine  sichere  gemeinsame  Durch- 
wanderung der  östlichen  Ufergegenden  zu  treffen. 

Professor  W.  A.  Neumann  richtete  von  'Akka  aus  an  den  ge- 
schäftsführendeu  Ausschuss  die  Bitte,  auch  ihm  mit  Geldmitteln  zur 
Erreichung  seiner  wissenschaftlichen  Zwecke  behülflich  zu  sein.  Da 
die  Zeit  es  nicht  erlaubte ,  von  Neuem  das  Gutachten  des  weiteren 
Comite's  einzuholen ,  so  hat  der  geschäftsführende  Ausschuss  sich  ge- 
nöthigt  gesehen,  diese  Angelegenheit  für  sich  allein  zu  erledigen. 
Von  der  Ansicht  geleitet ,  dass  es  von  wesentlichem  Nutzen  sein 
werde ,  gerade  die  gemeinsame  Arbeit  der  Herren  Frei  und  Neumann 
zu  fördern ,  hat  der  Ausschuss  auch  Herrn  Professor  Neumann  eine 
Unterstützung  bewilligt,  ohne  jedoch  die  in  den  Verhandlungen  mit 
dem  weiteren  Comite  überhaupt  für  dieses  Unternehmen  in  Aussicht 
genommenen  Mittel  zu  überschreiten. 


Geschlossen  am  22.  März    1884. 

Die  Redactiou. 


Personalnacliricliteii  und  geschäftliche  Mittheilungen. 


Als  Mitglieder  sind  dem  Vereine  beigetreten : 
Schrüiler,  Dr.  Carl  Friedrieh,  Pfarrer  a.  D.  in  Cannstatt. 
Sieveliing,  Dr.  med.  Wilh.,  in  Hamburg. 

Durch  den  Tod  verlor  der  Verein  das  Mitglied : 
Schapira,  M.  W.,  Buchhändler  in  Jerusalem. 


Über  die  Reise  des  Herrrn  Professor  Dr.  W.  A.  Neunmnn  gebe  ich 
nach  seinen  Briefen  folgende  Mittheilungen,  die  der  Reisende  selbst  zu 
prüfen  die  Güte  hatte : 

Herr  Professor  Dr.  W.  A.  Keumami  ist  am  1.  Mai  d.  J.  von  seiner 
Reise  nach  Spien  wohlbehalten  wieder  in  Wien  eingetroffen.  Nach  einer 
langwierigen  Überfahrt  war  er  über  Athen  und  Smyrna  am  20.  Februar 
in  'Akka  angelangt  und  begab  sich  von  dort,  sobald  das  ungünstige  Wetter 
die  Landreise  gestattete,  über  Xazareth  nach  Tiberias,  dessen  Umgegend 
einer  genauen  Untersuchung  unterzogen  wurde.  Koltin  Agha ,  Sohn  des 
'Akil  Agha,  übernahm  das  Geleit  durch  den  südlichen  Theil  des  Dschölän. 
Diese  Reise  begann  vom  Zeltlager  Koltin  Agha's  am  Dschisr  Mudschämi'a, 
der  grossen  Jordanbrücke  südlich  vom  See  Tiberias,  und  bog  an  der  Jarmük- 
brücke  in  das  Thal  dieses  Flusses  ein.  Dieses  wurde  aufwärts  bis  zu  den 
heissen  Quellen  unterhalb  von  Umm  Kes  verfolgt ;  dann  wandte  sich  Herr 
Prof.  Nettmat^n  auf  die  nördlich  gelegene  Hochebene  und  gelangte  über 
Kafr  Harib  nach  Fik  und  Sküfije.  Unterwegs  besuchte  er  KaVat  el-Hösn 
und  den  Chan  'Akabat  Kafr  Harib  zu  Fuss.  Von  Sküfije  hinab  zur  Ruine 
Awanisch,  die  am  Südrande  des  Wädi  es- Semach  auf  einer  den  Ausgang 
beherrschenden  Anhöhe  gelegen  ist.  Dann  wandte  sich  Herr  Prof.  Nenmann 
ostwärts  im  Thale  und  ging  in  halber  Höhe  über  der  Thalsohle  aufwärts 
bis  zu  einer  Ruine  Kadesije  mit  prächtiger  Quelle.  Bald  darauf  verliess 
er  den  AVädi ,  um  'Al'äl  auf  der  Hochebene  zu  erreichen ,  und  umritt 
von  dort  aus  die  zwei  von  N.  herabkommenden  Nebenthäler  des  "Wädi 
es -Semach.  Er  fand  im  westlichen  Thal  einen  grossen  antiken  Ruinen- 
komplex mit  Namen  Umm  el-Kanätir,  am  Oberrande  des  östlichen  Neben- 
thales  das  schon  dem  Namen ,  aber  nicht  der  Lage  nach  bekannte  Kasr 
Bardawil,  einen  unförmlichen  Trümmerhaufen  von  schwarzem  Gestein. 
Über  eine  sehr  sumpfige,  unwegsame  Ebene  gelangte  Herr  Prof.  Xeumann 
dann  nach  Chasfin,  wo  er  ein  viereckiges  Trümmerplateau  fand.  Er  über- 
nachtete in  'Ain  Dakar  und  begab  sich  auf  dem  bekannten  Wege  nach 
dem  grossen  Dorfe  Tsil.  Von  Mer  wandte  er  sich  über  Der  Eijüb  nach 
Süden,  Der  Aschä'ir  und  Mzerib  und  endlich  Edrä't.  In  westlicher  Rich- 
tung kehrte  er  darauf  über  Remte  und  ATäl  nach  Umm  Kes  und  Tiberias 
zurück. 

Am  5.  April  verliess  Herr  Prof.  Neumann  Tiberias  wieder ,  um  über 
5aifa  südwärts   nach  Jerusalem   zu  reisen.     Am   8.  April  führte   ihn  sein 


VI 

"NVeg  um  das  Vorgebirge  des  Karmel  über  et-Tire  und  Atlit  nach  Idschzim 
Igiini  ,  vo  er  bei  der  reichen  Familie  Mädi  Aufnahme  fand.  Dort  sollen 
im  Alterthum  reiche  Erzlager  angebaut  worden  sein.  Herrn  Prof.  yeumann 
wurden  zwei  Stellen  gezeigt ,  deren  eine  Nuhäs  (Kupfer  .  deren  andere 
Hadld  Eisen  geliefert  haben  soll.  Es  waren  wohl  Schutthalden  zu  sehen, 
doch  keine  Spur  eines  Stollens  war  zu  entdecken.  Auch  Quecksilber  Zibäk) 
soll  in  der  Umgegend  gefunden  worden  sein.  In  einer  Berglehne  viele 
Felsengräber.  Wahrscheinlich  ist  Idschzim  oder  Igzim  so  in  Haifa  eine 
sehr  alte  Ortslage.  Die  mitgenommenen  Proben  von  «Erzen«  erwiesen  einen 
höchst  unbedeutenden  metallischen  Gehalt. 

Am  y.  April  ging  Herr  Prof.  yeumaun  über  die  Hügel  nach  Subbarln, 
liess  die  Judenkolonie  Samarin  in  der  Entfernung  von  etwa  einer  Stunde 
rechts  liegen .  berührte  Kannir  und  erreichte  auf  der  wenig  bekannten 
Sultäni  am  Abend    Anibta. 

Am  10.  April  kam  der  Reisende  in  Näbulus  an  und  erhielt  von  dem 
dortigen  Gouverneur  sofort  die  Erlaubniss .  von  den  Inschriften  der  in 
Z.  D.  P.-V,  VI.  S.  230  ff.  erwähnten  Dreifussbasis  Abklatsche  zu  nehmen. 
Einer  derselben  gelangte  am  2.  Mai  in  die  Hände  der  Redaction  und 
ist  mit  Erfolg  für  die  Entzifferung  der  Inschrift  verwerthet  worden. 

Von  Xäbulus  begab  sich  Herr  Prof.  Xeumann  nach  Jerusalem,  wo  er 
zwei  Tage  blieb,  von  Jerusalem  über  el-Kubebe  nach  Amwüs  und  auf  der 
bekannten  Strasse  nach  Jafa.  LT3er  Alexandrien.  von  wo  er  einen  Abstecher 
nach  Kairo  machte,  kehrte  er  nach  Triest  zurück. 

Der  ausführlichere  Bericht  über  diese  Reise  wird  demnächst  in  dieser 
Zeitschrift  veröffentlicht  werden. 


Von  Herrn  Ad.  Frei  aus  Zürich   sind  bis  jetzt  der  Redaction  keine 


Nachrichten  über  seine  Reise  zugegangen. i) 


Herr  Ingenieur  G.  S.  Schumacher  in  Haifa  hat  die  Güte  gehabt,  der 
Redaction  eine  Skizze  des  südlichen  Dschölän  bis  zum  Jarmükflusse  sowie 
eine  Skizze  der  Umgebungen  der  heissen  Quellen  bei  Umm  Kes  zu  über- 
senden. Beide  Arbeiten  werden  demnächst  verwerthet  werden.  Für  die 
freundliche  Übersendung  spreche  ich  an  dieser  Stelle  Herrn  G.  S.  Schumacher 
den  wärmsten  Dank  des  Vereins  aus. 


Verspätet.^ 
Herr  Professor  Dr.  E.   Trumpp  in  München   hat  sich  in  Folge   eines 
hartnäckigen   Augenleidens   genöthigt   gesehen ,    seinen   Austritt  aus  dem 
Deutschen  Verein    zur   Erforschung   Palästinas   zu    erklären.     Der  Verein 
bedauert,  dadurch  ein  Mitglied  des  weiteren  Comites  verloren  zu  haben. 


Geschlossen  am  22.  Juni  1884. 

Die  Redactiou. 


'I  Am  '2?.  Jaoi  ist  ein  Brief  de-  Herrn  Ad.  Frei  ans  Daniaskns  in  Leipzig  eingetroffen. 


Nachrichten 


über 


Angelegenheiten  des  Deutschen  Vereins 


zur 


Erforschung  Palästina's. 


Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VII. 


Recheuschaftsbericlit  über  das  Yereinsjahr  1883. 


Zunächst  liegt  es  mir  ob  ,  über  die  schon  im  vorigen  Rechen- 
schaftsbericht (vgl.  ZDPV.  VI,  p.  III  der  Nachrichten  über  Ange- 
legenheiten des  DPV.)  erwähnten  Verhandlungen  betreffs  des  Ankaufs 
des  »Deutschen  Palästina-Museums«  in  Jerusalem  zu  berich- 
ten. Leider  ist  auch  heute  diese  Angelegenheit  noch  nicht  völlig 
erledigt;  ich  muss  mich  daher  darauf  beschränken  ,  nur  die  bis  jetzt 
abgeschlossenen  Thatsachen  zu  erwähnen. 

Das  »Deutsche  Palästina -Museum«  in  Jerusalem  ist  wesentlich 
aus  den  Sammlungen  hervorgegangen,  die  Herr  Dr.  O.  Kersten  als 
Kanzler  und  späterer  Verweser  des  kaiserlich  deutschen  Konsulats  in 
Jerusalem  angelegt  hatte.  Bei  seinem  Abgange  übergab  er  dieselben 
dem  dortigen  »Deutschen  Verein«  als  Geschenk  unter  der  Bedingung, 
dass  derselbe  für  die  Ordnung  und  Aufstellung  der  gesammelten  Ge- 
genstände Sorge  tragen  sollte.  Es  mussten  eine  Anzahl  Bälge  palästi- 
nensischer Thiere  ausgestopft,  Käfer  aufgespannt,  Insekten  in  Spiritus 
conservirt  werden  u.  dgl.  Auf  energischen  Betrieb  des  damaligen  kaiser- 
lichenKonsuls,  des  Herrn  Freiherrn  von  Münchhausen,  brachten  die 
wohlhabenderen  Mitglieder  der  deutschen  Kolonie  in  Jerusalem  durch 
freiwillige  Beiträge,  sowie  durch  Veranstaltung  von  Koncerten  die  erfor- 
derlichen Geldmittel  zusammen,  um  diese  Arbeiten  besorgen  zu  lassen 
und  die  Aufstelhmg  der  Gegenstände  in  einem  dazu  gemietheten  Lo- 
kale zu  bewirken.  Man  suchte  auch  in  Deutschland  durch  Vermittlung 
der  Presse  das  Interesse  für  dieses  junge  Museum  zu  wecken,  jedoch 
leider  ohne  nennenswerthe  Erfolge  zu  erzielen.  Nach  Ablauf  einiger 
Jahre  sah  sich  der  »Deutsche  Verein«  oder  vielmehr  das  aus  Mitgliedern 
desselben  gebildete  »Museumskuratorium«  aufs  neue  der  Aufgabe  ge- 
genüber gestellt,  ein  passendes  Lokal  für  die  Sammlungen  zu  beschaf- 
fen ,  da  der  Eigenthümer  des  bisher  benutzten  Raumes  das  Miethver- 
hältniss    aufhob.     Man   entschied   sich  dafür,    das   Museum   bis   auf 


VIII 


weiteres  in  den  Unterrichtsräumen  der  deutschen  Schule ,  die  damals 
das  einem  muslimischen  Einwohner  Jerusalems  gehörige  Haus  neben 
dem  preussischen  Johanniterhospiz  benutzte,  unterzubringen.  Die 
Schränke  wurden  auf  verschiedene  Zimmer,  wie  der  Platz  es  eben  ge- 
stattete, vertheilt,  und  für  die  Pflege  der  den  Nachtheilen  des  täglichen 
Verkehrs  in  den  Schulzimmern  ausgesetzten  Gegenstände  der  Samm- 
lungen geschah  nichts  mehr,  da  die  anfangs  aufgebrachten  Geldmittel 
nicht  nur  längst  verbraucht  waren,  sondern  auch  bereits  die  Kasse  des 
Deutschen  Vereins  selbst  zur  Erhaltung  des  Museums  eine  Anleihe 
auf  ihre  Rechnung  gemacht  hatte,  die  noch  nicht  hatte  abgezahlt  wer- 
den können. 

So  standen  die  Dinge,  als  ich  im  Frühjahr  18S1  in  Jerusalem 
eintraf.  Ich  hatte  Veranlassung,  mich  um  die  Verhältnisse  des  Museums 
zu  bekümmern,  da  ich  demselben  ein  Herbarium  übergeben  sollte,  das 
Herr  Dr.  O.  Kernten  während  seiner  Reise  um  das  Todte  Meer  ge- 
samjnelt  und  in  Berlin  mit  nicht  unerheblichem  Aufwand  hatte  ordnen 
und  mustergiltig  einrichten  lassen  (vgl.  die  den  Wcrth  dieses  Herba- 
riums beti-effenden  Äusserungen  Ascheuson's  in  ZDPV.  VI,  S.  226  f.) . 
Ausserdem  musste  ich  darauf  bedacht  sein,  zur  Aufbewahrung  der  bei 
meinen  Ausgrabungen  gefundenen  Gegenstände  einen  geeigneten  Raum 
zu  erlangen.  Da  der  Ausschuss  des  Palästina-Vereins  nicht  beabsich- 
tigte, in  Deutschland  ein  »Palästina-Museum«  zu  gründen,  so  lag  es  am 
nächsten ,  die  verschiedenen  bei  meinen  Ausgrabungen  gemachten 
Funde  mit  dem  bereits  bestehenden  Jerusalemer  »Palästina -Museum« 
zu  verbinden  und  zugleich  den  Versuch  zu  machen ,  dasselbe  vor  dem 
drohenden  Untergang  dadurch  zu  behüten ,  dass  der  Deutsche  Verein 
zur  Erforschung  Palästina's  die  Sorge  für  dasselbe  übernahm. 

In  einer  am  9.  Mai  1881  abgehaltenen  Sitzung  des  Jerusalemer 
Museumskuratoriums,  zu  welcher  ich  von  dem  damaligen  Vorsitzenden, 
Herrn  Frhrn.  von  Münchhausex,  eingeladen  worden  war,  wurde  über 
die  Übernahme  der  Sammlungen  seitens  des  Deutschen  Palästina- Ver- 
eins verhandelt.  Das  Ergebniss  dieser  Verhandlungen  war,  dass  der 
Vorschlag,  gegen  Erstattung  der  von  dem  Deutschen  Verein  in 
Jerusalem  zum  Besten  des  Museums  verausgabten  Gelder  (in  runder 
Summe  30U  Frcs.)  die  Sammlungen  abzutreten,  abgelehnt  wurde,  da- 
gegen ein  anderer  Antrag  Annahme  fand,  demzufolge  sich  der  Jerusa- 
lemer Deutsche  Verein  bereit  erklärte,  gegen  Zahlung  von  AOO  J/l  das 
ihm  seiner  Zeit  unentgeltlich  übergebene  Museum  dem  Deutschen  Pa- 
lästina-Verein zu   überlassen.     Ich  erklärte  mich  meinerseits  bereit. 


IX 


diesen  Beschluss  des  Kuratüriunis  dem  geschäi'tsi'ührenden  Ausschusss 
des  Palästina- Vereins  zur  Prüfung  vorzulegen,  bemerkte  aber  zugleich, 
dass  meiner  Meinung  nach  diese  höhere  Forderung  die  Übernahme 
der  Sammlung  durch  den  Deutschen  Palästina- Verein  nicht  unwesent- 
lich erschweren  würde. 

Da  ich  einerseits  voraussetzen  durfte,  dass  der  geschäftsführende 
Ausschuss  des  Palästina -Vereins  die  Übernahme  des  Museums  im 
Princip  gutheissen  würde,  andererseits  noch  hoffte,  dass  sich  die  etwa 
entstehenden  Differenzen  über  die  Höhe  der  Kaufsumme  würden  aus- 
gleichen lassen  ,  und  zugleich  fest  überzeugt  war  ,  dass  die  für  die 
Übernahme  erforderlichen  Einrichtungen  mit  verhältnissmässig  gerin- 
ger Mühe  von  mir  persönlich  würden  gemacht  werden  können ,  hin- 
gegen später  auf  dem  Wege  des  schriftlichen  Verkehrs  von  Deutsch- 
land aus  viel  Zeit  und  Weitläufigkeiten  verursachen  würden  ,  so  traf 
ich  noch  während  meiner  Anwesenheit  in  Jerusalem,  Sommer  ISSl, 
folgende  Anordnungen.  Ich  miethete  am  20.  Mai  1881  in  den  unteren 
Räumen  des  von  der  deutschen  Schule  benutzten  Hauses  zwei  Zimmer 
und  liess  dieselben  zur  Aufnahme  der  Sammlungen  herrichten,  so  dass 
diese  Anfang  August  1881  darin  untergebracht  werden  konnten.  Fer- 
ner liess  ich  die  Schränke  bequemer  einrichten,  die  Insektengläser  mit 
frischem  Spiritus  füllen  und  neu  verkitten ,  auch  einen  Tisch  für  das 
Museum  anfertigen ,  der  für  mehrere  Gegenstände  desselben  Platz 
bieten  und  das  Arbeiten  in  den  Museumsräumen  selbst  ermöglichen 
sollte.  Diese  Arbeiten,  die  sämmtlich  den  Zweck  hatten,  die  Samm- 
lungen vor  der  Zerstreuung  und  dem  Untergang  zu  be- 
wahren und  si  e  wieder  benutzbar  z  u  machen  ,  verursachten 
insgesammt  eine  Ausgabe  von  277  Ji  80  e® ,  die  in  der  Vereinsrech- 
nung von  1882  aufgeführt  worden  ist. 

Bei  den  Verhandlungen  im  geschäftsführenden  Ausschuss ,  die 
nach  meiner  Rückkehr  stattfanden ,  erhoben  mehrere  Mitglieder  sehr 
lebhafte  Einsprache  gegen  die  Höhe  der  Entschädigungssumme.  Es 
wurde  hervorgehoben,  dass  für  eine  stark  vernachlässigte  und  in  Un- 
ordnung gerathene  Sache  immer  nur  eine  geringe  Forderung  gestellt 
werden  könne,  dass  die  Gegenstände  zum  Theil  nur  durch  die  von  mir 
angeordneten  Arbeiten  wieder  verkaufsfähig  geworden  wären  ,  dass 
doch  mindestens  ein  annäherndes  Inventar  von  dem  Deutschen  Verein 
behufs  des  Verkaufs  aufgestellt  werden  müsste ,  und  besonders ,  dass 
die  jährlichen  Kosten  für  die  Pflege  des  Museums  doch  eine  starke 
Belastung  der  Vereinskasse  ergeben  würden.     Um  dennoch  die  Über- 


nähme  zu  ermöglichen  ,  versuchte  Herr  Dr.  C).  Kersten  in  Berlin  die 
Unterstützung  des  königlich  preussischen  Kultusministeriums  für  die- 
sen Zweck  zu  gewinnen.  Da  aber  nach  dem  Tode  des  Herrn  Geh. 
OberregierungsrathesDr.  Göppert,  welcher  jene  Anregung  sehr  freund- 
lich aufgenommen  hatte ,  die  Stelle  eines  vortragenden  üathes  über 
Angelegenheiten  des  höheren  Unterrichts  u.  s.  w.  im  preussischen 
Kultusministerium  längere  Zeit  vakant  war,  so  verzögerte  sich  die  Ein- 
sendung eines  Gesuches  bis  zum  Oktober  1S82,  und  ehe  eine  Antwort 
vom  königlich  preussischen  Kultusministerium  einging,  erhielt  ich  von 
Jerusalem  die  Nachricht .  dass  das  deutsche  Palästina-Museum  inzwi- 
schen an  Herrn  Schneller  ,  den  Hausvater  des  syrischen  Waisen- 
hauses, verkauft  worden  sei. 

Durch  diesen  Schritt  des  Deutschen  Vereins  in  Jerusalem  sind  die 
Eigenthumsrechte  des  DPV.  auf  gewisse  Gegenstände  der  Sammlungen 
verletzt  und  die  Ansprüche  desselben  auf  Entschädigung  der  für  Er- 
haltung des  Museums  gemachten  Ausgaben  ausser  Acht  gelassen  wor- 
den. Der  geschäftsführende  Ausschuss  des  DPV.  hat  den  sehnlichen 
Wunsch  ,  dass  die  dadurch  hervorgerufenen  Differenzen  unter  Ach- 
tung der  Rechte  des  DPV.  ausgeglichen  und  auf  gütlichem  "Wege  bei- 
gelegt werden.  Das  nothwendige  Erforderniss  zur  Erfüllung  dieses 
Wunsches  ist  freilich ,  dass  der  Deutsche  Verein  in  Jerusalem  nicht 
versäumt,  durch  bereitwilliges  Entgegenkommen  seinerseits  einen 
solchen  Ausgleich  zu  ermöglichen.  Die  Verhandlungen,  in  denen  wir 
uns  über  die  befremdlichen  Schritte  des  Deutschen  Vereins  Aufschluss 
erbitten,  sind  noch  nicht  abgeschlossen.  Über  ihren  Erfolg  kann  da- 
her erst  im  nächsten  Jahre  berichtet  werden. 

In  Bezug  auf  Reiseunternehmungen  ist  zu  erwähnen,  dass 
am  Ende  des  Jahres  1883  das  Gesuch  des  Herrn  Ab.  Frei  aus  Zürich 
um  Unterstützung  einer  wissenschaftlichen  Reise  nach  Palästina  den 
Ausschuss  beschäftigte.  Das  weitere  Comite  hat  die  darauf  bezüglichen 
Vorschläge  des  Ausschusses  genehmigt,  Herr  Ad.  Frei  hat  jedoch  nur 
die  als  erste  Rate  ihm  ausgezahlten  1000  Ji  in  Anspruch  genommen. 
Von  dem  Verlauf  und  den  Ergebnissen  seiner  Reise  zu  reden  wird 
erst  in  dem  nächsten  Rechenschaftsbericht  der  Platz  sein ;  das  Gleiche 
gilt  von  der  bereits  in  den  Nachrichten  dieses  Bandes  S.IV  ff.  erwähn- 
ten Reise  des  Herrn  Professor  Dr.  W.  A.  Neumann  aus  Wien. 

Der  Zuwachs  der  Bibliothek  in  dem  Jahre  1883  ist  theils  in 
Bd.  \'I  p.  X,  theils  in  Bd.  VII  p.  XIV  ff.  verzeichnet  worden.  Allen 
denen,  die  durch  eine  Gabe  für  dieselbe  ihre  Theilnahme  an   den  Be- 


XI 


strebungen  unseres  Vereins  bezeugt  haben,  sei  hier  der  wärmste  Dank 
ausgesprochen.  —  Wie  für  die  früheren  Jahre,  so  verdankt  der  Verein 
auch  für  das  Jahr  1883  den  Herren  Prof.  Dr.  J.  Gildemeister  und 
Pfarrer  D.  K.  Fitkrer  die  sorgfcältigste  Prüfung  seiner  Jahresrechnung. 

Leipzig,  17.  September  1884. 

Für  den  Ausschuss 

H.    GUTHE. 


Oesciläftliche  Mittheiluugen. 


Am  28.  Juni  ging  ein  ausführlicher  Brief  des  Herrn  Ad.  Frei, 
datirt  Damaskus  12.  Juni  1884,  bei  der  Redaction  ein.  Die  mit  Unter- 
stützung des  Palästina- Vereins  unternommene  Reise  ist  danach  also 
verlaufen : 

Herr  Frei  hat  sich  bis  Ende  April  in  den  südlichen  Gegenden 
Palästina' s  aufgehalten.  Durch  das  ungünstige  Wetter  im  Februar  am 
Reisen  behindert,  gelang  es  ihm  jedoch  später,  noch  einen  längeren 
Ausflug  in  das  Ostjordanland  zu  unternehmen,  bis 'Amman,  Dscher- 
asch,  el-Hösn  und  durch  den  Dschebel  Adschlün  zurück.  Dann  be- 
gab er  sich  nordwärts  an  die  Ufer  des  Sees  Tiberias ,  den  eigentlichen 
Schauplatz  seiner  Forschungen.  Leider  traf  er  dort  Herrn  Professor 
W.  A.  Neumann  aus  Wien  nicht  mehr  an.  Drei  Wochen  lang  hat 
hier  Herr  Ad.  Frei  die  Ufer  des  Sees  zu  Wasser  und  zu  Lande  unter- 
sucht, indem  er  die  Nächte  häufig  im  Schiff  zubrachte.  Kurze  Besuche 
in  Damaskus,  Ba  albeck  und  Beirut  bildeten  das  Ende  der  Reise. 

Voraussichtlich  wird  Herr  Ad.  Frei  im  nächsten  Jahrgang  der 
Zeitschrift  die  Ergebnisse  seiner  wissenschaftlichen  Forschungen  ver- 
öffentlichen. 


Auszuir  aus  der  Keclmuug  über  Eiuuahme  und 


Eiuiiahuien. 

757    24^  Cassen-Bestand  vom  Jahre  1883. 

Jl    H85.  4U  ^  Rückständige  Jahresbeiträge  von  1879 — 1882. 

-  ;-ttil7.  67   -   Laufende  Jahresbeiträge  pro  1883. 

70.  69   -   für  2  Jahrgang  1— III,   1  Jahrgang  IV,  V  und 
Jahrgang  III.  Heft  1. 

-  544.  —  -   für  1  Jahrgang  I — IV,  4  Jahrgang  V  und  60 
4617.  76  -  JahrgangVI  durch  den  Buchhandel  abgesetzt. 

\Jl      54.  79  ^  von  Pfarrer  L.  Conrady  in  Miltenberg  für  den 
Expeditionsfonds. 
2.  65   -  Netto-Erlös  für  abgesetzte  3  Gyps- Abgüsse 

der  Siloah-Inschrift. 
2.  25   -  für  1  Photographie  der  Siloah-Inschrift. 
59.  69   -  Jl      45.  —  3jl  für  getrennte  Coupons  von  5  Stück  %%  Säch- 
sische Rente  ä  300  Jl.  v.  October  1882  — 
October  1883. 
30.  —  -   desgleichen  von  1  Stück  '6%  Sächsische  Rente 

75. ä  1000  Jl.  pro  1883. 

14.  88  -   Gutschrift  an  Zinsen  für  vor  dem  Zahlungs-Termin  gezahlte 
Rechnungen. 


Jl   5524.  57  S^  Summa  der  Einnahmen, 
-     2506.  95  -  -       der  Ausgaben. 


Jt   3017.  62  S^  Bestand  haar. 

An  Vermögen  besitzt  der  Verein  ferner : 
Jl    798.  —  ^  \  Stück  '6%  Sächsische  Rente  ä  lOOO  Jl  zum 

Cours  von  79,80. 
-  1207.  5u   -   5  Stück  '6%  Sächsische  Rente  ä  300  Jl  zum 
Jl   2005.  50^  Cours  von  80,50. 

Ausserdem  sind  noch  ca.  JL  800.  —  an  Jahresbeiträgen 
rückständig. 


Die  Jahresrechnung  des  Palästina- Vereins  für  1883  ist  nach 

Bonn.  21.  Mai  1SS4. 
Zürich,  16.  Juni  1884. 


Ausgabe  der  Kasse  des  DPV.  im  Jahre  1883. 

Ausgaben. 

Ji  1382.  29  3^  für  Druck,  Lithographie  etc.  der  Zeitschrift  Band  VI  nebst 

dem  Register  zu  Band  I— V. 

29.  (i9    -     -     Buchbinder- Arbeiten. 

Honorar,  als : 

Ji  5üü.  —  3^.  für  Kedaction  der  Zeitschrift  von  1883. 
752.  25    -  -    252.  25    -      -    Beiträge  zur  Zeitschrift. 

150.  —    -   für  Cassaführung  an  den  Buchhalter. 
155.  52    -     -    Porti,  Abschreibekosten  etc. 

30.  —    -     -    Reisekosten. 

7.  20    -     -    Packpapier  zur  Versendung  der  Zeitschrift. 


250B.  95  9^  Summa  der  Ausgaben. 


Karl  Baedeker,  d.  Z.  Kassirer. 


eingehender  Prüfung  durchaus  richtig  befunden  \vorden. 

J.  Gildemeister. 

K.  FURRER. 


Verzeieliuiss  der  vom  30.  Juni  1883  bis  zum  26.  April  1884 

für  die  Palästiua-Bibliotliek  eiugegaugeneu  Büclier, 

Zeistclirifteu  u.  s.  w. 


Vo)i  den  Herren  Verfassern: 

174.  Trumbull,  H.  Clatj  D.  D.,  Kadesh-Barnea  its  importance  and  probable 
site  with  the  story  of  a  hunt  for  it  including  studies  of  the  route  of  the 
exodus  and  the  southern  boundary  of  the  Holy  Land.  New -York, 
Charles  Scribners  Sons  1884.  Mit  2  Karten  und  mehreren  Abbildungen. 
Gr.  ^. 

175.  IVolff,  Dr.  Philipp,  Sieben  Artikel  über  Jerusalem  1859— 1869.  Stutt- 
gart 1S69.    8. 

17<i.  Berliner,  Dr.  A.,  Beiträge  zur  Geographie  und  Ethnographie  Babyloniens 
im  Talmud  und  Midrasch.  Berlin  1S84.  Beilage  zum  Jahresbericht  des 
Rabbiner-Seminars  zu  Berlin  pro  1S83.    Gr.  8. 

Vom  deutschen  Verein  zu  Jerusalem: 
177.    Achter  Jahresbericht  und  Kassenabschluss  1880 — 1883.    Basel  1883.    8. 

Von  den  Redactionen: 

178/179.  Oesterreichische  Monatsschrift  für  den  Orient.  Herausgeg.  von 
dem  orientalischen  Museum  zu  Wien.  Red.  von  A.  von  Scala.  9.  Jahr- 
srang. Nr.  7—12.  Juli— December  1883.  Wien  1883.  4.— 10.  Jahrgang. 
Xr.  1—4.    Jänner— April  1SS4.    Wien  1884.    4. 

IbO  ISl.  Neueste  Nachrichten  aus  dem  Morgenlande.  Neue  Folge.  Heraus- 
gegeben von  Lic.  C.  Hoffmanu.  27.  Jahrgang.  Heft  3 — 6.  Berlin  1883. 
'^.  —  2S.  Jahrgang.    Heft  1.    Berlin  1884.    8. 

1*^2.  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Geographie,  herausgegeben  von./.  I. 
Kettler.    Band  IV,  Heft  1.    Wien  1883.    Gr.  8. 

183/ 184.  AVartc  des  Tempels.  Religiöses  und  politisches  Wochenblatt  für 
das  deutsche  Volk.  Herausgegeben  von  Chr.  Hoffmann  und  Chr.  Pau- 
lus.   Stuttgart  1883.   Nr.  26— 52.  —  18S4.    Nr.  1—17.    4. 

1S5.  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft.  Redig.  von 
Prof.  Dr.  ii.  Windisch.  Band  37.  Heft  2—4.  Leipzig  1883.  F.  A. 
Brockhaus.    8. 

186.  Wissenschaftlicher  Jahresbericht  über  die  Morgenländischen  Studien  im 
Jahre  187^.    Herausgegeben  von  Ernst  Kuhn.    Zweite  Hälfte.     Leipzig 

1883.  F.  A.  Brockhaus.  8. 

187/18'>.  Wochenblatt  der  Johanniter-Ordens-Balley  Brandenburg.  24.  Jahr- 
gang. Nr.  ;55— 52.   Berlin  18S3.  4.  —  35.  Jahrgang.    Nr.  1—16.    Berlin 

1884.  4. 


XV 


189/190.  Kevue  archeologique  (Antiquite  et  moyen  äge).  Public  sous  la 
direction  de  MM.  Alex.  Bertrand  et  G.  Perrot.  Troisieme  Serie.  1''^ 
annee.  Mai  —  Decembre  1883.  Paris,  Joseph  Bacr.  8.  —  Troisieme 
Serie.  2^  annee.  Janvier  —  Fevrier  1884.  Paris.  Jos.  Baer.  1883.  8. 

Von  dem  Verein  für  Erdkunde  in  Halle: 

191.  Mittheilungen  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Halle  a.  !S.  1883.  Halle, 
Tausch  und  Grosse.  1883.  8. 

Von  dem  Vereifi  für  Erdkunde  in  3fetz  : 

192.  Fünfter  Jahresbericht  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Metz  pro  1882,  Mit 
4  Tafeln.    Metz,  Scriba.  1882.  8. 

Von  der  kais.  und  kün.  Geographischen  Gesellschaft  in  Wien: 

193.  Mittheilungen  der  k.  u.  k.  Geographischen  Gesellschaft  in  Wien  1882. 
Kedigirt  von  Dr.  Josef  Chavatme.  XXV.  Band.  Wien  1882.  S.  — 
XXVI.  Band.  Wien  1883.  8. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Hamburg : 

194/195.  Mittheilungen  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Hamburg  1880 — 
1881.  Heft  IL  Herausgegeben  von  L.  Friedrichsen.  Mit  8  ethnographi- 
schen Tafeln.  Hamburg  18S3.  Gr.  8.  —  Desgl.  1882—1883.  Heft  1.  Mit 
<i  Autotypien,   1  Kartenskizze  und  3  Karten.    Hamburg  1884.    Gr.  8. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Bremen : 

196/197.  Deutsche  Geographische  Blätter.  Herausgegeben  von  der  Geogra- 
phischen Gesellschaft  in  Bremen.  Band  VI,  Heft  3  und  4.  1883.  — 
Band  VII,  Heft  1.   1884.   Bremen,  G.  A.  von  Halem.  8. 

198.  Siebenter  Jahresbericht  des  Vorstandes  der  Geographischen  Gesellschaft 
in  Bremen.  Bremen  1884.  8. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  (für  Thüringen)  zu  Jena: 

199.  Mittheilungen  der  Geographischen  Gesellschaft  (für  Thüringen)  zu  Jena. 
Herausgegeben  von  G.  Kurze  und  Dr.  F.  Hegel.  Band  II,  Heft  3  u.  4. 
Jena  1884.   8. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Greifswald : 

200.  Erster  Jahresbericht  der  Geographischen  Gesellschaft  zu  Greifswald 
1882 — 1883.  Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Rudolf  Credner.  Greifswald 
1S83.  8. 

Von  der  Societe  de  Geographie  in  Paris : 

201.  Bulletin  de  la  Societe  de  Geographie.  Septieme  Serie.  Tome  IV.  l^i" — 4^ 
Trimestre  1883.  Paris  1883.  8. 

202.  Compte  rendu  des  seances.  Seance  du  15.  Juin  1883.  —  Seance  du 
4.  Avril  1884.   Paris.  8, 

Von  dem  Verein  vom  heiligen  Grabe  in  Cöln : 

203.  Das  heilige  Land.  Organ  des  Vereins  vom  heiligen  Grabe.  27.  Jahr- 
gang. Heft  3— 6.  1883.    Cöln  1883.  8. 

Durch  die  Redaction  der  ZDPV: 

204.  Gazette  de  Jerusalem.    Jerusalemer  Anzeiger.    Herausgeg.  von  A.  31. 

Luncz.  1882.  Nr.  1 — 8.  Jerusalem.  4. 


XVI 


205/2UÜ.  Missiüiisblad  t'rän  Palästina  Herausgeber:  Komminister  Hcnnan 
Haghtrij  in  Falun  lbS3.  Nr.  1  —  12.  Falun  l^Sli.  S.  —  1SS4.  Nr.  \—:\. 
Falun  l"^S»4.  !?. 

Durch  Herni  Professor  Dr.  A.  Soci?)  in  Tübingen: 

2O7/20S.  Bischof  Gobats  Waisenhaus  auf  Zion.  Jahresbericht  für  ISS  1.  Des- 
gleichen für  1SS2.  Deutsch  u.  englisch.  J.  Pilger-Missionsdruckerei 
auf  St.  ("hrischona  bei  Basel. 


Verzeiclmiss  sämnitlicher  Mitglieder  des  Deutschen  Vereins 
zur  Erforschung  Palästina's. 


Seine  Majestät  der  Deutsche  Kaiser  v:st>  König  von  Prexjssen. 

Seine  Majestät  der  König  von  Württemberg. 

Seine  Kaiserliche  und  Königliche  Hoheit  der  Kronprinz  des  Deutschen 

Reichs  und  von  Preussen. 
Seine  Königliche  Hoheit  der  Fürst  voNHoHENzoLiiERN-SiGMARiNGEN. 

Abbat,  Ezra,  Professor  in  Cambridge,  Nordamerika. 

Alstein,  Fr.,  Lehrer  in  Lüneburg. 

Antonin,  Archimandrit  in  Jerusalem. 

Arndt,  Dr.  Theodor,  Prediger  an  der  St.  Petrikirche  in  Berlin. 

Ascherso7ij  Professor  Dr.  P.,  in  Berlin. 

Auerbach,  Dr.  L.,  Rabbiner  in  Halberstadt. 

Auning,  Pastor  in  Sesswegen,  Livland. 

Baarts,  Pastor  in  Kösslitz  bei  Weissenl'els. 

Baedeker,  K.,  in  Leipzig. 

Ball,  Dr.,  Ober-Consistorialrath  in  Coblenz. 

Barrelet,  J.,  Pastor  in  Sagne,  Neuchdtel. 

Barth,  Dr.  /. ,  Professor  in  Berlin. 

Basse7-mann,  Dr.  H.,  Professor  in  Heidelberg. 

Baethcke,   Pfarrer  in  Schwarzhausen  (Thüringen) . 

Bättig,  Niki.,  Vikar  in  Kriens,  Canton  Luzern. 

V.  Baudissin,  Graf,  Dr.  W.,  Professor  in  Marburg  in  Hessen-Nassau. 

Baur,  J.,  Pfarrer  in  Dietershof en  bei  Klosterwald. 

Baur,  Dr.  G.,  Consistorialrath  u.  Professor  in  Leipzig. 

Behm,  Dr.  phil.  Heinr.,  Pastor  in  SchliefFenberg  'Mecklenburg). 

Behrmann,  Hauptpastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 


XVIII 

Berliner,  ür.  A.,  Docent  am  Rabbinerseminar  in  Berlin. 
Bertheau,  Dr.  E.,  Geh.  Reg.-Rath  u.  Professor  in  Göttingen. 
Bertheau.  Carl  Pastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 

Bibliotheken : 

der  Akademie  von  Neuchätel  (Schweiz)  Professor  H.  Ad.  Naville. 
de  Tecole  des  langues  orientales  Vivantes  in  Paris  (Ch.  Schefer). 
der  Hochschule  für  die  Wissenschaft  des  Judenthums  in  Berlin, 

Prof.  Dr.  Lazarus. 
der  Synagogengemeinde  in  Breslau, 
der  Israel.  Cultusgemeinde  in  "Wien, 
des  Rabbiner-Seminars  in  Berlin,  Dr.  A.  Berliner. 
Gymnasialbibliothek  in  Ehingen. 

in  Rottweil. 
Königliche  Bibliothek  in  Berlin. 
Königliche  öffentliche  Bibliothek  in  Stuttgart. 
des  Königlichen  Lyceum  Hosianum  in  Braunsberg  (Ostpreussen) . 
Landesbibliothek  in  "Wiesbaden. 
Library  Union  Theological  Seminary  in  New  York. 
Ministerialbibliothek  in  SchafFhausen,  C.  A.  Bäclitnhl.  Pfarrer. 
Öffentliche  Bibliothek  in  Basel,  Dr.  L.  Sieber. 

-  in  Leyden,  Holland, 
des  evangelischen  Seminars  in  Tübingen. 
Stadtbibliothek  in  Frankfurt  a/Main,  Dr.  Haueisen. 

in  Hamburg.  Dr.  Islcr. 
in  Mainz,  Dr.    Vel]<e. 
"Universitätsbibliothek  in  Amsterdam. 

-  in  Bonn. 

-  in  Dorpat. 

-  in  Erlangen. 

-  in  Giessen. 

-  in  Halle. 

-  in  Leipzig. 

-  in  Marburg. 

-  in  Prag. 

-  in  Strassburg  i.  E. 

-  in  Tübingen. 

-  in  Utrecht. 
Bichell.  Dr.  G..  Professor  in  Innsbruck. 


XIX 


Boehl,  Dr.  E.,  Professor  in  Wien. 

V.  BöhÜingk,  Dr.  0.,  kais.  russ.  Staatsrath  in  Jena. 

Bonsack,  F.,  Pfarrer  in  Bornhagen  bei  Eichenberg. 

Bonwetsch,  Mag.  iV.,  Docent  der  Theologie  in  Dorpat. 

Bourgeois,  Dr.  G.,  Pastor  in  Le  Creuzot,  Frankreich. 

Braun,  Dr.  /. ,  Landes-Advocat  in  Prag. 

Brüll,  Dr.  Adolf,  in  Frankfurt  a/M. 

Brünnow,  Rudolf  E.,  cand.  phil.  in  Veve)'. 

Btidde,  Dr.  C,  Professor  in  Bonn. 

Burckhardt-Zahn,  Ed.,  Kaufmann  in  Basel. 

Cassel,  Dr.  th.  P. ,  Professor  und  Pastor  in  Berlin. 

Chaplin,  Dr.  med.  Thoni.,  in  Jerusalem. 

Chapuis,  Dr.  P.,  Professor  in  Lausanne. 

Christmann^  Vicedirector  in  Beirut. 

Chivolson,  Dr.  Dan.,  wirkl.  Staatsrath  und  Professor  in  St.  Petersburg 

Clausen,  Consistorial-Rath  in  Brügge  bei  Bordesholm  (Holstein) . 

Dalton,  Consistorial-Rath  in  St.  Petersburg. 

Delitzsch,  Dr.  Eranz,  Professor  in  Leipzig. 

Dieckmann,  R.,  Pastor  in  Beggerow  bei  Demmin. 

Dillmann,  Dr.  A.,  Professor  in  Berlin. 

Duisberg,   W.,  in  Jerusalem. 

Ebers,  Dr.  G.,  Professor  in  Leipzig. 

Eckardt,  Karl,  Diaconus  in  Kirchberg  in  Sachsen. 

Ehinger-Geigy  in  Basel. 

Einszier,  Dr.  med.  A.,  Stadtarzt  in  Jerusalem. 

Eisenlohr,  Dr.  August,  Professor  in  Heidelberg. 

Engel,  J.  Chr.  Ba.,  Pastor  in  Jordkirch,  Schleswig. 

Euting,  Prof.  Dr.  /. ,  Oberbibliothekar  in  Strassburg  i.  E. 

Faber,   W.,  Superintendent  in  Mansfeld. 

Fahrngruber ,   Johann,   bischöflicher  Secretär  in  St.   Polten,   Nieder- 

Österreich. 
Fay,  F.  R.,  Pfarrer  in  Crefeld. 
Fehr,  Dr.  Fredrik,  Prediger  in  Stockholm. 
Fell,  Dr.   Win.,  Gymnasiallehrer  in  Cöln. 
Fleischer,  Dr.  H.  L.,  geh.  Hofrath  u.  Professor  in  Leipzig. 
Förstemann,  Dr.,  Oberbibliothekar  in  Leipzig. 
Fraas,  Dr.  0.,  Professor  in  Stuttgart. 
Frank,  Dr.,  Rabbiner  in  Cöln. 
Frenkel,  Dr.  E.,  Gymn. -Oberlehrer  in  Dresden. 


x.\ 


Frijinme,  Pastor  in  Weisabe  (Post  Sandstedt  bei  Bremen} . 

Fnitigtr  ^'  Comp.,  /.,  in  Jerusalem. 

Furrer,  Dr.  A'. ,  Pfarrer  in  Zürich. 

Gatt.  G .,  kathol.  Missionar  in  Gaza. 

Gautier,  Dr.  Liicien,  Professor  in  Lausanne. 

r.  Georgii,  Dr..  Prälat  in  Tübingen. 

Geyser.  N.,  Hilfsprediger  an  der  reformirten  Gemeinde  in  Klberfeld 

Gildemeister,  Dr.  /. ,  Professorin  Bonn. 

Ginsburg,  Dr.,  in  Chertsey    England). 

Ginsburg,  Rev"*  Dr.,  in  London. 

Gladrow^  Zahnarzt  in  Beirut. 

de  Goeje,  Dr.  M.,  Professor  in  Leyden. 

GoUhiher,  Dr.  /.,  Docent  an  der  Universität  in  Budapest. 

Goldmann,  Samuel,  Cantor  in  Gr.  Kanizsa,  Ungarn. 

Gosche,  Dr.  R.,  Professor  in  Halle. 

Gra^tz,  Dr.  H.,  Professor  in  Breslau. 

Grigor,  A.  B.  M.,  in  Glasgow. 

Grossma7iti,  Lic.  Dr.,  Superintendent  in  Grimma. 

Griinbaum,  Dr.  M.,  in  München. 

Grünert,  Dr.  Jl/az,  Docent  in  Prag. 

Grurult,  Dr.  F.  /. ,  Überlehrer  in  Dresden. 

Gunning ,    J.  H.,  Dr.  theol.,  ref.  Pred.  in  Wilhelminadorp,    Zeeland- 

Holland. 
Guthe,  Lic.  H.,  Professor  in  Leipzig. 
Hagenmeyer,  ev.  Pfarrer  in  Gross-Eichholzheim,  Baden. 
Hagerup,  H.,  Buchhändler  in  Kopenhagen. 
Halberstamm,  S.  J.,  in  Bielitz,  Osterreich. 
Halecg,  J .,  Professor  in  Paris. 
Harkavy,  Prof.  Dr.  Alb.,  Bibliothekar  an  der  k.  öffentl.  Bibliothek  in 

■St.  Petersburg. 
Hartmann,  Dr.,  Kanzler  des  kais.  deutschen  Consulats  in  Beirut. 
Ileinrici,  Dr. ,  Professor  in  Marburg. 
Helle,  Dr.  Fr.   W.,  in  Ossegg  bei  Teplitz. 
Hernnet,  Dr.,  Staatsarchivar  in  Aurich. 
Hewhe,  Pastor  in  Schwerin  i.  M. 
Heussler,  G.,  Pfarrer  in  Basel. 
Hildesheimer ,  Dr.  /.,  Seminardirector  in  Berlin. 
Hildesheimer ,  Dr.  //. .  in  Berlin. 
Hildesheimer,  A..  in  Halberstadt. 


XXI 


Hildesheimer ,  Levi,  in  Odessa. 

Himpel,  Dr.  F.,  Professor  in  Tübingen. 

V.  Hitroiü,  B.,  kais.  russ.  wirkl.  Staatsrath  in  Petersburg. 

Hoffmann,  Lic.  C,  Superintendent  in  Frauendorf  bei  Züllchow,    R.- 

Bez.  Stettin. 
Hoffmann,  Christoph,  Vorsteher  des  Tempels  in  Jerusalem. 
Hoffmann,  Dr.  G.,  Professor  in  Kiel. 
Hollenherg,  J.,  Gymnasial-Oberlehrer  in  Bielefeld. 
Hommel,  Dr.  Fritz,  Privatdocent  in  München. 
Hoernle,  Dr.  A.  F.  Rudolf,  OfFg.  Principal  Madrasah  Calcutta. 
Illes,  Stefan,  z.  7i.  auf  Reisen. 
Jaffe,  Samuel,  Commerzienrath  in  Posen. 
Jäger,  Loiiis,  Buchhändler  in  Basel. 
Kaftan,  Dr.  /.,  Professor  in  Berlin. 
Kaim,  Dr.  phil.  F.,  in  London.. 
Kalmus,  Julius,  in  Berlin. 
Kaempf,  Dr.  S.  J.,  Professor  in  Prag. 
Kamphausen,  Dr.  A.,  Professor  in  Bonn. 
Kappes,  Kaufmann  in  Beirut. 
Kauffmann,  J.,  Buchhändler  in  Frankfurt  a/M. 
Kautxsch,  Dr.  E.,  Professor  in  Tübingen. 
Kersten,  Dr.  phil.  O.,  in  Berlin. 
Kiepert,  Dr.  H.,  Professor  in  Berlin. 
Kiepert,  Dr.  phil.  R.,  in  Berlin. 
Kind,  Dr.  A.,  Diakonus  in  Jena. 

Kinter,  P.  Maiirus,  O.  S.  B.,  Stiftsarchivar  in  Raigern  bei  Brunn. 
Kinzler,  Adolph,  Pfarrer  im  Missionshaus  in  Basel. 
Klaiber,  Dekan  in  Göppingen,  Württemberg. 
Klein,  Stadtpfarrer  in  Pforzheim. 
Klein,  Rev.  F.  A.,  in  Cal'ro. 
Kober-Gobat,  P.  J.  F. ,  in  Basel. 
Koch,  A.  W.,  Hofprediger  in  Sofia. 
Kögel,  Dr.,  Oberhofprediger  in  Berlin. 
Köhler,  Dr.  A.,  Professor  in  Erlangen. 
Kol,  E.,  Bankier  in  Utrecht. 
König,  Dr.  /. ,  Professor  in  Freiburg  i.  Br. 

König,  Lic.  Dr.  E.,  Oberlehrer  u.  Docent  a.  d.  Universität  in  Leipzig. 
Karten,  Pfarrer  in  Rölsdorf  bei  Düren. 
Krafft,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  YII.  jr, 


XXII 

Krähe.  Dr.  phil.  Ed.,  Stadtschulrath  in  Halle  a/S. 

Krehl.  Dr.  L.,  Professor  und  Oberbibliothekar  in  Leipzig. 

Krenkel,  Dr.  Max,  in  Dresden. 

Kliffler.  Dr.,  Professor  in  Tübingen. 

Kliper.  Dr..  Consistorialrath  in  Stettin. 

de  Lagarde,  Dr.  P. ,  Professor  in  Göttingen. 

Landberg,  Dr.  Carlo,  in  Leyden. 

Landgraff,  Dr.  Th. ,  in  Heidelberg. 

Lange.   Regierungs-  und  Baurath  bei  der  deutschen  Gesandtschaft  in 

"Washington. 
Leivy,  Dr.  /.,  in  Breslau. 

Leyding,  Superintendent  in  Geversdorf  a/d.  Oste  (Hannover). 
Legrer,  Pfarrer,  Plochingen  [Württemberg] . 
Lichtenstein,  Dr.  Alb.,  Consul  in  Bremen. 
Lindner,  Dr.  Br.,  Docent  an  der  Universität  in  Leipzig. 
Lorange,  Dr.  med.,  in  Beirut. 
Lnrtet .   Dr.  Ad.,   Doyen  de  la  faculte  de  medicine  et  de  pharmacie  in 

Lyon . 
Lotz,    Dr.   Wilhelm,  Privatdocent  der  Theologie  in  Erlangen. 
Loytved,  königl.  dänischer  Vice-Consul  in  Beirut. 
Lütge,  H.,  Pastor  in  Amsterdam. 

Lütticke,  Vice-Consul  des  deutschen  Reiches  in  Damascus. 
Lüttke,  M.,  Oberpfarrer  in  Schkeuditz  bei  Halle  a/S. 
Märcker,  Franz,  Seminarlehrer  in  Alt-Döbern  bei  Cottbus. 
Marti,  Lic.  theol.,  PfaiTer  in  Buus  im  Kanton  Baselland. 
Mehnert,   O.,  in  Dresden. 
Menzel,  Dr.  A.,  Professor  in  Bonn. 
Merx,  Dr.,  Professor  in  Heidelberg. 
de  Meuron,  H.,  Pastor  in  St.  Blaise,  Canton  Neuchätel. 
Mezger,  Ephorus  in  Ludwigsburg. 

Michaelis,  Adolf,  Rittergutsbesitzer  zu  Gross-Reichen  bei  Liegnitz. 
Miescher,  E.,  Pfarrer  in  St.  Gallen. 
V.  Moltke,  Graf,  Exe,  Feldmarschall  in  Berlin. 
Mönckeberg,  Dr.  th.,  Archidiakonus  an  St.  Nicolai  in  Hamburg. 
Mühlau,  Dr.  F.,  kais.  russ.  Staatsrath,  Professor  in  Dorpat. 
Müller,  Dr.  A.,  Professor  in  Königsberg  i.  Pr. 
i'.  Münchhmisen,  Freiherr,  kais.  deutscher  Consul  in  Kiew. 
Mimk,  E.,  Rabbinatsassessor  in  Altona. 
Napier.  F.  P. ,  in  Ryde,  L  W.,  England. 


XXIII 


Napier,   W.  R.,  Rev,  in  London. 

Nestle,  Dr.  E.,  Gymnasial-Professor  in  Ulm  a/D. 

Neumann,  Dr.   W.  A.,  Professor  in  Wien. 

Ney,  Kaufmann  in  Beirut. 

Nökleke,  Dr.  Th.,  Professor  in  Strassburg  i.  E. 

Noicack,  Dr.,  Professor  in  Strassburg  i.  E. 

Oort,  Dr,  H.,  Professor  in  Leyden. 

V.  Orelli,  Dr.  C,  Professor  in  Basel. 

V.  Ortenberg,  E.,  Gymnasiallehrer  in  Verden,  Hannover. 

Osgood,  Howard,  Professor  in  New-York. 

Palm,  August,  Professor  am  Gymnasium  in  Mannheim. 

Palmer,  F.,  Vorsteher  der  englischen  Zionsschule  in  Jerusalem. 

Paulus,   Dr.  /.    G.   Ph.,   Pfarrer   in  Cleversulzbach  bei  Neuenstadt. 

Württemberg. 
Paulus,  Dr.  med.  Franz,  in  Stuttgart. 
Pein,  Pastor  in  Beirut. 

Pestalozzi,  Pfarrer  am  Grossmünster  in  Zürich. 
Philippi,  Dr.,  Professor  in  Rostock. 

Photios ,  Archidiakonus  des  Kreuzklosters  bei  Jerusalem. 
Pick,  Dr.  B.,  Rev.  in  Allegheny,  Pa. 
Prahl,  H.,  Pastor  in  Mögeltondern. 
Preiswerk,  S.,  Pfarrer  an  St.  Alban  in  Basel. 
Prinz,  H.,  Lehrer  an  der  deutsch-evang.  Schule  in  Jerusalem. 
Prym,  Dr.  E.,  Professor  in  Bonn. 
Rabener,  M.  S.,  Director  in  Jassy,  Rumänien. 
Rmhiss,  Julius,  Professor  und  Stiftsbibliothekar  in  Zircz,  Ungarn. 
Reinicke,  Lic.  Dr.,  evangelischer  Pfarrer  in  Jerusalem. 
Reitz,  Dr.,  kaiserl.  deutscher  Consul  in  Jerusalem. 
Reusch,  Dr.  F".  H.,  Professor  in  Bonn. 
Reuss,  Dr.  E.,  Professor  in  Strassburg  i.  E. 
Richter,  Dr.  /.  P.,  in  London. 
Riehm,  Dr.  E.,  Professor  in  Halle  a/S. 
Riess,  Dr.,  Domkapitular  in  Rottenburg  a.  N. 
Riggenbach,  Dr.  /. ,  Professor  in  Basel. 
Ritter,  Gustav,  Pastor  in  Hamburg. 
Röhricht,  Dr.;i2.,  Professor  in  Berlin. 
Röpe,  H.,  Hauptpastor  an  St.  Jacobi  in  Hamburg. 
Rösch,  G.,  Pfarrer  in  Hermaringen  im  Brenzthal,  Wg. 
V.  Rosen,  Baron  F".,"^ Professor  in  Petersburg. 

b* 


XXIV 


V.  Roth,  Dr.  R..  Professorin  Tübingen. 

Rothe,  H.,  Seminarlehrer  in  Canimin.  Pommern. 

Rnthsteiu.  Lic.  Dr.,  in  Halle  a/S. 

Ruetschi,  Dr.  R.,  Decan  u.  Professor  in  Bern. 

Ryssel,  Lic.  Dr.  V.,  Oberlehrer  u.  Docent  a.  d.  Universität  in  Leipzig. 

Sachse,  Dr.  G.,  GjTnnasiallehrer  in  Posen. 

Sandberger,  Oberhelfer  in  Tübingen. 

Sandel,  Theodor,  Architect  in  Jerusalem. 

Sandreczki,  Dr.  med.,  in  Jerusalem. 

Sandreczki,  Dr.  C. ,  in  Passau. 

Sarasin- Bischoff,  Theodor,  Kaufmann  in  Basel. 

Sarasin-Stehlin,  Rud.,  Kaufmann  in  Basel. 

Sattler,  Dr.  E.,  Privatier  in  Fluntern  b/Zürich. 

Schuck,  Lehnsgraf  zu  Schackenburg  bei  Mögeltondern. 

Schanz,  Dr.  P.,  Professor  in  Tübingen. 

Schapira,  Alex.,  in  Gaza. 

Sehe/er,  Ch.,  membre  de  ITnstitut  in  Paris. 

Schegg,  Dr.  P.,  Professor  in  München. 

Schick,  Conr.,  königl.  Württemberg.  Baurath  in  Jerusalem. 

Schieiden,  Dr.  H.  C,  in  Hamburg. 

Schlottmann,  Dr.  C,  Professor  in  Halle  a/S. 

Schmoller,  Dekan  Q.,  Pfarrer  in  Derendingen,  Württemberg. 

Schnabl,  K.,  Propstei-Cooperator  an  der  Votivkirche  in  "Wien. 

Schnede7-mann ,  Lic.  Dr.  Georg,  in  Basel. 

Schönecke,  L.,  Kaufmann  in  Jerusalem. 

Schröder,  Dr.  E.,  Professor  in  Berlin. 

Schrameier,  Dr.  W.,  in  Berlin. 

Schroeder,  Dr.  P. ,  kaiserl.  deutscher  Konsul  in  Beirut. 

Schröder  Dr.  Carl  Friedrich,  Pfarrer  a.  D.  in  Cannstatt. 

Schröder,  Dr.  phil.  C,  in  Leipzig. 

Schulte,  Dr.,  Pfarrer  in  Erwitte  b/Lippstadt. 

Schtdtz,  Dr.,  Professor  in  Breslau. 

Schürer,  Dr.  E.,  Professor  in  Giessen. 

Sr/ucarz,  G.,  Director  der  deutschen  Schule  in  Beirut. 

Seil,  0.,  Diaconus  in  Leipzig. 

Seil,  Richard,  Pfarrvikar  in  Stepfershausen  bei  Meiningen. 

Siegfried,  Dr.  K.,  Prof.  in  Jena. 

Sieveking,  Dr.  jur.  Herrn.,  in  Hamburg. 

Sieveking,  Dr.  med.   Wilhelm,  in  Hamburg. 


XXV 


Sigrist-Weber,   C,  Kaufmann  in  Beirut. 

Smend,  Lic.  Dr.  Rud.,  Professor  in  Basel. 

Socin,  Dr.  A.,  Professor  in  Tübingen. 

Sommer,  Dr.  /.  G.,  Professor  in  Königsberg. 

Spaich,  Pfarrer  in  Degenfeld  bei  Schwab. -Gmünd. 

Sprenger,  Dr.  A.,  in  Heidelberg. 

Stade,  Dr.  B.,  Professor  in  Giessen. 

Staehelin,  Dr.  E.,  Pfarrer  in  Basel. 

Staiger,  Missionar  in  Beirut. 

Stech,  R.,  Professor  der  Theologie  in  Bern. 

Steffensen,  Dr.,  Professor  in  Basel. 

Steiner,  Dr.  H.,  Professor  in  Zürich. 

Stenglein,  Reichsanwalt  in  Leipzig. 

Sternickel,  ArtJmr,  in  Biala  bei  Bielitz  (üsterr.  Schlesien) . 

Stichel,  Dr.  /.  G.,  Professor  in  Jena. 

Stockmeyer,  Dr.  /. ,  Antistes  und  Professor  in  Basel. 

Strack,  Dr.  Herm.  L.,  Professor  in  Berlin. 

Strauss,  Dr.  F.  A.,  Hofprediger  in  Potsdam. 

Streit,  Dr.,  Gymnasialdirector  in  Colberg. 

Sülze,  Dr.  B.,  Pastor  in  Dresden-Neustadt. 

Sursock,  Dragoman  des  kaiserl.  deutschen  Consulats  in  Beirut. 

Thomsen,  Pastor  in  Sterup,  Schleswig-Holstein. 

Thorhecke,  Dr.  H.,  Professor  in  Heidelberg. 

V.   Ustinow,  Baron  Plato,  in  Jafa. 

Valeton,  J.  J.  P.,  Professor  in  Groningen. 

Vereine  : 

Alliance  Israel,  universelle  in  Paris. 

Capitel-Leseverein  von  Gunzenhausen  (Bayern),  Pfarrer  St'dhlin. 

Capitel-Leseverein  V .  Rothenburg  a/T. (Bayern),  VidiYxex BrtiglocJier . 

Deutscher  Verein  in  Jafa. 

Lesegesellschaft  »zur  Harmonie«  in  Frankfurt  a/M.,  Ad.  Baer. 

Palestine  Exploration  Fund  in  London. 

Pastoral-Gesellschaft ,   Anhalt-Dessauische  ,  Archidiaconus  Hesse 

in  Dessau. 
Tübinger  Diöcesan-Verein,  Oberhelfer  Sandherger  in  Tübingen. 

Vischer-Heussler,  Dr.   W.,  Professor  in  Basel. 

Vogel,  A.,  Pfarrer  in  Hohen-Reinkendorf  b.  Tantow,  Pommern. 


XXVI 


J'oUk.  Dr.    ff'.,  kais.  russ.  Staatsrath  und  Professor  in  Dorpat. 

VulUeumier,  Dr.  H.,  Professor  in  Lausanne. 

Wackernagel.   W..  Rev.  Prof.  in  Allentown,  Pennsylvanien. 

Wagner  ^  Debes,  Geographische  Anstalt  in  Leipzig. 

Walilnietfer .  Missionar  in  Beirut. 

Walther.  Jules.  Pasteur  in  Avenches,  Schweiz. 

Weiss.  Dr.  H..  Prof.  theoL  in  Tübingen. 

Well/iatisen,  Dr.  /. ,  Professor  in  Halle. 

Werner,  Helfer  in  Nürtingen,  Württemberg. 

Weser,  Lic.  H.,  Pastor  in  Berlin. 

Wei/rich,  Pastor  in  Arrasch,  Livland. 

Wilson,  Charles  W.,  Major  R.  E.  in  London. 

Witte,  Landgerichtsdirektor  in  Breslau  und  Mitglied  des  Reichstages. 

Wulff.  Dr.  Ph.,  Stadtpfarrer  in  Tübingen. 

Wolters,  Rev.  Th.  F.,  in  Jerusalem. 

Wright,  Dr.   W.,  Professorin  Cambridge,  England. 

Zander,  Gymn. -Oberlehrer  in  Gütersloh. 

Zeller,  Rev.  /. .  Missionar  in  Jerusalem. 

von  Zieten-Schwerin.  Graf  zu  Janow  bei  Clempenow,  Kreis  Anclam. 

Zimmoinann,  Dr.  C  in  Basel. 


Geschlossen  am  22.  September  1884. 

Die  lledactiou. 


Protokollarischer  Bericlil  über  die  in  Dessau  am  2.  Oktober 

1884  abgehaltene  dritte  Generalversammlung  des  Deutschen 

Tereins  zur  Erforschung  Palästina'«. 


Die  dritte  Generalversammlung  des  Deutschen  Palästina-Vereins, 
die  im  vorigen  Jahre  aus  dem  seiner  Zeit  bekannt  gemachten  Grunde 
nicht  stattfinden  konnte ,  wurde  in  diesem  Jahre ,  nach  Eröffnung  der 
39.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schulmänner  und  im  An- 
schluss  an  die  38.  Generalversammlung  der  Deutschen  Morgenländi- 
schen Gesellschaft,  am  2.  Oktober  von  11 '/2 — 12 1/2  Uhr  Mittags  in 
dem  Herzoglichen  Gymnasium  in  Dessau  abgehalten,  Herr  Prof.  Gil- 
PEMEiSTER  aiis  Bonu  hatte  die  Güte,  den  Vorsitz  zu  führen,  und  Herr 
Prof.  STRA.CK  aus  Berlin  war  freundlichst  bereit,  das  Amt  eines  Schrift- 
führers bei  der  Versammlung  zu  übernehmen. 

Zunächst  berichtete  Prof.  Guthe  aus  Leipzig  über  die  zur  Ver- 
öffentlichung vorliegenden  und  angemeldeten  Aufsätze  für  die  Zeit- 
schrift, über  die  von  dem  Verein  unterstützten  und  geförderten  For- 
schungsreisen der  Herren  A.  Frei  aus  Zürich,  Prof.  AV.  A.  Neu- 
MANN  aus  Wien,  sowie  über  einige  andere,  im  Laufe  des  Jahres  1884 
unter  den  Mitgliedern  des  Ausschusses  verhandelten  Pläne  zu  For- 
schungsarbeiten in  Palästina  und  über  den  Stand  der  Vereinskasse. 
Die  gegenwärtigen  Einnahmen  des  Vereins  gestatten,  in  jedem  Jahre 
eine  Summe  von  rund  2000  ^  für  selbständige  Untersuchungen  oder 
zur  Unterstützung  wissenschaftlicher  Reisen  zurückzulegen,  resp.  zu 
verwenden.  (Über  die  auf  Grund  der  Besprechungen  in  Dessau  be- 
schlossenen anderweitigen  Förderungen  von  Arbeiten  in  Palästina  wer- 
den die  Mitglieder  des  Vereins  aus  den  geschäftlichen  Mittheilungen 
das  Nähere  ersehen^ .  Prof.  Guthe  regte  ferner  die  Frage  an,  in  wel- 
cher Weise  die  Zahlung  der  rückständigen  Beiträge  am  besten  zu  be- 
wirken sei.  Auf  Antrag  des  Herrn  Dr.  Kersten  aus  Berlin  wird  be- 
schlossen ,  dass  vor  der  laut  §  1 3  der  Statuten  vorgeschriebenen  Ein- 


XXVIll 

Ziehung  durch  die  Post  an  die  säumigen  Mitglieder  noch  direct .  nicht 
als  Beilage  zur  Zeitschrift,  eine  gedruckte  Mahnung  in  unverschlosse- 
nem Briefumschlage  gesandt  werde. 

Auf  Antrag  des  Prof.  Guthe  wurde  sodann  der  geschäftsführende 
Ausschuss  bevollmächtigt,  die  nöthigen  Schritte  zu  thun.  um  für  den 
Verein  die  Rechte  einer  juristischen  Person  zu  erwerben. 

Herr  Prof.  Kautzsch  aus  Tübingen  stellte  den  Antrag,  dass  der 
geschäftsführende  Ausschuss  in  Ergänzung  von  §  7  der  Statuten  das 
Recht  erhalte .  in  dringenden  Fällen  Geldbewilligungen  bis  zum  Ein- 
zelbetrage von  2000  .//  ohne  vorherige  Anfrage  bei  dem  weiteren  Co- 
mite  zu  beschliessen.  Dieser  Antrag  wurde  nach  eingehender  Begrün- 
dung einstimmig  von  der  Versammlung  angenommen. 

Hieran  schloss  Herr  Prof.  Kavtzsch  einige  statistische  Mitthei- 
lungen über  die  Samaritaner ,  die  ihm  durch  Vermittelung  des  Herrn 
Prof.  STEÄ.CK,  der  im  Frühling  d.  J.  Palästina  bereiste,  als  Manu- 
script  des  jetzigen  Hohenpriesters  derselben  in  Nabulus  zugegangen 
Avaren.    Sie  werden  in  der  Zeitschrift  veröffentlicht  werden. 

Nachdem  die  bisherigen  Mitglieder  des  geschäftsführenden  Aus- 
schusses durch  Acclamation  wiedergewählt  worden  waren  und  Herr 
Geheimer  Rath  Prof.  Fleischek  aus  Leipzig  denselben  für  ihre  Mühe- 
Avaltung  den  Dank  des  Vereins  ausgesprochen  hatte ,  schloss  der  Vor- 
sitzende um  121/2  ^^^1"  f^i^  dritte  Generalversammlung  des  Vereins. 

Präsenzliste  der  dritten  Generalversammlung  des 
Deutschen  Palästina-Vereins*), 

*1.   Prof.  GiLDEMEiSTEK  —  Bonn. 
*2.   Prof.  E.  Kautzsch —  Tübingen. 

3.  Prof.  GtTHE  —  Leipzig. 

4.  Geh.  Rath  Prof.  Fleischer  —  Leipzig. 

5.  Dr.  Reixicke  —  Wittenberg.  Mitdirektor  des  Predigerseminars. 
*ß.    Dr.  A.  Berliner  —  Berlin. 

'7.   Dr.  O.  Kersten  —  Berlin. 

6.  Pastor  Grape  —  Dessau. 

*9.   Prof.  AVellhausen  —  Hallo. 
"10.   Prof.  H.  L.  Strack  —  Berlin. 

Ij  Nach  der  Aufzeichnung  des  Schriftführers.    Die  mit  *  bezeichneten 
sind  Mitglieder  des  Vereins. 


XXIX 


Geschäftliche  Mittheiluugeu. 


Durch  Übereinkunft  zwischen  den  Mitgliedern  des  geschäftsfüh- 
renden Ausschusses  sind  die  Geschäfte  desselben  so  getheilt,  dass  Prof. 
GuxHE  in  Leipzig  in  Zukunft  lediglich  die  Redaction  der  Zeitschrift 
besorgen  wird,  die  Herren  Prof.  Kautzsch  und  Prof.  Socin  in  Tübin- 
gen hingegen  die  eigentlichen  Secretariatsgeschäfte  übernommen  haben. 
Der  Aussclmss  bittet  daher,  dass  man  sich  in  Angelegenheiten,  die  die 
Vereinsleitung  betreffen  (wissenschaftliche  Unternehmungen,  Geldbe- 
willigungen etc.),  an  die  Herren  Prof.  Kautzsch  und  Prof.  Socin  in 
Tübingen,  in  Redactionsangelegenheiten  (Manuscriptsendungen,  Aus- 
tausch der  Zeitschrift  u.  dgl.) ,  sowie  auch  betreffs  der  Palästina- 
Bibliothek  nach  wie  vor  an  Prof.  Gvthe  in  Leipzig  (Johannesgasse  33) 
wenden  wolle. 


Der  geschäftsführende  Ausschuss  hat ,  nach  Befragung  der  Mit- 
glieder des  weiteren  Comite's  und  nach  nochmaligen  Verhandlungen 
gelegentlich  der  Generalversammlung  in  Dessau,  dem  Ingenieur  Herrn 
G.  S.  Schumacher  in  Haifa  die  Summe  von  2000  ,///  zur  Ausführung 
von  Messungen  und  Forschungen  im  Dschölän ,  zwischen  dem  Jar- 
mük  im  S.  und  der  Birket  er-Räm  im  N.,  verwilligt.  Im  ersten  Hefte 
des  nächsten  Jahrganges  werden  kurze  vorläufige  Mittheilungen  über 
die  Reise  des  Herrn  Schumacheb  erfolgen. 


In  Folge  des  Beschlusses  der  dritten  Generalversammlung  des 
Vereins  am  2.  Oktober  d.  J.  in  Dessau  ist  im  Einverständniss  mit  dem 
Herrn  Kassirer  über  die  Zahlung  der  Beiträge  Folgendes  bestimmt 
worden  : 

Der  Beitrag  für  das  laufende  Rechnungsjahr  gilt  als  fällig,  so- 
bald das  erste  Heft,  resp.  das  erste  Doppelheft  des  entsprechenden 
Jahrganges  der  Zeitschrift  in  die  Hände  der  Vereinsmitglieder  gelangt 
ist.   Im  Falle  nicht  erfolgter  Zahlung  werden  die  Mitglieder  des  Ver- 


XXX 


eins  auf  Grund  des  Beschlusses  der  dritten  Generalversammlung  am 
2.  Oktober  1SS4  in  Dessau  von  dem  Kassirer  des  Vereins  durch  eine 
besondere  Aufforderung  um  Berichtigung  ihres  fälligen  Beitrages  er- 
sucht werden.  Ist  derselbe  bis  zum  1.  Juli  des  laufenden  Rechnungs- 
jahres nicht  eingegangen,  so  wird  er  nach  §  1 3  der  Statuten  durch  die 
Post  oder .  wo  solches  nicht  zulässig ,  auf  anderem  "Wege  eingezogen 
werden. 


Bekanntmachung. 


Die  Dach  §  9  der  Statuten  aller  2  Jahre  abzuhaltende  General- 
versammlung des  Deutschen  Vereins  zur  Erforschung 
Palästina's,  welche  im  Jahre  18S3  wegen  des  Ausfalls  der  deutschen 
Philologen -Versammlung  uud  der  Abhaltung  des  internationalen 
Orientalisten -Congresses  in  Leiden  aufgeschoben  werden  musste, 
wird  nunmehr  am  Donnerstag,  den  2,  October  d.  J.  in  Ver- 
bindung mit  der  XXXVII.  Versammlung  Deutscher  Philologen  und 
Schulmänner ,  sowie  mit  der  Generalversammlung  der  Deutschen 
Morgenländischen  Gesellschaft  zu  Dessau  stattfinden.  Die  Mitglieder 
des  Vereins  werden  hierdurch  zu  derselben  eingeladen.  Anmeldungen 
sind  zu  richten  an  Herrn  Oberschulrath  Rümelin  in  Dessau. 
Beabsichtigte  Vorträge  oder  Mittheilungen  bittet  man  thunlichst  bis 
Ende  August  bei  dem  Redacteur  der  Zeitschrift  des  Deutschen 
Palästina -Vereins  anzumelden. 

Der  geschäftsführende  Ausschuss 

des 

Deutsclien  Vereins  zur  Erforschung  Palästina's. 


Bemerkungen  über  Gaza  nnd  seine  Umgebung. 

Von  ii,  Oiatt  in  Gaza. 


Dschehel  el-munfjir.  Muntür  soll  nach  der  IJehanptung  der 
Muslimen  ein  Schech  gewesen  sein ;  da  aber  dieses  Wort  in 
seiner  gegenwärtigen  Form  sich  zu  einem  arabischen  Eigen- 
namen gar  nicht  eignet,  so  sagen  sie,  der  Ausdruck  ?www^är  sei 
aus  mu7i  und  tcir  entstanden,  d.  h.  der  Schech  habe  eigentlich 
mun  geheissen  und  sei  nach  Art  der  Scheche  bei  seinem  Tode 
davon  geflogen,  und  seitdem  nenne  man  ihn  muntär ^  d.  i.  «Mun 
ist  davon  geflogen«  i).  Mit  diesem  Mun  lässt  sich  jedoch  auch 
nichts  anfangen.  Der  Umstand,  dass  muntar  den  Artikel  vor  sich 
duldet,  deutet  vielmehr  darauf  hin ,  dass  man  es  hier  nicht  mit 
einem  eigentlichen  Personennamen  zu  thun  habe.  Die  eingebore- 
nen Christen  dagegen  behaupten,  muntar  sei  aus  mutrcm  entstan- 
den, was  Metropolitan  oder  Bischof  heisst.  Ein  Bischof  von  Gaza 
habe  sich  nämlich  voll  Yerdruss  über  seine  ungezogenen  Schäflein 
auf  diesen  Hügel  zurückgezogen  und  daselbst  sein  Leben  be- 
schlossen ;   die  Muslimen  hätten  aber  nachher  mutrZm  in  muntar 

1)  Diese  Volksetymologie  zeigt,  dass  die  heutigen  Araber  die  letzte  Sylbe 
des  Wortes  nicht  als  tär ,  sondern  als  tär  auffassen  und  aussprechen :  denn 
das  arabische  Verbum  tär  heisst  »er  flofz;  [davon;«.  Danach  habe  icli  oben  el- 
muntär  [tnantär]  transcribirt.  RoBINSON,  Palästina  III,  1040  schreibt  ebenso. 
GUERIN,  Judee  II,  188  dagegen  el-muntär,  und  diese  Form  haben  auch,  wenn 
ich  nicht  irre,  die  »Name  Lists«  der  englischen  Survey.  Zu  der  von  dem  Ver- 
fasser gegebenen  Erklärung  bemerke  ich,  dass  mir  aus  dem  vulgär-arabischen 
Dialekt  Syriens  nur  die  Wörter  niaiizar  und  nianzara  bekannt  sind,  die  sich 
von  einem  anderen ,  freilich  verwandten  Verbalstamme  herleiten.  —  Die 
Transcription  der  übrigen  in  diesem  Aufsatz  erwähnten  arabischen  Namen 
habe  ich  eingesetzt,  falls  ihre  Form  gesichert  war.  Glthe. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VlI.  1 


ven\amli'lt  und  aii>  dem  Bischof  einen  f^chech  gemacht.  Wer 
mag  wohl  Ket'ht  haben.'  AVeder  die  einen  noch  die  andern 
nach  dem  Vrtheile  denkender  Leute,  welche  diesen  Ausdruck 
also  erklären.  M/t/ifär  oder  eigentlich  manfär  ist  ein  gut  arabi- 
sches AA'ort  und  bedeutet  »Aussicht«  oder  einen  Ort .  von  wo  aus 
man  eine  weite  Aussicht  hat.  Dschehel  el-mantär  heisst  also  ein- 
fach :  Berg  der  Aussicht ,  was  von  allen  l^ergen  und  Hügeln 
gilt,  die  diesen  Namen  tragen.  Der  angebliche  Schech  oder 
IJischof .  dessen  Fest  die  Bewohner  von  Gaza  am  orientalischen 
Gründonnerstag  feieni .  mag  wohl  existirt  haben,  hatte  aber 
ütfenbar  einen  anderen,  jetzt  nicht  mehr  bekannten  Namen. 

Etwas  südlich  von  dschehel  el-muntär  befindet  sich  ein  Stein- 
bruch, aus  dem  jetzt  l^austeine  nach  Gaza  geholt  werden,  ein 
]knveis.  dass  es  im  steinaraien  Lande  der  Philister  mitunter  doch 
auch  brauchbare  Steinbrüche  giebt.  Ebendaselbst  entdeckte  man 
ein  autikes  Gräberfeld. 

Aus  Nasra,  einem  zerstörten  Dorfe  eine  starke  Stunde  süd- 
lich und  etwas  gegen  Osten  von  Gaza,  wurden  im  letzten  Jahre 
"viele  alte  Bausteine  nach  Gaza  geliefert ;  die  Steinlieferanten  de- 
molirten  zu  diesem  Zwecke  einen  festgebauten  antiken  Brunnen. 

Ein  Müsaikboden  Avurde  vor  drei  Jahren  etwas  südlich  da- 
von in  Wadi  Gaza  gefunden.  Die  kleinen  Würfel  sind  weiss, 
schwarz,  roth  und  grün.  Der  Mosaikboden  wurde  demolirt  und 
die  Würfel,  etwa  eine  halbe  Million,  nach  Gaza  geliefert.  Ich 
hatte  nicht  Gelegenheit,  denselben  vorher  zu  sehen ;  auch  die 
betreffende  Stelle  habe  ich  nicht  besucht. 

Der  Fundort  der  Jupiterstatue  ^j  liegt  westlich  davon.  Trotz 
des  Verbotes  der  Regierung,  an  dieser  Stelle  nach  Steinen  zu 
suchen'-),  wagten  es  die  Steinlieferanten,  unter  dem  Schutze 
eines  angesehenen  l^ürgers  von  Gaza  den  Fundort  der  Statue  zu 
entsteinen .  mussten  aber  die  gefundenen  Steine  dem  betreffen- 
den liürger  um  billigen  Preis  überlassen.  Da  aber  derselbe 
nicht  aller  bedurfte,  so  konnten  wir  einen  bedeutenden  Vorrath 
davon  ankaufen.   Dieselben  gehören,  was  Qualität  und  Foi*m  an- 

Ij  Vgl.  ZDPV.  II,  S.  183 ff.  und  Tafel  VI. 
*2)   Zur  Auffindunff  der  Steine  bedienen  sich  die  Arbeiter  einer  2 — 3  m 
langen  starken  Drahtstange ,  mit  welcher  sie  den  die  Steine  deckenden  Sand 
durchhohren 


3 

belangt,  zu  den  besten  antiken  Bausteinen,  die  im  letzten  Jahre 
zu  Markte  gebracht  wurden.  Am  meisten  fiel  uns  der  Maueranwurf 
auf,  der  so  stark  ist,  dass  man  ihn  mit  dem  Hammer  nur  schwer 
beseitigt,  während  die  antiken  Bausteine  sonst  in  der  Kegel 
ohne  Anwurf  sind.  Neue  Funde  wurden  meines  Wissens  an  die- 
ser Stelle  nicht  mehr  gemacht. 

Bezüglich  der  Statue  selbst  erlaube  ich  mir  noch  Folgendes 
zu  bemerken.  Das  Material ,  aus  welchem  die  Statue  hergestellt 
wurde,  wird  axich  sonst  als  Marmor  bezeichnet,  jedoch  mit  Ln- 
recht.  Die  betreffende  Steinart  ist  hier  unter  dem  Namen  Cha- 
läsi  bekannt,  weil  die  alte  Stadt  Elasa  oder  Chalasa,  wie  sie  jetzt 
heisst,  aus  solchen  Steinen  erbaut  war.  Daselbst  muss  wohl  auch 
der  Steinbruch  gesucht  Averden.  Der  (lialäsi  wird  in  Gaza  noch 
jetzt  als  Baustein  verwendet,,  kommt  aber  sehr  theuer,  da  Cha- 
lasa 12  Stunden  von  hier  entfernt  ist.  Der  Chaläsi  ist  in  der 
That  der  haltbarste  und  schönste  Baustein,  den  man  in  Palästina 
findet,  und  die  aus  Marmor  und  Chaläsi  aufgeführten  Thür-  und 
Fensterbögen  sind  eine  Avahre  Zierde  der  jetzt  sonst  so  verun- 
stalteten Stadt  Gaza.  Aber  Marmor  kann  man  den  Chaläsi  nicht 
nennen,  obAvohl  er  sich  schleifen  lässt ;  es  ist  wohl  vielmehr  eine 
Art  Sandstein  von  gelblicher  Farbe,  sehr  hart  und  feinkörnig. 
Am  meisten  gefabelt  wurde  bezüglich  des  linken  Armes.  »Nach 
anatomischen  Gesetzen  war  der  linke  Arm  auch  herabhängend 
■wie  der  rechtecf,  bemerkt  Dr.  Sandreczky  (ZDPV.  II,  p.  186). 
Um  hierüber  in's  Klare  zu  kommen ,  nahm  ich  Messungen  vor 
und  fand ,  dass  der  äussere  Rand  des  faltigen  Ueberwurfes  von 
der  Brustmitte  gerade  so  weit  entfernt  ist  als  der  äussere  Kand 
des  rechten  Armes.  War  also  der  linke  Arm  herabhängend,  so 
deckt  ihn  der  faltige  Ueberwurf;  in  diesem  Falle  müsste  jedoch 
derselbe  eine  andere  Form  haben.  Der  linke  Arm  konnte  dem- 
nach ,  da  man  unter  dem  faltigen  Ueberwurf  keine  Spur  davon 
entdecken  kann,  nach  anatomischen  Gesetzen  nicht  herabhän- 
gen, sondern  muss  irgendwie  ausgestreckt  gewesen  sein,  wenn 
diese  Statue  überhaupt  je  einen  linken  Arm  hatte.  Da  jedoch  die 
linke  Seite  der  Statue  rückwärts  vom  Kopfe  an  roh  gelassen 
ist,  so  kann  man  mit  aller  Bestimmtheit  behaupten,  dass  die  Sta- 
tue nie  einen  linken  Arm  besass .  und  dass  der  Nagel  an  dieser 
Seite  nur  den  Zweck  hatte,    die  Statue  irgendwie  zu  befestigen. 

1* 


Der  >tnii>i)i^t'  Ko])t'  der  Zeicliiiuiiij  steht  von  den  edlen  Zü^en 
der  .Statue  weit  ab. 

Dass  die  Xiederung  des  Wadi  Gaza  der  Matooaac  genannte 
Hafen  von  Gaza  ist.  Avie  Dr.  Saxdreczky  meint,  ist  eine  nner- 
weisbare  Behaujjtung.  Maio-jaa;  lag  an  der  Stelle  des  heutigen 
llafenplatzes .  dehnte  sich  südwärts  davon  ^'4  Stunde  weit  und 
"■eo-en  Gaza  zu  noch  weiter  aus.  Die  östliche  Stadtmauer,  etwa 
10  Minuten  vom  Hafen,  war  dort,  wo  ich  sie  beobachten  konnte, 
an  drei  Meter  dick,  und  befindet  sich  mehr  als  ein  Meter  unter 
dem  Sande.  Daneben  liegen  noch  10  Marmorkapitäle  im  Sande; 
die  Säulen  Avurden  zersägt  und  nach  Gaza  transportirt.  Die 
Stadtmauer  Avird  auch  demolirt,  um  Bausteine  zu  gCAvinnen. 
Sonderbarerweise  hat  Guerin  die  Südmauer  von  i\laiou<i.a;.  Avovon 
er  noch  einen  Rest  sah,  als  einen  Überrest  von  Anthedon  be- 
trachtet und  so  Mai.o'j;xac  und  Anthedon  mit  einander  vermengt. 
Der  betreffende  Maiierrest  ist  unterdessen  auch  verschAvunden. 
Zu  Aviederholten  Malen  ist  mir  versichert  Avorden,  dass  an  dieser 
Stelle  noch  viele  Säulen  im  Meere  liegen. 

Vax  de  Veldk  und  viele  andere  versetzen  Anthedon  an  die 
Mündung  des  Wadi  Gaza ;  allein  auch  diese  Meinung  ist  nicht 
mehr  haltbar,  Avie  Avir  bald  sehen  Averden.  Offenbar  lag  l^ethelea 
an  dieser  Stelle ,  Avohin  die  Gazenser  St.  Ililarion  begleiteten, 
als  er  nach  Ägypten  zog. 

bezüglich  der  Versandiuig  in  der  Umgegend  von  Gaza 
konnte  ich  bisher  mit  Bestimmtheit  ermitteln,  dass  dieselbe  sehr 
langsam  vorrückt  und  hauptsächlich  von  Süden  nach  Norden 
gerichtet  ist,  Aveil  der  SüdAvind  hier  am  ärgsten  Avüthet.  ^'on 
einem  Jahre  auf  das  andere  ist  ein  Fortschreiten  der  Versandung 
nur  an  Avenigen  Stellen  zu  bemerken.  Ein  bedeutendes  ^'ordrin- 
gen  derselben  ist  überhaupt  nicht  möglich,  Aveil  sich  der  Meer- 
sand vermöge  seiner  ScliAvere  häuft  und  Dünen  bildet.  Auf  diese 
\\'eise  ist  ohne  ZAveifel  der  Hügellücken  entstanden,  Avelcher  die 
Thahmg  Gaza's  vom  Meere  scheidet. 

KtAvas  nördlich  von  sch'cch  'adschlin  haben  die  Steinlieferan- 
ten viele  alte  Hausteine  von  guter  Qualität  unter  dem  Sande  ge- 
funden ;  dieselben  müssen  jedoch  schon  lange  dort  gelegen  haben, 
da  man  au  denselben  keinen  Mauerkitt  mehr  fand.  Es  mag  Avohl 
dort  einst  auch  ein  Dörflein  gestanden  haben,    aber  Anthedon 


kann  man  nicht  dahin  versetzen ;  die  gefundenen  Üherreste  sind 
Zu  unbedeutend  dafür. 

Anthedou.  Einen  Beweis,  dass  zahheiche  und  eifrige 
Forscher  manchmal  noch  etwas  übrig  lassen ,  liefert  die  Ortslage 
von  Anthedon.  Seitdem  Robinson  in  Gaza  ausgeruht,  und  Guk- 
RiN  dessen  Umgebung  durchstreift  hat,  sind  manche  Forscher 
nach  Gaza  gekommen  und  an  der  Ortslage  von  Anthedon  vor- 
beigeritten. Dennoch  handelt  es  sich  hier  um  eine  ausgedehnte 
und  in  Gaza  unter  dem  Namen  el-lUachije  wohlbekannte  Kui- 
neustätte.  Schon  einige  Tage  nach  meiner  Ankunft  hier  vor  un- 
gefähr drei  Jahren  hörte  ich  diesen  Namen  und  zugleich,  dass 
das  Haus  des  Michael  Bassali  und  das  griechische  Kloster  aus 
den  Bausteinen  einer  Kirche  von  el-Blachije  erbaut  worden  sei. 
Auch  die  Marmorsäulen  der  Moschee  Said  Häschim  stammen, 
wie  man  sagt,  von  der  Blachije  her.  Die  Sache  interessirte  mich 
und  darum  zögerte  ich  nicht,  einen  Ausflug  dahin  zu  machen. 
Ich  fand  die  Ruinenstätte  25  Minuten  nördlich  vom  heutigen 
Hafenplatze  auf  einem  das  Ufer  etwa  10  Meter  überragenden, 
sanft  gegen  Norden  und  Westen  sich  senkenden  Plateau,  das  in 
seinem  gegenwärtigen  Zustande  das  Bild  eines  vom  Sturme  auf- 
gewühlten Meeres  bietet.  Man  findet  nämlich  kein  Bauwerk 
mehr  daselbst,  sondern  nur  Gruben  und  Hügel  in  Folge  der  eif- 
rigen Thätigkeit  der  Steinlieferanten,  die  selbst  aus  den  Funda- 
menten die  Bausteine  herausholen.  Von  Süden  her  kommend, 
muss  man  sich  zuerst  auf  das  Plateau  hinaufliegeben ,  denn  von 
unten  sieht  man  nichts.  Ist  man  aber  einmal  droben,  so  über- 
blickt man  alles.  Ich  durchschritt  das  Ruinenfeld  dem  Meere 
entlang  und  sah  auf  massenhaft  umher  gesäete  Steinsplitter  und 
Scherbenhaufen  neben  Säulentrümmern  und  Marmorkapitälen. 
Am  Nordwestrande  des  Ruinenfeldes  stieg  ich  dann  zum  Meere 
hinab  und  fand  es  begreiflich ,  wie  so  mancher  Forscher  vorbei- 
reiten konnte  .  ohne  zu  ahnen,  was  da  droben  ist,  da  man  am 
Meere  eben  nichts  davon  sieht.  Nähert  man  sich  indessen  nur 
wenig  dem  ansteigenden  Plateau  östlich,  so  bemerkt  man  so- 
gleich, dass  ganze  Haufen  von  Scherben  dort  liegen.  Da  das 
Plateau  sich  steil  10  Meter  über  das  Ufer  erhebt,  so  ist  es  gegen 
Versandung  geschützt.  Ich  entfernte  mich  in  der  Überzeugung, 
dass  ehemals  eine  Stadt  dort  gestanden  haben  müsse .  aber 
welche,   das  Hess  sich  noch  nicht  entscheiden.    Ein  anderes  Mal 


heifah  ich  niith  direkt  zur  Kiiiiien statte  und  fand  sie  eine  starke 
Stunde  nordwestlich  von  Gaza ;  auch  von  der  Südostseite  her 
muss  man  hedeutend  aufwärts  steigen,  um  das  Plateau  zu  errei- 
chen. Es  erhebt  sich  demnach  -westlich,  südlich  und  östlich  über 
tlas  umliegende  Terrain  und  lässt  hierdurch  die  Ausdehnung  der 
alten  Stadt  erkennen.  Nur  an  der  Nordseite  ist  dieselbe  Aveniger 
deutlich  bestimmt.  Ein  drittes  Mal  suchte  ich  den  Umfang  und 
die  Ausdehnung  der  alten  Stadt  zu  ermitteln  und  gelangte  von 
der  Südostecke  in  einem  Halbkreise  in  einer  Viertelstunde  zum 
Meere  hinab;  am  Meere  hin  ging  ich  ungefähr  20  Minuten;  die 
Südseite  mag  5 — 7  Minuten  lang  sein.  13ie  Stadt,  welche  hier 
stand,  kam  also  dem  heutigen  Jäfa  an  Ausdehnung  ziemlich 
gleich  luid  hatte  eine  ähnliche  Form;  nur  muss  man  sich  den 
Hügel  wegdenken.  Damals  sah  ich  ein  eigenthümliches  Natur- 
j)rodukt  am  Ufer  liegen,  ein  blassbläuliches,  beinahe  durchsich- 
tiges Wesen  mit  einem  Schild  nach  oben  und  mehreren  Füssen 
nach  unten.  Die  Araber  nannten  es  kandll  el-hahr^  »die  Leuchte 
des  Meeres«,  weil  es  in  der  Nacht  leuchten  soll. 

Dass  Anthedon,  w^enn  es  nördlich  von  Gaza  lag,  hier  gele- 
gen haben  müsse,  w^ar  mir  schon  lange  klar.  Ich  eilte  jedoch  nicht 
von  dieser  Entdeckung  Gebrauch  zu  machen,  da  ich  keine 
Furcht  hatte,  dass  mir  etwa  ein  Gazenser  Gelehrter  zuvorkom- 
men werde.  So  Hess  ich  mehrere  Jahre  vorübergehen.  Eines 
Tages  lief  mir  ein  Knabe  mit  ein'^'r  Antika  nach;  es  war  ein 
kleines,  hübsches  Marmor-Brustbild.  Woher  hast  Du  es  l  fragte 
ich  ihn.  Von  der  Blachije,  war  die  Antwort;  ich  kaufte  es  um 
einen  Frank.  Vor  einigen  Wochen  fühlte  ich  wieder  einmal 
Lust,  zu  Fuss  einen  Ausflvig  nach  der  Blachije  zumachen,  da 
ein  starker  Kegen  gerade  den  Sand  etwas  gehärtet  hatte.  Dieses 
Mal  sammelte  ich  zahlreiche  Münzen  und  ging  dann  zum  Meere 
hinab.  Da  begegnete  mir  ein  alter  Fischer;  ich  beschloss.  ihn 
etwas  auszufragen.  Was  ist  denn  da  droben  gewesen.^  lautete 
die  erste  Frage,  indem  ich  auf  das  Plateau  hinaufzeigte.  Der 
Mann  Avar  aber  sehr  einsilbig  und  schrie  nur  einzelne  Worte  her- 
aus. Der  erste  Schrei  lautete  :  tnulk  »eine  Herrschaft«.  Diesem 
folgte  bald  ein  anderer:  medlne,  »eine  Stadt«.  Der  Vorwitz  plagte 
mich  noch  und  ich  fragte:  Wie  hat  sie  denn  geheissen/  Ich 
glaubte  fest,  der  alte  Mann  werde  nur  den  vulgären  Namen  el- 
lilachije  herausschreien.    Allein  dem  Avar  nicht  also;  denn  nach 


einigem  Nachdenken  schrie  er:  »Tedav.  Ich  hahe  ihm  den  Namen 
keinesAvegs  in  den  Mnnd  gehegt,  wie  es  so  oft  geschieht ,  nnd 
hatte  gar  nicht  die  Absicht,  den  alten  Namen  von  ihm  zn  erfah- 
ren, da  ich  iiherzeiigt  Avar,  dass  derselbe  schon  lange  spnrlos 
verschAvunden  sei.  Ich  veranlasste  ihn  im  Laufe  des  Gespräches, 
den  Namen  7m  wiederholten  Malen  auszusprechen,  nnd  über- 
zeugte mich,  dass  derselbe  rein  und  unveränderlich  Teda  lautete. 
Ich  fragte  ihn  endlich:  »Woher  Aveisst  Du  dasj?«  »Von  deneii,  die 
vor  mir  gelebt,  habe  ich's  gehört«.  Dann  fügte  er  uuAvillig  hinzu: 
»liei  euch  Avird's  AA-ohl  auch  sein  wie  bei  uns,  d.  h.  die  einen 
Averden  geboren  und  die  andern  sterben,  und  die  Alten  sagen  den 
Jungen,  Avas  sie  Avissen«.  Hiemit  Hess  ich  den  Mann  in  Ruhe, 
der  geAviss  keine  Ahnung  davon  hat,  dass  er  mit  seinem  Teda  der 
Wissenschaft  einen  grösseren  Dienst  geleistet,  als  mancher  Ge- 
lehrte mit  einem  dicken  JJuch.  Teda  ist  die  arabische  Form  des 
griechischen  Anthedon  i; .  Die  Blachije  ist  also  die  Avahre  Orts- 
lage dieser  Stadt.  Somit  hat  doch  Dr.  Sandreczki  Recht,  Avenn 
er  sagt ,  dass  Anthedon  nach  Plinius  nördlich  von  Gaza  liegen 
müsse.  Die  Mehrzahl  der  Gelehrten  ist  be- 
kanntlich entgegengesetzter  Ansicht;  es 
Avird  sich  nun  zeigen,  ob  imd  Avie  diesel- 
ben den  Rückzug  bcAverkstelligen. 

Bei  meinem  letzten  Besuche  in  Teda 
Avurden  fünf  antike  irdene  Krüge  von  son- 
derbarer Form  ausgegraben ;  ich  kaufte 
vier  derselben  um  einen  Medschidi.  Ihre 
Form  ist  aus  der  nebenstehenden  Zeich- 
nung ersichtlich. 

Den  grössten  Schatz  von  Antiquitäten 
birgt  natürlich  Gaza    selbst.     Allein  um     i;,^  der  natürl.  Grösse. 

1)  Ich  glaube  den  Werth  der  Mittheilungen  des  Herrn  Verf.  zu  erhöhen, 
Avenn  ich  darauf  aufmerksam  mache,  dass  in  den  Annalen  des  Eutychius  (ed. 
Oxon.  ItiSSf.)  II,  p.  25Sf.  ein  Treffen  zwischen  Muslimen  und  Byzantinern 
aus  dem  Jahre  633  bei  täcliln  in  der  Nähe  von  Gaza  erwähnt  wird.  Dieses  iä- 
dün ,  ein  zu  Gaza  gehöriger  Ort  (karja) ,  ist  ohne  ZAveifel  das  griechische  An- 
thedon in  einer  um  die  erste  Sylbe  verkürzten  Aussprache.  Damit  wäre  das 
Mittelglied  zwischen  dem  ursprünglichen  griechischen  Namen  und  der  heuti- 
gen Form  desselben  gegeben.  Stark,  Gaza  und  die  philistäische  Küste 
S.  56-5  f.  erAvähnt  den  Ort  Tadun ,  aber  ihm  ist  soAvohl  die  eigentliche  Quelle 
als  auch  die  Beziehung  auf  Anthedon  entgangen.  Guthe. 


dit'solUen  an's  Taijoslicht  zu  l»iiiigeu,  bedarf  es  umfangreicher 
Ausgial Hingen.  Damit  hat  es  aber  einige  Schwierigkeiten.  Ein- 
mal erhiubt  die  türkische  Kegiorung  solche  Ausgrabmigen  ohne 
Ferman  nicht  mehr,  dann  werden  dergleichen  Ausgrabungen  in 
der  Nähe  von  Iläuseni  in  keiner  Weise  gestattet.  Aveil  die  Häu- 
ser sonst  einstürzen  würden,  da  dieselben  nicht  auf  Felsen 
stehen,  wie  in  Jerusalem,  sondern  auf  .Schutt  \ind  lluinen.  Je- 
doch giebt  es  in  Gaza  auch  viele  ausgedehnte  Gärten,  wo  Aus- 
grabungen ohne  Nachtheil  für  Häuser  vorgenommen  Averden 
können.  Dergleichen  Nachgrabungen  Averden  a\ich  von  Stein- 
lieferanten angestellt,  haben  aber  natürlich  keinen  wissenschaft- 
lichen Zweck,  sondern  'dienen  nur  dazu,  die  vorhandenen  Jiau- 
steine  hervorzuholen.  Zu  diesem  Behufe  macht  man  eine  grab- 
ähnliche Öffnung  in  den  Boden,  etwa  4 — 5  jNIeter  tief  und  noch 
tiefer.  In  dieser  Tiefe  werden  dann  horizontale  Gräben  gezogen 
und  die  dabei  gefundenen  Bausteine  hinaufgeschaift.  Ausserdem 
werden  in  Gaza  dann  und  wann  Neubauten  aufgeführt,  wobei 
immer  zuerst  ein  künstliches  Fundament  hergestellt  werden 
muss. 

Da  ich  im  abgelaufenen  Jahre  den  Bau  eines  Hauses  be- 
gann, war  ich  ebenfalls  genöthigt.  zur  Herstellung  eines  Funda- 
mentes umfangreiche  Ausgrabungen  vorzunehmen.  Der  Bauplatz 
beündet  sich  im  südöstlichen  Theile  der  oberen  Stadt,  nicht  fern 
von  der  grossen  Moschee.  Er  hat  eine  hohe  Lage  Avie  das  Serail 
und  ist  vom  östlichen  Abhang  der  Stadt  Avenigstens  noch  100  Me- 
ter entfernt.  Er  bildet  ein  Rechteck  von  15  Meter  Länge  und 
l'i  Meter  Breite.  Zuerst  Avurde,  um  Kaum  für  ein  unterirdisches 
StockAverk  zu  gCAvinnen,  der  Schiitt  2,50  Meter  tief  hinausge- 
schafft. Bis  zur  Tiefe  eines  Meters  fand  man  nur  Schutt ,  dann 
aber  kam  ein  halbverfaulter  Estrichboden  und  eine  Menge  zer- 
streuter Bausteine  zum  Vorschein.  An  der  SüdAvestecke  fand 
man  ein  Gewölbe,  das  sich  unter  der  Erde  noch  Aveiter  fortsetzte. 
Der  ZAveck  der  Arbeit  gestattete  nicht,  demselben  Aveiter  nach- 
zu8i)üren.  In  einer  Tiefe  von  zAvei  Metern  fand  man  schon  ein- 
zelne Mauerzüge  und  zerstreute  Bausteine  in  grösserer  Menge,  in 
der  Mitte  dagegen  ein  kleines,  aus  festem  Mörtelguss  hergestell- 
tes Becken .  imd  daneben  die  Öffnung  einer  kleinen,  aber  voll- 
ständig erhaltenen  Cisterne,  die  sich  dem  Bau  leicht  einfügen 
liess.    .\n  der  Nordseite  fand  ich  eine  alte  Mauer  und  eine  hüb- 


9 

sehe  Marmorsäule  mit  einer  hebräischen  Inschrift.  Da  jedoch 
dieselbe  modern  ist ,  so  ist  es  nicht  der  Mühe  werth.  sie  mitzii- 
theilen.  Die  Eingebornen  sagen,  dass  in  dieser  Gegend  einst  die 
Synagoge  der  Juden  gestanden  habe,  und  der  betreffende  Stadt- 
theil  heisst  noch  jetzt  hürat  el-jelmd.  Die  aufgefundene  Säule 
wäre  ein  Beweis  dafür. 

Nun  kam  aber  die  Hauptarbeit.  Um  die  Mauern  aufführen 
zu  können ,  musste  man  vorher  vierzehn  Stollen  in  den  lioden 
hinabtreiben,  ausmauern  und  mit  Bögen  übers])annen.  Die  vier 
Eckstollen  hatten  ungefähr  l,5ü  Meter  im  Quadrat,  so  dass  zwei 
Männer  unten  arbeiten  konnten.  Verschalungen  wurden  nicht 
angewendet,  da  der  Sch\itt  hinreichend  fest  Avar.  Es  handelte 
sich  hauptsächlich  darum,  den  festen,  natürlichen  Lehmboden 
zu  eiTeichen.  Aber  es  wurde  drei,  fünf,  sieben,  acht  Meter  tief 
gegraben  und  doch  nichts  als  Schutt  und  Mauerreste  angetrof- 
fen, mit  Scherben  und  Kohlenstücken  vermischt;  endlich  in 
einer  Tiefe  von  neun,  zehn  und  zwölf  Metern  fand  man  den  festen 
Naturboden.  Derselbe  musste  nun  erst  die  Probe  bestehen.  Zu 
diesem  Zwecke  wurde  ein  wuchtiger  Stein  hin  abgeworfen.  Gab 
es  einen  hellen  Klang,  so  war  s  genug;  Avar  aber  der  Klang  nicht 
hell  genug,  so  hiess  es  noch  tiefer  graben.  An  der  Nordwestecke 
fand  man  dabei  einen  ganzen  Complex  von  Mauerwerk;  an  der 
Südwestecke  musste  eine  aus  starkem  Mörtelguss  hergestellte 
Cisterne  theilweise  herausgehauen  werden.  Etwa  vier  Meter  da- 
neben an  der  westlichen,  d.  h.  an  der  der  Stadt  zugekehrten  Seite 
fand  man  in  einer  Tiefe  von  acht  Metern  eine  dünne  Schicht 
Meersand.  Der  Ostseite  entlang  zeigten  sich  drei  unterirdische 
Höhlen,  wahrscheinlich  ein  Werk  der  Steinarbeiter.  In  einem 
benachbarten  Stollen  fand  man  in  unbedeutender  Tiefe  ein  festes 
Mauerwerk  und  wir  machten  uns  schon  Hoffnung ,  dass  man  es 
als  Fundament  gelten  lassen  werde.  Allein  der  arabische  Maiirer 
erklärte,  es  müsse  heraus.  Darunter  zeigte  sich  Avieder  Schmitt 
lind  in  einer  Tiefe  von  acht  Metern  ein  primitives  MosaikpHaster, 
vielleicht  ein  Werk  der  Philister.  Ich  bewahrte  einen  Theil  da- 
von als  Andenken.  Das  Innere  des  Kauplatzes  Avar  in  allerlei 
Richtungen  A'on  mehr  oder  Aveniger  starken  Mauern  durchzogen ; 
denselben  konnte  jedoch  nicht  Aveiter  nachgespürt  Averden.  Die 
zwei  letzten  Stollen  liess  der  europäische  Meister,  der  unterdessen 
gekommen  war,  nicht  mehr  so  tief  machen,  da  man  in  denselben 


10 

fe!^a'!^  Maufiwerk  faiul.  Dieselben  tragen  auch  in  der  That 
ehensojfut  als  die  doppelt  so  tiefen.  Hei  dieser  Fundamenti- 
run"-  wurden  ungetahr  löu  Kubikmeter  Steine  verbraucht,  ein 
Ik'weis  ,  dass  das  Hauen  in  Gaza  theuer  ist.  Ganze  und  zerbro- 
chene Gefiisse  von  Thon  und  Glas  verschiedener  Art ,  Lampen, 
Münzen  und  dergleichen  Antiquitäten  kamen  zahlreich  zum  \ov- 
schein .  verscliAvanden  jedoch  meistens  in  den  Taschen  der  Ar- 
beiter. 

\'ero-lcicht  man  die  hier  gemachten  Beobachtungen  mit  den 
iihnlichen  Ergebnissen  bei  Ausgrabungen  in  den  verschiedenen 
'l'heilen  der  Oberstadt,  so  erkennt  man,  dass  der  Hügel,  auf  wel- 
chem die  heutige  Oberstadt  Gaza  sich  erhebt,  erst  im  Laufe  der 
Zeit  durch  wiederholte  Zerstörungen  der  Stadt  entstanden  ist. 
Daraus  folgt ,  dass  das  alte  Gaza  schon  ursprünglich  auf  dieser 
Stelle  gestanden  hat  und,  -Nvenn  auch  mehrmals  zerstört  und  viel- 
leicht eine  Zeitlang  verlassen,  doch  immer  wieder  aufgebaut 
worden  ist.  Hiemit  ist  auch  die  Streitfrage,  ob  das  heutige  Gaza 
an  der  Stelle  des  alten  liege  oder  nicht,  bejahend  entschieden. 
Das  Gesagte  gilt  jedoch  nicht  von  den  auf  der  Ebene  liegenden 
\ ortit'idten  Iiäraf  es-sadschdlje  xmd  /larat  et-tujfä h  odev  Tnfen; 
dieselben  sind  jedenfalls  erst  später  entstanden  und  waren  nie 
von  der  Stadtmauer  eingeschlossen.  Denn  dieselbe  müsste  sonst 
einen  Umfang  von  wenigstens  drei  Stunden  gehabt  haben,  wenn 
man  bedenkt,  dass  auch  die  Südseite  und  die  Westseite  eine 
Vorstadt  hatte. 

Es  gilt  nun  die  Schwieiigkeiten  zu  lösen,  welche  die  histo- 
rischen Angaben  bieten,  die  von  einem  alten  und  neuen  Gaza 
sprechen  und  eine  Änderung  der  Ortslage  behaupten.  Unter 
Neugaza  ist  entweder  die  Hafenstadt  Majumas,  oder  die  südliche 
^'orstadt  von  Gaza  zu  verstehen.  Das  alte  Gaza  hiess  spTjao«; 
j  wüste«,  weil  es  manchmal  zerstört  und  vielleicht  auch  eine  Zeit- 
lang verlassen  worden  Avar.  Da  es  zur  Zeit  des  heil.  IIieronymus 
«jtienbar  auf  dem  Hügel  der  heutigen  Oberstadt  lag  und  mit  seL 
nen  zwölf  Götzentempeln  und  l'rachtbauten  jedenfalls  eine  an- 
sehnliche Stadt  war,  so  muss  man  annehmen,  dass  Hieronymus 
unter  der  alten  Stadt  einige  damals  in  Kuinen  liegende  Vorstädte 
gemeint  ha])e.  Eine  halbe  Stunde  nördlich  vom  heutigen  Gaza 
lätist  sich  eine  für  das  alte  Gaza  passende  Ortslage  absolut  nicht 
finden.  Keine  Spur  davon!   Die  bezüglich  der  Ortslage  von  Alt- 


11 

lind  Nen-Gaza  in  den  historischen  Angaben  herrschende  Con- 
fiision  kann  demnach  die  sonst  deutlich  bezeichnete  Identität  der 
Ortslage  nicht  beeinträchtigen.  Dass  Majiimas  von  Alt-  und 
Neu-Gaza  20  Stadien  entfernt  war,  wird  streng  genommen  nir- 
gends gesagt,  so  viel  ich  weiss,  sondern  nur,  dass  Gaza  zur  Zeit 
Arrian's  und  zur  Zeit  des  Sozomenus  20  Stadien  vom  Hafen 
Majumas  entfernt  lag.  Unter  r^  vir/,  {"a^a  kann  man  demnach 
Majumas  verstehen. 

Der  Ausdruck  rhirbet  es-sür  ^)  ist  hier  unbekannt  und  wurde 
offenbar  nur  von  den  Begleitern  Guerin's  erfunden ,  um  ihm  et- 
was zu  antworten.  Dagegen  Avird  diese  lluinenstätte,  wie  gesagt, 
ein  Theil  von  Majumas.  Chirbet  Schech  Hatschan  genannt.  Pro- 
LEMAEUS  verzeichnet  Anthedon  ein  wenig  nördlich  vom  Hafen 
Gazas,  da.  wo  ich  es  gefunden  habe.  Guerin  dagegen  behaup- 
tet, dies  sei  ein  Irrthum,  wie  man  aus  Josephus  ersehe.  Wenn 
JosEPHüS  Ant.  Xni.  15,  4  Anthedon  nach  Gaza  und  vor  Raphia 
erwähnt,  so  kann  man  daraus  nicht  schliessen,  dass  es  südlich  von 
Gaza  liegen,  sondern  nur,  dass  es  nördlich  von  Raphia  und  süd- 
lich von  Azotus  liegen  müsse.  Die  Angabe  des  Plinius  steht 
allerdings  vereinzelt,  insofern  er  allein  deutlich  Anthedon  nach 
dem  Norden  von  Gaza  verweist ,  während  Josephus  und  andere 
sich  hierüber  nicht  bestimmt  ausdrücken.  Da  Guerix  Anthedon 
nach  Majumas  versetzt ,  so  ist  er  genöthigt ,  für  Majumas  einen 
Sandhügel  als  Ortslage  anzunehmen. 

Eine  halbe  Stunde  nördlich  von  Gaza  findet  man  mitten  in 
Haumgärten  ein  kleines  Dorf  Namens  maschcüiara .  Die  nazle  ge- 
nannte Ortschaft  liegt  nicht  am  Meere ,  sondern  ganz  nahe  bei 
dschabälja ,  etwas  westlich  davon ,  und  ist,  Avie  der  Name  sagt, 
eine  Gründung  dschabälja^,. 

Die  westliche  Vorstadt  Gaza  s  zu  beiden  Seiten  der  Strasse, 
die  zum  Meere  hinausführt,  hiess  ehemals  harat  es-siwiara.  Sa- 
maritaner-Quartier,  Die  Töpferwerkstätten  nördlich  von  der 
Strasse  sind  der  einzige  Überrest  dieser  Vorstadt.  An  die  Sama- 
ritaner  erinnert  ausserdem  noch  ein  Bad  Namens  hammäm  es- 
sumara. 


1)  Nach  Guerin,  Judee  2,  215  unmittelbar  am  Meere  gerade  westlich 
von  Gaza.  Die  Red. 


12 

Der  Name  der  südlichen  N'orstadt.  die  sehr  ausgedehnt  ge- 
wesen sein  muss.  ist  nicht  mehr  bekannt.  Im  Centrum  dersel- 
ben stand  eine  Dschaule  genannte  Moschee,  deren  Minaret  auf 
horizontal  untergelegten  Säulen  ruhte.  Der  l^egräbnissplatz  mit 
den  bekannten  Marmorsäulen .  welche  am  Wege  zur  Quarantäne 
im  Hoden  stecken,  gehörte  zu  dieser  Vorstadt.  Gegen  die  Stadt 
zu  endet  dieser  Raum  mit  einem  hüh  ed-därun  genannten  Schutt- 
hügel, wo  bei  Gelegenheit  des  orientalischen  ('ameval  ein  Volks- 
fest stattfindet. 

Am  Südostrand  der  Oberstadt,  da.  wo  der  Weg  in  die  süd- 
liche Vorstadt  hinabführte .  stand  ehemals  ein  Kastell,  Namens 
hat at  el-lennd'ije.  Jetzt  ist  ein  Schutthaufen  dort,  der  aber  noch 
immer  el-lemällje  genannt  wird.  Der  Erbauer  des  ('astells  wird 
wohl  Jce7näl  geheissen  haben. 

Folgende  Angaben    mögen    zugleich   als    Nachtrag   zu   der 
ZDPV.  II.  Tafel  IV  gegebenen  Karte  betrachtet  werden.  Dsclia- 
bäljä  liegt  eine  Stunde  nördlich  von  Gaza,    mascJuihara  in  der 
Mitte  zwischen  Gaza  und  dscJtahaljU.  schlich  radicän  in  der  Mitte 
zwischen  maschahara  und  Anthedon,   hetlahjä  '-^l^  St\inden  nörd- 
lich von  dschahäljZi  etwas  gegen  Westen  im  Sande.    SchT'cJi  ha- 
san,  die  Quarantäne  am  Meere  und  der  Hafenplatz  in  der  Mitte 
von    beiden    25  Minuten    südlich  von   Teda   oder    el-Blachije. 
Schech  liatschan  5  Minuten  südlich  von  der  Quarantäne  etwas 
landeinwärts.  Die  grosse  Quarantäne  bei  der  Stadt  liegt  Y4  Stunde 
südlich  davon  etwas  gegen  Westen  an  der  Strasse  nach  Egypten. 
SchT'ch  'adschl'm  liegt  3/4  Stunden  südlich  vom  Hafenplatz  oder 
ebensoweit  nördlich  von  der  Mündung   des  Wadi   Gaza,     ^'on 
Gaza  kommt  man  in  IY2   Stunden  nach  den   feil    adschül  oder 
\idsrhTir  genannten  Hügeln  von  Wadi  Gaza,   von   dort  gelangt 
man  in   1  •  2  St\mde  nach  der  el-balah  .    das    auf  der  erwähnten 
Karte  irrthümlicherwcise    weit   nördlich  davon  eingetragen  ist. 
Bf'/ii  selille  und  rJiän  jTimts  liegen  eine  halbe ,    respectivc    eine 
Stunde  südlich  von  der  el-balah  etwas  gegen  Osten.    Die  KaVa 
'/,\)V\ .  n,  \\)')  ist  keine  Ortschaft,  sondern  das  Kastell  von  chän 
jTiTu/s.    Nasra,   ein  zerstörtes  Dorf,  liegt  fünf  Viertelstunden  süd- 
lich von  Gaza  etwas  gegen  Osten,  nördlich  am  Wadi  Gaza.  Man- 
snra,   ebenfalls  ein  zerstörtes  Dorf,    liegt   '/-i  Stunde   östlich  von 
Nasra  etwas  gegen  Norden.  Dschebel  el-mtmfär  liegt  eine  Stunde 


\'^ 


südöstlicli  von  der  Obei!?tadt  oder  1/2  ^^tunde  südöstlich  von  der 
Unterstadt. 

Der  Ort  Gaza  selbst  besteht  aus  zwei  Theilen  oder  zwei 
Städten,  wenn  man  Avill,  einer  Oberstadt  vnid  einer  Unterstadt; 
sie  sind  fünf  Minuten  voneinander  entfernt.  Die  Oberstadt,  die 
eigentliche  Stadt  mit  meistens  aus  Steinen  erbauten  Häusern, 
hat  die  Form  eines  Rechtecks ,  dessen  Langseite  dem  Meere  pa- 
rallel läuft;  die  untere  Stadt,  gewöhnlich  ea-sechchalje  genannt, 
ifleicht  mehr  einem  Quadrate.  Die  Seiten  der  Ober-  und  Unter- 
Stadt  laufen  aber  einander  nicht  parallel;  die  Nordostecke  der 
Oberstadt  steht  der  Südwestecke  der  Unterstadt  nahe  gegenüber, 
die  Nordwestecke  der  Oberstadt  ist  dagegen  bedeutend  von  der 
Nordwestecke  der  Unterstadt  entfernt.  Von  der  Einmündung  der 
Jafastrasse  in  die  Oberstadt  bis  zu  deren  Südende  braucht  man 
20  Minuten,  von  der  Einmündung  der  Meeresstrasse  bis  zum 
Ostrande  der  Stadt  etwa  10  Minuten.  Die  Unterstadt  kann  man 
in  lU  Minxiten  nach  jeder  Richtung  hin  durchschneiden.  Wer 
die  ganze  Stadt  umgehen  will,  braucht  wenigstens  zwei  Stunden. 
Die  Baumgärten  dehnen  sich  nach  Norden  und  Süden  eine 
Stunde,  nach  Osten  und  Westen  1/2  Stunde  weit  aus.  Einen  Plan 
von  Gaza  anzufertigen  wäre  eine  interessante ,  aber  schwere  Ar- 
beit. Die  ganze  Umgebung  ist  nach  allen  Richtungen  hin  mit 
breiten,  fahrbaren  Strassen  durchzogen.  Am  Nordwestrande  der 
Oberstadt  in  der  Nähe  der  Moschee  Sa'^id  Häschim  sieht  man 
noch  den  Überrest  einer  antiken  Ziegelmauer. 

Auf  dem  Steinmarkte  bemerkte  ich  ein  paar  Steine  mit  grie- 
chischen Inschriften  auf  Kalktünche,  wahrscheinlich  Grabsteine. 
Neulich  wurden  zwei  zierliche  antike  Marmorbecken  in  Form 
von  Schüsseln  mit  vier  Ansätzen  sammt  Farbenreiber,  ebenfalls 
aus  Marmor,  gefunden.  —  In  Askalon  sind  vor  kurzem  mehrere 
Statuen  zum  Vorschein  gekommen. 

Mittlere  Temperatur  in  Gaza  im  J.  1882  (nach  Rcaumur). 


Früh 

Mittags 

Abends 

Im  Allgemeinen 

Januar 

6V2 

11 

93/4 

9 

Februar 

6V4 

IOV4 

63/4 

8 

März 

9 

15 

121/2 

12 

April 

113/4 

17 

141/2 

141/2 

Mai 

131/2 

19 

151/2 

16 

14 

Früh  Mittags  Abends     Im  Allgemeinen 

Juni  14V>  2IV4  I7V2  17 

Juli  17V4  233/4  203/4  20V4 

August  \S\,  24  21  23 

.September  IS  23  21  21 

Octüber  15  21  IS  18 

November  12  17  14  14 

December  K'  15  13  13 

Mittlere  Temperatur  in  der  Frühe:  12^/4 

j)  »  Mittags :  1 S 

»  »  Abends:  l^Va 

»  »  im  Allgemeinen:      151/2 

Grösste  Hitze  Juli.  August:  25° 
Grösste  Kälte  Januar.  Februar :  3°  Wärme 

Kegentage  vom  Januar  bis  Mai:  50 
Winter  vom  14.  Januar  bis  22.  Februar. 
Sommer  vom  10.  Juli  bis  3.  August. 
Sirocco:  11  Tage.  Südwind  b3  Tage.  Westwind  203  Tage. 

Gaza,    10.  April  1S83. 


Das  altcliristliclie  Taiifliaus  neben  der  Kirche 

in  Aniwäs. 

Eingesandt  von  Baiuatli  C.  Scliick  in  Jerusalem. 

(Hierzu  Tafel  I). 


A'üi"  einigen  Jahren  hat  eine  französische  Dame  die  Kuinen 
einer  einstigen  Kirche  sammt  dem  sie  umgebenden  Platz  neben 
dem  heutigen  Dorfe  "^Amwäs  an  der  Strasse  von  Jafa  nach  Jeru- 
salem gekauft  und  dann  begonnen ,  die  alten  Mauern  von  dem 
sie  grösstentheils  bedeckenden  Schutt  befreien  zu  lassen.  Sie 
beabsichtigt,  die  einstige  Kirche  möglichst  getreu  nach  den 
früheren  Dimensionen  wieder  herstellen  zu  lassen.  Im  Verlaufe 
dieser  Arbeiten  erkannte  man ,  dass  das  Gebäude  aus  zwei  ver- 
schiedenen Zeiten  stammt.  Das  ältere  Bauwerk  ist  oifenbar  by- 
zantinisch und  zeichnet  sich  durch  schöne  grosse  Steine  aus :  das 
jüngere  ist  durch  die  Kreuzfahrer  errichtet,  eine  kleine  einschif- 
fige Kirche  von  etwas  plumpem  Styl,  die  nur  den  mittleren  Theil 
des  byzantinischen  Gebäudes  bedeckt  hat  ^vgl.  Taf.  I,  Plan  der 
alten  Kirche  und  des  Taufhauses).  Diese  lateinische  Kirche  ist 
jetzt  schon  lange  dem  Schicksal  der  Zerstörung  anheimgefallen, 
ebenso  wie  einst  ihre  griechische  Vorgängerin. 

Bei  den  Ausgrabungen  fand  man  im  Jahre  1881  in  dem  nörd- 
lichen Seitenschiif  unweit  der  Apsis  den  Abakus  einer  alten  Säule, 
der  eine  kxirze  griechische  und  eine  kurze  hebräische  Inschrift 
trug,  die  inzwischen  in  den  Quarterly  Statements  for  1882. 
S.  2 2 ff.  veröffentlicht   worden    sind'  .     Neuerdings    sind    dicht 

1)  Vgl.  auch  meine  Mittheilungen  über  die  Ruinenstätte  und  die  Inschrif- 
ten in  Ebers  und  Gutue,   Palästina  in  Bild  und  Wort  I,  S.  214  u.  Anm.  4(3. 

GUTHE. 


16 

neheu  der  Kirclie.  an  Uirer  nördlicheu  Seite,  die  Reste  eines 
Tanfhiiuses.  eines  liaptisterinms.  aufgedeckt  Avorden,  über  die  ich 
im  F«.lgenden  zu  den  Zeichnungen  der  Tafel  I  einige  Bemerkun- 
gen machen  will. 

Soweit  die  aufgedeckten  Keste  erkennen  lassen,  war  das 
Haptisterium  ein  viereckiges  Gebäude,  dessen  Ostseite  sich  in 
eine  Apsis  erweiterte,  üie  Mitte  der  Kundung  zeigt  in  der  Linie 
der  geraden  Wandecken  das  kre\izförmige  Taufbassin.  Es  ist 
schön  in  Stehi  gearbeitet,  gut  ceraentirt,  und  liegt,  wie  die 
Durchschnitte  I  und  II  zeigen,  zur  Hälfte  unter,  zur  Hälfte  über 
dem  Jioden.  Der  Durchschnitt  I  lässt  erkennen,  wie  in  dem  nach 
Westen  gerichteten  Arm  des  Jiassins  einige  Stufen  angebracht 
worden  sind .  auf  denen  die  Täuflinge  in  das  Wasser  hinabstie- 
gen. Der  Kaum  hinter  dem  Bassin  ist  durch  eine  niedrige,  die 
Apsis  quer  wie  eine  Schranke  durchschneidende  Schwelle  abge- 
grenzt. Hinter  derselben  stand  Avohl  der  Priester  oder  der 
Bischof.  Vor  derselben  befinden  sich  zu  beiden  Seiten  des  Bas- 
sins schalenförmige  Vertiefungen  in  dem  Boden ,  die  durch  eine 
Röhre  mit  dem  Becken  selbst  in  Verbindung  stehen,  so  dass  das 
in  ihnen  sich  ansammelnde  Wasser  in  das  Bassin  ablaufen  konnte 
vgl.  Durchsclniitt  II;.  Diese  Schalen  bezeichnen  wahrscheinlich 
den  Standort ,  den  die  Täuflinge  einnahmen .  nachdem  sie  das 
Bassin  verlassen  hatten. 

Leider  Avar  es  dem  Zeichner  nicht  möglich,  Messungen  vor- 
zunehmen. Die  Darstellung  der  Tafel  kann  daher  nicht  ganz  ge- 
nau genannt  Averden.  Doch  ist  das  Gesammtbild  im  ganzen  rich- 
tig und  treu.  Als  die  Länge,  resp.  l^reite  des  Bassins  giebt  er 
3,50  m,  als  die  Tiefe  1.35 m  an. 

Der  Platz  der  Kirche  und  des  Taufhauses  ist  jetzt  mit  einer 
Mauer  umgeben  und  daher  nicht  mehr  allgemein  zugänglich.  Die 
Ausgrab\ingen  sollen  fortgesetzt  Averden  und  können  vielleicht 
noch  andere  Averthvolle  Keste  zu  Tage  bringen.  Jedenfalls  liabeu 
sie  xins  in  dem  Taufliause  einen  echt  byzantinischen  Bau  aufge- 
deckt ,  der  möglicherweise  bis  in  das  vierte  Jahrhundert  nach 
Chr.  Geb.  hinaufreichen  kann. 

Jerusalem,  Juni  1883. 


Die  Pilgerfahrt  des  russisclieu  Abtes  Daniel  ins  lieilige 

Land  1113—1115. 

Aus  dem  Kiissischen  übersetzt  von  A.  JiCSkien  in  Leip/io-. 


Die  Reisebesclireibinig  des  Hegumenos  Daniel  ist  ein  in  der 
altrussiscben  Tjiteratur  sebr  verbreitetes  liucb  gewesen.  Man 
kennt  circa  40  ITandscbriften ,  von  denen  31  dem  Herausgeber 
A.  S.  NoROFF  vorlagen  und  15  als  die  besseren  von  ilira  haupt- 
säclilicli  benutzt  sind.  Keine  der  Handscbriften  ist  älter  als  das 
15.  Jabrli.  Noroff's  Ausgabe  (Putesestvie  igiimena  Daniila  po 
svjatoj  zemle  [1113  —  1115],  izdano  archeograficeskoju  komrais- 
sieju  pod  red.  A.  S.  Norova,  s  ego  kriticeskimi  zamecanijami. 
St.  Peterb.  1S64)  liegt  zu  Grunde  der  in  den  ceti  minei  (Heili- 
genlegenden) des  Makarius  entbaltene  Text,  eine  Auswahl  von 
Varianten  begleitet  sie.  Noroff  gab  zugleich  eine  französische 
Ubersetziing :  Pelerinage  en  terre  sainte  de  l'igoumene  russe  Da- 
niel [1113 — 1115]  traduit  pour  la  premiere  fois ;  accompagne  de 
notes  critiques  et  suivi  du  texte  russe  etc.  par  Abraham  de  NorofF. 
St.  Petersb.  lSß4).  In  meiner  Übersetzung  habe  ich  mich  streng 
an  die  Ausgabe  Noroff's  halten  müssen,  da  mir  handschriftliche 
Texte  nicht  zugänglich  sind  und  ich  zu  wenig  in  der  Geographie 
Palästina' s  und  der  betreffenden  Literatur  über  die  heiligen  Stätten 
bewandert  bin,  um  unter  den  von  Noroff  gegebenen  Varianten 
eine  sichere  Wahl  treffen  zu  können.  Im  <j;anzen  stimmt  meine 
Aversion,  wie  ich  durch  nachherige  Vergleichung  constatirt  habe, 
mit  der  Noroff' sehen  überein;  ob  ich  bei  Abweichungen  von  ihm 
(las  Richtigere  getroffen  habe ,  kann  ich  nicht  mit  voller  Sicher- 
heit behaupten  :  der  Text  ist  an  manchen  Stellen  sehr  unklar  und 
die  Verbindung  der  Sätze  zweifelhaft.    Unter  diesen  Umständen 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.   VII.  2 


18 


habe  ich  niicli  heiniilit,  den  Text  so  wortgetreu  wie  möglieh  wie- 
der/.u^'eben  :    Noutu-i'  ijicht  molir  eine  glatte,    wohlstilisirto  Ver- 


sion 


Die  Zeit  der  lieise  ergicbt  sich  daraus,  dass  Daniel  selbst 
er/.ilhh,,  er  habe  sie  angetreten  während  der  Regierung  des  Gross- 
fiirsten  Sviat()])(»lk  Izjaslavic,  der  von  1093 — 11 13  regierte,  und 
dass  er  in  l^llii^tina  ein  fStiick  Weges  mit  dem  Heere  Halduins 
zog,  als  dieser  seinen  Zug  gegen  Damaskus  unternahm,    1115. 

Pilgerfahrt  des  Möiiehes  Daniel. 

Erzählung  von  der  Reise  nach  Jerusalem  ,  von  den  Städten, 
von  der  Stadt  Jerusalem  selbst ,  von  den  verehrungswürdigen 
Stätten,    welche  um  die  Stadt  liegen,    und    von    den  heiligen 

Kirchen . 

Ich ,  der  unwürdige  Hegumen '-)  Daniel ,  aus  dem  russischen 
Lande ,  der  geringste  unter  allen  Mönchen ,  demüthig  wegen  vieler 
Siinden  und  der  Unwissenheit  in  jeglichem  guten  Werke,  getrieben 
von  meinen  Gedanken  und  meiner  Ungedidd,  bekam  die  Sehnsucht, 
die  heilige  Stadt  Jerusalem  zu  sehen  und  das  I^and ,  das  Gott  dem 
Abraham  verheissen  hatte.  Durch  Gottes  gnädigen  Willen  beschirmt, 
erreichte  ich  auch  die  heilige  Stadt  Jerusalem  uud  sah  das  ganze 
Land  Galiläa  und  die  heiligen  Stätten  und  besuchte  alle,  das  ganze 
Land ,  wo  Christus  unser  Gott  mit  eignen  Füssen  wandelte  und  viele 
Wunder  seinen  heiligen  Aposteln  und  Jüngern  hochherrlich  zeigte. 
Das  also  alles  habe  ich  mit  eignen  Augen  gesehen ,  und  alles  liess 
mich  Gott  sehen,  was  ich  lange  Zeit  gewünscht  hatte,  von  meinen 
Gedanken  gepeinigt.  Ihr  aber,  Brüder  uud  Väter,  meine  Gebieter, 
seid  nachsichtig  gegen  mich  und  verdenkt  es  nicht  meinem  geringen 
Verstände  \ind  meiner  Unwissenheit,  dass  ich  von  Jerusalem  und  vom 
gottgesegneten  Lande  und  von  dieser  heiligen  Reise  geschrieben  habe. 
Denn  wenn  jemand  diese  Reise  macht  in  Furcht  und  Demuth,  so  ver- 
sündigt er  sich  freilich  nicht  gegen  die  Gnade  Gottes ;  ich  aber  habe 
unwürdig  diese  heilige  Reise  gemacht,  in  jeglicher  Schwachheit  und 
Trägheit,  essend  und  trinkend,  \ind  habe  allerlei  Unwürdiges  gethan, 
aber  dennoch  hotte  ich  auf  die  Gnade  Gottes  und  auf  Eure  Fürbitte,  dass 
mir  Cliristus  unser  Gott  meine  unzähligen  Sünden  vergebe.  So  habe 
ich  auch  diese  Reise  und  diese  heiligen  Stätten  beschrieben ,    nicht  in 

1)  Die  mit  G.  bezeichneten  Anmerkungen  aind  von  der  Redaction  hinzu- 
gefügt. 

2)  Die   Würde   eines  Hegumen  in   dem  Klosterwesen    der   griechischen 
Kirche  entspricht  der  abendländischen  Stellung  eines  Priors.  G. 


19 


Ueborliebnng  und  Stolz  darüber.  Das  sei  ferne,  denn  icli  liabo  nichts 
(lutcs  auf  dieser  Jieiso  vollbradit ,  sondern  ans  Liebe  ym  den  heiligen 
Stätten  hal)e  ich  alles  anfgesclirioben,  was  ich  mit  meinen  sündigen 
Augen  gesehen  habe ,  damit  nicht  in  Vergessenheit  gorathe  das,  was 
mir  Unwürdigem  Gott  zeigte  ;  und  ich  fürchtete  das  Urtheil  über 
jenen  trägen  Knecht,  der  das  IM'und  seines  Herrn  verbarg  und  es  nicht 
wuchei'n  Hess.  Auch  habe  icli  es  um  der  Gläubigen  willen  aurgesclirie- 
ben,  damit  einer ,  w^enn  er  von  den  heiligen  Stätten  liin-t .  im  Geiste 
und  in  Gedanken  dahin  eile  und  gleichen  Tiolin  empfahe  mit  denen, 
die  dahin  gepilgert  sind.  Viele  nun,  welche  diese  heiligen  Stätten  be- 
suclit  und  die  heilige  Stadt  Jerusalem  gesehen  haben  ,  überlieben  sich 
in  ihren  Gedanken,  als  liätten  sie  etwas  Gutes  vollbracht,  und  verlie- 
ren wieder  den  Ijohn  ihrer  Mühe,  von  welchen  ich  der  erste  bin. 
Viele  auch ,  die  nach  Jerusalem  gekommen  sind  ,  haben  vieles  Gute 
nicht  gesehen,  da  sie  eilen  schnell  zu  reisen,  diese  Reise  darf  man 
aber  nicht  schnell  machen,  sondern  gemächlich,  nicht  in  Eile  ;  nur  so 
kann  man  alle  die  heiligen  Stätten  in  der  Stadt  Jerusalem  selbst  und 
ausserhalb  der  Stadt  sehen. 

Ich  nun,  der  unwürdige  Hegumen  Daniel,  als  ich  nach  Jerusalem 
gekommen  war,  habe  1(3  Monate  in  der  Metochie  des  heiligen  Saba^) 
\erweilt  und  habe  von  da  ausgehend  alle  die  heiligen  Stätten  er- 
kundet und  wohl  gesehen.  Denn  unmöglich  ist  es,  ohne  Führer  zu 
reisen  und  ohne  Sprache  (Dolmetscher)  alle  die  heiligen  Stätten  wohl 
zu  erkunden  und  zu  sehen.  Und  was  ich  bei  mir  hatte  von  meiner 
geringen  Habe,  von  dem  gab  ich  allen,  die  alle  heiligen  Stätten  in  der 
Stadt  und  ausserhalb  der  Stadt  gut  kennen,  damit  sie  mir  alles  gut 
zeigten,  wie  es  auch  geschah.  Und  Gott  vergönnte  mir  in  der  Laura 
des  h.  Saba^)  einen  Mann  zu  finden,  heilig  und  betagt  und  sehr  ge- 
lehrt, und  diesem  heiligen  Manne  legte  Gott  ins  Herz,  mich  Geringen 
sehr  zu  lieben,  und  derselbe  zeigte  mir  gut  alle  heiligen  Stätten,  die 
in  Jerusalem  sind,  und  durch  das  ganze  Land  führte  er  mich  gut,  bis 
zum  Meer  von  Tiberias,  bis  Thabor,  bis  Nazareth,  bis  Hebron,  bis  zum 
Jordan  und  bis  Bethlehem ;  über  alle  diese  heiligen  Stätten  führte  er 
mich  und  bemühte  sich  um  mich  aus  Liebe,  und  noch  viele  andre  hei- 
lige Stätten  habe  ich  gesehen,  wie  ich  davon  hernach  erzählen  werde. 

Von  der  Reise  nach  Jerusalem.  Der  Weg  nach  Jeru- 
salem.    Von  Constantinopel  hat  man  auf  dem  Meerbusen  zu  fahren 


1)  Die  Metochie  des  heiligen  Saba  lag  östlich  neben  dem  Davidsthurm 
(der  heutigen  Citadelle),  südlich  an  der  Gasse,  die  von  dem  Davids-  oder  Jafa- 
thore  nach  dem  Tempel  des  Herrn  (Felsendom)  hinabführte.  So  Tobler,  Topo- 
graphie von  Jerusalem  I,  p.  397.  Anders  NorofF,  Pelerinage  an  t.  s.  de 
rigoum.  russe  Daniel  p.  3,  n.  1  auf  Grund  eines  Fehlers  in  der  lateinischen 
Ciaersetzung  der  Pilgerschrift  des  Mönches  Johannes  Phokas  aus  Kreta  (1185) 
in  Allatii  Symmicta  p.  21.  G. 

2)  Hier  ist  das  bekannte  Kloster  Mar  Saba  zwischen  Bethlehem  und  dem 
Todten  Meere  gemeint.    Vgl.  unten  p.  50.  G. 

2* 


f> 


20 

300  Werst  1^  bis  zum  grossen  Meere,  bis  zur  Insel  Petala  2)  100  Werst; 
und  das  ist  die  erste  Insel  in  dem  engen  Meere  3) ,  und  ist  dort  ein 
guU-r  llal'on;  da  ist  auch  die  grosse  Stjidt  Heraclea^J,  und  gegen- 
über dieser  Stadt  kommt  das  heilige  Oel  (fJtupov)  aus  der  Meerestiefe 
hervor,  denn  dort  sind  heilige  Märtyrer  von  den  Peinigern  versenkt 
worden.  Von  der  Insel  Petala  aber  bis  Kallipolis  100  Werst  und  von 
Kallipolis  '>(!  Werst  bis  zur  Stadt  Abydos,  und  gegenüber  dieser  Stadt 
lii'gt  der  heilige  Euthymios  der  Jüngere  begraben^).  Von  da  aber  bis 
Krete^)  20  Werst,  und  dort  geht  es  ins  grosse  Meer  hinaus,  links 
nach  Jerusalem,  rechts  zum  heiligen  Berge'  ,  nach  Thessalonich  und 
Rom.  Von  Kreto  aber  bis  zur  Insel  Tenedos  :^0  Werst;  das  ist  die 
erste  Insel  im  grossen  Meere,  und  dort  ruht  Abudimos,  der  Märtyrer 
Christi ;  auch  ist  dort,  gegenüber  dieser  Insel,  eine  grosse  Stadt  ge- 
wesen, Namens  Troas  ;  dahin  ist  nämlich  der  heilige  Apostel  Paulus 
gekommen  und  hat  jene  Gegend  unterwiesen  an  Christum  zu  glauben 
und  sie  getauft.  Von  der  Insel  Tenedos  aber  bis  zur  Insel  Mitylene 
100  Werst ;  dort  liegt  der  heilige  Georg,  der  Metropolit  von  Mitylene  : 
von  da  bis  zur  Insel  Chios  1  00  Werst,  und  dort  liegt  der  heilige  Mär- 
tyi-er  Tsidor  ;  auf  dieser  Insel  wird  Mastix  und  gute  Weine  und  aller- 
lei übst  erzeugt.  Von  der  Insel  Chios  aber  bis  zur  Stadt  Ephesos 
CO  Werst;  dort  ist  das  Grab  des  heiligen  Johannes  Theologos;  aus 
seinem  Grabe  kommt  heiliger  Staub  heraus  zu  seinem  Gedächtniss, 
und  man  nimmt  diesen  Staub  zur  Heilung  jeglicher  Krankheit;  und 
das  Kleid  des  Johannes  liegt  dort,  in  welchem  er  selbst  wandelte.  Und 
dort  ist  in  der  Nähe  die  Hohle  der  sieben  Kinder,  wo  auch  ihre  Leiber 
liegen,  derer,  welche  372  Jahre  schliefen  ;  zur  Zeit  des  Kaisers  Decius 
schliefen  sie  ein  und  unter  Theodosius  kamen  sie  wieder  hervor.  In  der- 
selben Höhle  liegen  die  300  heiligen  Väter.  Das  Grab  der  Maria  Mag- 
dalena ist  auch  hier  und  ihr  Kopf,  und  der  heilige  Timotheus,  der 
Schüler  des  heiligen  Apostels  Paulus ,  liegt  in  der  alten  Stadt  begra- 
ben. Und  ebenda  in  einer  alten  Kirche  ist  ein  Bild  der  heiligen  Got- 
tesmutter; mit  diesem  Bilde  widerlegten  die  heiligen  Väter  den  Ketzer 
Nestorius.  Und  dort  ist  das  Bad,  wo  Johannes  Theologos  mit  seinem 
Schüler  Prochoros  bei  der  Romanis  arbeitete  *^1 ,  und  wir  sahen  den 
Hafen ,   wo  das  Meer  den  Johannes  Theologos  auswarf ;   dort  nämlich 


1  Entspricht  der  heutigen  russischen  Versta  ;  unter  Stadium  in  unserem 
Text  ist  d:issell)e  zu  verstehen ;  die  Angabe  von  'M)0  W.  bezieht  sich  auf  die 
Entfernung  von  Constantiuopel  bis  zum  Südcnde  des  Hellespont,  die  in  ein- 
zelne Strecken  mit  besontU'ren  /ahlangabeu  zerlegt  wird. 

2)  Nach  Nokoff's  Vermuthung  das  heutige  Eiland  Kutala  oder  Kutali 
nelien  der  Insel  Marmara.  G. 

3)  Das  ist  Helle.spont. 

4)  Zu  verstehen  das  Proconnesus  gegenüberliegende  Heraclea. 
h)  F/J!l'j(j.io:  ö  vio;. 

6)  Auf  dem  Chersonnes  am  Ausgange  des  Hellespont.  7)  Athos. 

8|  Vgl.  Acta  Johannis  ed.  Tu.  Zahn  (18S0),  p.  7 ff.  17  ff.  G. 


21 


hielten  wir  uns  drei  Tage  auf,    der  Hafen  heisst ') .    Die  Stadt 

Ephesos  aber  liegt  auf  dem  Festlande,  vom  Meere  entfernt  4  Werst, 
in  den  Bergen,  mit  allem  reichlich  versehen  ;  und  dort  bezeugten  wir 
jenem  heiligen  Grabe  unsre  Vcrolirung.  Dureli  Gottes  Gnade  aber 
und  die  Fürbitten  des  lieiligen  Johannes  Theologos  beschirmt  gingen 
wir  voll  Freude  von  dannen.  Von  Ephesos  bis  Samos  sind  40  Werst, 
und  auf  dieser  Insel  giebt  es  viele  Fische,  und  Überfluss  an  allem  hat 
diese  Insel.  Von  der  Insel  Samos  bis  zur  Insel  Ikaria  2(»  Werst,  und 
von  der  Insel  Ikaria  bis  zur  Insel  l'atmos  (iO  Werst;  seitwärts  weit 
ins  Meer  hinaus  liegt  die  Insel  Fatmos  ;  auf  ihr  schrieb  Johannes 
Theologos  das  Evangelium,  als  er  mit  Frochoros,  seinem  Schüler,  ver- 
bannt war.  Von  da  folgt  die  Insel  Leros,  ferner  die  Insel  Kalymna, 
ferner  die  Insel  Nisera '^) ,  ferner  die  Insel  Kos  ,  sehr  gross  ,  reich  an 
allem,  Menschen  und  Vieh  ;  ferner  die  Insel  Telos  ;  auf  ilir  giebt  es 
(Schwefel-) Mehl ;  aus  einer  Grube  quillt  brennender  Schwefel,  den 
siedet  man  und  verhandelt  ihn  an  Kaufleute  ;  es  ist  der,  mit  dem  wir 
Feuer  schlagen  ;  fcnncr  die  Insel  Chalkia  (Chalke) .  Und  alle  diese 
Inseln  sind  sehr  reichlich  mit  allem  gesegnet ,  mit  Menschen  und 
Vieh  ;  einander  benachbart ,  sind  sie  ungefähr  1 0  Werst  voneinander 
entfernt.  Ferner  die  Insel  Rhodos,  sehr  gross  und  reich  an  allem  ; 
auf  dieser  Insel  war  es,  wo  Oleg  ,  der  russische  Fürst,  zwei  Sommer 
und  zwei  ^Vinter  lebte.  Von  d*'r  Insel  Rhodos  bis  zur  Insel  Samos 
sind  5  Werst'*)  und  von  der  Insel  Samos  bis  zur  Stadt  Makre'*) 
60  Werst. 

Von  dem  Balsam  Gomphytis.  In  dieser  Stadt  Makre ,  in 
diesem  ganzen  Landstrich,  bis  Myra  hin,  wird  ein  Balsam,  der 
schwarze  Gomphytis  ,  erzeugt  und  zwar  so  :  er  tritt  aus  einem  Baume 
heraus  wie  Mark,  und  man  nimmt  ihn  mit  einem  scharfen  Eisen  ab  ; 
der  Baum  aber  heisst  Zygia  und  ist  von  Gestalt  wie  eine  Erle.  Und 
ein  andrer  kleiner  Baum,  hat  die  Gestalt  einer  Fichte,  dünn,  heisst 
Styrax  ;  in  diesem  Bäumchen  ist  unter  der  Rinde  ein  Wurm,  von  der 
Grösse  eines  Engerlings'^)  ;  und  dieser  Wurm  bohrt  den  Baum  an,  das 
Wurmmehl  kommt  heraus  wie  Weizenkleie  ,  auch  fällt  es  von  dem 
Baum  herab  wie  Kirschleim ;  das  sammeln  die  Leute  und  mischen  es 
mit  dem  erstgenannten  Baum ,  thun  es  in  einen  Kessel  und  sieden  so 
den  Balsam  Gomphyt,   laden   ihn  in  Schläuche  und  verkaufen  ihn  den 

1)  Muromorjanoe,  v.l.  more  morjanoe.  NOROFF  übersetzt  :  cette  baie  est 
surnommee  la  mer  tranquille  ;  vielleicht  "Marmorhafen«. 

2)  Nisyros  kann  nicht  gemeint  sein,  da  diese  Insel  südUch  von  Kos  liegt ; 
NoitOFF  lässt  den  Namen  in  seiner  Übersetzung  nach  einigen  Handmehr,  ganz 
weg;  möglicherweise  ist  aber  Hypsirisma  gemeint,  wenn  nicht  etwaNera  nisi. 

3)  So,  natürlich  fehlerhaft,  im  Text.  Norüff  giebt  mit  Benutzung  hand- 
schriftl.  Ijesarten  :  on  compte  5  verstes  de  Karkia  (Chalkia)  jusqu'ä  Khodes. 
Lile  de  Khodes  se  trouve  ä  la  distance  de  200  verstes  de  Samos. 

4)  Makri  an  der  lycischeu  Küste. 

5)  So  nach  einer  Variante  in  Miki.  Lex.  pal.  s.  v.  ponravü;  die  Bedeu- 
tung »Engerling«  nach  dem  cechischen. 


0  0 


Kautk-uteu.  Von  Makie  aber  bis  zur  Stadt  Patara  sind  40  Werst,  dort 
ist  der  Geburtsort  des  heiligten  Nicolaus,  das  ist  seine  Heimath.  Von 
der  Stadt  l'atara  aber  bis  Myra  K»  Werst,  wo  das  (irab  dos  lieili^^en 
Nitcdaus  ist,  und  von  Myra  nacli  C^hclidoniae  (iO  Werst,  und  von  Chc- 
li.iiiniae  bis  /,ur  -grossen  Insel  Kypros  20U  AVerst. 

Von  der  Insel  Kypros.  Die  Insel  Kypros  ist  sehr  gross  und 
viele  Menschen  sind  darauf,  und  Überfluss  hat  sie  an  allen  Gütern:  so 
sind  darauf  21  Bistliümer  und  das  Ganze  ein  Rrzbistlium.  Und  Hei- 
liire  sind  dort  viele  begraben,  zahllose  :  dort  nämlich  liegt  der  heilige 
Kniplianitts  und  der  Apostel  Harnabas  und  der  heilige  Zenon  und  der 
heilige  Bischof  Pbilagrios,  den  Paulus,  der  Apostel  Christi,  taufte. 
Und  eben  da  ist  ein  sehr  hoher  Berg,  und  auf  diesem  Berge  liat  die 
heili'i'e  Helena,  die  Kaiserin,  ein  Kreuz  aus  Cypressenholz  errichtet 
zur  Vertreibung  der  Teufel  und  jeglichem  Gebresten  zur  Heilung  und 
liat  hineingesetzt  einen  anbetungswürdigen  Nagel  Christi ,  und  an  die- 
ser Stelle  geschehen  Zeichen  und  viele  Wunder,  und  bis  auf  den  heu- 
tigen Tag  steht  dieses  Kreuz  in  der  Luft,  Iiaftet  mit  nichts  in  der  Erde, 
sondern  hält  sich  so  in  der  Luft;  und  dort  habe  ich  Unwürdiger  die- 
sem wunderbaren  Heiligthume  meine  Verehrung  erzeigt.  Und  durch 
Gottes  Gnade,  die  an  diesem  Orte  haftet,  beschirmt,  durchwanderten 
wir  glücklich  dort  diese  Insel. 

^"  o  n  Weihrauch  und  Balsam.  Und  ebenda  w ird  Weih- 
rauehbalsam  erzeugt,  und  zwar  fällt  er  vom  Himmel  wie  Tliau.  in  den 
Monaten  Juli  und  August.  Es  sind  nämlich  auf  den  Bergen  dort  viele 
kleine  Bäumchen,  niedrig,  mit  dem  Grase  gleichhoch,  und  auf  die  fällt 
jener  gute  Balsam,  und  man  sammelt  ihn  in  jenen  beiden  Monaten,  in 
anderen  Monaten  aber  lallt  er  nicht.  Von  der  Insel  Kypros  bis  zur 
Stadt  Jafa  sind  100  "Werst,  immer  auf  dem  Meere  zu  fahren,  und  die 
ganze  Meerfahrt  von  Constantinopel  bis  zur  Insel  Rhodos  beträgt  SOG 
Werst,  und  von  der  Insel  Rhodos  bis  Jafa  800  Weist,  die  ganze 
Meerfahrt  von  Constantinoj)el  bis  zur  Stadt  Jafa  1000  ^^'erst.  Dies 
Jafa  aber  liegt  an  der  Küste  nahe  bei  Jerusalem.  Von  da  aber  geht 
man  zu  Laude  nach  Jerusalem  30  Werst,  in  der  Ebene  10  Werst  bis 
zum  heiligen  Georg. 

Von  der  Kirche  des  heiligen  Georg.  Dort  nun  ist 
eine  Kirche  des  heiligen  Georg  und  die  Stadt  Ramie  ;  (die  Kirche)  ist 
gross,  gewölbt,  und  daselbst  ist  sein  Grab  im  Altar,  dort  nämlich 
wiLrde  der  heilige  Georg  gemartert.  Und  viele  Wässer  sind  dort ; 
und  dort  rasten  alle  fremden  Pilger,  aber  nur  mit  grosser  Gefahr  kann 
man  sich  dort  aufhalten ,  denn  der  Ort  ist  wüst  bis  auf  den  heutigen 
Tag  ') .  Und  da  in  der  ISähe  ist  die  Stadt  Ascalon,  und  die  Sarazenen 
machen  Ausfälle  und  erschlagen  die  Fremdlinge  unterwegs ;  so 
herrscht  dort  grosse  Furcht.     Vom  Ort  aber  des    lieiligen  Georg  geht 

1i  \'k\.  diu  .Nachriclit  des  Ja'knbi  bei  CJii.DEiMEISTEK,  Beiträge  zur  Palä- 
Btinakunde  auH  arabischen  Uuelloii  ZDl'V.  IV,  88.  G. 


23 


man  durch  die  Berge  bis  Jerusalem  20  grosse  Werst;  aber  in  den  stei- 
nigen Bergen  ist  der  Weg  sehr  beschwerlich. 

Vom  Berge  Ar  m  a  th  e  m ') .  Und  dort  ist  ein  hoher  Berg  nahe 
bei  Jerusalem  ,  zur  rechten  Hand  ,  wenn  man  von  Jafa  kommt ,  auf 
diesem  Berge  ist  das  Grab  des  heiligen  Propheten  Samuel  und  seines 
Vaters  Elkan  und  das  der  Maria  von  Ägypten  -)  ;  es  war  nämlich  dies 
der  Heiligen  Dorf  und  Haus ;  und  die  Stelle  ist  eingefriedigt,  und 
heisst  Armathem. 

Von  Jerusalem.  Und  es  liegt  diese  heilige  Stadt  Jerusalem 
in  einer  Schlucht  und  ringsum  hohe  und  grosse  Felsberge  ,  so  dass 
man  nun,  wenn  man  nahe  an  die  Stadt  herangekommen  ist,  auch  die 
heilige  Stadt  Jerusalem  sehen  kann :  zuerst  sieht  man  das  Haus  Da- 
vids'' ,  dann  ein  wenig  weiter  gekommen,  den  Olberg  und  das  Aller- 
heiligste^  und  daraiif  sieht  man  die  ganze  Stadt.  Und  dort  ist  auf  dem 
Wege  nahe  bei  Jerusalem,  etwa  eine  Werst  entfernt,  ein  flacher  Berg, 
und  auf  diesem  Berge  steigen  die  Leute  von  den  Pferden  und  alle  gehen 
zu  Fuss  und  die  Christen  beten  an  vor  der  heiligen  Auferstehung  ;  und 
grosse  Freude  hat  jeder  Christ,  wenn  er  die  heilige  Stadt  Jerusalem 
erblickt ;  denn  keiner  kann  sich  der  Thränen  enthalten ,  wenn  er  das 
ersehnte  Land  sieht  und  die  heiligen  Orte ,  wo  Christus  unser  Gott 
unsrer  Erlösung  wegen  wandelte ;  und  alle  gehen  zu  Fuss  mit  grosser 
Freude  zur  Stadt  Jerusalem. 

Von  der  Kirche  des  heiligen  Stephanus.  Und  dort 
ist  die  Kirche  des  heiligen  Protomartyrs  Stephanus  ,  nahe  am  Wege, 
zur  linken  Seite,  wenn  man  hingeht^)  ;  an  dieser  Stelle  wurde  der  hei- 
lige Stephanus,  der  Archidiakon ,  von  den  Juden  gesteinigt,  und  da- 
selbst ist  auch  sein  Grab.  Und  ebenda  ist  ein  felsiger  Berg,  flach,  der 
sich  spaltete  bei  der  Kreuzigung  Christi ,     und    der  Ort  wird  Hölle  ^) 

1)  Das  heutige  nehi  samwil,  welches  allerdings  zur  rechten  Seite  des  nörd- 
lichen alten  Weges  von  Jafa  nach  Jerusalem  liegt.  Vgl.  ToBLEK,  Topogr.  I, 
p.  ST4ff.  ..  G. 

2)  So  hat  N.  im  rus.s.  Text:   in  der  Übers,  de  sa  mere  l'Egyptienne. 

3)  Daniel  versteht  darunter  den  Davidsthurm,  die  heutige  "Citadelle,  vgl. 
P   27.  G. 

4  Die  Angabe  "Zur  linken  Seite«  will  sich  auf  den  ersten  Blick  nicht  mit 
der  Nachricht  der  citez  de  Jerusalem  (s.  bei  ToßLER,  Topographie  11,  p.  ISTj 
vertragen ,  dass  die  Stephanskirche  westlich  von  der  Strasse  Jerusalem-Nabu- 
lus  gelegen  habe.  Doch  muss  man  bedenken,  das.<?  Daniel  nicht  dem  Damas- 
kusthore ,  sondern  dem  Jafathore  zugeht.  Er  wird  also  nördlich  von  der  Ste- 
phanskirche die  Strasse  nach  dem  Damaskusthor  in  südwestlicher  Richtung 
schon  verlassen  haben  und  sieht  darum  die  Kirche  zu  seiner  Linken,  während 
sie  für  die  gradaus  auf  das  Damaskusthor  zu  Gehenden  an  der  rechten  Seite  der 
Strasse  Jerusalem-Nabulus  lag.  Die  1 881  82  aufgedeckten  Reste  einer  Ka- 
pelle östlich  von  dieser  Strasse  werden  mit  der  Stephanskirche  nicht  zusam- 
menhängen. Vgl.  C.  R  CoNDER  in  PEF.  Quarterly  Statement  April  1S82, 
p.  116.  Über  eini>;e  Funde  westlich  von  der  Strasse  berichtete  Schick  1871t 
in  ZDPV.  n,   p.  102  ff.  G. 

5)  Gesetzt  für  die  russische  Form  des  Wortes  Hades.     Hiermit  ist  das 
neutestamentliche  "Wort  für  »Hölle»,  nändicli  Geena  gemeint,  eine  Verkürzung 


c 


•24 


fcuaunt     und  da  in  der  Nähe  ist  die  Stadtmauer ,   etwa  einen  Stein- 
wurf  weit. 

Von  d«'r  Stadt  Jerusalem.  Und  dann  geht  in  die  heilige 
Stadt  Jerusalem  hinein  jeglicher  Mensch  mit  grosser  Freude  durch  das 
Thor,  das  nahe  dem  Hause  Davids  ist ;  und  es  ist  das  Thor,  das  nach 
lii'thlehem  führt,  und  es  heisst  Benjaminsthor 'i  ;  so  dass  für  den,  der 
in  die  Stadt  will,  der  Weg  durch  das  Thor  (gradaus)  geht;  rechts  aber 
geht  es  zum  Allerheiligsten"-),  links  zur  Auferstehung,  wo  das  Grab 
des  Herrn  ist. 

Von  der  Kirche  der  Auferstehung  des  Herrn.  Und 
es  ist  diese  Kirche  der  Auferstehung  des  Herrn  folgender  Art :  rund 
webaut,  hat  12  runck-  und  6  gemauerte  Säulen-^)  und  ist  mit  Marmor- 
tiiesen  sehr  schön  gei)Üastert ;  Thüren  aber  hat  sie  sechs,  und  auf  der 
Galerie  Itj  Säulen;  oberhalb  der  Galerie  unter  der  Spitze  sind  die 
heili"-eu  Propheten  abgebildet,  alle  in  Mosaik,  dass  sie  wie  lebend  da- 
stehen, und  über  dem  Altar  ist  Christus  in  Mosaik  abgebildet ,  und 
auf  dem  grossen  Altar  die  Erhöhung  Adams  ;  in  der  Spitze  selbst  aber 
die  Himmelfahrt  des  Herrn,  und  beiderseits  des  Altars  die  Verkündi- 
gung und  alles  das  hat  Unterschriften  in  Mosaik.  Die  Spitze  der 
Kirelie  aber  ist  nicht  bis  zu  Ende  mit  Steinen  geschlossen ,  sondern 
nur  verengt  mit  Brettern  und  behauenen  Balken  in  der  Art  von  Zim- 
mermannsarbeit,  und  so  ist  keine  Spitze  und  keine  Bedeckung  da. 

Vom  Grabe  des  Herrn.  Unter  dieser  selben  ungedeckten 
Spitze  ist  das  Grab  des  Herrn  in  dieser  Weise :  eine  kleine  Höhle  in 
dem  Felsen  ausgehauen,  mit  einer  kleinen  Thür,  so  dass  ein  Mensch 
hineinkommen  kann  ,  wenn  er  sich  auf  die  Knie  legt ;  sie  ist  von  der 
Höhe  eines  kleinen  Mannes  und  ganz  rund""),  vier  Ellen  in  die  Länge 
und  in  die  Breite.  Wenn  man  durcli  jene  kleine  Thür  in  die  Höhle 
eintritt,  so  ist  an  der  rechten  Seite  eine  Stelle  wie  ein  Bänkchen,  in 
denselben  Felsen  wie  die  Höhle  gehauen  ;  und  auf  diesem  lag  der 
Leib  unsers  Herrn  Jesu  Christi ;  und  jetzt  ist  dies  heilig(>  Bänkclien 
mit  Marmorplatten  bedeckt ;  und  an  der  Seite  sind  drei  runde  Öffnun- 
gen gebrochen  ,  und  durch  diese  Fensterchen  sieht  man  den  heiligen 
Stein;  und  lUni  küssen  ihn  alle  Christen.  Und  es  hängen  im  Grabe 
des  Herrn  fünf  grosse  Lampen  mit  Baumöl,  und  es  brennen  diese  hei- 
ligen Lampen    unaufhörlich,    niemand  löscht  sie  weder   bei  Tag  noch 

aus  ge  bene  hinnom.  Dasselbe  beginnt  westlich  von  dem  Jafathure,  kann  also 
hier  nicht  verstanden  werden  ,  da  Daniel  noch  von  der  nächsten  Umgebung 
der  Stephanskirche  N    von  Jerusalem  redet.  G. 

I     Das  Iknjaminsthur   ist  nach   obigen  Angaben   ohne  Zweifel  das  heu- 
tige Jat'athor.  G. 
■>      2)   l''elsenkupp(.'l.    Dif  Angahe  über  den  Wt-g  »rechts«  soll  wohl  nur  den 
Gtgfnisatzf^egen  die  Jlichtiiiigdcs  WegeszurAuferstehungskirche  andeuten.  G. 

15/   D.  h.  Säulen  und  Pfeiler. 

4)  So  wird  von  N.  nach  Vorgang  Andrer  das  dunkle  Wort  des  Textes 
vsjamokarna  übersetzt.  Vgl.  die  Note  2  in  Pelerinage  etc.  p.  19,  und  unten 
p.  25,  Anm.  2. 


25 


bei  Nacht.  Jenes  heilige  Bänkchen  aber,  wo  der  Leib  Christi  la^,  ist 
in  der  Länge  4  Ellen ,  in  ihr  Breite  2  Ellen  und  anderthalb  Ellen 
hoch.  Vor  der  liöhlenthür  aber  liegt  ein  Stein  ,  drei  Fuss  von  ihr 
entfernt ;  auf  diesem  Stein  sass  der  Engel,  der  den  salhenbringenden 
Frauen  erschien  und  ilinen  Christi  Auferstehung  verkCiudcte ;  und 
die  Höhle  ist  wie  ein  Ambon  bekleidet  mit  schönem  Marmor ,  auch 
stehen  Marmorsäulchen  ringsum.  12  an  der  Zahl.  Oben  aber  auf  der 
Höhle  ist  eine  Art  Thürmehen  gci)aut,  schön,  auf  kleinen  Säulen,  und 
seine  Spitze  ist  rund  zugebaut,  unil  mit  silbernen  Schüppchen,  die 
vergoldet  sind,  beschlagen;  und  auf  der  Spitze  dieses  Thürmchens 
steht  Cliristus  aus  Silber  gearbeitet,  von  der  Grösse  eines  Mannes,  und 
den  haben  die  Franken  gearbeitet  und  aufgestellt,  und  jetzt  ist  er 
gerade  unter  jener  ungedeckten  Spitze.  Es  hat  aber  das  Thürmehen 
drei  kleine  Thüren  ,  künstlich  gebildet  wie  kleine  Kreuze  ')  ;  durch 
diese  Thüren  nun  steigen  die  Leute  zum  Grabe  des  Herrn.  Das  war 
also  das  Grab  des  Herrn,  diese  Höhle,  wie  ich  es  beschrieben  liab(>, 
nachdem  icli  es  wohl  erkundet  von  solchen ,  die  dort  seit  lauge  siird 
und  diese  heiligen  Orte  kennen. 

Vom  Nabel  der  Erde  und  von  der  Kirche.  Und  es  ist 
diese  Kirche,  die  Auferstehung  des  Herrn,  rund  von  Gestalt"^),  in  die 
Länge  und  in  die  Breite  30  Klafter.  Sie  hat  aber  eine  geräumige  Ga- 
lerie und  in  dieser ,  oben,  wohnt  der  Patriarch.  Und  von  der  Thür 
des  Grabes  des  Herrn  bis  zur  Wand  des  grossen  Altars  sind  12  Klaf- 
ter, und  dort  ist ,  ausserhalb  der  Wand  hinter  dem  Altar ,  der  Nabel 
der  Erde ;  darüber  aber  ist  ein  Gewölbe  gebaut  und  oben  darauf  Chri- 
stus abgebildet  in  Mosaik ,  und  eine  Inschrift  sagt :  »Siehe  mit  der 
Spanne  habe  ich  den  Himmel  ausgemessen  und  mit  der  flachen  Hand 
die  Erde«  •') .  Vom  Nabel  der  Erde  bis  zur  Kreuzigung  Christi  und  bis 
zur  Schädelstättc  sind  12  Klafter.  Und  zwar  ist  die  Kreuzigung  des 
Herrn  von  der  Auferstehung  gegen  Osten  ,    die  Kreuzigung  ist  aber 

hoch  auf  einem  Felsen   gewesen  ^) Dieser    Fels 

nun  ist  rund  wie  ein  kleiner  Hügel ;  in  der  Mitte  aber  dieses  Felsens 
oben  ist  ein  Loch ,  tiefer  als  eine  Elle  und  breiter  als  eine  Spanne, 
rund,  und  dort  war  das  Kreuz  eingesenkt.  Unten  aber  unter  diesem 
Felsen  liegt  das  Haupt  Adams,  des  ersten  Menschen.  Bei  der  Kreu- 
zigung des  Herrn  ,  als  am  Kreuze  unser  Herr  Jesus  Christus  seinen 
(ieist  aufgab,  damals  als  der  Vorhang  des  Tempels  zerriss  und  die 
Felsen  zersprangen ,  damals  spaltete  sich  auch  dieser  Fels  über  dem 
Haupte  Adams  und  durch  diese  S^jalte  kam  Blut  und  Wasser  aus  den 
Rippen  des  Herrn  hinab  auf  das  Haupt  Adams  und  wusch  die  Sünden 

1)  D.  h.  Gitterwerk. 

2)  Hier  steht  ausserdem  nn  Te.x.t  noch  vsjamokaccna,  was  also  schwerlich 
dasselbe  bedeutet  wie  krugla  obrazornü  »rund  von  Gestalt«.  Vgl.  oben  p.  21, 
Anm.  4. 

;«)  Vgl.  Jes.  40,  12. 

1^  Folgt  eine  mir  unverständliche  Stelle;  N.  hat:  et  servait  de  poste 
pour  Ics  gardes. 


26 


des  Menschengeschlechts  ab  ,  und  man  erkennt  diese  Spalte  in  jenem 
Felsen  bis  zum  heutigen  Tage.  Dieser  Fels  aber  ist  eingelasst  mit 
einer  steinernen  Mauer ,  und  oben  über  der  Kreuzigung  des  Herrn 
ein  Gewölbe  geltaut  und  wunderbar  mit  Mosaik  geziert  worden,  und 
an  der  Ostseite  au  der  AVand  ist  in  Mosaik  Christus  abgebildet  am 
Kreuze  hängend,  kunstreich  und  wunderbar,  wie  lebendig,  doch  höher 
und  grösser  als  in  AVirklichkeit.  An  der  Südseite  aber  ist  abgebildet 
die  Abnalmie  des  Herrn  vom  Kreuz  ebenso  wunderbar.  Thüren  hat 
es  zwei,  und  man  steigt  auf  Stuten  hinauf,  auf  7  Stufen  ;  gepflastert 
ist  es  schön  mit  Marmorplatten ;  unten  aber  unter  der  Kreuzigung,  wo 
das  Haupt  Adams  ist ,  ist  ebenfalls  ein  Bau  w  ie  eine  kleine  Kapelle, 
auch  schön  gepflastert  mit  Marmorplatten  ;  dies  nun  heisst  die  Kra- 
nion-Stätte ,  was  so  viel  ist  wie  Schädelstätte  ;  oben  aber  ,  wo  die 
Kreuzigung  des  Herrn  ist,  heisst  es  Golgatha.  Von  der  Kreuzigung 
bis  zur  Abnahme  sind  5  Klafter.  Und  ebendaselbst  ist  eine  Stelle  in 
der  Nähe,  nach  der  Nordseite  zu,  wo  seine  Kleider  getheilt  wurden  ; 
und  ebenda  aucli  eine  andere  iStelle  in  der  Nähe ,  wo  sie  auf  Jesu 
Haupt  die  Dornenkrone  setzten  und  ihm  den  Purpur  als  Spottkleid 
anlegten.  Und  ebenda  ist  in  der  Nähe  der  Opi'eraltar  Abrahams,  wo 
Abraham  Gott  das  Opfer  brachte  und  den  Widder  schlachtete  anstatt 
Isaaks,  seines  Sohnes,  \md  zu  demselben  Orte  wurde  Isaak  hinaufge- 
führt, wo  Christus  hinaufgeführt  wurde  zum  Opfer  um  unsrer  Sünden 
willen  und  gekreuzigt  von  den  Gottlosen.  Von  ebenda  aus  ist  nahe 
die  Stelle,  etwa  eine  Klafter  weit,  wo  Christus  unser  Gott  den  Backen- 
streich bekam,  und  von  ebenda  ist  nahe  das  heilige  Gefängniss,  wo 
Christus  unser  Gott  gefangen  gesetzt  wurde,  und  sass  dort  ein  wenig, 
bis  sie  das  Kreuz  des  Herrn  fertig  hatten .  an  welchem  sie  ihn  auch 
kreuzigten;  und  alle  diese  heiligen  Orte  sind  unter  einem  Dache. 
Von  dem  Gefängniss  Christi  aber  nach  Norden  zu  sind  es  12  Klaf- 
ter i)  bis  zu  der  Stelle,  wo  die  heilige  Helena  ,  die  Kaiserin,  das  an- 
betungswürdige Kreuz  des  Herrn  fand,  xmd  die  Nägel,  die  (Dornen)- 
krone  ,  das  Rohr,  den  Schwamm  und  die  Lanze.  Es  liegt  aber  die 
Kreuzigung  des  Herrn  und  das  Grab,  alle  die  heiligen  Orte,  in  einer 
Senkung,  denn  es  ist  eine  Anhöhe  an  der  Westseite  über  dem  Grabe 
des  Herrn  und  über  der  Kreuzigung.  Dort  ist  eine  Stelle  an  dieser 
Anhöhe  :  an  die  Stelle  lief  eilig  die  Gottesmutter ,  sich  bemühend 
Christo  nachzulaufen,  und  sj)racli  im  Schmerze  ihres  Herzens  wei- 
nend :  »Wohin  gehst  Du,  mein  Kind,  w^arum  läufst  du  eilig?  Ist  etwa 
eine  zweite  Hoclizeit  in  Kana  in  Galilaea  ,  und  eilst  Du  dahin .  mein 
Sohn  und  mein  Gott?  Geh  nicht  schweigend  von  mir,  o  Sohn,  von 
der.  die  Dich  geboren  hat,  gieb  doch,  ein  Wort  mir.  Deiner  Magd«. 
Als  aber  die  heilige  Gottesmutter  an  jene  Stelle  gekommen  war,  sah 
sie  von  der  Höhe  herab,  wie  ihr  Sohn  gekreuzigt  wurde,  erschrak  sehr 
und  setzte  sich  niederknicend,  in  Kummer  und  Weliklage  versunken. 
L'iul  da  erfrdlle  sich  die  Weissagung  Simeons,  wie  er  zuvor  sagte  von 

1)  N.  iiijder  Ll)er«.  2!  Klafter. 


27 


der  heiligen  Gottesmutter  :  Siehe,  er  ist  gesetzt  zur  Auferstehung  und 
zum  Falle  vieler  in  Israel ,  und  Dir  selbst  wird  ein  Schwert  durch  die 
Seele  gehen  ^),  nämlich,  wenn  Du  sehen  wirst  Deinen  Sohn  am  Kreuze 
hangen.  Und  da  standen  an  dieser  Stelle  viele  Freunde  und  Be- 
kannte, aus  der  Ferne  zuseliend,  unter  ihnen  aber  war  Maria  Magda- 
lena und  Maria  Jacobi  und  Salome.  Dort  standen  alle,  die  aus  Gali- 
läa gekommen  waren  mit  Johannes  und  mit  der  Mutter  Jesu ,  alle 
Freunde,  von  lerne  zusehend,  wie  davon  der  Prophet  David  sagt: 
»Meine  Freunde  näherten  sich  gegen  mich  und  meine  Nächsten  stell- 
ten sich  ferne  von  mir«-).  Und  dieser  Ort  ist  etwas  entfernt  von  der 
Kreuzigung  des  Herrn,  etwa  anderthalb  hundert  Klafter  weit  nach 
Westen,  und  der  Name  dieses  Ortes  ist  ^Trouor],  welches  übersetzt 
wird:  Eile  der  Mutter  Gottes,  und  ist  an  diesem  Orte  jetzt  ein  Klo- 
ster auf  den  Namen  der  heiligen  Gottesmutter;  die  Kirche  ist  ge- 
wölbt, sehr  gut  und  recht  hoch. 

Vom  Davids  t  hu rm.  Von  da  bis  zum  Thurme  Davids  \ind  bis 
zu  seinem  Hause  sind  200  Klafter.  Es  ist  nämlich  dies  der  Thurm 
des  heiligen  Propheten  David  ^) ,  in  welchem  er  auch  den  Psalter  ver- 
fasst  hat ;  sehr  wunderbar  ist  dieser  Thurm  ,  aus  schönem  Stein  ge- 
baut, sehr  hoch,  viereckig,    ganz  massiv^) 

.  .  .  und  viel  Wasser  ist  darin  ,•  Thüren  hat  er  fünf  eiserne  ,  Stufen 
200  ,  auf  denen  man  hinaufsteigen  kann.  Jetzt  lag  unermesslich  viel 
Getreide  darin.  Er  ist  schwer  einzunehmen  und  ist  der  Hauptpunkt 
dieser  ganzen  Stadt.  Man  bewacht  ihn  sehrund  erlaubt  keinem  hineinzu- 
gehen, aber  mir  Armen  verlieh  Gott  die  Gnade,  hineinzukommen  in  die- 
sen heiligen  Thurm,  und  kaum  gelang  es  mir  einen  einzigen  von  meinen 
Leuten  mit  mir  hineinzubringen,  Namens  Sdeslav  Ivankovic,  von  den 
anderen  aber  liess  man  keinen  hinein.  Nahe  bei  diesem  Thurme  ist 
das  Haus  Urias ,  den  der  König  David  umbrachte  ,  und  nahm  seine 
Frau  Bersaba,  denn  er  hatte  sie  gesehen,  während  sie  sich  in  ihrem 
AVeinberge  badete  ;  denn  nahe  dabei  war  dieses  Haus,  einen  Stein- 
wurf weit,  wo  jetzt  die  Metochie  des  heiligen  Saba  ist'^)  ;  es  ist  zai 
erkennen,  wo  das  Bad  war,  bis  auf  den  heutigen  Tag.  Von  dem 
Thurme  aber  bis  zu   der  Stelle,    wo   die  heilige  Helena,    die  Kaiserin, 

das  anbetungswürdige  Kreuz  fand sind 

20  Klafter^),    und    dort    war    eine   gewölbte  Kirche    gebaut  auf  den 

1)  Luc.  2,  34  f. 

2)  Ps.  38,  12  nach  der  griechischen  Übersetzung.  G. 

3)  Vgl.  ToBLER,  Topogr.  I,  p.  186  fr.  G. 

4)  Die  folgenden  unklaren  Worte  giebt  N.  durch :  son  fondement  est 
forme  de  röche  vive. 

5)  Diese  Angabe  über  die  Metochie  des  h.  Saba  beweist  deutlich  ,  dass 
dieselbe  nicht,  wie  Noroff  meint  (a.  a.  0.  p.  3,  n.  1,  p.  28,  n.  1,,  mit  dem 
heutigen  Demetriuskloster  identisch  ist.  Vielmehr  wird  die  oben  p.  19,  not.  1 
erwälinte  Lage  derselben  hierdurch  bestätigt.  G. 

(i)  Diese  unklare  Stelle  giebt  N.  nach  handschr.  Var. :  I^e  Heu  oü  Ste. 
Helene  retrouva  la  vraie  croix  se  voit  ä  la  distance  de  20  sagenes  du  lieu  du 
crucifiement,  vers  l'orient. 


28 


Namen  der  heilij^en  Erliebung  des  anbetungswürdigen  Kreuzes ,  sehr 
gross,  jetzt  aber  ist  dort  nur  ein  kleines  Kirchlein.  Auch  ist  dort 
eine  grosse  Tliür.  zu  dieser  Thür  kam  Maria  von  Ägypten,  wollte 
hineingelien  in  die  Kirche  iind  das  vcrehrungswürdige  Kreuz  des 
Herrn  küssen  .  aber  die  Kraft  des  heiligen  Geistes  Hess  sie  nicht  in 
die  Kirclic  :  darnach  that  sie  Busse  vor  dem  Bilde  der  heiligen  Got- 
tesmutter; es  stand  nämlich  das  Bild  der  heiligen  Gottesmutter  in  der 
Vorhalle  nahe  bei  jener  grossen  Thür ;  und  darnach  vermochte  sie  in 
die  Kirche  des  Herrn  hineinzugehen  und  küsste  das  anbetungswür- 
dige Kreuz  ;  durch  dieselbe  Thür  ging  sie  wiederum  liinaus  in  die  Jor- 
danwüste.  Und  nahe  bei  dieser  Thür  ist  die  Stelle,  wo  die  heilige 
Helena  das  Kreuz  des  Herrn  entdeckte ;  sogleich  stand  ein  todtes 
Mädchen  wieder  auf.  Von  da  nahe  ist  ein  Ort,  gegen  Osten,  der  Prä- 
torium  heisst.  wo  man  den  Soldaten  Jesus  überlieferte,  und  sie  führ- 
ten ihn  zu  Pilatus ,  und  da  wusch  Pilatus  seine  Häude  und  sprach : 
Ich  bin  rein  vom  Blute  dieses  Gerechten,  und  er  Hess  Jesum  geissein 
und  gab  ihn  den  Soldaten,  dass  sie  ilm  kreuzigten.  Und  ebendort  ist 
das  Stadtgefängniss ;  aus  diesem  Cjefängniss  führte  der  Engel  des 
Herrn  den  heiligen  Apostel  Petrus  heraus,  in  der  Nacht.  Ebendort 
ist  der  Hof  des  Judas,  des  Verräthers  Christi,  gewesen;  es  ist  aber  der 
Ort  wüst  und  verflvicht,   denn  Niemand  wagt  des  Fluches  wegen  an 


dieser  Stelle  sich  niederzulassen.  Und  von  da  ein  wenig  fortschrei- 
tend nach  Osten,  kommt  man  an  den  Ort,  wo  Christus  die  Bluttlüs- 
sige  heilte.  Ebenda  bei  einem  Garten  in  der  Nähe  ist  die  Grube,  wo 
der  heilige  Prophet  Jeremias  hineingeworfen  wurde,  ebenda  war  auch 
sein  Haus  ')  ;  daselbst  war  auch  das  Haus  des  A[)ostels  Paulus,  als  er 
im  Jutlcnthnm  war.  Und  von  da  etwas  fortschreitend  nach  Osten,  zur 
linken  Seite  der  Strasse ,  kommt  man  an  das  Haus  der  Heiligen  Joa- 
chim und  Anna :  und  an  dieser  Stelle  ist  eine  grosse  Kirche  gebaut 
auf  den  Namen  der  beiden  Gerechten,  des  Joachim  und  der  Anna^). 
Und  dort  ist  eine  kleine  Höhle  in  den  Felsen  eingehauen,  unter  dem 
Altar :  in  dieser  Höhle  wurde  die  Gottesmutter  geboren ;  in  dieser 
Höhle  ist  auch  das  Grab  der  Heiligen  Joachim  und  Anna. 

Von  der  Halle  Salomons  und  dem  Teiche.  Und  nahe 
dabei  ist  die  Halle  Salomons,  avo  der  Schafteich  ist,  wo  Christus  den 
Gichtbrüchigen  heilte ,  und  es  ist  dieser  Ort  nahe  bei  Joachim  und 
Anna  nach  Westen  zu ,  einen  Steinwurf  weit.  Und  von  da  gegen 
Osten  zu  ist  nahe  ein  Stadtthor  ,  und  durch  dies  Thor  geht  man  nach 
Gethscmane  hinaus. 

Das  All  e  r  heiligste.  Von  der  Auferstehung  Cliristi  aber  bis 
zum  Allerlieiligsten  =*)  ist  es  so  weit  wie  zweimal  ein  Pfeilschuss.  Und 
ist  diese  Kirclie  wunderbar  und  sehr  künstlich  gebaut  und  ihreSchön- 

1)   l'>g;in/,iiiig  zu 'l'oBi.Kii.  Topogr.  T,  p.  *<().  G. 

2i   Auch  hier  hielet  Uaniel  eine  wcrthvoUe  Ergänzung  der  von  Tohler, 
Topogr.  I,  4:<U.  4;J2f.  niitgetheilten  Nachrichten.  G. 

:ij  Vgl.  /um  Folgenden  ToBLEU,  Topogr.  I,  p.  534  fl'.  G. 


29 


lieit  unsagbar;  denn  sie  ist  rund  von  Uosta.lt,  inwendig  verziert  ^j  mit 
Mosaik  wunderbar  und  unsagbar ;  und  ihre  Mauern  sind  belegt  mit 
Marmor[)latton  von  kostbarem  Marmor,  sehr  schön.  Säulen  hat  sie 
unter  der  Kup[>el  im  Kreise  stehend  1  2  runde,  unter  der  Glallerie'-j  eben- 
falls 12  runde,  und  8  gemauerte  Säulen;  Thüren  hat  sie  4,  mit  ver- 
goldetem Kupfer  belegt ;  ihre  Kuppel  ist  inwendig  geziert  mit  Mosaik 
sehr  künstli(;li  und  unsagbar,  und  von  aussen  mit  vergoldet  cm 
Kupfer  besehlagen.  Gerade  unter  dieser  Kuppel  ist  eine  Höhle  in 
(hm  Felsen  gehauen:  in  dieser  Höhle  wurde  der  l-*rophet  Zacharias  er- 
schlagen ;  daselbst  war  auch  sein  Gi'ab  und  das  Blut  des  Zacharias  war 
ebenda,  jetzt  aber  ist  es  niclit  melir  da.  Und  es  ist  dort  ein  Stein, 
ausserlialb  dieser  Höhle  unter  der  Ku[)pel ,  auf  diesem  Steine  schlief 
Jacob  und  sah  dort  den  Traum :  Siehe  eine  Leiter  war  befestigt  auf 
der  Erde,  und  ihre  Spitze  ragte  bis  zum  Himmel,  und  die  Engel  Got- 
tes stiegen  hinauf  und  hinab  an  ihr  und  der  Herr  stand  auf  ihr.  Und 
dort  rang  auch  Jacob  mit  dem  Engel ;  und  Jacob  stand  vom  Schlafe 
auf  und  sprach  :  Siehe,  der  Ort  ist  ein  Haus  Gottes  und  hier  ist  das 
Thor  dies  Himmels  -^j .  Auf  demselben  Steine  sah  der  Prophet  David 
einen  Engel  mit  blossem  Schwerte  stehen  und  die  Kinder  Israels  schla- 
gen ;  und  David  ging  in  jene  Höhle  und  weinte  bitterlich,  betete  zu 
Gott  und  sprach:  Herr,  nicht  die  Schafe  haben  gesündigt,  sondern 
ich  habe  gesündigt  *) .  Und  ist  diese  Kirche  (vsjamo  pkacna)  5)  1 0  Klafter 
quer,  sowohl  in  die  Breite  als  in  die  Länge.  Aufgänge  hat  sie  vier. 
Das  alte  Allerheiligste  aber  ist  zerstört  von  den  Heiden,  und  nichts 
ist  übrig  von  dem  alten  Bau  Salomons,  sondern  man  erkennt  nur  die 
Aufschüttung  (Fundament?)  des  Tempels,  welche  der  Prophet  David 
angefangen  hatte  zu  bauen;  jene  Höhle  aber  und  der  Stein,  der  unter 
der  Kuppel  der  Kirche,  das  ist  allein  noch  von  dem  alten  Bau  da  ;  diese 
jetzige  Kirche  aber  hat  ein  Ältester  der  Sarazenen  Namens  Amir 
gebaut. 

Vom  Hause  des  Königs  Salomon.  Dasselbe  ist  das 
H^us  des  Salomon,  des  Sohnes  Davids,  gewesen^].  Mächtig  war  sein 
Bau,  sehr  gross  und  sehr  schön,  und  gepflastert  ist  es  mit  Marmorplatten 
und  ist  auf  Gewölben  errichtet,  und  in  ihm  sind  unten  viele  Wasser 
(behälter) ,  ebenso  auch  Gemächer,  sehr  schön  gebaut  und  mit  Mosaik 
vorzüglich  geziert,  und  die  Säulen  auch  sind  aus  kostbarem  Marmor 
schön  gefertigt.  Die  Gewölbe  auf  diesen  Säulen  sind  künstlich  ge- 
baut und  gedeckt  mit  reinem  Blei.    Daselbst  ist  ein  Thor  an  diesem 

1)  N.  en  dehors;   das  russ.  Wort  izüdnu  .steht  aber  bei  der  folgenden 
Beschreibung  der  Kuppel  als  Gegensatz  zu  »auswendig«. 
2j  N.  sous  le  plaiond. 

3)  Genes.  28,  10  ff. 

4)  Sam.  n.  '24,  15—17.  5)   S.  p.  24,   n.  4. 

6)  Man  muss  annehmen,  dass  Daniel  nach  dem  Sprachget)rauch  des 
Mittelalters  (ToBLER,  Topogr.  I.  p.  5()9)  von  der  heutigen  Aksamoschec  redet. 
NoROFF  a.  a.  O.  p.  ;{;{ ,  n.  ;$  meint  mit  Bezlelunig  auf  Toblek,  Topof^r.  I, 
p.  584,  dass  das  Gebäude  damals  in  Trümmern  gelegeu  habe.  G. 


30 

Hause,  sehr  schön  und  küustlit-li  mit  Mosaik  verziert,  und  heisst  das 
Schöne :  an  diesem  'i'liur  heilten  die  Apostel  Petrus  und  Johannes 
Theologos  den  Lahmen  und  Blinden  ;  und  noch  sind  drei  andre  Thore 
da.  ausser  jenem,  und  ein  fünftes,  heisst  das  Apostelthor  ;  dies  Thor 
nun  hat  der  i'ropliet  David  jjjemacht,  künstlich  ist  es  angefertigt  und 
inwendig  mit  vergoldetem  Kupfer  beschlagen ^J ,  und  aus- 
wendig fest  mit  Kisen  beschlagen ;  Thüren  aber  sind  vier  an  diesem 
Tlior  :  das  nun  ist  allein  übrig  gebliclxMi  von  dem  alten  liuu,  dazu 
der  Thurra  Davids,  und  alles  andre  ist  neu;  denn  die  alte  Stadt  Jeru- 
salem ist  mehr  als  einmal  zerstört  worden.  Durch  dies  Thor  nun  kam 
der  Herr  unser  Gott  hinein  mit  Lazarus  von  Bethanien,  als  er  Lazarus 
in  Bethanien  von  den  Todton  auferweckt  hatte ;  denn  dies  Thor  liegt- 
nach  Bethanien  zu  gegen  Osten,  gegenüber  dem  Olberge"^)  ;  und  ist 
von  diesem  Thor  bis  zum  Allerlieiligsten  15(1  Klafter. 

Von  Bethanien  und  von  Lazarus.  Bethanien  ist  von  der 
Stadt  Jerusalem  entfernt  2  Werst,  hinter  einem  Berge,  in  einem  Tlial. 
Es  ist  eine  kleine  Stadt,  nach  Norden  von  Jerusalem'').  Tritt  man  in 
das  Thor  dieses  Städtchens,  so  ist  zur  rechten  Hand  eine  Höhle,  und 
in  eben  dieser  Höhle  das  Grab  des  heiligen  Lazarus  des  Gerechten; 
auch  seine  Zelle  ist  dort;  in  dieser  Zelle  lag  Lazarus  krank  und  starb, 
dort  erweckte  ihn  auch  Jesus.  Mitten  in  diesem  Städtchen  ist  eine 
grosse  Kirche  gebaut,  ihre  Kuj)pel  vergoldet,  und  sie  ist  sehr  bemalt 
gewesen  ;  von  dieser  Kirche  bis  zum  Grabe  des  Lazarus  sind  12  Klaf- 
ter, es  ist  aber  das  Grab  des  Lazarus  vor  der  Stadt  noch  bis  jetzt  und 
zwar  von  der  Kirche  nach  Westen.  Und  dort  ist  auch  ein  gutes  und 
süsses  Wasser,  tief  in  der  Erde ;  man  kann  auf  Stufen  zu  ilim  hinab- 
steigen. Von  da  aber  etwa  eine  Werst  entfernt,  nach  Jerusalem  zu, 
steht  eine  Säule  an  der  Stelle ,  wo  Martha  Jesu  entgegenkam ;  und 
ebendaselbst  wiederum  setzte  sich  Jesus  auf  den  Esel,  als  er  I^azarus 
auf  erweckt  hatte. 

Von  Gethsemane  und  von  dem  Grabe  der  Jieiligen 
Gottesmutter.  Gethsemane  ist  ein  Gehöft,  wo  das  Grab  der  hei- 
ligen Gottesmutter  ist,  nahe  der  Stadt  Jerusalem,  am  Bache  Kidron  im 
Thränenthal ,  und  liegt  von  Jerusalem  (aus  gerechnet)  zwischen  dem 
Sommer-  und  Winteraufgang  (der  Sonne]  ;  vom  Stadthore  sind  es 
S  Klafter  bis  zu  der  Stelle  ,  wo  der  Jude  Othonias  den  Leib  der  heili- 
gen Gottesmutter  von  der  Bahre  werfen  wollte ,  als  die  Apostel  sie 
zum  Begräbniss  nach  Gethsemane  trugen ,  und  der  Engel  des  Herrn 
schlug  ihm  mit  einem  feurigen  Schwerte  beide  Hände  ab.  Und  ist  an 
diesem  Orte  ein  Frauenkloster,  jetzt  aber  von  den  Heiden  zerstört. 
Von  da  bis  zum  Grabe  der  heiligen  Gottesmutter  sind  100  Klafter. 
Das  Grab   nun   der  heiligen  Gottesmutter   ist  in  einem  Thal ;    es   war 

\)  NouoFF:  avec  des  ciselures  adrairables. 

2)  Danacii   versteht  Daniel    unter   dem  Apostelthore   das  sog.   Goldene 

Thor.                                                                        '  ^      G. 

■i)  Wohl  irrthündiche  Angabe  statt :  nach  Osten.  G. 


o 


31 

eine  grosse  Höhlo  im  Felsen  eingehauen  ;  es  liat  eine  kleine  Thür,  so 
dass  ein  Mensch  (geviule)  liineingcdien  kann  ;  in  dieser  Höhle  ist  eine 
Bank  ausgehauen  in  dem  Höldent'elsen  selbst,  und  auf  diese  Hank  war 
der  Leib  der  heiligen  (lottosmutter  gelegt  und  wurde  von  da  ins  Para- 
dies gebracht,  da  er  unverweslich  war  ;  und  diese  Höhle  ist  vorhanden 
bis  zum  heutigen  Tage,  von  der  Höhe  eines  Mannes  ,  in  der  Breite 
vier  lallen  fvsjanio  okaena  ^  .  und  ringsum  liat  man  (die  Stätte)  mit 
einem  Thürmehcn-j  aus  kostbarem  Marmor,  sciuni  gefertigt,  uml)aut ; 
früher  aber  stand  dort  eine  Kirche  oben  ül)cr  diesem  Grabe  auf  den 
Namen  der  Assumptio  der  heiligen  Gottesmutter,  jetzt  aber  ist  sie  von 
den  Heiden  zerstört.  Das  Grab  der  heiligen  Gottesmutter  war  vor  dnm 
grossen  Altar  dieser  Kirche. 

Von  der  Höhle,  wo  (Hiristus  verrathenj  ward.  Vom 
Grabe  aber  der  Gottesmutter  sind  10  Klafter  l)is  zu  der  Höhle  ,  wo 
Christus  von  Judas  den  Juden  verrathen  ward  für  30  Silberlinge;  sie 
ist  jenseits  des  Baches  Kidrou  am  Ölberge.  Und  dort  ist  der  Ort,  nahe 
bei  dieser  Höhle,  einen  .Steinwurf  weit,  am  Olberge,  wo  Christus  zu 
seinem  Vater  betete  in  der  Nacht,  in  der  er  von  Judas  überliefert  ward 
zur  Kreuzigung  und  sprach:  »Vater,  ist  es  möglich,  so  gehe  dieser 
Kelch  an  mir  vorüber«.  Und  an  diesem  Orte  ist  eine  kleine  Kirche 
errichtet.  Von  da  aber  bis  zum  Grabe  Josaphat's  ist  es  einen  Pfeil- 
schuss  weit ;  das  ist  ein  König  der  Juden  gewesen,  so  heisst  deswegen 
die  Sclüucht  und  das  Thal  das  des  Josaphat.  Daselbst  ist  auch  das 
Grab  des  heiligen  Jacobus,  des  Bruders  des  Herrn. 

Vom  Ölberge  und  der  Himmelfahrt  des  Herrn.  Der 
Ölberg  aber  liegt  von  Jerusalem  nach  dem  Sommeraufgang  (der  Sonne) 
zu  ;  man  steigt  von  Gethsemane  auf  diesen  Berg,  sehr  hoch,  nicht  mit 
tlrei  Pfeilschüssen  kann  man  die  Höhe  erreichen,  sondern  nur  bis  zum 
»Vaterunser«,  so  weit  kann  man  von  Gethsemane  mit  drei  Pfeilsehüs- 
sen  reichen.  Und  dort  ist  eine  grosse  Kirche  gebaut,  unter  dem  Altar 
ist  eine  grosse  Höhle  und  in  dieser  Höhle  lehrte  Christus  seine  Jün- 
ger, wie  sie  beten  sollten  :  Vaterunser,  der  du  bist  im  Himmel;  so 
lieisst  denn  dieser  Ort  »Vaterunser«.  Von  da  aber  bis  zur  Spitze  des 
Ölberges  selbst,  wo  die  Himmelfahrt  des  Herrn  war  ^)  ;  auf  dem  Gipfel 
eben  des  Ölberges  grade  nach  Osten  ist  ein  kleiner  Hügel,  auf  diesem 
Hügel  war  ein  runder  Stein ,  über  kniehoch,  und  von  diesem  Steine 
erhob  sich  Christus  unser  Gott  zum  Himmel,  und  ist  diese  Stelle  um- 
baut ganz  herum  mit  Gewölben ;  oben  auf  diesen  Gewölben  ist  ein 
Bau  wie  ein  Hof,  kreisförmig,  und  gepflastert  ist  dieser  ganze  Hof  mit 
Marmorplatten  ,  in  der  Mitte  aber  dieses  Hofes  ist  eine  Art  Thürm- 
chen  (Kapelle) ,  rund  gebaut,    ohne  Spitze  ;    in    dieser   nun  unter    der 

1)  Vgl.  p.  24,  n.  4. 

2)  Kapelle.  N.  :  eile  (die  Höhle)  forme  une  petite  bätisse  arrondie,  recou- 
verte  de  dalles  d'un  niarbre  precieux.  , 

'■'•i   Bei  N.  in  der  Übers,  geht  der  Satz  fort :  on  pourrait  compter  80  sage- 
nes ;  der  Text  hat  die  eutspreclienden  Worte  nicht. 


32 


ungedeckten  Spitze  liegt  jener  heilige  Stein  bis  auf  den  heutigen  Tag. 
wo  die  Füsse  des  Herrn  gestanden  haben.  Auf  diesem  Stein  ist  der 
lieilige  Tisch  und  an  diesem  hält  man  auch  jetzt  noch  die  Liturgie  : 
unter  diesem  Tische  aber  ist  jener  heilige  Stein,  belegt  mit  Marmor- 
platten, so  dass  nur  seine  Spitze  ein  wenig  zu  sehen  ist,  und  dort  küs- 
sen die  Christen.  Thiireu  aber  hat  dies  Thürmchen  zwei.  Man  steigt 
aber  auf  Stufen  zur  Himmelfahrt  des  Herrn  hinauf,  der  Stufen  sind 
im  ganzen  22.  lind  ist  der  Ölberg  sehr  hoch  über  der  Stadt  Jerusa- 
lem, man  sieht  von  ihm  aus  nach  allen  Seiten,  was  in  der  Stadt  und 
ausserhalb  der  Stadt  und  beim  Allerheiligsten  ist,  und  mau  kann  sehen 
bis  zum  Meere  von  Sodom  und  bis  zum  Jordan,  das  ganze  gelobte  Land 
und  das  jenseitige  Jordanland  ;  denn  von  allen  Bergen  dort  um  Jeru- 
salem ist  der  Ölberg  der  höchste. 

Von  de  r  S  t  ad  t  Jerusalem  und  ihrer  ü  mgebung.  Die  Stadt 
Jerusalem  ist  sehr  gross  undfest,  von  Mauernganz  umgeben  {?  vsjamo  oka- 
cen) ,  viereckig  in  Kreuzesform  gebaut ;  Schluchten  sind  viele  und  Felsen- 
berge um  die  Stadt;  wasserlos  aber  ist  diese  Gegend  sehr,  weder 
Fluss  noch  Quelle  noch  Brunnen  nahe  bei  Jerusalem  ausser  dem  ein- 
zigen Teiche  Siloam ,  sondern  von  Regenwasser  leben  alle  Menschen 
und  Thiere  in  dieser  Stadt.  Und  Getreide  wächst  viel  und  gutes  für 
diese  Stadt ,  in  der  Umgegend  Jerusalems  wächst  ohne  Regen ,  aber 
durch  Gottes  Segen  Wein  und  Gerste  ausgezeichnet ;  wenn  man  einen 
Scheffel  sät,  erntet  man  dafür  90  oder  100  Scheffel').  Ist  nicht  das 
der  Segen  Gottes  auf  diesem  heiligen  Lande  ?  Daselbst  sind  auch  viele 
"Weinberge  um  Jerusalem  und  Obstbäume ,  Feigen-  und  Ölbäume, 
und  Johannisbrod-  und  Äpfelbäume  und  allerlei  andere  Obstbäume, 
verschiedenartige,  unzählige.  Auf  dem  Ölberge  ist  eine  Höhle,  sehr 
tief,  nahe  bei  der  Himmelfahrt  Christi,  nach  Süden  zu  ;  und  in  dieser 
Hohle  ist  das  Grab  der  heiligen  Pelagia,  der  Buhlerin.  Und  ebenda 
in  der  Nähe  ist  ein  Säulenheiliger,  ein  Mann  wunderbar  und  schreck- 
lich von  Ansehen  und  sehr  betagt. 

Von  dem  Wege  zum  Jordan.  Und  geht  der  Weg  von 
Jerusalem  zum  Jordan  über  den  Ölberg  nach  dem  Sommeraufgang  der 
Sonne)  zu :  dieser  Weg  ist  beschwerlich  und  sehr  gefährlich  und 
wasserarm  ;  denn  die  Berge  sind  steinig  und  sehr  hoch  ;  Heiden  aber 
sind  viele  in  diesen  Bergen  und  erschlagen  die  Christen  in  diesen 
schrecklichen  Schluchten,  Von  Jerusalem  nun  bis  zum  Jordan  sind 
20  grosse  Werst,  15  Werst  bis  Kuziva''^),  wo  der  heilige  Joachim 
fastete  seiner  Unfruchtbarkeit  wegen,  und  ist  dieser  Ort  tief  an  einem 
Bache,  nahe  am  Wege  zur  linken  Seite.  Von  Kuziva  aber  bis  Jericho 
sind  5  Werst,  von  Jericho  bis  zum  Jordan  ü  grosse  Werst,  alles  das  in 

l;   NOROFF  in  der  Uebers.  :  30  und  50  Scheffel. 

2j  Vgl.'l'oBLKR,  To])()gr.  II,  p.  W.i  f.  Er  stellt  den  Ort  richtig  mit  Coseba 
(X^Tr  Chron.  I.  4,  22  zusammen,  NoROFF  a.  a.  O.  p.  45,  n.  2  rnit  Chesib 
'Z'TZ^  Gen.  .Js,  5  und  mit  Kmek  Keziz  {y-Sp)  Jo.s.  18,21,  beides  unrichtig  Vgl. 
ZDl'V.  111,  p.  12  f.  G. 


33 


der  Ebene  auf  dem  Sande,  der  Weg  sehr  beschwerlich  ;  denn  dort  er- 
sticken viele  Menschen  von  der  Hitze  und  sterben  vor  Durst.  Denn 
dort  ist  das  Meer  von  Sodom  in  der  Nähe  dieses  Weges ;  es  kommt 
aber  ein  heisser  stinkender  Hauch  aus  diesem  Meere,  wie  aus  einem 
brennenden  Ofen ,  und  versengt  diese  Gegend  mit  der  stinkenden 
Hitze.  Und  dort  ist,  beinahe  schon  am  Jordan,  nahe  an  diesem  Wege, 
ein  Kloster  des  heiligen  Johannes  des  Vorlihifcrs  ;  es  ist  die  Stätte  mit 
einer  Einfriedigung  umbaut.  Und  daselbst  ist  der  BergHermon') 
nahe  bei  diesem  Kloster,  20  Klafter  entfernt  zur  linken  Seite,  wenn 
man  hingeht:  nahe  am  Wege  ist  auch  ein  Sandhügel,  nicht  gross 2). 
Von  dem  alten  Kloster  aber  des  Johannes  zweimal  so  weit  entfernt  als 
ein  giiter  Schütze  schiesst,  da  war  eine  grosse  Kirche  gebaut  auf  den  Na- 
men des  heiligen  Johannes  des  Vorläufers.  In  der  Nähe  nach  Osten  zu, 
am  Bergabhange,  ist  ein  Bau  wie  ein  Thürmchen  (Kapelle)  und  ein 
kleines  Gewölbe;  an  dieser  Stelle  taiifte  Johannes  der  Vorläufer  un- 
sern  Herrn  Jesus  Christus ;  denn  bis  zu  dieser  Stelle  trat  der  Jordan 
a\is  seinem  Bette  und  kehrte  dann  zurück  ,  und  bis  zu  dieser  Stelle 
kam  er  zu  Christo ;  vordem  war  an  diesem  Orte  das  Meer  von  Sodom 
nahe  bei  diesem  Taufplatze,  jetzt  aber  ist  es  in  Folge  der  Taufe  weiter 
zurückgewichen  um  4  Stadien.  Denn  damals  gerieth  das  Meer,  als  es 
die  Gottheit  nackt  in  den  Wassern  des  Jordan  sah,  in  Furcht  und  ent- 
wich zitternd,  der  Jordan  aber,  als  er  den  Herrn  gesehen,  wandte  sich 
wieder  zurück,  wie  der  Prophet  spricht:  »Was  ist  dir,  Meer,  dass  du 
flohest,  und  du  Jordan,  dass  du  dich  zurückwandtest«  3) .  Von  diesem 
Ort  aber,  wo  Christus  getauft  wurde,  bis  zum  Flusse  Jordan  selbst  ist 
es  so  weit,  als  ein  Mensch  mit  einem  kleinen  Steine  werfen  kann,  und 
dort  ist  jetzt  ein  Badeplatz  am  Jordan ;  dort  baden  sich  die  Christen 
und  zuwandernden  Pilger.  Und  dort  ist  eine  Furt  durch  den  Jordan 
nach  Arabien,  an  derselben  Stelle  trat  vor  Alters  das  Wasser  ausein- 
ander für  die  Israeliten,  und  alle  Leute  gingen  auf  dem  Trocknen  hin- 
durch. Daselbst  schlug  auch  der  Prophet  Elisa  mit  dem  Mantel  des 
Elias  ins  Wasser,  und  das  Wasser  trat  auseinander ,  und  er  ging  auf 
dem  Trocknen  über  den  Jordan.  An  demselben  Badeplatz  ging  die 
Maria  von  Ägypten  auf  dem  Wasser  zum  Vater  Zosimus  und  empfing 
den  Leib  des  Herrn  und  ging  wieder  auf  dem  Wasser  hinüber  in  die 
Wüste,  und  daselbst  verschied  sie. 

Vom    Flusse    Jordan.     Der    Jordanfluss    nun    läuft    schnell, 

1)  TOBLER,  Topogr.  II,  p.  713  erwähnt  nach  dem  Mönch  Phokas  von 
Kreta  den  Berg  Hermonium.  Vgl.  Antoninus  Martyr  c.  IX  ;  Ibique  am  Jor- 
dan est  mens  Hermon  modicus ,  qui  legitur  in  P.salmo.  Itinera  hieros.  ed. 
Tobler  et  Molinier  p.  96.  Auch  Antoninus  verflicht  die  Stelle  Psalm  114,  .5 
in  seinen  Bericht  über  den  Besuch  am  Jordan,  jedoch  ohne  sie  auf  die  Taufe 
Christi  zu  beziehen,  wie  Daniel  im  Folgenden  thut.  G. 

2)  NoROFF :  On  voit  aussi  tout  pres  la  montagne  d'Hermon :  c'est  ä  la 
distance  de  20  sagenes  du  couvent,  ä  main  gauche,  qu'on  apercoit  cette  colline 
sabloneuse  d'une  hauteur  mediocre. 

3)  Ps.  114,  .5. 

Ztsclir    d.  Pal.-Ver.  VII.  3 


34 


seine  Ufer  sind  jenseits  steil,  diesseits  flach,  sein  Wasser  ist  trübe  und 
sehr  süss,  die  Trinkenden  können  von  diesem  heiligen  Wasser  nicht 
genug  zu  sich  nehmen,  und  gesund  war  dies  Wasser  den  Trinkenden, 
man  wird  nicht  krank  davon  und  hat  davon  keine  Beschwerde  im 
Bauche.  In  allem  ist  der  Fluss  Jordan  dem  Flusse  Snov*)  ähnlich,  an 
Breite  und  Tiefe,  und  ebenso  fliesst  er  in  grossen  Krümmungen  und 
reissend  :  Ufersümpfe  hat  er  auch  wie  der  Snov ;  tief  ist  er  vier  Klaf- 
ter in  der  Mitte  der  Badestelle,  wie  ich  selbst  versucht  und  ausgemes- 
sen habe,  und  bin  durchgegangen  auf  jene  Seite  des  Jordan,  und  viel 
bin  ich  gewandert  an  diesem  Jordanufer  mit  Liebe  ;  breit  ist  der  Jor- 
daufluss  wie  der  Snov  an  der  Mündung.  Und  am  diesseitigen  Ufer 
jener  Badestelle  ist  etwas  wie  ein  kleines  Wäldchen,  viele  sehr  hohe 
Bäume  am  Jordanufer,  wie  Weiden  sind  sie  und  sehen  so  aus,  aber 
es  sind  nicht  Weiden ;  oberhalb  des  Badeplatzes  steht  am  Jordanufer 
viel  von  einer  Art  Weinrebe ,    aber  es  ist  nicht  unsere  Rebe ,    sondern 

eine  andre  ,    ähnlich '^'j .     Und   dort  ist  auch  viel  Rohr  und 

viele  wüde  Thiere  leben  dort ,  und  wilde  Schweine  sind  dort  zahllos, 
und  ^•iele  Panther  sind  dort;  daselbst  giebt  es  auch  Löwen  jenseits  des 
Jordan  in  den  Felsbergen,  dort  sind  sie  einheimisch.  Andre  Berge  aber 
sind  unterhalb  jener  Berge,  weiss  sind  sie  sehr,  und  diese  sind  nahe 
dem  Jordan ;  das  Land  jenseits  des  Jordan  heisst  das  Land  Zebuions  und 
Naphthalis.  Und  daselbst  ist  ein  Ort  in  der  Nähe,  zwei  Pfeilschusslängen 
vom  Jordan,  in  der  Richtung  flussaufwärts,  wo  der  Prophet  Elias  auf 
einem  feurigen  Wagen  gen  Himmel  gefahren  ist.  Und  ebenda  ist  in 
der  Nähe  der  Bach  des  Elias,  voll  von  Wasser,  und  das  Wasser  in  ihm 
fliesst  schnell  und  schön  über  Gestein  in  den  Jordan,  dies  Wasser  aber 
ist  kalt  und  süss.  Und  daselbst  ist  die  Höhle  des  heiligen  Johannes 
des  Vorläufers  oberhalb  dieses  Baches,  und  dies  Wasser  trank  Johan- 
nes, der  Vorläufer  Christi,  als  er  dort  lebte  in  dieser  heiligen  Höhle. 
Und  daselbst  ist  in  der  Nähe  eine  andere  Höhle,  wo  der  Prophet  Elias 
mit  seinem  Jünger  Elisa  lebte.  Und  das  alles  habe  ich  mit  meinen 
eignen  sündigen  Augen  gesehen.  Gott  vergönnte  mir  ja  dreimal  am 
Jordan  zu  sein  und  gerade  am  Feste  der  Wasserweihe '^j  war  ich  am  Jor- 
dan mit  meinem  ganzen  Gefolge,  und  wir  sahen  die  Gnade  Gottes  auf 
das  Wasser  des  Jordan  kommen.  Eine  zahllose  Menge  Volks  kommt 
dann  zum  Wasser  mit  Lichtern ,  und  diese  ganze  Nacht  hindurch  ist 
ausgezeichneter  Gesang  und  zahllose  brennende  Lichter ;  um  Mitter- 
nacht geschieht  die  Weihe  des  Wassers,  denn  dann  kommt  der  heilige 
Geist  vom  Himmel  auf  die  Wasser  des  Jordan ;  die  Menschen  nun, 
welche  würdig  sind,  sehen  wohl,  wie  der  heilige  Geist  herabkommt, 
aber  alles  Volk  sieht  es  nicht,  nur  dass  jeglichem  Menschen  dann  eine 
Freude  im   Herzen   entsteht.    So  nun ,    wenn  die  Priester  das  heilige 

1]  Ein  Zufluss  der  Desna  im  Gouv.  Tschernigov  in  Russland. 

2j  NoRori' :  ils  ressemblent  plutöt  aux  buissons  du  cornouiller. 

3)  6.  Januar.     Vgl.  die  kurzen  Angaben  bei  Tobler,    Topogr.  II,  p. 
095  f.  G. 


35 


Kreuz  eintauchen  und  wenn  sie  sprechen  :  '-Als  Du  im  Jordan  getaiift 
wurdest,  o  Herr«,  dann  springen  alle  Leute  in  den  Jordan  und  werden 
im  Jordanflusse  getauft,  wie  denn  Christus  um  Mitternacht  von  Johan- 
nes getauft  wurde. 

Von  dem  Berge,  auf  welchem  der  Prophet  Moses 
verschied  und  von  den  Klöstern.  Und  dort  ist  ein  Berg, 
sehr  hoch  und  sehr  gross,  namens  Phasga ,  jenseits  des  Jordan,  nach 
Süden  zu,  man  sieht  ihn  allerseits  von  weitem  :  auf  diesem  Berge  ver- 
schied Moses  der  Gesetzgeber,  nachdem  er  dfH  gelobte  Land  gesehen. 
Vom  Kloster  pber  des  heiligen  Johannes  des  Vorläufers  bis  zum  Klo- 
ster des  Geras'mus '  i,  dem  das  wilde  Gethier  dienstbar  war,  ist  eine 
Werst,  und  vom  Kloster  des  Gerasimus  bis  zur  Kalamone  der  heili- 
gen Gottesmutter  2)  ist  eine  Werst:  au  diesem  Orte  nämlich  hielt  die 
heilige  Gottesmutter  mit  Christus  und  mit  Joseph  ein  Nachtlager ,  als 
sie  naili  Ägypten  flohen  vor  dem  Könige  Herodes:  und  es  nannte  die 
heilige  Gottesmutter  diesen  Ort  Kalamone ,  das  verdolmetscht  wird 
»gute  Wohnung«  ;  jetzt  ist  dort  ein  Kloster  auf  den  Namen  der  heiligen 
Gottesmutter ,  und  daselbst  kommt  jetzt  der  heilige  Geist  zu  einem 
Bilde  der  heiligen  Gottesmutter.  Und  liegt" dies  Kloster  an  der  Mün- 
dung, wo  der  Jordan  in  das  Meer  von  Sodom  eintritt:  und  ist  eben 
dies  Kloster  ganz  von  einer  Einfriedigung  umbaut,  Mönche  aber  sind 
darin  20.  Von  da  aber  bis  zum  Kloster  des  heil.  Johannes  Chryso- 
stomus  sind  2  Werst  und  vom  Kloster  des  Johannes  bis  zur  Stadt  Je- 
richo eine  AVei'St. 

Von  der  Stadt  Jericho.  Die  Stadt  Jericho  nun  war  vor- 
mals gross  und  sehr  fest ;  und  dies  Jericho  nahm  Josua  ein  und  zer- 
störte es  bis  auf  den  Grund;  jetzt  aber  ist  dort  ein  Saracenendorf. 
Dort  war  auch  das  Haus  des  Zakchäus,  und  der  Stumpf  des  Baumes, 
auf  den  Zakchäus  gestiegen  war,  da  er  Christus  sehen  wollte.  Und 
daselbst  ist  das  Haus  der  Sunnamitin,  bei  welcher  der  Prophet  Elisa 
den  Knaben  auf  erweckte.  Es  ist  aber  um  die  Stadt  das  Land  gut  und 
fruchtbar,  das  Gefilde  schön  und  eben ,  die  Palmen  stehen  hoch,  und 
allerlei  reichlich  tragende  Obstbäume  giebt  es  dort;  es  sind  auch  viele 
Wassevläafe,  in  verschiedene  Arme  getheilt,  sie  fliessen  unterirdisch, 
in  diesem  ganzen  Landstrich.  Ebenda  sind  die  Wasser  des  Elisa, 
welche  der  Prophet  Elisa  süss  machte ,  zuvor  aber  waren  sie  bitter, 
ebenso  in  verschiedene  Arme  getheilt. 

Von  der  Stätte  des  Erzengels  Michael,  wo  er  dem 
Josua  erschien.  Daselbst  ist  ein  Ort  nahe  der  Stadt  Jericho,  eine 
Werst  weit,  gegen  den  Sommeraufgang  (der  Sonne)  zu.  und  an  diesem 
Orte  erschien  der  heilige  Erzengel  Michael  dem  Josua  vor  dem  Heere 

1)  Über  Gerasimus  A-gl.  ToBLEE,  Topogr.  II.  p.  715  ff.  Die  Dienstbarkeit 
des  wilden  Gethiers  bei  Daniel  ist  eine  Anspielung  auf  die  Erzählung  von  dem 
Löwen,  dem  Gerasimus  einen  Dorn  aus  der  Pfote  gezogen  haben  soll.       G. 

2)  Vgl.  zu  dem  Folgenden  ToBLER,  Topogr.  II,  p.  715.  G. 

3* 


36 


Israels:  und  Josua  erhob  seine  Augenöl  und  sah  vor  sich  stehen  einen 
Mann,  furchtbar  anzusehen,  bewaffnet,  und  es  sprach  Josua:  Bist  du 
unser  oder  von  unsern  Feinden?  Und  es  sprach  zu  ihm  der  Erzengel: 
Ich  bin  Michael,  Gottes  Heerführer,  \md  bin  dir  zur  Hülfe  gesandt; 
fasse  Muth  und  besiege  deine  Feinde ;  und  ziehe  die  Schuhe  deiner 
Füsse  aus,  denn  der  Ort,  auf  welchem  du  stehst,  ist  heilig.  Und  Jo- 
sua fiel  auf  sein  Antlitz  und  betete  ihn  an.  Und  ist  an  diesem  Ort  ein. 
Kloster  auf  den  Namen  des  heiligen  Erzengels  Michael .  eine  grosse 
Kirche,  gewölbt  gebaut  und  hoch.  Und  in  derselben  Kirche  liegen 
12  Steine:  diese  Steine  nämlich  wurden  damals  aufgenommen,  als  sich 
das  "Wasser  für  die  Kinder  Israels  auseinanderthat ;  die  Träger  der 
Ikmdeslade  nahmen  die  Steine  auf,  nach  der  Zahl  der  Stämme  der 
Kinder  Israels,  zum  Andenken  ihrem  Geschlechte.  Dieser  Ort  hat  den 
Namen  Gilgal.  Und  nahe  bei  diesem  Kloster  nach  "Westen  zu  ist  ein 
Berg  Namens  Gabaou  ,  sehr  hoch  und  gross  :  über  diesem  Berge  Ga- 
baon  ■-)  stand  die  Sonne  still  bis  Mittag,  bis  Josua  seine  Feinde  besiegt 
hatte,  als  sich  schlug  mit  ihm  Og,  der  König  vonBasan,  und  Sion,  der 
König  der  Amoriter,  und  alle  Königreiche  Kanaans;  und  als  Josua 
sie  besiegt  hatte,  ging  die  Sonne  unter  hinter  dem  Berge  Gabaon.  In 
demselbigen  Berge  Gabaon  ist  eine  Höhle,  sehr  gross;  in  dieser  Höhle 
fastete  unser  Herr  Jesus  Christus  40  Tage  und  4 O.Nächte,  zuletzt  aber 
ward  er  hungrig ;  und  da  trat  zu  ihm  der  Teufel  ihn  zu  versuchen  und 
sprach  zu  ihm  :  »"Wenn  du  Gottes  Sohn  bist,  so  sprich  zu  diesen  Stei- 
nen, dass  sie  Brod  w-erden«.  Und  daselbst  ist  in  der  Nähe  das  Haus  des 
heiligen  Propheten  Elisa  und  seine  Höhle,  daselbst  auch  ein  Brunnen 
östlich  vom  Gabaon. 

Von  der  Laura  des  Theodosius  und  Sabas.  Und  sind 
von  Jerusalem  6  Werst  bis  zum  Kloster  des  Theodosius  3).  Dies  Kloster 
liegt  auf  einem  Berge,  mit  einer  Einfassung  ummauert,  von  Jerusalem 
aus  sichtbar.  Und  dort  ist  eine  Höhle  auf  diesem  Berge  mitten  in  je- 
nem Kloster  :  in  derselbigen  Höhle  hielten  die  Magier  ein  Nachtlager, 
als  sie  vor  dem  König  Herodes  entwichen  ;  jetzt  ruht  dort  der  heilige 
Theodosius  und  viele  andere  heilige  Väter  ruhen  dort ;  und  daselbst  in 
dieser  Höhle  ruht  auch  die  Mutter  des  heiligen  Sabas  und  die  Mutter 

1)  Vgl.  Jus.  5,  13—15.  G. 

2;  Die  Beziehung  des  Berichtes  in  Josua  10,  12 — 14  auf  den  Berg  Qua- 
rantana  —  denn  diesen  hat  Daniel_  im  Auge ,  wie  das  Folgende  zeigt  —  ist 
auffallend.  C.  R.  Cü.ndkr  giebt  in  seinem  Buche  Tent  "VVork  in  Palestine  II, 
]).  1 1  eine  Erzählung  der  ]5eduinen  aus  der  Umgegend  von  Jericho,  in  der  das 
Wunder  des  Tages  von  Ajalon  Jos.  lü  ebenfalls  hierher  verlegt  und  mit  der 
Eroberung  Jericho 's  durch 'Ali  Ihn  Abu  Tälib  verbunden  worden  ist.  Ich 
habe  diese  Erzählung  in  Ebers  und  GVTIIE,  Palästina  in  Bild  imd  Wort  I, 
j).4'J4.  Anm.  '.VA  mitgetheilt.  Da  man  an  eine  Abhängigkeit  Daniel's  von  mus- 
limischer Tradition  nicht  wohl  denken  kann,  so  werden  die  Muslimen  ihre 
Erzählung  wahrscheinlich  nach  Angaben  christlicher  Mönche  gebildet 
haben.  G. 

3]  Vgl.  ToBLER,  Topogr.  II,  p.  (ITS,  ft;    ZDPV.  III,  p.  ;{4  ff.  G. 


37 


des  heiligen  llieodosius.  Von  diesem  Kloster  aber  bis  zur  Laura  des 
heiligen  Sabas  sind  6  Werst.  Die  Laura  nun  des  heiligen  Sabas 
liegt  imThale  Josaphat,  imThriinenthal,  welches  ausgeht  von  Jerusalem 
und  von  Gethsemane ,  und  diese  Schlucht  geht  an  der  liaura  vorüljer 
und  reicht  bis  zum  Meere  von  Sodom.  Dieselbe  Laura  des  heiligen 
Sabas  ist  von  Gott  sehr  wunderbar  hergerichtet ,  in  sonderbarer  imd 
unsagbarer  Weise  :  es  ist  nämlich  da  ein  Bach ,  furchtbar  und  sehr 
tief  und  wasserlos,  der  sehr  hohe  Felswände  hat,  und  an  diesen  Wän- 
den sind  die  Zellen  befestigt  von  Gott ,  angeklebt  in  schrecklicher 
und  wunderbarer  Weise  in  dieser  Hohe,  es  kleben  diese  Zellen  an 
beiden  Seiten  dieses  furchtbaren  Baches,  sie  stehen  auf  Wagescha- 
len'),  wie  die  Sterne  am  Himmel  sind  sie  angeheftet.  Drei  Kirchen 
aber  stehen  inmitten  dieser  Zellen.  Und  ist  dort  nach  Westen  zu  unter 
einem  Felsen  eine  grosse  Höhle,  und  in  dieser  Höhle  eine  Kirche  der 
heiligen  Gottesmutter ;  und  diese  Höhle  wies  ihm  Gott  durch  eine 
Feuersäule,  als  er  vormals  allein  in  dieser  Schlucht  lebte.  Denn  es  ist 
die  Zelle  des  Sabas  die  erste,  die  wo  er  allein  lebte  ;  sie  ist  nämlich 
entfernt  von  der  jetzigen  Laura  um  eine  halbe  Werst:  und  von  hier 
aus  zeigte  ihm  Gott  durch  eine  Feuersäule  über  dieser  heiligen  Stätte 
den  Ort,  wo  jetzt  die  Laura  des  heiligen  Sabbas  ist :  es  ist  dieser  Ort 
sehr  wunderbar.  Inmitten  aber  dieser  Kirchen  ist  das  Grab  des  hei- 
ligen Sabas,  von  der  grossen  Kirche  vier  Klafter  entfernt.  Über  dem 
Grabe  aber  des  heiligen  Sabas  ist  ein  Thürmchen  (Kapelle) ,  schön  ge- 
fertigt ;  und  dort  liegen  die  Leiber  vieler  andrer  heiligen  Väter  :  der 
heilige  Johannes  Hesychastes ,  der  Bischof,  und  der  andre  Johannes. 
der  Dämascener ;  dort  liegt  der  heilige  Theodor  von  Edessa  und 
Michael,  sein  Sohn,  und  der  heilige  Epaphroditus  liegt  dort,  und  die 
Leiber  vieler  andrer  heiliger  Väter  ruhen  dort,  wäe  lebendig,  und  ein 
unaussprechlicher  Wohlgeruch  geht  von  ihnen  aus.  Und  daselbst  sah 
ich  den  Brunnen  des  heiligen  Sabas,  den  ihm  ein  wilder  Esel  in  dersel- 
bigen  Schlucht  zeigte ,  gegenüber  seiner  Zelle,  und  wir  tranken  dar- 
aus ein  süsses ,  sehr  kaltes  Wasser ;  denn  an  diesem  Orte  giebt  es 
weder  Fluss  noch  Quelle  noch  Brunnen ,  sondern  nur  den  einzigen 
Briinnen  des  heiligen  Sabas ;  denn  dieser  Ort  ist  wasserlos  in  fel- 
sigen Bergen ,  nur  von  Regenwasser  leben  alle  Leute,  die  sich  dort 
aufhalten.  Und  dort  ist  ein  Ort  in  der  Nähe  des  Klosters  gegen 
Süden,  der  Name  des  Ortes  ist  Ruva  -; ,  nahe  am  Meere  von  Sodom  : 
es  sind  dort  hohe  Felsberge  und  viele  Höhlen  in  diesen  Bergen :  in 
diesen  Höhlen  leben  heilige  Väter,  Einsiedler,  in  dieser  schrecklichen 

1 )  ?  N.  hat  diese  Stelle  in  der  Übers,  nicht  —  gemeint  ist  wohl :  in  der 
Schwebe. 

2)  Erwähnt  bei  Tobler,  Topogr.  II,  pp.  766.  966,  96S ,  gedeutet  nach 
Phokas  p.  15  'Allatii  Symmicta  auf  die  wüste  Gegend  südöstl.  von  Mar  Saba. 
zu  beiden  Seiten  des  AV.  en-När  abwärts  bis  zum  todten  Meere  hin.  Kyrill 
verlegt  in  der  vita  Euthvmii  die  Wüste  'Kuban«  in  die  Nähe  des  Berges 
Marda,  d.  i.  Mert,  vgl.ZDPV.  III,  p.  19  ff.  und  dazu  Tafel  I,  Schicks  Karle 
der  AVüste  Juda.    S.  Tobleh.  Topogr.  II,  p.  966.  G. 


38 


wasserlosen  Einöde  ;  und  daselbst  ist  ein  Aufenthalt  der  Panther,  und 
wilde  Esel  giebt  es  dort  viel.  Das  Meer  von  Sodom  nun  ist  todt,  ent- 
hält nichts  Lebendiges  in  sich  ,  keinerlei  Fisch  noch  Muschel  noch 
Krebs:  wenn  aber  die  Strömung  des  Jordan  etwas  in  dies  Meer  führt, 
so  kann  es  darin  nicht  leben .  nicht  einmal  kurze  Zeit ,  sondern  ver- 
dirbt schnell.  Denn  es  entsteigt  dem  Grunde  dieses  Meeres  ein 
schwarzes  Pech,  und  schwimmt  dies  Pech  auf  der  Oberfläche  des  Was- 
sers, und  liegt  am  Ufer  viel  von  diesem  Pech  :  und  ein  böser  Gestank 
steigt  aus  diesem  Meere  auf.  Vor  der  Laura  aber  des  heiligen  Sabas 
nach  Osten  hinter  einem  Berge  ist  das  Kloster  des  heiligen  Euthymius, 
1 Ü  Werst  weit  von  der  Laura ;  dort  ruhen  die  Leiber  des  heiligen  Eu- 
thymius und  vieler  andrer  heiliger  Väter  wie  lebend.  Und  liegt  dies 
Kloster  in  einem  Thal ;  ringsum  aber  sind  Felsberge,  etwas  entfernt 
davon;  es  war  mit  einer  Einfassung  ummauert,  die  Kirche  aber  lag 
auf  der  Höhe.  Und  dort  war  das  Kloster  des  heiligen  Theoktistes  un- 
terhalb eines  Berges,  gegen  Süden  vom  Kloster  des  Euthymius,  jetzt 
aber  ist  es  ganz  von  den  Heiden  zerstört '  . 

Von  dem  heiligen  Zion  und  von  der  alten  Stadt 
Jerusalem  und  vom  Hause  des  Johannes  Theologus.  Zion 
nun  ist  ein  grosser  und  hoher  Berg  südlich  von  Jerusalem,  schräge 
und  schön  und  eben.  Auf  diesem  Berge  war  vormals  das  alte  Jerusa- 
lem; dies  Jerusalem  zersörte  Nebukadnezar,  der  König  von  Babylon, 
zur  Zeit  des  Propheten  Jeremias  :  jetzt  aber  liegt  der  Berg  Zion  ausser- 
halb der  Stadtmauer.  Daselbst  war  auch  das  Haus  des  heiligen  Jo- 
hannes Theologus  auf  diesem  Berge  Zion ;  und  an  der  Stätte  .wurde 
eine  grosse  Kirche  errichtet,  gewölbt,  nahe  bei  der  Stadtmauer,  einen 
Steinwurf  weit  von  dieser  bis  zu  der  grossen  Kirche  des  heiligen  Zion. 
Bei  dieser  Kirche,  hinter  dem  Altar,  ist  ein  Gemach,  in  diesem  Ge- 
mach hat  Christus  seinen  Jüngern  die  Füsse  gewaschen.  Und  geht 
man  von  diesem  Gemache  ein  wenig  weiter,  so  steigt  man  auf  Stufen 
wie  zu  einem  Söller  auf,  dort  ist  ein  Gemach  schön  auf  Säulen  gebaut, 
die  Decke  mit  Mosaik  verziert,  schön  gepflastert;  auch  hat  es  einen 
Altar  wie  eine  Kirche  an  der  Ostseite ;  das  ist  die  Zelle  des  heiligen 
Johannes  Theologus  gewesen,  in  dieser  Zelle  nahm  Jesus  das  Abend- 
mahl mit  seinen  Jüngern;  daselbst  lag  Johannes  an  seiner  Brust  und 
sprach:  Herr,  wer  ists.  der  dich  verräth?  Und  an  demselbigen  Ort 
war  die  Herabkunft  des  heiligen  Geistes  auf  die  heiligen  Apostel 
am  5 Osten  Tage.  Und  in  derselben  Kirche  ist  ein  andres  Gemach 
unten  am  Boden  :  in  dies  Gemach  kam  Christus  nach  seiner  Aufer- 
stehung zu  seinen  Jüngern  ,  als  die  Thür  verschlossen  war,  und  trat 
mitten  unter  sie  und  sprach  zu  ihnen :  Friede  sei  mit  euch !  Und 
ebenda  brachte  er  am  achten  Tage  Thomas  zum  Glauben.  Und  daselbst 
ist  ein  heiliger  Stein,  durch  einen  Engel  vom  Berge  Sinai  hergebracht. 

1    Über  die  Lage  dieser  Klöster  vgl.  ToBLEii,    Topogr.  II,  964fr.,  bes. 
aber  Scuick-Makti,  ZDPV.  III,  p.  IT  ff.  und  Führer  ebend.  p.  234 f.      G. 


39 


An  der  anderen  Seite  aber  dieser  Kirche ,  nach  Westen  zu ,  ist  unten 
ein  anderes  Gemach  in  derselben  Art,  und  in  diesem  Gemach  ver- 
schied die  heilige  Gottesmutter.  Und  das  alles  ist  geschehen  im  Hause 
des  heiligen  Johannes  Theologus. 

Von  Petri  Verleugnung.  Und  dort  ist  nahe  der  Hof  des 
Kaiphas :  dort  nämlich  verleugnete  Petrus  Christum  dreimal,  bis  der 
Hahn  krähte,  und  derselbige  Ort  ist  gegen  Osten  von  Zion.  Und  dort 
ist  eine  Stätte  in  der  Nähe  :  an  der  Seite  dieses  heiligen  Berges  eine 
sehr  tiefe  Hohle,  man  steigt  auf  Stufen  in  diese  Höhle  hinab ,  der 
Stufen  sind  32  ,  und  in  dieser  Höhle  weinte  Petrus  ,  der  Apostel 
Christi,  bitterlich  über  seine  Verleugnung,  \ind  über  dieser  Höhle  ist 
eine  grosse  Kirche  gebaut  worden  auf  den  Namen  des  heiligen  Apo- 
stels Petrus.  Von  da  aber  gegen  Süden  unterhalb  dieses  Berges  ist 
der  Teich  Siloam,  wo  Christus  dem  Blinden  die  Augen  öffnete.  Da- 
selbst ist  am  Fusse  des  Berges  Zion  der  Töpferacker,  den  sie  für  den 
Preis  Christi  kauften  zum  Begräbniss  für  Fremdlinge.  Es  sind  aber 
dort  viele  Höhlen  an  dieser  Seite  des  heiligen  Berges,  im  Felsen  einge- 
hauen, und  in  diesen  Höhlen  viele  leere  Gräber  bis  auf  den  heutigen 
Tag,  wunderbar  und  merkwürdig  hergestellt :  und  dort  werden  die 
fremden  Pilger  begraben ,  und  man  bezahlt  keinen  Platz  dieser  hei- 
ligen Stätte,  denn  sie  wurde  mit  dem  Blute  Christi  erkauft. 

Von  Bethlehem,  wo  Christus  geboren  ward.  Das  hei- 
lige Bethlehem  ^]  nun  liegt  gegen  Süden  von  Jerusalem  6  Werst  weit, 
(zuerst)  2  Werst  durch  das  Feld  bis  zum  Absteigeplatz  Abrahams,  wo 
er  seinen  Knecht  mit  den  Eseln  zurückliess  und  seinen  Sohn  Isaak 
nahm  zum  Opfer,  und  legte  ihm  auf,  Holz  und  Feuer  zu  tragen ;  und 
sprach  zu  ihm  Isaak :  Vater,  siehe  da  ist  Holz  und  Feuer,  wo  aber  ist 
das  Schaf?  Und  Abraham  sprach:  Mein  Kind,  Gott  wird  uns  ein 
Schaf  zeigen.  Und  sie  gingen  beide  auf  dem  Wege  nach  Jerusalem  zu, 
denn  er  wurde  zu  der  Stätte  geführt,  wo  Christus  gekreuzigt  ward. 
Von  da  aber  ist  es  eine  Werst  bis  zu  der  Stelle ,  wo  die  heilige  Got- 
tesmutter zweierlei  Volk  sah ,  eins  lachend,  das  andre  weinend ; 
und  eine  grosse  Kirche  war  dort  gebaut  auf  den  Namen  der  heiligen 
Gottesmutter,  jetzt  aber  ist  die  Stätte  von  den  Heiden  zerstört.  Von 
da  aber  bis  zum  Grabe  Babels,  der  Mutter  Josephs,  sind  2  Werst,  und 
von  da  eine  Werst  bis  zu  der  Stelle,  wo  die  heilige  Gottesmutter  vom 
Esel  stieg,  denn  es  nöthigte  sie,  was  in  ihrem  Leibe  war,  da  es  hin- 
aus Avollte.  Und  dort  ist  ein  grosser  Stein,  auf  dem  ruhte  die  heilige 
Gottesmutter  aus,  als  sie  vom  Esel  gestiegen  war ;  und  als  sie  sich  von 
diesem  Steine  erhoben  hatte ,  ging  sie  zu  Fuss  bis  zu  der  heiligen 
Grotte ,  und  dort  gebar  sie  Christus ,  unsern  Gott.  Und  ist  die  Ge- 
burtsstätte Christi  von  jenem  Steine  so  weit,  als  ein  kräftiger  Mann 
mit  einem  kleinen  Steinchen   werfen    kann  2] .     Und   ist   über    dieser 

1)   S.  zur  Vergleichung  mit  dem  Folgenden  Tobler,  Bethlehem  1849. 
Topogr.  II,  p.  464  ff.  ^  G. 

2;  NoROFF  nach  einer  anderen  Lesart:  ä  la  distance  d'un  tir  d'arc. 


40 


Grotte  eine  grosse  Kirche  erbaut,  gewölbt,  ganz  mit  Blei  gedeckt,  und 
inw  endig  ganz  mit  Mosaik  verziert ,  Säulen  hat  sie  S  ')  runde  mar- 
murue  und  ist  gepflastert  mit  Marmorplatten  :  Thüren  hat  sie  drei,  und 
ist  in  der  Länge  S^  Klafter  bis  zum  grossen  Altar,  in  der  Breite  aber 
2(»  Klafter.  Jene  heilige  Grotte  aber,  wo  die  Geburt  Chi'isti  war,  ist 
unter  dem  grossen  Altar  wie  eine  Höhle,  schön  gestaltet,  und  Stufen 
hat  sie  7,  auf  denen  man  zu  einer  Thür  dieser  heiligen  Grotte  hinab- 
steigt, sie  hat  aber  zwei  Thüren,  und  bei  der  anderen  Thür  sind  eben- 
falls 7  Stufen.  Wenn  man  durch  die  östliche  Thür  in  diese  heilige 
Grotte  eintritt .  so  ist  zur  linken  Hand  eine  Stelle  am  Boden,  und  an 
dieser  Stelle  wurde  der  Herr  unser  Gott,  Jesus  Christus,  geboren:  und 
ist  an  dieser  Stelle  ein  heiliger  Tisch  errichtet,  und  an  diesem  Tiscli 
hält  man  jetzt  die  Liturgie,  und  liegt  diese  Stelle  an  der  Ostseite.  Und 
gegenüber  dieser  Stelle  zur  rechten  Hand  ist  die  Krippe  Christi  an 
der  Westseite ,  unter  einer  steinernen  Wagschale  '^j ,  und  in  diese 
Krippe  wurde  Christus  unser  Gott  gelegt,  in  Lappen  gewickelt,  unsrer 
Erlösung  wegen  alles  duldend ;  nahe  beieinander  sind  diese  beiden 
Stätten,  die  Geburt  und  die  Krippe,  drei  Klafter  voneinander  entfernt; 
in  dieser  einen  Höhle  sind  beide  heilige  Stätten  ;  es  war  aber  die 
ganze  Höhle  mit  Mosaik  ausgelegt,  und  gepflastert  ist  sie  schön.  Die 
Kirche  aber  ist  unten  ganz  ausgehöhlt.  Und  die  Gebeine  vieler  Hei- 
ligen ruhen  dort.  Tritt  man  nun  aus  der  Kirche,  so  ist  zur  rechten 
Hand  eine  andre  Höhle,  sehr  tief  unter  jener  Kirche,  an  der  Südseite, 
und  in  dieser  Höhle  liegen  die  Gebeine  der  heiligen  Kinder,  von  da 
sind  aber  die  heiligen  Kinder  weggenommen ,  die  Hälfte  von  ihnen, 
und  nach  Constantinopel  gebracht.  Und  eine  hohe  Einfriedigung  ist 
rings  um  diese  Kirche  gebaut.  Und  ist  diese  Stätte  der  Geburt  Christi 
auf  einem  Berge  in  einer  Wüste  fern  von  Menschen,  und  das  heisst 
jetzt  Bethlehem,  wo  die  Geburtsstätte  Christi  ist.  Das  alte  Bethlehem 
aber  etwas  entfernt  von  dieser  Stelle,  vorher,  und  reichte  nicht  bis  zur 
Geburtsstätte  Christi,  —  da  nämlich,  wo  jetzt  ein  Säulenheiliger ■*)  und 
der  Stein  der  heiligen  Gottesmutter  ist,  auf  diesem  Berge  war  das  alte 
Bethlehem.  Und  diese  Gegend  um  Bethlehem  heisst  Ephrata,  jüdi- 
sches Land,  von  dem  geredet  ist  durch  den  Propheten  Micha:  du 
Bethlehem  im  Lande  Judäa,  keineswegs  bist  du  die  kleinste  unter  den 
Tausenden  Judas,  aus  dir  wird  hervorgehen  der  Führer,  der  mein  Volk 
Israel  erlösen  wird^y.  Und  ist  das  Land  um  Bethlehem  sehr  schön,  ber- 
gig ,  und  viele  Obstbäume  stehen  schön  an  den  Bergabhängen :  Öl- 
bäume und  Johannisbrodbäume,  Feigenbäume  auch  und  Weinberge 
sind  dort  viele  um  Bethlehem,  und  in  den  Thälern  sind  viele  und 
fruchtbare  Acker.  Und  ist  dort  in  der  Nähe  in  jener  Wüste,  von  der 
Geburtsstätte  Christi  nach  Süden ,    eine  halbe  Werst  weit,  im  Gebirge 


1 )  NoROFi-  in  der  Übers.  50.  2)  N.  in  der  Cbers.  50. 

3;  N.  :  sous  une  excavation. 

4)  N. :  une  stcle. 

5)  Micha  5.  2.  G. 


41 


eine  grosse  Höhle,  und  in  dieser  Höhle  lebte  die  heilige  Gottesmutter 
zwei  Jahre  mit  Christus  und  mit  Joseph  nach  Christi  Geburt ;  und  in 
dicselbige  Höhle  kamen  die  Magier  mit  den  Geschenken  und  beteten  an 
vor  Christo.  Aus  dieser  Höhle  Höh  Christus  nach  Ägypten  mit  seiner 
Mutter  und  mit  Joseph. 

Vom  Hause  J  esse's,  des  Vaters  Davids.  Und  daselbst 
ist  ein  Ort  an  der  Seite  eines  Berges  östlich  von  der  Stadt  Bethlehem, 
einen  guten  Pi'eilschuss  weit,  der  Xame  dieses  Ortes  Bithir ') .  Dort 
war  das  Haus  des  Vaters  Davids,  in  diesem  Hause  war  der  Prophet 
Samuel  und  salbte  David  zum  Königthum  in  Israel  an  Stelle  des  Kö- 
nigs Saul.  Und  dort  war  der  Brunnen  Davids,  aus  dem  er  einst  zu 
trinken  begehrte.  Von  da  aber  etwas  über  eine  Werst  weit  von  der 
Geburtsstätte  Christi,  nach  Osten  zu,  ist  die  Stelle,  wo  die  Engel  den 
Hirten  die  Geburt  Christi  verkündeten,  und  ist  dort  eine  Höhle  und  über 
dieser  Höhle  eine  Kirche  gebaut  auf  den  Namen  des  heiligen  Joseph, 
des  Verlobten  der  IMaria.  Daselbst  war  ein  merkwürdiges  Kloster,  ist 
aber  jetzt  von  den  Heiden  zerstört.  Und  ist  um  diesen  Ort  das  Feld 
eben  und  sehr  schön,  und  die  Äcker  sind  dort  fruchtbar  und  viel  Öl- 
bäume giebt  es:  es  heisst  also  dieser  Ort  ayia  Tioijxavr],  was  verdol- 
metscht wird  »heilige  Weide«.  Und  daselbst  ist  in  der  Nähe  unterhalb 
eines  Berges  der  Acker  des  heiligen  Sabas. 

Von  dem  Wege  nach  Hebron.  Von  Bethlehem  aber  nach 
Süden  liegt  Hebron  und  die  doppelte  Höhle  und  die  Eiche  vonMamre. 
Von  Jerusalem  bis  Hebron  sind  2  S  Werst ,  der  Weg  geht  an  Bethle- 
hem vorbei.  Von  Jerusalem  nämlich  bis  Bethlehem  sind  6  Werst  und 
von  Bethlehem  zum  Bache  Etham  20  Werst  ^j  ;  und  von  diesem  Bache 
spricht  der  Prophet  David:  «Du  trocknest  die  Bäche  von  Etham  aus. 
dein  ist  der  Tag  und  dein  die  Nacht  (c^j.  Und  ist  dieser  Bach  jetzt 
trocken,  fliesst  unter  der  Erde  und  kommt  hervor  beim  Meere  von  So- 
dom^jj  dann  fliesst  er  in  das  Meer  von  Sodom.  Daselbst  ist  jenseits 
dieses  Baches  ein  sehr  hoher  Berg,  und  ist  auf  diesem  Berge  ein  grosser 
dichter  Wald,  und  viele  Löwen,  Einhörner  "^j  und  Panther  leben  in  die- 
sem AValde,  und  es  geht  auf  diesem  Berge  der  Weg  über  dieses  gefahr- 
volle Gebirge;  nicht  leicht  gangbar  ist  dieser  Weg.  Auch  ist  dort 
eine  grosse  Feste :  die  Sarazenen  machen  Mordanfälle  auf  diesem 
Berge;   wer   in  kleiner  Genossenschaft   über  diesen  Berg  gehen  will, 

1]  Der  Name  findet  sich  niclit  bei  Tobler,  Bethlelieni,  p.  14  f.  H9.     G. 

2)  NoROFF :  3  Werst  auf  Grund  einer  Variante.  Überhaupt  schwanken 
die  Maassangaben  an  dieser  Stelle  sehr.  ..        G. 

3)  Dieses  Citat  folgt  dem  ^lissverständniss  der  griechischen  Übersetzung 
von  Ps.  74,  15 f.,  wo  dieselbe  das  Adj.  ""•^x,  »immer  fliessend«,  durch  den 
Eigennamen  Etham  wiedergab  und  darunter  die  Stadt  Etam  Cliron.  I.  4,  3. 
II.  11,  6  A^erstand,  an  welche  die  heutige  Quelle  'aiji  at'ui  erinnert.  S.  ZDPV. 
I,  p.  152,  Anmerkg.  ■  G 

4;  Meint  Daniel  die  Wasserleitung  nach  dschehel  el-fureid'isl  Vgl.  ZDPV. 
I,  p.  lüTtf.    Doch  vgl.  unten  p.  00.  "  G. 

5)   N.  rhinoceros. 


42 


kann  nicht  hinüberkommen,  und  mir  Armen  verlieh  Gott  eine  wackere 
und  zahlreiche  Genossenschaft,  und  so  kamen  wir  ohne  Fährlichkeit 
über  diese  gefährliche  Stelle.  Da  ist  nämlich  die  Stadt  Askalon';,  und 
von  da  kommen  viele  Heiden  heraus  und  erschlagen  die  Leute  auf  die- 
sem bösen  Wege.  Auf  demselbigen  Berge  und  in  demselbigen  "Walde 
wurde  Absalon,  der  Sohn  DaHds,  getödtet-),  dahin  floh  er  vor  dem 
Siege  seines  \'aters,  und  dort  trug  ihn  sein  Maulthier  in  das  Dickicht 
des  Waldes,  und  dort  fing  ihn  ein  Zweig  an  den  Haaren  und  zog  ihn 
vom  Maulthiere,  und  dort  blieb  er  am  Baume  hängen  und  wurde  von 
drei  Pfeilen  ins  Herz  getroffen  und  starb  so.  Von  da  aber  bis  zum 
guten  Brunnen  Abrahams  sind  10  Werst. 

Vond'  rEiche  von  Mamre.  Von  diesem  Brunnen  aber  bis 
zur  Eiche  von  Mamre  sind  6  Werst.  Es  liegt  nun  diese  heilige  Eiche 
nahe  am  Wege  zur  rechten  Hand,  wenn  man  hingeht  3) ,  sie  steht  auf 
einem  Berge  sehr  schön.  Denn  rings  um  diesen  Berg  liegen  von  Na- 
tur Steine  wie  ein  Fussboden  auf  der  Erde,  gleich  wie  gepflastert  mit 
Platten  aus  weissem  Marmor  ;  gepflastert  ist  es  rings  um  diese  wun- 
derbare Eiche  wie  der  Fussboden  einer  Kirche  ;  inmitten  aber  dieses 
Pflasters  ist  die  heilige  Eiche  wunderbar  aus  den  Steinen  herausge- 
wachsen. Und  ist  es  auf  dem  Gipfel  dieses  Berges  um  die  Eiche  von 
Xatur  wie  ein  freier  Hofplatz,  und  ringsum  nicht  wenig  Gestein.  Und 
dort  hat  das  Zelt  x\brahams  gestanden  nahe  der  Eiche  gegen  Osten. 
Und  ist  dieselbige  heilige  Eiche  nicht  sehr  hoch,  aber  knorrig  und  hat 
dichte  Zweige  und  viele  Früchte  sind  daran ;  ihre  Zweige  aber  neigen 
sich  nahe  bis  zur  Erde  hinab,  so  dass  ein  auf  dem  Boden  stehender 
Mann  sie  erreichen  kann ;  und  in  der  Dicke  hat  sie  zwei  Klafter,  mit 
meiner  eignen  Hand  habe  ich  sie  ringsum  ausgemessen ;  der  Stamm 
bis  zu  den  Zweigen  ist  anderthalb  Klafter  hoch.  Wunderbar  aber  und 
merkwürdig  ist  es,  wie  viel  Jahre  diese  heilige  Eiche  hat;  auf  einer 
solchen  Höhe,  hoch  oben,  hat  ihr  nichts  geschadet,  sie  ist  nicht  ange- 
fault, sondern  steht  von  Gott  befestigt  als  wäre  sie  eben  gesetzt.  Und 
unter  diese  Eiche  kam  die  heilige  Dreifaltigkeit  zum  Patriarchen  Ab- 
raham-') und  speisete  dort  bei  ihm  unter  dieser  heiligen  Eiche.  Da- 
selbst nun  segnete  die  heilige  Dreifaltigkeit  Abraham  und  Sara,  sein 
Weib,  und  gab  ihnen  im  Alter  einen  Sohn  zu  erzeugen.  Es  zeigte 
auch  die  heilige  Dreifaltigkeit  dem  Abraham  jenes  Wasser,  welches 
jetzt  der  Brunnen  ist  am  Fusse  des  Berges  nahe  am  Wege.    Diese  Ge- 

1'  Die  Besatzung  von  Askalon  muss  damals  der  Schrecken  für  das  ganze 
Südliche  palästina  geMesen  sein  ;  vgl.  oben  S.  22.  XoKOFF  iPelerinage  p.  75, 
n.  1;  meint,  der  Name  Askalon  sei  hier  falsch,  und  will  Acharmon,  abgekürzt 
aus  Beth  Acharmon  =  ^ai»  ä-/ap|jLa  Beth  Hakkerem,  dafür  lesen.  Damit  wird 
aber  nichts  gebessert.  '  G. 

2j  Nach  Sam.  H.  18,  6  im  Walde  Ephraim  !  G. 

3^  Die  folgende  Beschreibung  lässt  kaum  zweifeln,  dass  Daniel  die  heu- 
tige Stätte  Itämet  el-Chalil  im  Auge  hat.  Vgl.  KosEN  in  Zeitschr.  d.  Deut- 
schen Morgenl.  Gesellschaft  XII,  p.  195  f.  G. 

4     Gen.  Ib.     ^  Q, 


43 


gend  lim  die  Eiche  heisst  Mamre ,  deswegen  heisst  sie   die  Eiche  von 
Mamre. 

Vom  Berge  Hebron.  Von  der  Eiche  aber  bis  Hebron  sind 
zwei  Werst.  Hebron  ist  ein  sehr  hoher  Berg,  und  eine  grosse  Stadt 
war  ehemals  darauf  erbaut,  und  eine  Menge  Leute  waren  dort  auf  die- 
sem Berge;  jetzt  aber  ist  der  Ort  wüst.  Und  auf  diesem  Berge  sass 
vormals  der  Enkel  Noah's,  der  SohnHam's,  Namens  Kanaan ,  nach 
der  Sündflut,  vom  Thurmbau  gekommen,  und  hatte  dies  ganze  Land 
um  Hebron  besiedelt,  und  danach  wurde  dies  Land  das  Kanaanäische 
genannt.  Dies  ist  das  Land ,  welches  Gott  der  Herr  dem  Abraham 
versprach  ,  als  er  in  Mesopotamien  war.  Denn  dort  war  Abraham  in 
Haran  im  Hause  seines  Vaters  Thara ,  und  Gott  sprach  zu  Abraham : 
Gehe  aus  dem  Hause  deines  Vaters  und  gehe  in  das  Land  Kanaan, 
dir  werde  ich  es  geben  und  deinem  Samen  in  Ewigkeit,  und  ich 
werde  mit  dir  sein  immerdar.  In  Wahrheit  ist  dies  Land  gesegnet 
von  Gott  mit  allem  Guten ,  an  Weizen  und  Wein  und  Öl  und  allerlei 
Obst  ist  es  sehr  fruchtbar  und  reich  an  Vieh ;  denn  die  Schafe  und 
das  Grossvieh  und  alles  wirft  zweimal  im  Jahr,  und  Bienen  giebt  es 
dort  viel  in  den  Felsen  auf  diesen  schönen  Bergen ,  und  Weinberge 
viele  an  den  Abhängen,  und  etwas  weiter  unten  stehen  viele  Obst- 
bäume, zahllose  :  Ölbäume  und  Johannisbrodbäume  und  Feigen  und 
Apfelbäume  und  Kirschbäume  und  Trauben  und  jegliches  Obst ;  bes- 
ser als  alles  Obst  auf  Erden  sind  diese  Trauben,  einer  Himmelsfrucht 
vergleichbar.  Und  daselbst  war  das  Haus  Davids,  denn  dort  lebte  er 
8  Jahre  ,    als  ihn  sein  Sohn  Absalon  aus  Jerusalem  vertrieben  hatte  ^) . 

Von  der  doppelten  Höhle  2].  Von  Hebron  aber  bis  zu 
der  doppelten  Höhle  ist  eine  halbe  Werst  weit.  Diese  doppelte  Höhle 
nun  ist  im  Felsen  ausgehauen  und  in  dieser  Höhle  ist  das  Grab  Abra- 
hams und  Isaaks  und  Jacobs.  Denn  diese  Höhle  kaufte  Abraham  von 
Ephron  dem  Hethiter  zum  Begräbniss  für  sich  und  sein  ganzes  Ge- 
schlecht, als  er  von  Mesopotamien  ins  Land  Kanaan  kam;  anderes 
aber  erwarb  Abraham  nichts,  als  nur  diese  doppelte  Höhle  zum  Be- 
gräbniss für  sich  und  sein  ganzes  Geschlecht.  Jetzt  ist  ein  steinernes 
Gehege  um  diese  Höhle  gebaut,  sehr  fest;  gebaut  ist  es  aus  grossen 
Steinen  sehr  künstlich  und  unsagbar  ;  seine  Wände  sind  sehr  hoch : 
mitten  nun  in  diesem  Gehege  ist  jene  Höhle  wohl  gesichert.  Gepfla- 
stert aber  ist  das  Gehege  mit  Platten  aus  weissem  Marmor,  und  ist  die 
Höhle  unter  diesem  Marmorpflaster  wohl  versichert,  wo  Abraham  und 
Isaak  und  Jacob  und  alle  Söhne  Jacobs  ruhen,   und  ihre  Frauen  ruhen 

1)  Vermengung  von  Sam.  IL  2,  1 — 5,  5  mit  c.  15,  1 — 19,  16.  G. 

2)  Da  Daniel  schon  im  Jahre  1115  Palästina  wieder  verliess,  so  konnte 
er  von  der  Eröffnung  des  Patriarchengrabes  am  25.  Juni  1119  noch  keine 
Kunde  haben.  S.  den  Bericht  über  dieselbe  in  Archives  de  la  Societe  de 
lOrient  latin  II,  p.  411 — 421  und  die  kurze  Miltheilung  aus  demselben  von 
W.  A.  N'eumaxn;  in  der  österreichischen  Monatsschrift  für  den  Orient  1S83, 
Nr.  IZ,  p.  216.     Bd.  II  der  Archives  erscheint  binnen  kurzem,.  G. 


44 


dort.  Sara  und  Kebekka  und  Lea,  aber  Rahel  liegt  entfernt  bei  Beth- 
lehem am  AVege.  Es  sind  aber  in  diesem  Gehege  im  Grunde  die  Grä- 
ber getrennt  von  einander  gebaut :  über  diesen  Gräbern  ist  eine  Art 
von  runden  Kapellen  errichtet.  Das  Grab  nun  Abrahams  und  seines 
Weibes  Sara  sind  nahe  beieinander,  ebenso  das  Grab  Isaaks  und  der 
Rebekka  seines  Weibes,  darnach  auch  das  Grab  Jacobs  und  seines 
Weibes  Lea  nahe  beieinander.  Josephs  aber  des  Schönen  Grab  ist 
ausserhalb  dieses  Geheges,  einen  Steinwurf  entfernt  davon  ;  und  diese 
Stätte  heisst  die  des  heiligen  Abraham  \  .  Und  daselbst  ist  eine  Stätte, 
ein  hoher  Berg,  gegen  Süden  -) ,  von  der  doppelten  Höhle  eine  Werst 
weit;  das  ist  der  Berg,  auf  den  die  heilige  Dreifaltigkeit  mit  Abra- 
ham stieg,  bis  zu  diesem  Berge  geleitete  Abraham  die  heilige  Dreifal- 
tigkeit von  der  Eiche  in  Mamre  aus.  Daselbst  ist  ein  Ort  auf  dem 
Gipfel  des  Berges  schön  und  sehr  hoch  ;  an  diesem  Orte  fiel  Abraham 
auf  sein  Antlitz,  betete  an  vor  der  heiligen  Dreifaltigkeit  und  bat  für 
Sodom  und  sprach  3)  :  Herr ,  verderbe  nicht  den  Gerechten  mit  dem 
Gottlosen,  dass  nicht  der  Gerechte  wie  der  Gottlose  umkomme  ;  wenn 
aber,  Herr,  in  Sodom  50  Gerechte  gefunden  werden,  wirst  du  diesen 
Ort  nicht  verschonen  um  der  50  Gerechten  willen?  Und  der  Herr 
sprach  zu  ihm :  wenn  in  der  Stadt  Sodom  auch  nur  5  Gerechte  gefun- 
den werden,  so  will  ich  die  ganze  Stadt  Sodom  nicht  verderben.  Und 
Abraham  verstummte  und  sprach  nichts  mehr  zu  ihm.  Von  demselbi- 
gen  Berge  aus  schickte  die  heilige  Dreifaltigkeit  zwei  Engel  nach  So- 
dom ,  dass  sie  herausführten  Lot ,  den  Neffen  Abrahams :  und  dort 
verschwand  die  heilige  Dreifaltigkeit  vor  Abraham. 

Vom  O  p  fe  r  Abrahams.  Damals  aber  brachte  Abraham  Gott 
ein  Opfer  dar ,  indem  er  Weizen  auf  das  Feuer  streute ;  und  diese 
Stätte  heisst  der  »heilige  Abraham«  und  »Abrahams  Opfer«.  Und  liegt 
diese  Stätte  sehr  hoch,  man  sieht  von  da  nach  allen  Seiten.  Von  da 
aber  bis  Sigor  ^)  ist  drei  Werst  weit,  und  dort  ist  das  Grab  Lots  und 
seiner  beiden  Töchter :  es  ist  nämlich  eine  grosse  Höhle ,  in  diese 
Höhle  floh  Lot  mit  seinen  beiden  Töchtern,  als  er  aus  Sodom  entrann. 
Und  dort  ist  auch  ein  Wohnplatz  der  ersten  Menschen  hoch  auf  dem 
Berge  :  der  also  heisst  Sigor.  Von  Sigor  aber  ist  eine  Werst  weit 
bis  zu  einer  hervorragenden  Höhe  im  Gebirge,  nach  Süden  von  Sigor. 

1  j  NoKOFf :  le  sepulcre  de  Joseph  le  beau  est  en  dehors  de  l'edifice.  A  un 
jet  de  pierre  de  la  double  caverne ,  est  un  Heu,  qui  porte  le  nom  de  St.- 
Abraham. 

2  NoROFF:  vers  l'orient. 

3;  Gen.  c.  IS,  22 ff.  Daniel  meint  offenbar  dieselbe  Stätte,  die  Hierony- 
mus  im  Epitaphium  Paulae  unter  dem  Namen  Caphar  Barucha  erwähnt.  Dort 
sagt  er  von  ihr,  dass  Abraham  bis  dahin  den  Herrn  begleitet  und  von  dort  aus 
den  Bauch  aus  dem  Brande  Sodom's  und  Gomorrha's  habe  aufsteigen  sehen. 
('a^)har  Barucha  ist  Kafr  Barek,  jetzt  bekannter  unter  dem  Namen  Beni 
Na  im.  Ks  liegt  auf  der  AVasserscheide  östlich  von  Hebron,  nicht  südlich, 
wie  die  ol)en  übersetzte  Lesart  des  Textes  angiebt.  G. 

4  Zcar.  Gen.  c.  19.  Zoar,  Lol's  "Weib ,  Sodom  verlegen  die  Gewährs- 
männer Daniels  sämmtl.  auf  das  westl.  Ufer  des  todten  Meeres.  G. 


45 


bis  daliin,  wo  Lots  Weib  als  Steinsiliile  steht.  Von  Lots  Weib  aber 
bis  Sodom  sind  zwei  Werst.  Das  alles  habe  ich  mit  meinen  Augen 
o-esehen,  aber  auf  meinen  Füssen  konnte  ich  nicht  dahin  gelangen  aus 
Furcht  wegen  der  Heiden ,  auch  erlaubten  mir  die  rechtgläubigen 
Leute  nicht  dahin  zu  gehen,  indem  sie  so  sprachen  :  Nichts  gutes  ist  für 
euch  dort  zu  sehen ,  sondern  nur  Qual,  und  böser  Gestank  steigt  aus 
diesem  Meere  auf ;  und  sprachen  zu  uns  so  :  ihr  werdet  krank  werden 
von  diesem  bösen  Gestank.  Da  also  kehrten  wir  zurück  zum  «heiligen 
Abraham«,  beschirmt  von  Gott  und  durch  seine  Gnade  bewahrt  kamen 
wir  wieder  zvi  der  doppelten  Höhle  und  in  die  Stadt  ^),  und  beteten  an 
dieser  heiligen  Stätte  und  ruhten  dort  aus  2  Tage.  Durch  Gottes 
Gnade  fanden  wir  eine  wackre  und  zahlreiche  Genossenschaft,  die  von 
da  nach  Jerusalem  ging,  und  von  da  schlössen  wir  uns  an  sie  an  und 
gingen  mit  ihnen  fröhlich  ohne  Furcht  und  gelangten  wohlbehalten 
zur  heiligen  Stadt  Jerusalem  und  lobten  Gott,  der  uns  gewürdigt  hatte, 
diese  heiligen  unaussprechlichen  Stätten  zu  sehen. 

Von  dem  Kloster  des  heiligen  Chariten.  Nach  eini- 
gen Tagen  aber  gingen  wir  zum  Kloster  des  Chariton  2) .  Und  zwar 
führt  der  Weg  an  Bethlehem  vorbei ;  und  von  Bethlehem  nach  Süden 
zu  bis  zum  Kloster  des  heiligen  Chariton  sind  etwa  5  Werst.  Und 
ist  dies  Kloster  an  demselben  Bache  Etham^],  nahe  am  Meere  von 
Sodom,  in  felsigen  Bergen  ,  eine  Wüste  aber  ist  ringsum  sehr  gross 
und  sehr  schrecklich,  und  die  Gegend  ist  wasserlos  und  trocken.  Das 
Kloster  aber  des  heiligen  Chariton  steht  schön  zwischen  Felsbergen, 
ringsum  war  es  mit  einer  Einfriedigung  umbaut ;  und  unterhalb  seiner 
ist  eine  Felsschlucht,  gross  und  sehr  furchtbar.  Innerhalb  dieses  Klo- 
sters aber  sind  zwei  Kirchen  :  in  der  grossen  Kirche  aber  ist  das  Grab 
des  heiligen  Chariton  und  ausserhalb  der  Einfriedigung  ist  eine  kunst- 
reich hergestellte  Ruhestatt  (Begräbnissplatz)  ;  in  derselbigen  Ruhe- 
statt liegen  die  Leiber  der  heiligen  Väter  wie  lebend,  denn  dort  liegen 
ihrer  mehr  als  500  :  dort  ruht  der  Leib  des  heiligen  Cyriacus  des  Be- 
kenners  wie  lebend,  ganz  unversehrt,  dort  ruhen  die  beiden  Söhne  des 
Xenophon,  Johannes  und  Arcadius,  und  grosser  W^ohlgeruch  geht  von 
ihnen  aus.  Dort  brachten  wir  unsre  Verehrung  diesen  heiligen  Or- 
ten dar  und  stiegen  auf  einen  Berg  gegen  Süden,  von  diesem  Kloster 
eine  Werst  entfernt.  Und  ist  dort  eine  ebene  Stelle  auf  Ackerlande : 
an  dieser  Stelle  wurde  der  heilige  Prophet  Habakuk  von  dem  Engel 
ergriffen ,  als  er  mit  Speise  und  Wasser  zu  den  Schnittern  ging,  und 
es  führte  ihn  der  Engel  nach  Babylon  zum  Propheten  Daniel  in  die 
Grube,  und  dort  nährte  und  tränkte  er  diesen.  Von  Jerusalem  aber 
bis  Babylon  sind  2065  Werst,    und  wiederum  wurde  er  zu  der  Stunde 

1)  In  das  Gehege  ?  Noroff  :  et  dans  son  enceinte. 

2)  Vgl.  TOBLER,  Topogr.  II,  p.  509  fi'.  G.  ^ 

3)  Hier  ist  Etham  gleich  dem  Wädi  Charetün,  der  im  oberen  Lauf  AVadi 
Artäs  genannt  wird.  Er  ist  allerdings  die  östliche  Fortsetzung  des  oben  p.  41 
erwähnten  »Baches  Etham«.         ;j  G. 


46 


von  dem  Engel  ergriffen  und  an  selbigem  Tage  wieder  andenselbigenOrt 
zu  den  Schnittern  gebracht  und  gab  ihnen  Speise  und  Trank.  Und  ist  an 
dieser  Stelle  ein  Bau  wie  ein  Thürmchen  Kapelle  schön  aufgeführt,  des 
Wunders  wegen  '  .  Babylon  ist  aber  von  dieser  Stätte  40  Tage  schneller 
Reise  entfernt.  Und  ist  inderXähe  dieser  Stelle  eine  grosse  Kirche,  ge- 
wölbt, auf  den  Namen  der  heiligen  Propheten,  und  dort  ist  vxnter  der  Kirche 
eine  Höhle,  in  der  die  12  Propheten  in  drei  Särgen  liegen:  Habakuk, 
Micha,  Joel,  Ezechiel.  Obadja.  Ismael,  Sabellius,  Baruch,  Arnos,  Ho- 
sea,  Xahum.  Zephanja^  .  Und  daselbst  ist  auf  diesem  Berge  ein 
sehr  grosses  Dorf  und  wohnen  in  ihm  viele  Sarazenen  und  ebenfalls 
viele  Christen ;  und  das  ist  das  Dorf  der  heiligen  Propheten ,  denn 
dort  sind  die  heiligen  Propheten  geboren,  denn  das  ist  ihre  Heimath. 
Und  dort  brachten  wir  eine  Nacht  in  diesem  Dorfe  zu,  beschirmt  durch 
Gottes  Gnade,  und  die  in  diesem  Dorfe  lebenden  Christen  nahmen  uns 
gut  auf.  Und  als  wir  dort  übernachtet  hatten  und  am  nächsten  Mor- 
gen aufgestanden  waren,  gingen  wir  nach  Bethlehem,  und  das  Ober- 
haupt dieses  Dorfes  geleitete  uns  selbst  in  Waffen  bis  Bethlehem  und 
zeigte  uns  alle  die  heiligen  Stätten,  indem  er  uns  geleitete ;  denn  man 
kann  nicht  sicher  durch  diese  Gegend  gehen  wegen  der  Heiden,  denn 
es  sind  dort  wilde  Heiden,  Sarazenen,  und  erschlagen  die  Christen  in 
jenen  Bergen.  Und  wir  erreichten  alle  wohlbehalten  die  heilige  Stadt 
Bethlehem  und  dort  bezeigten  wir  unsre  Verehrung  der  heiligen  Ge- 
burtsstätte Christi,  und  nachdem  wir  uns  dort  ausgeruht  hatten,  gingen 
wir  voll  Freude  in  die  heilige  Stadt  Jerusalem. 

Vom  Wege  nach  Galiläa.  Und  es  führt  eine  Strasse  von  Jeru- 
salem nach  Galiläa  und  zum  See  von  Tiberias  und  zum  Berge  Thabor  und 
nach  Nazareth  :  das  ganze  Land  nämlich  um  den  See  von  Tiberias  heisst 
Galiläa.  Es  liegt  dies  Land  nach  dem  Sommeraufgang  (der  Sonne)  zu. 
Die  Stadt  Tiberias  ist  von  Jerusalem  entfernt  4  Tagereisen  für  einen  Fuss- 
gänger;  der  Weg  dorthin  ist  sehr  beschwerlich,  in  Felsbeigen  und  sehr 
gefährlich  ,  die  Berge  sind  hoch  und  sehr  steil.  3  Tage  geht  man  in 
diesen  gefährlichen  Bergen  und  einen  Tag  in  der  Ebene,  alles  das 
neben  dem  Jordan  flussaufwärts  ^] ,  fast  bis  zum  Ende  des  Jordan,  wo 
der  Jordan  entspringt.  Und  Gott  vergönnte  mir  diesen  Weg  so  zu 
machen:    es  zog  der  Fürst  von  Jerusalem,  Namens  Balduin^),  auf  die- 

1)  Vgl.  die  abweichenden  Angaben  bei  Tobler,  Topographie  II ,  p. 
573  ff.  G. 

2)  Die  Aufzählung  ist  dem  Verf.  schlecht  gerathen  und  wirft  ein  sehr  un- 
günstiges Licht  auf  seine  Kenntnisse... Sabellius  verdankt  seine  Existenz  in 
dieser  Reihe  wohl  einem  TexlTehler.  Über  das  Grab  der  zwölf  Propheten  ist 
sonst  wenig  bekannt,  vgl.  Tobler,  Topogr.  II,  p.  572.  G. 

3)  NOROFF:  versl  Orient. 

4)  Der  Zug  Balduin's  L,  Königs  von  Jerusalem,  war  gegen  Bursuk  von 
Hamadan  gerichtet,  der  von  Oslea  her  einen  Angriff  auf  die  nordsyrischen 
Staaten  (Haleb,  Damaskus;  gemacht  hatte.  Von  den  letzteren  war  Balduin  zu 
Hülfe  gerufen  worden.  S.  B.  Kugler,  Geschichte  der  Kreuzzüge  p.  93. 
105.  G. 


47 

sem  Wege  zum  Kriege  gegen  Damaskus  an  dem  See  von  Tiberias  vor- 
bei; ich  nun  ging  zu  diesem  Fürsten  und  sprach  zu  ihm  bittend,  in- 
dem ich  mich  verneigte :  Herr  Fürst,  nimm  mich  mit  dir  bis  zum  See 
von  Tiberias,  damit  ich  dort  alle  heiligen  Stätten  sehe.  Und  da  hiess 
mich  der  Fürst  mit  ihm  gehen ,  und  ich  zog  mit  ihm  und  er  gesellte 
mich  seinen  Leuten  bei.  Da  bestieg  ich  mit  grosser  Freude  ein  Pferd, 
und  so  durchzogen  wir  jene  gefährlichen  Gegenden  mit  den  Soldaten 
des  Königs  ohne  Furcht  und  Gefahr,  ohne  Soldaten  aber  kann  niemand 
auf  diesem  Wege  durchkommen  in  kleiner  Genossenschaft ;  nur  die 
heilige  Helena,  die  Kaiserin,  kam  auf  diesem  Wege  durch,  aber  kein 
andrer  kann  auf  diesem  Wege  durchkommen  in  kleiner  Genossen- 
schaft. 

Das  also  ist  der  Weg  nach  Tiberias  •) :   von  Jerusalem    bis    zum 
Brunnen  der  heiligen  Gottesmutter  10  Werst,    und  vom  Brunnen  bis 
zu  den  Bergen  von  Lebona  oder  Gelboe  4  Werst;  und  auf  diesen  Ber- 
gen wurde  Saul,  der  König  der  Juden,  erschlagen,    und  sein  Sohn  Jo- 
nathan wurde  daselbst  erschlagen.    Die  Berge  sind  hoch  und  felsig. 
Von  diesen  Bergen  aber  bis  zum  Brunnen  Davids  sind  2  Werst  und 
von  diesem  Brunnen  bis  zur  Höhle  Davids  4  Werst :   in  dieser  Höhle 
hatte  Gott  den  König  Saul  in  die  Hände  Davids  gegeben ,   und  David 
tödtete  ihn  nicht,  sondern  schnitt  ihm ,  während  er  schlief,    die  Hälfte 
seines  Kleides  ab  und  nahm  sein  Schwert ,    Obergewand   und  Hand- 
schuhe.     Von  da  aber  bis  zu  den  Bergen  von  Sichem  sind  4  Werst, 
wo   die  Grube  Josephs  des  Schönen  ist.    Auf  diesen  Bergen   nämlich 
hüteten  die  Söhne  Jakobs  die   Schafe  und  alle  Heerden  ihres  Vaters 
Jakob ,   und  daselbst  in  diese  Berge  kam  Joseph  zu  seinen  Brüdern, 
geschickt    von    seinem  Vater  zu  ihnen  und  ihnen  Friedensgruss  und 
Segen  von  ihrem  Vater  Jakob  bringend.    Sie  aber,   als  sie  ihren  Bru- 
der Joseph  sahen ,    erhoben  sich  wie  die  Wölfe  gegen  ihn  und  griffen 
ihn  und  warfen  ihn  in  eine  Grube.     Und  bis   auf  den  heutigen  Tag 
kann  man  diese  Grube  erkennen ,   wie  eine  tiefe  Cisterne   aus  Steinen 
ist  diese  Grube  sehr  fest  gebaut.    Es  traf  sich ,    dass   wir   an   diesem 
Orte  übernachteten.    Und   ist  der  Ort  nahe  an  der  Landstrasse,   zur 
rechten  Hand  auf  dem  Hinwege.   Von  da  aber  bis  zum  Dorfe  Josephs, 
welches  Sichar  heisst,  sind  1 0  Werst. 

1)  Von  den  im  Folgenden  genannten  Orten  zwischen  Jerusalem  und  Galiläa 
sind  wohl  bekannt  1 .  Lebona ,  das  heutige  el-luhbän  nördlich  von  den  Höhen 
bei  sindschil.  2.  Der  Jakobsbrunnen  östlich  von  Nabulus.  Das  unmittelbar 
vorher  genannte  Sichar  ist  wahrscheinlich  mit  dem  heutigen  Dorf  el-askav 
identiscli.  3.  AusDaniel's  Beschreibung  ergiebt  sich,  dass  er  unter  »Samaria« 
Sichem  oder  Nabulus  versteht.  4.  Das  wirkliche  Samarien  nennt  er  Sebasto- 
polis,  d.  i.  Sebastije.  Der  zuerst  genannte  »Brunnen  der  heiligen  Gottesmut- 
ter« ist  wahrscheinlich  el-blre.  Lebona  hat  Daniel  mit  Gilboa  (Sam.  I.  28  ff.) 
verwechselt.  Der  Brunnen  und  die  Höhle  David's,  sowie  Daniel's  »Sichern« 
mit  der  Grube  Joseph's  müssen  zwischen  cl-luhhun  und  dem  Jakobsbrunnen 
gesucht  werden.  Das  weiter  unten  genannte  Arimathia  ist  vielleicht  von  dem 
heutigen  er-rä?«e  zu  verstehen ,  das  zwischen  Sebastije  und  Dschenin  gele- 
gen ist.  G. 


48 


Vom  Brunnen  und  von  der  S  tadt  Samaria.  Und  dort  ist 
der  Jakobsbrunnen,  sehr  tief,  und  das  Wasser  in  ihm  kalt  und  süss, 
und  bei  diesem  Brunnen  redete  Christus  mit  der  Samariterin.  Und 
wir  machten  dort  Nachtlager  bei  diesem  Brunnen.  Und  daselbst  ist 
in  der  Nähe  die  Stadt  Samaria.  eine  halbe  Werst  entfernt  von  dem 
Brunnen.  Die  Stadt  Samaria  ist  sehr  gross  und  hat  Überfluss  an  allem 
Guten  und  allerlei  Früchten.  Die  Stadt  Samaria  liegt  zwischen  zwei 
sehr  hohen  Bergen,  viele  kalte  Wasserquellen  fliessen  schön  inmitten 
der  Stadt,  und  zahllose  Fruchtbäume  sind  dort  jeglicher  Art:  Feigen, 
Xussbäume,  Johannisbrodbäume .  Ölbäume  stehen  in  dieser  ganzen 
Gec'end  um  Samaria  wie  Eichen  stände  ,  wie  Wälder  ;  an  den  Acker- 
rändern sind  zahlreiche  Fruchtbäume  auf  diesem  Gefilde,  und  ist  das 
Land  um  Samaria  schön  und  wunderbar,  und  ist  diese  Gegend  reich 
an  allem  Guten .  an  Öl  und  Wein .  an  "Weizen  und  Obst ,  und  mit 
einem  Wort,  von  ihr  lebt  Jerusalem  in  Bezug  auf  alle  Güter.  Und 
diese  Stadt  Samaria  wird  jetzt  Xeapolis  genannt.  Von  dieser  Stadt 
Samaria  aber  liegt  nach  Westen  ein  Ort  2  Werst  weit,  der  Ort  hat  den 
Namen  Sebastopolis ,  ein  kleines  Städtchen .  und  in  ihm  ist  das  Ge- 
fängniss  des  heiligen  Johannes  des  Vorläufers ,  und  in  diesem  Ge- 
fängniss  wurde  Johannes  der  Vorläufer  enthauptet  vom  König  Hero- 
des,  daselbst  ist  auch  sein  Grab :  es  ist  aber  an  diesem  Ort  eine  Kirche 
gebaut  auf  den  Namen  des  heiligen  Johannes  des  Vorläufers.  Daselbst 
ist  ein  sehr  reiches  fränkisches  Kloster.  Und  von  da  sind  4  Werst  bis 
Arimathia.  Es  ist  dort  der  Ort,  in  felsigen  Bergen  gebaut,  ein  kleines 
Städtchen  ;  in  diesem  Städtchen  ist  das  Grab  des  heiligen  Joseph  von 
Arimathia,  der  von  Pilatus  den  Leib  Jesu  erbat.  Über  dem  Grab  des 
heiligen  Joseph  ist  eine  Kirche  gebaut,  gewölbt,  sehr  hoch.  Und  die- 
ser Ort  heisst  Arimathia. 

Von  der  Stadt  Basan.  Und  sind  von  Samaria  bis  zur  Stadt 
Basan  30  Werst.  In  dieser  Stadt  Basan  i;  war  der  König  Og  von  Ba- 
san ,  den  Josua  bei  der  Stadt  Jericho  erschlug.  Und  ist  diese  Gegend 
schrecklich  und  sehr  gefährlich,  denn  aus  dem  Platze,  wo  Basan  stand, 
entspringen  sieben  Flüsse  und  steht  an  diesen  Flüssen  grosses  Röh- 
richt, und  viele  Palmen  stehen  an  dieser  Stelle,  wie  ein  dichter  Wald, 
und  dort  leben  auch  viele  heidnische  Sarazenen  und  morden  an  den 
Furten  längs  dieser  Flüsse  ;  und  viele  Löwen  finden  sich  in  jenem 
Röhricht  dort  an  den  Flüssen.  Es  ist  dieser  Ort  nahe  beim  Flusse 
Jordan.  Ebenda  ist  eine  Stelle  unterhalb  dieser  Stadt  gegen  Osten  mit 
einer  wunderbaren  Höhle,  aus  dieser  Höhle  entspringt  eine  Quelle, 
und  bei  dieser  Quelle  ist  ein  Badeteich :  in  diesem  badete  sich  Jesus 
mit  seinen  Jüngern,  und  ist  bis  auf  den  heutigen  Tag  zu  erkennen, 
wo  Christus  auf  einem  Steine  gesessen  hat.  Daselbst  badeten  auch  wir 
Sünder  und  Unwürdige.     In  derselbigen  Stadt  Basan  versuchten  die 

1  Besän  in  der  Jordanniederung  im  Gebiet  des  Nähr  Dschälüd.  Daniel 
verwechselt  es  mit  dem  ostjordanischen  Basan.)  G. 


49 


Juden  Christum,  indem  sie  ihm  eine  Münze  zeigten  und  sprachen : 
Wessen  ist  das  Bildniss?  Christus  aber  sprach  zu  ihnen  :  Gebet  dem 
Kaiser  was  des  Kaisers  ist  und  Gotte  was  Gottes  ist.  Und  Christus 
sprach,  indem  er  sich  zu  Petrus  wandte  :  Geh  und  wirf  eine  Angel  in 
den  See  und  bald  wirst  du  einen  Fisch  fangen  ,  öffne  dessen  Mund 
und  du  wirst  einen  Stater  finden,  den  nimm  und  gieb  ihn  für  mich 
und  für  dich  i) .  Bei  derselbigen  Stadt  Basan  heilte  Christus  die  bei- 
den Blinden,  die  da  riefen,  indem  sie  ihm  nachgingen,  und  sprachen: 
Erbarme  dich  unser,  Sohn  Davids. 

Vom  Quellort  des  Jordan^).  Von  der  Stadt  Basan  aber  bis 
zur  Jordanquelle  und  bis  zixm  Zollhause  des  Matthäus  sind  20  Werst. 
Der  Weg  von  Basan  geht  ganz  in  der  Ebene  am  Jordan  hin  flussauf- 
wärts^)  bis  zur  Jordanquelle.  Der  Fluss  Jordan  nun  kommt  aus  dem 
See  von  Tiberias  aus  zwei  Quellen,  er  sprudelt  sehr  wunderbar  aus 
der  Erde  hervor,  die  eine  Quelle  hat  den  Namen  Jer,  die  andere  den 
Namen  Dan,  und  von  da  entspringt  der  Jordanfluss  aus  dem  See  von 
Tiberias  ;  es  sind  diese  beiden  Bäche  nebeneinander,  drei  Pfeilschüsse 
voneinander  entfernt,  und  laufen  beide  eine  halbe  Werst  weit,  und 
dann  vereinigen  sie  sich  und  fliessen  fortan  als  ein  Fluss  und  der 
heisst  Jordan,  nach  den  Namen  der  beiden  Quellen.  Es  fliesst  aber 
das  Wasser  des  Jordanflusses  sehr  schnell ;  sehr  viele  Fische  giebt  es 
in  ihm.  Und  sind  an  der  Jordanquelle  über  beide  Bäche  zwei  steinerne 
Brücken,  sehr  fest  auf  Bogen  gebaut,  und  unter  diesen  Brückenbogen 
fliesst  der  Jordan  durch. 

Von  der  Zollstätte  des  Matthäus,  des  Ap  osteis  Chri- 
sti. Daselbst  bei  der  Brücke  war  die  Zollstätte  des  Matthäus,  des 
Apostels  Christi.  Denn  dort  laufen  alle  Strassen  zusammen  nach  Da- 
maskus und  nach  Mesopotamien  über  den  Jordan.  Daselbst  bei  der 
Brücke  machte  der  Fürst  Balduin  halt,  mit  seinen  Soldaten  zu  speisen, 
daselbst  machten  auch  wir  halt  gerade  an  der  Jordanquelle  und  bade- 
ten in  derselben ,  auch  im  See  von  Tiberias  badeten  wir  und  begingen 
an  diesem  Meere  hin  ohne  Furcht  und  ohne  Gefahr  alle  die  heiligen 
Stätten,  wo  Christus  unser  Gott  wandelte  mit  seinen  heiligen  Füssen. 
Und  daselbst  würdigte  Gott  auch  mich  sündigen  Menschen  zu  wan- 
deln und  das  Land  Galiläa  zu  sehen ,  welches  wir  nicht  gehofft 
hatten  zu  sehen  noch  zu  besuchen ,  aber  selbst  habe  ich  mit  meinen 
eignen  sündigen  Füssen  dieses  ganze  Land  Galiläa  begangen.  Es  ist 
nicht  erlogen,  denn  wie  ich  es  mit  meinen  eignen  sündigen  Augen 
gesehen  habe,    so  habe  ich  es  auch  beschrieben.    Und  Gott  vergönnte 

1)  Verbindung  von  Matth.  22,  75  fr.  und  17,  24  ff.  [Die  Blindenheilung 
verweisen  die  Evangelien  nach  Jericho  Matth.  20,  29  ff.  G. 

2)  Der  folgende  Bericht  beruht  auf  sehr  fehlerhafter  Orientirung.  Da- 
niel's  Standpunkt  ist  der  bekannte  Jordanübergang  bei  Uschisr  el-Mudschä- 
mi'a.  Die  Einmündung  des  Jarmük  in  den  Jordan  scheint  man  ihm  als  den 
Zusammenfiuss  des  »Jer«  und  »Dan«  bezeichnet  zu  haben.  G. 

3)  NoROFF:  tirant  vers  Torient  en  amont  du  Jourdain. 

Ztschr.  d.  Pril.-Yer.  VII.  4 


50 

mir  einen  Menschen  zu  finden  sehr  alt  und  gelehrt,  geistlich  auch  und 
heilig,  der  in  Galiläa  30  Jahre  gelebt  hatte  und  beim  heiligen  Saba 
im  Kloster  20  Jahre,  und  dieser  Mann  geleitete  mich  über  dies  ganze 
Land  und  zeigte  mir  alles  dies;  aus  der  heiligen  Schrift  habe  ich  es 
wohl  erkundet.  Wie  soll  ich  Gott  danken  für  alles,  was  er  mir 
sündigem  Menschen  an  so  viel  Gutem  gewährt  hat?  Dort  also  blie- 
ben wir  bei  der  Brücke  jenen  ganzen  Tag.  und  gegen  Abend  zog  der 
Fürst  Balduin  über  den  Jordan  gegen  Damaskus  mit  seinen  Soldaten 
in  den  Krieg,  wir  aber  gingen  in  die  Stadt  Tiberias  und  blieben  dort 
10  Tage,  bis  der  Fürst  aus  jenem  Kriege  von  Damaskus  zurückkam. 
"Wir  aber  besuchten  bis  dahin  alle  heiligen  Stätten  um  den  See  von 
Tiberias. 

Von  der  Stadt  Tiberias  und  von  dem  See  und  von 
den  Wundern  Christi.  Das  Meer  von  Tiberias  aber  ist  umgehbar 
wie  ein  See,  in  der  Länge  50  Werst  und  in  der  Breite  20  Werst,  das 
Wasser  aber  in  ihm  ist  sehr  süss  zu  trinken  ,  wie  in  einem  Flusse, 
nicht  salzig,  und  Fische  sind  viel  darin.  Und  giebt  es  da  einen  sehr 
wunderbaren  und  merkwürdigen  Fisch,  von  der  Art  des  Karpfens  (?)  ; 
denselbigen  Fisch  liebte  Christus  selbst  zu  essen,  denn  süss  war  dieser 
Fisch  vor  allen  Fischen  :  auch  wir  Sünder  assen  von  diesen  Fischen 
nicht  einmal,  sondern  vielmals,  als  wir  in  jener  Stadt  waren.  Von 
jener  Brücke  bis  zum  Bade  Christi  und  bis  zum  Bade  der  heiligen 
Gottesmutter  und  bis  zum  Bade  der  Apostel  6  Werst,  von  diesen 
Bädern  aber  bis  zur  Stadt  Tiberias  eine  Werst.  Und  ist  die  Stadt  Ti- 
berias sehr  gross,  in  der  Länge  2  Werst  und  in  der  Breite  mehr  als 
eine  Werst,  liegt  aber  am  See  von  Tiberias.  In  derselbigen  Stadt  that 
Christus  unser  Gott  viele  Wunder  i) .  Dort  ist  ein  Ort  inmitten  der 
Stadt,  wo  Christus  den  Aussätzigen  rein  machte.  Und  daselbst  war 
das  Haus  der  Schwiegermutter  des  Petrus .  und  Christus  kam  in  das 
Haus  und  heilte  sie  vom  Fieber.  Und  daselbst  an  dieser  Stelle  war 
eine  Kirche  gebaut  auf  den  Xamen  des  Apostels  Petrus.  Daselbst  war 
auch  das  Haus  Simons  des  Aussätzigen,  wo  die  Buhlerin  mit  ihren 
Thränen  die  heiligen  Füsse  unserm  Herrn  Jesu  Christi  wusch  und  mit 
ihren  Haaren  trocknete  und  Vergebung  unzähliger  Sünden  gewann.  In 
derselbigen  Stadt  heilte  er  die  Verkrüppelte.  Daselbst  geschah  auch 
das  Wunder  mit  dem  Hauptmann.  Daselbst  liessen  sie  auch  das  Bett 
mit  dem  Kranken  hinab,  nachdem  sie  das  Dach  durchbrochen.  Da- 
selbst war  er  auch  der  Kanaaniterin  gnädig.  Daselbst  ist  eine  Höhle, 
und  das  Wasser  in  ihr  süss  und  kalt  :  in  diese  Höhle  flüchtete  Chri- 
stus,  als  sie  ihn  zum  König  von  Galiläa  machen  wollten.  Und  viele 
andre  Wunder  that  Jesus  in  dieser  Stadt.  In  derselbigen  Stadt  ist  das 
Grab  des  Propheten  Jesaia,  des  Sohnes  Amos.  Und  ebenda  vor  der 
Stadt,    auf  einer  Halbinsel,    ist  das  Grab  des  Josua,   nahe  am  Wege. 

1    Daniel  überträgt  auf  Tiberias  namentlich  dasjenige,   was  die  Evange- 
lien von  der  AVirksamkeit  Jesu  in  Kapernaum  erzählen.  G. 


51 


Und  ist  daselbst  am  See  ein  grosser  Stein,  nach  Osten  von  der  Stadt, 
einen  Pfeilschuss  weit ;  auf  diesem  Steine  stand  Christus  und  predigte 
dem  Volk ,  das  gekommen  war  von  der  Küste  Tyrus  und  Sidons  und 
von  der  Dekapolis  und  dem  ganzen  Galiläa  :  und  von  da  entliess  er  das 
Volk  und  seine  Jünger,  und  sie  fuhren  auf  Schiffen  an  die  andre  Seite, 
Christus  selbst  aber  blieb  dort  und  ging  nachher  von  da  über  den 
See  wie  auf  trocknem  Lande ,  und  war  vor  dem  Volke,  früher  als  die 
anderen,  auf  jener  Seite,  sie  aber,  als  sie  ankamen,  fanden  Jesus  dort 
am  Ufer  wandeln  und  sprachen  zu  ihm  ;  Herr ,  unser  Meister ,  wann 
bist  du  hierher  gekommen  ?  Jesus  aber  sprach  zu  ihnen  :  bei  Gott  ist 
alles  möglich,  bei  den  Menschen  nichts.  Und  daselbst  ist  die  Stätte, 
wo  Christus  5000  Mann  ausser  den  Frauen  und  Kindern  speiste 
mit  fünf  Broden  und  zwei  Fischen ,  und  es  blieben  übrig  1 2  Körbe 
Brosamen.  Es  ist  aber  die  Stätte  am  Bergabhange,  eine  "Werst  vom 
See  entfernt,  und  ist  die  Stätte  schön,  eben  und  grasreich.  Und  da- 
selbst ist  eine  andere  Stelle,  nahe  jener;  an  dieser  Stelle  erschien 
Christus  zum  dritten  Male  seinen  Jüngern,  als  er  von  den  Todten  auf- 
erstanden war,  und  Jesus  stand  am  Ufer  und  sprach  zu  ihnen  :  Kind- 
lein ,  habt  ihr  etwas  zu  essen  ?  Sie  aber  sprachen  zu  ihm :  nein !  Und 
es  sprach  zu  ihnen  Jesus :  Werfet  die  Netze  aus  an  den  rechten  Sei- 
ten des  Schiffes  und  ihr  werdet  fangen.  Sie  aber  warfen  aus  und 
konnten  darnach  das  Netz  nicht  heranziehen  vor  der  Menge  der  Fische, 
und  zogen  das  Netz  ans  Land  voll  von  grossen  Fischen,  153,  und 
sahen  Brod  und  Feuer  und  einen  Fisch  gebacken,  und  da  ass  Jesus 
vor  seinen  Jüngern  und  das  übrige  gab  er  ihnen.  Und  da  ist  jetzt  an 
dieser  Stätte  eine  Kirche  der  heiligen  Apostel  gebaut.  Und  von  da 
nicht  weit  war  das  Haus  der  heiligen  Maria  Magdalena,  und  dieselbige 
Maria  heilte  Christus  von  sieben  bösen  Geistern,  und  heisst  diese 
Stätte  Magdalea  ^] .  Nahe  dabei  aber  ist  das  Städtchen  des  Andreas  und 
Petrus,  Bethsaida.  Daselbst  ist  der  Ort,  wo  Philippus  den  Nathanael 
zu  Jesu  führte.  Und  dort  ist  die  Stätte  ,  am  See,  wo  Christus  zu  den 
Söhnen  Zebedaei,  Andreas  und  Petrus,  kam,  sie  aber  zogen  die  Netze 
ein,  und  da  erkannten  Petrus  und  Andreas  Christum,  verliessen  den 
Kahn  und  ihre  Netze  und  folgten  Jesu  nach  -] .  Und  daselbst  ist  nahe 
am  See  das  Dorf  des  Vaters  Zebadaeus.  Ebenda  war  das  Haus  des 
heiligen  Johannes  Theologus.  Daselbst  trieb  Christus  aus  einem  Men- 
schen eine  Legion  Teufel  aus  und  befahl  ihnen  in  Schweine  zu  fahren, 
und  da  gingen  die  Schweine  im  See  unter  -^  . 

Vom  See  Genezareth  und  von  der  Stadt.    Und  dort  ist 
in  der  Nähe  das  Dorf  Kapernaum.    An  diesem  Dorfe  vorbei  fliesst  ein 

1)  Magdala,  das  heutige  el-Medschdel.  Übrigens  ist  diese  Partie  der  Pil- 
gerschrift so  ungenau,  dass  es  stellenweise  unmöglich  ist,  derselben  zu  folgen. 
Wie  schon  früher,  so  erhält  man  auch  hier  den  Eindruck,  dass  der  Verf.  doch 
mehr  erzählt,  als  er  gesehen  hat.  G. 

2)  Eine  Verwirrung  von  Mc.  1 ,  16—18  mit  19  und  20,  die  wieder  die  ge- 
ringen Kenntnisse  Daniel's  in  biblischer  Geschichte  beweist.  G. 

3)  Nach  Mrc.  5,  1 — 13  auf  dem  Ostufpj  des  Sees.  G. 

4* 


52 


grosser  Fluss.  wnd  dieser  Fluss  kommt  aus  dem  See  Genezareth  und 
riiesst  in  den  .See  von  Tiberias.  Dieser  See  von  Genezareth  aber  ist 
sehr  gross,  4u  Werst  in  der  Länge  und  Breite,  rund  ist  dieser  See  und 
vsjamo  okacno  ^^ ,  Fische  aber  sind  viele  darin.  Und  daselbst  ist  eine 
jTTOsse  Stadt  Namens  Genezareth.  und  darnach  heisst  der  See  der  von 
Genezareth.  Und  dort  ist  in  der  Nähe  eine  andre  Stadt  Namens  De- 
kapolis.  Und  dort  ist  eine  Stelle,  etwas  entfernt  von  der  Stadt,  ober- 
halb dieses  Sees,  eben  und  schön  und  sehr  grasreich :  an  dieser  Stätte 
predigte  Christus  dem  Volke ,  das  aus  Dekapolis  und  von  der  Küste 
Tvrus  und  Sidons  gekommen  war  :  von  diesem  Ort  nun  heisst  es  im 
Evangelium  :  und  viele  andre  "Wunder  that  Christus  in  der  Umgegend 
dieses  Sees  -) . 

Vom  Berge  Libanon.  Und  dort  ist  jenseits  des  Sees  ein 
hohes  und  sehr  grosses  Gebirge ,  und  der  Schnee  liegt  auf  ihm  den 
Sommer  hindurch  ;  der  Name  dieses  Gebirges  ist  Libanon,  auf  diesem 
Berge  Libanon  wächst  Liban,  das  weisse  Räucherwerk.  Aus  demsel- 
bigen  Gebirge  Libanon  kommen  1 2  grosse  Flüsse ,  es  fliessen  aber 
nach  Osten  6  Flüsse ,  und  6  andere  nach  Süden  und  gehen  diese  in 
den  See  Genezareth,  die  anderen  sechs  aber  fliessen  nach  dem  grossen 
Antiochien  zu  ;  das  Land  wird  genannt  Mesopotamien,  welches  ist  »das 
Land  zwischen  Flüssen«.  Und  dort  zwischen  jenen  Flüssen  liegt  Ha- 
ran,  wovon  Abraham  ausgingt).  Und  von  jenen  Flüssen  wird  der  See 
Genezareth  gefüllt,  aus  diesem  See  geht  ein  grosser  Fluss  in  das  Meer 
von  Tiberias.  Bis  zu  jenem  Gebirge  Libanon  aber  konnte  ich  nicht 
gelangen  aus  Furcht  vor  den  Heiden  ;  aber  es  erzählten  uns  von  die- 
sem Gebirge  Leute,  die  es  wohl  wussten ;  Avir  Sünder  aber  haben  nur 
mit  unsern  Augen  das  Gebirge  und  alle  die  Stätten  um  diesen  See 
Genezareth  gesehen. 

Vom  Berge  Thabor.  Der  Berg  Thabor  und  Nazareth  liegen 
vom  Meer  von  Tiberias  nach  Westen  :  50  grosse  Werst  sind  es  bis 
zum  Berge  Thabor.  Der  Berg  Thabor  aber  ist  wunderbar  und  merk- 
würdig von  Gott  geschaffen ,  schön  und  sehr  hoch  steht  er  da,  mitten 
in  einer  Ebene  steht  er  schön  wie  ein  Schober,  getrennt  von  allen 
Bergen ,  die  dort  sind  ;  an  dem  Berge  hin  fliesst  ein  Fluss  durch  die 
Ebene.  Auf  diesem  ganzen  Berge  aber  wachsen  allerlei  Bäume  : 
Feigen  und  Johannisbrodbäume  und  Ölbäume,  sehr  viele  ;  höher  aber 
ist  der  Berg  Thabor  als  alle  Berge  um  ihn  herum  und  ist  vereinzelt, 
getrennt  von  allen  Bergen  steht  er  inmitten  einer  Ebene ,  schön,  sehr 
gross  im  Umfang,  seine  Höhe  aber  ist  so,  dass  ein  guter  Schütz  von 
oben  nach  unten  4  mal  schiessen  muss  und  von  unten  nach  oben 
S  mal,  die  obere  Fläche  beträgt  eine  Schussweite  (?) .  Es  ist  nun  dieser 

1}  Über  die  unsichere  Bedeutung  dieser  Worte  s.  oben  p.  24,  Anm.  4. 

2     \\  ohl  ungenaue  Erinnerung  an  Joh.  20,  30.  G. 

_  3,  Gen  11,  31.  12,  4  f.  Dieser  Abschnitt  ist  ein  lehrreicher  Beleg  dafür, 
wie  gering  die  geographischen  Kenntnisse  über  Palästina  selbst  bei  den  ein- 
heimischen Mönchen  waren.  G. 


53 


Berg  ganz  felsig  ,  auf  ihm  zu  gehen  beschwerlich  und  wohl  mühselig. 
Es  giebt  solche  Stellen ,  dass  man  auf  den  Felsen  klettern  muss,  in- 
dem man  sich  mit  den  Händen  festhält,  ein  sehr  schwieriger  Weg, 
kaum  gelangten  wir  hinauf;  nachdem  wir  von  der  dritten  Stunde  des 
Tages  bis  zur  neunten  geklettert  waren ,  gelangten  wir  nur  mit  Mühe 
auf  den  Gipfel  dieses  heiligen  Berges.  Es  ist  aber  auf  dem  Gipfel 
dieses  Berges  eine  Stelle  nach  dem  Winteraufgang  (der  Sonne)  zu, 
wie  ein  kleiner  Felshügel,  spitzgip feiig;  an  dieser  Stelle  wurde  Chri- 
stus unser  Gott  verklärt;  dort  ist  jetzt  eine  grosse  Kirche  gebaiit  an 
dieser  Stätte  auf  den  Namen  der  heiligen  Verklärung  Christi ;  an  dem- 
selbigen  Orte  auf  demselbigen  Berge  ist  eine  andre  Kirche,  nahe  bei 
jener  Kirche,  auf  den  Namen  des  heiligen  Propheten  Moses,  und  eine 
dritte  ebenda  in  der  Nähe  auf  den  Namen  des  heiligen  Propheten 
Elias.  Die  Stätte  aber  der  Verklärung  Christi  ist  mit  einer  steinernen 
Einfriedigung  umbaut,  sehr  fest ;  diese  Einfriedigung  hat  ein  eisernes 
Thor,  und  dort  war  zuerst  ein  Bischofssitz,  jetzt  aber  ist  dort  ein  la- 
teinisches Kloster;  Wasser  aber  ist  viel  auf  diesem  Berge.  Wunder- 
bar ist  Gottes  Fügung,  dass  in  solcher  Höhe  Wasser  ist.  Acker  sind 
auch  viele  auf  diesem  heiligen  Berge  und  viele  Weinberge  und  aller- 
lei Obstbäume,  imd  man  sieht  von  ihm  aus  sehr  weit. 

Von  der  Höhle  des  Melchisedek.  Und  dort  ist  eine 
Höhle  auf  diesem  Berge,  sehr  wunderbar,  wie  ein  kleiner  Keller  im 
Felsen  ausgehauen,  und  ein  Fensterchen  ist  oben  an  dieser  Höhle,  auch 
hat  sie  eine  kleine  Thür,  und  man  steigt  auf  Stufen  in  die  Höhle 
hinab  ;  auf  dem  Boden  aber  steht  ein  heiliger  Tisch,  an  welchem  der 
König  Melchisedek  Gott  Opfer  von  Brod  und  Wein  darbringt ;  vor  der 
Thür  aber  dieser  Höhle  steht  ein  kleiner  Feigenbaum ,  und  um  sie 
herum  stehen  allerlei  kleine  Bäume.  Denn  vormals  war  dort  ein  sehr 
grosser  Wald  um  diese  Höhle,  jetzt  aber  sind  nur  kleine  Bäume  da. 
In  dieser  Höhle  lebte  Melchisedek,  der  König  von  Salem,  und  daselbst 
kam  zu  ihm  der  Patriarch  Abraham  in  das  Dickicht  dieses  Waldes  und 
zu  der  Höhle,  und  Abraham  rief  dreimal:  Mann  Gottes,  komm  heraus 
hierher!  Und  Melchisedek  kam  heraus  und  brachte  heraus  Brod  und 
Wein ,  und  baute  Gott  einen  Altar  in  dieser  Höhle ,  und  es  brachte 
Melchisedek,  der  König  von  Salem,  Gott  ein  Opfer  dar  aus  Brod  und 
Wein  vor  Abraham;  und  sogleich  wurde  das  Opfer  zu  Gott  gen  Him- 
mel erhoben.  Und  da  segnete  Melchisedek  den  Abraham,  und  Abra- 
ham schor  den  Melchisedek  und  beschnitt  seine  Nägel,  denn  Melchi- 
sedek war  rauch.  Denn  Melchisedek  war  es.  der  zuerst  den  Gottes- 
dienst begann  mit  Brod  und  Wein  und  Ungesäuertem  \  .     Von   ihm 

1)  Bekanntlich  hält  Hieronymus  das  Salem  des  Melchisedek  nicht  für 
Jerusalem,  sondern  setzt  dasselbe  S  röm.  Meilen  südlich  von  Scythopolis  oder 
Besän.  Vgl.  Rel.4ND,  Palästina  p.  976  f.  Bei  Daniel  erscheint  die  Tradition 
als  weiter  nach  dem  Norden  gewandert.  Sie  wird  ebenfalls  von  dem  Tabor 
berichtet  bei  Johannes  von  Würzburg  a.  11()5,  Descriptiones  Terrae  Sanctae 
ex  s.  VIII  etc.  ed.  T.Tobler  1874,  p.  112.  Auch  von  den  Legenden  im  christ- 


54 


sagt  der  Prophet  :   Du  bist  ein  Priester  in  Ewigkeit  nach  der  Ordnnnc 
Melchisedeks.    Und    ist    diese  Höhle    von    der  Stcätte   der  Verkläruno- 
Christi  einen  Pl'eilschuss  weit.    Und  dort    nahm  man  uns  gut  auf  in 
jenem  Kloster   bei   der  heiligen  Verklärung,    und  nachdem   wir   ein 
wenig  ausgeruht  hatten,   gingen  wir  in  die  Kirche  der  Verklärung  des 
Herrn  und  beteten  an  diesem  heiligen  Orte ,   wo  Christus  unser  Gott 
verklärt  wurde ,    und  nachdem   wir  voll  Liebe  und  mit  Thränen  diese 
ehrwürdige  Stätte  geküsst  hatten,  gingen  wir  aus  jenem  heiligen  Klo- 
ster,  besuchten  auf  diesem  Berge  alle  die  heiligen  Stätten  und  gingen 
wieder    zu   der  heiligen  Höhle  :   dort  geht  an  der  Höhle  vorbei  der 
"Weg  nach  Xazareth :  Xazareth  nämlich  liegt  gegen  "Westen  vom  Bero-e 
Thabor :    zum  zweiten  Mal  gingen  wir  in  diese  heilige  Höhle  ,    welche 
Melchisedek  mit  Abraham  gemacht  hat ,   und  ist  bis  auf  den  heutigen 
Tag  jener  heilige  Altar  in  dieser  Höhle  :   und  jetzt  noch  kommt  dort- 
hin der  heilige  Melchisedek  und  hält  die  Liturgie  an  jenem  Altar;  wir 
aber  beteten  dort  an  und  gingen  vom  Berge  Thabor  hinab  in  die  Ebene 
und  machten  uns  auf  den  Weg  nach  Xazareth.  Und  es  sind  vom  Berge 
Thabor  bis  Xazareth  5  Werst,  zwei  in  der  Ebene  und  drei  in  Felsber- 
gen, ein  sehr  beschwerlicher  und  ungangbarer  Weg:    dort  sitzen  Hei- 
den in  diesen  Bergen,   auch  in  der  Ebene  sind  viele  Dörfer  der  Sara- 
zenen ,   und  die  kommen  in  diesen  schrecklichen  Bergen  heraus  und 
erschlagen  die  Fremdlinge  :   gefährlich  ist  es,  diesen  Weg  mit  kleiner 
Genossenschaft   zu  gehen ,    aber    mit  grosser  Genossenschaft   kommt 
man  ohne  Gefahr  durch ;   uns  aber  verlieh  zu  der  Zeit  Gott  keine  Ge- 
nossen ,    sondern  war  waren  ganz   allein ,   unser  acht ,   auf  Gott   ver- 
trauend und  ohne  Waffen,  aber  wir  kamen  ungefährdet  durch  und  ge- 
langten von  Gottes  Gnade  beschirmt  zur  heiligen  Stadt  Xazareth. 

Von  der  Stadt  Xazareth  i).  Xazareth  nun  ist  ein  kleines 
Städtchen,  liegt  im  Gebirge  in  einem  Thal,  so  dass  man  es  nur  sehen 
kann,  wenn  man  gerade  darüber  angelangt  ist ;  inmitten  dieses  Städt- 
chens aber  ist  eine  grosse  Kirche  gebaut  mit  drei  Altären.  Wenn  man 
in  die  Kirche  hineinkommt,  so  ist  an  der  linken  Seite  eine  sehr  tiefe 
Höhle;  Thüren  hat  sie  zwei,  und  man  steigt  auf  Stufen  in  diese 
Höhle;  und  dort,  wenn  man  hineinkommt  zur  rechten  Hand,  ist  die 
Zelle  der  heiligen  Gottesmutter;  in  derselbigen  Zelle  lebte  die  hei- 
lige Gottesmutter  mit  Christus  ;  in  dieser  Zelle  wurde  auch  Christus 
unser  Gott  genährt.  Daselbst  ist  eine  Stelle  zu  erkennen,  wo  Christus 
als  kleines  Kind  mit  der  Mutter  lag ,  und  ist  diese  Stelle  am  Boden 
niedrig  wie  eine  Lagerstatt  hergerichtet.  In  derselbigen  Höhle  ist 
zur  linken  Hand,  wenn  man  hineinkommt,  das  Grab  des  heiligen  Jo- 
seph, des  Verlobten  der  :Maria,  denn  dort  hat  ihn  Christus  mit  seinen 
eignen  heiligen  Händen  begraben  ;  es  fliesst  aber  aus  diesem  Grabe  von  der 

liehen  Adambuch  des  Morgenlandes   Jahrbücher  der  bibUschen  AVissenschaft 
\  ,  p.  111  ö.   scheint  Daniel  einiges  bekannt  gewesen  zu  sein.  G. 

1     Zu  diesem  Abschnitt  vgl.  Tobler,  Xazareth  in  Palästina  1868.     G. 


55 


Wand  weisses  heilijj:es  Wasser  wie  das  heilige  ()1  (}i.u[>ov) ,  und  man 
fängt  es  auf  zur  Heilung  der  Kranken. 

Von  der  Verkündigung.  Und  daselbst  ist  eine  Stätte  in 
derselbigen  Höhle  nahe  an  der  Thüre  ;  an  dieser  Stätte  sass  die  heilige 
Gottesmutter  und  wickelte  (spann?)  Purpur  (faden  1 ,  und  da  kam  zu  ihr 
der  Erzengel  Gabriel,  gesandt  von  Gott  zur  Jungfrau  Maria,  und  stand 
vor  ihr  offenbar ,  sichtbarlich ,  etwas  entfernt  von  dem  Orte ,  wo  die 
heilige  Gottesmutter  sass ;  es  sind  drei  Klafter  bis  zu  der  Stelle,  wo 
der  Erzengel  stand,  von  der  Thür  der  Höhle  aus;  und  s[)rach  zur 
Jungfrau  Maria :  Freue  dich,  du  Gebenedeite ,  der  Herr  ist  mit  dir ! 
Und  da  verkündete  er  ihr  die  Geburt  Christi.  Es  ist  aber  an  der 
Stelle,  w^o  Gabriel  gestanden  hat,  ein  Altar  errichtet ;  an  diesem  Altar 
hält  man  Gottesdienst.  Dort  nämlich,  wo  jetzt  die  Höhle  ist,  war  das 
Haus  des  heiligen  Joseph,  des  Verlobten  der  Maria,  und  alles  das 
begab  sich  im  Hause  des  heiligen  Joseph.  Die  Kirche  dort  ist  ge- 
baut über  dieser  Höhle  auf  den  Namen  der  heiligen  Verkündigung. 
Und  diese  Stätte  war  wüst,  jetzt  aber  haben  die  Franken  sie  erneuert 
und  wohl  hergerichtet  ;  daselbst  lebt  auch  ein  sehr  reicher  lateinischer 
Bischof  und  der  gebietet  über  diese  heilige  Stätte.  Und  nachdem  wir 
dort  ein  Avenig  geruht  hatten  in  diesem  heiligen  Städtchen,  gingen  wir 
am  nächsten  Morgen  in  die  Kirche  der  Verkündigung  der  heiligen 
Gottesmutter  und  beteten  dort  an,  gingen  dann  in  die  Höhle  und  be- 
zeigten unsre  Verehrung  allen  jenen  heiligen  Stätten.  Und  wir  gingen 
ein  wenig  aus  diesem  Städtchen  heraus  nach  dem  Sommeraufgang 
(der  Sonne)  zu  und  fanden  dort  einen  Brunnen ,  sehr  tief  und  sehr 
kalt,  man  steigt  aber  tief  auf  Stufen  zu  diesem  Wasser  hinab.  Es  ist 
über  diesem  Brunnen  eine  Kirche  gebaut  auf  den  Namen  des  heiligen 
Erzengels  Gabriel,  und  ist  von  dem  Städtchen  Nazareth  bis  zu  diesem 
heiligen  Brunnen  eine  halbe  Werst,  bei  diesem  Brunnen  nämlich  ge- 
schah die  erste  Verkündigung  an  die  heilige  Gottesmvitter  vom  Engel 
Gabriel,  als  sie  zum  Wasserholen  dahin  gekommen  war ;  und  als  sie 
ihren  Krug  schöpfte,  rief  ihr  unsichtbar  der  Engel  zu :  Freue  dich, 
Gebenedeite !  der  Herr  ist  mit  dir !  Marie  aber  sah  sich  um  hierhin 
und  dorthin  und  sah  niemand,  nur  die  Stimme  hörte  sie ,  und  nach- 
dem sie  ihren  Krug  genommen  ,  ging  sie  verwundert  in  ihrem  Sinne 
und  sprach  :  Was  ist  das  ?  die  Stimme  habe  ich  gehört,  aber  niemand 
gesehen.  Und  sie  ging  nach  Nazareth  und  trat  in  ihr  Haus,  stellte 
ihren  Krug  hin,  setzte  sich  an  den  vorgenannten  Ort  und  begann  Pur- 
pur(fäden)  zu  wickeln,  und  da  erschien  ihr  der  Engel  des  Herrn, 
sprach  die  Verkündigung  aus  und  ging  von  ihr. 

Von  Kana  in  Galiläa.  Von  Nazareth  aber  bis  zum  Esaudorf 
(selo  Isavovo)  sind  5  Werst  und  von  diesem  Dorfc  bis  Kana  4  Werst. 
Kana  aber  ist  ein  Dorf  an  der  Landstrasse ;  dort  verwandelte  Christus 
Wasser  in  "Wein  i , .     Und  dort  fanden  wir  eine  wackre  und  zahlreiche 

1)  Nach  der  Gesammtentfernung  —  9  AVerst -- zu  schliessen ,   versteht 
Daniel  unter  Kana  nicht  das  heutige  Kafr  Kenna,   sondern   Chirbet  Kana, 


56 


Genossenschaft,  die  nach  Akra  ging,  und  wir  gesellten  uns  ihnen  voll 
Freude  zu  und  gingen  mit  ihnen  nach  Akra  ;    Akra    aber  war    eine 
Stadt  der  Sarazenen,  jetzt  aber  wohnen  und  herrschen  dort  die  Fran- 
ken.   Es  liegt  aber  diese  Stadt  Akra  am  grossen  Meer,    und  ist  dort 
ein  sehr  yruter  Hafen,    und   wohl  versehen   mit  allem    ist  diese  Stadt. 
Von  Xazareth  aber  bis  Akra  sind  2S  grosse  "Werst  und  von  Xazareth 
liegt  Akra  gegen  Süden.    "Wir  weilten  4   Tage  in  Akra  und  fanden 
eine  zahlreiche  Genossenschaft ,   die  nach  Jerusalem  ging,    schlössen 
uns  dieser  an  und  kamen  nach  Kaiph.    Von  da  aber  gingen  wir  zum 
Berge  Karmel ,   wo  die  Höhle   des  heiligen  Propheten  Elias  ist ,    und 
dort  beteten  wir  an,  und  von  da  gingen  wir  nach  Kapernaum  und  von 
Kapernaum  nach  Caesarea  Philippi  *  i ,  der  Weg  geht  am  Meere  hin  in 
der  Ebene ,   und  wir  blieben  dort  3  Tage  in  der  Stadt  Caesarea ;   da- 
selbst lebte  der  Hauptmann  Cornelius,    den  der  Apostel  Petrus  taufte. 
Von  Caesarea  aber  gingen  wir   nach  Samaria ,    der  Weg    geht    vom 
Meere  ab  in  die  Berge  nach  links,   20  Werst;   wir  gingen  anderthalb 
Tage   und  gelangten  am  andern  Tage  um  Mittag  nach  Samaria,   und 
waren  langsam  gegangen  der  Hitze  wegen,   und  dort  brachten  wir  die 
Nacht  zu  vor  der  Stadt  Samaria  beim  Jakobsbrunnen,  wo  Christus  mit 
der  Samariterin  redete.      Und  als    wir    aufgestanden   waren,    gingen 
wir  auf  unserm  alten  Wege,   auf  dem  wir  nach  Jerusalem  gekommen 
waren,  mit  grosser  Freude,    dass  wir  sicher  gewandert  waren  und  alle 
heüigen  Stätten  gesehen  hatten.     Wo  Christus  unser  Gott  mit  seinen 
heiligen  Füssen  gewandelt  war  um  unsrer  Erlösung  willen ,    da  wür- 
digte Gott  auch  mich  sündigen  Menschen  zu  wandeln  und  jenes  wun- 
dervolle Land  Galiläa  und    Palästina   zu  sehen;    durch  Gottes  Gnade 
wurden  wir  bewahrt  und  durch  die  Fürbitten  der  heiligen  Gottesmutter 
beschützt;    das  Land  nämlich  um  Jerusalem    heisst  Palästina.     Kein 
Übel  ist  uns  unterwegs  widerfahren,    weder  von  den  Heiden  noch  von 
wildem  Gethier,  auch  von  Krankheit  haben  wir  in  unserm  Leibe  nicht 
das  mindeste  empfunden  ,   sondern  diirch  Gottes  Gnade  gehoben  und 
gestärkt  wandelte  ich  dahin  wie  ein  Adler  oder  Hirsch  ohne  alle  Müh- 
sal und  Ermattung.    Wenn  ich  mich  rühmen  darf,   so  rühme  ich  mich 
nur  der  Kraft  meines  Christus ,    wie  denn  der  Apostel  Paulus  sagt : 
denn  meine  Kraft  ist  in  den  Schwachen  mächtig.  Wie  soll  ich  meinem 
Herrn  danken  für  alles,   was  er  mir,   seinem  geringen  Knecht,   Ver- 
ls Kilometer  nördlich  von  Nazareth.    Das  »Esaudorf«  würde  arabisch  el-isa- 
wije  lauten ;  aber  ein  solches  giebt  es  dort  nicht.  Man  vermuthet  die  Gegend 
von  Sefürlje  erwähnt  zu  finden.     Noroff   hat  in  der  Übersetzung  »bourg 
d  Issana"  und  deutet  dies  nach  Keland,  Palästina  p.  Sßl.  G. 

l ,  ^^^  ^^^^  Daniels  geht  ohne  Zweifel  vom  Karmel  an  der  Meeresküste 
über  Tantüra  nach  Caesarea  und  von  Caesarea  landeinwärts  nach  Näbulus. 
Caesarea  Phihppi  steht  also  fälschlich  für  Caesarea  Stratonis ,  und  Näbulus 
wird  wieder,  wie  oben  p.  48,  Samaria  genannt.  Wie  Kapernaum  unter  die 
KeiKcstationen  gekommen  ist,  erscheint  räthselhaft.  An  eine  Verwechselung 
mit  Haijharaim  Jos.  1!),  l'J  ,  wie  Nokoff  meint,  ist  nicht  zu  denken.  Doch 
findet  sich  ein  Capernaum  am  Karmel  auch  bei  Benjamin  von  Tudela  und 
^\llbrand  von  Oldenburg.    Vgl.  Nokoff.  Pelerinage  etc.  p.  llßf.  G. 


57 


liehen  hat,  dass  er  mich  gewürdigt  hat  so  viel  Gnade  /u  erleben  und 
diese  heiligen  Stätten  zu  besuchen  \ind  den  "Wunsch  meines  Herzens 
zu  erfüllen.  Was  er  nicht  gehofft  hatte  zu  sehen,  das  alles  Hess  Gott 
seinen  Knecht  schauen.  Und  ihr.  meine  Väter  und  Brüder  und  Her- 
ren, vergebet  mir  und  verachtet  nicht  meine  Einfalt  und  Unwissen- 
heit, dass  ich  nicht  künstlich,  sondern  einfach  geschrieben  habe  von 
diesen  Stätten  und  von  der  heiligen  Stadt  Jerusalem  und  von  dem 
ganzen  heiligen  Lande,  das  Gott  vor  alters  dem  Abraham  gelobt  hat; 
habe  ich  nicht  mit  Kunst  geschrieben,  so  doch  ohne  Lüge^  gerade  so, 
wie  ich  es  mit  meinen  sündigen  Augen  gesehen  habe. 

Von  dem  he  iligen  Licht  e  ,  w^ie  es  vom  Himmel  zum 
Grabe  des  Herrn  herabko  m'mt  i).  Und  dies  auch  liess  mich, 
seinen  armen  und  unwürdigen  Knecht,  den  Mönch  Daniel,  Gott  sehen, 
denn  ich  habe  mit  meinen  eignen  sündigen  Augen  in  Wahrheit  ge- 
sehen, wie  das  heilige  Licht  zum  Leben  bringenden  Grabe  unsers 
Herrn  und  Erlösers  Jesus  Christi  herabkommt.  Denn  viele  andre  Pil- 
ger sagen  unwahres  über  die  Herabkunft  des  heiligen  Lichtes  :  einige 
nämlich  sagen .  dass  der  heilige  Geist  als  Taube  herabkomme  zum 
Grabe  des  Herrn,  und  andre  sagen,  dass  ein  Blitz  herabkomme  und  die 
Lampe  über  dem  Grabe  des  Herrn  anzünde:  das  ist  Lüge,  denn  nichts 
ist  dann  zu  sehen,  weder  Taube  noch  Blitz,  sondern  es  geschieht  un- 
sichtbar, dass  die  Gnade  Gottes  herabkommt  und  die  Lampen  über 
dem  Grabe  des  Herrn  sich  entzünden.  Ich  nun  werde  reden  von  dem, 
was  ich  in  Wahrheit  gesehen  habe.  Am  Charfreitage  nach  dem  Abend- 
gottesdienst reinigt  man  das  Grab  des  Herrn  und  wäscht  die  Lampen 
über  dem  Grabe  des  Herrn  und  füllt  diese  Lampen  mit  reinem  Baumöl 
ohne  Wasser,  setzt  die  Dochte  ein  und  zündet  diese  Dochte  nicht  an, 
sondern  lässt  sie  unangezündet  und  versiegelt  das  Grab  des  Herrn  um 
die  zweite  Stunde  der  Nacht.  Zur  selbigen  Zeit  löscht  man  alle  Lam- 
pen, nicht  nur  die  dort  befindlichen ,  sondern  in  allen  Kirchen  in  Je- 
rusalem. Da  ging  auch  ich  Armer  am  selbigen  Charfreitag  um  die 
erste  Stunde  des  Tages  zum  Fürsten  Balduin  und  verneigte  mich  vor 
ihm  bis  zur  Erde ;  er  aber ,  als  er  sah ,  wie  ich  mich  verneigte ,  rief 
mich  voll  Freundlichkeit  zu  sich  und  sprach  zu  mir:  ^\'as  willst  du, 
russischer  Abt?  Denn  er  kannte  mich  wohl  wieder  und  liebte  mich 
sehr,  wie  er  denn  ein  guter  und  freundlicher  Mann  war  und  gar  nicht 
stolz.  Ich  aber  sprach  zu  ihm :  Herr  Fürst ,  ich  bitte  dich  um  Gottes 
Willen  und  der  russischen  Fürsten  wegen ,  auch  ich  möchte  meine 
Lampe  aufstellen  über  dem  Grabe  des  Herrn  für  alle  unsre  Fürsten, 
für  das  ganze  russische  Land  und  für  alle  Christen  des  russischen  Lan- 
des.   Und  sogleich  erlaubte  mir  der  Fürst  meine  Lampe  aufzustellen, 

1)  Dieser  Bericht  ist  wohl  das  interessanteste  Stück  der  I'ilgerschriftDa- 
niel's.  Der  erste,  der  von  dem  heiligen  Feuer  erzählt,  ist  der  Mönch  Bernhard 
C.870.  Vgl.  Itinera  hierosolvniitana  etc.  ed.  Tobler  et  MoLlMEU  Genf  1>?79) 
p.  315.  Tobler,  Golgotha"  1S51  ,  p.  4G0— 4S:J.  Auch  K.\lmeu_.  Palästina*, 
p.  325  ff.    K.  RÖHRICUT,  Historisches  Taschenbucli,  5.  Folge.  V,  302  f.     G. 


58 


und  bereitwillig  schickte  er  mit  mir  seinen  besten  Mann  zum  Ver- 
walter or/.ovouo;  der  heiligren  Auferstehungskirche  und  zu  dem,  der 
das  Grab  des  Herrn  verwahrt.  Es  erlaubten  mir  beide,  der  Verwalter 
und  der  Schliesser  des  Grabes  des  Herrn ,  meine  Lampe  mit  Öl  zu 
brino-en.  Ich  aber  verneigte  mich  vor  ihnen  mit  grosser  Freude  und 
ging  auf  den  Markt  und  kaufte  eine  grosse  gläserne  Lampe  und  füllte 
sie  mit  reinem  Baumöl  ohne  "Wasser  und  brachte  sie  zum  Grabe  des 
Herrn,  als  es  schon  Abend  war,  und  ich  traf  den  Schliesser  allein  iind 
sagte  ihm  Bescheid.  Er  aber  öffnete  die  Thür  des  Grabes  des  Herrn 
und  hiess  mich  die  Sandalen  ablegen  und  führte  mich  barfuss  in  das 
Grab  des  Herrn  mit  der  Lampe,  die  ich  in  meinen  sündigen  Händen 
trug,  und  hiess  mich  die  Lampe  auf  das  Grab  des  Herrn  stellen,  und 
ich  stellte  sie  mit  meinen  sündigen  Händen  zu  Füssen,  wo  die  hei- 
ligen Füsse  unsers  Herrn  Jesu  Christi  gelegen  hatten  ;  zu  Häupten 
stand  die  Lampe  der  Griechen,  auf  der  Brust  die  Lampe  des  heiligen 
Saba  und  aller  Klöster  ;  denn  so  ist  ihre  Gewohnheit,  jedes  Jahr  stel- 
len sie  die  Lampe  der  Griechen  und  die  des  heiligen  Saba  hin.  Durch 
die  Gnade  Gottes  aber  entzündeten  sich  diese  drei  unteren  Lampen. 
Aber  die  Lampen  der  Franken  sind  oben  aufgehängt,  und  von  diesen 
Lampen  fing  damals  keine  an  zu  brennen,  sondern  nur  jene  drei  allein 
entzündeten  sich.  Ich  nun  stellte  meine  Lampe  aiif  das  heilige  Grab 
unsers  Herrn  Jesu  Christi,  verneigte  mich  vor  dem  anbetungswürdigen 
Grabe  des  Herrn  und  küsste  in  Liebe  und  Thränen  diesen  heiligen  und 
ehrwürdigen  Ort.  wo  der  heilige  Leib  unsers  Herrn  Jesu  Christi  ge- 
legen hatte  :  und  wir  gingen  mit  grosser  Freude  aus  dem  heiligen 
Grabe  heraus  und  gingen  jeglicher  in  seine  Zelle.  Am  anderen  Mor- 
gen aber,  am  Ostersonnabend,  um  die  sechste  Stunde  des  Tages'  , 
versammeln  sich  die  Leute  vor  der  Kirche  der  Auferstehung  Christi, 
eine  unzählbare  Menge  von  Menschen  aus  allen  Ländern  ;  Pilger  und 
Fremde  aus  Babylon,  aus  Ägypten,  aus  Antiochien  und  aus  allen  Län- 
dern kommen  dort  zusammen  an  diesem  Tage,  unsagbar  viele  Men- 
schen, und  füllen  alle  die  Stätten  um  die  Kirche  und  um  die  Kreuzi- 
gung des  Herrn.  Ein  grosses  Gedränge  aber  entsteht  dann  in  der 
Kirche  und  um  die  Kirche,  viele  auch  ersticken  dann  durch  das  Ge- 
dränge dieser  Leute  ;  und  alle  diese  Leute  stehen  mit  unangezünde- 
ten  Lichtern  und  warten  auf  das  Offnen  der  Kirchenthür.  Im  Innern 
der  Kirche  aber  warten  die  Priester  mit  ihren  Leuten ,  bis  der  Fürst 
Balduin  mit  seinem  Gefolge  kommt ,  und  dann  geschieht  die  Öffnung 
der  Kirchenthür en ;  dann  gehen  alle  Menschen  in  die  Kirche  mit 
grossem  Gedränge  und  füllen  die  Kirche.  "Überall  wird  es  voll  in  der 
Kirche  und  um  Golgatha  und  um  die  Schädelstätte  und  bis  dahin,  wo 
das  Kreuz  Christi  gefunden  wurde ,  alles  wird  voll  von  Menschen  ; 
anderes  aber  sagen  sie  nichts  als  rufen  »Kyrie  eleison«  ohne  Aufhören 
und  schreien  laut,  so  dass  der  ganze  Ort  dröhnt  und  donnert  vom  Ge- 
schrei dieser  Menschen.     Ströme  von   Thränen    vergiessen    dort    die 

l;  D.  i.  um  12  Uhr  Mitta<?s.  G. 


59 


gläubigen  Menschen,  denn  wenn  auch  einer  verhärtet  ist  im  Her- 
zen, so  mag  doch  auch  der  dann  zu  weinen  anfangen;  denn  jeglicher 
Mensch  geht  dann  in  sich  und  denkt  an  seine  Sünden  und  spricht  bei 
sich :  üb  wohl  meiner  Sünden  wegen  der  heilige  Geist  nicht  herab- 
komme!  Und  so  stehen  alle  Gläubigen  in  Thränen  und  mit  zerknirsch- 
tem Herzen,  und  der  Fürst  J5alduin  selbst  steht  da  in  Furcht  vmd 
grosser  Demuth  und  ein  Thränenstrom  entquillt  seinen  Augen  :  ebenso 
steht  auch  sein  Gefolge  um  ihn  dem  Grabe  gegenüber  nahe  bei  dem 
grossen  Altare.  Als  es  die  siebente  Stunde  des  Sonnabends  war.  kam 
der  Fürst  Balduin  aus  seinem  Hause  mit  grossem  Gefolge  ,  und  alle 
gingen  mit  ihm  barfuss.  Und  es  sandte  der  Fürst  in  die  Metochie  des 
heiligen  Saba  und  Hess  rufen  den  Abt  mit  seinen  Mönchen,  und  es 
kam  der  Abt  mit  den  Brüdern  zum  Grabe  des  Herrn,  und  ich  Armer 
ging  da  auch  mit  diesem  Abt  und  mit  den  Brüdern.  Und  wir  kamen 
zum  Fürsten  und  verneigten  uns  alle  vor  ihm.  Und  es  hiess  der  Fürst 
den  Abt  des  heiligen  Saba  und  mich  Armen  mit  ihm  kommen  in 
seiner  Nähe,  den  andern  aber  befahl  er,  vor  ihm  zu  gehen,  und  dem 
Gefolge,  hinter  ihm  zu  gehen.  Und  wir  kamen  zur  Kirche  der  Aut- 
erstehung Christi  an  der  westlichen  Thür,  und  siehe,  eine  Menge  von 
Menschen  vertrat  die  Kirchenthür  und  wir  konnten  nicht  in  die  Kirche 
gelangen.  Da  befahl  der  Fürst  Balduin  seinen  Soldaten,  die  Menschen 
mit  Gewalt  auseinander  zu  treiben,  und  sie  machten  eine  Gasse  durch 
die  Menschen  bis  zum  Grabe  des  Herrn  und  so  konnten  wir  durch- 
dringen. Und  wir  kamen  zur  östlichen  Thür  des  Grabes,  der  Fürst 
aber  kam  uns  nach  und  stellte  sich  an  seinen  Platz  an  der  rechten 
Seite  am  Gitter  des  grossen  Altars  gegenüber  der  östlichen  Grabes- 
thür  ;  denn  dort  ist  der  Platz  des  Fürsten,  hoch  errichtet.  Er  befahl 
aber  dem  Abte  des  heiligen  Saba  sich  oberhalb  des  Grabes  aufzustel- 
len mit  allen  Mönchen  und  mit  den  orthodoxen  Priestern  ;  mich  Ar- 
men aber  hiess  er  sich  hoch  oberhalb  der  Thür  des  Grabes  selbst  auf- 
stellen gegenüber  dem  grossen  Altar,  so  dass  ich  in  die  Grabesthür 
hineinsehen  konnte.  Die  Thüren  des  Grabes  waren  aber  alle  drei  ge- 
schlossen und  mit  dem  königlichen  Siegel  versiegelt.  Die  lateinischen 
Priester  aber  standen  in  dem  Räume  des  grossen  Altars.  Und  als  es 
die  achte  Stunde  des  Tages  war,  begannen  die  orthodoxen  Priester 
oben  auf  dem  Grabe  die  Abendmesse  z\i  singen :  und  alle  Geistlichen 
und  viele  Mönche  und  Einsiedler  waren  dazu  gekommen  ;  die  latei- 
nischen Priester  aber  am  grossen  Altar  begannen  auch  die  Messe  auf 
ihre  Art,  indem  sie  ebenfalls  sangen.  Ich  aber  stand  dort  und  schaute 
aufmerksam  nach  der  Thür  des  Grabes.  Und  als  sie  begannen  die  Par- 
ömien  des  Ostersonnabends')  zu  lesen,  trat  der  Bischof  mit  seinem 
Diakon  aus  dem  grossen  Altar  heraus  und  ging  zur  Thür  des  Grabes, 
und  als  er  durch  das  Gitter  der  Thür  geblickt  und  kein  Licht  im  Grabe 
bemerkt  hatte,  kehrte  er  wieder  zum  Altar  zurück.    Als  sie  die  sechste 

1;  Darunter  sind  die  Vorbilder  und  "Weissagungen  aus  dem  A.  T.  zu  ver- 
stehen, die  am  Ostersonnahciul  vor<jelesen  werden.  G. 


60 


Parömie  zu  lesen  begannen,  kam  wieder  der  Bischof  mit  seinem  Dia- 
kon zu  der  Grabesthür.  und  sah  nichts  im  Grabe  des  Hen-n  :  da  aber 
schrien  alle  Leute  auf  mit  Thränen  :  Kyrie  eleison.  Als  nun  die 
neunte  Stunde  des  Tages  fast  vorüber  war,  und  sie  den  Gesang  des 
Durchganges',  »Wir  singen  dem  Herrn«  anhüben,  da  kam  plötzlich 
eine  kleine  Wolke  von  Osten  her  und  stand  still  über  der  ungedeck- 
ten Kuppel  dieser  Kirche  und  regnete  über  dem  heiligen  Grabe  und 
befeuchtete  uns  wohl,  die  wir  auf  dem  Grabe  des  Herrn  standen,  und 
da  plötzlich  erglänzte  das  heilige  Licht  im  Grabe  des  Herrn  und  es  ging 
ein  Glanz  von  diesem  Lichte  aus  wunderbar  und  sehr  hell  aus  dem 
heiligen  Grabe.  Da  kam  der  Bischof  mit  vier  Diakonen  und  sie  öffne- 
ten die  Thür  des  Grabes  des  Herrn  ;  und  der  Bischof  nahm  die  Kerze 
aus  der  Hand  des  Fürsten ,  ging  in  das  Grab  des  Herrn  und  zündete 
zuerst  diese  Kerze  an  dem  heiligen  Lichte  an,  brachte  dann  die  Kerze 
aus  dem  Grabe  und  gab  sie  dem  Fürsten  selbst  in  die  Hand ;  und  der 
Fürst  stand  an  seinem  Platze,  mit  sehr  grosser  Freude  die  Kerze  in  der 
Hand  haltend :  und  an  dieser  Kerze  zündeten  wir  alle  unsre  Kerzen 
an,  und  an  den  unsrigen  alle  die  ihrigen.  Das  heilige  Licht  aber  ist 
nicht  wie  irdisches  Feuer ,  sondern  anders ,  es  leuchtet  diese  seine 
Flamme  in  ungewöhnlicher  Weise  wie  Zinnober.  Und  so  stehen  alle 
Leute  mit  brennenden  Lichtern  und  rufen  alle  unaufhörlich  mit  sehr 
grosser  Freude  und  mit  Lust,  nachdem  sie  das  heilige  Licht  Gottes 
gesehen  haben.  Wer  aber  diese  Herrlichkeit  an  jenem  Tage  nicht  ge- 
sehen hat ,  der  wird  dem  von  dieser  ganzen  Erscheinung  Erzählenden 
nicht  glauben ;  wiederum  aber  die  gläubigen  und  guten  Menschen 
glauben  gern  und  werden  mit  Freuden  auf  die  Erzählung  von  diesem 
Heiligthum  und  von  diesen  heüigen  Stätten  hören :  denn  wer  in  klei- 
nem gläubig  ist .  der  ist  auch  im  grossen  gläubig ,  und  dem  bösen 
Menschen  wird  die  Wahrheit  zur  Unwahrheit.  Mir  Armen  aber  ist 
Gott  Zeuge  und  das  heilige  Grab  des  Herrn  und  alle  meine  Genossen, 
die  russischen  Leute,  und  es  waren  damals  dortXovgoroder  undKijever, 
Sedeslavivankovic,  GoroslavMichalkovic.  zweiKaskic  und  viele  andre, 
welche  für  mich  und  die  Erzählung  zeugen.  Aber  wir  wollen  zu  dem 
vorher  Erzählten  zurückkehren.  Als  nun  das  Licht  im  Grabe  des  Herrn 
aufleuchtete,  da  hörte  der  Gesang  auf  und  alle  riefen  aus :  Kyrie  elei- 
son ;  darnach  gingen  sie  aus  der  Kirche  mit  grosser  Freude  und  mit 
den  brennenden  Lichtern,  indem  jeder  sein  Licht  vor  dem  Ausblasen 
durch  den  Wind  hütete,  und  gingen  alle  in  ihre  Häuser :  und  an  die- 
sem heiligen  Lichte  zünden  sie  die  Lichter  in  ihren  Kirchen  an.  jeder 
in  der  seinigen,  und  beenden  jeder  in  seiner  Kirche  den  Gesang.  In 
der  grossen  Kirche  aber  des  Grabes  des  Herrn  beenden  die  Priester 
allein  ohne  das  Volk  den  Abendgesang.  Da  gingen  auch  wir  mit  dem 
Abt  und  den  Brüdern  in  unser  Kloster,  indem  wir  unsre  brennenden 
Lichter  trugen .  und  endeten  dort  den  Abendgesang  und  gingen  in 
unsre  Zellen  mit  Dank  gegen  Gott,  der  uns  diese  Gnade  zu  sehen  ge- 
ll Nämlich  durch  das  Rothe  Meer;   s.  Exod.  15.  1  ff.  G. 


61 


währt  hatte.  Am  folgenden  Tage  aber,  dem  der  Auferstehung  des 
Herrn,  am  heiligen  Üstersonntage,  als  wir  den  Frühgottesdienst  ge- 
halten, wie  sichs  gebührt,  und  das  Küssen  mit  dem  Abt  und  den  Brü- 
dern und  die  Absolution  stattgefunden  hatte,  um  die  erste  Stunde  des 
Tages,  nahm  der  Abt  das  Kreuz  mit  sammt  denBrüdern,  und  wir  gin- 
gen zum  Grabe  des  Herrn,  das  Kontakion  l)  singend  :  »Wenn  Du  auch 
ins  Grab  gestiegen  bist ,  Unsterblichera,  und  gingen  hinein  in  das 
Leben  bringende  Grab,  küssten  es  in  Liebe  und  heissen  Thränen  und 
genossen  da  den  Duft  des  "Wohlgeruches  ,  erzeugt  durch  die  Heral)- 
kunft  des  heiligen  Geistes,  während  jene  Lampen  noch  brannten  wun- 
derbar und  merkwürdig  und  ganz  ausserordentlich;  denn  die  drei 
I^ampen  allein  hatten  sich  entzündet,  als  der  heilige  Geist  herabkam, 
wie  mir  der  Verwalter  und  der  Schliesser  des  Grabes  des  Herrn  er- 
zählten ;  es  hängen  aber  noch  andre  5  Lampen  über  dem  Grabe  des 
Herrn  und  brannten  damals  auch,  aber  ihr  Licht  war  anders,  nicht 
wie  das  jener  drei,  die  ausserordentlich  und  wunderbar  leuchteten. 
Und  darnach  gingen  wir  aus  dem  Grabe  des  Herrn  zur  östlichen  Thür 
heraus,  traten  an  den  Altar  und  küssten  uns  mit  den  christlichen  und 
syrischen  Priestern ,  gingen  dann  aus  der  Kirche  und  gingen  in  unser 
Kloster,  wo  wir  ruhten  bis  zur  Liturgie. 

Und  nach  drei  Tagen  ging  ich  nach  der  Liturgie  zum  Schliesser 
des  Grabes  des  Herrn  und  sprach  zu  ihm:  Ich  möchte  meine  Lampe 
nehmen.  Er  aber  empfing  mich  liebevoll,  führte  mich  ganz  allein  mit 
sich  in  das  Grab ,  und  als  ich  in  das  Grab  eingetreten  war ,  fand  ich 
meine  Lampe  auf  dem  Grabe  des  Herrn  noch  brennend  mit  jenem 
heiligen  Licht.  Und  ich  bezeigte  dem  heiligen  Grabe  meine  Vereh- 
rung vmd  küsste  diese  ehrwürdige  Stätte,  wo  der  hochheilige  Leib 
unsers  Herrn  Jesu  Christi  gelegen  hatte.  Damals  mass  ich  auch  das 
heilige  Grab  nach  Länge ,  Breite  und  Höhe  aus ,  denn  sonst  war  es 
wegen  der  Menschen  keinem  möglich  es  auszumessen ;  und  ich  be- 
schenkte das  heilige  Grab,  so  viel  ich  nach  meinen  Kräften  vermochte, 
und  gab  jenem  Schliesser  ein  weniges  und  meinen  schlechten  Segen. 
Er  aber,  da  er  meine  Liebe  zum  Grabe  des  Herrn  und  zu  dem  Herrn 
selber  sah,  schob  die  Platten  zu  Häupten  des  heiligen  Grabes  zurück 
und  brach  mir  so  etwas  von  dem  heiligen  Stein  ab  zum  segensreichen 
Andenken  und  verbot  mir,  indem  er  mich  schwören  Hess,  es  nieman- 
dem in  Jerusalem  zu  sagen.  Ich  aber  verneigte  mich  vor  dem  Grabe 
des  Herrn  und  vor  jenem  Schliesser,  nahm  meine  Lampe  mit  dem  Ol 
noch  brennend  und  ging  mit  grosser  Freude  hinaus,  bereichert  durch 
die  Gnade  Gottes,  in  meiner  Hand  tragend  das  Geschenk  von  der  hei- 
ligen Stätte  und  das  Zeichen  des  heiligen  Grabes  des  Herrn ,  und  ich 
ging  freudevoll ,  als  hätte  ich  einen  Schatz  gefunden ,  und  ging  mit 
grosser  Freude  in  meine  Zelle. 

1)  Ein  Lobgesang.  Der  hier  gemeinte  ist  z.  B.  angeführt  von  E.  von 
MuKALT,  Briefe  über  den  Gottesdienst  der  morgenländischen  Kirche  (1838), 
p.  141.  G. 


62 

Von  der  Stätte  Goliaths  und  von  den  Märtyrern. 
Und  daselbst  ist  ein  Ort  nahe  bei  Jerusalem,  nach  Osten  zu.  vom  Da- 
vidsthurm  einen  Pl'eilschuss  weit :  an  diesem  Orte  erschlug  David  den 
üoliath ;  es  liegt  der  Ort  in  einem  Thal  in  der  Nähe  einer  Cisterne  K 
und  ist  jetzt  an  diesem  Orte  gutes  Ackerland.  Nicht  weit  davon  ist 
eine  Hohle,  und  in  dieser  Höhle  liegen  die  Gebeine  der  heiligen  Mär- 
tvrer.  die  in  Jerusalem  unter  dem  Kaiser  Heraclius  getödtet  wurden, 
lind  heisst  der  Ort  Mamilla  -] .  Und  von  diesem  Ort  bis  zum  heiligen 
Kreuz  3;  ist  eine  Werst,  und  liegt  der  Ort  westlich  von  Jerusalem  hin- 
ter einem  Berge :  an  diesem  Ort  ist  das  Fussgestell  des  Kreuzes  ge- 
hauen, an  welches  die  heiligen  Füsse  unsers  Herrn  Jesu  Christi  gena- 
gelt wurden  —  und  der  Ort  ist  mit  einer  Einfriedigung  umbaut. 
Inmitten  aber  dieser  Einfriedigung  ist  eine  grosse  Kirche  gebaut  auf 
den  Namen  des  heiligen  Kreuzes,  ganz  vmd  gar  schön  ausgeschmückt, 
und  unter  dem  grossen  Altar  dieser  Kirche  unter  dem  Tisch  ist  der 
Stamm  des  Baumes  des  heiligen  Kreuzes,  wohl  versichert  und  mit 
Marmorplatten  bedeckt,  und  ein  rundes  Fenster  ist  durchgebrochen 
dem  Baum  gegenüber.    Und  daselbst  ist  ein  Iberisches  Kloster. 

Vom  Hause  des  Zacharias,  des  Vaters  Johannis  des 
Täufers-*'.  Von  diesem  Kloster  aber  bis  zum  Hause  des  Zacharias 
sind  4  Werst :  die  Stätte  ist  am  Fusse  eines  Berges  westlich  von  Jeru- 
salem. Und  in  dies  Haus  des  Zacharias  kam  die  heilige  Gottesmutter 
zu  Elisabeth  und  küsste  Elisabeth ;  und  als  Elisabeth  den  Gruss  der 
Maria  vernahm,  hüpfte  das  Kind  in  ihrem  Leibe  vor  Freuden,  und 
sie  sprach  :  Woher  mir  das ,  dass  die  Mutter  meines  Herrn  zu  mir 
kommt?  Und  in  demselbigen  Hause  wurde  Johannes  der  Vorläufer 
geboren,  und  jetzt  ist  an  dieser  Stelle  eine  Kirche  gebaut.  Wenn  man 
in  diese  Kirche  eintritt,  ist  zur  linken  Hand  eine  kleine  Höhle,  in  die- 
ser Höhle  Mnirde  Johannes  der  Vorläufer  geboren ,  und  ist  die  Stelle 
ganz  ummauert  mit  einer  Einfriedigung.  Von  da  aber  ist  eine  halbe 
Werst  durch  eine  Schlucht  bis  zu  dem  Berge ,  auf  welchen  Elisabeth 
mit  Johannes  flüchtete,  und  es  rief  Elisabeth  und  sprach:  Berg,  nimm 
Mutter  und  Kind  auf.  Und  sogleich  that  sich  der  Berg  auseinander 
und  nahm  sie  auf;  die  Diener  des  Herodes  aber  verfolgten  sie,  und  als 

1  Bekannt  ist  die  Annahme,  dass  der  Kampf  David's  gegen  Goliath  in 
dem  "NVädi  Bot  Ijanina  bei  Kalönije  stattgefunden  habe.  Vgl.  ToBLEU  ,  To- 
pogr.  II.  p.  72:iri'.  Diesen  Ort  meint  aber  Daniel  nicht.  Die  Angabe  der  Bich- 
tung  »östlich  vom  Davidsthurm«  scheint  fehlerhaft  zu  sein ;  denn  Daniel  führt 
seine  I,e.ser  offenbar  auf  die  Westseite  der  Stadt.  Ich  vermuthe ,  dass  seine 
Angabe  mit  der  heutigen  Kal'at  Dschälüd  nördlich  vom  Jafathore  zusammen- 
hängt. G. 

2  iJie  Kirche  der  heiligen  Mamilla  erwähnt  der  Mönch  Bernhard  um 
STO.  Vgl.  ToBLEH,  Topographie  II,  p.  ISO  ff.  219f.  G. 

3  Das  bekannte  Kreuzkloster  westhch  von  Jerusalem;  vgl.  Tobler 
a.  a.  O.  p.  726  ff.  G. 

4,  Es  handelt  sich  um  den  jetzt  Mär  Zakarja  genannten  Ort  in  der  Nähe 
von  'Ain  Kärim,  vgl.  Tobler  a.  a.  O.  p.  ;i.54ff'.  G. 


63 


sie  an  jene  Stelle  gekommen  waren,  fanden  sie  nichts  und  kehrten  be- 
schämt zurück  :  und  man  erkennt  die  Stelle  auf  diesem  Felsen  bis  auf 
den  heutigen  Tag,  jetzt  aber  ist  dort  ein  kleines  Kirchlein.  Unten  aber 
unter  dieser  Kirche  ist  eine  kleine  Höhle .  aus  derselbigen  Höhle 
kommt  "Wasser  heraus,  sehr  gut,  weiss  wie  Milch  von  Ansehen  ;  und 
dies  Wasser  trank  Elisabeth  mit  Johannes,  als  sie  in  diesem  Berge 
Avar,  denn  dort  ist  sie  gewesen  bis  zum  Tode  des  Herodes;  und  ein 
Engel  beschützte  sie  in  diesem  Berge.  Und  ist  der  Berg  sehr  gross 
und  viel  Wald  auf  ihm  und  um  ihn  herum  viele  Schluchten  und  liegt 
westlich  von  Jerusalem;  der  Name  dieser  Stätte  istOrinia^).  Auf  den- 
selbigen  Berg  floh  der  Prophet  David  vor  dem  Könige  Saul  aus  Jeru- 
salem. 

Von  B,ama  und  von  Emmaus.  Von  diesem  Berge  aber  in 
westlicher  Richtung  sind  zwei  Werst  bis  Rama.  Von  diesem  Rama 
spricht  der  Prophet  Jeremias :  Eine  Stimme  wurde  gehört  in  Rama  2j . 
Und  ist  dies  Rama  ein  grosses  Thal ;  in  diesem  stehen  viele  Dörfer  — 
und  dies  ist  das  Gebiet  von  Bethlehem.  Dorthin  schickte  Herodes 
seine  Soldaten  die  Kinder  zu  tödten,  indem  er  Christus  suchte.  Von 
Rama  aber  nach  Westen  zu  sind  4  Werst  bis  Emmaus ;  dort  erschien 
Christus  am  dritten  Tage  nach  seiner  Auferstehung  dem  Lukas  und 
Kleopas,  als  sie  von  Jerusalem  aufs  Land  gingen  —  und  dort  gab  sich 
ihnen  Christus  zu  erkennen  am  Brechen  des  Brodes.  Und  liegt  dies 
Dorf  hinter  einem  Berge ,  wenn  man  in  der  Richtung  von  Jerusalem 
nach  Jafa  geht.  Von  Jerusalem  aber  bis  Lydda  sind  20  Werst,  und 
dort  war  eine  grosse  Stadt,  Namens  Lydda,  jetzt  aber  heisst  sie  Ram- 
lia^j  ;  dort  heilte  Petrus,  der  Apostel  Christi,  den  Aeneas,  der  krank 
lag.  Von  Lydda  aber  bis  Joppe  sind  10  Werst,  dort  war  es.  wo  der 
heilige  Apostel  Petrus  die  Tabitha  auferweckte.  In  derselbigen  Stadt 
fastete  Petrus,  und  in  der  neunten  Stunde  sah  Petrus  ein  Tuch  an 
den  vier  Ecken  gebunden  auf  sich  zukommen  und  hörte  eine  Stimme 
hoch  vom  Himmel  her,  die  da  sprach:  Steh  auf,  Petrus,  schlachte  und 
iss.  An  demselbigen  Orte  ist  eine  grosse  Kirche  gebaut  auf  den  Na- 
men des  heiligen  Apostels  Petrus.  Und  liegt  die  Stadt  Joppe  nahe  am 
Meer  und  reicht  das  Meer  bis  an  ihre  Mauern ,  und  so ,  Jafa ,  heisst 
jetzt  die  Stadt  in  der  Sprache  der  Franken.  Von  Jafa  aber  sind  6 
Werst  bis  Tarsuf '')  und  von  Tarsuf  bis  Caesarea  Philippi  24  Werst, 
■der  Weg  führt  immer  am  Meere  hin.    In  diesem  Caesarea   taufte  der 

1)  Der  Name  ist  wohl  Missdeutung  von  si;  -7;-;  «^jpsi-rr^v  »in  das  Gebirge« 
Lukas  1,  39.   ToBLER,  Topogr.  II,  p.  359  führt  die  Form  Orene  an.         G. 

2)  Jerem.  31,  15,  wegen  Matth.  2,  IS  mit  Bethlehem  zusammengestellt. 
Es  ist  nicht  klar,  welchen  Ort  Daniel  meint.  Das  unmittelbar  darnach  ge- 
nannte Emmaus  ist  deutlich  das  heutige  ' Amwäs.  G. 

3)  Die  Angabe  ist  ungenau.  Freilich  hängt  mit  der  Gründung  von  er- 
Ramie im  8.  Jahrhundert  die  Zerstörung  oder  der  Verfall  von  Lydda  zusam- 
men.   Vgl.  oben  p.  22,  Anm.  l.  G. 

4)  Das  heutige  Arsüf  zwischen  Jafa  und  Kaisärije.  Caesarea  Philippi  und 
Kapernaum  wie  oben  S.  56  und  Anm.  1.  G. 


64 


Apostel  Petrus  den  Cornelius.  Daselbst  ist  ein  Berg,  zwei  Werst  ent- 
fernt von  Cilsarea :  auf  diesem  Berije  lebte  der  heilige  Vater  Marcia- 
nus.  zu  dem  die  Buhlerin  kam  ihn  zu  versuchen.  Von  Caesarea  Phi- 
lippi  aber  bis  zur  Stadt  Kapernaum  sind  8  "Werst.  Von  diesem  Kaper- 
naum  sagt  der  Prophet :  "Wehe  dir,  Kapernaum,  bis  zum  Himmel  wirst 
du  erhöht  werden  und  bis  zur  Hölle  hinabsinken.  Denn  dort  soll  der 
Antichrist  geboren  werden  :  darum  haben  es  auch  die  Franken  zer- 
stört. 

Vom  Berge  Karmel.  Von  Kapernaum  aber  bis  zum  Berge 
Karmel  sind  6  "Werst.  Auf  diesem  Berge  lebte  der  Prophet  Elias  und 
wurde  dort  von  einem  Raben  ernährt.  Auf  demselbigen  Berge  tödtete  er 
auch  die  Baalspriester  mit  dem  Schwerte,  und  es  sprach  Elias:  Geei- 
fert habe  ich  um  den  Hen-n  meinen  Gott  den  Allmächtigen.  Und  ist 
dieser  Berg  Karmel  sehr  hoch,  und  das  grosse  Meer  nahe  bei  diesem 
Berge,  eine  "Werst  weit.  Von  diesem  Berge  Karmel  aber  bis  zur  Stadt 
Kaipha  ist  eine  "Werst  und  von  Kaipha  bis  Akra  25  Werst.  Und  ist 
die  Stadt  Akra  sehr  gross  und  fest,  und  ein  guter  Hafen  ist  an  dieser 
Stadt :  und  die  Stadt  ist  sarazenisch,  jetzt  aber  haben  die  Franken  sie 
inne.  Von  Akra  aber  bis  zur  Stadt  Tyrus  sind  20  Werst  und  von  Ty- 
rus  bis  Sidon  12  Werst.  Daselbst  ist  in  der  Nähe  ein  Dorf,  das  Sido- 
nische  Sarephta,  in  diesem  Dorfe  hat  der  Prophet  Elias  den  Sohn  der 
Wittwe  auf  erweckt.  Von  Sidon  aber  bis  zur  Stadt  Beirut  sind  15 
Werst ;  in  dieser  Stadt  durchbohrten  die  Juden  mit  einer  Lanze  ein 
Bild  unsers  Herrn  Jesu  Christi,  und  sogleich  kam  Blut  und  Wasser 
heraus.  O  des  Wunders,  das  an  trocknem  Holze  geschah.  In  dersel- 
bigen  Stadt  Beirut  lernten  die  beiden  Söhne  des  Xenophon,  Johannes 
und  Arcadius,  die  Schrift.  Von  Beirut  aber  bis  Sobel  sind  20  Werst, 
von  Sobel  bis  Tripolis  40  Werst,  von  Tripolis  bis  zum  Flusse  Sudi  60 
Werst;  vom  Flusse  Sudi  liegt  Gross- Antiochien  50  Werst  weit  landein- 
wärts ;  von  da  bis  Laodicea  sind  100  Werst,  dann  folgt  Klein-Antio- 
chien,  dann  die  Insel  Kallimeros,  dann  die  Stadt  Satalia ,  dann  die 
kleine  Insel  Chelidonia.  Alle  diese  Städte  liegen  am  Meere.  Wir  aber 
fuhren  an  alldem  vorüber,  ohne  uns  aufzuhalten,  machten  aber  halt 
in  Chelidonia,  und  von  da  fuhren  wir  nach  Myra  zur  Stadt  Patara 
und  von  da  den  Weg  nach  Constantinopel  ^) . 

Der  Schluss,  der  nur  die  Namen  der  russischen  Fürsten  enthält, 
deren  Daniel  am  heiligen  Grabe  gedacht  und  die  er  im  Sabakloster 
eingetragen  hat,  ferner  die  gehaltenen  Gottesdienste  erwähnt,  ist  hier 
weggelassen) . 

1  Die  Stationen  der  Kückreise  sind  folgende :  Sobel  istDschebeil,  das  alte 
Byblus.  Der  Fluss  Sudi  ist  der  ürontes,  an  jenen  Namen  erinnert  noch  heute 
das  Dorf  es-Suweidije  unAveit  der  Mündung.  Unter  Laodicea  meint  Daniel 
ohne  Zweifel  das  syrische  Laodicea  fad  mare),  heute  Ladikije;  er  erwähnt 
dasselbe  nachträglich.  Klein-Antiochien  lag  an  derKüste'des  aUen  CiHcia 
Trachea,  in  Isaurien;  Kallimeros  =  Karadros;  Satalia  ist  das  heutige  Ada- 
lia;  die  Insel  Chelidonia  liegt  am  Kap  gleichen  Namens;  Patara  war  eine 
Hatenstadt  an  der  SAV. -Küste  von  Lvcien.  G. 


Bücheranzeigen. 


Vier  Rhei7iische  Palüstina-Püf/erschriften  des  XIV.,    XV.  ?fnd 
XVI.  Jahrhunderts.    Aus   den  Quellen  miUjetheilt  und  bearbeitet 
von  Ludwig  Conrady,  Pfarrer  a.D.  —  Wiesbaden  (Feller  i<^  Gecks) 
1882.  ffr.  S^.   X.  370.  Pr.  6  M. 

Exempla  trahunt!  Nachdem  das  epochemachende  Werk  von 
Röhricht-Meisner  zum  erstenmal  die  Deutschen  Palästina-Fah- 
rer (nach  den  Kreuzzügen)  in  historischer  Folge  zusammenge- 
stellt und  dahei  vieles  Unhekannte  an  das  Licht  gezogen  hat,  so 
dass  eine  erstaunliche  Fülle  wissenschaftlich  geordneten  Mate- 
rials jetzt  vorliegt,  ist  nichts  natürlicher,  als  dass  dadurch  auf 
den  bisher  latent  gebliebenen  gleichartigen  Stoff  eine  starke  An- 
ziehungskraft ausgeübt  wird.  Da  ist  es  denn  hocherfreulich,  wenn 
gleich  durch  eine  so  überaus  werthvolle  Gabe ,  als  welche  sich 
die  angezeigte  Publication  erweist,  die  Falästinaforschung  erwei- 
tert Avird,  und  wenn  die  Kraft,  die  diesem  Unternehmen  sich  ge- 
widmet hat ,  ihre  Aufgabe  so  ernst  wie  der  Herausgeber  nimmt 
und  mit  so  vielseitigem  Wissen  ausgerüstet  erscheint;  denn  wir 
besitzen  leider  nicht  wenig  Editionen  von  Palästinafahrten ,  die 
auch  den  bescheidensten  Ansprüchen  nicht  zu  entsprechen  ver- 
mögen. 

Wir  haben  es  hier  mit  vier  Pilgerschriften  zu  thun,  die  sich 
auf  die  Zeit  der  zweiten  Hälfte  des  14.  bis  zu  dem  ersten  Viertel 
des  1 6 .  Jahrhunderts  vertheilen  und  deren  Verfasser  vorzugsweise 
in  dem  Westen  des  Deutschen  Reiches  ihre  Heimath  haben. 

Zuerst  ein  lateinisch  abgefasstes,  anonymes  Pilgerbuch  nebst 
dem  Fragment  einer  Pilgerfahrt,  die  sich  indess  nur  über  einige 
Puncte  des  Griechischen  Archipels  verbreitet. 

Der  Herausgeber  hat  diese  beiden  Stücke  »entdeckt«  und 
zwar  in  einer  Handschrift,  worin  ihnen  ein  Text  Luj)olf's  vor- 
ausgeht. Es  war  die  Überschrift:  »Manuscripta  de  diversis«  von 
einer  Hand  des  17.  Jahrb.,  die  den  Herausgeber  »zur  genaueren 
Einsichtnahme  der  Sachlage  einlud«  (S.  1),  wesshalb  »wir  für  diese 
mangelhafte  Bezeichnung  dankbar  sein  dürfen«. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VH.  5 


66 

Die  hotr.  Hdschft.  «gehört  zu  der  reichen  Sammlung  des  Nas- 
sauisrlien  Arflii\ars  JI.MiKJ.,  eines  Archivars  von  uhcm  Schrot  und 
Kürn.  dessen  liöchste  Freude  darin  bestand,  sich  im  Alleinbesitz 
handschriftlicher  Schätze  zu  wissen,  um  sie  möirlichst  lange  der 
(Iriingcnden  Ciclchrtcnwelt  und  damit  der  Wissenschaft  vorent- 
halten zu  könniui.  IJckannt  ist,  wie  Lul»\mg  l  hlanl»  einen  gan- 
zen Tag  auf  Schloss  Miltenberg  in  Franken ,  w  ohin  sich  IIabel 
mit  seinen  Sammlungen  zurückgezogen  hatte,  zubrachte,  um 
Einsicht  in  ein  altfranzösisches  oder  altdeutsches  Mspt.  zu  ge- 
winnen, wie  er  aber  schliesslich  unverrichteter  Sache  von  dem 
Schlossherrn  schied,  der  in  jeder  anderen  I  Jeziehinig  den  liebens- 
würdigen Wirth  gegen  seinen  berühmten  Gast  herausgekehrt 
hatte. 

Als  IIabel  1S67  starb,  ging  sein  besitz  auf  seine  Neffen,  die 
beiden  Hen'en  Conrad Y,  über,  die  glücklicherweise  nicht  auch 
die  Gruiulsätze  ihres  merkwürdigen  Oheims  geerbt  haben.  So 
konnte  denn  die  Staatsregiernng  den  Idsteiner  Staatsarchivar 
])r.  («ÖTZK  im  Jahre  1S76  nach  Miltenberg  senden,  damit  er  dort 
von  denjenigen  Handschriften  und  Urkunden  Kenntniss  nehme, 
die  sich  auf  die  Nassauische  Geschichte  bezögen  und  sonach  das 
Nassauische  Staatsarchiv  ergänzten.  Götze  hat  dann  einen  län- 
geren Artikel  (v.  IjÖher,  Archivalische  Zeitschrift  IUI.  II,  140  ff.) 
über  seine  Sendung  veröffentlicht  und  in  demselben  eine  nach 
den  Deutschen  Landestheilen  vorgenommene  Übersicht  über  die 
Urkunden  undManuscripte  derSammhnig  gegeben.  Am  Schlüsse 
dieses  A'erzeichnisses  findet  sich  noch  eine  Rubrik :  XA'I.  »Ma- 
nuscri])te  nicht  archivalischer  Natur«.  lauter  Nr.  9  (zugleich  der 
letzten  Nummer)  ist  eingetragen:  »l^ieschreibung  einer  Reise  nach 
dem  gelobten  Lande.  Ms.  saec.  XV.   4".    l^ipier  Vj^  cm.  stark«. 

Wenn  Götze  schon  genöthigt  Avar,  bei  Durchgehung  und 
Aufzeichnung  des  ganzen  Nachlasses  (das  Verzeichniss  nimmt 
allein  40  Druckseiten  ein)  sehr  summarisch  zu  verfahren,  so 
musste  an  der  letzten  Rubrik  (XVI.),  die  er  als  »nichtarchiva- 
lische«  bezeichnete,  sein  Interesse  noch  geringer  sein.  Kein 
Wunder,  dass  er  desshalb  nicht  bemerkte,  wie  das  fragliche 
Ms])t.  Nr.  9  nicht  eine,  soiulern  zwei  Pilgerschriften  enthielt, 
zumal  der  Anfang  der  zweiten,  derjenigen,  die  Cünkady  jetzt 
publicirt,  fehlt,  resp.  herausgerissen  ist. 

Die  Ix'treffende,  aus  zwei  Theilen  und  einem  Fragment  be- 
stehende Iliindschrift  ist  nach  der  Darlegung  C!.'s  und  des  P'rank- 
fiuter  Archivars  Dr.  Grotefen»  um  1475  von  den  Frankfurter 
Dominikanern  angelegt  und  aus  deren  Besitz  erst  anfangs  dieses 
.lalivliuiiderts  in  Privathände  gewandert. 

Da  unserem  w Pilgerführer«  die  erste  Seite  fehlt,  so  war  Ver- 
fasser und  Datuu) ,  wenn  sie  überhaupt  sich  angegeben  fanden, 
erst  zu  bestimmen.  C.  kommt  nun  aus  äusseren  und  inneren 
GvüiidfMi   zu   dem  Resultat,   dass  das  Opus  später  zu  setzen  sei 


67 

als  der  ihm  in  der  Sammlung'  vorausgehende  Ludolf,  dem  augen- 
scheinlich vieles  entnommen  ist,  und  zwar  in  die  Zeit  von  1:^50 
l)is  IS80.  Die  Jlcimath  des  Verf.  h;it  C.  versucht  aus  den  als 
Glossen  eiugcstrcniton  (hnitsc-licn  Worten  (die  mau  doch  kaum 
als  »Germanismen«  wird  Ix'/cichnen  können)  fest/ustellen  und 
(huiiufhin  den  Verf.  zu  (mucui  rheinischen  Franken  gestempelt, 
unseres  Erachtens  ohne  zwingcnide  Heweise  aufzuhringen,  wie 
deini  namentlich  dasjenige^  \\'ort,  auf  das  er  ein  iihormässiges 
G<!wicht  legt,  nämlich  »felsch«  =  petra,  mindestens  ('l)en  so  sehr 
gegen,  als  für  seine  Behauptung  spricht.  Kef.  hat  hinge  genug 
iii  Frankfurt  gewohnt,  um  den  dortigen  Dialcct  zu  kennen,  mnl 
ist  der  Ansicht,  dass  die  Form  "folsch»  vorwiegend,  um  nicht  zu 
sagen  lediglich  allemannischen  dharacters  ist.  Die  Jlcimath  des 
Verf.  können  wir  aber  mit  Sicherheit  nicht  angeben. 

Da  der  »Filgerführer«  seiner  Natur  nach  keine  Reise,  son- 
dern eine  ])eschreil)inig  ist,  so  ist  auch  die  Möglichkeit  histori- 
scher Anknüj)fungspuncte  eine  erheblich  geringere,  die  licstim- 
mung  des  Datums  eine  weit  schwierigere.  Hier  macht  nun  die 
Beweisführung  des  Ilrsgbrs.,  der  die  Zeit  bis  1384  als  äusserste 
Grenze  annimmt,  einen  entschieden  günstigen  Eindruck. 

In  dieselbe  Zeit  wird  auch  die  Abfassung:  des  »Pilffertorso's« 
zu  setzen  sein.  In  dem  anonymen  Schreiben  desselben  vermu- 
thet  C  einen  Frankfurter  von  Stande,  weil  der  Pilger  einen  zu 
Rhodus  vorgezeigten  Silberling  seiner  Dicke  nach  mit  einem  »an- 
tiquus  thuronus  francfurtensis«  vergleicht.  \yar  aber  damals 
nicht  das  Frankfurter  Geld  in  ganz  Mitteldeutschland  beliebt 
und  bekannt? 

An  den  unrichtigen  Ausdruck  «templarii«  statt  »Johannitae« 
als  Besitzer  von  Rhodos  knüpft  C.  eine  Reihe  von  Combinatio- 
nen,  unseres  Erachtens  ohne  besonderen  Grund,  denn  es  handelt 
sich  hier  blos  um  einen  nicht  exacten  Ausdruck,  wie  er  auch 
später  (zum  Jahre  1461)  nach  des  Verf.  Note  52  vorkommt. 

Da  der  Pilger  erzählt,  dass  der  Grossmeister  selbst  ihm  die 
Reliquien  gezeigt  habe,  so  hätte  sich  C  dies  wegen  der  Zeitbe- 
stimmvnig  nicht  entgehen  lassen  sollen.  Vom  Jahre  1382  bis 
1396  gab  es  auf  Rhodos  gar  keinen  Grossmeister,  da  der  dama- 
lige (Heredia)  in  dieser  Zeit  zu  Avignon  lebte.  C.  geht  über- 
haupt den  in  seinem  Buche  vorkommenden  Rhodisischen  Gross- 
meistern in  auffälliger  Weise  aus  dem  Wege,  obschon  ihm  das  Werk 
von  l^osio  bekannt  ist.  Während  er  sonst  jede  historische  Per- 
sönlichkeit mit  möglichst  vielen  Citaten  zu  belegen  sucht, 
schweigt  er  über  diese  vollkommen,  so  S.  4G,  107  und  204.  Ref. 
erinnert  sich  nur  einmal,  einem  solchen  (Zakosta)  begegnet  zu 
sein,  der  gelegentlich  in  einer  Note  erwähnt  wird. 

Das  von  dem  Grossmeister  ihm  mitgethei  te  Wunder  des  am 
Charfreitag  Morgen  jeden  Jahres  blühenden  Domes,  der  aus  dem 
Dornenkranze  Christi  herrührt,  sucht  der  l'ilger  dmch  folgemlen 

5* 


ß8 

Zusatz  zu  erhärten  :  "Dixerunt  ecl;im  ])lures  iu;nobiles  se  hoc  vi- 
disse«.  CJaiiz  riehti^j  hat  der  llrsghr.  au  einem  anderen  Orte 
(S.  Ib)  im  lliuhHek  darauf  »von  unadeligen  Gewährsmännemu 
gesprochen.  Kef.  glaubt  aber,  dass  der  Pilger  einen  solchen  Ge- 
gensatz gar  nieht  beabsichtigt  hat,  dass  er  vielmehr  sagen  wollte, 
auch  die  Orih'usritter  (niuthmasslich  die  Deutschen,  mit  denen 
der  riltrer  auflihodos  wohl  ausschliesslich  verkehrte,!  haben  dies 
bestätigt.  Der  Pilger  dürfte  demnach ,  was  bei  seinem  barbari- 
schen Latein  nichts  Auffälliges  hätte,  das  Wort  »ignobilis«  nach 
Analogie  von  »insignis«  gebraucht  haben. 

JI.  Die  zweite  Publication  unseres  liuches  ist  eine  von  einem 
Kölner  Ostern  1472  begonnene  Pilgerfahrt,  die  hier  in  einer 
Mischung  von  Kölnischem  Dialect  und  Ilochdeutsdi  beschrieben 
"\\  ird.  Sie  befindet  sich  in  einem  Avahrscheinlich  von  den  Brüdern 
des  gemeinsamen  Lebens  zusammengestellten  Sammelbaiul,  der 
von  dem  Wiesbadener  Überbibliothekar  Dr.  v.  d.  Linde  im  Be- 
sitz des  Mainzer  Pfarrers  Jacquere  aufgefunden  wurde.  Von 
seinem  Funde  liat  v.  i).  Linde  bereits  im  J.  1S7S  der  gelehrten 
Welt  Nachricht  gegeben,  auch  jetzt  den  Hrsgbr.  zur  Veröffent- 
lichung angeregt. 

III.  Demselben  Gelelirten  fällt  auch  das  Verdienst  zu,  das 
dritte  Stück  unserer  Sammlung  entdeckt  zu  haben.  Der  Find- 
ling ist  diesmal  ein  Sedezdruck  aus  dem  Jahre  1634,  der  niuth- 
masslich zu  Antwerpen  das  Licht  der  Welt  erblickte. 

Verfasser  dieser  Schrift  ist  Claes  van  Dusen,  ein  geborener 
Ilaarlemer,  der  aber  20  Jahre  zu  Venedig  wohnte  und  innerhalb 
derselben  elfmal  (zuletzt  im  J.  1405  das  h.  Land  besuchte,  frei- 
lich nicht  als  Pilger,  sondern  als  Dolmetsch  und  Pilgerführer  in 
Diensten  Agostino's  Contarini ,  des  bekannten  Venetianischen 
Schiffs])atrons.  Claes  van  Dusen,  der  später  zu  Leiden  seinen 
Wohnsitz  nahm  und  dort  sein  Büchlein  zusammenstellte,  war 
also  in  besonderem  Grade  befähigt,  uns  eine  genaue  und  erschö- 
l)fende  Beschreibung  der  heiligen  Orter  zu  liefern. 

IV.  Das  letzte  Stück  der  Sammlung  ist  die  Schilderung 
einer  von  Piiu-ipp  Hagen  im  J.  1523  begonnenen  Palästinafahrt. 
Der  \'erfasser  nennt  sich  selbst  einen  »Hochdeutschen«,  schreibt 
auch  hochdeutsch,  und  ist  unzweifelhaft  von  Adel,  aber  alle  An- 
strengungen des  Hrsgbrs.,  ihn  dem  Elsass  und  speciell  der  Um- 
gegend von  Strassburg  zuzuweisen,  haben  uns  nicht  überzeugen 
können.  Adelige  Familien  von  Ilagen  giebt  es  in  Mitteldeutsch- 
laml  eine  ganze  Reihe.  Unser  Piülipp  v.  H.  wird  überdies  von 
(J. einem  im  18.  Jahrh.  bereits  ausgestorbenen  Geschlechte  zuge- 
wiesen. 

Die  Handschrift  befindet  sich  im  Besitz  des  bekannten  Con- 
servators  Obersten  a.  D.  von  Cohaijsen  in  Wiesbaden. 

Da  nun,  wie  gezeigt,  die  Heimath  des  Verfassers  von  1.  und 
IN.    nicht    sichergestellt  werden  kfmnte .   der  Haarlem-Leidener 


69 

Claes  van  Düsen  aber  doch  nicht  als  Rheinländer  in  unserem 
hentigen  Sinne  betrachtet  werden  kann ,  so  dass  also  nnr  nocli 
der  Verf.  von  ir.  ,  ein  Kölner,  als  \inanfechtbuver  Ulieinländer 
bleibt,  so  wird  allerdiniJ^s  die  Herechtignnt^  des  'ritels  «Vier 
Rheinische  l'alästina-rilgerschriften«  sehr  zweifelhaft.  Aber 
der  Heransgeber  ^e\\t  noch  weiter. 

In  der  Vorrede,  der  wir  etwas  weniger  Patlios  gewünsehl 
hätten,  spricht  er  davon  (8.  VF),  dass  er  »neben  dem  seither  ge- 
pflegten nationalen  Gesichtspnnct  (wie  dies  z.  1».  Röiiiiicin- 
Mrissner  gethan)  es  einmal  mit  der  Anfstellung  des  land- 
schaftlichen Gesichtspnnctes  für  die  IMlgerliteratur  wagen 
wolle«.  Nun  ist  bei  Nr.  J  von  der  Person  des  Pilgers  gar  nichts 
zu  entdecken,  denn  die  Schrift  ist  ein  Reiseführer,  res]),  ein  geo- 
graphisches Handbuch  (der  nur  zwei  Seiten  füllende  «Tilgertorso« 
bleibt  selbstverständlich  ausser  Betracht) ,  bei  Nr.  III  haben  wir 
es  mit  einem  Holländer  zu  tlnni,  der  seine  Reisen  lediglich  als 
besoldeter  Diener  eines  Venetianischen  Patrons  macht,  wo  bleibt 
da,  von  dem  nichtfixirten  1'hilipp  Hagen  ganz  abgesehen,  das 
landschaftliche  Element? 

Über  den  Werthder  hier  mitgetheilten  Pilgerschriften  glaubt 
Ref.  vollständig  den  bezüglichen  Hemerkungen  der  Vorrede  zu- 
stimmen zu  dürfen.  Wir  begegnen  in  der  That  vielem  Neuem, 
wenn  wir  auch  daneben  manchen  bekannten  Irrthum  nochmals 
hinnehmen  müssen. 

Was  weiterhin  die  Editionsmethode  des  Hrsgbrs.  betrifft,  so 
hat  Ref.  mancherlei  dagegen  einzuwenden.  Das  Pestreben,  mög- 
lichst correct  zu  sein ,  hat  den  Hrsgbr.  (wie  dies  auch  bei  man- 
chem Diplomatiker  der  Fall  ist)  verleitet,  auf  halbem  Wege  stehen 
zu  bleiben.  Dies  gilt  vorzugsweise  von  den  Bnchstaben  u  und  v, 
die  bekanntermassen  ihren  Character  im  Laufe  der  Zeit  vollstän- 
dig gewechselt  haben.  Das  mittelalterliche  v  hatte  in  der 
Schreibweise  vorzugsweise  einen  vocalisirenden  Character, 
während  es  jetzt  ein  Consonant  ist.  Umgekehrt  gilt  dies  von  u. 
Wenn  der  Hrsgbr.  also  z.  B.  vuas  (S.  48)  drucken  lässt,  so  wird 
niemand  ohne  nähere  Kenntniss  des  Zusammenhangs  auf  die 
Idee  kommen,  dass  dies  Wort  für  »uvas  (Trauben)«  stehen  soll. 

Für  eine  moderne  Edition  ist  also  die  genaue  Wiedergabe 
des  Wortes  nach  der  Schreibart  des  Mspts.  Aveit  entfernt  correct 
zu  sein,  unter  Umständen  geradezu  ein  Fehler,  da  wir  das  Wort 
ebenso  aussprechen  wollen  wie  das  Mittelalter  (und  Alterthum). 
Dies  gilt  aber  auch  für  die  deutsche  Schrift.  Treften  wir  z.  B. 
bei  Beschreibung  von  Gebäuden  das  Wort  »bauend ,  so  erfordert 
es  erst  ein  gewisses  Stiidium,  bis  wir  herausfinden,  dass  der  Verf. 
nicht  von  Bauen  in  unserem  Sinne  spricht,  sondern  baven  = 
oben  meinte.  Ref.  betrachtet  es  ferner  als  unstatthaft,  wenn 
Worte,  wie  wtter  (S.  78),  wt  (S.  105)  una\ifgelöst  stehen  bleiben 


w  =  uu  .    Auch  die  luuifig  wiederkehrende  Schreibart  Xristus 
kann  doch  nicht  als  Auflösmig  anzusehen  sein. 

In  arifon  ( 'onflict  ist  der  Hrsghr.  bezüglich  der  Ihichstaben 
c  und  t  gcratlien,  die  bekanntlich  in  den  Handschriften  des 
eigentlichen  Mittelalters  sehr  schwer,  oft  gar  nicht  zu  unterschei- 
den sind.  C.  schreibt  z.  B.  gelcicz  lit,  gemiecz.  Da  aber  in  dem- 
selben Text  das  Wort  geleit  (coniitatus)  und  geniiet  'animus;  vor- 
konnut,  so  ist  es  oti'enbar,  dass  der  Jlrsgbr.  »geleitz  lit«  und  »ge- 
raietz«  drucken  lassen  musste.  Anderseits  schreibt  er  »zto«  (zu) 
statt  »zco«.  Weiterhin  reisst  das  Mittelalter  in  der  Schreibung 
manche  Worte  auseinander,  die  für  uns  ein  einziges  bilden,  z.  1>. 
die  gene  =  diegene  (iideni)  ,  avont  niael  =  avontmael.  Es 
schweisst  aber  auch  manche  zusammen ,  die  w  ir  jetzt  getrennt 
lialten,  z.  h.  sutmen  =  sut  men  (sieht  man). 

Hätte  der  Hrsgbr.,  statt  dieser  angeblichen  Correctheit  zu 
huldigen,  die  modernen ,  im  grossen  und  ganzen  ziemlich  fest- 
stehenden Editiünsprincii)ien  adoptirt,  so  wären  seine  Texte  um 
die  Hälfte  lesbarer  und  verständlicher  geworden,  ohne  dass  sie 
an  Correctheit  etwas  eingebüsst  hätten,  und  dies  ist  schliesslich 
doch  der  eigentliche  Zweck  der  tldition.  Ein  mittelalterliches 
Scriptum  kann  heutzutage  nur  entweder  ])hotogra])hisch  rej)ro- 
ducirt  oder  nach  den  eben  angedeuteten  i'rincipien  edirt  werden. 
Tertium  non  datur;  denn  schon  die  Abkürzungen,  die  ihm  auf 
Tritt  und  Schritt  begegnen,  zwingen  den  Editor  selbstständig 
vorz»igehen.  Dies  gilt  natürlich  auch  von  der  Interpunction,  be- 
züglich deren  der  Jlrsgbr.  schon  weiter  gegangen  ist.  Ereilich 
ist  die  mittelalterliche  Interpunction  gar  keine  solche  in  unserem 
heutigen  Sinne,  wo  wir  uns  ihrer  nur  zur  Erleichterung  des  Ver- 
ständnisses bedienen.  Auch  die  Schreibung  der  Eigennamen 
mit  grossen  Anfangsbuchstaben  wäre  wünschenswerth  gewesen. 

Der  Hrsgbr.  hat  in  der  A'orrede  gelegentlich  erklärt ,  er  sei 
beflissen  gewesen  «deutsch  zu  schreiben«.  Diesen  Vorsatz  muss 
er  Wühl  bei  der  Bildung  des  folgenden  Satzes  S.  182  vergessen 
haben :  »Aiif  dem  mit  einer  aus  aufrecht  über  paragrajdizeichen- 
artigen  Arabesken  stehenden  Eicheln  gebildeten  schmalen  Borde 
eingefassten  'J'itelblatte  findet  sich  .  .  .  «. 

Kef.  hat  bereits  eingangs  erwähnt,  dass  der  Hrsgbr.  über 
einen  ausgedehnten  gelehrten  Apparat  verfügt.  Um  so  auffallen- 
der ist  es  desslialb  ,  dass  er  bei  der  grossen  Kolle,  die  ('ypern  in 
unserer  Litteratur  spielt,  das  Hau])twerk  über  die  mittelalterhche 
(jeschichte  dieser  Insel,  das  sich  auch  1)ei  BöiiJ{icirr-Mi;isM:H 
des  öfteren  citirt  findet,  gänzlicli  ignorirt.  Hätte  ('.  sich  in 
senien  Citaten  auf  die  Arbeiten  von  L.  dk  Mas  Latrik  gestützt, 
so  wurde  er  nicht  allein  sich  die  Polemik  gegen  das  veraltete 
Werk  von  Dauu  erspart,  er  würde  auch  sonst  erhcljliche  irrthü- 
mer  vermieden  haben.  Auch  Komanin  —  Ref.  crirmert  sich  nicht, 


71 

in    den    Citaten    ihm    begegnet   zu    sein  —  würde  ihm  l)e.sseic; 
Dienste  geleistet  haben. 

Wenn  lief,  nachfolgend  eine  lleihc  von  Einzelbcmerkungen 
sich  gestattet,  so  geschieht  dies  lediglich,  um  dem  llrsgbr.  einen 
IJeweis  von  dem  intensiven  Interesse  an  seinem  liuche  zu  liefern, 
dem  er  gerne  eine  zweite  Auflage  wünschen  möchte. 

S.  20.  Die  Annahme,  dass  das  im  Lateinischen  Text  zu  Anfang  eines 
Satzes  mehrfach  gebrauclito  "unde«  identisch  mit  dem  deutschen  unde  (und; 
sei  und  dem  Schreiber  »in  die  Feder  geratlien  sein  dürfte«,  ist  doch  schlecht- 
hin abzuweisen.  Es  ist  augenscheinlich  hier  ein  Flickwort  gleich  dem  von 
dem  Verfasser  ebenfalls  gebrauchten  »item«. 

S.  73.  Der  Ausdruck  »die  galeie  van  Jaff«  ist  allerdings  insofern  unge- 
wöhnlich ,  als  die  von  Venedig  nach  Syrien  alljährlich  abgehenden  Galeren 
des  14.  und  1-^.  Jahrh.  den  ofticiösen  (die  ganze  Schififahrt  trug  bekanntlieh 
einen  staatlichen  Character]  Titel  hatten  »galeae  nostrae  Baruti«.  Beispiele 
in  Fülle  bei  Mas  Latrik  II.  und  II 1.,  so  zum  J.  1473  :  »volumus  ut  galeas  ip- 
sas  tarn  Baruti  quam  Alexandrie«  (111.  älKi)  und  »misinius  per  galeas  viagii 
Baruti  (III.  iiOl).  IIauif  kennt  indess  auch  zwei  venetian.  Pilgerschiffe  nach 
Jafa.  Über  den  Ausdruck  »la  galia  dil  Zapho«  in  Marino  Sanuto's  Diarien 
bedarf  es  doch  nicht  erst  einer  besonderen  Untersuchung,  wie  sie  J.  MÜLLER 
angestellt  hat.  Schon  Amadi  nennt  (Mas  Latrie  II.  212)  :  »el  principe  et  conte 
de  Zapho  (dialectiscli  venetianisch  für  ,Giafo')<',  und  Caterina  Cornaro  be- 
gabt 1174  ihren  Vetter  Contarini  »con  la  baronia  del  contado  del  Zaffo  et  la 
signoria  _di  Askalonia«  (Mas  L.vrRlE  III.  308),  wenn  wir  hier  auch  eine  etwas 
spätere  Übertragung  vor  uns  haben. 

S.  91.  Giorgi  Contarini  erliielt,  wie  eben  bemerkt,  im  J.  1474  die  Graf- 
schaft Jafa-Askalon  von  Caterina  Conaro.  Die  Urkunde  abgedruckt  bei 
Mas  Latrie  111.  366  ff. 

S.  105.  Die  Insel  Lango  (Kos)  kam  nicht  1314  in  die  Hände  der  Johan- 
niter, sondern  durch  einen  Vertrag  zwischen  Venedig  und  dem  Orden,  der 
am  20.  Juni  1316  ratilicirt  wurde. 

S.  107.  Der  hohe,  feste  Thurm  zu  Rhodos,  an  welchen  sich  die  Stadt- 
mauer anlehnt,  ist  der  Naillacsthurm ,  der  auch,  aber  selten,  der  Thurm  St. 
Angelo  genannt  wird.  Der  feste  Thurm  gegenüber  auf  dem  Mühlen-Molo  ist 
ist  der  Thurm  St.  Johann. 

S.  lO'J.  Es  ist  doch  hier  nicht  schlechtweg  von  einer  »Pilgerherberge»  die 
Rede,  sondern  von  dem  grossartigen,  ..höchst  opulent  eingerichteten Ordens- 
hos])ital,  an  welchem  stets  verschiedene  Ärzte  angestellt  waren.  Ein  sehr  an- 
schauliches Bild  von  der  Bedeutung  desselben  giebt  Rottikrs  in  seinem 
Werk  über  Rhodos. 

S.  1 10.  Die  Königin  Charlotte  befand  sich  1472/73  nicht  »neuerdings«  auf 
Rhodus,  sondern  ununterbrochen  seit  dem  Winter  1462. 

S.  112.  »und  hebben  ein  provande  gehadt  van  den  coninck  van  cipers«. 
»provande«  mag  sonst ,  wie  es  im  Glossar  steht,  Proviant  bedeuten,  hier,  wo 
von  der  täglichen  Katzenfütterung  bei  der  Kirche  zu  Limasol  die  Rede  ist, 
liat  es  sicher  die  Bedeutung  »Präbende«. 

S.  113.  »um  der  i'uter  willen  van  dem  kirsten,  die  daer  rouven  an  die  co- 
sten«.    Statt  "ruter«  [Ritter  nach  dem  Glossar]  dürfte  »ruber«  zu  lesen  sein. 

S.  170.  Da  Caterina  Cornaro  noch  den  19.  Sept.  1172  zu  Venedig  war 
(Mas  Latrie  111.  332),  so  konnte  der  Schiffspatron  sie  nicht  zwischen  11.  und 
16.  Sept.  in  Nikosia  aufsuchen.  Der  Autor  spriclit  auch  nur  von  dem  König 
(Jakob  II.),  der  niclit  14()9,  sondern  am  10.  Juli  146>  durch  einen  feierlichen 
Eheverspruch  sich  an  Caterina  gebunden  hatte,  ohne  dass  bis  dabin  (1472) 


72 

die  Ehe  wirklich  vollzogen  worden  wäre.  Dies  geschah  erst  im  Spätherbst 
1472.  Die  venetianisch-cyjjrische  Flotte,  die  Caterina  überführte,  muss  sich 
mit  dem  SchiH'  des  Kölner  Pilgers  gekreuzt  haben,  allein  nirgends  ist  die 
Rede  davon.  Den  2!l.  Sept.  kam  das  Pilgerschiff  an  die  Südküste  von  llhodos. 
IJis  zum  -l.  Uct.  lag  es  im  Hafen.  Am  l(t.  üct.  kam  es  nach  Candia,  bald  nach 
dem  20.  Sejitember  war  aber  Caterina  von  Venedig  abgesegelt. 

S.  Iirt  "Aquamerce<(  als  Hestimmungsort  dreier  jährlich  von  Venedig 
auslaufender  Galeren,  von  welcliem  der  Hrsgbr.  erklärt,  ihn  nicht  bestimmen 
zu  können,  ist  doch  sicherlich  nichts  anderes  als  der  heule  versandete  Hafen 
Aigues-mortes,  der  in  den  Kreuzzügen  eine  so  grosse  Rolle  spielt.  »Trafighe« 
erklärt  der  Hrsgbr.  für  Thracien.  Das  ist  doch  mehr  als  unwahrscheinlich. 
Ich  glaube,  dass  hier  ein  Sclueil)fehlcr  vorliegt  und  dass  "Trabighe"  zu  lesen 
ist,  weiches  eine  Verstümmelung  für  Trapezunt  wäre.  In  Trapezunt  befand 
sich  im  14.  Jahrh.  eine  venetianische  Colonie  (Mas  L.vtrie  II.  223).  Ad  vocem 
"Kraken«  habe  ich  schon  in  meiner  Besprechung  von  RüHHICUT-Meisnek 
im  Jühanniterwochenblatt  1881  ,  S.  1!)  bemerkt,  dass  darunter  kein  Seeun- 
thier,  sondern  eine  besondere  Schitfsgattung  =  caracca  zu  verstehen  ist. 

S.  215.  Die  Minoriten  dürfen  im  h.  Land,  auch  in  heidnischem  Land, 
wo  Christen  wohnen,  i)redigen,  »soo  in  Muska,  als  in  Alexandren«.  Der 
Hrsgbr.  fragt:  sollte  unter  diesem  »Musca«  Musr  el-Atikeh  (Alt-Kairo)  zu 
verstehen  sein?  In  den  Zusätzen  und  Berichtigungen  S.  308  meint  er,  es 
könne  damit  el-Mousky,  das  Frankenquartier  in  Kairo,  oder  vielleicht  Muza 
(Moccha)  in  Südwest- Arabien  gemeint  sein.  Ich  glaube  ,  dass  »Musca«  hier 
für  Damaskus  steht.   Damit  würde  auch  ein  besserer  Gegensatz  gegeben  sein. 

S.  232.  Als  Datum  des  Falles  von  llhodos  findet  sich  hier  der  24.  Oc- 
tober  1")22  angegeben.  In  Wahrheit  erschien  die  türkische  Flotte  am  2(».  Juni 
1522  vor  Rhodos  und  am  1.  Januar  1523  zogen  die  Ritter  von  dort  ab. 

S.  233.  »zu  gedechtnus  defz  tirana  barbarossa«.  Dass  der  Deutsche 
Philipp  von  Haoen  den  Kaiser  Barbarossa  einen  »tirana«  genannt  haben 
soll,  müssen  wir  billig  bezweifeln.  Sollte  das  Wort  nicht  etwa  "fiterico«  zu 
lesen  sein? 

S.  238.  Statt  »vor  den  frowen«  dürfte  wohl  »von  den  frowen«  zu 
lesen  sein. 

S.  248.    Ebenso  für  »man  fürt  ouch  kein  wasser«,  »man  fint  ouch  etc.«. 

S.  278.  Die  Könige  von  Cypern  ertheilten  nicht  den  Rittern  des  heiligen 
Grabes  von  neuem  den  Ritterschlag,  sondern  sie  verliehen  ihnen  ihren 
Schwertorden,  den  Peter  I.  (1359  — 13()<))  gestiftet  hatte.  Inhaber  desselben 
konnte  jeder  Edelmann  werden,  ohne  dass  er  jemals  in  Jerusalem  gewesen  zu 
sein  brauchte,  pro  forma  war  er  allerdings  veri)flichtet.  auf  den  Rufeines  cy- 
l)rischeu  Königs  gegen  die  Sarazenen  zu  ziehen.  Da  der  Orden,  ein  silbernes 
Schwert  mit  vergoldetem  Griff,  umwunden  von  einem  blau  emaillirten  Band, 
auf  welchem  die  Devise  stand :  »C'est  pour  loyaute  maintenir«,  an  einer  gol- 
denen Kette  um  den  Hals  getragen  wurde ,  so  war  er  von  dem  damals  sehr 
putzsüchtigen  Zeitalter  lebhaft  begehrt.  Um  diesen  Orden  handelt  es  sich 
auch  bei  dem  Frankfurter  Patrizier  v.  Rückingen,  den  der  Frankfurter  Rath 
wegen  Tragimg  desselben  in  das  Gefängniss  führen  liess.  Es  ist  hiernach  zu 
verbessern,  was  der  Hrsgbr.  S.  19  über  diesen  Punct  gesagt  hat.  Mit  dem 
Ritterschlag  am  h.  Grabe  war  kein  Ordenszeichen  verbunden.  Über  das  Fac- 
tum wurde  nur  eine  Bescheinigung  ausgestellt. 

S.  299.  »ne  vultus  ledatur  a  calore  vel  ortu  solis«.  »Unverständlich«. 
bemerkt  der  Hrsgbr.  Es  liegt  aber  doch  nahe,  dass  »ictu  solis«  zu  lesen  sein 
möchte. 

Der  JIrs<rl)v.  luit  zu  II.  und  IV.  »Wörterbücher«  (das  Wort 
»Glossar«  perliorrescirt  er]  gegehen,  in  denen  unsers  Erachtens 
recht  viel  Überflüssiges  steht,  Nr.  III.  (Claks  van  Düsen)  ist  da- 
gegen ganz  leer  ausgegangen.     Hinter  den  Wörterbüchern  findet 


73 

sich  noch  von  S.  331 — 350  eme  »neüage«,  betitelt  )iUie  Ae^y])- 
tische  Goettersage  in  der  christUchen  Le<>endc .'«  Sie  ist  eine  Ilhi- 
stration  zu  dem,  was  der  IIist>;l)r.  in  der  Vorrode  über  die  Wis- 
senschaft der  niittehilterlichen  Myth()lo<j;ie  erklärt,  auf  (U'ren 
Gebiet  kaum  der  erste  S])atenstich  gescliehen  sei.  »Ein  ungelieue- 
rer  Stoff  ist  für  sie  in  der  l'ilfj^erlitteratur  unausgebentet  aufi^e- 
häuft:  es  lagern  dort  neben  den  volksmässigen  und  gelehrten 
Rückerinneruugen  an  die  alte  Götterwelt  von  Hellas  und  Rom, 
Syrien  und  Ägypten,  Arabien  und  Nubien  selbst  die  mittelalter- 
lichen Schiffermährchen  des  Mittelmeeres,  die  liegenden  des  Is- 
lams, wie  die  der  griechischen  und  römischen  Kirche  in  bun- 
tem Durcheinander  und  vcnlangen  um  so  mehr  Entzifferung,  als 
sie  in  der  Gestalt  von  Rückfracht  der  Pilger  in  die  abendlän- 
dische Mythologie  sich  einzuführen  gewusst  haben«.  Der  Hrsgbr. 
hat  in  derThat  überall,  wo  es  nur  anging,  den  Versuch  gemacht, 
die  in  dem  Text  genannten  Heiligen  auf  ihren  antiken  Stamm- 
baum zu  examiniren.  Weiter  behandelt  die  Heilage  drei  derar- 
tige Themata:  1)  Erweist  sich  derb.  Oniiphrius  als  Osiris,  2)  fin- 
det sich  für  den  h.  Paulus  von  Theben  ein  Platz  in  der  Osiris- 
sage,  und  3)  zeigt  sich  die  h.  Katherina  nach  Abstreifung  des 
christlichen  Faltenwurfs  als  Göttin  Hathor,  die  ägyptische  Aphro- 
dite. Ref.  muss  bekennen,  dass  er  als  nüchterner  Historiker  nicht 
in  der  Lage  ist,  darüber  sich  ein  Urtheil  zu  bilden, 

Druck  und  Ausstattung  entsprechen  vollständig  der  fürst- 
lichen Gönnerin ,  deren  Liberalität  das  Erscheinen  des  Hnches 
ermösrlicht  hat. 


^ö' 


Au  rieh  (Ostfriesland),  im  December  1882. 

Karl  Hkrquet. 


Die  sogeiumute  Mauara  in  Tyriis. 

Von  J.  Oildemeister  in  Bonn. 


Früher  ist  in  dieser  Zeitschrift  über  die  Bedeutung  des  Na- 
mens Manära,  welcher  zuerst  durch  die  Expedition  von  1S74 
als  jetziger  \'olksausdruck  für  die  grosse  Kirchenruiue  in  Tyrus 
bekannt  wurde,  und  über  die  aus  ihm  zu  ziehenden  Folgerungen 
gesti'itten  worden.  In  welchem  Sinn  die  Eingebornen  selbst  den 
Namen  verstehen,  war  nicht  gesagt.  Herr  Dr.  Hartmann  in 
Beirut,  den  ich  ersucht  hatte,  darüber  wo  möglich  Nachricht  ein- 
zuziehen ,  tlieilt  mir  folgenden  Auszug  aus  einem  Briefe  des  be- 
kannten Herrn  Ei.juh  Akela,  ^  iceconsuls  in  Saida,  (vom  22.  Febr. 
lSb3)  mit: 

wQiiant  aux  reusei gnements  que  Vous  desirez  avoir  sur  la 
raison  pour  laquelle  les  actuels  hal)itants  de  Sour  appellent  Tau- 
cienne  cathedrale  de  Tyr  »Manarac ,  j'ai  l'honneiu-  de  Vous  dire 
(jue,  jadiS;  quand  je  me  rendis  avec  M.  Weber  ä  cette  ville  pour 
ananger  l'affaire  de  fouilles  qu'avait  entreprises  le  Professeur 
Sepp,  je  fis  cette  meme  demande  ä  quelques  vieillards  de  Sour,  et 
cette  fois-ci  je  Tai  reiteree  ä  plusieurs  Tyriens  de  passage  par 
Saida ;  mais  tant  alors  que  cette  fois  aussi  on  m'a  toujours  dit  que 
cette  denomiiiation  lui  vient  de  ce  que  dans  le  temps  il  y  avait 
])res  de  la  catht'drale  ou  bien  ä  cote  de  sa  coupole  un  edi- 
fice  de  (I'hare'  Manarat  pour  Teclairage  du  port ;  voici  tous  les 
renseignements  que  j'ai  pu  recueillir«. 

Es  bleibt  also,  wie  sich  von  selbst  verstand,  l)ei  der  Bedeu- 
tung  Leuchtthurui,  und  die  Kuine  heisst  nicht  schlechthin  Ma- 
uara, sondern  die  Kirche  d  er  Manära.  Und  so  steht  arabisch  in 
dem  Bestätigungs-Document  [mazbata],  welches  der  Medschlis 
von  Tyrus  über  den  Ankauf  der  Hütten  auf  dem  Ausgrabung«- 


75 

tenain  ausstellte,  und  das  Herr  Dr.  IIartmann  mir  ebenfalls  niit- 
getlieilt  hat,  nielinnals  jj^csclirieben  kcnlset  el-manüra^  die  Kirche 
der  Manara.  Von  einem  eif>nen  neben  der  Kuine  gelef^^enen 
IjL'Uchtthurme  oder  dessen  Spuren  wird  nichts  erwähnt,  oben 
heisst  es  ausdrücklich  :  neben  der  Kuppel ,  und  es  kann  daher 
nur  gemeint  sein  der  einst  im  südlichen  Uuerschiff  vorhandene 
Thurm,  dessen Eest  noch  heute  «einen  der  höchstragenden Theilc 
der  liuine  bildet«  (Pkutz,  Aus  Phönizien  S.  327),  der  zu  Maki- 
Ti's  Zeit  noch  stand  und  mittelst  einer  \yendeltre])pe  bestiegen 
wurde.  Dieser  Thurm  konnte  von  den  Eingebornen  mit  Recht 
als  neben  der  (vorausgesetzten)  einstigen  Kuppel  befindlich  be- 
zeichnet werden  und,  falls  er  nicht  wirklich  zu  Leuchtfeuern  be- 
nutzt ist,  auf  sie  den  Eindruck  machen,  dass  er  zu  diesem  Zwecke 
bestimmt  sei. 

Zur  ErgänzTing  des  nerichtes  über  die  Verhandlungen  bei 
Sepp,  Meerfahrt  S.  112,  und  als  eine  nach  Inhalt  und  Stil  nicht 
uninteressante  Probe  heutiger  türkiscli-arabischer  Pechtsformen 
ist  die  genannte  Urkunde  mit  der  Übersetzung  Dr.  IIartmann's 
liier  vielleicht  an  der  Stelle. 


^jX^^                  Km^^^Z>-                   ).♦>•      .»Aww.^- 

^'J^\  J..i'^  hiU-\  ^Aj 

wV-«.^              >.Xaa.2J)     ^-^j;               ^'^ri^ 

äüiAÜ^»,    («.AXJ    ^äo/Li^             ^ÄJ• 

^La^              L/'-b'"     '-'55^'-^               >— A.jLb     ^\ 

v^^^Äj    *J-*            ,^^ii-\xAaj)    ,iAaO 

Jj.xc    lA^.^            ^»,iA.^Jl    i^.-^^tJ^ 

/  üU'JJl     ry^=^                 ^^^-15      «—^.S^ 

^lÄl^  ÄÄi»l_j;   (sie)  »^LJAjI  ;_^a>.?^  »3^^  (^E  x»jU<    .j*,m*s>- 

y^.k^'  ,^A.M*^^i    jaj»    «.aaw-o   v_jLo»   v_;-i-2^i  iiA^   0--vi   wVs  (.i^A^i- 

(^iX;>\Aji    j^.-??.     ,-)^    b.Uit    L\A«/.A^i      ^3    ^ÄjÜÜS     Oj-^^^     ^-jL^S     If^J^-     O^ 

^s  ^i:>^i^  X.^X4.>.5  .\*.j>\üJi  \Ai>:.jLÄJ!  Xii^\  J^  ^,r=vxjL  L^ 
»jLc^  ._^.  ^i!  (juj^'^.w  ..cCsc  i\*AwÄjLj  *-ciÄ.r>\ii  o«i.^-'  ^^äaCi 
lAs    .I^Lji-^    u^li    iy"..^I:iJ^    L^pUjLj    AJ^L/iJ.i^    s.LÄli    iw-v^     Q*-^    ^J^^' 

i^ii:'    /  i^5.      jtSiy^i    i')^'*"-''       c^     •y-f}''^^'^^*    i'5'^iJ^'*^3    i^r^r^'**^''    ]*->''>^' 


U- 


76 


xcbLbu»    ^-JbAii    ;>=^    oJ^xi>   wuUl    «Ä5i   ^^1    L;^  (^^'blb^i 

IJedr  el-hafiz,  Vertreter  der  Moschee  —  Jlusain  Hamra  — 
Chamise  —  Chalil  Zaine  —  Mustafa  Na'im  und  seine  Mutter 
Dibe  —  Zib  eddai'a  —  Mohammed  Haidar  essidäwi  —  Marjam 
bint  Umm  Tälib  —  Dä'iid  Jünes  —  Sälih  Hubbalhih  —  Hasan 
Dokmak  —  Ibrahim  Elbedewi  —  Mohammed  'xVbbüd  —  Husain 
JSehime  — '^Ali  Ilidschäze  — -  Habib  Eddclläh  und  seine  Schwester 
Dschelile  —  Husain  Kaschschür  und  sein  »Sohn  Mohammed 
Kaschschür. 

Da  der  kais.  Deutsche  Generalkonsul  Herr  Weber  diese 
Stadt  mit  seinem  Besuche  beehrt  hat,  versehen  mit  einem  Hohen 
1 'ermän ,  dass  er  die  Erlaubniss  habe ,  die  l^esitzer  der  in  der 
Kirche  Elmenfira  befindlichen  Häuser  zufrieden  zu  stellen  und 
in  derselben  Ausgrabungen  nach  alten  historischen  Monumenten 
anzustellen ,  so  hat  er  durch  Vermittlung  des  Medschlis  die  den 
hier  ol)en  angeführten  19  (?)  Personen  gehörigen,  innerhalb  der 
Kirche  Elmeucira  gelegenen  Häuser  gekauft  und  hat  sie  (seil,  die 
Besitzer)  mit  iliren  Preisen  zufriedengestellt  und  sie  haben  ihm 
aus  gutem  Willen  ihre  erwähnten  Häuser  für  den  stipulirten  und 
baar  in  ihre  Hände  bezahlten  Kaufpreis  verkauft,  freiwillig  und 
ohne  einen  Einspruch  zii  erheben,  vielmehr  sind  alle  dankbar 
imd  verbunden  und  haben  den  Preis  ihrer  Häuser  nach  ihrem 
Verlangen  und  Wunsch  erhalten,  in  Form  alles  Rechtes,  ohne 
dass  auf  einen  von  ihnen  irgendwie  der  geringste  Schaden  fällt ' 
und  so  dass  ihnen  nicht  das  geringste  Verfügungsrecht  und  An- 

1 ;  Wohl  so  zu  verstehen ,  dass  der  Verkauf  nicht  mit  einem  von  ihnen 
wieder  rückgängif?  gemacht  werden  kann.  H.  Elmaghdürlja  scheint  zu  fassen 
als  »das  Ubervortheiltsein,  Übertölpcltsein«  und  die  Phrase  den  Sinn  zu  haben 
von  unserer  Jledensart:  sich  der  Einrede  der  Verletzung  über  oder  unter  der 
Hälfte  begeben.     [Dieser  Erklärung  stimmte  Dr.  H.  brieflich  bei.]  G. 


77 


Spruch  auf  die  genannten  Häuser  bleibt.  Da  dieser  Kaufvertrag 
vor  dem  Medscblis  und  mit  seiner  Kenntniss  zu  Staude  gekom- 
men ist,  so  wird  derselbe  hiermit  durch  diese  Mazbata  lega- 
lisirt. 

26.1lebf  191.    30.  April  90  (d.i.  12.  Mai  1874) 
Der  Kajimmakäm  von  Tyrus        Der  Na  ib       Der  Finan/.director 
Mustafa  Ahmed  Chulüsi  Sa\l  eddin 

Mitglied 
Ali  fJharif. 

Es  folgen  noch  die  zum  grösseren  Theil  unleserlichen  Na- 
men oder  eigentlich  Siegel  von  sieben  Mitgliedern ,  dem  Secre- 
tair,  und  zweien  Schreibern. 


Moal)itis('li(3s! 

Von  E.  Prvui  in  l'.oni). 


Im  ()ctol)erliefte  der  Quarterly  Statements  des  I\alestine 
Exploration  Fund  veröffentliclit  Captain  Condeu  S.  184  n.  fg<r. 
vier  »vermutlilich  nabatäisclie  und  liimjaritische'(  Steininscliriften 
aus  Medeba.  Die  Ordinale  derselben  werden  im  Lateinischen 
J'atriarchate  zu  Jerusalem  aufbewahrt,  wo  Condkr  sie  1881  sah 
und  copirte.  8ie  sind  nach  ihrer  au^ebliclien  Entdeckung  im 
Frühjahr  ISSI  von  den  lateinischen  Missionären  aus  Medeba 
dorthin  geschickt  worden.  Tm  August  desselben  Jahres  besuchte 
('oNDKK  Medeba  und  erfuhr  auf  eine  Nachfrage,  »that  they  had 
all  been  found  by  excavatiou ,  or  amid  heaps  of  fallen  stones, 
wlien  the  newly-established  Eatin  colony,  at  this  ruined  city,  was 
engaged  in  building  up  rüde  drystone  enclosures  for  their  cattle«. 

Die  dritte  dieser  Inschriften,  an  deren  Fk-htheit  Condbr 
nicht  gern  einen  Zweifel  aufkommen  lassen  möchte,  erinnerte 
mich  sofort  an  die  sog.  «südarabischen«  Charaktere  weiland  moa- 
bitischen Angedenkens  und  entschleierte  sich  bei  genauerem  Zu- 
sehen auch  bald  als  alte  Bekannte.  Sie  stimmt  Buchstabe  um 
Buchstabe  mit  der  «Felseninschrift  von  Dibänc  überein,  welche 
bei  A.Koch,  Moabitisch  oder  Selimisch  /  Stuttgart  187G,  auf  Ta- 
fel TU  als  Nr.  5  nach  einem  Abklatsch  im  Besitze  Schapira's  pu- 
bHcirt  ist;  nur  wird  die  bei  Conder  Z.  4  nach  dem  vierten  Zei- 
chen von  rechts  sich  zeigende  Lücke  bei  Koch  durch  ein  fc  aus- 
gefüllt. Bei  dieser  Lücke  wird  wohl  eine  Untersuchung  einsetzen 
müssen,  die  das  Verwandschaftsverhältuiss  zwischem  dem  Steine 
und  der  Kocu'sclien  Zeichnung  deutlicher  darstellen  will.  Die 
Inschrift  selbst  wird  1)ekanntlich  von  Koch,  dem  gewiss  niemand 
•  1(11  \  orwurf  übertriebener  Skepsis  in  moabitischen  Dingen  machen 
kann,  a.  a.  ().  S.  8!)  und  sonst  unter  den  Beispielen  unzweifel- 
bafter  Fälschungen  aufgeführt. 

Bonn  3/1  84. 


Beiträge  zur  Keiintiiiss  abergläubischer  Gebräuche 

in  Syrien. 

Von  Eijüb  Abela,   Vieeconsul  des  deutscheu  Reichs  m  Saida^i. 


Für  die  Kenntniss  abergläubischer  Gebräuche  und  Meinun- 
gen sind  im  Verhältnisse  zu  der  Wichtigkeit  dieses  Gegenstan- 
des vom  Orient  aus  nur  spärliche  Beiträge  geliefert  worden, 
bekanntlich  haben  die  Gelehrten  des  Orients  für  derartige  Dinge 
nicht  den  mindesten  Sinn.  Der  Verfasser  der  vorliegenden  Samm- 
lung hat  seine  Mittheilungen  durchweg  aus  dem  Volksmunde 
geschöpft.  Er  hat  dieselbe,  ermuntert  durch  Herrn  Prof.  Dr. 
VOM  Rath  sowie  durch  andere  Gelehrte,  als  einen  ersten  Ver- 
such auf  diesem  Gebiete  der  Öffentlichkeit  übergeben.  Unzwei- 
felhaft würde  die  Fortsetzung  dieser  Studien  manche  wichtige 
Resultate  ergeben;  Vollständigkeit  zu  erreichen  ist  dabei  ja  stets 
unmöglich.  —  Die  Muslimen  geben  solchen  Sammlungen  den  Na- 
men Um  er-rukke  (Spinnrockenwissenschaft)  und  behau])ten,  ein 
Prophet,  Namens  Arukin'^),  sei  zu  den  Israeliten  gekommen,  sei 
jedoch  bloss  von  den  Frauen  gut  aufgenommen  worden.  Diese 
letzteren  habe  er  nun  in  der  Wissenschaft  des  Aberglaubens  un- 
terrichtet und  sie  geheissen ,  dieselbe  durch  mündliche  Überlie- 


Ij  Vorliegende  Sammlung  wurde  von  Herrn  Abela  Herrn  Geh.  Bergrath 
Dr.  VOM  Ratu  übergeben.  Das  Manuscript  ist  in  französischer  Sprache  abget'as.st 
mit  arabischen  Anmerkungen ;  letztere  glaubte  der  Übersetzer  nicht  ganz  un- 
terdrücken zu  sollen.  Die  Übersetzung  war  keine  leichte  Aufgabe,  da  man 
sich  ganz  in  den  arabischen  Ideenkreis  versetzen  musste.  Hin  und  wieder 
sind  allzu  starke  Wiederholungen  im  Deutschen  vermieden  worden;  doch 
durfte  das  Ganze  seinen  orientalischen  Tenor  nicht  einbüssen.    Anm.  d.  l  . 

2)  »Arouckin«  i.  fr.  Mscpt. 

Ztschr.  (1.  Pal.-Vpr.  VH.  ti 


80 

forunj;  fortzupflaiizon.  Dahor  kennen  anch  bloss  die  PVanen 
sdlflie  al)eit;liiiil)isc-lu'n  Gebräuche  und  Meinungen;  dieselben 
heissen  daher  auch  allgemein  :   Huch  der  Frauen. 

liei  den  Metäwile's  ist  der  Glaube  verbreitet,  dass  diese  Ge- 
hräiiclic  in  die  vorinuslimische  Zeit  zurückzudatiren  seien.  .Sie 
erzählen ,  es  habe  einmal  eine  Frau ,  deren  Vater  ein  Mensch. 
deren  Mutter  jedoch  eine  Fee  gewesen  sei,  zwei  Arabern,  welche 
üufaih  inid  scJnk  hiessen,  in  den  Mund  gespien  und  ihnen  auf 
diese  AVeise  die  Kenntniss  der  abergUuibischen  Gebrä\iche  und 
Meinungen  mitgetheilt.  Letztere  theilen  die  Metäwile's  in  drei 
Kategorien:  1)  tiifciul.,  Kenntniss  der  guten  Omina.  2]  faschäum, 
Kenntniss  der  bösen  Omina,  und  'i)'ki/üfe,  Erkenntniss  der  Zu- 
kunft. 

Die  Juden  behaupten,  dass  diese  Wissenschaft  bis  in  die 
Zeit  von  Moses  hinaufreiche,  inid  dass  die  Altesten  der  jüdischen 
Gemeinde  den  Leuten  ilires  A'olkes  die  Kenntniss  derselben  bei- 
gebracht haben ,  damit  sich  diese  vor  den  Angriffen  der  in  der 
Magie  bekanntlich  besonders  bewanderten  Ägypter  schützen 
könnten. 

Es  scheint,  dass  die  orientalischen  Christen  die  abergläubi- 
schen Meinungen  und  Gebräuche  von  den  Völkern  entliehen, 
unter  welchen  sie  lebten.  Sie  nennen,  wie  schon  bemerkt,  diese 
Wissenschaft  das  Buch  der  Frauen  und  behaupten,  dass  einmal 
bei  irgend  einer  Gelegenheit  das  ganze  Ikich  in's  Wasser  gefal- 
len und  nur  ein  einziges  F>latt  aus  demselben  gerettet  worden 
sei :   dieses  letztere  sei  jetzt  überall  im  Umlauf. 

So  \del  über  die  Ansichten  in  lietreff  des  Ursprungs  derarti- 
ger Meiniuigen. 

1 .  Ausser  den  guten  und  bösen  Tagen,  die  es  nach  allgemei- 
nem Aberglauben  in  jedem  Jahre  giebt,  und  die  wir  später  aufzähhm 
worden,  hat  auch  jede  Woche  ihre  guten  und  bösen  Tage.  Sonn- 
tag und  Donnerstag  sind  gute  Tage ;  darum  unternimmt  man  an 
denselben  gerne  die  Ausrüstung  einer  Aussteuer ,  Reisen ,  den 
Umzug  von  einem  Ort  zum  andern  u.  s.  w.  Montag  und  Freitag 
sind  ebenfalls  nicht  ungünstig,  während  Dienstag,  Mittwoch  tmd 
Samstag  unglückliche  Tage  sind :  wer  eine  Arbeit  an  einem 
Mittwoch    anfängt,   läuft  Gefahr,    dass  sie  ein  schlechtes  Ende 


81 

nimmt;  wo.r  sich  Samstap;s  oin  Kloid  machon  lässt,  riskiit,  dass 
ihm  (hissell»!  verhvcnnt;  ein  Diciistaf^s  vcrfovtif^tcs  Kh'id  imtor- 
licfift  dorn  Schicksal,  einem  Anchnn  v(>rmac]it,  /n  \\('V(h'n. 

2.  KiulJaucr,  welcher  Wolfshohnen  säen  will  nnd  eine  f^ute 
Ernten  7M  erzielen  wünscht,  mnss,  ehe  er  sich  anfs  Feld  he^ieltt. 
seine  Frau  durchprügeln,  weil  man  ojlauht,  dass  tüchtif^e  Stock- 
schläge eine  gute  Ernte  von  Wolfshohnen  zur  Folge  hahen. 

3.  Wer  nicht  will,  dass  seine  Tochter  haarig  werde,  muss  sie 
hei  der  Geburt  mit  dem  Blut  einer  Fledermaus  bestreichen. 

4.  Wer  wünscht,  dass  seine  Tochter  die  Gabe  erhalte,  gut  zu 
sprechen,  muss  ihr,  sobald  sie  geboren  ist,  die  Lippen  mit  Staub 
(Erde?)  bestreichen,  den  man  unter  der  Thürangel  (gond)  des 
Zinnners,  in  welchem  sie  geboren  wird,  wegnimmt. 

5.  Man  leiht  nicht  gern  seinem  Freunde  das  Taschentuch,  da- 
mit er  sich  die  Hände  daran  wische,  weil  man  sonst  zu  befürch- 
ten hat,  sich  in  der  Folge  mit  ihm  zu  entzweien.  Zur  Noth 
köinite  man  es  ihm  unter  der  Bedingung  leihen,  dass  er  an  einen 
Zi])fel  desselben  einen  Knoten  mache,  ehe  er  es  zurückgiebt. 

G.  Ein  Beduine,  der  sich  auf  eine  Reise  begeben  oder  in  einer 
sonstigen  Angelegenheit  sich  auf  den  Weg  machen  will .  kehrt 
um  und  giebt  seine  Absicht  auf,  wenn  die  erste  Fersen,  welclie 
er  antrifft,  einen  leeren  Krug  trägt,  was  ein  sehr  böses  Zei- 
chen ist. 

7 .  Einen  Bettler,  der  nach  Sonnenuntergang  bettelt,  schickt 
man  schnell  fort,  da  sein  Kommen  zu  so  später  Stunde  von  böser 
Vorbedeutung  ist. 

8.  Nach  Sonnenuntergang  darf  man  nicht  mehr  kehren,  weil 
man  sonst  fürchten  mnss,  das  jüngste  Glied  aus  der  Familie  zu 
verlieren.  Im  Nothfall  wäre  es  erlaubt,  wenn  die  Hausfrau, 
nachdem  gekehrt  ist,  die  Spitzen  des  Piesens  verbrennt. 

9.  Wenn  eine  Frau  oder  ein  Mädchen  über  ein  am  Boden 
liegendes  Kind  wegschreitet,  so  läuft  dasselbe  Gefahr,  nicht 
mehr  zu  wachsen.  Dieselbe  Person,  Avelche  solches  gethan  hat, 
muss,  um  Schaden  zu  verhüten,  noch  einmal  in  entgegengesetz- 
ter Richtung  über  das  Kind  wegschreiten. 

10.  Es  ist  von  schlimmer  Vorbedeutung,  wenn  ein  leicht  zer- 
brechliches Gefäss  fällt,  ohne  zu  zerbrechen ;  darum  zerschlägt 
man  dasselbe  oft,  damit  nichts  Böses  daraus  entstehe. 


82 

1 1.  Wonn  hoim  Servilen  desKaffee's  eine  oder  raehroro Tas- 
sen unil'allon  .  so  ist  dies  von  outcv  A'orhedoTitmiijf.  Man  schilt 
niemanden,  der  eine  solche  rnj^eschicklichkeit  hejj^eht,  besonders 
nicht,  wenn  es  ein  Glied  der  Familie  ist. 

12.  Man  betrachtet  denjenifjen,  der  zntalli^orweise  das  Hemd 
oder  die  Hosen  verkehrt  angezogen  hat.  als  gefeit  gegen  Zau- 
berei. 

13.  l'm  zn  verhüten,  dass  geviisse  ^'orräthe  von  den  Würmern 
gefressen  werden ,  müssen  dieselben  im  dritten  oder  vierten 
Mondviertel  eiugethan  werden.    Dasselbe  gilt  vom  lianholz. 

14.  Wer  das  Innerste  von  Zwiebeln  oder  Lanch  als  Salat 
isst,  läuft  Gefahr,  seine  Eltern  zu  verlieren. 

1.5.  Um  die  Schlangen  aus  einem  Gemach  zu  vertreiben  oder 
deren  Hereinkommen  zu  verhindern,  lässt  man  einen  Heschwö- 
rer  kommen.  Dieser  nimmt  in  seine  rechte  Hand  eine  l^ortion 
Linsen  und  wirft  sie,  nachdem  er  die  nachfolgende  Formel  sehr 
leise  gesprochen  hat;  in  die  vier  Winkel  des  Gemachs ;  er  ver- 
sichert, dass  die  Schlangen  sich  nie  dem  Orte  nähern  würden,  so 
lange  die  Linsen  da  seien.  Diese  Beschwörung  hat  aber  keinen 
Einlluss  auf  die  Viper,  da  man  glaubt,  dieselbe  habe  keine  Oh- 
ren und  könne  sie  darum  nicht  hören.  Die  Formel  lautet  folgen- 
dermassen\i  :  »Im  Namen  Allahs,  des  Gnädigen  und  Harmher- 
zigen. .Täsin  ist  unsere  Wohnung  und  der  Gnädige  ist  unser 
Patron ;  auf  dieser  liehausung  steht  angeschrieben  der  \'ers  Mu- 
hamed's  und  Alis.  Fernes  komine  nicht  an  uns  und  Nahes  füge 
uns  keinen  Schaden  zu.  Mögest  du  austrocknen,  wie  die  Wür- 
mer im  Holze.  ]]ei  dem  auf  das  Siegel  geschriebenen  Namen 
Salomo's,  des  Sohnes  Davids,  beschwöre  ich  dich,  o  Sekine 
(sie!),  bei  dem  grossen  Namen  Allah's,  dessen  Name  das  Wasser 

'sie)   U-ywiu    "bJ   — Aj.ä    -^^-?^.  "^  '-^f^*'?    I  c^;    l-X.♦.^-^    '\j}     *>-;>-.'    -sÄP    tc^ 
*.Jw3-  ,t^^  ' ^XNj*  (^A.Ji   .«.Av^5lJ    'Jyx.^li    J»vA-i    (sie)    i/^"^J  *-«"i      sie,   .  ^m*»*>j' 

,.yA   i-^i^    -^i-   J.^    .-.IXU    iÄP     .y^  ^>.i^    ...!    U,\    J<.ts>-    x«.^^    e5'Ä.j5 

^-b»         .ji.*>vl~.      JA-^>w     «Ju^»     .   ^i.C:      ^^'.,iSii\      (^Aj'      *.a«*41j     i-)L5,^      ÄJU.^S 


83 

f^efrieren  macht:  mögest  du  von  diesem  Oiti-  wcg/.iclu'ii  an  einen 
andern  Ort  in  den  vier  Winkeln;  beim  Namen,  der  auf  das  Sie- 
gel unsers  Herrn  Salomofgravirt  ist,  und  bei  dem  tausendfältigen 
Ausspruch:  Es  ist  keine  Hilfe  und  keine  Macht  aussen-  bei  Allah, 
dem  Hohen  und  Grossen«. 

16.  Um  das  Eindringen  des  Giftes  eines  Scorpiononstiehs  /u 
verhindern,  lässt  man  einen  IJesclnvörer  kommen.  J)ieser  l)e- 
netzt  dreimal  mit  seinem  8i)eichel  die  Stelle  des  Stiches,  indem 
er  jedesmal  den  Spruch  rccitirt:  Im  Namen  Gottes,  des  Gnädigen 
und  Harmher/igen !  und  spricht  dann  leise  folgende  Eormel ')  : 
»Ich  beschwöre  dich,  o  Scorpionengift,  bei  unserm  llerni  Noah 
und  bei  den  Angehörigen  unseres  Herrn  Noah!  Heil  sei  über 
Noah !  Heil  sei  über  Noah  !  Heil  sei  über  Noah !  Werde  kalt,  o 
Gift,  und  entferne  dich  früh,  früh,  früh» ! 

17.  Um  eine  Schlange  zu  betäuben  und  sie  zu  verhindern,  den 
Ort,  wo  sie  sich  befindet,  zu  verlassen,  spricht  der  Beschwörer 
folgende  Eormel:  »O  Mähür!  '^)  Ich  beschwöre  dich,  o  Schlange, 
bei  dem  anbetungswürdigen  Gott :  du  mögest  erstarren  und  ver- 
trocknen, wie  der  Wurm  im  Holze,  bei  dem  Namen,  der  einge- 
graben ist  auf  das  Siegel  unseres  Herrn  Salomo.  des  Sohnes  Da- 
vids ;  sofort !  sofort !  sofort !  o  Karondos  '^)  in  Ketten  !  Sei  ein- 
gekerkert; bleib  stehen,  o  Verfluchte.  So  befiehlt  es  der 
Höchste«. 

IS.  Es  ist  streng  verboten,  Nachts  oder  im  Einstern  warmes 
Wasser  in  der  Küche  auszuleeren,  weil  dasselbe  einen  Dschinn 
verbrennen  und  dieser  dann  aus  Rache  in  die  Person  fahren 
könnte,  die  das  warme  Wasser  über  ihn  ausgeleert  hat. 

1^.  Ebenso  ist  es  verboten,  auf  dem  Abtritt  und  in  den  öffent- 
lichen Bädern  Wasser  auszuleeren,  ohne  vorher  »Destür«  (Er- 
laubniss)  gesagt  zu  haben,  damit  nicht  die  Dschinnen  in  den- 
jenigen fahren,  der  diese  Frechheit  begangen  hat. 

1)  (sie)   v_j,ÄÄjt    ^,^*^l\    LiJi    [)    d^JLc.    o^*w.äl  ♦A^J'  ^-♦J>.Ji    .A^ 
j.^i*«  _ji    (C^    *^LfM    ^^    i5^^    [»^sU.    r-jj    J^^tv*  J^»    'T'jJ    j'-\y^r 

Lta^\-^-w    ^*.^\*.*N    Lfc^ow.v«    ^» ,»     *.-v.     ü    J>,ji     F- *--    ,  .r^.    Letzteres  Wort 

"      ■       ^^''^     '        "      -^'       ^-        ^ 

ist  im  Französischen  mit  »de  suite«  übersetzt. 

2)  Mähür  und  Karondos  sind  nach  dem  Volksghiuben  Dschinnen,  welche 
eine  grosse  Macht  über  die  Schlangen  besitzen. 


84 


20.  ^^'^'llll  ein  kleines  Kind  an  irgend  einer  Krankheit  da- 
hinsiecht. SU  glanht  man.  dass  es  gegen  ein  Dschiinienkind  aus- 
getauscht Avorden  sei.  Seine  Eltern  tragen  es  daher  zu  den  Hei- 
liirenirräbern.  Itci  denen  sich  stets  C'isternen  befinden,  und  lassen 
es  dort  in  dieCisterne  bis  ganz  nahe  /um  Wasser  hinunter.  Dann 
ziehen  sie  es  Avicder  heraiif .  überzeugt,  dass  die  Fee  ihr  eigenes 
Kind  wieder  an  sich  genommen  und  das  rechte  zurückgegeben 
habe. —  Der  Glaube  an  dieDschinnen  hatte  sich  bei  Tnis  fast  ganz 
verloren,  als  fidgende  Geschichte  ihm  wieder  neue  Nahrung  gab: 
Die  Tochter  einer  muslimischen  Frau  in  Akko  lag  an  den  Hlat- 
tern  schwer  erkrankt  darnieder.  Da  sah  die  ängstlich  besorgte 
Mutter  eines  Tages  einen  grossen;  schwarzen  Hund  herzulaufen; 
der  ihr  durch  Schweifwedeln  seine  Theilnahme  auszudrücken 
schien.  Sie  Avarf  ihm  ein  grosses  Stück  Brot  hin  und  erklärte 
ihm,  sie  würde,  falls  ihre  Tochter  wieder  gesund  werde,  sie  ihm 
zur  Frau  geben.  Nach  wenigen  Tagen  genas  das  Mädchen  in  der 
That,  und  auch  der  Hund  zeigte  sich  wieder,  wie  um  seinen 
Lohn  zu  empfangen.  Die  Frau  warf  ihm  zunächst  wieder  ein 
Stück  Brot  hin  und  forderte  ihn  auf,  nach  sechs  Jahren  mit  einem 
regelrechten  Heirathscontrakt  und  dem  nöthigen  Krautschatz 
wiederzukommen.  Nach  Ablauf  der  bestimmten  Frist  erschien 
der  Hund  wirklich  wieder  und  bedeutete  die  Frau,  zunächst  in 
ihrem  Kleiderschrank  und  unter  dem  Kopfkissen  ihrer  Tochter 
nachzusehen.  In  ersterem  fand  sie  in  der  That  einen  Sack 
voll  Gold  und  unter  dem  Kissen  den  verlangten  Heirathscon- 
trakt. In  ihrer  Verlegenheit  wandte  sie  sich  an  einen  in  hohem 
Ansehen  stehenden  Beschwörer  und  versprach  demselben  eine 
reiche  Belohnung,  wenn  er  sie  von  diesem  Schwiegersohn  be- 
freien Avolle.  Der  Beschwörer  erklärte  sich  bereit,  sein  Möglich- 
stes zu  thun,  um  die  Sache  rückgängig  zu  machen,  behauptete 
jedoch,  jener  Hund  sei  der  Sohn  des  Königs  der  Dschinnen. 
Diese  Geschichte  wurde  allgemein  bekannt. 

2 1 .  Wenn  irgend  ein  Gegenstand  verloren  gegangen  ist  und 
man  ihn  später  wieder  findet,  so  glaubt  man  sicher,  die  Dschin- 
nen hätten  sich  denselben  geliehen. 

22.  Man  hütet  sich  mit  einem  Gewehr  zu  spielen,  selbst 
wenn  dasselbe  nicht  geladen  ist ;  denn  Satan  könnte  es  selber 
geladen  haben. 


I 


85 


23.  Wer  nachts  im  FiTisteru  in  einem  liiulclmuse  schreit  oder 
Lärm  macht,  riskirt  von  den  Geistern  geuhrfei<;t  zu  Averden  und 
die  Sprache  zu  verlieren. 

24.  Um  zu  verhüten,  dass  die  niklen Thiere  ein  Feld  verwü- 
sten, nimmt  man  ein  halboffenes  Federmesser  und  si)richt,  gegen 
Süden  gewandt,  fünf  Minuten  vor  Sonnenuntergang  folgende  For- 
mel:  »Was  hat  Gott  gethan  mit  den  Leuten  des  Elephanten'M) 
Er  hat  ihnen  die  Zunge  gebunden.  Durch  seine  höchste  Macht 
binde  und  schliesse  ich  den  Mund  dieses  und  jenes  Thieres  uml 
verhindere  es,  diess  Feld  zu  verwüsten«.  Dann  schliesst  nuin  das 
Federmesser. 

25.  Wenn  eine  Henne  anfängt  zu  krähen,  so  ist  das  von 
schlimmer  Vorbedeutung  für  die  Leute,  in  deren  Jlühnerhof  sie 
sich  befindet.  Auch  wird  sie  sofort  getödtet,  weil  sie  thut,  was 
ihr  nicht  zusteht. 

26.  Es  wäre  sehr  unrecht,  einem  kleinen  Kind  die  Nägel  zu 
schneiden,  ehe  es  wenigstens  ein  Jahr  alt  ist;  denn  es  könnte 
dadurch  später  ein  Dieb  werden. 

27.  Man  muss  nie  einem  Kind,  das  noch  kein  Jahr  alt  ist, 
die  Haare  schneiden,  weil  es  sonst  eine  Waise  werden  könnte. 

28.  Es  ist  ein  gutes  Zeichen,  wenn  eine  Frau  aus  Versehen 
ihren  Schleier  verkehrt  angezogen  hat,  denn  sie  wird  über  kurz 
oder  lang  die  Pilgerschaft  antreten. 

29.  Wenn  ein  Licht  oder  eine  Lampe  in  einem  Zimmer  von 
selbst  auslöscht ,  so  ist  das  ein  gutes  Zeichen  für  die  Personen, 
die  sich  in  dem  Zimmer  befinden ;  denn  es  wird  ihnen  die  Harm- 
herzigkeit Gottes  zu  Theil. 

30.  Es  ist  ein  gutes  Zeichen,  wenn  eine  schwangere  Frau 
einen  falschen  Schritt  thut;   sie  wird  einen  Knaben  gebären. 

31.  Wenn  ein  kleines  Mädchen,  das  noch  nicht  sprechen 
kann,  einen  Besen  nimmt  und  thut,  als  ob  sie  kehren  wollte,  so 
wird  sie  oft  gescholten ;  denn  wenn  ihre  Mutter  schwanger  ist,  so 
ist  es  für  dieselbe  ein  Zeichen ,  dass  sie  nur  ein  Mädchen  gebä- 
ren werde. 

1)  Vgl.  Koran,  Sure  105,  1. 


86 

32  Um  einen  unl)equemen  liesucher  los  zu  werden,  streut  man 
erst  ein  wenig  .Salz  in  dessen  Schuhe 'j.  Wenn  dies  nichts  nützt, 
so  machen  die  Christen  ein  kleines  Kreuz  aus  Stroh,  das  sie, 
überzeugt,  dass  dies  nützen  werde,  ohne  Wissen  des  Hesuchers 
hinter  dessen  Kücken  stecken.  —  Die  Muslimen  dagegen  reciti- 
reii  dreimal  folgende  Formel :  ))Wenn  die  Erde  erschüttert  wird 
und  ihr  Inneres  an  den  Tag  bringt,  so  verlassen  sich  die  Men- 
schen auf  Ciott;  der  trennt  in  verschiedene,  verschiedene,  ver- 
schiedene Theile«  !  '^) . 

;<.'>.  DieChristen  glauben,  dass  in  der  Nacht  vor  Epiphanias  zu 
unl)ekannter  Stunde  der  Himmel  sich  aufthue,  das  Meerwasser 
süss  werde  und  die  Häume  sich  neigen,  und  dass,  Mer  in  dieser 
Stunde  einen  Wunsch  ausspreche,  sicher  erhört  werde.  Derselbe 
Aberglaube  herrscht  bei  den  Muslimen.  In  einer  der  Nächte  des 
Fastenmonats  Kamatlan  giebt  es  eine  Stunde,  welche  die  Schick- 
salsst\inde  genannt  wird;  da  öffnet  sich  der  Himmel,  und  die 
Engel  erhören  jeden,  der  einen  Wmisch  ausspricht.  —  Unter 
den  verschiedenen  Erzählungen,  die  darüber  umlaufen,  ist  auch 
folgende  :  Ein  Gaukler  reiste  mit  einem  Esel,  einem  Hahn  inul 
einem  Affen  umher.  Nachts  legte  er  sich  unter  einen  liaum  zum 
Schlafe  nieder.  Dies  war  nim  gerade  die  Schicksalsnacht,  und 
als  der  Affe  eben  in  der  glücklichen  Stunde  erwachte  uiul  den 
Himmel  offen  sah,  verlangte  er  König  zu  werden.  Hierauf 
weckte  er  seine  Gefährten,  damit  auch  sie  den  günstigen  Augen- 
blick benutzen  sollten.  Der  Esel  wünschte  mm  Grossvezir  und 
der  Hahn  Caplan  seiner  Majestät  zu  werden.  Als  sie  diese  Wün- 
sche ausgesprochen,  erfasste  sie  Mitleid  mit  ihrem  Herrn ,  imd 
sie  weckten  ihn,  damit  er  ebenfalls  sich  etwas  wünschen  könne. 
Nachdem  der  Gaukler  ihnen  für  diese  Eücksicht  gedankt,  bat  er 
sie,  ihm  zu  sagen,  was  sie  sich  ausgebeten  hätten,  damit  er  sich 
darnach  richten  könne,  worauf  jeder  ihm  mittheilte,  was  er 
zu  erlangen  hoffte.  Entrüstet  über  diese  Anmassung ,  bat  ihr 
Herr  inm  den  Himmel,  ihn  erblinden  zu  lassen,  damit  er  ein 
solches  Kegiment  nicht  sehen  müsse. 

'M.  Die  Leute  erlauben  nie,  dass  man  einen  Wasserkrug  leer 
nach  Hause  trage,  besonders   Avenn   derselbe  neu  ist,    weil  sie 

1 )  ])\(i  bekanntlich  bei  der  Thüre  zurückgelassen  werden. 

2)  Vgl.  Koran,   Sure  99.  Anm.  d.  Übers. 


87 

glauben,  dass  dann  das  Haus  leer  werde,  indem  es  seine  IJewoh- 
11  er  verliere. 

:^5.  Hei  einer  Mahl/eit  wird  jedem  eine  besondere  l'ortion  Hrot 
vorgelegt,  und  es  gestattet  keiner  dem  Nachbaren,  sich  von  der- 
selben einJStück  zunehmen.  Mau  glaubt  nämlich,  dass  derjenige, 
welcher  vom  lirote  des  andern  isst,  zugleich  auch  ein  .Stück  des 
Lebens  desselben  verzehre.  Dagegen  würde  eine  Frau  ohne 
Bedenken  ihrem  Manne  oder  ihren  Kindern  von  ihrem  Kröte  ab- 
treten. 

36.  Man  darfkein  Haarsieb  nach  Sonnenuntergang  ausleihen; 
wenn  man  jedoch  genothigt  ist,  dies  zu  thun,  muss  man,  damit 
nichts  Schlimmes  daraus  entstehe,  dem  Siebe  einige  verschieden- 
farbige Lappen  anbinden. 

37.  Es  ist  ein  schlimmes  Zeichen,  wenn  ein  Hund  vor  einem 
Hause  heult,  besonders  wenn  ein  Kranker  sich  darin  befindet. 
Um  Unheil  abzuwenden,  muss  man  sogleich  im  Zimmer  des 
Kranken  einen  Schuh  verkehrt  hinlegen  und  den  Jlund  sofort 
wegjagen. 

38.  Man  nimmt  es  als  eine  gute  Vorbedeutung  an,  wenn  ein 
Schmetterling  in's  Zimmer  Üiegt.  da  man  denselben  als  Vorbo- 
ten einer  guten  Nachricht  ansieht. 

39.  Wenn  eine  Katze  ihre  Krallen  in  eine  an  der  Wand 
stehende  Matte  einschlägt  und  dieselbe  umwirft,  so  wird  das  als 
Anzeichen  eines  bald  eintreffenden  Besuches  angesehen. 

40.  Es  ist  ein  schlimmes  Zeichen,  wenn  sich  auf  einem  Ge- 
bäude eine  Eule  hören  lässt;  denn  dasselbe  wird  nach  kurzer  Zeit 
zerstört  werden. 

41.  Wenn  jemand  zuerst  den  Neumond  erblickt  und  es  ist 
keine  Person  freundlichen  Aussehens  da,  so  muss  er  die  Augen 
schliessen  und  warten  ,  bis  eine  solche  kommt ,  oder  sie  rufen 
lassen ,  um  sie  anblicken  zu  können ;  denn  dann  ist  er  sicher, 
dass  alle  Tage  des  Monats  günstig  sein  werden.  Dagegen  wird 
für  ihn  der  Monat  ungünstig  sein,  wenn  er  unmittelbar  nach  dem 
ersten  Erblicken  des  Neumonds  eine  unangenehme  Person  an- 
sieht. 

42.  Nach  der  Ansicht  der  Leute,  besonders  der  Muslimen,  ist 
es  ein  schlimmes  Zeichen,  wenn  ein  Fürst  ein  Dorf  besucht,   da 


88 

die  Durfliewohuer  dathirdi  verdürben  werden,    indem  die  Ange- 
sehenen herabgewürdigt  und  UnAvürdigc  erlioben  wenlen. 

•13.  Es  ist  niclit  erlaubt,  im  Zimmer  einer  Wöchnerin  zu 
stricken,  da  sonst  das  neugeborne  Kind  sterben  könnte. 

41.  Zwei  Wöchnerinnen,  die  sich  irgendwo  treffen,  dürfen, 
selbst  wenn  sie  verwandt  oder  befreundet  sind,  nicht  miteinander 
sprechen,  ehe  vierzig  Tage  um  sind;  denn  sonst  würde  dieje- 
nige, welche  zuerst  die  andere  anredet,  in  Gefahr  kommen,  ihr 
Kind  zu  verlieren. 

45.  Wenn  jemand  ein  kleines  Kind  auf  der  Thürsch welle 
schlüge,  so  w  ürde  er  dasselbe  der  Gefahr  aussetzen,  von  einem 
bösen  Geist  besessen  zu  Averden. 

40.  Wer  sich  vor  Zauberei  fürchtet,  soll  nie  ein  neues  Hemd 
oder  Kleid  anziehen .  ohne  es  vorher  am  lioden  ausgebreitet  zu 
haben  und  darauf  herum  getreten  zu  sein ,  indem  er  zuerst  auf 
den  Plalsausschnitt  tritt. 

1 7 .  Wenn  eine  Frau  ihren  Schleier  selbst  näht,  so  wird  der- 
selbe später  ihr  Leichentuch.  Um  dem  zu  entgehen,  muss  sie 
ihn  durch  eine  andere  Person  nähen  lassen. 

■ib.  Wenn  eine  Frau  von  einem  Beileidsbesuch  zurückkommt, 
muss  sie  ihren  Schleier  ausbreiten,  damit  der  Wind  das  Unglück, 
das  sich  hätte  daran  hängen  können,  Avegwehe. 

49.  Demjenigen,  der  in  einem  Gefäss  süsse  oder  saure  Milch 
als  Geschenk  bringt,  muss  man  das  Gefäss  ungewaschen  zurück- 
geben, weil  sonst  seine  Kuh  oder  Ziege  die  Milch  verlieren 
könnte. 

50.  Eine  Neuvermählte  darf  keine  Wöchnerin  besuchen,  Aveil 
die  letztere  sonst  die  ^Milch  verliert. 

51.  Um  zu  verhüten,  dass  der  Charakter  eines  Kindes,  das 
man  entwöhnen  will,  in  Folge  der  Entwöhnung  verdorben  Averde, 
muss  man  ihm  am  ersten  Tag  der  Entwöhnung  das  Hemd  ver- 
kehrt anziehen  und  ihm  dann  aus  einem  Gefäss  zu  trinken  geben, 
das  man  den  Abend  vorher  auf  den  Abtritt  gestellt  hat. 

52.  Man  darf  einem  Freunde  Aveder  Feder  noch  Federmesser 
borgen,  noch  auch  ihn  auf  den  Mund  küssen,  weil  dies  zur  Ent- 
zweiung mit  ihm  führen  würde. 


89 

53.  Wer  aus  einem  warmen  Hade  kommt,  darf  keinen  Kran- 
ken besnchen;  denn  dies  köinite  dessen  Krankheit  verschlim- 
mern . 

54.  Um  ein  kleines  Kind  vom  Geifern  zn  heilen,  mnss  man 
es  von  einem  Neger  küssen  lassen. 

55.  Man  darf  in  einem  Zimmer  keine  un<j;erade  Zahl  von 
Lichtern  breinien;  denn  sonst  konnte  dem  Jüni^sten  der  Familie 
ein  Unglück  zustossen. 

5(>.  Um  Zahnschmerzen  zn  entgehen,  lassen  die  Christen  sich 
am  Freitag  der  stillen  Woche,  ehe  sie  etwas  gegessen  haben,  die 
Nägel  schneiden;   die  Muslimen  dagegen  am  Montag. 

57.  Eine  Frau,  welche  ein  einziges  Kind  hat,  darf,  wenn  sie 
dasselbe  gesund  erhalten  will,  nie  zugeben,  dass  am  Freitag  bei 
ihr  eine  Wäsche  abgehalten  werde. 

58.  Die  muslimischen  Frauen  tragen  ihre  kleinen  Kinder 
Freitags,  während  die  Gebetrufer  auf  die  Minarete  steigen,  nicht 
gern  auf  dem  Arm,  sondern  setzen  sie  auf  den  Boden,  damit  die 
Engel  kommen  und  sie  segnen. 

59.  Bei  den  Christen  müssen  sich  die  Frauen  und  besonders 
die  Mädchen  den  Abend  vor  Pfingsten  Hände  und  Füsse  mit 
Henna  färben  lassen;   sonst  sterben  sie  vor  Kummer. 

60.  Wenn  ein  Leichenzug  an  einem  Haus  vorbeigeht,  in 
welchem  sich  ein  Kranker  befindet  oder  sonst  eine  Person  zu 
Bette  liegt,  muss  man  dieselbe  sofort  sich  erheben  lassen,  und 
muss,  nachdem  der  Zug  vorbei  ist,  ein  Glas  Wasser  mit  Salz  auf 
die  Strasse  leeren. 

61.  Es  dürfen  nicht  beide  Eltern  der  Taufe  ihres  Kindes 
beiwohnen,  sondern  bloss  entweder  die  Mutter  oder  bloss  der  Va- 
ter. Wenn  das  Kind  Avährend  der  Ceremonie  nicht  schreit,  so 
muss  die  Pathin  es  kneifen ,  damit  es  schreie ,  da  sein  Still- 
schweigen als  schlimme  Vorbedeutung  angesehen  Avird. 

62.  Wenn  eine  Frau  bei  der  Niederkunft  lange  zu  leiden  hat. 
lässt  man  sie  Wasser  aus  einem  der  Schuhe  ihres  Mannes  trin- 
ken, in  der  Überzeugung,  dass  dasselbe  die  Entbindung  er- 
leichtere. 

63 .  Ein  verheiratheter  Goldschmied  darf  keine  ungerade  Zahl 
von  Armbändern  oder  Ohrgehängen  verfertigen,    weil  er  sonst 


90 

seine  Frau  verlipieii  könnte  ;  Avenn  eine  nngerade  Anzahl  von 
solchen  .Sehinvick}J:egenstiin(len  von  ihm  gefordert  Avird.  so  mnss 
ein  lediürer  (jloldsehmied  diese  Arbeit  übernehmen.  Anch  Avird 
eine  verheinithete  Frau  keine  ungeraik;  Zahl  von  Strümpfen 
stricken:  denn  sonst  verliert  .sie  ihren  Mann. 

Hl.  Man  darf  das  Feuer  niclit  mit  einem  Messer  schüren; 
denn  sonst  bekommt  ein  Kind  der  Familie  eine  Ohren entziindini{y. 
Wenn  jedoch  ein  Kind  an  den  Ohren  leidet,  so  löst  man  ein 
wenig  von  dem  gelblichen  Thon,  aus  Avelchem  die  IJacköfen  ge- 
baut sind,  in  Wasser  auf  und  bestreicht  damit  die  Ohren  des 
Kindes. 

Üü.  Die  Frau,  welche  von  ihrem  Manne  verhätschelt  zu 
werden  wünscht,  muss  unter  die  Blumen,  mit  denen  sie  sich 
sclimückt ,  Euphorbien  -  Hlätter  stecken:  denn  das  arabische 
Sprichwort'  besagt:  Wenn  eine  Frau  sich  mit  Euphorbien 
schmückt,  so  schmilzt  das  Flerz  ihres  Mannes  gegen  sie. 

66.  Eine  Frau  darf  sich  die  Hände  nicht  mit  einem  Stück 
ungebrauchter  Seife  waschen,  da  sie  sonst  Gefahr  läuft,  ihren 
Mann  zu  verlieren.  Ebensowenig  darf  der  Mann  sich  solcher  Seife 
bedienen,  da  er  sonst  seine  Frau  verlieren  wird.  Daher  muss  ein 
L'nverheiratheter  die  Seife  zuerst  in  Gebrauch  nehmen. 

67.  Unter  den  Muslimen  halten  es  die  Männer  für  vortheil- 
haft,  selbst  den  täglichen  liedarf  einzukaufen,  da  sie  glauben,  von 
Engeln  umgeben  zu  sein.  Aveini  sie  dies  thun.  Hesonders  während 
man  die  Einkäufe  macht,  wird  man  nach  dem  Volksglauben  v(jn 
Engeln  in  Procession  geleitet. 

68.  Die  Muslimen  glauben,  dass  derjenige,  welcher  ein  Kind 
/um  Lächeln  bringt,  am  jüngsten  Tag  in  ein  Ijustgemach  geführt 
werde,  das  im  Paradies  liege  und  für  diejenigen  bestimmt  sei,  die 
ihre  Kinder  lächeln  machen. 

69.  Nach  einem  Beileidsbesuch  darf  man  zu  niemand  gehen, 
ohne  vorher  in  die  eigene  Wohnung  zurückgekehrt  zu  sein :  denn 
sonst  würde  man  demjenigen,  den  man  besucht,  Unglück  brin- 
gen. Ist  man  aber  aus  irgend  einem  triftigen  Grunde  verhindert, 


1     Im  Arabischen  ist  das  Sprichwort  gereimt :  ellati  teteschakkal  hihalah- 
lüb,  kalb  zodsch-hn    uleihä  jedhüb . 


9]^ 

nach  Ilfuisp  zu  ^elien,  so  kann  man  zur  Notli  erst  in  ein  öffent- 
liches liud  oder  ein  KafFeehaiis  eintreten,  und  nachher  niajj^  man 
besuchen,  wen  man  will. 

70.  Wenn  bei  einem  Beileidsbesuch  jun^e  und  alte  Frauen 
beisammen  sind,  verabschieden  sich  die  jimgen  nie  zuerst.  Sie 
warten,  bis  eine  der  alten  fortgeht .  dann  können  auch  sie  sich 
zurückziehen ;  denn  nach  herrschendem  Aber<>laul)en  stirbt  von 
allen,  die  anwesend  waren,  diejenige  zuerst,  welche  zuerst  fort- 
geht. 

7 1 .  Wenn  ein  kleines  Kind  weint  und  nach  seinem  Vater  ruft, 
so  ist  dies  ein  schlimmes  Zeichen  für  die  Mvitter;  desswegcni  ruft 
man  dem  Kind  zu,  es  solle  entweder  schweigen  oder  nach  seiner 
Mutter  verlangen. 

72.  Wenn  aus  dem  Kopfputz  einer  Frau  die  Blumen  herun- 
terfallen, ohne  dass  jemand  dieselben  angerührt  hat,  so  bedeutet 
dies,  dass  ihr  Mann  anfange,  sie  zu  verehren. 

7  3 .  Nach  einer  alten  Anschauungsweise,  welche  die  Muslimen 
beinahe  als  Glaubensartikel  ansehen,  müssen  die  Katzen  gut  be- 
handelt werden,  weil  man  glaubt,  dass  sie  über  die  Menschen 
wachen.  Jedoch  behaiiptet  man,  dass  wer  sie  streichelt  und  lieb- 
kost, Gefahr  laufe,  seine  Kinder  zu  verlieren  oder  deren  keine  zu 
bekommen.  Wenn  nämlich  die  Katzen  eine  zii  gute  Hehandlung 
gemessen ,  so  wünschen  sie ,  um  derselben  nicht  verlustig  zu 
gehen,  den  Menschen  Kinderlosigkeit  an. 

7  4 .  Am  Sylversterabend  muss  man  Acht  geben ,  dass  die  liehäl- 
ter, in  welchen  man  Vorräthe  aufbewahrt,  offen  seien,  damit  der 
Segen  des  neuen  Jahres,  den  man  den  eAvigen  nennt,  lünein- 
dringe  imd  dadurch  die  Behälter  stets  leicht  wieder  gefüllt  wer- 
den können. 

75.  Am  Abend  vor  Epiphanias  soll  man  die  Lami)cndochte  für 
das  ganze  Jahr  zurecht  machen  und  sie  in  der  folgenden  Naclit 
dem  Thau  aussetzen ;  denn  man  behauptet,  dass  dieselben  dann 
weniger  Ol  gebrauchen  als  andere. 

76.  Gemäss  herrschendem  Aberglauben  geräth  der  Brotteig, 
den  man  am  Abend  vor  Epiphanias  bereitet,  auch  ohne  Sauerteig 
in  Gährung. 

77 .  Wenn  dieLeute  einem  Bräutigam  behilflich  sind,  sich  sein 
Uochzeitsifewand  anzuziehen,  müssen  sie  darauf  achten,  dass  sie 


92 

ihm  nicht  gestatten,  einen  Knopf  an  di^m  Gewand  einznknüpfeii 
oder  einen  Knoten  an  demselben  zn  selilinu^en;  denn  man 
{j;hniht.  dass  in  diesem  Falle  seine  Feinde  oder  diejeniü^en  seiner 
jmiirt'n  Frau  iliii  vermittelst  magischer  Mittel  verhindern  könn- 
ten, in  seine  ehelichen  Rechte  zn  treten.  Ancli  Littet  man  wäh- 
rend der  C/'eremouie  der  Bekleidung,  dass  die  Pathin  des  Jiriiu- 
tigams  anwesend  sei  und  die  Finger  gerade  so  bewege,  als  ob  sie 
niihe. 

78.  Wenn  ein  Brautpaar  sich  zur  Trauung  in  die  Kirche  be- 
giebt,  m\iss  die  Hraut  vorausgehen.  F]benso  muss,  Avenn  die  Trau- 
ung im  llaiise  des  liräutigams  stattfindet,  derselbe  es  verlassen, 
damit  die  Uraut  zuerst  hineingehen  könne,  und  er  dann  nachfolge: 
dadurch  l)ehillt  er  für  immer  die  Oberhand  über  seine  Gattin. 
Dieser  Aberglaube  ist  allgemein  verbreitet;  ja  bei  den  Bauern 
giebt  sogar  der  Bräutigam  der  ]>raiit.  sobald  sie  bei  ihm  anlangt, 
einen  Schlag  auf  den  Ko])f  mit  seiner  Pfeife,  damit  er  nicht  von 
ihr  l)eherrsclit  werde.  —  Ein  Spassvogel,  welcher  sich  verheira- 
then  wollte,  weigerte  sich  entschieden,  dieser  grausamen  Ge- 
wohnheit zn  folgen  ,  indem  er  behauptete,  dass  sogar  der  mäch- 
tigste König  von  seiner  Fran  beherrscht  werde.  Als  Beweis  er- 
zählte er  folgende  Anecdote :  Der  Hofnarr  des  Beherrschers  der 
Gläubigen  hatte  eines  Tages  die  besondere  Gunst  seines  Herrn 
verdient ,  sodass  dieser  ihm  eine  Gnade .  zu  erzeigen  versprach. 
Der  Hofnarr,  Namens  Dschoha,  erbat  sich  einen  Erlass,  dass 
Jeder ,  der  sich  von  seiner  Frau  beherrschen  lasse ,  ihm  einen 
Esel  schenken  müsse.  Sein  Wunsch  wurde  ihm  gewährt,  und  er 
besuchte  nun  mehrere  grössere  Städte  des  Landes.  Nach  einiger 
Zeit  kam  er  mit  einer  ganzen  Heerde  Esel  wieder  zurück.  Der 
Chalife  Hess  ihn  rufen  und  fragte  ihn,  wie  er  es  angestellt  habe, 
um  so  viele  Esel  zu  bekommen,  worauf  Dschoha  ihm  erwiederte, 
dass  es  eben  überall  F^rauen  gebe,  die  ihre  Männer  beherrschen  ; 
dann  fügte  er  hinzu:  ä  propos.  Herr,  als  ich  durch  eine  der 
Städte  zog,  sah  ich  ein  reizendes  Mädchen,  schwarzäugig,  schlank 
gewachsen,  mit  rothen  Lii)pen  und  —  er  wollte  fortfahren,  als 
der  ('halife  ihm  bedeutete  zn  schweigen,  da  sonst  seine  Frau,  die 
sich  im  anstossenden  Gemach  befinde,  ihn  hören  könnte.  Der 
llofnarr  brach  in  ein  Gelächter  a\is  und  bat  den  ('halifen.  ihm 
zwei  l^scl  zu  geb(!n,  indem  er  behauptete,   dass  derjenige,    wel- 


93 

eher  oin  Gosotz  orlasso,   sich   doinsolhcii   iuich  sclltst  iiiitcrwcrrcu 
niiisso. 

79.  Es  darf  nur  oino  vorhoirathcto  Frtui.  \\('lcli(>  Kinder,  be- 
sonders Knaben  hat.  die  N(Miverniälilto  in  das  ZiTiimev  (b's  CJat- 
ten  führen,  damit  dieselbe;,  ghnch  ilir,  Mutter  wenU;. 

80.  Wenn  die  Braut  bei  der  Thüre  des  ITauses  ihres  l»räuti- 
o;ams  anhingt,  giebtman  ilir  ein  Stück  Saiunteig,  (hamit  sie  es  üb(!r 
der  Tliüre  befestige.  Auch  legt  man  auf  die;  SclnveHe  einen  Ciranat- 
apf(d,  auf  welchen  sie  treten  muss,  so  dass  die  Körner  auseinan- 
derstieben. Dadurch  geAvinnt  man  die  llberzeugung,  dass  sie  mit 
der  Familie  des  Mannes  in  giitem  Einverncdimen  leben  und  \ieip 
Kinder  bekommen  werde. 

81.  Die  Muslimen  glauben,  dass  die  Engel  nie  in  ein  Haus 
kommen,  in  welchem  sich  Hunde,  Glocken  und  l>ilder  befinden. 
Jedoch  werden  die  Iliinde  als  das  Orchester  der  heulenden  I  )er- 
wische  angesehen,  und  desswegen  sollen  sie  gut  behandelt  wer- 
den. Ein  Genesender  oder  ein  Capitän ,  welcher  von  einer 
langen  Reise  zurückkehrt,  glaubt,  dass  seine  erste;  Pflicht  darin 
bestehe,  die  Hunde  der  Stadt  zu  füttern.  Ehemals  wurde  jeder, 
der  einen  Hund  getödtet  hatte,  folgendermassen  bestraft:  er 
musste  so  viel  Korn  zusammenbringen,  dass  der  am  Schwanz 
aufgehängte,  mit  der  Schnauze  den  Boden  berührende  Hund 
ganz  damit  bedeckt  wurde. 

82.  Derjenige,  welcher  wünscht,  dass  seine  Briefe  au  die  rich- 
tige Adresse  gelangen,  muss  unter  die  Adresse  die  Zahlen  8042 
setzen;  denn  diese  Zahlen  bilden  nach  dem  Wertli,  den  die  be- 
treffenden Buchstaben  im  arabischen  Alphabet  haben ,  das  Wort 
hddüh.  Dies  ist  der  Name  des  Engels,  welcher  die  Briefe  zu 
überwachen  hat;  auch  glauben  einige  Leute,  dass  es  der  Name 
des  Engelsboten  der  Propheten  sei. 

83 .  Der  letzte  Mittwoch  des  Monats  Safar  jedes  muslimischen 
Jahres  enthält  eine  böse  Stunde.  TJm  dieselbe  nicht  in  der  Stadt 
zu  verleben ,  bringen  die  Muslimen  gewöhnlich  diesen  ganzen 
Tag  auf  dem  Lande  zii.  Besonders  hängen  die  Türken  an  die- 
sem Aberglauben  und  hüten  sich,  an  diesem  Tag  irgend  (>in  Cic^- 
schäft  zu  unternehmen. 

84.  Damit  ein  Füllen  seiner  Mutter  folge .  muss  man  ilim 
das  Schwanzende  beschneidem. 


94 

Sr>.  Wenn  eineFrnn.  welcho  ein  oder  mehrere  Kinder  in  der 
Fremde  liat .  beim  Essen  irijend  einer  Frucht  ein  Ilinderniss  im 
ScLhicken  spürt .  wie  es  zuweilen  fj;eschieht,  so  hedeutet  dies, 
dass  ilire  Kinder  solche  Früchte  wünschen  und  keine  hekommen 
können.  Wenn  sie  also  ihre  Kinder  lieb  hat,  so  muss  sie  ihnen 
von  diesen  Früchten  schicken. 

86.  Wenn  eine  längere  Trockenheit  eintritt,  so  nimmt  man 
zwei  Stöcke,  bindet  dieselben  kreuzAveise  zusammen  und  zieht  ih- 
nen die  Kleider  eines  kleinen  Kindes  an.  Diese  Art  Puppe,  welche 
man  srhTjschbaltl  nennt,  muss  von  einem  Derwisch  durch  die 
ganze  Stadt  getragen  werden.  Eine  Schaar  Kinder  folgt  hinten 
nach,  welche  singen:  nc/wsc/iballi^j,  schöschbalU .  wir  gehen 
nicht  weg,  bevor  wir  nass  geworden  sind.  —  Die  gebilde- 
teren Muslimen  vollziehen  eine  andere  Ceremonie.  Nachdem 
sie  ihre  Kleider  verkehrt  augezogen  haben,  begeben  sie  sich 
in  Procession,  unter  dem  Absingen  von  geistlichen  Liedern,  vor 
die  Stadt.  Beim  ersten  Felde,  das  in  der  Nähe  eines  Ileiligen- 
grabes  liegt ,  angelangt .  lassen  sie  ein  Paar  Ochsen  kommen ; 
diese  werden  an  den  Pflng  gespannt,  und  man  bittet  die  Spitzen 
der  Geistlichkeit,  den  Acker  zu  bepflügen.  Diese  Ceremonie  wird 
gewöhnlich  dreimal  wiederholt ,  und  die  Muslimen  glauben  fest 
an  den  guten  Erfolg  derselben.  Wenn  dann  der  Hegen  kommt, 
so  schreibt  jede  Partei  denselben  der  Wirkung  ihrer  Ceremo- 
nie zu. 

S7.  Um  Bäume  und  Pflanzen  vordem  bösen  Blick  zu  schützen, 
muss  man  einen  Glasring  von  blauer  Farbe,  sowie  ein  Ei  daran 
befestigen.  Einem  Hausthiere  hängt  man  ein  Kügelchen  von 
blauem  Glas  und  Eberzähne  an;  einem  Kinde  ebenfalls  ein 
blaues  Glaskügelchen ,  sowie  ein  Stückchen  Alaun  oder  schwe- 
felsaures Kiipfer.  Diese  Mittel  gegen  den  bösen  Blick  werden 
allgemein  als  die  sichersten  angesehen. 

88.  Eine  Mutter,  welche  ihrer  Tochter  wohl  will  und  wünscht, 
dass  dieselbe  mit  ihrem  Manne  glücklich  sei,  muss,  um  diese 
Gimst  zu  erlangen ,  ein  Sieb  auf  die  Dachterrasse  stellen,  sich 
hineinsetzen  und  dann  ihre  W^ünsche  aussprechen. 

1     Im  Arabischen  mit  Keim :      ^-L-i^^   ^jLJJy^ 


95 


89.  Wenn  sich  jemand  an  seinem  Speichel  verschhickt .  so 
wird  er  gemäss  dem  Sprichwort  i)  fähig,  seine  Frennchi  von  sei- 
nen Feinden  vm  unterscheiden. 

90.  Wenn  eine  Fran  oder  ein  Mädchen  recht  hmges  Haar  zn 
bekommen  wünscht,  so  mnss  sie  sich  am  ersten  Abend  vor  jedem 
Neumond  die  Spitzen  der  Zöpfe  abschneiden  lassen. 

91.  Man  mnss  nie  die  Scheere  offen  auf  den  Hoden  legen; 
denn  w  er  dieselbe  offen  oder  halboffen  hinlegt,  läuft  Gefahr  ver- 
läuradet  zu  werden. 

92.  Wer  sich  auf  einen  Mörser  2)  setzt,  läuft  Gefahr,  falsch 
angeklagt  zu  werden. 

93.  Derjenige,  welcher  auf  dem  Abtritt  spricht,  läuft  Gefahr, 
später  Gegenstand  der  Verachtung  zu  werden. 

94.  Wenn  eine  Pferdefliege  sich  auf  jemandes  Schulter  setzt, 
so  wird  dieser  Person  gewiss  früher  oder  später  eine  ehrenvolle 
Auszeichnung  zu  Theil. 

95.  AVer  eine  Schwalbe  oder  einen  Frosch  anfasst,  läuft  Ge- 
fahr, das  Fieber  zu  bekommen. 

96.  Wenn  der  Hahn  am  Abend  kräht,  so  zeigt  dies  eine  bal- 
dige Änderung  des  Wetters  an . 

97.  Die  Muslimen  halten  die  Mondfinsterniss  für  eine  Strafe 
der  Vorsehung,  die  einem  Meerungeheuer  erlaube,  den  Mond  zu 
verschlingen,  um  der  Welt  sein  Licht  zu  entziehen.  Damit  dieses 
Unglück  abgewendet  werde,  sagen  die  Frommen  eine  Art  Gebet 
her;  das  gemeine  Volk  jedoch,  besonders  die  Frauen  und  Kin- 
der, begiebt  sich  auf  die  Dachterrassen  und  macht  mit  kupfernen 
Mörsern,  Platten  und  Tassen  einengrossen  Lärm,  indem  sie  dazu 
rufen:  »Lass'  unsern  Mond  in  Ruh,  o  Meerungeheuer« !  Darüber 
erschrickt  das  Ungeheuer  und  lässt  den  Mond  in  Ruhe.  —  Die 
Christen  behaupten,  dass  ein  Astrologe  einmal  einem  Fürsten  die 
Finsterniss  vorhergesagt  habe.  Dieser  habe  ihn  gefangen  nehmen 
lassen  und  befohlen,  ihn  zu  tödten,   wenn  das  Ereigniss  nicht 

1)  j_^JüA^    ^^    ^»Ac    ^y^\    J^    ^jy    o^s^^    c=^»^^    ^j    ^ 

2)  Unter  Mörser  ist  ein  solclier  aus  Stein  oder  Marmor  zu  verstellen ,  in 
welchem  man  das  Fleisch  zur  Bereitung  von  hMe  (vergl.  l>ozv  ,  Sup].lrniriit 

anx  (lietionnaires  arabcs  unter  i^  )  stösst. 

Ztsclir.  (i.  Pal.-V.M-.  VII.  ^ 


96 

eintrete.  Da  die  Finstciniss  nun  gerade  stattfand,  während  der 
Fürst  schlief,  und  niemand  sich  getraute  ilm  zu  wecken,  so  er- 
klärte der  Astrologe  ,  dass  der  Mond  von  einem  Meerungeheuer 
versclihuiiren  worden  sei  und  man  ihn  hloss  dadurch  retten  könne, 
dass  man  das  Ungeheuer  durch  Lärm  verscheuche.  Dieser  Eath 
wurde  hefolfft.  und  von  dem  Länu  erwachte  der  Fürst,  welcher 
nun  dem  Astrologen  die  Freiheit  gah ,  nachdem  er  ihn  reich  he- 
schenkt  hatte.  Auf  diese  Weise  erklären  sich  die  Christen  den 
Lärm,  der  hei  einer  Mondfinsterniss  gemacht  wird. 

98.  Zwei  kleine  Kinder,  die  noch  nicht  sprechen  kcinnen, 
darf  irum  nicht  neheneinander  setzen,  weil  sonst  eins  von  heiden 
stumm  werden  könnte. 

99.  Wer  sich  nachts  im  Finstern  im  Spiegel  hesieht,  läuft 
Gefahr,  den  Verstand  zu  verlieren. 

lUO.  Wenn  jemand  aus  Versehen  die  l'ettdecke  verkehrt 
üher  sich  nimmt,  so  ist  das  ein  höses  Zeichen,  da  die  hetreöende 
Person  hald  sterben  wird. 

101.  Die  Gärtner  behaupten,  dass  der  Mond  grossen  Einfluss 
auf  die  Vegetation  ausübe,  und  dass  die  Tage  des  Mondmonats  in 
volle  imd  leere  einzutheilen  sind.  Während  der  ersten  pfropfen, 
pflanzen  und  verpflanzen  sie  die  1  »äume  und  säen  Gurken,  Kürbisse. 
Melonen  und  Ähnliches.  Während  der  sogenannten  leeren  Tage 
dagegen  pflanzen  und  pfropfen  sie  die  Bäume,  welche  keinr 
Früchte  tragen,  und  säen  Petersilie.  Eierpflanze,  Kohl,  Lattich 
und  Ähnliches.  Die  Tage  werden  folgenderraassen  eingetheilt: 
vom  ersten  bis  zum  sechsten  des  Monats  sind  es  volle  Tage ;  vom 
sechsten  bis  elften  leere;  vom  elften  bis  fünfzehnten  volle;  vom 
fünfzehnten  bis  neunzehnten  leere;  vom  neunzehnten  bis  zwei- 
uiidzwanzigsten  volle;  vom  zweiundzwanzigsten  bis  fünfund- 
zwanzigsteir  leere  ;  vom  fünfnndzwanzigsten  bis  siebenundzwan- 
zigsten volle;  vom  siebenundzwanzigsten  bis  neunundzwanzig- 
sten leere ;  der  neunundzwanzigste  voll  und  der  dreissigste  leer. 
—  Ausserdem  glauben  die  Gärtner,  sowie  alle  Landleute,  dass 
mir  diejenigen  Bäume  gedeihen,  welche  man  vom  ersten  bis  zum 
sechsten  und  vom  sechszehnten  bis  Ende  des  Monats  pfropft, 
pflanzt  vmd  verpflanzt,  wohlverstanden  immer  nur  in  den 
vf>llcn  Tagen. 

1(»2.  Einer  Wöchnerin,  welche  in  Folge  der  Entbindung  Leib- 


*>7 

schnu!r/en  hat,  niuss  mau,  um  dieselben  anfliöreu  zu  maclien, 
oluie  ihr  Wisseu  die  Schuhe  ihres  Manues  uut«;r  das  Koitfkisscii 
h^ü^en. 

103.  Wenn  es  jemand  im  Ohr  kliuf^t,  so  bedeutet  dies,  chiss 
mau  sich  irgendwo  seiner  erinnert  und  seinen  Namen  nennt.  Um 
zu  erfahren,  wer  dies  thut,  muss  man  die  Namen  aller  Freundr  \un\ 
liekauntcn  hersagen ;  derjenige  Name;,  welchen  mau  im  Augen- 
hlick ,  da  das  Klingen  im  Ohr  aufhört,  ausspricht,  ist  bestimmt 
der  Name  der  fraglichen  l'erson. 

104.  Wenn  man  an  der  linken  Augenbraue  ein  J\icken  ver- 
spürt, so  bedeutet  dies,  dass  sich  bald  ein  Freund  als  Gast  einstellen 
werde ;  spürt  man  das  Jucken  aber  au  der  rechten  Augenbraue, 
so  muss  man  sich  auf  eine  schlechte  Nachricht  gefasst  maclien. 

105.  Es  ist  von  schlimmer  Vorbedeutung,  wenn  einem  am 
Morgen  beim  Aufstehen  zuerst  eine  unbärtige  Person  in  die  Augen 
fällt,  da  man  dann  riskirt ,  den  ganzen  Tag  Missgeschick  zu  ha- 
ben. Ein  arabisches  Sprichwort  sagt,  dass  es  besser  sei,  zuerst 
einen  Juden  zu  erblicken,  als  eine  unhärtige  Person. 

lOß.  Um  jemand,  welcher  erschreckt  Avorden  ist,  vor  den 
üblen  Folgen  des  Schreckens  sicher  zu  stellen,  muss  man  ilnn  von 
seinem  Urin  zu  trinken  geben. 

107.  Um  jemand,  der  das  Schlucken  hat,  von  demselben  zu 
befreien,  muss  man  ihn  täuschen,  indem  man  eine  falsche  Anklage 
gegen  ihn  vorbringt. 

108.  Wenn  eine  Person  auf  Reisen  geht,  muss  sie  beim  Ver- 
lassen des  Hauses  sich  gegen  dasselbe  kehren,  damit  die  Abwesen- 
heit nicht  lange  daure.  Wenn  ihr  jedoch  nachher  einfällt,  dass  sie 
etwas  im  Hause  vergessen  hat,  darf  sie  nicht  zurückkehren,  um 
dies  zu  holen. 

109.  Wenn  ein  Glied  der  Familie  auf  Reisen  geht,  so  darf  mau 
weder  kehren  noch  die  Möbel  der  Zimmer  reinigen  und  zurecht- 
stellen ,  bevor  derjenige,  welcher  verreist  ist,  auf  seinem  Wege 
den  ersten  Strom  oder  Fluss  überschritten  hat, 

HO.  Wenn  man  ein  Kind  zum  ersten  Mal  in  die  Wiege  legt, 
muss  man  um  dieselbe  herum  mit  einem  ktipferncn  Mörser  Lärm 
machen;  dann  wird  das  Kind  muthig  werden  und  nicht  Iciclit 
erschrecken. 


98 


111.  Nach  Sonnenuntergang'  darf  man  keine  liefe  mehr  aus- 
leihen noch  an  jemand  Feuer  abgeben;  demjenigen,  welcher  es 
thäte.  könnte  es  Schaden  bringen. 

112.  Ein  Hauer  wird  nie  ein  Sieb  nach  Sonnenuntergang 
ausleihen;  dies  könnte  seinen  Kühen  schaden. 

1 1;^.  Um  jemand,  der  einen  weissen  Flecken  im  Auge  hat. 
zu  heilen;  muss  man  ein  wenig  Salz  in  eine  Cisteme  werfen 
lassen. 

114.  Die  Christen .  Muslimen  und  Metawile  sind  aufge- 
bracht, wenn  durch  Unachtsamkeit  Öl  auf  die  Kleider  oder  auf  den 
Hoden  verschüttet  wird ;  sie  sehen  dies  als  eine  böse  Vorbedeutung 
an.  Die  Juden  dagegen  sind  froh  darüber;  und  ein  unverheira- 
theter  Israelite .  welcher  aus  Versehen  (M  auf  seine  Kleider  ver- 
schüttet, ist  fest  überzeugt,  dass  dies  ein  Zeichen  seiner  bevor- 
stehenden Verlobung  sei. 

115.  Jüdischem  und  muslimischem  Aberglauben  zufolge  ver- 
einigten sich  die  Frauen,  um  in  einer  Hittschrift  an  den  Propheten 
Salomo  die  Hewilligung  der  Ehescheidimg  zu  verlangen,  sowie 
das  Recht,  mehrere  Männer  zu  heirathen.  Der  Prophet  Salomo 
versprach,  ihnen  durch  einen  Raben  die  Antwort  zu  senden; 
darum  unterlassen  es  jüdische  oder  muslimische  Frauen,  wenn 
sie  einen  Raben  sehen  oder  auch  nur  krächzen  hören,  nie,  den- 
selben zu  fragen ,  was  er  für  eine  Hotschaft  bringe.  Daraus  er- 
sieht man,,  dass  sie  ihre  Ansprüche  noch  nicht  aufgegeben  haben. 

116.  Die  Juden  behaupten,  dass,  wenn  die  muslimischen  Ge- 
betsrufer am  Freitage  die  Minarete  besteigen,  um  die  Gläuljigen 
zum  Gebet  aufzufordern,  sich  die  Dämonen  in  Gestalt  von  Katzen 
zeigen.  Darum  darf  man  an  diesen  Tagen  keine  Katze  schlecht 
behandeln ,  weil  dieselbe  ein  verkappter  Dämon  sein  könnte ; 
dieser  würde  dann  in  diejenige  Person  fahren,  welche  ihn  miss- 
handelt hat. 

117.  Jüdischem  Aberglauben  zufolge  darfeine  Frau,  welche 
aus  dem  Hade  kommt,  den  Rest  des  Tages  über  nicht  allein  sein, 
sondern  rauss  immer  wenigstens  eine  Person  um  sich  haben. 
Wenn  ihr  Mann  an  diesem  Tage  abwesend  ist,  so  muss  sie  beim 
Zubettgehen  irgend  einen  Gegenstand,  welcher  ihrem  Manne  an- 
gehört,  mit  sich  nehmen;   sonst  könnte  sie  von  den  Dämonen 


99 


(»der  (leren  überhaupt,  genannt  Aschniotlai.  mit  Gewalt  geraubt 
Av  erden. 

1  1 S .  Die  Juden  glauben,  dass  die  Hunde  auch  Unkörperliehe.s 
sehen  können,  und  dass  sie  sich  freuen  imd  lebhaft  bellen,  wenn 
sie  den  Propheten  Elias  erblicken.  Da  nun  herrschendem  Aber- 
glauben gemäss  dieser  l^rophet  immer  der  Entbindung  derjeni- 
gen Frauen  beiwohnt,  welche  Knaben  gebären  dieser  (jihuibe 
kommt  von  dem  Wunder  her,  das  der  Prophet  an  dem  Knaben 
der  Wittwc  von  Sarepta  that),  so  glauben  die.Tmlen,  dass  ein 
Knabe  zur  Welt  kommen  werde ,  wenn  die  Iluiule  sich  vor  dem 
Hause  einer  Frau,  welche  im  ßegriff"  steht  nicder/ukommen,  ver- 
sammeln und  bellen.  Die  Hunde  sollen  dem  Propheten  haupt- 
sächlich der  guten  Mahlzeit  wegen,  welche  er  ihnen  durch  die 
Hinschlachtung  der  Baalspriester  verschafft,  zu  Dank  verpflich- 
tet sein. 

111).  Weim  eine  Wiege  geschaukelt  wird,  ohne  dass  das 
Kind  sich  darin  befindet,  so  wird  dasselbe  Rückenschmerzen 
bekommen. 

120.  Wenn  bei  den  Juden  ein  Kind  zu  Boden  fällt,  so  schüt- 
ten seine  Eltern,  nachdem  sie  es  aufgehoben  haben,  Wasser  auf  die 
Stelle,  auf  welche  es  gefallen,  mn  den  unsichtbaren  Feen,  die 
dieser  Fall  könnte  belästigt  haben,  zu  beweisen,  dass  das  Kind 
aus  Ungeschick  und  nicht  mit  Vorbedacht  hingefallen  sei.  iSie 
thun  dies  avis  Angst,  dass  die  Feen  sich  rächen  könnten. 

121.  Eine  Frau,  welche  an  Herzklopfen  leidet,  muss,  um 
davon  befreit  zu  Averden,  sich  einen  Schmuck  aus  ('arneol  um- 
hängen. 

122.  Einem  Menschen,  der  Nasenbluten  hat.  muss  man,  um 
dasselbe  zu  stillen,  einen  Rubin  um  den  Hals  hängen, 

123.  Wenn  sich  jemand  neue  Kleider  anfertigen  lässt,  darf 
bloss  er  dieselben  anprobiren  ;  wenn  ein  anderer  sie  anprobiren 
Avürde,  würde  dies  demjenigen,  für  den  sie  bestimmt  sind. 
Unglück  bringen. 

124.  Spinnennester  im  Hause  müssen  sofort  zerstört  werden, 
damit  kehie  Spinneweben  entstehen;  denn  dieselben  bringen  Un- 
glück. 

125.  Am  Abend  vor  dem  Barbaratag  lassen  sich  bei  den  Chri- 
sten die  Frauen  und  Mädchen  die  Augenwimpern  mit  demRuss  des 


Ol) 


Weihrauchs  sclnvilr/eu.   in   clei  Überzeugung,   Jass  dies  sie  vor 
Augenleiden  bewahren  werde. 

120.  Wenn  jemand  ein  Jucken  an  der  linken  Hand  spürt,  so 
wird  er  in  Kürze  Geld  erhalten;  juckt  es  ikn  jedoch  an  der  rech- 
ten Hand,  so  bedeutet  dies,  dass  er  Averde  Geld  bezahlen  müssen. 

127.  Jüdischem  Aberglauben  gemäss  darf  ein  Miether  eine 
NN'ohnung,  welche  er  verlässt,  nicht  vor  Ablauf  von  sieben  Jah- 
ren A\ieder  beziehen,  es  sei  denn  ,  dass  er  irgend  einen  ihm  ge- 
hörigen Gegenstand,  "wäre  es  auch  nur  ein  Nagel,  darin  zu- 
rückgelassen habe. 

128.  Zwischen  Ostern  und  Pfingsten  leihen  die  Juden  weder 
Salz  noch  Hefe  noch  ein  Haarsieb  aus,  da  sie  sich  dadurch 
Schaden  zuzufügen  fürchten. 

129.  Hie  Eltern  eines  neugebornen  Kindes  erlauben  ihren 
Nachbarn  nicht,  Feuer  bei  ihnen  zu  holen,  bevor  der  Nabel  des 
Kindes  vollständig  geheilt  ist;  denn  sie  fürchten,  das  neugebo- 
rene Kind  dadurch  einem  Unglück  auszusetzen. 

130.  Bei  den  Juden  darf  die  geleerte  Kaffeetasse  keiner  an- 
deren Person  zurückgegeben  werden,  als  derjenigen,  welche  sie 
angeboten  hat.  Wenn  man  dies  jedoch  nicht  thun  kann,  so  ist  es 
rathsam,  die  Tasse  auf  den  Hoden  z\i  stellen,  um  denjenigen, 
welcher  sie  angeboten  hat,  nicht  einem  Unglück  aiisznsetzen. 

131.  Wenn  eine  abergläubische  Person  auf  dem  Kaffee,  wel- 
chen man  ihr  anbietet,  Schaum  schwimmen  sieht,  so  freut  sie 
sich,  in  der  Überzeugung,  dass  sie  in  Bälde  Geld  erhalten  werde. 

132.  Die  Muslimen  glauben,  dass  die  Engel  jeden  Morgen  V)ei 
Tagesanbruch  auf  die  Erde  hemiederkommen,  um  die  täglichen 
Gnaden  und  Segnungen ,  sowie  den  Nahrungsunterhalt  auszu- 
theilen.  Darum  kommen  diejenigen  Personen,  w^elche  bis  nach 
Sonnenaufgang  schlafen,  um  den  besten  Theil  von  dem,  w'as  ih- 
nen ziisteht;  den  Ül)ersch\iss  vertheilen  die  Engel  dann  unter 
die  Leute,  welche  frühe  aufgestanden  sind.  Zur  Bestätigung  be- 
merkt man  Folgendes:  die  Schafe,  welche  früh  in  den  Stall  zu- 
rückkehren und  vor  Tag  erwachen,  sind  zahlreicher  als  die  Gas- 
senhunde, die  bis  spät  wachen  und  erst  spät  munter  werden. 
Obschon  die  Schafe  w'enigcr  fruchtbar  sind  als  die  Hunde,  und 
manche  von  ihnen  geschlachtet  Averden.   vermehren  sie  sich  doch 


11)1 


viel  rascher,  was  man  dorn  Umstände  zuschreibt ,  dass  sie  durch 
ihr  frühes  Erwachen  der  Seu;nun<?en  der  Engel  mehr  theilluiftig 
werden  als  die  Hunde. 

133.  Eine  Frau,  welche  Ulunien  als  Ilaarschmuck  trägt,  darf 
keine  davon  einer  anderen  Frau  gehen ;  denn  diese  könnte  mit 
der  Blume  ihr  auch  die  Liebe  des  Mannes  wegnehmen. 

134.  Wenn  eine  Katze  sich  den  IJart  putzt,  so  ist  dies,  der 
allgemeinen  Ansicht  nach,  ein  Zeichen,  dass  man  bald  einen 
Gast  begrüssen  wird. 

135.  AVenn  beim  Ausziehen  der  Schuhe  einer  derselben  auf 
den  andern  zu  liegen  kommt ,  so  ist  dies  ein  Zeichen ,  dass  man 
sich  bald  zu  Pferde  setzen  werde,  um  eine  Reise  oder  einen  Spa- 
zierritt zu  machen. 

136.  Man  muss  Sorge  tragen,  dass  die  Mädchen  gut  kehren 
lernen;  denn  diejenige,  welche  schlecht  kehrt,  läuft  Gefahr, 
einen  Grindkopf  zum  Mann  zu  bekommen. 

137.  Alte  Weiber  ermahnen  junge  Frauen  und  hauptsächlich 
Neuvermählte ,  immer  guter  Laune  zu  sein.  Sie  versichern  ih- 
nen, dass  zu  Seiten  jedes  Menschen  sich  zwei  Engel  befänden, 
welche  ohne  Aufhören  die  Worte  wiederholen :  auf  ewig !  Wenn 
man  also  zufrieden  sei,  so  werde  diese  Gemüthsstimmung  Dauer 
gewinnen,  und  umgekehrt. 

138.  Eine  Frau,  die  zu  Besuch  geht,  muss  selbst  im  Hause 
ihrer  Eltern  jemand  herbeirufen,  um  ihr  den  Schleier  abzunehmen ; 
sie  darf  sich  nie  erlauben ,  dies  selbst  zu  thun ;  sonst  würde  sie 
den  Leuten,  welche  sie  besucht,  Unglück  bringen;  denn  nur  in 
einem  Trauerhause  darf  eine  Frau  sich  selbst  den  Schleier  ab- 
nehmen. 

139.  Jedes  neugeborene  Kind  reibt  man  mit  einem  Teig,  wel- 
cher mit  Sesamöl  vermischt  ist,  ein.  Aus  diesem  Teig  formt  man 
nachher  eine  Art  Kreuz  und  klebt  dasselbe,  jedermann  sichtbar. 
an  die  Thüre  des  Zimmers,  in  welchem  sich  das  Kind  befindet, 
üies  soll  ein  Mittel  gegen  den  bösen  Blick  sein. 

140.  Unter  den  Muslimen  und  Christen  suchen  Frauen  ihren 
Männern  ohne  deren  Vorwissen  von  ihrem  Urin  unter  den  Trank 
zu  mischen,  da  sie  dies  als  sicher  Avirkendcn  Liebestrank  an- 
sehen. 


102 

111.  Niemand  lässt  sich  einen  lUss  in  der  Kleidung,  während 
er  dierselhe  anhat,  znnähen ;  man  Avürde  heturchten.  bald  zu  ster- 
\)eu.  —  Dieser  Aberghiuhe  steht  vielleicht  damit  in  Verbindung, 
dass  man  ja  auch  das  Leichentiich  über  dem  Leichnam  zusam- 
mennäht. 

142.  Wenn  ein  Kind  zur  Welt  gekommen  ist,  so  beeilt  man 
sich,  dessen  erstes  Excrement  inLeiuAvand  zu  Avickeln  imd  dieses 
Paket  unter  die  Matte  neben  derTliüre  des  Zimmers  der  Wöchne- 
rin zu  verstecken.  Dort  A^rd  es  drei  Tage  gelassen,  damit  die 
Leiite.  Avelche  ans-  und  ehigehen.  immer  darauftreten  müssen.  1 
Dadurch  glaubt  man  das  neugeborne  Kind  vor  vielem  künftigen 
Unglück  zu  bewahren. 

143.  Man  nimmt  nie  eine  Tasse  Kaffee  ohne  die  Untertasse  in 
die  Hände  :  dies  Aväre  von  böser  Vorbedeutung,  weil  bloss  in  einem 
Trauerhause  der  Kaffee  ohne  Untertasse  servirt  zu  Averden  pflegt.    ^ 

144.  Nach  einem  alten  Gebrauche,  dessen  Spuren  man 
auch  in  der  liibel  findet,  luid  der  noch  bis  vor  Kurzem  in  Syrien 
üblich  war.  war  es  verboten,  Räuber  auf  gleiche  Weise  zu  beer- 
digen Avie  die  ehrlichen  Leute.  Man  liess  vielmehr  den  Leich- 
luim  eines  Räubers  da  liegen ,  avo  er  hinfiel,  und  bedeckte  ihn 
mit  Steinen.  Jedermann,  Avelcher  bei  einem  solchen  Grabe  vor- 
Iteiging,  musste  einen  Stein  darauf  Averfen.  Wer  dies  unterliess, 
verftel,  Avie  man  glaubte,  dem  Fluche  Gottes.  Heute  noch  trifft 
man  auf  einigen  Landstrassen  solche  Steinhaufen  an,  die  aus  den 
Steinen  gebildet  sind.  Avelche  die  A'orübergehenden  auf  das  Grab 
des  Räubers  Avarfen. 

145.  Wemi  ein  liräutigam  am  Hochzeitstage  mit  seinem  Ge- 
tulgi'  an  einem  Kaffeehause  vorbeigeht,  so  beeilt  sich  der  Wirtli. 
unmittelbar  vor  den  \  orbeiziehenden  einige  Tassen  Kaffee  aus- 
zuleeren; man  glaubt,  dass  dies  Glück  bringe. 

1  Itj.  \Venn  man  ein  schönes  Kind  sieht,  darf  man  dasselbe 
nicht  bcAvundein,  ohne  dabei  entAveder  »Bismillah«,  d.i.  im  Namen 
Gottes,  zu  sagen,  oder  Fu !  Avie  Avenn  man  es  anspeien  Avollte. 
Des  Kindes  Mutter  Avürde  sonst  vor  dem  bösen  JJlick  Angst  be- 
kommen. 

147.  Wenn  ein  abergläubischer  Mensch  an  Zahnschmerzen 
leidet,  so  geht  er  zu  einem  Zauberer.  Dieser  nimmt  einen  alten 
Nagel ,   den  er  aus  dem  Hufeisen  eines  Maulesels  gezogen  hat, 


(i:i 


betiehlt  dem  Leidenden ,  den  Finger  uiif  den  kranken  Zalin  /u 
leiten  nnd  .  nachdem  er  die  Lip[»en  wie  im  (jiebet  liewejift  lial, 
stösst  er,  sobald  der  Leidende  einen  hefti<i^en  Schmer/  ^^|)iirt„  den 
Nagel  in  ein  Stück  Holz.  Dies  geschieht  dreimal.  Wenn  der 
Leidende  trotzdem  keine  Erleichternng  spürt,  so  wird  er  mit  ir- 
gend einer  Ausrede  abgefertigt. 

148.  Jemand,  der  Kochsalz  zu  lioden  fallen  lässt,  ist  gezwun- 
gen, dasselbe  am  jüngsten  Tage  mit  den  Augenwimpern  aufzu- 
heben. 

149.  Man  glaubt,  dass  die  Tauben  und  die  Turteltauben  in 
ihrem  Girren  immerfort  den  Namen  des  Gnädigen  \nid  Harmherzi- 
gen (Gottes)  anrufen.  Wenn  man  nun  in  einem  Hause,  in  welchem 
solche  Vögel  gehalten  werden,  über  ein  Kind  \'erwünschungen 
ausstösst  und  dies  in  einem  Augenblick  geschieht ,  da  die  Tau- 
ben girren,  so  ist  Gefahr  vorhanden,  dass  in  Folge  der  darin  ent- 
haltenen Anrufung  Gottes  die  bösen  Wünsche  in  Erfüllung  gehen. 

150.  Wenn  ein  kleines  Kind  seinem  Vater  einige  Ihiare  aus 
dem  J>art  reisst,  so  kommt  dies  dem  Vater  zu  Gute;  denn  jedes 
der  ausgerissenen  Haare  gilt  als  Sühne  für  eine  grosse  Sünde. 

151.  Bei  den  Muslimen  wird  ein  Kind,  Avelches  lange  nicht 
gehen  lernt,  in  einen  Korb  gesetzt,  der  von  zwei  Kindern  getragen 
wird.  Dieselben  durchziehen  nun,  begleitet  von  mehreren  Kin- 
dern, die  Strassen  der  Stadt,  indem  sie  den  folgenden  Spruch 
singen  ') :  »Gebt  dem  Lahmen  etwas^  damit  er  gehen  lerne;  seine 
kleinen  Zähne  sind  hervorgekommen ;  möge  es  mit  seinen  Füssen 
auch  gut  gehen«!  Dieser  Umzug  findet  gewöhnlich  an  einem 
l^'reitag  um  12  Uhr  statt,  zur  Zeit,  da  die  Muslimen  aus  der  Mo- 
schee kommen.  Wahrscheinlich  will  man  sich  dadurch  den  Arzt 
ersparen ;  denn  einige  der  Umstehenden  pflegen  dann  gute  Kath- 
schläge  zu  ertheilen,  andere  beschenken  das  Kind  mit  1^'rüchten 
und  Naschwerk. 

152.  Um  Nasenbluten  z\i  stillen,  schreiben  die  Metawile  auf 
ein  Stück  Papier  mit  einer  Hühnerfeder,  die  sie  in  das  aus  der 

1  ^^L;  \jLLJ.^(  \j.xlb  i^-^-  j^J  ij^>  ^^■■^  Z^-^^'"^  ^--1^' 
cv^j^^!  JLö.  In  Betreff  der  drei  letzten  Worte  ist  zu  bemerken,  dass  die- 
selben eine  gewöhnliehe  Formel  bilden,  um  einem  Gratulanten  den  Glück- 
wunsch zurückzugeben,  indem  man  ihm  ähnliches  Glück  wünscht. 


104 

Nase  geÖossene  IJlut  tauchen,  folgciule  Formel  ^j  :  »Verflucht  sei 
die  Frau,  welche  au  ihrer  Tochter  zur  Kupplerin  Avird«.  Dieses 
Fa})ier  \\  ird  an  der  iStirn  des  Leidenden  befestigt ;  die  Leute  sind 
überzeugt,  dass  dadurch  die  Heilung  herbeigeführt  werde. 

153.  Wenn  bei  denMetäwile  eineFraii  in  den  Wochen  liegt, 
so  wird  ihr,  um  die  Entbindung  zu  besehknniigen ,  ein  Papier, 
auf  welchem  folgende  Formel  steht,  auf  den  Kopf  gelegt 2 1 :  »Ich 
habe  meine  Mahlzeit  gehalten  und  meinem  Esel  zu  fressen  gege- 
geben; (es  ist  mir  gleichgültig]  ob  die  Frau  des  Richters  nieder- 
komme, oder  ob  sie  ihr  Leben  lang  nicht  niederkomme«.  —  Die 
Metawile  versichern,  dass  dies  ein  kräftiges  Mittel  sei,  um  die 
Entbindung  herbeizuführen,  und  zwar  schreiben  sie  die  gute 
Wirkung  nicht  dem  W' ortsinne  der  Formel,  sondern  der  geheim- 
nissvollen Zusammenstellung  der  Buchstaben  zu. 

154.  Wenn  man  befürchtet,  dass  jemand  vom  bösen  Blick  ge- 
troffen worden  sei ,  so  beräuchert  man  denselben  mit  folgenden 
Gegenständen :  Stroh,  das  von  den  vier  Kanten  einer  Matte  ge- 
nommen ist,  einem  Läppchen  von  blauem  Stoff,  einem  Stück 
schwefelsauren  Kupfers,  und  mit  einem  Gegenstande,  welcher 
dem  vemiuthlichen  Urheber  des  bösen  Blickes  gehören  muss. 

155.  Um  ein  Kind  von  Pusteln  im  Gesicht  zu  heilen,  muss 
man  unmittelbar  vor  demselben  mittelst  eines  Feuersteins  Funken 
schlagen. 

156.  Wenn  jemand  die  Sterne  zu  zählen  versucht,  indem  er 
mit  dem  Finger  darauf  deutet,  so  läuft  er  Gefahr,  Warzen  an  den 
Fingern  zu  bekommen. 

157.  Wenn  jemand  zuweilen  nachts  am  Fieber  leidet,  so 
reiben  ihn  seine  Angehörigen  mit  einer  Art  Teig ;  nachher  geben 
sie  diesem  Teige  die  Form  eines  vierarmigcnLämpchens-*),  giessen 
Ol  hinein  und  zünden  die  vier  Dochte  an.  Dieses  Lämpchen  wird 
mitten  auf  einen  KrcuzAveg  gesetzt.  Ik^sonders  unter  den  Musli- 
men ist  der  Glaube  verbreitet,   dass  das  Fieber  des  l)etreffcnden 

1)  U^j  l5"^^  ^ÄJ"  öLx^  os>ji- 

;<:  Solche  Lämpchen.  -wie  die  antiken,    sind  bei  den  Bauern  durchgängig 
im  Gebrauch. 


105 

Krunken  auf  denjeiiit^onGassenliuiicl  übergehe,  welcher  jenes  aus 
Teig  bestehende  Liinipuhen  frisst. 

158.  Aberglänbisclie  Leute  unter  den  Juden  beliaupten, 
dass  die  Dschinnen  oder  bösen  Geister  die  Macht  haben,  sich 
Gegenstände,  welche  sie  brauchen  ,  /u  borgen,  und  dass  es  das 
sicherste  Mittel  sei,  diesem  Missbra\ich  /u  steuern,  wenn  man  in 
jeden  Gegenstand,  welchen  man  nicht  herleihen  will,  .Steckna- 
deln stecke. 

159.  Wenn  ein  abergläubischer  Mensch  zu  einer  Zeit, 
welche  nicht  Essenszeit  ist,  bei  Verwandten  oder  Freunden  J5e- 
such  macht  und  dieselben  zufällig  gerade  beim  Essen  findet  und 
von  ihnen  eingeladen  Avird ,  daran  Theil  zu  nehmen ,  so  ist  er 
überzeugt,  dass  seine  Schwiegermutter  ihn  sehr  lieb  habe. 

160.  Wenn  zwei  Kinder  sich  die  Köpfe  zusammenstossen, 
so  glaubt  man,  dass  dasjenige  von  ihnen,  welches  zuerst  aus- 
spuckt, der  Gefahr  entgehe ,  grindig  zu  werden ,  und  verhüte, 
dass  seine  Mutter  dunkelfarbige  \)  Kinder  bekomme. 

161.  Es  ist  streng  untersagt ,  ein  schlafendes  Kind  zu  küs- 
sen ;  dadurch  würde  man  dasselbe  in's  Unglück  bringen. 

162.  Damit  ein  Brief  richtig  ankomme  und  der  Bote,  wel- 
cher ihn  tragen  soll,  unterwegs  nicht  in  Gefahr  gerathe,  darf  man 
den  Hrief  dem  Boten  nicht  in  die  Hand  geben,  sondern  muss  ihn 
auf  die  Erde  werfen,  dass  der  Bote  ihn  aufhebe. 

163.  Die  Metäwile  glauben,  dass  man  nach  Sonnenunter- 
gang weder  ein  Licht  noch  irgend  ein  kupfernes  Geräth  wegge- 
ben soll,  da  dies  Unglück  bringen  würde. 

164.  Alte  Frauen  empfehlen  den  Neuvermählten,  bciru 
Hochzeitsschmaus  Oliven  zu  essen ,  da  dies  ein  ausgezeichnetes 
Mittel  sei,  um  Knaben  zur  Welt  zu  bringen. 

165.  Bevor  einer  von  den  Metäwile  eine  E,eise  oder  irgend  ein 
Geschäft  unternimmt,  geht  er  zu  einem  seiner  religiösen  Oberhäup- 
ter, der  befugt  ist,  die  Chire,  das  heisst  die  Wahl  zu  treffen. 
Dieser  nimmt  seinen  Rosenkranz  in  die  Hand  und  recitirt  die 
erste  Sure  des  Koran,  indem  er  folgendes  beifügt:  »O  Gott,  ich 
bitte  dich  um  deine  Wahl  und  deinen  Rath,  lass  mich  das  Beste 
wählen,   denn  du  bist  der  Allerbarmherzigste«.    Dann  sondert  er 

1)  Im  Franz.  »bruns«. 


106 

mit  den  Fiiif^eni  fim-n  Tlicil  der  Küo;elcheii  de!<  llosenkranzes 
h1).  \  Oll  dieseu  nimmt  er.  an  den  beiden  Enden  unfangend,  je 
zwei  nnd  zwei  weg.  lileibt  zuletzt  nur  eines  übrig,  so  ist  dies 
von  guter  A Orbedeutiing ;  bleiben  zwei,  so  ist  es  von  übler  Vor- 
bedeutung; Avenn  aber  drei  bleiben,  so  ist  man  frei,  zu  thuii  was 
man  will. 

lüü.  Wenn  jemand  etwas  erzählt  und  einer  der  Zuhörer 
uiesst,  so  ist  dies  ein  Zeichen,  dass  das  Erzählte  wahr  ist. 

107.  Einem  Kinde,  das  Nervenzufällen  unterworfen  ist,  be- 
festigt man  die  Schale  einer  kleinen  Schildkröte  am  Halse;  wenn 
der  Anfall  eintritt,  hält  man  über  seinen  Kopf  einen  Säbel  oder 
ein  Messer.  Da  sowohl  nach  dem  Glauben  der  Muslimen  als 
auch  der  Juden  solche  Anfälle  von  Dschinnen  hervorgerufen 
w  erden ,  so  wird  dieses  Mittel  sie  aufhören  machen. 

los.  Wenn  man  glaubt,  dass  das  Unwohlsein  eines  Kindes 
von  einem  Zauber .  einem  Fall  oder  der  Unterlassung  irgend 
einer  der  abergläubischen  Vorschriften  herrühre ;  so  muss  je- 
mand das  kranke  Kind  umhertragen  und  ihm  aus  sieben  Brun- 
nen oder  Wasserbehältern  zu  trinken  geben,  ohne  dabei  ein  ein- 
ziges Wort  zu  sprechen.  Hierauf  wirft  man  ein  dem  Kranken 
gehörendes  Tuch  ins  Meer  und  ist  überzeugt,  durch  diese  Mittel 
die  Genesung  herbeizuführen. 

109.  Frauen  von  allen  Keligionsparteien  sind  der  Ansicht, 
dass  man  eine  Steppdecke  [lehäf]  nie  an  einem  Sonntag  frisch 
überziehen  dürfe,  da  diejenige  Person,  welche  unter  einer  solchen 
Decke  schliefe,  erkranken  Avürde. 

170.  Wenn  eine  Frau,  die  schon  Kinder  hat,  ein  todtes 
Kind  zur  Welt  bringt  oder  zu  früh  gebiert,  so  glaubt  man  allge- 
mein, dass  eine  neidische  Fee  an  diesem  Unglück  schuld  sei. 
Damit  dies  sich  nicht  wiederhole,  räth  mau  der  Mutter,  ihr  jüng- 
stes Kind  in  einen  Korb  zu  setzen  und  denselben  in  eine  Ci- 
steme,  die  neben  einem  heiligen  Grabe  gelegen  ist,  hinabzulas- 
sen. Wenn  das  Kind  beim  Wasser  angelangt  ist.  muss  es  schwö- 
ren,  weder  Kopf  noch  l^foten  irgend  eines  gehörnten  Thieres  zu 
essen,  bis  seine  Mutter  wieder  ein  lebendes  Kind  geboren  und 
dasselbe  ein  gewisses  Alter  erreicht  habe.  Hierauf  darf  das  Kind 
irgend  etwas  verlangen,  was  seine  Elteni  ihm  gewähren  müssen; 
dann  zieht  man  es  wieder  aus  der  Cisterne  herauf. 


101 


171.  P^s  Avird  bei  den  Muslimen  als  religiöse  I'fiielit  :mge- 
sehen,  die  Töchter  /u  verheirathen ,  sobald  sie;  erwachsen  sind. 
Denn  wenn  ein  Mädchen  das  Alter  der  Mündigkeit  erreicht  hat, 
so  kommt  jeden  Monat  ein  Tinsichtbares  Schwein  und  pisst  auf 
die  Schwelle  der  Thüre  des  Zimmers  oder  des  Hauses,  in  wel- 
chem sich  das  Mädchen  befindet.  Uies  hört  erst  auf,  wenn  das 
Mädchen  sich  verheirathet. 

172.  Es  wird  jedermann,  besonders  Frauen,  empfohlen,  sich 
nach  einem  warmen  15ad  im  Spiegel  zu  besehen .  da  dies  gegen 
Kopfschmerzen  schützen  soll. 

173.  Nach  dem  Glauben  der  Metäwile  sind  es  fünf  Ursa- 
chen, welche  Vergesslichkeit  bewirken :  die  Inschriften  auf  alten 
Gräbern  zu  lesen,  in  der  Mitte  einer  Heerde  Kamele  zu  gehen, 
etwas  zu  essen,  das  von  Mäusen  berührt  worden  ist,  mit  nüch- 
ternem Magen  saure  Apfel  zu  essen  und  auf  dem  Rücken  zu 
liegen. 

174.  Gemäss  dem  unter  dem  Volke  herrschenden  Aberglau- 
ben darf  die  Thüre  eines  Hauses  nicht  nach  Osten  oder  Westen 
gerichtet  sein,  da  dies  Unglück  bringen  w^ürde,  sondern  sie  muss 
nach  Norden  oder  Süden  schauen;  letzteres  bringt  am  meisten 
Glück. 

175.  Bei  den  Metäwile  giebt  jemand,  der  sich  auf  den 
Weg  macht,  um  eine  Reise  zu  unternehmen,  dieselbe  sofort  auf 
und  kehrt  um,  wenn  er,  sobald  er  aus  dem  Hause  tritt,  eine 
hässliche  Frau  mit  langem  Kinn  oder  einem  Raben  oder  ein«n- 
Herde  Kühe,  die  in  derselben  Richtung  wie  er  gehen,  antrifft. 
Dagegen  freut  er  sich  und  setzt  seinen  Weg  fort,  wenn  die  Herde 
ihm  entgegenkommt,  oder  wenn  er  jemand  antrifft,  der  ein  Ge- 
fäss  mit  Milch  oder  Dickmilch  trägt.  Ebenso  glaubt  er ,  dass  rs 
ihm  Glück  bringen  werde,  wenn  er  zuerst  einem  Pferde  oder 
einer  Racenstute  begegnet  oder  eine  Gazelle  rechts  vom  Wege 
antrifft. 

176.  Die  Muslimen  glauben,  dass  das  Erdbeben  eine 
Drohung  seitens  der  göttlichen  Vorsehung  sei.  Manche  behauj)- 
ten ,  die  Erde  ruhe  auf  dem  Hörn  eines  Stieres ,  der  auf  einem 
Felsen  stehe.  Dieser  Fels  schwimme  auf  dem  Wasser,  welches 
sich  über  der  auf  der  Finsteniiss  ruhenden  Schlange  ausbreite. 
Wenn  der  Stier  an  dem  einem  Hörn  müde  ist.    so  nimmt  »r  du; 


108 

Erde  auf  das  andere  II oni,   imd  diese  Änderung  verursacht  das 
Erdheben. 

177.  Manche  Leute  trajj^en  eine  Art  Talisman  an  sich,  uni 
sicli  vor  ^'erf()liJ:ung  und  ]?e(h-ücku7ig  von  Seiten  der  Maclithaher 
zu  schützen.  Auch  glaubt  man  mittelst  dieses  Talismans  Geister 
citiren  zu  könjien,  um  durch  dieselben  Zukünftiges  zu  erfahren 
u.  s.  w.  Man  nennt  diesen  Talisman  das  Siegel  von  Ghazali; 
die  Namen  Michael  u.  s.  av.  sind  Namen  von  Geistern,  welche 
die  ^^'ünsche  erfüllen  sollen. 

Michael 


b 

t 

d 

d 

h 

r 

w 

3 

1.1 

178.  Wenn  jemand  merkt,  dass  er  mit  dem  bösen  lilick  be- 
haftet sei,  so  mnss  er  immer  zuerst  auf  seine  Nase  blicken,  ehe 
er  seine  Verwandten  und  Freunde  ansieht,  damit  sein  Auge 
keinen  gefährlichen  Einfluss  auf  sie  ausübe. 

179.  AVer  ein  warmes  liad  nimmt,  nachdem  er  Fische  oder 
Dickmilch  gegessen  hat,  läuft  allgemeinem  Aberglauben  zufolge 
Gefahr,  verrückt  zu  werden.  ■ 

180.  Wenn  man  einem  Kinde  einen  Knochen  vom  Rück-   I 
grat  eines  Wolfes  anhängt,  so  glaubt  man,  dass  dasselbe  vor  dem 
Keuchhusten  bewahrt  bleibe. 

181.  Die  Bauern  glauben,  dass,  wenn  man  am  Mittwoch  der 
Charwoche  das  Haus  kehre,  dasselbe  oft  von  Ameisen  heimge- 
sucht werde. 

182.  Um  gute  Bruthennen  zu  bekommen,  schwingen  die 
liäucrinnen  am  Abend  vor  Epiphanias  einen  Stock  dreimal  im 
Hühnerstall,  indem  sie  wiederholt  rufen'):  »Um  Isaaks  willen 
mögen  alle  Hennen  Brüthennen  werden«. 

183.  Bei  den  Häuerinnen  Avird  sich  eine  gute  Haiisfrau  hü- 
ten,   einer    ürüthenne   an    einem  Mittwoch   oder    Samstag  Eier 

1;  (^iiU  j,^   ^i^ftji   ^    ^^■Li.-i    i^iTj^j 


I 


109 


unterzulegen;  denn  aus  den  an  diesen  Tag(ni  untergelegten 
Eiern  könnten,  wie  man  glaubt,  anstatt  Hühnchen  Missgelturten 
ausschlüpfen. 

184.  Der  Fehruar  wird  als  derjenige  Monat  angesehen,  wel- 
cher den  alteii  Leuten  am  nachtheiligsten  ist.  Nach  allgenieinem 
Glauhen  bittet  dieser  Monat,  bevor  er  zu  Ende  geht,  seinen  \'et- 
ter ,  den  Monat  März ,  ihm  vier  Tage  schlecht(>n  Wetters  zu 
leihen,  um  die  Alte  sammt  ihrem  Spinnrad  umzubringen'). 

185.  Einem  Aberglauben  gemäss,  der  bei  den  Baiunn  tmd 
zwar  bei  den  Christen  verbreitet  ist,  soll  man  am  Abend  vor  J^pi- 
phanias  Manlbecrbaumholz  verbrennen.  Denjenigen,  welclu! 
keines  besitzen,  ist  es  sogar  erhuibt,  solches  zu  stehlen,  \un  es  zu 
verbrennen,  l^enn  da  dieser  Haum  aus  Stolz  sicli  geweigert  hat, 
sich  wie  die  anderen  1  >äume  am  Abend  vor  Epiphanias  zu  vernei- 
gen, so  verdient  er,  verbrannt  zu  werden.  Auch  glaubt  man,  dass 
ebensoviele  Tage  dem  Leben  desjenigen ,  welcher  das  Feuer  an- 
gezündet hat ,  zugezählt  werden ,  als  das  Feuer  Funken  hervor- 
bringt. 

186.  Wenn  ein  Schakal  zu  ungewöhnlicher  Zeit  heult,  so 
glauben  die  Landleute,  dass  nach  kurzer  Zeit  Dürre  eintreten 
werde. 

1 87 .  Die  Landleute  gestatten  den  Transport  der  lÜenenkorbe 
von  einem  Ort  zum  andern  bloss  an  Freitagen  nach  Sonnenunter- 
gang, da  sie  glauben,  dass  dies  an  andern  Tagen  die  Zerstreuung 
der  Bienen  nach  sich  ziehen  würde. 

1*88.  Leuten,  welche  an  Halsweh,  besonders  an  geschwolle- 
nen Mandeln  leiden,  wird  gerathen,  einen  Maulwurf  zu  packen . 
mit  den  Fingern  zu  erwürgen  und  sich  zur  Zeit,  da  die  Schmer- 
zen eintreten,  mit  den  Fingern  die  Kehle  zu  reiben.  Dabei  müs- 
sen sie  den  Speichel  hinunterschlucken.  Wenn  ein  Kranker 
keine  Gelegenheit  hat,  selbst  einen  Maulwurf  zu  erwürgen,  so 
kann  eine  Person,  welche  dies  einmal  gethan  hat,  den  Kranken 
auf  die  oben  beschriebene  Weise  heilen. 

189.  Manche  Leute  tragen  eine  Art  Talisman,  den  man  das 
Siegel  Jupiters    [el-muschtan)   nennt.     Dieser  Talisman  besteht 

1)  Wörtlich  übersetzt,  da  auf  eine  Anfrage  an  den  Verfasser  keine  Er- 
klärung dieses  Ausdrucks  einging.  Der  übers. 


110 


aus  einem  kleinen  Stück  Papier,   auf  Avelclieni  fol^^ende  Formel 
geschrieben  ist 


8 

11 

12 

1 

13 

2 
0 

7 

12 

3 
10 

9 

6 

14 

3 

14. 

Dieser  Talisman  muss  jedoch  mit  besonderer  Sorgfalt  ge- 
macht Averden.  und  zAvar  kann  dies  nur  geschehen,  Avenn  der 
2lste  März  auf  den  14ten  Tag  des  Mondumlaufs  fällt  und  die- 
ser Tag  ein  Donnerstag  ist,  den  die  Astrologen  dem  Jupiter 
weihen.  Ferner  muss  derjenige,  Avelcher  diese  Formel  schreiben 
Avill.  Donnerstags  den  21sten  März  bei  Tagesanbruch  aufstehen, 
ein  laues  liad  nehmen,  die  Kleider  wechseln  und  dann  vor 
Soinienaufgang  noch  nüchtern  die  besagte  Formel  mit  einer 
Tinte  schreiben,  die  aus  Safran,  Moschus  und  K,osenwasser  zu- 
sammengesetzt ist.  Nachdem  die  Zahlen,  wie  oben  angegeben, 
geschrieben  sind,  muss  man  die  Schrift  über  einem  Rauche 
trocknen,  welcher  durch  Verbrennen  von  Aloe  und  Ambra  her- 
vorgerufen wird.  Hierauf  wird  das  Papier  gefaltet;  nachdem  man 
es  in  ein  Fetzchen  gelber  Seide  eingewickelt  hat,  befestigt  man 
es  mit  einem  gelben  Seidenfaden  an  der  Kopfbinde.  Man  glaubt, 
dass  dieser  Talisman  alle  Unternehmungen  desjenigen  begün- 
stige, welcher  ihn  trägt,  ihn  vor  den  Verfolgungen  der  Machtha- 
ber schütze  und  diese  nöthige,  seinen  Wünschen  zu  entsprechen. 

190.  Um  die  Ameisen  aus  einem  Wohnraum  zu  vertreiben, 
nimmt  der  IJeschwörer  Linsen  in  die  Hand ;  nachdem  er  drei- 
mal wiederholt  hat:  »Ich  beschAvöre  euch,  o  Ameisen!  im  Na- 
men des  Propheten  Salomo,  diesen  Ort  zu  verlassen«,  streut  er 
die  Linsen  im  Zimmer  umher  und  versichert,  dass  die  Ameisen 
nun  weggehen  werden. 

191.  Damit  die  Ameisen  nicht  an  eine  Speise  oder  ein  Ge- 
tränk kommen,  muss  man  den  Athcm  anhalten,  während  man 
das  Gefäss,  in  welchem  die  Speise  oder  das  Getränk  sich  befin- 
det, nimmt  und  an  den  Ort  stellt,  wo  es  hingehört. 

l'.)2.  Wenn  eine  Frau  sich  zu  Pferde  setzen  muss.  während 
sie  ihre  Monstruatioii  li;i1.  so  muss  man  nach  muslimischem  Aber- 


111 


uflaubcn  ein  wenisr  Erde  unter  den  Sattel  anf  den  Kücken    des 
Thieres  thuu,  damit  das  Reiten  der  Frau  nichts  schade. 

193.  AYenn  eine  Frau  ihre  Menstruation  hat,  darf  sie  Avodcr 
einsalzen  noch  einmaclien,  da  man  glaubt,  dass  das  Eingemachte 
sich  nicht  halten  werde. 

194.  Wenn  eine  Schlange,  die  von  einem  Beschwörer  vor- 
gewiesen wird,  unbeweglich  auf  einem  Platze  verharrt  und  unter 
den  Zuschauern  sich  eine  schwangere  Frau  befindet,  so  glaubt 
man,  dass  dieselbe  einen  Knaben  gebären  werde. 

195.  Die  Beduinen  sowie  auch  andere  Leute  glauben,  dass 
an  den  Pferden  gewisse  Stellen,  an  welchen  die  Ilaare  gegen  den 
Strich  laufen,  je  nach  Form  und  Stellung  für  denjenigen,  der  das 
Pferd  reitet,  von  guter  oder  schlimmer  Vorbedeutung  sein  kön- 
nen. Darum  würden  auch  ein  Hengst  oder  eine  Stute  viel  von 
ihrem  Werth  verlieren,  wenn  jene  Falten  solche  wären,  von  denen 
man  glaubt,  dass  sie  von  schlimmer  Vorbedeutung  sind  und  um- 
gekehrt. 

196.  Nach  muslimischem  Aberglauben  ist  der  Affe  auf  fol- 
gende Weise  entstanden :  Einst  hatte  eine  Frau  mit  einem  Stück 
Brotteig  die  Unreinigkeit  auf  den  Schenkeln  ihres  Kindes  abge- 
putzt und  wurde  dann  für  diese  Versündigung  durch  die  Ver- 
wandlung ihres  Kindes  in  einen  Affen  bestraft,  während  sie  sel- 
ber in  eine  Schildkröte  verwandelt  wurde.  Darum  hält  man  auch 
die  kleinen  Kinder  fern  von  dem  Orte,  wo  Brot  bereitet  wird. 

197.  Nach  dem  Glauben  der  Muslimen  und  Metäwile  reprä- 
sentirt  die  gewöhnliche  oder  Avilde  Narcisse  eine  Verwandlung 
dessen,  was  der  Prophet  Muhamed  ausgespieen  hat. 

19S.  Wenn  eine  schwangere  Frau  einige  Tage  vor  ihrer 
Niederkunft  träumt,  dass  eine  Unbekannte  sie  quäle,  so  ist  sie 
überzeugt,  dass  eine  feindliche  Fee  sie  eine  Fehlgeburt  werde 
thun  lassen.  Um  sich  davor  zu  schützen,  lassen  sich  die  musli- 
mischen Frauen  durch  einen  Heiligen  einen  Kupferring  an  den 
Fuss  befestigen  1).  Die  christlichen  Frauen  tragen  Peliquicn  mit 
sich  herum,  um  diesem  Unglück  zu  entgehen.  Hei  den  .Jüdinnen 
heisst  jene  Fee  Lilith. 

1,  Man  findet  oft  solche  Kupferringe  in  alten,    sogar    in   phönicischen 
Gräbern. 

Ztschr.  a.  Pal-.Ver.  YII.  8 


112 

199.  Es  ist  für  den  liesitzer  einer  Stute  von  schlimmer  Vor- 
l»edeutung.  wenn  dieselbe  zu  gleicher  Zeit  zwei  Füllen  wirft; 
denn  dies  zeigt  das  Ende  seines  Glückes  an. 

20U.  Nach  allgemeinem  A'olksglauben  ist  es  nicht  erlaubt, 
die  Hände,  nachdem  man  sie  gewaschen  hat,  vor  dem  Gesicht 
einer  Person,  welche  man  ehrt  oder  liebt,  hin  und  her  zu  bewe- 
gen :  denn  man  könnte  diese  Person  bespritzen,  und  dies  würde 
eine  Trennung  von  derselben  zur  Folge  haben. 

201.  Wer  bei  Mondschein  im  Freien  das  Haupt  entblösst, 
läuft  nach  dem  unter  den  IJauern  herrschenden  Glauben  Gefahr, 
grindig  zu  werden. 

202.  Wenn  ein  Obstbaum  keine  Früchte  bringt,  so  veran- 
lassen die  Gärtner  eine  schwangere  Frau ,  an  einem  der  Zweige 
desselben  einen  Kieselstein  zu  befestigen,  und  sind  überzeugt, 
dass  er  dadurch  fruchtbar  Averden  wird.  Jedoch  läuft  die  Frau 
dann  Gefahr,  eine  Frühgeburt  zur  Welt  zu  bringen. 

203.  Wenn  in  Syrien  jemand  stirbt,  so  begeben  sich  die 
Verwandten  und  die  Frauen  der  Nachbarschaft  in  Menge  in  das 
Sterbehaus,  woselbst  der  Leichnam  in  einem  Zimmer  ausgestellt 
ist.  Die  Frauen  umgeben  denselben,  theils  weinend  und  klagend, 
theils  indem  sie  sich  Geschichten  erzählen  und  schwatzen.  AVenn 
nun  in  dieser  aufgeregten  A'ersammlung  eine  der  Frauen  niest, 
so  ist  das  von  schlechter  Vorbedeutung  für  sie ;  um  sie  vor  Un- 
glück zu  bewahren ,  muss  ihr  eine  der  Anwesenden  den  Saum 
des  Hemdes  so  oft  zerreissen,  als  sie  niest, 

204.  Manche  Leute,  welche  eine  Cisterne  in  ihrem  Hause 
haben ,  erlauben  nicht,  dass  man  nachts  oder  sogar  schon  nach 
Sonnenuntergang  komme,  um  Wasser  daraus  zu  schöpfen,  da  es 
von  schlimmer  Vorbedeutung  ist ,  zu  dieser  Zeit  Wasser  herzu- 
geben, 

205.  Wenn  man  sich  verschluckt,  indem  man  Früchte  oder 
andere  Esswaaren .  welche  man  geschenkt  erhalten  hat ,  isst,  so 
ist  dies  ein  Zeichen ,  dass  das  Geschenk  wider  Willen  gegeben 
wurde. 

206.  Ein  Mann,  welcher  von  seiner  Frau  geliebt  sein  und 
verhnidern  will,  dass  sie  ihm  untreu  werde,  muss  folgendes 
thun;   er  muss  sich  die  Nägel  schneiden  lassen,    dieselben  ver- 


113 

brennen,   die  Asche  ohne  ^'orwissen  der  Frau  in  irfj^end  ein  Ge- 
tränk mischen  und  sie  dasselbe  trinken  lassen. 

207.  Eine  neuvermählte  Frau  hütet  sich  davor,  ihren  ersten 
Kirchgang  mit  emer  andern  neuvermählten  zu  machen;  ebenso 
tauft  man  nicht  zwei  Kinder  an  einem  und  demselben  Tage  in 
derselben  Kirche ,  aus  Furcht,  dass  das  zweite  dann  nicht  lange 
leben  werde. 

208.  Man  glaubt,  dass  Kinder,  welche  in  einer  sogenann- 
ten Glückshaut  zur  Welt  kommen,  unter  einem  guten  Stern  ge- 
boren sind.  Bisweilen  wird  die  Glückshaut  getrocknet,  imd  der 
Vater  trägt  sie  als  Amulet  in  der  Überzeugung,  dass  sie  ihm 
Glück  bringen  werde. 

209.  Der  Mittwoch  der  Charwoche  trägt  den  Namen  Mitt- 
woch des  Propheten  Hiob.  An  diesem  Tage  pflegen  sich  Ange- 
hörige aller  Religionsgemeinschaften  vor  Sonnenaufgang  ans 
Meeresufer  zu  begeben,  um  sich  daselbst  Hände  und  Füsse.  so- 
wie sogar  das  Gesicht  zu  waschen.  Man  glaubt,  dass  diese  Wa- 
schung alle  Krankheiten  heile  oder  vor  denselben  schütze,  wenn 
die  betreff'enden  Leute  daran  glauben.  Manche  befolgen  diese 
Sitte  in  der  Annahme ,  dass  an  diesem  Mittwoch  ein  Engel  die 
Wunden  des  Propheten  Hiob  mit  Meerwasser  gewaschen  habe ; 
andere  bloss  im  allgemeinen  in  Erinnerung  an  die  Heilung 
Hiobs. 

210.  Wenn  eine  junge  Henne  den  Zeitpunkt  erreicht  hat, 
da  sie  anfängt  zu  legen,  so  geben  viele  alte  Bäuerinnen  sorgfältig 
Acht  darauf,  wann  sie  zum  ersten  mal  legt,  um  dann  das  noch 
warme  Ei  zu  nehmen  und  an  die  Augen  zu  halten ,  in  der  Über- 
zeugung, dass  dies  vor  Augenleiden  schütze. 

211.  Wenn  eine  Bäuerin  Seidenwürmer  aufziehen  will  und 
eine  gute  Ernte  zu  bekommen  wünscht,  so  glaubt  man,  dass  das 
sicherste  Mittel,  eine  solche  zu  erzielen,  darin  bestehe,  dass  sie 
das  erste  mal,  da  sie  dieses  Geschäft  betreibt,  einen  Seidencocon 
verschluckt . 

212.  Die  Christen  glauben,  dass  die  im  April  geborenen 
Kinder  einen  Hang  zum  Lügen  haben  werden. 

213.  Manche  Muslimen  glaxiben,  dass  man,  um  ein  Wech- 
selfieber zu  heilen .   den  Kranken  mit  einem  Knochen  aus  dem 


114 

Grabe  eines. Juden  beweihräuchern  müsse.    Andere  sagen,  dass 
man  einen  Tag  lang  bettehi  müsse,  um  gesund  zu  werden. 

214.  Die  Metfnvile  geben  dem  Todten  etwas  Salz  und  zwei 
Brote,  von  denen  da?;  eine  altbacken,  das  andere  frisch  sein 
muss,  mit  ins  Grab,  um  damit  die  beiden  Engel,  die  das  Grabes- 
examen halten,  zu  beköstigen. 

215.  Einer  Frau,  Avelche  unfruchtbar  ist ,  räth  man,  unter 
dem  Bauche  eines  Elephanten  hindurchzugehen  oder  sich  unter 
einen  Gehängten,  wenn  er  noch  am  Galgen  hängt,  zu  stellen. 
Xach  allcfemeinem  Glauben  soll  dies  bewirken,  dass  sie  frucht- 
bar  Avird. 


216.  Wenn  ein  Pfarrer  stirbt,  so  wird  seine  \yittwe  gefragt, 
ob  sie  sich  wieder  verheirathen  wolle ;  wenn  sie  dies  bejaht,  so 
wird  er  liegend  begraben ,  im  entgegengesetzten  Falle  aber 
sitzend. 

217.  Es  wird  allgemein  geglaubt,  dass  Rückenschmerzen 
auf  folgende  Art  geheilt  werden  können  :  der  Leidende  legt  sich 
auf  den  Boden  ,  und  der  älteste  seiner  Verwandten  muss  auf 
seinem  Rücken  herumtreten. 

2 IS.  Man  glaubt,  dass  diejenigen  Personen,  denen  beim 
Lachen  die  Thränen  in  die  Augen  treten,  bestimmt  sind,  fern  von 
ihrem  Vaterlande  zu  sterben. 

219.  Damit  ein  Kind  eine  schöne  Stimme  bekomme,  darf 
man  dem  Neugeborenen  die  Nabelschnur  nicht  zu  knapp  ab- 
schneiden. 

220.  Eine  muslimische  Frau  ist  traurig,  wenn  das  Meer  in 
dem  Augenblicke ,  da  sie  badet,  anfängt  zu  steigen,  da  dies  ein 
Zeichen  ist.  dass  ihr  Mann  sie  nicht  liebe. 

221.  Wenn  ein  Mädchen  keine  Gelegenheit  gehabt  hat,  sich 
zu  verheirathen,  so  glauben  die  Muslimen,  dass  ihr  Lebensglück 
»befleckt«  sei.  Um  die  Flecken  zu  beseitigen ,  räth  man  ihr,  ein 
Meerbad  zu  nehmen  und  dasselbe  nicht  eher  zu  verlassen,  als 
bis  die  Wellen  siebenmal  über  ihren  Kopf  weggegangen  sind. 
Die  Christen  geben  ihr  den  Rath,  bei  einer  Trauung  an  die  Braut 
heranzutreten  und  derselben  mit  der  Hand  einige  leichte  Schläge 
auf  den  Rücken  zu  versetzen. 


llö 

222.  "NVeini  man  willirend  der  liiotbereitiing  Wasser  trinkt. 
so  läuft  man  Gefahr,  dass  der  Teig,  trotz  des  Sauerteigs,  nicht 
aufgeht. 

223.  "Wenn  eine  Frau,  Avährend  sie  das  lirot  knetet,  sicli 
beklagt,  dass  der  Teig  an  ihren  Händen  kleben  bleibe,  so  ist  dies 
ein  Zeichen,  dass  sie  die  Eltern  ihres  Mannes  nicht  liebt. 

224.  Wenn  man  jemand  beauftragt  hat,  die  Messer  zu 
schleifen ,  und  dieselben  sofort  scharf  Averden ,  sobald  er  damit 
beginnt,  so  ist  dies  ein  Zeichen,  dass  er  ein  Lügner  ist. 

225.  Eine  Christin  glaubt,  dass  ihr  Mann  sie  nicht  liebt, 
wenn  derselbe  immer  vor  Sonnenaufgang  erwacht  und  das  Haus 
verlässt.    Die  Bauern  jedoch  sind  nicht  dieser  Ansicht. 

226.  Wenn  eine  Frau  nur  Mädchen  gebiert,  so  giebt  man 
ihr  während  des  Wochenbettes  zuweilen  Fische  zu  essen,  damit 
sie  künftig  Knaben  bekomme. 

227.  Wenn  in  ein  Haus  in  der  Stadt  eine  Wachtel  hinein- 
kommt.  so  ist  dies  ein  Zeichen,  dass  die  Bewohner  dieses  Hau- 
ses glücklich  sein  werden. 

22S.  Ehe  man  einen  Todten  begräbt,  muss  man  ihm  das 
Leichentuch  und  die  Kleider  über  der  Brust  zerreisscn,  damit 
dieselben  nicht  in  das  Fleisch  eindringen;  dies  könnte  nach  herr- 
schendem Aberglauben  den  Tod  der  anderen  Familienglieder  zur 
Folge  haben. 

229.  Allgemein  verbreitet  ist  der  Aberglaube ,  man  müsse 
die  kleinen  Kinder  viel  weinen  lassen,  dann  würden  sie  schwarze 
Augen  bekommen. 

230.  Jede  Frau,  die  ihren  Mann  liebt,  wäscht  seine  Wäsche 
nur  mit  Seife,  die  vorher  noch  nicht  gebraucht  ist;  dies  soll  be- 
Avirken,  dass  er  seine  Frau  überlebt. 

231.  Die  Muslimen  glauben,  dass  man  sich  einen  guten 
Platz  im  Paradies  erwerben  könne,  wenn  man  eine  Eidechse 
tödte,  da  diese  eines  der  Thiere  sei,  die  den  Fluch  verdient 
haben.  Als  nämlich  der  König  Nimrod  den  Befehl  gab.  Holz 
zusammenzutragen,  um  den  Patriarchen  Abraham  lebendig  zu 
verbrennen .  so  beeilte  sich  die  Eidechse ,  einen  Strohhalm  her- 
beizubringen.   Der  Frosch  dagegen  füllte  sein  Maul  mit  Wasser 


116 

uiul   spie  dasselbe  auf  das  Feuer,    um   es   auszulöschen;   darum 
wurde  er  gesegnet '  . 

232.  Wenn  eine  Frau  die  an  ihr  befindlichen  Flöhe  leicht 
fangen  und  tödten  kann,  so  ist  dies  ein  Zeichen,  dass  sie  ihren 
Mann  unter  dem  Pantoffel  hat. 

233.  Die  Muslimen  glauben,  dass  es  den  Eltern  eines  klei- 
nen Mädchens  Unglück  bringe,  ■nenn  dasselbe  unaufhörlich 
weint  und  flennt.  Damit  es  diese  schlechte  Gewohnheit  verliere, 
bittet  man  einen  Junggesellen,  ihm  mit  einem  Schuh  einige 
Schläge  auf  den  Kopf  zu  geben ,  und  zwar  zur  Zeit ,  wenn  der 
Mueddin  Freitag  Mittags  das  Minaret  besteigt. 

234.  Wenn  eine  Frau,  welche  ihre  Menstruation  hat,  sich 
in  das  Bett  einer  Wöchnerin  legt,  so  ist  zu  befürchten,  dass  das 
neugeborene  Kind  eine  Milchkruste  bekomme. 

235.  Es  wird  allgemein  geglaubt,  dass  grosse  Ohren  ein 
langes  Leben  bedeuten. 

23G.  Leute,  die  zum  Scherz  die  Katzen  kämmen,  laufen 
Gefahr,  arm  zu  werden. 

237.  Man  darf  einem  kleinen  Kinde  keine  Küsse  auf  die 
Füsse  geben,  weil  dasselbe  sonst  nicht  mehr  wächst. 

23S.  Bei  den  Juden  herrscht  folgender  Aberglaube :  Wenn 
jemand  in  Folge  eines  Schrecks  krank  Avird  und  kein  Mittel  helfen 
will,  so  vergräbt  man  das  Hemd  des  Kranken  an  einem  Freitag 
um  zwölf  L'hr  mittags  in  den  Misthaufen.  Nach  acht  Tagen  wird 
dasselbe  wieder  hervorgeholt  und  verbrannt.  Die  Asche  wird  in 
Wasser  aufgelöst  und  der  Kranke  damit  gewaschen.  Hernach 
wird  das  Waschwasser  ins  Meer  geschüttet,  und  der  Kranke  muss 
ganz  allein  in  einem  Zimmer  bleiben,  worauf  dann  die  Genesung 
sicher  erfolgt. 

239.  Nach  einem  unter  den  Juden  verbreiteten  Aberglau- 
ben Avird  die  Milch  einer  Wöchnerin  vermehrt,  Avenn  man  ihr  am 
Halse  oder  am  Kopfe  das  Rückgrat  eines  fliegenden  Fisches  be- 
festigt. 

240.  Um  einem  Kinde  abzugeAvöhnen ,  nachts  im  Schlafe 
Wasser  zu  lassen ,  muss  man  ihm  ohne  sein  VorAvissen  eine  ge- 
bratene Maus  zu  essen  geben. 

1)  Es  folgt  hier  noch  die  bekannte  Nimrodlegende.  Der  Übers. 


117 

24 1 .  Die  Muslimen  glauben,  dass  die  Metäwile  oder  Schiiten 
nach  ihrem  Tode  zwei  Ver-\vandlungen  durchmachen  :  nacli  der 
Heerdigung  -werden  sie  in  Schweine  verwandelt  und  heim  jüng- 
sten Gericht  in  Esel.  Als  solche  dienen  sie  dann  den  Juden  ziun 
Reiten,  wenn  dieselben  kommen,  um  dem  Gericht  beizu- 
wohnen. 

242.  Wenn  in  einem  öffentlichen  liade  ein  neuer  Wasser- 
kessel aufgestellt  wird,  so  beeilen  sich  die  Muslimen,  an  jenem 
Tage  das  Bad  zu  besuchen;  denn  sie  glauben,  von  manchen 
IlaTitkrankheiten  geheilt  zu  werden,  wenn  sie.sicli  mit  dem  Wasser 
waschen  ,  das  zuerst  in  jenem  Kessel  heiss  gemacht  Avird.  Die- 
ser Kessel  muss  nach  altem  Gebrauch  aus  einer  Mischung  von 
Kupfer  und  anderen  Metallen  bestehen. 

243.  Den  Abend  vor  dem  vierzehnten  September  legen 
Leute  aller  Religionsgemeinschaften  auf  ihre  Dachterrassen 
zwölf  einzelne  Häufchen  Salz.  Jedes  der  Häufchen  wird  einem 
Monat  des  Jahres  zugetheilt,  indem  man  beim  September  be- 
ginnt. Den  andern  Morgen  vor  Sonnenaufgang  wird  nachge- 
sehen:  diejenigen  Häufchen,  welche  feucht  sind,  zeigen  an, 
dass  die  Monate ,  denen  sie  zugetheilt  sind ,  regnerisch  sein 
werden,  während  die  trocken  gebliebenen  Häufchen  zeigen,  dass 
in  den  betreffenden  Monaten  Trockenheit  herrschen  werde. 

244.  Die  Christen  glauben,  dass  die  Frau,  welche  aus  Ver- 
sehen die  Schuhe  einer  anderen  anzieht,  Gefahr  läuft,  ihren  Mann 
zu  verlieren.  Bei  Angehörigen  anderer  Religionsgemeinschaften 
muss  die  Person,  welche  aus  Versehen  die  Schuhe  einer  anderen 
angezogen  hat,  letzterer  einen  Schmaus  geben,  damit  aus  der 
Verwechslung  kein  Unheil  entstehe. 

245.  Bei  den  Christen  steht  keine  schwangere  Frau  zu  Ge- 
vatter, weil  sie  fürchtet,  fehl  zu  gebären  oder  ihr  Pathenkind 
durch  den  Tod  zu  verlieren. 

246.  Die  Gegenstände,  welche  die  Aussteuer  einer  Frau 
bilden,  müssen  der  Zahl  nach  ungerade  sein.  Wenn  sie  dies 
nicht  sind,  so  läuft  die  Frau  Gefahr,  mehr  als  einen  Mann  zu 
heirathen ,  indem  sie  ihren  ersten  durch  den  Tod  verliert  oder 
von  demselben  Verstössen  wird.  Auch  darf  die  Frau  Gegen- 
stände, die  zu  ihrer  x\ussteuer  gehören,  nie  verkehrt  hinstellen 
oder  legen;   dies  würde  ihrem  Manne  Schaden  zuziehen. 


118 


"2  17.  Wenn  zwei  ^'el•lobte  miteinander  essen  und  der  Bräu- 
tiffam  seiner  Ihaut  einen  Bissen  in  den  Mund  stecken  will .  so 
darf  sie  dies  nicht  annehmen,  weil  sie  sonst  befürchten  muss. 
Gegenstand  seines  Missfallens  oder  seines  Hasses  zu  werden,  wie 
es  im  Spriichwort  heisst  ^  :  Wenn  jemand  meinen  Bissen  ist. 
wird  er  der  Gegenstand  meines  Hasses. 

248.  Eine  schwangere  Frau  soll  alles  essen^  Avonach  es  sie 
gelüstet;  denn  wenn  sie  sich  etwas  versagt,  könnte  das  Kind, 
das  sie  gebiert,  am  Körper  ein  Mal  bekommen,  ähnlich  dem  Ge- 
genstand, dessen  sie  sich  enthalten  hat. 

249.  Man  nhnmt  nicht  gern  die  Erstlinge  irgend  einer  Art 
Frucht  aus  der  Hand  einer  geizigen  Person  entgegen ,  weil  man 
dadurch  Gefahr  läuft .  später  von  dieser  Frucht  nicht  genug  zu 
bekommen. 

250.  Ein  Haus,  in  welchem  sich  entweder  eine  Frau,  welche 
immer  jammert,  oder  ein  Dach,  von  welchem  der  Hegen  herun- 
terträufelt, oder  Wanzen  finden,  geht  zu  Grunde  -^ . 


2.    --iJ^^    OJ-.JS    o^-i'^-    Ch'^^     (i'^'-     (J^ 


Beiträge  zur  lusclirifteiikiiiide  Syriens. 

Schreiben  des  Plenn  Dr.  J.  H.  Mordtmauii  in  l'era 
an   die  lledaction. 

(Hierzu  Tafel  11). 


Es  scheint  nicht  weiter  bekannt  zu  sein,  dass  die  berühmte 
von  Ganneau  entdeckte  Tempelstele  von  Jerusalem  sich  seit  Jahr 
und  Tag  im  hiesigen  Museum  im  Tschinili  Kiöschk  befindet. 
Ganneau,  Stele  du  temple  de  Jerusalem  S.  8  f.  erzählt,  -wie 
[Kiamil  Pascha]  der  damalige  Mutesarrif  von  Jerusalem ,  sich 
des  Averthvollen  Steines  bemächtigt  hat;  sein  jetziger  Standort 
giebt  Aufschluss  über  seine  ferneren  Schicksale,  die  Herrn  Gan- 
NBAu  unbekannt  geblieben  waren. 

Ein  Vergleich  des  Abklatsches,  den  ich  Ihnen  beifolgend 
schicke  1),  mit  der  Abbildung  a.  a.  O.  ergiebt,  dass  letztere 
sehr  genau  ausgefallen  und  Herrn  Gajn'neau  s  Lesung  durchaus 
sicher  ist.  Nur  ein,  wie  mir  scheint,  charakteristischer  Umstand 
ist  dem  gelehrten  Herausgeber  entgangen.  Von  Zeile  3  ab,  be- 
sonders aber  Zeile  6  zum  Schluss,  bemerkt  man  auf  dem  Stein, 
dem  Abklatsch  und  Ganneau's  Photolithographie  die  deutlichen 
Spuren  von  Meisselhieben ,  welche  offenbar  von  dem  Versuche 
herrühren,   die  Inschrift  zu  tilgen.    In  Ganxe aus  Transcription 

1)  Leider  eignet  sich  der  Abklatsch  nicht  zur  Reproduktion,  weil  er 
nicht  ganz  vollständig  ist.  Um  die  Leser  zu  orientiren,  füge  ich  den  Text  der 
Inschrift  nach  Ganneau's  Lesung  bei :  MIK-tENA  AAAOrKNU  KliüK  iPF.V- 
f:S0AI  KNTO:£  luv  riEPl  TU  IKPUN  TPVa'AK'lur  KAI  lilJ'IBoAUY 
02AAN  AIIiPölI  EAYTOl  AiTlu:^  ESTAI  AlA  TO  EHAKüAdVHElN  eANA- 
TON,  »Kein  Fremder  darf  die  Schranken  und  das  Gehege  um  dasHeiligthum 
betreten;  wer  ergriffen  wird,  wird  wegen  nachfolgender  Todesstrafe  sich 
selbst  die  Schuld  zuzuschreiben  haben«.  Gl'TUK. 


120 

S.  1 1  ist  ein  solcher  Meisselhiel)  über  dem  letzten  lUichstaben 
von  0ANATON  Zeile  0  als  Schrittzeichen  aufgefasst  und  S.  i:i 
wird  dazu  bemerkt :  II  est  difficile  de  diviner  si  la  barre  addi- 
tiunnelle  qu'ou  remarque  au  milieu  du  1.  de  airio;  et  Celle  qui  sur- 
numte  le  N  deHovaTovsont  accidentelles  ou  intentionnelles.  Cette 
derniere  pourrait-elle  avoir  la  valcur  dun  signe  final  cquivalent 
a  notre  *  .  t 

Ist  nun  dieser  ^'ersuch,  die  missliebigen  Buchstaben  zu  ver- 
nichten, in  der  Neuzeit  etwa  als  den  Block  zum  Kau  der  Medrese 
verwandt  wurde ,  oder  bereits  im  Alterthum  gemacht  worden '. 
Ich  glaube,  dass  letztere  Annahme  die  allein  wahrscheinliche  ist 
und  dass  die  Zerstörer  die  Legionare  des  Titus  waren.  Im  Augen- 
blick, wo  man  sich  anschickt,  den  Tempel  zu  stürmen,  wirft  der 
römische  Imperator  den  gegenüberstehenden  Juden  gerade  die  Dul- 
dung dieser  Warnungsstelen  vor  (s.  die  Stelle  aus  Josephus  beiGAX- 
Mi.\u  a.  a.  O.  S.  27).  Mag  nun  diese  Anrede  auch  erdichtet  sein, 
so  viel  ergiebt  sich  aus  ihr,  dass  diese  Inschriften  von  den  oXXo- 
7£ViT;  D"""  als  JJeleidigung  betrachtet  wurden ;  imd  wer  weiss,  ob 
nicht  Titus  selbst  nach  der  Eroberung  die  Zerstörung  derselben 
befohlen  hat. 

Gestatten  sie  mir  bei  dieser  Gelegenheit  auf  die  beiden  spät- 
griechischen Inschriften  zurückzukommen,  welche  ZDPV.  IV, 
Tafel  I  abgebildet  sind.  Der  zweifelhafte  Name  in  der  ersteren 
dürfte  wohl  KaXia-paTO'j  (statt  KaXAiaipaTou)  zu  lesen  sein^).  In 
dem  zweiten  Fragment  gestatten  die  erhaltenen  Buchstabenreste 
zu  Anfang  noch  einige  weitere  Ergänzungen.  Yermuthlich  sind 
die  ersten  Buchstaben  der  Rest  von 

eeojAOCIACTHC, 
und  das  Ganze  zu  lesen 

osojoosi'v.;  xr^c  EvoozovaTfr^^jxoußf/.ouÄctpiac. 

Ob  eine  Kubicularia  dieses  Namens  sonst  noch  bekannt  ist, 
kann  ich  hier,  ohne  alle  einschlägigen  Hilfsmittel,  nicht  consta- 

1  Ich  bemerke  hei  dieser  Gelegenheit,  dass  der  Verfasser  des  betreffen- 
den Aufsafzes  in  ZDPV.  IV,  S.  Uff.,  Herr  Lic.  SciRi.TZE,  sehr  bald  nach 
dem  Druck  desselben  mir  diese  Vermuthung  selbst  mitgetheilt  hat.  Sie  ist 
vollkommen  richtig,  wie  ich  mich  im  Jahre  18S1  angesichts  der  Inschrift  über- 
zeugt habe.  GUTHE. 


121 

tirt'ii.     Eine    o£uvo-fi(£'ir£araTTj)   xoußixouXapia  Eucpr^ai;   kommt  in 
einer  Inschrift  von  ('halkedon  v.  J.  450  vor. 

In  der  Sammlung  des  Tschinili  Kiöschk  befindet  sich,  eine 
Marmorplatte  mit  byzantinischer  Inschrift  ^),  -welche,  nach  einer 
zufällig  erhaltenen  Notiz,  aus  Jerusalem  stammen  soll.  Eine 
zusammenhängende  Lesung  ist  mir  nicht  gelungen.  MN  scheint 
Abkürzung  für  ji-vr^oi)^  oder  [xv/jaOr^ti  zu  sein. 


Die  folgenden,  so  viel  ich  weiss,  unedirten  Inschriften  sind 
vor  langen  Jahren  von  Herrn  Dr.  Konstantin  Macrides  auf  einer 
Reise  durch  den  Haurän  copirt  Avorden ;  die  erste  entbehrt  nicht 
eines  historischen  Interesses. 

Ihr  Fundort  sa/uwieu  ist  eine  Station  der  Pilgerstrasse  und 
auf  der  WETZSTEiN'schen  Karte  verzeichnet.  Im  SEETZEN'schen 
Keisewerke  I,  34  ff.  TV,  15  sind  die  Ruinen  beschrieben,  unter 
denen  sich  zwei  Tempel,  einer  des  Zsu?  xupio;  und  einer  der  T6yr^ 
befindet,  Avoher  auch  offenbar  der  heutige  Name,  »die  beiden 
Götzenbilder«,  herrührt;  im  Alterthum  hiess  die  Stadt  Acre  (vgl. 
CIG  4554).  Eine  andere  Namensform  Seiamen  (bei  Richter, 
und  auch  sonst  bezeugt)  ist  ein  Rest  der  altnabatäischen  Sprache. 
Im  CIG  III,  4554 — 4558  (darnach  Waddington,  Inscr.  de  la 
Syrie  2413  f — j)  sind  vier  Inschriften  mitgetheilt,  von  denen  drei 
aus  dem  Tychaeon  stammen;  eine  vierte  ebendaselbst  befind- 
liche konnte  Seetzen  nicht  copiren.  Es  ist  vielleicht  CIG 4557 2). 
Aus  dem  Zeustempel  stammt  die  folgende : 

GTOYCAZTOYKAIAB 

BACiAecoCArpinnAKY 

ABBOrAIOC4>IAtO 
YIOIOIKOAOMHCAN 
5  PANCYNNeiKAAlOICKAI 

API  O  I  C  KA I T AOYPcoMA 
AeCTHCANAIlKYPIcoeKTcoN 
AlkoNevceBeiACXAPIN 

Ij  Nach  dem  von  Herrn  Dr.  Mokdt.m.\>n  eingesandten  Abklatsch  ist 
sie  auf  Tafel  II  wiedergegeben  worden.  1).  Red. 

2)  Die  Beispiele  für  T->/r;-Gad  ZMG.  XXXI,  p.  99  ff.  könnte  ich  jetzt 
noch  reichlich  vermehren;  'IV/sa  als  Nebenform  von  Tu/r,  CIG  455G  findet 
sich  auch  noch  beim  Syrer  Malalas  in  der  correcteren  Schreibung  Tj/iiol, 
p.  139 B. 


122 


TiItou;  /.![  Tou  y.ai  )/i  [iioüAio;  'A-p'-""^  /.o^piou]  'A^iBoYaToc  Oiotu  • 
[xai  oil'Jiol  o'/ooouTjaav  [Ou'pav  auv  vci/aoioi:  y.al  [XsovTJaoioi;  7.7.I  ti 
O'jptuuara  a(v)sarr,aav  A'.l  Kopt'to  ex  Toiv  loi'tuv  eusißsicr  /otpiv. 

Die  Ergäiizunifen  ergeben  sich  aus  CIG  III.  4558:   A-.l  toi 
x'jouo  Kotitotao  MctAyatou  xai  uiol  ayTou  xtv  Duoav  auv  Nsixaoioir  x^l 
UiVotÄr,  Nst'xT,  xal  Äcovraoi'ou  xat  Trotsr  yÄucsr,  xai  rr.;  ix  tojv  ouo  as- 
(iu)v  xabctpo'jpYi'a;  [vermuthlich  eine  Fontäne  zum  Abdestnehmen 
£/  rtuv  loüüv  xoiT   £'jai|j3i7.v  aviDrjXav. 

Die  Datirung  der  Ini<chrift  erinnert  sofort  an  eine  bekannte 
Münze  Agrippa's  IL.  deren  doppeltes  Datum  zuletzt  von  Momm- 
SEN  in  V.  Sallet's  Numismatischer  Zeitschrift  III.  451  bespro- 
chen -worden  ist.  Diese  Münze  datirt :  stou;  0.1  xob  xat  C  und 
Staramt  nach  Mommsen  aus  d.  J,  66  nach  Chr. ,  so  dass  die  bei- 
den Aren  i.  J.  56  bez.  61  n.  Chr.  beginnen.  Hiermit  stimmt  die 
Dop])elära  unserer  Inschrift .  welche  demnach  ins  J.  92  unserer 
Zeitrechnung  zu  setzen  ■wäre.  Die  HeiTSchaft  Agrippa's  über  den 
Haurän  datirt  aus  d.  J.  53,  in  welchem  Jahre  Claudius  ihm  die 
Tetrarchie  des  Philipp  xnid  Lysanias.  Batanaea,  Trachonitis.  Au- 
ranitis  und  Abilene.  verlieh. 

Aus  diesem  Gebiete  stammen  noch  folgende  Inschriften 
Agiippas  II. : 

1  'Akrabä  Wetzstein  179  =  Waddington  2413''  "Etouc 
i[r,l  ßaaiXsto;  AYpi~~a  xupiou  'lousTooc  MaXsiyaiJou  ^iüCxU  ^  ^r.j-^' 
i-oirasv  Ta  {l'jpioaora  o'jv  xo-u-ouf-oy  xal  tov  Stoaov  ix  tu)V  loi'wv  s'j- 
ai,3i{a;  [s^lsxa  All  Kop''(u  aus  d.  J.  78. 

2)  el-Muschennef  Wetzstein  30  =  Waddixgton  2211: 
1-sp  atuTTjOia;  xopiou  ßaaiÄsu);  '^ypiK-a  xal  i-avoooo  xat'  £'J/jr;v 
A-.o: 

Doch  kann  die  letztere  auch  auf  Agrippa  I  bezogen  Averden. 

Der  Name  'A,3,3oYaTo;  ist  wohl  einheimisch  und  identisch  mit 
foioi  A,3'i(UYa  xiii  ixTj;]  MapüJTa[i]u)v  (cf  Marato  cupreni  bei  Am- 
miau)  CIG  8971. 

Nr.  2.  Aus  Schemiskein  1^2  Stunden  von  Sanamein  eben- 
falls am  darb  el-haddsch  gelegen.  Wetzstein  .  Hauran  und  die 
Trachonen  8.  87  A  schreibt  Schech  miskm  .^jS^a  ;:i^,  bez.  Esch- 

miskiii  ..^Vw-iJ;!,  der  Autor  der  '^■J.\  ^J^k^  S.  66  ed.  Const.  gar 
^j^'^  .  Waddixcjton  hat  nur  einen  späten  Text  aus  diesem 
Ort:   Nr.  2  11:',.  —  In  2  Theile  gespalten: 


[23 

a.  ACIAMOC  0  OY  T(oN 
lAUoN  KAMAT(oNKAI 
T(oNAYToYTeKN(oN 
T8  MNHMloNenolHC 

KAiAen  öAi  pen)pc 

b.  TA(OCnePGIHMHNNA 

(t)cnepeiMeicioBioc 

FAPKAITAXPHMATA 
OIKOC  OYTOC  eCTIN 

a.  AaiauQc  ...    i)  .   o-j  twv  ioi'cdv  xaiiaTiov  /ai  to-v  a'jToo  tiy.vtov  ro 

b.  ...   (oa-sOiZ  r,ur,v  .  .  (ua-sp  sijjli  ■   £tai  y'^P   ö   ßio;  y.ai  ra  /Ji"/;- 

;X7.T7.  •     OCXO;  OOTO;  £371.7. 

Der  Name  AaiatJLOc  kommt  sonst  nicht  vor. 
Nr.  3.    Ebendaher. 


C4)HA(0 
YRANT 
HOAPCie 
TtoN 

n 


oBeCAO 

ocpoe 

OY0IAO 


'U|3£aa9o;'Po£OU  cpi'Aoc  .  .  .  -avT(.ü[v]  Oapst,  stäv  -. 

Das  zwischen  -dtvTwv  und  cciXcov  stehende  Wort  ist  unklar. 

Der  Name  'üßi-aUo;  wird  Waddixgton  2364  'Oßctiaaro;  ge- 
schrieben ,  in  einem  nabatäischen  Texte  Vogüe  Inscr.  Sem.  S.  94 
Nr.  3  ni3"^2:7  "S,  griechisch  mit  or,uo;  'O^Saia/jVwv  Aviedergege- 
ben;  '0(3a{3af)oc  Wapd.  2172. 

Daneben  findet  sich  noch 'Oßai3if)o;  W.\dd.  2148  =  Wetz- 
stein 130;  'OiSöCol^  AVaddingdon  1997;  vgl.  Blau,  ZMG. 
XXVII,  35.5. 

Poio:  scheint  andere  Schreibunof  für  Po-j^io-j  Wadd.  2034  = 
Wetzstein  02''. 

In  muzerib  copirte  Herr  Macrides  folgende  kleine  In- 
schrift : 


124 


Nr   4. 


KOYAAPA 

•/o'j7.ooa- 

t 

TIANOCA 

T'.avo;  A- 

loreNOY 

•.OYSvo'j 

CnANT(0 

3  -avToj 

N0IAOCe 

V  'ii/.o;  £■ 

TtoN/v\ 

rcuv  11. 

1 

Dagegen  erwiesen  sich  die  aus  Bosra  und  Kanawät  copirten 
Inschriften  sämmtlich  als  schon  bekannt,  mit  Ausnahme  des  fol- 
genden Fragments : 

CKAOAPOTHTOC 
AAMTI   lePOKAeOYC 
HPOCOIKOAOMH0H 

wodurch  die  Lesung  von  Wadd.  2034  verbessert  wird. 

1.  :  EttI  t7;J;  KaiJaporr^ro;  [tou  y.upi'oij  -oulXa;i7:(porarou)  'Ispo- 
xXio'j;  etc. 

Wadd.  a.  a.  O. :  izl  trc  «•''•"■  ^-^  ~'J^  xupi'ou  [tJu.(u)v)  tou  [ha\i~  - 
(poTarou    'I'/..  'hpox/.iou;. 

Nr.  5.    In  der  Kirche  von  Hama: 

+YnepeYxi  ^oeMBp,  gtovc 

KOC  /  % 

MA  c^^  -^ 


^ 


0 


Ittso  £'j/ r^;    Mcipa   (y.ai;  kosaa.      Ivo, '.xticüvo;;    lo   tx[r,''v(o?      Noiu- 
|i{>t<i'j  y.i  sTÜii  0  vao;j  "Ktooc  !!co'. 

A.    907  der  Seleucidenära  entspricht  d.  J.  1.  Sept.  596/597 
p.  Chr.  und  der  14.  ludiction. 


Pas  Thal  Zeboim.  Sani.  T.  13.  18. 

Von  Lic.  Karl  Marti  in  Buus  (Baselland) 


Saul  lind  Jonathan  sassen  mit  600  Mann  zu  Geba'  Binjamin 
=  dschebd  ^) ,  ihnen  gegenüber  lagerten  zu  Mikmasch  (=^  much- 
mäs]  die  Philister;  da  sandten  diese  von  ihrem  Lager  drei  Colon- 
nen  aus  zur  Verwüstung  des  Landes ,  die  eine  nordwärts  in  der 
Richtung  nach  'Ophra  (==  et-faij'ibe) ,  die  andre  westwärts  in  der 
Richtung  nach  Bet  Chorön  (=  het-ür) ,  die  dritte  endlich  »in  der 
Richtung  auf  das  Gebiet  an  der  Grenze ,  welche  über  das  Thal 
Zeboim  hervorragt,  nach  der  Wüste  hin«.  2)  Es  konnte  natürlich 
im  allgemeinen  nicht  zweifelhaft  sein,  wohin  dieser  dritte  Haufe 
sich  gewendet  hatte ,  obwohl  das  Thal  Zeboim  nirgends  sicher 
nachzuweisen  war :  der  Südwesten  war  ja  von  Saul's  Mannschaft 
besetzt,  es  blieb  darum  nichts  anderes  übrig,  als  eine  geradezu 
östliche  oder  eine  südöstliche  Richtung  anzunehmen.  Allein  auf 
eine  genauere  Bestimmung  musste  verzichtet  werden,  da  ausser 
dem  unbekannten  Thal  Zeboim  keine  sichere  Ortsangabe  im  Texte 
vorliegt,  und  die  Annahme,  rr^DTan  »nach  der  Wüste  hin«  be- 
ziehe sich  auf  die  Wüste  Juda,  wenn  auch  wahrscheinlich,  doch 
nicht  über  allen  Zw^eifel  erhaben  war;  hat  doch  Wellhausen  ^) 
daraus  vielmehr  auf  eine  Richtung  nach  Osten  geschlossen. 

Die  Entscheidung,  welche  Wüste  gemeint  und  damit  auch, 
welche  Richtung  eingeschlagen  sei,  bringt  erst  der  sichere  Nach- 
weis über  die  Lage  des  Thaies  Zeboim,   und  dieser,  so  scheint  es 

1)  Ob  wir  dafür  Gibe'a  Binjamin  (■'2'i32  nSSJ,  mitLXX,  die  Faßaa  Bsvia- 
[jLiv  aufweist,  zu  lesen  haben,  lassen  wir  dahingestellt,  da  die  Antwort  hierauf 
für  unsere  Frage  ohne  entscheidende  Wichtigkeit  ist. 

2  Ob  n-::T2n  zu  rp'r:n  oder  zu  n:t-  zu  ziehen  ist,  thut  zur  Sache 
nichts  ;  wir  halten  die  letztere  Beziehung  für  die  richtige. 

3)  Der  Text  der  Bücher  Samuelis  untersucht.    Göttingen  1871,  p.  84. 


126 

mir.  ist  jetzt  auf  Grund  der  neuesten  Karten  zu  leisten.  Über- 
einstimmend zeigen  nämlich  die  Karte  von  Schick  >)  und  die 
cniflischen  Karten  des  Palestine  Exploration  Fund-)  ein  Seiten- 
tliiilc-lien  auf,  Avelches  sich  von  der  Gegend  nördlich  von  chän 
haijrür  \\\\i{  kal  at  ed-damm  znva.  icTidi  fauuär  T:es\i .  icUdi  el-kelt 
liinabzieht  und  welchem  der  Name  vädi  ahn  daha  (auf  den  engli- 
schen Karten  Wady  Abu  Duba'  geschrieben]  beigelegt  ist.  Man  er- 
kennt sofort,  dass  diese  Bezeichnung  dem  alten  Xamen  D'^^h^n  '^Ü 
a\iffallend  entspricht,  -svie  denn  auch  die  Bedeutung  beidemal 
uic-ht  anders  wiederzugeben  ist  als  mit  »Hyänenthal«,  indem  zu 
I-zrhs  das  hebräische  Wort  3>^nS  =  Hväne,  auch  wenn  in  der  ein- 
zigen  Stelle  Jer.  12,  9,  wo  im  A.  T.  dieses  im  Neuhebräischen 
gebräuchliche  Wort  vorkommt,  die  Übersetzung  der  LXX  mit 
uaiva  unrichtig  sein  sollte,  und  zu  abu  daha  die  der  hebräischen 

völlig  entsprechende  arabische  Bezeichnung  von  Hyäne  «-«,/to  oder 

o-o  plur.  r,'^j^  zu  vergleichen  ist.  Allerdings  könnte  diese  wenig 

signilicante  Benennung  eines  Thaies  als  eines  »hyänenreichen«, 
da  ja  Hyänen  wohl  damals  schon  im  ganzen  Lande  heimisch 
waren,  tnis  stutzig  machen,  -wenn  wir  nicht  Avüssten,  wie  sich  alte 
Ortsbezeichnungen,  obwohl  sie  nicht  auffallender  und  gesuchter 
waren  als  diese  3',  mit  wunderbarer  Zähigkeit  bis  in  unsere  Tage 
erhalten  haben.  Zudem  hat  sich  in  derselben  Gegend  nördlich 
vom  Ausgang  des  icädi  el-kelt  in  die  Jordanaue  der  gleiche  Name 
nochmals  erhalten  in  »Shukh  ed  Duba"*«  ^] .  Zunächst  scheint  die- 
ses Auftreten  desselben  Namens  an  verschiedener  Stelle  zwar 
wiederum  eher  geeignet,  unsern  Glauben  an  einen  Zusammen- 
hang der  alten  und  der  jetzigen  Bezeichnung  zu  zerstören;  allein 
es  ist  zu  beachten,  dass  die  Entfernung  beider  Stellen  eine  ge- 
ringe ist  und  dass  das  A.  T.  ausser  dem  Thale  Zeboim  in  Neh. 

1  Das  Land  zwischen  Jerusalem  und  dem  todten  Meere  (die  Wüste  Juda) 
in  ZDPV.  III.  ;1S80;,  Tafel  I. 

2  Ma])  of  "Western  Palestine  from  surveys  conducted  for  the  comraittee 
of  the  Palestine  Exploration  Fund  by  Lieuts.  C.  K.  Conder  and  H.  iL  Kit- 
schener  R.  E.  Keduced  from  the  one  inch  map.  London  ISSl.  Das  frag- 
liche Thälchen  l)efindet  sich  nach  freundlicher  Mittheilung  von  Herrn  Prof. 
Kaltzscii  auf  lilatt  XVIII  der  grossen  Ausgabe. 

3)  Vgl.  den  nahe  gelegenen  AVädi  Fära.    ZDPV.  III,  p.  7  f. 
4j  Vgl.  die  englischen  Karten.  Auf  dieses  «Shukh  ed  Duba «  hat  mich  Herr 
Prof.  K.\UTZSCH  aufmerksam  gemacht. 


127 


11,  34  eine  beiijaminitische  Ortschaft  gleichen  Namens  C^yh]: 
er-niihnt.  Auch  kann  uns  bei  der  ünvollständigkeit  und  Lücken- 
haftigkeit der  Liste  der  benjaminitischen  Ortschaften  in  Xeh.  1 1 , 
31 — 36  nicht  et^va  die  vermuthhch  von  Ost  nach  West  sich  be- 
wegende Aiifzähhmg ^)  veranlassen,  eine  Gleichsetzung  von 
C^yhi  Neh.  11,  3-t  mit  »Shukh  ed  Duba'«  geradezu  für  unmöglich 
zu  halten.  AVir  dürfen  vielmehr  in  diesem  doppelten  Vorkommen 
der  einer  alten  entsprechenden  jetzigen  liezeichnung  einen  un- 
verkennbaren Hinweis  darauf  erblicken ,  dass  an  dieser  Gegend 
schon  im  Alterthum  dieser  gleiche  Name  haftete,  und  wir  stehen 
darum  nicht  an,  in  dem  icädi  abu  daha  das  alte  n'^"33:~  "^5  wie- 
derzufinden. Wir  halten  es  sogar  nicht  für  unmöglich,  dass  der 
heutige  icädi  el-kelt  den  Namen  D'^ysSH  "^i;,  der  sich  jetzt  nur  noch 
in  dem  kleinen  Seitenthale  erhalten  hat,  in  alter  Zeit  getragen 
habe;  auf  diese  Weise  wären  loädi  ahu  daha  und  »Shukh  ed 
Duba'«  mit  einander  in  Verbindung  gebracht  und  wäre  auch  für 
die  Zeit  des  A.  T.  das  doch  immerhin  bedeutende  Thal  el-kelt 
nicht  mehr  namenlos  2) .  Für  solche  Wanderungen  eines  Namens 
giebt  es  ja  der  Beispiele  genug,  ich  erinnere  nur  daran,  wie  sich 
der  alte  Name  nil^n ,  der  einst  die  ganze  Niederung  an  den 
Ufern  des  Jordans  und  des  Todten  Meeres,  ja  bis  hinab  zum  äla- 
nitischen  Meerbusen  umfasste,  in  el-'araba  auf  den  Theil  zurück- 
gezogen hat,  der  südlich  vom  Todten  Meere  liegt.  Doch  wir  wol- 
len kein  Geweicht  legen  auf  diese  Hypothese,  wir  halten  an  dem 
fest,  was  uns  durch  die  Namengleichheit  an  die  Hand  gegeben 
wird,  nämlich  daran,  dass  in  wädi  abu  daha  das  in  Sam.  I.  13, 
18  genannte  Thal  Zeboim  irgendwie  wiederzufinden  sei.  Dar- 
nach ergiebt  sich  für  die  Route  des  dritten  Philisterhaufens  von 
muchnäs  aus  eine  südöstliche  Richtung,  und  unter  der  dort  ge- 
nannten Wüste  kann  nur  die  Wüste  Juda  gemeint  sein. 

Eine  Empfehlung  unserer  Ansicht  von  der  Übereinstimmung 
des  icüdi  abu  daha  mit  dem  Thale  Zeboim  ist  es  aber,  dass  bei 
Annahme  derselben  die  Textverbesserungen  derLXX  undWKLL- 
hausen's  unnöthiff  werden.     Schon  der  LXX  ist  es  nämlich  auf- 

1  j  Vgl.  die  Listen  der  Bücher  Esra  und  Nehemia.  Zusammengestellt  und 
untersucht  von  Lic.  Dr.  RuD.  Smexd.  Progr.  zur  Rectoratsfeier  der  Univ. 
Basel.  1881,  p.  9. 

2)  An  Krit  Kg.  I.  1,  3  oder  an  'Akör  Jos.  ',  26  zu  erinnern,  hat  man  in 
neuester  Zeit  mit  Recht  unterlassen. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VII.  9 


12S 

o-cfalleu.  class  für  die  Diiection  der  dritten  Colonne  nicht  auch, 
wie  für  die  zwei  andern,  als  Anhaltspunkt  eine  Ortschaft  bezeich- 
net ist.  Der  griechische  Übersetzer  hat  sich  aber  nicht  mit  der 
Annahme  beruhiijt.  dass  hier  ein  Ortseigennamc  fehle,  »weil  es  in 
der  ^^'üste  keine  Örter  gab«^';  er  möchte  sich  hierbei  denn  doch 
gefragt  liabcn.  was  wohl  die  Philister  noch  in  der  Richtung  auf 
die  >\'iiste  zu  verwüsten  gesucht  hätten .  wenn  gar  keine  Ort- 
schaft auf  dem  Wege  dahin  wäre  zu  finden  gewesen.  "S'ielmehr 
hat  sich  der  Übersetzer  zur  Ausgleichung  des  Textes  mit  Correc- 
tur  geholfen,  indem  er  statt  b^nan  ein  ynsn  (nach  Wellhausen. 
Anm.  d.  Ked.^  Ta^^ai  als  richtige  Lesart  vermuthet  hat.  Dabei 
hat  er  aber  nicht  beachtet,  dass  er  eine  ganz  unglavibliche  Situa- 
tion herbeiführt,  indem  er  verlangt,  dass  diese  dritte  Colonne 
den  600  Israeliten  direct  entgegengezogen  sei.  Weiter  aber  hat 
er  nicht  bedacht,  dass  das  angenommene  37D^n  als  Bezeichnung 
für  Geba  das  einzige  Beispiel  wäre,  wo  der  Name  von  Geba  mit 
dem  Artikel  vorkäme  -  .  Eine  fernere  Schwierigkeit,  die  bei  die- 
ser ^'ermuthung  der  Text  bietet,  hat  die  LXX  selber  gefühlt  und 
weggeräumt ;  es  fehlt  nämlich  Avohlweislich  in  ihrer  Übersetzung 
die  Wiedergabe  von  niSTcn,  wie  ja  die  Richtung  auf  Geba  hin 
niemals  nach  der  Wüste,  sondern  direct,  wie  Avir  auch  aus  Jes. 
10,  28  ff.  wissen,  in  die  Gegend  von  Jerusalem  führte.  Dass  aber 
diese  Auffassimg  der  LXX  entschieden  falsch  ist,  zeigt  die  jetzt 
bestimmbare  Lage  von  Zeboim-^),  denn  Geba  und  das  Thal  Zeboim 
befinden  sich  danach  in  ganz  deutlich  verschiedener  Richtung 
von  muchmäs  aus,  und  der  directe  Weg  von  da  nach  dem  icücU 
ahu  daha  führt  niemals  über  dschehd .  sowie  auch  niemals  von 
dschehd  ein  Hervorragen  über  den  wädi  ahu  daha  könnte  ausge- 
sagt werden. 

Natürlich  sind  die  in  erster  Linie  gegen  LXX  angeführten 
Hedenken  auch  Wklliiausen  nicht  entgangen,  er  hat  darum  jene 

1    Wellualslx  a.  a.  ü.  p.  S4. 

'i.  Sonst  findet  sich  "-:  nur  ohne  Artikel,  vgl.  Jos.  18,  24.  21,  1".  Sam. 
1.  11,  •).  Sam.  II.  5,  25.  Kg.  II.  23,  S.  Jes.  lU,  29.  Sach.  14,  10.  Neh.  7,  30. 
Chr.  \  ü,  4.j  etc. 

3)  LXX«  hat  i-ZK  Tal  rr.v  Sctfii.a,  AS  Xa[A£iv ,  Neh.  11,  34  nur  im  Cod. 
Friderico-Augustanus  ^lejiioEijj.  Dürfte  vielleicht  bei  dem  griechischen  zwei- 
ten Ksra  .5,  34  in  dem  'jtoi  io'jjic/.  das  Zeboim  Aviedergefunden  -werden,  zumal 
das  gerade  vorangehende  uiot  'Aooo-j;  an  das  auch  Neh.  11,  34  voranstehende 
T'npi  erinnert? 


i 


129 


Sclnvierigkeiten ,  obwohl  er  die  von  LXX  voraiiss^esetzte  Lesart 
als  richtig  ansieht,  vermieden  und  yiljn  nicht  als  Eigennamen, 
sondern  als  Appellativnm  «lierg.  Hügel«  gefasst.  Hiebei  tritt  so- 
fort zwar  die  umgekehrte  Singularität  ein,  dass  dann  ynr>  einzig 
und  allein  an  unserer  Stelle  als  Appellativum  vorkommt .  wofür 
sonst  nySil  gebräuchlich  ist.  Diese  Schwierigkeit  ist  allerdings  weit 
geringer,  und  y^^  könnte  als  Collectivum  zu  dem  Einheitsnomen 
nyi-'\  einen  Hügelcomplex ,  eine  Hügelkette  oder  ein  Hügelland 
bedeuten.  Wenn  aber  keine  anderen  Gründe  zu  der  Annahme 
einer  solchen  Singularität  auffordern  als  die  Üebersetzung  der 
LXX,  die  hier  sichtlich  den  ihr  vorliegenden  Text  nicht  nur 
übersetzt,  sondern  auch  gemeistert  hat,  so  würden  wir  von  vorn 
herein  uns  in  diesem  Falle  für  den  massorethischen  Text  zu  ent- 
scheiden haben.  Aber  Wellhausen  führt  zwei  Gründe  an, 
welche  gegen  '?'^25n  im  hebr.  Texte  sprechen  sollen :  »Die  Rich- 
tung ,zur  Grenze'  deckt  sich  nicht  mit  der  doch  als  gleichbedeu- 
tend anzusehenden  ,zur  Wüste'  (d.  i.  gegen  Osten),  mag  man  die 
Grenze  als  die  judäische  ansehen  oder  als  die  efraimäische«,  und 
»x\uch  sagt  man  von  'siD!^  nicht  das  Attribut  CipTlJ'n  aus;  hervor- 
ragen über  ein  Thal  kann  nur  ein  Hügel  oder  Berg  Num.  21,  20. 
23,  28«.  ^)  Betrachten  wir  zuerst  den  in  zweiter  Linie  aufgeführten 
Grund,  so  fehlt  demselben  eine  durchschlagende  Kraft.  ^pTI?2 
bedeutet  wohl  in  erster  Linie  »sich  hinauslehnen,  hinausbeugen« 
und  zwar  geAvöhnlich  mit  dem  Nebenbegriff  »um  hinab  zu  sehen, 
hinab  zu  schauen« ;  so  kommt  dieses  Verbum  allerdings  von  einer 
Höhe  ausgesagt  zu  der  Bedeutung :  »auf  eine  Ebene  hinab- 
schauen«, Avas  soviel  ist  als  :  »über  eine  Ebene,  ein  Thal  hinaus- 
schauen, emporragen«.  Diese  poetische  Vorstellung  konnte  aber, 
Avenn  man  nicht  mehr  eine  stereometrische,  sondern  eine  plani- 
metrische  Darstellung  einer  Gegend  im  Auge  hatte,  mit  Leichtig- 
keit dahin  verblassen,  dass  ?IpT2J:  nichts  Aveiter  bedeutete,  als 
»nach  einer  Gegend  hin  gelegen  sein,  an  eine  Gegend  anlehnen, 
angrenzen«,  Avonach  also  zu  übersetzen  Aväre  :  »der  Berg,  resp.  die 
Grenze,  Avelche  an  das  Thal  Zeboim  anlehnt«  -  .  Doch  Avir  haben 
uns  nicht  einmal  auf  diese  sonst  im  Hebräischen  bei  ?pr:  uner- 
Aveisliche  AnschauungsAveise  zu  berufen;   denn  ist  ein  «Hervor- 

1)  a.  a.  0.  p.  83  u.  84. 

2    Vgl.  auch  lateinisches  spectare,  z.  B.  Caesar,  de  hello  Gallico  I.  1 
und-rr:  Num.  21,  1.5. 

9* 


130 

rajjen  über  ein  Thal,  ein  Ilinahsehauen  anf  ein  ThaL<  ausgesagt. 
so  ist  doch  schon  deutlich  genug  angegeben ,  dass  der  Gegen- 
stand, von  dem  solches  berichtet  wird,  erhöht,  sei,  und  5121 
schliesst  doch  nicht  aus,  dass  an  irgend  einer  Stelle  die  Grenze 
sich  über  einen  erhöhten  Punkt  hinziehe.  Wir  wollen  auch  das 
niclit  betonen,  dass  b-^sr^  nicht  nur  die  geometrische  Grenzlinie, 
sondern  das  Grenzgebiet,  vielleicht  auch  Gebiet  überhaupt  be- 
deuten könne,  vgl.  Sam.  I.  5,  6.  Offenbar  ist  dies  ja  nicht  der 
Hauptgrund  zur  Änderung  von  bin:^  in  1?n:;  der  in  erster  Linie 
von  Wellhausen  angegebene  ist  der  wichtigere  und  genügte  für 
sich  allein,  falls  er  sich  bewahrheitet.  Aber  hier  muss  doch  so- 
fort bemerkt  werden,  dass  er  nur  dann  Geltung  haben  kann, 
wenn  die  Gleichung:  »zur  Wüste«  d.  i.  gegen  Osten,  Eecht  hat, 
da  nur  in  diesem  Falle  eine  Streifschaar  Aveder  die  ephrairaäische 
noch  die  judäische  Grenze  treffen  konnte.  Diese  Gleichung  hat 
aber  Wellhausex  nicht  bewiesen,  und  wer  sagt  uns  denn,  dass 
nicht  die  Wüste  Juda.  also  nicht  eine  östliche,  sondern  eine  süd- 
östliche Richtung  gemeint  sei?  AVir  haben  demnach  keinen 
Gnnid.  von  vornherein  H'^m'cn  nach  dieser  oder  jener  Kichtung 
/u  erklären,  die  Entscheidung  muss  nach  den  andern  Angaben 
von  Sam.  I.  13,  IS  gefällt  und  '*"12ji  kann  erst  beanstandet  wer- 
den, wenn  diese  es  nothwendig  erfordern.  Wir  meinen  nun  aber, 
das  Thal  Zeboim  in  dem  v:ädi  ahu  cjaba  wiederfinden  zu  dürfen, 
und  damit  ist  für  das  dritte  Streifcorps  eine  südöstliche  Kichtung 
ausgesagt ,  welche  zwischen  mur/miäs  und  dem  u-üdi  ahu  daba^ 
die  Grenze  zwischen  Juda  \md  Ephraim  ditrchschneiden  muss. 
Also  auch  bei  der  Gutheissung  der  Voraussetzungen  Wellhau- 
SENS.  dass  die  judäische  oder  die  ephraimäische  Grenze  in  Frage 
komme,  ßiUt  der  Grund  gegen  die  Lesart  der  Massora  dahin  und 
rechtfertigt  sich  ihre  Uberliefennig  von  binj.  Wahrscheinlicher 
kommt  es  mir  jedoch  vor,  dass  man  bei  blSj  nicht  an  eine  poli- 
tische, sondern  an  eine  natürliche  Grenze  zu  denken  habe.  Ich 
verstehe  nämlich  darunter  eben  das  im  Südosten  von  miichmZis 
gelegene  Gebiet,  welches  die  Grenze  zwischen  dem  bevölkerten 
Lande  und  der  unbewohnten  Wüste  Juda  bildet.  Aber  wie  dem 
auch  sei,  der  fragliche  Halbvers  Sam.  L  13,  IS*"  Avill  unter  allen 
l  raständen  besagen  :  Das  dritte  Streifcorps  der  Philister  wandte 
sich  in  südöstlicher  Pichtinig  auf  die  Gegend,  welche  in  den 
xrTuh  ahn  <Juha   abfällt,  nach  der  Wüste  Juda  hin. 


Nacliti'ägiiclies  zu  Kabiiliis  und  (iariziiii 

(vol.  ZDPV.  VI,  lüT  «■  . 


'  o* 


Von  M.  Grüubauiu  in  München. 


Zn  den  sogen.  Volksetymologien  gehören  in  geAvissem  »Sinne 
auch  die  Erklärungen  von  Ortsnamen  durch  daran  sich  knüpfende 
Sagen,  so  wenn  z.  B.  To'fxoi,  Tomi  davon  hergeleitet  wird,  dass 
dort  Medea  ihren  liruder  Absyrthus  zerstückt  habe  (von  totxo;), 
oder  wenn  der  Ort  WoUmer  von  dem  Ausrufe  «Hier  wollemer 
ruhen!«.  Hatzfeld  von  »Hier  hats  Feld«  und  der  Mäusethurm  bei 
Bingen  von  den  Mäusen  des  Bischofs  Hatto  ihre  Namen  haben 
(Grimm,  Deutsche  Sagen2  I,  130,  242).  Auch  auf  semitischem 
Gebiete  kommt  dergleichen  vor;  dahin  gehört  z.  B.  die  von  Rit- 
ter (Erdkunde  XVI,  460)  erwähnte  Deutung  des  Namens  Ma- 
milla  als  mci  min  alläh  »was  von  Gott  kommt«,  und  so  wird  denn 
auch  bei  Kazwini  (H.  Uf  ed.  Wüstenfeldj  unter  y^UlJ  [nähulus] 
der  Name  dieses  Ortes  davon  hergeleitet,  dass  allda  vor  Zeiten 
ein  furchtbarer  Drache  [tumiin]  gehaust  habe,  dessen  Vernichtung 
die  Bewohner  der  Gegend  von  Gott  erflehten.  In  späterer  Zeit 
zeigte  man  noch  einen  riesigen  Zahn  dieses  Drachen,  und  von 
diesem  Zahn  —  nZib  —  hat  die  Stadt  ncibulus  ihren  Namen.  Be- 
merkenswerth   ist    übrigens    die    Vocalisation    des    Wortes    mit 

^_^-JLJLi  ^)  statt  der  oft  vorkommenden  Form  ncihlus.  So  heisst  es 
auch  bei  Ritter  (XVI.  637):  »Die  Stadt  Nablus,  oder  richtiger 
Näbulus  nach  Abulffeda  s  Schreib Aveise«.     In  der  That  heisst  es 

1)  Ebenso  im  Muschtarik  ed.  Wüstenfeld  :  p.  v.,  Z.  lu.  v.\  Z.2  v.u., 
1f,  Z  5,  ilv,  Z.  5,  lf,,  Z.  3,  r.i,  Z.  8  und  öfter. 


n2 

bei  Abulfecla  ^Geographie  ed.   Reixaud  p.  ff.)  von  j^LJ>  unter 

ilerlxubrik  j--«-*"i\'  Jj^/^- :  5c\>j-«J^  ^\^^  *.^»  wä.''^  qj-^'  ^'^*«J^)- 

Sollte  nun  diese  seltsame  Sage  vom  Drachenzahn  nicht  viel- 
leicht in  Zusammenhang  stehen  mit  den  in  dieser  Zeitschrift  (VI. 
230  ff.^  des  Näheren  beschriebenen  Marmorsculpturen  ^  Auf 
diesen  wird  der  Kampf  mit  dem  Minotaurus  dargestellt .  ferner 
wie  Hercules  die  Schlangen  erwürgt,  sowie  die  Überwindung  des 
pvthischen  Drachen 2).  Die  Bewohner  von  Xabulus  kannten  die 
griechischen  Mythen  nicht  —  was  war  natürlicher,  als  dass  sich 
an  diese  bildlichen  Darstellungen  eine  Localsage  knüpfte  von 
dem  oder  den]  gewaltigen  Drachen  der  Vorzeit,  dessen  oder 
deren I  Überwindung  hier  verewigt  war,  und  dass  hieraus  die 
lierleitung  des  Namens  Näbulus  aus  ?iäb  entstand .' 

Ahnliches  kommt  auch  sonst  vor.  So  erzählen  die  Perser 
'bei  Hamza  Isfahäni  ed.  Gottwaldt  p.  t^l),  dass  Kai  Chosru 
einen  Drachen,  der  grossen  Schaden  anrichtete,  besiegte  und  zur 
Erinnerung  hieran  einen  Feuertempel  errichtete,  der  unter  dem 
Namen  Kiischid  bekannt  Avar,  von  dem  Berge  gleichen  Namens, 
auf  dem  der  Drache  hauste. 

Dergleichen  trägt  natürlich  zu  dem  Ruhme  eines  Ortes  Vie- 
les bei,  und  so  ist  vielleicht  der  Ursprung  jener  Sage  bei  den 
Samaritanern  zu  suchen. 

Auch  sonst  ist  bei  dem,  was  Kazwiui  berichtet,  samaritani- 
^cher  Eintluss  nicht  zu  verkennen.  So  heisst  es  in  derselben 
Stelle  ferner:  »Daselbst  ist  ein  Berg,  von  welchem  die  Juden 
sagen,  dass  auf  demselben  Abraham  —  mit  dem  der  Friede  sei  — 
auf  Gottes  Geheiss  seinen  Sohn  opfern  wollte  —  nach  ihrer 
Meinung  Isaak»^).  Unter  diesem  Berge  kann  nur  der  Garizim 
gemeint  sein,   den  die  Samaritaner  —  wie  früher  bemerkt  wurde 

1]  Bemerkenswerth  ist,  was  Abulfeda   p.ff!;  unter  der  Kubrik  lJ^-^»"^» 

.\x_»-i  j.^s-D^t  aus  dem'Azizi  anführt,  dass  nänalich  Jerobeam  der  Begründer 
des  samaritanischen  Cultus  gewesen  sei,  insofern  als  er  auf  dem  Berge  bei 
Xabulus  einen  Tempel  errichtete,  damit  man  dorthin  und  nicht  nach  Jerusa- 
lem wallfahre. 

2,  Vgl.  hierzu  die  unten  folgenden  weiteren  Bemerkungen  Dr.  Schkei- 
ber's  über  den  Stein  von  Näbulus.  Die  lled, 

■i  Baidawi  zu  Sur.  Sl ,  lol  ;II,  p.  Ivo,  Z.  t*.  ff.  führt  einen  Ausspruch 
Muhamed's  an,  in  welchem  sil^  -i^'^  als  Epitheton  Isaak's  vorkommt;   im 


13:; 

(ZDPV.  VI,  19S,  Note)  —  mit  dem  Ikrge  Moriah  identifizircu. 
Dieselbe  Identilizirung  Hegt  ■wahrscheinlich  auch  zu  Grunde, 
wenn  es  in  dem  vorhergehenden  Satze  heisst,  aiisserluill)  der 
Stadt  sei  ein  masdsclmh  in  Avelchem  der  Sage  nach  Adam  sein 
Gehet  verrichtete  i) .  Den  Garizim  erwähnt  Kazwini  übrigens  im 
letzten  Satze  (in  -welchem  auch  einer  bei  den  Samaritanern  in 
hohem  Ansehen  stehenden  C4uelle  gedacht  wird)  als  einen  Ort  der 
Anbetung  mit  den  Worten  :  ^.^-S  ,  ^♦^j^.xL/^L'  bjiLc  c>^aj  Uj».  »und 
dort  haben  die  Samaritaner  ein  liethaus,  das  Karizim  (Garizim) 
genannt  wird«  ^j . 

Samaritanische  Anschauungen  geben  sich  aber  auch  in  and- 
ren Stellen  Kazwini's  kund.  So  heisst  es  (I,  (iv)  unter  chchebel 
für :  »Es  ist  das  ein  Berg,  der  bei  Näbulus  sich  erhebt  (Näbulus 
beherrscht) ;  bei  den  Juden  Avird  er  hoch  verehrt  und  Juden  wie 
Samaritaner  wallfahren  zu  ihm,  und  sie  behaupten,  dass  Abraham 
von  Gott  den  l^efehl  erhielt,  auf  diesem  Berge  seinen  Sohn  Isaak 
zu  opfern,  und  dass  er  auch  in  der  Thora  erwähnt  werde«. 

Dschehel  et-tiir  ist  die  heutige  Benennung  des  Berges  Tabor 
sowohl  als  auch  des  Sinai,  welcher  letztere  in  der  danach  be- 
nannten 52.  Sure  (Vs.  1)  als  et-tür  vorkommt.    Bei  Kazwini  (I, 

allgemeinen  aber  ist  —  wie  aus  derselben  Stelle  Baidawi's  ersichtlich  ist  —  die 
Ansicht  vorherrschend,  dass  nicht  Isaak,  sondern  Ismael  zum  Opfer  bestimmt 
war,  wie  denn  auch  i^liAÄj!_j.j5  die  gewöhnliche  Kunje  Ismael's  ist.  Die  ver- 
schiedenen Meinungen  werden  übrigens  bei  et-Tabari  angeführt  (Annal.  I, 
fi'ff.j  und  ebenso  bei  Ibn  el-Atir  (ed.  Thornberg  I,  av  ff.). 

1;  In  den  jüdischen  Schriften  heisst  es,  dass  Adam  nach  seiner  Vertrei- 
bung aus  dem  Paradiese  auf  dem  Berge  Moriah  gewohnt  und  die  Doppelhöhle 
(Gen.  23,  IT)  sich  zur  Begräbnisstätte  gewählt  habe  (Pirke  R.  Eliezer  cap.  2ü 
und  c.  36,  Jalkut  Gen.  §  34  Ende).  Die  von  PtiTTER  'Erdkunde  XVI,  211) 
auf  HiERONYMUS  zurückgeführte  Erklärung  von  Kirjath  Arba  Gen.  23,  2. 
Jos.  14,  15  fd.  i.  Hebron)  als  Civitas  quatuor,  weil  dort  vier  Personen  — 
oder  vier  Paare  —  darunter  Adam  und  Eva,  begraben  seien,  ist  haggadischen 
Ursprunges  Erubin  53*,  Bereschith  llabba,  sect.  58,  Pirke  R.  Eliezer  c.  2U). 
Auch  in  den  Schriften  der  Syrer  wird  erzählt,  dass  Adam  auf  dem  heiligen 
Berge  eine  Höhle  (die  »Schatzhöhle")  zum  Bethause  für  sich  und  seine  Nach- 
kommen geheiligt  habe  und  auch  dort  begraben  worden  sei  (die  Schatzhöhle 
ed.  C.  Bezold,  p.  7  fi'.,  Eutychius  Annal.  I,  19  ff).  Es  ist  aber  fraglich,  ol)  unter 
diesem  heiligen  Berge  der  Berg  Moriah  gemeint  sei  oder  der  Hermon,  wel- 
chen letzteren  Abulfaradsch  ausdrücklich  nennt  ^Chron.  Syr.  p.  4). 

2)  Bei  dem  Worte  *^,-^  hat  ohne  Zweifel  eine  Versetzung  des  diakri- 
tischen Punctes  stattgefunden,  es  muss  heissen  f»;J.-^. 


134 


Ha  hcisst  derselbe  ihcluhel  tür  sinü :  Abulfeda  Geogr.  p.  11)  sagt 
unter  dschehcl  ef-tür.  nach  dem  Muschtarik  sei  tia-  ein  hebräisches 
Wort  in  der  Hedeutung  Berg,  das  aber  auch  zur  Bezeichnung 
einzehier  Berge  diene'  :  Avie  z.  B.  tUr  zeita^  der  Name  eines  Ber- 
ges nahe  bei  Käs  'ain  und  eines  anderen  bei  Jerusalem  —  den 
letzteren  erwähnt  auch  KazAvini  I,  Hv -y —:  ?^«r  heisse  ferner  ein 
Berg,  der  Tiberias  beherrscht  Tabor;.  iexnex  d.ex  tür  s'mä^  über 
dessen  Lage,  sowie  über  die  ]5edeutung  des  Wortes  sinä  ver- 
schiedene Ansichten  herrschen,  ferner  der  tür  Juirün:  letzteren 
erwähnt  auch  Kazwini  (I,  IIa;  .  Der  Bedeutung  des  Wortes  tür 
gemäss  gebraucht  übrigens  Abulfeda  (p.  v.)  das  AVort  dschebel  zur 
Bezeichnung  des  Taurus. 

Wenn  nun  aber  Kazw^ini  den  Berg  in  der  Nähe  von  Näbulus 
ilschehel  für  nennt,  so  kann  darunter  doch  nur  der  Berg  Garizim 
gemeint  sein :  -wahrscheinlich  stammt  diese  Benennung  von  den 
Samaritanern  her,  die  den  Berg  Garizim  —  analog  dem  Sinai  — 
als  den  Berg  v.o.-:  i;o/T]v  benennen. 

Bei  KiTTER  (XVI,  G3S^  heisst  es:  »Den  Garizim  nennen  die 
Eingebornen  noch  heute,  wie  schon  seit  älterer  Zeit  el-Tür;  denn 
schon  im  Leben  Sultan  Saladins  von  Bohaeddin  wird  er  Tourum 
genannt ;  nur  die  Samaritaner  kennen  den  antiken  Namen  Gari- 
zim »»den  Berg  des  Segens  Grisim  und  den  l^erg  des  Fluch> 
Ebah«',  "wie  beide  schon  von  Mose  genannt  werden  (5.  B.  M.  11. 

1,  Vgl.  Muschtarik  ed.  Wüstenfeld  p.  I'lv.    In  Sur.  52,  1   bemerkt  Bai- 

dawi  ^11,  p.fvvj  :    iLoLj,.»i^lj    J^x^i    jjia,!^,  was  nun  allerdings  genauer  ist. 

2;  Kazwini  erwähnt  gleichzeitig,  als  in  der  Nähe  des  tür  zeiia  befindlich. 
den  tcädi  ihvhahannani.  Es  ist  das  also  eine  Verwechslung  des  ursprünglichen 
bildißcheu  ZT  ^i  mit  dem  talmudischen  njn:  (syrisch  s<:n; ,  -wovon  Feswct  , 
welches  letztere  AVort ,  sowohl  der  Form  wie  auch  der  Bedeutung  nach,  als 
thchahunnain  im  Koran  Aufnahme  gefunden  hat.  Zu  dschahunnam  Sur.  2, 
202  Ijcmerkt  Baidawi,  es  sei  ein  arabisirtes  Fremdwort,  was  insofern  bemer- 
kenswerth  ist,  als  Baidawi  die  Wörter  hebräischen  Ursprunges  gewöhnlich 
aus  dem  Arabischen  zu  erklären  sucht.  Im  Muhit  al-Muhit  (s.  v.  (•-^>,  !■ 
XS\,  werden  ausser  der  Stelle  Baidawl's  noch  andere  Erklärungen  angeführt, 

darunter  auch  die,  dass  j*-*-^  zusammengesetzt  sei  aus  ic^>  Thal  und  ^y^. 
dem  Namen  eines  Mannes.  Gleichzeitig  wird,  als  in  der  Nähe  Jerusalems  be- 
findlich, der  ^y^  c?-^'i  nicht  (•-S7>!  erwähnt,  woselbst  man  in  alt^r  Zeit 
dem  Moloch,  dem  Gott  der  Ammoniter,  geopfert  habe. 


135 


29)«.  Das,  Avas  Ritter  ferner  über  Gari/ini  und  Nabulus  mit- 
theilt.  beruht  ^iunieist  auf  den  Berichten  Kobinsox's  und  "\Vil- 
sox's  (The  Lands  of  the  lUble  .  Dass  der  Führer  Wilson's  ein 
Samaritaner  war,  ersieht  man  schon  aus  seiner  Erwähnung-  des 
muhdl^  sowie  daraus,  dass  derselbe  auf  dem  Garizim  seine  Schuhe 
auszog,  »weil  es  seinem  Volke  verboten,  diese  Stelle,  die  heilig, 
mit  Schuhen  zu  betretene  und  Avenn  eine  Stelle  als  die  heiligste 
bezeichnet  wird,  weil  da  die  Stiftshütte  des  Herrn  gestanden 
(S.  ()43j\.  Samaritanisch  ist  auch  die  von  Wilson  (S.  642  er- 
wähnte Kenisah  Adam  nahe  dem  Gipfel  des  Garizim.  die  also 
dem  von  Kazwini  erwähnten  muschcliid  entspricht -j .  Ebenso 
entspricht  es  den  oben  angeführten  Stellen  Kazwini's  (I,  llv  II, 
iAfi,  wenn  es  ferner  heisst  (S.  643):  »Nahe  dabei  zeigte  man  die 
Stelle,  wo  Abraham  auf  Jehovahs  Gebot  habe  Isaak  opfern  wol- 
len (1.  B.  M.  22,  2);  man  nannte  sie  Ha-araz  Moriah«'^]. 

1)  Auf  dei'selben  Seite  (ö43ff.)  werden  die  Samaritaner  ausdrücklich  ge- 
nannt :  "...  in  der  Nähe  nannte  man  eine  kleine  Quelle  Naji,  bei  der  ihr 
grosser  Prophet  erscheinen  werde.  Als  man  zur  vermeintlichen  Stelle  von 
Abrahams  und  Isaaks  Opfer  kam,  gaben  sie  die  Entfernung  von  Bersaba  hier- 
her auf  drei  Tagereisen  an«.  Unter  dem  ferner  erwähnten  Fluss  Saht  —  von 
welchem  die  Samaritaner  sagten,  dass  jenseit  desselben  auch  Samaritaner 
■wohnen ,  dass  er  aber  nur  am  Sonnabend  passirt  werden  könne  —  war  der 
Nähr  saht  oder  vielmehr  der  Sambatjon  (Buxtorf  s.  v.  ^ino,  col.  14  IT  ff.]  ge- 
meint, wie  ich  das  an  einer  andren  Stelle  (ZDMG.  XXIII,  629;  nachgeM'iesen 
zu  haben  glaube.  Auch  Kazwini  (I,  5a.^  erwähnt  —  nach  dem  Tohfah  Algha- 
raib  —  einen  Nähr  es-sabt  in  Spanien  (Audalusj ,  der  nur  am  Sonnabend  be- 
fahren werden  kann,  weil  er  nur  an  diesem  Tage  ruhig  fliesst. 

2;  Die  an  derselben  Stelle  erwähnten  Marurim,  d.  i.  bittre  Kräuter,  sind 
nicht  spezifisch  samaritanisch.  Diese  »bittren  Kräuter«,  die  -"^"""^  des  Penta- 
teuchs  (Exod.  12, S.  Num.9,  llj,  bilden  auch  heute  noch  in  allen  jüdischen  Fa- 
milien einen  wesentlichen  Bestandtheil  der  häuslichen  Feier  des  Pesachfesles 
(wenn  auch  natürlich  ohne  Opfer;  am  Abend  des  15.  Nisan. 

:j,  Es  sei  mir  bei  dieser  Gelegenheit  gestattet,  eine  irrthüniliche  Angabe  bei 
RlTTEK  zu  berichtigen.  A.  a.  O.  S.650  werden,  nacli  'WiL.sON,  die  Glauben.s- 
artikel  der  Samaritaner  aufgezählt ,  darunter  auch :  Garizim  ist  die  Kibla 
jakün  jöiii  bl-kijämat  ica  ' d-deinütiat ,  »da  wird  einst  am  jüngsten  Tage  die 
Auferstehung  sein«.  Dieses  »da«  mus.s  man  auf  Garizim  beziehen;  wie  man 
aber  aus  dem  arabischen  Original  ersieht,  ist  hier  keine  Ortsbestimmung  an- 
gegeben ,  sondern  es  wird  als  Glaubensartikel  ausgesprochen ,  dass  dereinst 
ein  Tag  der  Auferstehung  und  des  Gerichtes  sein  werde.  Allerdings  über- 
setzt "Wilson  The  Lands  of  the  Bible  II,  iS,  »There  will  be  a  day  of  resur- 
rection«,  aber  dieses  »There«  ist  kein  Ortsadverb,  sondern  gehört  zu  der  be- 
kannten englischen  Kedeweise  für  unser  »es  giebt«. 


Die  l)reifiissl)asis  von  ^siibiiliis. 

Von  Tli.  Schreiber  in  Leipzig  i). 
Hierzu  Tafel  III). 


Den  im  vorigen  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  abgedruckten 
Mittheihnigen  über  die  neugefundene  Dreifussbasis  von  Nabuhis 
füire  ich,  nachdem  mir  die  damals  noch  fehlenden  Abklatsche  der 
Inschriften  zu  Händen  gekommen ,  einige  weitere  Bemerkungen 
hinzu .  Avelche  jedoch  nicht  Anspruch  darauf  erheben ,  die  ver- 
schiedenen, durch  dieses  interessante  Denkmal  angeregten  Fragen 
abschliessend  zu  behandeln. 

Die  Beischriften  der  Reliefdarstellungen  bestätigen  mit  einer 

Ausnahme  die  früher  von  mir  gegebenen  Erklärungen.  Aufweite 

1> ,    die   wegen  des  reicheren  Ornamentschmuckes    am    unteren 

Rande  und  wegen  der  sehr  sinnreich  zusammengestellten  Bilder 

s.  unten)  gewiss  ursprünglich  als  Hauptseite  gedacht  war,  liest 


1  Durch  die  gütige  Vermittelung  des  Herrn  Pastor  Lic.  Dr.  Reinicke 
ist  die  Redaction  in  den  Besitz  des  Materials  gekommen ,  auf  Grund  dessen 
die  in  ZDPV.  VL,  p.  230  ff.  erwähnten  Skulpturen  genauer  bestimmt  werden 
konnten.  Auf  die  Bitte  des  Herrn  Pastor  Keinicke  hat  nämlich  zuerst  Herr 
F.vLLSCUEER,  Missionar  in  Nabulus,  einige  Abklatsche  und  Zeichnungen  der 
Inschriften  angefertigt.  Diese  kamen  im  Laufe  der  Monate  März  und  April  in 
die  Hände  der  Redaction.  Dazu  kam  Anfang  Mai  noch  ein  Al)klatsch,  den 
Herr  Prof.  W.  A.  Xeimann  aus  AVien  -während  seines  Aufenthalts  in  Xabu- 
lus  von  dem  Stein  genommen  hatte.  Mit  Hülfe  desselben  ist  es  Herrn  Dr.  Tu. 
ScHUEiBER  gelungen,  die  Bei-  und  Inschriften  des  Denkmals ,  so  weit  sie  er- 
halten sind,  zu  lesen  und  seine  vorläutige  Deutung  desselben  (a.  a.  O.)  durch 
die  obigen  Mittheilungen  zu  vervollständigen.  Herrn  ]3r.  Tn.  Schreiber 
Hpreche  ich  meinen  besten  Dank  für  seine  Bemühungen  aus  und  bemerke 
noch ,  dass  der  Lichtdruck  der  Tafel  III  nach  den  mir  von  Herrn  Pastor  Lic. 
Dr  Rei.vicke  übersandten  Photographieen  herge.stellt  worden  ist.  H.  GUTHE. 


137 

man  in  grossen,  jetzt  auch  im  Lichtdruck  deutlich  utMdenden 
Buchstaben   tpocpoi  über  der  einen  der  erschreckt  zur  Seite  fah- 
renden ^Yärterinnen ,  daneben 'II paxX^?  über  dem  schlangenwür- 
genden  Knaben.    Im  Streifen  darunter  steht  6-/)3£u;  und  yvujoio- 
[xara  über  der  Figur  des  Heroen  und  dem  von  ihm  emporgeho- 
benen Felsblock.   Aithra  und  ihre  Hegleiterinnen  sind  unbenaunt 
geblieben.  Auf  Seite  C  bezeugen  die  JJeischriften  (von  links  nach 
rechts)  Aprsiii?  'AttoA^iov  .V-/]tuj  den  apollinischen  Dreiverein,  den 
schon  die  vom  Pfeil  durchbohrte  py  thische  Schlange  daneben  kennt- 
lich machte.  Die  Kampfscene  darunter  ist  ra  Trspi  tov  Mstvajrauoov 
überschrieben.  Unklar  blieb,  so  lange  nur  nach  der  kleinen  photo- 
graphischen Aufnahme  zu  urtheilen  war,  die  Bedeutung  des  un- 
teren Bildes  der  dritten  Basisseite  (A).    Ich  rieth,  weil  ich  in  den 
Händen  des  siegreichen  Heroen  zwei  Keulen  ,    seine  eigene  und 
die  des  überAvundenen  Gegners  zu  erkennen  glaubte ,   auf  The- 
seus  und  Periphetes.    Die  Beischrift,  deren  Anfang  unlesbar  ge- 
worden, nennt  aber  ta  iztrA]  tov  '  A^^säwov,  und  mit  dieser  Erklärung 
werden  nun  auch  einige  Züge  des  Reliefs  in  der  Photographie  noch 
verständlich.    Der  sehr  bestossene  Kopf  des  getödteten  Acheloos 
Avar  offenbar  ein  Stierkopf,  was  zwar  nicht  die  gewöhnliche,  be- 
sonders den  Vasenmalern  geläufige  Bildung  ist,  die  vielmehr  Men- 
schenkopf und  Stierleib  vereinigte  (O.Jahn,  Archaeol.  Zeit.  1S62, 
S.  3 1 3  ff.) ,  aber  sich  einigemale  auf  Münzen  von  Metapont  und  auf 
einem  geschnittenen  Stein  (ebd.  Taf.  168,  Fig.  3.4.13)  nachweisen 
lässt.  Aus  der  rechten  Schädelseite  ragt  das  eine,  erhaltene  Stier- 
horn  hervor,  das  andere,  im  Kampf  von  Herakles  abgebrochene, 
ist  die  Beute  des  Siegers  geworden  und  wird  von  diesem  trium- 
phirend  im  linken  Arm  gehalten.    Die   nicht    benannten  Musen 
stimmen  das  Siegeslied  an.    Mit  dieser  Erklärung  schliesst   sich 
jetzt  der  Kreis  der  an  der  Basis  aneinandergereihten  Darstellun- 
gen enger  aneinander.    Es  sind  dUXa  von  Göttern  und  Heroen, 
in  der  unteren  Reihe  solche  des  Theseus  und  seines  alter  ego,  des 
Herakles,  mit  dem  er  in  Sage  und  bildender  Kunst  so  viele  Züge 
gemein  hat.    Beide  sind  an  der  Hauptseite  mit  ihren  ersten  Tha- 
ten  übereinandergestellt.    An  den  Nebenseiten  treten  sie  in  der 
unteren  Reihe  mit  zwei  Abenteuern  über  Gegner  derselben  Art, 
•  stierköpfige  Halbmenschen,  in  Wettstreit,  links  Herakles  als  Sie- 
ger über  Acheloos ,  rechts  Theseus  im  Kampf  mit  dem  Minotau- 
ros.  Auch  die  Bilder  der  oberen  Reihe  sind  durch  ähnliche  Motiv- 


138 

aiikUinge  miteinander  verbunden,  nämlich  durch  die  Schlangen, 
die  in  allen  drei  Reliefs  ihre  Kolle  spielen,  zweimal  als  Gegner 
und  im  oberen  Bilde  der  Seite  A  als  treue,  dem  Willen  der  Deme- 
ter dienende  Gehülfen.  Zu  dieser  letzteren  Scene  ist  keine  er- 
läuternde IJeischrift  hinzugefügt.  Dafür  trägt  der  obere  Rand  der 
Uasis  hier  die  folgende  metrische  "Widmung .  von  welcher  die 
erste  Zeile  völlig  verloren  gegangen  ist : 


—  ovioc  Or^XiV  'Ariiioo:  sx/oti-ba;, 

OojVcXcV  £V  TplT:0&333!.V  apl37£U£3X£V   ClTtaaiV 

xaXXci  xod  [X£Y£i)£t  xat  }(af(iaiv  7:[>o<p£p(uv. 

5  rop-'U)i  xal  Aiovuao;  a-(6iKksxai,  xai  ti  yi^r^iiEv 

Tov  TpiTToo   £i3opo(üv,  ou  'üaTpo;  i'r(zvi~r^c. 

Der  Marmor  trug  also  seiner  Form  entsprechend  einen  Drei- 
fuss,  den  der  Stifter  aus  Athen  mitgebracht  hatte  und  dessen 
Eigenschaften  mit  volltönenden  Worten  gepriesen  werden.  Die 
Erwähnung  des  Dionysos  lässt  vielleicht  darauf  schliessen,  dass  der 
Dreifuss  bei  den  dionysischen  Agonen  gewonnen  wurde.  Damit 
könnte  auch  der  Bilderschniuck  der  Basis,  die  Zusammenstellung 
göttlicher  und  heroischer  ailÄa,  einigermassen  in  Einklang  ge- 
bracht werden.  An  welcher  Stelle  die  Figur  derGorgo  angebracht 
war,  ob  als  Aufsatz  der  Henkel,  Avie  an  olympischen  Beispielen 
(FuRTwÄNGLER  in  den  Abhandl.  der  Berliner  Akad.  d.  Wiss.  IS 79. 
S.  15.  Fig.  3),  als  Schmuck  des  Einsatzringes  des  Kessels  oder 
etwa  als  Innenbild  des  letzteren ,  ist  nicht  auszumachen.  Jeden- 
falls bestand  aber  der  künstlerische  Werth  des  Geräthes  in  diesem 
angehefteten  Zierrath  und  lenkte  daher  den  Blick  zunächst  auf 
sich,  etwa  wie  bei  den  drei,  in  den Monumenti  dell"  Institut©  1837 
tv.  42  publicirten,  vulcenter  Dreifüssen,  deren  einer  zu  den  Wor- 
ten des  Epigramms  die  beste  Erläuterung  giebt.  Die  höchst  ein- 
fach gebildeten  Erzfüsse  tragen  hier  an  der  Ansatzstelle  des  Kes- 
sels abwechselnd  zwei  ornamental  verbundene  Pegasosköpfe  und 
je  eine  nach  rechts  laufende  Gorgone.  Ganz  ähnlich  ist  auch  der 
Dreifuss  in  Mon.  delF  Inst.  1S62,  tv.  69.  Interessant  ist  die  Be- 
zeichnung EvYövi-rr^;  »eingeborner  Sohn«  von  Dionysos,  dem  aus 
dem  Schenkel  des  Zeus  geborenen  Gotte.  Die  Inschrift  auf  der 
abgeschrägten  Kante  ist  leider  in  den  mittleren,  für  den  Sinn  ent- 
scheidenden Zeilen  sehr  verstümmelt.  Zu  entziffern  ist  nur 
noch : 


139 

MÄYPnYp 

POCM... 

NOCTtüN 

to 

5  .e.lTGYC 

AGHNAIOC 

BOYAeVTHC 

TONTPino 

AAenoiei 

Auf  der  zweiten  Zeile  scheint  der  letzte  Buchstabe  O  oder 
to  zii  sein,  Z.  3  am  Anfange  eher  N  als  M  ,  Z«  5  könnte  in  der 
Lücke  zwischen  G  nnd  I  der  Buchstabe  A  gestanden  haben, 
Schriftformen  nnd  Name  des  M.  Aur.Pyrrhus  weisen  etwa  auf  die 
Mitte  des  2.  nachchristlichen  Jahrhunderts,  und  dieser  Zeit -ist 
auch  die  Arbeit  derEeliefs  angemessen.  Zu  der  Schlusswendung 
AÖr^vaio?  I  ßouXöutrjC  |  tov  rpi'-o  |  oa  STroist  vgl.WADDiNGTON,  Inscr. 
Asie  min.  nr.  1966a.  2023.  2081  u.  s.  av.  Dass  die  Beischriften  der 
Figuren  etAvas  bessere  Formen  zeigen  als  die  der  Widmungen  und 
dass  für  die  metrische  Inschrift  nicht  die  Hauptseite  (B)  der  Ba- 
sis gewählt  ist,  genügt  Avohl  nicht  zu  dem  Schluss,  dass  Basis 
und  Dreifuss  nicht  gleichzeitig  entstanden  seien.  Ich  möchte 
annehmen,  dass  erstere  bei  einem  Steinmetzen  in  Athen  (attisch 
sind  die  Motive  einzelner  Figuren)  fertig  gekauft  und  mit  dem 
Dreifuss  nach  Syrien  gebracht  worden  ist. 


Bemerkniiiieu  üLer  Aiitliedoii  und  Muutär. 


(Zu  S.  1  ff.  dieses  Bandes]. 


^'ün  Th.  Nöldeke  in  Strassburg  und  J.  Oiltlemeister  in  lionn. 


Herr  Gatt  hat  lid.  VII,  5  ff.  dieser  Zeitschrift  die  Lage  des 
aken  Anthedon  in  einer  ßviinenstätte  NW.  von  Gaza  und  seinen 
Namen  in  deren  fast  schon  verschollener  Benennung  Teda 
(Teda?)  wiedergefunden.  So  weit  ich  urtheilen  kann,  ohne  eine 
vollständige  Untersuchung  angestellt  zu  haben,  ist  seine  Beweis- 
führung überzeugend.  Nicht  aber  kann  ich  mich  der  in  einer 
liedactionsnote  ausgesprochenen  Meinung  anschliessen ,  dass 
Eutychius  mit  q»3u  denselben  Ort  meint.  Die  Laute  würden 
freilich  vortrefflich  stimmen.  qj^Lj",  wofür  es  uatürlich  freisteht. 
Q.iwi  zu  punctiren,  könnte  den  Laut  Thodhön  bezeichnen,  d.i. 
'l'Avjlir^ocüv.  Etwas  bedenklich  macht  aber,  dass  Eutychius  a.  a.  O. 
den  Ort  in  derllichtung  von  Gaza  nach  demHidschäz,  d.  h.  etwa 
südöstlich  von  der  Stadt .  liegen  lässt.  Aus  der  Himmelsgegend 
kamen  ja  auch  die  streifenden  Muslime ,  die  an  dieser  Stelle  den 
kaiserlichen  Truppen  ein  Treffen  lieferten.  Der  Ort  des  Gefechts 
heisst  bei  Belädhori  109')  ,^jb.  Dass  Jäqüt  diese  Aussprache  fest- 
stellt, beweist  übrigens  nichts,  als  dass  er  den  Namen  so  in  seiner 
Handschrift  geschrieben  fand.  Von  Anthedon  führt  uns  diese 
I-'orm  schon  etwas  weiter  ab.  Nun  wissen  wir  aber  aus  dem  sy- 
rischen Chronographen  Land,  Anecd.  I,  17.  dass  dieses  Treffen 
Ereitag  den  1.  Schebät  945  (Seleucid.)  Ind.  VH.  d.  i.  den  4.  Fe- 
l)ruar  03  4'-;,   und  zwar  12  Millien  (istlich  von  Gaza   stattge- 


1     iJei  Tabari  (ed.  Kosegarten;  fehlt  das  Gefecht.    Il)n  Athir  11.  ."i  10  hat 
08  aus  einer  andern  Quelle  eingeschoben. 

2,  Also  noch  im  Jahre  12  d.  H.    Da  das  Jahr  13  schon  am  7.  März  0:34 


141 


funden  hat;  das  stimmt  zti  Eiitychms.  Ein  Ort  3  .Stunden  öst- 
licli  von  Gaza  kann  aber  nicht  mit  einem  eine  starke  Stunde 
nordwestlich- davon  gelegenen  identificirt  werden.  —  Der  wirk- 
liche Name  des  in  der  einen  Quelle  q*,<:>\^,  in  der  andern  ^b 
genannten  Ortes  steht  nicht  fest. 

Mnntär  ist  ohne  Zweifel  «BeobachtiinsTsort ,  Wache«  oder 
j)\Yarte«  vom  aramäischen  NTR,  das  schon  sehr  früh  ins  Hebräi- 
sche zn  dem  althebräischen  NSR  aufgenommen  ist  und  in  ver- 
schiedenen Ableitiingen  auch  von  den  Arabern  adoptirt  wurde. 
Zufällig  linde  ich  auf  der  Karte  des  Pal.  Expl.  F.  noch  ein  Mun- 
tar  el  baghla,  nicht  sehr  weit  OSO.  von  Gaza.  Ein  Diminu- 
tiv davon  ist  al-Muneitire .  Name  eines  Ortes  im  Libanon 
(Socix-BÄDEKER  409}.  Von  derselben  Wurzel  abgeleitet  ist  der 
Name  des  Wädi  Ntara  in  Galiläa  (eb.  277).  Auch  das  bekannte 
Latrvin  (Robinson  III,  869  ^^•ir^'^;  03/^-^'  Raudatain  II,    88; 

Q.^I  und  Q»--^^  Jäqüt)  gehört  wohl  hierher.  Es  hat  sicher 
nichts  mit  dem  Schacher  latronem  zu  thun,  denn  die  in 
der  Zeit  der  Kreuzzüge  üblichere  Form  istj^»,LÄj!  an-Natrün 
(Bohäeddin  passim;  Raudatain  passim ;  Ibn  Athir  11,  361;  12. 
4  7  f.).  und  der  Ort  erscheint  sogar  schon  kurz  vor  dieser  Periode, 
also  ehe  an  einen  solchen  lateinischen  Namen  in  Palästina  zu 
denken  ist,  in  Näsiri  Chosrau's  Reisebuch  (ed.  Schefer)  19,  und 
zwar  in  der  Entstellung  Qj.jLi> ;  darin  Avird  man  etwa  Q^r^  oder 
vielleicht  ijrjj  wiederfinden  (der  Perser  mochte  o  für  J^  setzen). 
Also  wird  wohl  auch  dieser  auf  einem  Hügel  gelegene  (Socin 
13)  Ort  vom  »Aufpassen«  benannt  worden  sein.  —  Noch  weise  ich 
darauf  hin,  dass  der  arabische  Name  der  römischen  castra  in 
Syrien  zur  Beobachtung  der  Beduinen  manzara,  pl.  manazir 
war,  von  der  dem  aramäischen  NTR  genau  entsprechenden  ara- 
Wurzel  NZR. 

Strassburg,  29.  April  1884. 

Th.  Nöldeke. 

begann,  so  begreift  man,  dass  die  Überlieferung  das  Treffen  gern  ins  Jahr  13 
legt.  —  Vergl.  noch  Theophanes  Bonn)  516;  Baethgen,  Fragm.  syr.  u.  arab. 
Hist.  15,  und  besonders  de  Goeje,  [Nlem.  d'liist.  et  de  geogr.  III,  25.  wo  schon 
die  syr.  Stelle  herangezogen  ist. 


142 

Dass  Anthedon  nördlich  von  Gaza  gelegen ,  folgt  nicht  aus 
Plin.  \'.  14,  der  es  sogar  in  das  Binnenland  setzt,  nicht  sicher  aus 
Jos.  XV.  7.3,  der  XIII.  15,  4  eine  andere  Eeihenfolge  hat, 
eben  so  wenig  aus  Ptolemaeus ,  -wegen  der  Varianten  in  den  Mi- 
nutenzahlen, wohl  aber  liegt  ein  unzweideutiges  Zeugniss  bei 
Theodosius  §  IS  vor.  Das  nun  glücklich  entdeckte  'tX-ö'  tedä,  (idä, 
ist  den  arabischen  Geogi-aphen  Bekri  'c.  lOSO  Chr.),  der  es  aller- 
dings südlich  von  Gaza  setzt,  und  Idrisi  (c.  1150'  wohl  bekannt; 
vgl.  den  Nachweis  beiüEGoEjE,  der  es  schon  mit  Anthedon  iden- 
tificirt  hat.  zu  Mokaddasi  p.  155.  Des  Eutychius  tädTin,  das  er 
nach  sonstiger  analoger  Schreibart  wohl  fedün  aussprach ,  kann 
ohne  Zweifel  aus  Anthedon  verderbt  sein :  aber  dann  in-te  er, 
wenn  er  es  als  Ort  des  Treffens  von  632  bezeichnete.  Die  Araber 
nennen  den  Ort  dätin  Belads.  109,  8  oder  dätina  Tabari  II,  114, 
ITKoseg. ,  Theophanes  276  P,  332.  13  de  Book  an  einer  cornip- 
ten  Stelle,  über  deren  Varianten  de  Boor  und  früher  Tafel, 
Wiener  Sitz.-Ber.  IX  IS 52  S.  140  zu  vergleichen  sind.  Aaf>i-aov 
oder  AaDiU. . . ;  es  lag  nach  dem  s.  g.  Liber  chalifarum  bei  Land, 
Anecd.  Syr.  117.  11  'um  750  Chr.,  der  Name  ist  hier  leider  ver- 
derbt' 12  röm.  Meilen  östlich  von  Gaza.  Dies  passt  auch  besser 
zu  den  strategischen  Verhältnissen,  als  dass  die  von  Südost  oder 
Ost  kommenden  Araber  die  Festung  Gaza  umgangen  und  den 
von  Caesarea  her  anrückenden  Eömem  eine  halbe  Meile  nördlich 
von  ihr,  sie  im  Rücken,  ein  Treffen  angeboten  haben  sollten. 

Bonn.  2.  Mai  1SS4. 

J.  Gildemeister. 


Beiträge  zur  Palästiiiakuiule  aus  arabischen  Uuelleu. 

Von  J.  Gildemeister  in  l^omi. 

(Vgl.  ZDPV.  IV,  p.  S5  ft'.    VI,  p.  1  ff. 


4.    Mukaddasi.') 

(151)  Syrien  ist  ein  Land  von  grossem  Belang,  der  Aufent- 
halt der  Propheten  2),    das  Centrum  der  Frommen,   die  Heimath 

I)  El-MukaddasT  'Makdisi),  wie  nunmehr  bei  uns  hergebracht  ist,  el-Bas- 
schäri.  auch  Ihn  el-bannä,  wie  ihn  die  Araber  nennen  ,  mit  eigentlichem  Na- 
men Abu  Muhammad  'x\bdalläh  Ibn  Ahmad,  in  Jerusalem  aus  einer  dort  seit 
längerer  Zeit  angesiedelten  Architectenfamilie  um  366  (947/S:i  geboren,  machte 
weite  Reisen  als  Gelehrter  und  Geschäftsmann ,  wie  sich  das  bei  aral)ischen 
Gelehrten  verbindet,  und  verfasste  375  (985/6)  eine  Beschreibung  der  islami- 
schen Länder,  die  sich  vor  allen  arabischen  Geographien  durch  den  Reich- 
thum  der  Beobachtungen  und  Gesichtspuncte  auszeichnet.  Man  kannte  'das 
im  Orient  offenbar  wenig  verbreitete  Buch  (den  Verfasser  nennt  keins  der  so 
zahlreichen  biographischen  Register)  nur  aus  wenigen  Citaten ;  namentlich  hat 
Jäküt ,  der  ihn  el-Basschäri  nennt ,  manches ,  darunter  einen  grossen  Theil 
seiner  Beschreibung  von  Jerusalem  ,  copirt  und  diesen  WtJSTENFELD  Jäcüt's 
Reisen  ZDMG.  XVIII,  1S64,  S.  462  ff. ,  übersetzt.  Das  vollständige  Werk 
ward  von  Sprenger  wieder  aufgefunden  und  existirt  in  zwei  Recensionen, 
deren  jede  von  einer  Handschrift  (BC)  repräsentirt  wird.  Nach  diesen  stellte 
DE  GOEJE  1S76  eine  musterhafte  Ausgabe  her  und  gab  1S79  in  dem  Glossar 
Erläuterungen  schwieriger,  namentlich  technischer  Ausdrücke,  die  bei  nach- 
folgender Übersetzung  dankbar  benutzt  sind  und  ohne  die  sie  sich  nicht  so 
sicher  hätte  liefern  lassen.  Die  Übersetzung,  in  der  wegen  des  eigenthümlich 
zerhackten  Stiles  des  Originals  einige  leichte  Umstellungen  im  Satzbau  noth- 
wendig  waren,  will  so  wörtlich  wie  möglich  sein,  auch  in  der  Art  die  Aus- 
drücke thunlichst  mit  denselben  Worten  Aviederzugeben.  So  ist  dschämt  im- 
mer durch  Hauptmoschee  übersetzt,    minhur  durch  Kathedrale,  masdschid 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.    VU.  10 


144 

der  nicht  aussterbeiulen  Heiligen,  der  Fundort  der  (religiös)  ^'er- 
dienstreichen.  Hier  sind  die  erste  Kibla,  der  Platz  der  Auf- 
erstehung \un\  Muhammads  nächtlicher  Reise,  das  heilige 
Land-*'  .    verdienstliche  Wachtposten,   ansehnliche  Grenzfestun- 

5 gen.  hohe  IJerge,  das  Land  -nohin  Abraham  auswanderte  und  wo 
sein  Grab  ist.  der  Aufenthalt  Hiobs  und  sein  Brunnen 3),  der 
Mihräb  '  und  das  Thor  Davids,  Salomos  Wunderbauten  und 
Städte.  Isaaks  und  seiner  Mutter  Grabstatt,  des  Messias  Geburts- 
ort und  seine  Wiege,   Sauls  Stadt  und  Fluss^,   der  Ort  wo  Go- 

loliath  oretödtet  ward  und  sein  Schloss^'j.  Jeremia's  Cisterne  und 
Gefängniss.  die  Moschee  und  das  Haus  Uria's  ß; ,  Muhammads 
Kuppel  und  Thor'  ,  der  Fels  Mosis.  der  HügelJesu  ^} ,  der  Mih- 
räb des  Zacharias''  ,  die  Taufstätte  ^o)  des  Johannes,  die  Capellen 
der  Propheten ,    die  Dörfer  Hiobs ,    die  Stationen    Jakobs ,    die 

löäusserste  Moschee,  der  Ölberg,  die  Stadt  Akka^\  .  die  Capelle 
des  Siddl/iä^'-j,  das  Grab  Mosis,  Abrahams  Lager-  und  Begräb- 
nissstätte, die  Stadt  Askalon,  die  Quelle  Sulwän^^i,  der  Ort  Lok- 
mans'\,    das  Wädi    kanaän'^'^).    die  Städte  Lots,    der  Ort  der 

durch  Moschee,  maschhad  durch  Capelle,  ribät  durch  Wachti^osten  (obschon 
hierin  der  sich  allmählich  bildende  Begriff  des  klösterlichen  Aufenthalts  nicht 
liegt .  Besondere  Schwierigkeit  machen  die  architectonischen  Termini,  die. 
wie  die  Vergleichung  der  Beschreibungen  grosser  Moscheen  hei  verschiedenen 
Verfassern  zeigt,  durchaus  nicht  fest  sind.  Die  sachlich  wichtigen  Zusätze  der 
Handschrift  C  und  die  auf  anderen  Seiten  der  Ausgabe  vorkommenden  Anga- 
ben sind,  letztere  in  spitzen  Klammern ,  eingeordnet.  Über  die  Bedeutung 
des  Sternes  s.  VI,  1  .  not.  2.  Nachdem  die  Arbeit  vollendet  war ,  erschien 
Hrn.  SCHEFEUS  Sefer  nameh,  relation  du  voyage  de  Nassiri  Khosrau.  Par. 
l&Sl,  S.,  in  welchem  einige  der  interessantesten  Stellen  Mukaddasi's  franzö- 
sisch mitgcthcilt  sind.  2)  Der  Anfang  dieser  Aufzählung  bis  zu  dem 
Wo.-t  llahel  ist,  jedoch  lückenhaft,  in  das  Dschihän-numä  p.  552  übergegan- 
gen;  HKh  hatte  eine  Hand.schrift  aus  dem  Jahr  41-1  benutzt.  2^1,  Ko- 
ran Sur.  5,  24.  3)  Sur.  38,  41.  4)  Sur.  38,  20.  5)  Sur.  2,  250, 
wo  die  Geschichte  Gideons  auf  Saul  übertragen  ist.  6;  Beide  in  Amman 
6.  u.  p.  175  des  Textes.  Uria  wird  freilich  auch  nach  Cyrrus  versetzt  bei  Jä- 
küt  IV,  199.  T;  Das  der  Mughäriba  'Ulaimi  p.  3S3.  8]  Sur.  23,  52. 
Der  Verf.  meint  hier  er-rubwa  bei  Damask,  führt  freilich  S.  209  auch  die  Mei- 
nung an,  er  sei  in  Ägypten.  9)  Sur.  3,  33.  19,  12.  10)  Nach  dem 
sonstigen  Gebrauch  des  "Wortes  :  Ort  des  Andrangs  zum  "Wasser.  11,  "We- 
gen der  hierher  verlegten  Quelle  aus  Sur.  55,  (Ki.  vgl.  '  Ulaimi  407.  12,  S. 
u.  p.  ISb  des  Textes.  13,  Die  Sur.  55.  50  gemeint  sein  soll.  14]  Im 
Osten  des  Sees  von  Tiberias.  Jäküt  III  512,  18.  15)  Bei  der  Hüla.  Da- 
gegen lesen  B  und  Dschihän-numä  wädil-mhn'in.  das  Thal  des  Belus. 


145 

Gärten >6j,  die  Betörte  Omars,  die  Stiftung  Utmans*").  das 
Thor,  von  dem  die  beiden  Männer  sprachen  ^^j,  das  Zimmer,  in 
dem  die  beiden  Gegner  waren  i"') ,  die  Mauer .  welche  zwischen 
der  Strafe  und  Vcrzeihimg  ist  20),  der  (dem  Himmel]  nächste 
Orf-i),  die  Capelle  von  Baisän^a)^  das  wichtige  und  bemerkens-  5 
werthe  Thor  kitta.  das  Thor  der  Posaunen -3,  der  Ort  der  Ge- 
wissheit'^^^ ,  das  Grab  der  Maria  und  Rahel,  der  Zusammenstoss 
der  beiden  Meere  ^s),  der  Ort,  wo  sich  diese  und  jene  Welt  schei- 
den, das  Thor  der  Schechina,  die  Kettenkiippel,  die  Station  der 
Ka'ba^'J)  zugleich  mit  unzähligen  Capellen  und  ins  Auge  fallen-  10 
den,  Verdienst  bringenden  Eigenschaften,  Früchte  und  reich- 
liches Auskommen.  Bäume  und  Gewässer,  dieses  und  jenes 
Leben.  Hier  erweicht  sich  das  Herz  und  breiten  sich  die  Arme 
zum  Gottesdienst  aus.  Hier  ist  ferner  Damascus,  das  Paradies 
dieser  AVeit,  sughar.  ein  Basra  im  Kleinen,  das  hübsche  Ramla  15 
mit  seinem  feinen  Weizenbrot,  das  herrliche  Aelia,  wo  keine 
Noth  ist,  und  himSi  bekannt  durch  Productenreichthum  und  gute 
Luft,  des  Gebirges  von  hifsra  und  seiner  Weinberge  (152)  nicht 
zu  vergessen ,  das  durch  sein  Einkommen  und  seine  Dörfer  an- 
sehnliche Tiberias;  ferner  das  Meer,  das  sich  an  ihm  hin  er-2u 
streckt,  auf  dem  zu  ihm  stets  Waaren  kommen,  während  das 
Meer  von  Sina  an  seinem  äussersten  Saum  ist.  Es  hat  Ebene  und 
Gebirg  und  Senkungen  und  anderes,  und  an  seinen  Gränzen  ist 
die  Wüste,  die  ihm  zur  Strasse  nach  taima  dient.  In  ihm  sind 
Marmorbrüche  und  Droguen  für  jede  Krankheit  und  Reichthum  25 
und  Handel  und  Eleganz  und  Gelehrte  und  Schreiber,  Handwer- 
ker. Arzte.  Aber  die  Einwohner  sind  stets  in  Furcht  vor  den  By- 
zantinern und  in  Auswanderung  begriffen,  während  die  an- 
stossenden  Gegenden  verwüstet  sind  und  die  Gränzvertlieidigung 
zu  Ende  ist.  Sie  sind  in  Wissenschaft.  Religion  und  Intelligenz  30 
nicht  wie  die  Perser;  ein  Theil  ist  abgefallen,  ein  Theil  bezahlt 
die  Duldungssteuer;   sie  ziehen  die  Verehrung  des  Geschaffenen 

16)  Ob  ebenfalls  auf  Sur.  55,  46.  62  zu  beziehen?  17;  S.  u.  S.  171 

des  Textes.  18j  Kaleb  und  Josua  vom  Thore  Jerichos.     Sur.  5,  26. 

19;  Sur.  3S,  20,  bei  der  Geschichte  mit  Uria.  20  Sur.  57.  13.  21:  Die 
sachra.  Vgl.  Zamachschari  und  die  Dschalälän  zu  Sur.  50,  40.  22)  Ob  Avegen 
der  Quelle,  die  Sur.  55,  66  geraeint  sein  soll?  23    In  der  Felsenkuppel, 

s.u.  24)  el-jakln,    s.  u.  zu  S.  173  des  Textes.  25)  Sur.  18,  59. 

26,  Unten  S.  170  des  Textes  Ort  der  Ka'ba  genannt  in  der  Moschee  el-alysä. 

10- 


146 

der  ^'erc•hnmg  des  Herrn  des  Himmels  vor,  die  Meisten  sind  Un- 
wissende oder  Pöbel,  ohne  Antrieb  zum  heiligen  Krieg  und  ohne 
Ehrgefühl  wider  den  Feind. 

Mau  safft.  dass  Svrien  schäm  heisse.  weil  es  der  Ka'ba  zur 
5 Linken  nördlich  liege:  nach  anderen,  weil  man  dahin  in  nörd- 
licher Richtung  geht-'  ;  nach  anderen,  weil  darin  rothe.  weisse 
und  schwarze  Bodentlecken  sind.  Die  Iräkaner  nennen  alles,  Avas 
jenseits  des  Euphrat  liegt,  schdm.  Und  desshalb  hat  Muhammad 
ihn  el-hasan  -^   den  Ausdruck  in  seinen  Aufzeichnungen  in  loser 

!'•  Weise  angewandt :  aber  jenseits  des  Euphrat  liegt  nichts  von 
schäum,  als  allein  der  Bezirk  von  ki/masrln,  *das  übrige  (jenseits 
des  Flusses  liegende)  ist  die  Wüste  der  Araber  und  schäm  liegt 
jenseits  dieser  (C  p.  255:  Die  meisten  Gelehrten  sind  dafür,  dass 
die  jenseits  des  Euphrat  gelegene  Syrische  Wüste  zur  Halbinsel 

••^  der  Araber  gehöre,  so  z.  B.  Ez-zuhri^y*  undAbüzaid  el-balchi  3o) , 
und  so  hat  dieser  sie  auch  auf  seinen  Karten  gezeichnet).  Mu- 
hammad drückte  sich  annähernd  und  nach  dem  gewöhnlichen 
Sprachgebrauch  aus.  wie  khoräsTin  der  Osten  genannt  Avird,  der 
doch  auch  jenseits  Khoräsäns  liegt,  und  schäm  alles  dem  jamcm 

20  (Südland^  Entgegengesetzte  bezeichnet,  da  doch  hidschüz  dazwi- 
schen ist.  Wenn  einer,  um  die  Ansicht  der  Iräkaner  zu  bewahr- 
heiten, sagt:  du 31)  kannst  nicht  leugnen,  dass  der  Strich  der 
Wüste  bis  zu  den  Gränzen  von  Irak  zu  schcim  grehöre ,  so  ist  zu 
antworten :  wir  haben  die  Provinzen  geschieden  32)  und  die  Grän- 

25  zen  angeordnet,  so  dass  wir  nicht  aus  einer  Provinz  in  die  andere 
gerathen  dürfen.  Und  wenn  man  sagt:  woher  hast  du,  dass  es 
ursprünglich  nicht  dazu  gerechnet  ist  \  so  dient  zur  Antwort :  die 
Juristen  des  Offenbarungsgesetzes  und  die  Leute  dieser  Wissen- 
schaft sind  darüber .   dass  das  fragliche  Land  zur  Halbinsel  der 


27    Vgl.  Jäkut  III,  240,  1.  2b    Esch -schaibäni ,  der  Schüler  Abu 

Hanifa's  und  eine  der  drei  Autoritäten  der  Hauafiten,  über  den  am  ausführ- 
lichten sehandeh  haben  Barbier  ue  Mey.x.vrd  JAs.  1S52,  XX,  4üÜ  ff.  und 
Flügel,  Hanef.  Rechtsgelehrte  283.  Für  die  Jurisi^rudenz  hatte  die  Frage, 
ob  die  sog.  Syrische  "Wüste  zur  Halbinsel  der  Araber  gehöre,  Bedeutung,  da 
für  diese  die  Steuerverhältnisse  andere  waren.  29j  Juristische  .\utorität 

vor  Entstehung  der  grossen  Schulen,    gest.  124  (742).  ."iO,  Der  oben 

ZDPV.  VI,  1  Not.  erwähnte.  31;  Der  Sinn  fordert  nothwendig  die  zweite 
Person.  32,  In  der  Einleitung   setzt  Mukaddasi   auseinander,    dass  er 

Keine  Eintheüung  nach  den  natürlichen  Verhältnissen  der  Länder  gemacht. 


147 


Araber  gehöre,  nicht  verschiedener  Meinung,  und  wenn  es  einer 
in  strenarem  Sinne  zu  Syrien  rechnen  -würde,  so  wäre  es  an  uns, 
ihm  die  von  uns  angenommenen  Gränzen  Syriens  zu  sagen ,  so 
dass  es  mit  diesem  verbunden  werden  müsste;  der  Streit  dreht 
sich  um  das,  Avas  ihr  hinzuthun  wollt,  und  dem,  w^elcher  das  Plus  5 
behaui)tet,  liegt  der  Beweis  ob. 

(152  unten)  Wir  enthalten   uns  der  Erwähnung  von  Tarsus 
und  seines  Gebietes,  weil  es  unter  den  Griechen  steht. ^3j 

(154)  Dies   ist   die  Gestalt  und  das  Bild  Syriens  auf  um- 
stehendem Blatt.  10 

Wir  haben  die  Provinz  in  sechs  Bezirke  getheilt  ^^] ,  der 
erste,  Mesopotamien  gegenüberliegende  ist  kinnasrln,  dann  fol- 
gen/«'ms,  ditnascJik.  el-u)'dunn,ßlasßn,  escJt-schai'dh.  Die  Haupt- 
stadt von  kinnasrin  ist  halah,  und  zu  seinen  Städten  gehört  antä- 
kija^  hüUs  ^  es-smvaidijja  ^  smnaisät ,  manhidsch,  hajjüs  ^  et-tl-\ö 
nät,  hinnasrin^  mar  asch  ^  iskcmdarüna,  laddscJnm.  rafamjjali^ 
dschüsijci^  hamäli ,  schaizar ,  wädl  hutnan  ,  mdarrat  en-nu  man^ 
maarrat  Jminasrin.  Die  Hauptstadt  von  hims  hat  gleichen  Namen 
und  zu  seinen  Städten  gehört  sa/awiyya,  tadmur^  el-chuncisira^  ka- 
fartüh^  el-lädikijja.  dschahala.  anfarfßs,  hulunjäs ,  Mm  el-cha-20 
wähl.  Der  Bezirk  dimaschk  hat  gleichnamige  Hauptstadt  und  zu 
seinen  Städten  gehört  (54 :  därajjci)  hänijüs.  saidä,  hairict,  aträ- 
bidus.  'irka  und  die  Gegend  des  bikä'  mit  der  Hauptstadt  bdla- 
bakk  und  den  Städten  kämid,  ' ardschamüsch,  ez-zahadänl.  Damask 
hat  sechs  Landbezirke :  die  ghüfa.  haurän,  el-haianijja.  el-d schau- Ih 
lern,  el-bikü\  el-Mla.  Die  Hauptstadt  des  urdunn  ist  taharijja, 
und  zu  seinen  Städten  gehören  kadas,  sTir  (54 :  el-farädija) ^  akkä^ 
el-laddschün^  kähul.  baisrm,  adricit.  Die  Hauptstadt  xonßlasfm 
hi  er-ra7nla,  und  seine  Städte  sind  hait  el-makdis  (155),  hau 
dschihriL  gliazza,  mlmäs  [maimäs?],  "askalän.  jäfa.  arsTif.  kaisa-id 
rijjah.  nähulus.  arihä.  " ammän.  Als  Hauptstadt  von  esch-scharält 
haben  wir  sughar  angenommen;  die  Städte  sind  rnß'äZ».  maan. 
tahük,  adruli^  icaila  (=  Ailah)  madjan.  (oi  ' ainüna) .     In  dieser 


33)  Es  folgt  eine  Erzählung  über  die  nach  Tarsus  verlegten  sieben  Schlä- 
fer, die  dem  gegenwärtigen  Zweck  fremd  ist.  34  Dieselbe  Aufzählung 
etwas  verkürzt,  kam  schon  S.  54  vor,  woher  drei  Namen  zur  Ergänzung  her- 
übergenommen sind.  Dort  werden  die  Orte  von  laädschün  bis  tcad'i  hutnä)t  zu 
hims  und  ez-'zabacJäm  richtiger  zu  Damask  gezählt. 


148 

Provinz  triebt  es  Dörfer,  welche  ansehnlicher  und  grösser  sind  als 
die  Städte  Arabiens,  wie  dUrajJü,  bait  Uhjä.  kafarsallUm^  kafar- 
sühü,  nur  dass  sie  nach  den  Merkmalen  der  Dörfer  zu  diesen  ge- 
rechnet werden,  wir  aber  in  unserer  Arbeit  den  gewöhnlichen 
ö  Sprachgebrauch  befolgen. 

Hahiöisteine  treffliche,  angenehme,  befestigte  Stadt,  von  Stein 
erbaut  und  volkreich;  die  EinAvohner  sind  gebildet,  wohlhabend 
mid  verständig.  In  der  Mitte  ist  eine  feste ,  ausgedehnte  Cita- 
delle.    die  Wasser  hat.   und  die  Magazine  des  Sultans,   während 

l'J  die  Hauptmoschee  in  der  Stadt  ist.  Das  Trinkwasser  kommt  vom 
Flusse  kmcaik ,  der  zur  Stadt  in  der  Richtung  zum  Palaste  des 
Saifeddaula  durch  ein  eisernes  "Wasserrohr  mit  Gittern  eintritt. 
Das  Schloss  ist  nicht  gross,  aber  Residenz  des  Sultans.  Die 
Stadt  hat  sieben  Thore :   das  von  kims,  rakka,  kinnasrln,   der  .Ju- 

15  den,  \on' iräk,  des  Melonenhauses  Truchtmarkts .') ,  von  anfä- 
kij'a .  während  das  der  Vierzig  geschlossen  ist.  —  Balis,  der 
Gränzpunct  gegen  er-rakka  hin,  volkreich.  —  Kinnasrin  ist  eine 
Stadt,  deren  Bevölkerung  dünn  geworden  ist.  Nach  der  mir  von 
Abu  bikr  Muhammad  ibn  Ishäk  ihn  Chuzaima  erzählten  (1(>5) 

20  durch  sechs  Glieder  auf  Amr  ibn  Dscharir  zurückgehenden 
Überlieferung  hat  der  Prophet  gesagt:  Gott  offenbarte  mir:  in 
weichem  dieser  drei  du  dich  niederlassest,  das  ist  dein  Auswan- 
derungssitz, el-madina  oder  el-bahrain  oder  kinnasrtn.  W^enn 
man  mich  fragt,   wesshalb  ich  als  Hauptstadt  des  Bezirks  /lalab 

25  bezeichnet  habe,  während  hier  doch  eine  Stadt  seines  Namens 
ist,  so  antworte  ich :  ich  habe  oben  gesagt  ^s]  ^  dass  die  Haupt- 
städte gleichsam  Generäle  und  die  sonstigen  Städte  gleichsam 
Regimenter  hier  doch  wohl :  Regimentscommandeure)  sind ; 
nun  darf  man  doch  nicht  halab  bei  seiner  Bedeutendheit,    der 

;iO  Residenz  des  Sultans  und  aller  Behörden  darin  und  antäkija  bei 
seinem  Range  und  hZdis  bei  seiner  Blüthe  als  Regimenter  unter- 
ordnen einer  verwüsteten  kleinen  Stadt  3'']. 

IJhm  ist  die  grösste  Stadt  Syriens  mit  einer  über  die  Stadt 
sich  erhebenden  Citadelle  darin,  die  man  von  aussen  sieht.   Zum 

^^ Trinken  dient  meist  Regenwasser,  es  ist  aber  auch  ein  Fluss 
da.    Als  die  Muslimen  es  eroberten ,   nahmen  sie  die  Kirche  und 


35    S.  47,  S  des  Textes.  36)  Einige  dem  gegenwärtigen   Zweck 

fri-mde  Zeilen  ausgelassen. 


149^ 

machten  die  Hälfte  davon  zur  Moschee ;  neben  dieser  ist  an  dem 
Markte  eine  Kuppel,  aitf  deren  Spitze  die  kupferne  »Statue  eines 
auf  einem  Fisch  stehenden  Mannes  sich  befindet,  den«^";  die  vier 
Winde  drehen;  darüber  wird  allerlei  Unrichtiges  geredet.  Die 
Stadt  hat  grosse  Schäden  erfahren  und  ihr  droht  Ruin.  Die  5 
Bewohner  sind  Dummköpfe  (35  wie  in  allen  Städten,  in  deren 
Namen  der  Buchstabe  säd  vorkommt,  mit  Ausnahme  Basra  s)  (34- 
sind  schön).  —  Die  übrigen  Städte  sind  beschädigt  und  die  Le- 
bensmittel in  ihnen  wohlfeil ;  die  am  Meer  liegenden  sind  befe- 
stigt; so  auch  tadmur,  das  gleichsam  die  Krone  unter  den  Städten  li) 
Salomo's  ist.  Die  Hauptstadt  ist  der  Wüste  nahe,  geräumig  und 
wohlbeschaffen. 

Dimaschlc  ist  die  vornehmste  Stadt  Syriens  und  die  Residenz 
zur  Zeit  der  Umajjaden,  wo  ihre  Schlösser  und  Monumente  sind. 
Die  Bauart  ist  Holz  und  Lehm.  Um  die  Stadt  ist  eine  Befesti-  15 
gungsmauer ,  die ,  während  ich  da  war ,  aus  Lehm  hergestellt 
wurde.  Die  meisten  Bazare  sind  überdacht,  (157)  es  giebt  einen 
schönen  unbedeckten  Bazar  in  der  Länge  der  von  Kanälen  um- 
flossenen Stadt.  Bäume  umgeben  sie,  sie  hat  viele  Früchte, 
wohlfeile  licbensmittelj  Schnee  und  dergleichen.  Nirgends  sieht  2i) 
man  schönere  Bäder,  wunderbarere  Springbrunnen,  klügere 
Leute.  Ihre  grösseren  Thore ,  welche  ich  kenne,  sind  das  von 
el-dscliabija.  das  kleine,  das  grosse,  das  östliche,  das  Thomas- 
thor, das  Flussthor,  das  der  mahamill  (Verkäufer  von  Kameel- 
sänften),  (C :  das  Doppelthor).  Sie  ist  sehr  angenehm,  nur  dass  25 
sie  trockne  Luft ,  viel  Pöbel ,  geschmacklose  Früchte ,  zähes 
Fleisch,  enge  Wohnungen,  dumpfe  Strassen,  schlechtes  Brot, 
enge  Läden  hat.  Sie  erstreckt  sich  auf  ebenem  Boden  eine  halbe 
Parasange  in  die  Länge  und  Breite. 

Die  Hauptmoschee  ist  das  schönste,  was  die  Muslimen  heute  30 
haben;  nirgends  sind  höhere  Werthe  vereinigt.  Die  Umfas- 
sungsmauern sind  mit  sorgfältig  gelegten,  grossen,  eng  aneinan- 
der schliessenden  Steinen  aufgebaut  und  oben  mit  zierlichen 
Zinnen  gekrönt.  Als  Pfeiler  dienten  scliwarze,  glatte  Säulen  in 
drei  sehr  weit  abstehenden  Reihen ;  in  die  Mitte,  gegenüber  dem  35 
Mihräb,  kam  eine  grosse  Kuppel.   Den  Hof  umgaben  hohe  Säulen- 

37)  Nach  der  einen  Lesart  dreht  sich  der  Fisch  ,  nach  der  andern  der 
Mann.   Bei  Idrisi  und  Jäküt  ist  es  ein  Scorpion. 


150 


g' 


jiiuge  n'uid,  Arcaden  mit  Bogen  [farch]  darüber.  Daim  uurde 
das  Gauze  mit  Fliesen  von  weissem  Marmor  und  die  Wände  bis 
zu  dupi)t'lt(.'r  Mannshöhe  mit  gesprenkeltem  Marmor  belegt,  von 
dort  bis  zum  Plafond  mit  farbiger  iMosaik ,  in  den  vergoldeten 
ö  Tlieilen  mit  Figuren  von  liäumen  und  Hauptstädten  und  mit  In- 
schriften von  äusserster  Schönheit  und  Feinheit  und  Eleganz  der 
Arbeit ;  selten  ist  von  einem  Haum  oder  einer  Stadt  die  Kede,  die 
nicht  auf  dieser  Wand  abgebildet  wäre.  Die  Capitäle  waren  mit 
Gold  überzogen,  die  Wölbungen  [kantara]  der  Säulengänge  alle 

Kl  mit  Mosaik  ausgelegt,  die  Säulen  des  Hofes  von  weissem  Mar- 
mor, die  Wände  desselben  ringsherum  und  die  Wölbungen  und 
ihre  Bogen  bildeten  durch  Mosaik  lauter  Zeichnungen  und  Figu- 
ren. Alle  Dächer  waren  mit  Bleiplatten  bekleidet  \ind  die  Zin- 
nen von  beiden  Seiten  mit  Mosaik.    Zur  Eechten  im  Hof  stand 

1 5  das  Schatzhaus  auf  acht  Säulen ,  die  Wände  mit  Mosaik  ausge- 
legt, und  im  Mihräb  und  um  ihn  herum  (158)  Cornaline  und 
Türkise  in  Stücken  so  gross  als  es  solche  giebt ;  zur  Linken  Avar 
ein  anderer  Mihräb  ausser  diesem  für  den  weltlichen  Herrn.  Sein 
Inneres  war  schadhaft  geworden  und  ich  hörte,  dass  fünfliundert 

2it  Dinare  verwendet  sind .  um  ihn  wieder  zu  dem.  was  er  war,  zu 
machen.  Auf  der  Spitze  der  Kuppel  ist  eine  Citrone  und  über 
dieser  eine  Granate,  beide  von  Gold.  Zum  Wunderbarsten  darin 
gehört  das  Ineinanderpassen  des  gesprenkelten  Marmors ;  jede 
Ader  des  einen  Steins  schliesst  an  die  des  andern ;   und  wenn  ein 

25  Sachverständiger  ein  Jahr  dazu  immer  wiederkehrte ,  so  würde 
er  jeden  Tag  eine  andere  Figur  und  Verschlingung  finden. 

Walid  soll  zum  Bau  Künstler  von  Persien,  Indien,  den  West- 
ländern und  Byzanz  versammelt  und  sieben  Jahre  lang  darauf 
den  Grundsteuerbetrag   von    Syrien   verwendet    haben ,    sammt 

:'0  achtzehn  C  ;  einem]  Schiffen  mit  Gold  und  Silber .  die  von  Cv- 
peni  segelten,  ausserdem  was  ihm  der  Kaiser  von  Byzanz  [C  :  und 
die  Emire  der  Muslim  an  Edelsteinen  und  Geräthen  und  Mo- 
saiken schenkten. 

(C:  Mosaik,  fasZißsä,,  ist  etwas,  das  wie  die  Münzgewichte 

35  aus  Glas  gemacht  wird,  gelb,  grau,  schwarz,  roth,  gefleckt;.'). 
\"ergoldete  entsteht,  indem  auf  die  Oberfläche  Gold  und  darüber 
dünnes  Glas  gelegt  wird.  ;  Dann  wird  Mörtel  mit  arabischem 
Gummi  durchknetet  und  auf  die  Mauer  gestrichen  :  in  ihn  wird 
ilie  Mo.saik  eingesetzt  und  zu  Figuren  und  Inschriften  eng  ver- 


151 

blinden.    Einiges  wird  ganz  mit  vergoldeten  Steinen  ausgelegt, 
so  dass  die  ganze  Wand  eine  Goldfiäclie  bildet.) 

Öffentliche  Thore  sind  vier:  Südlich ^''^  das  Thor  el-harld^ 
gross,  mit  zwei  Nebenthoren  zur  Rechten  und  Linken  desHaupt- 
thores ;  jedes  der  drei  wird  durch  einen  mit  vergoldetem  Kupfer  b 
belegten  Doppelfiügel  gebildet.  An  dem  Haupt-  und  den  beiden 
Nebenthoren  sind  drei  Säulengänge,  jedes  von  den  beiden  (?  ob  : 
den  drei?)  Thoren  öffnet  sich  in  einen  langen  Säulengang,  dessen 
Wölbung  auf  Marmorsäulen  ruht  und  dessen  Wände  in  oben 
geschilderter  Weise  bekleidet  sind;  alle  Plafonds  sind  auf  das  ui 
schönste  vergoldet.  In  diesen  Säulengängen  ist  der  Platz  der 
Buchhändler  und  das  Zimmer  des  Stellvertreters  des  Kädi.  Dies 
Thor  ist  zwischen  dem  überdachten  Theil  des  Gebäudes  und  dem 
Hof.  Ihm  gegenüber  nach  Norden  ist  das  Thor  dschairim^  nach 
Art  des  beschriebenen ,  nur  dass  die  Säulengänge  in  die  Quere  15 
gewölbt  sind ;  zu  ihm  kommt  man  durch  einen  Aufstieg,  in  dem 
die  Astrologen  und  dergleichen  sitzen.  JDas  Thor  es-saät  (der 
Stunden!  in  der  östlichen  Ecke  des  überdachten  Theiles  hat  zwei 
unverzierte  Flügel  und  daran  sind  Säulengänge  :  in  ihm  sitzen 
die  Contractschreiber  und  dergleichen.  Das  vierte  ist  das  Thor  2u 
el-faräcUs,  aus  zwei  Flügeln  bestehend  ;  (159)  es  liegt  dem  Mih- 
räb  gegenüber  in  Säulengängen  zwischen  zwei  Propylaeen  [zijä- 
datcmi]  zur  Rechten  und  Linken.  An  ihm  ist  ein  Minaret,  das 
erneut  3'J)  ist,  ausgelegt  wie  beschrieben.  An  jedem  dieser  Thore 
ist  ein  Ablutionsort,  mit  Marmor  belegt,  mit  Cellen,  in  denen  25 
Wasser  quillt,  und  Springbrunnen  kommen  in  grossen  Marmor- 
schalen hervor.  Von  der  chadrä.  dem  Palast  des  Sultans,  führen 
plattirte  vergoldete  Thore  zu  der  Maksüra. 


3S;  Die  ürientirung  ist  sonderbar  verfehlt.  Es  liegt  an  der  "Westseite, 
wie  das  Thor  dschairtm  (bei  v.  Kremek  en-naufara\  an  der  üstseite.  Das 
Thor  es-saät  (bei  Ibn  Dschubair  und  Jäküt,  sowie  beiPOETER  ez-zijäda,  nach 
v.  Kremer  heute  es-surmajaUjJa)  ist  im  westlichen  Theil  der  Südseite  und 
das  Thor  el-far actis  (heute  el- amära  nach  v.  Kreiier  und  Porter,  es-stt- 
maisat'i  nach  v.  Kremer,  en-nätißjjln ,  der  Fruchtsaftverkäufer,  bei  Ibn 
Dschubair,  das  jedoch  Jäküt,  ungeachtet  auch  er  nur  vier  Thore  zählt,  von 
dem  Thor  al-farädis  unterscheidet;  nördlich  in  der  Mitte.  39    So  wohl 

zu  fassen,  da  das  an  dem  Nordthor  liegende  Minaret,  heute  el-  arüs ,  als  das 
älteste  gilt,  wenn  nicht  MukaddasI  eine  Verwechslung  mit  dem  südwestlichen 
begeht. 


152 

Ich  sagte  eines  Tages  zxi  meinem  Oheim :  Oheim.  Wahd  hat 
nicht  wohlg:ethan.  dass  er  das  Gut  der  Muslimen  für  die  Haupt- 
moschee in  Damask  ausgegeben  hat;  hätte  er  es  auf  Wege,  Cister- 
neu  oder  überhaupt:  Haunerke)  und  Herstellung  der  Festungen 
■»verwendet,  so  wäre  das  besser  und  verdienstlicher  gewesen.  Da 
sagte  er:  beachte  wohl^"],  mein  Sohn,  dass  er  von  Gott  unter- 
stützt und  ihm  eine  wichtige  Sache  enthüllt  gewesen  ist ;  er  sah 
nämlich ,  dass  Syrien  das  Land  der  Christen  war  und  dass  sie 
(hirin    schöne  Kirchen  hatten  ,   bewunderns-würdig  geschmückte 

1(1  und  weit  berühmte,  wie  dieKumäma  und  die  Kirchen  von  Lydda 
und  Edessa,  und  unternahm  für  die  Muslimen  eine  Moschee  zu 
bauen,  um  damit  ihre  Blicke  von  jenen  abzulenken  und  dieselbe 
zu  einem  ^y eltwunder  zu  machen.  Du  weisst,  dass  Abdalmalik. 
als  er  die  Grösse  der  Kupjiel  der  Kumäma  und  ihre  schöne  Form 

15  sah,  aus  Furcht,  dass  sie  auf  die  Muslimen  zu  grossen  Eindruck 
mache,  über  der  Sachra  (dem  Felsen)  eine  Kuppel  errichtete,  wie 
du  sie  siehst.  C:  In  der  Moschee  ist  eine  Stelle,  die  jedes  Jahr 
geöffnet  wird,  worauf  sich  die  ^Moschee  eine  Elle  hoch  mit  Was- 
ser füllt,  und  Mauern  und  Grund  abgewaschen  werden.    Dann 

•j()  wird  eine  andere  Stelle  geöffnet ,  durch  die  alles  Wasser  ab- 
tliesst.^  —  Ich  fand  in  einem  Buche  in  der  Bibliothek  des  'Adad 
ed-daula  :  die  beiden  Bräute  der  Welt  sind  Damask  und  Eai.  — 
Jahjä  ihn  aktam^')  hat  gesagt:  es  giebt  auf  Erden  keine  ange- 
nehmere Orte  als  die  drei :  die  Ebene  von  Samarkand,  die  Ghüta 

25  von  Damask  und  den  Fluss  von  Ubulla.  —  Dimaschk  hat  erbaut 
dimaschk  ihn  käni  ihn  mälek  ihn  arfachschad  ihn  säm  5  Jahr 
vor  der  Geburt  Abrahams.  'Asmai  meinte,  nein,  sondern  der 
Name  ist  al)geleitet  von  clamaschhTüici :  sie  haben  sie  eilig  gebaut. 
—  (U)0)  Man  sagt,  'Umar  ihn  Al'aziz  habe  die  Moschee  abbre- 

;jo  chen  und  zum  Besten  der  Muslimen  verwenden  wollen .  bis  man 
ihm  darüber  Vorstellungen  machte. 

Ich  las  in  einem  Buche :  er  verwandte  vielmehr  darauf  acht- 
zehn Maulthierladungen  Gold. ^2 

Satyrisch  hat  Jemand  über  die  Einwohner  gedichtet : 


lu    Zu  lesen  ist:  lä  tu(jhful.         41)  Angesehener  Jurist  zu  Mämüns  Zeit, 
gest.  242   S5TJ.  42,  Offenbar  eine  an  verkehrter  Stelle  in  den  Text  ge- 

rathene  Kandanmerkung  zur  Berichtigung  der  achtzehn  Schiffsladungen,  von 
denen  S.  150,  30  spricht. 


153 

0  der  du  nach  unserer  Religion  fragst,  nachdem  du  die  Haltung  ihrer  Pfaften 

gesehn 
Und  den  schönen  Wandel,  den  sie  äiiaserlich  zeigen  (ihr  Öffentliches  ist  nicht, 

wie  ihr  Geheimes;  : 
Keinen  Grund  zum  Ruhm  haben  sie  ausser  einer  Moschee ,   mit  der  sie  über    5 

alles  Mass  hinausgehen  (gross  thun), 
Kommt  ein  Nachbar  Feuer  zu  holen,  geben  sie  ihm  in  Ewigkeit  nicht  von 

ihrem  Feuer ; 
Löwen  gegen  ihre  Nachbarn,  während  ihre  Feinde  vor  ihnen  sicher  und  in 

ihren  Häusern  wohl  aufgenommen  sind.  1*^ 


■"o^ 


Er  hat  in  diesem  Vers  gelogen ,  weil  die  Feinde  sie  stets 
fürchten. 

BTmijZis^  Stadt  am  Rand  der  Inda  und  derGränze  des  Gebir- 
ges', wohlfeiler  und  reichlicher  versehen  als  Damask.  Dorthin 
siedelten  die  meisten  Bewohner  der  Gränzdistricte  über,  als  Tar-  15 
sus  genommen  ward  (354  =1062:,  und  mehrten  sich,  so  dass  sie 
täglich  wächst.  Sie  hat  einen  sehr  kalten  Fluss,  der  unterhalb 
des  Schneebergs  (Hermon)  entspringt  und  mitten  in  ihr  hervor- 
quillt; sie  ist  die  Vorrath  skammer  von  üamask  und  leistet  dessen 
Bewohnern  grossen  Dienst;  sie  liegt  zwischen  weiten  [C:  und  mit  20 
Dörfern  besetzten]  Landgebieten,  aber  das  Trinkwasser  ist 
schlecht.  —  Saidä  (34:  wo  man  abscheulich  spricht)  und  bairüt 
sind  zwei  feste  Städte  am  Gestade,  ebenso  tarähidus ,  nur  dass 
dies  ansehnlicher  ist  [C :  und  '^irka^  das  vom  Meer  entfernt  liegt] . 
—  Bei  labakk  ist  eine  alte  [C:  und  feste]  Stadt  mit  Saatfeldern  in- 2.5 
nerhalb  [C :  der  Burg]  und  Wunderbauten,  reich  an  Trauben. 
(34:  Die  EinAvohner  lieben  den  Trunk.)  Die  übrigen  dazu  gehö- 
rigen Städte  sind  in  gutem  Zustand  und  geräumig  ,0  :  und  liegen 
am  7ia/ir  el-makluh  (Orontes)].  —  \xi* haurZm  [C:  dschaidänT  und 
el-hatanijja  sind  die  Ländereien  und  Wohnstätten  Hiobs ;  die  ;^t) 
Hauptstadt  ist  naioä^  reich  an  Mehl-  und  Kornfrüchten.  —  Die 
hida  ist  reich  an  BaumAvolle  und  ^Reis  [so  C  ;  B  :  Blumen] ;  sie 
besteht  aus  Tiefebenen  und  Flüssen.  C:  Aus  el-dsclLauJan  wird 
Damask  zum  grössten  Theil  versorgt.]  —  Die  ghüfah  hat  eine 
Tagereise  in  Länge  und  Breite  und  übertrifft  alle  Beschreibung.  35 

(161)  Taharijja,  die  Hauptstadt  des  urdunn  und  des  Landes 
des  2cUdl  handan^  liegt  zwischen  dem  Berg  und  dem  See,  ist  eng, 
beklemmend  im  Sommer,  ungesund  ,  fast  eine  Parasange  lang 
ohne  Breite.    Der  Bazar  geht  von  Thor  zu  Thor,   die  Begräbniss- 


154 

platze  betiiuleii  sich  auf  dem  lierge.  Es  sind  darin  acht  warme 
liäder,  die  keine  Heizung  bedürfen ,  und  zahlreiche  Ablutions- 
becken  mit  hcissem  Wasser.  Die  liauptmoschee  auf  dem  Markt 
ist  gross,  schön,  der  Boden  mit  Kieseln  bedeckt  auf  Pfeilern  von 
ö  wohlgefugten  •")  Steinen.  Man  sagt  von  den  Tiberiensern;  zwei 
Monate  tanzen  sie.  zwei  Monate  schlingen  sie.  zwei  Monate  rap- 
pieren  sie ,  zwei  Monate  bleiben  sie  nackt .  zwei  Monate  spielen 
sie  auf  der  Flöte,  ZMci  Monate  tauchen  sie^^),  d.  h.  sie  springen 
wegen  der  vielen  Flöhe,   kauen  Nabak.  jagen  mit  Wedeln  die 

I  u  Wespen  von  Fleisch  und  Früchten .  bleiben  nackt  wegen  der 
Hitze,  kauen  ZuckeiTohr,  tauchen  in  Morast.  Am  untersten 
Theil  des  Sees,  aus  dem  sie  ihr  Trinkwasser  nehmen .  ist  eine 
grosse  Brücke  ^5)  ^  über  die  der  Weg  nach  Damask  iführt.  Rings 
um  den  See  sind  Dörfer  und  Palmen  und  Schiffe  gehen  darauf 

15  hin  und  her.  *Das  Wasser  der  Thermen  und  Bäder^ß]  erscheint 
Fremden  nicht  angenehm  |^fehlt  bei  C] .  Der  See  ist  voll  Fische 
[C:.  die  nach  auswärts  verführt  werden]  und  sein  Wasser  *leicht 
verdaulich  ■  Jäküt :  mittelmässig,  nicht  süss,  den  Fremden  nicht 
schmeckend" .  Der  ]^erg  überragt  die  Stadt  in  ziemlicher  Höhe. 
20  —  Kadas.  kleine  Stadt  an  einem  Bergabhang,  voll  guter  Dinge : 
ihr  Landgebiet  ist  [C  :  ansehnlich  vmd  heisst]  das  Gebirge  'ämih. 
Es  sind  dort  drei  Quellen,   die  zum  Trinken  dienen,    und  uuter- 

43;  Es  ist  zu  bezweifeln ,  dass  das  "Wort  die  eigentliche  Fugenränderung 
bezeichne ,  die  doch  nicht  gut  zu  Pfeilern  passt ;  es  scheint  im  Gegensatz  zu 
Monolithen  zu  stehn  und  nur  die  genaue  Aneinanderfügung  der  Steine  oder 
etwa  die  Verbindung  mit  Blei  oder  dgl.  zu  bedeuten.  44    Auf  diese 

Stelle  nimmt  "Wetzstein  bei  Delitzsch,  Tag  in  Capernaum  S.  144  f.  Bezug. 
Auch  ScHEFEE  zu  Nassiri  Khosrau  p.  55  übersetzt  sie ;  aber  seine  "Wieder- 
gabe des  zweiten  Punctes :  deux  mois  ä  se  dechirer  la  peau  ä  cause  des  punai- 
ses,  qui  les  devorent  beruht  auf  einer  unrichtigen  Lesart  Jäküt's.  45;  Nach 
C  viehnehr  ein  Damm.  Gemeint  ist  eine  der  beiden  Brückenruinen,  welche 
auf  der  Map  of  w.  P.  als  Umm  el-kunätir  und  Jisr  es-sidd  angegeben  sind. 
Ritter  X\  346.  46)   dawänüs   kann   in   diesem  Zusammenhang  nicht 

■Mühlen"  heissen,  wie  eine  Randnote  in  C  zu  S.  174,  IS  des  Textes  erklärt, 
zweifelhaft,  ob  überhaupt  richtig.  Die  im  Gloss.  angezogene  Stelle  bei  DOZY 
spricht  auch  nicht  von  Mühlen,  sondern  von  mmhs  defoin,  Heuhaufen  rich- 
tig im  Gloss.  zu  Idrisi,-.  Die  Bedeutung  des  "Worts' bleibt  auch  hier  »Bä- 
der«, wie  im  Chaldäischen  und  im  Syrischen  dijämusjä  bei  Smith  877,  wo  das 
nicht  verstandene  Wort  persisches  ähdastdän  oder  —  dar  ist,  und  dhnüsjün 
da.s.  S44.  Die  Stelle  ist  offenbar  verdorben;  ursprünglich  bezog  sich  die  Ge- 
Bchmacklosigkeit,  wie  noch  Jäküt  hat,  auf  das  "Wasser  des  Sees. 


155 

halb  der  Stadt  ein   einziges  Bad.  —  Die  Hanptmoschee  liegt  auf 
dem  Markt  und  in  ihr  steht  eine  Palme.    Es  ist  ein  heisser  Platz 
und  es  gehört  dazu  ein  See ,  eine  Parasange  davon,    der  sich  in 
den  von  Tiberias  ergiesst.    Den  Fluss  hat  man  (162)  mit  einem 
merkAvürdigen  Bauwerk  abgeschlossen,    um  einen  See  zu  bilden,    5 
an  dem  ein  Dickicht  von  Ijalfa-gras  ist,  von  dem  sie  ihren  Wohl- 
stand haben.  Die  meisten  Einwohner  flechten  daraus  Matten  und 
drehen  Stricke.     Im  See   sind  verschiedene  Arten  von  Fischen, 
namentlich  der  bimajj,  der  von  wäsii  dahin  verpflanzt  ist.  -^^j    Die 
Schutzverwandten    sind    zahlreich.    —   Das    Gebirg  'ätnila  hat  10 
schöne  Dörfer,   Trauben ,   Früchte ,    Ölbäume  und  Quellen ;   die 
Saaten  werden  vom  Regen  getränkt.    Es  überragt  das  Meer  und 
schliesst  sich  an  das  Libanongebirg  an.  —  AdriZU  ist  eine  der 
Wüste  nahe  Stadt,    deren  Landgebiet  das  Gebirge  von   dscha- 
rasch   bildet,    das    dem  Gebirg  '^ümila  gegenüberliegt  und  viele  lj> 
Dörfer  hat.  Tiberias  verdankt  seine  Ansehnlichkeit  diesen  beiden 
Gebirgen.  —  Baisän  hat  am  Flusse  viele  Palmen;  der  Reis  Palä- 
stinas und  des  iirdunn  kommt  daher,  es  ist  reich  an  Wasser,  aus- 
gedehnt,  aber  das  Wasser  schwer  verdaulich.    [C  :  Das  Wasser 
durchfliesst  die  Stadt,    die  Hauptmoschee  ist   auf  dem  Markt;  "iu 
dort  wohnen  Asketen.]  —  El-laddschün^  weite  angenehme  Stadt 
an  der  äussersten  Gränze  Palästina's  in  den  Bergen,  mit  fliessen- 
dem  Wasser.  —  Kabul^  Stadt  des  Küstengebiets,  die  Zuckerrohr- 
felder hat  und  wo  der  vortreffliche  Zucker  gesotten  wird  [C  :  in 
Syrien  giebt  es  keinen  bessern].  —  El-farädija^^),   grosses  Dorf  25 
mit  einer  Kathedrale,   wo  Trauben  und  Weinberge  sind  und  viel 
Wasser,    angenehmer  Ort.  — "AkhZi^   feste  Stadt   am  Meer   mit 
einer  grossen  Hauptmoschee,  in  welcher  letzteren  ein  Olivenhain 
ist,  der  für  ihre  Lampen  mehr  als  genügt.  Sie  hatte  diese  Festig- 
keit nicht  eher ,    als  bis  Ibn  Tülün  hinkam  ,   nachdem  er  Tyrus  30 
und  deren  Unzugänglichkeit  und  die  Ummauerung  ihres  Hafens 
gesehen;  danach  wollte  ^x^akkä  einen  gleichen  Hafen  (163)  ver- 
schaff'en.    Er  versammelte  die  Künstler  dieser  Gegend  und  gab 
ihnen  das  an;   aber  sie  sagten.   Niemand  sei  in  dieser  Zeit  ge- 
schickt im  AVasser  zu  bauen.     Da  wurde  ihm  mein  Grossvater  35 


47)  Gleiches  sagt  noch  Berggren  s.  v.  carpe.  46)  An  der  Strasse  von 
Damascus  nach  Akka,  SO.  vonSafad.  Ferrädieh  auf  der  Map  of  W.Pal.,  Far- 
radeh  bei  GuERiN  Sam.  II,  456,  Ferrädi  bei  Robinson  N.  F.  101.  104. 


15C 

Abiibikr  el-baunä  genannt :  wenn  einer  die  Kenntniss  dazu  habe. 
so  sei  er  es.  So  ^ichrieb  er  denn  an  seinen  Statthalter  in  Jerusa- 
lem, er  solle  ihn  schicken,  und  als  er  kam  \nu\  die  Sache  erfuhr. 
sagte  er :  dies  ist  eine  leichte  Sache,  schafft  mir  dicke  Syconio- 
ö renbohlen.  Diese  legte  er  auf  die  Oberfläche  des  Wassers  im 
Mass  eines  Landforts  in  Keihen .  fügte  sie  aneinander  und  Hess 
ein  o-rosses  Thor  nach  Westen  offen :  dann  baute  er  mit  Steinen 
und  Mörtel  darauf,  und  so  oft  er  fünf  Steinlagen  gebaut,  verband 
er  sie  mit  dicken  Pfählen^-'),  damit  der  Bau  fest -werde.  Die  Boh- 

lolen,  so  oft  sie  schwer  genug  waren,  versanken:  wenn  er  wusste. 
dass  sie  auf  dem  Sande  sassen,  Hess  er  sie  ein  ganzes  Jahr,  bis  sie 
Stätigkeit  gewonnen  hatten.  Dann  baute  er  von  neuem,  wo  er 
aufgehört  hatte  :  so  oft  der  Bau  die  frühere  Mauer  erreicht  hatte. 
Hess  er  ihn  in  sie  ein  und  fügte  beide  aneinander.     Zuletzt  legte 

15  er  über  das  Thor  eine  Brücke.  Die  Schiffe  fahren  jede  Nacht  in 
den  Hafen  und  eine  Kette  wird,  wie  zu  Tyrus,  vorgezogen.  Ibn 
Tülün  schenkte  ihm  tausend  Dinare  ausser  Ehrenkleidern,  Keit- 
thieren  und  dgl.  luid  sein  Name  steht  darauf  geschrieben.  Vor 
der  Zeit  konnte  der  Feind  auf  die  Schiffe  Jagd  machen.  —  EI- 

20  dschascJisch,  ein  einer  Stadt  gleichkommendes  Dorf  zwischen  vier 
Landgebieten  nicht  weit  vom  Meer  gelegen.  —  Snr,  feste  Stadt 
am  Meer,  doch  kommt  man  über  dasselbe  in  sie  nur  durch  ein  ein- 
ziges Thor  auf  einem  einzigen  Damm.  Das  Meer  umgiebt(161r)sie; 
die  innere  Hälfte  besteht  aus  drei  Mauern  ohne  Land    dem  um- 

25  mauerten  Hafen),  in  die  Nachts  die  Schiffe  einlaufen,  worauf  die 
Kette  vorgezogen  wird,  deren  Muhammad  ibn  el-hasan^"j  im 
I'uche  vom  Zwange  gedenkt.  Das  Trinkwasser  Mird  auf  einer 
;iuf  Ijogen  ruhenden  Wasserleitung  herbeigeführt.  Es  ist  eine 
ansehnliche,  schöne  Stadt,   in  der  Fabriken  sind  und  deren  Ein- 

3y  wohner  Unternehmungsgeist  ^i)  haben.  [C  :  Von  hier  kommt  der 
meiste  Zucker  Syriens;  sie  haben  viele  Zuckerfelder. j  Zwischen 
akkU  uTid  sür  ist  eine  Art  Meeresströmung,  und  desshalb  sagt 
man  »  akkü  liegt  mr  gegenüber,  nur  mit  einem  Umwege«,  näm- 
lich um  das  Meer. 

35  Er-ramla,  die  Hauptstadt  Palästinas,  ist  hübsch,    schön  ge- 


49;  Treffendere  Übersetzung   müsste   sich   nach   dem  Verständnis.?  der 
Sache  richten.  50,   S.  o.  Note  28.    Das  Capitel  vom  Zwange  bildet  eines 

in  den  juristischen  Compendien.  h\     Vgl.  Cuche  s.  v. 


157 

baut,  gesund,  hat  leicht  verdauliches  Wasser  und  reichliche 
Früchte,  vereinigt  den  Gegensatz  zwischen  ansehnlichen  Land- 
gebieten, prächtigen  Städten,  heiligen  Wallfahrtsorten  und  schö- 
nen Dörfern.  Der  Handel  darin  ist  nutzbringend  und  die  Le- 
bensbedürfnisse gut ,  im  Islam  giebt  es  keine  hübschere  als  ihre  o 
Hauptmoschee,  kein  besseres  und  wohlschmeckenderes  als  ihr 
Weizenbrot ,  keinen  gesegneteren  als  ihren  District,  keine  lieb- 
licheren als  ihre  Früchte.  Sie  liegt  zwischen  fruchtbaren  Land- 
gebieten, umgebenden  Städten  und  verdienstlichen  Wachtposten, 
hat  schöne  Chane,  angenehme  Bäder,  saubere  Speisen,  vielerlei  lo 
Würzen ,  geräumige  Wohnungen ,  schöne  Moscheen .  weite 
Strassen  und  umfassende  Vortheile.  Sie  ist  in  der  Ebene  ansre- 
legt  und  nahe  dem  Gebirg  und  Meer.  Sie  hat  sowohl  Feigen  als 
Palmen,  ihre  Saaten  wachsen  auf  Boden,  der  nicht  bewässert  zu 
werden  braucht,  und  sie  vereint  Gutes  und  Vorzüge,  nur  dass  sie  10 
im  Winter  eine  Insel  vor  Schlamm  und  im  Sommer  eine  Pulver- 
büchse vor  Sand  ist ,  ohne  fliessendes  Wasser,  ohne  Grün,  ohne 
guten  Thon,  ohne  Schnee ;  die  Flöhe  sind  zahlreich,  die  Brunnen 
tief  und  salzig,  das  Regenwasser  in  verschlossenen  Cisternen,  so 
dass  der  Arme  durstig  und  der  Fremde  in  Verlegenheit  ist :  im  20 
Bade  ist  Diwan  und  in  dem  Triebwerk  (165)  treiben  sich  Diener 
herum.  Sie  nimmt  den  Raum  einer  vollen  Quadratmeile  ein,  ihre 
Häuser  sind  aus  schönen  Hau-  und  gebrannten  Backsteinen. 
(36  Wenn  er-ramla  fliessendes  Wasser  hätte,  so  Hesse  sich 
nichts  dagegen  einwenden,  dass  es  die  bestbeschafFene  Stadt  im 2 5 
Islam  sei,  denn  sie  ist  elegant,  mild,  zwischen  einem  Jerusalem 
mad  Küstenfestungen  .  einem  Ghor  und  Meeren  gelegen ,  mit 
gleichmässiger  Luft  und  wohlschmeckenden  Früchten,  mit  treff- 
lichen Einwohnern ,  die  nur  leichtsinnig  sind,  Ausfuhr  ort  für 
Ägypten,  Stapelplatz  für  beide  Meere,  wohlfeil.)  Die  bekann- 30 
testen  ihrer  Thore  sind  das  des  Brunnens  el-askar  (27  el-  askar 
ist  ein  Quartier  in  (bei)  er-ramla).  das  der  Moschee  'annaha^'^), 
das  von  Jerusalem,  das  von  xxIaj  ^3  ,  dasvonLydda.  dasvonJäfä, 
das  von  Ägypten,  das  von  dcuhchwi.  Bei  ihr  liegt  eine  Stadt 
Namens  düdschUn  mit  einer  Hauptmoschee  [C  :  meist  von  Sama-  35 


52;  So  nach  de  Goeje's  Conjectur ,  wobei  an  das  östlich  am  Rand  des 
Gebirges  liegende  Dorf  dieses  Namens  zu  denken  ist;  doch  schreiben  die 
besten  Autoritäten  dies  'annäbeh.  53    Völlig  unsicherer  Name. 


15S 

ritaneru  bewohnt.  Die  IIa\iptmoschee  von  Ramla  inmitten  der 
Hazare  ist  hübscher  nnd  zierlicher  als  die  von  Damask.  sie  heisst 
die  Weisse;  ihr  Mihräb  ist  der  grösste  im  Islam  und  ihre  Kanzel 
die  schönste  nach  der  in  Jerusalem.  Sie  hat  ein  hübsches  Mina- 
5ret.  Erbaut  hat  sie  Hischäm  ihn  Abdalmalik.  Als  er  sie  bauen 
wollte,  wie  ich  von  meinem  Oheim  gehört,  erfiihr  er,  dass  die 
Christen  Marmorsäulen,  die  sie  zu  einer  Musterkirche  ^^)  bestimmt 
hätten,  unter  dem  Sand  verborgen  hielten,  und  erklärte  ihnen, 
entweder  möchten  sie  sie    zu  Tage  bringen  oder   er  werde  die 

U)  Kirche  von  Lydda  zerstören  und  diese  Moschee  auf  deren  Säulen 
erbauen.  Da  lieferten  sie  sie  aus  und  sie  sind  dick,  lang  iind 
schön.  Der  Boden  des  überdachten  Theiles  ist  mit  Marmor  ge- 
pflastert .  der  Hof  mit  wohlgefügten  Steinen ;  die  Thüren  des 
überdachten  Theiles  sind  von  ineinandergreifendem  ^^)  Cypressen- 

15 und  fa/umb-''Pimenj'H.o\z  geschnitzt,  sehr  schön. 

Bau  el-makdis  (30  auch  tlijä  und  el-halüt  genannt)  ,  die 
grösste  unter  den  Districtstädten  und  grösser  als  manche  Haupt- 
städte, wie  isfachr .  kä^in  (in  Kohistän)  nnd  J'ay'amä,  hat  weder 
starke  Kälte  äf>)  noch  Hitze  und  selten  fällt  in  ihr  Schnee.    (166) 

21)  Als  mich  der  Kadi  Abulkäsim,  Sohn  des  Kadi  der  beiden  hei- 
ligen Städte,  nach  ihrem  Klima  fragte  und  ich  antw-ortete:  »ge- 
mässigt, nicht  heiss  und  nicht  sehr  kalt«,  sagte  er  :  »so  ist  die  Be- 
schaffenheit des  Paradieses.«  Ihre  Bauten  sind  von  Stein:  schö- 
nere und  solidere  Bauart  sieht  man   nirgends.    Nirgends  finden 

2.5  sich  sittlichere  Einwohner ,  (7 :  weil  man  darin  nicht  Prellerei 
und  Unredlichkeit  im  Handel  sieht,  kein  offenbares  Trinken  imd 
keine  Trunkenheit,  weder  heimliche  noch  öffentliche  Lasterhäii- 
ser.  aber  religiöses  Leben  und  reinen  Glauben;  als  sie  hörten,  der 
Emir  tränke,    drangen  sie  in  seinen  Palast  und  jagten  die  in  sei- 

30  nem  Salon  Befindlichen  auseinander),  besseres  Leben,  sauberere 
Bazare,  eine  grössere  Moschee,  mehr  heilige  Stätten.  Ihre  Trau- 
ben sind  trefflich,  ihre  Quitten  haben  nicht  ihresgleichen.  In  ihr 
finden  sich  jeder  Art  Kundige   und  Arzte,   auf  sie  ist  der  Sinn 

54)  nach  der  Lesart  B.  häligh  =  dschajjid.  55)  So  scheint  das  Wort 

gefasst  werden  zu  müssen  ;  im  Gegensatz  zu  vollen  Flächen  aus  ganzen  Bret- 
tern sind  es  einzelne  ineinandergreifende  Stücke,  die  eine  Täfelung  oder 
Zeichnung  bilden.   De  Gof..te;  »mit  Basreliefs  verziert«.  56;  Der  grössere 

'l'heil  dieser  Beschreibung  ist  unter  demNamen  des  el-Basschärf  aus  Jäkütvon 
WCSTEXFELT)  übersetzt  ZDMG.  XMII  1864,  S.  462  f. 


159 

jedes  Verständigen  gerichtet   und   an   keinem  Tag  ist  sie  ohne 
Fremde.     Ich   war  eines  Tages   im  Salon   des   ausgezeichneten 
Kadi  Abu   Jahjä   ihn  Bahrüm   in  Hasra;    man   sprach   von  Alt- 
Kähira  und   fragte  mich,  welche  Stadt  wohl  ansehnlicher  sei. 
Ich    sagte:     Unsere    Stadt.      »Welche    angenehmer?«     Unsere.    :, 
»Welche  verdienstreicher fa    Unsere.    «Welche  schöner?«  Unsere. 
»Welche  hat  mehr  gute  Dinge?"    Unsere.      Welche  ist  grösser?« 
Unsere.  Da  verwunderten  sich  die  Anwesenden  und  sagten:  »Du 
1)ist  ein  verständiger  Mann  und  behauptest  doch ,   was  man  von 
dir  nicht  annehmen   kann;  du  gleichst  dem  Kameelführer  mitlo 
demHaddschädschu,  Da  antwortete  ich :  Wenn  ich  sage  »ansehn- 
licher«, so  ist  es,  weil  in  ihr  diese  und  jene  Welt  zusammenkom- 
men, denn  wer  von  den  Söhnen  dieser  Welt  ist  und  nach  jener 
strebt,   findet  dazu  den  Antrieb  in  ihr,  und  wer  zu  den  Söhnen 
jener  Welt  gehört  und  von  seiner  Begierde  doch  zu  den  Annehm-  1 5 
lichkeiten  dieser  gerufen  wird,  findet  sie  [C :  und  hat  nicht  nöthig 
zu  einer  andern  Stadt  zu  gehen,  iind  Avelche  Stadt  ist  ansehn- 
licher als  eine  solche?].    Und  was  die  Annehmlichkeit  ihres  Kli- 
mas betriff't,  so  ist  ihre  Kälte  nicht  giftig,  ihre  Hitze  nicht  schäd- 
lich. Und  was  die  Schönheit  betriff't,  so  giebt  es  keine  besser  ge-2() 
baute,  sauberere  und  mit  einer  anmuthigeren  ]Moschee  versehene. 
Und  Avas  die  Menge  guter  Dinge  betriff't ,   so  hat  Gott  darin  die 
Früchte  der  Tiefebenen,  der  Ebene  und  des  Gebirges  vereinigt  und 
entgegengesetzte  Dinge,  wie  Citronen,  Mandeln,  Datteln,  Nüsse, 
Feigen,  Bananen  [C  :  nebst  vieler  Milch,  Honig  und  Zucker.  Und  2.5 
was  das    geistliche)  Verdienst  betriff't ,   so  ist  sie  der  Schauplatz 
der  Auferstehung,    zu  ihr  kommt  die  Versammlung  (der  Aufer- 
standenen) ,  von  ihr  beginnt  das  neue  Leben.    Makka  und  Ma- 
dina dagegen  sind  durch  die  Ka'ba  und  den  Propheten  verdienst- 
reich und  eilen  (167)  am  Auferstehungstag  zu  ihr,    so  dass  sie 30 
alles  Verdienst  umfasst.    Und  was  die  Grösse  betriff't,  so  strömen 
alle  Creaturen  zu  ihr,   und  welches  Land  ist  also  Aveiter  als  sie  ? 
Da  billigten  sie  dies  und  fanden  sich  überzeugt.  —  Aber  Jerusa- 
lem hat  auch  eine  Anzahl  Fehler.    Man  sagt,   dass  in  der  Thora 
geschrieben  sei :   Jerusalem  ist  eine  goldene  Schüssel  voll  Scor-  b.i 
pionen.    Sodann  giebt  es  keine  unreinlicheren  und  unbequemer 
ausgestatteten  s")  als  ihre  Bäder.    In  ihr  sind  wenig  Gelehrte  und 

57)  Wüstenfeld  hat:  es  giebt  'nichts  beschwerlicheres,  als  die  Zufuhr 
Ztschr.  a.  Pal.-Ver.  VII.  ^  1 


IGO 

viele  Christen,  die  im  ööeiitliclien  Verkehr  unhöflich  sind.  Auf 
dem.  was  hx  den  f'iüiduk  ^Chanen ,  Handelsmagazinen  verkauft 
wird,  liegen  schwere  Abgaben,  Polizisten  stehen  an  den  Thoren. 
und  niemand  kann  etwas,  womit  man  sich  verproviantirt.  ohne 
5  Al)gaben  kaufen  trotz  des  geringen  Keichthums.  Der  Vergewal- 
tigte findet  keinen  Helfer,  der  Vornehme  ist  in  Sorgen  und  der 
K eiche  beneidet.  Der  Kechtsgelehrte  ist  verlassen,  der  Philolog 
wird  nicht  besucht;  keine  Forschungssitzung  wird  gehalten, 
kein  Lehramt  betrieben,  Christen  und  Juden  haben  die  Oberhand 

1"' und  die  Moscheen  bleiben  ohne  gottesdienstliche  und  gelehrte 
Versammlungen.  Sie  ist  kleiner  als  Makka.  grösser  als  Madina. 
Sie  hat  eine  Citadelle.  die  zum  Theil  auf  dem  Ikrgrand  gelegen, 
im  Übrigen  mit  einem  Graben  umgeben  ist ,  und  acht  eiserne 
Thore :   das  Zionsthor ,    das  Thor  ef-flh    der  Wüste^ ,    das  Thor 

\:iel-balüf  (des  Pflasters.'),  das  der  Jeremiascisterne,  das  von  sul- 
wün.  das  von  Jericho,  das  Säulenthor,  das  des  ^Milirab  Davids  ^^  . 
Wasser  ist  in  ihr  reiclihch :  man  sagt;  nichts  ist  in  Jerusalem 
beständiger  als  das  Wasser  und  der  Gebetsruf.  Selten  ist  ein 
Haus,  in  dem  nicht  eine  oder  mehrere  Cisternen    Avären.     Drei 

20  (168)  grosse  Teiche  sind  darin,  der  der  Söhne  Israel,  der  Salo- 
rao's  und  der  des  'Ijäd^'^);  au  ihnen  liegen  die  IJäder,  sie  haben 
Zuläufe  von  den  Strassen.  In  der  Moschee  sind  zwanzig  Brun- 
nen,  die  in  ein  Bassin  ausgehen ''ö^  ;  w^enige  Quartiere  giebt  es, 

dahin'.    Genauer :  schwerer  zu  vorproviantiren.     Aber  dies  widerspricht  dem 
Vorhergehenden,  daher  es  wohl  auf  die  Bäder  zu  beziehen  i.st. 

öS,  iJiese  AufziiWung  ist  in  das  Dschihän-numä  p.  .565  übergegangen, 
daher  man  sich  zu  hüten  hat,  sie  auf  dessen  Zeit ,  das  siebenzehnte  Jahrhun- 
dert,  zu  beziehen.  Die  beiden  letztgenannten  stehen  fest;  das  des  tiJi  ist 
wohl  nach  ToBLERS  Vermuthung,  Topogr.  I,  179  das  heutige  der  Maghäriba. 
Dann  kann  das  Zionsthor  nur  das  jetzige  sein,  was  seiner  Ansicht  S.  169  Avider- 
spricht.  Das  von  Jericho  kann  nur  das  sogen.  Stephansthor  sein;  das  der 
Jeremiascisterne,  das  er  S.  175  für  das  Stephansthor  erklärt,  ist  das  Herode.'.- 
thor  und  giebt  ein  von  ihm  II,  80  vermisstesZeugniss  über  den  Sagenort.  Da^ 
Sulwänthor  war  vielleicht  eines  der  an  der  Südseite  vermauerten  I,  161.  Das 
Halätthor  hält  ToBLEU  176  unten  ohne  Grund  für  das  Goldene.  59;  AVegen 
der  wunderl)aren  etymologischen  Sprünge,  welche  Hankbkkg  Bonner  Theol. 
Lit.  Bl.  1S69,  p.  421,  und  Nachfolger  ange.stellt  haben,  um  an  diesem  das 
,ivj>.£jrf,v.ov  zu  finden,  kann  erinnert  werden  ,  dass  er  von  dem  bekannten 
Feldherrn  'Ijäd  ihn  Ghannäm  oder  Ghanm  gest.  20  =  Chr.  641  benannt  ist. 
00;  DeGoejeIV,  185  verweist  auf  die  unterirdischen  Wasserbehälter  des 
ilaram.   Soci.v  Baed.'  182.  255  f. 


uy\ 

in  denen  sich  nicht  ein  Stiftungs-Brunnen  befände :  nur  erhal- 
ten diese  ihre  Speisung  von  den  Strassen.  Man  hat  auch  einen 
AVädi  (':  eine  Postsstation  von  der  Stadt]  beniitzt  und  z^vei 
Teiche  gemacht .  in  denen  sich  die  Zuflüsse  im  ^Vinter  sammehi 
und  von  denen  ein  Kanal  zur  Stadt  abgeleitet  ist.  der  zur  Fiüh-  5 
lingszeit  einläuft,  um  die  Cisternen  der  Ilauptmoschee  und  an- 
dere zu  füllen. 

Die  Moschee  el-aJisa  liegt  in  der  südöstlichen  Ecke  der  Stadt. 
Die  Fundamente  aus  schön  ausgehauenen ("),  sorgfältig  gelegten, 
ensr  aneinander  schliessenden  harten  Steinen  von  zehn  Ellen  und  1'^ 
•weniger  Länge  gebildet,  rühren  von  David  her.   auf  ihnen  baute 
Abdalraalik  mit  kleinen  schönen  Steinen  und  man  setzte  Zinnen 
darauf.      Sie   war  schöner  als  die  von  Damask ,  aber  unter  den 
Abbäsiden  kam  ein  Erdbeben  und  warf  den  überdachten  Theil 
mit  Ausnahme  der  Umgebung    des  Mihräb  um.     Als  dies  dem  15 
Chalifen  ^~]  gemeldet  ward ,    wurde  ihm  gesagt :  zur  Herstellung 
in  den  frühern  Zustand  reicht  dÄ  Schatz   der  Muslimen  nicht 
aus.     Da  schrieb  er  an   die  Emire  der  verschiedenen  Gegenden 
und  an  die  übrigen  Generale,   dass  jeder  von  ihnen  eine  Halle 
baue,  und  sie  bauten  die  Moschee  fester  und  massiver  als  sie  ge-2u 
wesen  war.  Der  stehen  gebliebene  Theil  sticht  gegen  das  Andere 
ab:   er  reicht  bis  zum  Ende  der  Marmorsäulen,  und  wo  die  mit 
Mörtel  gebauten  Pfeiler  sind,  ist  neue  Arbeit.  Der  bedeckte  Theil 
hat26Thüren,    von  denen  die  dem  Mihräb  gegenüberliegende, 
das  grosse  Erzthor  genannte,  mit  vergoldetem  Kupfer  plattirt  ist ;  25 
ihre  Flügel  kann  nur  ein  armkräftiger  Mann  öff'nen.     Zu  ihrer 
Rechten  sind  sieben  grosse  Thüren,  in  deren  Mitte  eine  mit  Plat- 
ten belegte  (169)  vergoldete  ist,   zur  Linken  sind  eben  so  viele 
und  gegen  Osten  elf  unverzierte  Thüren.  An  den  fünfzehn   erst- 
genannten) ist  eine  Halle  auf  Marmorsäulen ,    die  Abdallah  ihn  -m 
Tähir  (f  230  =  Chr.  844)  neu  erbaute,    an    dem  Hof  sind  zur 
RechtenArcaden  auf  Marmorsäulen  und  Pfeilern  und  an  der  hin- 

Oi;  manhüsch  heisst  erhaben  oder  vertieft  ausgestochen  selbst  von  rauh 
gemachten  Mühlsteinen,,  gemalt,  mit  Stuckaturen  versehn  Maltzax  Tunis I, 
4:5:,  Avas  zur  Sache  nicht  passt.  Desshalb  ist  hier  und  bei  den  Umfassungs- 
mauern des  Haram  von  Hebron  der  allgemeine  Ausdruck  gewählt;  vielleicht 
ist  die  Fugenränderung  gemeint ,  die  dem  Ganzen  ein  an  Sculptur  erinnern- 
des Aussehn  geben  mag.  H2  El-mahdi.  Die  andern  Araber  erzählen 
die  Umstände  anders. 

11* 


162 

teni  Seite  längliche  Hallen  von  Stein.  Vber  der  ^Nlitte  des  über- 
dachten Raumes  ist  ein  grosses  Spitzdach  hinter  einer  schönen 
Kiipiiel.  Die  Plafonds''^:  sind  alle  mit  Ausnahme  der  Hinter- 
>eite  mit  Hleiplatten  bekleidet  und  diellinterwand  ist  mit  grossen 
ö  Mosaikstücken  ausgelegt.  Der  ganze  Hof  ist  gepflastert,  in  der 
Mitte  ist  eine  Platform,  Avie  in  der  Moschee  von  Madina,  auf 
die  man  von  den  vier  Seiten  auf  geräumigen  Treppen  hinauf- 
steigt. Auf  der  Platform  sind  vier  Kuppeln,  die  der  Kette,  die 
der  Himmelfahrt,  die  des  Propheten,    alle  drei  niedlich,   mit  lilei 

logedeckt,  auf  Marmorsäulen  ohne  Mauern.  In  der  Mitte  ist  die 
Felsenkuppel  auf  einem  achtseitigen  Gebäude,  mit  vier  Thoren, 
von  denen  jedes  einer  Treppe  gegenüber  ist ,  dem  Südthor,  dem 
Thor  Isräfil,  dem  Posaunenthor  und  dem  Weiberthor ,  das  sich 
nach  Westen  öffnet,   alle  vergoldet  und  vor  jedem  eine  zierliche 

läThür  von  ineinander  greifendem  schönem  ^aww?lJ- (Pinien-)  holz, 
welche  die  Mutter  el-Muktadir's  machen  Hess.  An  jedem  Thor 
ist  eine  mit  Marmor  belegte 'Estrade  [Vorbau,  Vordach)  mit 
Pinienholzbau,  der  sich  an  die  Kupferung  von  aussen  an- 
schliesst  f?)^*).     An  den  Thoren  der  A'orbaue  sind  ebenfalls,  je- 

2i)doch  unverzierte,  Thüren.  Im  Innern  des  Gebäudes  sind  drei 
kreisförmige  Hallen  auf  gekneteten  "5)  Säulen,   ansehnlicher  xind 

63;  Der  Dachstuhl   nämlich   nach  oben  hin.  64)  Die  unverständ- 

lichen "Worte  sind  übersetzt  so  gut  es  ging,  von  der  Annahme  aus,  dass  sich 
zwei  Abstractformen  entsprechen.  Schefer  Nassiri  Khosrau  p.  89  be- 
zieht die  AVorte  auf  die  battants  des  portes  und  giebt  sie :  revetus  de  plaques 
de  cuivre,  was  aber  schon  das  alü  nicht  leidet,  ^tifrijja  ist  sonst  ein  Gefäss 
von  Kupfer  und  danach  auch  bei  Makrizi  Chitat  I,  418,  37.  419,  12.  25.  33. 
477,  19.  4S9,  6  v.  u.  der  birnförmige  Aufsatz  auf  der  Spitze  von  Prachtzelten, 
wie  man  ihn  z.  B.  auf  Abbildungen  des  mahmil  sieht,  von, Silber  oder  Cry- 
stall,  oft  »einen  Kameelschlauch  Wasser  fassend«  (bei  v.  Kuemek,  Sitzungs- 
ber.  d.  "Wiener  Akad.  CIII,  268  Zoitring  genannt,  womit  hier  nichts  anzu- 
fangen ist.  1)5  So  wörtlich ;  die  technische  Bedeutung  ist  unbekannt. 
De  Goeje  vermulhet;  mit  Kalk  bestrichen  und  polirt.  Aber  bei  Ibn  el-wardi 
p.  173  Koehl.,  82.  Hyl.  wird  als  Eigenthümlickeit  dieser  Art  von  Säulen  an- 
gegeben, dass  sie  im  Feuer  schmelzen.  Schefer  übersetzt  das  "Wort  a.  a.  O. 
p.  13,  ult.  (Ein  anderer  Stein  erscheint  wie  etwas  Geknetetes,  so  wie  andere 
Steine  mit  Eisen  zu  bearbeiten  sind)  S.  43  :  Une  autre  pierre  semble  etre  le 
produit  dune  composition  artiticielle  et  le  fer  ne  peut  pas  l'entamer  fehlt  im 
Druck  des  persischen  Textes  eine  Negation?]  und  glaubt,  damit  sei  Granit  ge- 
meint. Noch  heute  hegen  die  arabischen  Maurer  die  Yorstellurg  »gegos- 
sener« Säulen.  PRUTZ  Aus  Phönizitn  S.  331. 


163 

schöner  als  Marmor,  deren  Gleichen  nicht  ist.  anf  denen  niedrige 
Bogen  ruhen  (so  hier  riwäk,  vgl.  15S.  12  des  Textes).  Innerhalb 
ihrer  umgiebt  eine  andere,  nicht  achteckige  Halle  den  Felsen, 
anf  gekneteten  Säulen  mit  Rundbogen.  Auf  diesen  steht  eine 
sich  in  die  Luft  erhebende  (170)  Trommel,  an  der  grosse  Fenster  5 
sind.  Die  Kuppel  oberhalb  der  Trommel  ist  von  der  Hauptgrund- 
lage der  Fiatform  mit  der  Spitze  hundert  Ellen  hoch;  von  fern 
sieht  man  über  ihr  eine  schöne  Spitze  von  der  vollen  Länge  einer 
Klafter.  •'"  Die  Kuppel  ist  grösstentheils  mit  vergoldetem  Kupfer 
bekleidet.  Der  Boden  des  Gebäudes  und  seine  Mauern  mit  der  10 
Trommel  sind  von  innen  und  aussen  ganz  so  bedeckt,  wie  wir  es 
von  der  Moschee  zuDamask  erzählt  haben.  Die  Kuppel  hat  drei 
Täfelungen :  die  erste  aus  vergoldeten  Platten ,  die  zweite  aus 
Eisenbalken,  die  verschränkt  sind,  damit  sie  der  Wind  nicht 
beuge,  die  dritte  aus  Holz,  auf  der  die  Metallplatten  sind.  Zwi-15 
sehen  ihnen  ist  ein  Weg  bis  nahe  zur  Spitze,  auf  dem  die  Arbei- 
ter hinaufsteigen,  um  zu  revidiren  und  auszubessern.  Wenn  die 
Sonne  sich  erhebt,  strahlt  die  Kuppel  und  glänzt  die  Trommel- 
ein wunderbarer  Anblick  !  Kurz,  im  ganzen  Islam  habe  ich  nichts 
dieser  Kuppel  gleiches  gesehn  oder  von  einer  solchen  im  Osten  20 
gehört. 

Man  betritt  die  Moschee  an  dreizehn  Stellen  durch  zwanzig 
Thore.  das  Thor  huffa,  die  zwei  Thore  des  Propheten,  die  Thore 
des  Mihräb  der  Maria,  die  zwei  Thore  er-rdhma  (der  Barmherzig- 
keit), das  Thor  des  Teiches  der  Kinder  Israel ,  die  Thore  eZ-as- 25 
hat  'der  Stämme  ,  die  Thore  der  Häschimiden,  das  Thor  des  Wa- 
lid.  das  Thor  Abrahams,  das  Thor  der  Umm  Chälid,  das  Thor 
Davids.  ^"^^  —  In  ihr  sind  folgende  zerstreut  liegende  Heiligthü- 
mer  :  der  Mihräb  der  Maria,  der  des  Zacharias,  der  Jakobs,  der 
des  Chidr,  die  heilige  Stätte  des  Propheten,  die  Gabriels,  derOrt:ju 
der  Ameisen,  der  des  Lichtes,  der  der  Ka'ba.  der  des  m-Iit  der 
Höllcnbrücke) .  Gea^en  Norden  sind  keine  Hallen.  Der  über- 
dachte  Theil  schliesst  nicht  an  die  Ostmauer    des  Haram    an  ^''^  ; 


(jö;  S.  das  oben  ZDPV.  VI,  3,  Not.  4  zu  Istachrl  bemerkte.  67;  Rech- 
net man  für  den  Plural  immer  drei,  so  kommen  nur  neunzehn  heraus.  Im  cod. 
C  heisst  das  Thor  Davids  ein  Doppelthor ,  aber  er  fügt  das  Thor  es-sakina 
und  das  Thor  el-chadrä  hinzu.  68)  Bei  DE  VogCe  Temple  p.  TT,  sind 

diese  AVorte  (aus  Jäküt  IV,  598.  S.  dahin  missverstanden,  als  sei  das  Gebäude 


(Icsshalb  sa^:t  mau :  nicht  wird  es  je  eine  volle  Fronte  bilden 
den  vollen  Kaum  zwischen  der  West-  und  Ostmauer  einneh- 
men .  (ITI)  r>ii'-ir  Theil  wurde  aus  zwei  Ursachen  unbebaut 
ijela>sen.  einmal  we|L!;en  des  Ausspruches  Omars:  »Legt  im  west- 
5  liehen  Theil  dieser  Moschee  einen  Gebetsort  für  die  Muslimen 
an«,  so  dass  man  jenes  Stück,  um  ihm  nicht  zuwider  zu  handeln. 
frei  Hess,  und  ZAveitensj  weil,  wenn  sie  das  bedeckte  Stück  bis 
zur  Ecke  ausgedehnt  hätten ,  der  Fels  dem  Mihrilb  nicht  gerade 
gegenüberliegen  würde,    was  sie  vermeiden  wollten.     Aber  dies 

lu  bleibe  dahingestellt. 

Die  Länge  der  Moschee  beträgt  tausend  Ellen  nach  der  Kö- 
nigselle und  ihre  Breite  siebenhundert.  In  ihren  Plafonds  .sind 
4000  Holzstücke;  sie  hat  700  Marmorsäulen  und  auf  dem  Da'di 
45000  Bleiplatten.  Der  Fels  selbst  ist  33  Ellen  in  der  Länge,  27  in 

1')  der  Breite  gross  und  die  darunter  befindliche  Höhle  fasst  69  Per- 
sonen''";. Ihr  Deputat  ist  monatlich  100  Xextus  Öl  und  jährlich 
800.000  Ellen  Matten.  Ihre  Diener  sind  ihr  angehörige  Sclaven 
''Mamlukcn  ,  die  Abdalmalik  aus  dem  dem  Staat  anheimfallen- 
den' Fünftel  der  Gefangenen  anstellte  und  die  desshalb  die  (/'■//- 

20  w(7«  heissen ;  andere  Diener  hat  sie  nicht,  und  diese  bewachen 
sie  im  Turnus. 

Suhvän  ist  ein  Quartier  in  der  Vorstadt,  unterhalb  deren  eine 
Quelle  von  nicht  besonderem  Wasser  ist,  die  grosse  Gärten  tränkt, 
welche  derC'halifOtmän  zu  einer  Stiftung  für  die  Armen  der  Stadt 

25  machte.  Unterhalb  ist  der  Hiobsbrunnen.  ^lan  glaubt,  dass  das 
Wasser  des  zamzam  (in  Makka  in  der  arafZit-\\Vic\\\.  das  Wasser 
dieser  Quelle  besucht  [C  :  und  an  ihr  ist  in  dieser  Nacht  eine 
Festversammlung^ .  —  Das  wädi  dschahannam  liegt  längs  der  ganzen 
Moschee  j^egen  Osten.    Darin  sind  Gärten,  Weinberge,  Kirchen, 

•"J  Höhlen,  Thürme,    Gräber,    AVunderwerke  und  Saatfelder  und  in 

der  Mitte  eine  Kirche  über  dem  Grab  der  Maria.    Es  Avird  von 

Gräbern  überragt,    z.  B.  dem  des  Schaddäd  ihn  Aus  ihn  (172) 

Täbit   7  41  =  001  oder  5S  =  078,  und  des'Ubäda  ihn  es-säniit 

des  ersten  Kädi  von  Jerusalem .   y  34  =  654].   —  Der  Ölberg, 

35  dsrhabal  zaitZi,  ragt  im  Osten  des  Thaies  über  der  Moschee  hev- 


uach  ü.sten  hin  offen  gewesen.    Was  dann  weiter  folgt,    dass  es  eine  Anzahl 
Kuppeln  gehabt  habe,  steht  nicht  bei  Jäküt  und  scheint  falsch.  69)  Bei 

Jäkfit  iryi  und  ZDMfi.  XVITI.  \m  durch  Druckfehler  90o. 


165 

vor.  Auf  seinem  Gipfel  ist  eine  Moschee,  -wo  Omar  zur  Zeit  der 
Eroberung  abstieg,  und  eine  Kirche  an  dem  Ort,  avo  Jesus  auf- 
fuhr, ferner  ein  Ort,  der  es-mhira  heisst;  es  ist  von  Ibn  'Abbäs 
überliefert,  dass  dieser  der  IJoden  der  Auferstehung  sei;  er  ist 
weiss  und  auf  ihm  ist  kein  Hlut  vergossen  worden.'^*  —  Bait  lahm.  :> 
Dorf,  etwa  eine  Parasange  (C  :  zw^ei  Meilen^  entfernt  in  der 
Richtung  von  Hebron,  wo  Jesus  geboren  ward.  Dort  war  die 
l^alme"^) ;  zwar  reifen  die  Palmen  in  diesem  Revier  nicht,  aber 
es  war  ein  Wunder.  Dort  ist  eine  Kirche,  die  in  der  Provinz 
ihres  Gleichen  nicht  hat.  —  Hahrä'^)  ist  das  Dorf  (C  :  die  Stadt)  10 
Abrahams,  des  Freundes  Gottes;  darin  ist  eine  feste  Burg  von 
grossen ,  schön  ausgehauenen  Steinen ,  die  die  Genien  gebaut 
haben  sollen;  innerhalb  dieser  ist  eine  im  Islam  gebaute,  stei- 
nerne Kuppel  über  dem  Grab  Abrahams,  Avährend  das  Grab 
Isaaks  vorn  in  dem  überdachten  Theil  und  das  Jakobs  im  hintc-  15 
ren  Theil  ist  (C  :  und  über  diesem  eine  neugebaute  Kuppel) ; 
jedem  Propheten  gegenüber  liegt  seine  Frau.  Die  Ummauerung 
wurde  zur  Moschee  gemacht  und  um  sie  für  die  zu  geistlichen 
Zwecken  sich  dort  Aufhaltenden  Wohnungen  gebaut ,  die  sich 
unmittelbar  daran  anschliessen.  Sie  haben  eine  schwache  Was- -'J 
serleitung.  Bis  auf  etw-a  eine  halbe  Tagereise  weit  hat  dies  Dorf 
ringsum  *Dörfer,  Weinstöcke ,  Trauben  und  Apfel  (C :  gleich- 
sam einen  einzigen  Garten ,  lauter  Weinstöcke  und  Bäume) , 
genannt  das  Gebirge  s.asj'^),  es  giebt  nichts  gleiches  und  keine 
schöneren  als  seine  Früchte  ,  deren  grösster  Theil  nach  Ägypten  25 
verführt  und  getrocknet  wird.  [C:  zuweilen  kosten  die  schönsten 
Apfel  tausend  einen  Dirham ,  zuweilen  wiegt  der  einzelne  hun- 
dert Drachmen^  In  dem  Dorfe  ist  ein  stets  offenes  Hospiz  (173) 
mit  angestellten  Köchen ,  Bäckern  und  Dienern,  welche  jedem 
sich  einstellenden  Armen  Linsen  mit  Öl  vorsetzen ;  auch  wird  -i" 
dies  Wohlhabenden  gereicht,  wenn  sie  es  annehmen  AvoUen.  Die 
Meisten  glauben,   dass  dies  von  der  Gastfreundschaft  Abrahams 


"Ol  Aus  Sur.  T'J,  14.  Sähira  wird  als  ebenes,  weissea  Land  erklärt.  Vgl. 
z.  B.  'Ulaimi  412  oder  S.^uvaire  1'J4,  Ibn  al-vardi  ed.  Freund  p.  3  des  Textes 
oben,  wo  die  letzte  Phrase  vom  Blut  wiederkehrt.  71)  S.  zu  Istachri  oben 

VL  4,  Not.  G.  72    Diese  Stelle,   die 'Ulaimi  p.  41  oder  11  Sauv.vire  wie- 

derholt, ist  schon  aus  diesem  von  QiAXUEMi-.KE  Maml.  1 ,  2,  244  übersetzt. 
'  ■<)  Ganz  unsichere  Le-art ;  der  Name  ist  sonst  nicht  bekannt ;  schon  '  Ulaimi 
Hess  ihn  aus. 


160 

stammt :  es^  ist  aber  vou  iler  Stiftung  Tamim  ed-däri's  '^]  uiul 
Anderer.  Meiner  Meinung  nach  ist  es  das  Beste,  sich  dessen  zu 
enthalten.  [C ;  Der  gegenwärtig  regierende  Emir  von  Choräsän  hatte 
ihr  jiihrUch  tausend  üirham  auszahlen  lassen  und  der  Häuptling 
.".  \on  Ghardschistän  Quellgehiet  des Murghäb  von  Marw)  el-Mdil 
machte  ihr  eine  ansehnliche  Stiftung.  Ich  kenne  heutzutage  im 
Islam  keine  verdienstlichere  -wohlthätige  Gabe  als  diese .  weil  es 
eine  ansehnliche  Speisung  ist,  die  die  hungrigen  unter  den  Pilgern 
geniessen,   und  dadurch    die  Sitte  Abrahams    aufrecht    erhalten 

lowird.  weil  er  in  seinem  Leben  die  Gastfreundschaft  liebte,  und 
so  möge  ihn  Gott  nach  seinem  Tode  belohnen^ .  —  "Eine  Para- 
sange  von  hahrii  ist  ein  kleiner  Berg,  der  über  dem  See  von  su- 
(jhar  wwA  der  Stelle  der  Städte  Lots  emporragt,  mit  einer  Moschee, 
die  Abubikr  as-sabädschi  erbaut  hat.     In    ihr   ist  der  Ort,    wo 

1.1  Abraham  angcAvurzelt  stand,  indem  er  in  den  Hügel  beinah  eine 
Elle  tief  versank.  Man  erzählt:  als  Abraham  die  Städte  Lots  in 
der  Luft  sah,  blieb  er  dort  angewurzelt  stehn  und  sagte :  Ich  be- 
zeuge, dass  dies  ; Gottes  Verheissung;  die  gewisse  Wahrheit,  el- 
ha/i/i  el-jakin  ist  '^)   [C :  Die  Moschee  el-jah'm  ist  drei  Meilen  von 

'l(\huhri(.  —  Das  Grab  Josephs  ist  nahe  bei  dem  Grab  Abrahams]. 
—  Zum  Gebiet  von  el-kuds,  bis  40  Meilen  um  llijU.  gehören  die 
Hauptstadt  und  ihre  Städte,  und  12  Meilen  im  (todten?)  Meer 
und  sughar  iind  mdtih  und  fünf  Meilen  von  der  Wüste;  nach 
Süden  geht  es  bis  hinter  el-kusaifa:  nach  Norden  ist  die  Gränze 

2.3  von  nühulus. ''')  Dieses  Land  ist  gesegnet,  wie  es  im  Koran 
heisst'"^.  mit  bewaldeten  Bergen  und  Ebenen  voll  Saatfelder, 
ohne  künstliche  Bewässerung  und  ohne  Flüsse  ,  wie  die  beiden 
Männer  zu  Moses  sagten :  wir  haben  ein  Land  gefunden,  das  von 
Milch  und  Honig  trieft.    [C  :  Ich  sah  zu  Zeiten  den  Käse  zu  Je- 

:M)  rusalem  das  Ritl  vmi  einen  l^anek,  den  Zucker  das  Ritl  um  einen 
Dirham,  das  Ol  anderthalb  Eitl  und  liosineu  vier  Ritl  um  diesen 
Preis  verkaufen] . 

(1 74-)  Bait  üscJiibril  ist  eine  halb  zur  Ebene,   halb  zum  Ge- 

7-1  Eiu  Gefährte  Muhammeds,  ■;-  40,  dem  dieser  Hebron,  'ainüu  und  an- 
deres geschenkt  haben  soll,  worüber  die  Familie  später  eine  gröblich  unter- 
geschobene Urkunde  vorwies.  7.5  Jäküt  IV,  1UU4  und  der  Kämüs  schrei- 
ben jäkln.  Die  Moschee,  südöstlich  von  Hebron,  ist  nach.'  Ulaimi  352  =  Chr. 
'.•6.3  erbaut.  70  Das  Ganze  nicht  recht  verständlich.  77)  Gemeint 
'v<^  wnhl  Sur.  17,  1  oder  21,  71. 


167 

l)irg  gehörige  Stadt ,  dereu  Landgebiet  ecl-dürüni  ist ,  mit  Miir- 
morbrüchen.  Sie  ist  der  Yersorgungsplatz  der  Hauptstadt ,  der 
"NVaarenplatz  des  Districts,  ein  Ort  der  Producte  und  des  A^'ohl- 
standes,  mit  grossen  Gehöften,  nur  dass  sie  (an  Einwohnern) 
verloren  hat  und  viel  Verweichlichte  darin  sind.  —  G/tazza,  gross,  5 
an  der  Heerstrasse  nach  Ägypten  und  dem  Rand  der  Wüste, 
nahe  dem  Meer ;  dort  ist  eine  schöne  Hauptmoschee ;  dort  ^hin- 
terliess  Omar  sein  Andenken  [C  :  ward  Omar  reich,  vgl.  Ist.  oben 
\1.  4,  30  ,  wurde  Schäfi*^!  geboren  inid  Häschim  begraben.  — 
Mimäs,  feste  kleine  Stadt  am  Meer,  die  zu  ghazza  gehört.  —  ""  As-  10 
kaJUn,  ansehnliche,  an  Kasernen"'')  und  Früchten,  besonders 
Sycomoren  (44:  von  denen  zu  essen  jedem  freisteht)  reiche  Stadt 
am  Meer,  mit  einer  auf  dem  Tuchhändlermarkt  gelegenen,  mit 
Marmor  gepflasterten  Hauptmoschee .  prächtig,  ausgezeichnet, 
mit  gutem  Klima  versehen,  befestigt.  Ihre  Seide  ist  vorzüglich.  15 
ihr  Gutes  strömend ,  die  Lebensbedürfnisse  darin  köstlich,  die 
Hazare  schön,  die  Kasernen  hübsch,  nur  dass  ihr  Hafen  schlecht, 
ihr  Wasser  nicht  besonders  und  ihre  Zecken 'f')  lästig  sind.  — 
Jüfci  ist  eine  kleine  Stadt  am  Meer ,  aber  der  Waarenplatz  von 
Palästina  und  der  Hafen  von  er-ramla ;  an  ihr  liegt  ein  festes  20 
Castell  mit  eisenbeschlagenen  Thoren,  und  das  Meeresthor  ist 
ganz  von  Eisen.  Die  Hauptmoschee  steht  am  Meer  und  ist  ange- 
nehm. Ihr  Hafen  ist  gut.  —  ArsTifht  kleiner  aXsjafä.  befestigt, 
bevölkert.  Dort  ist  ein  schöner  Minbar  (Kanzel),  der  für  Ramla 
gebaut  war.  aber  zu  klein  gerieth  und  nach  arsiT/kam.  —  Was 25 
haisarijja  betrifft,  so  giebt  es  am  Mittelmeer  keine  ansehnlichere 
Stadt,  keine  an  guten  Dingen  reichere ;  sie  sprudelt  von  Comfort 
und  fliesst  über  von  guten  Dingen,  mit  gutem  Boden,  schönen 
Früchten  [C  :  vieler  Büff"elmilch,  weissem  Brotj.  An  ihr  ist  ein 
festes  Schloss  und  eine  bevölkerte  Vorstadt,  die  von  der  Mauer  ^o 
umschlossen  ist.  Das  Trinkwasser  kommt  aus  Brunnen  und  C'i- 
sternen:  es  ist  eine  schöne  Hauptmoschee  da.  —  Näbuhis.  im 
Gebirge,  reich  an  Ölbäumen,  man  nennt  es  das  kleine  Damask. 
gelegen  in  einem  Thal,  das  zwei  Berge  einengen.  Sein  Bazar 
reicht  von  Thor  zu  Thor,  ein  anderer  bis  zur  Hälfte  der  Stadt.  35 
und  die  Hauptmoschee  ist  in  der  Mitte.    Es  ist  gepflastert,  sau- 

78;  Oder  :  Klöstern,  nicht  »cereales«  oder  »campagnes«.  T9,  oder  : 

Ameisen,  vgl.  dailam  Hariri'  511,  21.  -^cS'i,  T  und  auch  Seetzen  I,  346. 


168 

her,  hat  tliessemles  Wasser,  Bauart  von  Stein  und  merkwürdige 
IJiider^"  .  -Hl  Die  Einwohner  sind  gewandt;.  —  Arthü  ist  die 
Stadt  der  Riesen  und  in  ihr  das  Thor,  von  dem  Gott  den  Israeli- 
ten sprach."'  Hier  wachsen  (ITo)  Indigo  und  Pahnen;  ihr 
■"•  Landgebiet  ist  das  Ghör  imd  die  Saaten  werden  von  Quellen 
getränkt.  Sie  ist  sehr  heiss.  Fundort  von  Schlangen  ( ' :  Theriak- 
schlan^en.  durch  deren  Fleisch  der  Theriak  von  Jerusalem  ^■^  so 
gut  wird  TUid  Scorpionen.  Die  Einwohner  sind  brami  und 
schwarz,  die  Flöhe  sind  zahlreich.  Doch  ist  das  Wasser  das  leicht 

10  verdaulichste  im  Islam.  Sie  hat  viel  Bananen,  Datteln  und 
^vohlriechende  Kräuter.  —  Amman .  am  Rand  der  Wüste  mit 
Dörfern  und  Saatfeldern.  Ihr  Landgebiet  ist  die  balkü.  die  Hei- 
math von  Kornfrüchten  und  Heerden ,  mit  zahlreichen  Flüssen 
und  Wassermühlen.   Sie  hat  eine  elegante  Moschee  zur  Seite  des 

15  Bazars.  deren  Hof  mit  Mosaik  geziert  ist.  Wir  haben  bereits  ge- 
sagt ^^j^  Jass  sie  Makka  ähnlich  ist.  Das  Schloss  des  Dschälüt  ist 
auf  einem  Berg,  der  sie  überragt;  in  ihr  ist  das  Grab  des  Uria, 
über  dem  eine  Moschee  ist.  und  das  Amphitheater  Salomo's.  Sie 
hat  billiges  Leben  und  viele  Früchte,    'doch  sind  die  Einwohner 

20  leichtsinnig.  Schwierige  Wege  führen  hin  ^C  :  sie  ist  der  Hafen 
der  Wüste  und  der  Ort.  avo  die  Araber  sich  versorgen". 

In  er-ralfim^  einem  Dorfe  eine  Parasange  von  ammün,  an  der 
Gränze  der  Wüste,  ist  eine  Höhle  mit  zwei  Thoren,  einem  klei- 
neren und  einem  grösseren  ;  man  glaubt ,  dass   wer  durch   das 

2.5  grosse  eintritt ,  nicht  durch  das  kleine  gehn  könne  und  daher 
einen  Führer  nehmen  muss.  In  der  Höhle  sind  drei  Gräber  und 
sie  ist  es ,  von  der  nach  einer  auf  Abdallah  ibn  Omar  zurück- 
jfehenden  Tradition  der  Prophet  erzählt  hat :  Drei  Reisende,  die 
der  Regen  überfiel ,   bogen  nach  einer  Höhle  im  l>erge  ab.    Ein 

30  Stein  fiel  vom  Berg  vor  die  Öffnung  der  Höhle  herab  und  sie 
fanden  sich  eingeschlossen.  Da  sagte  einer  von  ihnen  :  besinnt  euch 
auf  gute  Werke,  die  ihrGotte  gethan,  und  ruft  Gott  damit  an,  ob 
er  sie  vielleicht  spalte.  Einer  sagte:  o  mein  Gott,  ich  hatte  zwei 
alte  Viejahrte  Eltern  und  kleine  Knaben ,   für  die  ich  zu   sorgen 


so    Dasselbe  Wort,  wie  oben  Note  4G,    in  C  in  einem  Scholion  durch 
Mühlen  erklärt,  was  hier  anginge.  Sl;  Sur.  5,  2-5.  S2j   Eine  Fa- 

milie zu  Jerusalem,  die  davon  at-tirjäki  hiess,  erwähnt  al-Kaisarämi  '448— 
507,  Chr.  I <».-,(■.— in. •{   p.  2:5  DE  JoNG.  S3;  S.  71,  5  des  Textes. 


IGO 

hatte,  und  wenn  ich  Abends  zu  ihnen  /urückkehrte  und  molk, 
f^ab  ich  meinen  Eltern  vor  meinen  Kindern  zu  trinken.    Eines 
Tags  überfiel  mich  ein  Unwetter  ^*)  und  ich  kam  erst  Abends,  als 
ich  sie  schon  schlafen  fand.    (17())  Ich  molk  wie  sonst,  und  kam 
mit  dem  Milchgefäss  und  stellte  mich  ihnen  zu  Iläupten.    indem    ■") 
ich  mich  scheute,  sie  zu  wecken,  ebenso  aber  auch  mit  den  Kin- 
dern den  Anfang  zu  machen,    die   sich  (vor  Hunger'   wanden. 
Dies  dauerte,    bis  die  Morgenröthe  anbrach.    AV'enn  du  weisst. 
dass  ich  dies  gethan ,   um  deines  Angesichts  Aviirdig  zu  sein,   so 
öffne  mir  eine  Kitze,   durch  die  wir  den  Himmel  sehen  können,  lu 
Da   öffnete  Gott  eine  Kitze,   durch  die   sie  den  Himmel  sahen. 
Der  zweite  sagte:  ich  wollte  eine  Base,    die  ich  liebte,    wie  nur 
ein  Mann  lieben  kann,  besitzen,  die  aber  nicht  wollte,  bis  ich  ihr 
hundert  Drachmen  brächte  ;  ich  mühte  mich  ab  ,   bis  ich  sie  zu- 
sammen hatte  und  brachte  sie  ihr.    Im  letzten  Augenblick  sagte  15 
sie:  o Knecht  Gottes,  fürchte  Gott  und  brich  das  Siegel  nicht,  als 
nur   rechtmässig.    Da  Hess  ich  sie,  und  wenn  du  weisst,    dass 
ich  dies  gethan,   um  deines  Angesichtes  würdig  zu  sein,  so  öiFne 
uns  eine  Kitze.    Gott  öffnete  ihnen  hierauf  eine  Kitze.  Der  dritte 
sagte ;  ich  hatte  einenLohnarbeiter  um  eine  bestimmte  Portion  Keis  20 
gedungen.  Als  er  fertig  war,  forderte  er  das  ihm  Gebührende  und 
ich  bot  es  ihm,    aber  er  liess  es  da  und  Avollte  es  nicht;  ich  aber 
säete  den  Reis  fortwährend,  bis  ich  davon  eine  Kinderheerde  und 
ihren  Hirten  zusammengebracht.     Er  kam    zurück   und   sagte: 
fürchte  Gott ,   thue  mir  kein  Unrecht  und  gieb  mir,  was  mir  ge-  25 
bührt.    Da  sagte  ich  :  gehe  zu  diesen  Kindern  und  ihrem  Hirten 
und  nimm  sie.    Er  sagte:    fürchte  Gott  und  treibe  keinen  Spott 
mit  mir.  Ich  erwiderte  :  ich  spotte  deiner  nicht,  nimm  diese  Kin- 
der und  ihren  Hirten.   So  nahm  er  sie  und  ging  damit  weg.  Und 
wenn  du  weisst ,   dass  ich  dies  gethan ,    um   deines  Angesichtes  ;',u 
würdig  zu  sein,  so  spalte  das  Übrige.    Da  öffnete  Gott  ihnen. 

Diese  Provinz  hat  ansehnliche,  mit  Kathedralen  versehene,  die 
meisten  Städte  Arabiens  an  Pevölkerung  und  Ansehnlichkeit  über- 
treffende Dörfer,  die  Erwähnung  verdienen.  Aber  da  sie  weder 
kräftige ,  glänzende  Städte ,  noch  schwache,  unberühmte  Dörfer  ;{5 
sind,  jedoch  zAvischen  beiden  Rangstufen  stehen,  ist  nöthig  ihre 
Xamen  bekannt  zu  machen  und  ihre  Lage  anzugeben. 

84;  So  nach  Ta'labi  'Ära  is  Kah.  12S2,  p.  447,  statt  der  verderbten  Les- 
arten bei  Mukaddasi  und  Kazwini  I,  li>2,  II,  1U5. 


170 

Dazu  geliürt  hahl,  eine  Meile  von  liamla.  mit  einer  Haupt- 
moschee, in  welcher  sich  viele  Leute  aus  der  Hauptstadt  und  den 
umliegenden  Dörfern  versammeln.  Dort  ist  eine  -wunderbare 
Kirche,  an  deren  Thor  Jesus  den  Antichrist  tödten  wird.  —  Ka- 
hfiDSühü.  an  der  Heerstrasse  nach  Damask.  grosses  Dorf  mit  einer 
Hau])tmoschee.  —  Äkir .  an  der  Strasse  nach  Makka.  grosses 
Dorf  mit  grosser  Hauptmoschee.  Die  Einwohner  haben  Eifer  für 
das  Gute-^  ;  ihr  ürot  hat  nicht  seines  Gleichen.  — Juhnä.  mit 
hübscher  Hauptmoschee ,  wo  die  Damasceuische  vorzügliche 
10  Feige  wächst.  —  'Amcacäs  soll  in  alter  Zeit  die  Hauptstadt  ge- 
wesen sein:  die  Einwohner  rückten  zur  Ebene  und  zum  Meer 
wegen  der  Brunnen  vor.  weil  (177)  diese  am  Saum  des  Gebirges 
sind.  — Kaf ursall  am,  an  der  Heerstrasse,  grosses,  volkreiche.- 
Dorf,  zu  kaisZiriJJa  gehörig,  mit  Hauptmoschee. 

15  In  dieser  Provinz  sind  am  Meer  feste  "Wachtposten  [ribüt  . 

wo  das  Aufgebot  sich  einfindet  und  zu  denen  die  Kriegsschiffe 
inid  Galeeren  der  Byzantiner  mit  muslimischen  Gefangenen  zum 
Verkauf,  je  drei  um  hundert  Dinare,  hinsegeln.  In  jedem  Wacht- 
posten finden  diese  solche  Leute .   die  ihre  Sprache  kennen  und 

20  zu  ihnen  in  Botschaft  gehen ,   und  es  werden  ihnen  alle  Arten 
Speisen  gebracht.     Wenn  ihre  Schiffe  erscheinen.   Avird  Allarm 
geblasen ,  und  wenn  Nacht  ist ,  wird  das  Feuersignal  [manUra 
dieses  Postens  angezündet,  während  sie  bei  Tage  Rauch  machen. 
Von  jedem  Wachtposten  bis  zur  Hauptstadt  ist  eine  Anzahl  hoher 

2.5  Signalthürme.  in  denen  Leute  aufgestellt  sind.  Die  manära,  die 
zum  ribüt  gehört,  wird  angezündet,  dann  die  nächste,  dann  die 
folgende,  und  es  dauert  keine  Stunde,  so  wird  in  der  Hauptstadt 
Allarm  geblasen  und  auf  der  manZira  die  Trommel  geschlagen 
und  zu  diesem  ribät  hingerufen.    Die  Leute  ziehen  in  Wehr  und 

:{()  "N^  äffen  aus  und  die  junge  Mannschaft  der  Landgebiete  versam- 
melt sich;  dann  findet  die  Loskaufung  statt;  einer  kauft  einen, 
ein  anderer  handelt  einen  Dirham  oder  chätam  ^^>^  ab.  bis  er  kauft. 


SS;  Merkwürdig  genug  schildert  noch  heute  van  de  Velde  ,  Heise  II. 
107,  den  eigenthümlichen  religiö-.-moralischen  Eifer  an  diesem  Orte.  S6  Kann 
ohschon  nicht  aufgezählt  bei  SAUv.\niE ,  Journ.  As.  ISSo,  XV,  p.  440  hier 
doch  nur  Bezeichnung  einer  kleinen  Münze  sein  ,  wie  ein  ähnliches  "Wort  bei 
DZ  GoEJE  Gloss.  p.  222.  Möglicherweise  könnte  es  so  auch  aufgefasst  wer- 
den bei  'Llaimi  .'<7s.  letzte  Zpüe.  wo  aber  die  gewöhnliche  Bedeutuns:  eben  so 


171 

was  sie  mitgebracht  haben .  Die  Ribäte  dieser  Provinz,  in  denen 
die  Loskaufiing  stattfindet,  sind  ghazza^  nümäs,  asJailän^  mühnz 
(der  Hafen  von)  azdnd,  mZihnz  der  Hafen  von)  jubnci.  Jüfä, 
arsnf. 

(178)  Sughar  nennen  die  Einwohner  dieser  beiden  Frovin-   ■> 
zen  sakar.  Holle.  Ein Jernsalemer  schrieb  an  seine  Familie:  »aus 
der  tiefen  ml-ar^  Hölle,  zu  dem  hochgelegenen  Paradies«.    Denn 
es  ist  eine  Stadt,  tödtlich  für  die  Fremden,  mit  schlechtem  Was- 
ser; wem  der  Todesengel  zu  lange  ausbleibt,   reise   dahin;  ich 
kenne  im  Islam  nichts  ihr  in  dieser  Beziehung   Gleiches.    Ich  lo 
habe  pestilentialische  Gegenden  gesehen,  aber  keine   wie   diese. 
Ihre  Einwohner  sind  plumpe  Schwarze,    das  Wasser  ist  warm; 
sie  ist  [C:  im  Sommer]  wie  das  Höllenfeiier,  aber  sie  ist  ein  klei- 
nes Basra  und  ein  gewinnbringender  Markt.    Sie  liegt  am  umge- 
stürzten See  und  ist  der  Rest  der  Städte  Lots;  sie  kam  davon,  1.5 
weil  die  Einwohner  keine  Schandthat  begingen  und  die  Berge  ihr 
nahe  sind.  —  Maüb^  der  Wüste  nahe  auf  dem  Gebirg,  iiat  viele 
Dörfer ,    sowie  Mandeln  und  Trauben  ;  zu  ihren  Dörfern  gehört 
miita^   wo  die  Gräber   des  Dscha^far  attajjär  und  Abdallah  ibn 
Rawäha ''")  sind.  —  Adruh ,    eine  an  der  Gränze  zwischen  Hid-  20 
schäz  und  Syrien  liegende  Stadt,  wo  die  Burda  und  die  auf  Leder 
geschriebene  Urkunde  des  Propheten  bewahrt  Avird.  —  iVaila, 
eine  Stadt  an  der  Spitze  eines  Arms  des  Sinesischen  Meers ,  be- 
völkert, ansehnlich,   reich  an  Palmen  und  Fischen,   der  Hafen 
Palästina's  und  der  Waarenplatz  für  Hidschäz.    Das  Volk  nennt  2.5 
sie   aila ,    aila  aber  ist  verwüstet  in  ihrer  Nähe    C :  zum  Gebirg 
hin]  und  diese  ist  es,    von  der  der  Koran  7,  163  sagt:   »frage  sie 
nach  der  Stadt,  die  am  Meere  lag«.  —  3Iadjcm,  eigentlich  an  der 
Gränze  von  Hidschäz,   weil  die  ganze  Halbinsel  (179)  vom  Meer 
umgeben  ist  und  madjan  in  dieser  Provinz  liegt.    Dort  ist  der  30 
Stein,  den  Moses  emporhob,  als  er  die  Schafe  Schu'aib's  tränkte. 
Es  hat  reichliches  Wasser.    Die  Gewichte  und  Gebräuche  sind 


statthaft  ist.  Schefer's  (Nassiri  Khosrau  03)  Übersetzung:  les  uns  proce- 
dent  par  echange,  homme  pour  honime  ,  les  autres  achetent  argent  coniptant 
ou  par  Obligation  scellee  ist  wohl  nicht  mit  den  "Worten  und  der  Sachlage  zu 
vereinigen.  —  Von  einer  ähnlichen  Signalkette  zwischen  dem  afrikanischen 
Tripolis  und  Alexandrien    redet   Marrekoshi  2.5.3,    14.  ST;  Die  in  der 

Schlacht  gegen  die  Griechen  im  Jahr  S  fielen. 


172 


die  sATisclien.  —  Über  uaila  ist Meiiunigsveischiedenheit  zwischen 
Syrern,  llidschäzeuern  und  Ägyptern,  wie  über  \ibhadän\  am 
richtiijsten  ist  es,  es  zu  Syrien  zu  rechnen,  weil  die  Gebräuche 
und  Gewichte  die  syrischen  sind.  Es  ist  Hafen  von  Palästina : 
'» von  hier  fahren  ihre  ohne  Nägel  verbundenen  Fahrzeuge  aus. 
—  TahTik.  kleine  Stadt,  in  der  die  Moschee  des  Propheten  ist. 

Schlui?s  folgt., 


Heilbäder  und  Badelebeii  iu  Palästina. 

# 

Von  Dl.  H.  Declieut, 

Pfarrer  in  Frankfurt  am  Main. 


tber  die  Heilbäder  in  Palästina  finden  sieb  liei  älteren  nnd 
neneren  Schriftstellern  mancherlei  Notizen,  die  meines  Wissens 
noch  nie  zusammengestellt  wurden.  Diese  zerstreuten  Angaben 
zu  sammeln  und.  so  "weit  es  nöthig  ist,  zu  erörtern  unter  Heran- 
ziehung dessen,  was  über  andere  Bäder  des  Alterthums  bekannt 
geworden  ist ,  ist  die  Aufgabe .  die  ich  mir  in  dieser  Skizze  ge- 
stellt',. 

Wann  werden  p  a  1  ä  s  t  i  n  e  n  s  i  s  c  h  e  H  e  i  1  q  u  e  1 1  e  n  z  n  - 
erst  erAvähnt?  Schon  Gen.  36,  24  soll  von  Thermen  die  Eede 
sein.  Luther  übersetzt  hier:  «Ana  erfand  in  der  Wüste  Maul- 
pferde, da  er  seines  Vaters  Esel  hütete« :  doch  ist  wahrschein- 
lich vom  Auffinden  warmer  Quellen  die  Rede,  wie  denn  auch 
die  ^'ulgata  Z^'C';  in  diesem  Sinne  übersetzt"-  .  Es  entspricht  ganz 
der  Erzählungsweise  der  Genesis .  dass  die  Entdeckung  von 
Quellen  besonders  hervorcfehoben  wird  •'  .  Welche  Thermen  in 
diesem  Fall  gemeint  sind .  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  sa- 
gen ;  manche  denken  an  die  von  Kallirrhoe .  die  aber  nicht  in 
dem  Lande  Seir  liefen. 

1,  Manche  Belehrung  verdanke  ich  der  Balneologie  von  Lersch,  "Würz- 
burg 1S63.  -welche  nur  leider  gerade  über  Palästina  viel  Irriges  enthält. 

2  Die  alte  Auslegung  findet  freilich  noch  "\'ertheidiger.  Avie  eine  Bemer- 
kung des  lilattes  »der  Israelit«  beAveist  in  einem  Keferat  über  einen  von  mir 
über  die  Heilbäder  Palästinas  in  Frankfurt  gehaltenen  Vortrag  in  der  Nr. 
vom  10.  Nov.  5641  . 

■'•    Vgl.  16,  14;   -21.  19;   26.  19  u.  32;   auch  Josiia  15.  10. 


174 


Trotz  (lieser  ziemlich  sichern  frühzeitigen  Erwähnung  \on 
Tlienuen  a\  inl  doch  vielfach  angenommen ,  sie  seien  erst  nach 
dem  A'organg  der  Griechen  und  Kömer  in  Gehrauch  genommen 
worden'  .  Da  aber  der  berühmte  liippokrates  der  zahlreichen 
Heilquellen  in  Hellas  kaum  gedenkt  und  auch  andere  griechische 
Arzte  der  vorchristlichen  Zeit  auf  Mineralbäder  -sveniff  Gewicht 
legen  -  ,  so  lässt  sich  ebensowohl  vermuthen,  dass  die  Thermen 
zuerst  im  Orient  im  Dienste  der  Heilkiinst  verwendet  wurden. 
Wahrscheinlich  ist  dagegen,  dass  die  Quellen  Palästina's  erst 
kurz  vor  der  christlichen  Zeitrechnung  mit  Anla- 
gen versehen  und  dadurch  allgemeiner  Benutzung  zugäng- 
lich gemacht  wurden,  da  von  künstlicher  Fassung  nicht  vor 
dieser  Zeit  die  Rede  ist.  Und  diese  Anlagen  wurden  allerdings 
nach  griechischen  und  römischen  Mustern  gemacht. 

^  or  der  Schilderung  einzelner  Bäder  sind  zunächst  einige 
Stellen  aus  vorchristlichen  Schriften  zu  erwähnen,  die  zeigen, 
welche  eigenartige  Vermuthungen  in  alter  Zeit  an  die  Ent- 
stehung solcher  Wasser  sich  knüpften.  Im  Buch  der  Weisheit 
findet  sich  eine  Stelle  ;c.  10,  6 — 8),  an  die  sich  schon  Seetzex^ 
angesichts  der  in  einer  tiefen  Schlucht  dampfenden  Quellen  bei 
dem  Flusse  zcrkü  maln  am  Todten  Meere  erinnerte.  Es  heisst 
da :  «Die  himmlische  Weisheit  errettete  den  gerechten  Lot ,  da 
er  dem  Feuer  entfloh,  das  über  die  fünf  Städte  herabkam,  an  die 
zimi  Zeugniss  der  Bosheit  der  rauchende  wüste  Boden  mahnt«. 
Da  hier  von  rauchendem  Land  ;X£p3o;)  die  Rede  ist ,  lässt  sich 
nicht  an  die  nach  einigen  älteren  Reisenden  angeblich  aus  dem 
See  aufsteigenden  Dämpfe  denken,  sondern  nur  an  die  Umge- 
bung jener  Thermen,  von  denen  bei  Windesstille  Dampf  auf- 
steigt, welcher  das  ganze  Thal  erfüllt.  Der  Verfasser  der  Weis- 
heit bringt  also  die  Entstehung  der  Quellen  am  Todten  Meer  in 
Zusammenhang  mit  der  Katastrophe  von  Sodom  und  Gomorrha, 
was  ja  auch  insofern  richtig  sein  kann,  als  die  mancherlei  Phä- 
nomene der  Gegend  nicht  von  einander  unabhängig  sind. 

Eine  ganz  ähnliche  Stelle  findet  sich  in  einem  der  Zusätze 
/.um  H e n  o  c  h  b  u  c h  (c.  67).    Der  unbekannte  Verfasser ,   wahr- 

1)  Siehe  z.  B.  den  Artikel  »Baden«  in  Kiehm's  Lexikon. 

2;  Lersch,  S.  90  f. 

:i)  Seetzen,  lleisen  II,  338. 


175 

scheinlich  gegen  Ende  des  letzten  vorchristlichen  Jiihrhunderts 
lebend,  philosophiert  über  dieselben  Quellen,  bringt  aber  ihr 
Hervortreten  in  Verbindung  mit  dem  Fall  der  Engel  (Gen.  c.  6). 
Die  ganze  Gegend  vom  Gehennathal  ^) ,  dem  Strafort  der  gefalle- 
nen Geister,  bis  jenseits  des  Todten  Meeres  ruht  nach  seiner 
Meinung  auf  einem  Feuerpfuhl :  die  Thermen  aber  bilden  sich, 
indem  sich  mit  den  unterirdischen  Wassern  Schwefelgeruch  ver- 
liindet,  der  durch  das  Verbrennen  verschiedener  Metalle  entsteht. 
Es  entspricht  dies  ganz  der  im  Alterthum  überhaupt  verbreiteten, 
auch  von  Aristoteles  vertretenen  Ansicht,  dass  das  Wasser  so 
beschaffen  sei  wie  die  Erde,  durch  welche  es  fliesst^i.  Interes- 
sant ist  ferner,  Avas  über  die  Verwendung  jener  Wasser  gesagt 
wird,  sofern  hier  das  älteste  Zeugniss  für  die  Benutzung  palästi- 
nensischer Heilquellen  vorliegt:  »Diese  Wasser  werden  in  jenen 
Tagen  (zur  Zeit  des  Verf.  selbst)  für  die  Könige  und  die  Mäch- 
tigen, die  auf  der  Feste  wohnen ,  dienen  zur  Heilung  der  Seele 
und  des  Leibes  (des  psychischen  und  physischen  Lebens) ,  aber 
zur  Bestrafung  ihres  Geistes,  da  voll  von  Wollust  ihr  Geist  ist, 
damit  sie  gestraft  werden  an  ihrem  Leibe,  weil  sie  den  Herrn  der 
Geister  verleugnet  haben  und  ihr  Gericht  täglich  sehen  und 
doch  nicht  glauben  an  seinen  Namen  3)«.  Die  Meinung  ist,  dass 
die  Bäder  zwar  äusserlich  zur  Heilung  dienen,  aber  darum,  weil 
sie  an  die  Bestrafung  der  Engel  erinnern,  eine  ernste  Warnung 
den  Grossen  nahelegen  sollten,  welche  sie  benützten  und  das 
srleiche  Gericht  für  sich  erwarten  müssten.  Dies  wurde  vielleicht 
geschrieben  zu  der  Zeit,  als  Herodes  der  Grosse  mit  seiner  Fa- 
milie häufig  die  Bäder  von  Kallirrhoe  gebrauchte'*). 

Man  ersieht  aus  diesen  beiden  Stellen,  wie  sich  ehedem  gar 
eigenthümliche  Anschauungen  an  jene  Quellen  knüpften,  an 
welchen  heute  der  Sohn  der  Wüste  gedankenlos  vorüberzieht. 
Übriarens  hat  man  auch  sonst  im  Alterthum  viel  über  die  Ent- 

1)  Neubauer  (la  geographie  du  Talmud)  meint,   im  Talmud  werde  das 
Thal  des  Zerka  Gehennathal  genannt. 

2)  Vgl.  besonders  Plinius,  H.  N.  XXXI,  4  Tales  sunt  aquae .    qualis 
terra,  per  quam  fluunt) . 

3)  Ich  folge  hier  der  Übersetzung  und  Erklärung  von  Dillmaxx,   Das 
Buch  Henoch.    Leipzig  1S.33. 

4)  Keinenfalls  ist  hier  mit  HiLGENFELD  an  die  campanischen  Thermen 
zu  denken. 

Ztschr.  d.  Pal-.Ver.  VII.  12 


176  _ 

stehuns?  der  Thermen  gegrübelt,  ^vie  davon  z.  15.  Aristoteles 
sagt,  sie  hätten  alle  einen  heiligen  Ursprung,  weil  Schwefel  und 
iSlitzfeuer  darin  wäre.  Auch  die  Phantasie  mittelalterlicher 
Schriftsteller  hat  ^ich  noch  vielfach  mit  diesem  Gegenstande  be- 
schäftigt '  . 

Wenden  wir  uns  nun  zu  den  einzelnen  Heil  quellen. 
Unter  diesen  sind  drei  von  besonderer  Dedeutung .  nämlich  die 
liäder  von  Tiberias,  Gadara  und  Kallirrhoe ,  Melche  sämmtlich 
Thermen  sind  und  zu  den  Eigenthümlichkeiten  der  Jordanspalte 
gehören.  Am  berühmtesten  waren  einst  die  heissen  Wasser  von 
Tiberias .  von  welchen  der  babylonische  Talmud  sagt .  dass  sie 
noch  von  den  W^assern  der  Sintfluth  übrig  seien .  durch  deren 
Anschwellen  der  Erdboden  überdeckt  ward  2).  Dasselbe  wird 
auch  von  den  Bädern  von  Gadara  berichtet,  sowie  von  der  Quelle 
von  Biram,  welche  Neubauer  allzu  kühn  mit  Kallirrhoe  identi- 
ficiert  ^1 .  Es  lässt  sich  wenigstens  so  viel  daraus  schliessen.  dass 
diese  Quellen  bei  den  Juden  wohl  beachtet  wurden. 

Was  zunächst  Tiberias  betrifft,  so  hat  sich  an  die  Benen- 
nung der  Bäder  manche  Streitfrage  geknüpft.  Sie  werden 
nämlich  bald  Thermen  von  Tiberias  genannt,  bald  erscheinen  sie 
mit  einem  eigenen  Namen  (hehr.  Hamath.  griech.Aaixaouc.  heute 
Hammäm^y .  Es  erklärt  sich  dies  daraus/dass  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  schon  vor  Gründung  der  Stadt  eine  Ansiedlung  an  den 
Quellen  sich  befand  —  wenn  anders  man  das  Recht  hat,  das  Jo- 
sua  19,  35  genannte  Hamath  mit  dem  Thermenorte  zu  identifi- 
cieren  —  dass  der  Badeort  aber  allmählich  sich  mit  Tiberias  ver- 


Ij  Die  Stellen  aus  alten  Autoren  siehe  belLERSCn,  S.  16;  von  mittel- 
alterlichen vgl.  HoxORius,  Imago  mundi  c.  8;  Gervasiüs  ,  Otia  imperalia 
c.  XIII  und  besonders  LlGUUlNUs  I,  417  f. 

2  Sanhedr.  Babyl.  fol.  108,  1.  Zahlreiche  andere  Stellen  des  Talmud 
über  die  Thermen  von  Tiberias  finden  sich  zusammengestellt  in  der  Abhand- 
lung von  "NVicnM.vxNSHAUSEX ,  De  thermis  Tiberiens.  in  Ugolino  thes.  VII, 
Nr.  23,  woraus  viele  der  im  Folgenden  angeführten  Citate  entnommen  sind. 

3)  Neubauer  a.  a.  O.  p.  35,    Genaueres  darüber  später. 

4/  Merkwürdigerweise  nennen  die  Mu>;limen  ein  altes  theils  in  den  Felsen 
gehauenes,  theils  aufgebautes  Gemach  westlich  vom  Grabe  Davids  bei  Jerusalem, 
welches  zumlUiden  gedient  hatte,  I.iammüm  Tabarije  (Sepp,  Jerusalem  und  das 
heilige  Land  1,  174.  Tabarije  ist  aber  Tiberias.  Über  die  Entstehung  jenes 
Namens  ist  mir  nichts  bekannt,  vielleicht  liegt  eine  Beziehung  auf  den  Kaiser 
Tiberius  vor  Tiberiusthermen  . 


177 


schmolz.  Diese  Thatsache  wird  durch  den  Talirmd  ausdrücklich 
bezeugt  1).  Es  meinten  darum  Manche,  Quellen  von  Tiberias  inul 
Quellen  von  Ilamath  unterscheiden  zu  sollen,  allein  die  kleinen 
Quellen,  die  heute  in  einigen  Hänsern  der  Stadt  sich  befinden  2), 
haben  sicher  niemals  eine  liedeutung  gehabt.  Dagegen  hat  der 
Umstand,  dass  Josephus  bald  von  Thermen  in  Tiberias  (iv  Tißs- 
{>iaoO ,  bald  von  Thermen  nicht  weit  davon,  im  Dorfe  'Aix;x7.ou; 
redet,  neuerdings  Furrer  veranlasst  3) ,  ein  innerhalb  Tiberias  ge- 
legenes Ilamath  nnd  ein  40  Minuten  nördlich  gelegenes  Emmaus 
zu  unterscheiden ,  da  auch  im  Norden  der  Stadt  laue  Quellen 
sprudelten ,  die  im  vorigen  Jahrhundert  einen  höheren  Wärme- 
grad gehabt  hätten.  Die  Gründe ,  die  er  für  seine  Behauptung 
anführt,  sind  zweifelsohne  sehr  beachtenswerth.  Aber  obwohl 
auch  SociN  u.  x\.  ihm  beigepflichtet  haben,  so  scheint  mir  die 
traditionelle  Ansicht  richtiger.  Da  indessen  diese  Frage  mit  der 
äusserst  schwierigen  andern  Streitfrage  zusammenhängt,  ob  Tari- 
chaea  nördlich  von  Tiberias  lag,  wie  Furrer  ,  Socin,  Quandt, 
Wilson  und  Kitchener  behaupten,  oder  am  Südende  des  Sees, 
wie  PlikitjS  angiebt,  so  verzichte  ich  hier  auf  eine  eingehende 
Begründung  der  überlieferten  Ansicht,  indem  ich  mir  vorbehalte, 
an  anderem  Orte  darauf  zurückzukommen  und  besonders  die 
scliAvierigen  Stellen  bei  Josephus,  die  hierher  gehören,  zu  er- 
läutern '; . 

1)  Vgl.  LiGHTFOOT;  Horae  talm.  p.  224  u.  Neubauer,  p.208.  Die  Stelle 
findet  sich  (nach  Neubauerj  Hier.  Erubin  V,  5  und  lautet  nach  seiner  Über- 
setzung also  :  »Die  Einwohner  einer  grossen  Stadt  können  sich  am  Sabbath 
in  eine  kleine  Stadt  begeben.  Ehemals  hatten  die  Einwohner  von  Tiberias  das 
Kecht,  den  Sabbath  in  ganz  Hamath  spazieren  zu  gehen  ,  während  die  Ein- 
wohner dieses  Dorfes  nur  bis  zur  Seeküste  (cote;  gehen  durften.  Gegenwärtig 
aber  bilden  Hamath  und  Tiberias  eine  Stadt«.  Nach  Babyl.  MegillatI,  1 
betrug  die  Entfernung  nicht  ein  Milliare. 

2)  Vgl.  BURCKUARDT  in  der  Bibliothek  der  wichtigsten  Keisebeschrei- 
bungen  von  Gesenils  II,  571. 

3)  ZDPV.  1879,  S.  54  f. 

4)  Da  die  Berichte  des  Herrn  Prof.  W.  A.  Neumann  aus  Wien  und  des 
Herrn  Ad.  Frei  aus  Zürich  über  ihre  Untersuchungen  am  See  Tiberias  vor- 
aussichtlich unsere  Kenntnisse  gerade  auch  der  Umgegend  der  Stadt  Tiberias 
erweitern  werden ,  so  wird  es  gcrathen  sein ,  die  Ergebnisse  dieser  Reisen 
behufs  Bestätigung  oder  Berichtigung  des  eigenen  Urtheils  abzuwarten. 

Anm.  der  lled\ction. 
12* 


17S 

Doch  glaube  ich  wenigstens  in  kurzen  Worten  die  Gründe 
nnluhren  zu  soHeu .   ^velche  mich  abhalten ,   der  so  bestechenden 
FuKKER'schen  Ansicht   mich    anzuschliessen.     ]ki   keinem   der 
alten  Autoren  tindet  sich  eine  Andeutung,  dass  ausser  dem  Avelt- 
beriihmten  Bad  im  Süden  ein  zweites  bei  Tiberias  sich  befunden 
habe.   Der  Talmud  spricht  stets  nur  von  einem  Ilamath  bei  die- 
ser Stadt;   waren   aber  auch  im   Norden  heilkräftige   Thermen 
gewesen,   so  -würde  er  sich  mit  diesen  gewiss  gleichfalls  beschäf- 
tigt haben,  da  über  den  Gebrauch  der  anderen  die  subtilsten  Be- 
>timmungen  getroffen  wurden.     Dass  aber  die  Wasser  des  von 
JüSEPHUS  genannten  Emmaus  nicht  nur  warm   waren ,    sondern 
auch  Heilkräfte  besasseu,    sagt   er    ausdrücklich   (B.  J.  IV. 
l,  3).     Auch  dieser  Autor  kennt  wie  alle  Andern  offenbar  nur 
ein  Bad  bei  Tiberias,  wie  die  Stelle  Ant.  XVIII,  23  beweist,  wo 
er  bei  Erwähnung   der  Gründung  der  Stadt  sagt:    iispjxa  os   oux 
a-iobcv  £3r'.v  iv  -/.tuar,  •  'Aiitiaou:  ovoaa  ao-r,.    Warum   sollte  er  an 
dieser  Stelle,   wo   es   sich  um   die  Bedeutung  der  neuerbauten 
Stadt  handelte,   die  unbedeutenden  Wasser  40  Minuten  nördlich 
von  Tiberias  erwähnen  und  die  überall  bekannten  im  Süden  un- 
genannt  lassen?    Dazu    kommt    noch,    dass    südlich   gewaltige 
Mauerreste*  sich  erhalten  haben,    welche  von  dem  von  Josephus 
erwähnten  Eömerlager  bei  Emmaus  herrühren  mögen  ,   während 
im  Norden  solche  Ruinen  fehlen .    De  Saulcy  (Journal  des  Sa- 
vants,   Aoüt  1879.  p.  495)  hebt   sogar  hervor,    dass   noch  zwei 
Parallelgräben  erkennbar  seien,  wie  er  1851  constatirt  habe.     So 
möchte  ich   meinerseits  die  Identität  von  Emmaus  und  Hamatha 
festhalten,  wie  denn  auch  an  der  Identität  des  Hamath  bei  Ga- 
dara  mit  dem 'Euiiaila  des  Eusewus  und  dem  heutigen  cl-Iuwnnü 
^s.  u.'  niemand  ZAveifelt.    W^enn  aber  Josepiiüs  die  Thermen  zu- 
weilen als  Quellen  von  Tiberias  benennt,  so  hat  er  damit  nur  die 
Zugehörigkeit  z\im  Stadtgebiet  andeuten  wollen .   da  er  Zugehö- 
rigkeit zur  eigentlichen  Stadt  nicht  wohl  in  jener  Zeit  behaup- 
ten konnte,  wenn  anders  die  Angaben  des  Talmud  über  die  ur- 
sprüngliche Nennung  von  Hamath  und  Tiberias  irgendwie  glaub- 
würdig sind.    Denn  in  der  kurzen  Frist  von  50  Jahren.  Avelche 
damals  seit  Gründung  der  Stadt  verflossen  waren,    wird  die  Ver- 
schmelzung beider  Orte  noch  nicht  erfolgt  gewesen  sein. 

Nach  diesem  topographischen  Excurse  wenden  wir  uns  zu- 
nächst zur  Schilderung  der  heutigen  Beschaffenheit  der 


17<) 


Thermo  11,  aus  der  sich  aiicli  auf  die  Eigenschaften  dersellieii 
in  alter  Zeit  ein  iSchluss  ziehen  lässt,  mögen  gleich  die  Wärme- 
grade vielfach  variirt  haben.  Nach  neueren  Untersuchungen ' 
haben  die  Thermen  gegenwärtig  die  hohe  Temperatur  von  -IS'^R. 
und  enthalten  Schwefel ,  Salz  und  andere  l^estandthcile ;  der 
Geruch  ist  schAveflig,  der  Geschmack  salzig -bitter.  Heilsam 
erweisen  sie  sich  besonders  bei  Rheumatismus,  Scorbut  und  Le- 
pra. Das  Wasser  wird  auch  getrunken  ;  es  hat  die  Wirkung  der 
Karlsbader  Quellen,  mit  welcheu  die  Thermen  von  Emmaus  sich 
überhaupt  ara  besten  vergleichen  lassen.  Dabei  soll  das  Monate 
lang  herrschende  Treibhausklima  2)  für  Kheumatismusleidende 
sich  günstig  erweisen,  während  es  allerdings  auch  leicht  Fieber 
hervorruft. 

Wann  hat  nun  dieses  l^ad  grössere  Bedeutung 
erlangt?  Vermnthlich  hat  erst  die  Gründung  von  Tiberias  (20 
n.  Chr.)  den  Anlass  zu  einer  Benutzung  der  Quellen  in  grossem 
Style  gegeben.  Die  Nähe  der  heilkräftigen  Thermen  war  wohl 
auch  eine  der  Ursachen ,  welche  Herodes  Antipas  veranlassten, 
gerade  an  dieser  Stelle  seine  Residenz  zu  erbauen;  jedenfalls 
musste  der  grosse  theils  erzwungene .  theils  freiwillige  Zufluss 
von  allerlei  Volk  nach  dem  »galiläischen  Versailles«  für  das  Had 
epochemachend  werden.  Die  neue  Stadt  wurde  mit  grosser 
Pracht  ausgestattet  und  erhielt  ihre  Hauptzierde  in  einem  völlig 
heidnisch  ausgeschmückten  Palaste ,  dem  goldnen  Haus ;  aber 
auch  in  dem  nahen  Hamath  wurden  damals  Bauten  nach  rö- 
mischem Muster  errichtet.  Nicht  lange  allerdings  blieb  Tiberias 
Residenz;  Agrippa  1.  wohnte  noch  da,  Agrippa  H.  aber  bevor- 
zugte Sepphoris.  Doch  zeugen  heute  noch  bedeutende  Ruinen 
aus  Syenit  und  Granit,  unter  denen  noch  eine  einzige  Säule  sich 
aufrecht  erhalten  hat,    von   der  verblichenen  Herrlichkeit.    Es 


1)  Nach  CoNDER  beträgt  die  Temperatur  von  drei  Quellen  132,  143  und 
144°  F.  Mit  geologischen  Untersuchungen  beschäftigte  ^ich  Lieutenant 
liYXCH,  der  Anführer  der  United  States  Expedition  to  explore  the  dead  sea 
and  the  river  Jordan ;  vgl.  den  Official  report,  Baltimore  1S52,  p.  135. 

2)  Dr.  B.  Neumann  ,  Die  heilige  Stadt  und  deren  Bewohner  in  ihren 
naturhistorischen,  culturhistorischen,  socialen  und  medicinischen  Verhält- 
nissen, Hamburg  1S79,  berichtet  S.  42,  dass  die  Hitze  in  Jer  Luft  mitunter 
über  40°  R.  steige.  Derselbe  spricht  sich  S.  44  nach  eigener  Erfahrung  sehr 
günstig  über  die  Wirkungen  der  Bäder  aus. 


ISO 

■waren  hier  Laiulhüuser  zAvischen  Stadt  und  IJad  von  Vornehmen 
errichtet,  ähnlich  \vie  bei  den  heissen  Bädern  von  Hajä  am  Golf 
von  Neapel.  Das  liadeleben  wird  überhaupt  unter  den  Herodia- 
neni  völlig  römisches  Gepräge  getragen  haben. 

Die  ersten  Zeugnisse  über  den  Gebrauch  der  Thermen  fallen 
in  die  Zeit  des  jüdischen  Krieges.  Schon  war  ein  römischer 
Schriftsteller  auf  dieselben  aufmerksam  gemacht  worden,  der 
ältere  Plinus.  welcher  schreibt '  :  »Tiberias  aquis  calidis  salu- 
brisv<.  Mehrfach  erwähnt  die  Bäder  Josephus,  der  unter  anderem 
eine  Episode  aus  seinem  eigenen  Leben  berichtet,  bei  der  sie 
eine  Rolle  spielen ^i .  Der  fanatische  und  verwegene  Freischaa- 
renführer  Johannes  von  Gischala  trachtete  ihm,  dem  mehr  aristo- 
kratisch gesinnten  und  durch  mancherlei  halbe  Massregeln  ver- 
dächtigen Statthalter  von  Galiläa  ,  nach  dem  Leben.  Um  nun 
ungehindert  nach  Tiberias  zu  gelangen,  heuchelte  er  eine  Krank- 
heit und  bat  Josephus  brieflich ,  ihm  die  Benutzung  der  Ther- 
men zu  gestatten.  Kaum  aber  angekommen,  warf  er  die  Maske 
ab  und  reizte  den  Pöbel  zur  Empörung,  so  dass  der  rasch  herbei- 
eilende Statthalter  ermordet  worden  wäre ,  hätte  er  sich  nicht 
rasch  auf  die  Mitte  des  Sees  geflüchtet.  Nach  dieser  Erzählung 
muss  der  Besuch  des  Heilbades  damals  bereits  etwas  allgemein 
Übliches  gewesen  sein,  da  Josephus  in  der  Kitte  des  Gischaleners 
mehts  Auffälliges  gefunden  hat.  Bald  darnach  wurde  das  mehr- 
fach erwähnte  Lager  bei  dem  l^adeorte  aufgeschlagen,  und  die 
Gräuel  des  Krieges  wütheten  an  der  ehemals  so  friedlichen 
Stelle. 

Viel  ausführlicher  sind  die  Nachrichten  aus  der  auf  die  Zer- 
störung Jerusalems  folgenden  Zeit.  Bis  zum  Jahre  100  waren 
Stadt  und  Bad  noch  in  der  Hand  von  Agrippa  IL  ,  der  sie  nur 
vorübergehend  verloren  hatte ;  dann  aber  standen  sie  Jahrhun- 
derte lang  unter  römischer  Herrschaft.  Unter  Trajan  wurde  eine 
Münze  mit  dem  Bilde  der  Ilygiea  geschlagen.  Möglicherweise 
verehrte  die  zahlreiche  heidnische  l^evölkerung  die  Lochte-  Äs- 
culaps,  wie  dies  an  vielen  Heilquellen  in  Griechenland  und  Rom 

Ij  Plin.V,  15.  Unrichtig  ist  die  Bemerkung  von  Neubauer  'p.  33],  dass 
Pli.nius,  wie  Josephus,  die  Thermahvasser  unter  dem  Namen  von  Enimaus 
kenne. 

2    Bell,  jud,  II.  2 K  6  und  Vita  c.  16. 


ISJ 

der  Fall  war ')  ;  ■wahrscheinlich  handelte  es  sich  um  eine  sym- 
bolische Darstellung-.  Jedenfalls  hat  ein  solcher  Cultus  nicht 
lange  bestanden ;  denn  Tiberias  wurde  bald  eine  so  ausschliess- 
lich jüdische  Stadt,  dass  lange  Zeit  Heiden,  Saraaritaner  und 
('bristen  nicht  einmal  daselbst  sich  niederlassen  durften  —  trotz 
der  heidnischen  Götter  Jupiter,  Hercules,  Astarte),  welche  nach 
Avie  vor  die  Münzen  der  Stadt  neben  den  Bildern  der  Cäsaren 
schmückten.  Unter  Hadrian  wurde  der  Bau  eines  mächtigen 
Tempels,  des  Hadrianeums,  begonnen,  der  nach  Sepp  II,  152) 
an  der  Stelle  der  Bäder  gestanden  haben  soll,  \yenn  dies  auch 
bei  Epiphanius  (XXX,  12)  nicht  gerade  gesagt  ist,  so  ist  es 
allerdings  nicht  unwahrscheinlich ,  da  man  im  vierten  Jahrhun- 
dert den  Bau  in  ein  öif entliches  Bad  ver-svandeln  wollte,  was  je- 
doch durch  den  eifrigen  Convertiten  Josephus,  der  eine  Kirche 
daraus  machte,  verhindert  ward. 

Allmählich  erfolgte  jene  merkwürdige  Umwandlung  der 
Physiognomie  von  Tiberias.  Die  Stadt,  welche  einst  die  Eesi- 
denz  sittenloser  und  gottloser  Fürsten  gCAvesen  war,  in  der  Thea- 
ter sich  befanden  und  Gladiatorenspiele  gefeiert  wurden,  wird 
nun  zum  Sitze  rabbinischer  Gelehrsamkeit;  die  anfangs  wegen 
ihres  Ursprungs  für  unrein  gehaltene  und  von  strengen  Juden 
gemiedene  Stadt  erhielt  allmählich  dreizehn  Synagogen  und  ein 
so  hohes  Ansehen,  dass  sie  heute  noch  bei  den  Israeliten  neben 
Jerusalem,  Hebron  und  Safed  als  heilige  Stadt  gilt.  Diese  Ver- 
wandlung steht  übrigens  wdeder  mit  der  Geschichte  der  Thermen 
in  Verbindung.  Tiberias  hatte  als  unrein  gegolten,  weil  ehedem 
an  der  Stelle  ein  Todtenfeld  gewesen  war  (die  Stadt  soll  an  der 
Stätte  von  Rakat  Josua  19,  35  erbaut  worden  sein).  Als  aber 
Rabbi  Simon  ben  Jochai,  nachdem  er  16  Jahre  in  einer  Höhle 
zugebracht  hatte,  von  einer  Krankheit,  die  er  sich  dadurch  zuge- 
zogen, in  den  Thermen  frei  ward,  vollzog  er  aus  Dankbarkeit  die 
Lustration  der  Stadt .  nicht  ohne  Widerspruch ,  der  aber  nach 
einem  Gottesgericht  an  einem  Spötter  verstummte.  Nun  wurden 
die  Mischna  und  die  Gemara  in  Tiberias  gesammelt ,  und  selbst 
auf  die  Badevorstadt  fiel  ein  Theil  des  Glorienscheines,  der  Ti- 
berias umstrahlte,    indem  der  hochgefeierte  Rabbi  Meir  in  der 


1)  Beispiele  bei  Lersch  ,  S.  28    Aegium ,   Liguri ,    Godesberg.    Prusa 

u.  s.  f.). 


182 

durti»'eu  Svuaifoge  lehrte  i).  In  dieser  Zeit  haben  die  berühm- 
testen Geset/lehrer  die  lleihiuelleu  gebraucht  —  so  badete  Kabbi 
Josua  ben  Levi  auf  den  .Schultern  eines  andern  Rabbi-,  —  mehr 
noch,  sie  übten  sogar  die  Aufsicht  über  den  Gebrauch  der  Bäder, 
so  dass  das  ganze  Badeleben  nun  jüdisches  Gepräge  annahm 
und  den  schneidendsten  Gegensatz  gegen  das  Badeleben  zur  Zeit 
der  llerodianer  bildete.  Dabei  erhoben  sich  mancherlei  JStreit- 
fnigen.  Die  Entscheidung  über  den  gegenseitigen  Besuch  der 
Bewohner  von  Tiberias  und  Hamath  am  Sabbat  -wurde  bereits 
erwähnt.  Besonders  aber  beschäftigte  man  sich  mit  der  Frage, 
ob  das  Wasser  der  Thermen  dem  auf  Feuer  erwärmten  gleichzu- 
achten  sei,  da  in  diesem  Falle  jeder  Genuss  desselben  am  Sab- 
bath  verboten  gewesen  wäre.  Darüber  äussert  sich  noch  im  12. 
Jahrhundert  der  bekannte  Maimoxides  im  Anschluss  an  die  Aus- 
sprüche früherer  Talmudisten  und  erklärt,  dass  jenes  Wasser 
nicht  als  gewärmt  aiiz\isehen  sei,  weil  es  aus  einem  schwefelhal- 
tigen Quell  hervorgehe  •'  .  Eine  andere  Streitfrage  hatte  einen 
sehr  praktischen  Hintergrund^  .  Als  nämlich  die  Einwohner 
von  Tiberias  einen  Kanal  machten,  der  kaltes  Wasser  hinzufüh- 
ren sollte,  aber  an  einer  Stelle  durch  das  Thermalwasser  führte. 
da  sagten  die  Weisen,  es  sei  das  Kanal wasser  als  vom  Feuer  er- 
wärmt zu  betrachten.  Mau  dürfe  darum  am  Sabbath  nicht  davon 
trinken,  noch  ein  Glied  darin  waschen;  am  Festtag  sei  zwar  dies 
nicht  untersagt,  wohl  aber  das  Baden  des  ganzen  Körpers.  Der 
Beschluss  auf  diese  casuistische  Entscheidung  hin  lautete:  die 
Wasserleitung  ist  anders  zu  legen.  Nach  jener  Stelle  bei  Mai- 
MONIDES  hätte  man  vermuthen  sollen,  dass  dem  Quellwasser  Ave- 
nigstens  keine  verunreinigende  Wirkung  zugeschrieben  worden 
wäre;  das  ist  aber  doch  geschehen,  weil  es  zu  den  sogenannten 
^-weichen  Wassern«  gerechnet  wurde  ^; ,  welche  unter  keiner  Be- 
dingung bei  heiligen  Handlungen  verwendet  werden  sollten.  Es 
findet  sich  darum  die  eigenthümliche  Bestimmung,  dass  jemand, 
der  in  Ilamath  gebadet  hat,   auch  wenn  er  sich  mit  zehn  Lein- 

IJ  Jer.  Sota  I,  Hai.  \. 

2,  AVicuMA.NXsuALSEN,  \).  DCCCCLXXYII  (Schab,  fol.  3,  1;. 
?,  WicuMANNsn.vusEN ,  p.  DCCCCLXXVI     Maim.   ad   Mischna  z^vy.. 
cap.  IX,  Hai.  1). 

4i  WiciiMAXNSHAUSEN,  p.  DCCCCLXXX  (Schab,  c.  HI,  Hai.  4,  fol.  16  . 
5,  Genaueres  bei  WlCHMANXSH.\usEN,  p.  DCCCCLXXVII. 


183 


tücherii  abtrocknete,  sie  nicht  mit  der  Hand  wegtragen  durfte, 
damit  nicht  etwa  ein  aus  Versehen  mhgebrachter  Tropfen  mit 
heiligen  Gefiisseu  in  Berührung  käme.  Hatten  dagegen  Zehn 
sich  mit  einem  Tuch  abgewischt,  so  durfte  es  hinweggenommen 
werden,  da  sich  voraussetzen  lässt.  dass  mehrere  Personen  sich 
k'ichter  vor  \'erunreinigungen  schützen  können,  als  es  einer  ein- 
zehien  möglich  ist  ^j .  Aus  diesen  seltsamen  Bestimmungen  er- 
sieht man  nicht  nur,  wie  unbedingt  der  Einlluss  der  Gesetzesleh- 
rer damals  auf  die  Gestaltung  des  Badelebens  war.  sondern  auch 
welch  eine  hohe  Bedeutung  die  Bäder  für  das  öffentliche  Leben 
in  Palästina  hatten. 

In  jenen  Tagen  war  die  U  m  g  e  b  u  n  g  von  T  i b  e r  i  a  s  unge- 
mein lieblich.  Die  Stadt,  bespült  von  den  Wogen  des  galiläi- 
schen  Meeres,  war  umgeben  von  einem  Kranze  von  Dörfern  und 
kleinen  Städten,  die  inzwischen  grossentheils  verschwunden  oder 
zerfallen  sind.  Und  während  heute  die  Berge  nackt  und  kahl 
sind,  waren  sie  damals  von  Weinbergen  und  Fruchtbäumen  ganz 
überdeckt.  Während  heute  den  Blicken  der  Reisenden  kaum 
ein  einziges  Boot  sich  darbietet.  Avar  einst  der  so  fischreiche  See 
mit  zahllosen  Kähnen  und  grösseren  Schiffen  übersäet,  so  dass 
die  Badegäste  von  Emmaus  so  gut  wie  die  von  Bajä^)  sich  durch 
Fahren  auf  dem  Wasserspiegel  die  Zeit  vertreiben  konnten.  So 
war  die  Umgebung  äusserst  anziehend  und  das  Treiben  am  See 
in  Folge  des  lebhaften  Verkehrs  lebendig  genug.  So  viel  sich 
auch  seitdem  geändert  hat ,  meint  doch  Seetzen  ,  wenn  dieses 
Bad  mit  seinen  Umgebungen  in  Europa  läge,  würde  es  einer  der 
besuchtesten  Badeörter  sein  3^. 

Es  wäre  interessant,  auch  über  die  Badeeinrichtungen 
Genaueres  zu  erfahren;  aber  es  fehlt  an  einer  Beschreibung. 
Vielleicht  lassen  sich  einmal  bei  genauerer  Untersuchung  der 
Ruinen  von  Hamath  hierüber  Ermittelungen  anstellen.  Vermuth- 
lieh   sind   die  Einrichtungen   in   der  talmudischen  Zeit  weniger 

i;  "WiCHMAXXSHAi-SEN,  p.  DCCCCLXXVII  fSchab.  cap.  XXII.  Hai.  5, 
p.  70). 

2;  Seneca  ep.  51.  Er  beobachtete  ebrios  per  littora  errantes,  et  comes- 
sationes  navigantium  et  symphoniarum  cantus  strepentes  lacus  et  alia.  Fer- 
ner erwähnt  er  tot  genera  cymbarum  variis  colovibus  picta. 

3)  Seetzen  I,  349. 


1S4 

luxuriös  gewesen,  als  die  der  römischen  Badeorte,  doch  waren 
sie  denselben  nachgebildet.  Wenigstens  finden  sich  die  einzel- 
nen IJestandtheile  der  palästinensischen  Badeanstalten,  welche  ab 
und  zu  erwähnt  werden,  auch  in  den  Thermenhäusem  des  Abend- 
landes. Aus  den  Nachrichten  ist  nicht  ersichtlich,  ob  ausserdem 
Wasser  auch  die  heissen  Dämpfe  benutzt  wurden ,  wie  es  heute 
die  Beduinen  in  sehr  primitiver  Weise  thun,  indem  sie  auf  einem 
Zweiggeflecht  sich  in  ihren  wollenen  Mänteln  über  dem  dam- 
pfenden Spalte  von  Theimen  lagern.  Zu  l^ajä  haben  bekannt- 
lich gerade  die  Schwitzbäder  grosse  Bedeutung  gehabt  \i .  Sicher 
ist  dagegen,  dass  die  Wasser  nicht  nur  zum  Baden  benutzt,  son- 
dern  auch  getrunken  wurden ,  und  zwar ,  wie  Maimonides  sagt, 
ut  ventrem  relaxent.  Endlich  ist  noch  erwähnenswerth ,  dass 
neben  dem  l^assin  mit  salzigem  Wasser  nach  dem  Talmud  ein 
Bassin  mit  Siisswasser  sich  befand  2). 

Die  Zeiten  änderten  sich,  und  nach  dem  Siege  des  Christen- 
thums  über  das  Heidenthum  zog  auch  in  Tiberias  der  neue 
Glaube  ein  ;  doch  war  selbst  nachmals  die  Bevölkerung  grossen- 
theils  aus  Juden  zusammengesetzt,  so  dass  das  Treibeii  in  Ha- 
math  sich  wohl  nicht  sehr  veränderte,  bis  die  Eroberung  Palästi- 
nas durch  die  Araber  erfolgte.  Aus  der  Zwischenzeit  haben  wir 
nxir  die  kurze  Notiz  des  Pilgers  Axtoxixus  Martyr^j  :  Deinde  ve- 
nimus  ad  mare  Tiberiadis ,  in  civitatem  Tiberiadem,  in  qua  sunt 
thermae  salsae«.  Der  Badeort  hatte  inzwischen,  wie  es  scheint, 
den  eigenen  Namen  verloren ,  nachdem  er  mit  der  Stadt  völlig 
verschmolzen  Avar.  Bald  nach  dieser  Zeit  brachte  das  Jahr  637 
eine  folgenschwere  Umwälzung:  Tiberias  stand  von  nun  ab  fast 
ununterbrochen  unter  der  Herrschaft  der  Muslimen.  Doch  wur- 
den die  Christen  geduldet;  Willibald  sah  (723 — 26)  viele  Kir- 
chen^), und  um  SOS  gab  es  sogar  ein  Mädchenkloster  daselbst^). 
Auch  die  Bäder  werden  um  diese  Zeit  noch  einmal  von  einem 
Abeiulländer  erwähnt,  dem  Beda  Yexerabilis,  der  allerdings 
nur  die  ^^'orte  des  Plinils  wiedergiebt ''') . 

Jj  Gegen  die  Sch-svitzbäder  sagt  Seneca  :  omnis  sudor  per  laborem  exeat. 

2)  Nei  BAlEU  a.  a.  O.  p,  35.    Hieros.  Sab.  III,  4. 

3)  Itinera  Hierosolymitana  et  descriptiones  terrae  sanctae  ed.  Tobler  et 
MOLTNIEU.    Genev.  1ST9,  c.  VII,  p.  94. 

4)  Hüdoeporicum  in  den  Itinera  ed.  ToBLER,  c.  XIV,  p.  304. 

5)  Tobler,  Itinera  XII.    Comraentatorium  de  casis  dei  p.  261. 

6)  Tobler,  Beda  de  locis  sanctis  c.  XI. 


1S5 

Dagegen  treten  uns  genauere  Nachrichten  aus  arabischen 
(Quellen  entgegen.  Zur  Zeit  des  Istachri  scheint  die  Hitze  des 
Wassers  sehr  gross  ge"\vesen  zu  sein ;  denn  er  meklet  in  seinem 
\\m  die  Mitte  des  10.  Jahrhunderts  verfassten  r.lUich  der  Län- 
der«') :  die  Quellen  seien  so  ■vvarm,  dass  Felle,  die  man  in  der 
Stadt  hineinwerfe,  noch  kahl  würden«.  Diese  Notiz  ist  besonders 
auffällig,  weil  derselbe  Schriftsteller  die  Entfernung  der  Thermen 
von  der  Stadt  irrigerweise  auf  nicht  weniger  als  zwei  Parasangen 
angiebt.  Nach  dieser  Stelle  scheinen  Gerber  die  Quelle  benutzt 
zu  haben,  wie  es  schon  im  Alterthum  oft  an  andern  Thermen 
geschah.  Noch  berichtet  Istachri,  das  Wasser  könne  nur  mit 
Mischung  gebraucht  werden.  Sehr  anschaulich  beschreibt  Edrisi, 
der  offenbar  Augenzeuge  war,  das  Badeleben  zu  seiner  Zeit 
1154)2).  Zw^ar  war  Tiberias  eben  damals  wieder  unter  christ- 
licher Herrschaft,  aber  dies  scheint  wenig  die  Physiognomie  der 
Stadt  verändert  zu  haben.  Sie  war  allmählich  eine  entschieden 
muslimische  Stadt  geworden.  Juden  lebten  nur  noch  50  daselbst, 
wie  der  Zeitgenosse  Edrisi's  ,  der  jüdische  Eeisende  Benjamin 
VON  TüDELA,  berichtet,  der  auch  die  Bäder  besucht  hat.  So  sind 
denn  auch  die  Namen  der  einzelnen  Bäder  arabisch.  Das  grösste 
derselben  hiess  El  Demaker.  Die  Hitze  des  Wassers  war  daselbst 
so  stark,  dass  man  ein  Ei  sieden  konnte.  Zwei  andere  Quellen 
waren  kleiner  und  hatten  süsses  Wasser.  Während  diese  alle 
keiner  Erwärmung  bedurften,  musste  das  »kleine  Bad«  geheizt 
werden.  Dies  war  ursprünglich  von  einem  orientalischen  Für- 
sten für  seine  Angehörigen  angelegt ,  dann  aber  aus  Liberalität 
der  Öffentlichkeit  übergeben  worden.  So  hat  denn  Emmaus 
auch  einmal  ein  Fürstenbad  gehabt,  wie  manche  moderne  Bade- 
orte. Ausserdem  Avurden  noch  einige  Aveiter  südlich  gelegene 
(iuellen  von  Hinkenden,  Gichtbrüchigen,  Magenleidenden  und 
Hautkranken  benutzt ,  die  von  allen  Seiten  herbeiströmten  und 
sich  drei  Tage  im  Wasser  aufhielten.  Auch  hier  haben  also,  wie 
anderwärts,  die  Araber  sich  bemüht,  von  den  Eömern  angelegte 
Bäder  zu  neuer  Blüthe  zu  bringen  3] . 

1]  Erschienen  bei  Mordtmann,  Hamburg  1S45,  S.  53.  Siehe  Ritter, 
Vergleichende  Erdkunde  der  Sinaihalbinsel ,  von  Palästina  und  Syrien,  II, 
303.    Siehe  auch  Gildemeister,  ZDPV.  1SS3,  S.  5. 

2)  Recueil  de  voyages  et  de  memoires  V,  347. 

3)  Bei  Lersh,  S.  146,  sind  andere  Beispiele  genannt. 


186 

Das  Had  gehörte  damals  noch  zur  Stadt ,  die  als  sehr  um- 
fangreich und  schön  geschildert  -wird.  Aber  1 IS7  litt  sie  schwer 
durch  Saladin.  der  sie  fast  ganz  zerstören  Hess.  Nun  verödete 
Tiberias  allmählich ,  wie  aiis  einer  Beschreibung  des  kurdischen 
Fürsten  und  Schriftstellers  Abulfkda  hervorgeht,  und  der  Bade- 
ort zerfiel  ebenfalls.  Doch  lagen  noch  zur  Zeit  von  Burchard 
(1283')  und  Mauxdeville  (1336)2)  die  Thermen  innerhalb  der 
Stadt.  Bei  arabischen  Schriftstellern  soll  der  Ort  den  Namen 
llusseinia  geführt  haben  nach  einem  gewissen  Hussein,  von  dem 
Aveiter  nichts  bekannt  ist  3] .  Wenn  diese  Angabe  richtig  ist,  so 
dürfte  der  Badeort  den  neuen  Namen  wohl  um  die  Zeit  erhalten 
haben,  wo  er  nach  dem  Verfalle  der  Stadt  wieder  seine  Selbst- 
ständigkeit erlangte.  In  neuerer  Zeit  trägt  das  Bad  den  Namen 
el-hanunüm. 

^^  ir  übergehen  die  mancherlei  Erwähnungen  der  Thermen 
durch  die  Keisenden  des  15.,  16.,  17.  Jahrhunderts  und  bemer- 
ken nur,  dass  nach  den  Angaben  derselben  es  um  das  Badeleben 
sehr  armselig  aussah.  Genauere  Mittheilungen  begegnen  uns 
erst  wieder  in  den  beiden  letzten  Jahrhunderten.  Nach  einer 
Notiz,  die  Relaxd  erhielt  ^  ,  sollen  die  Thermen  1710  in  Folge 
eines  Erdbebens  gestockt  haben  ;  doch  war  dieser  Zustand  nur 
vorübergehend,  da  bald  danach  andere  Reisende  (z.  B.  Hassel- 
QUisT  1751)  sie  wieder  benützt  fanden.  Am  Anfang  dieses  Jahr- 
hunderts geschah  endlich  ein  Schritt  seitens  der  Türken  zur 
Hebung  des  Bades.  Der  sonst  durch  seine  Grausamkeit  bekannte 
Dschessär-Pascha  Hess  an  der  Hauptquelle  ein  Pjadehaus  nahe 
dem  See  errichten.  Bürckhardt  schildert  das  Gebäude  ausführ- 
lich, wie  er  es  1812  vorfand'^).  Es  enthielt  zwei  getrennte  Ge- 
mächer für  beide  Geschlechter.  Das  Männerbad  war  viereckio- 
mit  einem  grossen  steinernen  Bassin  (acht  Fuss  lang  und  breit 
und  drei  Fuss  tief),  das  von  steinernen  Bänken  umgeben  war. 
Man  blieb  10  ^Minuten  im  Wasser  und  ruhte  dann  eine  Stunde 
auf  einer  Bank.    Daneben  befand  sich  eine  Kaffeestube,  in  der 

t)  Burchardus,  ed.  L.\urent  G,  5. 

2)  The  voyage  and  travel  of  Siv  Maundeville,  p.  14U. 

3)  Pinner,   Conimentar  des  hieros.  und  bab.  Talmud  115.    Siehe  Sepp 
II,   1.50. 

4)  Palästina  p.  703. 

5    Bibliothek  a.  a.  O.  11.  573, 


187 


auch  Fremde  wohnen  konnten  —  die  einzige  ]3eqnemlickkeit, 
welche  dem  13esucher  sich  darbot,  der  allerdings  umsonst  baden 
durfte.  In  der  Hauptsaison  (Juli)  eilten  zahlreiche  Gäste  aus 
Syrien  lierbei. 

Heute  wird  diese  Anstalt  nur  von  Armen  benutzt,  da  Ibra- 
him Pascha  1S33  in  der  Nähe  der  Ha\iptquelle  ein  neues  schöne- 
res Gebäude  für  Wohlhabendere  errichten  Hess ,  welches  sogar 
Privatstuben  mit  weissen  Marmorplatten  besitzt  i) .  In  der  Mitte 
befindet  sich  das  öifentliche  13ad,  ein  grosses  rundes  Gemach  mit 
Marmorpflaster  und  verschiedenen  Nischen.  l>eide  Gebäude 
haben  merkwürdigerweise  das  Erdbeben  von  1S37  überdauert, 
das  sogar  die  Mauern  der  Stadt  niederwarf,  Avelche  seitdem  noch 
trübseliger  und  schmutziger  aussieht  als  zuvor.  Sogar  die  liade- 
stuben  sind  inzAvischen  wieder  verwahrlost'-).  Was  die  Behand- 
lung der  Patienten  anlangt ,  so  unterscheidet  sich  dieselbe  nicht 
von  der  in  allen  andern  türkischen  Bädern  herrschenden  Me- 
thode, deren  Beschreibung  hier  füglich  unterbleiben  kann^j. 

Blicken  wir  zurück  auf  die  zahlreichen  Zeugnisse  aus  so 
verschiedenen  geschichtlichen  Perioden,  die  sich  leicht  noch  ver- 
doppeln Hessen,  da  hier  nur  der  wichtigsten  gedacht  ist,  so  müs- 
sen wir  sagen:  Es  ist  dies  eins  der  wenigen  Heilbäder^  Avelche 
eine  ununterbrochene  Tradition  von  fast  zAvei  Jahr- 
tausenden besitzen,  und  schon  aus  diesem  Grunde  dürften 
jene  Thermen  Beachtung  verdienen.  Vielleicht  schlägt  auch  für 
dies  Bad  noch  einmal  die  Stunde  neuen  AufscliAvungs.  Eine 
Eisenbahn  von  Damascus  nach  Tiberias  hat  bereits  der  Englän- 
der Oliphant  in  Vorschlag  gebracht.  (Siehe  ZDPV.  1581, 
p.  135). 

L'nser  Weg  führt  weiter  zu  den  gleichfalls  vielgepriesenen 
Quellen  von  Gadara,  jetzt  Lm  Kes  genannt,  in  der  Schlucht 
*\es,  scherlat  el-nienüclire.     Wir  betreten,   nachdem  Avir  die  Tief- 

1)  Eine  Abbildung  beider  Anstalten  findet  sich  bei  Sepp  II,  149.  Ge- 
naueres auch  bei  Hitter  II,  303. 

2)  OiiELLi  Keisebeschreibung,  S.  253,  und  De  Saulcy,  Nuniismatique 
de  la  terre  sainte,  p.  333.  Der  Besuch  des  Bades  ist  aber  noch  ein  starker; 
nach  Selah  Merill  kommen  immer  noch  Schaaren  tlieils  der  Heilung, 
theils  des  Vergnügens  wegen. 

3,   Vgl.  Neumanx  a.  a.  O.,  S.  453  f. 


ISS 


ebene  des  Ghor  verlassen  haben,  ein  enges  Thal,  welches  auf 
beiden  Seiten  von  mehr  als  100  Fuss  hohen,  schwarzen  Felswän- 
den eingeschlossen  ist.  Zwischen  den  Felsen  braust  der  Fluss 
reissend  dahin,  an  den  mit  Oleanderstrüuchen  bedeckten  Ufern 
vorüber.  Zuerst  trifft  man  auf  der  Nordseite  die  heisseste  der 
Quellen,  heute  hammat  esch-schech .  »Quelle  des  Häuptlings«  ge- 
nannt :  dann  folgen  thalaufwärts  noch  mehrere  Thermen .  theils 
südlich,  theils  nördlich  von  dem  Flussbett  gelegen.  Die  Tempe- 
ratur beträgt  etwa  27  —  35°  E.  i  :  das  Wasser  ist  schwefelhaftig. 
Im  ganzen  sollen  es  zehn  Quellen  sein"-). 

Auch  an  dieser  Stelle  befand  sich  in  alter  Zeit  eine  Ansie- 
delung, welche  trotz  der  Nähe  von  Gadara  ihren  eigenen  Na- 
men führte,  der  oft  zu  Verwechselungen  mit  dem  Badeorte  bei 
Tiberias  Anlass  gab;  sie  hiess  nämlich  auch  Hamath^).  grie- 
chisch 'Atxaiia  oder  'EtxtjLaöa  (vgl.  Eusebius,  Onom.  ad  vocem 
Aiixai)].  Diese  .Thermen  erlangten  eine  besondere  Bedeutung 
durch  die  Nähe  der  umfangreichen .  auf  der  südlichen  Hügel- 
reihe erbauten  Hauptstadt  der  Dekapolis.  Gadara  Avar  übrigens, 
wie  aus  den  Trümmern  von  Tempeln  und  Theatern  hervorgeht 
und  auch  von  Josephus^  u.A.  bezeugt  wird,  eine  vorherrschend 
heidnische  Stadt,  in  welcher  die  Juden  niemals  im  Stande  waren, 
dem  socialen  Leben  den  Stempel  ihres  Wesens  aufzudrücken. 
wie  in  Tiberias.  So  erzählen  denn  auch  jüdische  Schriftsteller 
nicht  viel  über  die  Bäder  von  Gadara.  und  wir  sind  mehr  auf 
heidnische  und  christliche  Berichte  ausgewiesen. 

Wann  die  Quellen  gefasst  und  mit  Anlagen  versehen 
wurden,  ist  auch  hier  ungewiss;  jedenfalls  geschah  dies  erst 
einige  Zeit  nach  Wiederherstellung  der  vorher  lange  verödeten 
Stadt  duich  Pompejus  (um  60  v.  Chr..    Noch  zu  Strabo's  Zeit 

1  Nach  Merill  beträgt  die  Temperatur  von  fünf  Quellen,  die  er  be- 
suchte, 115",  lor,  92",  83"  und  112°  Fahr.  Am  grössten  ist  die  Quelle  von 
1U3°.  Vgl.  Palestine  Exploration  Fund,  Statements  for  l^TU  (Modern  Re- 
searches  in  Palastine  by  Ilev.  Selah  Merill  p.  14i;. 

2)  Auch  über  diese  Quellen  hofft  die  Redaction  in  der  nächsten  Zeit  ge- 
nauere Untersuchungen  bringen  zu  können.  Anm.  d.  Red. 

3;  Der  Name  ist  aus  dem  A.  T.  nicht  zu  belegen,  sondern  aus  dem  Tal- 
mud, und  zwar  in  der  Form  sr-cn  ,    vgl   Neibauer  ,  Fa  geographie  du  Tal- 

'""«l  P-  ^^-  Anm.  d.  Red. 

4    Ant.  XVIL   Jl.  4. 


189 

(ca.  20  V.  Chr.)  war  an  Stelle  des  nachmaligen  ]>ades  ein  grosser 
Sumpf.  Er  sagt  nämlich  ') :  »iv  t(i  Paöapioi  existiere  ein  uowo  [xoy- 
Or^iiov  XiixvaTov«,  nach  dessen  Genüsse  die  Thiere  Nägel,  Klauen 
und  llörner  verlören.  Wenn  diese  Stelle  mit  Hecht  auf  die  Ther- 
men bezogen  wird,  so  lässt  sich  annehmen,  dass  man  nachmals 
der  Stagnation  des  Wassers  ein  Ende  bereitete  und  dad\irch  erst 
die  Bäder  recht  benutzbar  machte.  Jedenfalls  ist  kein  anderes 
Gewässer  im  Gebiete  von  Gadara  bekannt,  auf  welches  sich  die 
Worte  beziehen  Hessen. 

Genauere  Mittheilungen  erhalten  wir  erst  spät.  Josephus, 
der  die  Stadt  oft  erwähnt ,  berichtet  nichts  von  dem  Bade,  wor- 
aus sich  schliessen  lässt,  dass  dasselbe  nur  langsam  zur  Blüthe 
gelangte.  Zur  Zeit  der  Feststellung  des  Jerusalemischen  Talmiid 
aber  waren  die  Quellen  viel  besucht.  Wir  ersehen  aus  den  be- 
züglichen Stellen,  dass  die  Juden  kein  Bedenken  trugen,  trotz 
der  heidnischen  Umgebung  zu  Amatha  zu  baden.  So  erzählt  ein 
Rabbi  2) :  »Ich  und  mein  Yater  stiegen  hinauf  nach  Hamath-Ga- 
daia,  und  sie  setzten  uns  kleine  Eier  vor«.  Nach  dieser  Stelle 
wird  dort  w^ohl  wie  in  den  römischen  Bädern  die  Sitte  geherrscht 
haben,  dass  allerlei  Gerichte  den  Badenden  3)  angeboten  wurden. 
Aus  jener  Stelle  ergiebt  sich  ferner,  dass  selbst  Gesetzeslehrer 
sich  nicht  scheuten,  das  Bad  zu  benutzen,  wiewohl  die  Quellen 
sogar  mythologische  Namen  trugen.  Wie  man  sich  in  solchen 
Fällen  rechtfertigte,  zeigt  ein  Ausspruch  eines  Eabbi  Gamaliel, 
der  ohne  Scheu  zu  Akko  ein  der  Aphrodite  geweihtes  Bad  ge- 
brauchte, weil  er  das  Bad  als  die  Hauptsache  —  die  Benennung 
aber  als  etwas  Unwesentliches  ansah  ^j .  Mit  solcher  Weitherzig- 
keit contrastiert  dagegen  wdeder  eigenthümlich  die  talmudische 
Bestimmung  über  die  Streitfrage,  ob  man  am  Sabbath  von  einem 
Orte  aus  den  anderen  besuchen  dürfe.  Die  Entscheidung  lautete 
hier^j:   »Die  Bewohner  von  Gadara  dürfen  wohl  zu  den  Quellen 

1;  Lib.  XVI. 

2)  LiGHTFOOT  p.  225.    (Hier.  Schab.  Fol.  5,  4;. 

3)  Nach  Martialis  (XII,  19)  ass  man  Lattich,  Eier  und  Seefigehe  in  den 
Thermen.  Nach  Marx.  V,  70  und  Sexeca  ep.  5G  gab  es  Speisewirthschaften 
um  die  Bäder  her. 

4)  Mischna  Aboda  Sara  III,  4.  ISIidrasch  Jalkut  278.  (Nach  Lersch 
S.  15). 

5)  LiGnTFOOT  p.  224.   Erubin  Fol.  23,  4. 


190 

herabsteigen,  über  nicht  die  des  Dorfes  zur  Stadt  hinaufgehen«. 
Es  ist  dies  übrigens  die  einzige  Vorschrift  der  Rabbiner  über  den 
Gebrauch  der  Bäder  —  ein  BeAveis.  dass  sie  hier  nicht  denselben 
Einfluss  hatten  wie  zu  Tiberias. 

\\'eiterhin  ist  eine  an  dies  liad  sich  anknüpfende  heidnische 
Legende  zu  erwähnen  —  ein  Ausdruck,  der  hier  sich  insofern 
anwenden  lässt.  als  ein  heidnischer  Gelehrter  dabei  im  Vorder- 
gründe steht,  der  allgemein  als  Wunderthäter  verehrt  ward.  Es 
ist  dies  der  von  Julian  sehr  geschätzte  Xeuplatoniker  Jamblichus 
c.  .350  n.  Chr.  .  Sein  gläubiger  Anhänger  Euxapils  von  Sar- 
des  \  erzählt  uns  von  der  Beschwörungsgabe  des  Meisters  und 
fügt  hinzu .  auf  welchem  Wege  die  Freunde  davon  überzeugt 
wurden.  Nachdem  bereits  eine  seiner  ^'oraussagungen  einge- 
troffen war,  ohne  dass  die  Zweifel  völlig  gehoben  waren,  ereig- 
nete sich,  so  erzählt  er,  in  den  Thermen  von  Gadara  eine  Bege- 
benheit, vor  welcher  alle  Bedenken  schwanden.  Sie  gingen  in 
Begleitung  des  hochverehrten  Lehrers  dahin  und  nahmen  ein 
Bad.  Während  des  Badens  wurden  gelehrte  Gespräche  gehalten, 
wie  auch  in  Rom  Redner.  Philosophen  und  Dichter  in  den  Ther- 
men selbst  disputierten  und  dictierten  2]  ^  und  dabei  erhob  sich 
über  die  Benennung  der  Quellen  eine  Controverse.  Jamblichus 
erkundigte  sich  nach  dem  Namen  von  zwei  kleinen,  aber  elegan- 
ten Quellen,  und  erfuhr,  man  nenne  sie  Eros  und  Anteros;  aber 
ohne  die  Ursache  zu  kennen.  Da  berührte  er  das  Wasser  des 
Quells ,  in  dem  er  sass ,  und  siehe,  ein  Knabe  tauchte  auf  und 
umarmte  ihn  wie  einen  Vater.  Dasselbe  Schauspiel  wiederholte 
:«ich  an  der  zweiten  Quelle.  Danach  Hess  er  die  beiden  Brüder 
in  ihr  feuchtes  Element  zurückkehren.  Die  Freunde  aber  zwei- 
felten nicht  länger  an  des  Meisters  Wundergabe. 

Diese  Geschichte  ist  schon  insofern  interessant .  als  sie  ein 
eigenthümliches  Licht  wirft  auf  das  Treiben  jener  romantischen 
\  ertreter  des  in  den  Todeszuckungen  liegenden  Polytheismus, 

1  Vita  Jamblichi.  Editio  Antverpiana  156S,  p.  25  f.  Eunapius  wird 
von  Lersch  ;S.  12;{  in  das  9.  Jahrhundert  versetzt,  er  lebte  aber  etwa 
um  400. 

2,1  SlET.,  Aug.  c.  s5.  Plix.,  Ep.  IX,  3(5.  Hor.vt.,  Sat.  I,  4,  75.  M.\R- 
OR.\FF  (Badewesen  und  Badetechnik  der  Vergangenheit  in  der  Sammlung  ge- 
meinverst.  wissensch.  Vorträge,  1881  ,  Heft  3S0,  p.  10  nennt  die  Bäder  die 
antiken  Casino's. 


191 

welche  im  Namen  der  riiilosophio  alles  aiif boten,  den  alten 
Glauben  am  Leben  zn  erhalten.  Es  ergiebt  sich  aber  auch  dar- 
aus, was  oben  schon  angedeutet  war,  dass  das  Leben  an  dem 
kleinen  Badeort  einen  wesentlich  heidnischen  Charakter  hatte, 
da  die  Quellen  nach  Eros  und  seinem  Bruder  Anteros  genannt 
Avurden^).  Den  Namen  Eros  führten  übrigens  manche  Quellen 
im  Alterthum.  So  finden  sich  in  der  Anthologia  graeca  zwei 
Sinngedichte  von  Mariaxus  auf  eine  Therme  dieses  Namens  2). 
Nach  dem  einen  entzündet  Eros  das  Wasser  mit  der  Fackel,  da- 
mit seine  Mutter  Aphrodite  darin  bade,  und  seit  jener  Zeit  hat 
die  Quelle  den  Rosenduft  behalten.  Nach  dem  andern  Gedicht 
wollen  die  Nymphen  die  Fackel  des  schlummernden  Gottes 
löschen  und  entzünden  damit  das  Wasser.  Vielleicht  darf  man 
aus  jener  Benennung  schliessen,  dass  Eros  besonders  in  Gadara 
verehrt  ward,  umsomehr  als  zahlreiche  Münzen  dieser  Stadt  mit 
dem  Bilde  der  mit  Aphrodite  identischen  syrischen  Göttin  Astarte 
geschmückt  sind.  Hatten  doch  die  Bäder  bei  den  Römern  meist 
besondere  Schutzgötter,  deren  Bilder  angebracht  waren  3J . 

Über  die  Badeeinrichtungen  finden  sich  einige  Andeu- 
tungen in  der  Erzählung :  Jamblichus  sass  i-l  tr;  xpr,-Too?  7.7.77. 
Tr,v  uTripxXuoiv.  Danach  Avaren  die  Quellen  jedenfalls  gcfasst. 
KfiTj-i;  ist  entweder  der  Boden  des  Bassins  oder,  wie  das  latei- 
nische crepido,  der  erhabene  Rand  desselben.  Da  u-spxÄoai;  die 
Stelle  bedeutet,  von  der  aus  die  Badewanne  unter  Wasser  ge- 
setzt wird,  so  ist  die  letztere  Auslegung  vorzuziehen.  Das  Becken 
war  also  mit  einem  Rand  versehen  und  dürfte  etwa  ausgesehen 
haben  wie  das  Bassin  in  dem  bei  Lersch  (Taf.  II,  Fig.  5)  abge- 
bildeten Baptisterium  zu  Pompeji.  Bald  darauf  Averden  schon 
eigentliche  Badehäuser  erwähnt.  Hieronymus  berichtet  dies  im 
Onomasticon  unter  Gadara :  »balneis  desuper  aedificatis(f.    Yiel- 

1)  Dass  die  Avichtigeren  Quellen  in  Griechenland  meist  ihre  Legenden 
hatten,  zeigt  Bötticher  in  einem  Aufsatz  über  Wasser  und  Feuer  im  Cultus 
der  Hellenen  (Deutsche  Revue,  Heft  12,  Sept.  18S0,  S.  318  f.). 

2)  Vgl.  die  Anthologie  A-on  Jacobs  S.  <i2tr  u.  627.  Hier  finden  sich  zahl- 
reiche Epigramme  auf  Bäder ,  die  vielfach  ein  trauriges  Licht  auf  die  sitt- 
lichen Zustände  zur  Zeit  ihrer  Verfasser  A\'erfen. 

3)  Vgl.  Tertulltax  ad  Spect.  c.  S;  Ambros.  II  adv.  Syrum;  bes.  Pru- 
DENTirs  contra  Syrum  II,  444:  Cur  genium  Ilomae  mihi  fingitis  unum,  cum 
portis,  domibus,  thermis,  stabulis  soleatis  assignare  suos  genios? 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  Vll.  ' -"^ 


192 

leicht  dienten  diese  Gebäude  zugleich  zur  Aufnahme  von  Frem- 
den wie  in  Hajae,  wo  im  oberen  Stock  der  Thermenhäuser  Woh- 
nuni^en  zu  haben  waren  ' ' .  Daneben  aber  mögen  einzelne  liade- 
gäste  die  Nacht  in  Zelten  zugebracht  haben,  wie  es  heute  noch 
der  Fall  ist  in  dem  merkwürdigen  amerikanischen  Bade  Ocean 
Grove,  wo  bescheidene  Leute  auf  diese  Weise  Unterkunft 
finden. 

Der  Zeit  des  Jamblichus  gehört  auch  ein  Badeabentheuer 
an.  das  Epiphanius  berichtet 2),  dessen  unerfreuliche  Einzelhei- 
ten nicht  hierher  gehören  3).  Es  sei  nur  erwähnt,  was  auf  das 
IJadeleben  jener  Tage  sich  bezieht.  Der  Kirchenvater  erzählt, 
dass  alljährlich  eine  (festliche)  Versammlung  -avTJyupic)  in  jenen 
Thennen  stattfinde,  welche  den  unvergleichlichen  von  Bajae  nur 
wenig  nachständen.  Er  erblickt  jedoch  in  diesen  Zusammen- 
künften eine  Kriegslist  des  Teufels,  der  eilig,  wo  Gottes  Wunder 
geschehen  seien,  seine  verderblichen  Netze  auswerfe.  Bei  den 
Wundern  denkt  Epiphaniüs  an  die  Heilung  der  Besessenen 
(Math.  S,  28  f.);  seine  Entrüstung  über  das  Badeleben  in  Ga- 
dara  aber  begreifen  wir ,  wenn  wir  hören ,  dass  Männer  und 
Frauen  in  schamlosester  Weise  daselbst  gemeinsam  badeten^)  — 
ein  Zeichen  tiefen  sittlichen  Verfalles !  Hadrian  war  denn  auch 
jener  Unsitte  streng  entgegengetreten;  aber  sie  hatte  sich  seit 
Heliogobal  wieder  eingeschlichen,  während  im  alten  Rom 
nicht  einmal  Vater  und  Sohn  gemeinsam  badeten^).  Sogar  Chri- 
risten  besuchten  solche  Bäder,  obwohl  schon  die  apostolischen 
Constitutionen   sie   verboten  c'      und   selbst   nach    dem    völligen 


1)  Sexeca  klagt  (ep.  56)  über  den  Lärm  im  untern  Stock :  supra  ipsum 
balneum  habito.    Cf.  Cod.  Just.  VIII,  10,  1  und  Dig.  IX,  3,  5,  §  1. 

2,  Haer.  XXX,  4  f. 

3;  Ein  Versehen  von  Sepp  mag  hier  Berichtigung  finden.  Er  verlegt  die 
Epiph.  XXX,  S  genannten  Grabhöhlen  IloX'javoptoi  nach  Tiberias  statt  nach 
Gadara  II,  lä'J;. 

4j  Leksch  berichtet  hierüber  seltsamerweise  das  Gegentheil  und  versetzt 
Eph'U.  in  das  8.  Jahrliundert  Ivielleicht Druckfehler).  Vgl  S.  123.  Die  Stelle 
bei  EpnMi.  lautet:  ,'AvopÖY'Jvov  ixeloe  "/.oüov-ai'.  Dass  man  dazu  beim  Baden 
meist  völlig  unbekleidet  war,  darüber  siehe  die  Belege  bei  Lersch  S.  110. 

5;  Val.  Max.  I,  2. 

ß)  Const.  Ap.  ,'A-;ooo7'jvov  y'J"''^  "ioty,  [j.t,  Xo'jsoOuj'.  TeRTULLIAN  war 
überhaupt  gegen  jede  Thcihiahme  am  Badcleben  (de  poen.  c.  II;,  während 
die  anderen  Väter  sich  nicht  principiell  dagegen  aussprechen. 


193 

Siege  des  Christenthums  bestand  diese  Gewohnheit  vielfach  -svei- 
ter  trotz  mancher  Gegenmassregehi,  so  dass  692  durch  das  Trul- 
Uaniim  die  Verbote  erneuert  werden  mussten.  Dazu  waren  es 
noch  angesehene  Frauen  und  Männer  in  Würden ,  ja  Kleriker 
und  Asketen,  Avelche  sich  betheiligten  ') .  Allerdiugs  sah  es  nicht 
überall  so  schlimm  aus,  wie  Mittheilungen  des  Aktoxinüs  über 
den  Siloahquell  in  Jerusalem  beweisen,  worin  die  Trennung  der 
Geschlechter  erwähnt  ist^).  In  Gadara  hat  sicher  die  Nachbar- 
schaft des  diu-cli  sittenlose  Culte  berüchtigten  Syriens  mitge- 
wirkt. Dass  übrigens  die  Juden  es  nicht  besser  machten,  geht 
eben  aus  der  Erzählung  des  Epiphanius  hervor,  nach  welcher  der 
Sohn  eines  angesehenen  Israeliten  (eines  Patriarchen)  in  Beglei- 
tung seines  Mentors,  der  merkwürdiger  Weise  den  Titel  eines 
Apostels  führte ,  bei  dieser  Gelegenheit  mit  einer  Christin  zu- 
sammentraf,  welcher  er  dann  lange  vergeblich  nachstellte. 

Eine  Beschreibung  der  Badeeinrichtungen  findet  sich 
in  dieser  Geschichte  nicht  3) ;  doch  gewinnt  man  den  Eindruck, 
dass  der  Ort  im  vierten  Jahrhundert  ausserordentlich  besucht 
war.  Vermuthlich  fanden  auch  Lustbarkeiten  für  die  Gäste 
statt,  wie  in  Bajae,  jener  Herberge  des  Lasters^),  wo  auf  den 
Villen  oft  grossartige  Feste  gefeiert  wurden.  Es  ist  kaum  als  Zu- 
fall zu  beti achten,  dass  die  Trümmer  von  einem  der  drei  Theater 
sich  in  nächster  Nähe  der  Thermen  befinden. 

Während  die  letzten  Berichte  in  jene  Tage  uns  versetzen, 
in  welchen  Christenthum  und  Heidenthum  miteinander  noch  ums 
Dasein  kämpften,  führt  uns  die  nächste  Mittheilung  in  eine  Zeit, 
in  der  die  heidnische  Legende  mit  den  heidnischen  Göttern  längst 
zu  Grabe  getragen  war,  während  dagegen  die  christliche  Legende 
alle  hervorragenden  Stätten  des   gelobten  Landes   umwob.    Ga- 

1)  Selbst  in  Deutschland  kam  ein  gemeinsames  Baden  beider  Geschlech- 
ter im  15.  Jahrhundert^  vor,  wie  z.  B.  PoGGio  über  Baden  bei  Zürich  be- 
richtet. 

2)  De  locis  sanctis  c.  XXIV. 

3)  Nur  ein  terminus  technicus  kommt  vor;  dr,rj  wird  alsTheil  eines  Bades 
erwähnt.  Nach  Stephanus  bedeutet  dies  den  Rand  des  Beckens,  also  dasselbe 
wie  7-pTjrt;. 

4)  Deversorium  vitiorum  nach  Sexeca  ep.  51.  Er  verlässt  den  Ort  nach 
einem  Tage  schon,  weil  ihn  die  Üppigkeit  zum  Besuche  auserwählt  habe.  ^  gl. 
den  ganzen  Brief. 

13* 


194 

dura  war  inzwischen  eine  christliche  Stadt  geworden  und  Sitz 
eines  Bischofs '  .  Die  heidnischen  Namen  der  Bäder  sind  ver- 
schwunden —  sie  heissen  jetzt  dagegen  Thermen  des  Elias. 
wie  man  denn  in  dieser  Zeit  alle  möglichen  Localitäten,  Flecken, 
Kerge.  Flüsse,  Quellen  nach  Elias,  Elisa  und  Moses  und  ande- 
ren Männern  des  alten  Testaments  benannte.  Als  Berichterstatter 
ist  wieder  Antonixus  Maktyr  zu  nennen ^i.  Er  bietet  die  Notiz  : 
Gadara  ("nach  Cod.  Vat.  Gaddera^  quae  et  Gabaon  (T  dicitur", 
und  legt  auch  dem  Flusse  den  gleichen  Namen  bei.  Die  Wasser 
lagen  am  dritten  Meilensteine  von  der  Stadt  aus  gerechnet.  Da- 
selbst war  ein  Freradenhaus  (Xenodochium)  ad  'publicas  delicias'. 
Hier  boten  sich  also  dem  Fremdling  manche  Annehmlichkeiten, 
welche  frommen  Pilgern  meist  gratis  zu  theil  wurden.  So  war  es 
wenigstens  im  Xenodochium  St.  Georgii,  »in  quo  habent  refu- 
gium  transeuntes  et  eremitae  stipendia«  •\  . 

Besonders  wichtig  war  das  Bad  damals  für  Aussätzige,  die  in 
der  Zeit  des  Antoninus  sehr  zahlreich  gewiesen  sein  müssen .  da 
oft  im  Eeisebericht  von  ihnen  die  Rede  ist.  Die  Heilmethode 
war  aber  eine  höchst  eigenthümliche,  auch  ^^•irkten  manche  su- 
perstitiöse  Anschauungen  mit.  Die  Patienten  durften  nur  in  der 
Nacht  die  Thermen  benutzen.  Die  ganze  Nacht  hindurch  muss- 
ten  sie  in  einer  grossen  Wanne  (solium)  sitzen ,  die  wohl  nur  für 
den  Gebrauch  der  Aussätzigen  bestimmt  war.  Das  Baden  bei 
Nacht  war  allerdings  auch  bei  den  Römern  nicht  selten,  ja  es 
kommen  Vermächtnisse  vor ,  welche  die  Lieferung  des  zu  ver- 
wendenden Öles  betreffen  4) .  Dagegen  finden  sich  auch  Verord- 
nungen gegen  das  Baden  bei  Nachtzeit  ^j.  Beleuchtung  wurde 
natürlich  auch  in  Gadara  angeAvandt;  Antoninus  berichtet,  dass 
die  Kranken ,  wenn  die  bis  zur  Füllunsr  der  Wanne  beschlösse- 
neu  Thüren  (ostia)  sich  wieder  öffneten,   zur  Abendstunde  durch 

1  TOBLER,  Itinera  Hier.  Nr.  XV.  Notitia  Antiochiae  ac  Jerosolymae 
patriarchatuum  (Saec.  VI  ,  p.  340. 

2,  Cap.  VII. 

3  Auch  in  Jerusalem  war  ein  Ort,  wo  auf  Anordnung  der  Kaiserin  He- 
lena Armen  und  Pilgern  Brot  gereicht  wurde  (Axt.  M.  c.  XXVII).  Unent- 
geltliche Aufnahme  fanden  Pilger,  Männer  und  Frauen,  in  einem  Kloster  am 
Zion   c.  XXIII  . 

4)  Lersch  S.  10. 

5   Lersch  S.  105.   Mahggraff  S.  31. 


195 


den  Porticiis  eingelassen  wurden,  mit  Leuchtern  und  Weihrauch 
(cum  himinaribus  et  incenso).  Die  Aussätzigen  sahen  im  Zu- 
stande der  Betäubung  (soporati),  in  den  sie  freilich  unter  solchen 
Umständen  leicht  gerathen  mussten,  eine  Vision,  welche  sie  dann 
mitzutheilen  hatten.  Die  ganze  Sache  erklärt  sich  am  leichtesten 
als  ein  Niederschlag  altheidnischer  Anschauungen,  nach  welchen 
die  Deutungen  der  Träume  beim  Schlaf  im  Ileiligthum  eines 
Hades  eine  grosse  liolle  spielten').  Die  nun  folgende  Stelle  ist 
nicht  recht  verständlich  und  auch  nach  dem  ToBLER'schen  Texte 
schwer  zu  deuten.  Sie  lautet:  ,Dum  eam  recitaverit  (is  qui  cu- 
randus  est) ,  abstinentur  ipse  therme  septem  diebus,  et  intra  Sep- 
tem dies  mundantur'.  Danach  hätte  man  also  nach  der  Mitthei- 
lung des  Gesichtes  die  Bäder  jedesmal  sieben  Tage  dem  allge- 
meinen Gebrauch  entzogen.  Sollte  nicht  die  Stelle  vielmehr  ur- 
sprünglich so  gelautet  haben:  Dum  eam  recitaverit,  abstinetur'^) 
ipse  thermis  Septem  diebus  et  intra  Septem  dies  mundatur,  «er 
enthält  sich  der  Thermen  sieben  Tage  lang  und  wird  binnen  sie- 
ben Tagen  rein«.  Vtei  der  von  Tobler  selbst  3)  zugestandenen 
trostlosen  Textescorruption  diesesTtinerariums  dürfte  eine  solche 
Conjectur  wohl  gestattet  sein. 

Von  dieser  Zeit  an  hört  man  nichts  mehr  von  dem  Bade^;, 
bis  Seetzen  am  Anfang  dieses  Jahrhunderts  die  Ruinen  der  be- 
nachbarten Stadt  wieder  auffand,  und  Burckhardt  (IS  12  u.  A. 
dann  auch  die  Quellen  besuchten.  Heute  werden  die  Thermen 
el-Jiamma  genannt  und  stark  besucht ,  obwohl  die  Hitze  fast  er- 
stickend ist;  es  sind  oft  einige  hundert  Badegäste  da,  die  viel- 
fach aus  Galiläa  herüberkommen.  Die  Bäder  bieten  noch  weni- 
ger Comfort  als  die  vonTiberias;  ein  Badehaus  existiert  gar  nicht 
mehr.    Dagegen  ist  wenigstens  eine  Quelle   mit  einem  grossen 

1)    Vgl.  MAßOGRAFF   S.   7. 

2;  Abstinetur  im  Sinne  von  «sich  enthalten«,  z.  B.  Columella  7.  l(t,  5  : 
Totus  grex  abstinetur  potione  et  pabulo. 

3]  Itinera,  Pi'ooemium  p.  XXVIII. 

4;  In  dem  von  Tobler  herausgegebenen  Fragmentum,  quod  libro  primo 
Arculfi  additum  est  (p.  238),  findet  sich  eine  Stelle,  in  welcher  Gergissa  mit 
Gadara  verwechselt  wird  und  darum  zu  einer  ausHiERONYMUS  Onom.  wörtlich 
entlehnten  Stelle  hinzugefügt  wird:  »quia  ibi  calide  erumpunt  aquec  I3er 
Verf.  war  sicher  nicht  an  Ort  und  Stelle  gewesen  und  combinirt  nur  ver- 
schiedene Berichte. 


196 

Hassin  versehen .  das  nach.  Mkkill  60  oder  mehr  Yards  lang,  30 
breit  und  0  Fuss  tief  ist.  In  demselben  befindet  sich  eine  kleine, 
mit  Schilfrohr  bedeckte  sch-wimmende  Insel.  Auch  an  den  ande- 
ren Quellen  finden  sich  Überreste  früherer  Einrichtungen.  Dass 
man  das  Bad  schätzt,  beweist  der  Umstand,  dass  der  Grund,  auf 
dem  es  sich  befindet,  als  neutral  gilt  •) ,  so  dass  hier  Freunde  und 
Feinde  friedlich  zusammentreffen.  Über  die  liedeutung  dieser 
Thermen  sagt  Mekill  :  »Wenn  El  Ilamma ,  Avie  der  Platz  jetzt 
heisst ,  wieder  aufgebaut  werden  könnte ,  Avürde  es  nicht  nur 
einer  der  anziehendsten  Versammlungsorte  Syriens ,  sondern 
auch  einer  der  interessantesten  der  ganzen  Welt  werden«. 

Uer  Aiifenthalt  der  Badegäste  dauert  jetzt  etwa  14  Tage.  Die 
Wirkungen  des  AVassers  sind  verschieden  an  den  verschiede- 
nen Quellen  ;  sie  sind  ähnlich  wie  in  Tiberias,  sollen  aber  noch 
durchschlagender  sein.  Was  die  geologische  Beschaffenheit  des 
Terrains  anlangt,  so  ist  dieselbe  von  Lynch  untersucht  worden-, . 

Das  letzte  der  bekannteren  Heilbäder  Palästina's  ist  Kallir- 
rhoe  «Schünbrunn«  auf  dem  Ostufer  des  Todten  Meeres,  in  der 
Gegend  des  kleinen  Flusses  zerkä  mdln.  Für  zwei  Gruppen  von 
Thermen  wird  der  Anspruch  auf  diesen  stolzen  Namen  erhoben. 
Auf  der  Nordseite  des  Flusses  entspringen  aus  zwei  Felsen,  etwa 
2o  Minuten  von  einander  entfernt,  einige  sehr  heisse  schwefelhal- 
tige Quellen  (42 — 45°  E..),  vier  grosse  und  mehrere  kleine,  die 
sich  bald  in  den  Fluss  ergiessen,  welcher  in  einer  einsamen  engen 
Schlucht  zum  Todten  Meere  fliesst  und  noch  an  der  Mündung 
eine  ansehnliche  Temperatur  (23°  R.)  aufweist.  Aber  auch  eine 
halbe  Stunde  südlich  vom  Ausflusse  finden  sich  Avarme  Quellen, 
die  einen  Bach  bilden,  welcher  unmittelbar  in  das  Salzmeer  läuft. 

^^■iewohl  die  Meisten  —  auch  Kkkstex,  der  1S74  das  Todte 
Meer  umwanderte  ''\  —  die  nördlichen  Quellen  als  die  von  Kal- 
lirrhoe  bezeichnet,  so  möchte  ich  doch  an  die  südliche  Keihe  von 

1  Vgl.  Baedekeu's  Palästina  und  Syrien'^  297  und  Mekill.  a.  a.  Ü. 
p.  111. 

2  Ufficial  Keport.  p.  139. 

'6\  Die  Beschreibung  des  Flussthals  und  der  daselbst  befindlichen  Ther- 
men liefert  Keu-STEN,  ZDPV.  II,  S.  2üU;  einen  kürzeren  Bericht  über  die 
südlichen  Quellen  ebenda  S.  221  (nach  dem  Bericht  von  H.  Rotue  . 


197 

Thermen  denken.  Zunächst  schon  darum,  Aveil  sich  bei  dem 
Orte  Kallirrhoc  den  Nachrichten  zufolge  eine  bedeutende  An- 
siedhing befand ,  zu  welcher  in  der  engen  Schlucht  des  zerkü 
mdin  kein  Raum  war,  während  am  Meeresufer  und  auf  den  Ter- 
rassen, in  Avelche  das  Hochland  von  Moab  hier  abfällt '),  es  nicht 
an  Platz  zu  Anlagen  fehlte.  Ferner  bemerken  die  alten  »Schrift- 
steller einstimmig ,  dass  die  Thermen  von  Kallirrhoe  (unmittel- 
bar) in  das  Todte  Meer  abfliessen ;  die  nördlichen  Quellen  strö- 
men dagegen  zuerst  in  den  Zerka'^l.  Josephus  unterscheidet 
übrigens  auch  die  Thermen  Kallirrhoe' s  von  anderen,  welche 
nördlich  von  Machaerus  im  Thale  von  IJaaras  liegen  3)  ;  er  deutet 
mindestens  mit  keinem  Worte  an,  dass  beide  identisch  seien. 
Zieht  man  alle  diese  Umstände  in  Betracht,  so  ergiebt  sich,  dass 
man  schon  im  Alterthura  zwei  Thermen  auf  der  Ostseite  des 
Todten  Meeres  kannte,  die  nördlich  gelegenen  von  liaaras  oder 
Haaru*)  und  die  südlich  gelegenen  von  Kallirrhoe  oder  Lisa 
(Lasa)  ^) . 

Wenden  wir  den  Blick  zuerst  auf  die  Quellen  im  Sü- 
den! Infolge  der  einsamen  Lage  konnten  diese  Thermen  nicht 
die  Bedeutung  gewinnen  wie  die  von  Tiberias  und  Gadara;  wenn 
aber  Hieronymus  mit  Recht  Kallirrhoe  mit  dem  Lasa  identi- 
ficirt,  welches  als  Grenzstadt  Kanaans  Gen.  10,  19  genannt 
ist  ^') ,  so  gab  es  schon  in  sehr  alter  Zeit  eine  Ansiedlung  an  der 
Stelle,  die  dem  Stamme  Rüben  gehörte").  Vermuthlich  hat  Ile- 
rodes  der  Grosse,  als  er  die  Festung  Machaerus  herstellte  und 
zeitweise  als  Residenz  benutzte,   dem  Orte   den  neuen  Namen 


1)  ZDPV.  II,  S.  221. 

2;  Josephus,  Bell.  jud.  I,  33,  5  (vgl.  Ant.  XVII,  6,  5):  TaüTa  os  i%ziz\. 
£•;  TT,v  'AacfctXxiSa  >.i[i.vT,v;  ferner  Hier,  ad  Gen.  10,  19:  ,Quod  Lasa  sit,  quae 
nunc  Callirrhoe,  ubi  aqiiae  prorumpentes  in  mare  mortuum  defluunt'. 

3)  B.  J.  YII,  0,  3  (Neubauer  hat  aus  Versehen  VIII,  6,  3,. 

4)  Hier.  Onom.  ad  vocem  Beelmeon  sagt:  ,Hic  Beelmeon  trans  Jorda- 
nem.  Est  autem  vicus  usque  nunc  grandis  juxta  Baaru  in  Arabia,  ubi  aquas 
call  das  sponte  humus  effert,  cognomento  Beelmaus,  distans  ab  Hesbu^  milli- 
bus  noveni'.  EUSEBIUS:  BsE/.aicuv,  [■/.ajtj.r^  jxeftaTY]  rXr^zWi  -o~j  opo'j;  twv  i^epfAÖJv 
•joaTojv.    Baaras  oder  Baaru  lag  also  in  der  Nähe  von  Beelmeon. 

5)  Hier,  ad  Gen.  10,  19. 

6)  Schwarz,  das  heilige  Land  181 ,  führt  noch  einige  jüdische  Angaben 
an,  aus  denen  sich  die  Identität  von  Lasa  und  Kallirhoe  ergiebt. 

T;  Numeri  32,  38. 


198 


nach  tler  von  ihm  geschätzten  Quelle  gegeben.  Den  Namen  Kal- 
lirrhoö  trugen  bekanntlich  noch  viele  andere  Quellen ;  die  be- 
rühmteste unter  ihnen  Avur  auf  der  Akropolis  zu  Athen.  So  hat 
wohl  der  für  griechisches  Wesen  interessirte  Fürst  auch  sein 
»Sdiönbrunna  haben  Avollen.  Er  hat  auch  sicher  für  eine  ratio- 
nelle Einrichtung  an  den  Quellen  gesorgt,  da  er  ja  anderwärts 
zu  Askalon.  Caesarea  und  selbst  in  Machaerus  mit  vielen  Kosten 
künstliche  liäder  herrichten  Hess.  l)ass  die  Wasser  von  Kallir- 
rhoe  es  werth  waren,  gefasst  zu  werden ,  beweisen  die  Lobeser- 
hebungen des  JosEPHUS,  welcher  sagt,  dass  sie  neben  ihrer  uni- 
versalen Brauchbarkeit  (auv  xf^  kc,  -avr'  apsTfj  i  auch  trinkbar  seien 
L\nt.  XYII.  ü,  5).  Sie  haben  dies  mit  den  Thermen  von  Tibe- 
rias  gemein,  denen  sie  auch  sonst  ähnlich  zu  sein  scheinen.  Auf- 
fällig ist  nur  der  Zusatz  in  der  andern  Stelle  des  Josephus  (B.  J. 
I,  33),  dass  sie  wegen  ihrer  Süssigkeit  trinkbar  seien.  Es  bezieht 
sich  dies  wohl  nicht  auf  alle  Quellen,  da  kaum  alle  süss  sein 
dürften. 

Wie  sehr  Herodes  dieses  Bad  zu  schätzen  wusste ,  ergiebt 
sich  aus  der  Geschichte  seiner  letzten  Krankheit ') .  Trotz  furcht- 
barer Qualen  sich  an  das  Leben  klammernd ,  liess  er  sich  von 
Jericho  aus  über  den  Jordan  dahin  bringen.  Die  Arzte  begnüg- 
ten sich  aber  nicht  mit  dem  Gebrauche  der  Thermen ,  sondern 
machten  einen  letzten  Versuch  mit  dem  dem  Tode  verfallenen 
und  doch  dem  Verhängniss  widerstrebenden  Tyrannen  :  sie  Hessen 
ihn  ganz  in  eine  Wanne  mit  warmem  Ol  setzen  —  eine  Kxir.  die 
in  der  Kaiserzeit  ziemlich  beliebt  war  ^ , .  Aber  er  sank  plötzlich 
in  eine  tiefe  Ohnmacht ,  und  w  enn  er  auch  infolge  seiner  zähen 
Lebenskraft  wieder  erwachte,  so  verzweifelte  er  nun  doch  an 
seiner  Rettung  und  liess  sich  nach  Jericho  zurückbringen,  wo  er, 
bis  zuletzt  mit  Mordgedanken  erfüllt,  verschied.  Nach  ihm  weilte 
Antipas  vielfach  in  Machaerus  und  gebrauchte  gewiss  auch  oft 
die  Bäder  mit  seinem  Hofe.    Wie  aus  der  Erzählung  des  Jose- 


1  Nach  MERU.L  (p.  141  ist  das  von  Herodes  besuchte  Bad  Tell-Ham- 
mäm,  gegenüber  von  Jericho  in  der  Schittim-Ebene.  Seine  Gründe  sind  nicht 
angeführt ;  vermuthlich  dünkt  es  ihm  unwalirscheinlich,  dass  ein  Sterbender 
eine  so  weite  Strecke  gesclileppt  wurde,  von  Jericho  bis  zum  Zerka;  allein 
JosEPnvs  nennt  ausdrücklich  das  Bad  Kallirrhoe. 

2,  Lekscu  S.  91. 


199 


PHUs  hervorgeht,  fehlte  in  Kallirrhoe  nichts  von  dem,    was   das 
Badeleben  fordert. 

Nach  der  Zerstörung  vonMachaerus  am  Ende  des  jüdisclien 
Aufstandes  niusste  der  Besuch  der  Bäder  bedeutend  abnehmen ; 
immerhin  hören  -wir  aus  der  alten  Zeit  von  ihrer  Heilkraft  noch 
mancherlei.  In  den  Tagen  des  Josephus  gedenkt  derselben  noch 
PLl^"lus,  welcher  schreibt ';  :  «Auf  derselben  Seite  wie  Machae- 
rus;  ist  eine  heisse  Quelle  von  ziemlicher  Heilkraft  (modicae  sa- 
lubritatis),  Kallirrhoe,  welche  den  Kiihm  ihrer  Wasser  schon 
durch  den  Namen  verkündigtu.  Im  zweiten  Jahrhundert  erwähnt 
sie  der  Geograph  Ptolemäus '-) ,  der  ihre  Lage  genau  fixirt  hat 
(31°,  10  Breite,  67°, 6  Länge),  also  auch  an  Ort  und  Stelle  ge- 
wesen ist.  Es  begegnen  uns  dann  noch  die  oben  angeführten 
Stellen  der  jüdischen  Schriftsteller,  sowie  des  Onomasticon,  aus 
denen  so  viel  zu  entnehmen  ist,  dass  bis  zum  Beginn  des  Mittel- 
alters noch  eine  Ansiedlung  Kallirrhoe  existirte.  Über  das  Bade- 
leben findet  sich  dagegen  keine  Mittheilung  mehr  -vor.  Allmäh- 
lich ist  der  Ort  völlig  vom  Erdboden  verschwunden.  Von  neue- 
ren Reisenden  hat  zuerst  Seetzex  (ISÜ7)  wieder  die  Quellen  be- 
sucht 3).  Neuestens  ist  Rothe  (1S74)  an  der  Stelle  gewesen, 
deren  Umgebung  er  beschrieben  hat.  Danach  giebt  es  mehrere 
heisse  Quellen  ,  die  nach  dem  Meere  fliessen .  abwechselnd  mit 
kalten.  An  Badeanlagen  fehlt  es  ganz;  doch  legen  Dattelbäume 
noch  Zeugniss  davon  ab,  dass  einmal  menschliche  Cultur  hier 
heimisch  war.  Genauere  Untersuchungen  über  diese  Thermen 
sind  noch  nicht  angestellt  worden. 

Ebenso  einsam  sieht  es  heute  bei  den  nördlichen  Quel- 
len aus.  Einst  war  es  aber  auch  hier  belebter.  Das  beweisen 
noch  die  Reste  der  alten  Römerstrassen,  welche  von  Norden  imd 
Süden  in  den  Thalkessel  herabführen.  Eine  ziemlich  genaue  Be- 
schreibung dieser  Thermen  bietet  Josephus,  Bell.  jud.  ^II.  G.  3. 
Eine  Örtlichkeit  (to-q;)  des  nördlich  die  Stadt  Machaerus  umge- 
benden Thaies,  sagt  er.   wird  Baaras  genannt  ^^ .    Ist  damit   eine 

1  H.  N.  5,  IG. 

2  Geogr.  V,  15. 

3;  Die  erste  Nachricht  darüber  findet  sich  in  ZACHsCorrespondenz  ISÜS. 
Band  IS,  417  f.    Genaueres  in  Seetzen's  Reisen. 

4)  Der  Name  hängt,  wie  schon  früher  vermuthet  ward  {Seetzex  IV,  379) 
mit  'Vz  zusammen,  -weil  Spuren  unterirdischen  Brandes  vorliegen.  Man  Avird 


200 

Stadt  gemeint  ?  Da  Josephus  dicimal  nur  von  einem  totto;  redet 
und  da  in  dem  äusserst  engen  Tliale  kaum  eine  Ansiedlung  mög- 
lich -Nvar,  so  dürfte  wohl  anzunehmen  sein,  dass  ein  bestimmter 
Theil  des  Thaies  jenen  Namen  trug,  etwa  der  Berg,  an  dem  die 
Quellen  entspringen  ') .  Dafür  spricht  auch  ein  Vergleich  des 
Ünomasticon  von  Eusebius  mit  der  Überarbeitung  des  Hierony- 
MLs.  Elsebius  sagt,  ISeelmeon  liege  nahe  an  dem  Berge  der 
warmen  Wasser,  wälirend  Hieroxymus  dafür  angiebt :  »nahe  von 
Baaru  in  Arabien,  wo  der  15oden  von  sich  warme  Wasser  hervor- 
bringt'!. Danach  scheint  es  also  einen  Berg  dieses  Namens  gege- 
ben zu  haben.  Neubauer  meint  nun  2),  die  Quelle  von  Baaras 
(er  nennt  sie  Baris),  die  er  für  Kallirrhoe  hält,  sei  zugleich  auch 
mit  jener  Quelle  von  Biram  identisch,  welche  im  Talmud 
neben  Tiberias  und  Gadara  erwähnt  ist,  und  für  Biram  sei  Baris 
zu  lesen.  Allein  dadurch  wird  die  Verwirrung  nur  noch  grösser. 
Abgesehen  von  der  fraglichen  Correctur ,  kennt  der  Talmud  ein 
l^iram  am  Euphrat,  das  drei  Quellen  liat^);  endlich  beruht  Nei ;- 
BAUERS  Aussage  über  Flammen,  die  man  in  der  Nacht  im  Thale 
aufsteigen  sehe,  auf  einem  völligen  Missverstehen  dessen,  was 
Josephus  über  die  Winiderblumen  Baaras  berichtet,  so  dass  auch 
die  ganze  folgende  Argumentation  hinfällig  ist. 

Josephus  schildert  weiter  auch  die  Beschaffenheit  der 
Quellen.  Dieselben  sind  hinsichtlich  des  Geschmackes  sehr 
verschieden,  einige  sind  bitter,  andere  lassen  an  Süssigkeit  nichts 
zu  wünschen  übrig.  Daneben  finden  sich  auch  parallel  laufende 
kalte  Wasser;  was  aber  das  Wunderbarste  ist,  man  erblickt  eine 
nicht  tiefe  Höhle ,  die  durch  einen  vorspringenden  Felsen  be- 
deckt ist,  über  welchem  gleichsam  zwei  Brüste  hervorragen,  von 
denen  die  eine  kaltes,  die  andere  warmes  Wasser  darbietet. 
Wenn  man  beide  Wasser  mischt,  so  giebt  es  ein  angenehmes 
Bad.  heilsam  bei  Krankheiten,  besonders  bei  Nervenleiden.  Die 
Mischung  war  offenbar  darum  nöthig,  weil  das  Wasser  der  Ther- 

auch  durch  diese  Namen  an  die  oben  erwähnte  Stelle  des  Henochbuches  von 
dem  unterirdischen  Feuerpfuhl  u.  s.  -w.  erinnert. 

1  Auch  RoBl.NSON  (Physische  Geographie  S.  177)  fasst  das  "\Voj:t  löro; 
in  ähnlichem  Sinne  auf;  er  giebt  es  mit  »Platz«  wieder. 

2  A.  a.  ü.  p.  :n'). 

.1    Genaueres  bei  Schwarz  a.  a.  O.  S.  275. 


201 

raen  ohne  dieselbe  zu  heiss  geworden  wäre;  man  darf  aber  wei- 
ter ans  dieser  Bemerkung  den  Schluss  ziehen ,  dass  es  an  Bade- 
einrichtungen an  dieser  Stelle  nicht  fehlte,  liömische  Münzen, 
die  man  hier  fand,  beweisen  gleichfalls,  dass  diese  Thermen  auf- 
gesucht wurden.  Auch  hier  mag  Ilerodes  der  Grosse  manchmal 
gebadet  haben. 

In  den  neueren  Berichten  wird  nun  freilich  nichts  von  kal- 
ten Quellen  im  Zerka-Thale  erwähnt,  während  Hothe  mittheilt, 
dass  zwischen  den  südlichen  Thermen  auch  kalte  Bächlein 
Üiessen.  Ferner  erzählte  Seetzen's  arabischer  Diener  ')  seinem 
Herrn,  es  finde  sich  bei  den  südlichen  Quellen  eine  Felswand, 
aus  der  drei  Quellen  hervorspnulelten ,  von  denen  die  mittlere 
kalt,  die  andern  aber  heiss  seien.  Es  haben  desshalb  manche  ge- 
meint ,  die  Beschreibung  des  Josephus  auf  diese  Thermen  be- 
ziehen zu  sollen.  Allein  dieser  Schriftsteller  sagt  klar,  dass  das 
Heilbad  von  Baaras  im  Thale  nördlich,  von  Machaerus  gelegen 
war,  so  dass  an  die  südlichen  Thermen  hier  keincnfalls  gedacht 
werden  kann. 


Ich  füge  noch  einige  Mittheilungen  über  andere  Qu  ei- 
len Paläst ina's  hinzu,  von  denen  wir  weniger  wissen  und  die 
jedenfalls  den  genannten  sich  nicht  vergleichen  lassen.  Immer- 
hin haben  die  spärlichen,  zum  Theil  legendenhaften  Notizen 
über  den  Gebrauch  dies3r  Wasser  Werth ,  w'eil  sie  Beiträge  zur 
Kenntniss  des  palästinensischen  Badelebens  zu  verschiedenen 
Zeiten  liefern. 

Im  6.  Jahrhundert  werden  die  »Thermen  des  Moses« 
erwähnt ,  w^elche  oft  mit  Kallirrhoe  verwechselt  wurden ,  aber 
offenbar  nördlich  vom  Todten  Meer  zu  suchen  sind.  Es  liegen 
zwei  Berichte  vor,  von  Theodostus^)  und  von  xIntoxinus^j, 
welche  viel  Ahnliches  haben  und  auf  dieselbe  Localität  sich  zu 


1)  Reisen  II,  368. 

2  C.XIX.  In  ipsa  Liviada  Moises  silicem  de  virga  percussit  et  fluxerunt 
aqua,  que  abundantius  totam  terram  irrigant ;  dactylorum  incolatum  majorem 
habent.  Ibi  et  Moises  migravit  a  seculo.  Et  ibi  aque  calide  sunt,  ubi  Moises 
lavit  et  in  ipsis  aquis  calidis  leprosi  mundantur. 

3)  Itincr.  c.  X. 


202 

beziehen  scheinen.  Aber  nach  Theodosius  sollte  man  die  Moses- 
thermen bei  Livias  ^Julias) ,  also  einige  Meilen  vom  Todten 
Meere,  suclien,  ^viihrend  sie  Aktoninus  in  die  unmittelbare  Nähe 
desselben  verlegt.  Wenn  man  in  den  Worten  des  Theüuüsius: 
et  ibi  aque  calide  sunt,  ubi  Moises  lavit,  et  in  ipsis  aquis  calidis 
leprosi  mundantur,  das  »et  ibi«  urgirt.  so  bleibt  nichts  übrig, 
als  zwei  Thermen  zu  unterscheiden ,  welche  die  Legende  glei- 
chermassen  mit  Moses  in  Beziehung  brachte,  eine  nördliche  bei 
Livias  und  eine  südliche  am  Todten  Meere.  Die  warmen  Wasser 
des  Theodosius  sind  in  diesem  Falle  zweifelsohne  dieselben, 
welche  heute  noch  sprudeln  an  dem  von  Merill  beschriebenen 
Teil  el-Hammam').  auf  dem  auch  Ruinen  sich  befinden. 
Dieser  Hügel  liegt  nämlich  östlich  von  Teil  er-Käme ,  auf  dem 
nach  der  Annahme  der  meisten  Forscher  ^auch  Mekill's)  Livias 
von llerodes Antipas  erbaut  wurde-).  Da  aber  mit  »et  ibi«  in  bei- 
den Keisebcrichten  oft  nur  die  ungefähre  Lage  bezeichnet  ist,  so 
darf  man  die  Worte  wohl  auch  hier  in  diesem  Sinne  deuten,  um- 
somehr .  als  Theodosils  «in  i  p s  a  Liviada«  dem  »et  ibi«  gegen- 
übergestellt hat.  Ist  diese  Auslegung  richtig,  so  sind  die  beiden 
Berichte  zu  vereinigen  und  die  Thermen  des  Moses  in  der  Nord- 
ostecke des  Todten  Meeres  zu  suchen.  Nun  wird  allerdings  in 
dieser  Gegend  eine  warme  Quelle  nicht  von  neueren  Reisenden 
erwähnt,  sondern  nur '  Ain  es-Suweime  3) ,  eine  nicht  heisse  Quelle. 
Aber  in  dieser  Gegend  müssen  in  alter  Zeit  Thermen  gewesen 
sein,  wenn  AjS'TONINIjs  irgendwie  Glauben  verdient,  der,  wie  es 
scheint,  an  Ort  und  Stelle  gewesen  ist.  Er  selbst  nennt  den  Ort, 
in  welchem  oder  bei  welchem  (in  quo  loco)  die  Mosesthermen 
waren,  jjSalamaida,  ubi  reman&erunt  due  semis  tribus  filiorum 
Israel,  priusquam  transirent  Jordanem«.  Salamaida  ist  demnach 
wohl  identisch  mit  Ikth-Jesimot  Num.  33,  -iQ)  oder  Besimot 
(Joseph.  B.  J.  IV.  3,  6),  nach  Merill  u.  A.  dem  heutigen  Su- 
weime  in  der  Nähe  des  Salzmeeres  ^] .    So  führt  denn  auch  diese 

Ij  Statements  for  1879,  p,  144. 

2,  Vgl.  ZDPV.  II,  S.  3  (vgl.  S.  246.    D.  Red.). 

3y  RoBlxsoN,  phys.  Geographie,   S.  258. 

4,  Dieses  Salamaida  kann  nicht  mit  dem  im  Hodoeporicon  S.  Willi- 
UALDi  c.  XXVI  erwähnten  Ort  identisch  sein ;  denn  dieser  lag  bei  Emesa,  in 
extremis  (inibus  Sjriae. 


203 

Bestimmung  in  die  Nilhe  des  Ain  es-Suweime  i) .  Nimmt  man 
dazu,  dass  zwischen  dem  Todten  Meere  und  Hebron,  worauf  Herr 
Prof.  GuTHE  mich  aufmerksam  gemacht  hat,  sich  ein  Wadi  Ujiin 
Müsa  '^)  heute  noch  findet,  so  dürfte  die  Frage  als  erledigt  anzu- 
sehen sein. 

Während  Theodosius  nur  die  kurze  Mittheilung  macht,  dass 
auch  Aussätzige  in  den  Avarmen  Wassern  geheilt  wurden,  be- 
schreibt Antoxinus  die  Heilmethode  ausführlicher.  Von  der 
Quelle  sagt  er  zunächst,  sie  habe  sehr  süsses  Wasser,  welches 
als  Keinigungsmittel  getrunken  werde  3)  und  viele  Krankheiten 
heile.  Es  erinnert  dies  theils  an  das  Lob  des  Josepuus  über  die 
Wasser  von  Kallirrhoe,  theils  an  die  von  Maimoxides  erwähnten 
Wirkungen  der  Bäder  von  Tiberias.  Jene  Quelle  befindet  sich 
nicht  weit  vom  Salzmeer,  an  oder  in  welchem  im  Monat  Juli  und 
August  und  bis  in  den  halben  September  den  ganzen  Tag  lang 
die  Aussätzigen  liegen ;  am  Abend  aber  baden  sie  in  den  Ther- 
men des  Moses  selbst  (in  ipsis  thermis)  und  finden  zum  Theil 
durch  die  Gnade  des  Herrn  Heilung. 

Es  ist  sehr  auffallend,  dass  von  einer  so  wohlthätigen  Quelle, 
dazu  nicht  Aveit  von  Jericho,  uns  nicht  mehr  l^erichte  vorliegen. 
Man  weiss  aber,  dass  im  6.  Jahrh.  vielen  Wassern  Heilkräfte 
zugeschrieben  wurden,  die  in  Wirklichkeit  keine  aussergewöhn- 
lichen  Eigenschaften  besassen,  sondern  durch  eine  biblische  Ke- 
miniscenz  oder  auch  nur  durch  eine  Legende  geheiligt  erschienen; 
daher  ist  es  wohl  möglich  ,  dass  auch  der  Werth  der  Moses- 
thermen in  jener  Zeit  mindestens  Aveit  überschätzt  Avurde.  Übri- 
gens könnte  auch  jene  Quelle  inzAAischen  versiegt  sein,  wie  nach 
Fraas  (ZDFV.  H,  113  f.)  auf  dem  linken  Jordanufer  in  der  Nähe 
von  Jericho  einige  SchAvefelquellen  Aersiegt  sind ^  . 

1)  Am  Schlüsse  des  Capitels  Avird  noch  die  Entfernung  jenes  Ortes,  wo 
Moses  A-erschied,  auf  acht  Meilen  angegeben.  Es  ist  aber  nicht  ganz  klar,  ob 
der  locus  ille  der  Thermenort  ist  oder  ob  eine  neue  Localität  bezeichnet 
werden  soll.  Vergleicht  man  den  Bericht  des  Theodosius,  so  -wiTd  man  ge- 
neigt sein,  sich  für  das  Erstere  zu  entscheiden  Jedenfalls  steht  auch  diese 
Distanzangabe  nicht  im  Widerspruch  mit  der  oben  angenommenen  Lage  der 
von  AxTONiNUS  erwähnten  Thermen. 

2    Einige  Karten  haben  auch  die  'Ujün  oder  'Ajün  Müsa  selbst. 

Anm.  d.  Red. 

31  Für  pro  catarthico  bei  ToBLER  ist  doch  wohl  pro  cathartico  zu  lesen. 

4>  Eine  etwas  salz'ge  Quelle  befindet  sich  nach  SeetzexII,  374  zwischen 


204 

Die  Stelle  über  das  Salz raeer  bedarf  noch  einer  kurzen 
Erliiutening.  Es  steht  nämlich  bei  A>'TOXixus  :  .in  quo  mari  ja- 
cent  leprosi".  Man  müsste  danach  an  ein  stundenlanges  Haden 
in  dem  Todten  Meer  denken,  wenn  nicht  hinzugefügt  wäre,  in 
dem  Meer  könne  kein  Mensch  schwimmen.  Darum  nimmt  Skpp 
(I,  S.  2S1)  an.  dass  die  Leute  den  Tag  über  an  dem  Meere  lager- 
ten, um  Abends  in  den  Thermen  Genesung  zu  suchen.  Man 
könnte  freilich  einwenden.  Antoxinus  wolle  nur  die  Möglichkeit 
des  eiffentlichen  Schwimmens  bestreiten,  nicht  aber  die  des 
l^adens.  wie  denn  der  Pilger  von  Bordeaux  sagt') :  'si  quis  ho- 
miuum  miserit  se,  ut  natet,  ipsa  aqua  eum  versat" ;  aber  Axto- 
xiNus  fügt  noch  hinzu :  quidquid  in  illvnl  projectum  fuerit,  in 
profundum  demergitur^j,  woraus  man  schliessen  möchte,  dass 
man  zu  jener  Zeit  vor  einem  Baden  im  Todten  Meere  sich  ge- 
fürchtet habe.  Eine  sichere  Entscheidung  lässt  sich  nicht  tref- 
fen .  da  die  Fassung  der  Worte :  'in  quo  mari  toto  die  jacent 
leprosi,  ad  vesperum  autem  lavantur  in  ipsis  thermis  Mosis", 
wieder  den  Gedanken  an  ein  Bad  im  salzigen  Wasser  des  Todten 
Meeres  nahezulegen  scheint.  Dass  man  jedenfalls  schon  in  alter 
Zeit  an  eine  Heilkraft  dieses  Wassers  glaubte ,  beweist  eine  Er- 
zählung des  Galexus  ^  ,  wonach  ein  Reicher  aus  Italien  sich 
Wasser  aus  dem  Erdharzsee  in  Palästina  besorgen  liess.  Ferner 
berichtet  Josephus'*),  das  Erdharz,  dessen  auch  Antoxixus  ge- 
denkt 5) ,  sei  nützlich  zur  Heilung  von  Menschenleibern  und 
werde  vielen  Arzeneien  beigemischt.  Der  lange  Aufenthalt 
im  Wasser  würde  durchaus  nichts  Auffälliges  haben,  da  Ahn- 
liches öfter  berichtet  wird.  Zu  Gadara  sassen  die  Aussätzigen 
die  ganze  Nacht  in  der  Badewanne,  eben  zur  Zeit  des  Antoni- 
Nus.  Über  Tiberias  berichtet  Edrisi  ausdrücklich,  dass  die  Kran- 

dem  Bach  Suweime  und  dem  Wadi  Hesbon  —  eine  Viertelstunde  nördlich  von 
Suweime. 

1    ToüLEU,  Itinera,  p.  l'J. 

2,  Diese  Stelle  sagt  merkwürdigerweise  buchstäblich  das  Gegentheil  von 
Jos.,  Bell.  Jud.  IV,  S,  4. 

3)  SeppI,  681. 

4,  Beda,  De  locis  sanctis  c.  XII  hat  diese  Stelle  wörtlich  aufgenommen 

5;  ,Ad  cujus  litus  l)itumen  et  stilplmr  colligitur'.  Jetzt  ist  es  nicht  so 
leicht,  Asphalt  auf  dem  Ufer  zu  linden  vgl.  Seetzen  II,  372) ;  die  Notiz  des 
Antomxvs  findet  aber  ihre  Bestätigung  durch  Joseph.,  Bell.  Jud.  IV,  S,  4. 


205 

ken  drei  Tage  daselbst  im  Wasser  blieben.  Vielleicht  bestand 
die  gleiche  Sitte  zu  Gadara  auch  in  den  Tagen  des  Epiphanius, 
da  er  nur  von  einem  Aufenthalte  von  ■wenigen  Tagen  redet. 

Es  ist  hier -weiterhin  des  Teiches  IJethesda  zu  gedenken. 
Doch  lassen  -wir  die  theologischen  und  topographischen  Contro- 
versen  am  besten  hier  bei  Seite  ,  da  dieselben  so  vielfach  schon 
behandelt  sind  und  eine  sehr  ausführliche  Besprechung  erfordern 
würden,  und  berücksichtigen  nur  die  Mittheilungen  über  die 
Ladeeinrichtungen,  die  -wir  theils  im  Evangelium  Jolumnis,  theils 
in  andern  Quellen  empfangen.  Nach  Ev.  Joh.  c.  5  war  der  Teich 
von  fünf  Säulengängen  umgeben,  welche  dazu  dienten,  den  Lei- 
denden gegen  das  Wetter  Schutz  zu  gewähren.  Sie  waren  zu 
diesem  Zwecke  wohl  nach  aussen  hin  mit  einer  Wand  versehen. 
\'ielleicht  sollten  sie  zugleich  denen,  welche  von  auswärts  kamen, 
für  die  Zeit  ihres  Aufenthalts  Obdach  bieten,  bis  sie  entweder 
Genesung  fanden  oder  an  der  Herstellung  verzweifelnd  sich  wei- 
ter bringen  Hessen.  Der  Besuch  dieser  Quelle  scheint  zu  Christi 
Zeit  ein  sehr  zahlreicher  gewesen  zu  sein.  Die  Berichte  der  Pil- 
ger, welche  sich  häufig  mit  Bethesda  beschäftigen,  haben  aus- 
schliesslich für  die  Topographie  Interesse ,  Avährend  die  Balneo- 
logie leer  ausgeht;  sie  können  daher  füglich  hier  unbeachtet 
bleiben.  Nur  eine  Notiz,  die  öfter  wiederkehrt,  verdient  hervor- 
gehoben zu  werden,  nämlich,  dass  ein  Doppelbassin  sich  an  der 
Stelle  befand ;  das  eine  Becken  war  vom  Winterregen  angefüllt, 
das  andere  mit  röthlichem  Wasser  gefärbt  ^) .  Nach  den  neueren 
Untersuchungenistl^ethesda,  welches  man  frühschon  an  verkehrter 
Stelle  suchte  2) ,  mit  der  intermittirenden  Quelle  Hammäm  esch- 
Schifä  identisch,  deren  Wasser  salzig  schmeckt,  übrigens  nicht 
zum  Trinken,  sondern  nur  zum  Baden  brauchbar  ist  3] . 

In  Jerusalem  ist  ferner  des  Siloahteiches  zu  gedenken. 
Allerdings  ist  das  Wasser  nicht  heilkräftig;  da  es  aber  dafür  an- 
gesehen wurde  und  darum  auch  Badeanstalten  daselbst  sich  in 
früherer  Zeit  befanden,   so  darf  jener  Teich  an  dieser  Stelle  mit 


1)  Vgl.  das  Onom.  des  Eusebius  und  den  Pilger  von  Bokdeaux  ,  der 
allerdings  den  Teich  Bethsaida  nennt,  aber  gewiss  mit  den  »piscinae  gemella- 
res  quinque  porticus  habentes«  die  Anlagen  von  Bethescla  meint. 

2;  Auch  die  ,piscina  natatoria,  que  quinque  porticus  habet',  welche  An- 
TONINUS  erwähnt,  ist  nicht  der  richtige  Bethesdateich. 

3)  Sepp  I,  S.  272. 


2UG 

erwähnt  werden.  Die  h.  Schrift  erzählt  inis  nichts  von  einer  heson- 
ileren  Kraft  des  Wassers  :  dagegen  vermuthete  man  dieselbe  spä- 
ter von  christlicher  Seite,  weil  Christus  den  Blindgehorenen  zm- 
/.o/.'ja3r'f>oa  toij  ^liAtootu-  geschickt  hat.  sich  darin  zn  waschen  Ev. 
.Toh.  c.  iV  .  Aus  diesem  Grunde  verwandte  man  das  Wasser  im 
^Mittelalter  als  Schutzmittel  gegen  die  Blindheit.  Übrigens  hat- 
ten auch  die  Juden  bereits  das  Wasser  bei  Verdauungsbeschwer- 
den gebraucht.  Avie  folgende  Stelle  beweist^) :  ,Si  contigit,  ut  sacer- 
dotes  multam  carnem  sanctam  comederent,  aquas  ex  Siloa  bibe- 
runt,  quae  concoctionera  vehementer  promoverunt'.  Ferner 
badeten  im  16.  Jahrhundert  die  Sarazenen  in  dem  Teiche,  um 
den  natürlichen  Geruch  zu  mildern  oder  zu  vertreiben  2) .  Am 
wichtigsten  aber  ist  die  Angabe  des  Antoni^tus,  dass  auch  Aus- 
sätzige daselbst  Heilung  fanden.  Man  hat  also  zu  den  verschie- 
densten Zeiten  dem  Wasser  aussergewöhnliche  Wirkungen  zuge- 
schrieben. Dieser  Glaube  wurde  begünstigt  durch  den  Ge- 
schmack des  Wassers,  der  oftmals  etwas  Salziges  hat  3) ,  was  man 
wohl  als  ein  Zeichen  der  Heilkraft  betrachtete,  sowie  durch  eine 
gewisse  Unregelmässigkeit  des  Wasserstandes  ^),  welche  in  frühe- 
ren Zeiten  mysteriös  erscheinen  mochte. 

In  dieser  Sache  haben  die  Ausgrabungen  von  Prof.  Guthk 
ISSl  endlich  Licht  geschafft ^j.  Die  älteste  Anlage  war  nach  ihm 
ein  von  ihm  selbst  östlich  von  der  späteren  Anlage  aufgefunde- 
ner verschütteter  Teich,  dessen  bereits  die  Siloahinschrift  ge- 
denkt, identisch  mit  dem  Neh.  2,  14  erwähnten  Königsteich.  In 
späterer  Zeit  wurde  daselbst  noch  ein  Überbau  errichtet.  Ob 
jener  Teich  der  Joh.  c.  9  erwähnte  und  dieser  Überbau  der  vom 
Pilger  von  Bordeaux  (Itinera  hierosolymitona,  ed.  Titus  Tobler, 
p.  1 7  geschilderte  quadriporticus  ist,  lässt  Guthe  unentschie- 
den. Die  Verschiedenheit  des  Wasserstandes  im  Siloahteich 
hängt,  wie  jetzt  niemand  mehr  bezweifelt ,  zusammen  mit  der 
Periodicität  der  sog.  Marienquelle,   von  welcher  der  Teich  sein 

I     Hi:i:zoG,  Realencyclop.  XIV,  S.  375  ,'Artikel  Siloa  von  Leyrer;.  Die 
Stelle  findet  sich  Ab.  K.  Nath.  C.  34. 
2)  De  Saligxac.  T.  X,  ep.  I. 

3    Ausser   neueren   Reisebeschreibungen    vgl.   AVilhelm    von    Tyrvs 
Vlil.  7. 

4;  Vgl.  das  Itin.  Hier.,  sowie  AxTOXlxrs  Martyr  c.  XXIV. 
ö;  Siehe  besonders  ZDPV.  V,  S.  300  f.  und  355  f. 


207 


Wasser  erhält  und  die  mit  ihm  durch  einen  Kanal  verbunden  ist, 
in  welchem  die  berühmte,  auch  in  der  ZDPV.  viel  besprochene 
Inschrift  ij^cfunden  ward.  Er  hält  es  für  wahrscheinlich,  dass  erst 
nach  der  Zeit  des  Pilgers  von  Bordeaux,  vielleicht  zur  Zeit  der 
Kaiserin  Eudokia  (im  Anfang  des  5.  Jahrhunderts),  eine  zweite 
Anlajo^e  gemacht  wurde,  deren  Antoninus  gedenkt  —  eine  Be- 
hauptung, mit  der  er  sich  zu  der  Angabe  des  Nicephürus  Cal- 
LisTi  (S.  30),  wonach  Helena  einen  schönen  Bau  an  der  Quelle 
aufgeführt  habe,  in  Widerspruch  stellt.  Diese  zweite  Anlage  be- 
stand aus  einer  Basilica,  vor  welcher  eine  piscina  grandis  sich 
befand.  Von  diesem  unmittelbar  von  der  Quelle  gespeisten  (obe- 
ren) Siloahteich  unterscheidet  er  weiter  die  piscina  grandis  foras, 
unter  dem  heutigen  Jesaiabaum ,  welche  der  Pilger  von  Bor- 
deaux erwähnt  und  die  nach  ihm  mit  dem  vorexilischcn  »Teich 
der  Leitung  bei  dem  Garten  des  Königs«  (Neh.  3,  15)  identisch 
ist.  Als  eine  vierte  Anlage,  die  mit  der  Siloahquelle  zusammen- 
hänge, bezeichnet  er  endlich  die  heutige  birket  il-hamrä,  welche 
Fabri  (1483)  und  Andere  natatoria  Siloe  nennen  und  die  jetzt 
noch  unterer  Siloahteich  heisst.  Für  das  Badeleben  in  Palä- 
stina hat  lediglich  die  von  Antoninus  beschriebene  (2.)  Anlage 
Interesse.  Über  viele  Stufen  am  Bogen  eines  alten  Stadtthores 
herabsteigend  ,  sah  er  eine  basilica  volubilis  ,  unter  welcher  der 
Siloe  hervorbrach.  Diese  Basilica  hatte  zwei  marmorne  Bassins, 
zwischen  welchen  ein  Schrankenverschluss  sich  befand.  In  der 
einen  Abtheilung  badeten  die  Männer,  in  der  andern  die  Weiber 
um  der  Segnung  willen  (pro  benedictione)  ^). 

Es  war  also  seit  der  Zeit  des  Pilgers  von  Bordeaux  über 

1)  Das  Baden  pro  benedictione  ist  auch  cap.  IV  erwähnt  bei  der 
Beschreibung  vonCana:  ,in  ipso  fönte  lavimus'.  Man  wird  hier  nicht  die 
Sitte  zum  Vergleich  heranziehen  dürfen,  die  Hände  (und  etwa  auch  die  Füsse) 
in  einem  in  der  Vorhalle  der  Kirche  angebrachten  Wasserbehälter  zu  waschen, 
aus  welcher  sich  wohl  allmählich  der  Gebrauch  des  Weihwassers  entAvickelte 
(Herzog,  Real.  Encycl.  Artikel  Weihwasser  von  Steitz]  ;  denn  es  handelt 
sich  bei  Antoninus  unverkennbar  um  ein  aussergewöhnliches  Baden  de.s 
ganzen  Körpers,  dem  man  dann  auchWerth  für  das  religiöse  Leben  zuschrieb. 
Dass  die  Wendung  pro  benedictione  diesen  Sinn  hat ,  ergiebt  sich  auch  dar- 
aus, dass  ein  Trinken  pro  benedictione  (cap.  XXII;  erwähnt  ist.  Es  sind  das 
lauter  verdienstliche  Werke,  Avelche  nach  der  Anschauung  jener  Zeit  nicht 
unbelohnt  blieben.  Etwas  anders  Guthe  :  (man  badete ,  »um  der  heilsamen 
Kräfte  des  Wassers  theilhaftig  zu  werden«. 


Ztschr.  d.  Pal.-Ver.   VII. 


14 


208 

dem  Wasser  eine  luiuleliasilica ')  erbaut  worden,  in  welcher  die 
beiden  Uassins  sich  befanden.  Unter  Kasilica  ist  jedenfalls  eine 
Kirche  zu  verstehen ,  da  Antonikus  das  Wort  immer  in  diesem 
Sinn  anwendet ,  während  sonst  allerdings  oft  Säulenhallen  mit 
Piscinen  verbunden  waren  (vgl.  Sid.  Apoll.  II,  2).  Es  ist  be- 
kannt, dass  oftmals  Thermen  in  Kirchen  umgewandelt  wurden, 
wie  jene  Inschrift  einer  Muttergotteskirche  bezeugt :  «Quae  fue- 
rant  thermae ,  nunc  templum  est  virginis ,  auctor  est  pius  ipse 
pater ,  cedite  deliciae'  ^  .  Aber  neu  ist  in  diesem  Falle,  dass  die 
Hiider  weiter  benutzt  wurden.  Die  beiden  Bassins  waren  ver- 
muthlich  unter  dem  Gotteshause  angebracht.  So  war  in  Sichern 
eine  Kirche  zur  Zeit  des  Antonixüs  ,  in  welcher  sogar  vor  den 
Schranken  des  Altars  der  Brunnen  gezeigt  ward .  aus  welchem 
Christus  Wasser  von  der  Samariterin  sich  erbat  3).  —  Es  wurden 
eben  damals  mehrfach  Gotteshäuser  unmittelbar  über  den  durch 
eine  heilige  Überlieferung  geweihten  Stellen  errichtet^).  Die 
Jiasilica  des  Aktoxi^us  diente  wohl  zugleich  als  Baptisterium, 
da   bei  den  Taufcapellen  der  Centralbau  besonders  beliebt  war. 

Während  es  sich  bei  den  bisher  erwähnten  Waschungen  am 
Siloahquell  um  religiöse  Acte  handelte,  welche  an  die  Wa- 
schungen der  Israeliten  und  Muslimen  erinnern,  hören  wir  in 
der  Fortsetzung  der  Schilderimg  des  Antonixus,  dass  auch  Aus- 
sätzige geheilt  wurden  und  dass  überhaupt  an  diesen  Wassern 
vieles  gerühmt  Avard  (in  quibus  aquis  multa  ostenduntur] .  d.h. 
dass  sie  wunderbare  Kräfte  besassen^).  Auf  Avelche  Weise  die 
Aussätzigen  behandelt  wurden,  wird  hier  nicht  gesagt,  ver- 
muthlich  war  es  ähnlich  wie  in  Gadara,  wo  diese  Patienten  in 
der  Nacht  die  Baderäume  benutzen  durften. 

1  Dass  volubilis  mit  »rund«  übersetzt  ^verden  kann,  beweist  die  bei  Du 
Gange  angeführte  Stelle  aus  Axast.vsius  in  Greg.  III ,  p.  22  :  columnas  sexa- 
ginta  volubiles.  Vgl.  auch  Ovid  ep.  20,  209  undCicero  de  univ.  31, 10.  Guthe 
lehnt  es  ab,  den  Ausdruck  zu  erklären, 

2)  Viele  Beispiele  noch  bei  Leksch  S.  133;  vgl.  auch  die  Notiz  beiAxT. 
c.  XXVII  über  die  piscina  natatoria  ;das  falsche  Bethesda) ,  dass  in  einem  der 
fünf  Porticus  eine  basilica  der  heiligen  Maria  sich  befinde  (c.  XXVII). 

3;  Axt.  c.  VI.    Auch  hierher  kamen  Kranke  zur  Heilung. 

4)  Es  kam  vor ,  dass  in  solchen  Fällen  antike  Labra  als  Taufsteine  und 
Badesessel  als  Bischofsstühle  verwendet  wurden.    Makggraff  S.  19. 

5)  Vgl.  die  ähnliche  Wendung  c.  XXIII :  ,De  petra  illa  multe  fiunt  vir- 
tutes' . 


209 


Endlich  gedenkt  Antoninus  auch  solcher  Leute,  welche  nur 
des  Vergnügens  wegen  badeten.  Diesen  Avar  der  grosse 
Teich  'i  vor  der  gedeckten  Halle  (atriiim)  beständig  zugänglich, 
der  heutige  obere  Siloahteich.  Hier  konnten  a\ich  Nichtchristen 
die  "Wohlthat  der  Quelle  geniessen.  Es  war  auch  Vorkehrung 
getroffen,  dass  die  Schwankungen  des  Wasserstandes  dem  liadcn 
nicht  hinderlich  wurden.  Denn  Antoninus  hebt  ausdrücklich 
hervor,  dass  das  Volk  beständig  badete,  während  die  Quelle 
selbst  nach  seiner  Darstellung  nur  »zu  bestimmten  Stunden  viel 
Wasser  lieferte,  die  durch  das  Thal  Gethsemane,  das  auch  Josa- 
phat  heisst ,  bis  zum  Jordan  strömen ,  an  der  Stelle,  wo  er  in 
das  Salzmeer  fliesst«.  Andere  Angaben  dieser  Pilgerschrift  über 
die  Siloahquelle  haben  für  den  vorliegenden  Zweck  keine  Be- 
deutung. Die  Anlagen,  welche  Antoxinus  erwähnt,  wurden 
übrigens  im  Laufe  der  folgenden  Jahrhunderte  noch  erweitert  2)  ; 
Albert  von  Aachen  (1095 — 1121)  erwähnt  ein  quadratisches 
klosterartiges  Gebäude,  in  dessen  Mitte  sich  Avährend  der  Nacht 
das  Wasser  des  Bades  sammelte.  Fabri  (1483)  berichtet,  dass 
fromme  Männer  gleichsam  ein  Kloster  über  der  Quelle  errichtet 
hätten.  Der  Teich  wurde  aber  damals  kaum  mehr  zum  Baden 
benutzt,  da  Fabri  schreibt:  Um  den  Quell  ist  ein  Teich,  gleich- 
sam ein  Bad.  Wahrscheinlich  machte  schon  der  Zustand  der 
Anlagen  den  Gebrauch  unmöglich.  Nach  Guthe  wäre  es  noch 
heute  möglich,  einen  schönen  Teich  mit  fliessendem  Wasser  für 
die  Bewohner  Jerusalems  an  jener  Stelle  herzurichten. 

Im  Alterthum  berühmt  war  schliesslich  noch  die  Quelle 
bei  dem  Ort  ""Amwäs,  der  anfänglich  Emmaus  hiess  und  nach- 
mals beim  Wiederaufbau  unter  Alexander  Severus  Nikopolis  ge- 
nannt ward,  nicht  zu  verwechseln  mit  dem  Emmaus  der  Schrift 
Luc.  c.  23.  Die  Verwechslung  fand  aber  frühe  statt,  und  so  knüpfte 
sich  eine  Legende  auch  an  jenes  Wasser.  Sozomenos  berichtet 
lim  5.  Jahrb.),  dass  nicht  imr  Menschen,  sondern  auch  andere 
Geschöpfe  Heilung  von  mancherlei  Krankheiten  gefunden  hät- 
ten, seit  der  Herr  die  Füsse  daselbst  gebadet  habe  3) .  Von  Inter- 

1)  Die  Piscinen  waren  oft  von  gewaltigem  Umfang,  so  dass  man  sich  im 
Schwimmen  darin  üben  konnte  ;  das  Schwimmbassin  in  den  Diocletianusther- 
men  z.  B.  bot  1700  qm.  Wasserfläche.    (Marggraff  S.  15). 

2)  Guthe  a.  a.  O.  S.  364. 
3,  Historia  tripartita  V,  20. 

14» 


21 U 


esse  ist  hier  ausser  derLeo;ende.  welche  bei  Theophanes  noch  er- 
weitert erscheint  1",  die  Notiz,  dass  das  Wasser  auch  bei  Thieren 
antrL'wendet  wurde.  Es  kam  auch  sonst  im  Alterthum  öfter  vor. 
dass  man  hcilkrüftige  Wasser  in  solcher  Weise  gebrauchte,  so 
die  Quelle  von  Sipuntium  in  Italien  -] .  Heute  ist  noch  eine  gute 
Quölle  vorhanden,  welche  jedoch  keine  Therme  ist.  wie  man 
nach  dem  Namen  des  Ortes  annehmen  sollte.  Dass  übrigens  die 
Quelle  von  Emmaus  auch  bei  den  Juden  berühmt  war,  beweist 
ims  eine  Stelle  aus  Midrasch  Koheleth  Fol.  104,  23):  »Rabbi 
Elieser  ging  zu  seiner  Frau  nach  Emmaus,  einem  Orte  voll  vor- 
züglichen Wassers,  wo  angenehm  zu  leben  war«.  Heute  kommen 
keine  Badegäste  mehr  zu  dieser  Quelle ,  über  deren  Eigenschaf- 
ten genaue  Untersuchungen  nicht  vorliegen. 

Von  neueren  Reisenden  werden  noch  andere  mineralische 
Quellen  erwähnt;  allein,  da  über  dieselben  keine  Zeugnisse  aus 
älterer  Zeit  vorliegen  ■*)  und  sie  auch  heute  nicht  benutzt  werden, 
kann  eine  Aufzählung  und  Beschreibung  derselben  füglich  unter- 
bleiben. Hier  kam  es  dem  Verfasser  nur  darauf  an .  alle  die 
Berichte  zusammenzustellen,  welche  für  die  Culturgeschichte 
von  gewissem,  wenn  auch  bescheidenem  Interesse  sind. 

1)  Chronogr.  p.  41.  Nach  ihm  heilte  der  Quell  alle  Krankheiten  der 
Menschen  und  Thiere,  wurde  aber  von  Julianus  verschüttet.  Ähnlich  auch 
Wilhelm  von  Tykus  (VII,  24). 

2;  Lersch  S.  116. 

3)  WicHMAXNsnAisEX  p.  DCCCCLM. 

4)  Es  wurden  allerdings  im  Alterthum  wahrscheinlich  mehr  Quellen  ge- 
braucht, da  AjnnAXVS  über  Palästina  sagt:  ,In  locis  pluriniis  aquae  suapte 
natura  calentes  emergunt  ad  usus  aptae  multiplicium  medelarum'. 


Tütlisclie  Münzen  aus  Jerusalem. 

Von  D.  Stickel  in  Jena. 


Altjüdische  Münzen  scheinen,  soweit  öffentliche  Mittheihin- 
gen  darüber  Anskunft  geben,  in  den  Münzsammlungen  Deutsch- 
lands, das  Berliner  und  Wiener  Museum  und  die  Privatsammlung 
des  Herrn  Merzbachek  etwa  ausgenommen,  nicht  gar  zahlreicli 
vorhanden  zu  sein.  Wenn  auch  J.  C.  Schläger,  vormaliger  Ober- 
aufseher des  Herzogl.  Münzkabinets  zu  Gotha,  in  O.  G.  Tych- 
sen's  die  Unächtheit  der  jüdischen  Münzen  S.  55  versichert,  etwa 
zwei  bis  drei  hundert  derartiger  Münzen  in  den  Händen  gehabt 
zu  haben,  so  sind  dochjetzt  nach  gefälliger  Mittheilung  des  Hrn.  1). 
Pertsch  dort  nur  zwei  in  Silber,  ein  Schekel  vom  Jahre  2  und  ein 
halber  Schekel  vom  J.  1 ,  und  1 8  Kupfermünzen  zu  finden.  In  dem 
etwa  1000  orientalische  Prägen  enthaltenden  Kabinet  der  Univer- 
sität Rostock  fajid  Frähn,  dessen  handschriftlicher  Katalog  mir 
vorliegt,  zu  seiner  grossen  Verwunderung  von  Münzen  mit  der 
sogenannten  samaritanischen  Schrift  ausser  sieben  Abgüssen  und 
Abdrücken  in  Gips  und  Sianiol,  nur  zwei  Stücke,  die  er  als  acht 
gelten  lässt.  GeAviss  ein  erstaunlicher  »exilis  et  tenuis  apparatus« 
für  das  abentheuerliche  Wagniss  von  O.  G.  Tychsek  ,  alle  jüdi- 
schen Münzen  als  unächte  zu  erweisen.  —  Auch  in  den  Verzeich- 
nissen deutscher  Münzhändler  begegnet  man  nur  selten  einem 
Angebot  von  dieser  Münzklasse. 

Um  so  erfreulicher  und  verdienstlicher  ist  es,  dass  Herr  Hau- 
rath  Schick  in  Jerusalem  seine  hierfür  besonders  günstige  Stel- 
hmg  benutzt  hat  und  noch  benutzt,  um  dergleichen  Alterthums- 
denkmäler,  wie  sie  unter  den  Händen  der  l^odenarbeiter  zu  Tage 
kommen,  anziisammeln  und  vom  Untergang  zu  retten,  indem  er 
sie  an  deutsche  Kabinette  ablässt.  Es  kann  nicht  zweifelhaft 
sein,  dass  es  auf  solche  Weise  gelingen  wird,  noch  manche  von 
den  vielen  Lücken  in  der  Münzreihe  von  den  Makkabäern  ab- 
wärts auszufüllen  und  manches  Problem  zu  lösen. 

Auch  das  Jenaische  Kabinet,  eines  der  reichsten  an  ande- 
ren .  muslimischen  Prägen ,  von  jüdischen  Münzen  aber  bis 
dahin  nur  im  Besitz  von  dreien,  dankt  dem  Hrn.  Schick  eine 
erwünschte  Vermehrung.  Wir  glauben  nichts  Überflüssiges  zu 
thun,  indem  wir  nachfolgendes  Verzeichniss  der  zugekommenen 
Stücke  mit  den  Nximmern ,  unter  denen   sie  in  den  von  beiden 


•212 

Seiten  mit  Glas  überzogenen  Rahmen  ausgestellt  sind,  vorlegen. 
Allesammt  sind  Kupfermünzen. 

Nr.  3.  Zwei  Exemplare  aus  dem  vierten  Jahre  der 
Befreiung  Zions  ("JV]:  rbs?:ö)  mit  dem  Kelch  auf  Adv.  und 
den  beiden  Etrog  und  Lulab  aiif  Kev.  —  De  Saulcy,  Recherches 
sur  la  Xumism.  Jiulaique  S.  20.  Nr.  9,  Pl.I.  9,  Lew,  Geschichte 
der  .lud.  Münz.  iS.  44.  Nr.  5,  Merzbacher  in  l>erl.  Ztschr.  f. 
Nmnism.  111.  186,  Tab.  IV.  Nr.  136.  IV,  S.  364.  —  Man  nimmt 
an  diesen  Exemplaren  recht  deutlich  wahr ,  dass  sie  in  aneinan- 
derhiingenden  Schälchen  mit  schrägem  Rand  gegossen  imd  dann 
voneinander  abgehackt  worden  sind. 

Nr.  4.  Eine  der  Münzen  mit  dem  doppelten  Füllhorn, 
zwischen  dessen  beiden  Theilen  ein  Mohnstengel  auf  Rv.  Der 
Adv.  bietet  innerhalb  eines  Lorbeer-  oder  Olivenkranzes,  über 
welchem  zwei  Punkte,  eine  in  der  untersten,  dritten  Zeile  un- 
vollständige Inschrift ;  die  drei  Elemente  der  obersten  Zeile  und 
die  sechs  der  zweiten  sind  wenig  klar,  nur  ein  n  zu  Anfang  die- 
ser Zeile  ist  deutlich,  wonach  "j:  als  gerade  Striche  folgen.  Dies 
genügt,  um  die  Münze  dem  Johann  Hyrkan  I.  135 — 106  v.  Chr. 
zuzuAveisen.  Mit  der  nur  dreizeiligen  Legende  steht  sie  unter 
den  vielen  Varietäten  bei  Merzbacher  III,  S.  194  den  Nr.  19 
und  29  am  nächsten,  macht  aber  durch  das  n  zu  Anfang  der 
zweiten  Zeile  noch  eine  neue  Varietät. 

Nr.  5.  Zwei  Exemplare  der  Münze  mit  dem  Anker  auf  Adv. 
und  dem  nur  theil weise  erhaltenen  BAZIAEQZ  AAEZAN- 
APOV;  auf  Rv.  der  achtstrahlige  Stern,  zwischen  dessen  Strah- 
len auf  dem  einen  Exemplar  keine  Spuren  einer  Inschrift,  auf 
dem  andern  von  der  vollen  Legende  ;i-b-'an-'i-n-2-"in-i  das  :n, 
die  übrigen  Elemente  etAvas  weniger  deutlich,  erkennbar  sind.  — 
Die  Münze  gehört  dem  Jonathan  Alexander  I  (Jannai)  105 — 78 
V.  Chr.  als  König  und  findet  sich  auch  bei  Merzhacher,  in  Ber- 
lin imd  Wien.    S.  Berl.  Num.  Ztschr.  III,  S.  200,  Nr.  51"«. 

Nr.  6.  Adv.  Im  geperlten  Kreise  um  den  Anker  BAC[d£(«;] 
HPüJiOou].  Rv.  Zwei  Füllhörner  mit  Mohnkopf  oder  Granatapfel 
(hxzAvischen.  —  VonHerodes  d.  Grossen,  40 — 4  v.  Chr. —  Saulcy 
S.   130.   PL  VI.   Nr.  5—7. 

Nr.  7.  Stark  verriebenes  Exemplar.  Adv.  Weintraube  am 
Stil,  darüber  HPÜfooo].  Rev.  Helm  mit  Busch  und  Sturmbän- 
deni,  darunter  [eONAPXOYJ.  Nach  Levy  S.  73 f.  und  Saulcy 
S.  134.  PI.  VII.  5— S  dem  llerodes  Archelaus,  4  v.  Chr.  bis  6 
n.  Chr.,  gehörig. 

Nr.  8.  Zwei  Exemplare,  Selten.  Adv.  In  Perlkreis  eine 
gebogene  Ähre  mit  der  Aufschrift  KA I  CA  -  POC  —  Rev.  Palm- 
baum mit  herabhängenden  Früchten,  zu  beiden  Seiten  des  Stam- 
mes L-Ar.  Im  33.  Jahre  der  actischen  Ära  war  Judäa  noch 
nicht  römische  Provinz,  weshalb  Saulcy  S.  138  AS  36  conjicirt, 
als  in  welchem  Jahre  (6  n.  Chr.)  Coponius  als  der  erste  Procura- 


213 


tor  des  Kaisers  Octavianus  Augustus  über  Jiidäa  bestellt  Avar.  — 
Lew  S.  76. 

Nr.  9.  Adv.  Um  den  Lituus:  TIBePI  OY  KAICAPOC,. 
Kv.  In  einem  Lorbeerkranze  LIZ  d.  i.  das  17.  J.  des  Tiberius, 
31  n.  Chr.  Die  Münze  ist  sonach  von  Pontius  Pilatus,  zwei  Jahre 
vor  Christi  Kreuzigung,  geschlagen. —  Saulcy  S.  14G,  PI.  IX. 
Nr.  G. 

Nr.  10.  11.  Zwei  Münzen  vom  Prociirator  Judäa's  ^'alerius 
Gratus  zu  Ehren  der  Mutter  des  Tiberius,  Julia,  geschlagen.  Adv. 
In  einem  Kranz  dreizeilig  TIB-KAI-CAP,  kavim  noch  erkenn- 
bar auf  dem  einen  Ex.  —  llv.  Auf  Nr.  10  gerade  aufrechtstehen- 
der, auf  Nr.  11  etwas  nach  rechts  geneigter  PalmzAveig.  zu  beiden 
Seiten  lOY-AlA,  unten  L-G  auf  Nr.  10,  und  zwar  hiermit 
recht  deutlichem  G,  Avie  auf  dem  Pariser  Exemplare  bei  Saulcy 
S.  143.  Durch  A'ergleichung  mit  dessen  PI.  VUI,  Nr.  10  und 
1 1  ergiebt  sich,  dass  unsere  Stücke  aus  den  Jahren  5  und  1 1  des 
Tiberius,  dem  19.  und  25.  n.  Chr.  stammen.  Levy  S.  76. 

Nr.  12.  Adv.  um  die  Figur  eines  Simpulum  ohne  Deckel 
[TIBejPlOV  KAICAPOC...  Die  folgende  Jahreszahl  —  bei 
Saulcy  S.  144.  PL  IX.  1.  2  auf  einigen  Exemplaren  IG  des  Ti- 
berius (=  30  n.  Chr.,  viertes  Jahr  der  Beamtung  des  Pontius 
Pilatus  —  ist  hier  undeutlich.  —  Rv.  Drei  an  den  Stilen  ver- 
bundene Ähren,  darum  [lOVAlA  KAI'CAPOC  (sc.  \i.r^rr.p]. 

Nr.  13.  Zwei  Exemplare  aus  dem  6.  J.  (=  43  n.  Chr.)  des 
Königs  Agrippa  I  bald  nach  seinem  Einzüge  in  Jerusalem.  Adv. 
Ein  Sonnenschirm  mit  Franzen,  darum  BACIACfZC  AT  PITT A. 

—  Rv.  Geperlter  Rand.  Drei  aufrechtstehende  Ähren.  Links 
und  rechts  L-  S.  Die  einzige,  aber  in  sehr  vielen  Exemplaren 
vorhandene  Münze  dieses  Königs  der  Juden.  Saulcy  S.  14S. 
Levy  S.  SO. 

Nr.  14.  Zwei  Exemplare  aus  dem  14.  J.  des  Claudius  (=  54 
n.  Chr.)  vom  Procurator  Judäas  Claudius  Felix  zu  Ehren  des 
Kaisers  und  seiner  letzten  Gemahlin  Agrippina  geschlagen.  Adv. 
Zwei  gekreiizte  Ähren.  Tl  KAAYAIOC  KAICAP  FCPM. 
Unten  L  lA.  —  Rv.  In  einem  Kranz  vierzeilig  lOY  -  AIAAF- 
Pinni  -  NA.  —  Saulcy  S.  149.  PI.  IX.  10. 

Nr.  15.  Vier  Exemplare  aus  dem  5.  Jahre  Nero's  (=  59  n. 
Chr.).  dem  letzten,  in  welchem  Claudius  Felix  Landpfleger  in 
Judäa  war.  —  Adv.  Palmzweig.    Umschrift:  LG  KAIC-APOC. 

—  Rv.  In  einem  Kranz  dreizeilig  N€P-UUNO-C.  Sailcy 
S.  150.  PL  IX.  Nr.  12—14. 

Nr.  16.  Noch  eine  Münze  aus  dem  14.  Jahre  des  Kaisers 
Claudius  ==  54  n.  Chr.),  welche  der  Landpfleger  Claudius  Felix 
zu  Ehren  der  beiden  jungen  Cäsaren  Britanniens  und  Nero  schla- 
gen Hess.  —  Adv.  Zwei  gekreuzte  Schilde  und  Speere.  Um- 
schrift,  nur  theilweise  erhalten.    NGPUU   KAAV  KAICAP.  — 


214 


Kv.  l'alme  mit  Früchten,  oben  BPIT  KAI;L  lA.  Die  Jahr- 
/ahl  uiuleutlic-h.    Saulcy  S.  150. 

Nr.  17.  Sieben  Exemplare  ans  den  Zeiten  der  Freiheit  G(!  bis 
70  n.  Chr.  miter  Eleasar  b.  Ananias) ,  dem  Tempelhanptmann 
beim  Ausbruch  des  ersten  Aufstands,  welcher  das  tägliche  Opfer 
für  den  Kaiser  Nero  einstellen  Hess,  und  Simon  b.  Gamaliel,  der 
an  der  Spitze  de.^  Syncdriums  stand  und  mit  Simon,  dem  Fürsten 
Israels,  identiücirt  wird.  S.  MERZiiACUEK  in  d.  lierl.  Ztschr.  f. 
Xumism.  I,  S.  227.  —  Die  Silber  münzen  Eleasar-Simons  von 
Denargrösse  weist  Hr.  v.  Sallet  a.  a.  O.  V,  S.  110  ff.  dem  Frei- 
heitskampfe Barkochba's  zu.  —  Unsere  Kupfermünzen  zeigen  auf 
Ailv.  das  zweihenkelige  Gefass  mit  gerieftem  Jiauch  und  die  Le- 
gende DTTO  r:T23,  auf  einer  (17*^)  TClblC  rCTD  (nicht  TSblT ,  wie  bei 
Saulcy  S.  154  im  Text,  während  das  Bild  PI.  X.  2.  1  hat),  auf 
demRv.  das  Weinblatt  mit  der  Umschrift  )V1  niH.  Befreiung 
Zions.    Vgl.  Levy  S.  100. 

Das  sind  die  von  Hrn.  Schick  zugekommenen  Stücke. 

Noch  gedenke  ich  der  beiden  schon  vormals  im  hiesigen 
Kabinet  bewahrten  Silbermünzen.  Die  eine  (Nr.  1)  trägt  ganz 
dasselbe  Gepräge,  den  Kelch  mit  ytO  S; weites  Jahr  darüber  und 
der  Umschrift  bxit^  bplU  auf  Adv.,  und  dem  Lulab  mit  D'^bTCTT^ 
mrilpri  aufliev.,  wie  auf  den  ältesten  Makkabäermünzen.  Sie 
ist  gegossen.  Gänzlich  abweichend  aber  von  allen  bis  jetzt  be- 
kannten ist  das  Gewicht  10,77  Gramm.  Ein  Blick  auf  die  Ge- 
wichtstabelle von  Mekzbacher  in  Berl.  Ztschr.  f.  Num.  Y,  S.  173 
zeigt  eine  gleich  starke  Differenz  gegen  den  ganzen,  wie  gegen 
den  halben  Schekel,  und  ist  mir  desshalb  die  Achtheit  verdächtig. 
—  Die  zweite  Nr.  IS)  entspricht  genau  dem  Bilde  bei  Saulcy  PI. 
XI,  Nr.  4.  auf  Adv.  die  viersäulige  Tempelhalle,  in  der  Mitte 
eine  verschlossene  Pforte,  oben  im  Abschnitt  Stern.  Umschrift 
py-'CTD.  Auf  Rv.  ein  Bündel  verschiedener  Zweige  (1^1^),  unten 
daneben  eine  Cederfrucht  (ainns).  Umschrift  abüll"'  minb,  der 
Befreiung  Jerusalems.  ]3ie  Münze  ist  gegossen.  Das  Ge- 
wicht stimmt  genau  mit  dem  Schekel  in  München  13,08  Gr. 
S.  Merzbacher  a.  a.  O.  S.  173,  zweite  Z.  von  unten.  — Nach 
Sailcv  S.  157.  161  ist  es  eine  Prägung  aus  der  Zeit  des  zweiten 
jüdischen  Aiifstandes  unter  Barcochba. 


Beiträge  zur  Palüstiuakuude  aus  arabischen  Uuelleii. 

Von  J.  Gildemeister  in  lionn. 
(Vgl.  ZDPV.  IV,  p.  85  ff.    VI,  p.  1  ü:, 

4.    Mukaddasi. 

(Schluss.) 

Sachliches.  Syrien  ist  ein  Land  gemässigten  Klimas, 
ausgenommen  seine  Mitte  von  der  sc/uiräh  bis  zur  hTila,  die  ein 
Land  der  Hitze,  des  Indigo,  der  Banane  und  der  Palme  ist.  Einst 
sagte  mir  der  Arzt  Ghassän,  als  wir  in  Jericho  waren :  Du  siehst 
diese  Vertiefung.  Ich  sagte :  Ja.  Er  sagte :  Diese  erstreckt  sich  5 
nach  dem  kidschäz,  dann  geht  sie  nach  devjamü?na,  dann  nach 
' utnäu  und  hadschar ,  dann  nach  e/-/>ösra,  dann  naoXx- baghdüd, 
dann  steigt  sie  zur  Linken  Mosuls  bis  nach  er-ruhha ,  und  das 
ist  die  Tiefebene  der  Hitze  und  der  Palmen.  Der  kälteste  Theil 
ist  halabakk  und  seine  Umgegend;  ein  syrisches  Sprichwort ''* 
lautet :  Man  sagte  zm-  Kälte  :  Wo  sollen  Avir  dich  suchen  l  Sie 
sagte :  In  der  balkä  ;  »Und  wenn  wir  dich  dort  nicht  finden .'«  »In 
ba  labakk  ist  mein  Haus.« —  Es  ist  ein  gesegneter  Landstrich,  ein 
Land  der  Wohlfeilheit,  der  Früchte  und  der  Heiligen.  Je  weiter 
es  sich  nach  Kleinasien  hin  erhebt,  werden  Flüsse  und  Früchte  lä 
häufiger,  die  Luft  kühler,  und  was  niedrig  liegt,  hat  vorzüg- 
lichere und  süssere  Früchte  und  mehr  Palmen.  Ein  schiffbarer 
Fluss  ist  nicht  darin.  Man  begegnet  wenig  Gelehrten,  vielen 
Schutzverwandten  und  Aussätzigen,  die  Prediger  haben  keinen 
Werth ;  die  Samariter  sitzen  darin  \onJilasfm  (Ilamla)  bis  Tibe-  -^ 
rias ;  Magier  und  Säbier  giebt  es  darin  nicht. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VII.  15 


216 

Seelen.  Den  Grund  bilden  die  Anhänger  der  Überein- 
stimmung (der  Genossen  des  Propheten)  und  der  Sunna.  wäh- 
rend die  Eimvühner  von  Tiberias ,  der  Hälfte  von  nübuhis  und 
kudas  und  die  Mehrzahl  in  \immän  Schiiten  sind.  Die  Mu'tazi- 
5  Uten  spielen  keine  Kolle  und  halten  sich  im  Geheimen.  In  Jeru- 
salem ist  eine  Partie  Karräniiten  ^-y ,  die  dort  Klöster  und  Lehr- 
säle haben  [C :  sie  beüeissigen  sich  der  Keligionsphilosophie, 
Rechtswissenschaft  und  Askese;  unter  ihnen  ist  Disput,  aber  ihr 
Religionseifer  ist  wirklichl.    Anhänger  der  juristischen  Schulen 

10  des  Mälik  und  Dä^üd  trifft  man  dort  nicht,  aber  die  von  der  des 
Auzä'i  haben  einen  Lehrsaal  in  Damask.  doch  ist  die  Praxis  dort 
die  (ISO)  der  //ac/Z/-bekenner.  Die  Kechtsgelehrten  sind  Schä- 
fi'^iten,  aber  selten  ist  ein  Ilauptort  oder  Stadt,  in  der  nicht  ein 
Hauafit   wäre  *und   zuweilen   sind   die  Kädi  aus   ihnen    C  :  sie 

15  haben  in  Jerusalem  eine  Menge  Lehrsäle  imd  die  Kädi  Avaren 
früher  aus  ihnen  genommen,  aber  die  Praxis  ist  heute  die  des 
Westens  (die  mälikitische  \  Und  wenn  jemand  fragt:  wesshalb 
ist  nicht  gesagt  worden:  ))Die  Praxis  ist  dort  nach  dem  schäfi'iti- 
schen  System  und  die  vornehmsten  Gelehrten  dort  sind  Schäfi'i- 

20  ten  'a<  so  dient  zur  AntAvort :  Dies  ist  die  Rede  eines ,  der  kein 
Unterscheidungsvermögen  hat,  weil  die  Manier  Schätfis  das  laute 
Aussprechen  des  bismilläh  und  das  Stehen  bei  dem  Morgenroth- 
gebet —  wür  stehen  aber  nicht ,  ausser  in  der  letzten  Hälfte  des 
Ramadan   bei   dem  Gebet  mit  ungleicher  Verbeugungszahl  — 

25  und  anderes  ist,  was  die  Syrer  nicht  anzuwenden  pflegen  und  ab- 
lehnen. Siehst  du  nicht,  dass  sie  sich  über  ihren  Prinzen  malik  ^'-^j, 
nachdem  er  ihnen  das  laute  Aussprechen  des  bismilläh  anbefoh- 
len ,  bei  dem  Käfür,  dem  Ichschidischen  Mamluken .  über  ihn 
beschwerten  und  seine  Handlungsweise    für  anstössig  hielten  .^< 

30  Jetzt  ist  die  Praxis  meist  nach  dem  fätiraidischen  System .  von 
dessen  Gebräuchen  wir  bei  dem  Maghrib  handeln  werden. 

Unter  den  Arten,  den  Koran  zu  lesen,  ist  die  des  Abu  'Amr 
vorherrschend .  ausser  in  Damask,  in  dessen  Hauptmoschee  nur 
einer,  der  nach  Ibn  Ämir  liest,  vorbetet,  und  jene  ist  bei  ihnen 

35  vorgezogen  und  beliebt.     Auch  die  Lesart  des  Kisä'i  ist  in  der 

88)  Eine  im  dritten  Jahrhundert  entstandene  Seete  ;  die  die  Körperlich- 
keit Gottes  in  nicht  gar  zu  grobem  Sinne  annimmt. 

89)  L).  h.  wahrscheinlich:  den  Statthalter  von  Damask. 


217 

Provinz  hekannt  und  sie  wenden  auch.'  alle  sieben  an  und  be- 
streben sich,  sie  genau  festzuhalten.  (Dagegen  31):  Die  Lesart 
der  Syrer  ist  die  des  Abdallah  ibn   Ämir). 

Der  Handel   darin  ist  vortheilhaft.    Aus  Palästina  ■werden 
ausgeführt:   Ol,    getrocknete    Feigen.    Rosinen,    Johannisbrod,    5 
halbseidene  Stoffe.  Seife,  Schurze.  Von  Jerusalem  :  Käse,  Pauiu- 
AvoUe.  vortreffliche  Hosinen  von 'am«M  und  f/«r«.  *Apfel,  Pinien- 
kerue,  die  ihres  Gleichen  nicht  haben,  Spiegel,  Lampentüpfe'J"j, 
Nadeln;  von  Jericho  trefflicher  Indigo,  von  sughar  und  baiaän 
Indigo  und  Datteln  [C:  vorzügliche  Apfel.    Bananen,    ein  Ge- 10 
•wachs  in  Form  einer  Gurke  mit  einer  Schale ,  die  von  einer  wie 
Melonen    weichen   Frucht    abgeschält  wird .    aber   angenehmer 
schmeckt;   von  .<t?^^7iar  viele  Datteln,    Dattelhonig  inid  Indigo  ; 
von'awmäw  Getreide,  Schafe  und  Honig;  von  Tiberias  Teppich- 
stoffe,  Papier,  Kleiderstoffe,  von  X-af/a*  Kleider  mit  Doppelein- ^^ 
schlag,    hatisl^^)    und    Seile;    von    Tyrus    Zucker,     Glasperlen 
(Schmelzglas?;,    gedrehtes ^2]    Glas    und  Fabrikate  [C:   und  das 
meiste,   was  in  Basra  fabricirt  wird],   von  mciäb  Mandelkerne, 
von  Z»aü«wReis,    von  Damask  (181)  Gepresstes'^-*  ,  hafisl.   Bro- 
kat. Veilchenül  geringerer  Güte.  Kupfergefässe,   Papier,  Nüsse,  20 
getrocknete  Feigen,  Rosinen,  xowhalah  "^Baumwolle  lC:  getrock- 
nete Feigen],  Kleider,  Kali  und  rothe  Kreide,  von  halahakk  ge- 
presste  Feigenkuchen.    Ohne  Gleichen  sind  die  Pinienkerne,  das 
Ol  aus  unreifen  Oliven,   das  Weissbrot  und  die  Unterhosen  von 
Ramla  und  ebenso  die  Quitten,  die  Pinienkerne,   die  \iüuin-  und  25 
(/?7ra-Trauben,  der  Theriak,   die  Minze  und  die  Rosenkränze  von 
Jerusalem. 

In  der  Provinz  Palästina  finden  sich  36  Producte,  die  in  kei- 
nem andern  Lande  zusammen  sind,  die  sieben  ersten  nur  in  ihr 
vorkommend,  die  sieben  folgenden  in  andern  Ländern  selten,  die  30 
22  übrigen  sämmtlich  nur  in  ihr  zusammen,  obschon  die  meisten 
auch  in  andern  Ländern  sich  zusammenfinden.  Es  sind  l.  Pi- 
nienkerne,   2.  Quitten,    3.   %/w<lw-Trauben ,    4.    f/?lra-Trauben, 

90;  So  wörtlich.  De  Goeje:  probabiliter  candelabra,  die  aber  doch  nicht 
so  genannt  werden  konnten.  Ist  etwa  an  geschlossene  schone  Lampen  in  an- 
tikem Stile  zu  denken?  91)  Unbekanntes  "Wort,  auch  gleich  für  einen 
Ausfuhrgegenstand  Damask's  vorkommend;  vermuthlich  eine  Art  Zeug. 
92j  DüZY:  polirtes,  DE  GoEJE:  incisuris  ornatum.  93;  Gekeltertes;  Ol 
nach  DE  GoEJE. 

15* 


218 

5.  X:<7//"/r7-Priamnen.  Ü.  sibal-Foigen.  7.  Damascixs-Feigen,  S.Co- 
lücassie.  U.  Sycomoren ,  10.  Johaniiisbrod .  11.  Artischocken, 
12.  Jujuben.  1 3 .  Zuckerrohr.  14.  syrische  Apfel.  15.  frische  l)at- 
tehi.  l(i.  Olhiuime.  IT.Citronen,  IS. Indigo,  19.  Ahmt,  20.  Oran- 
5  gen,  21.  nahak.  22.  Nüsse,  23.  Maiulehi.  24.  Spargel,  25.  Bana- 
nen. 26.  Snmach,  27.  Kohl,  2S.  Trüffeln,  29.  Lupinen,  30. 
schwarze  frühe  Pflaunien  tari^^  31.  Schnee.  32.  Büffelniilch,  33. 
Honigwaben,  34.  'äsmi-Trauben ,  35.  Dattelfeigeu.  Was  den 
lilumenkohl  betrifft,   so  giebt  es  anderswo  dergleichen,   nur  class 

10  er  einen  andern  Geschmack  hat.  Auch  giebt  es  Lattich,  der  aber 
den  gewöhnlichen  Gemüsen  beigezählt  wird,  ausser  in  el-Uh- 
zcäz,  wo  er  vortrefflich  ist.  Auch  in  Basra  Aviid  er  vom  Gemüse 
imterschieden. 

Hohlmasse.     In  Ranila  sind  kiifiz,    waiba,    maMUk  imd 

\?>kaila(hcha;  1  kaihidscha  =  c.  1  Y2  seit .  1  tnakkük  =  3  kuiladscha, 
1  icaiba  =  2  mukkTik,  1  hafiz  =  4  icaiba.  Den  Einwohnern  von 
Jerusalem  ist  eigenthümlich  das  mudj  (modius)  =  23  kafiz  und 
das  kahb  =  '4  modius ;  der  makkTik  wird  nur  bei  Regierungsge- 
wicht  angewandt,    üer  modius  von  %(7ntnän  ist  6  kailadscha^  der 

"iO  dortige  kaf'iz  =  ^j^  kaikuhc/ia,  und  damit  verkaufen  sie  Ol  und 
getrocknete  Feigen.  Der  kaflz  von  Tyrus  ist  der  modius  von 
Jerusalem,  aber  der  dortige  kaiUuhcha  ein  sa  ^  und  die  ghirära 
von  Damask  li;2  palästinische  kaflz. 

Gewichte).  Die  ritl  (182)  sind  von  hims  bis  zum  dschifür 

2.5  sechshundert  'd.  h.  sehr  viele),  unter  sich  sehr  verschieden;  das 
schwerste  ist  das  von  \ikkä,  das  leichteste  das  von  Damask.  Die 
Lnzen,  ükijja^  sind  von  vierzig  und  einigen  bis  fünfzig,  aber 
überall  hat  das  rit]  1 2  Unzen  imd  bloss  das  von  kinnasrln  8  Un- 
zen.   Das  Münzgewicht  ist  ungefähr  eine  Drachme,  60  Gran,  das 

:ioGran  ein  einziges  Gerstenkorn,  der  dänik  10  Gran.  Der  Dinar 
hat  24  klrät.  das  klrcU  Si/o  Gerstenkorn.  (66:  Der  barid  ist  in 
Syrien  sechs  Meilen). 

Gebräuche.    Die  Syrer  brennen  in  ihren  Moscheen  fort- 
während Lampen,    die  an  Ketten  herabhangen,   wie  in  Makka. 

3.j  In  jedem  Hauptort  ist  in  der  Hauptmoschee  eine  auf  Säulen 
ruhende  Schatzkammer.  Zwischen  dem  bedeckten  Kaum  und 
dem  H(jf  sind  Thore,  ausser  in  Jericho.  Kiesel  sieht  man  nur  in 
dem  Hof  der  llauptmoschee  in  Tiberias.  Die  Minarete  sind  vier- 
eckitr  1111(1  (lif  Mittelstücke  der  Dächer  des  überdachten  Theiles 


219  

sind  spitz.  An  clenTlioren  der  llauptraoscheen  und  in  den  Haza- 
ren  sind  Latrinen.  Zwischen  je  zwei  Saläiu  in  den  Xachtgebe- 
ten  des  Kamadrm  setzt  man  sich ;  einige  beobachten  die  um 
eins  ungleiche  Zahl  der  Verbeugungen;  diese  ungleiche  Zahl 
war  früher  drei,  aber  in  unserer  Zeit  hat  Abu  Ishäk  el-marwazi '>'^)  5 
befohlen,  sie  in  Jerusalem  aufzugeben.  Wenn  man  sichzujeehiem 
Nachtgebet  anschickt,  ruft  ein  Gebetsrufer :  »Euer  erbanue  sich 
Gottw :  in  Jerusalem  beten  sie  sechs  Nachtgebete.  Die  Prediger 
dort  sind  Legendenerziihler.  Die  Hanafiten  halten  in  der  alm- 
Moschee  Litanei  (f//Ar) -Sitzungen,  wobei  sie  aus  dem  geschric- lo 
benen  Buch  recitiren:  ebenso  die  Karrämiten  in  ihren  Klöstern. 
Die  Wächter  pflegten  das  lä  Uali  nach  dem  Freitagsgebet  zu 
sagen.  Die  Rechtsgelehrten  halten  Sitzung  zwischen  den  zwei 
Gebeten  und  der  Abendzeit ;  auch  die  Koranleser  haben  Lehr- 
stunden in  den  Hauptmoscheen.  15 

Za  den  christlichen  Festen,  von  denen  die  Muslimen  Notiz 
nehmen  und  durch  die  sie  die  Jahreszeiten  bestimmen ,  gehören 
Ostern,  Neujahr,  Pfingsten  zur  Zeit  der  Hitze ,  Geburtsfest  zur 
Zeit  der  Kälte  und  Barbärafest  zur  Regenzeit  —  es  heisst 
sprichwörtlich:  »wenn  das  Barbärafest  kommt,  kann  der  Bau- üi 
meister  die  Flöte  spielen«,  d.h.  zu  Haus  sitzen  — ,  die  Kaienden 
(1.  Jan.)  —  es  heisst  sprichwörtlich:  »kommen  die  Kaienden, 
so  ziehe  man  warme  Kleider  an  (183)  und  halte  sich  daheim«  — , 
das  Kreuzesfest  zur  Zeit  der  Weinlese  und  das  Fest  von  Lydda 
zur  Zeit  der  Saat.  Ihre  Monate  sind  die  byzantinischen :  erster  2.5 
und  zweiter  tischrm^  erster  und  zweiter  känim.  schahhilf,  idär.  ni- 
sän.  ijjär,  hazlrcm,  tammüz,  ab,  ailül. 

Selten  sieht  man  einen  Rechtsgelehrten,  der  eine  Neuerung 
macht,  oder  einen  Muslim,  der  ein  Secretairamt  hat,  ausser  in 
Tiberias,  von  wo  fortwährend  Schreiber  kommen.  Dort  und  in  :u» 
Ägypten  sind  die  Secretaire  eben  Christen,  weil  die  Muslimen 
sich  auf  ihren  Schnabel  verlassen  und  nicht,  gleich  den  Nicht- 
araberu,  sich  um  humanistische  Bildung  bekümmern.  Als  ich  in 
der  Gesellschaft  des  Oberkädi  in  Bagdad  war,  schämte  ich  mich 
über  die  Menge  seiner  Sprachfehler,  aber  sie  betrachten  das  3.5 
nicht  als  Mangel.  Die  meisten  Münzbeamten  mid  Färber, 
Wechsler  und  Gerber  sind  Juden. 

94)  Berühmte  Autorität  der  Schäfi'iten,  erst  inBaghdäd,  dann  in  Ägyp- 
ten, gest.  340  (951/2)  Chr. ;  kurz  vorher  wird  dies  fallen. 


220 

Fünf  Diii^^e  an  fünf  Orten  des  Islam  sind  gnt :  der  Kama- 
dän  in  Makka .  die  Nacht  der  Vorlesung  des  Koran  in  der  Mo- 
schee el-a  sä.  die  zwei  Feste  in  Palermo,  der  Tag  von  "^Arafa  in 
Schiräz.  der  Freitag  in  Baghdäd.    Ebenso  ist  die  mittelste  Nacht 

5  des  SchaM)än  in  Jerusalem  und  der  Tag  'aschärä  in  Makka  gut 
d.  h.  wohl:   besonders  feierlich  . 

Die  Svrer  gehen  stets  in  voller  Tracht ,  jeder  Gelehrte  und 
l'ngelehrte  trägt  Oberkleider,  und  im  Sommer  ziehen  sie  sich 
nicht  leichter  an,  nur  haben  sie  Sandalen  von  einer  Sohle.    Ihre 

10  Gräber  sind  gewölbt,  sie  gehen  hinter  der  Bahre  und  tragen  den 
Leichnam  mit  dem  Kopf  voran;  drei  Tage  lang  gehen  sie  zu  den 
Grabstätten  zur  Verlesung  des  Korans  hinaus ,  wenn  einer  ge- 
storben ist.  *Die  Eegenmäntel  C:  die  Wollkleider  tragen  sie 
aufgeschlagen  und   die  Schultertücher    der  Gelehrten;  failasän) 

löschneiden  sie  nicht  rund  aus.  Die  vornehmsten  Tiichhändler  in 
Ramla  haben  ägyptische  Esel  mit  Sätteln;  Pferde  reiten  dort  nur 
Emire  oder  Häuptlinge.  Die  durraä  (bis  zur  Herzgegend  offe- 
ner Kittel  oder  Weste  tragen  nur  die  Städter  und  die  Secretaire. 
die  Kleidung  der  Dörfler  in   der  Umgegend  von  Jerusalem  und 

20  Näbiilus  ist  bloss  ein  einziger  hisä  (als  Mantel  dienendes  Stück 
Wollenzeug'  ohne  Hosen.  Sie  haben  Backöfen  [funi],  und  die- 
jenigen Dörfler,  welche  Backsteine  tauh]  machen,  haben  einen 
kleinen  Feuertopf  immür)  in  der  Erde,  der  mit  Kieseln  [hisa)  be- 
legt wird;  um  und  über  diesen  wird  Mist  angezündet,  und,  wenn 

25  er  heiss  ist,  werden  diejBrotlaibe  auf  die  Kiesel  gebreitet  ■'^i .  Dort 
sind  Köche  von  Linsen  und  haisZir  (mit  Butter  u.  a.  gekochten 
Bohnen  ;  sie  braten  und  kochen  gequollene  l^ohnen  in  Ol,  und 
das  wird  mit  Oliven  verkaiift.  Sie  setzen  Lupinen  ein,  die  sie 
viel  essen,  imd  machen  aus  Johannisbrot  einen  Fruchtsaft  mitif], 

30  den  sie  Zv^iZ/a/V  nennen,  während  das  gleiche  (184)  aus  Zucker 
bei  ihnen  näfif  heisst.  Im  Winter  machen  sie  einen  Pfannku- 
chen zalähijja  aus  Teig,  ohne  ihn  netzförmig  zu  legen  ^^j.  J)ie 
meisten  dieser  Gebräuche  sind  auch  in  Ägypten  ,  die  wenigsten 
in  Irak  und  Mesopotamien. 

95;  Interessant  ist,  Kletns  Schilderung  ZDPV.  III,  111  zu  vergleichen. 
9(V  Warum  im  Winter?  Fast  liesse  sich  an  s^wCix^!  Stäi'ke  für  i\jJ^\  den- 
ken, so  dass  jenes  Glosse  zu  adschin  Teig  gewesen  sei.    Vgl.  die  von  Dozv, 

c 

Su])))!.  unter  :^i^^  citirten  Stellen. 


221 

Eisen- Gruben  sind  im  Gel)ir^  von  liairüt.  In  llalal)  ist 
}j\iter  Rotlistein,  in  ' ammZin  etwas  geringerer.  In  Syrien  sind 
rothe  lierge.  deren  leicht  zu  bearbeitende  Masse  rother  Sand- 
stein ist,  und  weisse  I^erge.  die  Kreide  genannt  werden,  von  ge- 
ringster Härte ,  womit  Plafonds  geweisst  und  Dächer  bestrichen  5 
werden.  In  Palästina  sind  lirüche  von  weissen  Steinen,  xmdbei 
hait  dschibril  Marmorbrüche;  in  den  Ghorgegenden  Schwefel- 
gruben u.  dgl.  Aus  dem  Todten  Meer  wird  gebröckeltes  :  ?)  Salz 
verführt.  Der  beste  Honig  ist  der  von  der  Satureja  in  Jerusalem 
und  dem  Oiehix^'^ ämiJat  stammende.  Die  beste  Lake  (muria  der  10 
Römer)  ist  die  in  Jericho  bereitete. 

Die  Heil  ige  ncap  eilen  haben  wir  in  der  Einleitung  zu 
der  Provinz  erwähnt,  und  wenn  wir  jihre  Localitäten  aufzählen 
wollten,  würde  das  Buch  zu  lang  werden :  die  meisten  sind  ohne- 
hin in  Jerusalem,  dann  in  Palästina,  dann  in  urdunn.  15 

Die  Wasser  dieser  Provinz  sind  gut,  ausser  dem  zu  P)anias, 
das  abführt,  und  dem  zu  Tyrus  ,  das  stopft.  Das  zu  haisün  ist 
schwer.  Gott  bewahre  vor  dem  zu  sughm%  das  von  hait  er-räm 
ist  schlecht,  kein  leichteres  giebt  es  als  das  zu  Jericho,  das  Was- 
ser von  Ramla  ist  verdaulich,  das  von  Nabulus  hart,  *in  dem 20 
von  Jerusalem  und  Damask  ist  mindeste  Härte  (C :  das  von 
Damask  und  Jerusalem  erfordert  feste  Speise)  und  ihre  Luft 
äusserst  trocken. 

Darin  sind  eine  Menge  Flüsse,  welche  sich  in  das  Mittel- 
ländische Meer  ergiessen ,  mit  Ausnahme  des  haradä ,  der  den  25 
untern  Theil  von  Damask  durchfliesst  und  die  dortige  Gegend 
bewässert.  Von  ihm  trennt  sich  ein  Arm  ab,  der  den  obern  Theil 
der  Hauptstadt  umfliesst  und  dann  sich  in  zwei  Arme  spaltet, 
von  denen  der  eine  gegen  die  Wüste  hin  einen  See  bildet .  der 
andere  abfällt  und  den  Fluss  Jordan  trifft.  Der  Jordan  kommt  30 
hinter  1  lanias  herab ,  bildet  einen  See  /cadus  gegenüber ,  fliesst 
abwärts  nach  Tiberias  und  durch  den  See ,  dann  in  das  Ghor 
zum  Tiragestürzten  See,  der  sehr  salzig,  wild  und  übelriechend 
ist;  in  ihm  sind  Berge  (sie)  und  keine  grossen  Wellen.  (23.  C: 
vom  haradä  geht  nach  Antiochien  hin  ein  Arm  aus ,  der  sich  in  35 
das  Mittelländische  Meer  ergiesst.)  (19 :  Der  haradä,  der  Fluss 
von  urdunn,  der  maMüh  (obere  Orontes;  und  der  Fluss  von  An- 
tiochien untere  ürontes;  sind  nicht  schiffbar.)  —  Das  Mittellän- 
dische Meer  erstreckt  sich  an  Svriens  Westseite,   das  Sinesische 


222 

berührt  die  südliche.  Tyrus  gegenüber  liegt  die  Insel  Cypern. 
die  zwölf  Tagereisen  gross  sein  soll ;  sie  besteht  ganz  aus  bevöl- 
kerten Städten  und  bietet  den  Muslimen  reichlichen  Vortheil 
wegen  der  vielen  Güter.  Kleider  und  Geräthe,  die  davon  ausge- 
ö  führt  werden.  Sie  gehört  dem,  der  gerade  die  Übermacht  hat. 
Man  fährt  zu  ihr  einen  Tag  und  eine  Nacht ;  dann  eben  so  viel 
zum  bvzautinischen  Gebiet. 

(185)  Zu  den  Merkwürdigkeiten  gehört   in  Jerusalem 
eine    grosse  Höhle    ausserhalb    der  Stadt,     Ich   hörte  Gelehrte 

losagen  und  las  in  Büchern,  dass  sie  bis  zu  den  Leuten  Mosis'^^) 
reiche,  was  nicht  richtig  ist,  sie  besteht  vielmehr  aus  Steinbrü- 
chen; in  ihr  sind  Gänge  und  man  geht  mit  Lichtern  hinein.  — 
Zwischen  Palästina  und  llidschäz  sind  die  Steine,  die  auf  die 
Leute  Lots  geworfen  wurden .    an  der  Pilgerstrasse ,   gestreifte, 

15  kleine  und  grosse. —  InTiberias  ist  eine  siedende  Quelle,  welche 
den  meisten  Bädern  gemeinschaftlich  ist;  zu  jedem  Bad  geht  ein 
Strom  von  ihr  und  dessen  Dampf  erwärmt  die  Gebäude,  so  dass 
man  kein  Feuerholz  braucht.  Im  ersten  Kaum  ist  kaltes  Was- 
ser, mit  dem  es  in  dem  Masse  gemischt  Avird,   dass  man  es  zur 

20  Reinigung  gebrauchen  kann,  und  ihre  Latrinen  Averden  von  die- 
sem Wasser  versorgt.  —  In  diesem  District  ist  ein  heisses  Was- 
ser, v,e\ches  el-haffif na  heisst^^);  wer  sich  darin  drei  Tage  badet  und 
dann  in  anderem  kalten  Wasser  sich  badet  und  Aussatz,  Wiui- 
den  oder  Fisteln  oder  welche  Krankheit  sonst  hat,  wird  mit  Er- 

2.5  laulmiss  Gottes  geheilt.  Ich  hörte  die  Tiberienser  erwähnen, 
dass  ringsum  Gebäude  seien,  für  jede  Krankheit  eines,  so  dass 
jeder,  welcher  diese  Krankheit  hatte  und  darin  sich  badete,  ge- 
sund wurde,  bis  zur  Zeit  des  Aristoteles.  Dieser  forderte  von  dem 
damaligen  König  die  Zerstörung    dieser  Gebäude,    damit    man 

3(j  sich  der  Arzte  nicht  überhoben  halte.  Mir  scheint  das  richtig, 
weil  jeder  eintretende  Kranke  in  das  gesammte  Wasser  eintau- 
chen muss,  damit  es  dem  Sitz  seiner  Krankheit  entspreche.  —  Der 
See  von  sughar  ist  sonderbar :  der  Jordan  iind  der  Fluss  der 
scliarüh  ergiessen  sich  darin ,    ohne   eine  Veränderung  hervorzu- 

35  bringen.  Man  sagt,  dass  man  nicht  so  schnell  darin  untertauche 
und  dass  Klystiere  mit  seinem  Wasser  Heilmittel  gegen   viele 

97;  Bis  zu  der  auch  im  Koran  erwähnten ,   von  der  Erde  verschlungenen 
Rotte  Korah.    De  Goeje.  98)  Gemeint  ist  Gadara. 


223 

Krankheiten  seien.  Im  Monat  Ab  (August)  [C  :  in  der  Mitte  des- 
selben] findet  ein  Fest  statt,  indem  l'öbel  und  Kranke  dahin 
gehen.  —  'Im  Gebirg  esch-acharZih  ;C:  im  Landgebiet  von  maäb] 
ist  ebenfalls  eine  (180)  heissc  Quelle '-^''j .  —  Im  ISommer  föllt  in 
Palästina  in  jeder  Naclit  Thau.  -wenn  der  Südwind  weht,  so  dass  5 
von  ihm  die  Dachtraufen  der  Aksä  fliessen.  —  Der  abu  rijüh  von 
Hinis  ist  ein  Talisman,  der  für  die  Scorpionen  gemacht  ist;  wer 
Thon  nimmt  und  daran  drückt ,  genest  durch  Erlaubniss  Gottes 
vom  Biss  derselben ;  die  Wirksamkeit  kommt  von  dem  Abdruck, 
nicht  von  dem  Thon.  —  [C :  Jerusalem  hat  einen  Talisman  i*^")  lo 
gegen  Schlangenbiss  in  einer  hinter  dem  Minbar  befindlichen 
Marmorplatte ,  auf  der  eine  abgeriebene  Inschrift  ist :  »Muham- 
mad ist  der  Gesandte  Gottesu,  und  eine  andere:  »Es  ist  kein 
Gott,  als  Gott,«]  —  Zu  den  Merkwürdigkeiten  gehören  die  Städte 
Salomo's  bdlahakk  und  tadmur ,  die  Felsenkuppel ,  die  Haupt- 15 
moschee  von  Damask,  die  Häfen  von  Tyrus  und  Akka. 

Die  Stellung  der  Provinz  ist  ausgezeichnet.  Es  sind  vier 
Gliederungen:  1)  die  am  Meer  gelegene  Ebene ,  bestehend  aus 
aufgehäuften  zusammenhängenden  Sandüächen ,  in  denen  cr- 
rumla  und  die  Uferstädte  liegen,  2^  das  Gebirg,  voll  Bäume.  2u 
Dürfer,  Quellen  und  Saatfelder,  wo  bait  dschibr'd ,  Uijä^  nZtbuhis, 
laddschim ^  kabul^  kadas ^  el-bika  vi\n\.  antcihija  liegen,  3)  die 
Ghorgegenden,  voll  Dörfer,  Flüsse,  Palmen,  Saatfelder.  Indigo, 
und  darin  waila^  iahük^  sugliar^  arlhä^  baisän.  tubarijja  ;  C :  lüädl 
kanän]^  btinijäs,  4)  der  Rand  der  Wüste,  hohe,  kalte,  im  Niveau  25 
der  Wüste  liegende  Ijerge,  voll  Dörfer,  Quellen,  JJäume.  Avorin 
mdab,  " amman,  adriat,  dimaschk,  hims,  tadmur.  halab  liegen. 
Die  eine  Scheidewand  bildenden  Berge  Ölberg.  siddlkä,  lubnän, 
el-lukcmi  und  die  Mitte  des  heiligen  Landes  liegen  in  dem  die 
Küste  überragenden  Gebirgszug  i'^'i.  30 

(188,  4)  Ich  hörte  meinen  Oheim  Abdallah  ihn  esch-schawa 
sagen :  Ein  Sultan  wollte  dair  schamtvll,  ein  Dorf  eine  Parasange 
von  Jerusalem,  in  Besitz  nehmen  und  sagte  zu  dessen  ^'orsteher : 

99)  Da  der  in  das  Todte  Meer  fallende  Fluss  von  scharäh  nur  der  icüdi 
'l-htisä  sein  kann,  so  werden  diese  zwischen  scharäh  und  maäb  gelegenen 
heissen  Quellen  die  an  einem  obern  Zuüuss  desselben  befindlichen  sein,  über 
die  z.  B.  Ritter  1-1,  103U  spricht.  100;  Vgl.  'Ulaimi  p.  113  oder  31 

Sauv.  lül)  Ausgelassen  ist  ein  langer  Absatz  über  eine  exegetisch- 

juristische Frage,  die  unserm  Zweck  fremd  ist. 


224 

Beschreibe  mir  dein  Dorf.  Dieser  antwortete  :  Es  ist  nahe  dem 
Himmel,  der  Ebene  fern,  mit  weni^  ahrüO^'^  nnd  vielen  Eichen 
es  erfordert  Arbeit  ohne  viel  Einkommen  zu  bringen,  ghurr^^^] 
und  bittere  Mandeln  haben  die  Oberhand:  säest  du  ein  Jfubb 
5  Scheffel  ,  erntest  du  ein  kahb ,  du  hättest  denn  gelobt,  vor- 
treffliche Cistenien  anzulegen  'f'^~ .  ]^a  sagte  er:  Geh,  wir  brau- 
chen dein  Dorf  nicht. 

Was  die  hohen  Berge   betrifft,    so  überragt  der  schon  er- 
wähnte Ölberg  Jerusalem.  —  Der  l^erg  sicIcWäi  ist  zwischen  siZr, 

\i)ka(Jas.  hämjas  und  saiclü^^^).  Dort  ist  das  Grab  des  siddlkä^^^), 
der  dabei  eine  Moschee  hat.  Zur  Feier  des  mittelsten  Tages  des 
Monats  sc/tabcm  versammelt  sich  hier  viel  Volk  aus  diesen  Städ- 
ten und  ein  Stellvertreter  des  Sultans  ist  dabei.  Als  ich  an  einem 
Freitag  in  der  Mitte  des   schabän  einmal  an  diesem  Orte  war, 

15  kam  der  Kadi  Abu'lkäsim  ihn  el-abbäs  zu  mir  \\m\  verlangte, 
dass  ich  die  Freitagspredigt  hielte.  In  derselben  forderte  ich  sie 
auf.  die  Moschee  zu  erbauen ,  sie  thaten  es  und  erbauten  auch 
darin  ein  Minbar.  Ich  hörte  sie  behaupten,  dass  hinter  dem  Wild 
herlaufende  Hunde,    wenn  sie  zu  diesem  Punkt  gekommen  sind, 

20  stehen  bleiben,  und  ähnliche  Geschichten  mehr.  —  Der  lubmin, 
der  an  diesen  Berg  stosst,  ist  voll  von  Bäumen  und  dem  allge- 
meinen Gebrauch  preisgegebenen  Früchten;  es  [C :  sowie  das 
Gebirg  el-dschaulän]  hat  schwache  Quellen,  an  denen  Personen 
ein  religiöses  Leben  führen,  die  sich  Hütten  aus  Stroh  [C :  Rohr 

25  und  Halfagrasj  gebaut  haben  und  sich  von  solchen  freien  Früch- 
ten nähren ,  soAvie  durch  Vertreiben  davon  und  von  anderem, 
z.  B.  spanischem  Rohr  und  Myrten,  in  die  Städte  sich  einen 
Nutzen  schaffen  ;  aber  ihre  Zahl  hat  abgenommen.  —  Das  schon 
erwähnte  Gebirg  el-dschauJän  liegt  ihm  in  der  Richtung  nach 

30  Damask  gegenüber.  An  ihm  traf  ich  den  Abu  Ishäk  el-ballüti 
(den  Eichelesser  oder  Eichenhainbewohner)  an  der  Spitze  von 
vierzig  in  Wolle   gekleideten  Männern ,   die  zu  ihrer  Versamm- 

102  Sonst  nicht  vorkommendes  Wort.  Will  man  das  talmudische 
■•j--rN,  dessen  Lesart  unsicher  ist,  vergleichen,  so  wäre  an  eine  Olivenart  zu 
denken.  103)  Ebenfalls  von  unbekannter  Bedeutung.  104)  Nebi 

Sannvil  hat  jetzt  viel  Wasser.    ToBLER,  Top.  II,  S7T.  1051  Diese  Worte 

sind  in  das  Dschihän-numä  559,  11  übergegangen,   daher  nicht  zu  schlie.s.sen 
ist,  dass  er  auch  im  siebzehnten  Jahrhundert  so  hiess.  I(i6,i  Nach  Jäküt 

Sohn  des  Propheten  Sälih. 


225 

hing  eine  Moschee  hatten.  Ich  fand  in  ihm  einen  gelehrten  Ju- 
risten von  der  Schule  des  Sufjän  et-tauri  und  sah,  dass  sie  sich 
von  Eicheln  nährten  ,  einer  Frucht  von  der  Grösse  einer  Dattel 
[C:  mit  einer  Schale] ,  bitter,  die  gespalten  und  [C :  durch  Legen 
in  Wasser]  süss  gemacht ,  dann  [C :  getrocknet  und]  gemahlen  5 
-ward '07].  Dort  ist  -wilde  Gerste,  die  man  damit  vermischte.  — 
Das  Gehirg  lukam  (sie)  ist  unter  den  syrischen  Gehirgen  das  be- 
■wohnteste,  grösste  und  an  Früchten  reichste  (189).  Heute  ist 
CS  in  der  Hand  der  Armenier;  Tarsus  liegt  jenseits  desselben, 
Antiochien  diesseits.  10 

Die  Regierungsgewalt  in  Syrien  gehört  dem  Herrscher 
Ägyptens.  Saif  ed-daula  [C  :  der  Hamdanide]  hatte  sich  des  obe- 
ren Theiles  bemächtigt. 

Die  Abgaben  [C :  an  der  Küste  und  auf  den  Strassen]  sind 
leicht,  "^mit  Ausnahme  derer,  die  auf  den/emr/?^/»;  (Handelsmaga- 15 
zinen)  liegen,  denn  diese  sind  abscheulich  nach  dem,  Avas  -wir 
bei  Jerusalem  erwähnt  haben.  Die  Regierungsauflagen  sind 
drückend  :  sie  betragen  ^vS.  Idmiasrln  und  die  " aimüm  360  000  Di- 
nare, ?cwi  urdunn  170  000,  auf  Palästina  259  000,  auf  Damaskus 
400  000  und  einige  tausend  Dinare.  Im  Buch  des  Ihn  Churdä(J-20 
bih'o'^j  habe  ich  gelesen,  die  Grundsteuer  von  kinnasrm  betrage 
400  000,  von  liims  340  000,  von  urdunn  350  000,  von  Palästina 
500  000  Dinare  [C  für  alles  von  *an  :  Die  Grundsteuer  von  Pa- 
lästina beträgt  100  000,  von  Ums  340  000,  vonDamaskus  400  000 
und  einige  tausend,  von  i?;mwö!S?-m  400  000,  von  ^^rfZ^^;^w  350  000  25 
Dinare.  —  Die  Länge  Syriens  von  dem  madjan  Schu%aibs  bis  zu 
den  tuglmr  (nördlichen  Gränzfestungen)  beträgt  39  Tage ;  die 
Breite  ist  verschieden,  weil  der  südliche  Rand  schmäler,  der 
nördliche  breiter  ist.] 

Entfernungen. lO-J)    (190).    El-atßrib  eine  Tagereise  von 30 
Halab.  —  Jaüt    auch  tat]  eine  Station  von  Hims,  eine  halbe  von 
Baalbek.  —   Schamsin  eine  Station  von  Hims  —  von  da  nach 


107)  Von  wohlschmeckenden  Eicheln  in  dieser  Gegend  redet  Sektzen  I, 
360  und  früher  Belox,  Anv.  1555,  p.  263.  Vgl.  hierzu  ViRCnow,  Ztschr.  f. 
Ethnologie  XII,  18S0,  p.  (435).  108)  Journ.  As.  1865,  V,  71  —  73  (448ff.) 

ebenso.  Nur  stehen  dabei  die  Angaben:  }m))s  nie  mehr  als  ISO (»00,  Damask 
mit  Zuthaten  140  000,  urdunn  nur  die  Hälfte  obiger  Summe  und  Palästina 
auch  nicht  mehr.  109)   Aus  diesem  Abschnitt  sind  (vgl.  ZDPV.  VI,  il, 

Not.  11)  nur  die  bisher  nicht  genannten  Orte  ausgezogen. 


220 

härü.  en-tiahk.  el-kufajjlfa.  Damaskus  je  eine  Station  —  el-kasfal 
zwei  Stationen  von  salamijja.  dann  ed-dara^a  zwei,  von  da  zwei 
nach  er-ruf<üfa.  von  da  eine  halbe  nach  er-rahha  —  halt  sarü 
eine  Station  von  Damaskus  —  el-kus\oa  zwei  Posten  von  Damas- 
5  kus,  dann  dschäsim,  f'ik  je  eine  Station.  —  EJ-dschaschsch  und 
ka/(ü7illä  je  eine  Station  von  Tiberias  [i]  —  (191)  taüsir  je  zwei 
Posten  von  Baisan  und  Laddschün  —  kalansuioa  je  eine  Station 
zwischen  Laddschün  und  Eamla  —  karjat  el-ujTm  zwei  Statio- 
nen von  der  Josephscisterne,  dann  eine  bis  JyarUn,  dann  eine  bis 

ItJ  ain  el-dscharr :  diese  Koute  heisst  tarik  el-madüridscJi^  der  Stu- 
fenweg —  madschdal  sdhn^^^)  je  zwei  Posten  von  Tyrus  und  von 
Banias.  —  (192)  Es-sukkaryj'a  eine  Station  von  Ramla  — 
kaüs  (?)  ^^^^)  eine  Station  von  Hebron  und  von  Zoar  —  ez-za- 
rlkä^^^'   eine  Station  von  Amman  und  von  Adri'ät  —  el-kamsa 

15  eine  Station  von  Cäsarea  und  von  Acco. 

Aus  anderen  Capit ein  des  Buches. 

(11)  Der  arabische  Meerbusen  hat  gegen  Ägypten  hin  zwei 
Arme,  welche  sich  an  der  Spitze  von  Hidschäz  an  einem  Orte 
tcirän  scheiden.  Die  gefährlichsten  Orte  in  den  islamischen  Län- 

2ü  dem  sind  dschuhailcm^  wo  Pharao  ertrank,  und  das  ist  das  Meer 
von  Kolzum ,  auf  dem  die  Schiffe  vom  bewohnten  Lande  zum 
unbewohnten  lavircn .  und  tarcin^  wo  die  von  Ägypten  und  Sy- 
rien her  wehenden  "Winde  aufeinanderstossen  und  die  Schilfe 
untergehen.    Sitte  ist,    Leute  abzvischicken,  welche   den  "NVind 

25  beobachten  ;  w^enn  dieser  sich  legt  oder  der  günstige  vorwal- 
tet, segeln  sie,  sonst  bleiben  sie  lange  Zeit,  bis  die  Hemmung 
aufhört. 

(24)  liammäda ,    Dorf  bei  Kamla  —  (25)  el-chcmka  (Kloster) 
nom.  propr.  des  Karrämiten -Klosters  in  Jerusalem.  —  El-hadat, 

30  Stadt  in  Kinnasrin  —  (26)  ez-zarkä ,  Ort  auf  der  Strasse  nach 
Damask  —  (28)  bait  karmä^  Dorf  bei  Jerusalem  —  (29)  bait  'ai- 
nUn.  Dorf  bei  Jerusalem  —  (30)  el-kastah    Dorf  an   der  Gränze 

110)  Der  Text  hat  madsch  slm.  Van  de  Vklde  giebt  Reise  I,  IGT  medsch- 
del  sclim,  ebenso  GuERIN ,  Gal.  II,  267;  dagegen  die  Map  of  W.  P.  mejdel 
idim  (daneben  :  khurhet  selem),  RouiNSONsiV«».  Danach  ist  madschdal  sicher, 
die  Vocalisation  des  zweiten  "Worts  ungewiss.  llOl^j   So  nach  DE  GOEJE 

die  Handschriften.     Wetzstein  in  Delitzsch  Comm.   z.  Genesis.  *.   1872, 
p.  .574,  las  kädiis.  111)   So  zweimal,  aber  wohl  ez-zarkä  zu  lesen. 


227 

Syriens  —  el-laddscJnm,  zwei  Städte  in  Syrien  —  bämj'äs,   Stadt, 
aber  bänäs,  Fluss  bei  Damask. 

Über  falsche  Traditionen.    (46)  In  e/-chc/tasrh  ht  ein 
Ort.   wo  die  Kette  Davids    war,    bei   der   die    Entscheidungen 
ergingen  1' 2).  —  Das  Grab  Adams  ist  nach  einigen  bei  dem  Grab   5 
Abrahams,  nach  andern  im  üh;  in  Jerusalem  behauptete  einer, 
(lass  er  es  im  Traum  hinter  dem  ()lberg  gesehen.  —  Juden  mid 
Christen  sagen,    das  Grab  Davids  sei  im  sahjTin.  —  Einige  be- 
haupten, das  Feuer  Abrahams  sei  am  dscliarmak  gewesen.  —  Auf 
dem  Gipfel    des  Sinai  ist  ein  Ölbaum ,  welcher    der  im  Koran  10 
"24.  35  als  »weder  östlich,   noch  westlich«  bezeichnete  sein  soll; 
dasselbe  wird  von  einem  andern  auf  dem  ()lberg  gesagt.  —  Ich 
hörte  Abu  Ali  el-hasan  ihn  abi  bakr  el-bannä  sagen ,   das  Grab 
sei  eine  Platform,  von  der  man  sagte,  dass  sie  das  Grab  eines  der 
Imame  sei,    bis  ein  Mann  aus  Choräsän  gekommen  sei  und  er- 15 
zählt  habe,  er  habe  im  Traum  die  Worte  gehört :  »Geh  nach  Jeru- 
salem und  mache  ihnen  kund,    dass   es  des  Patriarchen  Joseph 
Grab  sei.«   Der  Sultan  befahl,  erzählte  er,  meinem  Vater  hinaus- 
zugehen und  ich  begleitete  ihn ;   die  Arbeiter  gruben  ,  bis  sie  zu 
dem  Holz  der  Bahre  kamen,   das  ganz  morsch  war  :  fortwährend  20 
sah  ich  bei  unsern  alten  Weibern  Späne  davon ,    womit  sie  sich 
von  Ophthalmie  zu  heilen  suchten. 

Südliche  Wüste.    (193)  Das  dsc/nfär ,  das  von  Ägypten 
aus  am  nächsten  an  Syrien  stösst,  hat  zur  Hauptstadt  el-faramä 
und  zu  Städten  el-bahkära^  el-ioarräda,   el- arisch;  ^a?,  häuf  \\?ii  1h. 
zur  Hauptstadt  Mlbais,  zu  Städten  maschtül,  dschurdschlr ^  ßiküs, 
ghaifä.  dahkü,  tüna  ^  barrlm^  el-kulzum.    (195)  El-fara77iä ,    an 
der  Küste   des  Mittelmeers ,   eine  Parasange  von  ihm ,   bewohnt 
und  volkreich,   mit  einem  Fort  und  schönen  Bazaren  ,   liegt  in 
einem  Salzsumpf  und  hat  salziges  Wasser:   ringsum  sind  Fang- 30 
stellen  für  die  Wachteln  [sahcä]  und  guter  Fischfang ;  in  ihr  fin- 
den sich  eine  x\nzahl  entgegengesetzter  Dinge  [C  :  Producte  bei- 
der Provinzen]  und  viel  Gutes.    Es  ist  ein  Vereinigungspunkt  der 
Strassen,    wird  oft  erwähnt  und  blüht,   aber  hat  salziges  Wasser 
und    die  Vögel    erregen   (chronische?)  Krankheiten.      (209.    In 35 
el-faramä  findet  sich  die  Wachtel  [sumäm]  ;  wer  davon  isst,  wird 

112)  Die  nämlich  auf  dem  Hof  des  Haram  gewesen  sein  soll. 


228 

krauk.!'-'  und  seine  Gelenke  werden  steif).  *Diese  Gegend  be- 
steht ganz  aus  gelbem ^^^  Sand;  die  in  ihr  liegenden  Städte  sind 
oben  genannt.  Es  giebt  darin  Strassen,  Palmen  und  Ikunnen, 
au  jeder  Poststation  ist  ein  Laden.    Nur  spielt  oft  der  Wind  mit 

5  dem  Sand  und  bedeckt  die  Strasse;  das  Reisen  darin  ist  be- 
schwerlich. C:  Die  übrigen  Städte  des  dschifär  liegen  im  Lande, 
haben  Palmen  und  sind  heiss,  aber  bewohnt.  Mit  dem  aufgehäuf- 
ten Sande  spielt  der  Wind  und  bedeckt  die  Wege.  Aber  an 
jeder  Poststation  ist  ein  Laden  und  ein  Brunnen  und  jede  Tage- 

10  reise  eine  Stadt."  (211.  Im  dschifär  ist  ein  Talisman  gegen  den 
Sand,  dass  er  nicht  Städte  und  Dörfer  überwältige.  Talismane 
giebt  es  niir  in  Ägypten  und  Syrien,  die  Propheten  sollen  sie  ge- 
macht haben .  doch  habe  ich  dergleichen  auch  in  Persien  ge- 
sehen.) —  Bilbais  ist  eine  grosse  Stadt  mit  vielen  Dörfern  und 

15  Saatfeldern,  bewolmt;  die  Gebäude  sind  aus  Lehm. —  El-tnasch- 
tül  hat  *viele  [C  :  angeblich  360]  Mühlen,  von  dort  wird  *der 
meiste  Proviant,  bestehend  in  Mehl  und  Zwieback,  nach  Hi- 
dschäz  [C  :  das  meiste  Mehl  nach  Hidschäz  und  viel  Weizen  nach 
Kolzum^  gebracht.     In  einer  Zeit  des  Jahres  zählte  ich  3000  Ka- 

20  meellasten  jede  Woche,  lauter  Kornfrüchte  inid  Mehl. 

EJ-Jmlzmn  ist  eine  alte  Stadt  am  Ufer  des  sinesischen  Mee- 
res (196),  trocken  und  trist,  ohne  Wasser  und  Gras,  ohne  Saat 
und  Milch,  ohne  Feuerung  und  IJäume,  ohne  Trauben  und 
Früchte.    Wasser  wird  auf  Schiffen  zugeführt  und  anderes  [viel- 

25  leicht  zu  lesen :  fauliges,  C  :  salziges]  schlechtes  kommt  auf  Ka- 
meelen von  einem  eine  Poststation  entfernten  Ort  suicais.  Es 
giebt  ein  Sprichwort :  «der  Proviant  der  Leute  von  el-hulzum 
kommt  von  hilbais^  ihr  Getränk  von  smvais,  sie  essen  Bockfleisch 
und   brennen    den  Plafond    des  Hauses«  ^i^).     Sie    ist  einer  der 

30  Aborte  der  Welt.  Das  Wasser  ihrer  Bäder  ist  salzig,  sie  ist  häss- 
lich.   ekelerregend,  der  Weg  zu  ihr  beschwerlich ,    nur  dass  ihre 


li:i,  Wegen  Num.  11,31  zu  beachten.  114)  Weissem  Jäküt  Kaz- 

•wlnl,  schönfarbigem  Istachri  Ibn  Haukai.  115)  »Müssen,  wenn  sie  Feuer 

machen  wollen,  Latten  vom  Plafond  reissen«  erklärt  DE  GoEJE,  sachlich  nicht 
wahrscheinlich  ;  es  geht  aber  auch  desshalb  nicht,  weil  der  erforderliche  Reim 
auf  —  ais  nicht  herauskommt.  Dürfte  man  eine  provincielle  Aussprache  dais 
für  (Its  annehmen,  so  Hesse  sich  lesen  :  min  schii  ab  ed-dais,  Binsenhalme,  und 
vergleichen,  Avas  Klunzinger,  Ztschr.  für  Erdkunde  187S,  S.  549,  von  dem 
Brennmaterial  von  Kusair  erzählt. 


229 


Moscheen  gut  sind  und  ansehnliche  Paläste  [\.  1.  Quartiere  und 
nutzbringende  Märkte  darin  sind.  Sie  ist  ein  Stapeli)latz  für 
Ägypten,  ein  Hafen  für  Hidschäz.  ein  Stützpunkt  für  die  Pil- 
gerkaravane.  Wir  kauften  eines  Tages  für  einen  Dirham  etwas 
und  brauchten  dazu  für  einen  Dirham  Ikennmaterial.  Diese  Ge-  5 
gend  hat  keine  gtite  Beschaffenheit,  und  ich  sehe  keinen  Nutzen, 
ihre  übrigen  Städte  zu  erwähnen. 

(209)  Der  Berg  sltiä  ist  dem  Meer  von  Kolzum  nahe.  Man 
geht  zu  ihm  aus  von  einem  Orte,  Avelcher  ..r-*"^  [el-  .mn  ^'^)  heisst, 
dem  Orte,  von  wo  Moses  und  die  Israeliten  aufbrachen  und  an  10 
welchem  zwölf  Quellen  mit  mittelmässigem  Wasser  sind.  zAvei 
Tagereisen  von  dem  Berge.  In  dem  Gebirge  list  ein  christliches 
Kloster  und  viele  Saatfelder:  dort  ist  auch  der  im  Koran  als 
«weder  östlich  noch  westliclw  bezeichnete  Ölbaum,  dessen  Oliven 
den  Königen  gebracht  werden.  15 

(209)  Über  das  t'ih  streitet  man ;  das  richtige  ist ,  dass  es 
ZAvischen  Syrien  und  Ägypten  liegt  und  etwa  vierzig  Parasangen 
weit  sich  erstreckt.  Es  besteht  aus  Sand .  Salzsümpfen  und  ro- 
them  Sandstein  und  hat  Palmen  und  Quellen.  Es  stösst  an  das 
dschifär  und  hinten  (210)  an  den  Sinai.  Nach  der  Seite  von2ü 
Kolzum  ist  das  rif  die  Gränze  der  Wüste  und  der  Weg  nach 
Mekka  führt  hindurch.  —  (215.  Orte  zAvischen  Kahira  und  Aila :) 
el-dschuhb  (der  Brunnen) ,  el-bincaib .  '''manzü  ihn  sadaha  (249: 
handaha),  '^adschrüd,  die  Stadt  (wohl  Kolzum' .  el-kurst,  el-hafar. 
(249:  el-manziV).  xcaiJa.  (253)  Die  Eastorte  zwischen  Ägypten  25 
und  icaila  erhalten  Wasser  durch  Bewässerungsmaschinen. 

(249)  Weg  von  Eamla  über  es-suhkarijja  eine  Stat.,  et-tu- 
lail  zvrei  Stat..  el-ghamr"^^'  (253:  el-(jhamr  ein  Wasser  in  wü- 
ster Umgebung;  in  der  Nähe  ist  ein  Sand,  der,  wenn  aufgegra- 
ben, viel  süsses  Wasser  liefert)  zwei  Stat. .  aUa  zwei  Stationen.  30 
Der  Weg  der  scharUh  führt  von  sughar  in  vier  Stationen  nach 
waila.  Beide  Wege ,  obschon  in  Syrien,  sind  ein  ^larsch  durch 
die  wilde  Wüste,  und  berühren  die  syrische  Wüste. 

(255)  Ich    ging   von    einem    Küstenorte    Nachmittags .    im 


116)  Der  Name,  offenbar  verderbt,  soll  das  biblische  Elim  bezeichnen, 
■vvohl  aus  der  Bibel  stammend  und  zur  Zeit  des  Verfassers  nicht  mehr  vorhan- 
den. 117  Das  von  neueren  Keisenden  oft  genannte  wädT  el-ghamr  nord- 
östlich von  Petra. 


230 

Fasten  bejjriffen ,  um  die  Wallfahrt  ohne  mitgenommenen  Vor- 
ratli  zu  machen,  und  als  ich  nach.' äkir  kam,  betete  ich  das  Son- 
nenunteigangsgebet  und  begab  mich  zum  Gebet  in  eine  Celle  der 
lIau])tmoschee.  da  ich  das  Fasten  stets  erst  nach  dem  Unpaarge- 
5  bet  des  Kamadän  brach,  und  betete  das  Nachtgebet.  Als  mau 
wegging,  kam  der  Mnaddin  und  gab  mir  ]>rot  und  getrocknete 
Feigen  und  einen  Krug  Wasser;  ich  hatte  mir  vorgenommen, 
weder  Schlauch  noch  Becher  mitzuführen,  und  dachte ,  der  mii 
Speise    versieht,    wird    auch  Wasser    senden.     Ich  speiste  aufs 

10 beste,  worauf  ich  mir  nicht  Rechnung  gemacht,  und  als  ich  das 
!Morgengebet  verrichtet,  schlug  ich  den  Weg  nach  es-suk/carijja 
ein.  Als  ich  zu  Nacht  gebetet,  brachte  ein  Mann  mir  einen  Laib 
IJauernbrot  (256)  und  einen  Becher  Wasser;  ich  ass  und  trank 
und  ging  am  andern  Morgen,  bis  ich  nach  ras  ez-zäwija  (Gipfel 

1 5  der  Capelle  {)  kam ,  wo  ich  die  Kleider,  die  ich  anhatte,  Ilausi- 
rern  gab  und  von  ihnen  einen  härenen  Kittel ,  abgetragene  San- 
dalen und  ein  altes  Kopftuch  erhielt.  Ich  ging  bis  zum  Nach- 
mittag ohne  den  Wunsch,  ein  Abendessen  zu  treffen.  Da  zeigte 
sich  mir  eine  Burg,  auf  die  ich  zuging,  und  als  ich  zum  Thore 

20  kam .  fand  ich  dort  einen  Mann  aus  Jerusalem ,  der  mich  um- 
annte.  mir  Aufnahme  verschaffte  und  den  Bewohnern  sagte,  wer 
ich  wäre.  Er  brachte  mir  verschiedene  Speisen  und  einen  Über- 
wurf. Um  die  Morgenröthe  machte  ich  mich  von  ihnen  heimlich 
weg  und  ging  bis  nach  dem  Nachmittage,  wo  mich  Maghribiner 

25  trafen,  die  mich  für  einen  Spion  erklärten ;  als  ich  mit  ihnen  das 
Abendgebet  gehalten,  entschuldigten  sie  sich  und  bewirtheten 
mich .  Am  andern  Tage  ging  ich  bis  el-kusaifa  und  sah  dort  kei- 
nen l>ewohner,  aber  plötzlich  nahten  fünf  Eeiter  und  führten 
mich  gegen  meinen  Willen  zu  ihrem  Lagerplatz  und  bewirtheten 

30 mich.  Als^ich  sah,  dass  ich  keine  Nacht  ohne  Einladung  blieb 
und  dass  Gott  mich  zurückAvies,  begab  ich  mich  nach  meiner 
Stadt  und  Aollzog  die  Wallfahrt  in  diesem  Jahr  mit  Vorrath  und 
Bcitthier. 

S y ri s c he  Wüste.    (248)  Der  einzige  Fluss  ist  der  azrak. 

35  (252)  Ihre  Gränze  läuft  über  ivaila,  die  Städte  Lots,  maab,  'am- 
mün,  adriät,  die  Landgebiete  von  Damask,  tadmur  imd  sala- 
inijja.  bälis. 


Bericht  über  neue  Ersclieimmgeii  auf  dem  (iebiete  der 
Palästiiialiteratiir  1883. 

Von  Prof.  A.  Socin  in  Tübingen. 


Indem  ich  mich  nun  zum  siebenten  Male  anschicke ,  den 
Lesern  unserer  Zeitschrift  die  literarischen  Pruducte  des  verflos- 
senen Jahres  vorzuführen,  möchte  ich ,  um  der  unausbleiblichen 
Eintönigkeit  solcher  ]3erichte  vorzubeugen,  den  \Yunsch  äussern, 
dass  sich  mit  der  Zeit  jemand  finden  möge,  der  dieses  Geschäft 
an  meiner  Stelle  übernähme.  Nach  meiner  Überzeugung  Avürde 
ein  solcher  Wechsel,  oder  auch  eine  Theilung  der  Arbeit  für  unsere 
Zeitschrift  entschieden  von  Yortheil  sein ;  diese  Erfahrung  ist 
ja  öfters  bei  derartigen  Übersichten  gemacht  worden. 

Von  unserem  Vereine  ist  zu  berichten ,  dass  die  Mitglieder-  AUgemei- 
zahl  desselben  sich  so  ziemlich  in  der  gleichen  Höhe  hält,  und  ein 
grösserer  Aufschwung  derselben  leider  nicht  zu  verspüren  ist. 
Was  unsere  Zeitschrift  betrifft ,  so  ist  besonders  zu  erwähnen, 
dass  Herr  Pfarrer  em.  Ph.  Wulff  i)  sich  der  dankenswerthen 
Mühe  unterzogen  hat,  ein  Register  für  die  Jahrgänge  1 — V  anzu- 
fertigen, welches  im  Berichtsjahr  als  Appendix  der  Zeitschrift 
erschienen  ist.  Noch  sei  hier  um  Entschuldigung  gebeten  wegen 
des  störenden  Druckfehlers  in  der  Überschrift  meines  vorjähri- 
gen Berichtes  2) ,  —  Die  französische  Gesellschaft  des  Orient  Latin 
hat  den  Druck  des  zweiten  Bandes  ihrer  Archives  noch  nicht  be- 
endigt; verschiedene  Ausschnitte  desselben,  welche  die  Jahres- 

11  Register  zu  Band  I— V  der  Zeitschrift  des  Deutschen  Palästina- Ver- 
eins, angefertigt  von  Dr.  Philipp  Wolff.    Leipzig  18S3.  37  pp.   S'\ 

2:  A.  Socin,  Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pa- 
lästinaliteratur 1882  (Druckfehler  1880):  ZDPV.  VI,  p.  153—179. 

Ztschr.  d.  Pal. -Vor.  VII.  16 


232 

zahl  1SS3  tragen,  sind  uns  dagegen  bereits  zugekommen.  (Vgl. 
Nr.  it7  ;  132.'  Auch  von  dem  Jerusalemer  Jalirlnich  ist  zu  dem 
ersten  ^)  noch  kein  zweiter  Band  erschienen ;  sollte  diese  Unter 
uc'lnnung  bereits  wieder  ins  ^Stocken  gerathen  sein  ?  Die  eng- 
lische Gesellschaft  ^j  hat.  weil  der  Ferman  in  Constantinopel  nicht 
zu  erlangen  war,  die  Erforschung  des  Ostjordanlandes  vorläufig 
luiterbrochen  und  nur  eine  geologische  Expedition  ausgesandt. 
Zu  bemerken  ist ,  dass  sich  die  Engländer  zum  ersten  Male  nun 
auch  bemüssigt  gesehen  haben,  einige  literarische  Notizen  zu 
veröffentlichen :  aus  meiner  Übersicht  über  die  Erscheinungen 
des  Jahres  1S80  ist  ein  magerer,  durch  viele  Druckfehler  und 
Missverständnisse  entstellter  Auszug  gemacht  worden  5).  Ein 
Zeichen  der  Zeit  ist,  dass  sich  auch  in  Russland  neuerdings  eine 
Palästinagesellschaft 6)  gebildet  hat,  und  zwar  namentlich  auf 
Betreiben  des  verdienten  Staatsrathes  Hitrowo.  —  Eine  neue 
italienische  Zeitschrift")  scheint  hauptsächlich  kirchliche  Inter- 
essen zu  verfolgen.  —  Als  ein  vortreffliches  Hülfsmittel  kann  die 
Bibliographie  bezeichnet  werden,  welche  in  Kuhn' s  neugegrün- 
detem Literatur-]51att  für  orientalische  Philologie^)  erschienen 
ist;  hoffen  wir,  dass  sich  dieses  Blatt  als  lebensfähig  erweise. 
Auch  auf  die  vouPünjer  herausgegebene  Literaturübersicht 'J)  sei 
hier  noch  hingewiesen. 

Je  mehr  die  politischen  Fragen  ^o)  in  Bezug  auf  Palästina  in 

3)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  155,  Nr.  11.  —  Rec.  von  Guthe  in  ZDPV.  VI, 
p.  150—152;  Quart.  Statements  1883,  p.  159—162. 

4)  Vgl.  The  meeting  of  the  general  committee:  Quart.  Statements  1883, 
p.  121-125. 

5)  Socin,  List  of  recent  Palestine  Literature :  Quart.  Statements  1883, 
p.  11;j  — IIG. 

G  Pravoslavnyj  Palestinskij  Sbornik.  St.  Petersburg  1883.  123  pp.  8». 
Vgl.  Polybiblion  1883  (37),  p.  33;  ThLBl.  1884,  Nr.  7.  Vgl-  die  Bespre- 
chung am  Schluss  dieses  Heftes.    Anm.  d.  Red.) 

7)  Gerusalemme,  Periodico  dell'  alleanza  cristiana  e  organo  della  Palestina. 
Genua  JuU  1883;  cit.  :  Das  heil.  Land,   1883,  p.  129. 

8;  Literatur-Blatt  für  orientalische  Philologie  unter  Mitwirkung  von  Dr. 
Johannes  Klatt  in  Berlin  herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Ernst  Kuhn  in  Mün- 
chen.   I.Band.   Leipzig  (Schulze)  1883 — 4.   Bibliographie  p.  253  fg. 

9}  Theologischer  Jahresbericht  herausgegeben  von  Pünjer.  3.  Band. 
Leipzig  1884.    Literatur  zum  Alten  Testament  von  Karl  Siegfried. 

10)  C.  R.  Conder,    France  and  Syria:    Fortnightly   Review   N.  S.  vol. 
XXXIV,    1.  Aug.  1883,  p.  227— 243.'  (Nach  Kuhn's  Lit.  BL;  nicht  ges.). 


233 

den  Vordergrund  treten  und  in  Deutschland  die  Frage  bespro- 
chen wird ,  ob  für  deutsche  Colonisation  ina  Auslande  Schritte  Coionien. 
gethan  werden  sollen,  richtet  sich  auch  die  Aufmerksamkeit  auf 
Syrien  und  die  in  jenem  Lande  bereits  bestehenden  deutschen 
Ansiedelungen.  "Wiederum  wirft  Schick^')  in  daukenswerther 
Weise  einen  Rückblick  über  die  bisher  in  Palästina  gemachten 
Erfohrungen  in  Bezug  a\if  Colonisation  12) ;  auch  in  der  in  unse- 
rer Zeitschrift  erschienenen  Übersicht  1^)  und  in  der  Warte'*) 
finden  wir  wieder  manches  Detail  über  die  Colonien  der  Temp- 
ler. Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dass  der  Vorschlag,  diese  An- 
siedelungen durch  Kapital  zu  unterstützen,  ausgeführt  würde  ^^j, 
damit  wenigstens  gegenüber  pessimistischen  Anschauungen  ^ß) 
sich  ergäbe ,  ob  diese  Art  von  Colonien  lebensfähig  seien.  In 
manchen  Zeitungen  war  neulich  davon  die  Rede ,  dass  Preussen 
sich  bei  Gelegenheit  des  Besuchs  des  Prinzen  Friedrich  Karl  im 
lieiligen  Lande  den  Hafen  von  Caesarea  habe  abtreten  lassen^"); 
dies  scheint  vollständig  aus  der  Luft  gegriffen  zu  sein.  Bei  Cae- 
sarea sind  dagegen  neuerdings  unangenehme  Gäste,  nämlich 
muslimische  Flüchtlinge  aus  Bosnien  und  der  Herzegowina  an- 
gesiedelt worden;  5  Meilen  entferntfindet  sich  auch  eine  tscherkes- 
sische  Niederlassung  is] .  Sehr  fraglich  ist  ,  ob  die  im  W^erden 
bea-riff'enen,  von  den  verschiedensten  Seiten  unterstützten  israe- 
litischen  Ackerbaucolonieniö)  eine  Zukunft  haben.  Der  An- 
drang  der  Juden ,  welche  nach  Palästina  reisen,   scheint  noch 

11)  Baurath  C.  Schick,  Der  gegenwärtige  Stand  der  Colonisationsver- 
suche  in  Palästina:    üsterr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient,  18S3,  p.  20 — 31. 

12)  Syrian  Colonization  by  Rev.  W.  Wriglit:  Contemporary  Review,  Ja- 
nuar 1883.  (Nicht  ges.). 

13)  Christoph  Paulus,  Die  Tempelcolonien  in  Palästina:  ZDPV.  1883, 
VI,  p.  31— 42. 

14)  Vgl.  Warte  des  Tempels  1883,  Nr.  17.  33.  34.  —  Über  Sarona  Nr.  10 ; 
Haifa  Nr.  22.  —  Vgl.  auch  Ausland  1883,  Nr.  777;  Schwäbischer  Merkur, 
Donnerstagisbeilage  1883,  Nr.  57,  p.  353. 

15)  Warte  des  Tempels  1883,  Nr.  16. 

lü)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  154,  Nr.  5.  Th.  Lange,  Die  Deutschen  Colonien 
in  Syrien:  Sammlung  gemeinnütziger  Vorträge  1882.   16  pp.  80. 

17)  Augustin  Albouy,  Cesaree  dePalestine:  La  Terre  Sainte  1883,  p.  601 
—603. 

18)  Vgl.  Schwäbischer  Merkur  9.  Juli  1884,  Nr.  161. 

19j  Vgl.  über  jüdische  Colonien;  Allg.  Zeitung  1883,  Nr.  253,  Beil.  p. 
3718.  —  Über  jüdische  Einwanderer  vgl.  unten  in  Nr.  26  d.  Ber. 

16* 


234 

innner  sehr  bedeutend  zu  sein :  es  wird  angegeben ,  dass  vom 
Mai  bis  November  1S82  trotz  der  .Schwierigkeiten,  welche  die 
türkische  Kegierung  dieser  Einwanderung  in  den  Weg  legte, 
480  jüdische  Familien.  3000  Seelen  zählend,  in  Jafa  gelandet 
seien  .  \uu\  es  entsteht  die  brennende  Frage ,  Avovon  diese  leben 
sollen.  Auch  in  jüdischen  Kreisen  wird  diese  Bewegung  vielfach 
besprochen,  wie  einige  »Schriften ^oj  2ij^  ^[q  theilweise  auch  man- 
ches Persönliche  mitzutheilen  scheinen--  .  beweisen.  —  Ein  klei- 
ner Essay  über  Ackerbauverhältnisse  in  Palästina  ist  wohl  hier 
auch  zu  berücksichtigen  ^^] . 
Beformen.  Auch  in  anderer  Hinsicht  hat  man  sich  neulich  mit  Palästina 

beschäftigt :  von  einer  Seite,  welche  augenscheinlich  nur  sehr  ge- 
ringe Kenntniss  von  den  Terrainverhältuissen  hatte ,  wurde  der 
Vorschlag  gemacht ,  dass  an  Stelle  eines  zweiten  Suezcanals  die 
Ebene  Jezreel  bis  zum  Jordan  thale  durchstochen  und  hierauf  eben- 
falls ein  Kanal  durch  die  Araba  nach  Akaba  gegraben  werden  solle. 
Dagegen  hat  namentlich  Schick  24]  schlagend  nachgewiesen,  dass 
die  Kosten  eines  solchen  Unternehmens  viel  grösser  wären,  als 
sie  von  jenem  Projectmachcr  angeschlagen  worden  waren,  dass 
aber  die  ganze  Ausführung,  abgesehen  von  der  Irrentabilität, 
auch  daran  scheitere,  dass  ungeheure  Bodenstrecken  von  Palä- 
stina dadurch  unter  Wasser  gesetzt  und  daher  viele  Entschä- 
digungen zu  zahlen  sein  würden.     Immerhin  ist  die  Frage,    ob 

20)  A.  Katz,  Der  Jude  und  das  Land  seiner  Väter  (hebr.^.  Fürstenwalde 
(Geelhaar)  1883,  38  pp.  8».  —  (Nach  Kuhn's  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen. 

21)  ^xnil'i  "i'^X  C,  Description  de  laPalestine,  nature,  dusol,  mers, 
cours  d'eau,  montagnes,  vallees,  climat,  flore  et  faune,  villes  et  villages  ,  par 
Eliezer  her.  Juda.  Jerusalem  'inipr.  Moise  Salomon)  o.  I).  76  pp.  SO.  (Nach 
Revue  des  etudcs  juives;  nicht  gesehen.) 

22j  nlsran  ^D1,  Relation  d'un  voyage  fait  recemment  par  l'auteur  en  Pa- 
lestine  encompagnie  de  onze  emigrants  russes  qui  voulaient  fonder  unecolonie 
agricole  dans  ce  pays,  et  considerations  sur  la  fondation  de  colonies  agricoles 
israelites  en  Palestine,  par  lehielBril.  Ire  partie  Mayence  jmpr.  Bril,  236  pp. 
80.  (NachRevuedeset.  juives  VII  (18S3)  p.  288;  nicht  gesehen.) 

23)  Letters  froni  Galilee.  I.  II.  Jewish  agriculture:  Blackwood's  Edinb. 
Mag.  Sept.  — Oct.  1883.  Nr.  815;  816;  Vol.  134,  p.  367  —  378;  521—534; 
vgl.  auch  III,  Nov.  Nr.  817,  p.  597—609.   (Nach  Kuhn's  Lit.Bl. ;  nicht  ges.  . 

24/  C.  Schick ,  Der  »Jordan-Canal«  :  Üsterr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient 
18S3,  p.  143—146.  —  Vgl.  Allg.  Zeitung  1883  I.Beil.  Nr.  200;  203;  Globus 
1883  (43),  p.  367  ;  J.  Lit.  Bl.  1883,  Nr.  34—36. 


235 


nicht,  falls  das  Project  überhaupt  aiisführbav  wäre,  das  Klima 
Palästinas  durch  den  grossen  See,  welcher  sich  bilden  würde, 
wesentlich  verändert  und  zwar  verbessert  würde.  —  Dagegen 
scheint  eine  andere  Unternehmung,  welche  bereits  angebahnt 
ist,  viel  durchführbarer  zu  sein :  es  handelt  sich  nämlich  um  den 
Pau  einer  Eisenbahn  von  Akka  nachDamascus^s)^  an  welche  sich 
später  Zweigbahnen  anschliessen  würden.  Vorläufig  ist  sogar 
bloss  die  Ausführung  der  Strecke  Akka — Haifa — Dschisr  el-Med- 
schämi'^a  (im  Jordanthal)  ins  Auge  gefasst  und  das  Terrain  ver- 
messen worden.  Falls  diese  Linie,  deren^ Ausführung  freilich 
noch  auf  grosse  Schwierigkeiten  stossen  kann ,  gebaut  würde, 
könnte  damit  die  Getreideausfuhr  aus  dem  Hauran  —  welche 
immerhin  stets  bedeutend  ist  26)  —  noch  wesentlich  gehoben 
werden.  Natürlich  müsste  auch  der  Hafen  von  Haifa  dann  ver- 
bessert werden ;  bereits  äussern  die  dortigen  Colonisten  lebhaft 
den  AVunsch,  dass  auch  deutsche  Dampfschiffe  die  Ilhede  be- 
suchen möchten.  —  Was  sonstige  Eisenbahnunternelimungen 
betrifft,  so  hat  Cameron^^)  in  seinem  Buch  die  Gegenden  ge- 
schildert, welche  eine  von  Beirut  nach  Bagdad  führende  Bahn  be- 
rühren müsste;  auch  Schweiger-Lerchenfeld  2S)  weist  mit  Recht 
darauf  hin,  dass  gegenüber  dem  Vorschlag  einer  Eufratbahn  der 
einer  Tigrisbahn,  welche  doch  durch  bebaute  Gegenden  füh- 
ren würde ,  der  einzig  vernünftige ,  aber  so  lange  unausführbar 
sei.  bevor  durchgehende  Reformen  von  der  Türkei  an  die  Hand 
genommen  seien.  So  lange  die  Verbesserungen  jedoch  nur  auf 
dem  Papier  bleiben,  hat  das  Erbauen  von  Eisenbahnen  wenig 
Zweck.  Von  jenen  auf  dem  Papier  sich  ganz  schön  ausnehmen- 
den Reformen  wollen  wir,  weil  die  Sache  auch  Palästina  angeht, 
-die  neue  türkische  Postordnung'-!')  anführen;   dieselbe    ist  sehr 

25)  Schumacher,  Das  Eisenbahnprojekt  'Acca  i;Haifa;-Djisr  elmedja- 
mi'a  Palästina:  Warte  d.  T.  1SS3,  Nr.  41.  42;  und  daraus  in  Neueste  Nachr. 
a.  d.  Morgenlande  1SS3,  p.  130—144;  vgl.  Beil.  zur  A.  Zeitung  1883,  Nr.  25. 

26)  Haifa,  Jahresbericht  f.  1882:  Deutsches  Handelsarchiv  1883,  p.  258. 

27)  V.L.  Cameron,  Notre  future  route  de  l'Inde ,  traduit  de  l'Anglais. 
Paris  (Hachette)  1883.  269  pp.   120.    (Nach  J.  asiat. ;  nicht  gesehen.) 

28)  A.  V.  Schweiger-Lerchenfeld,  Die  Euphratthal-Bahn  und  kein  Ende: 
Österr.  Monatsschr.  f.  d.  Orient  1883,  p.  45—51. 

29)  G.  Sautter,  Die  neue  türkische  Postordnung:  (')sterr.  Monatschr.  f. 
d.  Orient  1883,  p.  9—13. 


236 

unvollkommen,  ist  aber  vor  allem  auch  dadurch  interessant,  dass 
sie  uns  eine  Unzahl  von  Missbräuchen  aufdeckt. 
sutiMik.  Ausser  dem  bereits  oben  genannten  Konsulatsberichte  aus 

Haifa  sind  noch  einige  andere  ebenso  interessante  handelsstati- 
stische Notizen 30j  3ij  hervorzuheben;  vor  allem  aber  sei  hier  auf 
den  höchst  eingehenden  Artikel  verwiesen,  -welchen  das  Han- 
delsarchiv über  das  Liwa  von  Jerusalem  32)  gebracht  hat.  Diese 
Arbeit  verbreitet  sich  über  Statistik  (das  Liwa  Jerusalem  hat 
230000  Einwohner:  davon  fallen  77500  auf  die  Städte;  im  gan- 
zen 1  SSO  00  Muslimen,  18400  Juden,  1 1500  griechische  Ortho- 
doxe,  S720  Lateiner.  1555  Protestanten,  alle  Secten  eingerech- 
net) ,  EiuAvanderung,  Strassenverkehr  (die  Pachtsumme  der  Jafa- 
strasse  1170  türkische  Liren) .  Steuern  (die  Grundsteuer  beträgt 
8  vom  Tausend  und  hat  eingebracht  3,795, 168  Piaster,  der  Zehnte 
von  Ländereien  hat  in  Naturalien  3,681,101  Piaster,  an  Baar 
2,573,914  P.  eingebracht;  die  Viehsteuer  von  Ziegen  und  Scha- 
fen ä  3Y2  P.  Gold:  1,056,104  P. ;  die  Militairsteuer  ä  271/2  1' 
perKaja  261,47SP. ;  indirecte Steuern,  Zölle,  Regale  500,O00P.), 
Schiffsverkehr,  Einfuhr  für  3,013,150  Fr.)  und  Ausfuhr  (für 
6,835.000  Fr.],  Geldkurs,  Anstalten  u.  s.  w. 

Ausgehend  von  der  Überzeugung,  dass  für  manche  Leser 
unserer  Zeitschrift  eine  vergleichende  Übersicht  über  die  An- 
stalten, welche  von  den  verschiedenen  Religionsgemeinschaften 
in  Palästina  gegründet  Morden  sind  und  unterhalten  werden,  von 
Interesse  sei,  ist  im  verflossenen  Jahre  zunächst  ein  competenter 
Bericht  über  die  protestantischen  Bestrebungen  erschienenes^. 
An  diesen  schliessen  sich  weitere  Notizen  ebenfalls  von  Rei- 
NICKE  34) ,  sowie  die  Jahresberichte  des  protestantischen  Aussätzi- 
genhauses  in  Jerusalem  35) ,  der  Bericht  des  syrischen  Waisenhau- 

30)  Tripolis  'Syrien  ,  Jahresbericht  für  18S1  :  ])eutsches  Handelsarchiv 
1S83,  p.  30:j— 304. 

31;  Saida,  Jahresbericht  für  1882:  D.  Handelsarchiv  lbS3,  p.  27<J— 2S(i. 

32;  Die  wirthschaftlichen  Verhältnisse  Palästina's  im  Jahre  1882  :  Deut- 
sches Handelsarchiv  1883,  p.  416—422.  —  Vgl.  daraus  Scliifts-  und  Handels- 
verkehr; Warte  des  Tempels  1883,  Nr.  34. 

33;  Reinicke,  Die  evangelische  Mission  in  Palästina:  ZDPV.  VI,  1883, 
p.  13—42. 

34;  Vgl.  Neueste  Nachr.  a.  d.  Morgenlande  1883,  p.  32;  71  ;   145. 
35)  Neueste  Nachr.  a.  d.  Morgenlande  1883,  p.  85. 


237 

ses  •'") ,  sowie  die  Nachricht,  class  von  eiif^lischer  Seite  neuerdings 
in  Jerusalem  eine  hedcutende  Augenklinik  ^^j  eingerichtet  wor- 
den ist.  Seit  dem  Tode  des  Bischofs  IJarclay  3*^),  welcher  seinem 
Vorgänger  Gobat^'^)  bald  gefolgt  ist,  wird  die  Frage  viel  be- 
sprochen, ob  die  Doppelstelking  eines  protestantischen,  englisch- 
deutschen Bischofs  in  Jerusalem  für  die  Zukunft  überhaupt  noch 
practisch  sei'")  *') ;  es  scheint,  dass  von  deutscher  Seite  der 
dahin  bezügliche  Contract  gekündigt  ^werden  soll.  —  Bis 
unsere  Zeitschrift  als  Gegenstück  zu  jenem  Artikel  Reixicke's 
eine  competente  Schilderung  der  katholischen  Anstalten  brin- 
gen wird  (s.  unten  den  Aufsatz  von  P.  Schnabl  in  Wien.  Die 
Ked.),  müssen  die  bezüglichen  Berichte  der  Missions  catho- 
liques ,  Terre  Sainte,  des  heiligen  Landes  u.  s.  w.  nachgeschla- 
gen Averden.  Die  katholische  Mission  *-)  wacht  eifrig  darüber, 
neue  Sanctuarien  zu  erwerben  und  an  denselben ,  wie  zum  Bei- 
spiel neuerdings  am  Karmel  und  in  dem  traditionellen  Cana  Kir- 
chen oder  Kapellen  zu  errichten  ■^^] ;    hauptsächlich    macht   sie 

36)  Zweiundzwanzigster  Jahresbei'icht  des  syrischen  Waisenhauses  zu  Je- 
rusalem.    Vom  Jahre  18S2.    Basel  (St.  Chrischona)  1883,  15  pp.  80. 

37j   Quart.  Statements  1883,  p.  118. 

38)  Joseph  Barclay ,  third  Anglican  bischop  of  Jerusalem  :  a  missionary 
biography.    London  (Partridge)  1883,   604  pp.  8". 

39]  Gobat,  Evangel.  Bischof  in  Jerusalem.  Sein  Leben  u.  Wirken  meist 
nach  seinen  eigenen  Aufzeichnungen.  Basel  (Spittler)  1883.  550  pp.  80.  — 
Kcc.  von  Wolff  in  DLZ.  1884,  Nr.  20. 

40)  W.  H.  Hechler,  The  Jerusalem  bishopric :  documents  with  transla- 
tion.  London  (Trübner;  1883.  181  pp.  SO.  —  Vgl.  Saturday  Keview  1883,  II, 
p.  365;  DLZ.  1S84,  Nr.  20;  Allgemeine  Zeitung  1884,  Nr.  124;  Academy 
29.  Sept.  1883,  p.  211. 

41)  P.  Cassel,  Das  Bisthum  von  Jerusalem.  Nach  einem  Vortrag  am  23. 
Nov.  1882.    Berlin   Kühlj  1883.  19  pp.  80. 

42,  Vincenz,  Patriarch  von  Jerusalem,  Schreiben  an  den  Schriftführer 
des  Vereins:  Das  heil.  Land  1883,  p.  41 — 45.  —  Nachrichten  aus  dem  hei- 
ligen Lande:  Das  heil.  Land  1883,  p.  127—134.  —  Bemerkungen  über  die 
deutschen  katholischen  Missions-Anstalten  in  Palästina  :  Das  heil.  Land  18S3, 
p.  103 — J07.  —  Die  Missionsthätigkeit  der  Gesellschaft  Jesu  im  Orient:  Das 
heil.  Land  1883,  p.  45—48. 

43j  Übersicht  der  in  den  letzten  Jahrzehnten  wiedergewonnenen  Sanctua- 
rien: Das  heil.  Land  1883,  p.  64 — 69.  —  Agidius  Gcissler,  Nachrichten  aus 
Cana  in  Galilaea :  Das  heil.  Land  1883,  p.  57—64.  —  Die  üpferstättc  des 
Propheten  Elias  auf  dem  Berge  Carmel:  Das  heil.  Land  1883,  p.  201-210. 
—  Ducat,   Une  excursion  ä  la  chapelle  St. -Georges  pres  Beyrouth :    Missions 


23S 

auch  im  Libanon  xind  in  Beirut  grosse  Anstrengungen.  Ganz 
besonders  ist  ihre  arabische  Druckerei^-*)  in  Beirut  berühmt; 
neben  manchen  kirchlichen  Werken  liefert  dieselbe  vortreffliche 
Schulbücher.  Wörterbücher  und  anderes  in  vorzüglicher  typogi-a- 
phisdier  Ausstattung.  —  Prof.  Ooirr^^)  in  Leiden  hat  uns  neu- 
lich aufmerksam  gemacht,  dass  die  jüdische  Wochenschrift  von 
K.MiMKii  aucli  viele  Notizen  über  die  Verhältnisse  der  Jiulen  in 
Palästina  bringe;  leider  steht  uns  dieselbe  nicht  zu  Gebote. 
Ethno-  Was  Sitten  und  Gebräuche  des  Landes  betrifft,    so    ist  in 

gnphie. 

erster  Linie  der  zweite  Band  der  zweiten  Auflage  des  in  seiner 
Art  classischen  W^erkes  von  Thomson ^c)  zu  nennen.  Diesmal 
begleiten  wir  den  erfcihrenen  Verfasser  auf  einer  Reise  durch  den 
Norden  des  Landes  und  lassen  uns  über  die  verschiedenartigsten 
botanischen,  landwirthschaftlichen  und  ethnographischen  Ein- 
zelheiten von  ihm  belehren.  Allerdings  bietet  dieser  zweite  äusser- 
lich  zwar  ebenfalls  vortrefflich  ausgestattete  l^and  gerade  in  die- 
ser Hinsicht  weniger  als  der  erste .  und  es  tritt  in  demselben  der 
etwas  eng  begrenzte  Horizont  des  nur  auf  »Bibelerklärung«  be- 
dachten Missionars  noch  etwas  ausgesprochener  hervor.  —  Fil- 
Liox^")  ergeht  sich  in  dem  sehr  populär  gehaltenen  Atlas  von 
Alterthümern,  welchen  er  geliefert  hat.  auf  sehr  breit  getretenen 
Pfaden.     Auch  Löwy's*^)  Bemerkungen  über  Höhlen,   Gräber, 

cathol.  3.  Aug.  1S83.  (XV.  annee),  p.  362— 5.  (Nach  Kuhn's  Lit.  Bl. ;  nicht 
gesehen). 

44)  Die  Druckerei  des  Jesuiten-CoUegiums  St.  Joseph,  der  jetzigen  Uni- 
versität für  den  katholischen  Orient  in  Beirut:  Das  heil.  Land  1883,  p.  168 
—173. 

45)  Vgl.  Theol.  Tijdschrift  1884,  p.  267. 

46;  Vgl.  ZDPV.  V,  p.233,  Nr.  97.  The  Land  and  the  Book;  or,  biblical 
illustrations  drawn  from  the  manners  and  custonis,  the  scenes  and  scenery  of 
the  Holy  Land.  Central  Palestine  and  Phoenicia.  By  William  ISl.  Thomson. 
130  Illustrations  and  maps.  London  (P.  Nelson  and  Sons)  1SS3.  XXIV. 
689  pp.  80. 

47)  Atlas  archeologique  de  la  Bible  d'apres  les  meilleurs  documents,  soit 
anciens,  soit  modernes  et  surtout  d'apres  les  decouvertes  les  plus  recentes  fai- 
tes  dans  la  Palestine,  la  Syrie,  la  Phenicie,  l'Egypte  et  TAssyrie  destine  ä  fa- 
ciliter  l'intelligence  des  saintes  ecritures  par  M.  L.  A.  Fillion ,  pretre  di 
Sainte-Sulpice.  Lyon  Paris  (Briday,  Delhomme  et  Briguet)  1883.  Vgl. 
Theol.  Quartalschrift  3.  Heft  1883,  p.  484. 

48  Rev.  A.  Löwy,  Unterground  structures  in  Bible  Land:  Proceedinga 
of  the  Society  of  biblical  archaeology.  Nov.  1882— Juni  18S3,  p.  140—145. 


239 

Cisterneii  u.  ;i.  bieten  nichts  Neues.  Der  A'erfasscr  einer 
kurzen  JSkizze  über  die  (allerdings  stark  heruntergekommenem 
Beduinen  Palästina's  ^9)  scheint  leider  das  Buch  von  liuucK- 
iiAKDT,  »Bemerkungen  über  die  Bediiinen  imd  Wahaljy«  nicht 
zu  kennen:  immerhin  ergänzen  seine  Angaben,  die  allerdings 
in  sprachlicher  Beziehung  leider  -wenig  zuverlässig  sind,  jenes 
classische  Werk  in  einigen  Punkten.  Als  Autor  eines  Auf- 
satzes über  die  Belka-Beduinen  -werden  -wir  ConderS")  anzu- 
sehen haben,  da  im  Athenaeum  darauf  hinge-^iesen  ist,  dass  der 
betreffende  Abschnitt  in  Conder's  neuem  Buche  (vgl.  Nr.  113) 
bereits  in  Black-wood's  Magazine  erschienen  sei. 

Die  dankenswerthen  Mittheilungen  Klein's^i)  behandeln 
diesmal  namentlich  die  Hochzeitsfeierlichkeiten  der  Fellachen  und 
enthalten  viel  Neues.  Eine  Anfrage  Budde's  ^^)  bezieht  sich  auf 
die  Trauergebräuche,  welche  heute  noch  in  Palästina  üblich  sind. 
Was  den  Gesang  der  Araber ,  -welcher  so  oft  das  Missfallen  der 
Palästinareisenden  herausfordert,  betrifft,  so  sind  darüber  bis 
jetzt  nur  wenige  Untersuchungen  angestellt  worden ,  und  zwar 
aus  Mangel  an  zuverlässigem  Material ;  die  sechs  arabischen  Me- 
lodien, welche  neulich  veröffentlicht  worden  sind,  bilden  daher 
einen  nicht  ganz  zu  verachtenden  Beitrag  zu  diesen  Studien  ^-^j . 
Zur  Kenntniss  der  heutigen  Sprache  des  Landes  ist  ausser  einem 
kurzen  Artikel  Huart's  54)  das  interessante  Buch  Landberg' s^^j 

49)  Über  die  Beduinen  Palästina's.  Von  R.  Ramjjendahl  in  Jerusalem : 
Deutsche  Rundschau  für  Geographie  und  Statistik,  1883  (5.),  p.  450—455; 
515—521. 

50;  The  Belka  Arabs.  By  a  Palestine-Explorer :  Blackwood's  Mag.  Aug. 
1883.  Vol.  134,  p.  171—189.   (Nicht  gesehen.) 

51)  F.  A.  Klein,  Mittheilungen  über  Leben,  Sitten  und  Gebräuche  der 
Fellachen  in  Palästina:  ;Zweite  Fortsetzung) 'ZDPV.  VI,  p.  sl— 101.  — 
Vgl.  Klein,  Life,  habits  and  customs  of  the  Fellahin  of  Palestine:  Quart. 
Statements  1883,  p.  41—48.  (Nach  ZDPV.  IV.) 

52)  K.  Budde,  Die  Hebräische  Leichenkiage.  Mittheihingen  und  An- 
frage: ZDPV.  VI,  p.  180—194. 

53]  Cantiarabi:  Das  heil.  Land  1883,  p.  192—193. 

54)  Clement  Huart ,  Notes  sur  quelques  expressions  du  dialecte  arabe  de 
Damas:  Journal  as.,  Jan.  1883,  p.  48 — 82. 

55;  Proverbes  et  dictons  du  peuple  arabe.  Matcriaux  pour  servir  äla  con- 
naissance  des  dialectes  vulgaires ,  recueillis ,  traduits  et  annotes  par  Carlo 
Landberg.  Volume  I.  Proverbes  et  dictons  de  la  province  de  Syrie.  Section 
de  Sayda.    Leyde  (E.  J.  Brill)  1883.  LI,  458  und  6  pp.  S».   —    Rec  von  de 


240 

zu  nennen ;  dasselbe  bietet  neben  seinem  reichhaltigen  linguisti- 
schen Material  auch  manche  sehr  ■werthvolle  ethnographische 
Notizen.  Manchen  Reisenden  wird  der  in  neuer  Auflage  er- 
schienene Dragoman  Wolff's^ö)  g^^te  Dienste  leisten  können. 
Arohäoio-  —  Von  Einzelheiten  ist  anzuführen,  dass  Conder  uns  wieder 
^*'  eine  Liste  der  eigenthümlichen  Stamrazeichen  der  Heduinen  vor- 
gelegt haf*"  ;  er  ist  aber  wohl  darin  viel  zu  Aveit  gegangen,  dass 
er  in  einigen  derselben  alte  Ikichstabenformen  hat  erkennen 
wollen.  Archaeologisch  interessant  ist  auch  die  Sammlung  von 
Steinmetzzeichen 5^) ,  welche  uns  Coxder  wieder  mittheilt.  Da- 
gegen findet  sich  in  Coxder's  Aufzählung  althebräischer  In- 
schriften ^^;  nichts  Neues ;  auch  die  Gründe,  mit  welchen  Sayce  ^^) 
den  Siloahcanal  auf  Salomo  zurückführen  will,  sind  nichts  we- 
niger als  überzeugend.  Die  Inschriften,  welche  Co>'DER  im  latei- 
nischen Patriarchat  in  Jerusalem  gefunden  hat  und  welche  aus 
Medeba  dorthin  abgeliefert  wurden  ßi),  gehören  zu  den  Vorläu- 
fern der  eigentlichen  moabitischen  Thonwaaren ;  Trym  hat  so- 
fort eine  derselben  als  alte  Bekannte  entdeckt.  Man  rufe  sich 
ins  Gedächtniss,  dass  die  Fälschungen,  welche  in  Jerusalem  auf- 
tauchten, von  dem  schwieriger  zu  behandelnden  Steinmaterial 
später  zu  dem  leichteren  Thonmaterial  übergingen;  als  auch 
diese  Alterthümer  in  Misscredit  kamen,   hat  sich  nun  neuerdings 

Goeje  Jin  Journal  asiatique  1S83,  I,  p.  533;  Academy  4.  Aug.  1SS3,  p.  81  ; 
Z.  f.  Völkerpsychologie  XIV,  p.  434—460;  Nordisk  Revy  15.  Dec.  1883,  Sp. 
2ü2;  Beil.  zur  AUg.Z.  1883  Nr.  290,  p.  4267;  Ausland  25.  Febr.  1884,  p.  155; 
Slocin)  in  LCB.  13.  Oct.  1S83,  Sp.  14S2. 

56)  Arabischer  Dragoman.  Grammatik,  Wörterbuch,  Redestücke  der  neu- 
arabischen Sprache.  Ein  Handbuch  für  Reisende  in  Ägypten,  Palästina  und 
Syrien,  sowie  für  Studirende  der  arabischen  Sprache.  Von  Dr.  Philipp  Wolft". 
Dritte  gänzlich  umgearbeitete  Auflage.  Leipzig  F.  A.  Brockhaus  1SS3.  VI, 
309  pp.  80.  —  Rec.  in  DLZ.  8.  Dec.  18b3,  S.  1725:  Theol.  Quartalschrift 
1884.   1.   p.  172. 

57j  C.  R.  Conder,  Arab  tribe  marks  (ausam)  :  Quart.  Statements  1883, 
p.  178—180. 

58    CR.  Conder,  Meason's  marks:  Quart.'Statements  1883,  p.  130— 133. 

59)  CR. Conder,  Hebrew  inscriptions  :  Quart.  Statem.  1883,  p.  170— 17-1. 

60)  A.  H.  Sayce,  The  Siloam  inscription:  Quart.  Statements  1883, 
p.  210—215. 

Ül)  C  R.  Conder,  Supposed  nabathean  and  himyaritic  texts  from  Me- 
deba: Quart.  Statements  1883,  p.  184  —  189.  —  Vgl.  l'rym  ,  Moabitisches; 
ZDPV.  VII,  p.  78. 


241 

ein  frecher  Betrug  ans  Tageslicht  gewagt,  wobei  die  Fälscher  als 
Material  eine  alte  Lederrolle  benutzt  haben.  Merkwürdig  ist, 
dass  dieses  Schriftstück  lant  dem  allerdings  sehr  raystenösen 
Berichte  ebenfalls  aus  Moab  bezogen  wurde;  viel  mehr  Wahr- 
scheinlichkeit hat  die  Vermuthung ,  dass  es  in  Europa  angefer- 
tigt worden  ist.  Von  kundigen  Forschern  ist  auch  in  Deutsch- 
land die  Fälschung  sofort  entdeckt  worden,  bevor  dieselbe  in 
England  Staub  aufzuwerfen  begann  ^'-) .  —  Zu  den  wissenschaft- 
lichen Inschriftenforschungen  möchten  Coxder  s  Bemerkungen 
über  die  Hama-Inschriften  ^'^]  kaum  zii  zählen  sein ;  in  Betreff 
derselben  ist  ein  Artikel  von  11  YLA^;I)s*'^)  und  eine  längere  liecen- 
sion  von  Lenokmant^^)  der  Vollständigkeit  wegen  hier  anzu- 
führen. Mit  Anerkennung  ist  dagegen  die  in  manchen  Punk- 
ten gelungene  Entzifferung  der  eigenthümlichen.  östlich  von 
Damascus  liegenden  arabischen  Denksteine  durch  Halevy''*') 
zu  erwähnen.  Eine  kurze  Notiz  in  den  Statements  bezieht 
sich  auf  griechische  Inschriften  in  Dscherasch'^'j.  Ungleich 
wichtiger  ist  die  sachkundige  Entzifferung  der  grossen  neuen 
palmyrenischen  Bilinguis ,  Avelche  ein  Handelsdecret  des  palmy- 
rischen  Senates  enthält.   De  Vogüe  •^"^j  hat  diese  Inschrift  mit  ge- 


G2)  Fi'agmente  einer  Lederhandschrift  enthaltend  Mose's  letzte  Rede  an 
die  Kindei'  Israel,  mitgetheilt  vind  geprüft  von  Lic.  Hermann  Guthe.  Mit 
einer  autographischen  Tafel.  Leipzig  Breitkopf  und  Härtel;  1S83.  IV, 
94  pp.  80.  —  Vgl.  auch  Quart.  Statements  18S3,  p.  195—209;  Athenaeum 
D.Aug.  1S&3,  p.  178;  Delitzsch  in  AUg.  ev.-lulh.  Kirchenzeitung  1883, 
p.  844— 6;  869—71;  893—4;  914—6;  Revue  critique  1883,  II,  p.  196;  La 
Terre  Sainte  1S83,  p.  6().5  ;  635  ;  Academy  25.  Aug.  1883  ;  Revue  politique  et 
litteraire  de  la  France  et  de  l'etranger  29.  Sept.  1883. 

63)  C.  R.  Conder,  Hamath  inscriptions:  Quart.  Statements  1883,  p.  133 
—4;    189—193. 

64  W.  Harry  Rylands,  The  Aleppo  inscription:  Proc.  of  the  soc.  of 
bibl.  archaeol.,  Juni  1883,  p.  146—9  (2  Tafeln). 

65)  Lenormant,  Les  inscription  hittiques:  Journal  des  Savants  1883, 
p.  400—417. 

66)  J.  Halevy,  Essai  sur  les  inscriptions  du  Safa.  üuvrage  couronne  par 
l'Institut  en  1S78.  Extrait  du  Journal  as.  1882.  341  pp.  8'\  5  Taf.  —  Vgl. 
LCB.  1883,  Sp.  803  (von  Praetorius) ;  Revue  crit.  18^3,  II,  p.  12;  78. 

67,  R.  B.  Girdlestone ,  The  inscriptions  of  Jeräsh ;  Quart.  Statements 
1883,  p.  107-108. 

68)  Vgl.  ZDPV.  VI,,  p.  161,  Nr.  64,  wo  zu  verbessern:  comptes  rendus 
1^83;    Journal   as.    1883.    I,  p.  231  —  245;  p.  562  —  571;  II,  p.  149-183, 


242 

Mohnter  Sicherheit  gelesen ;  andere  Forscher  haben  zu  dessen  Ar- 
beit einige  nähere  Erläuterungen  geliefert.  Hebräische  und  grie- 
chische Inschriften  aus  OssuarienC9.  sowie  Siegelinschriften  "ö) 
hat  Gaxneai  neuerdings  veröffentlicht  und  einige  belangreiche 
Bemerkungen  daran  geknüpft.  Auch  die  übrigen  archaeologischen 
Arbeiten'';,  welche  dieser  palästinakundige  Gelehrte  zu  liefern 
fortftihrt.  sind  sehr  beachtensAverth ;  dieselben  beziehen  sich  auf 
eine  vom  Olberg  stammende  Kelchschüssel  mit  Votivinschrift. 
die  neueren  Funde  in  Emmaus-Xicopolis.  zwei  in  Bethlehem  ge- 
fundene silberne  Candelaber  mit  Inschrift  aus  dem  XII.  Jahrh. 
und  anderes  mehr.  Zu  neugefundeneu  Monumenten  aus  Edessa 
lieferte  Renan "2;  einige  Bemerkungen.  Über  einige  neuere 
Funde  "3)  waren  Correspondenzen  in  unserer  Zeitschrift  mitge- 
theilt.  Eine  Notiz  Merkill's'*)  bezieht  sich  auf  einen  merk- 
würdigen grossen  Mühlstein,  welcher   unweit  Nimrin  liegt. 

senEcTif-  l-'iiter  den  naturwissenschaftlichen  Abhandlungen,    welche 

ten.  die  Landeskunde  Palästinas  behandeln,  ist  diesmal  die  in  unse- 
rer Zeitschrift  erschienene  Arbeit  von  Ascherson'^)  hervorzu- 
heben. Dieselbe  stützt  sich  ausser  auf  Kersten's  Sammlune 
wesentlich    auf  das   Buch    von  Barbey'^öj^    (welches    übrigens 

p.  549  ff.  vgl.  llubens  Duval:  1883  (2)  p.  537—539.  Vgl.  D.  H.  Müller  in 
O.  Monatsschrift  f.  cl.  Orient,  15.  April  X,  p.  124—126.  Ed.  Sachau,  Über 
den  Palmyrenischen  vofjLo; -:£>.ojvt-/.o;:   ZDMG.  37  (1S83;,  p.  502-571. 

69)  Clermont  Ganneau  ,  Epigraphe«  hebraiques  et  grecques  sur  des  os- 
suairesjuifs  inedits:  Revue  archeol.,  Mai-Juni  1883,  p.  257—276. 

70).  C.  Clermont  Ganneau,  Sceaux  et  cachets  israelites,  pheniciens  et  Sy- 
riens, suivis  d'epigraphes  pheniciennes  inedites  sur  divers  objets  et  de  deux 
entailles  cypriotes :  Journal  asiatique  1SS3,  I,  p.  123—159.  II,  p. 149— 183. 
—  Auch  separat:    Paris  (Leroux)  1883.  48  pp.  et  2  pl, 

71,  Clermont  Ganneau,  Notes  d'archeologie  Orientale  V:  Revue  critique 
1883,  II,  p.  193—190. 

72)  M.  E.  Renan,  Deux  monuments  epigraphiques  d'Edesse:  Journal 
asiatique  1883,  I,  p.  246—251. 

73  Aus  Briefen:  ZDPV.  VI,  p.  78—80.  —  Neue  Funde  in  Nabulus: 
ZDPV.  VI,  p.  230—232.  —  Vgl.  auch  Bericht  des  Pastor  Lic.  Dr.  Reinicke 
in  Jerusalem:  Neueste  Nachr.  a.  d.  Morgenlande  1883,  p.  25—31. 

74)  Selah  Merrill,  I.arge  miUestone  on  the  Shittim  piain :  Quart.  State- 
ments 1S83,  p.  230—238. 

75,  P.  Ascherson,  Barbey's  Herborisation  au  Levant  und  Dr.  Otto  Ker- 
sten's botanische  Sammlungen  aus  Palästina:  ZDPV.  VI,  p.  219—229. 

TG,  Fevrier— Mai  1880.   Herborisations  au  Levant  par  C.  et  W.  Barbey. 


243 


auch  einiges  Nichtbotanische  enthält)  ;  die  Notizen  Spritzen- 
hofer's""),  welche  ebenfalls  Ascherson  anführt,  s^ind  mir  nicht 
zu  Gesicht  gekommen.  Wohl  nur  als  erste  Frucht  der  grossen 
■wissenschaftlichen  Reise  Lortet's''*)  dürfen  wir  die  Jiearbei- 
tinig  der  Fische  nnd  lieptilien  betrachten ,  welche  jener  For- 
scher in  Syrien  gefunden  oder  gesammelt  hat,  eine  streng 
wissenschaftliche  Arbeit,  die  unsere  Kenntniss  wesentlich  för- 
dert. Der  Aufsatz,  welchen  Rosen '''•^)  besonders  nach  Ar- 
vieux,  Rrzewusky  und  Guarmani  über  das  arabische  Pferd  ver- 
öffentlicht hat,  liest  sich  sehr  hübsch;  auch  zerstreut  er  manche 
alte  Yorurtheile ,  zum  ISeispiel  in  Retreff  schriftlicher  Stamm- 
bäume von  Pferden.  Seine  biblische  Zoologie  hat  Wood*")  in 
neuer  Auflage  erscheinen  lassen.  Einige  Notizen  über  den  Pur- 
pur ^i)  und  das  Bitumen S2)  sind  ohne  Belang;  was  die  Geologie 
betrifft,  so  ist  von  den  Engländern  neulich  ein  kurzer  Rückblick 
auf  die  bisherigen  diesbezüglichen  Leistungen  geworfen  wor- 
den 83) ,  Nach  einem  Vortrag  des  Prof.  Hüll  aiis  Dublin  sind  uns 
die  jetzigen  iinsichten  über  die  geologische  Bildung  des  Todten 
Meeres  vorgelegt  worden  84) .  Auch  einige  Bemerkungen  über  die 
geologischen  Strata  der  Sinaihalbinsel  §5)  mögen  an  dieser  Stelle 

Egypte,  Syrie  et  Mediterranee.  Onze  planches  et  une  carte.  Lausanne  (Bri- 
delj  1882.   183  pp.  40.- 

TT  G.  C.  Spritzenhofer,  Beitrag  zur  Flora  von  Palästina:  Sitzungsbe- 
richte der  k.  k.  zool.  bot.  Ges.  in  Wien  1881,  p.  5—9. 

T8)  L.  Lortet,  Poissons  et  reptiles  du  lac  de  Tiberiade  et  de  quelques 
autres  parties  de  la  Syrie.  (Extrait  des  Archives  du  Museum  d'Histoire  na- 
turelle de  Lyon  t.  III).  Lyon  (Henry  Georg)  1883.  96  pp.  gr.  4»,  mit  14  Ta- 
feln. 

T9)  J.  G.  Rosen,  Das  arabische  Pferd.  Ein  ethnologisch-historischer 
Abriss:  Wochenbl.  d.  Joh.  Ord.  BaUey  Brandenburg  1883,  Nr.  40.  41.  42. 

SO)  J.  G.  Wood,  Bible  animals;  bcing  a  description  of  every  living  crea- 
ture  mentioned  in  the  Scripture,  from  the  ape  to  the  coral.  New  ed.  (Long- 
mans)  18S3.  688  pp.  80.    (Nach  Kuhn's  Lit.  Bl. ;   nicht  gesehen.) 

81)  La  pourpre  de  Tyr:  La  Terre  sainte  1883,  p.  316—319. 

82)  The  bitumen  of  Judea :  Quart.  Statements  1883,  p.  242. 

83)  The  Geology  of  Palestine :  Quart.  Statements  1883,  p.  16(1— ITO. 

84)  Geologische  Geschichte  des  Todten  Meeres  und  des  Jordan-Thaies; 
Ausland  1883  (LVI),  Nr.  19,  p.  375— 3T6. 

85)  Contribution  a  l'histoire  stratigraphique  du  relief  du  Sinai  et  specia- 
lement  de  Tage  des  porphyrcs  de  cette  contree.  Note  de  M.  l'abbö  llabois- 
son:  Comptes  rendus  hebdom.  des  seances  de  l'Acad.  des  sciences.  Paris  1SS3 
(vol.  96),  p.  282—285. 


244 

auigefühit  werden.  Als  wirklieli  Averthvoll  möchten  wir  die  stati- 
stischen Tiitehi  hervorheben,  in  welchen  Chaplin*^)  die  Teni- 
])eraturhühen.  die  Winde ,  die  Kegen-  und  Thaumengen ,  die 
Erdbeben,  das  Uberfliessen  des  liir  Eijub,  die  Barometerhöhen 
lind  die  Weizenpreise  der  Jahre  1S60 — 1SS2  nebeneinander  stellt, 
eine  sehr  gelungene  und  lehrreiche  Arbeit ,  welche  verdiente, 
in  unserer  Zeitschrift  mitgetheilt  zu  werden. 

tieschitiite.  Indem  ich  zur  älteren  Landesgeschichte  Palästina's  übergehe, 

ist  in  erster  Linie  auf  die  neue  Ausgabe  von  Schkader's^'')  Buche 
zu  verweisen,  in  welchem  die  Ergebnisse  der  Keilinschriftenfor- 
schung, so  weit  sie  für  die  Erklärung  des  alten  Testamentes  von 
Wichtigkeit  sind,  zusammengestellt  sind.  Auf  der  diesem  Bande 
beigegebenen  Karte  finden  sich-auch  die  Städte  Syriens,  welche 
in  den  Keilinschriften  genannt  sind,  eingetragen.  Bei  weitem 
die  wichtigste  Arbeit,  welche  über  die  ältere  Geographie  Palii- 
stinas neulich  erschienen  ist,  findet  sich  in  dem  schon  früher 
angeführten  Buche  von  Eey  ^*) .  Dasselbe  enthält  eine  vollstän- 
dige mittelalterliche  Geographie  der  Kreiizfahrerstaaten ;  leider 
fehlen  dazu  vorläufig  noch  die  Karten.  Nachdem  der  Verfaser 
zuerst  einige  der  starken  Lautübergänge ,  welche  bei  der  Über- 
nahme der  arabischen  Eigennamen  durch  die  Franken  stattgefun- 
den haben,  durch  Beispiele  belegt  hat,  zählt  er  die  Ortschaften 
der  einzelnen  Grafschaften  Edessa,  Antiochien,  Tripoli,  sowie 
der  einzelnen  Theile  des  Königreichs  Jerusalem  je  in  alphabe- 
,  tischer  Reihenfolge ,  oft  mit  Beigabe  von  Detailbeschreibungen 
und  Plänen  auf;  ein  sorgfältiges  alphabetisches  Register  be- 
schliesst  das  Ganze.  Nicht  weniger  werthvoll  sind  die  eingehen- 
den kulturgeschichtlichen  Schilderungen,  welche  den  übrigen 
Theil  des  Bandes  füllen :   in  lebendiger  und  anziehender  Weise 


S6)  Thomas  Chaplin,  Observations  on  ihe  climate  of  Jerusalem :  Quart. 
Statements  1883,  p.  S— 40. 

ST;  E.  Schrader,  Die  Keilinschriften  und  das  Alte  Testament.  Zweite 
umgearbeitete  und  sehr  vermehrte  Auflage.  Giessen  (Ricker)  1883.  VII,  61Spp. 
SO.   (Mit  einer  Karte). 

8S)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p,  164.  Nr.  85.  E.  Rey,  Les  colonies  franques  en 
Syrie  aus  Xllmo  et  Xlllmo  siecles.  Paris  (Alph.  Picard;  1883.  VI,  IV, 
537  pp.  80.  —  (Nach  Kuhn's  Lit.  Bl.)  reo.  von  Riant  in  Comptes  rendus  de 
l'acad.  des  inscr.  April— Juni  1883,  p.  248;  Polybibllon  P.  litt.  Juli  1883, 
K'/J,  K.  Herquet  in  DLZ.  10.  Febr.  18S3,  Sp.  237  u.  a.  m. 


245 


werden  uns  die  verschiedenartigen  Elemente  der  Jiewohuer  Va- 
lästina's.  ihre  militärischen,   kirchlichen,   intellectuellen ,   com- 
raerziellen,  industriellen  und  finanziellen  Verhältnisse  vor  Aiigen 
gestellt,  —  Ein  Seitenstück  zu  diesem  französischen  Werke  bil- 
det der  grossartig  angelegte  Versuch  von  Pkutz^'-'),  die  Kultin- 
geschichte  der  Kreuzzüge  nicht  nur  als  ein  abgeschlossenes  liild, 
sondern  im  Zusammenhang  der  allgemeinen  Culturgeschichte  zu 
behandeln.    Es  steht  unzweifelhaft  fest,    dass  allerdings  die  Be- 
wegiuig  der  Kreuzzüge  mächtig  dazu  beigetragen  hat ,    dass   sich 
die  Kultur  der  neueren  Zeit  in  Europa  anbahnte ;  dies  hat  Pkutz 
in  vielen  Einzelheiten  glänzend  nachgewiesen ;  Avir  verweisen  in 
dieser  Beziehung  bloss  auf  seine  erschöpfende  Darstellung  des 
Bechtslebens  in  den  Kreuzfahrerstaaten.    Bei  den  hohen  Zielen, 
welche  sich  der  geistreiche  Verfasser  gesteckt  hat,  liegt  nun  aber 
auch  die  Gefahr  nahe,   dass  manche  Einzelheiten  in  dem  Bilde 
etwas  verzeichnet  sein  könnten.  Über  die  verschiedenen  Ein^ven- 
dungen,  w^elche  gegen  die  Anschauungen  von  Pkutz  von  Histo- 
rikern in  zahlreichen  Kritiken  erhoben  worden  sind ,    masse  ich 
mir  freilich  kein  Urtheil  an.    Nur  darauf  erlavibe  ich  mir  hinzu- 
weisen,  dass  manche  Äusserungen,  welche  sich  bei  Peutz  über 
die  muslimische  Religionsbildung ,    Staatskunst  und  dergleichen 
finden,   dafür  sprechen,    dass  der  Verfasser  die  arabische  Cultur, 
und  darum  auch  ihre  Einwirkung  auf  die  Kreuzführer ,    sowie 
mittelbar  auf  das  Abendland  ganz  entschieden  überschätzt.  ' — 
Neben    diesen   beiden    Avichtigen    Werken    kommen    nur   noch 
wenige,   die  Kreuzzüge  betreffenden  Schriften  in  Betracht:   ein 
Aufsatz  nach  Prutz  90) ,  ein  Artikel  von  Herquetöi),   den  Johan- 
niterorden  betreffend,   eine  interessante  Skizze  desselben  Verfas- 
sers ^2]  über  den  Grossmeister  des  Hospitalordens  Gilbert  Assalit 

89)  Hans  Prutz,  Kulturgeschichte  der  Kreu7!züge.  Berlin  (Mittler  und 
Sohn)  18S3.  XXXI,  642  pp.  80.  —  Vgl.  Mitth.  a.  d.  hist.  Lit.  1883,  XII,  2; 
Lit.  Rundschau  1883,  5;  Lit.  Centralbl.  18^3,  Nr.  ll,Sp.350;  Sybel's  Hist. 
Zeitschrift  1884,  Nr.  4,  p.  183;  D.  Lit.  Zeitung  22.  Sept.  1883,  Sp.  1325; 
bes.  auch  Kugler  in  G.  G.  A.  1883,  p.  1025—1056. 

90)  Die  Besitzungen  des  Johanniter-Ordens  in  Syrien  und  Palästina  und 
seine  Finanzlage  zu  den  Zeiten  der  Kreuzzüge :  "VVochenbl.  d.  Joh. -Ordens 
Balley  Brandenburg  1883,  Nr.  34  und  35. 

91)  Karl  Herquet,  Neues  zur  Geschichte  des  Johanniterordens  in  den 
»Archives  de  1' Orient  Latin«:  ZUPV.  VI,  p.  206—218. 

92)  K.  Herquet,  Der  Grossmeister  Gilbert  Assalit  vornehmlich  den  An- 


21«; 

'w<-lcher  spätf-st^iih  i.  .).  I  Hi2  zur  Itcj^ißruiiK  kam  .  lii  Iraiik- 
rfich  bcKchäfti^t  «ich  hf;hon(l<TH  Dki.avii^lk  lk  Kot  i.x'*'';  mit  den 
»o  üb«rauH  nMf;h<;ii  Arfiliivcn  (Ich  Jolianriiüirordons;  aus  (lr-?i  Ar- 
chivf^n  von  Malta  hat  er  iJociimr-iitc ,  wolcli«;  don  'J'f?Tri])(;l(jrdon 
hotroff<;ii.  lifTausj^r;(rf;>)C'n '"j.  Nohon  diesen  wiKHensehaftlichen 
Werken  kommt  wolil  die  neue  Auflage  de«  Huchefi  von  A.  de 
Lm'OHTK^"'!  nicht  in  |{f;traeht.  Auf  die  liiKtonKchen  Arbeiten 
ülier  die  Kreu/züj^e"^)  können  wir  hier,  ho  weit  sie  niclit  j^eog^ra- 
phiMche  iJetaÜH  enthalten,  kaum  näher  einj^elien,  —  SclilieHHlich 
maf(  jedoch  hier  Hclion  auf  di<;  interesHante  kleine  Ahhandlunff 
hinj^ewienen  «ein,  in  welcher  IIiiVD^'j  mit  gewohnter  Sachkenni 
uim  nac}iweiKt,  daHH  zwei  italienisdie  (Jonsuln,  rlie  von  (ienua 
und  Venerlij^,  wahrHclieinlich  Kchoii  irn  XlV.Jahrh,  hesonder« 
zum  Schutze  d«,'r  l'ilj^er  in  .Jerusalem  Hassen,  dass  deren  Vor- 
hanri*;nHein  von  1 1 1  '■'> — 1470  naclizuwfäKeri  ist,  dir;  j^anze  I'JTirich- 
tunj^  aber  ^osHr;n  Wechseln  unterworfen  war. 
Aiiftre  0«'/-  IJriter  den  IJearbe-ituntren  älterer  tfcotfranliischeii  Werke  s<  i 

zunädiHt  an   die  (.bersetzunj^  erinnert,    w(;lehe  OiLJUiMKiHrKii''"" 
von  den  Syrien  betreff"<;nd<;n  Abschnitten  der  Werke  des  Istachri 

KchuldiKun^en  den  VVilhchn  von  'l'yniH  gcf^eriQhcr  ;  Wochcnhl.  d.  Joli. -Orden» 
JJallcy  UrandoMhurg  ihH'.i,   Nr.  17;  IS;  11);  20;  21  ;  22. 

!*;j,  Jiciavilic  l(;  I'toulx,  bcMarcliivcH,  ia  hlhliotb^que  <:t  1<;  trcnor  do  l'<jrdre 
da  Haint-Jcari  de  JoruHalcm  a  .Vlalto.  J'uris  (Tlirjrlri;  iHH'.i,  2(i7  pp.  H'>.  —  Itcc. 
in  Itcv.  critüpifc  ISS.'J,  M  ,  p.  IJ.O^;  in  Lit.  C.  lU.  1SS3,  Sp.  H'.iO.  Vgl.  auch 
Journal  (\<:n  Havant«  ISS:»,  p.  IIS;  Comptc«  rc-ndu«  de  l'Acad.  dcH  inHcr.  et 
\).l.  IHS.'},   p,  2H1, 

94y  J,  Jjolavillf;  U:  ItoiiU,  iJocumcTil»  concernant  Ich  Templier«  extraitt 
<Uin  archivoH  de  .Malte.  I'ariH  1SS2.  S".  Vgl.  Journal  de«  Savant«  1SS3, 
p.  41H.  -  Vgl.  auch  J,  Ddavlilc  J-c  lloulx,  'IVoIh  chartcH  du  XII'-  Hiccie 
conccrnanf,  l'ordrc  de  Haint-Jeun  de  J/;ruHalem.  CjAricK  1S81.  4".  —  Vgl.  Jour- 
nal dcH  Savant«  ISS.'},   p.  4  IS. 

9.'»)  Vgl.  ZI)I'V.  V,  p.  22;{,  Nr.  2«,  A.  dcLaportc,  Lch  croisade«  et  le 
payK  latiri  de  J/jnjHalein.  LirnogcH  'Ardant]  1SS3.  14;>  pp.  H').  (Nach  Kuhn'l 
L.  151,  ,   niclif  gcMclien. 

!Miy  Zum  HciKpiel  Itr-rrihard  K.ugl<:r,  .Neue  Anaickten  zur  CicKcliicIite  de» 
zweiU!M  KreuzzugH.  'lühingen  'Kuchj  ISS.'J.  (»{)  pp.  4".  VcrzeichniHH  der 
iJoctorcn  w.  m.  w.  im  I)ecanatHJahre  ISS2 — iHH'i), 

^1 1  W,  Heyd,  I,eM  conMulaf.H  ^itabli«  o.n  'l'erre  Kainte  au  moyen-Age  ])our 
la  protection  de«  p(i':rinH  :  AuHHchniU,  auH  Arcliiv.  de  l'Or.  I<at.  II,  1SS3. 
0  pj).  S". 

'.»S,  J.  Cjild»»meiHt.er,  Beiträge  zur  I'nUlHtinakunde  auH  arabischen  (iuellon. 
.'1.  iKtttchri  uik!  Ihn  lluukal  •   ZDI'V.    VI,  p.  I      12. 


•247 

und  Ihn  Haukai  Schriftstellem  des  X.  .lalirh.)  uns  geliefert  hat. 
Hereavi's»'>>)  Sefev  Nameh  soll  nach  einer  Notiz  der  Revue  cri- 
tique  in  Indien  neuerdings  nach  einem  hisher  unbekannten  Ma- 
nuscript.  jedoeh  \niter  lienutzuug  der  Ausgabe  Schefer's,  litlui- 
graphirt  erschienen  sein.  A\ich  in  Aiulfbpa's '**")  'um  1300 
grossem  geographischen  liuche.  dessen  von  Reinaitd  längst  be- 
begonnene i'bersctznng  neulich  durch  Guyard  vollendet  -wurde, 
findet  sich  ein  Abschnitt,  Avelcher  Syrien  behandelt:  seit  jene 
Arbeit  unternommen  wurde,  sind  uns  freilich  wichtitrere  arabi- 
sehe  Quellen  zugänglich  gemacht  worden.  Die  Aiiszüge  von  äl- 
teren Pilgerschriften,  welche  die  Zeitschriften  Das  heilige 
Land'*)!)  und  Terre  Sainte  i*^2)  ]^{i^  ^^j^j  wieder  bringen,  bean- 
spruchen keinen  selbständigen  Werth.  Überhaupt  darf  man  den 
Zuwachs .  welchen  die  Pilgerliteratur  neuerdings  ertahren  hat, 
nicht  für  sehr  erheblich  halten .  da  Aveder  ilie  Bemerkxingen  zur 
Pilgerfahrt  des  Igumen  Daxiel  i^*3j  ^  j^oeh  die  Herausgabe  der 
Reise  von  Philipp  de  Voisins  i«-*)  aus  dem  Jahre  1490  wesent- 
lich  Neues    bieten    dürften.     Die    kuv/en    Notizen    über   einen 

9ii  Vgl.  Kevue  critiqiie  1SS3.  p.  501.  —  Zu  Herewi  :  ZDPV.  V.  p.  230, 
Nr.  152. 

lÜO  Geographie  d'Aboulf^da ,  traduite  de  l'arabe  en  francais  et  accom- 
pagnce  de  notes  par  St.  Guyard.  II,  2.  Paris  (Maisonneuve)  ISS3.  322  pp.  4". 
(Nicht  geaehcn.^  Vgl.  Barbier  de  Meynard  in  Comptes  rendiis  de  l'Acad.  des 
inscr.  Oct.-Dec.  1SS3,  XI,  p.  597.    ^Nach  K.'s  Lit.  Bl.) 

101)  Laurant  de  St.  Agnan ,  Statistique  religieuse  de  la  Terre  Sainte  en 
808:  La  Terre  sainte  1883,  p.  329—338.  (Nach  De  Kossi  im  Bulletino  di 
Arch.  1S05.  p.  84;  vgl.  Tobler,  Descr.  Terrae  sanctao  p.  77;  355.) 

102  L'abbt^  de  Saint- Agnan,  Les  pelerins  celebres.  Los  peregrinations 
de  Maitre  Thietmar:  La  Terre  Sainte  1SS3,  p.  538 — 544.  —  De  Saint-Agnan, 
Le  pelerinage  de  Kadziwil  (1583) :  La  Terre  Sainte  1883,  p.  533 — 534.  —  Le 
pelerinage  de  F.-C.  du  Rozel  (1644):  La  Terre  Sainte  18S3,  p.  34G— 349.  — 
Voyage  de  Turpetin  dans  la  Terre  Sainte  en  1715  et  1710:  La  Terre  sainte 
1883,  p.  394—400;  425—429;  445—450;  408-472;  174—477;  494—504; 
507—516. 

103^  M.  AVenc-vvitinow,  Bemerkungen  zur  Geschichte  der  Heise  des  Igu- 
men Daniel  russisch^  :  Journal  des  Minist,  d.  Volksaufklärung .  Mai  1'^''3, 
Bd.  227,  Abth.  2,  p.  1—13.    (Nach  Kuhns  I,it.  Bl. ;  nicht  gesehen.: 

104)  Voyage  ä  Jerusalem  de  Philippe  de  Voisins,  seigneur  de  Montaut, 
publik  pour  la  societe  liistorique  de  Gascogne  par  Ph.  Tamizey  de  Larroque. 
Paris  (Champion^  Auch  (Cocharaux  freres)  1883.  60,pp.  80  (nicht  gesehen.)  — 
Reo.  von  Emile  Picot  in  Kev.  crit.  17.  März  1SS4,  p.  222  ;  von  L.  de  Mas  La- 
trie  in  Bibl.  de  l'Ecole  des  chartes  1884,  XLV,  p.  102  (letzt,  nach  K.'s  L.  Bl.) 

Ztschr.  a.  Pal.-Ver.  VII.  17 


•24  S 

Kreuzzug  der  liiirger  von  Basel '"^]  (im  J.  125'9)  und  die  Briefe, 
welche  die  Jerusalemsfalirt  des  Herzogs  Moritz  von  Sachsen  106) 
betretfen.  haben  für  die  Palästinakunde  keine  Bedeutung.  Auch 
das  Fragment  einer  Pilgerschrift .  welches  KorthI"'  bekannt 
gemacht  hat.  ist  nicht  von  Belang.  Ein  Brief  Mkkcatoks  ^O"»). 
welclier  Palästina  angeht,  bietet  dagegen  wohl  für  die  ältere 
Kartographie  einiges  historische  Interesse. 
Karten.  "Was  die  Kartographie  betrifft ,    so   handelt  es  sich  nim  zu- 

nächst darum,  die  neuen  Ergebnisse  der  topographischen  Auf- 
nahmen für  weitere  Kreise  zu  verwerthen.  Darin  geht  natürlicli 
der  Meister  unserer  deutschen  Kartographen ,  Kiepert  1^9 — in, 
in  seinen  zahlreichen  Publicationen  mit  gutem  Beispiel  voran. 
Auch  die  Karten  von  Johnstox  ^^- — '^^)  basiren  auf  den  Vermes- 
sungen des  Exploration  Fund.  Die  Karten  von  Algermissen!'^ 
und  von  Thuillier  '^■'')  können  wir  nicht  beurtheilen,   da  wir  sie 

105)  Oskar  Schwebel,  Ein  Kreuzzug  der  Bürger  von  Basel :  Wochenbl. 
d.  Joh.-Ord.  Balley  Brandenburg,  1883,  Nr.  lü. 

106j  R.  Köhricht  und  H.  Meisner,  Briefe,  die  Jerusalemfahrt  des  Her- 
zogs Moritz  von  Sachsen  betreuend:  Neues  Archiv  f.  sächs.  Gesch.  IV,  4. 
(18S3;,  p.  343— 346.    (Nach  ThLZ. ;  nicht  gesehen., 

107)  Korth,  Fragment  einer  Palästinapilgerschrift  d.  15.  Jahrb.  :  Anz.  f. 
d.  Kunde  der  D.  Vorzeit  1883  (30.  B.),  p.  316-318. 

lOS,  J.  von  Raemdonck,  La  geographie  ancienne  de  la  Palestine.  Lettre 
inedite  de  Gerard  Mercator  ä  Andre  Masius.  Duisbourg  22.  mai  15G7  :  Acad. 
d'archeol.  de  Belgique,  Bulletin,  See.  Partie,  XVI.  Anvers  1883,  p.  477— 
512,   1  carl.    (Nach  Friederici;  nicht  gesehen. 

1U9]  H.  Kiepert,  Neue  Wandkarte  von  Palästina  in  8  Bll.  1:200,000. 
5.  Aufl.  Berlin  (D.  Reimer;  18S3.  Fol.  M.  8.  —  Rec.  in  LOB.  19.  Jan.  18S4, 
Sp.  112  ;  von  A.  KirchhofF  in  Z.  f.  d.  Gymnasiahvesen  Jan.  XXXVIII,  p.  53. 

110)  H.Kiepert,  Neue  Handkarte  von  Palästina.  1:800,000.  4.  Aufl. 
Chromolith.   BerUn  (Reimer)  1SS3.  Fol.  60  Pf.—  Rec.  in  LCB.  26.Jan.lSS4. 

111,  H.Kiepert,  Volkssschul-Wandkarte  von  Palästina.  4  Bll.  1:300,000. 
2.  Aufl.  Chromolith.    Berlin  (D.  Reimer   1883.  Fol.  M.  4. 

112)  T.  B.  Johnston,  Map  of  Palestine,  reduced  by  arrangement  with  the 
Comraittee  of  the  Palestine  Exploration  Fund;  embodying  as  much  of  the 
Great  Survey  of  Western  Palestine.  1:714,649.  Edinburg  iJohnston)  1883. 
(Nach  Z.  d.  Ges.  f.  Erdk.  ;  nicht  gesehen.) 

113  Johnston's  new  map  of  Palestine,  from  the  survey.  With  indexi 
London  1883.  8». 

114j  J.L.Algermissen,  Schuhvandkarte  von  Palästina  zur  Zeit  Christi : 
1:200,000.  4  Bl.  Chromolith.    Metz  Lang,  1SS3.  (Nicht  gesehen.) 

n:.,  L.  Thuillier,  Carte  de  la  Palestine  et  du  Liban.  1:500,000.  Paris 
(Hachette)  1883.  (Nach  Peterm.'s  Mitth. ;  nicht  gesehen.) 


240 

nicht  gesehen  haben  ;  die  Karten  von  Simon  '"')  und  von  A'igou- 
REi'X-DouiLLARD  11')  machen  wohl  als  Schnlkarten  keinen  An- 
spruch auf  Avissenschaftlichen  Werth. 

A'on  zusammenfassenden  neueren  Arbeiten    über  die  Geo- ^"^""""?"' 

tai-si-mle 

graphie  Palästina' s  sei  in  erster  Linie  die  fleissige  und  ffc-wis-,^)^^''''^^^"^/;,'' 
senhafte  Arbeit  von  Schultz  i^^)  genannt;  derselbe  Gelehrte  hat 
auch  bei  anderer  Gelegenheit  Notizen  über  diesen  Gegenstand 
zusammengestellt  ii'J).  Allgemeineren  Inhats,  aber  wohl  mehr 
populären  Gehalts,  sind  ferner  die  Arbeiten  von  Tomkins  '^oj  xxnd 
Gosse  121) .  Die  neueren  Bemerkungen  von  Saunders122)  über  die 
englische  Kartenaufnahrae  haben  "svir  nicht  zu  Gesicht  bekom- 
men. Von  den  die  Karten  begleitenden  Memoirs  ist  im  Laufe 
des  Berichtsjahres  der  die  Topographie  von  Judaea  umfassende 
Theil  ausgegeben  worden  '  23)  _    Wiederum  werden  wir  der  Reihe 

116)  Dr.  M.  Simon,  Karte  des  alttestamentlichen  Palästina,  bearb.  und 
hrsg.  von  J.  Straube.  Lith.  und  color.  Mit  geogr.  Notizen  und  einem  deut- 
schen und  hebräischen  Orts- Verzeichniss.  2.  verb.  Aufl.  Berlin  (Straube) 
1883.  1  Bl.  gr.  4.  30  Pf.  —  Rec.  in  Jüd.  Lit.  Bl.  lö.Nov.  1883,  p.  184.  (Nach 
K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.) 

117)  Vigoureux  et  Douillard,  Carte  de  la  Palestine  pour  l'etude  de  l'an- 
cien  et  du  nouveau  Testament.  Paris  (Roger)  1883.  (Nach  Peterra.'s  Mitth. ; 
nicht  gesehen.) 

118)  Fr.  W.  Schultz,  Palästina:  Real-Encyklopaedie  für  protestantische 
Theologie  und  Kirche.  Zweite  Aufl..,  beg.  von  Herzog  und  Plitt,  fortgeführt 
von  A.  Hauck.   Elfter  Band.    Leipzig  (Hinrichs)  1883,  p.  720—804. 

119)  Handbuch  der  theologischen  Wissenschaften  in  encyklopädischer 
Darstellung ,  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Entwicklungsgeschichte  der 
einzelnen  Disciplinen  in  Verbindung  mit  Cremer  etc.  hrg.  von  O.  Zöckler. 
L  Hlbd.  Nördlingen  (Beck)  1883.  F.W.Schultz,  Geographie  Palästinas 
p.  198 — 216;  ebd.  Israelitische  Alterthumskunde  und  Geschichte  Israels. 

120)  H.  G.  Tomkins,  Biblical  proper  names,  personal  and  local:  reprin- 
ted  from  the  Journal  of  the  Victoria  Institute.  Vol.  XVI  (?)  London  1882. 
(Nach  den  Proceed.  of  the  R.  arch.  soc. ;  nicht  gesehen.; 

121;  P.  H.  Gosse,  Sacred  streams,  the  ancient  and  modern  history  of  the 
Bible.  With  44  engr.  and  map.  New  ed.  London  (Hodderj  1883.  435  pp.  8". 
—  (Nach  Kuhn's  Lit.  Bl.;  nicht  gesehen.) 

1 22;  T.  Saunders,  Notes  on  the  survey  of  Western  Palestine  :  Transact. 
oftheR.  Soc.  of  Literature  2.  ser.  vol.  XII,  Nr.  3.  (Nach  Petcrm.'s  Mitth.; 
nicht  gesehen.) 

123)  The  survey  of  Western  Palestine.  Memoirs  of  the  topography,  oro- 
graphy,  hydrography  and  archaeology.  By  Capt.  C.  R.  Conder  and  Capt.  H. 
H.  Kitchener.    Volume  III.    Sheets  XVII— XXVI.    Judaea.  Edited  with  ad- 

17* 


25U 

nach  mit  der  Oiographie  ,  Hydrographie  und  Topographie  jedes 
ein/ehien  Kartenblattes  bekannt  gemacht ;  daneben  werden  auch 
die  alten  Ortslagen ,  die  Wege  nnd  anderes ,  sowie  auch  die  im 
blande  des  Volkes  umlaufenden  Traditionen  behandelt.  Theil- 
weise  sind  die  Ortschaften  von  Conder  im  Jahre  1881  nochmals 
besucht  worden.  Besonders  dankenswcrth  sind  die  vielen  Pläne, 
welche  wir  erhalten :  Kisse  von  Kirchenruinen,  Gräbern.  Höhlen 
und  dergleichen ;  wir  heben  daraus  die  Zeichnungen  der  neuge- 
fundenen Kirche  von  'Amwäs  (nebst  den  Kapporten  Ganneau's 
und  Guillemot's  I ,  der  Moschee  von  Hebron ,  der  Ruinen  von 
Masada.  sowie  die  Karte  der  Umgegend  von  Hebron  (zu  S.  352) 
hervor.  Auch  manche  Inschriften  sind  mitgetheilt;  einzelne  An- 
sichten, wie  die  von  el-Dschib  (p.95),  Nebi  Samwil  (zu  p.  152), 
Masada  (zu  p.420)  und  der  Kirche  von  Ghazza  zu  p.  240  u.  242) 
sind  recht  gut.  Zu  der  Ansicht  von  «Shech  Madhkur«  p.  361) 
haben  wir  beispielsweise  zu  bemerken,  dass  die  Bezeichnung 
dieser  Örtlichkeit  als  Adullam  den  Glauben  erweckt,  als  wäre 
die  Streitfrage  in  Betreff  dieser  Ortslage  bereits  gelöst.  Als  Ap- 
pendix ist  ein  Bericht  über  Tyrus ,  einzelne  Zusätze  xmd  eine 
kleine  Abhandlung  Conder's  über  die  verschiedenen  Baustile  aus 
den  Statements,  denen  überhaupt  vieles  entnommen  ist,  wieder 
abgedruckt. 

Das  Neuste  des  vorigen  Jahres  war  für  England  ein  Buch, 
in  welchem  Conder124)  einem  grösseren  PubUcum  die  Ergeb- 
nisse seiner  letzten  Expeditionen  vorgelegt  hat.  Nach  der  nicht 
gerade  günstigen  Besprechung,  welche  dieses  Werk  im  Athe- 
naeum  erfahren  hat,  konnte  ich  mich  nicht  zur  Anschaffung  des- 
selben entschliessen  und  muss  daher  aus  secundären  Quellen 
hier  über  dasselbe  Bericht  erstatten.    In  dem  ersten  Theile  be- 

ditions  by  E.  H.  Palmer  and  Walter  Besant  for  the  committee  of  thePalestine 
exploration  Fund.  London.  I.  Adam  Streets,  Adelphi.  1883.  VII,  450  pp.  4«. 
124)  Claude  Ileignier  Conder.  Heth  and  Moab.  Explorations  in  Syria 
in  18S1  and  1S82.  Published  for  the  Committee  of  the  Palestine  Exploration 
Fund.  London  (Bentley)  1883.  X,  436  pp.  80.  4Taf.,  1  Karte;  14  sh.  -  Kec. 
inAthenaeum  24.  Nov.  1883,  p.  663;  Builder,  24.  Nov.  1883,  p.  676;  Proc. 
of  the  K.  Geogr.  Soc.  Dec.  1883,  p.  742;  Brit.  Quart.  Rev.  1.  Jan.  1884, 
p.^  17.5  ;  Quart.  Statements  1884,  p.  15.  'Nach  Kuhns  Lit.  Bl.  .  —  Vgl.  auch 
L'abbe  de  Saint-Agnan ,  Monuments  prehistoriques  en  Palestine:  La  Terre 
Sainte  1883,  p.  441-444.   (Nach  Conder.) 


251 

schreibt  Conuer  die  Steinmonumente,  welche  sich  im  Ost  jordan- 
lande finden ;  ausser  den  heinahe  über  die  ganze  Erde  verbreite- 
ten Menhirs,  Dolmen,  Steinkreisen,  Cromlechs  und  Cairns  kom- 
men dort  auch  Scheibensteine  (»diso  stones«)  vor.  Dass  diese 
Steinmonumente  jedoch  mit  der  vorisraelitischen  und  israeli- 
tischen IJevülkcrung  auf  die  Weise  ,  wie  Coxder  es  vorschlägt, 
in  Verbindung  zu  bringen  seien  —  die  Menhirs  sollen  dem  Baal 
Peer  (!)  geweiht,  die  Dolmen  Altäre  gewesen  sein  —  ist  uns 
höchst  unwahrscheinlich.  Dass  sich  von  diesen  Steinmonu- 
menten im  Cisjordanlande  weniger  Überreste  vorfinden,  erklärt 
sich  CoNDER  daraus ,  dass  die  Israeliten  diese  heidnischen  Reste 
hier  mehr  zerstört  hätten ,  statt  einfach  aus  der  dichteren  Kesie- 
dehing  des  Landes.  Ein  zweiter  Abschnitt  des  Buches  handelt  von 
Kadesch  am  Orontes  und  von  Byblos ;  ein  dritter  beschäftigt  sich 
mit  der  Frage  über  die  Lage  der  alten  -Städte  Ramoth  Gilead, 
Penuel,  Mahanaim,  Mizpeh  u.  a.  Ohne  Zweifel  findet  sich  unter 
vielerlei  Wust  in  Conder's  Buch  auch  manche  neue  interessante 
Angabe;  schade,  dass  der  Verfasser,  seitdem  er  für  den  l'ale- 
stine  Exploration  Fund  arbeitet ,  nicht  das  Geringste  zugelernt 
hat!  —  Noch  ist  hier  zu  bemerken,  dass  Selah  Merrill's '25) 
Buch  über  das  Ostjordanland  bereits  eine  neue  Auflage  er- 
lebt hat. 

Schon  wiederholt  ist  daraufhingewiesen  worden,    dass  eine  Topog»- 

TT  T  1        /-\  •  plusche 

erneute  Lntersuchung  der  Ortsnamen  Palästina's  auch  nach  den    ünter- 

"  suchungen. 

englischen  Aufnahmen  geboten  ist ;  hoffen  wir ,  dass  Dr.  Hakt- 
MANN  in  Zukunft  noch  eine  Reihe  anderer  Listen  bearbeiten 
wird ,  wie  er  neulich  uns  die  topographische  Übersicht  über  die 
Ortschaften  des  Liwa  Jerusalem  in  verbesserter  Form  in  dan- 
kenswerther  Weise  mitgetheilt  hat  '26) .  Von  Einzelheiten  auf 
dem  Felde  topographisch-archaeologischer  Untersuchungen  sind 
zu  nennen :  Wetzstein's  i27j   Nachträge  in  Betreff  von  Jehuda 


125;  Vgl.  ZUPV.  V,  p.  263  ,  Nr.  355.  S.  Merrill,  East  of  the  Jordan:  a 
record  of  travel  and  Observation  in  the  Countries  of  Moab,  Gilead,  and  Bashan 
during  the  years  1875 — 77.  With  illustr.  and  a  map.  New  edit.  New  York 
1SS3.  80.    (Nach  Z.  d.  Ges.  f.  Erdk.;  nicht  gesehen. > 

126)  M.  Hartmann,  Die  Ortschaften  des  Liwa  Jerusalem  in  dem  türki- 
schen Staatskalender  für  Syrien  auf  das  Jahr  12SS  der  Flucht  ^1871]  :  ZDPV. 
VI,  p.  102—149. 

127)  Briefliche  Bemerkungeu   von  Consul  Dr.  J.  G.  Wetzstein.    Mitge- 


252 

ha-Jarden  Jos.  19,  34),  Sela',  und  seine  Identification  von  Har- 
bela  so  wäre  Niini.  34,  11  zu  lesen)  mitHarmcl;  Grü>'baum's  i'^s) 
liemerkmigen  über  Awerta,  die  Marienquelle,  Het  Hadildü  und 
den  .Stein  lla-To' im.  ferner  des  nun  in  Ilaifa  ansässigen  Oli- 
i'HANT '■-'■')  Notizen  über  Felsengräber,  die  Identification  des 'Ain 
Dscbahid  mit  Ain  Charod  i^o)  (Ps.  42.  7) ;  etwa  noch  Nachrichten 
von  Lehrer  Müller131  über  die  Verhältnisse  der  Muslimen  in  Beth- 
lehem. Von  Interesse  ist  der  alte  Bericht,  welchen  11ian't132) 
über  den  Befund  der  Patriarchengräber  in  Hebron  uns  mitge- 
theilt  hat;  dadurch  wird  erwiesen,  dass  die  Nachrichten  der  Ara- 
ber über  das  Vorhandensein  von  Leichen  resp.  Mumien  der 
Patriarchen  sich  bestätigen.  —  Von  einiger  wissenschaftlicher 
Bedeutung  ist  wohl  auch  das  Buch  der  bekannten  Frau  Fixn  ^^S). 
Aus  den  Statements  könnte  hier  noch  anzuführen  sein  die  Ent- 
deckung eines  Baptisteriums  in  Lätrün  '■^■') ;  mit  der  Identification 
des  neutestamentlichen  Emmaus  =  Urtäs  ^^^)  werden  sich  noch  viel 
w  eniger  Leute  einverstanden  erklären,  als  mit  der  Annahme,  dass 
Kana  an  seinem  traditionellen  Platze  in  Kefr  Kenna  zu  suchen 
sei  ^3^).  Eine  Menge  solcher  Einzelheiten,  in  Betreff  deren  grossen- 

theilt   von   ü.   E.   Riehm :  Zeitschrift   für   alttest.    Wissenschaft  1883  (III), 
p.  273— 27<J. 

128  M.  Grünbaum,  Bemerkungen  zu  einigen  früher  in  dieser  Zeitschrift 
erschienenen  Aufsätzen :  ZDPV.  VI,  p.  195  fg. 

129  Laurence  Oliphant,  The  slopes  of  Carmel:  Quart.  Statements  1883, 
p.   120—121.    Vgl.  Cave  Tombs  in  Galilee :  Fortnightly  RevieAV,  1.  Juli  1883 

vol.  34;,  p.  13G — 145.     Nicht  gesehen.) 

130,  Theologisches  Literatur-Blatt  1882,  Sp.  356. 

131)  Brief  des  Lehrers  E.  Müller:  N.  Nachr.  a.  d.  Morgenlande  1883, 
p.  121. 

132,'  Invention  de  la  Sepulture  des  Patriarches  Abraham,  Isaac  et  Jacob 
a  Hebron  le  25.  juin  1119.  Par  le  comte  Riant.  Genes  1SS3.  13  pp.  4». 
(Aus  Archives  de  l'Orient  Latin  II,  p.  411—421).  Vgl.  Quart.  Statements 
1883,  p.  108—110;  La  Terre  Sainte  1883 ,  p.  592—595.  —  Vgl.  LCB.  1883, 
Sp.  1091;   Revue  critique  1883,  I,  p.  119. 

133)  Mrs.  Finn,  A  home  in  the  Holy  Land;  a  tale  illustrating  customs 
and  adventures  in  Modern  Jerusalem.  Iliustrated.  New  York  1SS2.  (Nach 
Z.  d.  Ges.  f.  Erdk.;  nicht  gesehen.) 

134    Quart.  Statements  1883,  p.  118. 

135,  Mrs.  Finn,  Flmmaus  identified :  Quart.  Statements  1883,  p.  53 
—  64. 

136)  W.  T.  Pilter,  Where  is  Cana  of  Galilee :  Quart.  Statements  1883, 
p.  143—148. 


253 

theils  nichts  Sicheres  aviszumachen  ist,  wird  von  Coxdkk  '37  — u2^ 
BiKCH  i^'^)^^*)  und  andern  ^'''i'^'')  vor  dem  englischen  Puhlicum 
besprochen.  Dasselbe  Urtheil  Avird  auch  eine  Anzahl  Unter- 
suchungen treffen,  welche  von  englischer  Seite  in  Bezug  auf  die 
Topographie  von  Jerusalem  i*" — '^iij  angestellt  worden  sind ;  seihst 
der  Artikel  vonSAYCE^^")  berücksichtigt  die  einschlägigen  frühe- 
ren Arbeiten  durchaiis  nicht.  Conder  sucht  das  heilige  Grab  '^t; 
neuerdings  Avieder  an  einer  Stelle  »200  yards«  w'estlich  von  der  Je- 
remiasgrotte.  Nicht  Aveit  davon  entfernt  sind  vor  Kurzem  durch 
Zufall  Kuinen  eines  grossen  Gebäudes  entdeckt  worden,  Avelches 
wahrscheinlich  eine  mittelalterliche  Stephanskirche  ^^^j  war;  das 
Sanctuarium    ist   in    die  Hände  der  Katholiken    übergegangen. 

137)  CR.  Conder,  Notes:  Quart.  Statements  1883,  p.  100—102;  13S 
—139;   177— 17S. 

13b)  C.  R.  Conder:  Quart.  Statements  1883,  p.  180—181. 

139;  C.  R.  Conder,  Curious  names  in  Galilee:  Quart.  Statements  1S83, 
p.  125—130. 

140)  C.  R.  Conder,  The  north  border  of  Zebuion:  Quart.  Statements 
1883,  p.  134—138. 

141)  C.  R.  Conder,  The  fortress  of  Canaan :  Quart.  Statements  1883, 
p.  175—176. 

142)  C.  R.  Conder,  Bethany  and  Bethsaida:  Quart.  Statements  1883, 
p.  177. 

143;  W.  F.  Birch,  Varieties :  Quart.  Statements  1883,  p.  149—150. 

144)  W.  F. Birch,  The  nameless  city:  Quart.  Statements  1883,  p.4S  -52. 

145)  H.  B.  S.W.  The  nameless  city,  and  Saul's  journey  to  and  from  it : 
Quart.  Statements  1883,  p.  156—157.  —  W.  F.  Birch  p.  157— 15'J. 

146)  »Oxonian«,  Note  on  the  »key  to  Ezechiel's  prophetic  divisions«: 
Quart.  Statements  1883,  p.  101— 105. 

147;  C.  R.  Conder.  The  city  of  David :  Quart.  Statements  1883,  p.  194 
—195. 

148)  W.  F.  Birch,  The  tomb  of  David  in  the  city  of  David:  Quart.  Sta- 
tements 1883,  p.  150 — 154.    The  entrance  of  the  tomb  of  David,  ibid.  p.  155. 

149)  W.  F.  Birch,  Siloam  and  the  pools  :  Quart.  Statements  1833,  p.  105 
—  107. 

150)  A.  H.  Sayce,  The  topography  of  prae-exilic  Jerusalem  :  Quart.  Sta- 
tements 1883,  p.  215—223. 

151)  C.  R.  Conder,  The  holy  sepulcre :  Quart.  Statements  1883,  p.  69— 
78;  vgl.  auch  p.  148;  Henry  A.  Harter. 

152)  Selah  Merrill,  The  newly  discovered  church :  Quart.  Statements 
1883,  p.  238— 242.  —  Ruines  de  leglise  Saint-Etienne  ä  Jerusalem:  La  Terra 
Sainte  1833,  p.  488;  Dom  Heidet  (id.)  p.  608—612;  Das  heilige  Land  1883, 
p.  161—168. 


254 

Nach  ueuereu  Nachrichten  weiden  in  Jerusalem  die   in  A'erfall 
geratlienen  muslimischen  lleiligengräber  mit  Eifer  restaurirt'^3); 
auch  ein  Stück  der  Kingmauer  des  Haram  esch-scherif  ist  ausge- 
bessert worden.    Über  den  Tempel  Salomo's  sollen  Paillcux^**) 
ein  grosses  Werk,    Herrmann ^^5)  eine  Brochure   herausgegeben 
haben;  mit  Gründlichkeit  hat  Schürer ^^6)  über  den  jüdischen 
Tempel  gehandelt.  Ein  altes  Cimelium  mit  einem  Bilde  des  Tem- 
pels weist  DE  Rossi  ^^^)  der  Zeit  zwischen  der  zweiten  Hälfte  des 
zweiten  bis  zur  ersten  Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts  zu;  dasselbe 
soll  in  den  Archives  de  1"  Orient  Latin  polychrom  bekannt  gemacht 
Averdeu.  —  Der  Bericht,  welchen  Guthe  '^^)  über  seine  Ausgrabun- 
gen in  unserer  Zeitschrift  veröffentlicht  hat,  ist  auch  als  besonde- 
res Buch  erschienen  und  von  der  fachmännischen  Kritik  durchweg 
sehr  günstig  aufgenommen  worden.  Sandreczki^^'^)  hat  eine  früher 
von  ihm  erschienene  Arbeit  in  verbesserter  Form  in  unserer  Zeit- 
schrift herausgegeben  und  die  richtige  Schreibung  der  Legende 
zum  Plane  des  heutigen  Jerusalem  festgestellt.    Die  Topographie 
Jerusalems  ist  neuerdings  auch  von  einem  »berühmten«  Archaeo- 
logen  behandelt  (und    gefördert*)   worden  i^ojj    ausserdem   liegt 

153  Vgl.  Neueste  Nachrichten  a.  d.  Morgenlande  1883,  p.  31  f. 

154  Pailloux,  Le  Temple  de  Salomon.  (Nach  Athenaeum  6.  Oet.  1883; 
in  der  Bibliogr.  t'rancaise  nicht  zu  tinden.) 

155)  Hermann,  Le  temple  de  Jerusalem.  Valenciennes  (impr.  Vve  Prignet) 
1883.  32  pp.  80.  (Nach  J.  asiat.  Jahresber. ;  nicht  gesehen.) 

156;  Schürer,  Tempel  Salomos  :  liiehm,  Handwörterbuch  des  Biblischen 
Alterturas,  p.  1623-1645. 

157;  Insigne  vetro  rappresentante  il  tempio  di  Gerusalemme  :  De  Kossi, 
Bulletino  di  archaeologia  christiana.    Roma  1882,  p.  137. 

löS)  Ausgrabungen  bei  Jerusalem  im  Auftrage  des  Deutschen  Vereins 
zur  Erforschung  Palästina's  ausgeführt  und  beschrieben  von  Lic.  Hermann 
Guthe.  Mit  elf  Tafeln.  Lpzg.  (Karl  Bädeker)  1883.  305  pp.  80.  Vgl.  ThLBl. 
IS.  Jan.  1884,  Sp.  19;  Jüd.  L.  Bl.  1883,  Nr.  49—51  ;  Wochenblatt  der  Joh.- 
Ord.  Balley  Br.  1883,  Nr.  32;  bes.  Oort  in  Theologish  Tijdschrift  18S4, 
p.  261;  1-urrer  in  ThLZ.  1S84,  Sp.  377;  LCB.  2.  Febr.  1SS4,  Sp.  169;  vgl. 
auch  Daheim,  Jahrg.  2ü,  p.  247. 

159j  S.  Sandreczki,  Die  Namen  der  Plätze,  Strassen,  Gassen  u.  s.  w.  des 
jetzigen  Jerusalem:  ZDPV.  VI,  p.  43 — 77. 

16(1  Archäologische  Beschreibung  Jerusalems  .  .  .  vom  berühmten  Ar- 
chäologen J.-S.  Kolbe.  Wien  fKnöpfelmacher;  1883,  XVI,  96  pp.  80.  (Deut- 
sche Ausgabe).  Vgl.  J.  Loeb  in  Revue  des  etud.  juives  VII,  301.  —  "33  0 
bN--x  (dasselbe  hebr.,1 .  Wien  (Knöpfelmacher]  1883,  156  pp.  80.  Vgl.  J. 
liOeb  in  Uevue  des  etud.  juives  VII,  2S7. 


255 

über  diesen  Gegenstand  ein  populärer  Artikel  von  Moniquet'^^) 
vor.    Die  kleine  Schrift  von  Eaton '^2)  wird  kaum  Neues  bieten. 

Bevor  wir  uns  anschicken,  die  neuere  Touristenliteratur  kurz  ^'^'^^[3*^® 
zusammenzustellen,  Avollen  wir  hier  noch  der  illustrirten  Werke 
über  Palästina  gedenken.  Wie  bereits  früher  in  Betreff  der  ein- 
zelnen Lieferungen  des  Ebers  -  GuTHE'schenj  Unternehmens  ^^Sj 
hervorgehoben  wurde,  nimmt  dieses  Buch  unter  der  Menge  ähn- 
licher Werke  entschieden  einen  hohen  Hang  ein,  da  es  sich  el)enso 
sehr  durch  schöne  Bilder,  als  durch  seinen  gediegenen,  auf  den 
neuesten  Forschungen  basirenden  Text  auszeichnet.  Aon  wis- 
senschaftlichem Werthe  sind  ausser  dem  Plane  von  Jerusalem 
besonders  auch  die  zahlreichen ,  den  ersten  Band  schliessenden 
Anmerkungen.  Dieser  erste,  im  Verlauf  des  Berichtsjahres  abge- 
schlossene Band  führt  den  Leser  nach  Jerusalem  und  an  das  Todte 
Meer,  dann  durch  Judaea,  Samarien  und  Galilaea  zinn  Hermon; 
hierauf  nach  Damascus,  Palmyra  und  Baalbek ;  schade,  dass  das 
Ostjordanland  nicht  berücksichtigt  ist!  Auch  die  englische  Vor- 
lage des  eben  besprochenen  Werkes  liegt  nun  abgeschlossen 
vor  164);  neben  der  französischen  Bearbeitung  desselben  durch 
GuERiN  erschien  in  Paris  neulich  auch  ein  billigeres,  mit  vielen, 
theilweise   aber   recht   mittelmässigen  Illustrationen  versehenes 


Ifil)  Moniquet,  Jerusalem  antique.  La  topographie  :  La  Terre  Sainte 
18S3,  p.  407— 408;  409—415;  429—432;  450—454. 

162)  S.  J.  M.  Eaton  ,    Jerusalem ,  the  holy   city.     New  York  (Philipps) 

1883.  88  pp.  240.  —  (NachK.'s  Lit.  Bl.;  nicht  gesehen.) 

163)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  169,  Nr.  108.  Palästina  in  Bild  und  Wort  nebst 
der  Sinaihalbinsel  und  dem  Lande  Gosen.  Nach  dem  Englischen  herausgege- 
ben von  Georg  Ebers  und  Hermann  Guthe.  Erster  Band.  Stuttgart  u.  Leip- 
zig (Deutsche  Verlags-Anstalt,  vormals  Eduard  Hallberger;  1883.  '  Vlll,  520 
pp.  gr.  40.  —  Kec.  in  ThLBl.  28.  Sept.  1883,  Sp,  307;  4.  Jan.  1884,  Sp.  3; 
ThLZ.  15.  Dec.  18S3,  Sp.  577;  Oesterr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient  1883, 
p.  78;  216;  von  A.  Sfocin)  in  LCB.  7.  Juni  1883,  Sp.  809;  D.  Lit.  Bl.  20. 
Oct.  1883,  Sp.  113;  A.  allen  Welttheilen  Jg.  15,  H.  3 ;  Deutsche  Revue  April 

1884,  IX,  p.  128;  Halte,  was  du  hast  VII,  333.   (Die  Kecensioneu  theilweise 
nach  K.'s  Lit.  Bl.) 

164)  Picturesque  Palestine ,  Sinai  and  Egypt. ;  ed.  by  Charles  AVilson, 
assisted  by  the  most  eminent  Palestine  explores.  London  fVirtue:.  New  York 
(Appleton)  1883.  2  vol.  XX,  480;  X,  475  pp.  4».  —  Kec.  in  Publishers'  Cir- 
cular  31.  Dec.  1883  ,  p.  1439;  Literary  News  (New  York)  1884,  Jan.  V,  11. 
—  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.) 


•250 

Werk  von  de  VauxI**^).  Auch  der  Text  macht  mehr  den  Ein- 
druck einer  blossen  Plauderei.  Über  Lortet's  'ß^  Reise  wird  im 
nächsten  Bericht  noch  einmal  ausführlicher  zu  reden  sein,  da 
seine  Arbeit  neuerdinjj^s  als  ein  selbständiges  PrachtAverk  erschie- 
nen ist.  Das  früher  schon  genannte  Buch  von  Roberts  ^^';  scheint 
in  Amerika  eine  Titelauflage  erlebt  zu  haben. 
Touristen-  Unter  die  mehr  populäre  Reiseliteratur   sind   zu  rechnen : 

die  englischen  Reisebeschreibungen  von  Cuylor^^sj^  Wylle"^9), 
AVallace '"0)  und  Mendeniiall  ^'^i]  ;  auch  das  französische,  einst 
vielgelesene  Buch  von  Bovet^^^j  igt  neuerdings  in  englischer 
Sprache  erschienen.  Etwas  zahlreicher  sind  die  französischen 
Werke;  wir  führen  an  die  von  de  Wandelbourg  i'^j^  Driou  '"^), 

1 65)  La  Palestine  par  le  Baron  de  Vaux :  ouvrage  illustre  par  M.  P. 
Chardin  et  M.  C.  Maiiss.  Paris  (Leroux)  1883.  VII,  327  pp.  80  avec  154  gra- 
vures  et  carte.  20  frcs.  Vgl.  Barthelemy  in  Kevue  des  quest.  histor.  Jan.  1884; 
Thedenot  in  Bulletin  crit.  1.  Jan.  1S84.  1883  ;  Am.  Edwards  in  Academy  1883, 
2(».  Sept.  p.  218;   "Revue  archeol.  Febr.  1884,  p.  135. 

166)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  171,  Nr.  120.  Das  heutige  Syrien.  Nach  dem 
Französischen  des  M.  Lortet)  :  Globus  1883  (Bd.  43),  p.  273—278;  289—296; 
■M)b—:ill;   321—327;   .{37—344;   353—358. 

167J  Vgl. ZDPV.  VI.  p.  171,  Nr.  118.  The  Holy  Land;  after  lithographs 
by  L.  Haghe,  from  original  drawings  by  D.Roberts;  with  bist,  description 
by  G.  Croly.  Division  2,  The  Jordan  and  Bethlehem.  New  York  (Cassell) 
[1883.  fol.  5,  43,  85  pp.  —   Nach  K.'s  Lit.  Bl.  ;   nicht  gesehen.) 

168)  From  the  Nile  to  Norway  and  homeward.  By  Theodore  L.  Cuylor, 
Pastor  of  Lafayette  Avenue  Church,  Brooklyn.  New  York  (Robert  Carter  and 
Brothers)  1882.  357  pp.   120.    (Nach  Bibliotheca  Sacra  39,  1SS2,  p.  400.) 

109  J.  A.  Wylie,  Over  the  Holy  Land.  London  (Nisbet;  IS83,  398  pp. 
80.  7  sh.  (j.  Nicht  gesehen.)  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl.)  rec.  in  "Westminster  Re- 
view Jan.  1884,  p.  227;  Brit.  Quart.  Review  1.  April  (18S4?)  p.  439;  Satur- 
day  Review  5.  April  1884,  p.  452. 

170)  A.  Wallaee,  The  desert  and  the  Holy  Land.  2nd  edit.  London 
(Simpkin    1882.  338  pp.   8«.   'Nach  Z.  d.  Ges.  f.  Erdk.  ;  nicht  gesehen.) 

171)  J.  W.  Mendenhall,  Echoes  from  Palestine.  New  York  (Philipps 
andHunt)  1883.  4,  736  pp.  8o.  With  map  and  ill.  Nach  Kuhn's  L.Bl. ;  nicht 
gesehen.) 

172'  Egypt,  Palestine  and  Phoenicia  by  Felix  Bovet.  Translatod  from 
the  eighth  French  edition  by  Canon  Lyttelton.  Three  maps.  London  (Hodler 
and  StoughtJ  1883,  80.  9  8h.  (Nach  Athenaeum ;  nicht  gesehen. 1 

173)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  173,  Nr.  131.  A.  H.  de  Wandelbourg,  Etudes 
et  Souvenirs  sur  TOrient  et  ses  missions;  Palestine,  Syrie  et  Arabie,  visitees 
avec  Mgr.  Valerga,  patriarche  de  Jerusalem.  Paris  (Berche  et  Pralin)  1883. 
2  vol.  342  und  388  pp.  8».  (NachThLZ.;  nicht  gesehen.) 

174;   Vgl.   ZDPV.  I,    p.  32  ,   Nr.  5.     A.  Driou,   Jerusalem  et  la  Terre 


257 

MüKANj) ''•'' ,  Roux  1^6),  Alazari)!'"),  Garnikr'"^;,  Maii.lkt  1'»), 
Chauvierre^'''^),  Richard  de  Latour '^1),  deDamas  i"*-^),  Poujou- 
lat'*3).  Eine.  Beschreibung  der  grossen  französischen  Pilgerex- 
pedition haben  Lian  ">■*)  und  Mourot^"-')  geliefert;  neue  Aufla- 
gen liegen  von  den  Büchern  von  Curzon  '^'»j  und  Beluze  ^^''>,  vor. 

sainte,  description  des  lieux  saints  illustres  par  las  apötres.  Liniüges  (E.  Ar- 
dent  et  Cie.)  1883.  216  pp.  80.    ("Wohl  zweite  Auflage ;  nicht  gesehen.) 

175)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  177,  Nr.  169.  Abbe  Morand ,  La  terre  des  pa- 
triarches  ou  le  sud  de  la  Palestine.  T.  IL  Hebron,  Bersabee,  Dcsert  de  Juda, 
Masada,  Engaddy,  Tekoa.   Lyon  (Vitte  et  Perrussel;  18S3.  XII,  32S  pp.   120. 

176)  Roux,  Pelerinage  de  Jerusalem,  notes  de  voyage,  impressions  et  Sou- 
venirs 27  avril — 8  juin  1882.  Besancon  (Impr.  Jacquin)  1883.  225  pp.  IS«. 
(Nach  Friederici;  nicht  gesehen.) 

177)  L.  Alazard,  Souvenirs  de  mon  pelerinage  aux  lieux  saints  (25  avril 
—  10  juin  1882).  Rodez  (Carrere)  1883.  IX,  416  pp.  8".  (Nach  Kuhn's  Lit. 
Bl. ;  nicht  gesehen.) 

178)  E.  Garnier,  Jerusalem  et  la  Judee;  Description  de  la  Palestine  ou 
Terre  sainte,  precede  de  considerations  sur  l'histore  de  ce  pays.  Tours  (Marne) 
1883.  160  pp.  80  et  grav.  Bibliotheque  de  la  jeunesse  chretienne.  (Nach 
Kuhns  Lit.  Bl.  ;  nicht  gesehen.) 

179)  R.  P.  Maillet,  Voyage  au  nord  de  la  Terre-Sainte  et  retraite  ä  des 
pretres  orientaux :  Les  missions  catholiques  1883,  XV,  Nr.  720,  p.  133 — 137. 
:Nach  Peterm.'s  Mitth.  ;   nicht  gesehen.) 

180)  Patrice  Chauvierre,  Voyage  en  Orient.  Tournay  (Casterman)  1883. 
327  pp.  80.   (Nach  Bibliographie  de  Belgique.) 

181)  Pelerinage  en  Terre  sainte  par  Xavier-Richard  de  Latour.  Limoges 
impr.  Boyer)  1883.  49  pp.  12«.   (Bibliogr.  de  Fr. ;   nicht  gesehen.) 

182)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  172,  Nr.  128.  Voyage  en  Orient  par  le  R.  P. 
dcDamas,  de  laCompagnie  de  Jesus.  Jerusalem.  Nouv.  ed.  Paris  ampr.Goupy 
et  Jourdan;  libr.  Delhomme  et  Briguet)  1883.  514  pp.  18".  —  La  Galilee 
ibid.  279  pp.  18«.    (Nach  Bibliogr.  de  France ;  nicht  gesehen.) 

183)  Baptistin  Poujoulat,  Recits  et  Souvenirs  dun  voyage  en  Orient. 
11.  ed.  Tours  iMame)  1883.  286  pp.  12«.  (Bibl.  de  la  jeunesse  chretienne).  — 
(Nach  K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.) 

184j  J.Lian,  Jerusalem  et  la  Terre  sainte,  histoire  du  premier  pelerinage 
de  penitence  de  France  aux  saints  lieux  (28.  avril  — 8.  juin  1882)  Aignan  (Gers, 
Vauteur)  1883.  215  pp.  8«.  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.)  —  V.  Mou- 
rot,  La  Terre  sainte  et  le  pelerinage  de  penitence  en  1 882.  T.  I.  408  pp.  et 
cartes.  80.   (Nicht  gesehen.) 

185)  Rob.  Curzon,  A  visit  to  the  monasteries  in  the  Levant.  (New  ed.) 
New  York  (Dodd)  1883.  20,  390  pp.   120.  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  ges.) 

186;  Les  peregrlnations  en  Orient  et  en  Occident  de  M.  Beluze.  21.  ed. 
revue  et  corrigee  par  Louis-M.-J.  Chaumont.  T.  2:  A  travcrs  l'Europe  et 
rOrient.  (Impr.  et  libr.  de  Citeaux)  1883.  830  pp.  80.  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl.  ; 
nicht  gesehen.) 


25S 

Auch  vuii  einer  italieuisclien  Reiseskizze  ^*')  ist  nachträglich  zu 
berichten.  Unter  den  deutschen  Schiklerungen  von  üaarts**^), 
Gkeuokovius  i***] ,  FaiikngruberI'^"],  FkiedlI^i]^  Siering  ^''^j^ 
Flascu ''-'3],  Schur  ^^^)  und  eines  Anonymus  ^'J^),  welcher  beson- 
ders die  katholischen  Kirchen,  unter  Anderem  auch  die  des  Ost- 
jordanlandes, besucht  hat,  findet  sich  wenig  bedeutenderes. 
Auch  die  hebräischen  Keisebeschreibungen  vonDEUXARD^'-*ö)  und 
Bachrach  ^"J")  ,  sowie  die  polnische  von  Smolikowski  ^^^j  sind  hier 
noch  zu  nennen. 
Mittel-  und  Werfen  Avir  von  Palästina  aus  einen  Blick  nach  dem  übrigen 

Nordsyrien. 

187;  Giuseppe  Sorio,  viaggiatore  vicentino,  Lettera  IV,  Viaggio  in  Terra 
Santa,  publicato  per  nozze  Ortolani-Fontana.  Vicenza  (Burato)  1881.  28  pp. 
60.  (Nicht  gesehen.] 

188)  Vgl.  ZÜPV.  VI,  p.  172,  Nr.  125.  V.  Baarts  ,  Abstecher  ins  Ge- 
lobte Land ;  Aus  allen  TVelttheilen  XIV.  1883.  p.  129;  161;  198;  233;  262. 
(Nach  Z.  (L  Ges.  f.  Erdk. ;  nicht  gesehen.) 

189  Ferdinand  Gregorovius ,  Von  Kairo  nach  Jerusalem.  Aus  meinem 
Tagebuch:  Unsere  Zeit  1SS3,  p.  24 — 4-5. 

190;  J.  Fahrngruber,  AVanderungen  durch  Palästina.  Ernstes  und  Hei- 
teres zwanglos  erzählt.  Wörl'slleisebibliothek  1883.  XV,  420  pp.  8».  —  Vgl 
LCB.  1883,   Sp.  1634. 

191)  F.  A.  Fried! ,  Eine  Pilgerfahrt  nach  Palästina.  Nördlingen  Keischle) 
1883.   87  pp.  80.   (Nicht  gesehen.; 

192;  Benef.  Emil  Siering,  Pilgerfahrt  der  5.  Münchener  Carawane  nach 
Jerusalem  und  Kern  im  Frühjahr  1883.  2.  verb.  Aufl.  Küdesheim  (Wiesba- 
den, Moritz  und  Münzel)  1883.  VIII,  176  pp.  mit  Holzschnitten.  (Nicht  ge- 
sehen.) 

193;  F.  M.  Flasch,  Ferienausflug  nach  Palästina.  "Würzburg  (Bucher.) 
1883.  344  pp.   120.   (Nicht  gesehen. j 

194)  W.  Schur,  Das  Morgenland.  Wien  1883.  Kec.  in  Jüd.  Litt.-Bl. 
17.  April  1884,  p.  68.  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.) 

195;  Eine  Pilgerreise  nach  den  heiligen  Stätten  (Forts.) :  Das  heil.  Land 
1883,  p.  27—33;   134—155;   183—191. 

196;  cnpti  Y~ii<z  ro^,  Reisebeschreibung  im  Orient,  par  E.  Deunard. 
Pressburg  ;impr.  Lowy  et  Alkalay,  1883.  83  pp.  80.  (Nachlievue  des  etud.jui- 
ves;  nicht  gesehen.) 

197)  nu;'.npn  y^nh  renn  b.  Reise  nach  dem  heiligen  Lande,  unter- 
nommen im  Jahre  5642  '1882j,  ökonomisch  und  charakteristisch  beleuchtet 
nebst  kritischen  Gesichtspunkten  von  Jacob  Bachrach.  Varsovia  libr.  Jacob 
bapirstein;.  123  pp.  80.   (Nach  Revue  des  et.  juives;  nicht  gesehen.) 

19'>;  Pavel  Smolikowski,  Listy  o  wschodzie.  Lemberg  jSeyfarth)  1883. 
i>'J  pp.  80.  (Briefe  aus  dem  Morgenlande).  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  ges.j 


259 

Syrien.  Eine  wichtige  Mittheiliing  von  Prof.  Kunze  ''J^)  in  Tha- 
rand  bestimmt  die  Höhe  von  Damascus  über  dem  Meere  auf  730 
Meter  laut  Beobachtungen  von  Lüttike  in  Damascus  und  Dr.  Hann 
in  Beirut.  Im  Libanongebiet,  dessen  Grenzen  kürzlich  besprochen 
worden  sind  200) ,  sucht  sich  neuerdings  namentlich  der  französische 
Einfluss  durch  Unterstützung  der  Maronitcn  wieder  geltend  zu 
machen.  Auf  diesem  Standpunkt  steht  auch  das  schon  früher 
angeführte,  entschieden  schAvache  linch.  von  Frau  d'Aaiau  de 
PioLANT^oi),  (las  theilweise  gegen  Lortet  polemisirt.  Einen  neu- 
lich erschienenen  englischen  Bericht  über  die  politischen  Verhält- 
nisse des  Libanon  202j  habe  ich  nicht  gelesen.  Aiich  der  Eapport 
von  Guerin203)^  welcher  neuerdings  den  Libanon  bereist  hat, 
und  die  statistischen  Angaben  204J  sind  mir  nicht  vor  Augen  ge- 
kommen. Baart's205)  hat  einen  Ausflug  nach  den  Cedern  und 
Baalbek  populär  geschildert ,  ebenso  Moyse  d'Orleans^o^]  ;  auch 
von  Brugsch207)  liegt  ein  Artikel  über  Baalbek  vor,  sowie  der 
Bericht  eines  Anonymus 208)  über  Mittelsyrien.   Die   farbenreiche 

199)  M.  Kunze,  Die  Höhe  von  Damaskus  über  dem  Meere :  Verhandl. 
der  Ges.  f.  Erdk.  zu  Berlin  1883.  X,  p.  439—444. 

200)  LeLiban,  ses  Limites :  L'Exploration  XVI.  1883,  Nr.  334.  (Nach 
Z.  d.  Ges.  f.  Erdkunde;  nicht  gesehen.) 

201)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  178,  Nr.  17B.  Au  pays  des  Maronites  par  Mn'e 
la  Vtesse  d'Aviau  dePiolant.  Libr.  Oudin  Paris,  Poitiers  1882.  XI,  186  pp.  S«. 

202)  An  English  Resident's  Politics  in  the Libanon:  The  fortnightly  Re- 
view, September  1883.  (Nicht  gesehen.) 

203)  V.  Guerin,  Rapport  adresse  ä  M.  le  Ministre  de  Tinstruction  pu- 
blique sur  sa  mission  scientifique  dans  le  Liban.  Paris  (Levi)  1883.  28  pp.  80. 
(Nach  Bibl.  de  France;  nicht  gesehen.) 

204)  V.  Guerin,  Description  et  statistique  des  populations  du  Liban, 
Maronites,  Melkites,  Grecs,  Druzes,  Matoualis  :  Bulletin  de  l'Acad.  desinscr. 
1883,  p.  286—302.   (Nicht  gesehen.) 

205)  P.  Baarts,  Ein  Ausflug  nach  den  Zedern  des  Libanon :  Wochenblatt 
d.  Joh.-Ord.  Balley  Brandenburg,  1883,  Nr.  1 ;  2;  3.  Ein  Besuch  in  Baalbek 
ebd.  Nr.  13;  14. 

206)  Moyse  d'Orleans,  Notes  de  voyage.  §  2 — 4.  Antioche.  §  5.  Druscs 
et  Maronites:  Miss,  cathol.  (Annee  15)  1883.  Nr.  732;  734;  735;  739  —  741; 
743 — 745.  (Nach  Kuhn's  Lit.  Bl.;  nicht  gesehen;  nach  Geogr.  Mitth.  auch 
in  Nr.  730.) 

207)  H.  Brugsch,  Baalbek:  Westermann's  Monats-Hefle  Jg.  28,  Bd.  55; 
N.  F.  Bd.  5.  Dez.  1883,  p.  332—41.  6  111.  mit  Text.  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ; 
nicht  gesehen.) 

208)  Relations  d'Orient.    Syrie,  Egypte,  Armenie.    IV.  Beyrouth ,  Da- 


260 

kleine  Skizze  über  einen  Ausflug  nach  dem  Judendoif  Dschobar 
bei  Damascus  ■-"'-'/  und  der  beinahe  allzu  begeisterte  Artikel  über 
die  Hergscenerie  des  Libanon  2'")  stammen  wohl  aus  einer  und 
derselben  Feder.  Ducat"^")  scheint  seine  Heise  durch  Palästina 
von  Beirut  aus  angetreten  zu  haben.  Bei  weitem  das  wichtigste 
Buch,  welches  neuerdings  unsere  Kenntniss  von  Syrien  erwei- 
tert, ist  die  Reisebeschreibung  Sachau's212^  deren  Schwerpunkt 
allerdings  weiter  östlich  iu  den  Eufrat-  und  Tigrisländern  liegt. 
Doch  finden  sich  auch  über  Palmyra  und  besonders  die  Ue- 
gend  südlich  und  südöstlich  von  Aleppo  eine  Reihe  wichtiger 
Forschungen  in  derselben.  —  Über  die  alte  Geographie  vonXord- 
syrien  hat  Tomkins^'-^)  einige  Bemerkungen  gemacht. 
rMidiichan  \yas    schliesslich    die    südlich    an    Palästina    angrenzenden 

Pal.  gren-  _  _  _  "^  . 

zende  Län- Ly^mlgj.  \)eti-ifft     gQ  liegen  über  dieselben  einige  neuere  Berichte 

der.  ^  " 

von  Jelissejeav2i^)215j  und  Sophia   Palmek-'ö)    vor;     auch    das 

mas,  Bickfaia,  Homs,   Ghazir,  Zahle  Jan  vier  1883).    Paris  (impr.  Mouillot 
30  pp.  80.  (Nach  Bibliogr.  de  France;  nicht  gesehen.) 

209  Jewsat  Jobar:  Saturday  Review,  Xr.  1464,  Vol.  56,  17.  Nov.  lSs;<, 
p.  62'J— 30. 

210)  The  Syrian  Mountains:  Saturday  Review,  Ni'.  1462,  Vol. 56,  3.  Nov. 
1883,  p.  560—1. 

211,  Ducat,  Une  excursion  ä  Ghazir:  Missions  catholiques,  anuee  1?, 
Nr.  751—3,  26.  Oct.  2.  9.  Nov.  1883,  p.  507—9;  522—4;  537—40,  19  111.  — 
A  travers  la  Palestine :  ibid.  Nr. 756 ;  30.  Nov.,  p.  575—6.  1  IU.  —  Le  village 
du  prophete  Jonas:  ibid.  Nr.  760,  28.  Dec,  p.  621,  1  111.  —  (Nach  K.'s  Lit. 
Bl. ;  nicht  gesehen.) 

212;  Eduard  Sachau,  Reise  in  Syrien  und  Mesopotamien.  Mit  2  Karten 
von  Professor  Heinrich  Kiepert,  18  Abbildungen  und  22  Lichtdruckbildern. 
Leipzig  (Brockhaus)  1883.  X.  479  pp.  S«.  —  Vgl.  Socin  in  Beil.  z.  Allg. 
Augsb.  Z.  1883,  Nr.  352;  ferner  (nach  K.,s  Lit.  Bl.)  in  Geogr.  Mittheilungen 
XXIX,  460;  Globus  1884  (XLV)  p.  29-31;  38—42;  53—6;  Saturday  Re- 
view 17.  Nov.  1S83,  p.  643;  Proc.  of  the  R.  Geogr.  Soc.  Dec.  1883,  p.  743; 
LCB.  14.  Juni  1S84,  Sp.  848. 

213)  H.  G.  Tomkins,  The  ancient  geography  of  northern  Syria:  Proc.  of 
ihe  Soc.  of  Bibl.  Archaeol.  9.  Jan.  1883.  p.  5S— 62.  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ; 
nicht  gesehen., 

214;  A.  W.  Jelissejew,  An  der  Küste  des  rothen  Meeres.  Aus  einer 
Reise  durch  die  Wüste  von  Sinai  I — V  (russ.,:  Wjestnik  Ewpopi  1883,  Heft 6. 
(Nach  Kuhn's  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.) 

215,  A.  Elissejew,  Die  Bewohner  von  Arabia-Petraea  russisch).  Peters- 
burg 1883.  80.    (Nach  Geogr.  Millh.  ;  nicht  gesehen.) 

216)  Sophia  M.  Palmer,  An  adventure  at  Petra :  Macmillan's  Magazine, 
Januar  1883.    (Nach  Z.  d.  Ges.  f.  l'h-dk. ;  nicht  gesehen.) 


261 

schon  genannte  Werk  vonKAXDAKOFi''^'")  können  wir  nun  biblid- 
graphisch  etwas  genauer  anführen.  Warren's  Expedition,  welche 
durch  die  Ermordung  Palmehs  veranlasst  war,  hat  schliesslich 
auch  noch  wissenschaftliche  Resultate''^''')  geliefert;  die  Lebens- 
beschreibung Palmeh's^I''),  welche  am  Schlüsse  namentlich  auf 
die  Verhältnisse  der  Beduinen  der  Sinaihalbinsel  Licht  wirft,  hat 
rasch  einige  Auf  lagen  erlebt.  Die  zahlreichen  liücher  und  Artikel, 
uelche  sich  mit  der  Topographie  des  Exodus  befassen,  w-ollcn  wir 
hier  nur  kurz  aufführen;  ihre  Verfasser  heissen  Fibld^^^),  Baker 
Green  221)^  Thayer222)j  Lecointre223)  ;  Stanley  224)^  Weld225  , 

WHiTEEiousE22fi);    auch    ein    anonym    erschienenes    l^uch    liegt 

217)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  178,  Nr.  180.  N.  Kandakoff,  Reise  nach  dem 
Sinai  im  J.  1881  (russ.j.  Mit  Karte.  Odessa  1882.  160  pp.  80.  (Nach  Geogr. 
Mittheil.  ;  nicht  gesehen.) 

218)  C.  Warren,  Reconnaissance  of  Arabia  Petraea  made  by  the  Palmer 
Search  Expedition.  1  :  633,600.  —  Reconnaissances  sketch  of  a  portion  of 
"Wady  Sudr,  Arabia  Petraea.  1  :  63,360.  Compiled  for  the  Lord  Commis- 
sioners    of  the  Admiralty.   London  1883.     (Nach  Geogr.  Mitth. ;  nicht  ges.) 

219;  Walter  Besant,  The  life  and  achievements  of  Edw.  Henry  Palmer. 
London  ,Murray)  1883.  420  pp.  8°;  2.  ed.  ebd.  1883.  424  pp.  8";  3.  ed.  ebd. 
1883.  IX,  430  pp.  80.  1.  Port.  —  New  York,  Dulton.  —  (Nach  Kuhn's  Lit. 
Bl. ;  nicht  gesehen.) 

220)  On  the  desert.  With  a  brief  review  of  recent  events  in  Egypt.  By 
Henry  M.  Fiele! ,  D.  D.  New  York  (Charles  Scribner's  Sons)  1883.  330  pp. 
120.  1-  Kec.  in  Bibliotheca  Sacra  1883,  p.  393.  Vgb  (nach  K.'s  Lit.  Bl.)  In- 
tern. Revue  Mai  Juni  XIV,  p.  442. 

221)  J.  Baker  Greene,  The  hebrew  migration  from  Egypt,  a  historical  ac- 
count  of  the  Exodus,  based  on  a  critical  examination  of  the  hebrew  records 
and  traditions.  London  (Trübner)  1883.  (Vgl.  Peterm.'s  Mittheil.  1883, 
p.  116;  nicht. gesehen.) 

222)  A.  W.  Thayer,  The  Hebrews  and  the  Red  Sea.  With  a  map.  An- 
dover  (Draper)  18S3.  140  pp.  120.  (Nach  Friederici;  nicht  gesehen;  vgl. 
Bibliotheca  sacra  April  1883,  p.  393.) 

223)  Lecointre,  La  campagne  de  Moi'se  pour  la  sortis  de  I'Egypte.  Avec 
preface  de  l'abbe  Moigno,  projet  d'une  entreprise  ä  la  recherche  de  l'armee 
de  Pharaon  engloutie  dans  la  mer  rouge  et  carte  'de  l'isthme  de  Suez.  Paris 
(Gauthier  Villarsj  1883.  XVI,  111  pp.  et  carte.  (Nach  LOB.  1883,  Sp.  428  ; 
nicht  gesehen.) 

224)  A.  P.  Stanley,  Sinai  and  Palestine  in  connection  with  their  history. 
New  ed.  with  maps  and  plans.  London '(Murray)  1883.  620  pp.  8".  —  ^Nach 
K.'s  Lit.  Bl.;   nicht  gesehen.) 

225)  A.  G.Weld,  The  route  of  the  Exodus :  Expositor,  Sept.  1883,  p.  23 
—40.  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.) 

226)  F.  Cope  Whitehouse ,   The  route  of  the  Exodus:  Exod.  XIII.  17— 


2(32 

vor  227).  In  den  Statements '-^28^  ^„^j  andern  englischen  Blät- 
tern 22f»]  sclieint  die  Discussiou  über  die  Exodusfrage  geradezu 
Mode  zu  sein.  —  Neuerdings  sind  in  Folge  der  englischen  Aus- 
gralnnigen  die  Untersuchimgen  über  die  Lage  der  im  alten 
Testament  genannten  Städte  Egyptens  in  Gang  gekommen. 
Namentlich  kämpft  Naville230)  dafür,  dass  die  von  ihm  aus- 
gegrabenen Euinen  Teil  el-Mas-chüta  für  das  alte  Pithom- 
Succoth  zu  halten  seien:  Lepsius^si)  findet  daselbst  Ilamses.  An 
der  Erörterung  dieser  Streitfragen  betheiligten  sich  unter  An- 
deren 232j  PooLE  233)  ^  der  ausscr  gegen  Lepsius'  Theorie ,  auch 
gegen  die  immer  noch  auftauchende  jüdisch-arabische  Identifi- 
cation von  Pithom  mit  Fayum  ankämpft. 

XIV,  4:  The  Expositor,  December  1883,  p.  448—57.  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl.; 
nicht  gesehen.) 

227)  Handbook  and  wall  map  ofthe Exodus  of  the  Israelites  from  Egypt 
to  Canaan.    London  Johnston)  1883.  —  (Nach  K.'s  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.) 

228]  C.  R.  Conder;  C.  Pickering  Clark ;  F.  Gell;  C.  M.  W.;  Dunbar  J. 
Heath,  The  Exodus;  Quart.  Statements  1883,  p.  79—108.  —  A.  G.  Weld, 
The  route  ofthe  Exodus:  ebd.  p.  139—142.  —  Dunbar  J.  Heath,  The  Exo- 
dus: ebd.  p.  149.  —  Adam  Clarke  Smith;  John  Cyprian  Rust;  C.  Pickering 
Clarke,  The  route  ofthe  Exodus:  ebd.  p.  223— 23('i. 

229)  The  route  of  Exodus  :  Spectator  Dec.  1883.    (Nicht  gesehen.) 

230)  Ed.  Naville,    Pithom  and  Ilamses:    The   Academy   6.  Oct.  18S3 
p.  230. 

231)  R.  Lepsius,  Über  die  Lage  von  Pithom  (Sukkoth)  and  Raemses 
(Heroopolis) ;  Zeitschr.  f.  ägypt.  Spr.  und  Alt.,  1883,  H.  2,  p.  41— j53. 
(Nach  Kuhn's  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.) 

232)  L.  Dickermann ,  On  the  site  of  Pithom :  Amer.  Or.  Soc.  Proc.  at 
Boston  May  1883,  p.  IV— VL  (Nach  Kuhn's  Lit.  Bl. ;  nicht  gesehen.)  — 
Whitehouse,  Pithom,  Fayoum,  Moeris :  The  Academy  17.  Juli  1883,  p.  34.  — 
Tomkins:  ebd.  22.  Sept.  p.  198.  —  C.  Monro :  ebd.  29.  Sept.  p.  213.  Vgl. 
Athenaeum  1883,  Nr.  2893,  p.  450;  Globus  1883,  Nr.  17,  p.  272.  A.  H. 
Kellogg,  The  discovery  of  Pitthom-Succoth  and  the  Exodus  route :  Presbyt. 
Review,  Vol.  4,  Oct.  1883,  Nr.  16,  p.  838-845.  —  Les  fouiUcs  de  Tell-el- 
Maskhoutah  :  Polybiblion,  P.  litt.,  T.  38,  Aug.  1883,  p.  183-4.  fAus  dem 
Journal  officiel).  —  F.  Cope  Whitehouse ,  Researches  in  the  Moeris-Basin : 
Proceedings  of  the  soc.  of  Bibl.  Archaeol.,  Nov.  1882— Juni  18^;^,  p.  169—171). 
—  Am  besten  orientiit  über  das  Problem:  Lauth ,  Zur  Exodusfrage:  Aus- 
land Aug.  1884,  p.  607  fg. 

233)  Stanley  Lane-Poole ,  The  discovery  of  Pithom-Succoth:  British 
Quart.  Review  Nr.  155,  I.Juli,  p.  108-119.  (Nach  Kuhn's  Lit.  Bl.;  nicht 
gesehen.,  —  Vgl.  The  Academy  21.  Juli  1883,  p.  52;  22.  Spt.  1883,  p.  197. 


Die  röiniscli-katliolisclie  Kirche  iu  Palästina. 

Von  Karl  Schiiabl  in  Wien  •) . 

I.  Geschichtliche  Übersicht  bis  auf  die  Gegenwart. 

Kein  Land  der  Welt  hat  für  die  Christen  eine  erhabenere 
Vergangenheit  als  Palästina.  Darum  ist  auch  das  Auge  der 
Kirche  diesem,  dem  heiligen ,  Lande  fast  stets  mit  einem  regen 
Blick,  sei  es  der  Sehnsucht,  sei  es  der  Fürsorge,  zugewandt  ge- 
wesen, lind  ihre  Geschichte  weiss  uns  von  mächtigen  Bewegun- 
gen zu  erzählen ,  durch  die  im  Mittelalter  das  Band  gerade  ZAvi- 
schen  der  abendländischen  Christenheit  und  dem  heiligen  Lande 
fest  geknüpft  wurde.  An  Beziehungen  zwischen  dem  christlichen 
Orient  und  dem  christlichen  Occident  hat  es  freilich  in  der  Kirche 
seit  den  frühesten  Zeiten  nicht  gefehlt.  Schon  die  ersten  Perio- 
den der  katholischen  Kirche  des  heiligen  Landes ,  soAvohl  ihre 
Urzeit  vom  Beginne  der  christlichen  Ära  bis  ins  vierte  Jahrhun- 
dert, als  auch  ihre  Blüthe zeit  von  Konstantin  bis  zur  Erobe- 
rung des  Islam  im  siebenten  Jahrhundert,  zeigen  uns  nicht  bloss 
die  Fortschritte  des  von  Osten  nach  Westen  vordringenden  Chri- 
stenthuras,   sondern  auch  bereits  die  Anfänge  einer  entgegenge- 

V  Obiger  Artikel,  dessen  Verfasser  längere  Zeit  Rector  des  österrei- 
chischen Pilgerhauses  in  Jerusalem  war  und  gegenwärtig  Propstei-Coopera- 
tor  ander  Votivkirche  in  Wien  ist,  gehört  in  die  Reihe  jener  Artikel,  die 
ȟber  den  Personal-  und  Besitzstand  der  verschiedenen  christlichen  Konfes- 
sionen und  wenn  möglich  auch  der  jüdischen  Gemeinden  im  heiligen  I,ande 
Auskunft  geben«  sollen.  Vgl.  ZDPV.  VI,  p,  13  Note.  Für  den  interkonfes- 
sionellen Charakter  dieser  Zeitschrift  ist  das  Interesse  an  diesen  Fragen 
lediglich  ein  historisch -statistisches.  Die  Redaction. 

Ztschv.  a.  Pal-.Ver.  VII.  18 


264 

setzten,  vom  Abeudlande  nach  dem  Moigenlande  gerichteten  Be- 
wegung.  Ich  erinnere  nur  an  die  merkwürdige  Gestalt  des  ge- 
lehrten Priesters  Hieronyraus  ,  an  seine  Schüler  und  Schülerin- 
nen. Es  ist  bekannt,  wie  in  der  darauf  folgenden  Periode  der 
Herrschaft  des  Islam  bis  zu  den  Kreuzzügen  die  Zahl  der 
Besucher  des  heiligen  Landes  aus  dem  Occidcnt  in  fortwährender 
Zunahme  begriffen  ist,  wie  bereits  Kaiser  Karl  der  Grosse  und 
König  Alfred  von  England  grosse  Summen  zur  Erbauung  von 
Klöstern .  Herbergen  und  Krankenhäusern  im  heiligen  Lande 
anwiesen,  ja  der  erstere  sogar  mit  bewaffneter  Macht  zum  Schutze 
der  Christen  gegen  die  Muslimen  einzuschreiten  verhiess.  Selbst 
die  Grausamkeiten  des  fatimidischen  Chalifen  Hakim  schreckten 
die  Pilger  von  der  beschwerlichen  Keise  nicht  ab .  und  die  auf 
seinen  Befehl  erfolgte  Zerstörung  der  Auferstehungskirche  in 
Jerusalem,  verbunden  mit  der  im  Abendlande  verbreiteten  Furcht 
vor  dem  Hereinbrechen  des  jüngsten  Gerichts .  veranlasste  im 
elften  Jahrhundert  die  ersten  grossen  gemeinsamen  Pilgerzüge 
nach  Palästina.  Ihnen  folgte  am  Ende  des  elften  Jahrhunderts 
der  erste  wirkliche  Kreuzzug,  mit  dem  die  vierte  Periode  der 
kirchlichen  Geschichte  des  heiligen  Landes  beginnt,  das  Zeit- 
alter der  Kreuzzüge  von  1099—1291.  Da  durch  dasselbe 
feste  rechtliche  Beziehungen  der  abendländischen  katholischen 
Kirche  zu  Palästina  oder  wenigstens  zu  den  heiligen  Stätten  des 
Landes  geschaffen  werden,  so  erscheint  es  angesichts  unseres 
Thema' s  geboten,  deren  Entstehung  und  Geschichte  bis  auf 
unsere  Zeit  etAvas  genauer  ins  Auge  zu  fassen. 

Älit  der  Eroberung  Jerusalems  am  15.  Juli  1099  und  der 
daran  sich  schliessenden  Gründung  eines  abendländischen  llei- 
ches  in  Palästina  trat  für  die  christlichen  Verhältnisse  des  Lan- 
des ein  wichtiger  Wendepunkt  ein.  Kurz  vor  der  Frankenan- 
kunft, in  der  grössten  Bedrängniss  durch  die  seit  1070  das  Land 
beherrschenden  Seldschuken,  war  der  griechische  Patriarch  Si- 
meon  von  Jerusalem  nach  der  Insel  Cypern  geflohen.  Später,  als 
die  Franken  Herren  des  Landes  w^aren,  sandte  derselbe  Ge- 
schenke (Pfauen,  seltene  Früchte,  köstlichen  Wein  u.  dgl.)  an 
Herzog  Gottfried  von  Bouillon,  nach  damaliger  Sitte  zum  Zei- 
chen seiner  Freundschaft  und  Zusammengehörigkeit.  Daraus, 
wie  auch  aus  anderen  Umständen,  geht  eine  nicht  zu  gering  an- 
zuschlagende Thatsache   für  Beurtheilung   der  Zeitverhältnisse 


265 

hervor,  dass  nämlich,  obwohl  in  Konstantinopel  schon  seit  1051 
(las  Schisma  ansdrücklich  erklärt  -vVorden  war.  doch  in  der  Jerii- 
salemer  Kirche  die  Trennung  zwischen  Rom  nnd  Konstantino])el 
noch  nicht  als  vollzogen  angesehen  Avurde.  Die  abendländischen 
Eroberer  besetzten  aber  sogleich  den  Patriarchenstuhl  und  die 
übrigen  Tiischofsstühle  mit  Franken  und  erklärten  alle  Kirchen 
als  fränkisches  Eigenthum,  wenn  sie  auch  wohl  den  orienta- 
lischen Christen  theihveise  ein  Benützungsrecht  der  Gotteshäuser 
zugestanden.  Die  Griechen  wählten  ihrerseits  einen  neuen  Pa- 
triarchen Namens  Johannes  III.,  nachdem  Patriarch  Simeon 
schon  1099  auf  Cypern  gestorben  war.  Aber  die  gesammte  neue 
Kirchenordnung  und  namentlich  der  Besetzungsmodus  der 
Bischofsstühle  missfielen  den  orientalischen  Christen,  so  dass  der 
neue  griechische  Patriarch  bald  nach  Konstantinopel  ging.  Ohne 
Zweifel  hat  die  Gründung  des  fränkischen  Reiches  und  fränki- 
schen Patriarchates  in  Jerusalem  die  beginnende  Trennung  bei- 
der Kirchen  nur  befördert  und  zu  vielen ,  seitdem  stets  wieder- 
holten Streitigkeiten  zwischen  Griechen  und  Lateinern  Anlass 
gegeben.  Wenn  auch  die  Franken  das  Recht  der  Eroberer  für 
sich  hatten,  so  wird  doch  diese  Neuorganisirung  der  kirchlichen 
Verhältnisse  und  die  Besetzung  aller  Bischofsstühle  mit  Franken 
nicht  als  ein  besonderes  Zeichen  der  Klugheit  gelten  können ; 
denn  sie  hatte  eine  immer  sich  erweiternde  Kluft  zwischen  der 
fränkischen  und  der  orientalischen  Kirche  zur  Folge  und  ist  eine 
der  üblen  Ursachen  geworden,  w^elche  leider  das  endliche  Schei- 
tern des  wahrhaft  grossartigen  Unternehmens  der  Kreuzzüge  her- 
beiführten. 

Unter  der  Herrschaft  der  Könige  von  Jerusalem  ward  der 
Patriarchensprengel  bedeutend  erweitert.  Der  Patriarch  von  Je- 
rusalem hatte  nach  dem  Assisenbuch  des  Gerichtshofes  des  frän- 
kischen Reiches  (herausgegeben  von  Beugnot,  Paris  1841)  als 
Suffragane  fünf  Erzbischöfe,  nämlich  in  Tyrus,  Cäsarea,  Naza- 
reth,  Bostra  und  Rabbat-Petra,  nebst  den  drei  unmittelbar  unter- 
gebenen Bischöfen  von  St.  Georg  zu  Lydda,  von  Bethlehem 
und  Hebron.  Als  Suffragane  werden  ferner  sechs  Abte  und  ein 
Prior  angeführt,  nämlich  die  Augustiner-Äbte  vom  Berge  Sion, 
vom  Tempel  des  Herrn  auf  Moriah  und  vom  Olberg .  die  Bene- 
diktiner-Äbte vom  Kloster  Maria  Latina  und  Marienkloster  im 
Josaphatthale ,    der  Prämonstratenser-Abt  von  St.  Samuel  und 

18» 


266 

schliesslich  der  Prior  der  Chorherren  vom  heilij?en  Grabe.  Auch 
die  drei  Äbtissinnen  vom  Kloster  Unserer  Frau  (Johanniterinnen  , 
von  St.  Anna  und  St.  Lazarus  ,beide  Benediktinerinnen)  sind  als 
Unter^^ebene  bezeichnet.  Ausserdem  hatte  er  noch  den  Erzbi- 
schof der  Armenier,  der  sich  im  Königreiche  Jerusalem  aufhielt, 
ferner  den  Erzbischof  der  Jacobiten  und  den  Meister  der  Aus- 
sätzigen von  St.  Lazarus  zu  seinen  Suffraganen.  Die  drei  grossen 
Ritterorden  -waren  exerapt.  Unter  dem  Erzbischofe  von  Tyrus 
standen  die  Bischöfe  von  Beirut,  Sidon ,  Paneas  (Cäsarea  Phi- 
lipp!) tmd  Akko;  dem  Erzbischof  von  Cäsarea  war  der  Bischof 
von  Sebaste  Samaria  untergeben,  und  zum  Erzbisthum  Nazareth 
gehörte  der  Bischof  von  Tiberias  nebst  dem  Benediktiner-Prior 
des  Klosters  auf  dem  Tabor.  Für  das  Erzbisthum  Bostra  nennt 
das  Assisenbuch  keine  Suifragane,  nur  bei  dem  Erzbisthum  Rab- 
bat-Petra  wird  der  Bischof  von  Pharan ,  der  sich  auf  dem  Berge 
Sinai  im  Katharinenkloster  aufhielt,  als  Suffragan  bezeichnet. 
Die  zahlreichen  Kirchen  und  Klöster  der  Kreuzfahrer  zeigen  uns 
deutlich ,  welche  Begeisterung  für  den  l^estand  der  christlichen 
Herrschaft  die  Franken  damals  beseelte.  Noch  heute  ist  die  Zahl 
der  Ruinen  dieser  Bauten  im  heiligen  Lande  sehr  gross  und  ge- 
währt uns  einen  genauen  Einblick  in  den  Baustil  und  die  Bau- 
technik jener  längst  entschwundenen  Zeit. 

Die  lateinischen  Patriarchen,   welche  bis  11S7  ihren  Sitz  in 
Jerusalem  hatten,   mussten  in  Folge  der  Eroberung  Jerusalems 
diirch  Saladin  nach  Akko  übersiedeln ,    und  nach  dem  Falle  Ak- 
ko's  im  Jahre  1291  bestand  nur  mehr  der  Titel  eines  Patriarchen 
von  Jerusalem,    welcher  noch  zu  Anfang  des   14.  Jahrhunderts 
seinen  Sitz  auf  Cypem  hatte.    Li  Jerusalem  selbst  nahm  nach 
Vertreibung  der  Franken  im  Jahre  1187  der  Sultan  die  Schlüssel 
der  heiligen  Grabeskirche  und  der  übrigen  Sanktiiarien  an  sich, 
erhob  ein  Kopfgeld  und  entschied   über  die  einzelnen  Sanktua- 
rien zu  Gunsten  dieser  oder  jener  Nation.  Damit  beginnt  wieder 
eine  Periode  der  muslimischen  Herrschaft  über  Palästina, 
während  welcher  vorerst  die  syrischen  Christen  mit  ihren  weni- 
gen Priestern ,    dann  aber  die  Franziskaner  die  alleinigen 
Wächter  der  heiligen  Stätten    waren.    Der  Unsicherheit  und 
den  Bedrängnissen  der  Vertreter  der  römisch-katholischen  Kirche 
im  heiligen  Lande ,    das  bis  1517,  bis  zur  Eroberung  durch  die 
Türken  unter  Selim  L.    unter  der  Botmässigkeit  der  ägyptischen 


207 

Maraelukensultane  stand,  wurde  erst  in  diesem  Jahrhundert 
durch  die  Erneuerung  des  lateinischen  Patriarchats  in  Jerusalem 
1S48  ein  Ende  gemacht,  und  damit  für  die  neueste  Entwickelung 
der  röiuisch-katholischen  Kirche  in  Palästina  die  Bahn  geöffnet. 
Doch  zunächst  muss  der  Thätigkeit  des  Franziskaner- 
ordens in  Palästina  vom  13.  Jahrhundert  an  bis  auf  die  Gegen- 
wart gedacht  Averden,  und  da  diese  mit  der  Frage  des  Besitzrech- 
tes an  den  heiligen  Stätten  aufs  engste  verknüpft  ist,  so  wird 
ferner  die  jetzige  Lage  derselben  passend  gleich  mit  diesem 
Abschnitt  verbunden  Averden. 

Schon    eher    als  die  abendländischen  Könige,    Ritter   und 
Priester  ihre  letzte  Besitzung  im  heiligen  Lande  aufgeben  muss- 
ten.  erschien  dort  die  demüthige  Gestalt  des  heiligen  Franziskus. 
Als  dieser  Gottesmann   seine  geistlichen  Kinder  in   das  heilige 
Land  sandte  —  im  Jahre  1219   geschah  die  erste  Niederlassung 
des  Ordens  in  Akko  —  stellte  er  sie  unter  den  Schutz  der  gött- 
lichen ^'orsehung,  damit  diese  sich  derselben  nach  ihren  heiligen 
Absichten  bediene.     Aber  er  konnte  ihrer  Obhut  nichts  anver- 
trauen, man  hatte  ihm  eben  nichts  übergeben.  In  unermüdlicher 
Geduld  erlangten  die  Franziskaner  allmählich  von  dem  Wohl- 
wollen eines  Sultans  ein  Stückchen  l^and  am  Berge  Sion  in  Jeru- 
salem, erbauten  dort  ein  kleines  Kloster  neben  dem  Augustiner- 
konvent und  schlössen  sich  den  Syrern  bei  dem  Dienst  am  liei- 
ligen  Grabe  an.  Papst  Gregor  IX.  bestimmte  sie  1230  zu  Wäch- 
tern der  heiligen  Stätten,   welches  Amt  sie  nach  Möglichkeit  üb- 
ten,  indess  Sultan  Melik  es-Saleh  Ismä'^il  Ibn  Melik  el-Ädil 
ihren  Besitz  auf  Sion  im  Jahre  1244  bestätigte.    Bald  brach  eine 
allgemeine    Christen  Verfolgung    ans.     Der   Augustiner-Konvent 
wurde  vertrieben,   desgleichen  die  minderen  Brüder.     Als  aber 
wieder  ßuhe  eintrat,  kehrten  die  Franziskaner  allein  zurück  nnd 
nahmen  die  leer  gewordenen  Gebäude  der  Augustiner  Chorher- 
ren ein.    Im  Jahre  1333  erwarben  sich  die  Brüder  aiifs  neue  eine 
Bestätigung  von  Seiten  des  Sultans  betreffs  ihres  Besitzes,    und 
Robert  von  Anjou,    König  von  Sicilien  und  Neapel,  und  seine 
Gemahlin  Sancia  sollen  zur  Sicherung  dieses  Besitzes  ungefähr 
17  (?)   Millionen  Goldstücke    dem   ägyptischen  Sultan  im  Jahre 
1342  entrichtet  haben.    Dann  übergab  dieser  Fürst  des  Abend- 
landes ,   der  auch  den  Titel  eines  Königs  von  Jerusalem  führte, 
die  nun  käuflich  erworbenen  heiligen  Stätten  dem  heiligen  Stuhl. 


268 


tler  darauf  seinerseits  von  neuem  den  Franziskanerorden  zum 
Wächter  der  lieiligen  Orte  bestimmte  (Bulle  Xuper  carissimi 
von  Papst  Clemens  VI.,  Avignon  1342  .  In  diese  Zeit  fallt  auch 
die  Kestaurirung  der  von  den  Augustinern  erbauten  Abendmahl- 
saalskirche und  die  Errichtung  eines  Hospizes  und  Hospitales. 
durch  die  Mittel  der  reichen  Sophie  von  Florenz,  einer  grossen 
Wühlthäterin  des  heiligen  Landes. 

Als  jedoch  König  Peter  1.  Lusignan  von  Cypern  im  Jahre 
1365  Alexandrien  belagerte,  -wurden  die  Franziskaner  auf  Befehl 
des  Sultans  ins  Gefängniss  geworfen,  weil  man  sie  für  ^'erräther 
und  Spione  hielt,  und  nur  durch  die  energische  Intervention  der 
Republik  Venedig,  die  einen  Gesandten  nach  Kaii'O  schickte,  au& 
demselben  befreit.  Im  Jahre  1489  wurden  die  Insassen  des  Jere- 
miasklosters .  an  der  Strasse  zwischen  Jafa  und  Jerusalem  ge- 
legen, neun  Väter,  an  einem  Tage  ermordet.  Als  Herzog  Doria 
von  Genua  gegen  die  Türken  einen  siegreichen  Seekrieg  führte, 
mussten  die  fränkischen  Mönche  am  heiligen  Grabe  aufs  neue 
den  Zorn  des  Sultans  erfahren.  Sie  wurden  im  Davidsthurm  zu 
Jerusalem  internirt  und  dann  nach  Damaskus  abgeführt.  Jetzt 
wurden  sie  durch  Franzi.,  König  von  Frankreich,  befreit,  der 
zugleich  einen  Vertrag  mit  Sultan  Soliman  schloss,  kraft  dessen 
gegen  einen  jährlichen  Tribut  von  14  Beuteln  oder  7000  Piastern 
die  heiligen  Stätten  und  das  Recht  ihrer  Obhut  der  Krone  Frank- 
reichs zufallen  sollten. 

Schon  lange  hatten  die  muslimischen  Imame  und  Gläubigen 
daran  Anstoss  genommen ,  dass  hart  am  Grabe  Davids  die  frän- 
kischen Mönche  Avohnten  und  beteten.  Sie  ergriffen  daher  jede 
Gelegenheit,  den  Franken  den  Aufenthalt  im  Abendmahlskloster 
auf  Sion  zu  vergällen  und  ihren  ruhigen  Besitz  zu  stören,  bis  es 
ihnen  endlich  gelang ,  die  Franziskaner  durch  die  Behörden  im 
Jahre  1551  aus  dem  Sionskloster  zu  vertreiben.  Die  Mönche 
Hessen  sich  nun  innerhalb  der  Mauern  Jerusalems  nieder,  wo  sie 
ein  georgisches  Kloster  käuflich  an  sich  brachten,  das  sie  bis  auf 
den  heutigen  Tag  besitzen,    das  St.  Salvatorkloster. 

Im  Jahre  1555  restaurirte  der  Orden  die  heilige  Grabeska- 
pelle, 1557  bekam  er  das  im  Jahre  1365  verlorene  Grabdenkmal 
Mariens  im  Thale  Josaphat  zurück.  Bald  jedoch  sahen  sich  die 
Franziskaner  neuen  Schwierigkeiten  betreffs  der  Behütung  der 
Grabeskirche  gegenüber.    Die  für  die  Türken  unglückliche  See- 


269 


sclilacht  bei  Lepanto  1571  benutzten  die  schismatisclien  Grie- 
chen lind  Armenier,  um  von  dem  Pascha  und  dem  Kadi  von  Je- 
rusalem Besitzrechte  in  der  heiligen  Grabeskirche  zu  erlangen, 
und  die  Juden  wussten  sich  vom  Sultan  Ahmed  1607  sogar  die 
Erlaubniss  zur  Demolirung  des  heiligen  Grabes  zu  verschaffen, 
die  jedoch  durch  den  venetianischen  Gesandten  in  Konstantino- 
pel verhindert  wurde.  Weiter  verlangten  die  Griechen  mit  den 
Armeniern  1611  auch  noch  das  lleiligthum  der  Kirche  zu  Jieth- 
lehem,  die  Geburtsgrotte;  aber  »Sultan  Ahmed  bestätigte  nach 
angestellter  Untersuchung  das  JJesitzrecht  der  Franziskaner ,  die 
man  thörichterweise  beschuldigt  hatte ,  einen  geheimen  Gang 
von  liethlehem  nach  Jafa  gegraben  zu  haben.  Der  Hatti-Scherif 
Osman's  II,,  der  1620  dem  französischen  Gesandten  de  Harley- 
Saucy  eingehändigt  wurde,  erkennt  an,  dass  die  Kirche  zu  Beth- 
lehem seit  alter  Zeit  den  Abendländern  gehöre  und  dass  deren 
Besitztitel  auf  die  Geburts statte  Christi  bis  zu  den  arabischen 
Königen  zurückdatire ,  dass  jedoch  die  Armenier  und  die  ande- 
ren christlichen  Nationen  (Griechen  und  Kopten)  mit  Zustim- 
mung der  Mönche  in  einem  Theile  der  Kirche  (nämlich  im 
Chore,  wie  schon  Avährend  der  Frankenzeit)  eine  besondere  Stätte 
z\i  ihren  gottesdienstlichen  Verrichtungen  besässen. 

Aus  dem  eben  Gesagten  ergiebt  sich,  dass  die  Franziskaner 
jetzt  genöthigt  wurden,  ihre  Aufmerksamkeit  gegen  andere  Geg- 
ner als  bisher  zu  richten.  Während  sie  in  den  ersten  Jahrhun- 
derten nach  den  Kreuzzügen  die  Besitzrechte  der  römisch-katho- 
lischen Kirche  gegen  die  Willkür  muslimischer  Fürsten  und  Be- 
amten vertheidigen  mussten  und  bis  zur  Hingabe  ihres  Lebens 
vertheidigt  haben,  so  werden  seit  dem  Ende  des  16.  Jahrhun- 
derts die  nicht  mit  Rom  geeinten  Griechen,  die  damals  gar  keine 
Besitztitel  aufweisen  konnten,  sondern  nur  Benutzungsrechte 
hatten,  ihre  lebhaften  Gegner.  Sie  benutzten  die  abendländischen 
Wirren  namentlich  während  des  dreissigj ährigen  Krieges  und  die 
türkischen  Angriffe  gegen  Westeuropa ,  um  mit  kluger  Verwer- 
thung  der  ieweiligen  Verhältnisse  und  Personen  die  Franziska- 
net  aus  ihren  Rechten  zu  verdrängen.  Inzwischen  Avar  auch  der 
Schutz  der  Franziskaner  und  der  römisch-katholischen  Reclite 
in  Palästina  von  einer  anderen  Macht  in  Europa  übeniommen 
worden.  Im  Mittelalter  hatten  die  Republiken  Venedig  und  Ge- 
nua das  Recht  der  katholischen  Angelegenheiten   am  Mame- 


270 

lukenhofe  zu  Kairo  vertreten.  ^vUlireiid  die  deutscheu  Kaiser  sich 
nur  vorübergeheud  \iiu  den  Rechtshestand  der  katholischen 
Kirche  im  Orient  kümmerten  und  sich  mehr  auf  das  Gebiet  des 
Ahuosenspendens  beschränkten,  worin^  sie  Avohl  Königliches  ge- 
leistet haben.  Seit  dem  16.  Jahrhundert  Mar  dagegen  Frank- 
reich als  An-\valt  und  Beschützer  der  heiligen  Orte  aufgetreten 
mid  Hess  es  an  Verhandlungen  darüber  mit  der  Pforte  nicht  feh- 
len. So  erneuerte  Ludwig  XIV.  1673  durch  einen  Vertrag  mit 
derselben  das  Schutzrecht  über  das  heilige  Land  und  erwirkte  in 
Artikel  33  dieses  A'ertrages  die  Bestätigung  aller  Besitzungen  der 
Franziskanermönche  in  und  ausser  Jerusalem. 

Auch  Kaiser  Leopold  L  ergriff  bei  Schliessung  des  Karlo- 
witzer  Friedens  im  Jahre  1699  die  Gelegenheit,  in  dem  Friedens- 
instrument den  künftigen  ruhigen  Besitz  der  heiligen  Orte  sich 
versprechen  zu  lassen,  und  der  österreichische  Gesandte  in  Kon- 
stantinopel erlangte  1700  den  Erlass  eines  Fermans.  welcher  den 
Christen  in  Palästina  die  freie  Ausübung  ihrer  Religion  und  den 
Franziskanern  ihre  Besitzrechte  bestätigte. 

Trotzdem  erneuerten  die  Griechen  ihre  ^'ersuche ,  an  Ort 
und  Stelle ,  nämlich  in  Jerusalem  und  im  heiligen  Lande,  selbst 
Thatsachen  zu  schaffen,  durch  welche  die  Bestimmungen  dieser 
^'ertrage  aufgehoben  würden.  Es  half  nichts ,  dass  der  franzö- 
sische Gesandte  bei  der  Pforte  die  Forderung  erhob,  es  solle  der 
entzogene  Besitz  den  Lateinern  zurückgegeben  werden.  Seit  dem 
Jahre  1759  gingen  die  Griechen  immer  erfolgreicher  vor  und 
wussten  den  Grosswesir  Eaghib  Pascha  zu  bewegen,  dass  er  ihnen 
den  weitaus  grösseren  Theil  der  Grabeskirche ,  die  Marienkirche 
zu  Bethlehem  und  einen  der  drei  Schlüssel  zur  Geburtsgrutte 
zusprach.  Zuletzt  benutzten  sie  die  sehr  günstige  Gelegenheit 
des  Ikandes  der  Grabeskirche  im  Jahre  ISOS,  um  durch  Besor- 
gung des  Neubaues  alleinige  Eigenthümer  des  Gotteshauses  zu 
werden  ^) . 


1)  Näheres  über  die  einschlagenden  Urkunden  und  Kechtsfragen  bei 
Eigen  Boue  ,  Question  des  lieux  saints.  Doch  fehlt  es  zur  Zeit  noch  an 
einer  zuverlässigen  kritischen  Darstellung  dieser  Verhältnisse.  Vgl.  ausser- 
dem T.  TOBLEK  in  den  AVerken  :  Golgatha,  Bethlehem,  und  Topographie  von 
Jerusalem  I,  331  ff.  Seine  geschichtlichen  Angaben  stimmen  nicht  immer  mit 
den  obigen  überein.     Anm.  d.  Kedactionj. 


•271 

Die  bisherige  Schutzmacht  der  römisch-katholischen  Inter- 
essen im  Orient  stand  diesem  Ereigniss  gleichgültig  gegenüber. 
Wiihrend  noch  der  französische  Nationalconvent  1793  das 
Schutzrecht  nicht  aufgab,  ja  einen  gewissen  Werth  daraiif  legte, 
zog  Napoleon  I.  in  geringer  Entfernung  an  Jerusalem  vorüber 
imd  vergass  es  völlig,  die  französische  Schutzherrschaft  durch 
seinen  Gesandten  Sebastiani  in  Konstantinopel  mit  dem  nöthigen 
Nachdruck  ausüben  zu  lassen.  Besonders  zeigt  jedoch  der  soge- 
nannte »verkehrte  Kreuzzug«  des  Jahres  1S40,  durch  den  euro- 
päische Mächte  den  Türken  das  heilige  Land  von  Ägypten  zu- 
rückeroberten ,  wie  gering  das  Interesse  der  Mächte  des  Abend- 
landes für  die  Angelegenheiten  der  römisch-katholischen  Kirche 
in  Palästina  geworden  war.  Damals  wäre  die  beste  Gelegenheit 
gewesen,  die  alten  Besitzrechte  erneuern  zu  lassen ;  aber  es  ge- 
schah nichts. 

Längst  war  auch  der  Einfluss  einer  anderen  europäischen 
Macht  auf  Palästina  mächtig  geworden.  Im  Frieden  von  Kut- 
schuk  Kainardsche  hatte  sich  llussland  von  der  Pforte  das  \ei- 
sprechen  des  Schutzes  der  christlichen  Eeligion  und  der  christ- 
lichen Kirchen  im  heiligen  Lande  geben  lassen,  und  Alexan- 
der I.  wurde  von  Napoleon  I.  in  keiner  Weise  gehindert,  die 
russischen  Verbindungen  mit  Palästina  enger  zu  knüpfen.  Die 
Entstehung  des  Krimkrieges  beweist  hinlänglich,  Avelchen  Werth 
Russland  seiner  Stellung  im  heiligen  Lande  beilegte,  da  ja  unter 
den  Ursachen  desselben  das  Verlangen  nach  dem  Ih'otektorat 
über  die  orientalischen  Christen  und  nach  der  Auslieferung  des 
Schlüssels  zur  Grabeskirche  nicht  wenig  ins  Gewicht  fiel.  Wenn 
auch  der  Pariser  Friede  185G  das  von  Russland  erstrebte  Resul- 
tat nicht  brachte,  so  übernahm  doch  seine  Regierung  immer 
deutlicher  die  Traditionen  der  griechischen  Kirche.  Russlands 
Stimme  hat  einen  grossen  Einfluss  auf  die  Besetzung  des  grie- 
chischen Patriarchats  in  Jerusalem ,  und  bei  der  letzten  Restau- 
ration der  grossen  Kuppel  über  dem  heiligen  Grabe  ISüS  und 
1869  hat  Russland  im  Vereine  mit  Frankreich  die  erforderliche 
Verständigung  mit  der  Pforte  herbeigeführt,  ist  als  ]')auherr  zu- 
gelassen worden,  tritt  seitdem  als  Besitzer  auf  und  muss  in 
Rechtsstreitigkeiten  gehört  werden.  Die  Plünderung  der  Ge- 
burtsgrotte in  Bethlehem  1873  sollte  ebenfalls  von  den  Griechen 
zur  Ausdehnung   ihres    Besitzes    heiliger    Stätten    in  Palästina 


272 


benutzt  werden,  aber  Frankreich  verfocht  damals  durch  semen 
Botschafter  bei  der  hohen  Pforte,  den  Grafen  Melchior  de  Vo- 
güe.  den  bekannten  Palästinaforscher ,  die  Rechte  der  Lateiner 
Hl  einer  so  energischen  Kechtssprache ,  dass  er  mit  Erfolg  den 
entgegenstehenden  Bestrebungen  gegenübertrat.  Durch  den 
Berliner  Kongress  1S7S,  der  sich  zwar  mit  der  Frage  der  hei- 
ligen Stätten  in  Palästina  nicht  zu  beschäftigen  hatte,  ist  gleich- 
wohl darüber  die  Bestimmiuig  getroffen  w'orden  ,  dass  einstwei- 
len nichts  untersucht  und  nichts  geändert  werden ,  dass  alles  in 
dem  jetzigen  Status  quo  verbleiben  solle. 

Die  heilige  Grabeskirche  oder  richtiger  nach  orientalischer 
Ausdrucksweise  die  Aviferstehungskirche  :  griechisch  »Anastasis«, 
in  der  arabischen  Landessprache  nketüset  el-kijamev.)  ist  in  recht- 
licher Beziehung  eine  Simultankirche  ganz  eigener  Art,   wie  es 
keine  zweite  in  der  Christenheit  giebt.    Der  Islam  erkennt  an, 
dass  die  Kirche  ein  Eigenthum  der  gesammten  Christenheit  ist 
^ich  erinnere  nur  an  den  Ferman  des    Chalifen  Omar),   doch  be- 
ansprucht der  Sultan  als  Landesherr  nach  türkischer  Eechtsan- 
schauung  den  Boden    unter   der  Kirche ,    sowie   die  Luft  über 
derselben ,   und   hat  auf  Grund  dieser  Anschauung  und  gewiss 
auch,  um  von  dem  Eifer  der  Christen  Nutzen  zu  ziehen,  zu  allen 
Zeiten  einen  mehr  oder  minder  schweren  Eintrittstribut  erhoben. 
Seit  der  vorübergehenden  ägyptischen  Herrschaft  unter  Ibrahim 
Pascha  von  1832  bis  1840  sind  die  ehemals  grossen  Abgaben  für 
die  Pilger  abgeschaflFt,    obwohl  die  Schlüssel  zur  Grabeskirche 
noch  bis  zum  heutigen  Tage  in  den  Händen  der  Muslimen  sind. 
Nur  die  drei  Haupteigenthümer  der  Kirche ,   die  drei  privilegir- 
ten  christlichen  Konfessionen  in  Jerusalem,  nämlich  die  Lateiner 
(im  Oriente  versteht  man  darunter  immer  die  römisch-katholische 
Kirche  ,  die  (schismatischen    Griechen  und  die  (schismatischen) 
Armenier  haben  das  Recht  zu  verlangen,   dass  die  Pforten  der 
Kirche  sich  öffnen.     Wer   also  Einlass  in  die  Kirche  begehrt, 
rauss  die  Yermittelung  einer  der  drei  Konfessionen  nachsuchen, 
respektive  sich  an  die  Klostervorstände  wenden ,   damit  die  tiir- 
kischen  Wächter  die  Thore  öffnen  *).     Man    unterscheidet  drei 

1)  Diese  Bestimmung  scheint  mehr  in  der  Theorie  als  in  der  Praxis  zu 
bestehen.  Wenigstens  habe  ich  im  Sommer  1881  die  Grabeskirche  besucht, 
ohne  auf  dieselbe  aufmerksam  gemacht  zu  werden.    Musste  meinetwegen  die 


273 

Arten  von  Aperturen.  Die  unbedeutendste,  wobei  ein  Thortiii- 
f/el  und  dieser  auch  nur  zur  Hälfte  geöffnet  Avird ,  dauert  eine 
lialbe  Stunde  und  kostet  nur  einige  Piaster.  l>ei  der  mittleren 
Apertur  wird  der  eine  ThorÜügel  ganz  ,  und  zwar  drei  Stunden 
lang  geöffnet.  Die  Taxe  beträgt  schon  fünf  bis  sechs  Franken ; 
ausserdem  pflegen  den  Wächtern  einige  Schalen  Kaffee  gereicht 
zu  werden.  Bei  der  grossen  Apertur,  die  nur  selten  bei  grossen 
Feierlichkeiten  stattfindet,  werden  beide  Thorflügel  vollständig 
und  fast  für  einen  halben  Tag  geöffnet.  Bei  dieser  Gelegenheit 
erscheinen  die  Wächter  in  Festkleidern.  Das  Bachschisch  be- 
läuft sich  schon  auf  wenigstens  zwei  Goldstücke  Xapoleonsd'or). 
Während  der  Winterszeit,  bei  grossem  Pilgerverkehr,  ist  die 
Kirche  fast  jeden  Tag  geöffnet,  indess  zur  Sommerszeit  oft  tage- 
lang geschlossen. 

Ausser  den  schon  erwähnten  drei  privilegirten  Konfessionen 
kommen  noch  drei  unbedeutende  in  Betracht,  nämlich  die  Kop- 
ten, die  syrischen  Jakobiten,  und  endlich  die  Abessinier,  welche 
sämmtlich  Anhänger  des  Monophysitismus  sind.  Auch  sie  haben 
gewisse  Rechte  in  der  Grabeskirche ,  so  dass  sich  heute  iusge- 
sammt  sechs  christliche  Konfessionen  in  den  Besitz  der  heiligen 
Grabeskirche  theilen.  Man  unterscheidet  jedoch  zwischen  ge- 
meinsamem Besitz,  Einzelbesitz  oder  ausschliesslichem  Besitz- 
recht, und  Benutzungsrecht  zu  Kultus  Verrichtungen.  Mit  dem 
Besitzrechte  ist  das  Recht  der  Reparatur  dem  Grundsatze  nach 
verbunden ;  die  Ausübung  desselben  wird  aber  bei  jenen  Thei- 
len, auf  welche  mehrere  Konfessionen  Anspruch  haben  oder 
auch  nur  Anspruch  machen,  nicht  selten  verhindert.  In  solchen 
Fällen  tritt  nun  die  Wichtigkeit  der  Franziskaner-Kustodie  und 
des  Schutzrechtes  des  französischen  Konsuls ,  als  Vertreters  der 
französischen  Regierung,  deutlich  hervor.  Im  Einzelnen  gestal- 
tet sich  die  Sache  folgendermasscn :  Wird  in  einem  gemeinsa- 
men Besitzraume,  sei  es  in  der  heiligen  Grabeskirche  oder  in  der 
Geburtskirche  zu  Bethlehem ,  ein  Bild  oder  eine  Tapete  schad- 
haft, ein  Thürschloss  unbrauchbar,  oder  möchte  ein  Spender  eine 

Thür  besonders  geöffnet  werden,  so  wurde  ich  beim  Hinausgehen  allerdings 
um  ein  Bachschisch  ersucht,  das  ich  auch  ohne  weiteres  zahlte.  Die  Vormitte- 
lung einer  der  drei  oben  genannten  Konfessionen  wurde  nicht  von  mir  gefor- 
dert; ob  vielleicht  aus  persönlicher  Gefälligkeit  gegen  mich,  vermag  ich  nicht 

H.  GUTIIE. 


274 


neue  Lampe  irgeudwu  anbringeii,  so  dürfen  solche  an  sich  gering- 
fiigige  Ändenmgen  oder  Neuerungen  nur  nach  gemeinsamem  Ein- 
vernehmen vorgenommen  werden  und  zwar  unter  der  liedinginig, 
dass  im  wesentlichen  die  Einrichtung  der  betreffenden  hei- 
ligen .Stätte  dieselbe  bleibt  wie  früher.  Die  Änderungen  dürfen 
nur  accidentielle  sein  und  der  Status  quo  ante  muss  vom  franzö- 
/ösischen  Konsul  nach  der  Besichtigung  beglaubigt  werden. 
^^'ürden  n\ni  die  Franziskaner-Kustoden  solche  Änderungen  un- 
beachtet lassen  und  der  französische  Konsul  seines  Schutzamtes 
nicht  walten,  so  könnten  nach  und  nach  vielleicht  die  Anrechte 
der  Lateiner  aufs   neue  geschmälert  werden. 

Im  gemeinsamen  Besitz  der  genannten  Konfessionen 
sind  folgende  Theile  der  heiligen  Grabeskirche :  das  heilige 
Grab  und  die  Grabkapelle,  der  Fussboden  der  Grabrotunde,  die 
Kiii)pel  über  derselben,  der  Salbungsstein,  das  Hauptportal,  die 
Kirchenzisterne,  einige  Nebenräume  und  Gänge.  Den  Grie- 
chen gehört  ausschliesslich  zunächst  der  schönste  und  geräu- 
migste Theil  der  Kirche,  das  Katholiken  sammt  dem  Hagion  mit 
der  zweitgrössten  Kuppel  darüber,  ferner  der  nördliche  und  süd- 
liche Kreu/arm  der  Kirche  und  die  daran  sich  anschliessenden 
drei  Kapellen ;  auf  Golgatha  die  Kreuzigungskapelle  und  die 
Adamskapelle  :  endlich  der  grösste  Theil  der  unteren .  mittleren 
und  obersten  Kuppelgalerien.  Den  Lateinern,  im  speciellen 
Sinne  gesprochen  den  Franziskanern  gehört  ausschliesslich 
auf  Golgatha  die  Kreuzannagelungskapelle  sammt  dem  Altare  der 
schmerzhaften  Mutter  in  der  Mitte  und  der  ausserhalb  Golaratha 
angebauten  Marienkapelle,  ferner  die  Magdalenenkapelle ,  die 
Erscheinungskapelle .  die  zugleich  dem  Franziskaner-Orden  als 
Chorkapelle  dient  und  der  einzige  Ort  ist,  an  dem  das  allerhei- 
ligste  Sakrament  aufbewahrt  Averden  kann,  ferner  die  Kreuzauf- 
ündungskapelle  und  ein  Theil  der  Kujjpelgalerien. 

Die  Armenier  besitzen  ausschliesslich  nur  einen  Theil  der 
Kuppelgalerien  und  einige  Nebenräume.  Die  Kopten,  Syrer 
und  Abessini  er  besitzen  je  eine  Kapelle.  Eine  zweite  grössere 
Kapelle,  die  architektonisch  sehr  merkwürdige  sog.  Helenakirche, 
gehört  ebenfalls  den  schwarzen  Abessiniern,  aber  sie  haben  we- 
gen ihrer  Armuth  gegen  täglich  gelieferte  Viktualien  das  Be- 
nutzungsrecht den  Armeniern  überlassen.  Nur  die  drei  privile- 
girten  Konfessionen   haben   das  Recht,   auch   solche  Stationen, 


275 

welche  ihnen  nicht  gehören,  in  feierlicher  Prozession  zu  besn- 
chen  und  in  l'aramenten  zu  incensiren.  Die  drei  nicht  privile- 
girten  Konfessionen  haben  dieses  Kultus-Heniitzungsrecht  nicht, 
anch  nicht  das  Recht  zu  feierlichen  l'rozessionen,  jedoch  ist  es 
ihnen  gestattet,  sich  an  eine  andere  privilegirte  Prozession  anzu- 
schliessen. 

Diese  jetzt  bestehenden  Rechtsverhältnisse  in  den  erwähn- 
ten Kirchen  von  Jerusalem  nnd  liethlehem  sind  als  Thatsachen 
zu  betrachten,  welche  durch  Zeit  und  Umstände  herbeigeführt 
wurden,  und  müssen  einstweilen  als  solche  berücksichtigt  wer- 
den. 8ie  werden  jedoch  von  den  einzelnen  Konfessionen  gröss- 
tentheils  nicht  als  principiell  rechtsgiltig  anerkannt ;  darum  giebt 
es  nicht  selten  Anlass  zum  Streit  darüber,  namentlich  zwischen 
Griechen  und  Lateinern,  Avobei  die  ersteren  sich  darauf  zu  be- 
rufen pflegen,  dass  sie  als  Vertreter  der  orthodoxen  Landeskirche 
die  natürlichen  Eigenthümer  der  christlichen  Gotteshäuser  seien. 
Auch  weisen  sie  auf  die  türkischen  Fermane  hin,  obwohl  sie  zu- 
geben, dass  dieselben  jüngeren  Datums  sind  als  die  den  Katholi- 
ken (Franziskanern)  ausgestellten.  Da  aber  der  massgebende  Theil 
des  griechischen  Klerus  von  hellenischer  Abkunft  ist  und  nur 
der  Landklerus  zu  der  eingeborenen  Bevölkerung  zählt,  so  ist 
auch  die  Behauptung  des  Indigenates  nicht  über  allen  Wider- 
spruch erhaben ,  zumal  da  es  sich  in  dieser  Beziehung  mit  den 
Gliedern  der  römisch-katholischen  Kirche  ähnlich  verhält. 

Welchen  Werth  hat  es  nun  für  die  katholische  Kirche,  im 
Besitze  der  heiligen  Stätten  zu  sein?  Es  ist  gewiss  ein  idealer 
Werth  für  den  Christen,  wenn  jene  Orte,  die  in  mittelbarer  oder 
unmittelbarer  Beziehung  zu  dem  Welterlöser,  seiner  jungfräu- 
lichen Mutter  und  den  heihgen  Aposteln  standen,  auf  eine  des 
Christen thums  würdige  Weise  verehrt  Averden.  Ferner  war  die 
katholische  Kirche  einst  allein  im  Besitze  dieser  Stätten  und  der 
darüber  sich  erhebenden  Gotteshäuser,  und  dieses  historische, 
freilich  oft  beschränkte,  aber  auch  Avieder  bestätigte  Recht  kann 
sie  nicht  fahren  lassen.  Endlich  liat  der  Besitz  der  heiligen  Orte 
auch  einen  besonderen  praktischen  Werth.  Denn  diejenige 
Kirche,  die  in  ihrem  Besitze  ist,  bekommt  in  den  Augen  des 
Volkes  —  Volk  hier  im  weitesten  Sinne  des  Wortes  verstanden  — 
allgemeines  Ansehen  und  erbringt  dadurch  zum  Theil  den  Be- 
weis der  geschichtlichen  Continuität  mit  der  christlichen  Vrzeit. 


276 

Diese  drei  Gründe  bewirken,  dass  man  auf  die  Kustodie ,  d.  i. 
auf  die  Wacht  an  den  heiligen  Stätten.  Werth  legt  und  legen 
wird.  Die  Erlangung  alles  einstigen  Besitzes  der  katholischen 
Kirche  freilich  muss  jedem  näheren  Kenner  orientalischer  Ange- 
legenheiten, speciell  dieser  verwickelten  Frage  in  Betreff  der  hei- 
ligen Stätten,  als  unmöglich  erscheinen. 


II.     Die   gegenwärtigen  Verhältnisse  und 
Institutionen. 

Seit  der  Vertreibung  der  Kreuzfahrer  aus  Palästina  und  der 
unbeschränkten  Wiederherstellung  der  Herrschaft  des  Islam 
konnte  von  einer  Entfaltung  der  katholischen  Missionsthätigkeit 
Jahrliunderte  laug  keine  Hede  sein.  Nur  der  ehrwürdige  Orden 
des  heiligen  Franziskus  übte  innerhalb  der  ihm  angewiesenen 
engen  Grenzen  unentwegt  die  Kustodie  an  den  heiligen  Stätten 
und  bei  den  verhältnissmässig  sehr  wenig  eingebornen  Katho- 
liken die  pfarrlichc  und  seelsorgliche  Thätigkeit.  Es  gab  wäh- 
rend jener  Zeit  drei  grössere  katholische  Gemeinden,  nämlich 
Jerusalem,  l^ethlehem  und  Nazareth,  und  vier  kleinere  :  Jafa  am 
Meere,  Kamle.  St.  Johann  und  Akko.  Da  sich  nun  im  19.  Jahr- 
hundert die  politischen  und  socialen  Verhältnisse  in  Palästina 
wesentlich  zum  Bessern  wandten,  so  wurde  der  langgehegte  und 
ersehnte  Winisch  des  heiligen  Stuhles  in  Ausführung  gebracht, 
das  seit  den  Kreuzzügen  unterdrückte  lateinische  Patriarchat  in 
Jerusalem  wieder  zu  errichten.  Nachdem  der  päpstliche  Prälat  von 
Agosto  Foscolo  auf  die  Titular-Patriarchalwürde  Verzicht  gelei- 
stet hatte,  ernannte  Pius  IX.  in  dem  geheimen  Consistorium  vom 
4.  October  1S47  den  Weltpriester  Joseph  ^  alerga  aus  Genua, 
welcher  sich  viele  Verdienste  als  Missionär  in  Syrien,  Mesopota- 
mien und  Persien  erworben  hatte,  zum  wirklichen  Patriarchen 
von  Jerusalem.  Im  Januar  des  Jahres  1848  zog  der  neue  Pa- 
triarch in  die  heilige  Stadt  ein ,  und  damit  hat  die  katholische 
Missionsthätigkeit  in  Palästina  ihre  neueste  Entwickelung  begon- 
nen. Ihre  Ilauptzweige  sind  folgende :  1)  die  Kustodie  der 
heiligen  Stätten.  Sie  erstreckt  sich  auf  Erhaltung  der  Kir- 
chengebäude über  den  heiligen  Stätten ,  auf  die  Feier  des  Got- 
tesdienstes,  die  Ikschützung  der  Gotteshäuser  vor  Verunehrung 


277 


und  Rechtsverletzung;  2)  die  Hospitalität:  geistige  und 
materielle  Sorge  für  die  Reisenden  und  Pilger,  zumal  der  ärme- 
ren Klassen;  3)  die  katholische  Mission  im  eigentlichen 
Sinne  des  Wortes ,  soAvohl  die  kirchliche  organische  Seelsorge 
unter  den  eingebornen  Katholiken,  als  auch  die  Verbreitung  des 
Christenthums  unter  den  Andersgläubigen.  Für  diese  Mission 
sind  im  Stande  zu  halten:  Pfarrkirchen,  Wohnungen  für  den 
Klerus  (Patriarchalgebäude,  Klöster.  Missionshäuser).  Seminare, 
Schulen,  Waisenhäuser,  Armenhäuser  und  Spitäler. 

Die  Faktoren,  welche  dermalen  im  Dienste  der  katholischen 
Kirche  in  Palästina  arbeiten,  sind  folgende: 

A.  Der  Weltklerus,  an  dessen  Spitze  der  Pa- 
triarch der  Diöcese  Pal  ästina-Cypern.  Die  Diöcese  er- 
streckt sich  auf  das  eigentliche  heilige  Land,  nämlich  auf  das 
einstige  Judäa,  Samaria,  Galiläa  und  Peräa,  und  hat  als  Appen- 
dix die  Insel  Cypern,  AA'elche  aber  nur  drei  katholische  Gemein- 
den, Larnaca,  Limasol  und  Nicosia,  zählt,  unter  denen  der  Fran- 
ziskaner-Orden die  Seelsorge  ausübt  und  nur  ein  Weltpriester  als 
Patriarchal-Vicar  mit  dem  Sitz  in  Larnaca  anwesend  ist.  Mehr 
als  vier  Fünftel  der  heutigen  halben  Million  l^ewohner  Palästi- 
na's  bekennen  sich  zum  Islam,  so  dass  sich  nur  ungefähr  80  000 
Seelen  auf  Juden  und  Christen  der  verschiedenen  Confessionen 
vertheilen.  Man  rechnet  25  000  Juden,  davon  die  Hälfte  in  der 
Stadt  Jerusalem;  34  000  nicht  unirte  (schismatische  Griechen; 
1000  Armenier;  2000  Angehörige  der  verschiedenen  protestan- 
tischen Konfessionen  und  altorientalischen  Sekten  (Kopten,  Ja- 
kobiten  und  Abessinier) ;  18  000  Katholiken,  davon  12  000  latei- 
nischen und  6000  griechischen  Ritus i). 

Was  die  nationale  Abstammung  der  Katholiken  der  Diöcese 
Jerusalem  betrifft,  so  sind  sie  theils  Nachkommen  der  alten  Sy- 
rer, theils  Abkömmlinge  der  Kreuzfahrer,  die  durch  vereinzelte 
Einwanderung  aus  Europa  vermehrt  wurden.  Die  einzelnen  In- 
stitutionen des  Weltklerus  sind  nun : 

1)  Die  Konkathedralkirche   zum   heiligsten  Na- 

1)  Im  angrenzenden  Syrien  ist  die  Anzahl  der  Katholiken  eine  ungleich 
grössere,  da  allein  die  ganze  katholische  Nation  der  Maroniten  200  000  Seelen 
zählt  und  dazu  noch  die  griechisch -melkitische  katholische  Bevölkerung 
kommt,  die  sehr  bedeutend  ist. 


278 

men  Jesu^'.  Ein  dreischiffig  gothischer  Bau  mit -wertlivollem 
Hochaltar,  der  ein  Geschenk  Sr.  Majestät  des  Kaisers  Franz  Jo- 
sephs I.  ist  2). 

2)  Das  Patriarchalgebände  neben  der  Kirche.  Der 
dermalige  Patriarch  Monsignore  Yincenzo  Eracco ,  geb.  1835  zu 
Torazzo.  Diöcese  Albenga  in  Sardinien,  hat  seit  1*73  den  Pa- 
triarchenstuhl inne.  An  der  Seite  des  Patriarchen  sind  acht 
Domherren  thätig,  theils  zum  Dienst  an  der  Kirche,  theils  in  der 
Diücesan- Verwaltung,  theils  als  Professoren  im  Klerikal-Semi- 
nar.  Den  Kanonikern  ist  bis  jetzt  noch  keine  fixe  Präbende  zu- 
gewiesen, sie  leben  mit  dem  Patriarchen  gemeinsam  von  den  frei- 
Avilligen  Gaben  der  Missionsvereine  in  Europa. 

3)  Das  Klerikal-Seminar.  Die  Zahl  der  Zöglinge  be- 
trägt durchschnittlich  24  unter  sechs  Professoren.  Die  Zöglinge 
werden  mit  1 1  Jahren  aufgenommen.  Es  wird  ihnen  daher  der 
niedere  humanistische  vmd  der  höhere  -philosophisch-theologi- 
sche Unten-icht  zu  tlieil.  Zur  Winterszeit  befinden  'sich  die  Se- 
minaristen zu  Jerusalem,  im  Sommer  im  Pfarrhofe  des  Dorfes 
lietdschäla  bei  Jerusalem ,  Avelches  Gebäude  auch  dem  Patriar- 
chen als  Sommerresidenz  dient. 

4;  ]M|issionspfarren.  Ihre  Zahl  beträgt  20;  davonkom- 
men auf  Judäa:  Ketdschäla,  Betsahür,  Ramallah,  et-Taijibe, 
KafrMälik,  'Ain  'Arik,  Dschifna,  Bir  ez-zet,  Gaza;  auf  Samaria: 
Näbulus  (Sichem)  ,  Räfidije ,  Zabäbde ;  auf  Galiläa :  er-Rene, 
Jäfa,  Schefa-'Amr;  aufPeräa:  es-Salt,  EfFeis,  Ermemin.  Me- 
deba,  Kerak.  Ausserdem  ist  ein  Weltpriester  in  Akko  als  Patri- 
archalvikar  angestellt,  um  die  Interessen  der  katholischen  Bevöl- 
kerung bei  der  türkischen  Regierung  zu  vertreten,  und  ein  eigener 
Kaplan  im  Frauenkloster  zu  Nazareth.  An  14  Missionsstationen 
sind  Knabenschulen,  an  1 1  Stationen  Mädchenschulen  errichtet. 
Zu  Xabulus  und  Ramallah  ist  mit  der  Pfarre  ein  kleines  Pilger- 
hospiz verbunden. 


1,  Die  eigentliche  Kathedralkirche  ist  der  Grabesdom,  welcher  als  einst- 
weilige Simultankirche  nicht  immer  für  den  Patriarchen  zugänglich  ist. 

2;  Im  Grabesdom  wird  an  drei  Tagen  des  Jahres,  Gründonnerstag,  Oster- 
fest und  Frohnleichnam  ein  sehr  kostbarer  silberner  Altar  vor  dem  heiligen 
Grabe  errichtet  zur  Celebrirung  des  Hochamtes ;  auch  dieser  Altar  ist  ein  Ge- 
schenk der  erlauchten  habsburgischen  Dynastie,  nämlich  Karl's  VI. 


279 

5)  Das  Waisenhaus  zu  Bethlehem,  gegründet  1S64 
vom  Kanonikus  Antonio  JJelloni,  mit  100  internen  Zöglingen. 
Die  Elementarschule  wird  auch  von  160  Externen  hesucht. 
Ausser  dem  Schulunterricht  werden  die  Zöglinge  auch  in  ver- 
schiedenen Handwerken  ausgebildet.  In  der  Abendschule  befin- 
den sich  30;  desgleichen  auch  30  Jünglinge  in  dem  sonntäglich 
sich  versammelnden  Jünglingsvereine.  Lehrkräfte:  Direktor  Ka- 
nonikus A.  Belloni  mit  fünf  Priestern  und  mehreren  Laienbrü- 
dern von  der  St.  Josephs-Kongregation  als  Werkmeistern  und  vier 
Klosterfrauen  von  der  St.  Josephs-Kongregation  zur  Besorgung 
des  Hauswesens. 

6)  Ackerbaukolonie  und  Ackerbauschule  zu  Bet- 
Dschimäl,  ebenfalls  vom  Kanonikus  Belloni  gegründet,  als  Er- 
gänzung des  vorhergenannten  Institutes.  Das  Kolonialgebiet, 
das  theils  von  einigen  katholischen  Familien,  theils  von  den 
50  Zöglingen  der  Anstalt  bebaut  wird,  beträgt  12  Kilometer  im 
Umfange  oder  900  Hektar  Fläche,  welcher  Grundkomplex  um 
eine  ganz  unbedeutende  Summe  von  den  arabischen  Fellachen 
(Bauern)  erstanden  wurde.  Es  sind  aber  erst  etwas  über  200 
Hektar  kultivirt,  davon  157  Hektar  Getreidefeld,  30  Hektar  Oli- 
venpflanzung, 7  Hektar  verschiedene  Fruchtbäume,  3  Hektar 
Gemüsegarten ,  1  Hektar  Weingarten.  Mit  jedem  Jahre  werden 
die  Kulturen  erweitert.  Direktionspersonal  der  Kolonie  und 
Schule  sind  zwei  Weltpriester,  mehrere  Laienbrüder .  fünf  Öko- 
nomen und  vier  Laienschwestern. 

Der  Personal-Status  des  gesammten  Diöcesan-Weltklerus 
lautet  also  auf  46  Priester;  davon  sind  24  Europäer,  22  Einge- 
borne. 

B.  DerFranziskanerorden.  Die  Franziskaner-Ordens- 
provinz unter  dem  Titel  »Kustodie  des  heiligen  Landesa  erstreckt 
sich  auf  Palästina,  Cypern,  Lnterägypten,  Syrien  und  Südar- 
menien. In  dieser  grossen  Ordenspro\inz  besitzt  der  Orden  43 
Häuser  mit  den  zugehörenden  Kirchen  und  Kapellen  und  zählt 
350  Mitglieder  (Priester  und  Laienbrüder).  Auf  das  heihge  Land 
im  eigentlichen  Sinne  kommen  aber  nur  1 1  Häuser  mit  Kirchen 
und  Kapellen  und  der  entsprechenden  Mitgliederanzahl. 

Au  folgenden  Orten  üben  die  Patres  Franziskaner  die  Ku- 
stodie heiliger  Stätten:  1.  zu  Jerusalem:  a)  am  heiUgen  Grabe 
selbst  nur  participirend  mit   den  akatholischen  Konfessionen; 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VII.  19 


2S0 

b)  selbstständig  aber  sind  sie  im  Besitze  von  fünf  Kapellen  in  der 
Grabeskirche .  inid  zwar  der  Golgatha-,  Mater  dolorosa-,  Mag- 
dalena-. Maria-Erscheinimgs-  und  Kreuzauffindnngs-Kapelle  i) ; 

c)  in  der  Agoniegrottenkapelle,  seit  1392  im  ausschliesslichen 
Besitze  des  Franziskanerordens  mit  dem  Garten  Gethsemane 
(MarmoiTelief  von  Torricelli,  dem'  Lehrer  Canova's) ;  d)  in  der 
Geisselungskapelle,  erbaut  von  Herzog  Maximilian  von  Baiern 
183S.  2)  Zu  Bethlehem:  a)  in  der  Geburtsgrottenkapelle  selbst 
nur  participirend  mit  den  akatholischen  Konfessionen ;  b)  die 
daran  sich  schliessenden  Höhlenkapellen  mit  den  Joseph-,  Paula-, 
Eustochium-,  Hieronymus-,  unschuldigen  Kinder-Altären  sind  im 
ausschliessHchen  Besitze  der  Franziskaner ;  c)  in  der  sogenann- 
ten Milchgrottenkapelle.  3  Zu  St.  Johann  f  Ain  Kärim) :  a)  in 
der  Geburtskirche  des  heiligen  Johannes  des  Täufers ;  b)  in 
der  Maria-Heimsuchungskapelle.  4)  Zu  Emmaus  (el-Kubebe)  in 
der  Abendmahlskirche,  erbaut  von  der  Marquise  Nicolay  aus 
Paris  7  1S68.  5;  Zu  Jafa  am  Meere  in  der  Peterskirche.  6)  Zu 
Ramie  in  der  Josephs-  und  Nicodemuskirche.  7)  Zu  Nazareth: 
a)  in  der  Verkündigungskirche  und  b)  in  zwei  Kapellen :  Mensa 
Christi  und  Werkstätte  St.  Josephs ;  c)  in  der  Marienkapelle  am 
Berge  des  Schreckens;  dj  in  der  Jakobskapelle  zu  Jafa  bei  Naza- 
reth. 8)  Auf  dem  Tabor  in  der  Verklärungskapelle.  9)  Zu  Tibe- 
rias  in  der  Peterskirche,  im  Jahre  1846  restaurirt.  10)  Restaurirt 
Avurden  in  jüngster  Zeit  die  Kapellen  zu  Kafr  Kenna,  zu  Nain 
und  die  Annakapelle  zu  Sepphoris.  11)  In  'Akka ;  dieser  Ort,  in 
der  Bibel  nur  selten  erwähnt,  hat  für  den  Orden  als  erste  Nie- 
derlassung (1219)  im  heiligen  Lande  Wichtigkeit. 

Nur  an  vier  Orten,  nämlich  zu  Jerusalem  1)  das  Salvator- 
kloster  und  2)  das  heil.  Grabkloster,  zu  Bethlehem,  St.  Johann 
und  Nazareth  besitzt  der  Orden  eigentliche  Klöster,  an  den 
übrigen  nur  kleine  Residenzen  von  zwei  oder  drei  Vätern  und 
zwei  Laienbrüdern.  Mit  acht  Ordenskirchen  ist  zugleich  die 
pfarrliche  Seelsorge  verbunden,  nämlich  mit  der  Kloster- 
kirche St.  Salvator  zu  Jerusalem  (Neubau  durch  die  Munificenz 
Sr.  Majestät  des  Kaisers  von  Österreich  Franz  Joseph  I.  ermög- 
licht), zu  Bethlehem,  der  Neubau  ebenfalls  hauptsächlich  durch 

1]  Hier  Marmoraltar  mit  eherner  Statue  der  Kaiserin  Helena,  gewidmet 
vom  österr.  Erzherzog  Ferdinand  Maximilian  1855. 


281 


die  Gabe  des  österreichischen  Kaisers  möglich  gemacht  —  liier 
die  grösste  katholische  Pfarre  in  Palästina  mit  3400  Seelen  —  /n 
St.  Johann,  zu  Jafa,  Ramie,  Nazareth,  "^Akka  und  Kafr  Kenna. 
Mit  diesen  Pfarren  ist  eine  ausgedehnte  Armenpflege  verbunden 
und  an  allen  Ordensniederlassungen  Avird  Hospitalität  für  die 
abendländischen  Pilger  geübt.  An  vier  Orten  werden  die  Volks- 
schulen von  Ordensmitgliedern  selbst  geleitet  oder  wenigstens 
durch  Zuschüsse  unterstützt.  Für  Heranbildung  auch  eines  ein- 
heimischen Ordensklerus  besitzt  der  Orden  eine  niedere  und 
höhere  Ordenslehranstalt.  Im  Salvatorkloster  zu  Jerusalem,  wo 
die  verschiedenen  Handwerke  von  Laienbrüdem  zum  Nutzen 
des  Ordens  geübt  werden,  und  auch  eine  Buchdruckerei  ein- 
gerichtet ist ,  wird  auch  Eingebomen  Arbeit  und  Erwerb  ver- 
schafft. 

Wenn  von  der  kirchlichen  Behörde  die  Erlaubniss  gegeben 
wird ,  eine  Kirche  oder  eine  Kapelle  an  einem  Orte  zu  erbauen, 
der  seit  langer  Zeit  als  Stätte  einer  Begebenheit  aus  der  heiligen 
Geschichte  genannt  wird,  so  genehmigt  die  Kirche  zunächst  nur 
den  religiösen  Cultus  des  göttlichen  Heilandes,  an  den  der  gläu- 
bige Christ  durch  das  mit  diesem  Orte  verknüpfte  Ereigniss  er- 
innert wird.  Die  historische  Authentie  der  Stätte  hängt  von 
der  mehr  oder  minder  starken  Beweiskraft  der  archäologisch-to- 
pographischen und  historisch-traditionellen  Argumente  ab.  Wenn 
an  mehreren  Cultusstätten  Gedenktafeln  angebracht  sind  mit  den 
Worten  »hie«,  d.  i.  hier,  und  »hoc  loco«,  d.  i.  an  diesem  Orte,  so 
soll  dadurch  nicht  der  Ort  des  betreffenden  Ereignisses  mit  ma- 
thematischer Genauigkeit  angegeben ,  sondern  es  soll  gewisser- 
massen  die  Aufmerksamkeit  des  Besuchers  auf  das  Ereigniss 
gelenkt  werden,  zu  dessen  Gedächtniss  das  Kirchengebäude 
errichtet  worden  ist. 

C.  Der  Karmeliterorden.  Auf  dem  westlichen,  steil 
ins  Meer  sich  senkenden  Gipfel  des  Karmel  ist  die  Stätte  des 
ältesten  Karmelklosters  der  Welt,  der  Wiege  des  Ordens.  Oft- 
mals im  Laufe  der  Jahrhunderte  zerstört ,  stammt  das  heutige 
imposante  Gebäude  aus  den  Jahren  1S27 — 1830,  in  denen  es 
durch  die  unermüdliche  Thätigkeit  des  Bruders  Giovanni  Bat- 
tista  da  Frascati  von  Grund  aus  restaurirt  wurde.  In  der  schö- 
nen, freundlichen  Kuppelkirche,  die  von  den  Klostermauem  ur 
schlössen  ist,   befindet  sich  die  Grotte  des  Propheten  Elias 

19* 


und 


•282 

der  Madonnenaltar,  eine  der  ersten  marianischen  Kultusstiitten 
in  der  christlichen  Welt. ^Ungefähr  20  Ordensmitglieder  verrich- 
ten den  Dienst  in  der  Kirche  und  üben  in  den  freundlichen  Klo- 
sterriiumen,  von  denen  ein  Theil  zu  Fremdenzimmern  hergerich- 
tet ist,  die  altbewährte  Hospitalität.  Am  Fusse  des  Berges  in  der 
Hafenstadt  Haifa  ist  dem  Orden  die  pfarrliche  Seelsorge  über- 
tragen. In  jüngster  Zeit  wurde  zwei  Stunden  weit  vom  Kloster 
am  östlichen  Gebirgsabhange  über  der  Stelle  des  einstigen  Opfer- 
altares des  Propheten  Elias  eine  Kapelle  errichtet,  damit  von 
nun  an  dort  das  Opfer  des  neuen  Testamentes  gefeiert  werde. 

D,  Die  Institute  des  hochwürdigen  P.  Alphons 
Maria  Ratisbonne.  Alphons  Maria  Ratisbonne,  geboren  den 
1.  Mai  1814  zu  Strassburg,  entstammte  einer  sehr  angesehenen 
jüdischen  Familie,  w^urde  im  Jahre  1842  zu  Rom  getauft  imd 
empfing  im  Jahre  1847  in  Frankreich  die  heilige  Priesterweihe. 
Im  Jahre  1843  schon  gründete  er  mit  seinem  älteren  Bruder 
Theodor,  welcher  nach  absolvirten  Rechtsstudien  sich  der  Theo- 
logie zuwandte,  im  Jahre  1830  getauft,  später  auch  zum  Priester 
geweiht  Avurde  und  1884  starb,  eine  Frauen-Congregation  unter 
dem  Namen  »Congregation  des  Soeurs  de  Xotre  Dame  de  Sion« 
zur  Bekehrung  der  Juden.  Diese  neue  Kongregation,  welche 
bald  vom  I'apste  Pius  IX.  die  kanonische  Bestätigung  erhielt  imd 
jetzt  14  Häuser  zählt,  wurde  im  Jahre  1856  nach  Jerusalem  ver- 
setzt. Nachdem  die  Nonnen  einige  Jahre  ein  gemiethetes  Haus 
bewohnt  hatten .  wurde  der  Eccehorao-Bogen  käuflich  von  den 
Muslimen  erworben  Tund  nebenan  in  den  Jahren  1863 — 1868 
Kirche  und  Kloster  in  grossartigem  Style  errichtet.  Ein  Theil 
dieses  dreigUedrigen  Bogens  wurde  in  das  neue  Kirchengebäude 
mit  einbezogen  und  bildet  jetzt  den  Hochaltar.  Im  Eccehomo- 
Kloster  befinden  sich  25  Nonnen,  deren  Zeit  sich  in  Sühngebet 
und  Arbeit  theilt.  Die  letztere  umfasst  Erziehung  der  weiblichen 
Jugend  und  Pflege  der  Armen ,  besonders  durch  A'erabreichung 
von  Medikamenten.  Im  Internate  mit  ganz  unentgeltlicher  Ver- 
pflegung sind  86  katholische  Zöglinge,  im  Externate  100  aus 
muslimischen,  jüdischen  und  griechischen  (nicht  unirten)  Fami- 
lien .  Unterricht  in  allen  Elementargegenständen  und  besonders 
m  weiblichen  Handarbeiten.  Unterrichtssprache  ist  theils  die 
arabische,  theils  die  französische;  im  Mädchenexternate  besteht  | 
auch  eine  deutsche  Klasse. 


283 

p]iu  zAveites  Fraiienkloster  der  Sionsnonnen  besteht  in  St. 
Johann  7  zwei  Stunden  Avestlicli  von  Jerusalem.  Den  nächsten 
Anlass  zu  dieser  Niederlassung  gaben  die  C^hristenmassacres  in 
Syrien  im  Jahre  1860,  durch  die  viele  syrische  katholische  Kin- 
der Waisen  wurden.  Da  der  Kaum  im  Eccehomo-Kloster  zu 
ihrer  Aufnahme  nicht  ausreichte,  baute  man  neue  Häuser  in  St. 
Johann,  die  durch  ihre  Lage  in  frischer  Luft  und  im  Grünen 
auch  als  Sanatorium  für  kranke  und  der  Erholung  bedüftige 
Nonnen  und  Zöglinge  dienen.  Die  permanente  Zahl  der  Nonnen 
in  diesem  Kloster  ist  10,  die  der  internen  Zöglinge  50,  der  ex- 
ternen 25.  —  Mit  diesen  zwei  Klöstern  ist  auch  der  Verein  für 
christliche  Jungfrauen  und  Mütter ,  die  allsonntäglich  ihre  reli- 
giösen Versammlungen  haben,  verbunden. 

Die  dritte  Gründung  des  P.  Alphons  M.  Ratisbonne  ist  die 
Knabenerziehungs-  und  Unterrichts-Anstalt  St.  Peter  bei  Jeru- 
salem. Lokaldirektor  ist  ein  Luxemburger  Weltpriester,  Don 
Zephyrinus  Biever,  an  seiner  Seite  stehen  noch  zwei  Priester 
und  acht  Lehrer.  Die  Zahl  der  in  die  junge  Anstalt  Aufgenom- 
menen beträgt  40  interne  imd  mehrere  externe  Zöglinge.  Nebst 
dem  Elementarunterrichte  wird  ihnen  von  mehreren  Werkmei- 
stern Anleitung  zu  einem  Handwerke  gegeben.  Das  Kloster  in 
St.  Johann  hat  bereits  ausgedehnten  Grundbesitz,  bestehend  in 
Olivenpflanzungen,  Wein-  und  Gemüsegärten,  die  unter  Leitung 
zweier  tüchtiger  europäischer  Ökonomen  von  mehreren  Einge- 
bomen,  für  welche  diese  Arbeit  als  Bodenkulturschule  dient,  be- 
arbeitet werden.  Desgleichen  besitzt  P.  Ratisbonne  am  Olberge 
bei  Jerusalem  ein  grösseres,  zum  Theil  bebautes  Grundstück. 

E.  Die  Brüder  der  christlichen  Schulen.  Diese 
hochverdienten  Schulmänner  wurden  erst  im  Jahre  1S77  nach 
Palästina  berufen  und  wirken  jetzt  in  Jerusalem  (200  Schüler 
verschiedener  Konfessionen  ,  Jafa,  Haifa  (und  demnächst  auch 
in  Nazareth)  sehr  vortheilhaft  zur  Hebung  des  allgemeinen 
Volksunterrichts . 

F.  Frauencongregationen  zur  Erziehung  der 
weiblichen  Jugend,  zur  Krankenpflege  und  zum 
betrachtenden  Gebet.  1)  Die  Schwestern  von  der  Erschei- 
nung des  heiligen  Joseph  (Mutterhaus  in  Marseille,  gegründet 
1820)  besitzen  im  heiligen  Lande  sechs  Häuser,  nämhch  zu  Je- 


284 

nisalem.  Bethlehem.  Jafa.  Kanile.  Ramallah  und  JJet-Dschäla.  er- 
theilen  allgemeinen  Volksunterricht  und  haben  auch  einige 
Zöglinge  in  vollständiger  Verpflegung.  In  Jerusalem  und  Jafa  ist 
dieser  C'ongregation  die  Krankenpflege  in  den  Spitälern  über- 
geben. 

2)  Die  Frauen  von  Nazareth,  gegründet  im  Jahre  1S22  zu 
Lyon .  besitzen  im  heiligen  Lande  vier  Häuser,  nämlich  zu  Na- 
zareth .  Schefä-Amr,  Haifa  und ''Akka.  Ihr  Hauptkloster  ist 
jedoch  zu  Beirut  in  Syrien.  Ausser  dem  Schulunterrichte  leiten 
sie  auch  marianische  Jungfrauen-  und  Mütter-Congregationen. 

3)  Die  Genossenschaft  der  Schwestern  vom  Rosenkranz, 
von  Kanonikus  Joseph  Tannus  in  Jerusalem  gegründet.  Ein  re- 
ligiöser A'erein.  welcher  gemeinschaftliches  Leben  führt  zum 
Zwecke  geordneter  Arbeit.  Diese  neue  Gründung  zählt  bereits 
15  Mitglieder. 

4j   Karmeliterinnenklöster:  a)  das  Paternosterkloster  am  Öl- 
berge  bei  Jemsalem.    Im  Jahre  1868  kaufte  die  Fürstin  Aureha 
Latour  d'Auvergne,  Herzogin  von  Bouillon,   ein  grosses  Grund- 
stück am  ülberge,  das  jenen  Ort  einschliesst,  wo  nach  der  christ- 
lichen Überlieferung   der  Herr  seine    Jünger  das   Vater   Unser 
lehrte.    Es  wurde  eine  Kirche  mittlerer  Grösse  erbaut  mit  einem 
prächtigen  gothischen  Kreuzgange  als  Vorhalle,  an  dessen  Wän- 
den auf  emaillirten  Thontafeln  das  Vater  Unser  in  32  Sprachen 
geschrieben  steht.     Rückwärts  an  die  Kirche  schliesst  sich  das 
Karmeliterinuenkloster,  dessen  Bau  im  Jahre  1875  begonnen  und 
1879  vollendet  wurde.    Die  Paternosterkirche  ist  durch  Schen- 
kung von  Seiten  der  Gründerin  in  den  Besitz  Frankreichs  ge- 
kommen; das  Kloster  hingegen  ist  Eigenthum  des  Ordens.   Zum 
Kirchendienst  ist  ein  eigener  Kaplan  mit  separatem  Wohnhause 
angestellt.    Im  Umkreise   dieser  christlichen  Besitzung  ist  auch 
die  jetzt    neu   hergestellte  unterirdische   ('redokapelle.     Dieses 
Karmelkloster  ist  der  Mittelpunkt  einer  in  Frankreich  und  Bel- 
gien sehr  verbreiteten  Gebetskongregation  des  »immerwährenden 
Paternoster«,  b)  Das  zweite  Karmelkloster  befindet  sich  zu  Beth- 
lehem und  wurde  von  Fräulein  Bertha  de  St.  Criq-Dartigaux  aus 
Südfrankreich  im  Jahre   1877  gegründet.   Den  Gottesdienst  an 
der  Klosterkirche   versieht   die    Priesterkongregation    du    Sacr6 
C^oeur  von  Bethharram  in  Frankreich,   welche  neben  dem  Kar- 


285 

melkloster  ihr  erstes  Haus  im  heilif^en  Lande  errichtet  hat.  c)  Ein 
drittes  Karmelkloster  soll  noch  in  Nazareth  gegründet  werden. 
Das  oben  genannte  Fräulein  hat  auch  die  Davidsgrotte  zu 
Bethlehem  und  die  Ruinen  der  altchristlichen  Kirche  zu  'Amwäs 
(Nikopolis)  an  der  Strasse  nach  Jafa  käuflich  an  sich  gebracht 
und  gedenkt  dieselbe  stylgemäss  restauriren  zu  lassen. 

5)  Als  kleinere  Privat-Erziehungsanstalten  für  die  weibliche 
Jugend  -wären  noch  anzuführen  :  a)  die  deutsche  Schule  und  Er- 
ziehungsanstalt des  Fräulein  Theresia  Saxe  aus  Westphalen  mit 
80  Zöglingen  und  b)  die  Kleinkinderbewahranstalt  der  Madame 
Colomb  aus  Frankreich  für  20  Kinder,  beide  in  Jerusalem. 

G.  Der  Dominikanerorden.  Derselbe  hat  durch  Ver- 
mittlung des  P.  Matthäus  Lecomte  die  jüngst  aufgefundenen 
Ruinen  der  Stephanskirche  zu  Jerusalem  käuflich  erworben, 
wird  sie  stylentsprechend  restauriren  und  nebenan  seine  erste 
Niederlassung  im  heiligen  Lande  gründen  i) . 

H.  Institute  zur  Krankenpflege.  1)  Das  St.  Lud- 
wigsspital mit  40  Betten  in  Jerusalem,  neu  erbaut  vom  französi- 
schen Grafen  Piellat,  wird  von  der  französischen  Regierung  mit 
einem  Jahresbeiträge  von  12  000  Frank  unterstützt. 

2)  Das  Spital  zu  Jafa  mit  30  Betten,  von  einem  katholischen 
Kaufmanne  in  Lyon  erbaut.  Die  Krankenpflege  ist  den  St.  Jo- 
sephs-Schwestern anvertraut.  An  beiden  Spitälern  sind  europäi- 
sche Arzte  angestellt. 

3)  Der  Franziskanerorden  beauftragt  seine  zwei  Kloster- 
ärzte (Laienbrüder)  in  Jerusalem  imd  Jafa,  die  kranken  Armen 
zu  besuchen,  und  theilt  aus  seiner  Apotheke  die  Medikamente 
den  Dürftigen  aus. 

4)  In  den  zwei  Klöstern  der  Zionsnonnen  (Notre  Dame  de 
Sion)  werden  täglich  an  ambulante  Kranke  ohne  Unterschied  der 
Nation  und  Religion  Arzneien  vertheilt. 

5)  Die  barmherzigen  Brüder  haben  im  Jahre  1882  in  Naza- 
reth ein  Spital  eröffnet. 

6)  Der  Johanniter-Ritterordcn ,  welcher  zu  Tantur  an  der 
Strasse  von  Jerusalem  nach  Bethlehem  ein  grosses  Grundstück 

1)  Über  diese  Stätte  und  ihre  Geschichte  liegt  ein  Aufsatz  des  Herrn  AD. 
Frei  der  Redaction  vor,  der  in  der  nächsten  Zeit  veröffentlicht  werden  soll. 

Anm.  d.  Ited. 


286 


mit  Kulturen  besitzt,  errichtete  im  Jahre  lS7ü  ein  Krankenhaus, 
Avelches  besonders  für  den  Nutzen  der  Landbevölkerung  berech- 
net ist.  An  der  dortigen  Kapelle,  die  dem  heiligen  Johanne» 
dem  Täufer  geweiht,  ist  ein  eigener  Kapellan  angestellt,  welchem 
nebst  dem  Gottesdienste  die  Aufsicht  über  dag  Spital  anver- 
traut ist. 

J.  Die  Katholiken  der  orientalischen  Riten  und 
ihre  Anstalten,  l)  Die  katholischen  Armenier  sind  im  hei- 
ligen Lande  nur  durch  wenige  Familien  vertreten  und  besitzen 
an  der  vierten  Leidensstation  «Die  heilige  Maria  begegnet  ihrem 
göttlichen  Sohneu  eine  Kapelle.  Schon  zur  Zeit  der  Kreuzzüge 
bestand  hier  eine  Marienkapelle  ^Madonna  dello  Spasmo,  Ohn- 
machtsmarienkirche), welche  im  Laufe  der  Zeit  theils  zerstört, 
theils  verfallen  ist.  Diese  Ruinen  nun  erwarben  vor  mehreren 
Jahren  die  Armenier  und  gestalteten  sie  in  eine  ansehnliche 
Kapelle  um.  Ein  armenischer  Priester,  welcher  im  lateinischen 
Patriarchate  wohnt,  versieht  den  Gottesdienst.  —  Maroniten  aus 
Syrien  leben  nur  vereinzelt  in  Palästina. 

2)  Die  katholischen  Griechen  in  Palästina,  welche  an  Zahl 
ungefähr  4000  sein  mögen,  stehen  unter  der  Jurisdiction  des 
griechischen  Bischofs  in  Akka.  ,  welcher  dem  griechisch-melki- 
tischen  Patriarchen  von  Antiochien ,  der  seine  Residenz  in  Da- 
mascus  hat.  untergeordnet  ist.  Melkiten,  d.  i.  die  kaiserlich  (kö- 
niglich) Gesinnten,  heissen  die  katholischen  Griechen  im  Orient 
seit  den  Zeiten  des  Concils  zu  Chalcedon  (451)  bis  auf  heute, 
weil  sie  das  Edikt  des  Kaisers  Marcian  zu  Gunsten  dieses  Con- 
cils unbedingt  angenommen  haben ,  im  Gegensatze  zu  den  Mo- 
nophysiten,  den  Gegnern  des  Concils.  Die  Melkiten,  deren  Zahl 
sich  auf  80,000  belaufen  mag,  vertheilen  sich  auf  folgende  Kir- 
chensprengel:  das  Patriarchat  Antiochia,  das  Erzbisthum  Da- 
mascus,  dessen  Administrator  jedesmal  der  Patriarch  von  Antio- 
chia ist,  die  Erzbisthümer  Tyrus  und  Aleppo,  die  Bisthüraer 
Sidon,  Beirut,  Tripolis,  'Akka,  Heliopolis,  Höms,  Zachle  und 
Bosra.  Die  katholischen  Griechen  besitzen  im  heiligen  Lande 

1)  in  Galiläa  drei  Pfarren :  'Akka,  Xazareth  undTiberias;  ausser- 
dem leben  in  mehreren  Gemeinden  zerstreut  einzelne  Griechen. 

2)  In  Jerusalem:  a)  eine  Pfarrkirche  mit  zwei  Priestern;  b)  die 
A'eronikakapelle  an  der  sechsten  Leidensstation,  kürzlich  erst 
restaurirt. 


287 

Diese  Katholiken  sind  ihrer  Nation  nach  iSyrer;  Griechen 
werden  sie  nur  genannt  -wegen  ihres  griechiscli-chrysostomi- 
schen  llitus  mit  theils  griechischer,  theils  arabischer  Hturgischer 
Sprache.  Obwohl  Nation  nnd  Iveligion  im  Orient  sehr  enge  ver- 
bunden sind,  müssen  doch  Nation,  kirchliche  Hierarchie,  Ritus, 
litm-gische  Sprache  genau  unterschieden  werden,  wenn  die  der- 
maligen Völkergruppen  charakterisirt  werden  sollen.  So  heisst 
in  ganz  Palästina  und  Syrien  der  orthodoxe  (von  Kom  getrennte) 
Grieche  merkwürdigerweise  Rümani  oderRümi,  d.  i.  »Römer«. 
Diese  Bezeichnung  kommt  daher,  dass  der  Grieche  in  Konstan- 
tinopel, welches  einst  Neurom  hiess ,  sein  hierarchisches  Ober- 
haupt in  dem  ökumenischen  Patriarchen  am  Phanar  hat.  J)ie 
griechische  Nation  ist  in  Palästina  schwach  vertreten :  nur  hie 
und  da  wird  man  einen  »Jünäni«,  d.  i.  einen  Jonier,  entdecken. 
Obwohl  die  Melkiten  Syrer  sind,  nennen  sie  sich  nicht  so;  son- 
dern nur  jene  Volksgruppe,  w^elche  das  Syrische  als  liturgische 
Sprache  besitzt  und  römisch-katholisch  ist,  wird  mit  dem  Namen 
Syrer  bezeichnet.  Der  Monophysit  in  Syrien,  dessen  liturgische 
Sprache  ebenfalls  das  Syrische  ist,  heisst  dort  »ja'kübi«.  d.  i. 
»Jakobit«,  von  Jacob  Baradai,  dem  Edessener  Bischof  im  6.  Jahr- 
hundert und  Beförderer  des  Eutychianismus.  Diese  orienta- 
hschen  Inversionen  könnten  noch  fortgesetzt  werden.  Sie  mögen 
aber  als  eine  kleine  Probe  dafür  genügen ,  wie  leicht  europäi- 
sche Büchergelehrsamkeit  mit  den  thatsächlichen  orientalischen 
Verhältnissen  in  Widerspruch  geräth. 

Eine  für  die  orientalische  Kirche  liöchst  bedeutungsvolle 
Gründung  ist  die  Eröffnung  des  Collegiums  der  afrikanischen 
Priestercongregation  aus  Algier  an  jder  Annakirche  zu  Jerusa- 
lem. Dort,  an  dem  Wohnort  der  Heiligen  Joachim  und  Anna, 
wo  nach  einer  alten  orientalischen  Tiberlieferung  die  iinbe- 
Üeckte  Jungfrau  das  Licht  der  Welt  erblickt  haben  soll ,  erhob 
sich  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  ein  Gotteshaxis.  Saladin 
räumte  im  Jahre  1190  seinen  Korangelehrten  die  Annakirche 
als  Akademie  ein ,  was  heute  noch  eine  sehr  gut  erhaltene  ara- 
bische Inschrift  aus  dem  12.  Jahrhundert  über  dem  Kirchenpor- 
tal besagt.  Mit  dem  Verfall  arabischer  Herrschaft  verfiel  auch 
die  Hochschule,  und  als  ein  wüstes,  leeres  Gebäude  stand  jene 
merkwürdige  christliche  Kirche  mehrere  Jahrhunderte  lang  da, 
bis  endlich  der  Pariser  Friede  im  Jahre  1856  jenes  Monument 


288 

christlicher  Zeit  für  christliche  Arbeit  nieder  zugänglich  machte. 
Napoleon  III.  verlangte  und  erhielt  von  .Sultan  Ahdul-Medschid 
die  Kirche.  Auf  ausdrücklichen  Befehl  des  Kaisers  wurde  mit 
örtentlichen  Mitteln  die  Kirche  vom  Grabesdombaumeister  M, 
Mauss  genau  nach  der  alten  Anlage  restaurirt  und  steht  nun  als 
ein  sehr  interessantes  und  merkwürdiges  Gebäude  vor  den  Be- 
suchern Jerusalems.  Nach  jahrelangen  "S'erhandlungen  mit  ver- 
schiedenen Ordensgenossenschaften  wurde  endlich  1878  dieses 
Gotteshaus  der  afrikanischen  Congregation  übergeben.  Diese 
bekannte  Congregation,  gegründet  vom  Kardinal-Erzbischof  La- 
vigerie  von  Algier,  errichtete  nun  hier  eine  Yorbereitungsstation 
für  die  Missionäre  und  eine  Erziehungsanstalt  für  den  griechisch- 
katholischen Klerus.  Um  die  Kirche  herum,  an  Stelle  der  Rui- 
nen der  ehemaligen  Benediktinerabtei,  wurden  neue  Gebäude  er- 
richtet, die  sich  auf  das  naheliegende  —  käuflich  erworbene  — 
Terrain  des  Bethesdateiches  erstrecken.  Weitere  Ausgrabun- 
gen werden  hoffentlich  über  diese  Localität,  an  welche  die  Tra- 
dition die  Heilung  des  Kranken  Ev.  Johannes  Cap.  5  verlegt, 
Licht  verbreiten. 

K.  Das  österreichische  Pilgerhaus  in  Jerusa- 
lem. Mit  der  stets  wachsenden  Zahl  der  Pilger  wuchs  auch  in 
diesem  Jahrhundert  das  Bedürfniss  nach  Pilgerherbergen,  und 
dadurch  Avurde  die  erste  Anregung  zur  Gründung  eines  eigenen 
österreichischen  Pilgerhauses  gegeben.  Fürsterzbischof  Vincenz 
Eduard  Milde  von  Wien  sprach  zuerst  die  Absicht  aus,  in  Jeru- 
salem, falls  er  durch  fromme  Gaben  hinreichend  unterstützt 
würde,  ein  österreichisches  Pilgerhaus  zu  gründen.  Dieser  Ge- 
danke wurde  mit  Freuden  begrüsst .  und  nach  einigen  Jahren 
war  für  die  zum  Baue  nothwendigen  Geldmittel  gesorgt.  Aber 
noch  blieben  andere  mannigfaltige  Hindernisse  zu  beseitigen, 
und  bevor  dieses  .gelungen  war ,  rief  der  Herr  den  Erzbischof 
Milde  aus  diesem  Leben  ab.  Sein  Nachfolger,  Kardinal  Fürst- 
erzbischof Joseph  Othmar  von  Kauscher  ,  führte  den  Plan  des 
Verstorbenen  aus.  Durch  die  Vermittlung  der  kaiserlichen  Re- 
gierung erwirkte  er  die  Einwilligung  des  Sultans  zum  Ankaufe 
eines  Baugrundes.  Nachdem  der  Grosswesir  der  hohen  Pforte 
die  nöthigen  Befehle  an  den  Gouverneur  von  Jerusalem  erlassen 
hatte,  ward  im  Jahre  1855  von  zAvei  türkischen  Eifendis  ein  pas- 
sender Baugrund  —  an   der  heutigen   via   dolorosa  unweit  des 


289 

Ecchomo-Bogens  —  gekauft ,  und  der  Kauf  dxirch  eine  gericht- 
liche Urkunde  sichergestelh.  Auf  dem  1100  Quadratklafter  mes- 
senden Grundstück  -ward  im  Jahre  IS 56  unter  Leitung  des  Wie- 
ner Architekten  Endlicher  [y  1859  in  Jeriisalem)  der  Bau  des 
österreichischen  Hospizes  am  17.  Juni  begonnen.  Jedoch  konnte 
der  Grundstein  erst  am  31.  December  1S56  durch  den  österrei- 
chischen Generalconsul  Graf  Pizzamano  gelegt  werden ,  da  sich 
bei  den  Vorarbeiten  zur  Fundamentirung  zeigte ,  dass  das  Bau- 
terrain 20 — 30  Fuss  tief  mit  Schutt  bedeckt  Avar.  Bei  der  Weg- 
räumung desselben  gerieth  man  auf  ein  viereckiges  Gewölbe  mit 
Mosaikboden,  auf  korinthische  Kapitale  und  Bruchstücke  von 
verde  antico.  Tiefer  noch  kamen  Felsenkammern  zum  Vorschein ; 
aus  dem  Felsen  gehauene  Pfeiler  und  ein  paar  Säulen  bildeten 
ein  Viereck  zur  Stütze  der  Decke.  Diese  Unterräume,  die  theils 
Gräber,  theils  Zwinger  i)  waren,  wurden  zu  Cisternen  hergerich- 
tet. Am  20.  Oktober  1858  fand  die  Legung  des  Schlusssteines 
statt.  Das  im  Rundbogenstyl  ausgeführte  Gebäude  nimmt  eine 
Länge  von  50  Meter  und  eine  Breite  von  25  Meter  ein.  Ein 
sechssäuliger ,  die  Steinterrasse  tragender  Portikus  bildet  den 
Eingang.  Das  Innere  des  Hauses  wird  der  ganzen  Länge  nach 
von  einem  vier  Meter  breiten  Korridor  durchschnitten.  Rechts 
und  links  befinden  sich  die  Zimmer  für  die  Pilger  und  das  Ver- 
waltungspersonal in  durchaus  gleicher  Länge  (sechs  Meter)  und 
entsprechender  Breite.  Die  Hauskapelle  hat  mit  der  Apsis  eine 
Länge  von  14  Meter,  sechs  Meter  Breite  und  10  Meter  Höhe. 
Der  Prachtaltar,  welcher  nach  dem  Entwurf  des  Architekten 
Ferstl  in  Wien  aus  rothem  salzburger  Marmor  bei  Hauser  in 
Wien  angefertigt  wurde ,  trägt  ein  Gemälde  von  Kupelwieser. 
das  »die  heilige  Familie,  heimkehrend  von  Jerusalem  nach  Na- 
zareth«  darstellt.  Eine  Madonnenstatue  am  Seitenaltar  stammt 
aus  Mayer's  Atelier  in  München.  Unter  den  liturgischen  Para- 
menten  und  Gefässen  befindet  sich  ein  werthvolles  Messkleid 
und  ein  Kelch,  von  Sr.  Majestät  Franz  Joseph  I.  gespendet;  auch 
die  übrigen  Gegenstände  stammen  meistens  von  Wohlthätern. 
Das  Gebäude  hat  nur  ein  Stockwerk  ,  stellt  sich  aber  wegen  des 
acht  Meter  hohen  Unterbaues,  der  nebst  bewohnbaren  Räumlich- 
keiten zunächst  Küche,   Speisekammer,    Werkstätte   inid  dann 

1)  Vielleicht  auch  Wohnunoren.  Anm.  d.  Ked. 


290 

im  Halbsoiiterrain  die  Kellerräume  mit  Weinpresse  enthält,  wie 
auch  wegen  der  2Su  Meter  langen  steinernen  UmfassTingsmaneni 
mit  zwei  Thoren  höchst  imposant  dar.  In  den  Hofränmen  sind 
Gartenanlagcn  hergerichtet,  theils  für  Gemüse,  theils  für  Blu- 
men. Nach  orientalischer  Bauweise  ist  das  Haus  mit  einem 
flachen  Dache  gedeckt .  von  dem  aus  sich  eine  prächtige  Rund- 
sicht den  Besuchern  darbietet. 

Da  das  österreichische  Pilgerhaus  einen  kirchlichen  Charak- 
ter hat,  so  steht  es  unter  dem  Protektorat  des  jeweiligen  Fürst- 
erzbischofs von  Wien,  welcher  zugleich  oberste  Verwaltungsbe- 
hörde für  diese  Anstalt  ist.  Nach  Vollendung  des  Baues  blieb 
es  eine  Zeitlang  ungewiss .  ob  das  Hospiz  dem  Franziskaner- 
orden oder  Weltpriestern  übergeben  werden  sollte.  Endlich  ent- 
schied man  sich  aus  triftigen  Gründen,  die  Hausverwaltung 
selbstständigen  Weltpriestern  zu  übergeben.  Dieser  Bestimmimg 
ist  auch  gedacht  in  dem  am  27.  Juli  1862  vom  heiligen  Stuhle 
gewährten  Indulte  zur  Errichtung  einer  Hauskapelle  mit  immer- 
währender Messlicenz  für  die  dort  auAvesenden  »sacerdotes  sae- 
culares«.  Am  19.  März  1863  wurde  Kapelle  und  Haus  vom  Pa- 
triarchen Valerga  im  Beisein  officieller  Persönlickeiten  einge- 
weiht. 

Zur  Bewerbung  um  die  Stelle  eines  llektors  im  österreichi- 
schen Pilgerhause  sind  alle  Weltpriester  der  österreichisch-un- 
garischen Monarchie  berechtigt;  das  Erneuerungsrecht  steht 
dem  jeweiligen  Erzbischofe  von  Wien  zu.  Vom  Jahre  1863  bis 
jetzt  wurden  folgende  Priester  zu  Rektoren,  resp.  Vicerektoren 
ernannt  imd  mit  der  Verwaltung  des  Hauses  betraut:  Eduard 
Kroll  aus  der  Diöcese  St.  Polten.  Johann  Nussbaumer  aus  Salz- 
burg. Dr.  Hermann  Zschokke  aus  Wien.  Albert  von  Hörmann 
aus  Brixen.  Anton  Weceia  aus  Wien.  Franz  Hrovat  aus  Lai- 
bach. Stephau  Rosenberger  aus  Wien.  Ignaz  Fischer  aus  Wien. 
Georg  Gatt  aus  Brixen.  Karl  Schnabl  aus  Wien.  Johann  Fahni- 
gruber  aus  St.  Polten.    Franz  Costa  aus  Trient. 

Die  Pflichten  der  Rektoren  beziehen  sich  zunächst  auf  die 
Sorge  für  die  Erhaltimg  und  die  Bedürfnisse  des  Hauses  imd  für 
das  materielle  und  geistige  Wohl  der  Pilger.  Zu  dem  Zwecke 
sollen  sie  auch  nach  Bedürfniss  in  der  mit  weiterehenden  Privi- 
legien  versehenen  Hauskapelle  religiöse  Vorträge  an  Sonntagen 
unrl  zur  Osterzeit  geistliche  Exercitien  halten.      Sehr  oft  stellt 


291 

sich  die  Nothwendigkeit  heraus ,  den  Pilgern  ,  die  den  verscliie- 
densten  Bihlungsstufen  angehören,  katechetischen  Unterriclit  zu 
ertheilen,  damit  sie  mit  Verständniss  und  Erhaumig  die  heiligen 
Orte  hesuchen  und  die  heiligen  Sakramente  empfangen  können. 

Als  oberster  Grundsatz  betreffs  der  Aufnahme  der  Tilger 
gilt  die  Anordnung  des  Kardinals  Rauscher ,  die  auch  in  deui 
Schreiben  des  Kardinals  an  den  österreichischen  Episkopat  im 
Jahre  1  863  ausgedrückt  ist,  nach  welcher  ausser  den  österreichi- 
schen Katholiken  auch  Katholiken  aiis  den  «deutschen  Bundes- 
staaten« aufgenommen  werden  können.  So  wird  auch  noch  jetzt 
verfahren,  nur  dass  an  Stelle  der  ehemaligen  »deutschen  Biui- 
desstaaten«  der  Umfang  des  Deutschen  Reiches  in  Betracht  ge- 
zogen Avird.  Da  aber,  wie  im  Oriente  überall,  Wohlthätigkeits- 
anstalten  einen  mehr  allgemeinen  Charakter  tragen,  so  können 
auch  ausnahmsw'eise  und  sind  auch  bisher  in  einzelnen  Fällen 
Christen  anderer  Konfession  aufgenommen  W'Orden.  Nur  haben 
sich  alle  Pilger  der  Hausregel  zu  fügen.  Pilger  aus  den  ärmeren 
Klassen  werden  bis  zu  14  Tagen  umsonst  verpflegt,  so  dass  sie 
Zeit  genug  haben ,  inn  mit  lluhe  und  Sammlung  die  heiligen 
Stätten  in  und  um  Jerusalem  besuchen  zu  können.  Zu  dem 
Zwecke  erhalten  sie  die  nöthigen  Auskünfte.  Die  Pilger  aus  den 
bemittelten  Ständen  leisten  in  der  Regel  für  die  Verpflegung 
eine  entsprechende  "S^ergütung.  Seit  der  Eröffnung  des  Pilger- 
hauses am  19.  März  1863  bis  Ende  1882  haben  laut  der  fortlau- 
fend geführten  Pilgerregister  262U  Pilger  Aufnahme  und  Verpfle- 
gung erhalten.  Die  geringste  Pilgerzahl  zeigt  das  Jahr  187  7. 
nämlich  nur  38,  Avährend  das  Jahr  1882  die  höchste  Ziffer,  näm- 
lich 219  Pilger  aufweist.  Unter  den  Pilgrimen  sind  fast  alle 
Stände,  vom  Kaiser  bis  zum  Bettler,  vertreten.  Als  eine  Ergän- 
zung des  österreichischen  Pilgerhauses  kann  das  deutsche 
Handwerkerhaus  und  das  polnische  Pilgerhaus  betrachtet  wer- 
den ,  wo  solche  Pilger ,  welche  Arbeit  suchen  und  auch  bekom- 
men, einen  längeren  Unterstand  finden. 

Wie  immer  die  social-politischen  Verhältnisse  im  Laufe  der 
Zeit  in  Jerusalem  sich  gestalten  w^erden,  das  österreichische  Pil- 
gerhaus, um  einen  Ausspruch  des  berühmten  deutschen  Palästina- 
forschers Dr.  TiTus  ToBLER  zu  gebrauchen,  wird  stets  ein  gross- 
artiges Denkmal  der  Liebe  der  Österreicher  zum  Heilande  und 
zum  Ileiliglande  sein. 


292 

Alle  diese  katholischen  Institute ,  Kirchen,  Klöster,  Schu- 
len u.  s.  Av. .  von  denen  manche  schon  eine  sehr  ehrwürdige 
Vergangenheit  aufweisen,  andere  erst  in  der  Entwicklung 
begritfen  sind,  werden  dtirch  die  Liebesgaben  der  abendlän- 
dischen Katholiken  erhalten ;  sie  bringen  christliche  Kultur 
ins  Morgenland,  indem  sie  für  das  geistige  und  materielle  Wohl 
der  Einwohner  arbeiten  und  als  Endziel  die  Verbreitung  der 
christlichen  Wahrheit  zur  Ehre  Gottes  im  Auge  haben. 


Verzeieliniss  der  bewolmten  Ortschaften  der 
Kaimakämlje  Gaza. 

Von    G.    Gatt    in    Gaza. 


Nr. 

Name 

Aussprache 

Lage  von  Gaza 
aus 

1 

U*o>J  QLi> 

chänjTmes 

4  St.  südlich 

2 

"^W-  ^^^ 

heni  shele 

31/2  St.  südl. 

3 

j^US  -j^ 

der  el-halah 

3  St.  südl. 

4 

iJl*^ 

dschahaljä 

3/4St.nördl. 

5 

LJL>  Ki_^ 

nazlet  dschabälj'ü 

1  St.  nördl. 

6 

L^^  c^^^j 

het  lühjä 

iViSt.nördl. 

7 

^yL>  ^^^ 

bet  hänim 

11/2  St.  nördl. 

8 

5^0 

^ 

dimre 

13/4  St.  nördl. 

9 

der  sned 

2  St.  nördl. 

10 

^/ 

herhjä 

2  V2  St.  nördl. 

11 

Ls-^     C^-aJ 

het  dschardschä 

2 1/2  St.  nördl. 

12 

3.J.J 

harbara 

3  St.  nördl. 

13 

LU-1 

naljii 

31/2  St.  nördl. 

14 

S_j__j.:S\il 

el-dschora 

4  St.  nördl. 

15 

xc^j^ 

el-dschlje 

3  St.  nördl. 

16 

(Jo'LAii>b5i 

el-achscis 

4  St.  nördl. 

17 

oU^t 

el-aschräf 

4  St.  nördl. 

18 

Jjiui 

el-medschdel 

4  St.  nördl. 

19 

x«L4>:>- 

hamäme 

41/4  St.  nördl. 

20 

LTll^^ 

dschüles 

4  St.  nördl. 

294 


Nr. 

Name 
1 

Aussprache 

Lage  von  Gaza 
aus 

•21 

1 

1 

i^^  daräs 

6  St.  nördl. 

22 

c>^Jk^\ 

esdüd 

6  St.  11. 

23 

^^^ 

hascht t 

71/2  St.  11. 

24 

l-afra 

8  St.  n. 

25 

,UiS 

el-moghär 

8V2  '*^t.  11. 

26 

L>y^. 

jehnü 

8  St.  11. 

11 

H; 

zernükä 

8 1/2  St.  n. 

28 

».A^aÜ)! 

el-kuhebe 

9  St.  11. 

29 

>  • 

harl'ä 

6V2  St.  11. 

30 

^X\   ^l[^^\ 

el-hafänl  el-gharh'i 

6 1/2  St.  11. 

31 

L.fV^-'    Lf"^^"' 

el-hatäni-esch-scherki 

6V2  St.  11. 

32 

;J-':^ 

jasur 

6V2  St.  11. 

33 

X^4~M>Ii 

el-mesmlje 

7>/2  St.  11. 

34 

\ÄaI3aww2 

kasfine 

7  St.  11. 

35 

U«^j^'    JJ' 

teil  et-turmvs 

7  St.  11. 

36 

*-ijJCw( 

et-Une 

71/2  St.  11. 

37 

'^*J^> 

dschiljci 

8V2  St.  11. 

^8 

XÖlXj^ 

ed-dnehhe 

8  St.  11. 

39 

»->»^    -^:l».-w 

saicüfir  " aude 

51/2  St.  n. 

40 

iÜii'LA»4S      jf;i\y**- 

sawäfir  el-masalka 

51/2  St.  11. 

41 

wäSjJi      --^5^«^ 

saiväfir  el-ioakf. 

51/2  St.  11. 

42 

lÄr    c>-o 

het  '^  ajfä 

5  St.  n. 

43 

*-^ 

kaukahe 

4  St.  n. 

44 

L^  ^.^ 

het  tlmä 

4  St.  n. 

45 

oJi-Jl=» 

hxleikät 

4  St.  n. 

46 

J^y 

hrer 

3  St.  n. 

47 

sumsum 

2 1/2  St.  11. 

48 

lXjS^U 

nedsched 

2  St.  n. 

49 

.     ^^^ 

Imdsch 

2  St.  n.-östl. 

50 

o'^^j^'  o'y 

'aräk  es-sweidän 

6  St.  11. 

51 

^jyijl'       /    ä'_E 

arak  el-menscJüJe 

6  St.  n. 

295 


Nr. 

Name 

Aussprache 

52 

^>>-'L^i 

el-fäJTi(hcJie 

53 

_jA**:^l 

el-dsclmseir 

54 

^.^♦a3 

sumel 

55 

L;c> 

hattci 

56 

a-^*^ 

halln 

57 

/    «iuX>.£ 

^abdes 

58 

••  > 

karätije 

J.age  von  Gaza 
aus 


6  St.  nördl. 
6V2  St.  n. 

7  St.  n. 
6V2  St.  n. 
7  St.  n. 
67-2  St.  n. 
6  St.  n. 


Bemerkungen.  Die  unter  Nr.  1  — 14  angeführten  Ort- 
schaften gehören  zum  Distrikte  chänjTmes^  die  unter  Nr.  15 — 2  2 
genannten  Dörfer  bilden  den  Distrikt  el-medschdel ,  die  unter 
Nr.  23 — 49  erwähnten  werden  zu  Gaza  gerechnet,  während  die 
unter  Nr.  50 — 58  verzeichneten  Orte  einen  Theil  des  Distriktes 
bei  dschihrln  bilden.  Diese  althergebrachte  Eintheilung  in  Di- 
strikte hat  jedoch  heutzutage  keine  praktische  Bedeutung  mehr, 
da  das  ganze  Gerichts-  und  Verwaltungswesen  in  Gaza  concen- 
trirt  ist.  Die  Behörden  theilen  dermalen  die  verzeichneten  Ort- 
schaften in  eine  östliche  und  westliche  Reihe.  Die  ersten  28  Dör- 
fer gehören  zur  westlichen  Reihe,  die  letzten  30  dagegen  zur 
östlichen. 

Die  bedeutendsten  Dörfer  der  Kaimakämije  Gaza  sind  el- 
medschdel^  chän  jTmes,  falüdsche^  esdüd  nniS.  j'ebiiä .  El-medschdel 
ist  ein  Handelsplatz  für  Getreide,  hat  einen  Sük  sammt  Wochen- 
markt am  Freitag,  liefert  gutes  Ol  und  versorgt  ebenso  wie  el- 
dschdra  Jerusalem  mit  Fischen.  Chlm  jimes  ist  das  südlichste 
Dorf  Syriens  gegen  Ägypten  ,  hat  ebenfalls  einen  Sük,  aber  kei- 
nen Wochenmarkt.  Als  Grenzstation  hat  cliZinjünes  immer  eine 
kleine  Besatzung.  Seine  grösste  MerkAvürdigkeit  ist  das  nun 
allerdings  sehr  verfallene  Kastell,  die  Kala,  welche  inZDP^^zu 
wiederholten  Malen  als  eigene  Lokalität  bezeichnet  worden  ist. 
Hoffentlich  Avird  dieses  Gespenst  von  nun  an  nicht  mehr  erschei- 
nen. Esdüd  ist  Mittelstation  zwischen  Jafa  und  Gaza,  hat  einen 
allerdings  zerfallenen  Chan  und  seit  neuester  Zeit  eine  Dampf- 
mühle. Sollte  es  die  Regierung  dahin  bringen,  im  Lande  der 
Philister  eine  etwas  grössere  Kraft  zu  entfalten ,   so   haben  clian 

Ztschr._cl.  Pal.-Ver.  VII.  20 


29  ti 

jünes.  el-meihchdel  \n\A ßilüdsche  Aussicht,  Miidinjen  oder  Kai- 
makamijeu  zu  Averdeii. 

Der  fl-hulah  besitzt  grossen  WasserreicLthum  und  viele, 
allerdings  sehr  verwahrloste  Gärten  mit  Brunnen  nebst  einem 
l'almenhain.  Dschabüljü  und  nazlet  chchuhtilja  liegen  ganz  ver- 
steckt in  den  Baumgärten  von  Gaza;  ersteres  hat  ehi  Minaret 
und  letzteres  ist ,  wie  der  Name  sagt  und  die  Tradition  bezeugt, 
eine  Gründung  von  chcJtahülJü  in  unmittelbarer  Nähe  desselben 
auf  derselben  Ebene.  Das  halb  versandete  hei  lüJijä  liefert  eine 
grosse  Menge  vortrefflicher  Äpfel.  Bei  der  -sw«/ führt  eine  neue- 
stens  restaurirte  Brücke  über  den  Wadi  Sumsum;  die  Brücken 
von  esdüd  \xi\i\.  j'ehyiä  sind  auch  neuestens  restaurirt  worden.  Bar- 
bara liefert  weisse  Trauben  mit  grossen  Beeren.  Die  Bewohner 
von  el-dscliora  und  el-medschdel  arbeiten  fortwährend  an  der  Eut- 
steinung  von  Askalon.  Vor  einem  Jahre  fanden  sie  eine  Statue 
und  zertrümmerten  sie  sogleich .  damit  sie  nicht  in  die  Hände 
der  Regierung  falle.  Damals  entdeckte  man  auch  eine  aus  meh- 
reren Figuren  bestehende  .Sculptur-Arbeit  von  minderer  Bedeu- 
tung, wie  es  scheint.  Die  Kegierrmg  nahm  den  Fund  in  Augen- 
schein, that  aber  seitdem  nichts  mehr  in  dieser  Angelegenheit. 
El-achms  und  el-aacliraf  sind  ausser  zur  Erntezeit  beinahe  uube- 
w  ohnt.  Mesmtje  ist  eine  lialtestation  auf  dem  AVege  von  Gaza 
nach  Jerusalem  und  umgekehrt.  Dschiljä  ist  ein  erst  seit  neue- 
ster Zeit  wieder  bewohntes  Dorf  bei  ed-dnehhe.  Stonel  heisst  auch 
barakat  el-chaUl,  weil  es  zum  Wakf  der  Moschee  in  Hebron  ge- 
hört.   Sawäflr  el-wakf  \\e\s,&t  auch  sawäflr  el-mahtaa. 

Dem  Wortlaute  nach  bedeutet  cUän  jünes  Chan  des  Jonas, 
der  el-balah  Dattelkloster,  nazle  Gründung,  dschöra  Grube,  lafra 
Tropfen,  ÄT^^^^e  Kuppelchen,  teil  et-turmus  Wolfsbohnenhügel. 
kaukabe  ^iexw.  a iwin um  ^esa.in,  aräk  Höhlen,  dsc/iuseir  lirnck- 
k'in.  Die  mit  dem  Artikel  versehenen  Ortsnamen  werden  auch 
ohne  denselben  gebraucht;  die  übrigen  nehmen  ihn  nicht  au. 
Der  Beisatz  von  medschdel  ist  unbekannt.  Die  JSeelenzahl  wurde 
nicht  berücksichtigt,  weil  die  bisherigen  Angaben  offenbar  viel 
zu  niedrig  sind  und  weil  dermalen  eine  A'olkszählung  nach  euro- 
päischer Weise  vorgenommen  wird.  Hei  Zusammenstellung  des 
A'erzcichnisses  wurde  die  Ortsliste  der  Kegierung  zu  Grunde  ge- 
legt; dazu  kamen  Erkmidigungen  und  eigene  Anschauung.  A  on 
den  .')S  verzeichneten  Ortschaften  habe  ich    25   selbst  besucht. 


297 


15  wenigstens  gesehen,  dagegen  Ib  weder  besucht  noch  gesehen, 
aber  oft  davon  gehört. 

In  dem  Ortschaftenverzeichniss .  redigirt  von  Prof.  Socin 
(Zl)r\  .  II,  p.  135 ff.),  whd  nicht  ersichtlich  gemacht,  dass  die 
oben  erwähnten  neun  Ortschaften  des  Distriktes  bet  dschibrln 
zum  Kreise  Gaza  gehören ;  dieser  Umstand  scheint  auch  den  Kai- 
tographen  inirrthum  geführt  zu  haben.  Abu  sinceireh.  ahu  aohar. 
''arab  safrlje.  '  arab  söbar  und  arab  suweirke  sind  nicht  Ortschaf- 
ten, sondern  Beduinenlager ;  «'aklik«  existirt  nirgends,  üie  Be- 
hörden schreiben  konstant  iaj'äwl,  nicht  bafänije',  indessen  könnte 
letzteres  doch  etwas  für  sich  haben.  Statt  »sTidünn  ist  sweidän  zu 
schreiben  und  statt  Hlschism :  dschuseir,  statt  ^^'abdis« :  abdes  und 
statt  »dschrdisu:  dschüles,  statt  yErnghTir^c  moghcir.  Nebi  rübin  ist 
luibewohnt,  kaTa  das  Kastell  von  chcmjünes. 

Dr.  Hartmann' s  unhaltbare  Erklärung  des  Ausdrucks  nazle 
(vgl.  ZDPV.  VI.  p.  129  ff.)  ist  schon  berichtigt  w^orden;  nel- 
dschürm  ist  keineswegs  zu  schreiben,  sondern  entweder  el-dschöra 
oder  el-dschaura.  Bet  daräs  ist  nicht  identisch  mit  abu  smoeireh  ; 
■osikrlr^^  oder  vielmehr  siikreir  ist  unbewohnt;  ^IfZiiu  ist  keine  be- 
wohnte Ortschaft ;  y>let'inen  sagt  man  nicht,  wohl  aber  eltlne  und 
et-tlne ;  kubebe  hat  in  der  Kegel  den  Beisatz  el-gharblje  nicht. 

»Beit  Dirdis«  zAvischen  Gaza  und  Imdscli ,  »Beit  Tima«  bei 
dimre  und  «Yazür«  bei  el-medschdel.  welche  Ortschaften  auf  der 
Karte  van  de  Velde's  verzeichnet  stehen,  existiren  nicht.  Nazle 
ist  nicht  Majumas  und  »Teil  'Ajür«  nicht  Anthedon;  »Kefr  Hetteh« 
bei  der  el-balah  ist  kein  bewohnter  Ort;  »Kadüm  und  Saber« 
ebenfalls  nicht. 

Auf  den  Karten  zum  Ortschaftenverzeichniss  in  ZDPW  II 
ist.  wie  schon  bemerkt,  die  Grenze  des  Kreises  Gaza  gegen  He- 
bron und  Kamle  falsch  gezogen.  Statt  IF'.  each-schcrt a  sollte  es 
heissen  W.  (jhazze ;  esch-schei-f  a  heisst  der  Mittellauf  desselben. 
Der  el-balah  liegt  südlich  davon.  Gierin,  dessen  Angaben  sonst 
ziemlich  richtig  sind.  exwdXint fcdüdsche  zweimal,  als  ob  es  zwei 
Orte  dieses  Namens  gäbe. 

In  dem  obitjen  Verzeichnisse  wurden  die  Ortschaften  der 
westlichen  Reihe  von  Süden  nach  Norden  angeführt,  die  der 
östlichen  dagegen  von  Norden  nach  Süden ;  dabei  wurden  jedoch 
die  zum  Distrikt  Bet  Dschibrin  gehörigen  ausgeschieden  und  ans 

Ende  gesetzt. 

20» 


298 

In  Majuniai-  Avurdeu  bei  achtzig  grosse  irdene  Krüge  nach 
Art  der  gesendeten  Zeichnung '  ausgegraben  :  fünfzig  davon  un- 
verletzt. 

Gaza,   den  3«'.  März  1SS4. 

Nachschrift  der  Redaction.  Die  obige  Namenliste  ist 
genau  nach  dem  Manuscripte  des  Herrn  Verfassers  wiedergege- 
ben, d.h.  es  ist  auch  an  der  Transcription  der  Namen  nichts 
geändert  Avorden.  Da  Herr  Gatt  offenbar  die  Namen  und  ihre 
Aussprache  so  geben  will,  wie  sie  an  Ort  und  Stelle  üblich  sind, 
schien  es  mir  das  Beste  zu  sein .  von  jeder  redactionellen  Ände- 
rung in  der  Transcription  abzusehen.  Doch  bemerke  ich .  dass 
man  nach  der  arabischen  Namensform  von  Nr.  52  die  Aussprache 
tl-fZilmhchi  nicht  cl-jZäud&che  und  Nr.  5S  die  Aussprache  karä- 
1\f(i  statt  karäilje  fordern  sollte.  H.  Güthe. 


Vgl.  ZDPV.  VII.  p.  7.     Die  Redaction. 


Die  orthodoxe  Palästina-Gesellschaft  in  Rnssland. 

Mittheiliingen  von  H.  Gllthe. 


Durch  die  Güte  Sr.  Excellenz  des  Herrn  Staatsraths  JJ.  lli- 
TROwo  in  Petersburg  ist  Anfang  September  1SS3  ein  stattliches, 
prächtig  ausgestattetes  Heft  von  123  Seiten  in  gr.  8"^  in  meine 
Hände  gekommen,  das  über  die  Anfänge  eines  russischen  Palä- 
stina-Vereins genauere  Kunde  giebt.  Dasselbe  führt  den  Titel: 
Bericht  der  orthodoxen  Palästina-Gesellschaft  über  das  Jahr 
1882/83  (Petersburg  1883)  und  enthält  ausser  dem  in  russischer 
Sprache  geschriebenen  Text  noch  6  grosse  in  Farbendruck  aus- 
geführte Tafeln,  auf  die  ich  unten  zurückkommen  werde.  Der 
Text  umfasst  folgende  Mittheilungen: 

1)  Bericht  der  orthodoxen  Palästina- Gesellschaft,  gelesen 
von  dem  Schriftführer  M.  P.  Stefano w  in  der  Sitzung  vom  2. 
Decbr.  1882.  S.  1—7. 

2)  Eeligiöse  Bedeutung  des  heiligen  Landes.  Kode  gehalten 
von  dem  Vice-Präsidenten  T.  J,  Philippow  in  der  Sitzung  vom 
2.  Decbr.  1882,  S.  9—30. 

3)  Bericht  der  orthodoxen  Palästina-Gesellschaft,  gelesen 
von  dem  Schriftführer  M.  P.  Stepanoav  in  der  Sitzung  vom  14. 
März  1883,   S.  31—38. 

4)  Die  Aufgaben  der  -wissenschaftlichen  Erforschung  des 
heiligen  Landes .  Rede ,  gehalten  von  dem  Staatsrath  Präsident 
B.  N.  HiTROwo  in  der  Sitzung  vom  14.  März  1883.   S.  39— 6u. 

5)  Bericht  der  orthodoxen  Palästina-Gesellschaft  über  das 
Jahr  1882/83,  gelesen  von  dem  Schriftführer  M.  P.  Stkpaxow 
in  der  Jahressitziing  vom  26.  April  1883,   S.  61 — 76. 

6)  Statuten  der  orthodoxen  Palästina-Gesellschaft.  S.  77 — 90. 

7)  Abbildung  des  Allerhöchst  bestätigten  Ordens  der  ortho- 
doxen Palästina-Gesellschaft  für  die  Ehrenmiti^lieder  (Tafel  in 


30(1 

Farbendruck  mit  zugehöriger  Erklärimg.  An  die  J^hrenmitglie- 
der  wird  das  Abzeichen  in  Gokl.  an  die  wirklichen  Mitglieder  in 
Silber,  an  die  arbeitenden  Mitglieder  in  Bronze  verliehen). 

Sj  Anfnif  zur  Förderung  der  Zwecke  der  Gesellschaft.  S.9lf. 

9)  Verzeichnis?  der  Beamten  der  orthodoxen  l\^lästina-Ge- 
sellschaft,   S.  93 f. 

10;   Liste   der  Mitglieder  der  orth.  1*.-Ges.  seit  dem   1.  Mai 
1SS2,  S.  93— lOS. 

11)  Kechnimg  der   orth.   I^al.-Ges.  vom  21     Mai   1SS2    bis 
1.  März  1SS3,   S.  109—112. 

12)  Yerzeichniss    der  Mitgliederbeiträge  und    Geldspenden, 
eingegangen  vom  21.  Mai  1882  bis  1.  März  18S3.   S.  113—123. 

Nach  diesen  Mittheilungen,  deren  für  diese  Zeilen  wenig- 
stens genügende  Kenntniss  ich  der  gütigen  Hülfe  meines  hiesi- 
gen Collegen.  des  Herrn  Dr.  R.  Scholvin,  verdanke,  verehrt  die 
orthodoxe  Palästina-Gesellschaft  als  ihre  Gründer  42  Personen, 
an  der  Spitze  Ihre  k.  Hoheiten  die  Grossfürsten  Sergei  Alexan- 
drowitsch  und  Michail  Michailowitsch.  Ich  nenne  ferner  Philip- 
])ow.  Hitrowo.  Wasiljewsky :  Kobeko,  Stepanow,  Lermontow, 
Mansurow,  Troizky  als  die  Namen  derjenigen  Personen,  denen 
hauptsächlich  die  Leitung  der  Gesellschaft  anvertraut  ist.  Am 
2 1 .  Mai  1882  ist  sie  an  die  Öffentlichkeit  getreten  mu\  zählte  Ende 
April  1883  bereits  insgesammt,  in  allen  Abtheilungen.  405  Mit- 
glieder, darunter  S.  M.  den  Kaiser  und  L  M.  die  Kaiserin  so-vvie 
10  Grossfürsten  und  Fürstendes  russischen  Hofes,  ferner  102 
Geistliche,  vom  Metropoliten  abAvärts  bis  zimi  Diakon.  Sie  zer- 
fällt in  drei  Abtheilungen ,  deren  erste  )^gelehrte  Arbeiten  und 
Forschungen«  verfolgt,  deren  zweite  sich  »der  Unterstützung  der 
orthodoxen  IMlger«  widmet.  Avährend  die  dritte  sich  die  »Pflege 
des  orthodoxen  Glaubens  im  heiligen  Lande«  zur  Aufgabe  ge- 
stellt hat.  Die  Beitretenden  bestimmen.  Avelchen  dieser  drei  Ab- 
theilungen sie  angehören  wollen.  Die  oberste  Leitung  ist  eine 
einheitliche  und  wird  von  dem  Präsidenten  und  einem  Rath  aus- 
geübt. Das  Präsidium  führt  gegenwärtig  der  Grossfürst  Sergei 
Alexandrowitsch ;  dem  Rathe  gehören  2  andere  Präsidenten 
iPhilippow  und  Hitrowo),  3  Mitglieder  der  Gesellschaft,  die 
Präsidenten  der  3  Abtheilungen,  der  Kassirer  und  2  Schriftfüh- 
rer an.  ])ie  Gesellschaft  theilt  sich  in  Ehrenmitglieder,  wirkliche 
oder    ordentliche    Mitglieder    und   arbeitende    Mitglieder.     Die 


301 


Ehienniiti^liedschaft  kann  entweder  an  verdiente  Gelehrte  ver- 
liehen oder  durch  Zahlung  von  5000  Ruhel  erworben  werden. 
Wirkliche  (ordentliche)  Mitglieder,  deren  Zahl  vorläufig  auf  200 
beschränkt  ist,  verpflichten  sich  zu  einem  jährlichen  Beitrag  von 
25  Rubel  oder  werden  durch  eine  einmalige  Gabe  von  500  Rubel 
lebenslängliche  Mitglieder.  Für  die  arbeitenden  Mitglieder  be- 
laufen sich  die  entsprechenden  Zahlungen  auf  10  und  2 00  Rubel. 
Die  Thätigkeit  der  Gesellschaft  umfasst  folgende  Aufgaben : 
Stellung  von  Preisfragen ,  Ausrüstung  von  Expeditionen  nach 
Palästina  und  Untersuchungen^an  Ort  iind  Stelle,  Vorträge  in  den 
Versammlungen  der  Gesellschaft,  Herausgabe  von  Abhandlun- 
gen, periodischen  Schriften  und  Sammelwerken  Sbornik),  Unter- 
stützung der. Pilger,  Leitung  von  Pilgerkarawanen,  Bau  von 
Hospizen  und  Krankenhäusern  in  dem  h.  Lande.  Ferner  »ver- 
sieht die  Gesellschaft  die  Funktionen  der  Palästina-Commissio- 
nen  im  AusAvärtigen  Amt  xmd  bemüht  sich  im  Einklang  mit  den 
russischen  [Missionen  und  dem  russischen  Konsulat  in  Palästina 
zu  arbeiten«.  Die  Gesellschaft  erwirbt  ihre  Mittel  durch  die  ein- 
maligen und  jährlichen  Beiträge  der  Mitglieder,  durch  Sammlun- 
gen in  Kirchen  und  anderen  öffentlichen  Orten,  durch  die  Er- 
träge von  Sammelbüchern,  durch  Geschenke  wohlthätiger  Geber 
für  allgemeine  und  besondere  Zwecke,  und  endlich  durch  den 
Gewinn  aus  geschäftlichen  Unternehmungen,  wie  Druck- 
werke etc. 

Die  orthodoxe  Palästinagesellschaft  verfügt ,  wie  sich  nach 
den  obigen  Angaben  leicht  vermuthen  lässt,  über  bedeutende 
Mittel.  Li  dem  Gabenverzeichniss  sind  Beiträge  von  200  und 
500  Rubel  gar  nicht  selten,  ja  einige  Male  finden  sich  Tausende. 
Die  Gesammteinnahme  bis  zum  1.  März  1S83  beträgt  48,403 
Rubel  S4  Kop.  Freilich  bedarf  die  Gesellschaft  für  ihre  mannich- 
faltigen  Zwecke  auch  um  so  grösserer  Mittel.  Li  dem  ersten 
Jahre  hat  die  Avissenschaftliche  Abtheilung  der  Gesellschaft  mehr 
als  die  beiden  übrigen  verausgabt.  Während  «für  die  Pflege  des 
orthodoxen  Glaubens  im  h.  Lande«  1650  Rubel  für  Renovation 
von  Gotteshäusern  und  für  Schulen),  »für  die  Unterstützung 
russischer  Pilger«  1  59  R.  07  Kop.  unter  den  Ausgaben  verzeich- 
net stehen,  beträgt  der  Aufwand  »^für  gelehrte  Forschungen« 
4132  R.  02  Kop.  Das  meiste  Geld  hat  freihch  Nr.  IV  der  Aus- 
gaben verschlungen :    i^ Abzeichen .   Diplome .    Heiligenschränke 


302 


und  Sammelbüchsen  für  die  Sammlunjj:  von  Beiträgen«,  nämlich 
72S5  Rubel  50  Kop..  fast  die  Hälfte  der  gesammten  Ausgabe, 
die  sich  auf  15.u59K.99K.  beziffert.  Die  Rechnung  schliesst  mit 
einem  Vberschuss  von  33.343  R.  S5  K.  ab. 

Die  obigen  Mittheilungen  zeigen  femer.  dass  der  Verein 
mit  seinen  wissenschaftlichen  Zwecken  die  national-kirchlichen 
aufs  engste  verbunden  hat.  Die  Aufgaben,  die  in  Deutschland 
und  England  getrennt  verfolgt  werden,  insofern  z.  H.  in  Deutsch- 
land der  evangelische  Jerusalemsverein  in  Berlin  und  der  katho- 
lische Verein  vom  heiligen  Grabe  in  Köln  ihre  kirchlichen 
Zwecke  schiedlich  und  friedlich  neben  den  wissenschaftlichen 
unseres  Palästina-Vereins  besorgen.  —  ja  Avie  es  scheint  in  ge- 
wissem Grade  sogar  die  Pflichten  des  Staates  vgl,  S.  78.  Nr.  9 
des  russischen  Berichtes  und  meine  Angabe  auf  S.  103]  hat  der 
russische  Verein  neben  einander  auf  seine  Fahne  geschrieben. 
Die  Bereinigung  dieser  wohl  verwandten,  aber  nach  unseren  Er- 
fahrungen besser  zu  trennenden  Dinge  erscheint  in  der  That  in 
Russland,  avo  die  Kirche  aufs  engste  an  den  Staat  geknüpft  ist 
und  im  Volksleben  noch  immer  die  dominirende  Stellung  inne 
hat.  eher  möglich  als  in  einem  anderen  Lande.  Ob  nun  jede  der 
drei  Abtheilungen .  ob  besonders  die  wissenschaftlichen  For- 
schungen —  das  interessirt  uns  am  meisten  —  dadurch  keine 
Trübung  erfahren  und  zu  vollkommen  freier  Bewegung  kommen, 
wird  sich  in  der  Zukunft  zeigen.  Der  russische  Verein  bedarf 
dazu  vor  allen  Dingen  in  l'alästina  Männer  von  |allseitiger  Bil- 
dung und  grosser  praktischer  Erfahrung.  Sonst  könnte  der  eine 
Zweck  leicht  über  dem  andern  geschädigt  werden.  In  Jerusalem 
besitzt  der  russische  Verein  an  dem  wegen  seiner  Begabung,  Ge- 
lehrsamkeit und  Liebenswürdigkeit  allgemein  geachteten  Archi- 
mandriten  Amomn  ^  augenblicklich  freilich  einen  für  diese  man- 
nichfaltigen  Aufgaben  in  hohem  Grade  geeigneten  Vertreter. 
Aber  es  wird  nicht  leicht  sein ,  solche  Männer  in  grösserer  An- 
zahl zu  finden. 

Der  Bericht  des  ersten  Schriftführers,  des  Herrn  M.  P. 
Stepanoav,  S.  61 — 76.  giebt  von  den  ersten  wissenschaftlichen 
Unternehmungen  des  Vereins  genauere  Kunde.    Herr  Professor 


1    Herr  AXTOXIX  ist  ebenso  wie  Herr  Staatsrath  HiTROwo  auch  Mitglied 
unseres  Vereins. 


303 

A.  A.  Zagarelli.  der  den  Lesern  unserer  Zeitschrift  durch  die 
gütigst  übernommene  Entzifferung    einer   georgisclien  Inschrift 
bekannt  geworden  ist  [\g\.  ZDPV.  I^'.  222 f.),  hat  nach  grusini- 
schen (georgischen)  Schriftwerken   und  Alterthümern  auf  dem 
Sinai  und  in  Palästina  geforscht.     Auf  dem  Sinai   fand    er  91 
grusinische    Handschriften    patristischen    Inhalts,     von    denen 
-vier   auf   Papyrus    geschrieben    sind    und   als    das    älteste    be- 
kannte Denkmal  dieser  Sprache    bezeichnet   werden.    Die  For- 
schungen   dieses    Gelehrten    in   Palästina   waren   zur    Zeit   der 
Abfassung   des   Berichtes   noch    nicht  zum  Abschluss   gekom- 
men.    Femer   hat  der  Verein  in  Jerusalem  auf  einem  \on  der 
russischen  Regierung  im  Jahre   1859    angekauften   Platze,    der 
südöstlich  von  der  Grabeskirche  ,  zwischen  der  Chan  ez-Zet  ge- 
nannten Strasse  luid  dem  Haupteingang  zur  Grabeskirche  gele- 
gen ist,  seit  dem  7.  März  1882  Ausgrabungen  vornehmen  lassen, 
die  der  schon  genannte  Archimandrit  Antonin,    Vorsteher  der 
russischen  Mission  in  Jerusalem,  geleitet  hat.    Vor  dem  Beginn 
der  Ausgrabungen  sind  durch  Herrn  Baurath  C.  Schick  genaue 
Pläne  aufgenommen  worden,  die  die  orthodoxe  Palästina-Gesell- 
schaft als  Anhang  ihres  ersten  Jahresberichtes  veröffentlicht  hat ; 
durch  dieselben  ist  also  die  bisherige  Beschaffenheit  des  Platzes 
fixirt  worden.    Da  mir  der  Bericht  über  die  Ergebnisse  der  Aus- 
grabungen noch  nicht  vorliegt,  so  kann  ich  nur  nach  einem  Briefe 
des  Herrn  Staatsrath  Hitrowo  mittheilen,   dass  namentlich  zwei 
Funde  zu  genauer  Prüfung  anregen.  Man  ist  nämlich  »auf  grosse 
Reste  altjüdischer  Mauerwerke«  gestossen,    die  »vielleicht  Aus- 
kui^ft   über   die  Richtung    der   zweiten  Jerusalemmauer   geben 
werdcD«.     Ferner  ist  ein  interessantes  byzantinisches  Thor  zum 
Vorschein  gekommen ,    aber  von  der  Konstantinischen  Basilika 
haben  sich  keine  Spuren  gefunden.   »Sind  sie  mit  der  Zeit  ver- 
schwunden oder  sollen  wir  vermuthen,   dass  alle  vorhandenen 
Versuche  zu  ihrer  Reconstruction  nach  der  ungenauen  Beschrei- 
bung von  Eusebius  unrichtig  sind'Af   So  fragt  Herr  Hitro wo.  Der 
von  den  Russen  erworbene  Platz  deckt  sich  aber  mit  dem  Räume, 
auf  dem  die  Basilika  des  Konstantin  gesucht  zu  werden  pflegt. 
nur  zum  Theil,  so  dass  das  völlige  Verschwinden  aller  Reste  der- 
selben durch  das  in  dieser  Beziehung  negative  Ergebniss  der  nis- 
sischen  Arbeiten  doch  noch  nicht  ganz  bewiesen  ist.     Freilich 
sind  die  Säulenstümpfe,  die  sich  aus  dem  Aufstieg  am  westlichen 


304 

Rande  des  Chan  ez-Zet  erheben  und  gewöhnlich  als  Reste  vom 
Säulenschmiick  des  Basilikaportales  betrachtet  werden,  ohne  die 
wünschenswerthe  Ergänzung  in  ihrer  bisherigen  seltsamen  Iso- 
lirtmg  geblieben.  —  Von  grosser  Wichtigkeit  wäre  es,  wenn  an 
dieser  Stelle  deutliche  Spuren  der  sog.  zweiten  Mauer  (des  Jose- 
phus)  durch  die  Ausgrabungen  des  russischen  Vereines  zu  Tage 
gekommen  wären.  Bisher  war  nur  eine  ziemlich  hochliegende 
Schicht  von  alten  Steinen  in  einem  Holzmagazin  neben  dem 
Chan  ez-Zet  sichtbar.  Sie  ist  bereits  von  mehreren  Seiten  auf 
die  vielgesuchte  zweite  Mauer  gedeutet  worden.  Doch  ehe  man 
nicht  ihre  Fortsetzung  seitwärts  und  namentlich  in  die  Tiefe 
hinab  genauer  festgestellt  hat,  fehlen  die  sichern  Stützen  für  jene 
Deutung.  Ob  dieses  gelungen  ist,  lässt  sich  aus  den  vorliegenden 
Tafeln  Schick  s  nicht  erkennen ;  das  Avird  erst  der  in  Aussicht 
gestellte  Bericht  über  die  Ausgrabungen  mit  seinen  Beilagen 
lehren . 

Herr  Hitrowo  theilt  mir  ferner  gütigst  mit,  dass  zwei  grie- 
chische Pilgerschriften  auf  Kosten  der  Gesellschaft  neu  heraus- 
gegeben werden  sollen;  nämlich  der  bereits  bekannte Epiphaxius 
c.  1170  nach  Tobler  Bibliogr.  17)  auf  Grund  eines  in  Moskau 
gefundenen  Codex  und  ein  bisher  nicht  bekannter  Meletios  aus 
dem  Ende  des  11.  Jahrhunderts.  Es  harrt  gcAviss  in  den  russi- 
schen Bibliotheken  noch  manche  ältere  Pilgerschrift  ihrem  Ent- 
decker entgegen ,  deren  Veröffentlichung  um  so  nützlicher  zu 
werden  verspricht,  als  wir  die  durch  sie  mitvertretenen  palästi- 
nensischen Traditionen  der  morgenländischen  Christen  nament- 
lich vor  den  Kreuzzügen  wenig  kennen.  ]3urch  eine  tüchtige 
Herausgabe  derselben  wird  sich  die  orthodoxe  Palästina-Gesell- 
schaft sehr  verdient  machen.  Und  in  dem  heiligen  Lande  selbst 
ist  noch  so  viel  zu  untersuchen  und  zu  erforschen,  dass  die  eine 
Gesellschaft  in  der  freundlichen,  gewissenhaft  imteniommenen 
('oncurrenz  einer  andern  keine  Gefahr  für  sich  selber  zu  er- 
blicken hat.  Wir  begrüssen  daher  die  »orthodoxe  Palästina-Ge- 
sellschaft« mit  Freuden  als  eine  neue  Genossin  an  der  For- 
schungsarbeit in  jenem  Lande  und  wünschen  ihren  wissenschaft- 
lichen Unternehmungen  das  beste  Gedeihen. 

Nachschrift.    Am    15.   Oct.   d.  J.  kam  mir   eine    zweite 
Sendung  von  Drucksachen  der  orthodoxen  Palästina-Gesellschaft 


305 

zu.  -wiederuin  von  einem  IJriefe  des  Herrn  Hitkowo  begleitet. 
Dieselbe  setzt  mich  in  |den  Stand,  die  im  Jahre  1883  erschiene- 
nen DruckAverke  der  ^rnssischen  Gesellschaft  vollständig  zu 
nennen  und  damit  die  Angaben  Prof.  Socin's  in  dem  oben  ver- 
öffentlichten Literaturbericht  über  1883  zu  ergänzen.  Die  von 
der  orthodoxen  Palästina-Gesellschaft  herausgegebenen  Druck- 
sachen erscheinen  entweder  als  besondere  Schriften  mit  dem 
Vermerke  »herausgegeben  v.  d.  orthod.  P.-Ges.«  oder  als  Hefte 
des  Pravoslavnyj  Palestinskij  Sbornik,  dos  »orthodoxen  Palästina- 
Sammelwerkes«,  das  die  Gesellschaft  veröffentlicht.  Von  diesem 
letzteren  ist  1883  Pand  I,  Heft  1—3  und  Pd.  II,  Heft  1  erschie- 
nen, die  folgenden  Inhalt  haben:  1)  P.  N.  Hitroavo,  Der  ortho- 
doxe Glaube  im  Heil.  Lande.  2)  Derselbe,  Der  Pilger  von  Por- 
deaux,  3)  M.  A.  Wenewitinow ,  Reise  des  russischen  Igumen 
Daniel  1106—1108  n.  Chr.  Erste  Hälfte.  XXII,"  96  S.  —II,  l) 
A.  W.  Jelissejew,  Reise  nach  dem  Sinai  im  Jahre  1881.  197  S. 
Bd.  I,  Heft  1  und  2  habe  ich  nicht  erhalten  und  vermag  daher 
über  ihren  Inhalt  nichts  Näheres  anzugeben.  Pd.  I,  Heft  3  ist 
die  erste,  mit  Penutzung  von  70  Handschriften  erfolgte  kriti- 
sche Ausgabe  der  Pilgerschrift  Daniel's.  Es  ist  schade,  dass  sie 
nicht  bereits  Prof.  Leskien  vorgelegen  hat.  als  er  die  deutsche 
rbersetzung  für  unsere  Zeitschrift  (VII,  17  ff.)  anfertigte.  So- 
bald diese  kritische  Ausgabe  vollendet  ist,  wird  jedoch  Prof. 
Leskien  eine  Vergleichung  seiner  Übersetzung  mit  dem  neuen 
Texte  vornehmen  und  das  Ergebniss  in  unserer  Zeitschrift  mit- 
theilen. —  Zu  diesen  Schriften  kommt  für  1883  noch  der  oben 
besprochene  Pericht  über  das  Jahr  1882/83.  Die  hier  erwähnten 
Drucksachen  sind  sämmtlich  in  dem  gleichen  Format  (gr.S")  und 
in  der  gleichen  schönen  Ausstattung  erschienen,  t'ber  die  Schrif- 
ten aus  dem  Jahre  1884,  besonders  über  die  Ergebnisse  der  Aus- 
grabungen, die  noch  im  Laufe  dieses  Jahres  veröffentlicht  Aver- 
den  sollen,  behalte  ich  mir  Aveitere  Mittheilungen  vor.  Ich 
schliesse  mit  dem  Ausdruck  meines  lebhaften  Dankes  für  die 
bisherigen  Sendungen   Sr.  Excellenz  des  Herrn  Staatsrathes  Hi- 

TROAVO. 

22.  November  1884.  H.  Guthe. 


Correspoudeuzeu. 


Syna  mons.  Für  seine  Ansicht  über  die  Lage  des  Si- 
nai führt  Tischendorf  «Ans  dem  heihgen  Lande«  eine  Notiz 
ans  Antoninns  Burdigalensis  an .  -welche  Ebeks  in  seinem  »Durch 
Gosen  zum  Sinaic  S.  "411  der  ersten  Auflage  bespricht.  »Beim 
dritten  Meilenstein  erhebt  sich  der  Berg  Syna.  wo  sich  eine 
Quelle  beündet.  in  welcher  ein  Weib .  wenn  es  in  ihr  badet, 
guter  Hoifnung  wird«i).  Da  die  Stelle  bei  Ebers  in  der  zweiten 
Auflage  (S.  42 2 f.  ISSl)  unverändert  wiederholt  ist,  sei  hier  eine 
Bleistiftbemerkung  abgedruckt,  welche  sich  im  Exemplar  der 
Stuttgarter  Bibliothek  zu  den  Worten  »beim  dritten  Meilenstein« 
auf  S.  411  der  ersten  Auflage  von  Ebers  findet:  »Von  Caesa- 
rea Palaestinae.  j.  ez-Zaineh  am  Südwestfuss  des 
Carmel.  Dies  Syna  hat  mit  dem  Sinai  nichts  zu 
schaffen«.  Einsender  hat  weder  Tischexdorf  noch  Antoninns 
Burdig.  zur  Hand,  denkt  aber  diese  von  unbekannter  Hand 
herrührende  Randbemerkung  werde  das  Richtige  getroffen  haben 
und  hofft  durch  ihre  Veröffentlichung  der  Aveitern  Fortpflanzung 
eines  schlimmen  Fehlers  zu  steuern ,  ohne  damit  dem  andern 
eben  so  schlimmen  Vorschub  leisten  zu  wollen,  in  Büchern  öffent- 
licher Bibliotheken,  auch  nur  mit  Blei,  Randbemerkungen,  und 
seien  es  die  richtigsten,  zu  machen. 

E.  Nestle. 


1)  Die  Notiz  stammt  nicht  aus  einem  "Antoninns  Burdigalensis«,  der 
überhaupt  nicht  existirt ,  sondern  aus  dem  bekannten  Pilger  von  Bordeaux. 
Das  Itinerarium  des  Antoninns  Augustus  hat  sie  gar  nicht.  Der  mons  Syna 
wird  erwähnt  in  der  Koute  von  Caesarea  Palästinae  über  Maximianopolis.  Scy- 
thopolis,  Neapolis  nach  Jerusalem.  Das  »ez-Zaineh«  der  Bleistiftbemerkung 
ist  räthselhaft;  vielleicht  ist  es  das  Umm  ez-Zenät  der  neueren  Karten.  Doch 
kennt  GvEiilN  Samarie  II,  245,  worauf  mich  Prof.  Gii.demeister  aufmerk- 
sam macht ,  am  Fuss  des  Karmel  eine  Ortslage  »Zeineh«.  Der  mons  Syna 
kann  nach  der  Entfernung  von  Caesarea  nicht  damit  zusammenfallen. 

GUTHE. 


307 


Zu  dem  Aufsatze  des  Herrn  Professor  Dr.  Prutz,  »die  Be- 
sitzungen des  Johanuiterordens  in  Palästina  und  Syrien«  (ZDPV. 
IV,  157  ff.  möchte  ich  mir  zwei  Berichtigungen  erlauben.  Auf 
S.  183,  Z.  7  Avird  das  SchlossMargat,  das  heutige  kal'at  el-markab 
auf  einen  ]>erg  etwa  halbwegs  zwischen  Tortosa  und  Dschebeil 
verlegt.  Dies  beruht  auf  einer  Verwechselung  von  dschehli  und 
(hchebeil  Bybios  ,  vor  der  schon  Ritter,  Vergleichende  Erd- 
kunde XVII,  892  im  Jahre  1854  gewarnt  hat.  Kai' cd  el-markah 
liegt  nördlich  von  Tortosa,  zwischen  diesem  und  dschehli.  —  Bo- 
kebeis.  ebend.  Z.  19,  ist  auch  heute  noch  in  der  ganzen  Gegend 
unter  diesem  Namen  bekannt ,  uiid  habe  ich  es  allenthalben  auf 
meinem  letzten  Ausflug  ins  Nusairier-Gebirge  (1881)  so  nennen 
hören.  Übrigens  findet  es  sich  sogar  auf  der  mangelhaften  und 
in  dem  Wenigen,  was  sie  bietet,  unzuverlässigen  Karte  von  Hey 
unter  dem  Namen  Kalaat  Kobeis.  An  eine  Zusammenstellung 
mit  el-Quobeyat  dieser  Karte  ist  nicht  zu  denken. 

M.  Hartmann. 


Latrün  und  'Am was.  Beide  Namen  fehlen  sowohl  in 
dem  nach  einer  Jerusalemer  Liste  (JL  in  ZDPV.  II,  p.  135  ff. 
von  SociN,  als  auch  in  dem  nach  dem  Staatskalender  für  Syrien 
vom  J.  1288  (SS)  in  ZDPV.  VI,  p.  102  fl".  von  mir  veröffentlich- 
ten Verzeichniss  der  Ortschaften  des  Liwa  Jerusalem.  Der  er- 
stere  steckt  jedoch  soAvohl  in  JL  als  in  SS.  der  letztere  wahrschein- 
lich wenigstens  in  SS. 

Nr.  1 1  des  Distriktes  er-ramle  in  SS  ist  trwan  geschrieben, 
könnte  also  etwa  tarwan  gelesen  werden:  ich  trug  dafür  ZDPV. 
VI.  p.  140  arglos  das  tarafcit  Socins  II,  p.  162  ein.  Es  giebt 
aber  weder  ein  taricän  noch  ein  iarafUt  im  Liwa  Jerusalem.  In 
beiden  steckt  Q»j-b^  afrün  mit  Weglassung  des  Artikels  für 
q.^Ip^I  [eralrüHj^  dessen  Anfangs-Alif  sich  bei  der  flüchtigen 
Schrift  des  Türken  zwischen  die  beiden  letzten  Buchstaben  ge- 
schoben hat.    Das  hat  auch  Selim  Schihäde  richtig  erkannt,    der 


308 

atär  eliulhar    Beirut  1SS2'  p.  19S  s.  v.  atrüii  das  iii  SS  zu  farwäti 
bemerkte  wieclergiebt  [  . 

Die  Niimensform  afrUn,  bezAv.  mit  Artikel  eV afrün  findet 
sich  Jäküt  s.  V.  atrün  und  Raudatain  II.  SS.  Jäküt  hat  daneben 
atturmi. 

Nach  Herrn  Prof.  Nöldeke  in  ZDPV.  VII.  141  Ündet  sich 
jedoch  noch  die  Form  Q.i^ijt  en-natrun  bei  Bahaeddin  passim, 
Raudatain  passim  und  Dm  Athir  11,  361:  12,  47  f.,  und  kommt 
der  Name  des  Ortes  in  Näsiri  Chosrau's  Reisebuch  19  in  der  ver- 
stümmelten Form  Qj.j'».i>  vor.  Nöldeke  schliesst  daraus,  dass 
der  Name  ursprünglich  Natrün  gelautet  habe  und  auf  die  Wurzel 
NTR  zurückgehe:  in  Q^-i>  könne  ^»^.jb  (mit  pers.  o  für  h) 
wiedergefunden  werden . 

Die  Schreibung  q»^^>^^  kann  nicht  in  Betracht  kommen; 
atmn  bezw.  eVatrun  ist  durch  die  Übereinstimmung  der  in  Orts- 
namen so  treuen  arabischen  Überlieferung  mid  der  darauf  be- 
ruhenden heutigen  Schreibung  mit  Jäküt  und  Rand.  1.  1.  ge- 
sichert. Zu  der  Ausstossung  des  Hamza  in  latrün  für  al' atrün 
vo-1.  vulgäres  marrit  luclira  für  marr?t  aVuchra  »ein  anderes  Mal«, 
auwil  bauwil für  auwal  bi'auAval  »zu  allererst«  u.  v.  a.  Beisp.  q»/^;^^ 
ist  ein  gewöhnlicher  Schreibfehler,  der  sich,  wie  so  viele,  aus 
einer  Handschrift,  aus  einem  Werke  in  die  späteren  vererbt  hat. 
Das  ist  jedenfalls  viel  Avahrscheinlicher .  als  dass  sich  ein  Nun 
in  der  Schreibung  oder  gar  in  der  Aussprache  verloren  haben 
sollte. 

Das  -jj-Jl^  Chosrau's  aber  erklärt  sich  viel  leichter  aus  einer 
Verstümmelungvon^j».!::  denn  aus  einer  solchen  von  Q.ylj.  ^  er- 
wechselungen  der  Gruppe  ^  oder  L^-  mit  _b  und  umgekehrt 
sind  in  der  Schrift  nicht  selten.  Ich  verweise  nur  auf  den,  auch 
sonst  für  dergleichen  Kunststücke  sehr  lehrreichen  Fall  VI,  p.  14S 
unten  :    .  Lä^L?  für  oLäJi=>.   Nachdem  der  Abschreiber  einmal  aus 

1,  Auch  den  Fehler,  dass  es  drei  Stunden  von  dem  Hauptorte  des  Krei- 
ses, Jafa,  entfernt  sei;  drei  Stunden  beträgt  seine  Entfernung  von  er-llamle; 
die  Zahl  über  dem  Namen  in  SS  bezieht  sich  also  hier  nicht  auf  die  Entfer- 
nung von  der  Kreisstadt  s.  VI,  p.  10:i;,  sondern  auf  die  vom  Hauptort  der 
Nähije:  das  gilt  auch  für  einige  andere  Namen  des  Distriktes  er-Kamle  in 
SS;  bei  anderen  ist  richtig  die  Entfernung  von  der  Kreisstadt  angegeben, 
z.  B.  Nr.  1  :  'äkir  4V2  Stunden. 


309 

dem  J_'  von  ^..^  ein  Li»  gemacht,  machte  er  sich  aus  dem  Gan- 
zen ein  ihm  Ijekanntes  Wort,  »Dame«;  zurecht. 

Das  furicn.  das  er  vorfand  ,    stimmt  mit  dem  auch  von  Jäküt 

gegehenen  ..ji^Ü.  Dies  ist  die  ursprüngliche  Form;  afrün  ist 
daraus  durch  den  Yorschlagsvokal  entstanden .  den  besonders  die 
syrische  Vulgärsprache  mit  ihrer  dem  Aramäischen  entlehnten 
vokallosen  Aussprache  eines  ursprünglich  vokalisirten  ersten 
Konsonanten  vor  einem  zweiten  vokalisirten  so  sehr  liebt  (z.  B. 
meist  deutlich:   umräd  für  muräd,   itfa"al  für  tafa"al  u.  v.  m.j. 

Der  Name  turün.  forun  kommt  mehrfach  vor;  über  seine 
Entstehung  und  ursprüngliche  F>edeutung  s.  Rey,  Colonies  fran- 
ques  en  iSyrie  p.  300  ^j ;  vgl.  auch  Wilh.  Tyr.  XI  cap,  5,  wonach 
ein  früher  Tibenin  genannter  Ort  »quoniam  in  monte  erat  excelso 
admodum  et  cacuminato«  von  Hugo  de  Sancto  Aldemar  den 
Namen  Toronum  erhielt,  und  Notice  sur  la  carte  etc.  in  Hist. 
occid.  I  p.  XXXYII. 

Die  Schwierigkeit  freilich,  dass  der  Name  torü7i.,  der  fränki- 
schen Ursprungs  ist.  wahrscheinlich  schon  bei  dem  älteren  C'hos- 
rau  vorkommt,  bleibt  noch  zu  beseitigen. 

Amwäs  findet  sich,  Avie  es  scheint,  in  JL  Socix's  nicht, 
auch  kein  Name,  der  irgendwie  damit  zusammengestellt  werden 
könnte.  In  SS  möchte  ich  das  ^y.lA>o>,  Nr.  10  der  näliije  ellidd, 
für  daraus  verstümmelt  halten.  Die  Verweisung  auf  Nr.  17S  von 
JL  VI  p.  138  ist  ein  Druckfehler. 

l^eirut.    11.  August  1884. 

M.    H.\KTMANN. 

1)  Das  dort  erwähnte  Dorf  tonm  in  der  'avik-Ehewe  liegt  genauer  halb- 
wegs zwischen  der  Karasu-  und  der  Muradpascha- Brücke,  doch  ein  wenig  ab- 
seits von  der  Strasse. 


310 


Berichtigungen  und  Nachträge. 

Das  Grossherzogliche  orientalische  Münzkabinet  zu  Jena  enthält  nicht, 
wie  im  vorigen  Hefte  der  Zeitschr.  S.  211  steht  »etwa  lUOO«,  sondernzehn- 
tausend  orientalische  Prägen. 

Jena,   12.  November  1884.  D.  Stickel. 


In  meiner  Übersetzung  des  Mukaddasi  S.  218  dieses  Bandes  Zeile  24  f. 

ist  zu  lesen  :    Die  ritt  »haben sechshundert    Drachmen  ,  sind    aber 

unter  sich«  etc..  statt:  sind. . . .  sechshundert  d.  h.  sehr  viele),  unter  sich  etc. 

Bonn,   1.  Decbr.  18S4.  J.  Gildemeister. 


Meinem  Bericht  über  die  Institute  des  hochwürdigen  P.  Alphons  Maria 
Ratisbonne  S.  282 f.  dieses  Bandes  habe  ich  nachzutragen,  dass  derselbe  am 
ü.  Mai  d.  J.  in  St.  Johann    Ain  Kärim   bei  Jerusalem  gestorben  ist. 

"Wien,  1h.  Novbr.  1884.  K.  Schn.\bl. 


Druck  von  Brfitkopf  Ä-  Härtel  in  Leipzig. 


li.il'l  .1  U.MilMlK-nIVilnstiiia  Vcr.-i.is    H,l,\i:    llcitl. 


T.ilVl  l 


»^rKpK  Anstalt  von 


WA^npr  h  Dobi*«.  Lpfptit 


Leipzi'^  in  Cntmnission  bpiK.Bndf>l(or 


Zeitackrift  d-Deulscheii.PiLliigtma-Vei-gma  Bd.  VII. Haft  2 


Zur  Zeit  sehr.  dD  P  Vereins  \T1,S  119ff 

yojch  einem  Äbklcvts eh   dßs  Dr ^f.  ff.  Moi-dtm(Lnn.  aeze.iohnet. 


T«faE 


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PlAMNCOy 


EKT^OiCM 


ToNMMoyNCoy 


GeograLph-Anstalt  von 


Leipzig  inCoDUnissioiitei  K.BHedpkpr, 
^   ^  188-.. 


Wagr^JT  fDetfs.T.eipin^. 


m 


Zeitschrift 


des 


Ueiitsclieii  PalacNtiiia-Vcreiiis. 

Herausgegeben 

von  dem  geschäftsführenden  Ausschuss 

unter  dei'  verautwortlicheii  Redactioii 
von 

Prol\  Lic.  Hermaiiu  Giithe. 


Band  VIII. 

Mit  dreizehn  Tafeln  und  mehreren  Holzschnitten. 


-•»■»•- 


Leipzig  1885 
in  Commission  bei  K.  Bsetlekcr, 


Inhalt 

des  achten  Bandes  der  Zeitschrirt  des  Denlsehen 
Palästina -Vereins. 


Seite 
Nachrichten    über  Angelegenheiten   des  Deutschen  Vereins    zur 

l'irfurschung  Palästina'« 1 

Personalnaclirichten  und  geschäftliche  Mittheilungen     111.    XXVll.  XXIX 

llechenschaftsbericht  über  das  Vereinsjahr  1884 Vll 

Auszug    aus    der    Rechnung    über  Einnahme  und  Ausgabe   der 

Kasse  des  Deutschen  Palästina- Vereins  1884 XII 

Verzeichniss  der  vom  27.  April  1884  bis  zum  28.  Mai  1885  für 
die  Palästina -Bibliothek  eingegangenen  Bücher,  Zeitschrif- 
ten u.  s.  w XIV 

Verzeichniss   sämmtlicher  Mitglieder   des  Deutschen  Vereins   zur 

Erforschung  Palästina's XVII 


Zur  neueren  Geschichte  Jerusalems.  Von  1843—1884.  Ein  Über- 
blick von  Dr.  Ph.  Wolf,  Stadtpfarrer  a.  I) 1 

]  )ie  antiken  Städte  und  Ortschaften  im  läbanongebiete.     Von  A'. 

Fiirrcr  in  Zürich If« 

Neu  aufgedeckte  Felszisternen  und  Felsgemächer  in  Jerusalem.  Von 

C.  Schick  in  Jerusalem , 42 

Neu  entdecktes  Columbarium  am  Berge  des  bösen  Rathes  bei  Jeru- 
salem.   Von  C.  Schick  in  Jerusalem !•• 

Die  neu  entdeckte  Stephanskirchc  bei  Jerusalem.    Von  Pfarrer  A. 

Frei  in  Ebnat  (St.  Gallen) 5(1 

Felsengräber  in  Dschebata.    Von  G.  Schumacher  in  Haifa    ....  H(» 

Industrielles  aus  Gaza.    Von  G.  Gatt  in  Gaza '!'■• 

Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beiträge  zurKenntniss  der  aber- 
gläubischen Gebräuche  in  Syrien«  (Zl)PV.  VII,  79  fi'.).  Von 
M,  GrUnhaum  in  München ^t> 

Die  Lage  von  Taricheae.    Von  Superintendent  F.  Spiess  in  Gross- 

rudestcdt 'J5 


IV  Inhalt. 


Si>ite 


Die  Stadt  iSalaniias'*  bci'Antonimis  Placcntinus.    Von  J.  Gildemei- 

stcr  u\\\onn 100 

Dur  EinHnssder  Gcbirgswaldungen  im  nördlichen  Palästina  auf  die 
Vermehrung  der  wässerigen  Niederschläge  daselbst  von  Dr.  Leo 
Anderliml KU 

Beiträge    zur  Palästinakunde    aus    arabischen   Quellen.      Von   J. 

Gildemeister  in  Bonn 117 

Ein  Brief  des  Hohenpriesters  der  Samaritaner  Ja'kub  ihn  Harun. 

Mitgetheilt  von  Prof.  jB.  itrtw^z.srZi  in  Tübingen il',1 

Reste  eines  alten  armenischen  Klosters  auf  dem  Olberg  und  die  da- 
selbst aufgefundenen  Inschriften.  Von  Domkapitular  \)x.liivss 
in  llottenburg  a/N 155 

Über  die  angebliche  Aufdeckung  der  Eudokia-(Stephan8-)Kirche. 

Von  Domkapitular  Dr.  7itVss  in  llottenburg  aN I(i2 

Neu  aufgedeckteFelsengräbcr  bei  der  Grabeskirche  in  Jerusalem. 

Von  Baurath  C.  Schick  in  Jerusalem 171 

Die  Jerusalemfahrt  des  Friedrich  Eckher  von  Käpfing  und  Karl 
Grimming  auf  Niederrain  (lö25)  im  Auszuge  mitgetheilt  von 
Reinhold  Röhricht  und  Heinrich  Meisner 17-1 

Technische  Ausdrücke   der  Töpferei   und  AVeberei    in  Gaza.     Von 

G.  Gatt  in  Gaza 17«) 

H.  Clay  l'^umbull's  Kadesh  Barnea.  Nach  dem  Englischen  mitge- 
theilt und  besprochen  von  Prof.  H.  Guthe  in  Leipzig     ....  i?^2 

Die  zweite  Mauer  Jerusalems  und  die  Bauten  Constantins  am  hei- 
ligen Grabe.  Nach  russischen  Berichten  und  mit  Originalbei- 
trägen C.  Schick' s  herausgegeben  von  Prof.  //.  Guthe  in 
Leipzig 245 

Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Palästina- 
literatur 1884.     Von  Prof.  A.  Socin  in  Tübingen 288 

Correspondeiizen .65.  146.  242.  333 


Bücheranzeigen :  3Ioritz  Engel,  die  Lösung  der  Paradiesesfrage.  — 

Oort,  Atlas  voor  l)ijbelsche  en  kerkelijke  geschiedenis.    .    .    .    233.  338 


Mittheilung  des  geschäftsführenden  Ausschusses 244 


Zu  Seite 
Tafel  I :  Felscisternen  und  Fclsgemächer  bei  Jerusalem.  Untersucht, 

gemessen  und  gezeichnet  von  C.  Schick  in  Jerusalem  1884  (Li- 

thogra])hie) 42  ff. 

Tafel  II :  Columbarium  am  Berge  des  bösen  Käthes  bei  Jerusalem. 
Unters.,  gem.  und  gez.  von  C.Schick  in  Jerusalem  1884  (Litho- 
grajibie) 4(5  ff. 

Tifel  HI:  Felsengräber  in  Dschebata.    Aufgenommen  und  gez.  von 

G.  Schumacher  in  Haifa  (Lithographie). 60  S. 


Inhalt.  \ 

Zu    Snit.' 

Tafel  IV .  Armenische  Inschriften  vom  Olberfije  bei  Jerusalem,  im 

Sommer  1881  copirt  von  ff.  6r'«^/(e  (Lithographie) 155  11". 

Tafel  V :  Neu  aufgedeckte  Felsengräber  bei  der  Grabeskirche  in 
Jerusalem.  Unters.,  aufgen.  und  gez.  von  C.  Schick  in  Jeru- 
salem ;Lithogr.  i 171  H'. 

Tafel  VI :  Die  Ausgrabungen  der  russischen  Palästinagesellschaft 
im  Osten  der  Grabeskirche  in  Jerusalem  1883.  Nach  russischen 
Quellen  gezeichnet  von  ff   Guthe  {lAxho^x.] 215  ff. 

Tafel  VII;  Plan  der  heiligen  Grabeskirche  undUmgebung.  Unters., 

gem.  und  gez.  von  C.  Sehick  in  Jerusalem  18S5  (Farbendruck)        259  ff. 

Tafel  VIII :  Plan  der  nördlichen  Hälfte  von  Jerusalem  mit  Angabe 
der  ].,  2.,  3.  und  jetzigen  Stadtmauer.  Aufgen.  und  gez.  von 
C.  Sr/i/cÄ-  1S83— 1885  (Farbendruck) 

Tafel  IX  :  Die  Burg  an  der  zweiten  Mauer  Jerusalems  und  ihre  Um- 
gebung.  Entworfen  und  gez.  von  C  <Sc/u'f7i;  1883  (Lithogr.) .    .  « 

Tafel  X  :  Profil  und  Durchschnitt  der  Burg  an  der  zweiten  Mauer 
Jerusalems  und  ihrer  Umgebung.  Entw.  u.  gez.  von  C.  Schick 
1^83  (Lithogr.) » 

Tafel  XI :  Die  Bauten  Constantins  am  heiligen  Grabe.  Auf  alten 
Fundamenten  rekonstruirt  von  C.  Schick  1883  (Lithogr.  Über- 
druck)      » 

Tafel  XII :  Längendurchschnitt  der  Anastasis  und  Basilika.  Re- 
konstruirt von  C.  Schick  1883  (Lithogr.) » 

Tafel  XIII:  Querdurchschnitt  der  Constantinischen  Basilika.    Ke- 

konstruirt  von  C.  Schick  1883  (Lithogr.) » 

Holzschnitte 51-  <*33.  336 


PersoiLilnachrichteii  und  geschäftliche  Mittheilaiigeu. 


Als  Mits^lieder  sind  dem  Vereine  beigetreten  : 

Frei,  A.,  Pfarrer  in  Ebnat,  Canton  St.  Gallen. 
Hagberg.  Hermann,  Pastor  in  Falun,  Schweden. 
Sienhouse,  Rev.  Dr.  Thomas,  in  London. 

Vereine : 

Deutsch-israelitiscber  Gemeindebund  in  Berlin. 
Jüdischer  Ijesezirkel  in  Fürth  (Kabbiner  Dr.  Neubürger^' . 

Dnrcb  den  Tod  verlor  der  Verein  die  Mitglieder : 

Abbot,  Ezra,  Professor  in  Cambridge  (Nordamerika) . 
Sieveh'ng,  Dr.  jur.  Herrn.,  in  Hamburg. 


Herr  G.  Schumacher  in  Haifa  hat  der  Redaction  über  seine  mit 
Unterstützung  des  Deutschen  Vereins  zur  Erforschung  Palästina' s 
unternommene  Reise  in  den  Dschölän  unter  dem  22.  October  1SS4 
folgende  vorläufige  Mittheilungen  gemacht : 

»Am  22.  August  verliess  ich  Haifa,  um  meine  Arbeit  zu  beginnen. 
Es  begleiteten  mich  zwei  Messgehülfen  (eingeschulte  Eingeborene), 
zwei  Soldaten,  ein  Mukäri.  ein  Koch .  ein  im  Photographiren  "nicht 
unerfahrener  Freund,  sowie  ein  jüngerer  Assistent.  An  den  betreffen- 
den Orten  wählte  ich  stets  landeskundige  Eingeborene,  die  mir  die 
Ortsnamen  nennen  und  über  andere  wissenswerthe  Ding?  Aufschluss 
geben  konnten.  Zuvor  jedoch  pflegte  ich  mit  dem  Schech  des  betref- 
fenden Ortes  eine  Recognoscirung  des  \imliegenden  Terrains  vorzu- 
nehmen und  mir  seine  zufälligen  Bemerkungen  zu  notiren.  die  ich  mit 
denen  der  anderen  Begleiter  vom  Dorfe  verglich. 


IV  Personaluachrichten  und  geschäftliche  Mittheilungen. 

Au  Tiberias  auschliessend,  mass  und  berechnete  ich  eine  Breite 
des  Sees,  nahm  das  Üstul'er  auf,  bestimmte  die  Höhe  von  Fik  durch 
verschiedene  Messungen,  bereiste  Kai  at  el-Hösn  und  dann  Fik  selbst. 
Nachdem  ich  hier  die  Basis  für  meine  Aufnahme  gemessen,  control- 
lirt  und  orientirt  hatte,  begann  ich  mit  Aufnahme  des  Terrains  nörd- 
licli  und  südlich  von  Hk  bis  Kafr  Härib  und  bis  an  den  Jarmük, 
wandte  mich  dann  östlich  bis  zumKukkäd  und  folgte  diesem  stromauf- 
wärts bis  an  die  untere  (südliche)  Brücke.  Dann  besuchte  ich 
nacheinander  den  Teil  el-Farras,  dessen  Krater  ich  genau  aufnahm, 
den  Nebi  Akäschi  bei  Bredscha  und  begab  mich  darauf  nach  Kune- 
tra.  Von  hier  aus  bestieg  ich  den  höchsten  der  Hügel,  den  Teil 
AbuVXedda,  dessen  gewaltigen  Krater  ich  ebenfalls  aufnahm,  ging 
dann  nördlich  am  Teil  'Aräm  und  Teil  Barram  vorüber  auf  die  Tulül 
Muchfi,  die  Schecha  und  den  Teil  el-ahmar  bis  an  die  Birket  er-Räm, 
die  ich  gleichfalls  aufnahm.  Doch  konnte  ich  die  Umgebungen  dersel- 
ben nicht  näher  durchforschen;  hierzu  sollte  ein  Geologe  von  Fach 
gegenwärtig  sein ,  der  die  sehr  interessante  Gebirgsformation  genau 
untersuchen  könnte.  Zum  Teil  Abul-Xedda  zurückgekehrt,  wandte 
ich  mich  südlich  gegen  den  Teil  el-Chanzir  und  Teil  Abu  Jusef,  dann 
westlich  zu  der  nach  dem  Jordan  abfallenden  Hochebene,  durchsuchte 
die  Ruinen  und  gelangte  bis  an  die  östlichen  Abhänge  des  Hüle-Sees 
und  des  oberen  Jordan ,  konnte  jedoch  nicht  in  die  Ebene  selbst  hin- 
absteigen, wenn  ich  den  Anschluss  an  Fik  in  sicherer  Weise  erreichen 
wollte.  Ich  durchsuchte  nun  den  Wädi  Dschoramäja  und  entdeckte 
dort  grosse  Dolmenfelder.  Von  den  interessanten  Ruinen  dieser  Ge- 
gend fertigte  ich  Skizzen  an.  Über  den  Teil  el-Muntär  reiste  ich  nach 
El  äl  und  nahm  den  Wädi  es-Samak  mit  Sküfije  etc.  auf.  In  El'äl 
photographirte  ich  Figuren  eines  Sarkophags,  erwarb  einen  Venus- 
kopf (?)  aus  Basalt  —  der  übrige  Theil  der  Statue  war  ebenfalls  ver- 
käuflich —  und  wandte  mich  dann  nach  Fik,  um  dort  meine  Reise 
abzuschliessen. 

Wir  begannen  unsere  Arbeit  mit  Sonnenaufgang  ,  unterbrachen 
sie  Mittags  auf  etwa  eine  Stunde  und  endeten  sie  mit  Sonnenunter- 
gang. Die  Temperatur  war  angenehm.  Nachmittags  wehten  stets 
kühle  Westwinde,  und  Nachts  schwankte  die  Temperatur  zwischen  10 
und  150  Cels.  —  Ich  habe  eine  Menge  Ruinen  und  Namen  fixirt,  die 
bisher  kaum  genannt  worden  sind.  Auch  ergab  sich,  dass  die  Wasser- 
betten der  vorhandenen  Karten  vielfach  falsch  eingetragen  worden 
sind.    Die  Inschriften,  die  ich  fand,   waren  meist  griechische ;  in  Skü- 


Personalnachrichten  und  geschäftliche  Mittheilungen.  V 

fije  und  FIk  entdeckte  ich  auch  aramäische ,  von  denen  icl»  Ab- 
klatsche anfertigte.  Unglücklicher  "Weise  aber  fiel  das  l'ferd,  das  diu 
Blechbüchse  mit  den  Abklatschen  trag,  beim  Überschreiten  des  Jordan 
in  den  Fluss ,  so  dass  dieselben  aufgeweicht  und  erheblich  beschädigt 
wurden.  Es  thut  mir  dies  um  so  mehr  leid,  als  ich  viel  Zeit  darauf 
verwandt  hatte  .  diese  Inschriften  abzuklatsclien,  und  um  iliretwillen 
in  Winkel  und  Höhlen  gekrochen  war.  die  nach  Aussage  der  Einge- 
borenen noch  kein  Europäer  vor  mir  betreten  hatte«. 

Eine  zweite  Reise  in  den  Dschölän  unternahm  Herr  Schumacher 
am  7.  December  1884.  Während  derselben  wurde  ihm  eine  Ortslage 
mit  unbedeutenden  Ruinen  Namens  Selükije  1  Stunde  nordöstlich  von 
El'^äl  gezeigt.  Dieser  Name  ist  offenbar  das  alte  Seleucia  in  Gaulani- 
tis  bei  Josephus  Antiq.  XIII.  15,  3.  Bell.  jud.  II.  20,  (>  etc.  Jedoch 
fasst  Herr  Schumacher  diesen  Fund  etwas  vorsichtig  auf.  Ferner 
entdeckte  er  einige  bisher  unbekannte  ürtslagen  auf  der  Ebene  el-Ba- 
til.ia  in  der  Nähe  des  Jordans  und  fand  in  Im  el-Kanätir  im  Gebiet 
des  Wadi  es-Samak  einige  interessante  Alterthümer. 

Herr  Schumacher  ist  gegenwärtig  damit  beschäftigt,  eine  Karte 
des  von  ihm  bereisten  Gebietes  anzufertigen.  Die  Redaction  hofft, 
diese  Karte  nebst  den  übrigen  Ergebnissen  der  Reise  des  Herrn 
Schumacher  noch  in  diesem  Jahrgang  der  Zeitschrift  veröffentlichen 
zu  können. 


Vor  kurzem  hat  die  orthodoxe  Palästina-Gesellschaft  in  Russ- 
land den  Bericht  über  die  Ausgrabungen  im  Osten  der  Kirche  des 
heiligen  Grabes  in  Jerusalem  herausgegeben.  Es  liegt  demselben 
eine  grosse  Anzahl  von  Plänen  und  photographischer  Ansichten  bei. 
In  Verbindung  damit  hat  Baurath  C.  Schick  seine  langjährigen  Beob- 
achtungen über  den  Lauf  der  sogenannten  zweiten  Mauer  veröffent- 
licht. Vielleicht  wird  es  möglich  sein ,  schon  im  nächsten  Hefte  die- 
ser Zeitschrift  nähere  Mittheilungen  über  diese  neuesten  Forschungen 
in  Jerusalem  zu  machen. 


I Geschlossen  25.  März  1885]. 

Die  Keiljictioii. 


Nachrichten 


über 


Angelegenlieiteu  des  Deutschen  Vereins 


zur 


Erforschung  Palästina's. 


Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VIII. 


Rechenschaftsbericht  üher  das  Vereiusjahr  1884. 


Die  Verhandlungen  über  das  »Deutsche  Palästina- 
Museum«  in  Jerusalem ,  über  die  ich  im  vorigen  Rechenschafts- 
bericht (ZDPV.  VII,  S.  VII  ff.)  nähere  Mittheilungen  machte,  haben 
im  vergangenen  Jahre  wenn  auch  nicht  eine  Lösung,  so  doch  ein 
vorläufiges  Ende  gefunden. 

Der  geschäftsführende  Ausschuss  sah  sich  durch  die  Nachricht 
von  dem  Verkauf  des  Museums  an  Herrn  ScHKEiiLER  in  Jerusalem 
vor  die  Thatsaehen  gestellt ,  dass  eine  Anzahl  von  Gegenständen, 
die  erst  in  Folge  meiner  Arbeiten  bei  Jerusalem  dem  Museum  ein- 
verleibt waren  und  zweifellos  dem  DPV  gehörten,  sowie  auch  die 
von  Herrn  Dr.  O.  Kersten  in  Berlin  neuerdings,  im  Vertrauen  auf 
das  Fortbestehen  des  »Deutschen  Palästina -Museums«  gestiftete 
werthvolle  Pflanzensammlung  (vgl.  ZDPV.  VI,  S.  226  ff.  VU,  S.Vm), 
an  Herrn  Schneller  mit  verkauft  und  dass  die  von  mir  zur  Er- 
haltung des  Museums  gemachten  und  von  dem  DPV  auf  Rechnung 
übernommenen  Auslagen  bei  dem  Verkauf  als  ein  dem  Deutschen 
Verein  in  Jerusalem  gehörender  Werth  betrachtet  worden  waren, 
ohne  dass  eine  Entschädigung  des  DPV  in  Aussicht  stand. 

Um  zunächst  das  Eigenthumsrecht  des  DPV  auf  gewisse  dem 
Museum  einverleibte  Gegenstände  zu  wahren,  habe  ich  am  23.  Mai 
1884  ein  Verzeichniss  derselben  an  Hei-rn  Schneller  gesandt  und 
zugleich  die  Frage  an  ihn  gerichtet,  ob  er  das  Eigenthumsrecht  des 
DPV  auf  die  bezeichneten  Gegenstände  anerkenne  und  ob  er  ge- 
neigt sei,  dieselben  bis  auf  weiteres  für  den  DPV  aufzubewahren. 
Herr  Schneller  Hess  mir  durch  seinen  Sohn,  Herrn  Pfarrer 
Schneller  in  Bethlehem,  unter  dem  24.  September  18S4  antworten, 
dass  er  selbstverständlich  auf  das  Eigenthum  des  DPV  keinen  An- 
spruch erhebe,  dass  er  die  betreffenden  Sachen  mit  den  Gegenständen 
seiner    eigenen    Sammlung    in   gleiche    Pflege    genommen   habe    und 


VIII 


dass  er  jederzeit  bereit  sei,  dem  DPV  alles,  was  als  dessen  Eigen- 
thum  ermittelt  werden  könne ,  zur  Verfügung  zu  stellen.  Jedoch 
könne  er  nicht  die  Verantwortlichkeit  dafür  übernehmen ,  dass  die 
Sachen  noch  vollständig  und  intakt  da  seien,  wie  ich  sie  in  meinem 
Verzeichnisse  erwähnt  hätte ,  und  müsse  den  "Wunsch  aussprechen, 
dass  das  Eigenthum  des  DPV  doch  möglichst  bald  ausgeschieden 
werde,  weil  bei  dem  stetigen  Wachsthum  seiner  eigenen  Sammlung 
die  Ausscheidung  immer  schwieriger  werde.  Am  27.  November 
IS84  dankte  ich  Herrn  Schneller  sen.  im  Namen  des  DPV  für 
seine  freundlichen  Zusagen  und  erneuerte"  die  Bitte,  diebetreffenden 
Gegenstände  für  die  nächste  Zukunft  in  den  Räumen  seiner  eigenen 
Sammlung  aufbewahren  zu  wollen.  —  Wenn  sich  auch  bezüglich 
des  von  mir  übersandten  Verzeichnisses  einige  Differenzen  ergeben 
haben ,  so  sind  dieselben ,  namentlich  gegenüber  den  obigen  Er- 
klärungen des  Herrn  Scknelleb.  von  geringer  Bedeutung.  Es 
kann  demnach  diese  Seite  der  Angelegenheit  als  in  befriedigender 
"Weise  erledigt  betrachtet  werden. 

Früher  schon,  als  ich  mich  an  Herrn  Schneller  wandte, 
hatte  ich  versucht,  die  Rechte  des  DPV  auf  Ersatz  der  zum  Besten 
des  Museums  gemachten  Auslagen  (vgl.  den  vorigen  Rechenschafts- 
bericht ZDPV  VII,  S.  IX)  zu  wahren.  In  demselben  Sinne  wurde 
unter  dem  19.  September  1884  im  Namen  des  geschäftsführenden 
Ausschusses  der  Vorstand  des  Deutschen  Vereins  in  Jeru- 
salem um  Auskunft  ersucht,  unter  welchem  Rechtstitel  die  dem 
Deutschen  Palästina- Vereine  zugehörigen  Bestandtheile  des  Museums 
mitverkauft  und  darnach  Frcs.  217,40  als  «"Ueberschuss  aus  dem 
Erlös  des  Museums«  im  8.  Jahresbericht  des  Deutsehen  Vereins 
aufgeführt  werden  konnten.  Die  vom  24.  October  1884  datirte 
Antwort  konnte  hinsichtlich  des  Hauptpunktes,  der  Rechtsfrage,  als 
eine  völlig  befriedigende  nicht  erachtet  werden.  Da  sie  jedoch 
sichtlich  von  dem  "Wunsche  eingegeben  war ,  eine  friedliche  Bei- 
legung der  Differenz  herbeizuführen ;  da  ferner  durch  das  freiwillige 
Entgegenkommen  des  Herrn  Schneller  die  Interessen  des  Palästina- 
Vereins  bereits  gewahrt  erschienen,  so  entschloss  sich  der  geschäfts- 
führende Ausschuss  —  besonders  auch  aus  Rücksicht  gegen  die  im 
Deutschen  Verein  befindlichen  Mitglieder  des  DPV  —  von  einer 
weiteren  Verfolgung  der  Angelegenheit  Abstand  zu  nehmen. 

So  ist  der  Gedanke,  schon  jetzt  ein  Palästina-Museum  in  Jeru- 
salem auf  Kosten  des  DPV  zu  erwerben  und  zu  unterhalten,   nicht 


IX 


zur  Ausführung  gekommen.  Derselbe  wird  aucl»  niclit  eher  wieder 
aufgenommen  werden  können,  als  bis  der  DPV  solche  Räume  in 
Jerusalem  erlangt  hat,  die  dauernd  für  die  Unterhaltung  eines 
Palästina-Museums  benutzt  werden  können.  Es  ist  zu  hoffen,  dass 
durch  den  geplanten  Neubau  auf  dem  Muristän  auch  für  diesen 
Zw'eck  geeignete  Räumlichkeiten  beschafft  Averden. 

Unter  den  Unternehmungen,  die  im  Jahre  1884  der  DPV 
unterstützt  hat,  ist  zunächst  der  Reise  des  Herrn  Professor  Dr.  W. 
A,  Neumann  aus  Wien  zu  gedenken.  Seine  Forschungen  in  Palästina 
von  Ende  Februar  bis  Mitte  April  erstreckten  sich  hauptsächlich 
auf  Tiberias  und  Umgegend,  auf  den  südlichen  Theil  des  Dschölän 
und  auf  die  nördlichen  Ausläufer  des  Dschebel  Adschlün  zwischen 
Edrä'^t  und  Umm  Kes.  Obgleich  Herr  Professor  Dr.  W.  A.  Neuman^ 
nur  einen  geringen  Theil  der  ihm  vom  DPV  zur  Verfügung  ge- 
stellten Mittel  in  Anspruch  nahm,  ist  er  doch  mit  grosser  Hingebung 
für  die  Zwecke  des  Vereins  in  Palästina  thätig  gewesen,  wie  ein 
ausführliches  während  seiner  Rückkehr  an  den  Unterzeichneten  ge- 
richtetes und  den  Mitgliedern  des  geschäftsführenden  Ausschusses 
vorgelegtes  Schreiben  bewies.  Auch  hat  er  den  Anlass  zu  einer 
anderen  Forschungsarbeit  gegeben,  die  ebenfalls  im  vergangenen 
Jahre,  wie  ich  sogleich  erwähnen  werde,  in  Angriff  genommen 
wurde. 

Die  Reise  des  Herrn  Ad.  Frei  (jetzt  Pfarrers  in  Ebnat. 
St.  Gallen)  vom  Februar  bis  Juni  18S4  betraf  der  Hauptsache  nach 
zwei  Forschungsgebiete ,  ein  südliches ,  welches  Jerusalem  und  das 
Ostjordanland  umfasst,  und  ein  nördliches,  nämlich  die  Ufer  des 
Sees  Tiberias.  Als  erste  Frucht  seiner  Reise  und  seiner  Studien 
ist  in  der  ZDPV  bereits  der  Aufsatz  über  die  neu  entdeckte 
Stephanskirche  in  Jerusalem  veröffentlicht  worden.  Ob  Herr  Professor 
Dr.  W.  A.  Neumann  und  Herr  Pfarrer  Ad.  Fkei  ihre  Forschungen 
an  den  Ufern  des  Sees  Tiberias  gemeinsam  oder  getrennt  veröffent- 
lichen werden,  ist  in  Erwägung  gezogen,  bisher  aber  noch  nicht 
entschieden  worden.  Leider  hat  Herr  Pfarrer  Ad.  Frei  nach  seiner 
Rückkehr  mehrere  Wochen  krank  gelegen. 

Das  wichtigste  Unternehmen  ,  mit  dem  der  Ausschuss  sich  im 
vergangenen  Jahr  zu  beschäftigen  hatte,  war  ein  Anerbieten  des 
Herrn  Ingenieur  G.  Schumacher  in  Haifa,  mit  Unterstützung  des 
DPV  Messungen  im  Dschölän  vorzunehmen  und  eine  Karte  des 
Landes  zwischen  dem  Jarmük  im   S.   und  der  Birket  er-Riim  im  X. 


X 


anzufertigen.  Das  Verdienst,  die  Anregung  zu  diesem  Plan  gegeben 
zu  haben,  gebührt  Herrn  Professor  Dr.  "NV.  A.  Neumann,  der  bei 
seinem  Aufenthalte  in  Haifa  mit  Herrn  Ingenieur  G.  Schumacher 
bekannt  ^\■^lrde.  Längere  Verhandlungen  zwischen  den  Mitgliedern 
des  Ausschusses  und  des  weiteren  Comite's  einerseits  und  mit 
Herrn  Schumacher  andererseits  führten  zu  dem  gelegentlich  der 
Generalversammlung  in  Dessau  am  2.  Oktober  18S4  gefassten  Be- 
schluss,  Herrn  Schumacher's  Anerbieten  definitiv  anzunehmen  und 
ihm  die  gewünschte  Unterstützung  im  Betrage  von  2000  Jl  zu  be- 
willigen. Man  darf  mit  Spannung  den  Ergebnissen  dieser  Forschungen 
entgegensehen. 

Auch  an  dieser  Stelle  sei  erwähnt,  dass  die  Geschäfte  der 
Vereinsleitung  seit  dem  Ende  des  vergangenen  Jahres  zwischen 
den  Mitgliedern  des  geschäftsführenden  Ausschusses  so  getheilt  sind, 
dass  die  Professoren  Kauxzsch  und  Socin  in  Tübingen  die  Sekre- 
tariatsgeschäfte übernommen  haben,  die  lledaction  der  Zeitschrift 
und  die  Verwaltung  der  Palästinabibliothek  dagegen  in  den  Händen 
des  Unterzeichneten  geblieben  sind. 

Es  sei  mir  gestattet,  im  Namen  des  Ausschusses  hier  die 
Wichtigkeit  des  Beschlusses  der  dritten  Generalversammlung  des 
DPV  betreffend  die  Zahlung  der  rückständigen  Jahres- 
beiträge sowie  der  Jahresbeiträge  überhaupt,  zu  betonen. 
Auf  Antrag  des  HeiTn  Dr.  O.  Kersten  wurde  beschlossen,  »dass 
vor  der  laut  §  13  der  Statuten  vorgeschriebenen  Einziehung  durch 
die  Post  an  die  säumigen  Mitglieder  direct,  nicht  als  Beilage  zur 
Zeitschrift  eine  gedruckte  Mahnung  in  unverschlossenem  Brief- 
umschlage gesandt  werde«  (vgl.  ZDPV  VII,  S.  XXVII  f.)  Dieser 
Beschluss  hat  nach  §  9  unserer  Statuten  für  die  gesammte  Gesell- 
schaft bindende  Kraft.  Für  die  Ausführung  dieses  Beschlusses  ist 
der  Grundsatz  angenommen ,  dass  der  Beitrag  für  das  laufende 
Rechnungsjahr  als  fällig  gilt,  sobald  das  erste  Heft,  resp.  das  erste 
Doppelheft  des  entsprechenden  Jahrganges  der  Zeitschrift  in  die 
Hände  der  Vereinsmitglieder  gelangt  ist.  Im  Falle  nicht  erfolgter 
Zahlung  werden  die  Mitglieder  von  dem  Kassirer  des  Vereins  durch 
eine  besondere  Aufforderung  um  Berichtigung  ihres  fälligen  Bei- 
trages ersucht  werden.  Ist  derselbe  bis  zum  1.  Juli  des  laufenden 
Rechnungsjahres  nicht  eingegangen,  so  wird  er  nach  §  13  der 
Statuten  durch  die  Post  oder,  wo  solches  nicht  zulässig,  auf  anderem 
Wege  eingezogen  werden    (vgl.    ZDPV  VII,    S.  XXIX  f.). 


XI 


Der  Zuwachs  der  Palästina -Bibliothek  während  do^t  Jahres 
18S4  findet  sich  theils  in  Bd.  VII,  S.  XIV  fi'.  ,  theils  in  Bd.  Vlll, 
3.  XIV  if.  verzeichnet.  Besondere  Erwähnung  verdient,  dass  das 
grosse  englische  Werk  über  die  Aufnahme  des  "Westjordanlandes, 
sowie  die  Bände  der  Statements  jetzt  vollständig  in  unserer  Biblio- 
thek vorhanden  sind.  Allen  denen,  die  durch  Zusendungen  den 
Bestand  unserer  Bibliothek  vermehrt  haben,  sei  an  dieser  Stelle  der 
wärmste  Dank  des  Vereins  ausgesprochen.  —  Ich  schliesse  mit  dem 
Ausdruck  des  lebhaften  Dankes  an  die  Herren  Professor  Dr.  .1. 
Gildemeister  in  Bonn  und  Pfarrer  Dr.  C.  Furueii  in  Zürich,  die 
auch  für  das  Jahr  1884  die  Jahresrechnung  des  Vereins  mit  .ge- 
wohnter Sorgfalt  geprüft  haben. 

Leipzig,    17.  Mai   1885. 

Für  den  Ausschuss : 

H.     GUTHE. 


Auszug  aus  der  Kecliuuug  über  Einnahme  und 


Eiuuahmeu. 

Jl  3017.  62  .^  Cassen-Bestand  vom  Jahre  1883. 

M    405.  10  ^  Rückständige  Jahresbeiträge  von  1879—1883. 

-  3357.  53   -   Laufende  Jahresbeiträge  pro  1884. 

-  98.  50   -   für  3  Jahrg.  I,  2  Jahrg.  IL  IIL  1  Jahrg.  IV.  V. 

2  Jahrg.  W.  und  1  Jahrg.  V.  Heft  4. 

-  743.  60   -   für  4   Jahrg.  I,    5  Jahrg.  II,    4  Jahrg.    III, 

4    Jahrg.    IV,    9   Jahrg.  V,     8   Jahrg.  VI, 
59  Jahrg.  VII  und  5  einzelne  Hefte  durch 
-    4604.  73  -  den  Buchhandel  abgesetzt. 

Jl        5.  —  ^  von  Jul.  Isenbeck  in  Wiesbaden  durch  Pfarrer 
L.  Conrady  in  Miltenberg  für  den  Expedi- 
tionsfonds. 
1.  —  -   für  1  Kärtchen:  Das  Land  zwischen  Jerusalem 
G.  —  -  und  dem  Todten  Meer. 


Jl      45.  —  ä^  für  getrennte  Coupons  von  5  Stück  Z%  Säch- 
sische Rente  ä  300  Jl.   v.  October  1883  — 
October  1884. 
30.  —   -    desgleichen  von  1  Stück  Z%  Sächsische  Rente 

75. ä  1000  .//.  pro  18S4. 

16.  90   -   Gutschrift  an  Zinsen  für  vor  dem  Zahlungs-Termin  gezahlte 
Rechnungen. 


Ji    7720.   25  ^  Summa  der  Einnahmen, 
-     5896.  47  -  -       der  Ausgaben. 

.//    Xhl-S.  78  3^  Bestand  baar. 

An  Vermögen  besitzt  der  Verein  ferner  : 
Jt    840.  —  ^  \  Stück  '6%  Sächsische  Rente  ä  1000  Jl  zum 

Cours  von  84, — . 
-  1260.  —   -   5  Stück  "6%  Sächsische  Rente  ä  300  Jl  zum 
Jl   2100.  —  ^ Cours  von  84,—. 

Ausserdem  sind  noch  ca.  Jl  1000.  —  an  Jahresbeiträgen 
rückständig. 


Die  Jahresrechnung  des  Palästina- Vereins  für  1884  ist  nach 
Bonn,  1.  April  1885. 


Ausgabe  der  Kasse  des  DPV.  im  Jahre  1884. 


Ausgaben. 

Jl  1477.  79  ^  für  Druck,  Litho5i;ruphie  etc.  der  Zeitschrift  Band  VII  und 

von  Accidentien. 
59.  65    -     -     Buchbinder- Arbeiten. 

Honorar,  als : 
Jl  500.  —  ^  für  Redaction  der  Zeitschrift  von  1884. 

-  S30.  16    -  -    330.  16    -      -    Beiträge  zur  Zeitschrift. 
150.  —    -   für  Cassaführunp:  an  den  Buchhalter. 

249.  39    -     -    Porti,  Absclireibekosten  etc. 

-  3106.  25    -     -    Reiseunterstützungen. 

15.  20    -     -    Zeichnungen  ausgegrabener  Gegenstände. 
8.  23    -     -    Packpapier  etc.  zur  Versendung  der  Zeitschrift. 


Ji  5896.  47  3p    Summa. der  Avisgaben. 


Karl  Baedeker,  d.  Z.  Kassirer. 


eingehender  Prüfung  durchaus  richtig  befunden  worden. 

J.  Gildemeister. 

K.  FURRER. 


Terzeiclmiss  der  vom  27.  April  1884  bis  zum  28.  Mai  1885 

für  die  Palästiua-Bibliotliek  eiugegaugeueu  Bücher, 

Zeitschriften  u.  s.  w. 


Von  den  HeiTen  Verfassern: 

209.  Vogel,  Aucjusi,  Nach  Kanaan.  Tagebuch  einer  Reise  durch  Aeiiypten, 
Palästina  und  GriechenUind.  Mit  vier  Plänen,  Gütersloh,  C.  Bertels- 
mann.   18S5. 

210.  Ludolphi  de  Sudheim  de  itinere  terre  sancte  et  descriptionem  terra 
sancte  edidit  G.  A.  Neumann.  Paris,  E.  Leroux  1884.  (Extrait  des  Ar- 
chives  de  l'Orient  latin.    Tome  II,  2,  1883.    p.  305—377.) 

Durch  Herrn  P.  Seinicke  in  Jerusalem  (Jetzt  Professor  in  Wittenberg)  : 

211.  Dreiundz-wanzigster  Jahresbericht  des  syrischen  "Waisenhauses  in  Jeru- 
salem vom  Jahr  1883.  Druck  von  C.  W.  Mayer  in  Schorndorf.  Jeru- 
salem, Waisenhaus  (ohne  Jahr). 

212.  Bericht  über  das  Aussätzigen- Asyl  in  Jerusalem  für  das  Jahr  1883. 
Druck  von  Fr.  Lindenbein  in  Herrnhut.  Datirt:  Berthelsdorf  bei 
Herrnhut,  März  1884). 

Von  den  Redactionen: 

213/214.  Oesterreichische  Monatsschrift  für  den  Orient.  Herausgegeben  von 
dem  orientalischen  Museum  in  Wien.  Red.  von  A.  von  Scula.  Zehnter 
Jahrgang.  Nr.  5—12.  Mai  — Dezember  1884.  Wien  1884.  4.—  Elfter 
Jahrgang.    Nr.  1 — 5.    Jänner  —  Mai  1SS5.    Wien  1885.    4. 

215/216.  Neueste  Nachrichten  aus  dem  Morgenlande.  Neue  Folge.  Heraus- 
gegeben von  Lic.  C.  Hoffnumn.  28.  Jahrgang.  Heft  2 — Ü.  Berlin  1S84. 
8.  —  29.  Jahrgang.    Heft  1  u.  2.    Berlin  1885.    8. 

217/218.  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Geographie,  herausgegeben  von 
J.  I.  Kettler.  Band  IV,  Heft  2—0.  Wien  1883.  Gr.  8.  —  Band  V, 
Heft  1  u.  2.    Gotha  1884.    Gr.  8. 

219/220.  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft.  Red. 
von  Prof.  Dr.  E.  Windisch.  Band  38.  Mit  4  Tafeln.  Leipzig  1S84. 
8.  —  Band  39,  Heft  1.    Leipzig  1885.    8. 

221/222.  Revue  archeologique  (Antiquite  et  moyen  äge).  Public  sous  la 
direction  de  3IM.  Alex.  Bertrand  et  G.  Perrot.  Troisieme  Serie.  2^ 
annee.  Mars  —  Decembre  1884.  Paris,  1883.  8.  —  Troisieme  serie. 
3c  annee.    Janvier  —  Avril  1885.   Paris.   1884.  8. 

223/224.  Warte  des  Tempels.  Wochenblatt  zur  Belehrung  über  die  wich- 
tigsten Fragen  unserer  Zeit.  Herausgegeben  von  Chr.  Hoffmann  und 
Chr.  Paulus.    Stuttgart  1884.    Nr.  18—52.    4.  —  1885,  Nr.  1—22. 


XV 

225/226.  Wochenblatt  der  Johanniter-Ordens-Ballcy  Braiuleiiburf;.  2Ö.  Jahr- 
gang. Nr.  17—52.  Berlin  1884.  4.  —  2Ü.  Jahrgang.  Nr.  1— 2U.  Berlin 
1885.  4. 

Von  dem  Verein  für  Erdkunde  in  Halle: 

227.  Mittheilungen  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Halle  a.  S.  1884.  Halle 
a.  S.,  Tausch  &  Grosse.    1884.  8. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Bremen : 

228.  Deutsche  Geographische  Blätter.  Herausgegeben  von  der  Deutschen 
Geographischen  Gesellschaft  in  Bremen.    Band  VH.    Bremen   1h84.  8. 

221).  Catalog  der  Argentinischen  Ausstellung,  veranstaltet  von  der  Geogra- 
phischen Gesellschaft  in  Bremen  im  Tivoli- Saale.  Mai  —  Juni  1884. 
Mit  Uebersichts-Karte  von  Argentinien.  (Anlage  zu  Heft  2,  Baml  VII 
der  Deutschen  Geographischen  Blätter.)  2.  Auflage.  Bremen  1884. 
G.  A.  v.  Halem.  8. 

Von  dem  Verein  für  Erdkunde  in  Leipzig : 

230.  Mittheilungen  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Leipzig.  1 88:3.  Abteilung  I, 
mit  drei  Karten.  Abteilung  II,  mit  einer  Karte.  Leipzig,  Duncker  &: 
Humblot.    1884.    8. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  (für  Thüringen)  zu  Jena: 

231.  Mittheilungen  der  Geographischen  Gesellschaft  (für  Thüringen)  zu  Jena. 
Herausgegeben  von  G.  Kurze  und  Dr.  F.  Regel.  Band  III,  Heft  1 — 4. 
Jena,  G.  Fischer  1884.  8. 

Von  der  Societe  de  Geographie  in  Paris: 


232/233.    Bulletin  de  la  Societe    de  Geographie.    Septieme  serie.    Tome  V. 

ler_4e  Trimestre  1884.   Paris  18S4.  S.  —  Tome  VI.  l"Trimestre  1885. 

Paris  1885.   8. 
234/235.    Compte  rendu  des  seances  de  la  commission  centrale.    Seance  du 

18.  Avril  1884.  —  Seance  du  8  Mai  1885.   Paris.    8. 


Voti  dem  Verein  vom  heiligen  Grube  in  Cöln : 

236/237.  Das  heilige  Land.  Organ  des  Vereins  vom  heiligen  Grabe.  28.  Jahr- 
gang, Heft  1—6.  1884.  Cöln  1884.  8.—  29.  Jahrgang,  Heft  1.  Cöln 
1885.    8. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Bern : 

238.  VI.  Jahresbericht  der  Geographischen  Gesellschaft  von  Bern.  1883/'1S84. 
Redigirt  von  G.  Reymond-le  Brun.    Bern,  Paul  Haller.    1884.    8. 

Von  dem  Verein  für  Erdkunde  in  3Ietz: 

239.  VI.— VII.  Jahresbericht  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Metz  für  1883  — 
1884.    Metz,  G.  Scriba.    1885.    8. 

Von  der  k.  k.  Geographischen  Gesellschaft  in   If'ien: 

240.  Mittheilungen  der  k.  k.  Geographischen  Gesellschaft  in  Wien.  1884. 
Herausgeg.  vom  Redactions-  und  Vortrags-Comite.  Redacteur :  I'.  c. 
Haardt.   XXVII.  Band  (der  neuen  Folge  XVII).    Wien.    Ed.  Hölzel. 

1884.    8. 


XVI 


Von  (hin  Palestine  Exploration  Fund: 

241/242.  Quarterly  Statement  1880,  July.  1881,  April,  July ,  October. 
4  Hefte  8. 

Durch  die  Redaction  der  ZDPV: 

243/244.  Missionsblad  frän  Palästina  'Herausgeber:  KA\^e\\?L\\  Herman  Hag- 
berg  in  Falun  .  Jahrgang  1SS4.  Nr.  4—12.  Falun  1^84.  S.  —  Jahrgang 
188'5,  Nr.  1.    Kristiania  1885. 

245.  Jahresbericht  des  Keal -  Progj-mnasiums  zu  Oldesloe.  Ostern  1884. 
Inhalt:  1)  Dalmanutha.  Geographisch- linguistische  Untersuchung  zu 
Marc.  8,  10  und  Matth.  15,  39.  Von  Ur.  Martin  Schultze.  2)  Schul- 
nachrichten. Von  demselben.  1884.  Progr.  Nr.  271.  Druck  von 
J.  Schüthe  in  Oldesloe. 

Durch  Ankauf: 

246/252.  The  memoirs  of  the  survey  of  "Western  Palestine.  General  editors: 
Prof.  E.  H.  Falmer,  M.  A.,  and  Walter  Besant,  M.  A. 

Vol.  I — III:  Memoirs  written  to  accompany  the  sheets  of  the  Map. 
By  Captains  Conder  and  Kitchener,  R.  E.  Galilaea.  Samaria.  Judaea. 

Vol.  IV:  The  Name  Lists  in  Arabic  and  English.  Edited  by  Prof. 
E.  H.  Palmer. 

Vol.  V:  Special  Papers  on  the  Archaeology,  Topography,  etc.  of  the 
Country.    Reprinted  from  the  Quarterly  Statement. 

Vol.  VI:  Jerusalem.  (A  complete  account  of  the  Excavations  and 
Researches  in  Jerusalem  from  1866  to  the  present  time.:  With  a  Port- 
folio of  Fifty  Plates.  By  Col.  Sir  Charles  Warren  and  Capt.  Claude 
Reignier  Conder. 

Vol.  VII :  The  Flora  and  Fauna  of  Palestine.  Richly  illustrated. 
By  the  Rev.  Canon  Tristram. 

(Die  grosse  englische  Karte  ist  schon  18S1  gekauft  worden.; 
253/255.    Quarterly  Statement  for  1882,  Heft  1—4.    1883.    Heft  1—4.    1884, 
Heft  1—4.    b. 


Verzeichniss  sämmtlicher  Mitglieder  des  Deutscheu  Tereius 
zur  Erforschuug  Palästiua's. 


Seine  Majestät  der  Deutsche  Kaiser  und  König  von  Pkeussen. 
Seine  Majestät  der  König  von  Württemberg. 

Seine  Kaiserliche  und  Königliche  Hoheit  der  Kronprinz  des  Deutschen 
Reichs  und  von  Preussen. 

Alstein,  Fr.,  Lehrer  in  Lüneburg. 

Antonin,  Archimandrit  in  Jerusalem. 

Arndt,  Dr.  Theodor,  Prediger  an  der  St.  Petrikirche  in  Berlin. 

Ascherso7i,  Dr.  P.,  Professor  in  Berlin. 

Auerbach,  Dr.  Z.,  llabbiner  in  Halberstadt. 

Auning,  Pastor  in  Sesswegen,  Livland. 

Bam-ts,  Pastor  in  Kösslitz  bei  Weissenfeis. 

Baedeker,  K.,  in  Leipzig. 

Ball,  Dr.,  Ober-Consistorialrath  in  Coblenz. 

Barrelet,  J.,  Pastor  in  Sagne,  Neuchätel. 

Bassermann,  Dr.  H.,  Professor  in  Heidelberg. 

Baethcke,   Pfarrer  in  Schwarzhausen  (Thüringen) . 

Bättig,  Niki.,  Vikar  in  Kriens,  Canton  Luzern. 

V.  Baudissin,  Graf,  Dr.  W.,  Professor  in  Marburg. 

Baur,  J.,  Pfarrer  in  Dietershof en  bei  Klosterwald. 

Baur,  Dr.  G.,  Consistorialrath  u.  Professor  in  Leipzig. 

Behm,  Dr.  phil.  Heinr.,  Pastor  in  SchlieflFenberg    Mecklenburg  . 

Be/irmann,  Hauptpastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 


xvm 


Berliner .  Dr.  A.,  Docent  am  Rabbinerseminar  in  Berlin. 
Berthe.au,  Dr.  E.,  Geh.  Reg.-Rath  u.  Professor  in  Göttingen. 
Bertheau,  Carl,  Pastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 

Bibliotheken : 

der  Akademie  von  Neuchätel  .Schweiz),  Dr.  Domeier. 

de  l'ecole  des  langues  orientales  Vivantes  in  Paris  (Ch.  Sehe/er). 

der  Hochschule  für  die  Wissenschaft  des  Judenthums  in  Berlin, 

Prof.  Dr.  Lazarus. 
der  Synagogengemeinde  in  Breslau, 
der  israel.  Cultusgemeinde  in  Wien, 
des  Rabbiner-Seminars  in  Berlin,  Dr.  A.  Berliner. 
Gymnasialbibliothek  in  Ehingen. 

in  Rottweil. 
Königliche  Bibliothek  in  Berlin. 
Königliche  öffentliche  Bibliothek  in  Stuttgart. 
des  evangelisch-lutherischen  Landes-Consistoriums  in  Dresden, 
des  Königlichen  Lyceum  Hosianum  in  Braunsberg  (Ostpreussen). 
Landesbibliothek  in  Wiesbaden. 
Library  Union  Theological  Seminary  in  New  York. 
Ministerialbibliothek  in  Schaffhausen,  C.  A.  Bächtold,  Pfarrer. 
Öffentliche  Bibliothek  in  Basel,  Dr.  L.  Sieber. 

-  in  Leyden,  Holland, 
des  evangelischen  Seminars  in  Tübingen. 
Stadtbibliothek  in  Frankfurt  a/Main,  Dr.  Haueisen. 

in  Hamburg,  Dr.  Isler. 
in  Mainz,  Dr.   Velke. 
Universitätsbibliothek  in  Amsterdam. 

-  in  Bonn. 

-  in  Dorpat. 

-  in  Erlangen. 

-  in  Giessen. 

-  in  Halle. 

-  in  Leipzig, 
in  Marburg. 

-  in  Prag. 

-  in  Strassburg  i.  E. 

-  in  Tübingen. 

-  in  Utrecht. 


XIX 


BicJcell,  Dr.  G.,  Professor  in  Innsbruck. 

Boe/il,  Dr.  E.,  Professor  in  Wien. 

Bourgeois,  Dr.  G.,  Pastor  in  Le  Creuzot,  Frankreich. 

Brüll,  Dr.  Adolf,  in  Frankfurt  a/M. 

Bri'mnotv,  Rudolf  E.,  cand.  phil.  in  Vevey. 

Biidde,  Dr.  C,  Professor  in  Bonn. 

Burckhardt-Zahn,  Ed.,  Kaufmann  in  Basel. 

Cassel,  Dr.  tli.  P.,  Professor  und  Pastor  in  Berlin. 

Chaplin,  Dr.  med.  Thom.,  in  Jerusalem. 

Chapuis,  Dr.  F.,  Professor  in  Lausanne. 

Christmann ^1  Vicedirector  in  Beirut. 

Chwolson,  Dr.  Dan.,  wirkl.  Staatsrath  und  Professor  in  St.  Petersburg. 

Clausen,  Consistorial-Rath  in  Brügge  bei  Bordesholm  (Holstein) . 

Ballon,  Consistorial-Rath  in  St.  Petersburg. 

Delitzsch,  Dr.  Franz,  Professor  in  Leipzig. 

Dieckmcmn,  R.,  Pastor  in  Beggerow  bei  Demmin. 

Dillmanti,  Dr.  A.,  Professor  in  Berlin. 

Duisbery,    W.,  in  Jerusalem. 

Ebers,  Dr.  G.,  Professor  in  Leipzig. 

EcJcardt,  Karl,  evang.  Pfarrer  in  Prag. 

Ehinger-Hetisler,  Alph.,  in  Basel. 

Einszier,  Dr.  med.  A.,  Stadtarzt  in  Jerusalem. 

Euting,  Prof.  Dr.  /.,  Oberbibliothekar  in  Strassburg  i.  E. 

Fahrngruber ,    Johann,   bischöflicher  Secretär  in  St.   Polten,    Nieder- 

üsterreich. 
Fag,  F.  R.,  Pfarrer  in  Crefeld. 
Fehr,  Dr.  Fredrik,  Pastor  primarius  in  Stockholm, 
Fell,  Dr.    Win.,  Gymnasiallehrerin  Cöln. 
Fleischer,  Dr.  H.  L.,  geh.  Hofrath  u.  Professor  in  Leipzig. 
Förstemann,  Dr.,  Oberbibliothekar  in  Leipzig. 
Fraas,  Dr.  O.,  Professor  in  Stuttgart. 
Frank,  Dr.,  Rabbiner  in  Cöln. 

Frei,  A.,  Pfarrer  in  Ebnat,  Canton  St.  Gallen  (Schweiz). 
Frenkel,  Dr.  E.,  Gymn. -Oberlehrer  in  Dresden. 
Fromme,  Pastor  in  Wersabe  (Post  Sandstedt  bei  Bremen) . 
Frutiger  ^  Comp.,  J.,  in  Jerusalem. 
Furrer,  Dr.  K.,  Pfarrer  in  Zürich. 
Gatt,  G.,  kathol.  Missionar  in  Gaza. 
Gautier,  Dr.  Luden,  Professor  in  Lausanne. 


XX 


r.  Georqii,  Dr..  Prälat  in  Tübingen. 

Geyser,  N.,  Pastor  in  Gruiten  hei  Haan.  Reg. -Bez.  Düsseldorf. 
Gildemeister,  Dr.  /. ,  Professor  in  Bonn. 
Giitsburg,  Dr.,  in  Chertsey    England]. 
Ginsburff,  Rev'^  Dr.,  in  London. 
Gladrow,  Zahnarzt  in  Beirut. 
de  Goeje,  Dr.  M.,  Professor  in  Leyden. 
Goldziher,  Dr.  /.,  Docent  an  der  Universität  in  Budapest. 
Goldinami,  Samuel,  Cantor  in  Gr.  Kanizsa,  Ungarn. 
Gosche,  Dr.  R.,  Professor  in  Halle. 
Grigor,  A.  B.  3/.,  in  Glasgow. 
Grossmann,  Lic.  Dr.,  Superintendent  in  Grimma. 
Grünhaum,  Dr.  M.,  in  ]München. 
Grünert,  Dr.  Max,  Docent  in  Prag. 
Grundt,  Dr.  F.  J.,  Oherlehrer  in  Dresden. 

Gunning ,   J.  H.,    Dr.  theol.,  ref.  Pred.  in  Bennebroek   hei  Haarlem 
(Holland) . 
■  Guthe,  Lic.  H.,  Professor  in  Leipzig. 
Hagherg,  Herman,  Pastor  in  Falun,  Schweden. 
Hagenmeyer,  ev.  Pfarrer  in  Ziegelhausen  bei  Heidelberg. 
Hagerup,  H.,  Buchhändler  in  Kopenhagen. 
Halberstamm,  S.  J. ,  in  Bielitz,  Österreich. 
Halevy,  J.,  Professor  in  Paris 
Harkavy,  Prof.  Dr.  Alb.,  Bibliothekar  an  der  k.  öfFentl.  Bibliothek  in 

St.  Petersburg. 
Hartmann,  Dr.,  Kanzler  des  kais.  deutschen  Consulats  in  Beirut. 
Heinrici,  Dr.,  Professor  in  Marburg. 
Helle,  Dr.  Fr.  W.,  in  Ossegg  bei  Teplitz. 
Herqtiet,  Dr.,  Staatsarchivar  in  Aurich. 
Hertz,  H.,  in  Winnington  Hall,  Northwich,  Cheshire. 
Heucke,  Pastor  in  Schwerin  i.  M. 
Heussler,  G.,  Pfarrer  in  Basel. 
Hildesheimer ,  Dr.  /. ,  Seminardirector  in  Berlin. 
Hildesheimer ,  Dr.  H.,  in  Berlin. 
Hildesheimer,  A.,  in  Halberstadt. 
Hildesheimer,  Levi,  in  Odessa. 
Himpel,  Dr.  F.,  Professor  in  Tübingen. 
V.  Hitrowo,  B.,  kais.  russ.  wirkl.  Staatsrath  in  Petersburg. 


XXI 


Ilnjpmnnn.    Lic.    C,    Supovintondont    in     Fvannndorf    Ikm    Ziillclunv. 

R.-Bez.  Stettin. 
lloffmann,  Christoph,  Vorsteher  des  Tempels  in  Jerusalem. 
Hoß'mann,  Dr.  G.,  Professor  in  Kiel. 
Hollenberg,  /. ,  Gj^mnasial-Oberlehrer  in  Bielefeld. 
Hommel,  Dr.  Fritz,  Professor  in  München. 

Hoernle,  Dr.  A.  F.  Rudolf,  Oßg.  Principal  Madrasah  Calciilta. 
IlUs,  Sfefa?!.  ■/..  Z.  auf  Reisen. 
Joffe,  Sarrmcl,  Commerzienrath  in  Posen. 
Jäger,  Louis,  Bxichhändler  in  Basel. 
Kaffnn.  Dr.  /. .  Professor  in  Berlin. 
Kaim,  Dr.  phil.  F.,  in  London   (?). 
Kalmus,  Julius,  in  Berlin. 
Kaempf,  Dr.  8.  J.,  Professor  in  Pra^j. 
Kamphausen,  Dr.  A.,  Professor  in  Bonn. 
Kappes,  Kaufmann  in  Beirut. 

Kautzsch,  Dr.  E.,  Professor  in  Tübingen. 

Kersten,  Dr.  phil.  Otto,  in  Berlin. 

Kiepert.  Dr.  H.,  Professor  in  Berlin. 

Kiepert,  Dr.  phil.  R.,  in  Berlin. 

Kind,  Dr.  A.,  Diakonus  in  Jena. 

Kinter,  P.  Maurus,  O.  S.  B.,  Stiftsarchivar  in  Raigern  hei  Brunn. 

Kinzler,  Adolph,  Pfarrer  im  Missionshaus  in  Basel. 

Klaiher,  Dekan  in  Göppingen,  Württemberg. 

Kleiyi,  Stadtpfarrer  in  Pforzheim. 

Klein,  Rev.  F.  A.,  in  Cairo. 

Knher-Gnbat,  P.  J.  F.,  in  Basel. 

Koch,  A.   W.,  Hofprediger  in  Sofia. 

Kögel,  Dr.,  Oberhofprediger  in  Berlin. 

Köhler,  Dr.  A.,  Professor  in  Ei-langen. 

Kol,  E.,  Bankier  in  Utrecht. 

König,  Dr.  /. ,  Professor  in  Freiburg  i.  P)r. 

König,  Lic.  Dr.  E.,  Oberlehrer  u.  Docent  a.  d.  Universität  in  Leipzig. 

Körten,  l'farrer  in  Rölsdorf  bei  Düren. 

Kr  äfft,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 

Krähe,  Dr.  phil.  Ed.,  Stadtschulratli  in  Halle  a/S. 

Krehl,  Dr.  L.,    Geheimer  Hof-Rath,    i'rofessor  und   ()lirrlii1.1intlicU:ii 
in  Ticipzig. 

Krenkel,  Dr.  Max,  in  Dresden. 

Ztsdir.  a.  Pal.-Ver.  VIII.  b 


XXII 


lüigler,  Dr.  B.,  Professor  in  Tübingen. 

Kiiper,  Dr.,  Consistorialrath  in  Stettin. 

de  Lagardc.  Dr.  /'.,  Professor  in  Göttingen 

r.  Landherg,  Dr.  Carlo  Graf,  in  Stuttgart. 

Landgraff,  Dr.   77/..  in  Heidelberg  {?). 

Lange,  Regienmgs-  und  Baurath  in  Cassel. 

Lnoy,  Dr.  /.,  in  Breslau. 

Legding.  Superintendent  in  Geversdorf  a/d.  Oste  (Hannover). 

Legrer,  Pfarrer,  l'lochingon  (Württemberg i . 

Lindner,  Dr.  //;•.,  Docent  an  der  Universität  in  Leipzig. 

Lnrange,  Dr.  med.,  in  Beirut. 

liortet .   Dr.  Ad.,    Doyen  de  la  faculte  de  medicino  et  de  pliarniacie  in 

Lyon. 
Lntz,  Dr.   Wilhelm,  Professor  in  Wien. 
Loytved,  königl.  dänischer  Vice-Consul  in  Beirut. 
Lütge.  H.,  Pastor  in  Amsterdam. 

Jj'iltieke,  Viee-Consul  des  deutschen  Reiches  in  Damascus. 
LJiltke,  M.,  Oberpfarrer  in  Schkeuditz  bei  Halle  a/S. 
Märcher,  Franz,  Seminarlehrer  in  Alt-Döbern  bei  Cottbus. 
Marti,  Karl,  Lic.  theol.,  Pfarrer  in  Muttenz  (Kanton  Baselland). 
Mehnert,   O.,  in  Dresden. 
Menzel,  Dr.  A.,  Professor  in  Bonn. 
Merx^  Dr.  A.,  Professor  in  Heidelberg. 

Michaelis,  Adolf,  Rittergutsbesitzer  zu  Gross-Reichen  bei  Liegnitz. 
Miescher,  E.,  Pfarrer  in  St.  Gallen. 
V.  Moltke,  Graf,  Exe,  Feldmarschall  in  Berlin. 
Mond,  Ludwig,  in  Winnington  Hall,  Northwich,  ('heshire. 
Mühlau,  Dr.  F.,  kais.  russ.  Staatsrath,  Professor  in  Dorpat. 
Müller,  Dr.  A.,  Professor  in  Königsberg  i.  Pr. 
V.  Münchhansen,  Freiherr,  kais.  deutscher  (Konsul  in  Kiew. 
Mnnk,  E.,  Rabbinatsassessor  in  Altona. 
Napier,    Jf.  IL,  Rev.  in  liondon. 
Nestle,  Dr.  E.,  Gymnasial-i^-ofessor  in  Ulm  a/D. 
Neumann,  Dr.    IV.  A.,  Professor  in  Wien. 
Neg,  Kaufmann  in  Beirut. 

Nöldeke.  Dr.  77,..  Professor  in  Strassburg  i.  V,. 
Nowack,  Dr.,  l'rofessor  in  Strassburg  i.  E. 
Oort,  Dr.  //.,  l'rofessor  in  Leiden. 
r.  Orelli,  Dr.  C,  Professor  in  Basel. 


xxin 


V.  Orlcnbcnj,  K.,  (J ymiuisiulk'lii-ci-  iu  Ncrdun,   ll;iiiiu)vi;r. 

Osgood,  Howard,  Professor  in  New- York. 

Vidm,  August,  Professor  am  Gymnasium  in  MantilK-iin. 

Palmer,  F.,  Vorsteher  der  englischen  Zionsschuh-  in  .Icnisah-iii. 

Paulus,    Dr.  /.    G.   P/i.,   Pfarrer    in   Cleversulzbach   Itci   Ncuenstudt , 

Württemberg. 
Paulus,  Dr.  med.  Franz,  in  Stuttgart. 
Pei7i,  Pastor  in  Beirut. 
Philippi,  Dr.  F.,  Professor  in  Kostock. 
P/ioiiüs ,  Archidiakonus  in  Mitylene. 
Pick,  Dr.  B.,  Rev.  in  Alleghcny,  Pa. 
Prahl,  H.,  Pastor  in  Mögeltondern. 
Prcisivc9-k,  S.,  Pfarrer  an  St.  Alban  in  Basel. 
Pryvi,  Dr.  E.,  Professor  in  Bonn. 
Rahencr,  M.  S.,  Director  in  Jassy,  Rumänien. 
Ruiniss,  Julius,  Professor  und  Pfarrer  in  Zircz,  Ungarn. 
Reinicke,  Lic.    Dr.,  Professor  am  evangelischen  Prediger -Seminar  in 

Wittenberg. 
Reiiz,  Dr.,  kaiserl.  deutscher  Consul  in  Jerusalem. 
Reusch,  Dr.  F'.  H.,  Professor  in  Bonn. 
Rcuss,  Dr.  E.,  Professor  in  Strassburg  i.  E. 
Richter,  Dr.  /.  P.,  in  London. 
Rie/mi,  Dr.  E.,  Professor  in  Halle  a/S. 
Riess,  Dr.  R.,  Domkapitular  in  Rottenburg  a.  N. 
Riggenbach,  Dr.  /. ,  Professor  in  Basel. 
Ritter,  Gustav,  Pastor  in  Hamburg. 
Röhricht,  Dr.  R.,  Professor  in  Berlin. 
Röpe,  H.,  Hauptpastor  an  St.  Jacobi  in  Hamburg. 
Rösch,  G..  Pfarrer  in  Hermaringen  im  Brenzthal,  ^Vg. 
V.  Rosen,  Baron  V.,  Professor  in  St.  Petersburg. 
V.  Roth,  Dr.  R.,  Professor  in  Tübingen. 
Rothe,  H.,  Seminarlehrer  in  Cammin.  Pommern. 
Rothstein,  Lic.  Dr.,  in  Halle  a/S. 
Ruetschi.  Dr.  R..  Decan  u.  Professor  in  Bern. 
Rgssel,   Lic.  Dr.   V. ,    Überlehrer    und   Professor    a.    d.  Iniversitat    in 

Leipzig. 
Sachse.  Dr.  G..  Gymnasial-Oborlehrer  in  Posen. 
Sandberger,   F.,   Dekan  in  Tübingen. 
Sandel,   Theodor,  Architect  in  Jerusalem. 


XXIV 


Samlreczki,  Dr.  med.,  in  Jt'iusalcm. 

Sandrecz/ii,  Dr.  C. ,  in  Passaii. 

Sarusin- Bifichoß',  Theodur,  Kaufmann  in  Basel. 

Sarasin-Stehim .  lind.,  Kaufmann  in  Basel. 

Sattler,  Dr.  E.,  Privatier  in  Fhmtern  b/Zürich. 

Schach,  Lehnsgraf  zu  Schackenburg  bei  Mögeltondern. 

Sc/ianz,  Dr.  F.,  Professor  in  Tübingen. 

Sehe/er,  Ch.,  membre  de  Tlnstitut  in  Paris. 

Schegg,  Dr.  F.,  Professor  in  München. 

Schick,  Conr.,  königl.  Württemberg.  Baurath  in  Jerusalem. 

Schlottmaim.  Dr.  C ,  Professor  in  Halle  a/S. 

Sch7nuUer,  Dekan  O.,  Pfarrer  in  Derendingen,  Württemberg. 

Schnabl,  K.,  Propstei-Cooperator  an  der  Votivkirchc  in  Wien. 

Schnedermami ,  Lic.  Dr.  Georg,  in  Basel. 

Schöneche.  L.,  Kaufmann  in  Jerusalem. 

Schröder,  Dr.  E.,  Professor  in  Berlin. 

Schrameier,  Dr.  W.,  in  Berlin. 

Schroeder,  Dr.  F.,  kaiserl.  deutscher  Konsul  in  Beirut. 

Schröder  Dr.  Carl  Friedrich,  Pfarrer  a.  D.  in  Cannstatt. 

Schröder,  Dr.  phil.  C,  Grossherzogl.  Bibliothekar  in  »Schwerin. 

Schulte,  Dr.  Franz,  Domcapitular  in  Paderborn. 

Schultz,  Dr.  Fr.   W.,  Professor  in  Breslau. 

Schürer,  Dr.  E.,  Professor  in  Giessen. 

Schwarz,  G.,  Director  der  deutschen  Schule  in  Beirut. 

Seebass,  Dr.  phil.  Otto,  in  Dessau. 

Seil,  0.,  Diaconus  in  Leipzig. 

Seil,  Richard,  Pfarrvikar  in  iStepfershausen  bei  Meiningen. 

Siegfried,  Dr.  K.,  Prof.  in  Jena. 

Sieveking,  Dr.  med.   Wilhelm,  in  Hamburg. 

Sigrist- Weber,   C,  Kaufmann  in  Beirut. 

Stnend,  Lic.  Dr.  Rud.,  Professor  in  Basel. 

Socin,  Dr.  A..  Professor  in  Tübingen. 

Sommer,  Dr.  /.  G.,  Professor  in  Königsberg. 

Spaich,  Pfarrer  in  Degenfeld  bei  Schwab. -Gmünd. 

Sprenger,  Dr.  A.,  in  Heidelberg. 

Stade,  Dr.  B.,  Professor  in  Giessen. 

Stachelin,  Dr.  E.,  Pfarrer  in  Basel. 

S taiger,  Missionar  in  Beirut. 

Steck,  R.,  Professor  der  Tlicologie  in  Bern. 


XXV 


Shlf'vnavn,   Dr.  7i. ,   l'iitlL'ysui-  in  IJascl. 

Steinvr,  Dr.  IL,  rrofessor  in  Zürich. 

Stvnykin,  Reichsanwalt  in  L(3i[)zi^^ 

Stenhuuse,  llev.  Dr.   T/iumas,  in  liOiuloii. 

Sternickel,  Arthur,  in  Biala  bei  liicslil/,  (l)sterr.  Schlesien) . 

Sttckcl,  Dr.  /.  G.,  Professor  in  Jena. 

Sluckmeyer,  Dr.  /. ,  Antistes  und  Professor  in  Basel. 

Strack,  Dr.  Herrn.  L.,  Professor  in  Berlin. 

Strauss,  Dr.  F.  A.,  Hofprediger  in  Potsdam. 

Sülze,  Dr.  E.,  Pastor  in  Dresden-Neustadt. 

Si/rsock,  Dragoman  des  kaiserl.  deutschen  Cpnsulats  in  Beirut. 

Tliomscn,  Pastor  in  Sterup,  Schleswig-Holstein. 

Thorhecke,  Dr.  //.,  Professor  in  Heidelberg. 

V.  Ustinotv,  Baron  Plato,  in  Jafa. 

Vuleton,  Dr.  /.  /.  P.,  Amersfoort,  Niederlande. 

Vereine : 

Alliance  israel.  universelle  in  Paris. 

Capitel-Leseverein  von  Gunzenhausen  (Bayern),   Pfarrer  Stähliu. 

Deutscher  Verein  in  Jafa. 

Deutsch-Israelitischer  Gemeindebund  in  Berlin. 

Jüdischer  Lesezirkel  in  Fürth,  Rabbiner  Dr.  Neuhürger. 

Lesegesellschaft  »zur  Harmonie«  in  Frankfurt  a/M.,  Ad.   Barr. 

Palestine  Exploration  Fund  in  London. 

Pastoral-Gesellschaft,   Anhalt-Dessauische,  Archidiacunus  Hesse 

in  Dessau. 
Tübinger  Diöcesan-Verein,  Dekan  Sandherger  in  Tübingen. 

Vischcr-Heusler,  Dr.   W.,  Professor  in  Basel. 

Vogel,  A.,  Pfarrer  in  Hohen-Reinkendorf  b.  Tantow,  Pommern. 

Volck,  Dr.   W.,  kais.  russ.  Staatsrath  und  Professor  in  Dorpat. 

Vtdlletimier,  Dr.  H.,  Professor  in  Lausanne. 

Wackernagel,   W.,  Rev.  Prof.  in  Allentown,  Pennsylvaiiini. 

Wagner  hf  Dehes,  Geographische  Anstalt  in  Leipzig. 

Waldmeyer,  Missionar  in  Beirut. 

Walther,  Jules^  Pasteur  in  Avenches,  Schweiz. 

Weiss,  Dr.  H.,  Prof.  theol.  in  Tübingen. 

Wellhausen,  Dr.  /. ,  Professor  in  Marburg. 

Werner,  H.,  Helfer  in  Nürtingen,  Württemberg. 


XXVI 


Weser,  Lic.  //.,  Tastor  in  Berlin. 

JVei/ri(7i.  Pastor  in  Arrasch,  Livland. 

Wihun,  Charles  W.,  Major  11.  E.  in  London. 

Witte,  Landgerichtsdirektor  in  Breslau. 

Wulff,  Dr.  Ph.,  Stadtpfarrer  a.  D.,  in  Tübingen. 

Wolters,  Rev.  Th.  F.,  in  Jerusalem. 

Ifriff/it,  Dr.   W.,  Professor  in  Cambridge,  England. 

Zander,  Gymn. -Oberlehrer  in  Gütersloh. 

Zeller,  Rev.  /. ,  in  Cannstatt. 

von  Zteten-iSc/iwerin,  Graf  zu  Janow  bei  Clempenow,  Kreis  Anclam. 

Zimmei-mann,  Dr.  C.  in  Basel. 


Geschlossen  am  23.  Juni  1S85. 

Die  Rcdactiuu. 


Persoiialiijiclnicliteii  und  geschiiniiclic  MililMiliiii-ni. 


Als  Mitiflioder  sind  dem  Veroino  beigefroton  : 

Evang-oliseh-lulliorisdies  I-.andes-Oonsistovium  in  Dresden. 
Hertz,  IL,  in  Winninfi:ton  Hall  bei  Norllnvic.li,  Knj^land. 
Mond,  Ludivig,  »  »  »  » 

Sec/iass,  Dr.  pliil.  Otto,  in  Dessau. 

Durch  den  Tod  verlor  der  Vorein  das  Mitglied  : 
Seine   Königliche   Hoheit   den    Fürsten  Anton  von  Hohenzoli.kkn- 

8lG  MARINGEN. 


Die  Mitglieder  des  geschäftsführenden  Ausschusses,  Herr  Dr. 
0.  Kersten  in  Berlin  und  Professor^.  Guthe  in  Leipzig,  haben  im 
Einverständniss  mit  den  übrigen  Ausschussmitgliedern  am  12.  M:lr/, 
d.  J.  der  physikalisch  -  mathematischen  Klasse  der  königlich  preus- 
sischen  Akademie  der  Wissenschaften  in  l^erlin  »den  Plan  einer 
geologischen  Untersuchung  des  südöstlichen  Hermon  und  des  Landes 
im  Osten  des  oberen  Jordanlaufes,  namentlich  der  Landschaft  Dschö- 
län«  vorgelegt  und  daran  die  Bitte  geknüpft,  die  zu  dieser  Unter- 
suchung erforderlichen  Mittel  zu  bewilligen.  Die  genannte  Klasse  der 
königlich  preussischen  Akademie  der  Wissenschaften  hat  durch  Bc- 
schluss  vom  IG.  April  dieser  Bitte  in  höchst  erfreulicher  Weise  ent- 
sprochen, indem  sie  den  von  Seiten  der  Antragsteller  für  diese  For- 
schungsreise vorgeschlagenen  Geologen,  Herrn  Dr.  Fritz  Noctliug, 
Privatdocent  an  der  Universität  in  Königsberg,  mit  der  »geologischen 
Untersuchung  des  östlichen  Hermon  -  Gebirges  beauftragt  und  dem- 
selben die  veranschlagte  Kostensumme  von  5000  Jl  bewilligt«  hat. 

Herrn  Professor  Dr.  O.  Fraas  in  Stuttgart  gebührt  das  Verdienst, 
diesen  l'lan  angeregt  zu  haben.    Bei  den  Verhandhingen  über  die  ersli' 


XXVITT 

Unterstützuno:  von  Seiten  des  Deiitsclien  Palästina -Vereins  an  Herrn 
Ingenieur  G.  Schitmachpr  in  Ilaifa  zum  Zweck  der  Vermessung  des 
Dschdlrm  (vergl.  ZDPV.  VII,  S.  XXIX)  empfahl  Herr  Prof.  Fmax 
die  Gegend  von  Medschdel  esch-Schems  am  Hormon  einer  besonderen 
Beachtung,  da  eine  dort  zu  Tage  tretende  Juraspalte  von  hohem  geo- 
logischen Interesse  sei.  Für  die  damals  in  Frage  stehende  Reise  des 
Herrn  G .  Schumacher  musste  freilich  schon  wegen  der  Kürze  der  Zeit 
diese  Anregung  fruchtlos  bleiben.  Doch  da  l^exx  Schumacher  in  seinem 
vorläufigen  kurzen  Bericht  vom  22.  Oct.  1884  'vgl.  S.  IV  diese? 
Bandes)  selbst  den  Wunsch  aussprach,  dass  auch  der  Dschölän  von 
einem  Geologen  untersucht  werden  möge,  so  griffen  die  oben  genannten 
Mitglieder  des  geschäftsführenden  Ausschusses  den  von  Herrn  Prof. 
Fraas  angeregten  Plan  zu  Anfang  dieses  Jahres  wieder  auf. 

Der  geschäftsführende  Ausschuss  des  DPV  hat  seinerseits  be- 
schlossen, kraft  der  ihm  durch  Beschluss  der  dritten  Generalversamm- 
lung in  Dessau  für  Geldbewilligungen  ertheilten  Vollmacht  die  For- 
schungsreise des  Herrn  Dr.  Fritz  Noetling  von  Seiten  des  Palästina- 
Vereins  in  der  Weise  zu  unterstützen,  dass  er  aus  der  Kasse  des  Vereins 
einerseits  Herrn  Dr.  Noetling  500  ,//  als  Beitrag  zu  den  Reisekostei 
verwilligte,  andererseits  die  Entschädigung  des  Herrn  G.  Schumarhet 
in  Haifa  für  die  Begleitung  des  Herrn  Dr.  Noetling  in  einer  später  zv 
bestimmenden  Höhe  übernahm. 

Herr  Dr.  Noetling  ist  am  1 .  Mai  von  Triest  abgefahren  und  beab- 
sichtigte, am  18.  Mai  gemeinsam  mit  Herrn  Schumacher  die  Heise  vor 
Haifa  aus  zunächst  in  den  Dschölän  und  dann  auf  den  Hermon  an- 
zutreten. 

Am  22.  Juni  erhielt  die  Redaction  von  Herrn  Baurath  C.  Schiel 
in  Jerusalem  sieben  sehr  werthvolle  Pläne  über  den  Lauf  der  zweiter 
Mauer  des  alten  Jerusalems,  über  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe 
sowie  über  die  jetzige  Grabeskirche.  Dieselben  werden  mit  erläu- 
terndem Text  und  mit  einem  Bericht  über  die  russischen  Ausgrabunger 
im  Jahre  1883  gegen  Ende  dieses  Jahres  in  der  ZDPV.  veröffentlichi 
werden. 

Die  Beilage  zu  Heft  2  dieses  Bandes  verdankt  die  Redaction  dei 
Güte  und  Opferwilligkeit  des  Herrn  Prof.  Dr./.  Gildemeister  in  Bonn. 


[Geschlossen   2)^    Juni  1885]. 

Die  Reilaetion. 


Persoiialuach richten  und  geschiiftliche  Mittheiluiigeii. 


Als  Mitglieder  sind  dem  Vereine  beigetreten,; 

Seine  Hoheit  der  Fürst  Leopold  von  Hohenzollern. 
Post,  George  E.,  in  Beirut. 
Sieveking,  Dr.  jur.  K.,   in  Hamburg. 

Durch  den  Tod  verlor  der  Verein  die  Mitglieder : 

Hoffnimm,  Chr.,   Vorsteher  der  Tempelgemeinden  in  Jerusalem. 
Schegg,    Dr.  P.,   Professor  in  München. 


Über  die  gemeinschaftlich  von  Herrn  Dr.  Koetling  und  Herrn 
G.  Schumacher  nach  dem  Dschölän  unternommene  Reise  und  über  die 
allein  von  dem  erstgenannten  Herrn  ausgeführten  Forschungen  am 
Hermon  theile  ich  aus  Briefen  dieser  Herren  Folgendes  mit.  Hen- 
Schumacher  schreibt  unter  dem  30.  Juni  1885: 

»Nach  einer  ziemlich  anstrengenden  [am  18.  Mai  angetretenen] 
Reise  sind  wir  am  28.  Juni  wohlbehalten  in  Haifa  wieder  angelangt. 
Die  Hitze  war  in  Folge  später  Siroccowinde  bisweilen  geradezu  sen- 
gend. Unsere  Reise  dehnte  sich  über  den  ganzen  Dschölän  aus.  Ich 
controlirte  vielfach  meine  früheren  Messungen  und  erweiterte  diesel- 
ben auf  die  Umgebung  von  Birket  Räm.  Von  da  zogen  wir  wieder 
südlich ,  indem  ich  die  Abhänge  am  oberen  Jordan  und  am  Ilfde-Scc 
ergänzte.  Die  für  den  Palästina-Verein  herzustellende  Karte  wird 
also  das  ganze  Gebiet  des  eigentlichen  Dschölän,  d.  h.  vom  Rukkäd 
im  O.  bis  an  die  Abhänge  des  Jordan  im  W.  und  vom  Birket  Räm  im 
N.  bis  an  den  Jarmük  im  S.  umfassen.  Die  Sumpfgegend  des  Hüle- 
Sees  sowie  die  Marschen  des  .beren  Jordan  bis  an  die  höher  gelege- 
nen Abhäno-e   musste   ich    indessen    unerledigt    lassen,    da   dieselben 


XXX  Personalnachrichten  und  geschäftliche  Mittheilungen. 

ebenso  uninteressant  als  zeitraubend  sind :  auch  steht  das  Wasser 
noch  allenthalben  in  jener  Niederung«, 

Herr  Dr.  Noetling  schreibt  unter  dem  29.  Juni  1885  aus  Haifa: 

»Was  die  Ergebnisse  der  Dschölän-Reise  anlangt,  so  bin  ich  da- 
mit zufrieden  und  wiederum  nicht  zufrieden.  Nicht  zufrieden,  weil 
das  paläontologische  Ergebniss  ein  gar  dürftiges  ist;  sehr  zufrieden 
aber,  weil  ich  eine  schöne  geologische  Karte  aufgenommen  habe  und 
weil  es  mir  gelungen  ist,  positive  Beweise  für  das  Alter  der  vulka- 
nischen Eruptionen  beizubringen.  Dieselben  sind  nämlich  viel  jün- 
ger, als  man  bisher  glaubte  ;  ja  der  jüngste  Lavastrom  des  Rukkäd- 
thales  durchfloss  dasselbe  zu  einer  Zeit,  in  welcher  möglicher  Weise 
schon  Menschen  in  der  Gegend  wohnten.  Diese  Frage  wird  durch  die 
Auffassung  einer  Geröllschiclit ,  der  Ablagerung  des  uralten  Hiero- 
max  ,  der  vor  der  Eruption  im  Thale  floss ,  entschieden ;  in  Europa 
würde  man  dieselbe  als  Diluvium ,  wenn  nicht  gar  als  Alt- Alluvium 
auffassen ,  mithin  Perioden  zuzählen ,  während  welcher  bereits  Men- 
schen existirten. 

»Die  Unterlage  der  Lava  bildet  ein  weites  Plateau,  das  völlig  aus 
versteinerungslosen  Kreidekalken  zusammengesetzt  ist.  Interessant 
war  der  Nachweis,  dass  die  heissen  Quellen  früher  viel  weiter  ver- 
breitet waren  als  dieselben  jetzt  sind.  So  lange  die  Quellen  heiss 
sind,  setzen  sich  aus  denselben  Niederschläge  von  kohlensaurem  Kalk 
ab ,  wie  man  bei  el-Hammi  deutlich  beobachten  kann.  Solche  Quell- 
absätze fand  ich  nun  in  mächtiger  Ausbildung  sowohl  im  Wadi  Arab 
als  auch  im  Wadi  Zahar,  wo  heute  nur  kalte  Quellen  sprudeln.  Man 
muss  daher  annehmen,  dass  eine  allmähliche  Abkühlung  der  Quellen 
stattfindet. 

»Sehr  wesentlich  ist  auch  die  von  mir  gemachte  Entdeckung  einer 
Fauna  in  den  Schichten,  welche  das  Jordanthal  erfüllen.  Lartet  hatte 
darin  vergeblich  nach  Fossilien  gesucht ;  ich  fand  aber  in  Geröllbän- 
ken sowohl  am  Ufer  des  Sees  von  Tiberias  als  auch  am  Ufer  des  Hie- 
romax  eine  Fauna,  die  mit  der  heute  im  See  lebenden  Fauna  eine 
auffallende  Übereinstimmung  zeigt,  was  somit  auf  ein  ebenfalls  jun- 
ges Alter  der  betreffenden  Ablagerungen  deuten  würde«. 

Ferner  aus  Beirut,  21.  August  ISS 5.  »Meine  Keise  habe  ich 
jetzt  vollendet  und  meine  Untersuchungen  abgeschlossen.  Anfang  Juli 
ritt  ich,  wieder  von  Haifa  aus,  mit  fünf  Pferden  und  zwei  Begleitern 
zunächst  nach  Ilattin,  von  da  nach  Safed,  um  bei  Bänijäs  den  Hermon 
zu  erreichen.  Bänijäs  ist  ein  ungcsundor  Ort;  denn  hart  am  Rande  der 


Personalnachrichten  und  geschäftliche  Mittheilungen.  xxxi 

ITüle-Niederung  o;elegen,  empfängt  es  deren  gütigen  Dünste  aus  crKter 
Hand.    Sofort  überfiel  mich  auch  das  Fieber ,   an  dem  ich  zwei  Tage 
darniedcrlag ;   doch   halfen   mir   einige   Dosen  C^liinin.     Von   Hanijiis 
ging  es  weiter  nach  IJasbcja,   wo  ich  eine  heftige  Begegnung  mit  dem 
dortigen  Kaimakäm  hatte,    der  meine  Sammlungen  visitiren ,    meine 
Instrumente  confisciren  und  mich  nach  Beirut  bringen  lassen  wollte. 
Nur  meinem  entschiedenen  Auftreten   gelang   es,    dies  Unheil,    das 
einen  gänzlichen  Misserfolg  meiner  Reise  bedeutet  haben  würde,  alj- 
zuwenden.    Von  Hasbcja  unternahm  ich  die  höchst  anstrengende  Be- 
steigung des  Hermon,    die  einen  14stündigen  Ritt  erforderte,  und  be- 
gab mich  dann  über  Rascheja  nach  Damaskus,    wo  ich  wieder  Fieber 
bekam,  und  weiter  über  Katana  nach  Medschdel  esch-Schems.   Dieses 
Dorf  ist  einer  der  ungesundesten  Orte ,   welche  ich  auf  meiner  ganzen 
Reise  angetroffen  habe,  und  dazu  von  einer  Bevölkerung  bewohnt,  die 
an  Unverschämtheit  und  Geldgier  alle  bisher  von  mir  besuchten  Ara- 
ber übertrifi't.    Medschdel  esch-Schems  verdient  seinen  Namen  in  des 
Wortes  übelster  Bedeutung.    Am  S. -Abhang  des  Hermon  gelegen,  ist 
es  durch  den  hohen  Kamm  des  Gebirges  von  jedem  frischen  Luftzug 
abgeschnitten,    dagegen  aber  den  Strahlen  der  Sonne  den  ganzen  Tag 
über  ausgesetzt,  so  dass  kurz  vor  Mittag  die  Hitze  geradezu  unerträglich 
wird  (31°  im  Zimmer) .  Dabei  weit  und  breit  kein  Baum,  kein  Strauch, 
kein  Schatten,   nichts  als  öde  weisse  Kalkfelsen,    die  das  Sonnenlicht 
in  kaum  erträglicher  Weise  reflektiren.    Erst  gegen  Mittag  erhebt  sich 
der  Westwind ,    scheinbar    erfrischend ,    aber   er   bringt   die   giftigen 
Dünste  der  Hüle-Niederung  mit  sich,   die  sich  des  Abends  in  dicke 
weisse  Wolken  geballt  gegen  O.  wälzen.     Der  Aufenthalt  an  diesem 
Orte  brachte  mir  ein  ganz  heftiges  Fieber.    Da  ich  des  Tages  zicmlicli 
fieberfrei  war,  so  arbeitete  ich,   so  viel  nur  irgend  möglich  war,   wäh- 
rend ich  die  Nächte    schlaflos    und    unter    heftigen  Schmerzen   ver- 
brachte.     Chinin  half  mir  nichts,   da  ich  es  nicht  vertragen  konnte. 
Diese  Lebensweise  ertrug  ich  bei  schlechter  Verpflegung  zehn  Tage 
lang ,  am  eilften  Tage  wurde  ich  ohnmächtig  in  meine  Wohnung  ge- 
tragen und  lag   dort  bewusstlos  zwei  Tage  lang.    Dank   aber  meiner 
kräftigen  Constitution,  vielleicht  auch  der  nachdrücklichen  Anwendung 
von  Eis  kam  ich  wieder  empor,  obgleich  sämmtliche  »sachverständige« 
Bewohner  des  Ortes  meine  Genesung  bereits  aufgegeben  hatten,   und 
beeilte  mich  nun,    diese  unheimliche  Stätte  sobald  als  möglich  zu  ver- 
lassen,  zumal   da  meine  Untersuchungen    glücklich    beendet    waren. 
Über  Nabatije  begab  ich  mich  nachSaida.  wo  ich  mich  in  der  frischen 


XXXII 


Personalnachrichten  und  geschäftliche  Mittheiluno;en. 


Seeluft  bald  erholte.  Hier  beschloss  ich,  die  noch  übrige  Zeit  zu  geo- 
logischen Untersuchungen  im  Libanon  zu  verwenden.  Ich  besuchte 
nacheinander  'Abeih,  Hakel  und  Sahel  'Alma  und  traf  gestern 
(20.  August)  in  Beirut  ein. 

»Im  Hermon  habe  ich  den  Jura  von  Medschdel  esch-Schems  sehr 
genau  studirt,  eine  grosse  Sammlung  von  Fossilien  desselben  angelegt 
und  eine  genaue  geologische  Karte  der  Umgebung  von  Medschdel  an- 
o-efertigt.  Der  bis  dahin  so  räthselhafte  Jurafleck  wird  nach  diesen 
Untersuchungen  vollkommen  klar  und  deutlich  erscheinen.  Eine  geo- 
logische Karte  des  Hermon  aufzunehmen,  war  mir  nicht  möglich  ;  die 
topographische  Grundlage  ist  leider  so  falsch ,  dass  sie  sich  als  ganz 
werthlos  erwies.  Dagegen  werde  ich  eine  annähernd  genaue  Skizze 
des  geologischen  Baues  des  Hermon  mittheilen  können.  —  Nach 
meiner  Auffassung  dürfte  die  Sandsteinformation  [Fraas]  nicht  dem 
Cenoman,  sondern  dem  Hippuritenkalk ,  also  dem  Turon ,  ange- 
hören. Ebenso  gelang  es  mir  festzustellen,  dass  die  Fischschiefer 
von  Hakel  und  Sahel  "^Alma  gleiches  Niveau  (Alter)  besitzen  und 
nichts  anderes  als  die  Lokalfauna  eines  weitverbreiteten,  Bitumen 
führenden  Horizontes  darstellen,  dessen  Bitumen  in  einzelnen  Or- 
ten, wie  Dschebel  ed-Dahr  und  am  Todten  Meer,  sich  zu  As- 
phalt concentrirt  hat,  und  dass  dieser  Horizont  dem  Unter-Senon  an- 
gehört. —  Ferner  habe  ich  eine  Untersuchung  des  Karmelgebirges 
vorgenommen,  die  auch  manche  interessante  geologische  Beobachtun- 
gen geliefert  hat«. 

Am  26.  November  und  10.  December  empfing  die  Redaction  von 
Herrn  G.  Schumacher  in  Haifa  eine  grosse,  sehr  schön  ausgeführte 
Karte  des  Dschölän  und  einen  dieselbe  erläuternden  Bericht  mit  vielen 
Zeichnungen,  Photographieen  und  Plänen.  Beides  wird  im  Jahr  1  SSG 
veröffentlicht  werden. 


[Geschlossen  am  22.  December  1885], 

Die  Itedactioii. 


Zur  neueren  Geschichte  Jerusalems. 

Von  1843  —  1884. 
Ein  Überblick  von  Dr.  Ph.  Wolif,  Stadtpfarrer  a.  D. 


Vorwort.  Der  nachfolgenden  geschichtlichen  Darstellung  lie- 
gen zunächst  Jerusalemer  Briefe  zu  Grunde,  die  an  mich  gerichtet 
worden  und  welche  von  mir  theilweise  da  und  dort,  zumal  in  der  A. 
Allgemeinen  Zeitung  veröffentlicht  worden  sind.  Meine  Correspon- 
denz  mit  Jerusalem  hat  mit  der  Errichtung  des  preussischen  Consu- 
lats ^!  oder  mit  dem  Einzug  des  ersten  preussischen  Consuls  daselbst, 
des  Dr.  Ernst  Gustav  Schultz,  im  Jahr  1843  begonnen.  Nach  dem 
leider  schon  im  Jahr  1851,  am  22.  October,  dort  erfolgten  Hingang 
meines  unvergesslichen  Freundes  2)  habe  ich  diese  Correspondenz  mit 
andern  Jerusalemsbewohnern  bis  auf  den  heutigen  Tag  fortsetzen  dür- 
fen. Sie  umfasst  also  mehr  als  vierzig  Jahre  und  zählt  gegen  hundert 
Nummern.  Für's  andere  habe  ich  bei  dieser  Darstellung  aus  den 
Wahrnehmungen  und  Erlebnissen  meiner  zwei  Pilgerfahrten,  im  Som- 
mer des  Jahres  1847  und  in  dem  Winter  von  1869 — 1870,  geschöpft. 
Dazu  kommen  als  dritte  Quelle  in  verschiedenen  Zeitschriften  zer- 
streute Abhandlungen,  sowie  Notizen,  weiche  ich  aus  schriftlichen 
und  mündlichen  Berichten  entnehmen  durfte. 

1)  Über  die  Consulate  in  Jerusalem  s.  ])r.  T.  Toblek's  »Denkblätter  aus 
Jerusalem«,  St.  Gallen  und  Constanz  1S53,  S.  391 — 395.  Zu  den  dort  erwähn- 
ten Consuln  sind  im  Jahr  1 858  und  1859  ein  spanischer  und  ein  amerikanischer 
und  im  Jahr  1865  auch  ein  mexicanischer  gekommen,  s.  »Ausland«  1806, 
S.  546. 

2)  S.  den  Necrolog  in  der  »Königsberger  Zeitung«  1853,  Beil.  Nr.  66,  und 
daraus  in  meinem  »Jerusalem«,  I.Auflage  (von  1857),  S.  204— 214. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VIII.  1 


0  y\'o\ff, 

1.  Der  UmscliAvung  in  den  Verhältnissen  Jeru- 
salems ist  mit  der  Einführung  der  europäischen  Consulate  er- 
folgt. E.  Robinson  hat  auch  der  Errichtung  des  anglo-preussi- 
schen  lUsthums  bedeutenden  EinÜuss  zugeschrieben  (s.  darüber 
seine  »neuem  biblischen  Forschungen«,  lierlin  1S57.  S.  211  . 
Den  ersten  C'onsuln  -waren  übrigens  nicht  viele  Rechte  einge- 
räumt. Dmften  sie  doch  nicht  einmal  ein  Haus  kaufen  oder 
erbaiien.  Sic  mussten  Miethwohuungen  beziehen.  Als  sich  dem 
preussischen  Consul  eine  günstige  Gelegenheit  darbot,  ein  Haus 
mit  Garten  zu  erwerben,  war  er  genöthigt,  den  Kauf  anstatt  auf 
seinen  oder  der  preussischen  Regierung  Namen,  auf  den  Namen 
eines  Eingebornen  einschreiben  zu  lassen.  Dieser  Eingeborae 
■svar  der  Mufti  der  Schafe'^iten,  Schech  Assad  EfFendi^  .  der  spä- 
ter -während  der  Anwesenheit  des  preussischen  Kronprinzen  in 
der  heiligen  Stadt  mit  einem  preussischen  Ordenskreuz  geziert 
-worden  ist 2^.  Ebensowenig  hatte  ein  Consul,  gleich  andern  Euro- 

1  Schech  Assad  Effendi  war  der  erste  Gelegenheitsdichter  Jerusalems, 
von  dem  die  meisten  Beglückwünschungsgedichte  für  die  heimgekehrten 
Mekkapilger  über  den  Hausthüren  im  muslimischen  Quartier  herrühren. 
Derselbe  hat  auch  Herrn  H.  Brockhaus  vor  seinem  Abschied  von  Jerusalem 
mit  einem  poetischen  Erguss  bedacht.  Dieses  Gedicht  ist  mit  einer  deutschen 
Übersetzung  und  einer  interessanten  Einleitung  von  Dr.  Rosen  »als  Hand- 
schrift'«  in  der  Brockhaus'schen  Officin  zu  einem  sehr  schönen  Abdruck  ge- 
kommen. 

2)  Das  Gefühl  seiner  Befriedigung  hierüber  hat  derselbe  in  dem  Doppel- 
vers ausgesprochen : 

Auf  meiner  Brust  ist  erschienen  von  Friedrich  dem  Gewaltigen 

Ein  Nischan  der  Verherrlichung  hellglänzend. 

Meine  Brust  hat  sich  daher  erhoben  und  ist  dem  Himmel  nahegekommen, 

Und  der  Nischan  an  ihr  gleicht  dem  Siebengestirn  — 

£1.4-».  ^Xi>-»  !^  Ai  ^, Axii 

S.  meine  «Flugblätter  aus  Jerusalem  vom  Nov.undDec.  1869«,  Stuttgart  1870, 
S.  27f.  Auf  die  an  ihn,  als  er  einmal  mit  einerBrille  erschien,  gerichtete  Frage, 
ob  er  auch  .schwachsehend  geworden  sei,  citirte  er  als  Antwort  den  Vers: 


Zur  neueren  Geschichte  Jerusalems.  3 

päerii,  das  Recht,  den  Haiamplatz  zu  betreten  oder  in  die  darauf 
befindlichen  Moscheen  einzutreten.  Wohl  aber  war  ihnen  gestat- 
tet ,  KaAvassen  in  orientalischem  Kostüm  (in  Arnautenkleidung) 
zu  halten,  -welche  ihnen  bei  jedem  Gang  durch  die  Stadt  in  gra- 
vitätischer Weise  voranschritten,  einen  hohen  silberbeschlagenen 
Stab,  gleich  dem  eines  Regimentstarabours,  bei  jedem  Schritt  auf 
die  Erde  stossend.  l^ei  diesen  Gängen  Murden  die  Consuln  von 
den  Begegnenden,  welche  zur  Rechten  oder  zur  Linken  aus- 
wichen und  stehen  blieben,  in  ehrfurchtsvoller  Weise,  die  rechte 
Hand  auf  die  Brust  und  weiter  hinauf  auf  die  Stirne  legend, 
begrüsst. 

Dr.  Schultz  hatte  in  seiner  Schrift  »Jerusalem.  Eine  Vor- 
lesung« (Berlin  1845)  bemerkt,  dass  das  Leben  in  Jerusalem  ein 
sehr  mühsames  und  beschwerliches  sei.  Um  eine  Probe  von  den 
Beschwerden  der  Häuslichkeit  zu  geben,  hat  er  sich  da  (auf  S.  14) 
vernehmen  lassen :  »In  Jerusalem  kaufen  Sie  den  Weizen  für  ihre 
Haushaltung,  Sie  setzen  arabische  Weiber  um  den  Weizenhaufen 
und  lassen  die  Kerner  lesen,  die  voller  kleiner  Steinchen  und  an- 
derem ungeniessbaren  Zubehör  sind;  dann  geht  er  in  die  Mühle, 
und  wenn  Sie  wissen,  ob  Sie  wieder  erhalten  was  Ihnen  zukommt, 
so  lassen  Sie  den  Teig  in  ihrem  Hause  kneten  und  formen  und 
schicken  ihn  schliesslich  nach  dem  Ofen,  wenn  Sie  zu  neuer  Un- 
beqxiemlichkeit  keinen  im  Hause  haben,  und  wenn  das  Brot  dann 
wohlgebacken  auf  Ihren  Tisch  kommt ,  so  seien  Sie  zufrieden, 
dass  Sie  so  leicht  und  glimpflich  durchgekommen  sind«.  In  einem 
Brief  vom  13.  Januar  1847  hat  Schultz  geschrieben  :  »Jerusalem 
hat  sich,  seit  ich  meine  Vorlesung  geschrieben,  sehr  rasch  zum 
Bessern  verändert.  Von  allen  häuslichen  15eschwerden,  die  dort 
erwähnt  sind,  ist  keine  Spur  mehr.  Es  giebt  jetzt  hier  zwei  Häu- 
ser, Avo  Fremde  ein  ganz  gutes  Unterkommen  finden;  Wohnung. 
Kost  und  Bedienung  erhält  man  darin  für  10 — 12  Fr.  täglich. 
Wer  längere  Zeit  darin  wohnen  wollte  ,  würde  sich  billiger  ein- 
richten können«.  Die  bessere  jener  Locanden  war  die  eines  Herrn 
Salbo  (s.  meine  «Reise  in  das  Gelobte  Land«,  Stuttgart  1S49. 
S.  103).    Der  erste  Bäcker,  der  für  Europäer  einen  Brotladen  er- 

O  Fragender  nach  der  Blindheit. 

Bei  mir  ist  die  Hälfte  der  Erfahrung  davon. 

Der  Treffliche  lebt  noch,  aber  schon  lange  ganz  erblindet. 


4  Wolff, 

richtete,  war  ein  Jude.  Die  erste  Feinbäckerei  ward  im  Jahr  186S 
von  einem  iSabbathhalter  aus  dem  Rheinland.  Namens  Lenthokl, 
etablirt. 

Wie  der  erste  preussische  Consul  für  die  l^ereitung  seines 
lirotes  selbst  hat  besorgt  sein  müssen,  so  auch  für  die  Bereitung 
seines  Weines.  Er  hat  von  den  Fellachen  der  Umgegend  die 
Trauben  gekauft ,  hat  sich  grosse  irdene  Töpfe  angeschafft  und 
einer  seiner  Diener  hat  den  Saft  der  Trauben  darein  gebracht. 
Der  Aufl)ewahrungsort  des  neuen  Weines  war  eines  der  untern 
Zimmer.  Die  ersten  Keller  wurden  viel  später  auf  Veranlassung 
eines  deutschen  Handelshauses  gegraben.  Dieses  Haus  hat  die 
ersten  Fässer  aus  Deutschland  herbeigeschafft.  Im  Jahr  1847  be- 
standen nur  Schnapsbuden,  welche  von  Griechen  gehalten  wur- 
den. In  ähnlicher  Weise  Avie  mit  der  Bereitung  von  Brot  und 
Wein  hat  es  sich  in  der  ersten  Zeit  des  Aufenthalts  des  preussi- 
schen  Consuls  zu  Jerusalem  auch  mit  der  Bereitung  des  Tabaks 
verhalten.  Schultz  kaufte  sich  von  Bauern  Tabaksblätter;  einer 
seiner  Diener  bekam  den  Auftrag,   dieselben  klein  zu  schneiden. 

2.  W^as  für  die  Reinlichkeit  und  zur  Verbesse- 
rung in  der  Stadt  geschehen  ist.  Nach  einem  Briefe  vom 
22.  Dec.  1858  ist  von  den  europäischen  Einwohnern  der  Stadt, 
den  Franken,  ein  Reinlichkeitsverein  gegründet  worden,  dem  der 
l'ascha  sich  freundlich  angeschlossen  hat.  Dieser  Verein  hat  sein 
Auge  zunächst  auf  die  Entfernung  der  Cadaver  grosser  Thiere 
aus  den  Strassen  der  Stadt,  sowie  die  Hinwegschaffung  der  Ger- 
berei auf  dem  Johanniterplatz  und  des  in  der  Nähe  davon  gelege- 
nen jüdischen  Schlachtplatzes  gerichtet.  Bis  zur  Gründung  die- 
ses A'ereins  war  die  Sorge  der  Strassenreinigung  lediglich  den  zu 
diesem  Geschäft  sehr  brauchbaren  Strassenhunden  überlassen 
gewesen.  Dieselben  leisteten  das  Möglichste.  In  etlichen  Tagen 
ward  von  ihnen  zum  Beispiel  ein  in  den  Strassen  verendetes  Ka- 
meel,  die  gröbsten  Knochen  ausgenommen,  aufgezehrt.  Der  üble 
Geruch,  der  von  der  durch  Muslimen  betriebenen  Gerberei, 
sowie  von  dem  jüdischen  Schlachtplatze  ausging,  war,  zumal  in 
der  regenlosen  Zeit,  entsetzlicher  Art.  Den  im  Medschlis  gegen 
die  Verlegung  dieses  Schlachtplatzes  protestirenden  muslimischen 
Rathsherren ,  Avelche  meinten ,  dass  man  diesen  Platz  zur 
Schmach  der  Juden  belassen  müsse,  Aveil  er  ihnen  einst  von 
einem  muslimischen  Heiligen  angewiesen  worden  sei,    hat  der 


Zur  neueren  Geschichte  Jerusalems.  5 

Pascha  entgegnet :  man  könne  nicht  gegen  alle  Neuerungen  und 
"S'erbesserungen  sem  ;  Noah  sei  auch  ein  Heiliger  gewesen,  aber 
desswegen  fahre  man  jetzt  doch  nicht  mehr  auf  Archen,  sondern  auf 
Dampfschiifen.  Zu  einer  weiteren  und  grösseren  lleinigung  der 
Stadt  im  Jahr  1859  hat  ein  angekündigter  liesuch  des  Sultans 
A'eranlassung  gegeben.  Es  wurde  da  nicht  bloss  die  Hinweg- 
schafFung  aller  Thiergerippe  und  jeglichen  ünraths  angeordnet, 
sondern  es  wurde  da  auch  der  Befehl  ertheilt,  dass  die  Fronten 
aller  Häuser  herzustellen,  alle  schadhaften  Stellen  an  denselben 
auszubessern  und  die  Thüren  frisch  anzustreichen  seien.  Im  Jahr 
1SG4  wurde  eine  förmliche  Strassencorrection  in  der  Stadt  vorge- 
nommen, liehufs  der  Erweiterung  der  Strassen  wurden  alle  vor- 
stehenden Steinbänke,  Läden  u.  s.  f.  weggebrochen.  Der  Anfang 
dazu  geschah  in  der  Christenstrasse.  Als  die  Reihe  an  die  mus- 
limischen Quartiere  kam .  trat  eine  Stockung  ein .  aber  schliess- 
lich mussten  auch  die  Muslimen  sich  eutschliessen,  die  anbefoh- 
lene CoiTection  auf  ihre  Kosten  zu  übernehmen.  Im  Jahr  1SG6 
hat  Sir  Moses  Montefiore  dem  Pascha  eine  ansehnliche  Summe 
für  Strassenreinigung  einhändigen  lassen.  Im  Jahr  1S67  hat 
Kurschid  Pascha  den  Befehl  gegeben,  dass  die  Strassen  alle 
Taffe  zu  kehren  seien.  Sein  Nachfolger  Zarif  Pascha  hat  auch 
für  eine  bessere  Beleuchtung  der  Stadt  Sorge  getragen. 

3.  Die  Fahrstrasse  von  Jafa  nach  Jerusalem. 
Während  es  keine  Schwierigkeit  hatte,  von  Jafa  nach  er-Ramle  und 
von  da  nachBab  el-Wäd  amFusse  des  Gebirges  zu  gelangen,  war 
der  Weg  von  da  an  über  das  Gebirge  ein  nahezu  halsbreche- 
rischer. Die  Reitpferde  hatten  geradezu  die  Aufgabe,  grosse  Fel- 
senplatten hinunter  zu  rutschen.  Vom  Pferde  zu  steigen  und  das 
Pferd  zu  führen,  wäre  eine  gewagte  Sache  gewesen.  Dass  auch 
nach  dem  Einzug  der  europäischen  Consuln  noch  Jahre  verflos- 
sen sind,  bis  es  zur  Erbauung  einer  Kunststrasse  gekommen  ist. 
hatte  darin  seinen  Grund .  dass  sich  nacheinander  verschiedene 
europäische  Regierungen  um  die  Concession  zur  Erbauung  einer 
solchen  beworben  haben  und  keine  dieselbe  erlangen  konnte, 
•weil  die  türkische  Regierung  immer  durch  diese  oder  jene  euro- 
päische Regierung  von  der  Ertheilung  einer  solchen  abgehalten 
worden  ist.  Nachdem  das  Bedürfniss  einer  neuen  Strasse  ein  zu 
laut  schreiendes  geworden  war,  haben  sich  schliesslich  im  Jahr 
1S66  die  Türken  entschlossen,  den  Bau  auf  ihre  Kosten  ausfüh- 


6  Wolff, 

reu  zu  lassen.  Derselbe  kam  nicht  hoch  zu  stehen,  da  die  Bauern 
der  jfanzen  Umgegend  Frohndienst  zu  leisten  hatten  und  da  alle 
kostspieligen  Ilauten,  wie  die  von  Durchlassen  u.  dgl.  unterlas- 
sen worden  sind.  Die  Oberleitung  bei  diesem  Strassenbau  führte 
der  italienische  Architect  Fierotti.  Zum  Schutze  derselben  wur- 
den türkische  Soldaten  bestellt,  für  deren  Unterkunft  eine  Anzahl 
schwarz  angestrichener  Thürme,  mit  engen  Schiessscharten  und 
von  gezackten  Mauerzinnen  umgeben,  erbaut  wurde.  Die  Strasse 
kam  im  Jahr  1S6S  in  Gebrauch.  Als  im  Jahr  1S69  der  Besuch 
des  österreichischen  Kaisers  und  des  preussischen  Kronprinzen 
erwartet  wurde ,  sind  in  aller  Eile  wieder  durch  frohndienende 
Fellachen  die  nöthigsten  Correctionen  ausgeführt  worden.  Bei 
einer  späteren  Strassencorrection  hatte  der  deutsche  Ingenieur 
Sandel  die  Leitung,  Die  heutige  Strasse  ist  höchstens  als  eine 
leidliche  zu  bezeichnen.  Der  erste,  der  ein  Fuhrwerk  auf  dersel- 
ben eingeführt  hat ,  w^ar  der  Amerikaner  Floyd  von  der  Colonie 
in  Jafa.  Er  hat  sich  für  eine  Fahrt  zwei  Pfd.  St.,  nach  Umständen 
zwei  Napoleons  bezahlen  lassen.  Später  haben  Genossen  der 
deutschen  Tempelgemeinde  in  Sarona  bei  Jafa  das  Fahrwesen 
übernommen  gegen  ein  Fahrgeld  von  15  Fr.  Jetzt  betheiligen 
sich  an  demselben  als  ernste  Concurrenten  Juden  und  Araber  ^) . 

Es  mag  hier  bemerkt  werden,  dass  der  Erbauung  dieser 
ersten  grossem  Kunststrasse  in  Palästina  im  Jahr  1SG2  die  Er- 
bauung einer  kleinern,  nemlich  der  von  Jerusalem  nach  dem 
griechischen  Kreuzkloster  vorangegangen  ist. 

Nach  neueren  Nachrichten  denkt  die  türkische  Regierung 
daran,  nun  auch  eine  Fahrstrasse  nach  Hebron  herzustellen, 

4,  Die  Neubauten.  In  den  Jahren  1856  bis  1866  sind 
nicht  weniger  als  24  Neubauten  öffentlicher  Gebäude,  zumal 
von  Kirchen,  Klöstern,  Wohlthätigkeitsanstalten  u,  dgl.  ausge- 
führt worden.  Sie  finden  sich  sämmtlich  in  einem  Artikel  des 
Auslandes  von  1866,  S.  546  f.,  und  daraus  in  meinem  »Sieben 
Artikel  aus  Jerusalem«,  Stuttgart  1869,  S.  93 — 97,  aufgeführt. 
Aus  denselben  sind  besonders  hervorzuheben : 

Die  grosse  und  prächtige  Kirche  der  heil.  Dreieinigkeit,  zu 
welcher  im  Jahr  1860  am  Geburtstage  des  Kaisers  Alexander  II. 

I     Neuerdings  haben  sich  die  konkurrirenden  Fuhrherren  zu  einer  Fahr- 
gesellschaft vereinigt.  Anm.  d.  Red. 


Zur  neueren  Geschichte  Jerusalems.  7 

der  Grundstein  gelegt  Avorden  ist.  Diese  Kirclie  bildet,  kann 
man  sagen,  das  Ceutnim  des  mächtigen  Kussenbaues  vor  dem 
Jafathore,  der  den  Fremden  von  der  Ferne  wie  ein  grosser  Cen- 
tralbahnhüf  erscheint.  In  diesem  Riissenbau  befindet  sich  ein 
Aiifnahmehaus  für  Männer  mit  5 1  Zimmern ,  ein  solches  für 
Weiber  mit  72  Zimmern,  ein  Haus  der  geistlichen  Mission  mit 
Wohnungen  für  einen  Erzbischof  und  seinen  A'icar,  für  Priester- 
mönche, Diaconen,  Sänger;  im  untern  Stock  desselben  ist  eine 
Kirche,  welche  tausend  Personen  fasst,  und  eine  zweite  für  350,  ein 
l^ibliotheksaal,  ein  Magazin;  Aveiter  enthält  dieser  Stock  20  Zim- 
mer für  reisende  Mönche  und  eine  grosse  Yorraths-  und  Geräthe- 
kammer.  Das  Aufnahmehaus  für  Keisende  höheren  Kanges  ent- 
hält 10  Zimmer  für  einzelne  Personen  und  zwei  für  je  drei.  In 
dem  Hospital  befinden  sich  Wohnungen  für  den  Arzt  und  den 
Apotheker,  ein  Zimmer  für  die  barmherzigen  Schwestern,  ein 
Laboratorium,  eine  Materialienkammer,  ein  Operationszimmer, 
eine  Weisszeugkammer,  zwei  grosse  Krankenzimmer.  Dr.  Toi;- 
LER  hat  in  einem  Briefe  über  die  Reise-Eindrücke  seiner  vier- 
ten Jerusalemsfahrt  in  Betreif  des  Russenbaues  die  Bemerkung 
gemacht :  «da  wird  man  von  der  Überzeugung  durchdrungen, 
dass  die  Russen  Geld  haben  für  eine  grosse  Idee,  für  Belebung 
des  religiösen  Gefühls  ausserhalb  der  Gränzen  des  weiten 
Reiches«.  Die  ersten  Kosten  des  Baues  betrugen  drei  Millionen 
Rubel,  die  in  sehr  kurzer  Zeit  gesammelt  waren. 

Das  österreichische  Hospiz  nördlich  von  der  Via  dolorosa, 
das  über  300,000  Gulden  gekostet  hat.  Die  Legung  des  Schluss- 
steins an  diesem  Gebäude  hat  am  20.  October  1858  stattgefun- 
den. Über  die  Zeit  der  Anwesenheit  des  Kaisers  von  Osterreich 
in  Jerusalem  im  November  1S69,  der  dort  Avohnte,  war  ein 
Thronsessel  darin  aufgeschlagen  (s.  meine  Flugblätter  S.  21). 

Unter  den  Bauten ,  welche  vom  Jahre  1867  an  ausgeführt 
wurden,  steht  oben  an  der  Neubau  der  grossen  Kuppel  der  Hei- 
liggrabkirche. Dieser  Bau  hat  nicht  weniger  als  zwei  Decennien 
die  Geister  bewegt  (s.  den  Artikel  im  Ausland  von  1S64  »Warum 
es  zu  dem  Neubau  der  grossen  Kuppel  der  Grabkirche  nicht 
kommt«,  S.  1223  f.  i.  Dem  Streite  zwischen  den  Häuptern  der 
zwei  orthodoxen  Kirchen,  welche  sich  nicht  vereinigen  konnten, 
hat  auf  Anregung  des  Grossfürsten  Constantin,  welcher  den  ge- 
fahrdrohenden Schaden    der    alten   Kuppel   mit  eigenen  Augen 


\\  alirgouomiueu .  der  russische  Kaiser  im  A'oreiii  mit  dem  Kaiser 
der  Franzosen  ein  Ende  gemacht.  Diese  beiden  Kaiser  haben 
sich  zu  dem  Neubau  auf  ihre  Kosten  vereinigt,  wofür  ihnen  übri- 
gens keineswegs  ein  Dank  zu  Theil  geworden  ist .  vielmehr  das 
Gegentheil  s.  Das  heil.  Land,  Organ  des  Vereins  zum  heil.  Grab 
lieft  2  von  1868).  Das  Protocoll,  welches  die  Vollendung  der 
neuen  Kuppel,  der  Vereinbarung  vom  5.  September  1862  ge- 
mäss, bestätigt,  ist  am  26.  September  1868  von  dem  Gouverneur 
von  Jerusalem,  sowie  den  Consuhi  von  Frankreich  und  Eusslan^ 
unterzeichnet  worden.  Die  neue  prächtige  Kuppel  ist  ein  wenig 
höher  als  die  alte  war ;  sie  ist  durch  einen  besondern  Überbau, 
eine  Art  Laterne,  so  bedeckt,  dass  nie  Kegen  hereindringen  kann. 
Avohl  aber  Licht  und  Luft.  Zum  Material  dazu  wurde  Schmiede- 
eisen gewählt.  Ausserhalb  der  Kuppel  führt  eine  Treppe  auf  die 
Spitze.  Der  Anblick  der  an  ihrem  obern  Theil  in  Strahlenfoim 
reich  vergoldeten  Kuppel  mit  dem  darauf  aufgepflanzten,  gleich- 
falls fein  und  reich  vergoldeten  Kreuz  bei  morgendlicher  und 
abendlicher  Sonnenbeleuchtung  ist  ein  majestätischer,  wel- 
chen man  bei  dem  emporragenden  liau  fast  von  jeder  obeni 
Ilausterrasse  aus  geniessen  kann.  (Eine  genauere  Beschreibung 
dieser  Kuppel  findet  sich  in  der  A.  Allgem.  Zeitung  von  1867, 
S.  3507 f.  und  in  meinem  »Sieben  Artikel«  S.  97 — 99).  J)er  Lei- 
ter des  ganzen  Baues ,  der  drei  Jahre  in  Anspruch  genommen 
hat.  ist  von  Anfang  bis  zu  Ende  der  Deutschrusse  Herr  Eppinger 
gewesen. 

Von  weiteren  Neubauten  mache  ich  .   unter  ^'erweisung  auf 
die  in  den  Flugblättern  S.  20 f.  angeführten,  hier  namhaft: 

Das  den  Namen  »Jesushilfe«  führende  Asyl  für  die  Aussätzi- 
gen .  südlich  von  dem  Wege ,  der  nach  dem  Kreuzkloster  führt 
(s.  darüber  Ausland  von  1867,  S.  647,  und  Flugblätter  S.  25). 
Zu  bemerken  ist  hier,  dass  im  Jahre  1876  die  türkische  Regierung 
für  die  Aussätzigen  in  der  Nähe  des  Nehemia- Brunnens  auf 
einer  Felsenterrasse  des  Berges  ein  Haus  mit  vier  Zimmern 
hat  bauen  lassen  \nid  dass  auf  dem  ehemaligen  Platz  der  sog. 
Hütten  der  Aussätzigen  am  Zionsthor  jetzt  der  Wochen-  und 
^'iehmarkt  gehalten  wird. 

Das  grosse  ])iaconissenhaus  Talitha  Kumi  (nach  Markus  5, 
41)  am  sanften  Abhang  der  westlich  von  der  Strasse  nach  Jafa 
sich  erhebenden  Anhöhe ,  eine  Erziehungsanstalt  für  Mädchen. 


Zur  neueren  Gescchichte  Jerusalems.  9 

Das  von  Baurath  C.  Schick  um  \ingetahr  ()U,0(ju  Gulden  erbaute 
Gebäude  ist  am  27.  Januar  1S6S  eingeweiht  •worden  (s.  meine 
»Sieben  Artikel«  S.  94,  Flugblätter  S.  23). 

Die  römische  Patriarchalkirche  im  nordwestlichen  Theil  der 
Stadt  auf  dem  höchsten  imd  schönsten  Platz  derselben.  Nach 
einem  sachkundigen  Augenzeugen  hat  diese  Kirche  schlechte 
architektonische  Verhältnisse  und  keinen  reinen  Styl.  Das  Ur- 
theil  eines  andern  lautet :  »der  wohlgelungene  gothische  Hau  lobt 
seinen  Meister«.  Die  Kosten  dieses  Baues  wurden  aus  den  bei 
der  "N'erwaltung  des  Ordens  vom  heil.  Grab  erzielten  Ersparnissen 
bestritten  (s.  Das  heil.  Land.  Heft  5  von  1S67  . 

Die  Eccehomokirche .  vom  Pater  Maria  Eatisbonne  ausge- 
führt. Sie  ist  mit  dem  Kloster  der  Zionsschwestern  verbunden. 
Die  Hälfte  des  denkwürdigen  Pogens  ist  in  die  Kirche  einge- 
schlossen. 

Die  St.  Annakirche  aus  der  byzantinischen  Epoche  oder  der 
der  christl.  Kaiser  (s.  Rosen's  Artikel  »Monumentales  aus  Jeru- 
salem« im  Johanniter-Wochenblatt  von  1S61,  Nr.  25fF.l.  Die 
Kestaurationsarbeiten  dieses  vom  Sultan  dem  Kaiser  der  Franzo- 
sen abgetretenen  Heiligthums  haben  über  zehn  Jahre  in  An- 
spruch genommen  und  hunderttausende  von  Franken  gekostet. 

Das  syrische  Knabenwaisenhaus,  von  Schneller  aus  Wür- 
temberg  im  Jahre  1S60  gegründet.  Es  war  früher  ein  kleines 
Gebäude,  das  Schneller  zu  eigenem  Gebrauch  gebaut  hat.  das 
erste  ausserhalb  der  Stadt  errichtete. 

Die  Gartenwohnung  des  griechischen  Geistlichen  Antimos, 
eine  Hauptzierde  der  Vorstadt. 

Das  Montefiore'sche  Armenhaus  mit  fünfzig  angemessenen 
Wohnungen  für  arme  Juden. 

Das  bischöfliche  Schulhaus  für  Knaben,  von  Bischof  Gobat 
gegründet.  Durch  einen  geräumigen  und  trefflich  angelegten 
Garten  der  Anstalt  kommt  man  auf  den  Gottesacker  der  Prote- 
stanten. 

Das  über  dem  angeblichen  Paternosterplatz  auf  dem  ()lberg 
erbaute  Sanctuarium,  eine  Kapelle  im  Style  des  Campo  santo  von 
Pisa  von  der  Fürstin  Latour  d'Auvergne  im  Jahre  ISüS  erbaut 
(s.  darüber  mein  »Jerusalem'  dritte  Auflage  von  1S72,   S.  43). 

Die  arabisch  -  protestantische  St.  Paulskirche  in  romani- 
schem Styl  in  der  Nähe  des  RussenbaTies   auf  einem  schönen, 


10  Wolff. 

freien  Platz,  von  wo  aus  man  die  schönste  Aussicht  nach  dem 
Moabitergebirge  hat.  Oben  rings  um  die  vier  Mauern  der  Kirche 
geht .  nach  Art  der  Inschriften  in  dem  Felsendom,  ein  etwa  an- 
derthalb Fuss  breiter  Fries  herum  mit  den  Seligpreisungen  der 
Bergpredigt  in  schöner  arabischer  Schrift,  blau  auf  weissem 
Grunde,  was  originell  und  ganz  orientalisch  aussieht.  Zu  beiden 
Seiten  und  an  der  Front  der  Kirche  sind  Akazien-,  Palmen-  und 
Cypressenbäume  gepflanzt.  Die  Einweihung  der  Kirche  hat  am 
29.  November  1S74  stattgefunden.  Die  Oberleitung  des  Bauwe- 
sens war  von  Anfang  bis  zu  Ende  dem  Geistlichen  der  Gemeinde, 
Herrn  F.  A.  Klein  jetzt  in  Cairo\  anvertraut  gewesen.  Die 
Kosten  beliefen  sich  auf  4000  Pfund  St.  (Genaueres  s.  im  christl. 
Kunstblatt  1S75,  Xr.  12,  S.  177  ff.,  woselbst  sich  auch  eine  An- 
sicht der  Kirche  findet.) 

Die  deutsch-evangelische  Kapelle  auf  der  Trümraerstätte  des 
Johanniterplatzes .  an  deren  Stelle  sich  künftig  der  evangelische 
Dom  nach  dem  Plane  des  ]^auraths  und  Professors  Adler  in  Ber- 
lin erheben  soll.  Genaueres  über  diese  Trümmerstätte  s.  im 
christl.  Kunstblatt  1S71,  S.  1 — 4.) 

Die  eine  Art  von  Vorstadt  bildenden  Häuser  der  deutschen 
Tempelgemeinde  im  Rephaim-Thale  mit  einem  geräumigen  Ver- 
sammlungshause  der  Gemeinde. 

Ich  stelle  hier  noch  nach  der  Zeitfolge  die  Spitäler  Jerusa- 
lems aus  der  Neuzeit  nach  einem  Artikel  Rosen's  im  Wochen- 
blatt der  Johanniter  von  lS6i.  Nr.  25 ff.,  zusammen. 

Ein  Spital  für  alttestamentliche  Juden  aus  dem  Jahre  1S42. 
Ein  durch  Pastor  Fliedner  im  Jahre  1850  ins  Leben  gerufe- 
nes, »das  preussische  Krankenhaus«,  unbestritten  das  populärste. 

Ein  von  französischen  Josephsschwestem  bedientes  katho- 
lisches vom  Jahr  1853,  »Patriarchats«-  oder  »St.  Ludwig's-Spital« 
benannt. 

Ein  Pothschild'sches  Spital  von  1853. 

Ein  palastähnliches  russisches  von  1859.  In  dieser  Anstalt 
weht  nach  Roskx  ein  Hauch  beinahe  peinlicher  Ordnung  und 
Regelmässigkeit. 

Zu  diesen  Spitälern  ist  im  Jahre  1875  das  durch  Dr.  San- 
dreczky  gegründete  Kinderhospital  und  im  Jahre  187G  das  Jo- 
hanniterhaus  des  Grafen  Caboga  in  der  Nähe  von  Bethlehem  mit 


Zur  neueren  Geschichte  Jerusalems.  t  1 

einer  Augaiklinik  gekommen.     Diese  Klinik    wird    von    einem 
Jerusalemer  Arzt  besorgt. 

Vax  erwähnen  ist  hier  auch  noch,  dass  vor  etlichen  Jahren 
eine  grosse  Kestauration  an  der  Kubbet  es-Sachra  Felsendom) 
vorgenommen  worden  ist.  Hei  diesem  Restaurationswerk  hatte 
ein  Staatsrath  von  Konstantinopel  die  Oberleitung;  unter  ihm 
stand  als  technischer  Dirigent  ein  Armenier,  auch  aus  Konstan- 
tinopel. Die  Arbeiter  waren  sowohl  Armenier  von  dort,  als  auch 
Araber  aus  der  Nachbarschaft.  Wex  Streitfragen  wurde  der  Stadt- 
baumeister David  Bulus  Effendi,  ein  Katholik,  und  der  protestan- 
tische Haurath  C.  Schick  zu  Eathe  gezogen'].  Ferner:  dass  in 
Folge  des  bedeutenden  Umfangs,  den  die  Vorstadt  vor  dem  Jafa- 
thore  gewonnen  hat,  oder  Avegen  des  starken  Verkehrs  zwischen 
der  Neustadt  und  der  Altstadt  das  Jafathor,  das  zu  gewissen  Bet- 
stunden des  Tages  und  bei  Nacht  immer  geschlossen  war ,  nun- 
mehr immer  offen  steht  und  dass  sich  in  neuester  Zeit  l^aiige- 
sellschaften  gebildet  haben,  von  denen  ausserhalb  der  Stadt  ca- 
sernenartige  Häuser  gebaut  werden. 

5.  Neue  Erscheinungen.  Eine  der  bedeutendsten  und 
für  die  Christen  besonders  erfreuliche  Neuerung  ist,  dass  in  der 
heiligen  Stadt  nun  auch  Glockengeläute  zu  hören  ist.  Nachdem 
im  Jahre  1857  der  Thurm  des  griechischen  Kreuzklosters  mit 
einer  Glocke  versehen  worden,  ist  im  Jahre  1866  zwischen  zwei 
kleineren  Glocken  eine  nahezu  fünf  Fuss  im  Durchmesser  hal- 
tende und  ebenso  viel  Fviss  hohe  Glocke  in  der  obersten  Etage 
des  altehrwürdigen,  seiner  Spitze  beraubten  Glockenthurmes  der 
Grabkirche  aufgehängt  worden.  Zwei  neuere,  auch  grössere 
Glocken  schmücken  die  grosse  russische  Kirche  vor  dem  Jafa- 
thore.  Die  grosse  Glocke  in  der  Grabkirche  kann  übrigens  nicht 
in  Bewegung  gesetzt  werden,  weil  es  an  Raum  fehlt;  ihr  Schwen- 
gel wird  durch  ein  paar  Männer  vermittelst  eines  Strickes  hin 
imd  her  geschlagen. 

Zu  den  neueren  Erscheinvingen  gehören  weiter  : 
Die   im  Jahre  1858    auf  Kosten  des  Sir  Moses  Montefiore 
hergestellte  Windmühle ,  wozu  später  eine  zweite  im  Kreuzklo- 

1)  Auch  eine  Restauration   gewisser  Theile  der  Ringmauer  des  Haram 
wurde  18S2  in  Angriff  genommen.  Anm.  d.  Ked. 


12  ^Volff, 

ster  gekommen  ist.  Eine  Dampfmühle  besitzt  Jerusalem  erst 
seit  1S77. 

Die  östeneichische  und  französische  Postanstalt,  von  wel- 
cher die  erstere  mit  dem  Triester  Lloyd,  die  andere  mit  der  Mar- 
seillerDampfschitFfahrt  zusammenhängt,  und  eine  russische  Post, 
welche  mit  russischen  Dampfschiffen  correspondirt. 

Europäisch  eingerichtete  Gasthöfe.  Der  erste  war  das  Me- 
diterranean-IIotel  des  Herrn  Hauser,  das  bald  in  die  Hände  des 
Proselyten  Hornsteiu  überging,  Herr  de  Saulcy  hat  demselhen 
in  seiner  Voyage  en  Terre  Sainte  I,  95  ein  Ehrendenkmal  ge- 
setzt. Ein  zweites,  das  Damascus-Hotel,  ist  von  einem  Khein- 
länder,  Herrn  Thiel,  gegründet  worden.  Als  drittes  kam  zu  die- 
sen das  Hotel  Univers  des  Griechen  Constantin  Bao,  [Ferner: 
Feil's  Hotel  vor  dem  Jafathor,  Cook's  Logirhaus.  Die  Red.]. 
Neben  diesen  Gasthöfen  bestehen  als  neue  Pilgerherbergen  das 
preussische  Hospiz  des  Johanniterordens  und  das  österreichische 
Hospiz.  Das  erstere  gewährte,  nach  einer  Notiz  des  Joh. -Wochen- 
blattes von  1S72,  S.  54,  im  Jahre  1871  75  Personen  780  Tage 
gastliche  Unterkunft.  Davon  gehörten  den  höheren  Ständen  42 
Personen  an,  die  übrigen  Gäste  waren  meist  deutsche  Hand- 
werksgesellen, welche  unentgeltlich  372  Tage  verpflegt  wurden. 

Das  Telegraphenbureau  aus  dem  Jahre  1SG5  mit  [der  Über- 
schrift :  mahall  kubid  el-makZitih, 

Drei,  von  einem  Juden,  einem  Griechen  imd  einem  Arme- 
nier errichtete  Apotheken,  wo  man  ohne  llecept  bekommen  kann, 
was  man  Avill';. 

Weinwirthschaften  im  Judenquartier  und  AVeinhandlungen 
von  Deutschen,  auch  eine  Bierbrauerei. 

Zu  den  neueren  Erscheinungen  gehört  auch : 

Dass  im  Winter  1SG9  auf  1870  die  Gemahlin  des  Pascha 
Theegesellschaften  eingeführt  hat.  Es  waren  zu  denselben,  die 
jeden  Donnerstag  Abend  stattfanden,  Christenfrauen  aus  den 
höheren  Ständen  eingeladen. 

Dass  unter  der  schönen ,  hohen  Pinie  [möhar]  auf  der  den 
Namen  Aartn  esch-schech  (Weinberg  des  Herrn]  tragenden  Stätte 
zwischen    dem  Damaskusthor    und    der  Nordostecke  der  Stadt 

1;  Dazu  die  deutsche  A])otheke  der  Tempelkolonie  in  Jerusalem. 

Anm.  d.  Ked. 


Zur  neueren  Geschichte  Jerusalems.  13 

Kaffeegesellschaften  gehalten  werden.  Den  Anfang  damit  hat  im 
Jahre  1860  Consul  Rosen  gemacht  (s.  Ausland  1S60,  S.73;i,  und 
1S61,  S.  7G3].  Von  Reisenden  höheren  Ranges  wurde  diese 
Stätte  auch  als  Zeltlager-Stätte  benutzt. 

Dass  ira  Sommer  Zeltwohmnigen  in  der  Nähe  von  Lifta  zur 
Sommerfrische  bezogen  werden.  Consul  Rosen  hat  in  einem 
Sommer  auch  einmal  eine  Zeltwohnung  bei  Hebron  aufge- 
schlagen. 

Dass  sich  im  Jahre  1873  ein  deutscher  Verein  gebildet  hat. 
Der  erste  Jahresbericht  darüber,  in  der  »Huchdruckerei  des  heil. 
Landes«  gedruckt,  erschien  1875,  der  achte,  die  Jahre  1880  bis 
83  umfassende,  erschien  1883  zu  Basel  bei  C.  F.  Spittler.  Der 
ZAveck  dieses  Vereins  ist  gegenseitige  Unterhaltung  und  Heieh- 
rung. Der  Inhalt  der  Jahresberichte  findet  sich  angegeben  in 
der  aiisserordeutl.  Beilage  zur  Allg.  Zeitung  S.  178  und  der  ge- 
wöhnl.  Beilage  S.  4923  von  1875,  den  Beilagen  S.  394  und  5334 
von  1877,  S.  4729  von  1878,  dem  Hauptblatte  S.  4622  von  1879 
\md  den  Beilagen  S.  5254  von  1880  und  5278  von  1883  i). 

Dass  die  vornehmen  arabischen  Frauen  auf  Pariser  Stiefelet- 
ten einhergehen  und  dass  auch  die  muslimischen  Männer  höhe- 
ren Standes  nun  abendländische  Fussbekleidung  tragen. 

Dass  die  Kawassen  in  Militärkleidung  nach  preussischcm 
Muster  gesteckt  worden  sind-j,  und  dass  die  der  Consuln  nicht 
mehr  Bahn  machend  ihren  Herren  voranschreiten,  sondern  hin- 
terdrein gehen. 

Dass  an  die  Stelle  des  Rauchens  aus  den  langen  Pfeifen  [ka- 
sahe)  und  den  Wasserpfeifen  [narg'de]  fast  allgemein  das  Cigar- 
renrauchen  getreten  ist. 

Dass  man  auf  der  Strasse  nach  Bethlehem  einer  Chaise  mit 
dem  Pascha  begegnen  kann. 

Dass  im  Jahre  187  5  das  von  aussen  zugemauert  gewesene 
Herodesthor,  das  Sähirathor,  geöffnet  worden  ist. 

Dass  während  der  Zeit  des  russisch-türkischen  Krieges  auf 
den  russischen  Bauten  die  deutsche  Flagge  geweht  hat,  und  dass 

1)  Die  Jerusalemer  Tempelgemeinde  hat  daneben  JSS2  einen  »Freien 
deutschen  Verein«  gebildet.  Anm.  d.  lled. 

2)  Soviel  ich  mich  erinnere,  herrschte  im  Jahre  1S81  durchweg  die  ältere 
Sitte  wieder  vor.  GUTHE. 


14 


Wulff, 


in  diesem  Jahre  eine  deutsche  Kriegsflotte  bei  Jafa  erschienen 
ist,  nachdem  sich  das  Jahr  vorher  schon  ein  deutsches  Kanonen- 
boot dort  gezeigt  hatte. 

(i.  Entwürfe  nnd  Pläne.  Nachdem  im  Jahre  1SG2  von 
'einem  Engländer  ein  erster  ^'ersucll  zur  Herstellung  einer  neuen 
"Wasserleitung  gemacht  worden,  hat  im  Jahre  1564  eine  englische 
Gesellschaft  mit  dem  Grafen  Shaftesbury  an  der  Spitze  eine 
solche  herzustellen  versucht  der  Kostenanschlag  betrug  22,000 
Pfund  St.  .  aber  es  blieb  bei  dem  Entwurf.  So  hat  auch  die  von 
dem  Baurath  C.  Schick  im  Winter  1S69  auf  7  0  dem  Pascha  ge- 
machte ^'orlage  zur  Versehung  der  Stadt  mit  Wasser  keine  Aus- 
führung gefunden. 

Im  Jahre  1S67  hat  ISasif  Pascha  an  der  Herstellung  einer 
Strasse  von  Jerusalem  nach  dem  Jordan  und  an  eine  Über- 
brückung dieses  Flusses  gedacht,  aber  es  blieb  bei  dem  Ge- 
danken' . 

So  sind  auch  die  verschiedenen  Eisenbahnprojecte  für  eine 
Bahn  von  Jerusalem  nach  Jafa.  wie  die  des  Dr.ZiMPEL  (s.  dessen 
Schrift :  ))Strassenverbindung  des  Mittelländischen  mit  dem  Tod- 
ten  Meere  und  Damascus  über  Jerusalem  und  Damascus«. 
Frankfurt  a.  M.  1S65  nicht  weiter  als  bis  zu  Vorarbeiten  ge- 
diehen . 

Der  Plan,  die  Stadt  mit  einem  bessern  Pflaster  zu  versehen, 
wartet  auch  immer  noch  auf  die  Ausführung. 

Der  in  diesem  Jahre  von  dem  Pascha  gefasste  Plan .  das  jü- 
dische Gebirge  wieder  zu  einem  waldreichen  zu  machen ,  was  es 
einst  gewesen,  wird  ohne  Zweifel  aiich  nur  ein  Plan  bleiben. 
Nachdem  der  Pascha  das  Ausroden  der  Wurzeln  des  vorzeitlichen 
reichen  Auswuchses,  der  sogenannten  Kerämi,  verboten,  hat  er 
es  wieder  erlaubt. 

Bemerkt  mag  hier  noch  werden,  dass,  als  im  Jahre  1S07  auf 
das  Paschalik  Jervisalem  drei  Millionen  Piaster  Haussteuer  gelegt 
worden  sind.  Jerusalem  als  heilige  Stadt  von  dieser  Steuer  aus- 
genommen worden  ist. 

Hat  Dr.  T.  Tobler  1S65  in  seinen  «Briefen  aus  Süd  und 
Oäto  (A.A.Zeitung  Nr.  357    die,  eine  grosse  Hoff'nung  bergende. 

1^  Nach  Xr.  9  der  Warte  des  Tempels  von  d.  J.  ist  die  Brücke  neu  erbaut 
und  durch  Kauf  Pascha  am  17.  Februar  unter  grosser  Feierlichkeit  dem  Ver- 
kehr übergeben  ■worden. 


Zur  neueren  Geschitlite  Jerusalems.  15 

Äusserung  thun  können :  A'ov  dreissig  Jahren  weilten  mit  mir 
in  Jerusalem  ein  amerikanischer  Missionar,  ein  von  Mehemed 
Ali  angestellter  italienischer  Arzt,  ein  sogenannter  liaron  Müller, 
ein  deutscher  Gärtner  und  ein  französischer  Tambourmajor,  und 
jetzt  —  -welche  Menge  von  Franken,  welches  Capital  ihrer  geisti- 
gen Thätigkeit !  Der  friedliche  Kreuzzug  hat  begonnen.  Jerusa- 
lem muss  unser  -werden«:  wie  viel  mehr  Avird  man  sich,  nach 
A'erfluss  von  weiteren  zwanzig  Jahren .  der  weitgehenden  II <jtf- 
nung  hingeben  dürfen,  dass  die  geistige  Herrschaft  über  Jerusa- 
lem einst  uns  zufallen  werde. 

5.  September  IS 84. 


Die  antiken  Städte  und  Ortschaften  im 
Libanongebiete. 

Yon  K.  Furrer  in  Zürich. 


Wir  bieten  mit  dieser  Studie  eine  vollständige  tJbersicht 
über  die  antiken  Städte  und  Ortschaften  des  Libanongebietes,  in- 
dem wir  unsere  neugewonnenen  Resultate  mit  den  bereits  von 
andern  Forschern  errungenen  zu  einem  Ganzen  verarbeiteten.  Es 
war,  wie  ein  Blick  auf  die  bisherigen  Karten  zeigt,  noch  manches 
festzustellen  oder  zu  verbessern ,  luid  Avir  hoffen  mit  unserer  Ar- 
beit die  historisch-geographische  Kunde  des  Libanongebietes,  so 
weit  sie  die  Geschichte  von  der  ägyptischen  bis  zur  byzantini- 
schen Zeit  betrifft,  in  Avesentlichen  Punkten  gefordert  zu  haben. 

Jene  älteste  Vorstadt  der  Phönizier,  Arathu,  haben  wir 
nach  Analogie  von  Tyrus  wohl  nicht  auf  der  Insel  Kuäd ,  auf 
welcher  nach  assyrischen  und  griechischen  Zeugen  Aradus  lag, 
zu  suchen,  sondern  nordöstlich  von  der  Insel  an  der  Stelle  des 
späteren  Antaradus,  dem  jetzigen  Tartüs,  29  km  nördlich  von  der 
Mündung  des  Nähr  el-Kebir  Eleutherus).  Von  Thutmes  III. 
wurden  ihre  reichen  Pflanzungen  in  der  Dschüni-Ebene  verwü- 
stet, ja  in  wiederholten  Feldzügen  traf  sein  Zorn  ihr  Gebiet i). 
Als  die  Cheta  Hilfstruppen  gegen  Kamses  II.  sammelten,  lieferte 
auch  Arathu  sein  Contingent2).  Zur  Zeit  von  Ramses  III.  musste 
das  Volk  von  Arathu  der  Macht  nordischer  Heerschaaren  sich 
beugen  3  .   Solche  Erfahrungen  mochten  die  Arvadim  *]  hewegen, 

1;  Brugsch,  Gef5chichte  Ägyptens  30S  f.  341. 

2)  Brugsch  a.  a.  Ü.  491.  502.  504.  3)  Brugsch  598. 

4)  So  werden  die  Bürger  von  Aradus  Gen.  10,  18.     Chron.  I.  1,  lü  ge- 
nannt. 


Furrer,  Antike  Städte  etc.  im  Libanungebiete.  17 

auf  der  kleinen  Insel  liiiäd ')  ihre  Zuflucht  zu  nehmen.  Was 
Strabo  von  dieser  Insel  sagt ,  gilt  schon  für  eine  Aveit  frühere 
Zeit.  «Es  ist  ein  meerumspülter  Felsen,  ungefähr  sieben  Stadien 
(c.  1300m  im  Umfange,  voll  von  Bauwerken.  Man  -wohnt  da- 
selbst in  vielstöckigen  Häusern«.  ()fters  gedenken  assyrische  Ur- 
kunden der  Stadt  Arvada  (oder  Aruada) .  Tiglathpileser  I.  be- 
nutzte aradische  Schiffe,  um  aufs  hohe  Meer  hinauszufahren-^). 
Arvada  lag  ))mitten  imMeere(f,  als  Assurnasiii)al  ums  Jahr  876 
V.  Chr.  auch  von  ihr  Tribut  bezog.  Vergeblich  suchte  der  König 
dieser  Stadt  200  Jahre  später  das  assyrische  Joch  abzuschütteln. 
Er  musste  seine  Tochter  in  den  Harem  Assurbanipals  geben  und 
des  überherrn  »Füsse  küssen«  ^; .  Der  Prophet  Ezechikl  (ums 
Jahr  5 SO)  erwähnt,  dass  die  liewohner  von  Arvad  die  Ituder- 
knechte  von  Tyrus  gewesen  seien  und  Arvaditer  hätten  auch  die 
Mauern  dieser  Stadt  schirmen  helfen  ^j .  Noch  Strabo  rühmt  den 
Eifer  der  Aradier  für  das  Seewesen^).  Besonderer  Blüthe  er- 
freute sich  Aradus  in  der  Seleucidenzeit ;  besass  sie  doch  das 
Asylrecht  und  galt  als  dritte  Stadt  des  Seleucidenreiches,  zu  dem 
sie  in  allen  Wechselfällen  treu  sich  hielt ^).  Wie  Strabo^)  be- 
richtet, besassen  die  Inselaradier  die  gegenüberliegende  Küsten- 
ebene bei  Paltus  (jetzt  Beide),  Balanäa  (jetzt  Bänijäs)  und 
Camus  (jetzt  Karnün'')  im  Norden  und  Simyra  (3  km  nördlich 
vom  Eleutherus)  im  Süden.  Dazu  gehörte  auch  die  ostsüdöstlich 
gegenüberliegende  Stadt  Marathus,  jetzt  Amrit,  ein  lluinen- 
haufe,  der  dem  vorüberfliessenden  Bach  den  Namen  gegeben.  Schon 
zu  Strabo's  Zeit  zerstört ,  setzt  heute  noch  die  Stätte  Amrit 
durch  die  Grossartigkeit  ihrer  Ruinen  in  Erstaunen '>») .  Neben 
Marathus  lag  Enydra^Oj,  nach  Rekan  etwas  nördlich  von  Amrit, 

1)  Ruäd  ist  11  km  von  Antaradus  entfernt,  21/2  km  von  der  Küste. 

2)  Delitzsch,  Wo  lag  das  Paradies?  281. 

3)  Duncker,  Geschichte  des  Alterth.  &  II,  384.  Schrader,  Die  Keilin- 
schriften und  das  alte  Testament-,  104  f. 

4)  Ez.  27,  8.  11.  5    Strabo  IG,  2,  14. 

6)  Droysen,  Geschichte  des  Hellenisnuis- III,  256.  321.  38U.  394. 

7;  Strabo  IG,  2,  12. 

8)  Forbiger,  Alte  Geogr.  II,  CG"  verwechselt  Carnus  mit  Antaradus. 
Plinius  5,  2o  erwähnt  Carne.  Der  Stadt  Antaradus  gedenken  Ptolemäus  5, 
14.    Itin.  Ant.,  Itin.  Burdig. 

U:  Kenan,  Mission  en  Phenicie  59 — 102. 
10]  Strabo  a.  a.  O. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VIII.  2 


*  c  Furrer, 

da.   wo  sich   eiu  künstlicher  Hü^el  am  linken  Ufer  des   Nähr 
Ghamke  erhebt,  nicht  'Ain  Haije  unmittelbar  bei  den  Kuinen  von 

Marathus '). 

Der  Ort  Sumra  hat  in  -svenig  veränderter  Form  (Zamir,  Si- 
mir.  Simvra;  seinen  Namen  durch  Jahrtausende  erhalten.  Aber 
■wie  ist  die  Herrhchkeit  der  Stadt .  deren  Besiegung  einst  Thut- 
mes  III..  Sargon  und  andere  Grosskönige  unter  ihre  Ruhmes- 
thaten  zählten,  längst  versunken  !  2  . 

Südlich  vomEleutherus  war  die  erste  bedeutendere  Stadt  der 
Phönizier  'Arka.  deren  Burg  auf  steilem  Felsen  hoch  über  dem 
rechten  Ufer  des  Nähr  el-  Arka  thronte.  Dem  Sturme  von  Thut- 
mes  III.  konnte  die  stolze  Feste  nicht  widerstehen  3) .  Sie  wird 
in  asspischen  ^^  und  israelitischen  Berichten  erwähnt.  Ebenso 
gedenken  ihrer  die  klassischen  Geographen  ^] .  Schon  zur  Zeit 
der  Antonine  hiess  sie  Caesarea  ad  Libanum  und  war  schon  vor 
Alexander  Severus.  der  hier  geboren  wurde,  römische  Colonie**]. 
Im  Talmud  lesen  wir,  dass  in  '  Arkat  Lebana  eine  Riesenceder  ge- 
standen habe ') . 

Elf  Kilometer  südwestlich  von  Teil  'Arka  liegt  am  linken 
Ufer  des  Nähr  Berid.  nahe  der  Mündung,  der  einsame  Chan 
Ard-Arthüsi.  an  Stelle  des  alten  Orthosia.  das  Strabo.  Plimus, 
Ptolemäus  südlich  auf  Simvra  folgen  lassen^.  Einst  floh  der 
Feind  der  Makkabäer.  Tryphon.  von  Dora  nach  Orthosia 'V  Die 
Stadt  wird  auch  im  Talmud  erwähnt  10, . 

An  den  beiden  Ufern  des  Nähr  Kadischa .  1 4  km  südlich 
von  Orthosia,  liegt  Tripolis  [jetzt  Taräbulüs).  eineStadt,  welche 
die  Sidoiüer.    Tyrer  und  Aradier  gemeinsam  gegründet  haben 

1    Renan  a.  a.  0.  19.  21. 

2;  Vgl.  Brugsch  a.  a.  O.  309.  328.  Maspero,  Geschichte  der  morgen- 
ländischen Völker  im  Alterthume  204.  391.  393.  437.  Schrader  a.  a.  O.  105. 
Genes.  10,  IS  (Zemari,  ein  Sohn  Cauaans;.  Strabo  16,  2,  12.  Ptolem.  5,  14. 
Plin.  5,  19. 

3;  Brugsch  a.  a.  0.  324. 

4)  Delitzsch  a.  a.  O.  2S2.  Schrader  a.  a.  O.  104.  Genes.  10,  17. 
1.  Chron.  I.  1,  15.  5j  Vgl.  Forbiger  a.  a.  O.  672. 

6)  S.  die  Nachweise  bei  Forbiger  a.  a.  O. 

7)  Neubauer,  Geogr.  du  Talmud  299. 

8)  A.  a.  O.  9    Makk.  I.  15,  37. 
10)  Neubauer  a.  a.  O.  303  f. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanong;ebiete.  19 

sollen^),  um  an  Bundesversaramhint^en  hier  zu  tairon.  Einst 
war  es  eine  »feste  Städte ,  <hu-cli  SehiltYalnt  und  Handel .  sowie 
durch  eine  fruchtbare  Uniii^ebung  ausgezeichnet  2' .  In  ihren 
Hafen  lief  die  Flotte  ein ,  mit  deren  Hilfe  Demetrius  den  Antio- 
chus  Eupator  überwand  ^) . 

Wandern  wir  die  Küstenstrasse  entlang,  so  treffen  wir  etwa 
8  km  südsüdwestlich  von  Tripolis  el-Kalraön,  das  alte  Kala- 
mos,  dessen  z.  B.  Pülybius  und  Punius  gedenken^). 

Etwa  14  km  östlich  von  el-Kalmön  gelangen  wir  zu  einem 
ansehnlichen  Dorfe Namens  Zagharta,  an  dessen  nördlichem  Saume 
der  Nähr  Eascha'in  vorüberströmt.  Dasselbe  steht  wohl  auf  dem 
Platze  des  alten  Gigarta,  eines  Käubernestes,  das  von  Pompe- 
jus  zerstört  wurde  ^) . 

Nur  fünf  km  südsüdwestlich  von  Kalmön  liegt  am  südlichen 
Anfang  eines  dreigipfligen  Vorgebirges  das  durch  mannigfache 
Spuren  des  Alterthums  ausgezeichnete  Dorf  Enfe  ^) .  Einst  stand 
hier  die  Stadt  Tri  er  es  ^),  die  Antiochus  der  Grosse  auf  seinem 
Feldzuge  gegen  Ptolemäus  Philopator  zerstörte,  die  aber  noch 
in  römischer  Zeit  einen  Hafen  besass  und  als  Station  auf  dem  Wege 
nach  Jerusalem  auch  vom  Bordeaux-pilger  und  von  Antomnus 
Martyr  besucht  wurde.  Kurz  ehe  letzterer  hieher  kam.  hatte 
ein  Erdbeben  die  Stadt  heimgesucht  *). 

Dem  Vorgebirge  von  Enfe  liegt  Ras  esch-Schakka  gegen- 
über, das  von  den  Alten  vielgenannte  Theouprosopon'-'j,  des- 
sen Feste  ernst  Porapejus  zerstörte  ^^) . 

1)  Strabo  16,  2,  15.     Plin.  5,  17.     Steph.  Byz.  s.  v. 

2)  Dionysius  periegetes  V.  914.  3)  Makk.  II.   14,  1. 

4)  Polyb.  5,  68.     Plin.  5,  17. 

5)  Strabo  16,  2,  18.  Plinius  führt  Gigarta  allerdings  zwischen  Botrys 
und  Trieres  an;  aber  seine  Reihenfolge  ist  anerkanntermassen  ungenau. 
KtuiAT]  RiYotpTa  in  der  Notit.  eccl.  bei  Pveland,  Palästina  216. 

'  6)  Renan  a.  a.  O.  143  f.  7)  Von  der  Form  des  Vorgebirges  mag 

der  Name  TpffjpT];,   «dreifach  ausgerüstet«,  herkommen. 

8)  Polyb.  5,  68.  Plin.  5,  19.  Strabo  16,  2,  15.  Hieroclis  synecdemus. 
Scylax  c.  104  (er  schreibt  Teres).  Itiner.  Burdig.  14.  Anton.  Mart.  92  edd. 
Tobler  et  Molinier). 

9)  Theouprosopon,  »Gottes  Angesicht«.  Renan  a.  a.  O.  145  bemerkt: 
Peut-etre  aussi  est-ce  une  traduction  de  pene-Baal,  »face  de  Baal«,  epithete 
constante  de  Rabbath  Tanith  dans  les  inscriptions  carthaginoises.  Le  mon  de 
cap  »Madonne«  (so  heisseu  es  die  Franken)  serait-il  un  echo  du  mon  Rabbath? 

10]  Strabo  16,  2,  18. 

2* 


0(1  Furrer, 

.Siiillich  von  Käs  esch-Schakka  folgen  in  ungleichen  Distan- 
zen zunächst  Botrys  ijetzt  liatrün'),  nahe  dem  linken  Ufer  des 
Nähr  el-Dschüz.  dann  das  altberühmte  By  blos,  von  den  Ägyp- 
tern Kapuna.  den  Phöniziern  und  Israeliten  Gebal-),  von  den  As- 
svreni  Guubli,  von  den  Arabern  Dschebeil  genannt.  Eine  »heilige 
.Stadt'(  heisst  Byblos  schon  in  einem  ägyptischen  Reiseberichte 
des  14.  Jahrhunderts  v.  Chr.  3) .  Pap.  Anastasi  I  unter  Ram- 
ses  II.  D.  Ked.  .  Dem  Adonis  heilig  nennt  sie  Strabo^j  ,  eine 
Stiftmig  des  Kronos  Stephanus  Byzaminus^).  Die  Frauen  von 
Byblos  beweinten  den  Adonis ,  -wenn  der  eine  Stunde  entfernte, 
vom  Heiligthum  Apheka''  im  Hochgebirge  kommende  Nähr 
Ibrahim  Adonis)  vom  Blute  des  Gottes  geröthet  war ") .  Die  spä- 
tere Stadt  Byblos  liegt  südlich  von  Nähr  Fartuse  und  nördlich 
vom  Nähr  Feidär,  die  ältere  südlicher.  Beim  Vorgebirge  Ma'a- 
miltein,  welches  das  steile  Nordufer  der  Dschüni-Bai  abschliesst, 
begann  unsers  Erachtens  die  von  Strabo  erwähnte  wLeiter«  (cli- 
max'";,  und  an  ihr,  einem  ungewöhnlich  schönen  Gestade,  wo 
die  anmuthigen  Formen  der  Landschaft  von  dem  reichen  Pflan- 
zengrün einen  erhöhten  Reiz  empfangen,  haben  wir  Paläbyblos'^) 
und  wohl  auch  das  Gebal  der  Israeliten,  die  der  Gibliter  als 
Steinmetzen,  Holzfäller  und  Schiflljauer  gedenken '<') ,  zu  suchen. 
Auch  was  Strabo  von  Byblos  sagt,  gilt  richtiger  für  Paläbyblos, 
nämlich,  dass  es  auf  der  Höhe  gelegen  habe  unfern  dem  Meere  i') . 

Um  die  Dschüni-Bai  herum  führte  die  uralte  Völkerstrasse 
nach  dem  Passe  des  Nähr  el-Kelb  (Lykus).  Noch  haben  sich  an 
diesem  Passe  drei  Felsentafeln  erhalten ,  auf  denen  Ramses  IL 


1)  Polyb.  5,  68.    Strabo  16,  2,  18.     Steph.  s.  v.     Plin.  5,  20. 

2  Das  älteste  Byblos ,  das  in  den  ägyptischen  Urkunden  und  im  A.  T. 
erwähnt  wird,  lag  übrigens  weiter  nach  Süden,  s.  unten. 

3  Kecords  of  the  Fast  II.  110.  4;  Strabo  16,2,    18. 

5,  Steph.  Byz.  s.  v. ,  er  nennt  sie  mit  Unrecht  die  älteste  Stadt  Phöni- 
eiens. 

6  Euseb.  vita  Const.  3,  55.  Sozom.  hist.  eccles.  2,  5.  Bei  Jos.  13,  4 
ist  wohl  an  dieses  Aphek  zu  denken,  während  kaum  bei  Jos.  19,  30.  Rieht. 
1,  31.  7)  Kenan  a.  a.  O.  263.  S)  Strabo  16,  2,  18. 

9)  Strabo  16,  2,  19.     Plin.  5,  17. 

10;  Kon.  I.  5,  18.  Ez.  27,  9.  Das  Land  der  Gibliter  Jos.  13,  5  würde 
dann  den  Bezirk  des  Libanon  bezeichnen  ,  der  von  der  Dschüni-Bai  ostwärts 
zur  Kammhöhe  des  Gebirges  sich  erstreckt. 

11)  Über  die  Alterthümer  von  Dschebeil  vgl.  Ilenan  152.  281. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongebiete.  21 

sein  siegreiches  Vordringen  verewigte.  In  einer  andern  Urkunde 
aus  seiner  Zeit  wird  der  Feste  Galipu  Erwähmmg  gcthan  ■).  die 
wir  eben  hier  zu  svichen  haben.  Viele  Jahrliunderte  später  sucli- 
ten  die  Ägypter  umsonst  den  Kelb-Pass  gegen  Antiochus  den 
Grossen  zu  sperren  '^) . 

Wir  überschreiten  den  Nähr  Beirut  (M  a  g  o  ras,  und  kommen 
zur  römischen  Colonie  Felix  Julia  •') .  Ein  grosser  Pinienhain 
schützt  im  Südwesten  die  Gärten  der  Stadt  gegen  den  andringen- 
den Meeressand.  Seit  fernen  Jahrtausenden  mag  ein  solcher 
Hain  hier  gestanden  haben  ^j  und  die  Stadt  ihm  den  alten  Namen 
Beryto  s  (Beirut)  danken ■''').  Namensähnlichkeit  Hess  manche 
Forscher  die  Küstenstadt  mit  dem  biblischen  Binnenort  Berothai 
verwechseln.  Wie  mächtig  ist  Beirut  noch  gewachsen  seit  den 
Tagen,  da  Stepha?vUS  Byz.  von  ihr  rühmen  konnte,  sie  sei  aus 
einer  kleinen  Stadt  eine  grosse  geworden  0) . 

Von  Beirut  aus  gesehen  erhebt  sich  in  stolzer  Majestät 
Dschebel  Sannin,  zu  dem  man  über  das  Dorf  Brumm äna  aufstei- 
gen kann,  hoch  ob  dem  Wädi  Salima.  Sannin  und  Brummäna 
erinnern  uns  aber  an  die  ituräischen  Räubercastelle  Sinnas  und 
Borroma,  deren  Strabo  erwähnt^).  Sie  haben  ohne  Zweifel  auf 
einem  westlichen  Ausläiifer  des  Sannin,  und  zwar  das  zweite  an 
der  Stelle  des  heutigen  Dorfes  Brummäna,  gelegen. 

Zwölf  römische  Meilen  (c.  3'/2  Stunden)  südlich  von  Bery- 
tos  traf  der  Bordeauxpilger  (333  n.  Chr.)  die  Stadt  Heldua. 
Dort  finden  wir  heute  den  Chan  el-Chulda.  Einst  mochte  der 
Ort  bessere  Zeiten  gesehen  haben ,  Avenn  wir  ihn  mit  dem  E 1  ä  a 
des  Philo  von  Byblos  und  dem  Elais  des  Dionysius  Periegetes 
identificieren  dürfen  *) . 

1)  Brugsch  a.  a.  O.  515.     Duncker  a.  a.  0.  143. 

2)  Polyb.  5,  68.  3)  Plin.  5,  17. 

4)  Birotha  wird  schon  im  Reisebericht  aus  Ramses  II.  Zeit  erwähnt,  vgl. 
Brugsch  a.  a.  O.  55G. 

5)  Berytos  von  berösch,  das  nicht  bloss  Cypresse,  sondern  auch  Pinie  be- 
deutet.   Stephanus  Byz.  s.  v.  leitet  den  Namen  von  [ir,o  pxs)  »Brunnen^  ab. 

6)  Unter  Caracalla  nahm  die  Stadt  den  Beinamen  Antoniniana  an.  Berytos 
wird  von  den  Alten  häufig  erwähnt,  vgl.  die  Belegstellen  bei  Forbiger 
a.  a.  O.  668.  7)  Strabo  16,  2,  18. 

8)  Philo  bei  Steph.  Byz.  s.v.  Elaia.  Renan  a.  a.  O.  526  vermuthet,  es  sei 
an  dieser  Stelle  Eldia  zu  lesen.  Richtiger  scheint  uns  die  Lesart  Elais  (Acc. 
Elaida),  die  mit  Dionys.Per.  und  Eustathius  (§  910)  übereinstimmt. 


•22  Furrer, 

Als  nächste  Station  nennt  derselbe  alte  Pilger  Porphy- 
rion. Da  dieselbe  acht  römische  Meilen  c.  2^  o  Stunden]  von 
lieldua  entfernt  lag,  so  musste  er  vorher  den  von  Polybius  und 
Stkabo  er-wähnten  Fluss  Tamyras  (jetzt  Dämüri)  und  das  Vor- 
gebirge gleichen  Namens  passieren.  BeiNebiJünus.  avo  noch  zahl- 
reiche Spuren  einer  bedeutenden  Stadt  des  Alterthums  sich  fin- 
den-), erreichte  er  die  Station.  Von  hier  bis  zur  Scala  Tyrio- 
runi  jetzt  Käs  en-Xäkiiral  dehnte  sich  nach  dem  Talmud  3,  der 
Fang  der  Purpurschnecke  aus.  Polybius  berichtet,  dass  südlich 
vun  Dämür  eine  schroffe,  steile  Anhöhe  bis  zum  Saume  des  Mee- 
res sich  erstrecke ,  -welche  nur  auf  schwierigem  und  mühsamem 
Wege  überschritten  werden  könne.  In  der  That  senkt  sich  nörd- 
lich von  Nebi  Jünus  ein  Ausläufer  des  Gebirges  zum  Meere,  über 
den  ein  schwieriger,  zum  Theil  in  Fels  gehauener  Pass  hinführt. 
Dieser  Pass  von  Porphyrion  Avurde  von  Antiochus  dem  Grossen 
forciert.  Darauf  konnten  sich  die  Feinde  auch  bis  Platanos  nicht 
mehr  halten,  und  die  Strasse  lag  für  den  König  bis  nach  Sidon 
offen ^}.  Nach  der  Schilderung  des  Polybius  muss  Platanos^]  in 
der  Nähe  von  Poi^ibyrion  sich  befunden  haben,  und  zwar  an 
einem  Engpass.  Im  Norden  vom  Nähr  el- Awali  dehnen  die 
Berge  ihre  Wurzeln  bis  zum  Meere  hin  aus^^  .  Dort,  und  zwar 
wohl  beim  Vorgebirge  er-Rumele,  wo  sich  Trümmer  phönizischer 
Monumente  und  einer  grossen  Necropole  erhalten  haben,  ist  die 
Stätte  von  Platanus  zu  suchen"). 

Wer  von  Berytos  nach  Sidon  wanderte,  musste,  wie  Ptole- 

1,  Polyb.  5,  6S  heisst  der  Fluss  Aaaojpa;.  Strabo  16,  2,  22. 

2    Renan  a.  a.  O.  511—514.  Die  Trümmerstätte  Nebi  Jünus  ist  von  dem 
südlicher  liegenden  Käs  Xebi  Jünus  oder  Ras  Dschedre  zu  unterscheiden. 

3;  Gem.  Schabbath  bei  Reland  a.  a.  O.   050.  4   Polyb.  a.  a.  O. 

5  So  schreibt  auch  Steph.  Byz.  s.  v.  Josephus,  Archäol.  xVl.  11,  25. 
Platane.  Er  nennt  es  ein  Dorf  der  Sidonier.     f.  Robinson,  Palästina  III,  711. 

T;  Die  Lage  von  Porphyrion  ist  durch  Polybius  und  das  Itiner.  Burdig. 
sehr  bestimmt  angezeigt.  Gleichwohl  wurde  Porphyrion  häufig  mit  Haifa  ver- 
wechselt. Warum  das  geschehen  konnte ,  wurde  bisher  nicht  erklärt.  Das 
Räthsel  löst  sich  aber  sehr  einfach.  Kaiser  Justinian  baute  in  Porphyrion 
eine^  Kirche  |zu  Ehren  der  Maria.  Unter  demselben  Kaiser  aber  kaufte  ein 
gewisser  Evangelus  in  Cäsarea  ein  am  Meere  liegendes  Dorf  xü)[j.r^v  üof- 
'fjptwvci.  Letzteres  ist  offenbar  mit  Haifa  identisch.  Als  dann  das  bischöf- 
liche Porphyrion  in  Trümmer  gesunken  war,  Haifa  aber  aufblühte,  ging  die 
Bislhumswürde  auf  Haifa-Porphyrion  über.  Procop.  de  aedif.  5,  9.  Hist.  ar- 
cana  .30. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongebiete.  23 

maus')  berichtet,  den  Fluss  Leo  kreuzen.  Strauo  gedenkt  des 
letztern  nicht,  wohl  aber^mchlet  er,  dass  zwischen  iJerytos  und 
Sidon  der  Fhiss  Tamyras,  der  Hain  d e  s  Ä  s  k  u  1  a  p  und  L e  o  n - 
tonpolis  Hege'-).  Von  Antoninus  M.  vernehmen  wir,  dass  bei 
Sidon  ein  Fluss  As clepius  ströme,  während  Diünysius  Perieg. 
und  seine  römischen  Übersetzer  von  dem  anmuthigen  Bostrenus 
reden ,  der  bei  Sidon  seine  klaren  Wogen  vorübertreibe  ^j .  Aus 
all'  diesen  Angaben  darf  man  schliessen ,  dass  Leo,  Asklepius, 
Bostrenus  denselben  Fluss,  nämlich  den  Nähr  el- Awali,  bezeich- 
nen. Am  »Löwenfluss«  lag  aber  sonder  Zweifel  auch  die  »Löwen- 
stadt« (Leonton-  oder  Leontospolis),  beim  Asclepius-  (Äskulap-) 
Fluss  der  Hain  gleichen  Namens.  Vielleicht  war  es  ein  Plata- 
nenhain ,  von  welchem  das  Kastell  Platanus  seinen  Namen  em- 
pfangen. Jedenfalls  haben  Avir  Leontonpolis  bei  er-Rumele  zu 
suchen.  Sollte  es  nicht  mit  Platanus  identisch  sein,  so  müssten 
wir  letzteres  auf  das  Vorgebirge  Dschedre  verlegen. 

Vom  Nähr  el- Awali  führte  ein  Kanal ,  der  theilweise  noch 
erhalten  ist ,  Wasser  nach  Sidon.  Ein  Blick  auf  die  Lage  dieser 
Stadt  lässt  ihr  frühes  Aufblühen  wohl  begreifen :  hat  doch  die 
Natur  dort  selbst  durch  Inseln  und  Halbinseln  der  Bildung  von 
schützenden  Hafen  und  sicheren  Wohnsitzen  vorgearbeitet,  und 
ist  doch  die  Strandebene ,  Avelche  nach  drei  Seiten  hin  die  Stadt 
umkränzt,  mit  reicher  Vegetation  gesegnet !  Wohl  ist  dieser  Gar- 
ten Sidons  durchschnittlich  nur  eine  Viertelstunde  breit :  es  zieht 
sich  aber  freundliches ,  wiewohl  spärliches  Grün  auch  an  den 
sanft  aufsteigenden  benachbarten  Höhen  empor.  Die  Bäche 
Kamle  im  Norden  und  Barghüt  und  Sanik  im  Süden  helfen  die 
Ebene  einen  Theil  des  Jahres  hindurch  bewässern.  Heutzutage 
könnte  man  die  Stadt  nicht  mehr  die  »grosse«  heissen,  wie  sie  im 

1)  Ptolem.  5,  15. 

2)  Strabo  16,  2,  22.  Plin.  5,  19  verlegt  Leontosoppidum  nördlich  von 
Berytos.  Der  Text  bei  Skylax  (s.  Reland  a.  a.  O  432;  ist  verdorben.  »As- 
clepios  mit  dem  Löwen«  nannten  die  Griechen  den  phönicischen  Gott  Esch- 
mun,  vgl.  Tiele  in  Revue  de  l'hist.  des  religions  3,  199. 

3)  Dionys.  per.  912 f.;  vgl.  Keland  a.  a.  O.  437  f.  Bostrenus  erinnert  an 
Astrenoe,  deren  Geliebter  nach  Damascius  Eschmun  war  (vgl.  Tiele  a.  a.  O. 
200).  Der  Käme  würde  dann  auf  den  Tempel  des  Eschmun  und  der  Astarte 
daselbst  hindeuten.  In  der  geographia  synoptike  des  Nikophorus  lesen  wir: 
Sicöjva  fjTt;  ■/,aT0i7.£ttat  eTil  toi?  'jootci  toü  BoSTf^rjVoO,  d^'  o'j  '/.eil  Boaroa  ci'jty] 

T)    7:6X11;    X£f£TG(t. 


«)^  Furrer, 

A.  T.  genannt  wird'  .  Doch  ist  es  immer  noch  ein  ansehnlicher 
Ort.  dessen  Weichbikl  viele  Palmen,  Haine  von  Orangen-.  Fei- 
lten-, Öl-,  Maulbeer-.  Aprikosen-  und  Bananenbäumen  zieren. 
Sidon  hatte  in  den  Augen  der  Israeliten  und  Hellenen  ein  so 
grosses  Ansehen ,  dass  sie  in  ihren  älteren  t  berlieferungen  sehr 
oft  den  ganzen  Stamm  der  Phönizier  einfach  Sidonier  nannten-;. 

Innerhalb  der  idealen  Grenzen  des  Stammes  Asser  fallend'^), 
■wurde  sie  doch  nie  von  den  Israeliten  erobert^).  Dagegen  unter- 
lag sie  dem  Sturme  Asarhaddons  um's  Jahr  670  ^j.  Fünfzig  Jahre 
früher  hatte  sie  sich  -svillig  der  Herrschaft  von  Salmanassar  IV. 
gefügt^^.  Umsonst  trotzte  sie  593  v.  Chr.  dem  Könige  Nebukad- 
nezar^).  Seit  den  Zeiten  des  ersten  Hiram  von  Tyrus  war  Sidon 
allmählich  auf  die  zweite  Stelle  unter  den  phönizischen  Städten 
herabgesunken.  Doch  unter  persischer  Oberherrschaft  erscheint 
es  wieder  als  die  erste  Stadt  Phöniziens  imd  ihre  Könige  haben 
den  Vorrang  vor  denen  von  Tyrus '^l .  Nachdem  es  aber  351  v. 
Chr.  von  Artaxerxes  Ochus  erobert  und  zerstört  worden,  erhob  es 
sich  nur  noch  als  Stadt  mittleren  Hanges  aus  der  Asche  '■*) .  Man 
rühmte  in  römischer  Zeit  Sidons  Glasfabrikation '^j. 

Nach  Strabo  liegt  zwischen  Sidon  und  Tyrus  eine  kleine 
Stadt  Ornithonpolis  11).  Zu  dieser  Angabe  stimmt  Skylax. 
Plinius  12  zählt  von  S.  nach  N.  an  der  Küste  die  Städte  Tyrus, 
Sarepta,  Ornithon,  Sidon  auf.    Darnach  dürften  wir  Ornithonpo- 

1)  Jos.  11,  8.  19,  28.  In  assyr.  Urkunden  wird  ein  Gross-Sidon  und  ein 
Klein-Sidon  namhaft  gemacht,  s.  Schrader  a.  a.  0.  103.  291. 

2)  Genes.  10,  15.  49,  13.  Jos.  13,  Ü.  Rieht.  3,  3.  18,  7.  Die  Sept. 
zu  Levit.  3,  7  und  Jos.  23,  2.  12.  Ilias  6,  290  f.  23,  743  f.  Od.  4,  84.  Ö18. 
15,  115.  424.  Im  Siegesberichte  von  Thutmes  III.  wird  Zor  Tyrus),  nicht  Si- 
don erwähnt ;  wohl  aber  gedenkt  der  Stadt  Ziduna  derReisebericht  aus  Ram- 
868  II.  Zeit.    Vgl.  Brugsch  a.  a.  ü.  324.  339. 

3)  Jos.   19,  2S.  4)  Rieht.   1,  31.  3,  3. 

5;  Delitzsch  a.  a.  0.  283.  unter  den  in  assyr.  Urkunden  erwähnten 
Nachbarorten  Sidons  ist  vielleicht  Kundi  auf  'Ain  Kün  am  "WädiKefra,  Bit- 
ziiti  auf  Zeta  am  mittleren  Zaharüni  zu  beziehen. 

6j  Duncker  a.  a.  O.  II,  322.  7)  Duncker  a.  a.  O.  514. 

8)  Duncker  a.  a.  O.  IV,  3ü7  f.     Herod.  3,  19.  5,  104.  HO.  7,  96. 

9,  Forbiger  a.  a.  O.  669. 

10)  Plin.  5.17.  Pomp.  Mel.  1,12.  Im  N.  T.  wird  öfters  das  an  Galiläa  an- 
gränzende  Gebiet  als  Gegend  von  Tyrus  und  Sidon  bezeichnet  Mrk.  3,  S.  7, 
24.  Mtth.  l.j,  21.  Paulus  berührte  Sidon  auf  seiner  Reise  nach  Rom. 
Apg.  27,  3.  11)  Strabo  16,  2,  14.  12j  Plin.  5,  17. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongebiete.  25 

li.s  nicht  für  den  gleichen  Ort  -wie  Sarepta  halten  —  wollte  man 
nicht  etwa  mit  Renan  veimuthen,  dass  Zorphat  (Sarepta)  durch 
Umstellung  Zophrat  gesprochen  und  dann  als  «Vogelstadtic  (Zip- 
l)arta)  gedeutet  worden  wäre  ^) .  Hat  man  sich  aber  an  den  über- 
lieferten Text  des  Plinius  zu  halten  2],  so  würde  Ornitlionpolis 
wohl  am  besten  der  vom  Hükdeaux-pilger  erwähnten  Station  Ad 
Nonum,  dem  heutigen  "^Adlün,  entsprechen'^;.  Dort  befand  sich 
einst  eine  Stadt,  bei  deren  Nordthore  man  das  RelieHiild  eines  im 
Käfig  gehaltenen  Vogels  gefunden^).  Dieses  Bild  könnte  eine 
Anspielung  auf  den  Namen  der  Stadt  sein. 

Nicht  so  unsicher  wie  die  Lage  von  Ornitlionpolis  ist  die  von 
Sarepta,  da  der  Name  dieser  Stadt  als  »Sarfandu  sich  erhal- 
ten hat.  Etwa  35  km  südlich  von  Sidon  liegt  am  Ilügelabhang 
über  der  Strandebene  ein  Dorf  Sarfand.  Letzteres  nimmt  indess 
nicht  die  Stelle  der  alten  Sidonierstadt  ein-^),  sondern  diese  ist  auf 
dem  Vorgebirge  gleichen  Namens  zu  suchen 6),  Am  Hügelab- 
hang aber  mochte  der  Wein  gedeihen,  dessen  Trefflichkeit  Aveit- 
liin  gerühmt  wurde  ^) . 

Mit  dem  Fluss  Litäni,  dem  Strabo  keinen  Namen  gegeben, 
den  aber  die  ägyptischen  Urkunden  wiederholt  unter  dem  Namen 
Natsana  erwähnen,  schliesst  das  eigentliche  Libanongebiet. 
Doch  wollen  Avir,  über  diese  Grenze  ausgreifend ,  auch  noch  die 
einst  berühmteste  Phönizierstadt  erwähnen,  nämlich  Tyrus. 
»Zweihundert  Stadien ,  nicht  mehr« ,  sagt  Strabo  ,  »liegt  Tyrus 
von  Sidon,  nach  letzterer  die  grösste  und  älteste  Stadt  Phöni- 
ziens.    Die  Dichter  zwar  haben  Sidon  mehr  gefeiert,   und  Homer 

1)  Renan  a.  a.  O.  556.  Er  vermuthet,  dass  es  bei  Plinius  ursprünglich 
geheissen :  Sarepta  seu  üi-nithonpolis.  Wenn  Skylax  letztere  eine  Stadt  der 
Sidonier  nennt,  so  ist  damit  für  ihre  Lage  nichts  bestimmt,  da  er  z.  B.  auch 
Dora  so  bezeichnet. 

2)  Auf  des  Plinius  Reihenfolge  ist ,  wie  oben  schon  bemerkt ,  kein 
Verlass. 

3)  Strabo  16,  2,  24:  Aie/si  tyj;  ^toovo;  Yj  T6po;  oj  TrXsfoy;  töiv  otav.osicuv 
CTaotojv.  'Ev  TU)  [Asxa^'j  roXiyviov  'OpvlS}ujv  roAi?  Xs^oi^ivT]  •  elta  7:p6;T6p(o  r.ozo.- 
(jio;  (der  Litäni)  d;iTjO£v.  In  der  Mitte  zwischen  Sidon  und  Tyrua  liegt  Sarepta, 
das  Strabo  nicht  erwähnt.  'Adlün  liegt  Tyrus  näher.      4)  Renan  a.  a.  O.  656. 

5)  Ob.  20.     Kön.  L  17,  9.     Luk.  4,  26.    Jos.  Archäol.  YIII.  13,  2. 

6)  Renan  a.  a.  O.  655  f. 

7)  Sid.  Apoll,  carm.  17,  16.  Fulg.  Mythol.  2,  15,  vgl.  ferner  Reland 
a.  a.  O.  185  f.  Der  Stadt  Zareptha  gedenkt  schon  der  ägypt.  Reisebericht, 
s.  üben. 


2(3  Furrer, 

thut  von  Tyrus  gar  keine  Erwähnung,  aber  die  nach  Libyen  und 
•Spanien  bis  über  die  »Säulen«  hinaus  entsendeten  Kolonien  rüh- 
men Tyrus  mehr.  Dieses  ist  fast  ganz  eine  Insel  und  eben  so  ge- 
baut Avie  Aradus.  Es  hängt  mit  dem  festen  Lande  durch  einen 
Damm  zusammen,  av eichen  Alexander  während  der  Belagenmg 
aufwerfen  Hess.  Es  hat  zwei  Häfen,  einen  geschlossenen  und 
einen  offenen ,  den  sie  den  ägyptischen  nennen.  Die  Häuser 
sollen  daselbst  viele  Stockwerke  haben,  sogar  noch  mehr  als  in 
Kom.  Zum  Aufenthalt  ist  die  Stadt  wegen  der  Menge  der  Fär- 
bereien unangenehm«  ^) .  So  schildert  Strabo  das  Tyrus  seiner 
Zeit.  Es  ist  aber  diess  nicht  die  Stadt,  deren  die  ägyptischen 
Denkmäler  der  18.  und  19.  Dynastie  gedenken-),  sondern  diese 
lag  30  Stadien  3)  (etwas  mehr  als  eine  Stunde)  südlich  von  der- 
selben auf  dem  Festlande.  In  dieser  Entfernung  treffen  wir  eine 
reiche  Quelle  (jetzt  Eäs  el-Ain  geheissen),  deren  Wasser  durch 
eine  noch  in  Trümmern  vorhandene  Leitung  nach  Inseltyrus  ge- 
fülirt  wurde.  Doch  nicht  bei  der  Quelle  selbst,  sondern  auf  dem 
unmittelbar  benachbarten  Hügel  er-Easchidije  haben  wir  Palä- 
tyrus  zu  suchen^). 

In  Tyrus  hat  sich  das  reichste  Leben  der  Phönizier  concen- 
trirt,  und  zwar  in  Inseltyrus ,  das  seinen  Aufschwung  dem  Zeit- 
genossen Salomo's,  dem  Könige  Hiram,  verdankte.  Er  Hess  die 
Insel  durch  Aufschüttungen  vergrössern  und  schützte  die  ganze 
Stadt,  deren  Umfang  nur  22  Stadien  betrug,  durch  gewaltige, 
hart  am  Meere  aufsteigende  Mauern^).  Wann  die  ersten  Ansied- 
lungen  auf  der  Insel  stattgefunden  und  wie  weit  Inseltyrus  als 
Tochter  von  Sidon  6]  betrachtet  werden  kann ,  lässt  sich  nicht 
mehr  entscheiden.  Assyrische  und  später  babylonische  Oberher- 
herrschaft  anerkennend,  haben  doch  die  Inseltyrer  den  langen 
Belagerungen  von  Salmanassar  IV.  und  Nebukadnezar  ^)  erfolg- 
reichen Widerstand  geleistet.  Erst  durch  Alexander  wurde  ihre 
Macht  gänzlich  gebrochen  ^] .    Doch  schwangen  sie  sich  wieder 

1)  Strabo  Hl,  2,  23.  24. 

2    Brugsch  a.  a.  O.  .'124.  339.    Die  Ägypter  nennen  die  Stadt  Zor ,  wie 
die  Israeliten. 

3)  Strabo  ItJ,  2,  24.  4)  Guerin,  Galilee  II.  203. 

5)  Duncker  a.  a.  O.  If.  200  f.  0)  Jes.  23,  11. 

7,   Duncker  a.  a.  O.  II,  322.  525  f. 
S;  Droysen,  Gesch.  d.  Hellenismus  I.   1,  2S4  f. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongehiete.  27 

zum  Wohlstand  und  einer  gewissen,   von  den  Ivömcin  respectir- 
ten  Freiheit  anf ). 

Zur  Zeit  des  Propheten  Hosea  im  8.  Jahrhundert  und  noch 
mehr  in  den  Tagen  Ezechiel's  ;ini  G.  Jahrli.)  niuss  Tyrus  eine 
glänzende  Stadt  gewesen  sein ,  weit  herrlicher  als  Stkajjo  sie 
kannte"^  .  Als  Jesus  in  Galiläa  wirkte,  hatte  Tyrus  wie  Sidon  hei 
den  Juden  den  Ruf  einer  lasterhaften  Stadt'') ;  doch  hildete  sich 
hier  früh  eine  Christengemeinde,  die  auch  Paulus  besuchte*). 

Die  Nachforschungen  Gukrin's'')  haben  bewiesen,  dass  Ty- 
rus einst  eine  nördliche  und  eine  südliche  Khede  besass,  die  ge- 
ilen den  von  West  kommenden  Wogenschwall  durch  Fels  und 
Mauer  geschützt  waren.  Der  nördliche  Hafen  war  grösser  als  die 
dortigen  über  dem  Wasserspiegel  noch  sichtbaren  Molotrümmer 
vermuthen  lassen.  Ein  von  SSW.  nach  NNO.  gehender  MolO' 
begränzte  den  südlichen  Hafen. 

Für  die  ideale  Anschauung  der  Israeliten  lag  das  ganze  Li- 
banongebiet innerhalb  der  Nordgrenze  ihres  Keiches^).  Aus- 
gehend vom  »grossen  Meere«,  berührte  letztere  zunächst  Hetlon^ 
das  jetzige  Heitela,  einen  Ort,  der  fast  zwei  Stunden  von  der 
Küste  entfernt,  zwischen  dem  Nähr  el-Kebir  und  dem  Nähr 
'Akkär  gelegen  ist,  strich  darauf  am  Berge  Hör,  offenbar  dem 
nördlichen  Ausläufer  des  Libanon ,  vorüber,  dem  Thal  des  Nähr 
el-Kebir  folgend,  und  erreichte  dann  das  Plateau  des  Orontes. 
Hier  nahm  sie  vorerst  eine  nordöstliche  Richtung  J)bis  zum  Kom- 
men nach  Hamathu,  d.  h.  bis  zum  heutigen  Restan,  dem  alten 
Arethusa,  wo  einst  Syria  secunda'],  später  das  Fürstenthum 
Antiochia  sich  abgrenzte,    und  heute  die  Grenze  zwischen  dem 

1)  Strabo  a.  a.  O.  2)  Hos.  9,  13.    Ez.  27. 

3)  Matth.  11,  21.   15,  21.     Mark.  T,  24.    Luk.  G,  17.   10,  13. 

4i  Apg.  21,  3—7. 

5)  Guerin  a.  a.  O.  181  f.  Über  die  Geschichte  von  Tyrus  vgl.  ausser 
den  Bibellexica  die  klare  Übersicht  bei  Guerin  a.  a.  O.  209—231.  Guerin 
berücksichtigt  indess  die  hierogly^ihischen  und  keilinschriftlichen  Nachrichten 
nicht. 

6)  Num.  34,  9  f.    Ez.  47,  15  f. 

7)  Stephanus  Byzant.  und  Hieroclis  synecdemus  berichten,  dass  zu  ihrer 
Zeit  [im  6.  Jahrh.  n.  Chr.)  Arethusa  zu  Syrien,  Emesa  zur  Phoenice  Libane- 
sia  gehörte..  Nach  der  Notit.  patriarch.  aus  demselben  Jahrh.  war  Arethusa 
dem  Erzblsthum  Apamea  und  nicht  dem  von  Emesa  untergeordnet ,  während, 
bei  Ptol.  5,  15  Emesa  dem  Bezirk  Apamene  einverleibt  ist. 


23  Furrer, 

Ilamath-  und  Hömsgebiet  sich  durchzieht  i).  In  der  Nähe  von 
Kestan  nämlich  beginnt  das  eigentliche  liaraaththal.  das  eine  fast 
hundert  Meter  tiefe  Furche  im  weiten  Hauptthal  bildet.  Das 
»Kommen  nach  Hamath^« .  ein  Ausdruck ,  der  als  Grenzbezeich- 
nung so  oft  im  A.  T.  erwähnt  wird-  ,  hatte  demnach  einen  viel 
engern  liegritf  als  gewöhnlich  angenommen  wird,  liei  Restan 
überschritt  die  Grenze  den  Fluss  und  zog  sich  ostsüdöstlich  nach 
Siphron.  dem  jetzigen  Safräne.  einer  östlich  vom  Orontes^)  ge- 
legenen Ortschaft.  Von  hier  aus  wandte  sie  sich  südsüdöstlich 
nach  Zedad.  dem  heutigen  Christendorf  Sadad^  .  lief  dann  ost- 
nordöstlich auf  Hawran  zu.  Haurina  nennen  die Keilinschrifteii 
diesen  Ort  ^  ,  Averia  oder  Aveira  Ptolemäus '') .  Euria  das  Ver- 
zeichniss  der  alten  Bisthümer'  .  Hawarin  seine  jetzigen  Bewoh- 
ner. Noch  trägt  er  Spuren  einstiger  Bisthumsherrlichkeit.  Nur 
noch  17  km  gerade  aus  östlich,  und  die  Nordgrenze  endigte 
bei  Hazar  'Enan.  indem  sie  hier  mit  der  Ostgrenze  zusam- 
mentraf. Dieses  Hazar  'Enan  Quellenhof  können  wir  nämlich 
nur  in  Karjaten  suchen,  von  dem  Ritter  berichtet^)  :  »Kariaten 
gehört  zu  den  in  der  syrischen  Wüste  Meit  auseinanderliegenden, 
oasengleichen,  fruchtbaren  Stellen,  wo  noch  gutes  "Wasser  vor- 
handen und  gute  Weintrauben  gedeihen.  Aber  es  ist  zugleich 
auch  der  letzte  Wohnort  gegen  die  Wüste,  von  wo  man  24  Stun- 
den ohne  Wasser  bis  Palmyra  vorzurücken  hat".    Nach  Sachai 


1,  K.  Ritter,  Erdkunde  XVII,  1028  f. 

2,  Num.  13,  22.    34,  S.   Jos.  13,  5.    Rieht.  3,  3.    König.  I.  8,  65  u.  s.  w. 

3;  K.  Ritter  a.  a.  O.  1029.  Von  Restan  aus  liegt  Safräne  ostsüdöstlich, 
von  Teil  Bisi  aus  nordöstlich. 

4)  Num.  34,  8  -wird  die  Richtung  der  Gränze  nach  Zedad  angegeben ,  im 
folgenden  Vers  die  Gränze  vom  Hamathgebiet  an  durch  die  Punkte  Siphron 
und  Hazar  Enan  genauer  bestimmt.  Über  Sadad  vgl.  K.  Ritter  a.  a.  O.  1391. 
1443  fg.  Man  könnte  vermuthen ,  dass  Deleda  der  Tabula  Renting,  mit  .">adad 
identisch  sei ,  insofern  S  dem  römischen  Ohre  wie  D  tönte  und  1  ein  einfacher 
Schreibfehler  wäre.  Doch  giebt  es  heute  noch  ein  Teil  'Eda  in  der  syrischen 
"Wüste,  3.5  km  ostsüdöstlich  vonHama,  freilich  zu  der  Distanzangabe  der 
Tabula  nicht  stimmend.  Eher  mag  Zedad  dem  Adada  bei  Ptolem.  5,  1.5  und 
bei  Nütitia  Dignit.  imp.  entsprechen. 

5    Delitzsch  a.  a.  O.  296.  6)  Ptolem.  5,    15. 

7,  Notitia  Antiochiae  et  Jerosolymae  Patriarchatuum  edd.  Tobler  et  Mu- 
linier 335.  Ueber  das  jetzige  Hawarin  vgl.  Sachau,  Reise  in  Syrien  und  Me- 
sopotamien   1883,  52  f.  Sj  A.  a.  0.   1458. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongebiete.  29 

tritt  eine  halbe  Stiinde  südlich  von  Karjaten  eine  Quelle,  Iläs  el- 
*Ain,  zu  Tage  und  bildet  einen  IJach,  der  in  zwei  Armen  an  bei- 
den Seiten  des  Dorfes  vorbeifliesst  und  sich  dann  bald  in  die 
Stepi)e  verliert  ^] . 

Die  Ostgrenze  begann  nach  Ezechiel^)  zwischen  Hawran 
imd Damaskus  ;  Xxim.  34,  10  heisst  es  genauer:  «Market  euch  zur 
Ostgrenze  von  Hazar  Enan  nach  Sepham«.  Wenn  dann  freilich 
nach  der  gewöhnlichen  Lesart  der  Befehl  Aveiter  lautet :  »Und  die 
Grenze  gehe  von  Sepham  herab  nach  Kibla  östlich  von  Ain«,  so 
fühlen  wir  uns  vollständig  im  Dunkeln,  da  uns  Sepham  gänzlich 
imbekannt  ist^)  und  Ribla  am  Orontes  von  Hazar  Enan  aus 
westnordwestlich  liegt.  Entweder  hatte  der  Verfasser  keine  klare 
Vorstellung  von  der  gegenseitigen  Lage  dieser  Ortschaften,  oder 
wir  haben  ,  was  uns  viel  wahrscheinlicher  dünkt,  anzunehmen, 
dass  ein  altes  Sepham  etwa  an  Stelle  des  heutigen  ^\tni,  46  km 
südsüdwestlich  von  Karjaten,  sich  befunden  habe.  Harbel  aber 
—  denn  so,  nicht  ßibla,  steht  Num.  34,  11  geschrieben  ^j  —  ist 
das  heutige  'Arbin  ,  5  km  nordöstlich  von  Damaskus  und  nur 
1  km  östlich  von  dem  perennirenden  Bache  entfernt,  der  von  Hel- 
bön  herkommt.  'Arbin  von  Harbel  ist  ähnlicher  Bildung  wie 
Beitin  von  Bethel.  Ezechiel^j  macht  zwischen  Hetlon  \ind  Ze- 
dad  noch  drei  Städte  namhaft,  deren  Gebiete  die  Grenzlinie  be- 
rührten, nämlich  Hamath,  Berotha,  Samareim'').  wovon 
die  erstere  am  mittleren  Orontes  lag ,  die  zweite,  jetzt  Bereitän 
(s.  unten),  in  der  Bekä',  die  dritte,  jetzt  Schaumerije,  östlich  vom 
Kades-See.  Zwischen  dem  Hamath-  und  dem  Damaskusgebiete, 
angrenzend  an  den  Hauranbezirk,  fand  sich  der  Grenzort  Hazar 

1  A.  a.  O.  31.  ;Man  hat  Hazar  Enan  mit  Putea  von  Ptolem.  5,  15,  Cen- 
tura Putea  der  Tab.  Peuting.  identificiren  wollen.  Doch  bleibt  diess  blosse 
Vermuthung.  Das  Asaaran  der  Keilinschriften  möchte  noch  eher  mit  Hazar 
Enan  identisch  sein,  s.  Delitzsch  a.  a.  O.  290.  Nach  der  Notitia  Patriarcha- 
tuum   a.  a.  O.J  war  einst  Karjaten  unter  dem  Namen  Karatea  ein  Bischofssitz. 

2  Ez.  47,  18. 

3)  Die  Keilinschriften  kennen  ein  Baali-Sapuna  (Delitzsch  a.  a.  O.  277), 
das  vielleicht  dem  bibl.  Sepham  entspricht,  die  Notitia  Patriarch,  aus  dem 
0.  Jahrh.  einen  Ort  Sophira,  doch  diesen,  wie  es  scheint,  in  der  Nachbarschaft 
von  Samosata,  wohl  Teil  Sef  1  St.  westlich  von  Harran. 

4    Sept.  'Apßr,).ä.  5)  Ez.  47,  IG. 

ti;  Samareim  nach  den  Sept.,  im  hebr.  Text  Sibraim. 


30  Furrer, 

Tichon.  das  mittlere  Hazar  im  Westen  von  Hazar  Enan  und 
östlich  von  Zedad.  üarnach  kann  es  Avohl  kein  anderer  Ort  als 
Maliin,  2^2  ^^^  südlich  von  Hawarin.  gewesen  sein. 

Diesen  Grenzorten  lassen  wir  die  übrigen  Städte  am  nörd- 
lichen Saume  und  im  Osten  des  Libanon  folgen. 

Gehen  Avir  den  Nähr  el-Kebir  entlang  ostwärts  bis  zur 
Grenze  der  Küstenebene  und  wenden  wir  uns  von  da  nordwärts, 
so  gelangen  wir  in  etwa  drei  Stunden  zur  intermittirenden  Quelle 
Fauwar  ed-Der,  dem  S ab b at h f  lu s s  der  Alten i) .  Dort  befand 
sich  schon  zu  Thutmes  III.  Zeit  eine  Ortschaft  Schabatun^], 
und  es  stationirten  daselbst  auch  einst  die  Truppen  von  Ram- 
ses  II.  •^j.  Näher  der  am  See  von  Höms  (Emesa)  gelegenen  Feste 
traf  man.  wie  das  Epos  von  Pentaur  meldet,  die  Stadt  Ar  na  ma^) 
(jetzt  Harbana,  zwei  Stunden  westlich  vom  Höms-See). 

Um  den  Höms-See  (früher  auch  von  den  Arabern  Kades-See 
genannt)  herum  lagen  mehrere  Städte,  die  in  assyrischen  Urkun- 
den genannt  werden :  Aribua,  jetzt  Rebia;  Arganaa,  jetzt 
Ardschün;  Adiennu.  jetzt  et-Tin  (?)  ;  Bargaa,  jetzt  el- 
Burdsch  (?)  ^) .  Etwa  1 6  Stunden  ostwärts  vom  See  auf  der  Strasse 
von  Höms  nach  Polmyra  lag  Karnini.  jetzt  Karnein '^). 

Nur  eine  Stunde  südlich  vom  See  erhebt  sich  ein  Hügel,  Teil 
Nebi  Min-Dhu  geheissen,  weithin  dieOrontesebene  beherrschend 
und  gross  genug,  um  eine  für  die  Verhältnisse  des  Alterthums 
bedeutende  Stadt  zu  tragen.  Am  linken  Ufer  des  Orontes  gela- 
gert, wird  er  nördlich  vom  Flüsschen  el-Mukadije  umsäumt,  von 
dem  aus  einst  Menschenhand  einen  Wassergraben  westlich  vom 
Hügel  nach  dem  grösseren  Fluss  gezogen,  damit  der  Hügel  ganz 
zur  Insel  würde.    Auf  dem  Haupte  dieses  Hügels  thronte  sehr 

li  Jos.  Bell.  jud.  VII.  5,  1.     Plin.  :il,  11. 

2)  Brugsch  a.  a.  O.  332. 

3)  Brugsch  a.  a.  0.  496. 

4)  Brugsch  a.  a.  0.  49ij.  Arnama  wird  auch  im  Vertrag  Ramses  II.  mit 
den  Cheta  erwähnt.     Brugsch  523. 

5;  Delitzsch  a.  a.  O.  274  f.  Wir  machen  bei  den  Arabern  sehr  häufig 
die  Beobachtung,  dass  sie  überkommene  Eigennamen  so  lange  umwandeln, 
bis  dieselben  zu  arabischen  Appellativen  geworden  sind.  Es  kann  sich  daher 
in  scheinbar  ganz  durchsichtigen  arabischen  Ausdrücken  ein  uralter,  nicht 
arabischer  Eigenname  erhalten  haben. 

0,  Delitzsch  a.  a.  O.  278. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongebiete.  31 

■wahrscheinlich  die  Feste  Tachis,  die  einst  den  mächtigen  Pha- 
raonen Thutnies  III.  und  Amenhotep  IL  kühnen  Widerstand  /ii 
leisten   gewagt')   hatte    und   auch    in   der   späteren  Geschichte 
des  alten  Ägyptens  noch  von  Bedeutung  -svar  2) .   Mag  es  übrigens 
auch  nur  eine  Vermuthung  bleiben,    dass    wir   hier  Tachis    zu 
suchen  haben,  so  dürfen  -wir  dagegen  mit  Sicherheit  in  den  Rui- 
nen von  Teil  Nebi  Min-Dhu    die  Überreste  der  seleucidischen 
Laodicea  Aviedererkennen 3) .■]  Unter  dem  Namen  Laodicea  ad 
Libanon  wird  die  Stadt  von  Griechen  und  Römern,  soAvie  auch  auf 
Münzen  erwähnt  ^] .    Auf  der  l'eutingerschen  Tafel  und  bei  Pto- 
lemäus  heisst  sie  Laodicea  scabiosa^).    Sie  war  nach  diesem 
Geographen  Hauptort  eines  gleichnamigen  Districts ,   in  christ- 
Ucher  Zeit  ein  Bischofssitz  (vgl.  N.  4).    Etwas    mehr  als    zwei 
Stunden   südlich  von  Laodicea  treffen  wir  hart  am  rechten  Ufer 
des  Orontes  den  von  Griechen  und  Römern  nicht,   aber  von  der 
Bibel«]  oft  erwähnten  Ort  Rible  (Ribla).  Ribla")  lag  nach  ihr  im 
Lande  Hamath  an  der  Heerstrasse,   welche  von  Babylon  nach 
Palästina  führt.    Dort  »dehnt  sich  weit  und  breit  eine  gewaltige 
Ebene  aus  nach  allen  Richtungen,   ausser  nach  Südwesten«  ^) . 

Auf  Rible  folgt  südwärts  Parade i so  s,  welches  Robinson 
in  alt  el-Dschüsije^),  Palmbr  bei  Kamu'at  el-Harmul  ^*')  sucht. 
Letzteres  ist  ein  quadratisches,  in  drei  Stockwerken  sich  auf- 
bauendes und  pyramidenförmig  abschliessendes  Monument .  das 
ganz  vereinzelt  auf  erhabenem  Rücken  steht  und  weithin  nach 
allen  Seiten  sichtbar  ist.  Auf  den  Paraden  des  untersten  Stock- 
werks ,  zu  dem  man  auf  fünf  Stufen  aufsteigt ,  sind  Bären,  Hir- 
sche, Hunde,  ein  Wildschwein  und  einige  nicht  mehr  deutlich 

1)  Brugsch  a.  a.  O.  339.  388  f. 

2)  Brugsch  340.  556. 

3)  llobinson,  Neuere  biblische  Forschungen  722— 724.     Sachau,  Heise 

in  Syrien  und  Mesopotamien  58  f. 

4)  Polyb.  5,  45.  Strabo  IG,  2,  18.  Hieroclis  Synecdem.,  Itiner.  Anton. 
Plin.  5,  19.'  De  Saulcy,  Numismatique  de  la  Terre  sainte  3—5.  Le  Quien, 
Oriens  christianus  II.  841  f. 

5)  Auf  der  Tafel  Laudicia  scabiosa.     Ptol.  5,  lU:  Sxaßiujoa  Aaooiy.aia. 

6)  Kön.  II.  23,  33.  25,  6.  2U.  21.     Jer.  39,  5.  52,  10. 

7)  Robinson  a.  a.  O.  708  f. 

8)  llobinson  a.  a.  O.  708  f.. 

9)  llobinson  a.  a.  O.  725  f. 

10)  Palmer  in  Quart.  Statements  1871,  113. 


32  Furrer, 

erkennbare  Figuren  in  Kelief  dargestellt.  Palmer  behauptet, 
Paradeisos  bedeute") Jagdpark«,  und  das  Denkmal  mit  Jagdsce- 
nen  weise  eben  auf  Paradeisos  hin.  Für  alt  el-Dschüsije  spricht, 
dass  ausgedehnte  Kuinen  daselbst  sich  finden,  und  dass  der  Ort 
südsüdöstlich  Laodicea  gegenüber  liegt  Avie  Paradeisos  nach 
Ptolemäus,  -während  Kamu'at  el-Harmal  südsüdAvestlich^). 

In  ägyptischen  Urkunden  -wird  eine  Stadt  An  au  gas  oft  er- 
wähnt ^^  und  als  benachbarte  Orte  Jenu^am  und  H  er  enkaru^). 
In  dem  grossen  Kriege  gegen  Pamses  II.  sammelten  die  Cheta 
Truppen  von  Arathu  Arad),  Karkisch  (jetzt  Dschirdschije  am 
linken  Ufer  des  Orontes,  Arethusa  gegenüber)  ,  Dardan  (jetzt 
Abu  Darda,  ebenfalls  am  linken  Ufer  des  Orontes,  nördlich  von 
Dschirdschije i,  von  Kadesch  (am  gleichnamigen  See  gelegen^) 
und  auch  von  Anaugas.  Da  nun  die  übrigen  genannten  Orte  alle 
in  der  Nähe  des  Kades-See's  liegen  und  zum  Gebiete  des  oberen 
Orontes  gehören ,  so  ist  jedenfalls  Anaugas  nicht  mit  dem  bei 
Gaza  in  Südpalästina  liegenden  Jenysus  zu  identifiziren,  sondern 
es  scheint  der  Name  Anaugas  in  der  verstümmelten  Form  el- 
Dschüsije  erhalten  zu  sein.  DiePuinen  in  altDschüsije  sind  nicht 
saracenischen  Ursprunges-^).  Ist  el-Dschüsije  Anaugas,  dann 
dürfen  -wir  in  Junin.  das  -wie  Dschüsije  am  Ostabhang  des  obern 
Orontesthales  liegt,  Jenu'amund  inKara  auf  dem  Plateau  östlich 
des  Antilibanus  llcrenkaru  -wieder  erkennen.  Dass  die  Vorsilben 
alter  Namen  im  Arabischen  oft  abgeworfen  wurden,  dafür  haben 
wir  hinlängliche  Zeugnisse ;  man  erinnere  sich  an  Zib  für  Ach- 
sib,  an  Hüm  für  Nahum  in  Tell-Hüm,  an  Estabül  für  Aristobu- 
lias  u.  s.  w.   Die  drei  genannten  Orte  wurden  von  Thutmes  III. 

1)  Ptol.  5,  14.  Die  Worte  Strabo's  (IG,  2,  19)  :  »'OpovTo-j  -rjdiv  al  ttXt)- 
oiov  TOJ  T£  Atßävo'j  y.cü  ToO  riapaoeioou  vm  toü  AI'^utz-wj  xeiyo'j;  repi  tyjv 
AT:ot|i.£cuv  Y'?i"'  £i"i"  scheinen  für  Paradeisos  an  Stelle  von  Kamu'at  el-Harmul 
zu  sprechen  ,  da  letzteres  der  Hauptquelle  des  Orontes  sehr  nahe  liegt.  — 
Über  Paradeisos  vgl.  noch  Steph.  Byz.  s.  v.  Plin.  5,  23.  Mit  Paradeisos  ist 
wohl  Triparadeisos  bei  Diodor  18,  29  identisch. 

2;  Brugsch  a.  a.  O.  2ß9.  303.  315.  319.  329.  492.  501  f. 

3;  Brugsch  a.  a.  O.  492.    Ed.  Meyer,  Geschichte  des  Alterthums  I,  263. 

4)  Zur  Lage  von  Kadesch  vgl.  zu  Brugsch,  Geographische  Inschriften  II, 
20  f.  neuerdings  Conder  in  Quarterly  Statements  for  ISSl  und  1S&2.  Ebersund 
Guthe,  Palästina  II,  4.  445.  Anm.  d.  Ked. 

5i  Kobinson,  N.  bihl.  Forsch.  710. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongebiete.  33 

dem  Gotte  Amoii  geweiht.  In  der  Nähe  von  el-I)schüsijc  haben 
Avir  auch  die  von  Strabo  erwähnte  ägyptische  Mauer  zu  suchen  *) . 
Wie  die  Ägypter  ihr  eigenes  Land  nach  Osten  durcli  eine  Mauer  ab- 
schlössen, so  haben  sie  offenbar  einst  das  obere  Orontesthal,  d.  i. 
die  nördliche  Kekii'  durch  eine  Mauer  gegen  Einfälle  nordischer 
N'ölker  zu  schützen  versucht.  Gründliche  Forschung  in  jener 
Gegend  möchte  wohl  noch  manche  ägyptische  Alterthümer  zu 
Tage  fördern .  vielleicht  auch  die  Reste  der  alten  Mauer  wieder 
entdecken.. 

Von  Kamu  at  el-Harmul  gelangen  wir  dem  Orontes  nach 
aufwärts  in  ungefähr  3  '/2  Stunden  nach  der  Einmündung  des  an- 
tilibanotischen  Wädi  Fike.  Nahe  derselben,  am  rechten  Ufer 
des  Wädi,  lagern  die  Hütten  des  Dorfes  Zabün.  Z|oba  hiess 
einst  der  Ort,  als  er  noch  zur  Residenz  des  Königs  von  Aram- 
Zoba  diente,  dessen  Reich  im  Norden  an  das  Königreich  Ha- 
rn ath  grenzte  -) . 

In  der  Mitte  zwischen  Laodicea  und  Heliopolis  (Ba'albek), 
von  beiden  Städten  32  röm.  Meilen  entfernt,  lag  nach  dem  Iti- 
nerarium  des  Antoninus  der  Ort  Lybon,  Mit  Recht  hat  man 
denselben  im  heutigen  Lebwe  (etwa  51/2  Stunden  nördlich  von 
Ba'albek)  wieder  erkannt  3) .  Trifft  auch  die  Entfernung  nicht  zu, 
so  spricht  für  diese  Identification  doch  die  Gleichheit  des  Na- 
mens. Die  reiche,  herrliche  Quelle  bei  Lebwe  mochte  früh  zu 
x\nsiedlungen  auf  jener  Stätte  veranlassen. 

Die  berühmteste  von  den  Städten  der  Beka  war  Heliopolis, 
das  heutige  Ba'albek.  Von  Strabo,  Ptolemäus,  Macrobius  und 
andern  Griechen  und  Römern  erwähnt^),  wird  es  dagegen  in 
der  Bibel  nirgends  mit  Sicherheit  genannt;  denn  nur  eine  un- 
wahrscheinliche Yermuthung  hat  es  mit  dem  biblischen  Ba  al- 
Gad,  das  eher  an  Stelle  des  späteren  Caesarea  Philippi^'  zu 
suchen  ist,  oder  mit  Ba*^al  Ilermon^)  oder  Ba'^alath")  identificirt . 

1)  Strabo  a.  a.  O. 

2)  Sam.  I.  14,  47.     Sam.  II.    S,  39  f.  10,  6— S.     Chron.  [I.  18,  3.     De- 
litzsch a.  a.  O.  280  identificirt  Zoba  mit  dem  assyr.  Subit  ^Subutu). 

3    Robinson  a.  a.  O.  093  f.    Er  corrigirt:  Laudicia-Lybo  42  m.  p.  — 
Heliupoli  —  22. 

4)  Forbiger  a.  a.  O.  G52. 

5)  Jos.  11,  17.   12,  7.  1.3,  5.  6)  Höh.  L.  8,  11. 

7)  König.  I.  9,   18.     Ba'alath  lag  nach  Thenius  zu  der  Stelle  eher  im 
Süden  Palästina's. 

Ztschr.  d.Pal.-Ver.  VIII.  3 


34  Furrer. 

Tibchat,  auch  Tebach  und  fehlerhaft  Betach  geschrie- 
ben ^j,  jetzt  Taijibe,  lag  an  einem  der  obersten  linken  Zuflüsse  des 
Litäni,  am  Wädi  llidschrebän  ;  eine  halbe  Stunde  südlicher  13 e- 
r  o  t  h  a  -  .  jetzt  15ereitän.  Hoch  über  der  malerischen  Schlucht  Wädi 
Jafufe,  c.  31/2  Stunden  von  Berotha  entfernt,  treffen  wir  den  Ort 
Kuna,  das  biblische  Knn^)  (Chun  ,  das  Conna  der  römischen 
Zeit^y.  Tibchat,  Berotha  und  Kun  gehörten  zum  Reich  Aram- 
Zoba. 

»Der  Marsyas«,  sagt  Polybius,  »liegt  zwischen  Libanon  und 
Antilibanon  und  •v\ird  von  ihnen  immer  mehr  eingeengt;  dazu 
kommt,  dass  an  der  Stelle,  wo  er  am  engsten  ist,  der  Raum 
durch  Sümpfe  und  Teiche  verengt  wird .  in  denen  •wohlriechen- 
des Schilf  wächst.  Diesen  Engpass  beherrscht  auf  der  einen 
Seite  Gerrha,  auf  der  andern  Brochoi,  zwischen  ihnen  ist  ein 
schmaler  Weg«'').  Der  >Jame  Gerrha  ist  noch  in  'Ain  Dscharr 
(gewöhnlich 'Andschar  geschrieben  erhalten.  Die  Sümpfe  und 
Teiche,  welche  die  Strasse  nach  Süden  wie  nach  Osten  fast  ver- 
sperrten, stammten  von  den  reichen  Quellen  daselbst.  Jetzt  noch 
•wird  die  grösste  derselben  gleich  beim  Ausbruch  aus  dem  Felsen 
zu  einem  grossen  Teiche  aufgestaut.  Massenhafte  Trümmer  He- 
gen dort  herum«].  Es  -war  ein  wichtiger  Platz;  kreuzten  sich 
doch  dort  die  Strassen  von  Nord  nach  Süd  und  von  Ost  nach 
West.  Man  begreift,  dass  seiner  Zeit  Antiochus  dem  Grossen 
am  Besitze  dieses  Knotenpunktes,  der  so  leicht  vertheidigt  wer- 
den konnte,  viel  gelegen  sein  musste.  Zwischen  Laodicea  und 
Gerrha-Brochoi  lagen  nach  Polyhius")  verschiedene  andere 
Städte,  und  es  brauchte  das  Heer  des  Antiochus  mehrere  Tage- 
märsche,  um  diese  Strecke  zu  durchmessen. 

Als  Pompejus  von  Norden  her  durch  Cölesyrien  zog,  kam  er, 

1)  Sam.  II.  8,  8  und  Thenius  zu  der  Stelle.  Chron.  I.  18,  8.  Tebach 
ist  -74  Stunden  von  Ba  albek  entfernt. 

2)  Sam.  IL  8,  8.    Ez.  47,  IG.  3;  Chron.  I.   18,  8. 

4)  Vgl.  Itinerar.  Anton,  und  Notitia  Dignitatum.  Das  Itin.  Ant.  giebt 
die  Lage  Conna's  unrichtig  an,  nämlich  32  röm.  Meilen  nördlich  von  Helio- 
polis  entfernt.  Diese  Position  nimmt  nach  einer  Angabe  des  Itin.  selbst 
Lybo  ein.  Anstatt  Heliopoli,  Conna,  Laudicia  muss  die  Reihenfolge  sein : 
Conna,  Heliopoli,  Laudicia. 

5)  l'olyb.  .5.  45.  4(1.  (;i.  6,  Kobinson  a.  a.  0.  (J45— 051. 
7)  Poivbius  a.  a.  O. 


Antike  Städte  etc.  ifii  Jäbanongolnete.  35 

•wie  JosEPHUS  berichtet  \,  zuerst  luich  Ileliopolis  und  dann  nach 
Chalcis  »unter  dem  Libanon«'^  .  -welches  damals  im  besitze  des 
rtülemäus  Mennaei  sich  befand  3  .  Im  Jahre  11  n.  Chr.  wurde 
Chalcis  vom  Kaiser  Claudius  dem  lierodes  (dem  Ihuder  von  Ile- 
rodes  Agrippa  I.)  geschenkt  und  im  Jahre  48  der  Herrschaft  des 
Jüngern  Agrippa  einverleibt-*  ,  nach  vier  Jahren  ihm  aber  wieder 
entzogen^).  lloBi>'Soxß)  glaubt,  dass  die  Festungsmauern  von 
'Andschar  diesem  Chalcis  entsprechen.  Da  Aiidschar  auf  dem 
Wege  von  Ileliopolis  nach  Damaskus  lag,  also  an  der  Strasse, 
die  seiner  Zeit  Fompejus  zog,  da  das  Fürstenhaus  von  Chalcis 
wenigstens  für  eine  ge-\visse  Zeit  zugleich  Abila  am  Barada  be- 
sessen zu  haben  scheint ,  so  ist  man  versucht ,  der  Vermuthung 
lloBiNSONS  beizupflichten.  Der  Talmud  erwähnt  Chalcis  neben 
Beth-Zabde^  das  dem  heutigen  Kafr  Zabiul  (eine  Stunde  nörd- 
lich von  'Andschar;  entspricht '^).  Vi"dve  nun  Chalcis  mit  And- 
schar  identisch ,  so  müsste  dieser  Ort  seit  den  Tagen  des  Füly- 
Bius  seinen  Namen  gewechselt  haben.  Willkürliche  Namensän- 
derungen von  Ortschaften  kommen  allerdings  in  der  griechisch- 
römischen Zeit  öfters  vor.  Gleichwohl  schliessen  wir  uns  lieber 
der  Ansicht  Droysen's'^^  an,  der  Chalcis  in  Zahle  am  Ostfusse 
des  Libanon  am  Nähr  Burdoni  wiederfinden  will.  Wir  müssen 
dann  nicht  zu  der  immerhin  gewagten  Vermuthung  eines  Na- 
menswechsels unsere  Zuflucht  nehmen  und  werden  der  Angabe 
des  JosEPHUs  gerecht,  dass  Chalcis  unter  dem  Libanon  gelegen. 
Ja,  es  möchte  der  Name  Chalcis  durch  Umstellung  sich  in  Zahle 
erhalten  haben.  Die  feste  Lage,  der  Wasserreichthum ,  die 
Schönheit  und  Fruchtbarkeit  der  Umgebung  machten  Zahle  zur 
Fürstenresidenz  würdig. 

Zu  Phoenicia  prima  gehörte  auch  die  Ecclesia  Rachleno- 
rum'J),  welche  wir  ohne  Zweifel  in  Kachle  am  Nordfusse    des 

1)  Jos.  Archäol.  XIV.  3,  2.  ' 

2,   Jos.  a.  a.  O.  XIV.  7,  4.     Jüd.  Krieg!  9,  2. 

3;  Dieser  Ptolemäus  besass  vielleicht  auch  Abila  am  Barada,  vgl.  Ko- 
binson  a.  a.  O.  629. 

4)  Jos.,  Archäol.  XIX.  5,  1  ;  8.  1.  XX.  1.  3.    Jüd.  Krieg  II.  12.  1. 

5)  Jos.,  Archäol.  XX.  7,  1.  6;  Robinson  a.  a.  0.  047  f. 

7)  Neubauer,  Geogr.  du  Talmud  296. 

8)  Droysen  a.  a.  O.  III.  2,  6.   100. 

9)  Le  Quien,  oriens  Christian.  II.  S31  f. 

3* 


36 


Furrer, 


Hermon  zu  suchen   haben*  .     Von  andern    antiken  Städten   in 
der  Bekä'  haben  wir  keine  Kunde  2). 

Betrachten  -wir  die  im  Alterthum  genannten  Ortschaften  im 
Osten  des  Antilibanon  und  folgen  dabei  den  Karawanenstrassen 
von  Norden  nach  Süden,  so  treffen  wir  etwa  13  Stunden  südlich 
von  Eraesa  |Höms)  den  Ort  K  a  r  a  ^  .  O  c  u  r  a  r  a  nennt  ihn  die 
Peutingersche  Tafel,  während  er  in  den  altgriechischen  Bisthums- 
verzeichnissen  Renocora ,  Conochora ,  Konokola  geschrieben 
wird^  .  Bedeutender,  weil  in  reicherer,  fruchtbarer  Umgebung, 
mag  zu  allen  Zeiten  das  3'  2  Stunden  südlicher  gelegene  Ja- 
brüd^l  gCAvesen  sein.  Die  beiden  J>ergreihen,  welche  das  Thal 
von  Jabrüd  bilden,  sind  gleich  einem  Siebe  mit  unzähligen  Ein- 
gängen zu  Höhlen  durchbrochen.  I^etztere  dienten  einst  als 
Wohnungen  oder  als  Grabstätten  ^'j .  Von  Jabrüd  brauchen  wir 
ebenfalls  37ä  Stunden,  bis  wir  zu  Ma'^lüla  gelangen,  das  man  mit 
Magluda  des  Bisthumsverzeichnisses  identificirt  hat.  Der  Ort, 
malerisch  zwischen  drei  kahle  Felsberge  eingekettet,  erfreut  sich 

r  Über  Kachle  vgl.  Quarterly  Stat.  I.  199.  Daselbst  berichtet  War- 
ren: The  lower  temple.  which  was  once  a  very  handsome  structure,  is  now 
very  dil'ficult  to  examine,  because  it  has  had  an  apse  stuck  on  to  the  easlern 
end;  and  the  archltrave  of  the  original  entablature  appears  to  have  been  used 
to  form  door  jambs  for  the  west  end  of  the  altered  building.  The  impression 
I  have  is,  that  it  originally  was  a  temple  with  entrance  to  east,  and  after- 
wards  turned  into  a  church  with  entrance  to  Avest. 

2  Stcphanus  Byz.  s.  v.  nennt  auch  eine  ApoUonia  -to)  r?]v  -/.oO.tjv  l'j- 
piav,  welcher  Oi-t  wohl  identisch  ist  mit  dem  zum  District  Apamea  gehörigen 
Apollonia  des  Strabo  16,  2,  10.  "Wenn  letzterer  die  Städte Kassiana,  Megara, 
ApoUonia  in  süd-nördlicher  Reihenfolge  aufzählt,  dann  entspricht  unsers 
Erachtens  Kassiana  dem  heutigen  Hass,  Megara  dem  heutigen  Maarret  en- 
No'män  und  Apollonia  dem  heutigen  el-Bära. 

3)  Ritter  a.  a.  O.  1561  f.  Kara  entspricht,  wie  wir  gesehen,  wahrschein- 
lich dem  ägyptischen  Heren-Karu,  ist  aber  Avohl  auch  mit  der  Stadt  Karkar 
der  assyrischen  Denkmale  identisch,  s.  Delitzsch  a.  a.  O.  275. 

4)  Itinera  hierosolym.  etc.  ed.  Tobler  und  Molinier  I,  336.  Das  franzö- 
sisch geschriebene  Verzeichniss  aus  dem  12.  Jahrhundert  hat  den  Namen  zu 
Ronoquorre  verdorben,  s.  Itineraires  a  Jerusalem,  ed.  Michelant  et  Raynaud 
19.    Vgl.  Le  Quien,  Oriens  christ.  II,  S47— S49. 

5  Ptolem.  5,  15  ;  ferner  als  Bischofssitz  erwähnt  in  den  genannten  Ver- 
zeichnissen. Ptolemäus  rechnet  laßpouoa  zum  Gebiet  von  Laodicea.  Jabrüd 
erscheint  in  der  Form  Jaabrudu  schon  auf  Keilinschriften ,  s.  Delitzsch  a.  a. 
O.  2S0. 

6)  Ritter  a.  a.  O.  207. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongebiete.  37 

rauschender  Wasser  und  herrlich  grüner  Gürten  '  .  In  Dschuhb 
Adin,  l'/o  Stunden  südsiidwestUch  von  Malüla,  will  man  die 
Peutingersche  Station  A  d  ra  e  d  e  r  a  wieder  erkennen  2  .  Diese 
lag  26  röm.  Meilen  von  Damaskus  entfernt  und  kann  desshalb 
bei  ^\din  sich  befunden  haben,  zumal  für  letzteren  Ort  auch  die 
Entfernung  zwischen  Admedera  und  Ocurara.  welche  die  Tafel 
zu  25  röm.  Meilen  angiebt,  zutrifft.  In  der  Mitte  dieser  beiden 
Stationen,  d.  i.  10  röm.  Meilen  nördlich  von  Admedera  und  15 
röm.  Meilen  südlich  von  Ocurara.  also  beim  jetzigen  liuclui.  traf 
mau  die  Station  Adarin. 

Nicht  als  römischer  ^yachtposten  .  wohl  aber  wegen  seines 
vorzüglichen  ^Yeines  war  Heibon,  das  im  fruchtbaren,  wasser- 
reichen Thale  gleichen  Namens  liegt,  bei  Juden  und  Heiden 
berühmt  ^} ,  Mit  Wein  von  Heibon  und  Wolle  zahlten  die  Damas- 
cener  die  Waaren  von  Tyrus^',  und  Wein  aus  Chalybon  (Hei- 
bon) tranken  die  persischen  Könige^).  In  etwa  3^  0  Stunden  er- 
reicht man  von  Damaskus  aus  diesen  weinberühmten  Ort. 

YonKarjaten  ist  in  südsüdwestlicher  Richtung  Dscherüd,  das 
Gero  da  des  Itinerariums  Anton.  Aug..  die  ecclesia  Coradorum 
der  byzantinischen  Zeit^),  11  Stunden  entfernt.  Geroda  liegt  in 
einem  Thale,  von  Gärten  umgeben,  von  einem  Bache  durch- 
strömt. Eine  alte ,  nach  persischem  Muster  gebaute  Wasserlei- 
tung geht  nördlich  am  Dscherüdthale  vorüber  nach  Osten.  Nach 
dem  erwähnten  Itinerarium  erreichte  man  von  Geroda  auf  dem 
Wege  nach  Damaskus  beim  16.  Meilensteine  The Isea,  einen 
auch  im  offiziellen  Amtsverzeichniss  6)  der  römischen  Kaiserzeit 
erwähnten  Ort.  Eine  Strecke  von  24  Meilen  lag  zwischen  Thel- 
sea  und  Damaskus.  Diesen  Distanzangaben  entspricht,  wenn 
auch  keineswegs  genau,  der  Ort  el-Maksüra  nordöstlich  von  Da- 
maskus. Einige  Stunden  östlich  von  el-Maksüra  erheben  sich 
drei  Hügel,  die  den  Namen  Telesawa  tragen.    Es  ist  der  Name 

1)  Ritter  a.  a.  O.  266. 

2)  Mit  grösserer  Sicherheit  kann  man  'Adin  mit  dem  Bit- Adln  der  Keil- 
inschriften identificiren.  Delitzsch  a.  a.  O.  279.  Waddington  und  andere 
identificiren  Admedera  mit  Dmer,  das  auch  el-Maksüra  heisst.  In  diesem  Fall 
müsste  man  allerdings  eine  grosse  Verwirrung  in  den  Ortsangaben  der  peu- 
ting.  Tafel  annehmen. 

3)  Ez.  27,  18.  Auch  die  Keilinschriften  gedenken  dieses  Ortes.  3.  De- 
litzsch a.  a.  O.  281. 

4)  Strabo  15,  3,  22.         5    LeQuien  a.  a.  O.  851.  6    Notitia  dignit. 


38  Furrer, 

Thelsea  in  arabisirter  Form.  Vielleicht  wurde  der  Ort  -wegen 
dieser  Hügel .  die  in  seinem  nächsten  Horizonte  stehen ,  so  ge- 
nannt. 

Unter  den  Orten  des  palrayrenischen  Gebietes  nennt  Pxo- 
LEMÄi;;; '  auch  A dach a.  -wohl  das  heutige  el-'Ade,  46  km  ost- 
nordöstlich von  Dscherüd.  auf  der  Strasse  nach  Palmvra.  ferner 
Atera,  das  heutige  Adhra,  21km  nordöstlich  von  Damaskus,  avo 
die  Wüste  beginnt. 

Nach  späterer  jüdischer  Ansicht  soll  König  Salomo  die  Stadt 
Th  a  dmo  r  (heute  Tudmur  genannt)  erbaut  haben.  Der  Text  der 
Künigsbücher  weiss  davon  nichts,  sondern  nennt  dafür  eine 
Stadt  Thamar  im  Steppenlande  des  südlichen  Judäa '-) .  Josephus 
dagegen  berichtet  in  Übereinstimmung  mit  der  Chronik.  Salomo 
habe  Palmvra,  hebr.  Thadmor.  gegründet,  eine  sehr  grosse  Stadt 
vom  Euphrat  eine  Tagereise  entfernt,  sechs  von  Babylon,  zwei 
vom  obern  Syrien.  Die  Stadt  liege  in  dieser  Entfernung,  weil 
zwischeninne  nirgends  Wasser  sich  finde,  wohl  aber  in  Pal- 
myra3  .  In  der  That  liegt  zwischen  Karjaten  Hazar'Enan;  und 
Palmyra  ein  85  km  breiter  Strich  öden  Landes,  in  dem  nur  eine 
einzige  Quelle  'Ain  Wu'al  abseits  vom  Karawanenwege  vor- 
kommt. Ein  starker  Pacli  schwefligen,  aber  klaren  Wassers 
durchrinnt  die  Palmyra-Oase,  zu  der  von  Westen  ein  enges  Fels- 
thal leitet ,  die  aber  nach  Osten  gegen  die  unabsehbare  Wüste 
sich  abgrenzt,  während  sie  im  Norden  und  Süden  von  niedrigen 
Hügeln  abgeschlossen  wird.  Der  Ursprung  von  Thadmor  liegt 
im  Dunkeln  und  ihre  höchste  Hlüthe .  der  bald  gänzliche  Ver- 
ödung folgte,  fällt  erst  in  die  spätere  römische  Kaiserzeit^K 

Während  die  Stille  der  Wüsteneinsamkeit  seit  vielen  Jahr- 
liunderten  über  der  einstigen  Herrlichkeit  Palmyras  waltet,  hat 
sich  dagegen  Damaskus  durch  den  Wandel  der  Jahrtausende  als 
grosse,  mächtige  Stadt  erhalten.  Dank  dem  Fluss,  der  Aman  a^) 

1,  Ptol.  5,  15.  Adhra  scheint  mit  dem  Zach,  l»,  1  erwähnten  Chadrach 
(Sept. 'Adrachj  ,  dem  assyr.  Hatari-Ka  s.  Schrader  a.  a.  0.  453;,  dem  äg. 
Atera  (ß.  die  Listen  von  Thutmes  III. ^  identisch  zu  sein. 

2;  "Vgl.  Thenius  zu  König.  I.  9,  IS, 

3;  Jos.  Archäol.  VIII.  «i,  1. 

4)  Vgl.  Thenius  zu  Kon.  I.  9,  16.  Bertheau  zu  Chr.  II.  S,  4.  K.  Rit- 
ter a.  a.  O.  1406—1537.  Burton  und  Drake  a.  a.  O.  I.  22  f.  Bädeker  (So- 
cin,,  Reisehandbuch 2,  424.  437.  5;   Kön.  II.  5.  12. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongelnete.  39 

von  den  Israeliten,  Chry  sorrhoas ')  von  den  Grieclicn,  15arada 
von  den  Arabern  genannt  wird  und  tnit  nnversieglicher  "\Vasscr- 
fülle  nahe  dem  Wiistenrande  die  Umgebnng  von  Damaskus  zu 
einem  Garten  voll   paradiesischer  Schönheit  und  Fruchtbarkeit 
gestaltet.     Fast  700  m  über  dem  Meere  liegend,  spürt  Damaskus 
im  Winter  die  Rauheit  des  Steppenklima's;  doch  die  Gluth  des 
Sommers  kühlen  die  rauschenden  Wasser,  die  dichten,  weit  aus- 
gedehnten Obstbaumhaine.  Damaskus  wird  in  den  Siegesurkun- 
den so"\vohl  der  ägyptischen  2) ,  als  auch  der  assyrischen  Könige  ^j 
genannt.     Auch  die  Israeliten  wissen  nichts  Anderes,    als  dass 
Damaskus  eine  uralte  Stadt,  die  einst  von  Kolonisten  aus  Kir  im 
nördlichen  Syrien  (bei  den  Griechen  Kyrrhos,  jetzt  Khoros,  circa 
sieben  deutsche  Meilen  nordwestlich  von  Arpad,  c.  10  d.  Meilen 
von  Aleppo  entfernt)  war  gegründet  worden,  aber  schon  zu  Abra- 
hams Zeit  bestand^] .    Von  David  unterworfen,   machte  sich   die 
Stadt  schon  unter  seinem  Nachfolger  frei  und  blieb  fortan  ein 
gefährlicher  Nachbar  für  Israel,   wovon  die  Königsbücher  Vieles 
zu  berichten  wissen  ^) .    Noch  ehe  Samaria  fiel ,   unterlag  Damas- 
kus dem  Zorne  Assyriens  6) ;   doch  scheint  letzteres  niemals  ganz 
verödet  gewesen  zu  sein.    Der  (ältere)  Sacharja^),  sowie  Jere- 
MiA^)   rufen  demselben  neues  Weh  zu.    Auch  Ezechiel  kennt 
Damaskus  als  Handelsstadt  ■') .     Lange  Jahre  blieb  von  der  Zeit 
dieses  Propheten  ab  die  Geschichte  von  Damaskus  im  Dunkel. 
Nach  dem  Zerfall  des  Seleucidenreiches,  erzählt  Nöldeke  i»)  ,  um 
85    V.  Chr.  ward   Aretas   (Häritat;,    einer    der  Nabatäerkönige, 
welche  ein  weites  Gebiet  südlich  und  östlich  von  Palästina  be- 
herrschten,  von  den  Einwohnern  von  Damaskus  zum  König  be- 
rufen").    Auf  griechischen  Münzen   nennt  er  sich  Philhellen. 

1)  Ptol.5,  15.  Plin.5,  16.  Steph.  Byz.  nennt  den  Fluss  Bardines.  Diese 
gräcisirte  Form  von  Barada  existirte  also  damals  schon  wie  der  Name  Axios, 
(1.  i.  'Asi  für  den  Orontes  'vgl.  A-ctastuv  twv  -oo:  tiö  A^Üo  auf  Münzen  und 
bei  Sozomenos  hist.  eccl.  6,  15.  Im  Talmud  'Asia,  s.  Neubauer,  Geogr.  du 
Talmud  309). 

2)  Brugsch,  Gesch.  Ägyptens  331. 

3)  Delitzsch  a.  a.  0.  280  f.     Schrader  a.  a.  O.   138  f.  209  f. 

4)  Arnos  9,  7.     Genes.   1-1,  15.   15,  3. 

5)  Vgl.  die  Bibellexika.  6)  Kön.  IL   16,  9. 
7)  Sach.  9,  1.                        8)  Jer.  49,  23—27. 

9»  Ez.  27,  18.  10)  In  Schenkels  Bibellexikon  s.  v. 

11)  Jos.  Archäol.  XIII.  15,  2.     Jüd.  Krieg  I.  4,  8. 


40  Furrer, 

Ob^vohl  die  Römer  bald  darauf  diese  Gegenden  unterwarfen. 
Hessen  sie  den  Nabatäer  doch  als  Vasallenfürsten ,  sogar  in  Da- 
maskus. Der  Statthalter  des  Königs  Aretas  (wahrscheinlich  des 
Aretas.  welcher  den  Beinamen  Aneas  hatte  •  und  sehr  lange  re- 
gierte) lauerte  dem  Apostel  Paulus  in  Damaskus  auf'-'. 

In  der  Nähe  dieser  Stadt ,  und  zwar  nördlich  von  ihr .  lag 
Choba.  Bis  dorthin  verfolgte  nach  Genes.  14.  15  Abraham  den 
König  Kedor-Laumer  und  seine  Schaaren.  Choba  heisst  jetzt 
Kabun^;  und  ist  ein  grosses  Dorf,  hinter  welchem  die  erste  Ter- 
rasse des  Antilibanon  aufsteigt. 

Wemi  Avir  von  Damaskus  aus  den  Barada  entlang  stromauf- 
wärts wandern,  so  gelangen  Avir  in  etwa  fünf  Stunden  nach  Nebi 
Abil,  einem  muslimischen  Heiligthum,  das  auf  steilen  Felsen 
hoch  über  dem  rechten  Ufer  des  Flusses  thront.  Dieses  Heilig- 
thum nimmt  die  Stelle  von  einer  alten  Residenz  ein.  nämlich  von 
Abila  »des  Lysanias«,  um  welche  sich  zeitweise  ein  Für- 
stenthum  von  nicht  mehr  zu  bestimmender  Ausdehnung  grup- 
pirtC;  die  Landschaft  Abilene^).  Dieses  Abila  erwähnt  schon 
PoLYBius^),  femer  Josephus*^')  und  Ptolemäus').  Nach  dem 
Itinerar.  Anton,  lag  es  IS  röm.  Meilen  also  etwas  über  fünf 
Stunden)  von  Damaskus  entfernt.  Durch  die  Gunst  des  Kaisers 
Claudius  kam  Abilene  unter  die  Botmässigkeit  von  Agrippa  I. 
und  Agrippa  II.  ^),  während  die  Landschaft  früher  einem  sonst 
nicht  Aveiter  bekannten  Lysanias  gehört  zu  haben  scheint-'). 

Münzen  berichten  uns  von  einer  Stadt  Leukas  am  Chrysor- 
rhoas.   die  besonders  zur  Zeit  des  Claudius  geblüht  haben  muss, 

1,  Jos.  Arch.  XVI.  9,  4.  2,  Kor.  II.   11,  .32. 

3)  Kabün  von  Choba,  wie  heut.  Zabün  von  Zoba.  Dass  im  Semitischen 
der  Übergang  von  weicheren  zu  härteren  Gutturalen  und  umgekehrt  häufig  ist, 
dafür  vgl.  die  Lexika.  Beispiele  in  Galiläa  :  Chosa,  jetzt  Kosa;  Gabara,  jetzt 
Kabra;  Chelba,  jetzt  Kelban.  [Dieser  Satz  triff't  wohl  für  das  Aramäische  zu, 
für  die  semitischen  Sprachen  im  allgemeinen  jedoch  nicht.     Anm.  d.  Red.]. 

4)  Luk.  3,  1.  5)  Polyb.  5,  7,  2. 
6,  Jos.  Arch.  XIX.  5,  1. 

7j  Ptol.  5,  15.  Auch  in  der  Tabula  Peuting.  und  im  Synekdemus  des 
Hierocles  und  von  Stephanus  Byz.  erwähnt. 

8)  Jos.  Arch.  XIX.  5,  1.  XX.  7,  1.     Jüd.  Kriege  II.   11,  5.  12,  8. 

9,  Vgl.  Kneucker  in  Schenkels  Bibellexikon,  s.  Abilene.  Dieser  Lysanias 
ist  nicht  zu  verwechseln  mit  dem  Lysanias,  des  Ptolemäus  Sohn,  der  zuChal- 
cis  residirte. 


Antike  Städte  etc.  im  Libanongebiete.  41 

da  auf  denselben  die  Bewohner  sich  ('laudier  nennen  und  einifj^e 
Münzen  auch  Kopf  und  Inschrift  des  Claudius  zei<^en.  DkS.mi.cy 
hat  auf  Abila  gerathen,  das  allerdings  zur  Zeit  des  Claudius  mehr 
als  früher  oder  später  in  den  geschichtlichen  ^'ordergrun(l  getre- 
ten war.  Doch  wird  Abila  in  keiner  andern  Urkunde  mit  dem 
Namen  Leukas  genannt.  Auch  die  Inschrift  auf  der  Abila  ge- 
genüberliegenden Felswand,  welche  der  Nachwelt  einen  Strassen- 
bau  aus  der  Zeit  der  Antonine  k\ind  thut  ,  hat  nur  den  Namen 
Abila. 

Endlich  den  Grenzen  der  engern  israelitischen  Ileimath  uns 
nähernd,  kommen  wir  auf  den  untern  Ostabhang  des  liermon. 
unweit  nördlich  von  den  Quellen  des  Nähr  el-'Awadsch  (Nähr 
Djennäni^)  zum  Dorfe  Hine.  das  Ptolemäus  tmter  dem  Namen 
I  n  a  erwähnt  und  zur  Dekapolis  rechnet  2; . 


1)  Des  Pharphar  Kön.  II.  5,  12,  s.  o. 
2j  Ptol.  5,  15. 


Neu  aufgedeckte  Felseisterueu  uud  Felsgemäclier 

in  Jerusalem. 

Von  ('.  Schick  in  Jerusalem. 
Hierzu  Tafel  I . 


Geht  man  vom  Quartier  der  Armenier  oder  von  dem  soge- 
nannten Zionsthor  innerhalb  der  Stadt  ostwärts,  so  überschreitet 
man  zuerst  einen  freien  Platz,  auf  dem  früher  die  Hütten  der 
Aussätzigen  standen  und  jetzt  jeden  Freitag  Viehmarkt  gehalten 
wird ,  und  gelangt  dann  zu  einem  ausgedehnten  Schutthaufen, 
der  ein  kleines  Haus  trägt,  das  ursprünglich  für  einen  Wächter 
bestimmt  war,  nun  aber  an  Juden  als  Werkstätte  vermiethet  ist. 
Der  Weg  führt  in  östlicher  Kichtung  abwärts  weiter  zu  einer 
Gruppe  von  neuen  Häusern,  den  israelitischen  Armen-  und  Pil- 
gerwohnungen, die  aus  Stiftungen  \nid  Beiträgen  von  Israeliten 
Deutschlands.  Österreichs  und  Hollands  im  Kasernenstyl  erbaut 
sind  und  meist  miteinander  zusammenhängen.  Die  Umgebung 
dieser  Häuser,  die  von  etwa  fünfzig  Familien,  ausser  der  wech- 
selnden Zahl  der  Pilger  und  Eeisenden,  bewohnt  werden,  wird 
häufig  der  »Deutsche  Platz«  genannt.  Da  für  diese  Zahl  der  Be- 
wohner das  Wasser  der  vorhandenen  Cisterne  nicht  mehr  aus- 
reichte ,  so  übernahm  der  Baron  von  Rothschild  in  Frank- 
furt a.  M.  ,  der  mehrere  dieser  Häuser,  darunter  ein  durch 
gefälligere  Architektur  und  seine  Grösse  hervorragendes,  hat  er- 
bauen lassen,  die  Anlage  einer  grossen,  neuen  Cisterne,  die 
ihren  Platz  hinter  dem  niedrigsten,  unweit  oberhalb  des  »Mist- 
thores"  gelegenen  Hause  der  soeben  erwähnten  Gruppe  von  Ge- 
bäuden erhalten  sollte.    Dasselbe  ist  vor  ungefähr  zehn  Jahren 


Schick,  Neu  aufgedeckte  Felscisternen  etc.  in  Jerusalem.  43 

gebaut,  enthält  jetzt  u.  a.  eine  Synagoge  und  ist  von  der  Stadt- 
mauer nur  durch  die  Strasse  getrennt  (vgl.  Tafel  I,  Nr.  2).  Um 
die  Grundmauer  auf  den  Felsen  aufsetzen  zu  können,  musste  hei 
dem  IJau  des  Hauses  eine  G  bis  7  m  mächtige  Schuttlage  durch- 
graben und  sehr  viel  Erde  weggeräumt  werden,  wie  aus  der  Zeich- 
nung ersichtlich  ist.  Die  Lage  der  Felsschichten ,  auf  die  man 
dabei  stiess ,  war  ziemlich  stark  nach  dem  Tyropöonthale  zu  ge- 
neigt. 

Die  Wegräumung  des  Schuttes  war  auch  wieder  die  erste 
Arbeit ,  die  für  Herrichtung  der  neuen  Cisteme  gethan  werden 
musste.  Der  Felsboden  wurde  in  einer  Tiefe  von  4  bis  8  m  an- 
getroffen, aber  nicht  als  eine  zusammenhängende,  geneigte 
Fläche,  sondern  überall  zu  runden  und  eckigen  Höhlen  und  Tie- 
fen bearbeitet.  Auf  dem  blossgelegten  Eaume  von  etwas  mehr 
als  100  Dm  fanden  sich  sechs  in  den  Felsen  gehauene  Cisternen 
mid  die  Reste  einer  einstigen  FelsAvohnung,  die  früher  über- 
Avölbt  gewesen  war.  Namentlich  die  Durchschnitte  3  und  4  der 
Tafel  I  zeigen ,  wie  der  Felsen  mehrfach  senkrecht  abwärts  be- 
hauen worden  ist;  auch  der  Plan  Nr.  1  der  Tafel  lässt  die  Grund- 
linien dieser  tief  gearbeiteten  Felsgemächer  erkennen.  Die 
ausgesparten  AVände  des  natürlichen  Gesteins,  durch  die  Cister- 
nen und  Gemächer  von  einander  getrennt  werden,  haben  durch- 
schnittlich keine  grössere  Dicke  als  1  m.  Zwei  Cisternen,  a  und 
e,  haben  eine  runde,  flaschenartige  Form ,  wie  sie  häufig  in  Pa- 
lästina vorkommt.  Zwei  andere,  h  und  c,  sind  in  schräger  llich- 
tung  höhlenartig  in  das  Gestein  gehauen;  der  Eingang  führt  von 
der  Seite  her  auf  Felsenstufen  bis  zu  dem  Poden  hinab,  so  dass 
man  von  der  Treppe  aus  ihr  Wasser  allmählich  bis  auf  den  letz- 
ten Rest  ausschöpfen  konnte.  Abgesehen  von  zwei  erst  in  neue- 
rer Zeit  bei  den  »Königsgräbern«  aufgedeckten  Cisternen  kom- 
men solche  Wasserbehälter  in  der  Umgegend  von  Jerusalem  nicht 
vor;  doch  ist  anzunehmen,  dass  ähnliche  im  Laufe  der  Zeit  durch 
Steinbrüche  zerstört  worden  sind.  Dagegen  habe  ich  solche 
Cisternen  bei  Hebron  gesehen  und  namentlich  häufig  jenseits  des 
Jordans ,  wo  sie  bisweilen  so  gross  sind ,  dass  die  Thiere  zur 
Tränke  die  Stufen  hinabgetrieben  werden  und  unmittelbar  aus 
der  Cisteme  selbst  trinken  können,  ohne  dass  das  Wasser  vorher 
geschöpft  zu  werden  braucht.  Der  fünfte  Pehälter.  d .  hat  eine 
viereckige    Form    mit    viereckigem   Mundloch;   der   sechste,    /, 


44  Schick, 

dagegen    ungefähr    die    eines  Dreiecks    und  ist  von  Anfang  an 
durch  ein  Gewölbe  geschlossen  gewesen,  das  aber  im  Jahre  1SS3. 
wo  die  Arbeit  für  die  neu  herzustellende  Cisterne  begann,  einge- 
stürzt vorgefunden  wurde.  Später  ist  einmal  eineMauer  durch  die- 
sen IJehälter  gezogen  worden,    vermuthlich  um  festen  Grund  für 
ein    darüber    aufzuführendes    Gebäude    zu    gewinnen,     das    in- 
zwischen schon  längst  wieder  der  \'ernichtung  anheimgefallen 
ist.     An  der  Südseite  dieser  Cisterne  wurde  durch  Wegnahme 
eines  Steines    aus    der  festen  Schuttmasse  eine  Öffnung  {k  auf 
Nr.  1  und  Nr.  4  der  Tafel)   entdeckt,    die  in    einen    noch  jetzt 
überwölbten  höhlenartigen  Kaum  hineinführt ,    der .    so  -siel  sich 
bei  dem  Schein  eines   hineingehaltenen  Lichtes  erkennen  Hess, 
nichts  von  Bedeutung   zu    enthalten    und  ziemlich  leer  zu  sein 
schien.  Da  es  gefährlich  war,  die  Öffnung  so  weit  zu  vergrösseni. 
dass  man  in  das  angränzende  Gewölbe  hinübergelangen  konnte, 
so  musste  ich  eine  genauere  Untersuchung  desselben  unterlassen. 
Zwischen  diesen  fast  wie  im  Halbkreis  angelegten  Cisternen 
fand  sich  zunächst  eine  aus  zwei  Felsgemächern,  einem  oberen 
und  einem  unteren,  bestehende  Wohnung  (^i^).    Ihre  Wände  sind 
nicht  mit  Cement  bekleidet  und  haben  einige  Nischen  [h],  in  die 
man  wie  in  offene  Wandschränke   kleine  Gegenstände  hinein- 
stellen konnte:   daher  können  diese  Räume  nicht  Wasserbehäl- 
ter gcAvesen  sein.    Vom  oberen  Eaume  führte  in  einer  Ecke  eine 
(")ffnung  in  den  unteren,  der  wahrscheinlich  nur  als  Magazin  oder 
als  Keller  gedient  hat  und  durch  eine  Wölbung  in  der  auf  Nr.  4 
der  Tafel  I  bezeichneten  Höhe  gedeckt  gewesen  sein  muss.    Wie 
hoch  die  Decke  des  oberen  Raumes  sich  erhob,  lässt  sich  gegen- 
wärtig nicht  mehr  mit  Sicherheit  bestimmen;  ich  habe  sie  auf 
Nr.  4  der  Tafel  nach  Vermuthung  eingetragen.    Sie  muss  ebenso 
wie  die  Tliür  und  etwa  auch  ein  Fenster  des  Raumes  nothwendig 
gemauert  gewesen  sein.    Aber  es  haben  sich  keine  Spuren  mehr 
von  dieser  Ausstattung  des  Zimmers  erhalten.    Ferner  war  auch 
einst  der  übrige,   von  den  senkrecht  behauenen  Felswänden  um- 
schlossene Raum  zwischen  den  Cisternen  zu  Zimmern  eingerich- 
tet, worauf  noch  einige  Mauerspuren  hier  und  da  hinweisen. 

Ich  zweifle  nicht,  dass  solche  Bearbeitungen  des  Felsens  zu 
Wohnzimmern  in  ein  hohes  Alterthum  zurückreichen.  ])a  man 
auch  an  anderen  Orten  der  Stadt  dieselben  Erscheinungen  wahr- 
genommen liat ,   sei  es,   dass  man  durch  den  Schutt  grub,   um 


Neu  aufgedeckte  Felscisternen  etc.  in  Jerusalem.  45 

Fundamente  /u  legen ,  sei  es ,  dass  Kcllerräurae  in  dem  Felsen 
angelegt  -wurden ,  so  kann  wolil  der  Schluss  als  sicher  gelten, 
dass  der  Felsboden  unter  der  jetzigen  Stadt  und  ihren  Schuttla- 
gen in  alter  Zeit  überall  so  bearbeitet  und  ausgehöhlt  worden  ist. 
Einiges  mag  schon  von  den  ersten  uns  bekannten  Ansiedlern 
dieser  Städte,  den  Jebusitern,  herrühren,  anderes  von  den  Israe- 
liten ,  die  in  der  Herstellung  ihrer  Häuser  anfangs  gewiss  nicht 
anders  verfuhren  als  jene.  Es  ist  das  eine  ausserordentlich  spar- 
same l^enutzung  des  Bodens ,  bei  der  viele  Menschen  auf  gerin- 
gem Plächcnraum  ihr  Unterkommen  fanden.  Man  richtete  sich 
anfangs  unter  der  Oberfläche  des  Felsens  sein  allerdings  sehr 
bescheidenes ,  aber  dauerhaftes  Heim  ein ;  erst  später  begann 
man  über  dem  Felsboden  z\i  bauen  im  eigentlichen  Sinne  des 
Wortes.  Für  die  Vorstellung,  die  wir  uns  von  dem  alten  Jeru- 
salem zu  machen  haben,  ist  diese  Beobachtung  von  nicht  gerin- 
ger Wichtigkeit  ^) . 

Die  Anlage  der  neuen  Cisterne  wird  in  diesem  Jahre  unter 
meiner  Leitung  vollendet.  Ihre  Herstellung  war  ohne  eine  starke 
Veränderung  der  vorgefundenen  Beschaffenheit  des  Felsbodens 
unmöglich.  Um  einen  sicheren,  wasserfesten  Boden  zu  erzielen, 
mussten  grosse  Theile  des  Felsens  weggebrochen  werden,  so  dass 
die  einzelnen  Cisternen  theilweise  in  Zusammenhang  gekommen 
sind.  Zwei  Pfeiler  (/  und  tn)  sind  neu  gebaut  und  mit  den  Seiten- 
mauern durch  Kreuzgewölbe  verbunden,  die  jetzt  die  Decke  des 
grossen  Wasserbehälters  bilden. 

Jerusalem,   8.  April  18S4. 


1)  Wahrscheinlich  haben  die  aus  Babel  zurückgekehrten  Exulanten  aus 
Mangel  an  eigentlichen  Häusern  auch  solche  Felsgemächer  wieder  in  Ge- 
brauch genommen.  Es  -würde  wenigstens  diese  Annahme  sehr  gut  zu  der 
Nachricht  passen,  die  wir  Neh.  7,  4  lesen:  »Die  Stadt  war  M'eit  ausgedehnt 
und  gross,  aber  es  gab  nur  Menig  Leute  darin  und  keine  gebauten  Häuser«. 

Anm.  der  Redaction. 


Neu  entdecktes  Columbarium  am  Berge  des  bösen 
Ratlies  bei  Jerusalem. 

Von  C.  Schick   in  Jerusalem. 
(Hierzu  Tafel  II,. 


Im  ersten  Jahrgang  der  Zeitschrift  des  Deutschen  Palästina- 
A'ereins  Seite  1 1  fF.  habe  ich  über  neu  aufgefundene  Felsengrä- 
ber berichtet  und  zur  Orientirung  einen  «Situationsplan«  beige- 
geben. Nun  sind  im  Laufe  des  Sommers  1&&4  zwei  neue  Häuser 
am  nördlichen  Abhang  des  Berges  des  bösen  Käthes  von  Mus- 
limen gebaut  worden.  Auf  der  Spitze  des  gedachten  Berges  liegt 
eine  Ruinenstätte,  die  Der  Abu  Tör  genannt  wird,  und  auf  ge- 
dachtem Situationsplan  auch  angegeben  ist.  Gleich  unterhalb 
dieser  lluinenstätte  gegen  die  Stadt  zu  steht  das  grössere  der 
beiden  neuen  Häuser,  das  kleinere  weiter  unten,  ungefähr  in  der 
Mitte  zwischen  ersterem  und  der  "Wasserleitung.  Als  der  Eigen- 
thümer  des  unteren  Hauses  den  wenigen  Schutt  abräumte  und 
Fundamente  für  die  Mauern  grub,  stiess  er  auf  einen  Felsen- 
gang, der  mit  Erde  angefüllt  war;  er  grub  weiter,  in  der  Hoff- 
nung, eine  Cisterne  zu  finden,  fand  aber  dann  ein  interessantes 
Columbarium,  das  auf  Tafel  H  im  Plan  und  Durchschnitt 
dargestellt  ist.  Zur  Erläuterung  der  Zeichnung  bemerke  ich 
Folgendes : 

Der  nach  N.  sich  öffnende  Eingang  ist  1,70  m  hoch,  1,10  m 
breit  und  ganz  in  den  Felsen  gehauen.  Der  Boden  desselben 
steigt  nach  innen  etwas  an;  er  wird  auf  eine  kurze  Strecke  durch 
fünf  (juergelegte  grosse  Steine  gebildet.  Als  einer  derselben  weg- 
genommen Avurde.  fand  sich  eine  Grube  von  3,30  m  Tiefe,   1  m 


Schick,  Neu  entdecktes  Columbarium  etc.  bei  Jerusalem.  47 

]}rcite  und  2.20  m  Länge.  Sie  ist  ebenfalls  ganz  in  den  Felsen  ge- 
hauen und  hat  Avahr.scheinlich,  als  C-ollektiv-Giab.  zur  Aufnahme 
von  Leichnamen  gedient.  Der  Gang  mündet  in  einen  vierecki- 
gen, 5  m  weiten,  in  Felsen  gehauenen  Kaum .  der  ursprünglich 
eine  Felsendecke  gehabt  hat.  Später  aber  ist  dieselbe  entweder 
eingestürzt  oder  weggebrochen  worden,  so  dass  der  Raum  jetzt, 
seitdem  man  die  ihn  füllende  Erde  fortgeschafft  hat,  oben  offen 
ist.  Jedoch  ist  diese  ()ifnung  oben  im  Umfang  kleiner  als  der 
lioden  des  Gemachs  unten,  wie  das  auch  in  den  Zeichninigen 
angedeutet  ist.  Ringsum  an  den  Wänden  sind  eine  grosse  An- 
zahl kleiner  Nischen  in  den  Felsen  eingehauen;  ich  zählte 
10  Reihen  von  unten  nach  oben  mit  ungefähr  je  zwölf  Nischen, 
die  schachbrettartig  zu  einander  geordnet  sind  (vgl.  den  Durch- 
schnitt;.  Jede  Nische  ist  0,20  breit,  ebenso  hoch  und  tief.  Der 
Raum  von  einer  zur  andern  beträgt  sowohl  in  horizontaler  als 
auch  in  vertikaler  Richtung  0,24  bis  0.25  m.  Dadurch  ist  er- 
reicht worden,  dass  jede  einzelne  Nische  von  der  andern  stets 
d\irch  festes  Gestein  gesondert  blieb.  Die  Felswände  sind  mit 
einem  festen  Mörtel  bcAvorfen,  avif  diesen  die  Umrisse  der  Nischen 
mit  einer  Kohle  und  einem  eisernen  Stift  aufgezeichnet  mid  da- 
nach eingehauen  worden.  Man  sieht  nämlich  an  mehreren  Stel- 
len noch  Linien .  die  von  einem  eisernen  Stift  herrühren .  und 
auch  Reste  von  schwarzen  Strichen.  Die  Nischen  müssen  einge- 
hauen Avorden  sein,  nachdem  die  Felsdecke  weggenommen  wor- 
den war;  denn  auch  an  der  Bruchstelle  sind  ringsum  noch  solche 
in  ziemlicher  Anzahl  wahrzunehmen. 

Räthselhaft  blieben  mir  vier  kreuzförmig  gesetzte,  0,50  m 
dicke  Mauern  aus  grossen  und  schön  behauenen  Steinen  zu 
durchschnittlich  fünf  Lagen  übereinander,  so  dass  sie  über  die 
Hälfte  der  Höhe  des  Gemachs,  nicht  bis  zur  früheren  Decke, 
hinaufreichten.  Da  die  Mauern  sich  nicht  wirklich  berühren 
oder  kreuzen,  so  lassen  sie  in  der  Mitte  einen  leeren  Raum, 
aus  dem  der  Zugang  zu  den  vier  Abtheilungen  freisteht.  Diese 
Mauern  sind  offenbar  später,  nach  dem  Einhauen  der  Nischen, 
eingesetzt  worden;  denn  wie  die  Zeichnung  des  Planes  zeigt, 
verdecken  sie  eine  Anzahl  Nischen. 

Ornamente  oder  Schriftzeichen  oder  Zahlen  konnte  ich  nir- 
gends entdecken,  weder  an  den  Nischen  und  deren  "Wänden 
noch  an  den  Steinen  der  Mauern.    Die  Nischen   waren    durch- 


lg  Schick, 

creheiuls  leer;  auch  wurde  ikeine  Spur  von  Urnen  oder  Fläsch- 
chen  oder  irgend  etwas  der  Art  weder  in  denselben  noch  in  der 
Erde  gefunden. 

Der  Eigenthiinier  hat  die  Mauern  bereits  herausgenommen; 
er  will  die  Nischen  sämmtlich  zumauern,  mit  einem  Gewölbe 
oben  das  Gemach  wieder  bedecken  und  so  eine  Cisterne  daraus 
machen.  Eigenthümer  ist  der  Besitzer  des  oberen  neuen  Hauses, 
die  Feldmauer  (s.  Durchschnitt!  ist  zugleich  Gränzmauer  des 
Eigenthums.  Der  Gang  unten  wird  dann  auch  zugemauert,  und 
der  Felsenschacht  eine  Cisterne  für  das  untere  Haus  werden. 
Ich  habe  mit  meinem  Berichte  gewartet,  weil  ich  hoffte,  es  werde 
sich  noch  einiges  andere  finden,  aber  die  Leute  haben  die  Arbeit 
vor  der  Hand  stehen  lassen. 

Meine  Vermuthung  ist ,  dass  diese  Anlage  ursprünglich  ge-. 
wohnliche  Felsengräber  enthielt ,  wie  sie  bei  Jerusalem  und  ge- 
rade am  Berge  des  bösen  Rathes  sich  häufig  voi-finden,  dass  die- 
selben später  theilweise  ausgebrochen,  theilweise  vermauert,  auch 
die  Decke  weggethan,  das  Ganze  mit  einem  guten  Mörtel  ausge- 
strichen und  dann  nach  der  oben  beschriebenen  Weise  die  Nischen 
eingehauen  worden  sind ,  um  zur  Aufnahme  von  kleinen  l'rnen 
oder  andern  Aschengefässen  zu  dienen.  Der  Raum  war  oben 
entweder  ganz  offen  oder  mit  einem  künstlichen  Dach  bedeckt, 
auf  jeden  Fall  der  offene  Schacht  mit  einer  Brustlehne  oder  nied- 
rigen Mauer  umgeben.  Als  dann  diese  Art  der  Bestattung  nicht 
mehr  Sitte  war,  wurden  die  Mauern  eingesetzt,  um  die  unver- 
sehrten Leichname  dort  unterzubringen.  Oder  sollte  nun  der 
Ort  zu  einem  ganz  andern  Zwecke  dienen?  Doch  vermag  ich 
einen  solchen  nicht  zu  errathen  und  glaube  vielmehr,  dass 
hier  immer  eine  Begräbnissstätte  gewesen  ist.  Solche  Kreuz- 
mauern habe  ich  eben  auch  schon  an  verschiedenen  andern  Or- 
ten bei  Gräbern  gesehen,  z.  B.  auf  dem  Olberge,  in  Mirt  und 
andern  Plätzen.  Die  Leichname  wurden  von  oben  herab  einge- 
senkt, nicht  etwa  durch  den  Eingang  hineingebracht.  Dieser  — 
oder  der  leere  Raum  in  der  Mitte  —  scheint  mir  nur  dazu  ge- 
dient zu  haben,  dass  ein  Mann  hinuntergehen  konnte,  um  die 
richtige  Lage  der  Leichname ,  von  denen  der  obere  von  dem  je 
unteren  immer  nur  durch  eine  Schicht  Erde  getrennt  wurde,  zu 
bewerkstelligen.  Nach  Bedarf  konnten  die  ^Mauern  erhöht  wer- 
den, was  aber  wohl  hier  nie  geschehen  ist. 


Neu  entdecktes  Columbarivim  etc.  bei  Jerusalem.  .{{) 

Hei  liet-Saliur,  eine  kleine  halbe  Stunde  unterhalb  Jerusa- 
lems am  siidliehen  Gehänge  des  Kidronthale.s  fdort  Wad  en-Nar 
oder  Fenerthal  genannt),  befindet  sich  unter  den  vielen  dortigen 
Felsengräbern  ein,  Avas  die  Anordnung  der  Nischen  betrifft,  ganz 
ähnliches  Colnmbarium ;  dasselbe  hat  aber  weder  Mauerwerk ,  noch 
ist  es  eben  so  vollständig  offen  wie  dieses.  Dr.  Tohlkh  fand 
ähnliche  bei  Het-Dschibrin,  die  er  in  seiner  »Dritten  Wanderung« 
S.  131  beschreibt.  Während  aber  die  Nischen  in  Het-Dschibrin 
und  in  Het  Saluir  oben  rundlich  sind,  sind  sie  am  Herge  des  bösen 
liathes  viereckig !  Dann  spricht  Toulek  von  einer  Art  Leiste  am 
untern  Rande  derselben ;  hier  in  Jerusalem  finden  sich  solche 
nicht.  Ferner  erwähnt  Tüblbk  eines  in  der  Mitte  der  Kammer 
ausgesparten  Felsens  und  denkt  dabei  an  einen  Altar;  hier  ist 
kein  solcher,  aber  dafür  das  oben  beschriebene  Mauerwerk.  Auch 
in  Het-Dschibrin  ist  oben  eine  Öffnung,  durch  die  das  Licht  nach 
unten  einströmt.  Eine  ähnliche  ,  aber  etwas  kleinere  Höhle  be- 
findet sich  im  Westen  von  Jerusalem.  Dieselbe  hat  ringsum 
solche  kleine,  in  den  Felsen  gehauene  Nischen,  die  aber  nicht  so 
dicht  zusammengestellt  sind,  oben  in  der  Decke  eine  grosse 
Lichtöffnung  und  unten  auch  einen  seitlichen  Eingang.  In  der 
Nähe  derselben  fand  Herr  Schneller  mehrere  Gräber. 

Auf  Grund  dieser  Funde  drängt  sich  die  Frage  auf,  ob  zu 
irgend  einer  Zeit  diese  Art  der  Todtenbestattung  —  Heiset/ung 
der  Asche  in  kleinen  Nischen  —  allgemein  war  (  Gder  wurde  sie 
bloss  von  Fremden  —  etwa  den  wirklichen  Römern,  die  im  Laiule 
wohnten  ■ —  vollzogen.'  Ich  bin  zu  der  letzteren  Annahme  ge- 
neigt, möchte  jedoch  zunächst  durch  diese  Mittheilungen  zur 
Hesprechung  dieser  Sache  angeregt  haben. 

Jerusalem,    8.  Decbr,  1884. 


Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VHI. 


Hie  neu  entdeckte  Stepliaüskirche  bei  Jerusalem. 

A'on  Pfarrer  A.  Frei  in  Ebnat  (St.  Gallen  . 

(Mit  einem  Holzschnitt). 


Ungefähr  350  m  von  dem  Damasknsthore  Jernsalems  ent- 
fernt, anf  der  rechten  Seite  der  heutigen  Nabulusstrasse,  befin- 
den sich,  durch  eine  provisorische  Mauer  aus  lose  aufeinand erge- 
schichteten Steinen  dem  Blicke  fast  entzogen,  ausgedehnte  Rui- 
nen. In  den  letzten  Jahren  wurden  dieselben  blossgelegt, 
nachdem  sie  Jahrhunderte  unter  der  schützenden  Hülle  eines 
Schutthügels  gelegen  hatten,  welcher  bis  in  die  neueste  Zeit  durch 
Ablagerung  solchen  Materials  Zuwachs  erhielt. 

Dringt  man  von  Norden  in  den  ziemlich  abgeschlossenen 
Raum  ein,  so  gewahrt  man  zunächst  vier  sich  aneinanderschlies- 
sende  Gewölbe,  die,  23  m  lang,  von  Osten  nach  Westen  gerich- 
tet sind,   während  die  l^reite  S  bis  9  m  beträgt  i).    Tn  den  unteni 

1  Es  war  mir  nicht  möglich,  die  Strecken  selbst  zu  messen.  Seit  einiger 
Zeit  sind  die  Ruinen  weniger  leicht  zugänglich,  und  ich  musste  froh  sein,  von 
dem  ständigen  Aufseher  die  etwas  genauere  Besichtigung  mit  einem  Trinkgeld 
erkaufen  zu  können.  Der  Dominikaner ,  welcher  die  Restaurationsarbeiten 
leitet,  zeigte  sich  durchaus  nicht  geneigt,  über  die  gemachten  Funde  Auf- 
schluss  zu  geben.  Bloss  so  viel  vernahm  ich  von  ihm,  dass  man  dem  in  den 
Fundamenten  deutlich  genug  vorliegenden  Plane  folgen  und  unter  Verwen- 
dung des  noch  Vorhandenen  das  Alte  erneuern  wolle,  wie  es  auch  bei  der  St. 
Annakirche  geschehen  ist.  Ich  benutze  daher  für  Massangaben  einen  Artikel 
von  S.  Merill,  der  in  den  Quart.  Statem.  des  PEF.  1S83,  238 — 242  erschienen 
ist.  Seine  Beschreibung  stimmt  übrigens  vuUkommcn  mit  meinen  Beobach- 
tungen überein.  I-eider  kann  ich  fast  nichts  Neues  hinzufügen,  da  die  Arbeit 
seit  Ende  1SS.'5  ruht,  dafür  aber  an  einer  andern  Stelle  des  von  den  Lateinern 
erworbenen  T-andcomplexes  aufgenommen  wurde. 


Frei,  Dienen  entdeckte  Stephauskiixhe  bei  Jerusalem. 


51 


Tartieen  zeii^en  sie  hübsche  (jiuuler,  die  Decken  (hitJ:c^eii,  in  kur- 
zem Stücken  noch  hei  dreien  vorhanden ,  bestehen  ans  kleinen, 
unregehnässigen  Steinen,  welche  von  einem  sehr  reichlich  ver- 
wendeten Mörtel  zusammengehalten  werden.  An  den  Wänden 
bemerkt  man  Stücke  von  Cementirung. 

Wenige  Schritte  südlicher  liegen  die  aufgedeckten  Über- 
reste einer  Kirche  von  bescheidenen  Dimensionen.  Sie  besitzt 
die  gleiche  Längenrichtung  wie  die  genannten  Gewölbe.  Ihre 
Mauern  sind  zwar  bis  auf  geringe  Höhe  verschwunden .  desto 
besser  hat  sich  aber  der  Grund  erhalten.  Schon  vor  der  Schwelle 
des  gegen  die  Strasse  gewendeten  Eingangs  fällt  ein  Theil  eines 
schönen  Flattenbodens  auf;  die  griechische  Inschrift  —  ihr  Ort 
ist   auf  dem  nebenstehenden  Holzschnitt  mit  a  bezeichnet  — 


welche  in  g^rossen.  aber  theilweise  ausgetretenen  Lettern  ein 
Stück  bedeckt,  konnte  bis  jetzt  nicht  gelesen  werden.  Lieut. 
Mantell  hält  sie  für  vollständig,  jedoch  sehr  abgekürzt ').  S.  Mh- 
RiLL  sieht  in  ihr  den  Schluss  einer  auf  einer  andern  Platte  begin- 
nenden Inschrift"-) .  Dass  wir  nur  ein  Bruchstück  vor  uns  haben, 
dürfte  das  Wahrscheinlichere  sein.  Der  Boden  des  Kirchenschif- 
fes selbst  zeichnet  sich  durch  seine  saubere  Bedeckung  aus. 
welche  in  trefflich  erhaltenen  Kalksteinplatten  besteht.  In  der 
Mittellinie  desselben,  etwa  5  m  vom  Eingang  entfernt,  erhebt 
sich  ein  c.  l  m  hoher,  dünner  Säulenstumpf  [h  des  Holzschnit- 
tes)^ der  von  einem  unregelmässig  zugestutzten  ehemaligen  Ca- 
pital gekrönt  wird.     Er  hat  wohl  ursprünglich  ein  Becken  mit 


1)  Quart.  Statem.  1S82,  120. 

2)  A.  a.  O.  1SS3,  241  und  242. 


52  ^'^*' 

Tauf-  oder  Weihwasser  getragen.  An  der  südliclien  Laugseite 
bemerkt  man  ein  Karnies  mit  verblassten  Malereien.  Die  Ge- 
stalten. Christus  und  seine  Jünger,  sind  in  den  Umrissen  noch 
deutlich  zu  erkennen.  Nahe  dabei  befindet  sich  die()ttnung  einer 
Cisteme  c  des  Holzschnittes  i .  Eine  Quermauer  trennte  den  be- 
schriebenen, 7,50  m  breiten  Raum  von  den  hintern  Theilen  des 
Gebäudes.  Zwischen  ihr  und  dem  Eingange  liegen  I4m,  zwischen 
den  Langseiten  7,G4  m.  Sie  lässt  in  der  Mitte  eine  Lücke, 
durch  die  man  auf  einigen  Stufen  in  einen  etwas  höhern  Raum 
irelauürt,  welcher  die  Stelle  des  Uuerschiffes  einnimmt  und  un- 
mittelbar  vor  der  wieder  um  ein  paar  Stufen  erhabenen  Apsis 
sich  ausdehnt.  Dieses  QuerschifF  besitzt  bloss  2.74  m  in  der 
Liinge,  die  Apsis,  einen  etwas  gedrückten  Halbkreis  bildend. 
4,72  m  und  5,05  m  in  der  Breite.  Heide  sind  ebenfalls  mit  Plat- 
ten gepflastert.  In  der  Mitte  der  letztgenannten  bezeichnet  ein 
otfen  gebliebenes  Rechteck  [d]  unzweifelhaft  die  Stelle,  wo  der 
Altar  stand.  Das  noch  steheiule  Mauerwerk  weist  an  seinem 
Mörtelstrich  einen  Kranz  roher  A'erzierungen  in  braunrother 
Farbe  auf. 

Ein  Ausgang  führte  bei  der  Apsis  zunächst  in  einen  schma- 
len Zwischenraum  hinter  ihr ;  denn  in  einem  Abstände  von  circa 
1  m  erhob  sich  eine  der  östlichen  Mauer  der  Kirche  parallele 
Wand.  Heide  zeigten  sehr  schöne,  wohlerhaltene  Steine,  wie 
nach  dem  Abbruche  noch  zu  sehen  ist.  Um  den  Hoden  zu 
reinigen ,  räumte  man  sie  Aveg  und  stiess  wieder  auf  ein  schönes 
l'Üaster  von  Platten  (e),  welches  aber  zu  demjenigen  der  Kirche 
eine  schiefe  Lage  hat.  Auch  eine  Cisternenöffnung  ^f]  fand  sich 
an  der  südlichen  Mauer  dieses  Hintergebäudes.  Von  dem  Rücken 
der  Apsis  aus  gemessen  dehnt  es  sich  bis  zu  15  m  nach  Osten. 
—  In  derselben  Richtung  folgte,  6  m  lang,  ein  Mosaikboden  g] , 
der  heute  zum  grössten  Theil  weggenommen  ist.  Südlich  schliesst 
sich  eine  unterirdische  Kammer  daran  [h] .  In  ihrer,  das  umlie- 
gende Terrain  etwa  1  m  überragenden  Decke  sind  sechs  quadra- 
tische ÖfFnvmgen,  eine  siebente  entstand  durch  Einsturz.  Durch 
sie  erblickt  man  auf  dem  Grunde  Moder  und  Gebein,  An  der 
nordöstlichen  Ecke  des  Platzes,  der  mit  Mosaik  gepflastert  war, 
ist  ein  Grab  in  felsigen  Hoden  gehöhlt,  zu  Avelchem  mittelst  eini- 
ger Stxifen  ein  sehr  enger  Eingang  (/j  von  der  Form  eines  läng- 
lichen Rechtecks  führt.  Die  ostwestliche  Länge  wird  auf  3,04  m, 


Die  neu  entdeckte  Stephanskirche  bei  Jerusalem.  53 

dielJrcite  ;uif  2.74in  aiifjfegebeu  ').  Nördlich  von  dem  Grabe  zielit 
sich  ein  aus  dem  Felsen  f^^ehaueuer  ("anal  (/■  ,  über  '  .,  m  tief,  zu- 
nächst nach  Osten,  sprintet  dann  plötzlich  im  rechten  Winkel  lie- 
gen Norden  ab,  um  nach  kurzer  Strecke  -wieder  die  vorige  llich- 
tung  anzunehmen  und  unter  dem  noch  unbeseitigten  liest  des 
.Schutthügels  zu  verschwinden.  Die  Ränder  des  Canals  sind  et- 
was eingesenkt  und  dienten  zur  Aufnahme  entsprechender  A'or- 
sprünge  an  den  Decksteinen,  deren  einer,  ziemlich  stark  gewölbt, 
noch  an  seinem  ursprünglichen  Platze  liegt.  P^ine  kleinere  C^e- 
mentwasserleitung  tritt,  mehr  südlich,  in  einer  Höhe  von  nahezu 
2  m  aus  der  Schuttwand  heraus  und  w'endet  sich  dann  nach  Nor- 
den, indem  sie  nur  noch  eine  Seitenwand  behält,  welche  gleich- 
sam an  das  lose  Terrain  angeklebt  erscheint.  Ferner  liegen 
einige  Säulenstücke  [1}  in  der  Nähe,  mitunter  solche  von  gewal- 
tigem Umfang.  Hinter  den  Gewölben,  hart  am  erwähnten 
Schuttabhang,  steht  ein  kleiner  beschädigter  Steintrog.  \'on  an- 
dern Trögen  aus  Cement  sind  wenigstens  noch  die  untern  Par- 
tieen  vorhanden.  Auch  Spuren  von  Bassins  werden  bemerkt. 
So  viel  über  die  Beschaffenheit  der  Lokalität. 

Woher  mm  stammen  die  geschilderten  Überreste.'  Am  mei- 
sten Interesse  erweckt  die  Kirche,  und  sie  ist  es  auch,  welche  für 
die  Gewinnimg  eines  Resultates  den  Ausschlag  geben  kann. 
Dass  sie  einer  verhältnissmässig  Jüngern  Zeit  angehört,  diesen 
Eindruck  gewinnt  man  sofort  Capt.  Conder  versetzt  sie,  ohne 
irgend  welche  Zweifel  zu  hegen ,  in  die  Ära  der  Kreuzfahrer  und 
vermuthet.  sie  sei  mit  der  Asnerie  verbunden  gewesen,  jenem 
Gebäude,  das  anfangs  die  Esel  der  Johanniter  beherbergte,  nach- 
her von  den  Saracenen  den  christlichen  Pilgern  als  Absteige- 
quartier angewiesen  wurde.  1873  entdeckte  man  nordwestlich 
von  dem  Hügel  der  Jeremiasgrotte  mehrere  Mauerläufe,  Spuren 
von  Pfeilern,  eine  Cisterne  und  Krippen.  Ein  gefundenes  Stein- 
metzzeichen, sowie  die  Bearbeitung  der  Quader  wies  auf  die 
Kreuzfahrerzeit  hin,  und  jene  Krippen  schienen  vollends  zu  dem 
Schlüsse  zu  berechtigen ,  dass  an  diesem  Platze  die  Asnerie  ge- 
standen habe  -; .    Obgleich   sie  mm  in   den  Pilgerberichten  ein 

1)  Bretter  und  Steine  beschwerten  bei  meinem  Besuche  die  Eingangsöff- 
nung, so  dass  es  mir  nicht  möglich  war ,  in  die  Grabkamiüer  selbst  zu  gelan- 
gen.   Über  die  Details  s.  Quart.  Statem.  1883,  240. 

2;  ZDPV.  II,  105. 


r)4  Frei, 

grosses  Gebäude  genannt  >vird ,  ist  eine  Ausdehnung  bis  /u  den 
tiben  beschriebenen  Ixuinen.  d.  h.  nahezu  20U  m  im  liöchsten 
Grade  unwahrscheinlich.  Zudem  erwähnen  jene  nirgends  einer 
Kirche  oder  Kapelle ,  die  bei  der  Asnerie  sich  befunden  hätte. 
!Sie  sprechen  überhaupt  nur  von  einer  einzigen  Kirche,  die  in 
der  Nähe  des  nördlichen  Thores  gelegen  Avar,  von  derjenigen  des 
Märtyrers  Stephanus. 

His  dahin  -wurde  St.  Stephan  allgemein  westlich  von  der 
heutigen  iSabulusstrasse  gesucht,  und  es  schien  sogar,  dass  ein 
dort  gefundenes  Grab  dasjenige  ihrer  Erbauerin,  der  byzantini- 
schen Kaiserin  Eudokia,  sein  könnte,  -welche  sich  darin  beisetzen 
liess  ^j .  Nördlich  von  dieser  Stelle ,  an  dem  Felshöcker  hinter 
den  Judenhäusern  gesammelte  Steine  mit  JHldwerk  wurden 
gleichfalls  mit  der  Kirche  in  Verbindung  gebracht  -  .  liei  diesen 
Annahmen  identificirt  man  von  vornherein  die  heutige  Xabulus- 
strasse  mit  der  alten ,  und  -weil  die  Berichte  übereinstimmend 
melden,  der  Bau  sei  rechter  Hand  gewesen,  -wenn  man  zur  Stadt 
ging,  so  kann  er  unter  jener  Voraussetzung  allerdings  nicht  an- 
derswo gesucht  werden.  Allein  dieselbe  steht  nicht  unurastöss- 
lich  fest,  und  die  Möglichkeit  bleibt  offen,  dass  wir  bei  jener 
neulich  entdeckten  Kirche  den  Platz  von  St.  Stephan  haben. 

Zwar  scheinen  die  nähern  Angaben  über  ihre  Entfernung 
von  der  Stadt,  resp.  vomNordthov  zu  der  im  Eingang  mitgetheil- 
ten  wenig  zu  passen.  Aktüninus  Martyr  rechnet  den  Abstand 
bloss  einen  Pfeilschuss-'),  Evagrius  nicht  ganz  ein  Stadium^). 
NiKKriioKLsCALLiSTi  desgleichen '') .  S.'(wui>f  dagegen  zwei-  oder 
dreimal  so  weit,  als  eine  Armbrust  schiesse  '•  .  Wir  haben  es  aber 
hier  offenbar  mit  sehr  ungefähren  Schätzungen  zw  thun ,  welche 
daher  die  Frage  nicht  entscheiden  können.  Wären  jene  Distan- 
zen genau,  so  ist  die  Nachricht  des  Alhp:ktus  Aqukksis  nicht  zu 
begreifen ,  dass  ein  Theil  des  Kreuzheeres  sich  bei  der  Kirche 
des  h.  Stephanus,  also  unmittelbar  vor  der  Mauer  und  den  Ge- 
schossen der  Feinde  noch  erreichbar,  gelagert  hätte '). 

Hinter  den  in  Untersuchung  stehenden  Kuinen  ferner  zieht 
sich  in  einigem  Abstand  ein  wenig  gebrauchter  Weg,   der  eine 

1  Quart.  Statem.  187Ü,  9.  2)  ZÜPV.  II  a.  a.O. 

3)  Ant.  Man.  cap.  25.  4    Evagr.  I,  22. 

5)  Nikeph.  Call.  XIV,  50.  6]  Säwulf  cap.  ^5. 

7)  Alb.  A-iu.  V,  4ii.  VI,  9. 


Die  neu  entdeckte  Ste))han3kircht'  V>ei  Jenisaloni.  55 

Strecke  weit  mit  .Steinen  besetzt  ist,  ^oj^^en  die  Köni^s^räber  hin. 
Man  wird  Avohl  eine  alte  Strasse  darin  sehen  dürfen.    Und  w  ohin 
könnte  sie  anders  geführt  haben,  als  zu  dem  einzigen  Thore  auf 
der  Nordseite  der  Stadt ,  zu  dem  heutigen  Damaskusthorc '    l'iii 
aber  dieses  zu  erreichen,   musste  sie  nothwendig  zwischen  der 
vermutheten  Asnerie  und  der  neu  entdeckten  Kirche  durchgehen, 
so  dass  letztere  rechts  zu  liegen  kam.   Jenes  rückwärts  liegende 
Terrain  überragt  nirgends  den  höchst  gelegenen  Punkt  der  heu- 
tigen Strasse,   welche  insofern  gegenüber  der  alten  nichts  voraus 
hat.     Diese   würde  dann  ungefähr  dieselbe   kleine   Ausbiegung 
nach  Osten  gemacht  haben,  wie  die  jetzige  nach  AVesten.    In  der 
Gegend  der  Königsgräber,    beim  Hinabstieg    in   den  Wädi  el- 
Dschöz,  vereinigten  sich  wohl  die  zwei  Richtungen  wieder. 

Wenn  es  von  der  Stephanskirche  heisst ,  sie  habe  auf  einer 
Anhöhe  gelegen  i),  so  passt  dies  für  unsernOrt  ganz  wohl  ;  senkt 
sich  doch  der  Boden  bis  zum  Damaskusthore  13  m. 

Die  J5emerkung  Willebrand' s,  dass  man  von  ihr  aus  die 
Stadt  gut  betrachten  konnte'^),  ist  für  unsern  etwas  entferntem 
Punkt  richtiger  als  für  einen  nahe  der  Mauer  gelegenen. 

Noch  besseren  Anhalt  wird  uns  aber  die  dort  gefundene 
Kirche  selbst  liefern.  Da  sie  nach  Lage  und  iVussehen  olt'enbar 
der  jüngste  Theil  der  Kuinen  ist ,  bleibt  zu  fragen,  welches  Ge- 
bäude Zille  tzt  auf  diesem  Platze  gestanden  habe,  den  wir  nach 
dem  Gesagten  vorläufig  als  den  der  Stephanskirche  betrachten 
wollen.  Das  späteste  Zeugniss  giebt  Ernoul  um  1 187  3).  Bevor 
Saladin  die  Stadt  belagerte,  sagt  er,  hätten  die  Christen  St,  Ste- 
phan niedergerissen ,  weil  sie  nahe  der  Mauer  lag  *^ .  Er  bedient 
sich  des  Ausdrucks  »movistier«  und  auch  der  um  wenige  Jahre 
ältere  PiiOKAS  nennt  ein  »monasterion«  des  Protomartyrs  •'' ,  was 
auf  ein  Kloster  hinzuweisen  scheint.  Jene  Bemerkung  über  die 
Distanz  ist  nur  relativ  zu  verstehen  (s.o.).  Dass  ein  ziemlich  frei 

1)  Theodericus  cap.  20.  2)  Willebrand  II,  ti. 

3)  Willebrand  könnte  den  Schein  erwecken,  als  ob  zu  seiner  Zeit .  d.  h. 
1212,  eine  Kirche  stand  ;  indessen  bedeutet  dort  das  sicui  adhuc  apparet,  dass 
man  ihr  einstiges  Vorhandensein  noch  an  den  Trümmern  sehe ,  wie  der  Zu- 
sammenhang beweist.  Im  Folgenden  heisst  es  ja ,  dass  auf  ihrer  Stätte  die 
Ksel  des  Sultans  weiden. 

4)  Ernoul,  la  Citez  de  Iherasalem  cap.  15. 

5)  Phokas,  cap.  15  am  Ende. 


5«;  ^'rei. 

liejrender  jjrösserer  Hau  aus  strategischen  Rücksichten  dieses 
Schicksal  hatte,  ist  begreiflich.  Auffallen  muss  nur  die  im  glei- 
chen Zusaninienhang  erwähnte  A'erschonung  der  Asnerie.  welche 
nach  unserer  Darstellung  ja  noch  näher  der  Stadt  lag.  Indessen 
mag  hier  jene  Massregel  um  so  entbehrlicher  gewesen  sein,  als 
sie  sich  an  den  Jeremiashügel  lehnte  \nul  /Aidem  in  jener  Zeit 
noch  als  das  diente.  Avas  ihr  Name  besagt,  mithin  ein  minder 
wichtiger  lian  war. 

"Wir  müssen  also  die  Ruinen  am  Nabulusweg  als  diejenigen 
eines  Klosters  und  die  Kirche  als  Klosterkirche  betrachten.  In 
der  That  mögen  die  hinter  der  letzteren  liegenden  Räimie  jene 
}^estimm\ing  gehabt  haben. 

Diese  Gebäude  existirten  nur  kurze  Zeit,  was  einerseits  schon 
die  schönen  Steine  anzeigen ,  welchen  die  folgenden  Jahrhun- 
derte dank  dem  schützenden  Schutt  nicht  den  Stempel  des  Alters 
aufdrückten,  anderseits  geschichtliche  Zeugnisse.  Um  die  Zeit 
des  ersten  Kreuzzuges  nennt  nämlich  Säwulf  bloss  die  Trüm- 
mer einer  Stephanskirche  ^;,  aber  kein  damals  gebrauchtes  Got- 
teshaus ,  Albkktus  Aquensis  hingegen  ein  Oratorium  St.  Ste- 
])hani2  .  Darf  man  diesen  Ausdruck  streng  nehmen,  so  weist  er 
auf  eine  kleinere  Kirche,  welche  z\i  jener  Zeit  im  Gebranch  war. 
A'ielleicht  ist  es  diejenige,  mit  deren  Resten  wir  zu  thun  haben. 
An  diese  hätte  sich  dann  bald  heniach  das  Klostergebäude  ange- 
schlossen. Möglich  ist  auch,  dass  ein  noch  bescheidenerer  Üet- 
ort  zwischen  den  Ruinen  unter  jener  liezeichnung  verstanden 
werden  muss.  an  dessen  Stelle  etwas  später  jene  Kirche  trat.  Fast 
möchte  man  das  Letztere  annehmen ,  wenn  man  aus  dem  Com- 
memoratorium  von  circa  810  die  Notiz  berücksichtigt,  dass  in 
St.  Stephan  bloss  zwei  Kleriker  und    15  Aussätzige 3)    gewesen 

1)   Säwulf  cap.  35. 

2;    Alb.  Aqu.   V,  4(i;   VI,  9. 

3)  Es  fragt  sich,  ob  jene  Kranken  in  einem  dem  Kirchlein  angeschlosse- 
nen Gebäude  sich  aufhielten,  oder  von  ihm  getrennt  wohnten.  Die  örtliche 
Trennung  ist  wahrscheinlicher.  Dagegen  hängt  jene  Anstalt  wohl  seit  Eudo- 
kia's  Zeiten  insofern  mit  St.  Stephan  zusammen,  als  die  Kaiserin  auch  ein  sehr 
geräumiges  Aussätzigenhaus  gründete.  In  der  fränkischen  Periode  begegnen 
wir,  nicht  weit  westlich  vom  Nordthor,  einem  an  die  Mauer  stossenden  liCpro- 
senhaus.  Auch  das  frühere  mag  daselbst  gewesen  sein.  S.  Tobler ,  Descript. 
terrae  sanctae  pag.  ;i72. 


Die  neu  entdeckte  IStephanskirclie  bei  Jerusalem.  07 

seien.  In  diesem  Falle  Aviirde  sich  die  Ditt'eien/  der  zwei  lie- 
richterstatter  durch  die  an  sich  wahrscheinliche  Annahme  lösen, 
der  kleine  Bau  sei  während  der  Belagerung  von  1099  ruinirt  wen- 
den, und  SÄwuLF,  darum  1102  reiste,  hahe  ihn  desslmll»  nicht 
gesellen.  Hat  er  aber  schon  länger  nicht  mehr  bestanden  und  ist 
somit  das  Oratorium  als  die  letzte  Kirche  zu  betrachten,  so  be- 
nutzte Albkrtus  Aquensis  in  der  Schilderung  des  \'ergangenen 
die  jüngeren  Lokalverhältnisse,  welche  ihm  bei  der  Abfassung 
seiner  Beschreibung  vorlagen.  Da  diese  von  1095 — 1120  reicht. 
Hesse  sich  ein  ziemlich  genaues  Datum  für  unsere  Kirche  gewin- 
nen.    Sie  müsste  nach  1102  und  vor   1120  erbaut  worden  sein. 

Gehen  wir  in  der  Zeit  weiter  zurück,  auch  hinter  das  Com- 
memoratorium,  so  kommen  wir  auf  den  ersten  Bau.  den  der  Kai- 
serin Eudokia ,  welcher  ein  durch  Schönheit  und  Grösse  ausge- 
zeichnetes Werk  gewesen  sein  soll.  Säwulf  glaubte  dessen 
Überreste  zu  sehen,  und  das  ist  sehr  wahrscheinlich.  Das  von 
zwei  Klerikern  bediente  Stephanskirchlein  konnte  keine  bedeu- 
tenden Trümmer  hinterlassen.  Dass  aber  nach  der  Zerstörung, 
welche  durch  die  Perser  oder  unter  Omar  stattfand ,  bis  zu  des 
Reisenden  Zeit  ein  grosses  Gotteshaus  errichtet  wurde,  davon 
besitzt  man  keine  Nachricht.  Aus  der  obigen  Beschreibung  der 
Funde  dürfte  klar  geworden  sein ,  dass  ein  älterer  Bau,  welcher 
nicht  mit  der  vorhandenen  Kirche  in  Zusammenhang  stand ,  zu 
Grunde  liegt.  Besonders  spricht  dafür  das  anders  gerichtete 
Pflaster  hinter  ihrer  Apsis,  der  Mosaikboden,  auch  das  Grab  und 
die  wenigen  Säulenstücke,  welche  nur  einem  stattlichen  Werke 
angehört  haben  können.  Nichts  scheint  mir  der  Annahme  zu 
widersprechen,  dass  dies  Reste  jener  Eudokiakirche  sind.  Es 
mögen  ihrer  noch  mehr  im  Schutte  niheu.  Die  tieferliegenden 
Partieen  wurden  gewiss  schon  bei  der  Zerstöning  selbst  stellen- 
weise in  Trümmer  begraben,  und  im  Laufe  der  Zeit  lagerte  sich 
noch  mehr  Schutt  darauf,  welchem  Umstände  wir  jene  Über- 
bleibsel verdanken.  W^as  auf  der  Oberfläche  lag,  wird  bei  andern 
Arbeiten  Aerwendung  gefunden  haben,  das  Letzte  wohl  für  die 
zweite  Kirche  und  das  Kloster,  die  man  auf  dem  nunmehr  etwas 
erhöhten  Terrain  errichtete. 

Nach  der  Niederreissung  dieser  Gebäude  zu  Saladins  Zeit 
's.  o.)  scheint  nichts  mehr  an  jenem  Platze,  wenigstens  nicht 
über  der  Kirche,  gebaut  worden  zu  sein. 


5S 


Frei, 


Kine  sclnvierige  Frage  bleibt  noch  /u  entscheiden  :  der  Vr- 
^J)rung  der  Gewölbe.  Ihre  soliden  Stützmauern  weisen  auf  ältere 
Zeit.  Da  sie  in  der  ersten  Kirche  keinen  Kaum  finden,  werden 
sie  dem  Kloster  angeluht  liaben ,  sind  aber  auch  da  ihrer  Form 
und  lieschaftenheit  halber  etwas  auffällig.  Man  möchte  sie  fast 
fiir  Keller  oder  Ställe  halten.  Wegen  der  ungleichen  Construc- 
tion  vermuthe  ich,  dass  man  nach  der  Zerstörung  die  Wölbun- 
gen llüchtig  wiederherstellte,  um  die  Käume  noch  für  Thiere  be- 
nutzen zu  können,  mag  dies  nun  von  den  F'ranken.  nachdem  sie 
wieder  in  den  liesitz  der  Stadt  gekommen  waren .  oder  von  den 
Savacenen  geschehen  sein.  13ie  im  Hintergrund  gefundenen 
Tröge  sprechen  dafür.  Eine  neue  Beleuchtung  erhielte  dadurch 
WiLLEKRAXD.  Denn  wenn  er  es  beklagt,  dass  aus  einem  Gottes-^ 
hause  ein  Stall  geworden  sei,  avo  die  Esel  des  Sultans  zusammen- 
getrieben werden'  ,  so  ist  nicht  mehr  mit  Toblek  anzunehmen, 
er  habe  irrthümlich  den  ehemaligen  Stall  der  Johanniter  an  Stelle 
der  kirchlichen  Gebäude  gesetzt 2,  um  so  weniger,  als  ja  ihre 
Trümmer  ihm  vor  Augen  lagen.  Aus  seiner  Erzählung  geht  im 
weitern  hervor,  dass  auch  Pilger  dort  zu  herbergen  gezwungen 
Avurden.  TreiFlich  stimmt  hierzu  der  Name  des  Platzes,  welcher 
bei  dem  A'olke  bis  in  die  neueste  Zeit  Chan  el-frendsch  hiess. 
Freilich  kann  die  A  erwechslung  mit  der  Asnerie  sehr  wohl  dabei 
zu  Grunde  liegen.  Immerhin  erhielt  sich  die  Tradition  treu,  dass 
dort  ein  fränkisches  Gebäude  gestanden.  Aus  dem  Fanatismus 
der  Türken  .  zumal  in  früherer  Zeit,  lässt  sich  leicht  erklären, 
Avarum  sie  die  Stätte  für  Schutt-  und  Mistablagerungen  be- 
nutzten. 

Entschieden  der  älteste  Theil  der  Funde  ist  der  Felskanal, 
dem  noch  ein  Wort  gewidmet  sei.  obschon  er  ausserhalb  unserer 
Aufgabe  liegt.  Die  ansehnliche  Wasserleitung  führte  Avohl  in  die 
Stadt ,  so  dass  fortgesetzte  Arbeit  bald  eine  südliche  Ablenkung 
derselben  finden  würde.  Es  scheint  mir,  wir  haben  hier  ein  Stück 
jener  Leitung  vor  uns,  welche  östlicli  vom  Damaskusthor  entdeckt 
und  bis  unter  das  Zionsschwesternliaus,  ja  unter  den  Tempel- 
platz verfolgt  Avurde.  Man  glaubt,  sie  reiche  mindestens  in  die 
herodianische  Zeit  hinauf  3]. 

1,  Willehrand  II,  5. 

2}  Tobler,  Topogr.  von  Jerus.  II,  187.  3j  Quart.  Statem.  1872,  47  ff. 


Die  neu  entdeckte  Stephanskirche  bei  Jerusalem.  59 

Ausgelioiul  von  der  Thatsache .  dasss  die  Ste])liaiiskirclic'  die 
einzige  ist ,  welche  vor  dem  Nordthore  sich  befaml  und  durch 
Vergleichiinjj^  mit  den  l'ilgerschiiften,  durch  llin/,u/.iehuug  ihrer 
unterstützenden  und  Abwehr  der  scheinbar  widerstreitenden  Mo- 
mente glaube  ich  den  AVahrschcinlichkeitsbeweis  geliefert  zu 
haben ,  dass  uns  von  den  jüngsten  Ausgrabungen  der  Platz  der 
Stephanskirche,  ja  diese  selbst  gezeigt  w\nde.  \'ieles  zwar  bleibt 
noch  zu  lösen  übrig,  namentlich  hat  die  Kunstgeschichte  sowohl 
hinsichtlich  des  Hauwerks,  als  der  Wandmalerei  ein  Wort  mitzu- 
sprechen. Doch  Avie  immer  ihr  Urtheil  ausfallen  mag.  so  kann  es 
jenes  Hau])tresultat  nicht  nmstürzen. 


Felsengräber  in  Dscliehata. 

Von    (j.    Scliuhinaelier   in    Haifa. 
Hierzu  Tafel  III  . 


liefreundete  Eingeborne  hatten  mir  im  Laufe  des  Sommers 
mitgetheilt ,  dass  die  Fellachen  in  Dschebäta  und  *^Ain  el-beda 
beim  Suchen  nach  JJausteiuen  auf  unterirdische  Bauten  gestossen 
seien.  Es  ward  mir  jedoch  erst  gegen  Ende  des  Jahres  möglich, 
die  Ausgrabungen  an  Ort  und  Styelle  zu  besichtigen.  Folgendes 
mag  zur  Erläuterung  meiner  bei  diesem  Hesuch  angefertigten 
Aufnahmen  vgl.  Tafel  III)  dienen.  Dschebäta  und 'Ain  el-beda 
sind  kleine  Fellachendörfer  am  Nordrande  der  Jesreelebene.  Im 
Süden  derselben  fällt  die  Ebene  merklich  ab,  während  im  Nord- 
osten die  Höhen  vonNazareth  langsam  ansteigen.  Dschebäta  liegt 
einige  Kilometer  südlich  von  dem  bekannten  Sammünije  (Simo- 
nias  und  etwa  10  Kilom.  südwestl.  von  Nazareth.  Von  beiden 
Dörfern  aus  bietet  sich  eine  prächtige  Fernsicht  auf  die  weite 
Jesreelebene  mit  den  durch  wechselndes  Grün  sich  von  einander 
abhebenden ,  einem  grossen  Schachbrett  ähnlichen ,  zahllosen 
Parzellen  dar.  Ein  ansehnlicher  Theil  dieser  Ebene  war  einst 
Hesitzthum  der  jetzt  verarmten  Dörfler,  welche  sich  heute  in 
einem  von  arabischen  Wucherern  abhängigen  Verhältnisse  befin- 
den. Das  Erscheinen  von  Chawadschat  ;Herreni  war  den  Ein- 
geborenen nicht  gerade  glückverheissend,  da  sie  nicht  ohne 
Grund  von  Herrenbesuchen  nur  neue  Quälereien  erwarten.  Unser 
Fragen  nach  Alterthümeni beruhigte  sie  jedoch  bald.  'Ain el-beda. 
»die  weisse  Quelle«'],  weist  nichts  Alterthümliches  von  Interesse 

1 1  In  der  Vulgärsprache  lässt  der  Araber  bei  der  Bezeichnung  von  Quel- 
len, Seen,  Teichen  u.  dg).  fa.st  durclnveg  vor  dem  Substantiv  im  Nominativ 
den  Artikel  weg,  daher  z.  H.'Ain  el-böda.  'Ain  el-nüilha ,  Bahr  el-mije,  an- 
statt el-  Ain  el-beda  etc. 


Schuhmacher,  Felsengräber  in  Dschebata.  (j\ 

auf:  die  von  einem  reiclien  urabiscliL'n  lluiulelsliaus  angekaufte 
Quelle  im  Süden  des  Dorfes  bewässert  einij^e  neu  angelegte  Gär- 
ten ,  sammelt  sich  dann  in  einem  Simi]>fe  \nid  Hiesst  träge  thal- 
ab-vvärts.  Diesen  stagnirenden  Gewässern  entsteigen  aber  fieberer- 
zeugende Miasmen,  von  denen  die  Dorfbewohner  viel  zu  leiden 
haben.  Auf  dem  kleinen  rundlichen  Hügel,  der  sich  im  Norden 
des  Dorfes  erhebt,  linden  sich  Spuren  von  liuinen;  eine  Menge 
ansehnlicher  behauener  Steine  liegen  zerstreut  umher,  während 
andere  eben  ausgegraben  werden.  Keiner  derselben  lässt  jedoch 
Gesimsgliederungen  oder  Ornamente  erkennen;  es  muss  wohl 
der  ]ioden  noch  mehr  umgegraben  werden,  bis  Gebäudetheile 
zum  A'orschein  kommen,  wie  es  in  Dschebäta  der  Fall  gewe- 
sen ist. 

Von  den  Funden,  die  in  Dschebäta,  einen  Kilometer  weiter 
östlich  gelegen,  gemacht  worden  wären,  wusste  man  uns  in  Ain 
el-beda  bereits  Erstaunliches  zu  berichten.  In  der  That  ist  der 
Abhan'g,  welcher  die  alte  Ortslage  bezeichnet,  dicht  mit  alten 
Bausteinen  besäet;  1  bis  3  m  tiefe  Schachte  lieferten  gewaltige 
Bausteine,  welche,  theils  durch  Gesimse  gegliedert,  theils  sauber 
glatt,  vierkantig  bearbeitet  sind.  ]3egeben  Avir  uns  zunächst  zu 
der  blossgelegten  grösseren  Grabanlage ,  so  fällt  uns  schon  im 
Gehen  der  dumpfe  Ton  auf,  welcher  durch  das  Betreten  eines 
Hohlraumes  hervorgerufen  wird.  An  einer  gemauerten .  beque- 
men Treppe  von  1,70m  Weite  angelangt,  lassen  wir  uns  zuerst  auf 
eine  90  cm  unter  der  Erdoberfläche  gelegene  Felsenplatte  hinab  uiul 
steigen  sodann  auf  neun  Stufen  in  eine  Tiefe  von  weiteren  2,00  m 
hinab.  Zu  beiden  Seiten  haben  wir  Mauerwerk,  das  jedoch  nur 
Bekleidung  des  anstehenden  Felsens  ist,  der  nach  oben  von  einer 
50  bis  60  cm  dicken  Humusschicht  bedeckt  wird.  Die  Treppe 
führt  in  einen  quadratischen  Vorplatz  von  gleicher  Breite  (l ,  70  m) , 
der  nach  oben  offen ,  an  den  Seiten  jedoch  sorgfältig  durch 
Mauerwerk  umschlossen  ist;  an  seiner  Südseite  beflndet  sich 
eine  niedrige  Öffnung  [a]  von  1,40  m  Höhe  und  70  cm  AVeite, 
deren  Schwelle  HO  cm  über  unserem  Standpunkte  liegt.  Durch 
diese  Thüre,  die  keine  Spuren  irgendwelchen  Verschlusses  zeigt, 
gelangt  man  in  einen  grösseren,  durch  ein  Tonnengewölbe  gedeck- 
ten Raum  von  2,40m  Breite  und  3, 00m  Tiefe,  in  dessen  Ostwand  eine 
Nische  (/)  von  00  cm  Weite,  SO  cm  Höhe  und  1,S0  m  Tiefe  ein- 
gegraben ist.    Der  Boden  ist  mit  Bausteinfragmenten  und  Schutt 


^2  Schuhmacher, 

bedeckt.  cUiher  die  Höhe  des  Gewölbescheitels  vom  Hoden  2.ü0m 
nicht  als  die  ursprüngliche  anzusehen  ist.  Das  Gewölbe  ist  voll- 
ständig erhalten  und  nicht  im  geringsten  baufällig;  die  Farbe 
der  Steine  ist  die  der  umgebenden  Formation ,  ohne  dass  eine 
1  Beeinflussung  durch  die  feiichte  Luft  im  Innern  wahrgenommen 
werden  könnte.  Wieder  im  Süden  dieses  Gemaches  findet  sich 
eineThüre(^  ohne  Verschluss  von  90  cm  Höhe  und  70  cm  Weite. 
Dieser  niedrige  CJang  von  1,95  m  Länge  führt  uns  in  ein  zweites 
dunkles  Gemach  ohne  Ausmauerung,  das  eine  Breite  von  3,15  m, 
eine  Länge  von  3,65  m  und  eine  Höhe  von  2,10  m  hat.  Dieser 
Raum  ist  oben  geradlinig  abgeschlossen ,  seine  Wände  bildet 
ringsum  der  nackte  Felsen.  Im  O.  sehen  wir  eine  Nische  [2)  von 
75  cm  Weite,  60  cm  Höhe  und  l.SO  m  Tiefe,  und  im  S.  zwei 
solche  3  und  4j  von  denselben  Dimensionen.  Während  nun 
diese  drei  Gräber  wie  auch  dasjenige  des  zuerst  betretenen  Rau- 
mes rechtwinklig  zur  betreffenden  Wandung  in  den  Felsen  ein- 
getrieben sind,  bemerken  wir  im  Vi.  ein  solches  (5),  dessen 
Längsrichtung  parallel  mit  der  Wandung  läuft.  Sämmtliche 
Nischen  sind  ca.  30  cm  über  dem  IJodenschutt  erhaben.  Grab  /, 
2,  3  und  4  sind  Schiebgräber,  Nr.  5  dagegen  ein  Trog-  oder 
Einleggrab ,  da  es  gleich  einem  Trog  mit  natürlicher  Wölbung 
darüber  in  den  Felsen  eingehauen  ist.  Der  Schech  des  Dorfes 
liehauptet .  es  sei  in  diesem  Einleggrab  ein  Sarg  mit  Knochen 
vorgefunden  worden;  ein  unbekannter  Priester  Chüri)  habe  je- 
doch denselben  fortgeholt.  Dieser  Vorgang  ist  zu  bedauern,  da 
entweder  der  Sarg  selbst  oder  sein  Inhalt  leicht  Aufschluss  über 
das  Alter  der  Anlage  hätte  geben  können.  Die  verstümmelte 
Wandung  des  Grabes  dürfte  die  Aussage  desSchechs  bewahrhei- 
ten, und  es  bleibt  nur  zu  hoffen .  dass  die  geraubten  Überreste 
über  kurz  oder  ^ang  zum  Vorschein  kommen. 

Die  Hauzeit  dieser  Grabanlage  wird  schwer  zu  ermitteln 
sein;  doch  theile  ich  einige  weitere  Heraerkungen  über  die  C'on- 
structionsweise  des  Ganzen  mit.  Das  Tonnengewölbe  ist  ein  Voll- 
bogen, aus  konisch  behauenen  Steinen  von  30  bis  60  cm  Länge  und 
25  bis  30  cm  Schichtenhöhe  construirt.  Eine  Schlusssteinschicht 
läuft  durch  den  Scheitel  liin.  Am  Kämpfer  tritt  die  Käm])fer- 
mauerum  5  cm  gegen  den  Hogenanfänger  vor  (s.  Schnitt  ^5) .  Wäh- 
lend die  Gewölbeleibung  und  Kämj)fermauer  eine  Durchführung 
der  horizontalen  und  eine  regelrechte  Ubergreifung  der  vertica- 


Felsengräber  in  Dschebäta.  63 

len  Fuf>eulinie  zeii^oii.  folii^t  die  Stiriun;iut'r  dicseni  Geset/c  nicht 
streui^e,  sondern  zeigt  eine  willkürliche  Unterltreclunig  in  den 
fugenlinien  ,s.  Schnitt  AB.  Die  IJausteine  des  Gewölhes  waren 
durch  Mörtel  verhunden,  welcher  ziemlich  »fett«  (weiss;  war  \nid 
als  Beimengung  feine  Theile  des  Hausteines  —  in  Ermangelung 
von  Sand  —  enthielt.  Die  Fugenweite  heträgt  (i  his  1  ii  mm.  Die 
nnulhügigen  Öffnungen  a  und  b  zeigen  im  Scheitel  einen  Schluss- 
stein. Der  Treppenraum  ist  durch  ein  massigeres  Mauerwerk 
umschlossen.  Hier  betragen  die  Schichtenhöhen  30,5  bis  4  5  cm, 
und  die  Längen  der  Bausteine  wechseln  von  60  bis  SO  cm.  Der 
Fugenverband  ist  ein  regelmässiger  und  wurde  ebenfalls  mittelst 
Mörtel  bewerkstelligt;  auffallend  weit  sind  die  Fugenötfnungen. 
nämlich  14  bis  32  mm.  Der^'ürplatz  vor  dem  Eingang  zum  Mau- 
soleum zeigt  Spuren  eines  ziemlich  vermoderten  Verputzes :  der 
Mörtel  steht  überhaupt  in  keinem  Vergleich  zu  demjenigen,  wel- 
chen man  in  den  Bauten  der  Küste  Palästinas  antrifft;  dort  bie- 
tet eben  der  quarzhaltige  Meersand  ein  vortreffliches  Bindemittel. 

Der  Felsen  endlich ,  in  den  die  Gräber  getrieben  sind  und 
welcher  zugleich  den  Baustein  lieferte,  ist  der  in  dieser  Gegend 
wie  auch  auf  dem  Gebirge  Nazareth  domiuirende  weiche,  aber 
wetterbeständige  körnige  Kalkstein  mit  Kalkspathadern,  im  Volks- 
munde, weil  ziemlich  feuerfest,  Näri  genannt.  Von  fugengeränder- 
ten Quadern  ist  keine  Spur  zu  entdecken,  vielmehr  sind  die  Hau- 
steine durchweg  glatt  behauen.  —  DieLängsaxe  des  Grundrisses 
ist  genau  von  Nord  nach  Süd  orientirt. 

Fünfzig  Meter  westlich  von  diesem  Felsengrabe  stieg  ich 
durch  eine  95  cm  im  Geviert  messende,  in  den  J'elsen  gehauene 
Öffnung  in  eine  Aushöhlung  des  Hodens  hinab,  die  jedoch  noch 
nicht  genügend  erweitert  worden  war,  um  eine  vollkommene 
Übersicht  der  ganzen  Anlage  erhalten  zu  können.  Ich  fand 
nur  einige  Säulenfragmente  (s.  Fig.  /)  und  einen  gemauerten 
Gang  von  1  m  Weite  und  ^m  Tiefe,  der  nach  einem  westlich  ge- 
legenen Gelass  führen  muss.  Zweifelsohne  befindet  sich  auch 
hier  eine  Grabkammer.  Die  Säulenfragmente  sowie  der  koni- 
sche Stein  Fig.  2),  welcher  vor  meinen  Augen  an  das  Tageslicht 
befördert  wiirde ,  zeigen  keineswegs  eine  kunstvolle ,  sondern 
eine  ziemlich  rohe  und  unverstandene  Nachahmung  griechischer 
oder  römischer  Vorbilder.  Ganz  in  der  Nähe  dieses  Steines  lag 
ein  zweiter  i  Fig.  3) ,  welcher  an  seiner  Oberfläche  ein  halb  ver- 


(54  Schuhmacher,  Felsengräber  in  Dsehebäta. 

wittertes  Ornament,  von  wenig  geübter  Hand  gemeisselt,  zeigte; 
nacL  seiner  Keinignng  kam  ein  jüdisches  Flächenornament, 
der  siebenarmige  Leuchter  mit  der  Halljahrsposaune,  zum  Vor- 
schein. Ich  nehme  Avenigstens  an.  dass  ursprünglich  sieben 
Arme  eingemeisselt  waren,  obschon  jetzt  nur  fünf  derselben  ent- 
deckt werden  können  ^i.  Der  zugehörige  Stein ,  ebenfalls  Näri, 
misst  40  :  6U  cm.  Hiemach  könnte  man  geneigt  sein,  diese  Reste 
auf  einstige  jüdische  Einwohner  des  Ortes  zurückzuführen. 
Ob  diese  Erklärung  auch  für  die  zuerst  beschriebene  Grabanlage 
zu  gelten  hat,  möchte  ich  bezweifeln.  Ich  bin  vielmehr  geneigt, 
dieselbe  in  eine  neuere  Zeit,  in  das  12.  oder  13.  Jahrhundert,  zu 
verlegen,  denen,  wenn  ich  mich  recht  erinnere,  auch  die  Anlage 
der  Höhlen  und  Felsengräber  des  U  o  Stunden  westlich  gele- 
genen Schech  Abrek  zugeschrieben  wird. 

Neben  diesen  L'berresten  von  Gebäudetheilen  fällt  ein  auf- 
rechtstehender Näri-Stein  von  2  m  Höhe.  73  cm  Breite  und 
55  cm  Tiefe  auf.  welcher  in  der  ganzen  vertikalen  Ausdehnung 
eine  Rinne  und  eine  kürzere  Einkerbung  an  den  anstossenden 
Seiten  zeigt.  Uer  kolossale  Stein  diente  wohl  einst  als  Theil 
einer  Öl-  oder  Weinpresse :  sein  anderer  Theil  ist  nicht  sichtbar 
und  scheint  festgemauert  zu  sein  (s.  Figur  4). 

Gehen  wir  vonDschebäta  östlich  nachMudschedil.  am  Wege 
nach  Nazareth  gelegen .  so  fallen  uns  auch  hier  die  vielen  01- 
oder  Weinpresseu  auf.  deren  eine  zu  einem  Kalkofen  umgewan- 
delt ist,  sowie  die  behauenen  Stellen  auf  den  platten  Felspartieen 
der  an  Dschebäta  angrenzenden  Hügel.  Dichtes  Gestrüpp  ver- 
hindert den  Durchreisenden  indess,  nähere  Untersuchungen  an- 
stellen zu  können;  da  jedoch  die  Fellachen  Dschebata's,  durch 
Hachschisch  ermuthigt.  das  W^eitergraben  an  den  bezeichneten 
Stellen  versprachen,  lässt  sich  hoffen,  dass  Avir  in  liälde  mehr 
Einsicht  in  die  Vergangenheit  dieser  Grenzorte  der  Jesreelebene 
erlangen. 

Haifa,   den  10.  December  1884. 

Ij  Es  wird  bei  den  fünf  Armen  sein  Bewenden  haben.  Denn  der  Talmud 
verbietet,  den  heiligen  siebenarmigen  Leuchter  nachzubilden;  wohl  aber  ge- 
stattet er,  fünf-,  sechs-  oder  achtarmige  Leuchter  anzufertigen.  Vgl.  Kiehm, 
Handwörterbuch  unter  T-euchter ;  Literatur  bei  A^'iner,  Kealwörterbuch. 

Die  lied. 


Correspoudeiizeii. 


Unter  dem  S.Januar  1885  sandte  Herr  G.  Schumacuek  in 
Haifa  eine  Zeichnung  und  zwei  l'hotographien,  die  die  drei  Sei- 
ten der  bereits  in  hd.  VII,  136  fF.  besprochenen  und  auf  Tafel  III 
desselben  Bandes  wiedergegebenen  Dreifussbasis  von  Nabulus 
darstellten.  Da  eine  nochmalige  Keproduction  überflüssig  er- 
scheint ,  so  theile  ich  nur  aus  dem  Briefe  des  genannten  Herni 
dasjenige  mit,  wodurch  die  früheren  Mittheilungen  in  dieser 
ZS.  vervollständigt  werden. 

»Der  Kaimakäm  von  Haifa,  der  in  Stambul  Ehre  ein- 
legen möchte ,  erwarb  den  Stein  und  Hess  ihn  mit  vieler  Mühe 
durch  einen  Eingeborenen  hierher  transportiren,  von  avo  er  heute 
nach  Konstantinopel  verschifft  Averden  soll.  Die  Bearbeitung  des 
Steines  verräth  hohen  Kunstsinn;  leider  sind  jedoch  die  Köpfe 
und  andere  Glieder  der  Figuren  stark  verstümmelt,  so  dass  man 
die  Linien  der  Hanptglieder  der  betr.  Körper  niir  undeutlich  er- 
kennen kann.  Nur  ein  Arm  einer  weiblichen  Figur  ist  noch  wohl 
erhalten,  und  dieser  ist  durch  und  durch  edel  gefonnt :  auch  an 
den  Füssen  einiger  Figuren  lässt  sich  dasselbe  Avahrnehmen.  Lei- 
der ist  keine  Figur  ganz  erhalten.  Das  Material  ist  ISIarmor,  frei- 
lich nicht  ganz  reiner  ,  aber  immerhin  Marmor  von  der  bessern 
Sorte Die  Höhe  des  Steines  beträgt  1,03  m.  Die  Grund- 
fläche entspricht  einem  gleichseitigen  Dreieck ,  dessen  Seiten 
O.OO  m  lang  sind.    Der  Stein  verjüngt  sich  nach  oben  um  3  cm. 

Ausser  diesem  Stein  hat  der  hiesige  Kaimakam  auch  zAvei 

Statuen  aus  Marmor  in  Nabulus  erworben,  die  schon  vor  länge- 
rer Zeit  gefunden  Avurden.  Beiden  fehlt  der  Kopf;  die  eine  ist 
1,48  m,  die  andere  U,6Ü  m  hoch«.  (Diese  kleinere  ist  nach  Stnu- 
macher's  Zeichnung  die  ZDPV.  VI,  232  erAvähnte  Artemisstatue) . 

Herr  Schumacher  hatte  ferner  die  Güte,  mir  unter  d.  5.  De- 
cember  1884  eine  Nummer  der  arabischen  Zeitung  Hadikat  el- 
Achbär   vom   18.  Muharram   1302,    d.  i.  25/26.  Novbr.  1884  zu 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VUI.  5 


ßß  Correspoudenzeu. 

übersenden.  Dieselbe  —  in  Beinit  gedruckt  —  enthält  eine  Nach- 
richt über  die  Entdeckung  unterirdischer  uder  wenigstens  im 
Felsgestein  angelegter  Wohnungen  im  Wädi  Müsa  östlich  vom 
Jordan.  Da  der  arabische  Gewährsmann  ausdrücklich  sagt ;  im 
Liwä  der  Belkä,  so  wird  nicht  an  Wädi  Müsa  =  Petra,  sondern 
an  den  Wädi  "^Üjün  Müsa  in  der  Helkä  zu  denken  sein.  Ohne 
eine  Gewähr  für  die  Zuverlässigkeit  dieser  Meldung  übernehmen 
zu  wollen,  theile  ich  dieselbe  im  Wortlaut  nach  der  Übersetzung 
mit,  die  Prof.  Dr.  X.  Ryssel  gütigst  für  die  Leser  der  Zeitschrift 
angefertigt  hat. 

»Von  unserem  C'orrespondenten  in  der  lielkä  ist  ein  Brief 
an  uns  eingetroffen ,  in  welchem  davon  die  Kede  ist .  dass  man 
gegenwärtig  an  dem  bekannten  Orte,  im  Wädi  Müsä  —  im  Liwä 
der  l^elkä  —  einen  IJerg  von  ungefähr  50  Minuten  Länge  und 
einer  Höhe  von  350  Ellen  entdeckt  hat.  der  aus  einem  einzigen 
Felsen  besteht  und  in  dessen  Innerem  sich  ein  Gang  befindet, 
welcher  von  der  Spitze  bis  zur  Sohle  geführt ,  7  bis  S  Ellen  breit 
und  in  einer  aussergewöhnlichen  Art  und  Weise  angelegt  ist.  Im 
Innern  des  Berges  finden  sich  nun  Räume  zu  verschiedenen 
Zwecken  und  von  verschiedener  Beschaffenheit  und  2  oder  3 
Zimmer,  welche  genau  nach  den  Regeln  der  Architektur  und  in 
ganz  bestimmter  Anordnung  und  Richtung  angelegt  sind.  An 
der  Thür,  welche  aus  jedem  Zimmer  herausführt,  befinden  sich 
LÖAven,  welche  gleichfalls  genau  nach  den  Regeln  der  Architek- 
tur angebracht  sind ;  dieselben  stehen  auf  S  oder  9  Säulen,  die 
von  der  Sohle  des  Felsens  ausgehen .  und  ragen  darüber  hervor. 
Diese  seltsamen  Facaden  sind  mit  fremdartiger  Malerei  und  Bas- 
reliefs geschmückt,  ebenso  auch  die  Thür  eines  jeden  dieser  Ge- 
mächer mit  zahlreichen  Schriftzügen  und  vielen  verschiedenarti- 
gen Blumen ,  so  dass  dies  dem  Blicke  wunderbar  erscheint  und 
den  Geist  in  Staunen  versetzt.  Wer  den  Blick  auf  diese  wunder- 
baren Monumente  richtet ,  wird  unzweifelhaft  den  Eindruck  er- 
halten, als  ob  diese  Anlage  soeben  erst  von  ihren  l^aumeisteni, 
unmittelbar  nach  ihrer  Vollendung,  verlassen  worden  sei.  Ausser- 
dem erblickt  man  hier  die  Wasserbrunnen .  welche  in  dem  be- 
kannten Koranverse  »und  siehe,  Mose  bat  um  Wasser  u.  s.  w.« 
(2,  57,  vgl.  auch  7.  161;  erwähnt  werden;  und  es  muss  dies 
sicherlich  Staunen  und  Bewunderung  hervorrufen,  da  es  ja  in 
diesem  wohlbekannten  A'ers  klar  ausgesprochen  ist.  dass  sich  die 


Correspondcnzeu.  ,  ß7 

zwölf  Quellen  hier  an  einem  Felsen  befinden.  Auch  ist  das 
Wasser,  welches  hier  hervorquillt,  überaus  lieblich  und  süss 
und  erquickend.  So  sind  diese  -wunderbaren,  erstaunlichen  Mo- 
numente unzweifelhaft  derart .  dass  sie  jeden  Menschen  in  ^'er- 
wimderung  und  gewaltiges  Erstaunen  versetzen  und  alles  ül)er- 
treffen,  was  der  menschliche  Geist  sich  vorz\istellen  vermag^«. 

Herr  13r.  O.  von  Lkmm  in  l'etersburg  bespricht  in  einem 
Briefe  vom  22.  Jan./3.  Febr.  18S5  die  ZDPV.  VII,  l[\)  tt'.  von 
Dr.  J.  H.  MoKDTMANN  Veröffentlichte  Inschrift.  Er  konstatirt 
zunächst,  dass  die  Inschrift  nicht  griechisch,  sondern,  Avie  mir 
schon  früher  Prof.  Gildembister  und  Clermont-Ganneau  gleich- 
zeitig mitgetheilt  hatten,  »koptisch  und  zwar  sahidisch«  ist,  und 
fährt  dann  fort: 

»Es  ist  dies  eine  ganz  gewöhnliche  Grabschrift,    wie 

man  sie  in  verschiedenen  Museen  vorfindet;  dieselben  sind  fast 
ohne  Ausnahme  nach  einem  bestimmten  Schema  verfasst.  Die 
betreffende  Inschrift  ist  nun  folgendermassen  zu  lesen : 

[neijui'x^  nigH[p[e 
[njenneyjue«.   e-roy 

piÄ.  ÜH  coy 

•roit  üiULO'y    ücoy 
■xoyK  nüujip 

»Vater,  Sohn  (und)  heiliger  Geist,  habt  Erbarmen  mit  der  Seele. 
Maria  habe  Erbarmen)  mit  der  Sophia ,  welche  entschlief  am 
2 Osten  Mechinc 

Etwas  eigenthümlich  ist  hier  die  Stellung  des  Wortes  Maria 
nach  dem  »habt  Erbarmen  mit  der  Seele«,  da  gewöhnlich  erst  der 
Vater,  der  Sohn  und  der  heilige  Geist  und  gleich  darauf  die  übri- 
gen Heiligen,  die  angerufen  werden,  namentlich  aufgeführt  wer- 
den, worauf  dann  die  gewöhnliche  Phrase  Ä.pio'yjiev  juü  -vcv^h^h 
n  .  .  .  »habt  Erbarmen  mit  der  Seele  des  .  .  .  ^oder  der,  m  folgt 
der  Name  .  Die  Übersetzuntr  »habt  Erbarmen  mit  der  Seele  der 
Maria  und  (=  n?ii  der  Sophia»  bleibt  hier  «usgeschlossen.    weil 


.08  Correspondenzen. 

das  Veibuiu  n-r«.cIi'xon  im  Singular  steht.  Statt  Hxiov  muss 
es  ILuoc  heisseu;  das  erste  Wort  der  letzten  Zeile  kann  ich  nach 
der  Publication  nur  's.oyv.  lesen,  was  jedoch  fehlerhaft  für  •^toytuT 
=  20  steht.  Überliaupt  Avimmeln  diese  Grabschriften  fast  immer 
von  Fehlern,  jüujip  ist  die  sahid.  Form  für  boheirisch  «.ex»p, 
griech.  Msyip,  \jx-ixx5,  der  6.  Monat  des  ägypt.  Jahres.  Man  ver- 
gleiche zu  dieser  Inschrift  beispielsweise  die  Inschrift  British 
Museum  404,  publ.  von  Eevillout  in  den  Melanges  d'archcolo- 
gie  eg5'i)tienne  et  assyrienne  III,  p.  55: 

']'  ITIlU'l     nujH 

pe  nenn*,   e 

icpHJUiie(.c 

nes.con  c^ifiewAiuiit 

TTfioy-re  .  .  .  nÄ.jii*.q 
*..JUHn 

^>Pere,  Fils,  Saint-Esprit !  —  Abbe  Jercmie !  Abbe  Enoch!  Mon 
frere  Phebamon  s'est  repose  le  vingt-six  de  pachons.  Dieu  (soit) 
avec  lui!  Amen!« 

Und  ferner  eine  Turiner  Grabschrift,  publ.  von  Stekk,  Ägypt. 
Zeitschrift  1878,  p.  25: 

■f*  nnoyve  n   nxcocy  n 

oyitev  xxix    ley^rH^^H   Ain[juijiw 
KA^pioc   enijuiew5(^e  neKiuV 
Ji-jrÄ.qcxvro«  xijuioq    n  coy 
AAHiir*.q-re  ajl  iretor 
^^k.ulue  u.  s.  w. 

Stern  übersetzt :  .Gott  der  Herren ,  der  heiligen  Apostel,  habe 
Erbarmen  mit  der  Seele  des  seligen  Epimachus  Pekot,  welcher 
entschlief  am  14.  des  Monats  Pavni«  u.  s.  w.« 

G. 


Industrielles  aus  (laza. 

Von  0.  Gatt  in  Gaza. 


Die  Industrie  ist  im  Oriente  bekanntlieh  nicht  recht  im 
Schwünge,  -wesshalb  es  kaum  der  Mühe  werth  erscheint,  die  in- 
dustriellen Leistungen  der  Orientalen  näher  zu  erörtern.  Da  je- 
doch derartige  Berichte,  wenigstens  was  Palästina  anlangt,  nicht 
ohne  Interesse  sind,  so  mögen  hier  einige  Bemerkungen  über  die 
Industrie  in  Gaza  folgen.  Nur  Seifensiederei ,  Weberei  und 
Töpferei  verdienen  erwähnt  zu  werden. 

Die  Töpferei  ist  im  Oriente  überhaupt,  namentlich  aber 
im  heiligen  Lande,  von  viel  grösserer  Bedeutung  als  in  Europa  ; 
denn  dieselbe  hat  die  Aufgabe,  beinahe  alle  zur  Aufnahme  von 
Flüssigkeiten  erforderlichen  Gefässe  herzustellen,  und  wird 
überdies  noch  beim  Bauwesen  bedeutend  in  Anspruch  genom- 
men. Mangel  an  Holz  und  die  Hitze  des  Klimas  gestatten  näm- 
lich nicht,  die  dazu  nöthigen  Geräthe  aus  Holz  anzufertigen. 
Wasser,  Wein,  Öl,  Essig,  Milch,  Schmalz  u.  dergleichen  werden 
gewöhnlich  in  irdenen  Geschirren  aufbewahrt,  die,  w^enn  sie  von 
der  Feuchtigkeit  einmal  ordentlich  gesättigt  sind ,  nur  Avenig 
mehr  einsaugen  und  dazu  noch  die  Flüssigkeit  auf  niedriger 
Temperatur  erhalten.  Nur  zum  Transporte  grösserer  Quantitäten 
bedient  man  sich  meistens  der  Schläuche.  Flaschen  werden  erst 
seit  neuerer  Zeit  mehr  zur  Aufliewahrung  von  Wein,  Branntwein 
und  Medikamenten  verwendet.  Nicht  bloss  die  Brüstung  der 
Terrassen,  sondern  auch  die  Kuppeln  und  Gewölbe  der  oberen 
Räume  werden  in  Gaza  meistens  aus  Thonröhren  hergestellt,  da 
sie  leichter  und  billiger  sind  als  Steine.  So  Avar  es  wohl  schon 
in  alten  Zeiten ;  denn  alte  Ortslagen  pflegen  mehr  oder  Aveniger 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  Vm.  G 


70 


Gatt, 


mit  Scherben  bestreut  zu  sein.  Unter  diesen  Umständen  ist  es 
nicht  zu  verwundern,  -wenn  sich  die  Töpferei  in  Gaza.  er-Kamle, 
Hebron  und  andern  Städten  Palästina's  einer  ziemlichen  Blüthe 

erfreut. 

In  Gaza  biklen  die  Töpfereien  ein  eigenes  Quartier  von  be- 
deutender Ausdehnung  am  westlichen  Abhänge  der  oberen  Stadt, 
nördlich  von  der  Strasse,   die  zum  Meere  hinausführt.    Die  An- 
zahl derselben  beläuft  sich  ungefähr  auf  16  Werkstätten  mit  je 
drei  Öfen  und  je  vier  Kadern.    Lehm  und  Wasser  kann  sich  der 
Töpfer  in  Gaza  leicht  und  billig  verschaffen,  ebenso  das  Stroh- 
häcksel zur  Feuerung.    Der  Lehm  wird  zuerst  neben  der  Werk- 
statt von  Steinen  und  anderen   fremdartigen  Bestandtheilen  ge- 
reinigt,  darauf  in  einer  Grube  im  Inneren  der  Werkstatt  gekne- 
tet und  in  Gährung  versetzt,    dann  neben   der  Werkstatt  zum 
Trocknen  ausgebreitet  und  dann  wieder  in  der  Werkstatt  zur  Ar- 
beit bereit  gemacht.     Bei  der  Arbeit  selbst  genügen  dem  Töpfer 
in  Gaza  Hände,  Füsse  und  ein  Ilad.    Letzteres  ist  eigentlich  ein 
Doppelrad,  Avelches  beinahe  senkrecht  in  einem  Loche  befestigt 
ist.    Der  Arbeiter  sitzt  daneben  auf  dem  Boden ,  treibt  mit  den 
Füssen  die  untere  Radscheibe ,   welche  viel  grösser  ist  als  die 
obere,  und  formt  mit  den  Händen  auf  der  oberen  Radscheibe  den 
Lehm  zu  grossen  und  kleinen  Geschirren.    Mehr  als  zwei  oder 
drei  Räder  stehen  in  Gaza  nicht  nebeneinander.    Kinder  tragen 
den  Lehm  herbei  und  stellen  die  halb  oder  ganz  geformten  Ge- 
schirre in  der  Werkstatt  zum  Trocknen  auf.    Die  Geschirre  wer- 
den nämlich  anfangs  nur  in   der  itnteren  Hälfte  vollendet,   was 
man  dieselben  »öffnen«  heisst :  die  obere  Hälfte  wird  erst  nach 
einigen  Tagen  in  Angriff  genommen.    Der  Grund  davon  ist  sehr 
einfach.  Will  nämlich  der  Töpfer  die  obere  Hälfte  fertig  machen, 
so  muss  er  das  Geschirr  mit  der  schon  vollendeten  Hälfte  am 
Rade  ansetzen;   dies  kann  aber  erst  dann  geschehen,  wenn  das 
GeschiiT  durch  Trocknen  härter  geworden.    Die  Geschirre  wer- 
den alle  auf  dem  Boden  der  Werkstatt  zum  Trocknen  aufgestellt; 
dieselbe  ist  desshalb  sehr  ausgedehnt,   aber  so  niedrig,  dass  man 
darin  kaum  aufrecht  stehen   kann;   mehrere   kleine  Offnungen, 
die  man  wohl  nicht  Fenster  nennen  kann,  befördern  den  Luftzug. 
Sind  die  Geschirre  hinreichend   trocken,    so  werden  sie  in  den 
Ofen  gestellt.    Denselben  baut  sich  der  Töpfer  selbst  aus  Steinen 
und  gebrannten  Ziegeln ;  er  besteht  aus  einer  oberen  und  unteren 


Industrielles  aus  Gaza.        ''  71 

Abtheilung; ,  die  durch  ein  mit  riuideu  Lüchern  verselienes  Ge- 
wölbe von  einander  geschieden  sind.  Die  obere  Abtheihmg.  in 
welche  die  Geschirre  gestellt  werden,  hat  zwei  Otthungen.  eine 
thürartige  an  der  Seite  und  eine  runde  oben.  Ueide  worden  ge- 
schlossen, wenn  gefeuert  wird,  die  untere  luftdicht,  die  obere 
aber  nur  mit  Stroh  oder  einer  Schüssel .  welche  den  Ranch  ent- 
weichen lässt.  üie  untere  Abtheilung  hat  nur  einen  thürartigen 
Zugang  und  eine  Vorhalle  zur  Aufbe"svahrung  des  Strohhäcksels. 
Während  des  Feuerns  sitzt  ein  Mann  am  unteren  Eingange  imd 
wirft  fort  und  fort  Strohhäcksel  oder  Reisig  in  die  untere  Abthei- 
hmg; dieses  dauert  mit  Unterbrechungen  fünf  bis  sechs  Tage. 
A\'enn  mehrere  Öfen  zu  gleicher  Zeit  in  Thätigkeit  sind,  qualmt 
es  wie  in  manchen  Fabrikstädten  Europas.  Die  Ofen  sind  oval, 
stehen  nur  auf  einer  Seite  frei  und  sind  kleiner  als  Kalköfen. 

Die  natürliche  Farbe  der  Geschirre  ist  röthlichgelb,  wie  man 
dergleichen  in  Jafa  und  Jerusalem  sehen  kann.  Die  in  Gaza 
fabricirten  Geschirre  sind  aber  alle  grauschwarz ;  daran  kann  man 
dieselben  leicht  erkennen.  Diese  Färbung  wird  auf  ganz  einfache 
AVeise  dadurch  erzielt,  dass  man  zuletzt  mit  Kameel-  oder  Schaf- 
Mist  feuert.  Diese  geschwärzten  Geschirre  sind  offenbar  dauer- 
hafter als  die  gelben  und  sind  darum  sehr  gesucht.  Das  Glasi- 
ren verstehen  die  Gazenser  Töpfer  nicht;  dagegen  ist  es  ge- 
bräuchlich, kleine  Trinkgeschirre  mehr  oder  minder  zierlich 
mit  Ockerfarbe  zu  überstreichen. 

Nach  Vollendung  des  Feuerns  giesst  der  Töpfer  einige  Krüge 
Wasser  in  den  Ofen  und  nimmt  dann  die  Geschirre  mit  beweg- 
tem Herzen  heraus ;  denn  ZAvei  Wochen  lang  hat  er  daran  gear- 
beitet, und  srar  manches  Werk  seiner  Hände  kommt  zerbrochen 
ans  Tageslicht. 

Die  Gazenser  Töpfer  verfertigen  Trinkkrüge  aller  Art 
[scherbe;  küz^  pl.  kUzäti),  Wasserkrüge,  wie  sie  im  Orient  die 
Frauen  auf  dem  Kopfe  tragen  [dscharra.  pl.  dschariir;  asslie  . 
[?Red.]  grosse  Krüge  [zii\  pl.si/är),  Schüsseln  von  verschiedener 
Grösse  [leken.  \AJekäu\  Kanalröhren  \ind  Ik-unnenkrüge  (kädF/ü. 
^\.  kmvädJs),  Mauer-  und  Gewölbe-Röhren  ledschüm  ,  kleine 
Lampen  [sirüdsch]  und  dergleichen.  Die  fertigen  Geschirre  wer- 
den im  Freien  aufgeschichtet,  in  der  Stadt  verkauft  oder  zu  Was- 
ser und  zu  Lande  exportirt.  Eine  grosse  Menge  von  Geschirren 
beziehen  die  Beduinen  und  die  Fellachen    des  Philisterlandes; 


72  Gatt, 

die  Kameeltreiber  liefern  die  Gazenser  Waaren  nach  Jerusalem, 
wo  sie  in  der  Regel  vor  dem  Jafa-Thore  aufgestapelt  werden,  und 
in  andere  Städte  des  heiligen  Landes  bis  nach  "^Akka.  Barken, 
welche  "NVaaren  nach  Gaza  liefern,  nehmen  in  der  Regel  daselbst 
eine  Ladung  Geschirre  ein.  Wären  die  Verkehrsverhältnisse  et- 
was besser,  so  würde  die  Töpferei  in  Gaza  noch  grösseren  Auf- 
schwung nehmen;  denn  billiger  werden  Thonwaaren  Avohl  kaum 
irgendwo  hergestellt  als  in  Gaza.  Ein  gewöhnlicher  Trinkkrug 
kostet  zwei  bis  drei  Pfennige  ,  ein  gewöhnlicher  Wasserknig 
10  bis  12  Pfennige;  12,000  Gewölberöhren  wurden  um  190  Fran- 
ken geliefert.  Begreiflicherweise  können  die  Töpfer  nicht  viel  da- 
bei gewinnen,  trotzdem  dass  Frauen  und  Töchter  in  der  Regel 
umsonst  arbeiten.  Lnter  den  Töpfeni  findet  man  daher  wenig 
Wohlhabende,  aber  auch  keine  Nothleidenden. 

Die  Fabrikation  wird  nicht  handwerksmässig,  sondern  fami- 
lienweise betrieben,  d.  h.  der  Töpfer  nimmt  keine  Gesellen  in 
Dienst,  sondern  arbeitet  nur  mit  seinen  Angehörigen.  Unter 
diesen  umständen  kann  keiner  das  Geschäft  im  grossen  betreiben 
und  jeder  Arbeit  finden.  Die  beim  Bauwesen  erforderlichen 
Thonwaaren  werden  nur  auf  Bestellung  fabricirt  und  nicht  ex- 
portirt;  die  übrigen  Thonwaaren  kaufen  die  Geschirrhändler, 
bei  denen  man  mehr  Wohlstand  findet  als  bei  den  Fabrikanten. 
Einer  derselben  soll  sich  ein  Vermögen  von  30,000  Franken  er- 
worben haben,  was  man  ihm  aber  nicht  ansieht. 

Ein  europäischer  Töpfer,  der  das  Glasiren  versteht,  würde 
in  Gaza  ohne  Zweifel  sein  Fortkommen  finden;  denn  die  Be- 
wohner bedürfen  doch  auch  einiger  glasirter  Geschirre  und  müs- 
sen darum  dieselben  von  auswärts  beziehen. 

Sehr  verwandt  mit  der  Töpferei  ist  die  Ziegelbrennerei,  doch 
wird  dieselbe  in  Gaza  ganz  tmd  gar  nicht  betrieben.  Wenn  man 
nach  dem  Grunde  fragt,  so  heisst  es  immer :  es  rentirt  sich  nicht. 
Es  scheint  aber  sonderbar,  dass  in  einer  so  steinarmen  und  lehm- 
reichen Gegend,  wo  es  noch  viel  zu  bauen  giebt,  das  Ziegelbren- 
nen sich  nicht  rentiren  sollte.  Die  Gazenser  Maurer  verstehen 
eben  nicht  mit  Ziegeln  zu  arbeiten  und  wissen  darum  auch  nicht 
die  ^  ortheile  eines  Ziegelbaues  zu  berechnen.  Die  Umgebung 
von  Gaza  ist  zwar  keineswegs  so  steinarm,  wie  man  glaubt;  denn 
man  findet  mehrere  Steinbrüche  in  der  Nähe  der  Stadt.  Allein 
die  hiesigen  Bruchsteine  sind  nicht  hinreichend  solid  und  darum 


Industrielles  aus  Gaza.  73 

zur  Herstellung  von  soliden  Bauten  mit  mehreren  Stockwerken 
nicht  geeignet.  Man  muss  desshalb  von  Ascalon,  Chaläsa  und 
andern  zerstörten  Orten  Steine  herbeischaffen,  und  zwar  zu  hohen 
Preisen.  Unter  diesen  Umständen  müsste  sich  die  Ziegelbien- 
nerei  in  Gaza  -wohl  rentiren,  da  alle  Erfordernisse,  etwa  Brenn- 
material abgerechnet,  leicht  und  billig  zu  beschaffen  sind.  Frei- 
lich müsste  nothwendigerweise  ein  europäischer  Maurermei- 
ster mit  Ziegelbauten  den  Anfang  machen ;  dann  würden  auch 
die  Eingebornen  ,  die  jeder  Neuerung  mit  gespannter  Aufmerk- 
samkeit nachspüren ,  die  Vortheile  derselben  einsehen  \ind  sich 
damit  befreunden. 

Die  Weberei  macht  sich  zwar  in  Gaza  äusserlich  weniger 
bemerkbar  als  die  Töpferei ,  ist  jedoch  nicht  minder  bedeutend 
als  diese.  Die  Werkstätten  der  Weber  finden  sich  zerstreut  in 
der  oberen  und  in  der  unteren  Stadt,  welche  gewöhnlich  es-aad- 
schdije  heisst.  Was  die  obere  Stadt  anlangt,  so  findet  man  die 
meisten  Webereien  in  jenem Stadttheile,  welcher  härat  beni  "amr 
heisst,  hinter  dem  Serail;  in  der  unteren  Stadt  findet  man  eine 
Strasse,  welche  ihrer  ganzen  Länge  nach  an  beiden  Seiten  mit 
Weber- Werkstätten  besetzt  ist. 

Die  Einrichtung  der  Webereien  ist  so  ziemlich  überall  die- 
selbe. Will  der  Gazenser  Weber  irgendwo  seinen  Webestuhl 
aufschlagen ,  so  sucht  er  sich  einen  Avenigstens  vier  Meter  hohen 
Raum,  treibt  vier  Pfähle,  richtiger  wohl  Prügel,  in  den  P>oden 
hinein,  so  dass  sie  ungefähr  den  Raum  eines  Quadratmeters  be- 
grenzen, und  macht  eine  Vertiefung  in  diesen  Raum,  so  dass  er 
mit  ausgestreckten  Füssen  an  der  der  Wand  zugekehrten  Seite 
dieses  Raumes  bequem  auf  dem  Boden  sitzen  kann.  Darauf  wird 
in  die  der  Wand  näheren  zwei  Prügel  beinahe  auf  ebener  Erde 
ein  viereckiger  Balken  eingelassen,  um  welchen  die  fertige  Lein- 
wand herumgewickelt  wird.  Endlich  verbindet  er  die  zwei  Holz- 
prügel rechts  und  links  oben  durch  je  ein  horizontal  auf  densel- 
ben befestigtes  Stück  Holz,  an  welchem  die  eigentliche  Webe- 
Maschinerie  angebracht  wird.  Ob  die  Holzstücke  gerade  oder 
krumm,  dick  oder  dünn  sind,  darnach  fragt  er  nicht  viel:  es  ge- 
nügt, wenn  sie  stark  genug  sind.  Der  Zettel  oder  der  Aufzug 
wird  nicht  am  Webestuhle  um  eine  Walze  herumgewickelt  — 
das  wäre  für  den  Gazenser  Weber  viel  zu  complicirt  —  derselbe 
gebraucht  dafür  eine  andere  Vorrichtung.     Er  treibt  nämlich. 


74  Ciatt, 

sich  sreo'eiiüber.  einen  halben  Meter  von  seinem  Webestuhle  ent- 
fenit.  zwei  feste  Klötze  in  den  Boden  hinein;  in  diese  -wird  eine 
kleine,  fein  abgerundete  Welle  so  eingelassen,  dass  sie  sich  mit 
Leichtigkeit  dreht.  Der  Aufzug  geht  unter  dieser  Welle  durch 
und  wird  au  der  einen  oder  andern  Wand  der  Werkstatt  mehr 
oder  minder  hoch  befestigt.  In  vielen  Werkstätten  wird  gerade 
über  dem  Weber  noch  eine  zweite,  der  ersten  ganz  ähnliche  Welle 
befestigt .  und  zwar  so  hoch  als  möglich.  Der  Aufzug  wird  so 
über  dem  ganzen  Webestuhl  ausgespannt  und  hängt  noch  an  der 
Wand  herunter.  Ist  er  lang,  so  wird  der  Rest  einfach  zusam- 
mengewickelt. Genügt  dessen  Schwere  nicht,  um  die  gehörige 
Spannung  zu  bewirken,  so  wird  noch  ein  Stein  daran  gebunden. 
Der  Weber  kann  so  einen  mehr  als  10  Meter  langen  Zettel  ver- 
arbeiten, ohne  denselben  um  eine  Welle  herumwickeln  zu  müs- 
sen. Der  zur  Herstellung  des  Zettels  erforderliche  Haspel  ist 
nicht  sehr  gross.  Zur  Herstellung  der  Einschlagsspulen  bedient 
sich  der  Gazenser  Weber  eines  Rades  und  eines  horizontal  und 
vertikal  gestellten  Haspels.  Diese  Arbeit  verrichten  gewöhnlich 
Knaben  auf  der  Strasse.  Vertikal  gestellte  Haspel  habe  ich  sonst 
nirgends  gesehen.  So  sitzt  der  Weber  den  ganzen  Tag  in  seiner 
Grube  und  arbeitet  übrigens  ganz  w^ie  es  die  Weber  auch  in  Eu- 
ropa machen.  Ein  Bischen  Licht,  das  durch  die  Thüre  oder 
durch  ein  Fenster  dringt,  genügt  ihm  bei  seiner  mechanischen 
Arbeit.  Man  findet  meistens  2,  3,  4,  5,  6  und  noch  mehr 
Webestühle  in  einer  Werkstatt. 

Die  Gazenser  Weber  arbeiten  in  Leinwand,  Wolle  und 
Baumwolle.  Obige  Maschinerie  findet  man  nur  bei  den  Lein- 
wandwebern in  hürat  beni  amr.  In  Wollwebereien  findet  man 
eine  einfachere  und  in  Baumwollwebereien  eine  complicirtere 
Maschinerie.  Der  Wollweber,  welcher  den  Stoff  zu  den  bekann- 
ten gestreiften  Mänteln  yabtlje\  liefert,  treibt  vier  dicke,  aber  kurze 
Holzprügel  in  den  Boden.  An  den  zwei  vorderen  Prügeln  be- 
festigt er  einen  viereckigen  Balken,  wie  der  Leinwandweber,  und 
wickelt  den  fertigen  Stofi'  vim  denselben  herum;  an  den  zwei  hin- 
teren Prügeln,  welche  beim  Leinwandweber  freistehen,  befestigt 
er  ebenfalls  einen  starken  viereckigen  Balken,  lässt  den  Aufzug 
unter  demselben  durchgehen  und  spannt  ihn  über  den  ^V'ebe- 
stuhl  wie  der  Leinwandweber  vermittelst  einer  oben  in  der  Mauer 
befestigten  drehbaren  Welle.     Die  Werkstätten  der  W^ollweber 


Industrielles  aus  Gaza.  75 

sind  kleiner  und  niedriger  als  die  übrigen.  Die  von  ihnen  gefer- 
titrten  Stoffe  sind  mehr  als  1  m  breit,  -während  die  Leinwand- 
weber nur  ^2  i^  breite  Stoffe  liefern.  Die  Wollweber  nehmen 
Zwirn  zum  Aufzug  iind  Wolle  zum  Einschlag. 

Die  Banmwolhvcber ,  Avelche  vielfarbige  Stoffe  von  Ellen- 
breite liefern,  errichten  ihren  Webestiihl  vollständig  über  der 
Erde  und  sitzen  auch  nicht  auf  dem  Boden ,  sondern  auf  einem 
Brette.  Der  Webestuhl  ist  ebenfalls  an  vier  im  Quadrat  aufge- 
stellten Holzprügeln  befestigt.  Dabei  wird  der  Aufzug  in  ein- 
zelnen Abtheilungen  dem  Webestuhl  gegenüber  an  Kollen  be- 
festigt, die  an  einer  an  der  Wand  befestigten  Stange  hängen. 
Das  herabhängende  Ende  wird  mit  ebenso  vielen  Steinen  be- 
schwert, als  farbige  Abtheilungen  vorhanden  sind.  Diese 
Steinbatterien  sind  so  abgegriffen,  dass  man  sagen  kann,  sie 
haben  schon  Jahrhunderte  lang  gedient.  Kückwärts  am  Webe- 
stuhle wird  der  Aufzug  vermittelst  eines  mit  Schnüren  am  Boden 
befestigten  Stabes  niedergehalten.  Die  gewöhnlichen  Farben 
sind  roth.  und  schwarz,  manchmal  blau  und  gelb,  aber  nie  weiss. 
Aus  diesen  Stoffen  fertigen  sich  die  Fellachenweiber  namentlich 
in  Bethlehem  ihre  Festtagskleider. 

Die  Spnlenvorrichtung  zum  Einschlag  ist  überall  dieselbe, 
nämlich  ein  an  einem  Holzgestelle  befestigtes  dünnes  Eisen, 
w-elches  mit  einem  horizontalen  Haspel  (statt  eines  Rades)  ge- 
trieben wird.  Daneben  steht  der  vertikale  Haspel,  mit  der 
Achse  in  Holz  oder  Stein  eingelassen ;  derselbe  ist  unten  breit, 
oben  schmal  und  dreht  sich  um  die  Achse,  welche  oben  spitz 
endet.  Dieses  sonderbare  Haspelwerk  leistet  allerdings  die  er- 
forderlichen Dienste ,  ist  aber  übrigens  eine  jämmerlich  zusam- 
mengenagelte Pfuscherei.    Als  Spulen  dienen  Rohrabschnitte. 

Die  Zahl  der  Webereien  beläuft  sich  im  ganzen  wenigstens 
auf  100  mit  2-  bis  300  Webestühlen;  die  meisten  verfertigen 
Stoff  für  gestreifte  Mäntel,  etwa  der  dritte  Theil  liefert  Leinwand 
und  nur  Avenige  Banmwollenstoffe.  Die  Arbeit  wird  wie  bei  den 
Töpfern  familienweise  betrieben.  Wolle  findet  sich  in  Gaza  in 
Überfluss,  aber  Baumwolle  und  Flachs  muss  aus  Ägypten  bezo- 
gen Averden. 

Die  Wollspinnerei  besorgen  die  Gazenser  Weiber  nach 
alter  Manier  mit  der  Spindel  —  ein  Spinnrad  giebt  es  in  Gaza 
nicht.     Das    Geräth   besteht   aus   ZAvei   kleinen  Bn-ettchen   mit 


76  Gatt, 

Haiulhaben :  die  Frauen  tragen  dieselben  manchmal  auf  dem 
Kopfe,  spinnen  mit  der  Hand  und  schwatzen  dabei  nach 
ihrer  Art. 

Die  Walkerei  der  Wolle  ist  auch  originell.  Ist  eine  grössere 
Quantität  AVoUe  vorhanden,  so  Avird  sie  auf  einem  Esel  zum 
Meere  hinausgeschickt;  ein  Mann  mit  einer  Keule  folgt.  Die 
Wolle  -wird  nun  ins  Meer  hineingelegt,  etwas  zusammengebun- 
den und  dem  Wellenschlage  ausgesetzt ,  nebenbei  aber  mit  der 
Keule  tüchtig  durchgeblUut .  Ileniach  wird  die  Wolle  wieder 
dem  Esel  aufgeladen  und  zin*  Stadt  zurückgebracht.  Kleinere 
Quantitäten  werden  auf  ähnliche  Weise  in  den  Brunnenteichen 
gewalkt. 

Die  Weber  verdienen  ohne  Zweifel  auch  nicht  mehr  als  die 
Töpfer.  Erstere  haben  jedoch  den  Vortheil,  dass  ihre  Waare  viel 
leichter  transportabel  ist;  allein  die  europäische  Industrie,  welche 
allerlei  Kleidungsstoffe  zu  Spottpreisen  liefert,  ist  ein  beachtens- 
werther  Concurrent. 

Da  also  in  Gaza  auch  Leinwandweberei  getrieben  wird .  so 
wäre  es  interessant  zu  wissen,  ob  der  Flachs  daselbst  gedeiht  oder 
nicht.  Die  Eingebornen  kennen  den  Flachsbau  nicht;  ich  ver- 
suchte es  einmal,  und  der  Flachs  wurde  beinahe  mannshoch.  Da 
jedoch  hier  niemand  dessen  A'erarbeitung  versteht,  so  gab  ich 
die  Sache  wieder  auf.  13aumwolle  würde  auch  bestens  gedeihen, 
allein  dergleichen  gehört  nicht  in  den  althergebrachten  Kram  der 
Gazenser  Fellachen.  Flachs-  und  Baumwollenkultur  würden 
ohne  Zweifel  der  Weberei  in  Gaza  einen  neuen  Aufschwung: 
geben  und  noch  einige  Hunderte  von  Webestühlen  ins  Dasein 
rufen. 

In  den  Woll-  und  Haumwollwebereien  findet  man  noch  eine 
ausserordentlich  einfache  \'orrichtung  zur  Herstellung  des  Auf- 
zuges. Der  Weber  treibt  nämlich  ein  für  alle  Mal  an  den  beiden 
Enden  der  Langseite  seiner  Werkstatt  je  eine  Reihe  von  unge- 
fähr 10  Ilolznägeln  in  die  Mauer  hinehi;  an  diesen  Nägeln, 
welche  etwa  20  cm  vorstehen,  wird  der  Zettel  hergestellt,  ohne 
Störung  der  Arbeit. 

Was  Weberei  und  Töpferei  anlangt,  überflügelt  meines 
Wissens  Gaza  alle  Städte  Palästina's,  wird  aber  betreffs  der 
Weberei  von  vielen  Städten  Syriens  bedeutend  übertroffen.  Be- 
züglich der  Seifensiederei  jedoch  kann  Gaza  mit  er-Ramle, 


Industrielles  aus  Gaza.  77 

Lydda  und  Nabulus  den  Vergleich  nicht  aushalten,  wohl  al)er 
mit  anderen  Städten  des  heiligen  Landes.  Töpferei  und  Weberei 
sind  Sache  der  minder  Bemittelten .  Seifensiederei  können  nur 
solche  treiben,  die  wenigstens  über  einige  Hunderte  von  Gold- 
stücken verfügen.  In  Gaza  giebt  es  dermalen  drei  Seifensiede- 
reien :  Masbanet  el-Mufti  oder  el-]iassale  (der  Besitzer  war  ehe- 
mals österr.  Consularagent  .  Masbanet  el-Madbak  (der  Besitzer 
war  ehemals  preuss.  Consularagent  .  und  Masbanet  Abu  Scha'a- 
bän.  Alle  drei  befinden  sich  in  der  oberen  Stadt;  die  ersteren 
beiden  im  Christen  quartier  neben  der  griechischen  Kirche,  letz- 
tere in  der  harat  ed-deredsch ;  Masbanet  el-Mufti,  ein  geräumiges 
Bauwerk  von  hohem  Alter,  ist  Wakf  und  befindet  sich  im  Be- 
triebe des  Bassale;  Masbanet  el-Madbak,  ein  vor  ein  paar  Jahr- 
zehnten hergestelltes  solides  Bauwerk  mit  einer  hübschen  Fa- 
cade  aus  Chaläsa-Steinen.  ist  Eigenthum  des  genannten  Christen. 
Masbanet  Abu  Scha'abän  ist  ein  altes,  aussen  mit  Chaläsa-Stei- 
nen verkleidetes,  aber  durch  einen  Sprung  entstelltes  Gebäude 
und  Eigenthum  des  genannten  Muslimen. 

Die  innere  Einrichtung  der  Seifensiedereien  ist  so  ziemlich 
überall  dieselbe.  Die  Hauptsache  ist  ein  grosser,  fest  einge- 
mauerter kupferner  Kessel  [ködra]^  der  wenigstens  2-  bis  300 
Krüge  ()1  fasst ;  unter  demselben  tief  in  der  Erde  befindet  sich 
der  Ofen,  äusserlich  nicht  bemerkbar.  Der  Kessel  hat  einen 
Aufbau  von  Mauerwerk  in  Form  eines  Cylinders  von  drei  bis 
vier  Meter  Durchmesser  und  Höhe.  Dem  Feuer  ist  nur  der  unten 
eingemauerte  kupferne  Kessel  ausgesetzt.  Als  Brennmaterial  ge- 
braucht man  nur  dschift.  d.  h.  die  beim  Pressen  übrig  bleibende 
Masse  der  zerstossenen  Olivenkerne,  die  gut  heizen.  Neben  dem 
Kessel  auf  gleicher  Höhe  mit  dem  oberen  Rande  desselben  wird 
eine  Art  Bassin  in  Form  eines  Parallelogramms  aus  gehauenen 
Steinen  hergestellt.  Oben  an  den  beiden  Langseiten  werden  zu 
ebner  Erde  8  bis  10  steinerne  Tröge  in  Form  von  kleinen  Qua- 
draten hergestellt,  denen  unten  ebensoviele  steinerne  Becken 
entsprechen.  An  der  dem  Kessel  zugewandten  Seite  wird  unten 
ein  grösseres  Becken  hergestellt,  in  welches  das  unbrauchbare 
Wasser  abfliesst,  an  der  gegenüberliegenden  Seite  aber  ein  klei- 
nes Becken  für  frisches  Wasser.  Dazu  kommt  noch  eine  Cistenie 
zur  Aufl)ewahrung  des  Öles  .  eine  andere  zur  Ansammlung  des 
Regenwassers,   das  dem  Quellwasser  vorgezogen  wird.    Endlich 


78  G^"' 

hiaufht  man  ein  paar  Winkel  zur  Aufbewahrnng  des  Kalkes  und 
der  Kali- Asche. 

Kali-Asche  wird  von  den  Beduinen.  Kalk  von  den  Fellachen 
des  Gebirges  Juda  geliefert.  Das  Ol  liefern  die  Be-\vohner  von 
Gaza.  el-Medschdel  und  andern  Dörfern  des  Philisterlandes. 
Auch  die  Fellachen  des  Gebirges  Juda  bringen  manchmal  ()1 
zxim  Verkaufe  nach  Gaza,  sogar  von  Bet-Dschälä.  01-Pressen 
primitivster  Art  finden  sich  wohl  in  den  meisten  Dörfern,  die 
Olivenhaine  besitzen;  man  nennt  dieselben  ir/f/fZ,  pl.  hudüd.  Euro- 
päische Ölpressen  findet  man  im  Lande  der  Philister  nicht.  Zur 
Seifensiederei  braucht  man  natürlich  kein  feines  Ol ;  die  von  den 
Fellachen  gelieferte  Waare  ist  aber  auch  eine  grüne,  dickflüssige, 
undurchsichtige  Masse  ,  die  kaum  den  Namen  Ol  verdient.  In- 
dessen muss  man  doch  zugeben .  dass  wenigstens  die  Bewohner 
von  el-Medschdel  es  verstehen,  ein  feines,  reines,  wohlschmecken- 
des Öl  herzustellen,  das  dem  europäischen  nur  wenig  nachsteht; 
dies  wird  natürlich  zu  andern  Zwecken  verwendet. 

Bei  der  Fabrikation  können  nur  etwa  4500  Kilo  auf  einmal 
hergestellt  werden,   da  der  Kessel  eine  grössere  Quantität  nicht 
fasst.    Bei  Beginn  der  Arbeit  füllt  man  die  erwähnten  Tröge  mit 
Kalk  und  Kali-Asche  und  übergiesst  sie  mit  Wasser,   welches 
dann  in  das  unten  befindliche  Becken  abfliesst.  Das  abgeflossene 
Wasser  wird  dann  wieder  aufgeschüttet ,  und  dieser  Process  so 
oft  wiederholt,  bis  die  Masse  hinreichend  gesättigt  ist.    Dieselbe 
wird  dann  in  den  Kessel  gegossen  und  in  Siedhitze  versetzt.  Dar- 
auf giesst  man  200  bis  225  Krüge  Öl  in  den  Kessel  und  feuert 
S  bis   10  Tage  lang,  bis  die  Seife  zum  Vorschein  kommt.    Die- 
selbe wird  dann  abgeschöpft,  auf  dem  Boden  zum  Trocknen  aus- 
gebreitet, in  kleine  Stücke  geschnitten,  mit  einer  Marke  versehen 
und  ins  Magazin  gethan.     Dieser  ganze  Process  heisst  tabcha, 
»eine  Siedung«.    Die  Hefe  [chamlre]  bleibt  nach  jeder  tahcha  im 
Kessel.    Die  wSiedung«  wird  so  lange  wiederholt,  als  eben  Mate- 
rial vorhanden  ist.   Zuerst  verarbeitet  natürlich  der  Eigenthümer 
der  Seifensiederei   seinen  Vorrath;    hernach   befriedigt  er  seine 
Kunden.    Dabei  liefert  er  Kalk  und  Kali-Asche  und  besorgt  die 
Arbeit,   die  Kunden  aber  müssen  das  Öl  liefern.    Als  Entgelt  er- 
hält der  Seifensiedereibesitzer  Procenttheile  von  der  Seife.    Der 
Rest  wird  den  Kunden  verabfolgt.    Wer  allein  keine  tahcha  zu- 
sammenbringt, kann  sich  einem  anderen  zugesellen.    Die  Arbeit 


Industrielles  aus  Gaza.  79 

selbst  verrichten  Üiegende  Baiulen  von  Siichverstiindigcn  nnter 
Anführung  eines  Meisters,  der  den  Namen  reijes  (==  re  'is.  Die 
Red.  führt.  Dieselben  wandern  von  einer  Seifensiederei  zur 
andern,  avo  es  eben  Arbeit  giebt;  sie  sind  Muslimen;  als  Lohn 
erhalten  sie  nicht  Geld,  sondern  Procenttheile  von  der  Seife, 
welche  sie  dann  verkaufen. 

Die  beste  Zeit  zur  Seifenfabrikation  ist  der  Winter,   avo  die 
Glühofenhitze  durch  die  Temperatur  etwas  paralysirt  wird.    Man 
beginnt  gewöhnlich  zu  Weihnachten ,  wenn  ein  gehöriger  Vor- 
rath  von  Öl  vorhanden  ist ;   zu  Ostern  ist  gewöhnlich  alles  schon 
fertig.    Die  Hauptsache  ist  die  Olivenernte.    Fällt  sie  gut  aus,  so 
triebt  es  in  den  Seifensiedereien  reichlich  Arbeit;   fällt  sie   aber 
schlecht  aus,  so  geht  es  darin  sehr  Hau  her.  Im  Sommer  werden 
die  Seifensiedereien  als  Getreidemagazine  benützt.    Eine  Seifen- 
siederei kann  monatlich  nicht  mehr    als    vier   tahcha   verarbei- 
ten,   somit  monatlich  nur    17,000  Kilo  Seife  liefern,    und  alle 
drei  zusammen   etwa  51,000  Kilo;    würden   sie   das  ganze  Jahr 
hindurch  arbeiten,   so  könnten  sie  Avohl  012,000  Kilo  Seife  pro- 
duciren.    In  Wirklichkeit  aber  arbeiten  sie  nur  drei  bis  vier  Mo- 
nate lang,  liefern  also  ungefähr  200,000  Kilo  Seife,  welche  ein 
Kapital  von  100,000  Franken  repräsentiren.    Ein  günstiges  Re- 
sultat hängt  hauptsächlich  von  der  Güte  des  Kali  und  von  der 
Tüchtigkeit  der  Arbeiter  ab.    Im   günstigsten   Falle    kann    eine 
tahcha  in  sechs  Tagen   fertig  werden;    im  ungünstigsten  Falle 
dauert  es  aber  30  Tage. 

Die  Seife  ging  früher  zu  Lande  nach  Ägypten,  jetzt  aber  zu 
Meer  meistens  über  Jafa.  Ein  Theil  wird  in  Ägypten  verbraucht, 
der  grösste  Theil  aber  wanderte  früher  in  den  Sudan.  In  Gaza 
Avird  wie  im  Oriente  überhaupt  nur  ordinäre  Seife  fabricirt.  Der 
Aufschwung  der  Seifenfabrikation  hängt  in  Gaza  vom  Auf- 
schwung der  Olbaunikultur  ab.  Vor  der  Hand  ist  von  dergleichen 
nicht  die  Rede. 

Gaza,   den  14.  Dec.  1SS4. 


Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beiträge  zur 

Kenntniss  der  abergläubischen  Gebräuche  in 

Syrien«  (ZDPV.  YU,  79 ff.). 

Von  M.  Grünbaum  in  München. 


1)  Zu  S.  81.  Nr.  2.  Sollte  dem  hier  gegebenen  Rathe  nicht 
eine  Sach-  oder  Wortähnlichkeit  zu  Grunde  liegen?  Die  Wolfs- 
hohne heisst  üo'mus,  im  Talmud  DTOnri,  DTOlin  (Buxtorf  col. 
2653).  Dass  dieselbe  sehr  bitter  sei,  ersieht  man  aus  den  von^ 
Buxtorf  angeführten  Stellen,  sowie  aus  dem  Muhit  al-Muhit 
(p.  hf,  Z.  2  V.  u.),  -woselbst  es  heisst,  dass  sie  mehr  als  Arznei 
diene ;  das  Zeitwort  tarmasa  bedeutet  »davonlaufen«,  auch  »Un- 
frieden stiften«.  —  was  alles  dem  Begriffe  »Prügel«  nicht  ferne 
steht.  Eine  gewisse  Sachähnlichkeit  liegt  wohl  auch  zu  Grunde, 
wenn  es  bei  Grimm  üeutsche  Mythologie  *  III ,  437,  Nr.  81) 
heisst:  Wer  Essig  ansetzt,  muss  sauer  dazu  schauen. 

2)  Zu  S.  85,  Nr.  25.  Dass  das  Krähen  der  Henne  von 
schlimmer  Vorbedeutung  sei,  wird  auch  bei  Grimm  (a.a.O.  437, 
Nr.  83;  474,  Nr.  1055;  486,  Nr.  23)  mehrfach  erwähnt.  An 
einem  anderen  Orte  (ZDMG.  XXXI,  339,  Note  74)  habe  ich 
verschiedene  Stellen  —  die  sich  aber  noch  sehr  vermehren  liessen 
—  angeführt,  aus  denen  die  Aveite  Verbreitung  dieser  Vorstellung 
ersichtlich  ist,  und  zugleich  die  Vermutinnig  ausgesprochen,  dass 
das  Ominöse  darin  bestehe,  dass  das  Krähen  der  Henne  die  Herr- 
schaft der  Frau  über  den  Mann  bedeute.  Vielleicht  beruht  das 
a\if  einer  thatsächlichen  Wahrnehmxing;  denn  in  Aristoteles 
Thierkunde  'Hist.  an.  IX,  c.49.  ed.  Auijkrt-Wimmer  323  heisst 
es :  Wenn  die  Hennen  über  die  llälnie  gesiegt  haben,  so  fangen 
sie  an,   da?  Krähen  der  Hähne  nachzuahmen.    Die  Anwendinig 


Grünbaum.  Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beiträge  etc.  Sl 

des  Spruches  auf  schriftstellernde  Frauen  —  wie  in  der  von  mir 
aus  Wenricü  angeführten  Stelle  —  findet  sich  eben  so  bei  Chau- 
uiN  Description  de  la  Perse,  ed.  Langles  V,  138),  der  ein  in 
demselben  Sinne  gebrauchtes  und  sehr  verbreitetes  Sprichwort 
anführt :  Si  la  poule  veut  chanter  comme  le  coq,  il  lui  faut  couper 
le  gosier. 

3)  Zu  S.  86,  Nr.  33.  Bei  Kazwini  (I,  vi)  heisst  es  bei  der 
Aufzählung  der  Monate  der  syrischen  Christen  unter  kZimm  et- 
tänl  (Januar):  Am  6.  dieses  Monats  ist  das  Epiphanienfest;  sie 
sagen,  es  sei  eine  Stunde  an  diesem  Tage,  in  Avelcher  die  salzi- 
gen Wasser  süss  werden.  Bei  der  Aufzählung  der  Monate  der 
Araber  heisst  es  (I,  vi)  unter  Ramadan,  dass  in  der  ersten  Nacht 
dieses  Monats  die  Pforten  des  Paradieses  geöffnet  werden .  und 
dass  in  einer  andern  Nacht  desselben  die  Schicksalsnacht  [Icilat 
el-kadr)  sei;  in  welcher  Nacht  aber,  darüber  herrschen  ver- 
schiedene Meinungen. 

4)  Zu  S.  87,  Nr.  38.  Bei  Berggren  und  Bocthor  s.  v.  pa- 
pillon,  sowie  bei  Humbert  (p.  70)  heisst  der  Schmetterling  auch 
Mschära;  letzteres  hat  ausserdem  die  Bedeutung  ofrohe  Bot- 
schaft, gute  Nachricht«.  Mit  dieser  zweiten  Bedeutvmg  steht  es 
vielleicht  in  Zusammenhang,  dass  man  den  Schmetterling  als 
Vorboten  einer  solchen  betrachtet.  Dass  derselbe  überhaupt  be- 
liebt sei,  lässt  sich  daraus  schliessen,  dass  er  in  Phil.  Wolff's 
Dragoman  3  260  auch  »Vogel  des  Paradieses«  genannt  wird. 

5)  Zu  S.87,  Nr.  40.  In  der  Bibel  (Ps.  102,  7  kommt  der  Aus- 
druck mnnn  cid  vor,  an  einer  andern  Stelle  (Jes.  34,  U)  wird 
der  vlITUDi  als  ein  die  Einöden  bewohnender  Vogel  erwähnt  i).  Bei 
Damiri  —  den  Bochart  (Hieroz.  ed.  Lond.  II,  273)  anführt  — 

heisst  die  Eule  ^\j^\  l\  (S.  284  ff.  fuhrt  Bochart  Stellen  griechi- 
chischer  und  römischer  Autoren  an,  in  denen  der  Uhu  als  omi- 
nöser Vogel  vorkommt) .  Auch  Kazwini  sagt  (I,  f .a)  ,  dass  die 
Eule  die  Einsamkeit  liebe  und  in  Ruinen  hause,  und  dass  ihr  Er- 
scheinen als  schlimmes  Vorzeichen  angesehen  werde.  Es  ist  also 
auch  natürlich,  dass,  wenn  die  Eule  sich  auf  einem  Gebäude 
hören  lässt,  dieses  als  Vorzeichen  der  baldigen  Zerstörung  des- 
selben betrachtet  wird. 

6)  Zu  S.  90,  Nr.  64.    Unter  den  sog.  pythagoräischen  Sym- 

1)  Beide  Namen  sind  mehrfach  mit  »Eule«  übersetzt  worden.      Die  Red. 


S2 


Grünbaum. 


holen  wird  auch  angefühlt,  man  solle  das  Feuer  nicht  mit  einem 
Schwerte  schüren  —  Flup  txa/aipa  \ir,  r/a/.S'Jiiv  (F.  C.  Orelli, 
0])usc.  Graec.  vet.  sententiosa  et  moralia  G2.  Xr.S;  64,  Nr.  16;; 
anderswo  iEkasmi  Adagia  ed.  Basil.  1520  ,  16;  ed.  Francof.  1646. 
93)  lautet  der  Spruch:    Hop  -iotJo«)  jir,  axa/.öusiv. 

7'  Zu  S.  93.  Nr.  Sl.  Unter  den  »Dicta  Muhammedis«  in 
Arnold's  arabischer  Chrestomathie  21.  Nr.  ST;  wird  auch  er- 
wähnt :  Die  Engel  betreten  kein  Haus ,  in  dem  sich  Bilder  be- 
finden. 

S}  Zu  Nr.  S2.  Das  hier  Mitgetheilte  steht  wahrscheinlich 
in  Zusammenhang  mit  dem  unter  Nr.  177  erwähnten  Talisman. 
Die  Zahlen  SG42  finden  sich  nämlich  auch  am  Schlüsse  eines 
arabischen  Briefes  in  De  Sacy's  Chrestomathie  arabe  FII.  W^ö)  .  De 
Sacy  bemerkt  hierzu  'p.  364,  Nr.  HO),  diese  vier  Zahlen,  die 
man  oft  auf  Briefumschläge  schreibe  .  seien  eine  Art  Talisman ; 
über  den  Ursprung  dieses  Gebrauchs  sei  ihm  mündlich  Folgen- 
des mitgetheilt  worden ;  Badüh  war  der  Name  eines  sehr  from- 
men Kaufmanns  im  Hidschäz.  der  in  allem.  Avas  er  unternahm, 
sehr  glücklich  war,  so  dass  z.  B.  die  Briefe  und  "NVaaren.  die  er 
absandte,  stets  glücklich  an  ihre  Adresse  gelangten.  Die  übrigen 
Kaufleute,  die  keineswegs  so  glücklich  Avaren,  gebrauchten  nach 
seinem  Tode  seinen  Namen  als  Inschrift  für  ihre  Sendungen,  in 
der  A'oraussetzung,  gleiches  Glück  zu  haben  wie  der  ursprüng- 
liche Träger  des  Namens;  nur  gebrauchten  sie  statt  badu//  die 
entsprechenden  Zahlen  Alff.  De  Sacy  fügt  hinzu,  dass  er  für  die 
Wahrheit  dieser  Tradition  nicht  bürge.  Reinaup  Description 
des  monuments  musulmans  du  cabinet  de  Mr.  le  Duc  de  Blacas 
11,  240)  giebt  die  Abbildung  eines  ebenfalls  als  Talisman  dienen- 
den Pentagon's  Pentalphas),  unter  welchem  sich  wiederum  das 
Wort  badnJi  findet.  Nach  Anführung  der  Erklärung  De  Sacy's  sagt 
E-ei>'aud,  der  Urs])rung  dieses  badüh  sei  unbekannt ;  so  viel  aber 
sei  gewiss,  dass  dasselbe  als  mächtiger  Talisman  gelte,  besonders 
mit  Bezug  auf  Sendungen  und  a\if  alles .  was  zu  Lande  und  zu 
Wasser  Unfällen  ausgesetzt  sei.  An  einer  andern  Stelle  (p.  252) 
findet  sich  die  Abbildung  eines  anderen  Talismans  :  es  ist  das 
ein  magisches  Quadrat,  enthaltend  die  Zahlen  1 — 9.  die  so  ver- 
theilt  sind,  dass  jede  Zahlenreihe  —  von  rechts  nach  links ,  oder 
von  oben  nach  initen,  Avie  auch  in  den  Diagonalen  —  die  Zahl  15 
ergiebt    vgl.  die  Darstellung  auf  der  folg.  S.). 


Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beiträge  etc. 


83 


In  dem  bereits  oben  erwähnten  Aufsatze  derZDMG.  (p.  339, 
Nr.  73^  habe  ich  die  Vermuthung  ansjres^piochen .    dass  die  Zahl 


Alf  f,  in  Buchstaben 


c- 


-.0^, 


die  Eckfelder  dieses  Quadrats   seien 


4 

9 
5 

2 

3 

7 

1 

6 

1 

8 

1    ' 

(8642),  also  gleichsam  die  charakteristische  Abkürzung  eines  an- 
dern Talismans.  Daraus  -würde  es  sich  dann  auch  erklären,  -vvess- 
halb  in  dem  von  de  Sacy  mitgetheilten  l^>riefe  und  sonst  noch 
statt  der  Buchstaben  Zahlen  gebraucht  werden.  Ferner  habe  ich 
eine  Stelle  aus  Schmölders  (Essai  sur  les  ecoles  philos.p.  ol  und 
80)  angeführt,  aus  welcher  ersichtlich  ist,  dass  Ghazz.\li  das- 
selbe Quadrat  erwähnt ,  das  als  Talisman  gebraucht  wurde,  um 
das  Gebären  zu  erleichtern.  Es  ist  das  dasselbe  Quadrat  wie  das 
S.  108,  Nr.  177  mitgetheilte,  nur  dass  bei  letzterem  Buchstaben 
mit  gleichem  Zahlenwerthe  wie  in  dem  Quadrate  bei  Keinaud  ge- 
braucht werden.  Reinald  erwähnt  übrigens  p.  2  54)  noch  ein  ande- 
res, bei  denParsi  gebräuchliches  Quadrat,  das  ebenfalls  als  Talis- 
man angewandt  werde,  um  das  Gebären  zu  erleichtern;  das  mit 
9  Feldern,  mit  der  Zahl  5  in  der  Mitte  und  dessen  Zahlenreihe  stets 
=  15,  wird  auch  von  Dieterici  (Die  Propädeutik  der  Araber  im 
10.  Jahrh.  p.  44)  als  Talisman  erwähnt^), 

9)  Zu  S.  96,  Nr.  99.  Unter  den  pythagoräischen  Symbolen 
wird  auch  erwähnt,  man  solle  bei  Lampenlicht  nicht  in  den  Spie- 
gel sehen:  UarA  Au/vov  [xy;  saoitTpi'l^ou  (J.  C.  Orelli  66.  Nr.  29. 
Erasmi  adagia  ed.  Francof.  773).  Auch  im  Pend-Nameh  ed. 
De  Sacy  p.  \\\]  findet  sich  die  Ermahnung,   des  Nachts  nicht  in 

1)  Dieterici  bemerkt  hierzu  ,  dass  damit  die  Nativität  erleichtert  werde. 
In  dem  in  demselben  Buche  befindlichen  Verzeichnisse  der  Ausdrücke  wird 
allerdings  »^"i^  mit  Nativität  erklärt,  da.ssell)e  Wort  bedeutet  aber  auch  Ge- 
burt, Niederkunft ,  und  so  liegt  es  näher,  anzunehmen,  dass  eine  Erleichte- 
rung der  Geburt  gemeint  sei. 


o^  Grünbaum, 

den  Spiegel  zu  sehen;  in  Zixgkrle's  Sitten  und  Bräuche  des 
tvroler  Volkes  p.  3S  heisst  es:  Wenn  man  des  Nachts  in  den 
Spiegel  sieht,  so  schaut  der  Teufel  heraus,  und  ebenso  bei  Grimm 
a.  a.  O.  43S,   Nr.   104. 

10  Zu  S.  97,  Nr.  104.  Das  hier,  soAvie  das  unter  Nr.  126 
Mitgetheilte  ist  namentlich  desshalb  merk-\vürdig.  weil  —  im  Ge- 
gensatze zur  gewöhnlichen  Anschauung  —  die  linke  Seite  Ange- 
nehmes ,  die  rechte  Seite  Unangenehmes  bedeutet.  In  Shake- 
spear's  Hindustani  -  Wörterbuch  3  15S,  wird  änkh  pharakni  mit 
»to  feel  a  pulsation  in  the  eye«  erklärt;  dazu  wird  bemerkt, 
dass  das  Pulsiren  im  rechten  Auge  bei  einem  Manne  von  guter, 
das  des  linken  Auges  von  übler  Vorbedeutung  sei,  während  bei 
einer  Frau  umgekehrt  das  Pulsiren  des  linken  Auges  Gutes,  das 
des  rechten  Übles  bedeute.  Dasselbe  kommt  aber  auch  noch 
ausserdem  vor  Petersburger  Wörterbuch  1 ,  296.  VI,  924),  wie 
sich  denn  überhaupt  nachweisen  lässt,  dass  der  Vorrang  der  rech- 
ten Seite  vor  der  linken  nicht  so  allgemein  ist,  wie  man  anzu- 
nehmen geneigt  ist.  Die  linke  Hand  (denn  von  den  Händen  geht 
ja  doch  Avohl  zunächst  die  Bestimmung  von  Rechts  und  Links 
aus)  ist  jedenfalls  dem  Herzen  —  oder  dem  Herzschlag  —  näher 
als  die  rechte ;  sie  ist  aber  auch ,  wenigstens  nach  orientalischer 
Anschauung,  schon  deshalb  die  Vornehmere,  weil  sie  nichts  ar- 
beitet und  sich  von  der  Rechten  bedienen  lässt;  die  rechte  Hand 
ist  ein  sudra. 

11)  Zu  S.  98,  Nr.  114—117.  Dass  bei  den  Juden  des 
Orients  M'eit  mehr  Aberglaube  herrscht,  als  das  je  bei  den  euro- 
päischen Juden  der  Fall  war ,  ersieht  man  schon  aus  dem ,  was 
J.  Safir  in  seiner  —  TtEC  ]2X  betitelten  —  Reisebeschreibung 
fl ,  59)  erwähnt ,  sowie  aus  den  Mittheilungen  in  Luncz'  Jeru- 
salem (Jahrg.  I,  28  fF.  des  hebräischen  Theils).  So  ist  denn  auch 
das  unter  Nr.  114 — 117  Vorkommende,  sowie  Anderes  dieser 
Art  im  Abendlande  ganz  unbekannt. 

12)  Zu  S.  99,  Nr.  118.  In  den  Pirke  R.  Eliezer  (c.  29)  und 
daraus  im  Jalkut  Hos.  §  15  wird  das  Mal.  3,  1  vorkommende 
rmsn  "isbic  (jjEngel  des  Bundes«)  auf  den  Propheten  Elias  (der 
Vs.  23  ausdrücklich  genannt  wird)  bezogen;  ferner  heisst  es, 
Gott  habe  gesagt,  dass  bei  jeder  Besclineidung  —  eine  solche 
wird  nach  dem  biblischen  Ausdruck  Gen.  17.  10.  11.  13)  stets 
»Bund  der  Beschneidung«    T^'^'C.  r'^"2    genannt  —  für  Elias  in 


Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beiträge  etc.  85 

seiner  Eigenschaft  als  Engel  des  Pmndcs  ein  Ehrensitz  errichtet 
werden  solle.  AuchimSohar  Kahbala  donndata  II,  Gl  heisst  es, 
dass  der  Prophet  Elias  bei  jeder  lieschneidung  ge^fenwartif^  sei 
und  ihm  desshalb  ein  Ehrenthron  bereit  gehalten  werden  müsse. 
In  der  That  herrscht  allgemein  der  Gebrauch,  dass  derjenige, 
welcher  die  Beschneidung  vollzieht,  in  einer  lienediction  Elias, 
den  r^iisn  Isb'C,  als  Beistand  anruft.  Ferner  heisst  es  im  Com- 
mentar  des  Bechaj  (Bachja;  zuExod.  11,7  !ed.  Yen.  1546,  f.  74) : 
Unsere  Lehrer  —  ihr  Andenken  sei  gesegnet  —  haben  gesagt : 
Wenn  die  Hunde  heulen  :  D"'pyi::  D"^2bD) ,  so  [ist  das  ein  Anzei- 
chen, dass  der  Todesengel  in  die  .Stadt  kommt  (oder  gekommen 
ist'  ;  wenn  sie  sich  freuen  (D^pmiU  D'^ibD  ,  so  bedeutet  das,  dass 
Elias  kommt.  Es  ist  hiermit  eine  Talmudstelle  gemeint  Baba 
Kamma  60^),  woselbst  es  heisst:  Wenn  die  Hunde  traurig  sind 
I'^DIl; ,  so  kommt  der  Todesengel;  spielen  sie  aber  (n"'pmC12),  so 
kommt  Elias  in  die  Stadt.  In  diesen  Stellen  wird  also  Elias 
einerseits  mit  der  Beschneidung,  andererseits  mit  den  frohen 
Hunden  in  Verbindung  gebracht.  Daraus  ist  denn  Avahrschein- 
lich  das  unter  Nr.  118  Erwähnte  entstanden,  und  zwar,  wie  das 
bei  dergleichen  Volkssagen  gewöhnlich  der  Fall  ist ,  unter  Um- 
gestaltung der  ursprünglichen  Fassung,  wozu  wahrscheinlich  auch 
das  die  Baalspriester  Betreffende  gehört ;  es  liegt  nämlich  näher 
anzunehmen,  dass  man  ursprünglich  die  Prophezeihung  des  Elias 
über  Isebel  und  die  Erfüllung  derselben  (Kön.I.  21,  23,  Kön.II. 
9 ,  34)  im  Sinne  gehabt ,  wobei  allerdings  die  Hunde  erwähnt 
werden. 

Zu  bemerken  ist  übrigens ,  dass  der  Sohar  und  die  kabba- 
listischen Schriften  (zu  denen  man  auch  Bachja  zählen  kann) 
überhaupt  bei  den  Juden  des  Orients  noch  jetzt  in  hohem  An- 
sehen stehen. 

1 3)  Zu  Nr.  121.  Bei  der  Aufzählung  der  Eigenschaften  des 
Carneol  (akik  bemerkt  Kazwini  (I,  ^^\\  :  Manche  sagen  auch, 
dass  der  —  beim  Feilen  oder  Poliren  al)fallende  —  Staub  dessel- 
ben das  Auge  und  das  Herz  stärke  und  ein  Mittel  gegen  das 
Herzklopfen  sei.  Ferner  heisst  es  (p.  CfC)  ,  mit  Bezug  auf  den 
jjiJäÄj,  Aristoteles  ^  i  sage,  es  sei  das  ein  Stein,  der  in  steter  Bewe- 

1 ;  Kazwini  führt  hier  sehr  oft  Aristoteles  an  ,  ebenso  Teifaschi,   der  aus- 
serdem (p.  f  und  sonst)  des  Aristoteles  Buch  über  die  Steine  erwähnt.   Es  ist 
Ztschr.  a.  Pal.-Ver.  VIII.  7 


gg  Grünbaum, 

guiig  sei.  bis  man  ihn  l>erührt  (also  i^leiclisain  stets  wach,  nie 
ruhend  .  und  der  auch  das  Herzklopfen  und  ähnliche  Zustände 
aufhören  mache.  Auch  der  ^Ä^j»  genannte  Edelstein  stillt  das 
Herzklopfen    p.  ffo).  namentlich   aber  gehört  es  nach  Aristoteles 

mit  zu  den  Eigenschaften  der  Perle  (.«AJI) ,  dass  sie  von  Herz- 
klopfen befreit,  sowie  von  Furcht  und  Schrecken,  welche  aus  der 

Melancholie  (s^\öy*>j\  »j^j!)  entstehen  i'p.  J'l'f).  Auch  in  Ahmed 
Teifaschis  Schiift  über  die  Edelsteine  wird  dasselbe  mit  densel- 
ben Worten  von  der  Perle  [j^j^^)  gesagt  (ed.  Rainer  p.  1).  Ebenso 
gehört  es  mit  zu  den  vielen  schätzbaren  Eigenschaften  des  Gol- 
des, die  Kazwini  aufzählt  (p.  J'.l).  dass  dasselbe,  nach  Ibn  Sina, 
ein  gutes  Mittel  gegen  Herzklopfen  und  Herzleiden  über- 
haupt ist. 

In  diesen  und  in  andern  ähnlichen  Stellen  wird  zwischen 
einem  Manne  und  einer  Frau  kein  Unterschied  gemacht,  auch  ist 
in  der  Regel  von  einem  Schmuck  keine  Rede.  Es  ist  nun  aber 
allerdings  sehr  einleuchtend,  dass  der  Carneol  das  Herzklopfen 
heile ,  w^enn  er  von  einer  Frau  als  Schmuck  getragen  wird ;  das 
dürfte  namentlich  dann  der  Fall  sein,  wenn  das  Herzklopfen  da- 
her entstanden,  dass  eine  andere  Frau  einen  solchen  Schmuck 
besitzt, 

14  Zu  Nr.  122.  Da  bei  den  sympathetischen  Mitteln  das 
Similia  similibus  eine  grosse  Rolle  spielt,  so  liegt  es  nahe  anzu- 
nehmen, dass  es  l^ezug  auf  die  rothe  Farbe  des  Rubins  hat,  wenn 
man  demselben  die  Eigenschaft  zuschreibt,  das  Nasenbluten  zu 
stillen.  Allein  in  den  angeführten  Schriften  wird  dieselbe  Eigen- 
schaft bei  verschiedenen  Edelsteinen  erwähnt.  Der  henfesch 
(Amethyst!  stillt  das  Nasenbluten  (Teifaschi  p,  H),  ebenso  die 
Pel'lmuschel,  6taf/r{/' (Kazwini  p.  i^Clj.  Y)ex  jalmt  (Hyacinth,  Ru- 
bin ,  von  dem  es,  je  nach  der  Farbe,  fünf  verschiedene  Arten 
giebt,  stillt  das  Bluten  überhaupt  Teifaschi  p.  1),  dasselbe  gilt 
vom  Carneol  Teifaschi  p.  t^'f,  Kazwini  p.  I't*'!).  vom  Smaragd 
(Teif.  p.  !o,  K.  p.  r^v)  und  von  der  Koralle  Teif.  p.  fv,  K.  p.  fll* 
und  p.  J-^A  . 

das  ein  dem  Aristoteles  zugeschriebenes  Buch,  das  in  arabischer  Sprache  voiv 
banden  ist.  (Fabricius,  Bibl.  gr.  1.  III,  c.  7,  p.  192  (ed.  1705).  Wenrich, 
])e  auctor.  graecor.  versionibus  etc.  p.  13.5.  Jourdain,  Traductions  d'Ari- 
stote,  168,  :jU(),  :U7  ff.;. 


Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beiträge  etc.  87 

15)  Zu  8.  lUU,  Nr.  129.  Auch  in  Lln( /.'  Jerusalem  (p.  27) 
wird  erwähnt ,  dass  man  aus  dem  Hause  einer  Wöchnerin  — 
während  der  ersten  Woche  —  nichts  ausleiht,  dass  man  aber 
insbesondere  kein  Feuer  aus  demselben  holt.  BeiGuniM  p.  451, 
Nr.  538)  ist  unter  den  im  Erzgebirge  herrschenden  abergläu- 
bischen Gebräuchen  auch  der .  dass  man  aus  dem  Hause  der 
Wöchnerin  Feuer,  Salz  und  Brot  nicht  weggiebt. 

16  Zu  S.  101,  Nr.  134.  üass  die  Katze  sich  putzt,  ist 
bei  Grimm  (p.  437,  Nr.  80)  eines  der  Anzeichen,  dass  Gäste 
kommen. 

17)  Zu  S.  102,   Nr.  141.    Ebenso  bei  Grimm  (Nr.  94 5^ . 

18)  Zu  S.  106,  Nr.  166.  «Der  Herr  Assessor  niest  drauf, 
dass  es  wahr  ist«,  sagte  —  nach  den  »Fliegenden  Ijlättern«  —  ein 
Angeklagter  vor  Gericht ,  als  er  die  an  ihn  gestellte  Frage  be- 
antwortet hatte ,  und  unmittelbar  darauf  ein  Mitglied  des  Ge- 
richtshofes nieste.  Dieser  Glaube  ist  also  eben  so  verbreitet  wie 
der  beim  Niesen  ausgesprochene  Wunsch,  'der  auch  in  jüdischen 
Schriften  erwähnt  wird   (Buxtorf  s.v.  IDi?,   i^moS,    col.  153). 

19)  Zu  S.  107,  Nr.  173.  Im  Talmud  (Horajoth  13'')  werden 
fünf  Dinge  aufgezählt,  welche  bewirken,  dass  man  das  Gelernte 
wieder  vergisst ;  darunter  ist:  Wer  das  isst,  wovon  bereits  eine 
Katze  oder  eine  Maus  gegessen.  Ferner  werden  zehn  Dinge  auf- 
gezählt ,  welche  das  Lernen  (das  Verständniss  des  vom  Lehren- 
den Vorgetragenen  nach  Raschi's  Erklärung]  erschweren;  dar- 
unter ist :  Wer  zwischen  zwei  Frauen  oder  zwei  Kameelen  hin- 
durchgeht ;  nach  Einiger  Meinung  hat  auch  das  Lesen  von  Grab- 
inschriften dieselbe  Wirkung.  Dass  das  Lesen  der  Inschriften 
auf  Gräbern  das  Gedächtniss  schwäche,  erwähnt  auch  Grimm 
(Nr.  834),  zugleich  unter  Hinweisung  auf  Cicero's  Cato  maj.  21, 
wo  dasselbe  gesagt  werde. 

20)  Zu  S.  108,  Nr.  178.  Im  Talmud  (Berachoth  55'')  heisst 
es:  Wenn  jemand  in  eine  Stadt  kommt  und  Furcht  vor  dem 
bösen  Blicke  hat,  so  verschränke  er  beide  Hände  in  der  Art,  dass 
er  je  den  Daumen  der  einen  Hand  in  die  andere  Hand  steckt 
(wobei  er  noch  einen  Spruch  zu  sagen  hat)  ;  fürchtet  er  aber  den 
schädlichen Einiluss  seines  eigenen  Blickes,  so  sehe  er  auf  seinen 
linken  Nasenflügel. 

21  Zu  S.  109,  Nr.  1S4.  Das  hier  Mitgetheilte  hat  wahr- 
scheinlich Bezug   auf  die   »Tage    der   alten  Frauu  —  ijjäm  el- 


OQ  Grünbaum, 

\i(hchT(z  —  wie  die  drei  letzten  Tage  des  Fehniar  zusammen  mit 
den  vier  ersten  Tagen  des  März  genannt  werden.  '(Diese  ijjäm 
el-a(hchüz  kommen  mehrfach  vor.  Bei  Kazavixi  (I.  w)  bilden  die 
drei  Tage  vom  26. — 28.  des  Monats  schebüt  den  Anfang,  die  vier 
ersten  Tage  des  darauf  folgenden  adür  den  Schluss  derselben. 
Als  Grund  dieser  Benennung  Avird  angegeben .  es  habe  dereinst 
eine  weissagende  Frau  —  kZüiina  —  der  Araber  ihnen  prophe- 
zeit, dass  am  Schlüsse  des  Winters  eine  furchtbare  Kälte  eintre- 
ten werde.  Sie  hatte  aber  das  Schicksal  der  Cassandra  insofern, 
als  die  Leute  ihr  nicht  glaubten  ,  was  sie  aber  später  tief  zu  be- 
reuen Ursache  hatten  —  denn  die  Prophezeihung  ging  in  Erfül- 
lung. Mit  Bezug  hierauf  wurden  dann  die  Tage  am  Ausgange 
des  Winters  ijjüm  eJ-adscJtUz  genannt.  An  einer  andern  Stelle 
(I,  \Y]  sagt  Kazavixi,  die  sieben  letzten  Tage  des  Monats  sc/tau- 
?m/ würden  ijjäm  el-adschüz  genannt;  es  sei  das  die  Zeit,  in 
welcher  Gott  die  'Aditen  vertilgte,  und  diese  Benennung  rühre 
daher,  weil  eine  alte  Frau ,  die  von  den  ' Aditen  allein  am  Leben 
blieb,  sie  alljährlich  um  diese  Zeit  beweinte. 

Zu  Sur.  69,  6.  7  —  in  welcher  Stelle  von  dem  furchtbaren 
Sturm  die  Rede  ist,  der  sieben  Nächte  und  acht  Tage  hindurch 
wüthete  und  der  die  *^Aditen  vertilgte  —  bemerkt  Beidaani  (II, 
p.  ("öl*,  Z.  Aj,  es  seien  das  die  ijjäni  el-adschüz  gewesen,  so  ge- 
nannt, entweder  weil  es  am  »Ende  des  Winters«  j-LäxcJ!  i.i^'^rl  war, 
oder  auch  mit  Bezug  auf  eine  alte  Frau  von  den  'Aditen,  die 
ganz  zuletzt,  am  achten  Tage,  vom  Sturmwind  hingerafft  wurde. 

Bei  Hariri  ;p.  fio)  werden  die  Tage  Sin  und  Sinnabr  er- 
wähnt; dazu  wird  im  ('ommentar  bemerkt,  es  seien  das  die  zwei 
ersten  Tage  der  sieben  ijjä'm  el-adschüz .  die  zu  »Ende  des  Win- 
ters«- (f-ljiL^l  j-?^  (c*)  eintreten  und  desshalb  so  genannt  werden. 
Es  sind  das,  wie  Scherischi  sagt,  die  vier  letzten  Tage  des  Februar 
und  die  drei  ersten  Tage  des  März.  In  der  Note  z.  St.  ;II,  p.  131) 
wird  bemerkt,  dass  in  dem  von  Libri  in  seiner  Histoire  des  scien- 
ces  mathem.  en  Italic  (I,  410.  II,  511.  IV,  491)  veröffentlichten 
Kalender  diese  Tage  Dies  vetulae  genannt  werden. 

Hei  Mas'udi  iIII,  410)  werden  ebenfalls  diese  sieben  Tage 
erwähnt  und  (wie  auch  bei  Kazavixi  und  im  Commentar  zu  Ha- 
RiRi)  die  einzelnen  Namen  derselben  angegeben.  In  der  Note  z. 
St.  wird  auf  IIyde's  Commentar  zu  den  Tafeln  des  Olugbeg 
(p.  61)  verwiesen. 


Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beiträge  etc. 


89 


Kei  HösT  (Nachrichten  von  Marokos  p.  253)  heisst  es,  die 
drei  letzten  Tage  des  Februar  z\isanimen  mit  den  vier  ersten 
Tagen  des  März  seien  eine  Abtheilung  des  Jahres ,  die  /iiwnn  — 
d.  h.  unheilvolle  Zeit  —  genannt  werde  {/nimm  ist  auch  der  in 
der  erwähnten  Koränstelle  S.  69,  7  gebrauchte  Ausdruck),  und 
in  Avelcher  die  Altemanneskälte  anfange  (adschüz  bedeutet  be- 
kanntlich auch  »alter  Manu«) . 

Im  Türkischen  heissen  diese  sieben  Tage  herd  el- adschüz, 
was  Eedhouse  mit  Old  Avomans-cold ,  Zenker  mit  Altweiber- 
winter  also  ein  Pendant  zum  Altweibersommer   wiedergiebt. 

In  VON  Hahn's  albanesischen  Studien  (I,  155)  heisst  es: 
»Der  29. — 3 I.März  und  der  1.  April  heissen  TzlJdv.zTz,  die  Alten; 
bis  dahin  hält  man  sich  nicht  sicher  vor  dem  Winter.  Wenn  er 
sich  aber  an  diesen  Tagen  fühlbar  macht,  so  wird  die  Schuld  den 
alten  Weibern  zugeschrieben  —  also  Altweiber- AVinter  statt  -Som- 
mer. Den  Grund  wusste  niemand  anzugeben«.  Ohne  Zweifel 
aber  sind  es  wiederum  die  {/jätn  el- adschüz ,  die  hier  in  anderer 
Form  wiederkehren. 

Eine  Personification  einzelner  jVIonate  und  Jahrestage,  sowie 
darauf  sich  beziehende  Sprüche  kommen  auch  häufig  im  Abend- 
lande vor.  Wahrscheinlich  cursiren  auch  mit  Bezug  auf  die  ij- 
jUm  el- adschüz  verschiedene  Volkssagen,  in  denen  die  alte  Frau 
in  veränderter  Gestalt  vorkommt;  eine  dieser  Sagen  liegt  nun 
wohl  dem  unter  Nr.  184  Mitgetheilten  zu  Grunde. 

22)  Zu  Nr.  189.  In  Ouseley's  Oriental  collections  (I,  385 
und  II,  99)  wird  ein  in  hebräischer  Schrift  geschriebener i;  Ta- 
lisman mitgetheilt ,  der  ausser  der  Inschrift  noch  folgendes  Qua- 
drat  in  hebräischen  Buchstaben)  enthält: 


4 

14         15 

1 

9 

7 

6 

12 

5 

11 

10 

1 

8     ! 

1 

■     16 

i 

2          3 

13    ' 

1)  Ob  es  in  der  That  a  Jewish  Talisman  sei,   wie  es  bei  Ouseley  heisst, 
dürfte  doch  fraglich  sein.    Gegen  diese  Annahme  spricht  schon  der  Schluss- 


90 


Grünbauna, 


Es  ist  das  also  ein  manisches  Quadrat,  insofern  als  alle  Zah- 
len von  1  — 16  in  der  Art  vertheilt  sind,  dass  die  Summe  einer 
jeden  Reihe,  auch  die  der  Diagonalen,  =  34  ist.  Dasselbe  Qua- 
drat Avird  auch  in  der  bereits  oben  erwähnten  Stelle  Dieterici's 
fDie  Propädeutik  der  Araber  im  10.  Jahrh.  p.  43    mitgetheilt. 

An  einer  andern  Stelle  derOriental  Collections  (II,  341)  wird 
ein  anderer  Talisman  erwähnt,  der  aus  zwei  ineinander  ver- 
schlungenen Quadraten  besteht;  die  daraus  entstehenden  8  Drei- 


ecke enthalten  wiederum  die  Zahlen  von  1 — 9,  während  5  in  der 
Mitte  der  Figur  ist.  Es  ist  das  also  —  nur  in  anderer  Gestalt  — 
das  oben  erwähnte  magische  Quadrat  mit  9  Feldern  und  der 
Summe  1 5  ,  denn  4  +  9  +  2  =  2  +  7  +  6  =  6  +1+S  = 
S  +  3  +  4  =  4  +  5  +  6  =  9  +  5+  l=2  +  5  +  S  =  7+5' 
+  3  =  15. 

Diese  Figur  —  heisst  es  ferner  —  die  man  als  eine  sehr  heilige 
betrachtet,  wird  Zohal  (Saturn)  genannt,  auch  mit  Bezug  darauf, 
dass  der  Zahlenwerth  der  Buchstaben  von  Zohal  (Xs^\)  =45  ist. 
V.  Bohlen  (Das  alte  Indien  II,  226)  erwähnt  ebenfalls  diese 
weit  verbreitete,  als  Talisman  dienende  Figur,  indem  er  zu- 
gleich bemerkt,  dass  die  Araber  damit  den  Einfluss  des  Saturn 
bannen,  dessen  Buchstaben,  7  +  S  +  30,   die  Zahl  45  ergeben. 

Mit  Bezug  auf  die  talismanischen  Quadrate,  die  nicht  immer 
magische  Quadrate  sind,  sondern  zuweilen  aus  Combinationen 
von  Buchstabenpaaren  bestehen,  sagt  Reinaud  (a.  a.  O.  II,  251), 


satz  "-r' 


.^1. 


,   womit  doch  nur  der  Xame  Jesus  gemeint   sein  kann  ; 

wollte  man  annehmen,  der  Satz  bedeute:  Er  helfe  um  seines  Namens  willen 

nach  Ps.  106,  8),  so  müsste  es  ""t""''  heissen.   Ein  jüdischer  Verfertiger  des 

Talisman  hätte  wohl  auch  statt  der  Umschrift  Magnitudine  dierum  saturatus 

Heber  die  Ori-ginalfassung  Ps.  91,  16  gebraucht:  ■n""^:rx  1Z''2^  ""^X. 


Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beitrüge  etc.  9 1 

dass  sie  geAvöhnlich  den  Planeten  geweilit  seien,  das  (Quadrat,  mit 
9  Feldern  dem  Saturn,  das  mit  S  soll  wahrscheinlich  IG  heissen) 
dem  Jupiter,  und  dass  manche  sogar  den  Erzengeln 'Izrail,  Mi- 
kail ,  Dsehibril  und  Israfil  (von  diesen  vier  Engeln  handelt  aus- 
führlich Kazwini  I,  o1  ff.)  gewidmet  seien. 

23)  Zu  S.  111,  Nr.  193.  Plinius  (VII,  13)  spricht  in  sehr 
starken  Ausdrücken  von  dem  verderblichen  Einflüsse',  den  men- 
struirende  Erauen  auf  Pflanzen  ,  Früchte,  Bienenstöcke  u.dgl. 
ausüben. j  WiNER,  welcher  (Reallexikon  s.  v.  lleinigkeit,  II,  3 IG) 
diese  Stelle  anführt,  bemerkt  hierzu :  «Die  grössere ,  fast  giftige 
Schärfe  solchen  Blutes  erklären  die  Ärzte  von  dem  heissen  Klima 
des  Orients«.  Ferner  wird,  nach  Jükg,  die  —  unwahre  —  Mei- 
nung angeführt,  dass  menstruirende  Frauen  durch  ihren  Eintritt 
in  Wein-  oder  Bierkeller  das  Umschlagen  oder  Verderben  dieser 
Getränke  bewirken.  In  der  von  Mas'udi  (Pariser  Ausg.  III,  336) 
berichteten  Erzählung^)  von  den  vier  Brüdern,  die  aus  den  hin- 
terlassenen  Spuren  eines  von  ihnen  nie  gesehenen  Kamels  auf 
mehrere  Merkmale  desselben  schliessen,  geben  diese  ihren  Scharf- 
sinn auch  darin  kund,  dass  sie  über  die  ihnen  vorgesetzten  Spei- 
sen verschiedene,  sich  später  als  richtig  erweisende  Bemerkun- 
gen machen.  V.  Hammer-Purgstall  führt  noch  eine  andere 
Version  derselben  an.  Hier  sagt  einer  der  Brüder,  eine  der 
Mehlspeisen  sei  von  einem  menstruirenden  Frauenzimmer  zu- 
bereitet worden ;  er  schliesst  das  aus  dem  Umstände ,  dass  die 
Milch  in  derselben  geronnen  sei.  Hammer-Purgstall  fügt 
hinzu," dass  dieser  Glaube  an  den  schädlichen  Einfluss  der  Men- 
struation auf  Backwerke  und  dgl,  im  Oriente  ziemlich  allgemein 
verbreitet  sei. 

24)  Zu  Nr.  197.  Es  ist  vielleicht  nicht  überflüssig,  hier  das 
anzuführen,  was  Gagnier  nach  arabischen  Autoren  von  Muha- 
med  berichtet  (laVie  deMahomet  III,  275)  :  Sa  salive  etait  douce 
et  savoureuse  comme  de  l'eau  assaisonnee  de  sei  ...  .  Elle  etait 
si  nourissante,  qu'on  en  aurait  pu  donner  aux  petits  enfants  ä  la 
mamelle  au  lieu  de  lait. 

25)  Zu  Nr.  198.    Wie  aus  Buxtorf  s.  v.  rr^b^b  (col.  1140) 

1)  Dieser  auch  sonst  bekannten  Erzählung  (vgl.  Note  z.  St.  p.452.  Journ. 
asiat.  1838,  Mars,  p.  251.  V.  Hammer-Purgstall,  Geschichte  der  schönen 
Redekünste  Persiens  p.  308j  ganz  ähnlich  ist  eine  Erzählung  im  Talmud 
(San-hedrin  lü4=i)  und  im  Midrasch  (Echa  1,  T. 


92  Grünbaum, 

zu  ersehen,  fürchtete  man  auch  im  A])endlande  den  verderb- 
lichen Eiutiuss  der  Lilith  auf  Wöchnerinnen  und  Kinder.  Aus- 
führlicher als  bei  Buxtorf  findet  sich  ein  solches  Amulet  mit 
denselben  Namen  wie  bei  Buxtorf.  aber  noch  mit  allerlei  selt- 
samen Figuren .  denen  zum  Theil  diese  Namen  eingeschrieben 
sind,  auch  in  dem  kabbalistischen  Ihiche  Kaziel  f.  49*^  (der 
Druckort  ist  nicht  angegeben) .  In  der  That  war  es  in  früherer 
Zeit  iSitte .  derartige  Amulete  an  die  Vorhänge  am  Bette  der 
Wöchnerin  anzuheften;  jetzt  kommt  dergleichen  wohl  nur  noch 
hie  und  da  auf  dem  Lande  vor.  Übrigens  ist  Lilith  als  eine  den 
Kindern  nachstellende  Dämonin  —  ebenso  wie  die  phantasti- 
schen i*i:d:d.  P"lbDi:)2D  u.s.w.  —  späteren  Ursprungs ;  im  Talmud 
kommt  sie  in  dieser  Eigenschaft  nicht  vor. 

26)  Zu  S.  113,  Nr.  207.  Es  ist  eine  talmudische  Maxime, 
(Moed  Katau  S^),  die  auch  im  Midrasch  Berescliith  R.  sect.  70 
zu  Gen.  29,  27)  vorkommt,  dass  man  eine  Freude  nicht  mit 
einer  andern  vereinigen  (oder  vermengen  soll  (pD"iyi3  'J'^S 
nrrCTL'n  nmcTT),  also  z.  B.  während  der  Woche  eines  Festes  keine 
Hochzeit  halten  soll.  Es  ist  wahrscheinlich  in  weiterer  Anwen- 
dung dieses  Grundsatzes,  dass  in  jüdischen  Kreisen  die  Sitte 
hen'scht,  wo  möglich  nicht  zwei  Trauungen  an  einem  und  dem- 
selben Tage  vornehmen  zu  lassen  und  überhaupt  das  Zusamen- 
treffen  zweier  Familienfeste  zu  vermeiden.  "S'ermuthlich  liegt 
aber  auch  liier  ein  ähnlicher  Gedanke  zii  Grunde  wie  dem.  was 
S.  112.  Nr.  199  erwähnt  wird.  Ein  Übermass  des  Glückes  macht 
den  Menschen  ängstlich;  er  fürchtet,  wenn  auch  nicht  den  Neid 
der  Götter ,  so  doch  den  Neid  —  den  bösen  Blick  —  der  Men- 
schen, der  in  seiner  Art  ebenso  verderblich  ist. 

27)  Zu  Nr.  209.  BeiKAZWiNi  (I,  w.  VpLCK,  Calendar.  Syr. 
p.  5)  heisst  es,  am  23.  Tage  des  Monats  Nisan  sei  das  Fest  von 
DerEijüb ;  von  letzterem  heisst  es  an  einer  andern  Stelle  (II,  (r"t^, 
es  sei  das  ein  Ort  in  der  Nähe  von  Damaskus :  dort  habe  Hiob 
gewohnt  und  dort  auch  sei  die  Quelle,  die  hervorsprudelte,  als 
er  auf  Gottes  Geheiss  auf  den  Boden  stampfte  (Sur.  38,  40  ff.); 
in  einem  dort  befindlichen  Felsen  sei  sein  Grab ').  Ferner  heisst  es 
bei  Kazwini  (I,  va),  am  3.  des  Monats  Ajjar  sei  der  Gedächtniss- 

1,  Vgl.  hierzu  J.  G.  Wetzstein,  Uag  Jobs-Kloster  in  Hauran   und   die 
Jobs-Sage  bei  Delitzsch,  Das  Buch  Job.  Die  lled. 


Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  »Beiträge  etc.  93 

tag  des  Propheten  Eijül).  Da  nun  die  Karwoche  gewöhnlich 
auf  dieselbe  Zeit  fällt,  so  hat  man  wohl  desshalb  den  Mittwoch 
derselben  als  eine  Art  Gedächtnisstag  für  Hiob  gewählt. 

28)  Zu  S.  115,  Nr.  227.  Im  Abendlande  ist  es  bekanntlich  ein 
weit  verbreiteter  Glaube,  dass  Schwalben  und  Störche  Glück 
bringen  (sogar  der  niederdeutsche  Name  des  Storches,  vergl.  Wj;i- 
GAND  und  Lexkr  unter  Adebär,  wird  in  diesem  Sinne  erklärt) . 
Es  kann  also  nicht  auffallend  sein,  wenn  im  Orient  (wo  der 
Storch  ahu  sdd  »Vater  des  Glückes«  heisst,  s.  Wulff  ])rago- 
man3  27S  u.  Gartenlaube  1878,  Nr.  42,  p.  704)  die  Wachtel  ein 
glückbringender  Vogel  ist.  Vielleicht  aber  liegt  auch  hier  wie- 
derum eine  Wortähnlichkeit  zu  Grunde.  Die  Wachtel  heisst  so- 
wohl sicmäni  wie  auch  sahvä  (Koran  2,  54),  welche  beide  Benen- 
nungen Kazwini  (I,  fll)  anführt;  an  einer  andern  Stelle,  an  wel- 
cher gesagt  wird,  dass  am  28.  Ab  Manna  tmd  Wachteln  in  Syrien 
fallen  (1,  vi),  wählt  er  das  im  Koran  gebrauchte  sahvä  Lj^^Lm), 
Neben  letzterem  Worte  existirt  im  Neuarabischen  noch  die  Form 
sahva  (öjJIa«).  Beide  Wörter  bedeuten  aber  auch  Trost,  Glück 
und  so  liegt  schon  im  Namen  der  Wachtel  etwas  Glückver- 
heissendes.  Kazwini  bemerkt  zugleich,  es  sei  das  der  Vogel, 
welchen  Gott  den  Israeliten  in  der  Wüste  schickte;  vielleicht 
hat  dieser  Umstand  mit  dazu  beigetragen,  die  Wachtel  als 
Glücks vogel  zu  betrachten. 

29]  Zu  Nr.  231.  Bei  Host  (a.  a.  O.  p.  302)  heisst  es,  es 
werde  für  sehr  verdienstlich  gehalten,  eine  Eidechse  zu  tödten. 
Als  nämlich  Abraham  verbrannt  werden  sollte,  brachte  jemand 
Holz  zum  Feuer  herbei,  und  dieser  wurde  zur  Strafe  in  eine  Ei- 
dechse verwandelt  1) .  In  Weil's  biblischen  Legenden  (p.  75)  wird 
erzählt :  »Da  suchten  alle  Geschöpfe  der  Erde  das  Feuer  (in  das 
man  Abraham  geworfen  hatte)  zu  löschen,  nur  die  Eidechse  blies 
es  an;  sie  ward  auch  zur  Strafe  stumm  seit  jenem  Tage«. 

30)  Zu  S.  116,  Nr.  232.    So  wie  man  die  pythagoärischen 

1)  So  wird  nämlich  —  wie  Host  hinzufügt  —  im  Buche  desMalik  b.  Anas 
erzählt,  das  dort  in  hohem  Ansehen  steht.  An  einer  andern  Stelle  fp.  234;  wird 
der  Inhalt  der  einzelnen  Capitel  dieses  Buches  mitgetheilt,  woraus  ersichtlich 
ist,  dass  im  ganzen  genommen  hier  dieselben  Gegenstände  behandelt  werden, 
wie  in  Bochari's  Traditionssammlung.  Einen  handschriftlichen  Auszug  aus 
dieser  Schrift  des  Malik  b.  Anas  besitzt  die  k.  Hof-  und  Staatsbibliothek  in 
München.    (Vgl.  Aumer's  Katalog  p.  22,  Nr.  lüiJ^. 


94         Grünbaum,  Einige  Parallelen  zu  dem  Aufsatze  «Beiträge  etc. 

Svrabole  schon  auf  die  verschiedenste  Weise  zxi  deuten  versucht 
hat  so  lag  wohl  auch  im  allgemeinen  dem  einen  und  dem  ande- 
ren Spruche  aus  dem  Gebiete  des  Aberglaubens  ursprünglich  ein 
o-anz  anderer  Sinn  zu  Grunde,  "wie  das  z.  B.  wahrscheinlich  bei 
dem  oben  erwähnten  ominösen  Krähen  der  Henne  der  Fall  ist. 
Auch  sonst  hat  sich  wohl  zuweilen  das,  was  ursprünglich  ein 
Volks-s^-itz  war,  später  zu  einem  abergläubischen  Dogma  umge- 
staltet. Auch  bei  dem  unter  Nr.  232  Mitgetheilten  lässt  sich  ein 
ähnlicher  Ursprung  voraussetzen.  Swift  sagt  einmal,  es  sei  nicht 
genug,  dass  ein  Frauenzimmer  einen  Mann  fessle,  sie  müsse  ihn 
auch  festhalten  können,  damit  er  nicht  Avieder  davon  fliege.  Eine 
verheirathete  Frau  ist  —  oder  war  —  jedenfalls  im  Besitze  dieser 
Kunst ;  ist  sie  aber  ausserdem  noch  eine  solche  Yirtuosin  im 
Flöhefangen ,  dass  sie  dieselben  nicht  nur  fängt,  sondern  auch 
festhält,  dass  sie  nicht  wieder  davon  hüpfen,  so  beweist  das.  dass 
sie  sehr  klug  und  pfiffig  ist  und  strategische  Anlagen  besitzt,  also 
auch  ihren  Mann  zu  lenken  versteht. 

Das  hier  Mitgetheilte  ist  aber  schon  desshalb  merkwürdig, 
weil  man  daraus  ersieht  —  wie  übrigens  auch  aus  Nr.  78,  S.  92 
—  dass  auch  im  Oriente  die  Pantoffelherrschaft  nichts  Seltenes 
ist.  Aber  es  finden  sich  auch  sonst  Beispiele,  dass  der  Mann  — 
und  zwar  im  tireigentlichen  Sinne  des  Wortes  —  unter  dem  Pan- 
toffel steht.  So  erzählt  Yambery  Bilder  aus  dem  Morgenlande 
p.  22)  von  einem  niederen  Beamten  in  Constantinopel.  der  gegen 
Ende  des  Monats,  wenn  der  Gehalt  auf  die  Neige  ging,  von  den 
vier  Pantofi"eln  seiner  vier  Frauen  bearbeitet  wurde.  Hier  waren 
es  also  vier,  während  man  in  Eiu-opa  höchstens  unter  einem 
Pantoffel  steht.  Und  so  kommt  denn  auch  d£r  Pantoffel  als  Sym- 
bol vor,  wie  z.  B.  in  dem  von  Socin  (Arab.  Sprichwörter  xmd 
Redensarten  Nr.  198)  angeführten  Spruch:  »Meine  Grossmutter 
ist  nicht  gekommen,  sondern  sie  hat  einen  ihrer  Pantoffel  ge- 
schickt«. 


Die  Lage  von  Tariclieae. 

Von  Superintendent  F.  Spiess  in  Grossrudestedt. 


Unter  den  im  Neuen  Testamente  nicht  erwähnten  Uferorten 
des  Sees  Genezareth  spielt  keiner  eine  wichtigere  Holle  in  den 
galiläischen  Ereignissen  des  jüdischen  Aufstandes  als  Tariclieae. 
Freilich  theilt  derselbe  zugleich  auch  das  Schicksal  fast  aller 
Localitäten  jener  Gegend,  dass  man  ihn  nämlich  in  sehr  verschie- 
denen Lagen  nachweisen  zu  dürfen  gemeint  hat.  Nicht  weniger 
als  vier  Punkte  werden  für  Taricheae  in  Anspruch  genommen. 
H.  Kiepert  auf  seiner  Karte  von  Galiläa  in  Bädeker's  Palästina 
und  Syrien  2  identificirt  dasselbe  mit  Chan  Minje ;  Socin  im  Texte 
des  genannten  Buches  268  (vgl.  233)  und  FurrerI)  verlegen  es 
nach  der  Gegend  von  el-Medschdel ;  de  Saulcy  findet  es  3  bis  4 
Kilometer  nördlich  vom  Südende  des  Sees  bei  Kedes ;  die  meisten 
endlich  (Menke  im  Bibelatlas ;  Riess  in  seinem  Atlas ;  Caspari, 
chronolog.  geograph.  Einleitung  in  das  Leben  Jesu  68;  Kiepert, 
Atlas  antiquus;  Guerin,  Galilee  I,  275;  Macgregor,  Kob  Koy 
408.  413;  auch  noch  die  Engländer  nach  den  neuesten  Aufnah- 
men in  An  Introduction  to  the  Survey  of  West.  Palest.  Lond. 
1881,  151)  wollen  es  in  dem  unmittelbar  am  Südende  des  Sees 
und  am  Ausflusse  des  Jordan  gelegenen  Kerak  wieder  erken- 
nen. Versuchen  wir  im  folgenden  eine  Entscheidung  zwischen 
diesen  verschiedenen  Ansichten  zu  geben. 

Zunächst  möge  erwähnt  werden  ,  dass  die  Schreibweise  des 
Namens  bei  Josephus  nicht  immer  die  gleiche  ist.  Die  Alter- 
thümer  und  die  Geschichte  des  jüdischen  Krieges  bieten  stets 

r   ZDPV.  II,  56  f.  Anmerkung  der  Kedaction. 


96  Spiess, 

tUeFormTapi/sai:  dagegen  schreibt  die  «Vita«  des  Josephus  meist 
Tap'./aTai,  und  nur  an  einigen  wenigen  Stellen  tritt  uns  hier 
der  .Singular  Ta&'./aia  entgegen. 

Zuerst  finden  wir  ein  Taricheae  erwähnt ,  als  Cassius  um  52 
V.  Chr.  von  Tjtus  her  ins  jüdische  Land  einfällt.  Er  erobert  den 
Ort  und  macht  bei  dieser  Gelegenheit  an  30,000  Gefangene  (Ant. 
XIV.  7,  3).  Danach  bleibt  Taricheae  ein  volles  Jahrhundert  hin- 
durch unerwähnt,  bis  es  etwa  54  oder  55  n.  Chr.  von  Nero  nebst 
Tiberias  dem  Reiche  Agrippa's  II.  hinzugefügt  wird  (Ant.  XX.  8, 
4;  Bell.  jud.  II.  13,  2).  In  diesem  Unterthänigkeitsverhältnisse 
trifft  es  der  Ausbruch  des  Aufstandes ,  dem  es  sich  alsbald  weit 
entschiedener  als  Tiberias  anschliesst.  Taricheae  muss  damals  kein 
gerade  unbedeutender  Ort  gewesen  sein;  es  wird  meist  als  Stadt 
und  einmal  nur  als  Dorf  (Vita  74)  bezeichnet;  es  hatte  einen 
Hippodrom  'Bell.  jud.  II.  21.  3;  Vita  26.  27"  und  von  den  23o 
Kähnen,  welche  Josephus  gegen  das  abgefallene  Tiberias  sammeln 
Hess,  gehörte  wahrscheinlich  ein  grosser  Theil  der  Einwohnerschaft 
an  (Bell.  jud.  II.  21,  8.  9;  Vita  32—34.  Bell.  jud.  III.  10,  1. 
Auch  ein  öffentliches  Gefängniss  befand  sich  hier.  Die  Zahlen 
freilich,  die  Josephus  von  den  Einwohnern  (gegen  40,000  Bell, 
jud.  II.  21,  4\  von  den  bei  der  Eroberung  der  Stadt  und  den  auf 
diese  folgenden  Kämpfen  auf  dem  See  Umgekommenen  (6500 
Bell.  jud.  III.  10,  9),  sowie  endlich  von  den  die  Einnahme  über- 
lebenden Gefangenen  (41,200  Bell.  jud.  III.  10,  10)  anführt,  tra- 
gen den  Stempel  der  bewussten  oder  unbewussten  Übertreibung 
so  deutlich  an  sich,  dass  auf  dieselben  auch  nicht  das  mindeste 
zu  geben  ist.  Es  mag  sonach  die  Bedeutung  des  Platzes  für  Jo- 
sephus immerhin  "weniger  in  seiner  Grösse  ,  als  in  seiner  centra- 
len Lage  zwischen  den  aufständischen  Gebieten  an  beiden  Ufern 
des  Sees,  in  der  Nähe  des  letzteren  selbst,  der  für  alle  Fälle  einen 
letzten  Fluchtweg  bot,  und  endlich  in  der  Möglichkeit  zu  finden 
gewesen  sein,  von  hier  aus  das  stets  zwischen  den  Parteien  hin 
und  her  schwankende  Tiberias  zu  beobachten  und  im  Zaume  zu 
halten,  nöthigenfalls  auch  ihm  leicht  die  Verbindung  mit  dem 
übrigen  Galiläa  abzuschneiden. 

Darum  befindet  sich  denn  auch  Taricheae  unter  den  von  Jo- 
sephus befestigten  Punkten  Niedergaliläa's  (Bell.  jud.  II.  20.  6; 
^  ita  37),  doch  ist  es  nicht  so  stark  Avie  Tiberias.  da  von  den  vor- 
handenen Mitteln  nur  ein  liest  für  dasselbe  übrig  blieb .   so  dass 


Die  Lage  von  Taricheae.  97 

auch  die  Seeseite  der  »Stadt  ohncMancr  p^elassen  -wurde,  und  liier 
gerade  bei  der  endlichen  Eroberung  Titus  durch  das  seichte 
AVasser  eindringen  konnte  Bell.  jixd.  III.  10,  1.  5;  vgl.  Vita 
32,  wo  allerdings  gesagt  ist,  dass  Taricheae  vor  Tiberias  be- 
festigt worden  sei) .  GleichAvohl  ^vird  es  das  Haupt-  und  Stand- 
(juartier  des  Feldherrn.  Hierher  flieht  er ,  so  oft  in  Tiberias  die 
römische  Partei  die  Oberhand  bekommt  (Vita  18;  Bell.  jud.  II. 
21,  S.  9;  Vita  32  bis  34) ;  von  hier  aus  bemächtigt  er  sich  der  ab- 
trünnigen Stadt  wieder ;  hier  hat  er  die  Niederlage  für  die  Beute 
und  die  Zuflxichtstätte  für  die  zu  ihm  abgefallenen  Fremden 
Bell.jud.II,  21,  3;  Vita  26.  31;  vgl.  auch  Vita  30.  35.  54.  73). 
Als  er  in  den  Kämpfen  um  Julias  am  Jordaneinflusse  in  den  See 
durch  einen  Sturz  mit  dem  Pferde  zu  Schaden  gekommen  ist, 
wird  er  nach  Taricheae  zurückgebracht  (Vita  72). 

Wo  lag  nun  dasselbe?  Wir  haben  bereits  angedeutet,  dass 
es  unmittelbar  am  Ufer  des  Sees  zu  suchen  ist.  Die  Bestimmung, 
dass  ihm  Gamala  am  andern  Ufer  gegenüber  liegt  (l?ell.  jud.  IV. 
1,  1),  giebt  bei  der  Unbestimmtheit  des  Ausdrucks  und  beider 
noch  nicht  zweifellos  ausgemachten  Situation  jener  Stadt  keinen 
Ausschlag.  Dagegen  erfahren  wir  ausdrücklich,  dass  Taricheae 
30  Stadien  von  Tiberias  entfernt  gewesen  sei  (Vita  32).  Auf 
eine  ziemliche  Nähe  von  Tiberias  deuten  auch  noch  andere  Um- 
stände, z.  B.  dass  Josephus  die  letztere  Stadt  von  dort  aus  schon 
in  der  ersten  Morgenstunde  erreicht  f Vita  54) .  Mit  jener  Entfer- 
nungsangabe aber  scheint  die  Ansicht,  welche  Taricheae  an  die 
Stelle  von  Chan  Minje  versetzt,  vollständig  ausgeschlossen  zu 
sein ,  da  die  Entfernung  zwischen  diesem  Punkte  und  Tiberias 
etwa  55  Stadien  beträgt,  und  wir  dem  Josephus  bei  seiner  ge- 
nauen Bekanntschaft  mit  der  Gegend  einen  solchen  Irrthum  ge- 
wiss nicht  zutrauen  dürfen. 

Allerdings  kann  man,  da  bei  jener  Bemerkung  über  den  Ab- 
stand von  Tiberias  und  Taricheae  die  Richtung  nicht  angegeben 
ist,  für  einen  Augenblick  noch  zweifeln,  ob  es  im  Süden  oder  im 
Norden  zu  suchen  sei .  und  in  der  That  haben  die  meisten,  wie 
oben  bemerkt ,  sich  für  die  südliche  Lage  in  der  Nähe  des  Jor- 
danausflusses entschieden.  Dabei  mag  freilich  nicht  unerwähnt 
bleiben,  dass  die  Entfernung  bis  Kedes  mit  ca.  30  Stadien  im- 
merhin annehmbarer  erscheinen  dürfte,  als  das  40  Stadien  ent- 
fernte Kerak,  während  für  dieses  ein  gewisser  Anklang  im  Namen 


C|g  Spiess, 

zu  si)iechen  scheint.  Allein  auch  diese  beiden  Annahmen  sind 
mit  den  Berichten  des  Josephus  völlig  unvereinbar.  Als  nämlich 
nach  der  Eroberung-  des  übrigen  Galiläa  nur  noch  Tiberias  und 
Taricheae  zu  unterwerfen  sind,  zieht  Vespasian  sein  Heer  in  Scy- 
thopolis  zusammen  und  rückt  gegen  ersteren  Platz  vor.  Die  na- 
türliche Strasse  führte  dabei  sicher  nicht  über  die  Avestlichen, 
zum  Theil  schroffen  Höhen ,  sondern  im  Thale  des  Jordan  auf- 
wärts und  am  Westufer  des  Sees  hin.  ]Sun  lagert  Vespasian, 
ehe  er  Tiberias  erreicht,  30  Stadien  von  demselben  entfernt  an 
einem  Orte ,  wo  ihn  die  Aufruhrer  leicht  sehen  konnten  ;  das 
müsste  nach  der  obigen  Annahme  nahe  bei  Taricheae  gewesen 
sein  ;  es  wäre  aber ,  auch  wenn  keine  weitere  Angabe  gemacht 
würde,  völlig  undenkbar,  dass  die  Kömer  an  der  näheren,  gleich- 
falls zu  erobernden  Stadt  vorüber,  zuerst  zur  entferntem  gezogen 
wären.  Doch  wird  Taricheae  hier  nirgends  erwähnt,  sondern  viel- 
mehr der  Ort  des  Lagers  Sennabris  genannt,  und  dieses  ist  durch 
die  englischen  Aufnahmen  in  einer  Ortslage  «Sinn  en-Nabrah« 
dicht  bei  Kerak  nachgewiesen  (Bell.  jud.  HI.  9,  7). 

Beim  Anmärsche  des  römischen  Heeres  fliehen  die  Aufstän- 
dischen aus  Tiberias,  und  zwar  nach  Taricheae  (Bell.  jud.  HL 
9,  8).  Auch  das  wäre  unmöglich,  oder  Avenigstens  sehr  schwie- 
rig, wenn  letztere  Stadt  südwärts,  also  mehr  oder  minder  in  der 
Marschlinie  der  Römer  gelegen  hätte,  dagegen  leicht  und  natür- 
lich im  umgekehrten  Falle,  imd  so  sehen  wir  uns  denn  mit  Noth- 
wendigkeit  in  die  nördliche  Umgegend  von  Tiberias  verwiesen. 

Demgemäss  nimmt  Vespasian,  nachdem  er  diese  Stadt  ge- 
wonnen, seinen  Weg  weiterund  lagert  in  einem  besonders  festen 
Lager  zwischen  jenem  Platze  und  Taricheae,  wohin  die  letzten 
Schaaren  aller  Aufrührer  zusammengeströmt  sind;  ein  Theil  der- 
selben steht  in  der  Ebene  vor  der  Stadt.  Diese  Ebene  aber  kann 
nur  auf  der  einen  Seite  sich  erstreckt  haben,  da  Josephus  aus- 
drücklich berichtet,  dass  Taricheae  ebenso  wie  Tiberias  am  Fusse 
eines  Berges  gelegen  habe  (uTiojpisio;) ,  und  zwar  muss  dieser  Berg 
ziemlich  nahe  an  die  Stadt  herangetreten  sein,  da  die  der  Stadt 
gegenüberliegende  Höhe  von  2000  römischen  Bogenschützen  be- 
setzt wird,  welche  die  Besatzung  der  Mauer  beschäftigen  sollen, 
während  Titus  zum  Gefechte  in  die  Ebene  vorrückt  IJell.  jud. 
HL  10,  1 — h).  Diese  ganze  Schilderung  der  Örtlichkeit  passt 
aber  vortrefflich  auf  die  Lage  von  el-Medschdel,   das,   am  Fusse 


Die  Lage  von  Taricheae.  99 

eines  steilen  Kergahsturzes  liegend,  auf  der  Nordscite  an  die 
Ebene  Genezareth  stösst,  nnd  da  die  Entfernung  dieses  Ortes 
von  demalten,  etwas  südlicher  als  das  gegenwärtige  gelegenen 
Tiberias  genau  zutrifft,  so  bleibt  kein  Zweifel,  dass  allein  die 
Annahme  von  Furrer  und  Socix  die  richtige  ist.  Sie  macht  es 
uns  auch  mehr  erklärlich  als  die  Verlegung  von  Taricheae  nach 
Chan  Minjc;  dass  man  den  verwundeten  Josephus  zunächst  nach 
dem  Dorfe  Kscpapvioji-r^  und  erst  in  der  folgenden  Nacht  nach  dem 
entfernteren  Taricheae  brachte. 

Wir  haben  in  der  vorstehenden  Ausführung  einen  neuen 
Beweis  dafür,  dass  in  vielen  Fällen  die  genaue  Erwägung  der 
Angaben  des  Josephus,  zusammengehalten  mit  den  topographi- 
schen Forschungen ,  ein  sicheres  Resultat  ergiebt,  und  dass  gar 
manche  vielverhandelte  Differenz  nur  darin  ihren  Ursprung  hat, 
dass  man  Josephus  nicht  genügend  berücksichtigte.  Unser  oben 
gewonnenes  Ergebniss  über  die  Lage  Taricheae' s  bringt  uns  frei- 
lich in  Collision  mit  der  von  den  meisten  getheilten  Ansicht, 
dass  el-Medschdel  das  neutestamentliche  Magdala  sei ,  und  wir 
vermögen  keine  Ausgleichung  zu  geben ,  da  die  Auskunft  eines 
Doppelnamens  bei  dem  Mangel  jeder  Andeutung  kaum  annehm- 
bar erscheinen  dürfte.  Vielleicht  ist  die  Annahme  möglich,  dass 
Magdala  in  unmittelbarster  Nähe  von  Taricheae  gelegen  habe, 
und  dass  nur  das  erstere  sich  bis  auf  die  Gegenwart  erhalten  hat, 
obschon  sich  nicht  verkennen  lässt,  dass  eben  gerade  nur  die 
Lage  des  heutigen  el-Meschdel  der  Schilderung  von  Taricheae 
entspricht. 


Die  Stadt  Salamias  bei  Aiitoiiinus  Placeiitiuus. 

Aon  J.  Gildemeister  in  Bonn. 

Man  ist  bisher  in  Verlegenheit  gewesen  ,  den  von  Antonin 
c.  X  genannten,  sonst  nirgends  erwähnten  Ort  Salamias  oder, 
wie  der  älteste  Codex,  der  St.  Galler,  schreibt,  Salmias  unter- 
zubringen, wo  die  drittehalb  Stämme  entlassen  und  in  dessen 
Nähe  sogenannte  Thermen  des  Moses  seien.  Vgl.  Tobler  zu 
dieser  Stelle  und  ZDPV.  Yll,  202.  Tiieguosius  §  65  kennt  heisse 
Quellen  des  Moses  bei  Livias  und  nennt  dies  als  den  Ort,  wo 
Moses  aus  der  Welt  gegangen. 

Neuerdings  ist  in  einer  Handschrift  zu  Arezzo  die  bisher 
unbekannte  Pilgerreise  einer  ungenannten  Lateinerin  aus  den 
Jahren  365  bis  370  zu  Tage  gekommen,  aus  der  ihr  Entdecker 
F.  G.  Gammurini  einen  Auszug  veröifentlicht  hat  (I  misteri  e 
gl'inni  di  St.  Ilario  ed  una  perigrinazione  ai  luoghi  sante.  Rom. 
1884.  8",  pp.27),  in  dem  S.  12  gesagt  wird,  die  Israeliten  hätten 
sich  bei  Livias,  einer  Stadt  in  der  Ebene,  gelagert  (Num.  32,  48) 
und  hier  Moses  den  Stämmen  seinen  Segen  (üeut.  33)  ertheilt; 
der  von  ihm  benannte  Quell  befinde  sich  sechs  Meilen  von  da 
am  Fusse  eines  weiter  einwärts  zum  Nebo  hin  gelegenen  lierges. 

Sicher  spricht  dieser  liericht  von  demselben  Orte  wie  An- 
TONiNus  und  Theodosius.  Die  Entlassung  der  drittehalb  Stämme 
vor  dem  tibergang  über  den  Jordan  deckt  sich  mit  der  Segnung 
der  Stämme  bei  dem  Abschiede  Mosis,  und  die  Mosesquelle  wird 
genauer  in  Beziehung  auf  die  Stadt  topographisch  bestimmt.  Von 
Mosesquellen  ist  in  dieser  nämlichen  Gegend  noch  heute  die 
Rede.    Seetzen  II,  324. 

Es  kann  also  kein  Zweifel  sein,  dassANXoNiNus  Livias  meint, 
und  der  Name  Salamias  mussaus  einer  Verderbniss  stammen.  Aus 
-LMIADA  ergiebt  sich  LIVIADA  als  das  Ursprünghche ;  das 
S  entstand  Avohl  durch  Verdo])pelung  aus  einer  älteren  Lesart, 
bei  der  das  jetzt  durch  quae  vocatur  getrennte  civitaS  unmittel- 
bar vorherging.     Der  Name  Salamias  kann  daher  verschAvindeu. 


Der  Einfluss  der  Gebirgswalduiigeii  im  uördliclieii 

Palästina  auf  die  Vermelinmg  der  wässerigen 

Niederschläge  daselbst. 

Von  Dr.  Leo  Aiiderliiid. 


Die  volkswirthschaftlich  bedeutungsvolle  Frage,  ob  die  Be- 
waldung der  Gebirge  einen  Einfluss  auf  die  Vermehrung  der 
Regenmenge  in  denselben  und  deren  Umgebung  äussert,  hat 
wissenschaftlich  seither  noch  nicht  entschieden  werden  können  ^  . 
In  Deutschland  insbesondere  bereitet  der  Entscheidung  dieser 
Frage  der  Umstand  unüberwindliche  Schwierigkeiten ,  dass  dort 
unbewaldete  Gebirge  von  grösserem  Umfange  gänzlich  fehlen,  so 
dass  vergleichende  Beobachtungen  ül)er  die  Höhe  der  wässerigen 
Niederschläge  in  bewaldeten  und  unbewaldeten  Gebirgen  nicht 
möglich  sind.  Ein  in  dieser  Beziehung  günstiges  Land  ist  Pa- 
lästina. Wir  finden  hier  ausgedehnte  unbewaldete  und  bewal- 
dete Gebirge,  und  zufällig  Avurden  auch  an  zwei  Orten,  in  Jeru- 
salem und  Nazareth,  deren  einer  in  Gebirgen  der  ersteren  Art,  der 
andere  nahe  bei  Gebirgen  der  zweiten  Art  liegt,  Beobachtinigen 
über  die  Regenhöhe  angestellt.  Ich  habe  nun  die  Frage  unter 
Benutzung  der  Ergebnisse  dieser  l^eobachtungen  und  der  Ergeb- 


1)  Die  Bedeutung  dieser  Frage  speciell  für  Palästina  erhellt  unter  ande- 
rem daraus,  dass,  wenn  hier  zur  Zeit  der  sogenannten  Spätregen  ,   d.  h.  zur 
Zeit  des  Körner ansatzes    des  Getreides  'im  April,  Anfang  Mai),  nur  wenige 
Centimeter  liegen  zu  wenig  fallen,  eine  vollständige  Missernte  eintreten  kann. 
Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VIII.  8 


102  Anderlind, 

iiisse  meiner  Forschmigen  über  die  Waldverhältnisse  in  Palästina 
untersucht  \n\d  gefunden,  dass  die  Gebirgs  waldun  gen 
Nordpalästina's  die  Regenmenge  daselbst  -wahr- 
scheinlich   nicht    unerheblich    vermehren. 

Sollte  man  meiner  Beweisführung  Mängel  nachweisen  und 
dieselbe  nicht  als  völlig  beweiskräftig  erachten  können .  so  wür- 
den immerhin  die  Angaben  üV>er  die  Höhe  der  Niederschläge  in 
Palästina  das  Interesse  der  Leser  dieser  Zeitschrift  in  Anspruch 
nehmen.  Ausserdem  stellt  meine  Waldbeschreibung  ein  bleiben- 
des Bild  der  gegenwärtigen  Waldverhältnisse  des  westjordani- 
schen Palästina" s  dar. 

Die  meteorologischen  Beobachtungen  in  Jerusalem  verdankt 
man  dem  englischen  Arzte  Herrn  Dr.  med.  Chaplin,  der  sie 
unter  der  Überschrift  wObservations  on  the  climate  of  Jerusalem« 
in  den  Quarterly  Statements  des  »Palestine  exploration  fund«  vom 
Jahre  1S&3.  Januarheft  S.  8  bis  40.  veröffentlichte,  die  meteoro- 
logischen Beobachtungen  zu  Nazareth  dem  im  Dienste  der  eng- 
lischen Mission  stehenden  armenischen  Arzte  Herrn  Dr.  med. 
Vartax.  Dieser  gestattete  mir  in  rühmenswerther  Weise  die  Be- 
nutzung der  Originalaufzeichnungcn.  Während  die  Beobachtun- 
gen CiiAPLrN's  sich  über  den  22jährigen  Zeitraum  von  1S60/61 
bis  1881/S2  erstrecken,  umfassen  diejenigen  Vartak's  nur  den 
10jährigen  Zeitraum  von  1869/70  bis  1878/79.  Dann  war  Var- 
TAX  leider  genöthigt.  seine  Aufzeichnungen  zu  unterbrechen. 
Erst  seit  kurzem  hat  er  sie  wieder  fortsetzen  können.  Der  hin- 
sichtlich der  Jerusalemer  und  Nazarether  Regenbeobachtungen 
vergleichbare  Zeitraum  ist  sonach  zwar  nur  ein  zehnjähriger,  in- 
dess  erscheint  mir  ein  solcher  ausreichend,  um  die  gewonnenen 
Beobachtungsergebnisse  bei  gleichbleibenden  Waldverhältnissen 
als  etwas  für  die  Zukunft  im  wesentlichen  Feststehendes  ansehen 
zu  können.  Die  beiden  folgenden  Übersichten  enthalten  die  Er- 
gebnisse der  Beobachtungen  über  die  Höhe  der  Niederschläge  in 
Jerusalem  und  Nazareth  für  den  zehnjährigen  Zeitraum  1869/70 
bis  1878/79.  Die  in  den  Originalarbeiten  in  englischen  Zollen 
angegebenen  Masse  habe  ich  in  Centimeter  umgerechnet. 


Der  Einfluss  der  Gebirgswaldungen  im  nördlichen  Palästina  etc.     1()3 


Jerusalem. 

Regenzeit.  Regenhöhe. 
Umfasst  die  Regen- 
fälle    aiitVeisenden        Centimeter 
Monate  Septbr.  bis 
Mai  einschliesslich. 

1869/70      .  .      31,85 

1870,71       .  .     48,63 

1871/72       .  .      46,94 

1872/73       .  .      48,09 

1873/74       .  .    100,36 

1874/75       .  .      67,59 

1875/76      .  .      41.87 

1876/77       .  .      34,80 

1877/78       .  .    109,05 

1878/79       .  .      40,89 

Jahresmittel  d.  lOjäh- 

rigen  Zeitraumes  57,01 


Nazareth. 

Regenzeit.  Regenhöhe. 

Umfasst  die  Regen - 
fälle     aufweisenden  Centimer 

Monate  Septbr.  bis 
Juni  einschlies.slich. 
1869/ 7 U 


1870/71 
1871/72 

1872/73 
1873/74 
1874/75 

1875/76 
1876/77 
1877/78 
1878/79 


41,22 
55.96 
68,25 
37,44 
84,90 
77.34 
40,59 
74,43 
89,61 
41,94 


Jahresmittel  d.  lojäh- 

rigen  Zeitraumes  01.17 


Die  Niederschlagshöhe  beträgt  im  Jahresdurchschnitte  zu 
Jerusalem  57.01  Centim.,  in  Nazareth  61,17  Centim.,  übertrifft 
mithin  an  letzterem  Orte  diejenige  in  Jerusalem  um  4.10  Cen- 
tim. '). 

Dieser  Unterschied  in  der  Regenmenge  zu  Gunsten  Naza- 
reths  erklärt  sich  meines  Erachtens  durch  den  Unterschied  in 
derBcAvaldung  des  südlichen  und  nördlichen  Palästina's  diesseits 
des  Jordans.  Nach  meinen  bezüglichen  während  eines  nahezu 
halbjährigen  Aufenthaltes  in  Palästina  gemachten  Beobachtun- 
gen ist  die  Gegend  von  Jerusalem  weit  und  breit  so 
gut  wie  waldkahl,  ein  grosser  Theil  der  Gebirge 
bei  Nazareth  dagegen  mit  ansehnlichen  Waldungen 
bedeckt. 


1)  Zur  Vergleichung  mache  ich  hier  Angaben  über  die  Regenhöhe  eini- 
ger anderer  Orte.  Die  Ziffern  .bedeuten  den  Jahresdurchschnitt  aus  mehr  als 
zehnjährigen  Beobachtungen.  Für  Kairo  jedoch  vermochte  ich  nur  den  Mit- 
telwerth  für  den  fünfjährigen  Zeitraum  von  1857—1861  anzugeben.  Es  be- 
ziffert sich  die  Niederschlagshöhe  in  Athen  auf  40,9,  Ivonstantinopel  70,4. 
"Wien  44,7,  Berlin  52,1,  London  58,9,  Paris  50,2,  Madrid  38,0.  RomSo,0,  Pa- 
lermo 59,1,  Kairo  3,4  Centimeter. 

8* 


lOj  Anderlind. 

Was  zuuächsl  die  Waldverhältnisse  der  Gegend  von  Jeru- 
salem betrifft,  so  kommt  nach  Osten  Wald  nur  in  dem  jenseits 
des  Jordans  gelegenen  sogenannten  Ostjordanlande  vor;  die  näch- 
sten ^^'aldungen  finden  sich  etwa  45  Kilometer']  östlich  von  Je- 
rusalem bei  es-Salt.  Auf  noch  grössere  Entfernungen  hin  ist  die 
Gegend  von  Jerusalem  waldleer  in  der  Kichtung  nach  Nor- 
den. Hier  stösst  mau  auf  beachtenswerthe  Waldmassen  erst  un- 
gefähr 75  Kilometer  nordnordwestlich  von  Jerusalem  im  Gebirge 
Ephraim  bei  Umm  el-Fahm  und  in  dem  nordwestlich  an  dieses 
sich  anschliessenden  Karmelgebirge.  Westlich  von  Jerusalem, 
nach  dem  mittelländischen  Meere  hin,  giebt  es  nur  an  zwei  Stel- 
len Waldwuchs,  der  die  Bezeichnung  als  Wald  verdient.  Das 
eine  der  beiden  AVäldchen  liegt  etwa  16  Kilom.  westlich  von  Je- 
rusalem i.nid  umfasst  nach  meiner  Schätzung  ungefähr  1  ly'o  Hek- 
tar. Das  andere  grössere,  eine  kleine  Strecke  westlich  von  erste- 
rem,  etwa  IS  Kilom.  Avestlich  von  Jerusalem,  zwei  Kilom.  nord- 
östlich vom  Dorfe  Bet  Mahsir  auf  dem  Gipfel  des  Berges  Aschami 
gelegen,  nimmt  etwa  fünf  Hektar  ein.  Die  fast  ausschliesslich 
aus  der  Seestrandskiefer  Pinus  halepensis,  von  den  Arabern,  wie 
die  Pinie  {"Pinus  Pinea'  ,  Snöbar  genannt)  zusammengesetzten 
Haine  haben  überwiegend  Altholz  aufzuweisen.  Der  kleinere  ist 
ziemlich  gut  geschlossen,  der  grössere,  Avelcher  ein  Bethaus  und 
eine  ]>egräbnissstätte  der  Muslimen  einschliesst,  zeigt  viele  Lücken, 
auf  derNordostseite  jedoch  guten  Schluss  und  urwaldartiges  Aus- 
sehen. Die  Erhaltung  dieser  Wäldchen  verdanken  wir  dem  Um- 
stände, dass  sie  den  Muslimen  als  heilige  Haine  gelten  und  dess- 
halb  von  Menschenhand  nicht  berührt  werden  dürfen.  Was  auf 
dem  Gebirge  Juda  westlich,  südwestlich,  in  der  Richtung 
nach  Hebron  und  Berseba,  und  südlich  von  Jerusalem  sonst 
noch  an  Waldwuchs  vorhanden,  ist  im  wesentlichen  nichts  als 
etwas  niederwaldartiges,  lückiges  Gestrüpj) ,  welches  hauptsäch- 
lich besteht  aus  der  Kermeseiche  Quercus  coccifera.  arabisch 
Sindijän  ,  dem  Erdbeerbaum  'Arbutus  unedo  und  Arb.  An- 
drachne,  arab.  Kekab  ,  der  Wildpistazie  (Pistacia  lentiscus) ,  dem 
wilden  Johannisbrotbaum  'Ceratoria  siliqua,  arab.  Charrüb;  nicht 
sehr  häufig),  der  Terebinthe  .Pistacia  Terebinthus,  arab.  Butm.; 


1    Hierunter   sind   in   meinem  Artikel  stets  Luftliniekilometer   zu  ver- 
stehen. 


Der  Einfluss  der  Gebirgswaldungen  im  nördlichen  Palästina  etc.     1  (i5 

nicht  sehr  häufig  und  der  »Seestrandskiofer .  Avelchu  jeduch  nxir 
noch  etwa  5  Kilom.  südwestlich  von  .Salomos  Teichen  nahe  hei 
IJet  Zakärja  (dem  Sacharjashause^  vereinzelt  in  jüngeren  Exem- 
plaren vorkommt.  Und  selbst  dieses  Gesträuch  wird,  wenn  sich 
die  äiisseren  Verhältnisse  für  seine  Erhaltung  nicht  günstiger  ge- 
stalten, in  nicht  zu  ferner  Zeit  völlig  verschwunden  sein,  da  man 
dasselbe  trotz  behördlichen  Verbotes  allmählich  rodet ,  um  es 
theils  als  Brennholz,  theils  nach  erfolgter  Verkohlung  als  Kohle, 
theils  (die  Seestrandskiefer)  als  Weihnachtsbaum  nach  Jerusalem 
abzusetzen.  Südöstlich  von  Jerusalem  in  der  Richtung  nach 
dem  Todten  Meere  ist  das  Land  völlig  waldleer.  Bloss  am  Tod- 
ten  jMeere  und  nahe  demselben  sind  einige  Partien  Schirmaka- 
zien (arab.  Sejäl  ,  Stechginsterstauden  (arab.  Retem;  gefunden 
worden  ^] . 

Sonach  erscheint  meine  Behauptung,  dass  es  weit  und  breit 
von  Jerusalem  Wald  so  gut  wie  nicht  gebe,  begründet.  Im  gan- 
zen südlichen  und  mittleren  Avestjordanischen  Palästina  von  hei- 
seba  bis  nördlich  an  eine  gerade  Linie,  welche  man  sich  vom 
Meere  etwa  über  Dschenin  nach  dem  Jordan  gezogen  denkt, 
findet  sich  ausser  den  beiden  winzigen  Seestrandskiefernhainen 
bei  Bet  Mahsir  kein  die  Bezeichnung  als  Wald  rechtfertigender 
Baumwuchs. 

Im  Gegensatze  zu  Jenisalem  ist  die  etwa  103  Kilom.  nörd- 
lich von  Jerusalem  auf  dem  galiläischen  Berglande  gelegene 
regenreichere  Stadt  Nazareth  fast  auf  allen  Seiten  von  ansehn- 
lichen und  zum  Theile  vollkommenen  Waldungen  umgeben. 
Hier  sind  durch  günstige  Umstände ,  vornehmlich  wohl  infolge 
der  strengen  Massnahmen  der  türkischen  Verwaltungsbehörden 
zu  Nazareth  und  'Akka,  welche  nicht  nur  die  Ausfuhr  von  Holz 
imd  Kohle  zu  Schiff  und  die  Benutzung  der  Wälder  seitens  der 
Landesbewohner  über  gewisse  Grenzen  hinaus  verboten  haben, 
sondern  diesen  Verboten  im  allgemeinen  auch  Beachtung  zu  \-er- 
schaffen   wissen 2;,    seit  dem  Ende   der   Judenherrschaft,    xniter 

1)  Kersten ,  Umwanderung  des  Todten  Meeres  in  Zeitschrift  des  Deut- 
schen Palästinavereins  II  (1879)  215  fF. 

2;  Leider  kann  ich  dieses  Lob  nicht  auch  der  Verwaltungsbehörde  des 
Kreises  Sfir  (Tyrus)  spenden.  Nach  Angabe  des  österreichischen  Konsular- 
agenten Jos.  Miklasiewicz  in  Safed  führt  man  aus  den  in  diesem  Kreise  bei 


[Oß  Anderlind, 

welcher  verschiedenen  Anzeichen  zufolge  im  westjordimischen 
I'aliistina  aller  Wald  zerstört  worden  zu  sein  scheint,  wieder 
Waldungen  von  lielang  entstanden.  Nur  südlich  und  südöstlich 
vonXazareth  fehlt  Waldwuchs  gänzlich.  Im  Osten  des  Ortes  zieht 
sich  ein  schmaler  Streifen  Waldes  hin.  Grosse  Waldmassen  lie- 
gen nördlich,  westlich  und  südwestlich  von  Nazareth. 

Man  kann  diesen  Ort  als  in  der  Nähe  von  zwei  Waldgebie- 
ten, einem  nahen  und  einem  fernen,  gelegen  bezeichnen. 

Nazareth  liegt  auf  der  südlichen  Abtheilung  des  galiläischen 
Gebirges,  welche  nordwestlich  von  der  Ebene  Sebulon  (d.  i.  el- 
IJattüf.  Anm.  der  Iled.),  südlich  von  der  Ebene  Esdrelon  und 
deren  nördlichen  Verzweigung,  dem  Hirethale.  östlich  vom  See 
Cxenezareth  begrenzt  wird  und  nach  Norden  durch  einen  den 
See  von  der  Ebene  Sebulon  trennenden  Gebirgsschaft,  den  Kam 
Hattin ,  mit  dem  nördlichen  Haupttheile  des  galiläischen  Gebir- 
ges in  Verbindung  steht. 

Auf  der  so  umschriebenen  Gebirgsabtheilung  bis  zum  Karn 
Hattin  befindet  sich  das  nahe  Waldgebiet.  Der  östliche 
Theil  desselben  ist  der  oben  bereits  erwähnte  schmale  Wald- 
streifen. Seine  Länge  von  Norden  nach  Süden  beträgt  etwa 
12  Kilometer,  seine  durchschnittliche  Breite  von  Westen  nach 
Osten  etwa  4Kilom.  Seine  nächsten  Partien,  in  gerader  östlicher 
Richtung,  mögen  etwa  4  Kilom. ,  die  entferntesten  in  nordöst- 
licher Richtung  etwa  10  Kilom..  in  südöstlicher  etwa  12  Kilom. 
von  Nazareth  entfernt  liegen.  ])er  Streifen  besteht  aus  dem 
Walde  des  auf  der  südlichen  Seite  sehr  schwach ,  auf  der  west- 
lichen und  östlichen  Seite  stark  lückig,  auf  der  Nord-  und  Nord- 
ostseite nahezu  voll  bestandenen  Berges  Tabor  und  des  nördlich 
daran  grenzenden  tiefer  gelegenen  Gebirgslandes.  Die  Waldform 
des  Tabors  ist  auf  der  Nord-  und  Ostseite  als  eine  hochwaldar- 
tige, auf  der  Süd-  und  Westseite  als  eine  niederwaldartige  anzu- 
sprechen. Die  herrschenden  Holzarten  auf  der  Nord-  und  Ost- 
seite sind  die  Kermeseiche  und  die  Knopperneiche  Quercus  ae- 
gilops').    Eine  der  stärksten  Kermeseichen  hatte  in  Brusthöhe 

Isfina  und  Tibmn  gelegenen  "Waldungen  eine  grosse  Menge  Holzkohle  nach 
Ägypten  aus. 

1  Die  Araber  in  Galiläa  nennen  diese  Eiche  gewöhnlich  »Bailüt«,  solche 
Exem])lare  jedoch,  welche  die  rothbraunen,  nicht  selten  mittelbirnengros8en 


Der  Einfluss  der  Gebirgswaldungen  im  nördlichen  Palästina  etc.      107 

einen  Dtirchmesser  von  07  C'entim.,  eine  der  stärksten  Knoj)- 
penieichen  einen  solchen  von  51  Centim. ,  während  die  Hölie 
jener  etwa  10,  dieser  etwa  6  Meter  betrug.  Unterj^eordncte 
Holzarten  in  Banmform  auf  diesen  beiden  Seiten  (U-s  Herfj:es  sind 
der  wihle  Johannisbrotbaum,  in  Buschform  Phillyrea media',  arab. 
Asshembläs[^Red.]),  der  Storaxbaum  (Styrax  officinalis),  einsehr 
kknnblättriger  SchAvarzdom  'ein  baumartig  gewachsenes  Exem- 
plar mass  kniehoch  20  Ctm.  im  Durchmesser  und  ein  Weiss- 
dorn Crataegus  monogyna).  Auf  der  niederwaldartig  bewalde- 
ten Süd-  und  Westseite  finden  sich  vorwiegend  dieKermeseiche, 
Wildpistazie,  der  wilde  Johannisbrotbaum  (mehr  in  liaum-  als 
Huschform),  spärlich  die  Knopperneiche,  die  beiden  Dornen  und 
der  Storaxbaum.  Das  nördlich  an  den  Tabor  grenzende  Waldland 
ist  mit  einem  hauptsächlich  aus  der  Knopperneiche  und  einer  ge- 
ringen Anzahl  Kermeseichen  zusammengesetzten  Art  llutewald 
bestockt,  dessen  nicht  geschlossen  stehende  Stämme  alljährlich 
oder  in  längeren  Zeiträumen  behufs  Gewinnung  von  Holz  einer 
Schneidelung  unterzogen  werden. 

Was  den  westlichen  The  il  des  nahen  Wald  gebie- 
te s  betrifft,  so  liegen  die  nächsten  W^aldungen  desselben  etwa 
3  Kilom.  westlich  von  Nazareth.  Das  Waldgebiet  umfasst  von 
hier  an  westlich  nahezu  das  ganze  zwischeji  den  Ebenen  Sebulon 
imd  Esdrelon  liegende  Gebirge.  Die  Länge  dieses  Waldgebietes 
in  der  Richtung  von  Osten  nach  Westen  beträgt  etwa  17  Kilom., 
die  durchschnittliche  Breite  von  Süden  nach  Norden  etwa  6  bis 
7  Kilom,  Auf  dem  von  Nazareth  über  Bet  Lahm  nach  Haifa 
führenden  sogenannten  Winterwege  reitet  man  gegen  drei  Stun- 
den zwischen  bewaldeten  Hängen  und  durch  Waldbestände  hin. 
Letztere  bestehen  der  Betriebsart  nach  zu  einem  grossen  Theile 
aus  Niederwald,  welcher  namentlich  aus  der  Kermeseiche,  der 
Phillyrea  media,  dann  der  Knopperneiche  ,  dem  Erdbeerbaume, 

Knoppern  tragen,  »'Afs«.  Im  nördlichen  Syrien  dagegen,  wie  bei  Baalbek, 
Antiochien,  bezeichnet  man  diese  Eichenart  überhaupt  stets  als  «'Afs«.  »Bal- 
lüt«  heissen  übrigens  bei  den  Fellachen  in  Syrien,  z.  B.  in  der  Nähe  von  Bei- 
rut, auch  die  Eicheln  der  Kermeseiche   Quercus  coccifera;. 

1)  Dieser  und  einige  andere  in  diesem  Artikel  angeführte  Holzsträucher 
wurden  in  rühmenswerther  "Weise  von  dem  Apotheker  Herrn  Dr.  Sickenber- 
ger  in  Kairo ,  einem  ausgezeichneten  Kenner  der  orientalischen  Flora ,  be- 
stimmt. 


■jjiv  Anderlind, 

der  Terebinthe  und  dem  nur  sehr  selten  vorkommenden  Judas- 
baume Cercis  siliquastrum  zusammengesetzt  ist.  zu  einem 
erheblichen  Theile  aus  hutewaldartigem  Hochwalde  (JSchueidel- 
M  aide  und  zu  einem  kleinen  Theile  aus  ziemlich  gut  geschlosse- 
nem Hochwalde.  Hute-  Avie  Hochwald  werden  von  der  Knoj)- 
])enieiche  dargestellt. 

Wie  das  nahe,  so  zerfällt  auch  das  ferne  Wald  gebiet  in 
zwei  Theile.  einen  grossen  ,  jenseits  der  Ebene  Sebulon  gelege- 
nen, nördlichen  und  einen  kleineren,  jenseits  der  Ebene  Esdre- 
lon  gelegenen,  südwestlichen  Theil. 

Die  nächsten  Bestände  des  grossen  nördlichen  Tjhei- 
les  des  fernen  Waldgebietes  sind  von  .Nazareth  in  nörd- 
licher und  nordwestlicher  llichtung  etwa  lu — 11  Kilometer  ent- 
fernt. Von  Süden  nach  Norden  erstreckt  sich  das  Waldgebiet 
ungefähr  55  bis  6 U  Kilom.  weit.  Die  nördliche  Grenze  desselben 
liegt  sonach  etwa  65  bis  70  Kilom.  von  Nazareth.  Die  durch- 
schnittliche Breite  von  Osten  nach  Westen  beträgt  etwa  25  Ki- 
lom. Begrenzt  ist  es  im  Süden  durch  den  westlich  vom  See  Ge- 
nezareth  sich  erhebenden  Bergzug  des  Karn  Hattin  und  die  Ebene 
Sebulon,  westlich  von  der  Ebene 'Akka.  dem  Mittelmeere  und 
der  Ebene  von  Sür  (Tyrus' .  Nördlich  und  östlich  kann  man  sich 
das  Waldgebiet  begrenzt  denken  durch  eine  Linie .  welche  öst- 
lich von  Tyrus.  am  Gebirgsrande  beginnend,  über  die  Orte  Käna, 
Tibnin,  Safed  nach  dem  Bergzuge  des  Karn  Hattin  läuft  und  am 
östlichen  Ende  der  Ebene  Sebulon  endigt.  JJer  Waldform  nach 
gehören  die  vorhandenen  Bestände  theils  dem  hutewaldartigen 
Hochwalde  (Schneidelwalde' ,  theils  dem  Niederwalde  an.  Die 
Holzarten  bei  beiden  Waldformen  unterscheiden  sich  nicht  we- 
sentlich von  den  Holzarten ,  welche  die  gleichen  Betriel)sarten 
des  nahen  Waldgebietes  aufweisen.  Wie  beim  nahen,  so  be- 
deckt der  Hutewald  auch  beim  fernen  Waldgebiete  vorzugs- 
weise die  Platten  und  sanften  Hänge  des  Gebirges,  während  der 
Niederwald  die  steilen  und  schroffen  Hänge  einnimmt.  Hute- 
wald findet  sich  haiiptsächlich  auf  dem  galiläischen  Gebirge 
zwischen  der  Ebene  Sebulon,  welche  etwa  17  Kilom.  südlich 
von  'Akka  in  die  Ebene  'Akka  ausläuft,  und  dem  etwa  15  Kilom, 
nördlich  von  der  Stadt  'Akka  ins  Meer  mündenden  Wadi  el-Karn. 
Im  übrigen  Theile  des  Waldgebietes  zeigt  sich  übei-sviegend  Nie- 
derwald, in  ansehnlichen  Massen  besonders  an  den  steilen  Nord- 


Der  Einfluss  der  Gebirgswaldungeii  im  nördlichen  Palästina  etc.     109 

hängen,  stellenweise  selbst  an  den  Südlüingen  des  die  nördliche 
Grenze  der  Ebene  Sebnlon  bildenden  Gebirgsznges,  ferner  auf 
der  Westseite  des  Dscherniakgebirges  namentlich  bei  den  Dur- 
fern  Bet  Dschenn  nnd  Harfisch,  nnd  im  Gel)irge  südöstlich  von 
Tyriis  bei  den  Dörfern  Käna  und  Tibnin  i) .  In  einem  Theile  der 
Niederwälder,  hier  häufiger,  dort  seltener,  sind  Oberständer  vor- 
handen, welche  stets  aus  der  Knopperneiche  bestehen. 

Der  kleinere,  südwestliche  Theil  des  fernen 
Waldgebietes  wird  von  den  Waldungen  gebildet,  welche  die 
auf  der  Nordostseite  von  der  Ebene  Esdrelon ,  auf  der  Südwest- 
seite von  der  Ebene  Saron  begrenzten,  von  Nordwesten  nach  Süd- 
osten verlaufenden  beiden  Gebirgszüge,  den  Karmel  und  das 
Ephraimgebirge ;  in  einer  Ausdehnung  von  ungefähr  40  bis  45  Ki- 
lom.  bestocken.  Dieses  Waldgebiet  hängt  jedoch  nicht  ununter- 
brochen zusammen,  sondern  zeigt  im  nordAvestlichen  Theile  des 
Gebirges  Ephraim  eine  bemerkenswerthe  Lücke.  Letzteres  ist 
von  dem  Punkte  an,  wo  es  an  den  Karmel  anschliesst.  etwa  2U 
Kilom.  südöstlich  von  Haifa,  in  der  Richtung  nach  Südosten  auf 
einer  Strecke  von  etwa  10  bis  12  Kilom.  völlig  waldleer  und  meist 
landAvirthschaftlich  bebaut.  Danach  kann  man  zwischen  einem 
Karmelwaldgebiete  und  einem  Waldgebiete  des  Ge- 
birges Ephraim  unterscheiden. 

Das  erstere  umfasst  beinahe  den  ganzen  Karmel.  welcher 
nur  an  seinem  nordwestlichen  Ende  in  der  Umgebung  des  Karme- 
literklosters und  am  Südostabhange  seines  südöstlichen  Endes  in 
der  Nähe  der  Opferstätte  (des  zu  dem  vorher  genannten  Kloster  ge- 
hörigen kleinen  neuen  Klosters  el-Mahraka) ,  sowie  an  einzelnen 
Hängen  der  Südwestseite  auf  kleinen  Strecken  gar  nicht  oder 
doch  nur  dürftig  bewaldet  ist,  und  hat  eine  Länge  von  etwa  22 
Kilom.  bei  einer  Breite  von  6  bis  8  Kilometern, 

Das  in  der  Umgebung,  vornehmlich  südöstlich  des  grossen 
Dorfes  Umm  el-Fahm  gelegene  Waldgebiet  des  Gebirges 
Ephraim  dehnt  sich  von  Nordwesten  nach  Südosten  ungefähr 

1)  Die  westlich  und  nordwestlich  von  Safed  vorkommenden  AValdungen 
habe  ich  nicht  selbst  gesehen.  Ich  beschreibe  sie  daher  nach  den  Mittheilun- 
gen, welche  mir  darüber  der  österreichische  Konsularagent.  Herr  Jos.  Mi- 
klasiewicz  in  Safed,  dem  ich  auch  die  freundlichste  Aufnahme  in  seinem  Hause 
verdanke,  in  anerkennenswerthester  Weise  gemacht  hat. 


IJQ  Anderlind, 

10  bis  12  Kilom.  und  von  Osten  nach  Westen  etwa  10  bis  15Ki- 
lom.  ans.  In  letztgenannter  Richtung  erstreckt  es  sich  bis  zu  den 
in  der  Gegend  von  Tantura-Cäsarea  weit  ins  Land  vorgedrunge- 
nen Meeressanddiinen  der  Ebene  Saron. 

Die  Karmel  Waldungen  setzen  sich  zum  grösseren Theile 
aus  NiederwakUnigen,  zum  kleineren  Theile  aus  Hochwaldungen 
zusammen.  Die  Niederwälder  werden  gebildet  von  der  Kennes- 
eiche ,  der  Knopperneiche ,  welche  hier  besonders  schöne  und 
grosse  Knoppern  trügt,  Phillyrea  media,  dem  Erdbeerbaum,  der 
Wildpistazie,  dem  Avilden  Johannisbrotbaiime ,  der  Terebinthe, 
dem  Storaxbaume ,  der  die  Höhe  von  einem  Meter  und  darüber 
erreichenden  Cistrose  Cistus-,  dem  Stechginster,  Lorbeerbäume 
(bei  der  Opferstätte)  etc.  Dazwischen  stehen,  besonders  häufig 
in  der  Gegend  der  Opferstätte,  Knopperneichen  als  Oberständer. 
Diese  erreichen  bisweilen  beträchtliche  Dimensionen.  Eine  an 
dem  lückig  bestandenen  Hange  südöstlich  der  Opferstätte  wur- 
zelnde Knopperneiche  hatte  eine  H  öhe  von  circa  1 5  Metern  und 
in  Brusthöhe  einen  Umfang  von  4.55  Metern.  Ein  grosser  Theil 
der  Niederwaldungen  zeigt  ziemlich  guten  bis  sehr  guten  Schluss. 
Auf  dem  mittleren  Theile  des  Gebirges  und  zwar  vorzüglich  auf 
den  Hochlagen,  insbesondere  auf  dem  Rücken,  ist  die  Form  der 
Waldungen  eine  hochwaldartige.  Hier  kommt  die  Seestrandskie- 
fer in  erwähnenswerther  Ausbreitung  vor.  Ich  traf  sie  südöstlich 
vom  Karmeliterkloster  zuerst  etwa  drei  Kilom.  von  letzterem. 
Auf  bedeutenden  Strecken  ist  sie  die  herrschende  Holzart,  frei- 
lich bei  einem  Alter  von  meist  nicht  über  10 — 12  Jahren.  Völlig 
geschlossene  alte  Kiefernbestände  scheinen  aiif  dem  Karmel 
ganz  zu  fehlen.  Ich  fand  nur  an  dem  steilen  Süd-  und  Nord- 
hange einer  westlich  nach  dem  Meere  auslaufenden  Schlucht, 
etwa  sechs  Kilom.  südöstlich  vom  Karmeliterkloster,  neben  an- 
derem spärlichen  Waldwuchs  ungefähr  hundert  ältere  20 — 35jäh- 
rige  Seestrandskiefern  vor,  von  denen  eine,  wohl  die  stärkste 
unter  ihnen ,  eine  Höhe  von  etwa  sieben  Metern  und  in  Brust- 
höhe einen  Durchmesser  von  35  Centim.  hatte.  Als  untergeord- 
nete Holzarten  bemerkte  ich  in  den  jungen  Seestrandskiefern- 
beständen  namentlich  die  Kermeseiche,  Phillyrea  media,  die 
Cistrose,  den  Avilden  .Johannisbrotbaum,  die  Terebinthe,  den 
Stechginster  und  wilden  Olivenbaum    sehr  selten) . 

Die  Waldungen  des  Gebirges  Ephraim  sind  theils 


Der  Einfluss  der  Gebirgswaldungen  im  nördlichen  Palästina  etc.     j  |  1 

Nieclerwaldimgen,  theils  hutewaldartige  Hoch-waldungen.  Erstere, 
hauptsächlich  südöstlich  von  Umm  el-Fahm  gelegen  nnd  stellen- 
weise sehr  dicht,  fast  undurchdringlich,  bestehen  im  wesentlichen 
ausderlvnopperneiche,  derKerraeseiche,  Phillyrea  media  und  dem 
Storaxbaume.  Da  und  dort  ragen  aus  den  Niederwäldern  ein- 
zelne Oberständer  (Knopperneichen)  empor.  Die  hutewaldarti- 
gen,  von  der  Knopperneiche  dargestellten  Hochwaldungen 
stocken  zum  Theile  auf  dem  lierglande  nordnordwestlich,  zum 
Theile  südöstlich  und  südlich  von  Umm  el-Fahra,  und  zum  Theile 
südwestlich  und  westlich  von  diesem  Orte  auf  dem  allmählich 
nach  den  Meeressanddünen  in  der  Ebene  Saron  abfallenden 
Theile  des  Gebirges. 

Von  Nazareth  sind  sowohl  die  Karmelwaldungen ,  wie  die- 
jenigen des  Gebirges  Ephraim  an  den  Stellen,  wo  sie  am  näch- 
sten zur  Stadt  liegen,  etAva  17 — IS  Kilom.,  an  den  Punkten,  wo 
sie  am  weitesten  von  der  Stadt  abliegen,  nicht  über  35  Kilom. 
entfernt. 

Einen  günstigen  Standpunkt  für  Gewinnung  eines  Uber- 
bhckes  über  einen  grossen  Theil  der  vorstehend  beschriebenen 
Waldgebiete  bildet  die  Terrasse  des  auf  der  südöstlichen  End- 
spitze des  Karmels  gelegenen  Klosters  el-Mahraka.  Von  hier  aus 
sah  ich  zunächst  ringsum  einen  Theil  der  im  allgemeinen  gerade 
in  dieser  Gegend,  insbesondere  in  "westlicher  und  nordwestlicher 
Richtung,  prachtvollen  Bestände  des  Karmels,  gen  Südwesten 
einen  Theil  der  Waldungen  des  Gebirges  Ephraim,  nördlich,  jen- 
seits der  Ebene  Esdrelon ,  grosse  Waldmassen  auf  dem  galiläi- 
schen  Gebirge  zwischen  'Akka  und  Nazareth,  östlich  eine  Partie 
der  Waldungen  des  von  dieser  Stelle  aus  halbkugelförmig  er- 
scheinenden Tabor.  Einen  Augenblick  schien  es,  dass  die  Freude, 
Avelche  mir  die  Betrachtung  des  verhältnissmässig  grossartigen 
und  schönen  Waldbildes  bereitete ,  getrübt  werden  sollte.  In 
westlicher  Richtung  nahm  ich  an  zwei  Stellen  aus  den  Wäldern 
emporsteigende  Rauchsäulen  wahr,  Avelche  von  zerstörenden 
Waldbränden  herrühren  konnten.  Zum  Glück  erwies  sich  meine 
Besorgniss  als  unbegründet.  Nur  stille  Meiler  qualmten  dort. 
Man  verkohlt  das  Holz  im  nördlichen  Palästina  nicht  wie  im  Ge- 
birge Juda  in  ausgemauerten  Gruben,  sondern  durchgängig  nach 
deutscher  Art  in  oberirdischen  Meilern. 

Über  den  Flächeninhalt  der  vorstehend  beschrie- 


\  |o  Anderlind. 

benen  Walclge biete  vermag  ich,  da  sie  nicht  vermessen  sind, 
genaue  Angaben  natürlich  nicht  zu  machen.  Selbst  nur  an- 
nähernd richtige  Angaben  auf  Grund  einer  Schätzung  sind 
schwer  zu  gewinnen.  Indess  habe  ich  auch  auf  die  Gefahr  hin, 
der  Kühnheit  geziehen  zu  werden .  -versucht,  den  Flächeninhalt 
der  Waldgebiete .  dann  der  in  diesen  vorhandenen  Waldungen, 
ferner  der  Volhvaldungen  einzuschätzen  und  danach  das  Verhält- 
niss  der  Flächen  der  Vollwaldungcn  zu  der  Landesiiäche  zu  be- 
rechnen, und  führe  das  Ergebniss  meiner  Schätzung  und  l^erech- 
n\ing  hier  an. 

Es  umfassen  die  beschriebenen  Waldgebiete,  ein- 
schliesslich der  darin  enthaltenen  unbewaldeten  Flächen.  1.5S0 
Quadratkilometer  oder  158,000  Hekt.,  die  darin  vorkommenden 
wirklichen  Waldflächen,  das  heisst  die  mit  vollkommenen 
oder  unvollkommenen  Waldbeständen  bedeckten  Flächen.  580 
Quadratkilom.  oder  58,000  Hekt. ,  die  Vollwaldungen,  das 
heisst  die  Flächen,  welche  sich  ergeben,  wenn  man  die  zu  einem 
grossen  Theile  nicht  voll  bestandenen  wirklichen  Waldflächen 
sich  auf  voll  bestandenen  Niederwald ,  beziehungsweise  Hoch- 
wald zurückgeführt  denkt,  258  Quadratkilom.  oder  25,800  Hekt.. 
wovon  194  Quadratkilom.  oder  19,400  Hekt.  als  Y ollnieder- 
waldungen  und  64  Quadratkilom.  oder  6400  Hekt.  als  Voll- 
hochwaldungen gelten  können.  Ich  habe  bei  dieser 
Schätzung  angenommen ,  dass  die  Niederwaldungen  durch- 
schnittlich zur  Hälfte  voll  bestockt  seien,  dass  ein  Hutewald  nur 
ein  Drittel  von  der  Stammzahl  eines  Hochwaldes  gleicher 
Flächengrösse  enthalte,  und  dass  daher  in  der  Dichtheit  der  he- 
stockung  erst  drei  Flächeneinheiten  Hutewald  gleich  zu  erachten 
seien  einer  Flächeneinheit  vollen  Hochwaldes. 

Dürfte  man  annehmen  als  Grenzen  von  Galiläa  im  AVesten 
das  mittelländische  Meer,  im  Osten  den  Jordan  und  die  von  die- 
sem durchströmten  beiden  Seen  Merom  und  Genezareth,  im  Nor- 
den eine  gerade  Linie,  welche  vom  mittelländischen  Meere  über 
Tibnin  zum  Jordan,  im  Süden  eine  gerade  Linie,  welche  von 
dem  genannten  Meere  über  Dschenin  zum  Jordan  geht,  so  be- 
trüge die  Landesfläche  Galiläa's  ungefähr  4320  Quadratkilom. 
oder  432,000  Hekt.  Galiläa  in  dieser  Ausdehnung  umschliesst 
somit  sämmtliche  oben  beschriebene  Waldgebiete.  \ind  es  be- 
trägt von  der  gesammten  Landesfläche  die  wirkliche 


Der  Einfluss  der  Gebirgswaldungen  im  nördlichen  Palästina  etc.      1  j  :\ 

Waldfläche  J3,48%,  die  Flüche  der  gesammten  Voll- 
Avaldungen  5,97  7o,  und  zwar  die  der  Volliiiederwal- 
(lungen  4.49%  und  die  der  Vollhoch  Waldungen    i,4S"/o. 

Man  ersieht  aus  dieser  Darstellung,  dass  Nazareth  in  der 
Nähe  ansehnlicher  Waldungen  gelegen  ist.  Letztere  werden  die 
sie  umgebende  Luft  stark  abkühlen.  Treffen  dann  die  feucht- 
warmen,  über  das  mittelländische  Meer  kommenden  Südwest-, 
West-  und  Nordwestwinde  auf  diese  stark  abgekühlten  Luft- 
schichten, so  muss  eine  Verdichtung  der  in  jenen  Luftströmen 
enthaltenen  Wasserbläschen  zu  liegen  iSchneCi  erfolgen.  In  die- 
sem Sinne  können  Niederschläge  in  Nazareth  um  so  leichter  ein- 
treten, als  weitaus  die  grössten  Waldmassen  südwestlich,  west- 
lich und  nordwestlich  von  diesem  Orte  sich  vorfinden,  so  dass 
die  Meereswinde,  welche  nur  von  diesen  Richtungen  kommen 
können,  stets  auf  die  durch  die  Waldungen  abgekühlten  Luft- 
schichten stossen  müssen. 

üb  den  Waldungen  insofern  ein  Antheil  an  der  Vermehrung 
der  Regenmenge  zufällt,  dass  auf  bewaldeten  Flächen  unzweifel- 
haft eine  grössere,  unter  Umständen  vielleicht  sich  zu  Nieder- 
schlägen verdichtende  Wassermenge  verdampft,  als  auf  wald- 
kahlen Flächen,  möge  dahin  gestellt  bleiben. 

In  der  LTmgegend  von  Jerusalem  dagegen  giebt  es  nach  obi- 
ger Waldbeschreibung  Wälder  so  gut  wie  nicht.  Die  Luft  in  den 
waldleeren  Gebirgen  bei  Jerusalem  wird  sich  bei  der  Annahme, 
dass  dieselben  gleiche  Höhe  wie  die  bei  Nazareth  haben ,  auch 
nicht  so  stark  abkühlen  und  eine  Verdichtung  der  in  den  feucht- 
warmen Meereswinden  enthaltenen  Wasserdämpfe  zu  Regen 
nicht  in  dem  reichlichen  Masse  stattfinden  als  in  Nazareth. 

Übertrifft ,  w^ie  oben  nachgewiesen  wurde ,  die  Regenhöhe 
Nazareths  diejenige  Jerusalems  um  4,16  Centimeter,  so  ist  dies 
um  so  bedeutungsvoller,  als  man,  wenn  beide  Orte  in  weiter  Um- 
gebung unbewaldet  wären ,  das  umgekehrte  Ergebniss  erwarten 
müsste,  dass  Jerusalem  eine  grössere  Regenmenge  aufweisen 
werde  als  Nazareth.  Jerusalem  liegt  nämlich  höher  als  Nazareth, 
und  die  Gebirgsmassen,  welche  nordwestlich,  westlich  und  süd- 
westlich von  Jerusalem  lagern  (das  Gebirge  Juda),  sind  compak- 
ter,  massiger  und  höher  als  die  Gebirge  bei  Nazareth.  Die  com- 
pakten,  massigen,  hohen  Gebirge  aber  bewirken,  weil  sie  die  sie 
umgebenden  Luftschichten  stärker  abkühlen,  reichlichere  Nieder- 


114 


Anderlind, 


schlüge  als  die  von  Aveiten  Ebenen  durchbrochenen  schmiileren. 
niedrigeren  Gebirge  '  .  Die  Höhe  Jerusalems  über  dem  Mittel- 
meere beläuft  sich  auf  740 — SOO  Meter  (Tempelplatz  743,  Berg 
Zion  76S.  nordwestliche  Ecke  der  Stadtmauer  beim  Hotel  Feil 
7S4  Meter  .  Die  höchsten  Punkte  auf  dem  Gebirge  Juda  in  nord- 
westlicher, westlicher  und  südwestlicher  Richtung  erreichen  un- 
gefähr 900  Meter,  ISazareth  dagegen  liegt  nur  26G,4  Meter  über 
dem  Mittelmeere  und  die  höchsten  Berge  in  nächster  Nähe  von 
Nazareth  '  1 — 3  Kilom.)  sind  nicht  über  400  Met.  hoch,  während 
der  Karmel.  das  höchste  Gebirge,  südwestlich,  Avestlich  und 
nordwestlich  zwischen  Nazareth  und  dem  Meere  nur  bis  507  Met. 
ansteigt. 

Nebenbei  will  ich  hier  noch  darauf  aufmerksam  machen, 
dass  die  Schwankungen  in  der  jährlichen  Niederschlagsmenge 
durch  die  Bewaldung  der  Gebirge  abgeschwächt  zu  werden  schei- 
nen. In  Jerusalem  betragen  nämlich  die  Schwankungen  zwischen 
dem  regenärmsten  Jahre  (1869/70:  31,S5  Centim.)  und  dem  regen- 
reichsten (1877/78:  109,05Centim.)  77,20  Ctm..  in  Nazareth  da- 
gegen (1872/73:  37,44  Ctm.,  1877/78:  89,61  Ctm.  bloss  52.17 
Ctm.,  also  25,03  Ctm.  weniger. 

Äussern  sonach  wahrscheinlich  schon  Wälder  Aon  der  Aus- 
dehnung und  Beschaffenheit  der  im  nördlichen  Palästina  vorkom- 
menden einen  Einlluss  auf  die  Vermehrung  der  Regenmenge;  so 
müsste  dies  in  noch  bedeutenderem  Masse  der  Fall  sein  .  wenn 
Waldflächen  vorhanden  wären,  die  einen  grösseren  Theil,  etwa 
25^0  ^is  30''/o  von  der  Landesfläche  ausmachten,  die  ferner  voll 
und  statt  mit  den  wenig  zweckmässigen  Nieder-  und  Hutewäl- 
dern.  mit  Doppelwäldern  bestanden  wären,  das  heisst Hoch- 
wäldern, welche  ausser  einem  geschlosseneu  Oberbestande  noch 


1,  Den  Einfluss  der  Höhenlage  des  in  der  Nähe  des  Meeres  gelegenen 
Berglandes  auf  die  Vermehrung  der  Niederschläge  daselbst  erkennt  mau  zum 
Beispiele  daraus,  dass  die  Regenhöhe  in  der  auf  dem  Gebirge  Juda  gelegenen 
Stadt  Jerusalem  durchschnittlich  jährlich  11  Centm.  mehr  beträgt  als  in  der 
etwa  55  Kilom.  westnordwestlich  von  Jerusalem  am  Meeresstrande  gelegenen 
Stadt  Jafa.  Für  letztere  habe  ich  bei  dieser  Vergleichung  dank  der  Güte  des 
Lehrers  Herrn  Gerhardt  Duck  in  Jerusalem  die  Ergebnisse  der  meteorologi- 
schen Beobachtungen  benutzen  können ,  welche  dieser  bei  seinem  früheren 
Aufenthalte  in  Jafa  während  des  fünfjährigen  Zeitraumes  von  1873/74  bis 
1877/78  daselbst  angestellt  hat. 


Der  Einfluss  der  Gebirgswaldungen  im  nördlichen  Palästina  etc.     1 1 5 

einen  aus  schatteneitragenden  Holzarten  etwa  dem  Jolmnnis- 
brotbaum,  der  Wallnuss.  vielleicht  auch  dem  AistsUulenbaunie 
[Ficus  Bengaleusis',  der  im  Ezbekije-Garten  zu  Kairo  vortrefflich 
gedeiht)  bestehenden  Unterbestand  enthielten.  .Sorgte  man  in 
Palästina  und  Syrien  für  eine  Bewaldung  in  diesem  Sinne,  bei 
welcher  auch  die  Festlegung  des  an  vielen  Stellen  zwischen  Gaza 
und  Beirut  immer  weiter  um  sich  greifenden,  sogar  die  Orte  As- 
kalon  und  l^eirut  (von  der  Südwest-  und  Westseite  her)  mit  Xvr- 
schüttung  bedrohenden  Flugsandes  zu  bewirken  wäre,  dann 
würde  der  günstige  Einfluss,  den  eine  zweckmässige  Bewaldung 
auf  die  Interessen  eines  Volkes  ausüben  kann ,  sich  in  vollem 
Masse  auch  in  Palästina  und  Syrien  bemerkbar  machen.  Die 
Länder  würden  regenreicher  werden ,  die  Quellen  und  Bäche  in 
der  trockenen  Jahreszeit  reichlicher  und  nachhaltiger  fliessen, 
der  AVasserstand  der  Flüsse  während  des  ganzen  Jahres  sich 
gleichmässiger  gestalten,  so  dass  eine  Minderung  der  Über- 
schwemmungen, dann  auch  der  Versumpfungen  und  der  durch 
diese  verursachten  Malaria  einträte.  Ferner  würden  die  frucht- 
baren Gelände  an  den  Meeresküsten  vor  Versandung  bewahrt 
bleiben ,  die  schroffen  Unterschiede  zwischen  Tag-  und  Nacht- 
temperatur .  welche  dermalen  so  häufig  schwere  Krankheiten, 
wie  Dyssenterie,  Augenkrankheiten,  hervorrufen,  sich  abschwä- 
chen und  die  Geldeinnahmen  der  Waldbesitzer,  deren  weitaus 
bedeutendster  in  diesen  Ländern  der  Staat  ist.  bei  verständiger 
Bewirthschaftung  der  Forsten  sich  sehr  beträchtlich  vermehren. 

Zur  Erreichung  dieses  Zieles  wäre  freilich  der  Erlass  eines 
guten  Forstpolizeigesetzes  und  die  Einführung  einer  tüchtigen 
Forstdiensteinrichtung  unerlässlich.  Dabei  könnten  die  Einrich- 
timgen  Deutschlands ,  insbesondere  die  Forstpolizeigesetze  und 
Forstdienstorganisationen Preussens  und  Sachsens,  die  in  keinem 
Lande  der  Welt  an  Güte  sich  übertroffen  finden,  als  Anhalt 
dienen . 

Bei  solcher  Sachlage  empfiehlt  es  sich  insbesondere  dringend 
für  die  türkische  Regierung,  die  ja  gegenwärtig  sichtlich  auf  vie- 
len Gebieten  der  Volkswdrthschaft  die  anerkennenswerthesten 
Anfänge  zum  Vorschreiten  macht,  in  Bezug  auf  den  gei)lanten 
Eisenbahnbau  von  Haifa  und  'Akka  nach  Damaskus  die  Wälder- 
zerstörung verhütende  Bestimmungen  zu  treffen.  Ich  höre,  dass 
den  Unternehmern   der  Eisenbahn   die  Benutzung   der  Wälder 


116  Anderlind,  DerEinfluss  d.  Gebirgswaldungen  im  nordl.  Palästina  etc 

Palästina's,  namentlich  auch  des  üstjorclanlandes,  welches  nach 
allem,  was  ich  hierüber  gelesen,  von  mehreren  Augenzeugen  ver- 
nommen und,  freilich  nur  aus  der  Ferne,  selbst  gesehen  habe, 
noch  erheblich  grössere  und  voUkommnere  Waldungen  aufzuwei- 
sen hat  als  das  nördliche  Palästina,  für  Eisenbahnzwecke  gestat- 
tet Avorden  sein  soll.  So  erspriesslich  für  die  Volks wirthschaft 
Palästina's  und  Syriens  ich  diesen  Eisenbahnbau  halte  und  so 
lebhaft  ich  dessen  Ausführung  befürworten  möchte,  so  sehr  wün- 
sche ich,  dass  dies  ohne  Zerstörung  von  Wäldern  geschehen 
möge.  Diess  lässt  sich  leicht  ermöglichen.  Man  verpflichtet  die 
Eisenbahnunternehmer  in  der  Konzession  zum  Bahnbau,  die  ab- 
getriebenen Waldflächen  nach  den  Regeln  eines  guten  Wald- 
baues wieder  anzubauen  und  wenigstens  fünf  Jahre  lang  für  In- 
standhaltung der  Kulturen  durch  Nachbesserung  zu  sorgen. 

Kairo,   den  ß.  April  18S5. 


Beiträge  zur  Palästiiiakimde  ans  arabischen  Quellen. 

Von  J.  Gildemeister  in  Jionn. 

(Vgl.  ZDPV.  IV,  p.  85  ff.   VI.  p.  1  ff.    VII,  p.  43  ff.  215  ff 

5.    Idrisi'), 

Aus    dem    fünften    Abschnitt   des    dritten  Klima  1 
(Jaul).  I  330).   Das  Meer  von  el-Jculzum  ist,  Avie  oben  gesagt ^  , 

1)  Ich'LSi's  Geographie,  bekanntlich  1154  für  den  König  Koger  von  Sici- 
lien  veri'asst,  ist  unter  den  arabischen  bis  jetzt  die  von  Abendländern  für 
Palästina  am  meisten  befragte  gewesen,  wesshalb  nöthig  erschien,  den  ganzen 
Abschnitt  im  Zusammenhange  zu  geben,  obschon  einiges,  das  nördliche  Sy- 
rien behandelnde  oder  einige  Itinerare  hätten  au-sgelassen  werden  können. 
Eine  neue  Übersetzung  ist  wegen  der  vielen  Fehler  der  vorhandenen  Bedürf- 
niss,  der  arabische  Text  aber  lag  bis  jetzt  weder  vollständig  noch  .sicher 
im  Druck  vor.  Es  ist  de  Goeje's  stets  bereite  Hülfe,  welche  durch  Mitthei- 
lung einer  mit  sämmtlichen  Handschriften  coUationirten  Abschrift  des  Pariser 
Codex  A  die  Übersetzung  ermöglichte.  Es  kamen  später  noch  für  das  vierte 
Klima  durch  Neubauer's  Gefälligkeit  die  Varianten  des  Oxforder  Codex  C 
hinzu ;  D  enthält  diesen  Theil  nicht.  Die  vier  Handschriften  sind  in  der  Vor- 
rede zu  Dozy's  und  de  Goeje's  Description  de  l'Afrique  etc.  par  Idrisi  Leyde 
186G,  p.  XXII  charakterisirt  und  zerfallen  in  zwei  Classen,  eine  bessere,  ge- 
bildet durch  B,  den  Pariser  Cod.  892  Suppl.,  und  D,  den  Üxforder  Cod.  Sb\ 
des  Catalogs,  und  eine  minder  gute,  bestehend  aus  C,  Oxf.  887,  geschrieben 
nach  Ulli  906,  nach  Dozy  860,  und  A,  Par.  89;i  Sup))l.  Dazu  kommt  der  in 
Rom  1592  gedruckte,  durch  Ausla.s3ungen  z.  Th.  wohl  zufällig  verstümmelte 
Auszug,  der  das  eine  oder  andere  Mal  eine  gute  Lesart  bietet  (K;.  Ein  kri- 
tisches Hülfsmittel  geringes  "VVerthes  ist  noch  Ibn  el-wardi  (schrieb  S22  = 
Chr.  1419;  Ausgaben  von  Köhler  1766,  Hylaxder  1784 — 182:{  und  Cairo 
—  dritte?  —  1289),  der  den  Abschnitt  über  Syrien  mit  geringen  Ausnahmen 
(p.  161  ,  1 — 7  KÖHLER,  Lob  Syriens,  es  habe  30  Festungen,  darunter  die 

Ztschr.  (l.  Pal.-Ver.  VHL  -^ 


IIS  Gildemeister, 

migetahr  dreissig  Tagereisen  lang  und  seine  grosste  Breite  hat 
das  Mass  von  drei  Tagesfahrten;  (Jaub.  331)  dann  wird  es  fort- 
■während  enger,  bis  aou  dem  einen  Ufer  das  andere  sichtbar  ist ; 
die  breiteste  Stelle  ist  3^.  wo  el-kiilzwn\\c<T\..  Es  erscheint  -wie  ein 
5  Fluss ;  es  finden  sich  darin  hohe  Berge  oberhalb  des  Wassers  inid 
sichtbare    und   verborgene  Klippen   und  Felsbänke  ^;,    zwischen 

stärkste  Karak;  172,  S  bis  174,  4  Moschee  von  Damask;  176,  ü  bis  177,  b  Ein- 
theilung  Syriens  aus  dem/AtZ  des  Ibn  Abd  rabl)ih  III,  360;  tS4,  14  ff.  Halab 
undHamäh)  wörtlich  ausldrisi  excerpirt  und  vielleicht  ein  paar  in  den  Hand- 
schriften ausgefallene  "Worte  bewahrt  hat.  Aber  dieser  Apparat  reicht  nicht 
aus,  einen  völlig  genügenden  Text  herzustellen  :  da  die  Handschriften  oft  in 
gleichen  Fehlem  übereinstimmen  'z.  B.  gleich  anfangs  S.  119.  14  srhs  oder  adbs 
für  suwais;  andere  Beispiele  bieten  die  Noten),  so  stammen  sie  sämmtlich  aus 
einer  schon  fehlerhaften  Urhandschrift,  und  man  bleibt  bei  son.st  unbekann- 
ten Namen  oft  zweifelhaft,  ob  und  wie  zu  emendiren  sei.  Von  dem  hier  gege- 
benen Abschnitt  hat  Kosexmüllek  Analecta  arabica  III  Lpz.  1S2S,  4"  den 
angeblich  vollständigen  Text  mit  einer  Übersetzung  herausgegeben.  Er  hatte 
aus  dem  üxforder  cod.  C  ausser  einer  Collation  eine,  jedoch  keineswegs  voll- 
ständige Durchzeichnung  der  im  römischen  Auszug  fehlenden  Stellen ,  die  er 
aber  vielfach  nicht  richtig  gelesen  und  verstanden  hat ;  ebenso  ist  seine  auf 
Sionita  beruhende  Übersetzung  voll  grober  Fehler.  Besser,  aber  namentlich 
bei  Eigennamen,  jedoch  vielfach  auch  sonst  eben  so  ungenügend  ist  Jau- 
BERTs  aus  dem  cod.  A.  verglichen  mit  B,  verfertigte  Übersetzung,  Par.  IS.'iÖ, 
über  die  Dozy  und  de  Güeje  a.  a.  O.  in  der  Vorrede  des  Nöthige  ausgeführt 
haben.  In  einzelnen  Fällen  sind  in  den  folgenden  Noten  irre  führende  Feh- 
ler aus  beiden  kurz  erwähnt  worden.  Da  Jaubert  so  viel  citirt  worden  ist, 
so  mussten  seine  Seitenzahlen  und  ebenso  auch  die  von  HosenmÜller's  Te.\t 
angegeben  werden.  Über  Idrisi's  Werk  und  Person  ist  jetzt  die  beste  Aus-- 
kunft  in  der  Vorrede  von  Amarls  und  C.  Sciiiaparelli's  schöner  Ausgabe 
seines  Italiens,  Rom  1883 ,  40  (Lincei)  zu  finden.  Von  seinen  Quellen  liegt 
nunmehr  Ibn  Haukai  vor  und  die  aus  ihm  genommenen  Stellen  sind  durch 
Anführungszeichen  und  Angabe  in  den  Noten  bemerklich  gemacht ;  auch  der 
nicht  so  wörtliche  Gel)rauch  11)n  Churdädbih's  Avar  nachzuweisen.  Was  er 
namentlich  über  christliche  Dinge  sagt ,  beruhte  gewiss  auf  mündlichen  Be- 
richten der  von  Koger  zu  Erkundigungen  au.sgesandten  oder  gebrauchten 
Personen,  da  er  selbst  nicht  nach  Palästina  gekommen  ist.  Nützlich  würde 
eine  Abzeichnung  der  Karte  sein  ,  zu  deren  Eriäuterung  IdrisT  schrieb :  man 
vergesse  nicht .  dass  solche  Ausdrücke  wie  »ihm  gegenüber  liegt«  sich  auf  die 
Karte  beziehen.  —  Die  fett  gedruckten  Randziffern  verweisen 
auf  die  Seiten  des  arabischen  Textes,  der  als  Beilage  die- 
sem Hefte  der  ZDPV.  beigegeben  wird. 

2;  I  S.  5  Jaub.  —  lünige  der  nächsten  Sätze  aus  Ibn  Haukai  S.  36  des 
"^f ''^"^^-  •^,   So  alle  Handschriften.  4,  käla ,  ein  sonst 

nicht  vorkommendes  Wort,  ist  vielleicht  romanisch  ecueil,  scoglio,  und  .sikrda 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  |  1  'j 

denen  man  die  Wege  der  Schiffe  kennen  nuis« ;  nnr  die  Lootsen 
und  Mcevknndigen  iind  im  Steuern  darauf  Geschickten,  die  seine 
Hahnen  kennen  und  sich  an  seine  Durchfahrten  und  Umwege 
wagen,  dringen  hinein.  Man  schifft  auf  diesem  Meere  bloss  am 
Tak^e ;  in  der  Nacht  fährt  niemand  wegen  der  schwierigen  Wege,  r^ 
gewundenen  liahnen  und  zahlreichen  Gefahren. 

El-hdzum  bestand  aus  zwei  Städten^  .  welche  jetzt  fast  ganz 
wüst  sind,  weil  sich  die  f5edninen  ihrer  bemächtigten  und  die  Habe 
der  Einwohner  plünderten  und  weil  diese  fortdauernd  bedrängt 
sind,  so  dass  ihre  Blüthe  gering  geworden  ist.  die  dahin  Reisen-  lo 
den  sich  fürchten,  ihre  Handelswege  abgeschnitten  sind,  das 
^'ermögen  ihrer  Bewohner  verschwunden  ist  und  ihre  Unterhalts- 
mittel beschränkt  sind.  Letztere  trinken  aus  der  Quelle  von  el- 
smcais .  einer  austrocknenden  Quelle  mitten  im  Sand,  deren 
Wasser  salzig  ist  und  von  dem  Trinkenden  nicht  leicht  hinunter  1.5 
gebracht  wird. 

Zwischen  el-kulzum  und  misr  sind  90  Meilen,  von  el-huhum 
nach    el-faramä   gegen   Norden    sieben    Stationen,     und    z^^■ar 
zwischen  dem  kulzumer  und  dem  syrischen  Meere.  Das  Zwischen- 
liegende heisst  der  Tih-District .   in  dem  die  Israeliten  zur  Zeit  20 
Mosis  umherirrten.    In  el-kulzum  werden  die  auf  diesem  Meere 
fahrenden  Schiffe  gebaut,   deren  Bau  sinnreich  ist.    Er  besteht  2 
darin,    dass   der  Kiel  auf  dem  Lande  in  der  Breite  niedergelegt 
-oird  und  dann  die  Planken  an  ihn  angesetzt  werden,   so  dass  sie 
fest  anhangen,  bis  sie  genau  ineinander  passen.  (Jaub.  332)  Dann  2.5 
werden  sie  mit  Palmfasern  und  PalmAverg  genäht  und  zwischen 
ihnen  mit  festhaltenden  Substanzen  Verbindung  hergestellt.    Und 
wenn  dies  alles  fertig  ist ,    wird  es  kalfatert  mit  Fischthran  und 
feinem  Pech.  Die  Schiffsböden  sind  in  ihrem  Bau  breit  und  flach, 
damit  sie  grosse  Lasten  tragen  und  nicht  an  Klippen  zerschellen.  :<u 

Von  el-kulzum  am  Ufer  bis  nach/f/rä;^  Ahron  s**;  sind  40  Mei- 
len. Die  Stadt y«rrtw  liegt  im  Hintergrunde  eines  Busens.  Es  ist 
eine  kleine  Stadt,  welche  einige  Araber  dieser  Gegend  besuchen. 
Fürün  gegenüber  ist  eine  Stelle,  die  vom  Meere  ausgebuchtet  ist, 

zu  schreiben.  5;  Die  zwei  Städte,  die  Ibn  el-wardl  S.  2S  Cairo, 

S.  7(>  Hylander  übernommen  hat,  haben  Veranlassung  zu  Erörterungen  ge- 
geben. S.  QuATREMERE,  Mem.  sur  l'Eg.  I,  IT^i  ff.  'Ji  »Ahrons«  fehlt 
in  B. 

9* 


1 20  Gildemeister, 

und  au  ilirem  Straude  ist  ein  Berg  von  hartem  Stein.  Das  Was- 
ser dringt  unaufkörlich  ein  und  wirbelt,  und  sein  Hefalireu  ist, 
wenn  der  Wind  darin  weht,  gefährlich.  Niemand  kann  ausser 
mit  Mühe  und  Xoth  darüber  weg,  und  oft  ist,  wer  hineingerieth, 
öumKekomraen,  sofern  nicht  Gott  wehrte.  In  dem,  was  erzählt 
wird,  kommt  vor,  dass  Pharao  in  diesem  Meere  ertrank. 

Von  dort  bis  zum  Berge  et-tür,  der  in  der  Nähe  des  Meeres 
ist  imd  sich  ihm  parallel  hinzieht,  zwischen  ihm  und  dem  Berge, 
ist  ein  begangener  W^eg.     Der  Berg  ist   hoch .  man  besteigt  ihn 

10  auf  Stufen,  und  auf  seiner  Spitze  ist  ein  Andachtsort  mit  einem 
austrocknenden  Wasserbrunneu ,  woraus  die  dort  Auf-  und  .\b- 
steigenden  trinken. 

Von  dem  Tür  nach  cl-mai^daf,  einer  schönen,  sandigen 
Stelle  mit  klarem  Wasser,   an  der  Ferien  gefischt  werden.    Von 

1.5  hier  nach  sc/tarm  el-bait.  einem  Hafen  ohne  Trinkwasser,  von  da 
nach  Scharm  el-hir  ^  einem  Hafen  ohne  TrinkAvasser ,  von  dort 
nach  ras  ahi  muhammad']  ^  einem  Hafen  ohne  Trinkwasser,  der 
die  Spitze  der " akaha  des  Gebirgszuges)  von  aila  bildet.  Aila 
ist  eine  kleine  Stadt,    die   die  Araber  besuchen  und  wo  sie  ver- 

2u  kehren  *j 

^  (JiUib.  337.  Ros.  2)  jPalästina  ist  der  erste  Theil  Syriens 
von  Westen  her  und  sein  Gebiet  ist  vier  Tagereisen  von  rafali  bis 
el-laddsclnin  lang  und  zwei  won  Jäfä  bis  rtliü  breit.  Das  Land  der 
Leute  Lot's.  der  stinkende  See  und  das  Gebirge  esch-sc/iarä/t  sind 

25  dazu  geschlagen  und  bilden  administrativ  einen  Theil  davon  bis 
zum  Gebiet  von  aila.  Das  Land  der  Leute  Lot's,  der  stinkende 
See  und  zughar  bis  nach  haisün  und  Tiberias  hin  heissen  das 
ghaur,  weil  sie  ( J.  338)  eine  Ebene  zwischen  zwei  Bergen  bilden. 
Alle  Gewässer  Syriens  lliessen  dahin  ab««)  und  vereinigen  sich, 

30  so  dass  sie  einen  wasserreichen 'ö)  Fluss  bilden,  der  vom  See  von 
Tiberias  anfängt  und  die  ül)rigen  Flüsse  aufnimmt ,  Avie  den 
Fluss  el-jarmük.  J^5  "j,  die  Flüsse  von  baisän  und  was  von  den 

7)  Ras  abl  muhammad  haben  CDR.     Die  acharm  können  aber  nur  die 
jenseits  des  Vorgebirges  gelegenen  sein.  S    Das  dazwischen  ste- 

hende war  auszulassen.  9)  Aus  Ihn  I.laukal  111,    lo  bis  14,   oben 

ZDPV.  VI,  1,   21  ff.  10)  Daher  der  Fluss  »Zakhar«  bei  Sionita, 

Helaxd,  Rosexmüi.ler.  1 1    d-hadd,  oder  wie  man  aussprechen 

will,  sonst  nirgends.  Gemeint  ist  wohl  der  Jabbok  als  der  grösste Fluss.  Viel- 
leicht ist  das  AVort  verstümmelt. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  121 

Districten  ma'ähh.  den  lieiij^eii  von  Jovnsaleni.  von  Jlebion  nnd 
ebenso  von  wäiwfes  kommt ;  alles»  die?;  vereinigt  ;< ich.  liis  es  in 
den  See  von  zughar  oder  den  von.Sodom  nnd  Gomorrlui  fallt,  den 
beiden  von  Gott  versenkten  .Städten  der  Leute  Lots,  deren  Stelle 
zu  einem  stinkenden  See  ■svurde.  Er  heisst  auch  das  todte  Meer.  S 
weil  darin  kein  athmendes  Wesen .  weder  Fisch  noch  Thier.  ist 
noch  sonst  etwas,  das  in  sonstigen  stehenden  oder  fliessenden  Ge- 
wässern existirt.  Sein  Wasser  istheiss,  von  widrigem  Geruch. 
Auf  ihm  giebt  es  kleine  Schiffe,  in  denen  man  in  dieser  Gegend 
reist  und  Getreide  und  Datteln  verschiedener  Art  von  zuf/har  und  l<» 
ed-dära  (?)  ^^)  nach  Jericho  und  den  übrigen  Ghaurgegenden  ver- 
verführt werden.  Die  Länge  des  Sees  ist  sechzig,  die  Breite  zwölf 
Meilen, 

Von  rihä  nach  ziKjhar  zwei  Tage,  von  da  nach  dem  Gebirge 
esch-scharäh  ....  und  von  diesem  bis  zum  Ende  desselben  zwei  15 
Tat^e.    Von  riJm  bis  Jerusalem  eine  Station,  von  Jerusalem  nach 
""ammän  und  der  halkä  zwei  Tage  ^''^). 

(J.  339)  Das  genannte  rihU  gehört  nebst  '^amatii  und  huimn 
zu  den  ansehnlichsten  Gefilden  des  ghaur.  Das  häufigste  Pro- 
duct  des  Ghaurlandes  ist  Indigo  i^)  und  die  Einwohner  sind  "^o 
braun  oder  fast  schwarz.  —  ;^^^^^)  ist  eine  kleine  Stadt  Palästi-  4 
na's ;  ihr  Wasser  ist  (R.  3)  heiss  [A  :  (immer  fiiessendj  und  ihre 
Luft  ungesund.  —  Die  Stadt  haisän  ist  sehr  klein ;  dort  sind  viele 
Palmen   und  es   wächst  hier  das  Rohr  sämän^''  .   wovon  die  sä- 


12)  Der  nächst  anklingende  und  zur  Lage  passende  Name  wäre  derau, 
der  Name  des  Wadi  von  Karak  (z.  B.  Socin-Baed.2  ISlj,  der  bei  Iuby  Ausg. 
von  1S68,  p.  1U9  El  Dara  gesprochen  wird.  13)  Es  folgt:   »von 

er-randu  nach  kaisüripa  eine  starke  Station«,  welche  "Worte  von  unten  122, 10 
hierher  gerathen  sind.  Die  M'iederholung  scheint  im  römischen  Text  einen 
grössern  Ausfall  veranlasst  zu  haben.  14,  RosenmClli-;h  findet 

hier  Myrobalanen  und  Balsam.  15)  Kann  el-dschi  ausgesprochen 

werden.  RosENMÜLLER  hält  es  für  das  bekannte  Eidschi  bei  Petra  (Fata 
-öXt-  TT,  risTpa  -ar>av.£iij.£vr,  Onom.?;,  aber  dies  ist  sicher  weder  ungesund 
noch  mit  heissen  Quellen  versehen.  Auch  nach  dem  Zusammenhang  ist  an 
einen  Ort  im  Ghor  zu  denken;  soll  eine  Vermuthung  gewagt  werden,  so 
könnte  rnan jc-*>'=^^  el-/iasä  lesen  und  sich  erinnern,  dass  im  obern  Theil  des 
l.Iasä-  oder  Ahsäbaches  heisse  Quellen  sind  Ikby,  2'J.  Mai,  S.  137  der  Ausg. 
von  lS(is.  Seetzen  I,  427,  Burckhardt  674);  Idrisis  Ort  wäre  dann  im 
unteren  Theile  zu  suchen.  Iti    RosenmüLLER  macht  daraus  »gelbe 

»Sesamtinctur«. 


]22  GUdemeister, 

mäm-^lRtten  gemacht  werden:  diese  PÜanze  Mird  nirgends  an- 
derswo als  hier  gefnnden  iind  im  übrigen  Syrien  ist  nichts  da- 
von '"  . 

Die  Bewässerung   Palästina' s   geschieht   durch   liegen  und 

ö  Giesshäche;  es  hat  Avenig  l^äume.  Sein  Gebiet  hat  schöne  Ebe- 
nen und  "ist  das  fruchtbarste  Land  Syriens«  ^^).  Die  zwei  Haupt- 
städte Syriens  (sie)  sind  er-ra/nla  und  darauf  Jerusalem.  Er-ramhi 
ist  eine  schöne ,  bevölkerte  Stadt  mit  Bazaren  und  Handel  und 
Ein-  und  Ausfuhr.    Von  da  hx^Jüfü,  welches  am  Meere  liegt,  ist 

luein  halber  Tag.  von  ßamla  bis  nähulus  ein  Tag.  von  Ramla  bis 
haisZmjja  eine  starke  Station.  —  nJS'äbulus  ist  die  Stadt  der  Sa- 
mariter«. Hier  ist  der  Brunnen,  den  Jakob  gegraben  und  an 
dem  der  Herr  Christus  sass  und  von  der  Samariterin  Wasser  zum 
Trinken  verlangte;   darüber  ist  jetzt  eine  schöne  Kirche.     »Die 

lö Bewohner  von  Jerusalem  glauben,   dass  es  ausser  dort  nirgends 

Samariter  gebe«  ^'^) .  —  »Die  letzte  Stadt  Palästina's  nach  dem 

(hchifür   und    der  Strasse   nach  Ägypten  hin  ist  rjhazzafi  20] ,  und 

zwischen  beiden 21)   sind   30   Meilen.   —   (J.  340).    Von  Jilasün 

Ramla)  nach  \tsJxalUn  ist  eine  starke  Station,   zwischen  ^ aslalän 

20  und  ghazza  etwa  ■2m  Meilen;  es  ist  jetzt  durch  die  rwm  Euro- 
päer) cultivirt.  Der  Hafen  von  ghazza  ist  tedä^'^]  und  von  ml- 
mäs  (?)  nach' askaiän  gegen  Osten  sind  20  Meilen.  —  y>El-  aflsch, 
eine  Stadt,  die  zwei  Hauptmoscheen  und  zerstreute  Gebäude 
hatte;    ihr    Boden     ist    vorherrschend    Sand,     sie    hat    Frucht- 

25  bäiime  und  eine  Menge  Früchte  und  liegt  in  der  Nähe  des  Mee- 
res« 2^  .  —  ))Die  Strasse  von  er-ramla  nach  j'ubnü  ^e\ne  halbe  Station, 
von  daj  nach /asf/ü^;?  auf  dem  Festlande  eine  Station,   von  jazdüd 
nach  dem  erwähnten  ghazza  eine  Station,  von  ghazza  nach  rafah, 
einer  blühenden  Stadt,  eine  Station,   von  da  nach  el- arisch  eine 

1";  Da  nach  Mukaddasi  162,  1.  ZDPV.  VII  155,  5  dieses  Rohr  vornäm- 
lich im  I.Tüla  -See  Avuchs,  was  der  Natur  der  Sache  nach  ■wahrscheinlich,  .so  ist 
im  Te.xte  Idrisi's  eine  Lücke  anzunehmen.  IS,  Aus  Ihn   Ilaukal 

111,  17;  oben  VI,   S.  2,  35.  1 9)  Au,s  Ibn  Haukai  1 1 3,  5.  (j ;  olDen  4, 

21.  24.  20.   Aus  demselben  113,  G.  7;  oben  4,  27.    Jaubert  »dans 

une  autre  ville  situee  ä  30  milles  de  Ghazza  sur  le  chemin  de  l'Egypte  on 
trouve  des  Samaritains»  hat  die  Worte  ganz  missverstanden  und  Juvxboll, 
Comment.  in  hist.  gentis  Samar.  lS4(i,  p.  41  irre  geführt.  21    Undeut- 

lich, da  hier^7rts/i«  aus  dem  vorherigen  als  er-ramla  genommen  ist.  22;  oder 
üdä  (T,  ,  Anthedon,  s.  ZDPV.  VII,  5  ft'..  140  ff.  23,  Aus  Ibn  Ilau- 

kal 95,  3.  4  des  Te.xtes. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  ]  O^» 

Station,  von  da  nach  el-tcarräda ^  einem  lialtuplat/,  iiahu  dem 
Meere  'Ibn  Hank:  ähnlicher  Art],  eine  Station,  von  da  iiacl»  el- 
faramü,  einer  Stadt  am  Meere,  dem  See  von  Tinnis  henachharf . 
eine  Station«  ■^^j .  — " AskulZm  ist  eine  schöne  Stadt  mit  ])oiii)cl-  5 
niaiier,  mit  Hazaren.  Aber  sie  hat  aussen  keine  Gärten  und  dort  5 
ist  kein  lianm.  Der  König  von  Jerusalem  eroberte  sie  mit  frän- 
kischen und  anderen  Heeren  im  Jahr  548  (1153/4)  und  sie  ist  jetzt 
in  ihren  Händen;   'askalcm  wird  zum  Lande  Palästina  gerechnet. 

Ihm  (dem  Lande  P?)  gegenüber  liegen  «zwei  ansehnliche  Ge- 
genden el-dschihrd  und  esch-scJiarZih ;  die  Hauptstadt  des  ersteren  in 
lieisst  (J.  341)  .  .  .  .  ,    des    letzteren  adruh.     Sie   sind  äusserst 
productenreich  (11.4)  und  haben  viel  Ol-,   Mandel-,    Feigen-, 
Granatenbäume    und  Weinstöcke«  '^^] .     Die    Gesammtheit   ihrer 
P>ewohner  sind  Kais 2'^).  —   Südöstlich  davon    'von  Pal.)  ist  das 
Dorf  miita;  von  dort  2")  nach  \(mmün  geht  man  zwischen  zwei  15 
Reihen  eines  Berges,   der  el-müdschih  heisst;   es  ist  ein  grosser 
Wadi  mit  tiefem  Boden,  zwischen  diesen  beiden  Eeihen  laufend, 
die  von  einander  nur  in  dem  Masse  abstehen,  dass  ZAvei  an  den 
Rändern  Stehende  (miteinander   vernehmlich    sprechen  können, 
obschon  der  Abstieg  sechs  Meilen   und  der  Aufstieg  ebensoviel  2o 
beträgt. 

Von  '^ashalcm  am  Meere ,  das  Avir  erwähnt,  sind  bis  zum  er- 
sten Fort  el-mahüz  am  Meere  25  Meilen;  gegenüber  landeinwärts 
liegen  klim  zwidsch^d  (?)  vmd  hait  dscJiihrll .  zwei  Etappen,  wo 
man  Rast  macht;  dann  zum  zweiten  el-mähüz  25  Meilen  und  25 
von  hier  nachyrT/ä,  dem  Hafen  von  Jerusalem,  das  zwei  kleine 
Stationen  davon  liegt,  ....  -^) . 

Bait  el-makdis  ist    eine    ansehnliche,    vor  Alters   gebaute, 
ewige  Stadt,  die  Aelia  hiess,    auf  einem  Gebirge,    so   dass  man 
von  allen  Seiten  zu  ihr  hinaufsteigt.   Sie  hat  ihre  Längenausdeh-  30 
nung  von  West  nach  Ost.  An  der  Westseite  ist  das  Mihräb-Thor, 
das,  an  welchem  die  Kuppel  Davids  ist,  an  der  Ostseite  das  der 

■24)  Aus  Ibn  Haukai  'J4,    16  —  95,  2.   95,  8.  9  etwas  verstümmelt;  auch 
fehlt  die  Station  d-hakküra.  25    Aus   Ibn  Haukal  li:<.   11  — i:?; 

oben  5,   9—11.     Die  Handschriften  haben    für  den   ausgelassenen   Namen 
darüh,  därab ;  andere  Entstellungen  s.  dort.  26)  Rosexmüller  ; 

»Ihr  Boden  besteht  aus  Pech« !  27)  Könnte  hier  bei  Erwähnung 

von  Ma'äb  ausgefallen  sein?  Vgl.  Abulf.  297 ,   der  den  Mndschib   zwischen 
Ma'äb  und 'Amman  setzt.  2bj  Eine  Zahlangabe  scheint  zu  fehlen. 


124  Gildemeister, 

Harmherzigkeit .  das  verschlossen  ist  und  nur  von  Palmsountaff 
6  Fest  der  Ölzweige,  zu  Palmsonntag  geöffnet  wird.  An  der  süd- 
lichen Seite  ist  das  Thor  sahjün  und  an  der  nördlichen  das  der 
Kahensäule  '^ amüd  el-ghurüh.  (J.  342)  Wenn  man  durch  das 
5  westliche.  dasMihräh-Thor.  eintritt,  geht  man  gegen  Osten  durch 
die  Nehenstrasse  einer  Hauptstrasse  zu  der  grossen  Kirche,  die 
die  Auferstehungskirche  und  bei  den  Muslimen  kmnüma  heisst; 
das  ist  die,  zu  der  von  allen  Ländern  der  rüm.  die  im  Osten  und 
Westen  der  Erde  sind,  gewallfahrtetwird^i'  .  Man  betritt  sie  durch 

10  ein  Thor  an  der  Westseite  und  findet  sich  innerhalb  einer  Kup- 
pel, die  die  ganze  Kirche  umfasst  und  zu  den  Weltwundern  ge- 
hört; die  Kirche  ist  tiefer  als  dies  Thor  und  man  kann  zu 
ihr  nicht  von  dieser  Seite  hinabsteigen.  Sie  hat  an  der  Nordseite 
ein  Thor,    durch  das  man  zu  dem  untern  Theile  der  Kirche  auf 

lödreissig  Stufen  hinabsteigt,  das  Thor  St.  Maria  genannt,  und 
liinabgestiegen  trifft  man  das  hochheilige  Grab.  Es  hat  zwei 
Thüren  und  über  sich  eine  gewölbte  Kuppel  (R.  5)  von  solider 
Hauart.  fester  Fügung  und  eleganter  Verzierung,  Von  diesen 
beiden  Thüren  ist  die  eine  nördlich,   dem  St.  Mariathor  gegen- 

20  über,  die  andere  südliche  heisst  die  der  Kreuzigung  und  an  dieser 
ist  der  Glockenthurm  ■*'^-;  der  Kirche.  Ihr  gegenüber  ist  eine  sehr 
grosse  Kirche,  in  welcher  die  römischen  Franken  Messe  halten. 
Im  Osten  dieser  Kirche ,  etwas  weniges  nach  Süden  hin'^i  .  ist 
das  Gefängniss .   in  dem  der  Herr  Christus  gefangen  war .    und 

25  die  Kreuzigungsstelle.  —  Die  grosse  Kuppel  ist  rund,  gegen  den 
Himmel  geöffnet;  rings  iim  sie  sind  die  Propheten,  der  Herr 
C^hristus,  seine  Mutter  Maria  und  Johannes  der  Täufer  abgebil- 
det. Über  dem  heiligen  Grabe  sind  von  den  am  Orte  aufgehäng- 
ten Lampen  speciell  drei  goldene. 


29^  Die  bei  Ibn  el-wardi  S.  180  KÖHLER,  30  Cair.  zugefügten  Worte 
»und  in  der  die  Grabstellen  der  Franken  d.  h.  der  fränkischen  Könige,  sind«, 
sind  gewiss  im  Texte  Idrisi's  ausgefallen.  30]  In    .LU-^i^    s'-*^ 

der  Handschriften  steckt  campanarium.  Der  Thurm  ist  also  früher,  als  l>K 
VüGÜE.  P^glises  207,  ihn  aus  architectonischen  Gründen  ansetzt.  In  den  Tag 
hinein  übersetzen  Sioxita  und  der  ihn  abschreibende  Rosexmülleu  frons 
und  Jaubert  peristyle  und  leiten  dadurch  andere ,  wie  Tobler  ,  Golgatha 
p.  2'J,  und  DE  VogÜe,  Eglises3S3,  der  gleich  noch  einige  gardiens  hinein- 
phantasirt,  irre.  31;  Jaubert  ,  mit  Verwechselung  zweier  arabi- 

scher Verba:  en  descendant  par  une  pente  douce.  Daher  Tobler,  Golg.  333. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  125 

Wenn    mau    aus    dieser    giüs>teu  Kivclic   liciaiis  und  nach 
Osten  geht,    trilt't  man  das  heiÜLre  Jlaus,    (la>  (J.  34-3)  Sahjnu» 
baute  und  das  z\ir  Zeit  des  Reiches  der  .Iiulen  ein  W'allfalirts-   7 
heihgthura  Avar.     Dann  wurde  es  ihnen  entrissen  und  sie  (hiraus 
vertrieben,  bis  der  Islam  kam,  unter  dessen  Herrschaft  es  als  die    i 
Moschee  el-aksa  hoch  verehrt  ward.     Auf  der  ganzen  Erde  giebt 
es  keine  umfangreichere  Moschee,  als   nur  die   v(tn  C'ordova  in 
Spanien.  Man  sagt,  dass  der  überdachte Theil  der  II auptmoschee 
von  (!ordova  grösser  ist  als  der  der  Aksä.   aber  der  Hof  dieser  ist 
grösser  als  der  Hof  jener.    Die  Moschee  cl-alm  bildet  ein  ^'ier-  1" 
eck,  200  Klafter  lang  und  ISO  breit.    Die  Hälfte  derselben,  wo 
derMihräb  ist,  ist  mit  Steingewölben  und  vielen  Säulen  in  Reihen 
überdacht .   die   andere  Hälfte  ist  ein  unbedeckter  Hof.    In   der 
Mitte  der  Hauptmoschee  ist  eine  grosse  Kuppel,  die  die  Felsen- 
kuppel heisst.  ausgelegt  mit  vergoldeten  Mosaiksteinen  und  schö-  lä 
neu  Kunstarbeiten  vom  Ran  der  miislimischen  Chalifen ,  und  in 
der  Mitte  ist  der  Fels,  der  der  schwebende  genannt  wird,  ein  wie 
eine  Plattform ^-i)  erhöhter  Stein  in  der  Mitte  der  Kuppel.    Seine 
eine   Ecke    erhebt    sich  von   der  Erde  eine   halbe   Manneshöhe 
oder  mehr,    die  andere  ist  dem  Hoden  gleich,  die  Länge  kommt 20 
der  Breite  nahe .   indem  er  zehn   und   einige  Ellen  im  Qiuulrat 
hat.    Inner-  und  unterhalb  desselben  steigt  man   in   ein    Küh- 
lungsgewölbe ,    einem    dunklen   Räume   gleich .    hinab ,    dessen 
Länge  zehn,   dessen  Breite  fünf  Ellen  und  dessen  Höhe  etwas 
mehr  wie  eine  Mannshöhe  beträgt.    Man  geht  in  diesen  Raum  25 
nur  mit  Licht,    das  ihn  erhellt,  hinein.     Die  Kuppel  hat   vier 
Thore;   das  westliche  liegt  dem  Altare  gegenüber .   auf  dem  die 
Kinder  Israel  (ß.  6)  opferten ;  ( J.  344)  in  der  Nähe  des  östlichen 
ist  die  Kirche,  welche  das  Allerheiligste  hiess.  geringen  l'mfan- 
ges ;   das  südliche  Thor  ist  dem  überdachten  Räume  gegenüber.  30 
der  den  Muslimen  zum  F)etort  diente.    Seit  die  rnm  die  Stadt  er- 
oberten und  sie  in  ihrem  Besitz  bis  auf  die  Zeit  unserer  Abfas- 
sung: dieses  Buches  blieb .   haben  sie  den  überdachten  Theil  der 
Moschee  zu  Zimmern  gemacht,  die  der  Orden  der  Templer,  d.h. 
so  viel  als  der  Diener  des  Hauses  Gottes,  bewohnt.    Das  nörd-^^ 
liehe  Thor  ist  gegenüber  einem  schönen,    mit  F);iumen  aller  Art 

32)  Alle  Handschriften  haben  »wie  ein  Schild«.   Obiges  nach  Ibn  Haukul 
112,  2  vp.  '•'>,  9j  und  Anderen. 


jOß  Gildemeister, 

^»bepriaiizteii  Garten,  den  mit  schönster  Kirnst  gemeisselte  Mar- 
moisaulen  umgeben ;  am  Ende  desselben  ist  ein  Salon  zu  Mahl- 
zeiten fiir  die  Priester  und  Ordinirten. 

Will  man  aus  dieser  Moschee  gegen  Osten  hinausgehen,  so 

5  gelangt  man  zu  dem ,  "wie  bemerkt ,  verschlossenen  Thore  der 
Harmherzigkeit;  in  der  Nähe  desselben  ist  ein  anderes  offenes 
Thor ,  b(ib  el-asbcit ,  Thor  der  Stämme ,  durch  welches  Aus-  und 
Eingang  stattfindet.  Aus  diesem  gekommen  geht  man  ungefähr 
das  Mass  eines  Pfeilschusses  und  findet  eine  grosse,  sehr  schöne 

1"  Kirche  unter  dem  Namen  der  Herrin  Maria;  der  Ort  heisst  el- 
dschusmZuiiJJa  und  dort  ist  ihr  Grab  am  untern  Kande^-*  des  01- 
bergs,  imgefähr  eine  Meile  vom  Thore  der  Stämme.  Am  Aufstieg 
zu  diesem  Berge  ist  eine  grosse ,  schöne ,  solid  gebaute  Kirche, 
die  Patemosterkirche ,    luid   oben   auf  dem  Berge    eine    andere 

15  schöne  und  verehrte  Kirche,  in  welcher  Männer  und  Frauen  ein- 
geschlossen sind,  um  Gottes  Lohn  zu  verdienen. 

Im  Osten  dieses  Berges,  etwas  nach  Süden,  ist  das  Grab  des 
Lazarus,  den  der  Herr  Christus  erweckte,  und  zwei  ^Meilen  vom 
Ölberge  das  Dorf,   (J.  345)  aus  dem  die  Eselin   zum  Gebrauch 

•>()  des  Herrn  Christus  bei  seinem  Einzüge  in  Jerusalem  geholt  ward ; 
dies  ist  jetzt  verv.'iistet  und  ohne  Bewohner.  Bei  dem  Grabe  des 
Lazarus  fängt  der  Weg  zum  Jordanthale  an,  zwischen  dem  und 
Jerusalem  eine  Tagereise  Entfernung  ist.  Bevor  er  zum  Jordan- 
thale kommt,  ist  die  vorerwähnte  Stadt  arlha^  drei  Meilen  von 

2.5  dem  Thale ;  an  diesem  ist  eine  grosse  Kirche  auf  den  Namen 
des  St.  Johannes ,  die  griechische  Mönche  bewohnen.  Das  Jor- 
danthal geht  vom  See  von  Tiberias  aus  und  fällt  in  den  See  von 
Sodom  und  Gomorrha ;  südlich  von  ihm  ist  eine  zusammenhän- 
gende Wüste. 

.30  Wer  südlich  von  Jerusalem  aus  dem  Thore  sahjTm  einen 

OSteinwui-f  weit  geht  (R.  7).  findet  die  Kirche  von  sahjün,   eine 

ansehnliche,  feste  Kirche;  in  ihr  ist  das  Obergemach,  in  dem  der 

HeiT  Christus  mit  den  Jüngern  ass,  und  darin  die  Tischplatte  3*) 

noch  bis  jetzt   vorhanden.    Hier  ist  eine  Festversammlung  am 


33)  Die  Lesarten  der  fünf  Handschriften  führen  auf  hihusr.  34)  »Die 

vom  Himmel  herabgesendet  ward«  setzt  Ihn  el-wardi  S.  1S2  Kühler,  31  Cair. 
hinzu.  Also  die  ausSur.  .5,  112,  verquickt  mit  dem  Marmortisch,  den  S.\EwrLF, 
Kecueil  de  la  Soc.  de  Geogr.  IV,  S4ti,  um  1102  sah. 


Beiträge  zur  PaLästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  I  27 

grünen  Donnerstag.  Vor  dem  Thore  sahjün  steigt  man  zn  einer 
Schlncht  hinab ,  welche  ivüdl  dschahati/nan  lieisst ;  an  der  Seite 
derselben  liegt  eine  Kirche  auf  den  Namen  des  l'etnis  inid  in 
der  Schlucht  ist  die  Quelle  von  mkcäu,  in  welcher  der  Herr  Chri- 
stus den  armen  Blinden  heilte,  der  vorher  keine  Augen  hatte.  r> 
Von  dieser  Quelle  nach  Süden  liegt  das  Feld,  auf  welchem  die 
Fremden  begraben  wurden,  das  der  Herr  zu  diesem  Zwecke  ge- 
katift  hatte.  In  der  Nähe  sind  viele  in  Fels  gehauene  Wohnun- 
gen ,  in  denen  sich  Männer  zum  Gottesdienste  eingeschlossen 
haben.  lo 

Bau  lahm  ist  der  Ort,  wo  der  Herr  Christus  geboren  ward, 
sechs  Meilen  von  Jerusalem.  In  der  Mitte  des  Weges  ist  das 
Grab  der  Kahel,  der  Mutter  Josephs  und  Benjamins,  der  Söhne 
Jakobs,  ein  Grab,  auf  dem  zwölf  Steine  sind  und  über  dem  eine 
aus  Stein  gewölbte  Kuppel  ist.  (J.  346)  Bethlehem  hat  an  der  15 
Geburtsstelle  eine  schöne  Kirche  von  fester  Bauart  und  solidem 
Grunde,  geräumig,  äusserst  geschmückt,  so  dass  unter  allen 
Kirchen  keine  an  Bau  ihr  gleich  ist ;  sie  liegt  auf  einer  Boden- 
stufe und  hat  im  Westen  ein  Thor.  Darin  sind  die  elegantesten 
Säulen  und  in  der  Nordecke  des  Chores  [haikal]  ist  die  Höhle.  20 
in  der  der  Herr  Christus  geboren  ist,  und  zwar  unter  demselben, 
und  innerhalb  der  Höhle  die  Krippe,  in  der  er  gefunden  ward. 
Von  Bethlehem  ausgehend,  sieht  man  östHch  die  Kirche  der 
Engel,  welche  den  Hirten  die  Geburt  des  Herrn  Christus  verkün- 
deten. —  Von  hait  lahm  bis  zur  Moschee  Abrahams  im  Süden  25 
sind  etwa  18  Meilen;  es  ist  ein  stadtmässiges  Dorf,  »in  dessen 
Moschee  die  Gräber  Abrahams,  Isaaks  und  Jakobs  und  jedem 
Grabe  gegenüber  die  Gräber  ihrer  Frauen  liegen.  Die  Stadt  liegt 
in  einer  Bodensenkung  zwischen  dicht  mit  Bäumen  besetzten 
Bergen ,  nämlich  ()1- ,  Feigen- ,  Sycomorenbäumen  und  vielen  3o 
Früchten«  ^^) . 

Im  Norden  Jerusalems  ist  kein  Gebäude.    Von  dort  uörd-io 
hch  nach  der  Stadt  nähulus  sind  zwei  Tage .   von  nUhdm  nach 
er-ramla  eine  starke  Tagereise ,   ebensoviel  von  Jerusalem  nach 
er-ramla  (R.  8).    Von  Jerusalem    nach  'ammän   und  der   halkar^ 
zwei  Tage  und  ein  Theil  eines  Tages.   Von  Jerusalem  nach  Ti- 

35)  Auslbn  Haukai  113,  1—4;  oben  4,  12—20. 


1 2  s  Gildemeister, 

berias  siiul  neunzig  Meilen .  von  Tiberias  nach  Kamla  drei  »Sta- 
tiunen. 

Tiberias  is^t  die  grösste  und  Hauptstadt  des  urdtuin.  ^'un 
ihr  nach  sTir  sind  zwei  starke  Tagereisen,  nach  dem  Abstieg  aflk 
5  ein  Theil  eines  Tages .  ebensoviel  nach  baisän.  Von  ihr  nach 
'amatä  3^'  ;  der  Hauptstadt  des  Ghaur  .  .  .  . ,  zum  Ende  des  w- 
chtfm-gehieies  .  .  .  .  (J.  347)  und  von  hier  nach  einem  Orte,  der 
el-dschamiht'^''  heisst.  ein  Tag.  A'on  Tiberias  nach  '^akkä  zvcex 
kleine  Tage,     Es  (Tiberias)  ist  eine  ansehnliche  Stadt  an  einem 

10  hohen  Berge,  lang  gestreckt  bei  geringer  Breite.  Es  ist  fast  zwei 
Meilen  lang  und  unter  ihm  östlich  liegt  ein  See  mit  mittelmässig 
gutem  Wasser,  zwölf  Meilen  lang  und  eben  so  breit.  Auf  ihm 
fahren  Schiffe,  mit  denen  die  Producte  zur  Stadt  gebracht  wer- 
den:   sie  hat  eine  feste  Mauer;  in  ihr  werden  allerbeste  Matten 

15  von  5äw?«w-Binsen  gemacht,  deren  gleiche  selten  in  einem  andern 
der  bekannten  Länder  gearbeitet  werden.  In  dieser  Stadt  sind 
Bäder,  zu  deren  Erwärmung  man  kein  Feuer  braucht  und  die  im 
Winter  und  Sommer  heiss  sind.  Dazu  gehört  das  ed-damäkir- 
Bad.  ein  grosses,  in  dessen  salzigem  Wasser  am  Ausgangspunkte 

2ü  Böcklein  \ind  Hühner  abgebrüht  und  Eier  gesotten  werden  kön- 
nen, femer  das  el-liilii'-Vi-eiiS..  kleiner  als  jenes,  mit  heissem  und 
nicht  salzigem  Wasser.  Dies  heisse  Wasser  vertheilt  sich  in  die 
benachbarten  Häuser ,  man  wäscht  sich  damit  und  gebraucht  es 
sonst.     Ferner  gehört  dazu  das  Bad,   das  el-7n\ndsch2ida  heisst. 

25  In  keinem  Bade  auser  dem  »kleinem  Bade«  wird  Feuer  angezün- 
det; dies  erbaute  ein  muslimischer  Prinz  in  seinem  Palaste,  um 
es  mit  seiner  Familie,  Kindern  und  Gefolge  zu  benutzen;  nach 
seinem  Tode  wurde  es  dem  öffentlichen  Gebrauche  übergeben ; 

Ilsein  Wasser  allein  wird  mit  Feuer  erwärmt.    Südlich  davon  sind 

30 viele  heisse  Quellen,  wie  die  m\uv?ikk2i~in-Q\\Q\\e  und  die  esch- 
scJiaraf-Q\\e\\a .  und  andere .  zu  denen  das  Quellwasser  seit  un- 
denklicher Zeit  heiss  fliesst.  (J.  348)  \o\\  allen  Gegenden  kommen 
die  Kranken.  Gelähmte  3'^] .  Paralytische,  Brustkranke,  A'erwun- 


'M\]  So  C  und  darauf  führen  die  übrigen  Lesarten,  nur  dass  D  ein  unver- 
ständliches •^'^*:^  hat.  37y  B  el-dschahila.  3S,  Nacli 
C'onjectur.  Die  Handschriften :  »genestelte« ;  diese  werden  aber  nicht  durch 
Bäder  geheilt. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  I  2'.» 

(lete,   Hautkranke,   bleiben  in  ihnen  drei  Taffe  im  Walser  und 
werden  mit  Gottes  Hülfe  gesund. 

Zu  den  Küstenstädten  l'alilstina's  gehören  'ashilhn,   arsuf. 
jäfTi,   alle  an  Umfang,   IJeschatfenheit  und  Zuständen  der  Ein- 
wohner ungefähr  gleich,  dabei  wohlgebaut,   fest  und  gut  eulti-  •"> 
virt.  Dort  giebt  es  Ölbäume,  während  der  Heben  sehr  viele  sind. 
Jiifä  besonders  ist  eine  Seestadt,  der  Hafen  des  drei  kleine  »Sta- 
tionen entfernten  Jerusalem ,    1 2  Meilen  von  Karala.    KaisUnJjo 
ist  ein  grosser  Ort  mit  bevölkerter  A'orstadt  und  starker  Befesti- 
gung.   Von  jTifä  nach  JmisäriJJa  sind  30  Meilen,    nacli  nübulun  lo 
eine  Station,  nach  er-ramla  zwei  kleine  Stationen,  nach  der  Stadt 
haifü  am  Meere  zwei  Tage;  haifä  liegt  unter  dem  Vorgebirge 
des  karmal-^'-'  .  das  in  das  Meer  vorspringt,  und  an  dem  ein  zum 
Ankern  von  Flotten  guter  Ankeiidatz  ist;   die  Stadt  ist  ein  Ha- 
fen für  das  drei  leichte  Stationen  entfernte  Tiberias.    Von  haifä  ^^ 
nach  \ikka  ist  eine  Station  von  30  Meilen  auf  dem  Landwege, 
auf  dem  Meere  eine  directe  Entfernung  von  18  Meilen,  — '^  Akka 
ist  eine  grosse  Stadt  mit  weitem  Territorium,  vielen  Gehöften 
und  einem  schönen  und  sichern  Ankerplatz ;  die  Einwohner  sind 
gemischt.    Von  Tiberias  ist  sie  zwei  Tage;  von  ihr  zur  Festung 2u 
ez-zib ,  einer  schönen  Festung  am  Ufer  des  Meeres,    12  Meilen; 
von  dort  zu  den  tiawiiklr,  drei  weissen  (J.  349),  hohen,    am  Ufer 
emporragenden  Bergen ,   etwa  1 8  Meilen,  von  der  Mitte  der  na- 
waklr  bis  zur  Stadt  el-iskcmdarijja  fünf  Meilen,   von  dort  bis  zur 
Stadt  sTir  15  Meilen.    SUr  ist    eine   schöne  Stadt    am  Ufer    des  2.5 
Meeres,  Ankerplatz  imd  Auslaufsort  für  die  Schiffe,  ein  fester,  alterl2 
Ort.    Das  Meer  umgiebt  sie  von  drei  Seiten;   sie  hat  eine  grosse 
Vorstadt,  in  der  gute  Glas-  und  ThouAvaaren  verfertigt  werden, 
ebenso  arbeitet  man  dort  weisse  Kleider  ,  die  nach  allen  Gegen- 
den hin  verführt  werden  ;  alles  ist  von  ausgezeichneter  Qualität  30 
und  Arbeit  und  hohem  Preise,   selten  wird  ähnliches  in  den  um- 
liegenden Städten  gemacht.  Klima  und  Wasser Rand- 
note in  C    vom  Jahre   1370   Chr.:  Die  Stadt  mr  ist  heute 
zerstört ,    aber   gleichsam  pausirend ,    Bewohner    aufzunehmen ; 
sie  verdient  wegen  ihrer  Festigkeit  wieder  cultivirt  zu  werden,  :<.i 
da  der  Feind  saidä,  beherrscht^";,  aber  die  Könige  kümmern  sich 

39j  Hier  hat  allein  R  die  richtige  Lesart.  4u    Da  seit  121)1 

Saida  stets  unter  ägyptischer  Herrschaft  stand,  kann  dies  nur  so  verstanden 


1 30  Gildemeister, 

nicht  um  Landescultur.j    Von  sUr  nach  Tiberias  smd  zwei  grosse 
Tagereisen  und  nach   adlUn^^).  einem  festen  Schlosse  am  Meere 

von  hier  nach  sarfand,  einer  schönen  liurg.  20  Meilen. 

von  dort  nach  ««/f/«  10  Meilen.    Zwischen  sar  und  sarfand  fällt 
5  der  Fluss  llta^'-  .  der  seine  Quelle  im  Gebirge  hat.  ins  Meer.  Von 
sür  nach  Damask  sind  vier  Tage. 

Die  Stadt  Damask  gehört  zu  den  ansehnlichsten  (R.  9).  wohl- 
gelegensten .  rücksichtlich  des  Klima  gleichmässigsten.  an  Bo- 
den vorzüglichsten,  bewässertsten.  mit  Früchten  und  Producten 

10 im  allgemeinen  am  besten  versehenen,  an  Geld  reichsten,  mit 
Militär  behaftetsten  und  durch  prächtige  Gebäude  ausgezeichnet- 
sten ()rtlichkeiten  Syriens;  sie  hat  Berge.  soAvie  Saatfelder  die 
e]-ghTita  heissen.  (J.  350)  Letztere  ist  zwei  Stationen  lang  und 
eine  breit:  es  giebt  darin  Weiler  wie  Städte,  z.  B.  el-mizza,  dä- 

Ibrajjä^'^  ,  barzä^*  .  harasta,  haukaha?.  halcis^^\,  kafar sTisiJJa.  halt 
el-ahrü  l  ■"'^),  wo  eine  der  Damascenischen  fast  ähnliche  Haupt- 
moschee ist.  Vor  dem  westlichen  Thor  von  Damask  liegt  das 
wäc??"/-Äa««/5af7Äc//(Veilchen-wadi  ,  zwölf  Meilen  lang,  drei  breit, 
ijanz  bepflanzt  mit  allen  Arten  von  Fruchtbäumen.    Jeder  dieser 

20  ^^'eiler  ist  von  tausend  bis  zweitausend  Männern  bewohnt,  mehr 
oder  weniger.  Die  gJnifa  besteht  ebenfalls  aus  lauter  Bäumen 
und  Flüssen .  ihre  Gewässer  theilen  sich  und  durchfliesseu  die 
Gärten  und  "Wohnungen.  Es  sind  darin  Fruchtarten,  die 
sich  nicht  aufzählen  lassen,   und  mit  denen  nichts  A'ergleichung 

25  aushält  an  Menge.  Wohlfeilheit  und  Güte.  Damask  ist  in  seinen 
Umgebungen  das  anmutliigste  unter  den  Ländern  Gottes. 

13         Die  die  glnita   durchfliessenden  Gewässer   gehen   aus    von 
am  el-f'tdscha  auf  dem  höchsten  Theile  des  Gebirges,  \o\\  wel- 
chem schon  das  Wasser  wie  ein  grosser  Fluss  mit  furchtbarem 

30  Geräusch  und   grossem    weithin   hörbaren  Lärm  herabkommt. 

werden ,  dass  es  im  Machtgebiete  des  Feindes  und  ihm  zu  leichter  Eroberung 
preisgegeben  war.  Dies  passt  aber  nur  auf  die  Zeit  der  Seekriege  zwischen 
Cypern  und  Ägypten  1365—72.  41.    Kudäma  hat  noch  die  ur- 

sprüngliche Form  \idmni.  42,    Alle  fünf  Handschriften   bieten 

lanta.  43    RüsexmCller  und  Jaubert  nach  BIl  «und  ihr  Gebiet«. 

44)  Mss.  hardä,  fardü  :  über  das  ä  in  solchen  Wörtern  s.  Jäküt  I.  565.  4. 
45  ob  haläf?  ein  kaukah  haben  v.  Kremer  ,  Mittelsyrien  17S  und  Kobin- 
SON  III,  901  im  "Wädi'l-adscham.  40)  Varianten:  el-ahicä,  el-huwä; 

doch  nicht  hnit  lihjä  ? 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  1  3  t 

Man  sieht  das  Herahkommen  des  Wassers  hei  dem  Dorfe  UhU^'']^ 
und  bis  er  zur  Stadt  kommt,  zweigen  sich  von  ihm  die  in  ihr 
vielgenannten  Flüsse  ah.  i\.ex  Jazld .  der  laitra,  der  baradä,  der 
kafiät  el-mizza .  der  hcinüs .  der  Jaä*.*'»  ,  der  jatic/i/:ür^'\  .  der 
'üclija^^).  Dieser  Fluss  ist  nicht  trinkhar.  weil  an  ihm  die  Koth-  5 
auslaufe  der  Stadt  und  der  Schmutz  ihrer  Spülwasser  und  klei- 
ner Kanäle  sind.  Der  Fluss  durchfliesst  die  Mitte  der  Stadt,  und 
über  ihm  ist  eine  Brücke,  auf  der  die  Menschen  passiren.  Ahn- 
lich gehen  von  den  übrigen  erwähnten  Wädi  Hinnen  aus .  die 
durch  die  Stadt  fliessen  und  zu  den  Häusern,  l^ädern.  Bazaren  lo 
und  Gärten  führen. 

(J.  351)  In  ihr  ist  die  Hauptmoschee,  die  auf  der  Erde  ihres 
Gleichen  nicht  hat  an  Bauart,  an  schöner  Beschaifenheit.  solider 
P'ügung.  fester  Wölbung,  wunderbaren  Zeichnungen,  elegantem, 
durch  vergoldete  Mosaik,  geglättete  Fliesen,  polirten  Marmor  i.i 
hervorgebrachten  Flimmer.  Sie  liegt  in  einem  Quartier,  das  e1- 
mi'zäb  heisst.  Wer  von  der  Seite  des  Thores  dschairün  kommt, 
steigt  zn  ihr  auf  einer  grossen ,  breiten  Marmortreppe  von  unge- 
fähr dreissig  Stufen   hinauf;    wer  vom  Thor  el-harld  und  dem 

grünen  Ausfallsthore  ^^j  und  dem  Schlosse  der s-, ,  und  2(i 

dem  goldenen  Steine  und  dem  Thor  el-farad'is  kommt,  tritt  auf 
ebener  Erde  ohne  Stufen  ein.  Darin  sind  wunderbare  Merkwür- 
digkeiten, z.  B.  »die  Umfassungsmauer  und  die  Kuppel  über  dem 
Mihräb  bei  der  Maksüra.  von  denen  man  sagt,  dass  sie  vom  Bau 
der  Sabier  herrühren  imd  deren  Gebetsplatz  enthalten  haben.  2.5 
Dann  kam  sie  in  die  Hände  der  Griechen  .  die  darin  feierlichen 
Gottesdienst  hielten;  hierauf  gehörte  sie  den  Königen  der  Götzen- 
diener und  wurde  ihnen  Ort  für  ihre  Götzen.  (R.  10)  Dann  kam 
sie  an  die  Juden  ,  und  in  dieser  Zeit  wurde  Johannes .  der  Sohn 
des  Zacharias,  getödtet  und  sein  Haupt  an  dem  Thore  der  Mo- 30 


47  i  Alle  vier  Hdschr.  ^^y  48    So  die  zwei  besten  Hdschr. ; 

eine  der  minder  guten  al-kanmcät ,  welcher  Arm  allerdings  hierher  gehörte. 
49)  Wo  sonst?  50)  So  alle.   Hädschl  Khalfa  hat  xüdi/a,  was  auf 

düralia  führen  könnte,  wie  DimischkT  1!)S   "206   einen  dieser  Flüsse  nennt, 
mit  der  Schreibung  wie  bei  Ibn  Jubair  253  und  sonst.  51)  Ob  Neben- 

thor des  Palastes  «/-(•/;«(/?•«    des  grünen i?   Andere  Lesart:  von  der  grünen 
Kuppel.  52;  Nicht  zu  enträthselndes  "Wort,  in  allen  vier  Hand- 

schriften verschieden,  wozu  Rosenml'LLKR  und  J.WBERT  noch  zwei  willkühr- 
liche  oder  verlesene  Formen  fügen. 


132  Gildemeister. 

sehee,  das  bäh  (hchairTm  heisst.  aiififesteckt.    IJarmif  bemiichtiy:- 

14  teil  sich  ihrer  die  Christen  und  hielten  sie  fest,  und  sie  ward  ein 
liesitz  in  ihren  Händen  (J.  352)  und  sie  verwandelten  sie  in  eine 
Kirche,  in  der  sie  ihren  Gottesdienst  hielten.    Endlich  eroberten 

5  sie  die  Muslimen  und  benutzten  sie  als  Hauptmoschee.  Der 
Chalif  el-Walid  baute  sie  aus,  pflasterte  ihren  lioden  mit  Mar- 
mor lind  vergoldete  die  Schlusssteine  und  der.'')  Capitäler  der 
Säulen,  und  überzog  den  Mihräb  mit  Gold,  lej<te  die  ganze  Um- 
fassungsmauer mit  nachgemachten  Edelsteinen  aus  und  versah 
10. den  ganzen  Rand  des  Plafonds,  wie  er  die  vier  Seiten  der  Mauer 
umgab,  mit  Inschriften  von  schönster  Kunst  und  elegantesten 
Zügen.  Man  sagt,  dass  er  oberhalb  des  Plafonds  Pleibedeckun- 
gen  von  fester  Verbindung  und  solider  Arbeit  gelegt  habe.  Das 
Wasser  fliesst  zu  der  Moschee  in  Hleiröhren  und  wenn  sie  gespült 

15  werden  muss,  wird  dem  Wasser  Öffnung  gegeben  und  es  spült 
den  ganzen  Hof  auf  die  leichteste  Weise.  Man  sagt,  dass  Walid 
auf  den  Bau  dieser  Hauptmoschee  die  ganze  Grundsteuer  Syriens 
zwei  Jahre  lang  verwendet  habe«  ■'' 'j . 

Damask  ist  eine  neugebaute  Stadt ;  an  einer  Stelle  in  ihr  stand 

2u  fi'üher  vor  dem  Islam  eine  Stadt  el-dschZihija ,  auf  der  Damask 
gebaut  ist.  Sie  hat  verschiedene  Thore  :  das  Thor  el-dschZthiJa  — 
der  vor  ihm  gelegene  bebaute  Landstrich  hat  sechs  Meilen  Länge 
bei  drei  Meilen  Breite,  alles  Baumwuchs  imd  Cultur,  von  fünf 
Flüssen  durchzogen  —  das  bäh  taumüj   das  büb  es-saläma,   das 

25  bab  el-furädls.  gegenüber  dem  dair  murrän^  und  das  kleine  Thor. 

Damask  vereinigt  allerlei  Arten  von  schönen  Sachen ,   von 

Fabrikaten ,   von  Seidenstoffen   (J.  353) ,    wie   halbseidene   und 

schöne,   kostbare,  bewundernswerth    gearbeitete   Brokate    ohne 

Gleichen ,    welche  von  da  in  alle  Städte  verführt  und  womit  alle 

3u  Gegenden  und  Hauptstädte  in  der  Nähe  und  Ferne  von  dort  aus 
versorgt  werden.  Ihre  Fabrikate  in  all  diesem  sind  wunderbar; 
ihr  Brokat  gleicht  dem  elegantesten  byzantinischen  und  kommt 
den  Stoffen  von  dastuwä  nahe ,  wetteifert  mit  den  Arbeiten  von 
Ispahan  und  übertrifft  die  Arbeiten  der  Webereien  von  Nisapur 

Ah  sowohl  in  den  ansehnlichen  einfarbigen  Seidenstoffen,  als  in  den 
eleganten  Stoffen  von  Tennis.  Ihre  Stickereien  umfassen  alle 
Arten  von  kostbaren  Kleidern  und  alle  schönen  Sachen,    so  dass 

58)  Aus  Ibn  Haukai  ll.i,  4— lü;  oben  S.  ti,  2Ü— 7,  Vi. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  133 

keine  Art  sie  aufwiegt  und  kein  (jleiches  neben  ihnen  lie-stelu-n 
kann.  Im  Innern  hat  Damask  an  seinen  Wasserläufen  viele 
Mühlen;  Weizen  und  alle  Arten  von  Früchten  sind  dort  in  grosser  15 
Menge.  Süssigkeiten  wie  in  ihr  Averden  anderswo  nicht  gefun- 
den und  sind  von  unbeschreibliclier  Menge,  Duft  und  Güte.  Die  5 
Eimvohner  leben  ununterbrochen  billig.  Die  Arbeiten  werden 
gut  bezahlt,  die  Waaren  bringen  Gewinn.  Es  gehört  zu  den  vor- 
züglichsten und  schönsten  Orten  Syriens. 

Von  hier  nach  bdlabakk  gegen  Osten  (sie)  sind  zwei  Statio- 
nen.   Dies  ist  eine  feste  Stadt  am  Abhänge  eines  IJerges;  um  sie  lo 
ist  eine  starke  Steinmauer  zwanzig  Spannen  dick;  Wasser  durch- 
iliesst  sie  und  wird  in  viele  Häuser  geleitet,  und  an  diesem  Fhisse 
sind  Mühlen.    Sie  hat  zahlreiche  Producte  und  reichliche  Ern- 
ten,   Vberfluss  an  Früchten  und  Delicatessen,  viel  Weinstöcke 
und  Bäume,    wohlfeile  Lebensmittel  und  Preise  (R.  11).    Darin  15 
sind  von  der  genannten  merkwürdigen  Bauart  Monumente,   die 
erwähnt  werden  müssen  wegen  ihrer  Höhe  und  soliden  Structur ; 
namentlich  sind  darin    die    zwei   Aviinderbar  gebauten    J.  354) 
Theater,    das  grosse  und  kleine.    Jenes  soll  zu  Salomo's  Zeit  ge- 
baut sein,  bietet  eine  wunderbare  Ansicht,  hat  Steine  zehn  Ellen  2i» 
mehr  oder  weniger  lang  und  ist  zum  Theil  auf  Säulen  von  über- 
wältigendem Anblick  erbaut.   Das  kleine  ist  grösstentheils  zer- 
stört,   sein  Schönstes   dahingegangen  und  von   ihm   bloss    eine 
stehende  Mauer  geblieben  ,    deren  Länge  zwanzig ,    deren  Höhe 
über   der  Erde   zehn  Ellen  beträgt  und  in  der  nur  sieben  Steine  25 
sind,    ein    Stein    unten,    zwei   auf  ihm   und    über    diesen   vier 
Steine.    In  der  Stadt  sind  allerlei  merkwürdige  Bauten. 

Von  Damask  nach  hairüt  sind  zwei  starke  Tagereisen  und 
ebensoviel  nach  saidü.    Von  Damask  nach  adnät,   d.  h.  el-bata- 
nijja,  vier  Stationen,  nach  mihulus  sechs  nach  Westen  hin,  nach  30 
aträhulus  fünf  Stationen.  —  Saidü,  am  Mittelmeere  gelegen,  hat 
eine  Steinmauer ,    Avelche   auf  eine  Frau   in   der  vorislamischen 
Zeit  zurückgeführt  wird,  eine  grosse  Stadt  mit  belebten  Bazaren. 
wohlfeilen  Preisen,  umgeben  von  Gärten  und  Bäumen,  mit  viel 
Wasser  und  weiten  Districten.    Sie  hat  vier  an  den  Libanon  an- 35 
stossende  Gebiete,   eins,    welches  das  von  dschazzin  heisst.   inicj 
welchem  der  durch  seine  Fruchtbarkeit  und  seine  vielen  Früchte 
bekannte  wüdi' l-hr '?]  fliesst,    das   ansehnliche  Gebiet  von  es- 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  Vm.  10 


J34  Gildemeister, 

mirba.  das  von  kafarkllä  und  das  von  er-räm'i  [9 . .  einem  Flusse, 
der  die  Berge  durclifliesst  und  ins  Meer  fällt  ^^.  Diese  vier  Bezirke 
umfassen  600  und  einige  Gehöfte.  Die  Einwohner  (nämlich  von 
Sidon)  trinken  das  (J.  355)  von  dem  Gebirge  in  einem  Kanäle 
5  kommende  Wasser.  An  der  Stadt  saidä  ist  ihre  bekannte 
Quelle  ^5j  50) ,  Im  Frühling  nämlich  erscheinen  darin  Fisch- 
chen gerade  einen  Zoll  lang,  theils  männliche,  theils  -weibliche, 
durch  bestimmte  Kennzeichen  unterschieden,  die.  wenn  die 
Begattungszeit  kommt,  getischt  und  getrocknet  werden.    Bedarf 

1(1  man  sie,  wird  einer  zerrieben  und  mit  Wasser  genommen,  und 
bewirkt  bei  den  Männern  heftigen  Trieb,  den  sie  nach  Belieben 
befriedigen  können,  ohne  dadurch  Erschlaffung  oder  Entkräftung 
zu  erleiden.  Diese  Fische  sind  klein,  (R.  12)  der  Eidechse  Gecko 
ähnlich  und  haben  kleine  verborgene  ^'order-  und  Hinterfüsse ; 

15  wir  haben  sie  mehr  als  einmal  gesehen. 

Von  saidä  nach  el-dsclüja.  einem  Fort  am  Meere,  acht  Mei- 
len, von  dort  zu  dem  Fort  el-halamlm  am  Meere  fünf  Meilen,  das 
an  einer  sehr  breiten  Brücke  über  einen  Wadi  gebaut  und  sehr 
stark  ist  und  in  der  Biegung  eines  Meerbusens  liegt.   A'on  dort 

20  bis  zum  Fort  ew-wrt'w««,  das  einer  kleinen  Stadt  gleicht .  sieben 
Meilen.  Eti-7iuima  ist  eine  schöne  Stadt,  in  deren  Umgegend 
meist  Johannisbrotbäume  Machsen.  die  an  Grösse  und  Güte  in 
keinem  Culturdistricte  der  Erde  ihresgleichen  haben  und  von  dort 
nach  Syrien  und  Ägypten  ausgeführt  werden.  Auf  sie  wird  vorzugs- 

25 weise  der  Name  syrisches  Johannisbrot  angewendet,  obschon 
dasselbe  in  Syrien  häufig  und  gut  ist,  nur  in  en-na^ima  am  häu- 
figsten und  besten.  Von  dem  Fort  en-nZi'ima  bis  hairTd  sind 
24  Meilen.  Die  Stadt  hairüt  liegt  ebenfalls  am  Ufer  des  Meeres, 
gross,    Aveit  und   hat  eine  Steinmauer.     In  ihrer  Nähe  ist  ein 

30  Berg  mit  einer  Grube  gutes  und  leicht  auszuhauendes  Eisens, 
das  in  Menge  gewonnen  und  in  die  syrischen  Städte  ausgeführt 


54)  Die  Namen  sind  in  den  Mss.  entstellt,  doch  sind  drei  nach  den  heu- 
tigen Namen  (v.  de  Velde,  Mem.  p.  S9 — 93,  mit  Sicherheit  zu  schreiben, 
während  die  der  beiden  Flüsse  dahin  gestellt  bleiben  müssen. 

55)  Diese  Notiz,  jedoch  ausführlicher,  citirt  bei  Ibu  el-Baitär,  Leclerc 
Notices  et  Extr.  XXV.  1,  290:  So.vtheimek  II,  55;  de  Sacv  zu  Abdollatif 
KiO.  Aehnliches  bei  Dimischlvi  117  il51,.  öll;  Andere  Lesart :  ihre 
Quelle,  nach  der  sie  benannt  ist. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  135 

wird.    Im  Süden  hat  sie  einen  Wald  von  Pinien,  der  sich  l)is  zninl7 
Libanon  erstreckt  nnd  12  Meilen  im  Qnadrat  misst.  Die  Einwoh- 
ner trinken  lirunnenwasser.    Nach  Damaskus  sind  zwei  Ta;^e- 
reisen. 

Von  hairüt  nach  dem  Fort  el-tmxzdilsijja''')  sind  aclit Meilen.    :> 
(J.  356)  von  diesem  zum  nähr  el-kalb.  einer  kleinen  Festung  am 
Meere,  sechs  Meilen,    von  da  \\qx  Meilen  nach  (hr/uoii/a.   einem 
grossen  Fort  am  Meere,  dessen  Einwohner  jakobitische  ('bristen 
sind,    von    dort    1 U  Meilen    bis  zur  Einbuchtung  saläm .  einem 
»rossen  Busen,    von   da  nach  mülmz   dscJmhail .    einem   festen  lü 
Schloss,   dann  drei  Meilen  nach  der  Mündung  des  nähr  ibrählm 
und  von  diesem  Fluss  fünf  Meilen  nach  dschubail,  einer  schönen 
Stadt  am  Meere  mit  fester  Steinmauer,  mit  weitem  District.  l^)äu- 
men,    Früchten  und  Reben,  aber  ohne  fliessendes  Wasser;  die 
Einwohner  trinken  Brunnenwasser.    Sie  hat  einen  Anker-  und  15 
Schiffstationsplatz . 

Von  dschuhail  am  Meere  hin  nach   hatrün.    einer    schönen 
Festung ,  sind  1 0  Meilen ,  von  dort  zum  cmf  el-hadschar  (Stein- 
nase) am  Meere  fünf  Meilen ,   von  dessen  Fort  aus  acht  Meilen 
zum  syrischen  atrabidus.    Dies  ist  eine  grosse  Stadt  (R.  13)  mit  20 
fester  Steinmauer;    es  hat  Landgebiete,   Districte  und  ansehn- 
liche Gehöfte,  viele  Ölbäume,   Reben,  Zuckerrohr,  Fruchtarten, 
sonstige  Producte  und  starken  Fremdenverkehr.    Das  Meer  um- 
giebt  sie  von  drei  Seiten,  sie  ist  eine  Schutzfestung  Syriens,  man 
bringt  zu  ihr,  was  zu  Waaren  dient,   allerlei  Reichthümer  und  25 
Handelsgegenstände.    Zu  ihr  gehören,   als  in  ihr  Gebiet  fallend, 
mehrere  wohlbewohnte  Forts  und  Citadellen,  z,  B.  das  erwähnte 
anf  el-hadschar ^  das  Fort  el-kälamTin,   das  Fort  abnl-'adas  und 
arfUsiJa^^].    Sie  hat  von  bekannten  Hauptdörfern  vier,   nämlich 1 8 
esch-schaßka  ly  ,  ez-zaitTmyja  [f]  ,    er-ruibijja '"■'],  el-ha dal  und '60 
amijün.    (J.  357)  Ölbäume  und  alle  Früchte  hat  sie  mehr   als 
irgend  eine  andere  Stadt.   Südlich  in  vier  Meilen  Entfenumg  liegt 
ein  Fort,  das  Ihn  Sindschil  der  Franke  baute  und  von  wo  er  Tri- 
polis eroberte.    Es  ist  sehr  fest,  zwischen  zwei  Wadi  gelegen. 
Tripolis  gegenüber  liegen  vier  Inseln  in  einer  Reihe,    die  dem 

57)  AR  el-miirüd ist/Ja.  5S;  Orthosia:  die  Handschriften  «r- 

müsija.  59)  Varianten:  scJiak'ifa,  schanikijja.  schäm  a;  zanhürijja; 

äribijja. 

10* 


136  Gildemeister, 

Lande  nächste  heisst  die  Narcisseninsel ,  die  klein  nnd  unbe- 
wohnt ist.  dann  folgt  die  Säuleninsel,  dann  die  Mönchsinsel, 
dann  die  Insel  arda/cün. 

17  Kandnote  in  C:   Die  Einwohner  von  Tripolis  sind  zum 

5  Gebirge  übergesiedelt  und  haben  etwa  vier  Meilen  vom  Meere 
eine  Stadt  gleichen  Namens  erbaut.  Von  der  alten  ist  nur  ihre 
bis  heute  noch  frequentirte  Haxiptmoschee  geblieben,  die  die 
'Umarische  heisst.  Ich  hielt  mich  in  ihr  einige  Tage  auf,  als  wir 
an  der  Küste  in  Station  lagen.  Die  Übersiedelung  der  Einwohner 

10  geschah  aus  Furcht  vor  dem  verworfenen  Feinde.  Sie  hat  keine 
Mauer,  ausser  einem  kleinen  Stück  nach  dem  Meere  hin.  welches 
der  Emir  mtdschd  S6S  unter  dem  Sultan  Scha'bän  erbaute  **^'. 

Von  Tripolis  längs  dem  Ufer  nach  ras  el-hisn.,  einer  kleinen, 
gut  bevölkerten  Stadt  an  der  Spitze  eines  Golfes ;   die- 

l.iser,  dessen  Länge  in  directcr  Linie  15,  der  Umweg  am  Ufer 
30  Meilen  ist,  heisst  der  Golf  von  'irka.  In  Mitte  desselben  sind 
drei  Forts ,  ungefähr  gleich  gross ;  das  Tripolis  nächste  heisst 
lütünis^^),  das  zweite  hahlja^'^),  an  einem  Fluss.  welcher  der  von 
hahija  genannt  wird ,   das  dritte  Taubenschloss,  hisn  el-hamüm ; 

20  sie  sind  einander  ganz  nahe.  —  Von  dem  Busen  nach  Urka.  einer 
cultivirten  schönen  Stadt  am  Abhänge  eines  Berges  von  gerhi- 
ger  Höhe ;  in  der  Mitte  ist  ein  Schloss  auf  einem  hohen  Hügel ; 
es  hat  eine  grosse  Vorstadt,  ist  wohlbevölkert  und  hat  viel  Han- 
del.   Die  Einwohner  sind  reich,    das  Trinkwasser  wird  ihnen  mit 

2ö  einem  Kanäle  zugeführt  aus  ihrem  Flusse,  der  immer  fiiesst  und 
in  der  Nähe  ist.    Es  hat  viele  Gärten,   Früchte,  Zuckerrohr  und 

60)  Die  Zahl  ist  entschieden  falsch  und  muss  768  heissen.  Im  neunten 
Jahrhundert  gab  es  keinen  Sultan  Scha'bän,  vielmehr  regierte  dieser  764  bis 
77S.  IJer  Name  des  Emir  ist  kein  solcher ;  es  wird  mandschak  heissen  müssen 
und  gemeint  ist  verniuthlich  der  777  (Weil  IV,  .522.  Ibn  Habib  bei  AVeyers 
Orient.  II,  439;  gestorbene  Saif  ed-din  Mandschak,  der  schon  757 — 759  Statt- 
halter von  Tripolis  gewesen  war  und  757  dort  mit  den  Franken  gekämpft  hatte 
VVeyeus  p.  40:i;.  Später  769  i:j67)  wiederholten  diese  den  Angriff  auf  Tri- 
polis (Weyers  420).  61)  So  B.  Die  andern  lükürüs,  irmürüs,  lu- 
icaidarüs;  man  möchte  darin  ein  örtlich  deplacirtes  'EXe'jSego;  erkennen, 
Auffallenderweise  hat  statt  des.sen  Hädschi  Khalfa  5S9,  22,  der  doch  diese 
Stelle  Idrisi's  benutzt,  Owxjys.  Kosexmüli.er  und  Schultz  bei  Kitter  17, 
80S  wollen  Leonurus.  Aber  was  für  ein  Xame  sollte  das  sein  ?  Oder  kann  BuR- 
c.\RUS  fll,  20)  mons  leopardorum  darin  stecken?  ^j^*,yi^  ij^*ö.i_^. 
62  B  bäbtja,  worin  der  Name  Bibnin  Robinson  N.  Forsch.  759  stecken  kann. 
Andere  Lesarten  h'iutna,  hünimija  u.  dgl.    Etwa  häbnijja-l 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  1  37 

Miihlt'u  am  genannten  Flusse.  Es  ist  drei  Meilen  vom  Meere  ent- 
fernt, (las  .Schloss  ist  gross,  die  Lebensart  der  Einwohner  hillig. 
reichlich.    Gebaut  wird  mit  Kalk  und  Mörtel;   es  hat  viel  (iutes, 

Hirns  ist  eine  schöne  Stadt  auf  ebenem  Boden  (J.358),  wohl^^ 
bevölkert,  von  den  Reisenden  mit  Waaren  und  Gütern  aller  Art   '^ 
besucht.    Ihre  Hazare  sind  bedeutend,  die  Genuss(iuellen  ihrer 
Einwohner  ständig,  ihr  Wohlstand  reichlich  (R.  l-t),  ihr  Charak- 
ter sanft.  Die  Frauen  sind  schön  und  haben  gute  Hautfarbe.  Die 
Einwohner  trinken  Wasser,  das  durch  einen  Kanal ''^j  von  einem 
in  der  Richtung  nach  Damask  eine  Station  entfernten  Dorfe  bei"'"')  K' 
dschUsi/a  herkommt.  Der  Fluss  Orontes,  der  auch  der  inaklTib  ge- 
nannt wird,    fliesst    einen  Pfeil wurf  oder  etwas  mehr  an  ihrem 
Thore  vorbei:  sie  haben  an  ihm  ununterbrochene  Dörfer,  Gärten, 
Bäume  und  Kanäle,   von  woher  die  Früchte  zur  Stadt  gebracht 
werden.    Während  der  islamischen  Zeit  gehörte  sie  zu  den  Städ-  15 
ten.  die  die  meisten  Weingärten  besassen,   aber  die  Mehrzahl  ist 
untergegangen  6^) .    Ihr  Boden  ist  zu  Saaten  und  Gewinn  von 
Getreide  gut,   ihr  Klima  gleichmässiger  als  sonst  das  der  syri- 
schen Städte.    Sie  ist  durch  einen  Talisman  beschützt,  so  dass 
Schlangen  und  Scorpionen  in  ihr  nicht  vorkommen ;  so  wde  diese  20 
an  das  Thor  der  Stadt  gebracht  werden,  sterben  sie  sogleich.    In 
der  Mitte  ist  auf  einer  hohen  Kuppel  eine  kupferne  Statue  in 
Gestalt  eines  Reiters,  die  mit  dem  Winde  umgetrieben  wird ;   in 
der  Mauer  der  Kuppel  ist  ein  Stein  mit  dem  r>ilde  eines  Scor- 
pions ;  Avenn  ein  Gestochener  oder  Gebissener  Thon  an  diesem  25 
Steine  abdruckt  und  dann  auf  den  Biss  legt ,   so  wird  er  auf  der 
Stelle   geheilt.     Alle  ihre  Gassen  und  Wege  sind  mit  hartem 
Stein  belegt.    Ihr  Ackerbau  ist  gesegnet  und  viel,   die  Saat  hat 
an  wenigem  Regen  und  Bew^ässerung  genug.  Sie  hat  eine  Haupt- 
moschee, die  zu  den  grössten  Syriens  gehört.  30 

[Randnote  in  C:  Ausgefallen  ist  die  Erwähnung  der 
Stadt  hamüh.  einer  schönen  Stadt  am  "äst,  eine  Station  von  hiyns. 
einer  der  an  guten  Dingen  reichen  Städte.  Zwischen  ihr  und  haloh 
Hegen  sarmm  und  waWm,  jenes  eine  bevölkerte,  an  guten  Dingen 
reiche  Stadt,   dies  eine  reiche  Stadt  mit  wohlhabenden  EiuAvoh- 35 

63)  Hieraus   macht  JArsERT  und  danach  KiTTEU  IT,  997  einen  Fluss. 
bai*)  Andere  Lesart  ohne  »bei«.  64    Diese  Worte  haben  RlXlEU 

17,  1010  zu  einem  unbedachten  Schlüsse  verleitet. 


1 38  Gildemeister, 

neru  und  guten  Dingen.  Sie  führt  nach  allen  syrischen  Landen 
eine  Masse  Pistazienkerne  aus,  wie  sie  auf  der  ganzen  Erde  nicht 
gewonnen  werden;  ebenso  werden  ihre  Feigen  nach  ganz  »Syrien 
und  Ägypten  gebracht,  und  ich  kenne  keinen ,  der  Ähnliches  in 
5  ihrer  Art  gesehen  haben  wollte.] 

Von  hims  nach  halah   sind  fünf,  nach  antarsüs  am  Meere 

zwei  Stationen.    Der  Weg  von  ' irka  nach  antarsüs  am  Ufer  führt 

20von  'irla  (J.  359)  zum  Schlosse  sc/ia.ndsch   safidsch:^),  dann  nach 

der  Stadt  antarsüs,  die  im  Hintergrunde  eines  grossen,  meist  von 

10  Hergen  umgebenen  Meerbusens  liegt;   letzterer  misst  in  gerader 

Linie  15  Meilen.    Antarsüs  ist  eine  kleine  Stadt  am  Ufer  mit 

festen  Mauern.     In    ihrer  Nähe   im  Meere  ist  die  grosse  Insel 

(R.  15)  arwUcL  auf  der  sich  eine  grosse,  bewohnte,    festgeba\ite, 

hohe,   befestigte  Kirche   mit   eisernen  Thoren,    einer  Citadelle 

15  gleich,  befindet. 

[Zusatz  in  C:  Die  Stadt  arwäd  ist  eine  Insel  gegenüber 
der  Stadt  marakija  am  Ufer,  zwischen  beiden  sind  etwa  zwei  Bo- 
genschüsse. Diese  Stadt  ward  den  Franken  zur  Zeit  des  Näsir 
ihn  Kaläwün  Chr.  1302]  entrissen;  sie  ist  heute  unbewohnt  und 
20  ebenso  die  Stadt  marakija.  Deren  Einwohner  sind  in  das  Gebirge 
ausgewandert  aus  Furcht  vor  den  Franken,  sie  ist  jetzt  leer  und 
wüst,  doch  sind  ihre  Häuser  und  Paläste  noch  vorhanden  und 
ebenso  die  Zuckerpresse,  die  ausserhalb  im  Osten  liegt.] 

Von  antarsüs  in  südlicher  Kichtung  des  Festlandes  bis  zu 
25  dem  oben  auf  dem  Gebirge  liegenden  hisn  al-chatcübl  sind  1 5  Mei- 
len. Dies  ist  ein  festes  Schloss  der  Assassinen,  die  vom  Islam  ab- 
gefallen sind  und  weder  Oifenbaruug  noch  Auferstehung  nach 
dem  Tode  glauben.  Sie  seien  verfl\icht  um  ihrer  Lehre  willen. 
Antarsüs  ist  der  Hafen  von  hims.  Von  hims  nach  Damask  sind 
30  fünf  Stationen  und  ebensoviel  von  atrübulus  nach  Damask. 

Der  Weg  von  Damask  nach  Jatrib  ^^)  geht  von  Damask  zu 
einer  Station  an  einem  kleinen  Fluss  [Randnote  in  C:  sie 
heisst  el-hmca  am  Flusse  el-aivadsch ,  ein  Ort  auf  einem  Hügel 
westlich  vom  Fluss ,  während  östlich  von  ihr  ein  Chan  zur  Her- 
35  berge  der  Reisenden  liegt;  der  Fluss  heisst  el-dtcadsch  und  er- 
giesst  seinen  Überfiuss  in  den  See  der  Ghüta  von  Damask\   Von 

05)  Diese  lloute,  die  bis  Tabük  später  verlassen  ward,  aus  Ibn  Churdäd- 
bih  p.  114   510,,  doch  lag  dessen  Text  schon  dem  Idrisl  verderbt  vor. 


Beiträge  zur  Paliistinakunde  aus  arabischen  Quellen.  130 

dort  nach  1veJ>  eine  Station,  von  dort  nach  (Jät  m<niüzU.  einem 
bevölkerten  Dorfe,  von  da  nacli  r,y^  eine  .Station,  nach  el-hala- 
nijja  eine  Station,  nach  iC^o,  einem  bevölkerten  J^ort'e,  eine  Stu- 
tion, von  dort  nach  der  Stadt  tuhTik  w.  s.  w.  21 

(J.  360)  Von  Damask  bis  er-rakka  sind  niifrefilhr   Ib  Sta-   •'> 
tionen. 

Der  Name  Syrien  begreift  eine  Mehrheit  .von  Ländern  und 
Districten.   z.  B.  das  Land  Paliistina,   zu  dem  gehören  die  Ter- 
rassen (?)  von  Jerusalem ,   die  Districte^c)  'amatväs,   ludd^  Juhnit, 
Jäfä^  kaisUriJJa^  näbulus^  sahasüja^'askalün^   [Ä^Vjfm] "') ,    (/hazza,  \0 
bait  dschibrin.    AVeiter  südlich  sind  keine  Städte,    dort  ist  die 
Wüste  et-tlh,   das  Land,   in  welchem  die  Israeliten  40  Jahre  irr- 
ten,  ohne  eine  Stadt  zu  betreten  oder  in  ein  Haus  einzukehren, 
ohne  ein  Kleid  zu  wechseln,    ohne  ihrer  Länge  etwas  hinzuzu- 
fügen.   Die  Länge  dieser  Wüste  ist  ungefähr  sechs  Tagereisen.  15 
Im  Osten    stösst    an    Palästina    der  District    el-urdunn,    dessen 
grosseste  Stadt  Tiberias  ist  und  zu  dem  gehören  el-ladduchün.,  der 
District    der    Samariter,    d.  i.  iiübidus,   baimn,    ar'ihä^  zughar^ 
'amatä,  Ijabis,  dschadar,  äbü,  süsij'a,  (J.  361),  'akka,  näsira,  sür. 
Östlich  davon  liegt  das  Land  Damask ,  zu  dessen  Districten  die  20 
ghüfa  gehört,    das  Land  balabakk,  das  bika  ,   (R.  16)  die  Region 
des  Libanon,  die  Districte  dschUni/a^^),  afrabulus,  dschubail.  bai- 
rüt,  saidä,  el-batanijja,   dschul''"),   dschaidän,  zcihirä,   el-balhä^ 
dschibrin  des  ghör'^),  die  Districte  von  mciüb'^],    \on' ammUn, 
von  esch-scharäh,  busrä,  el-dschübija.    Ostlich  stösst   daran  die  25 
Wüste ,  südlich  davon  ist  das  Land  der  samäicali  und  das  Land 
Md^'s.    An  das  Land  von  Damaskus  stösst  das  Land  der  'rt?cä«/m22 


öö)  Diese  Aufzählungen  wesentlich  aus  Ihn  Churdädbih  p.  73.  72  451. 
45u;,  aber  mit  Verschiedenheit  im  einzelnen,  die  auf  den  schlechten  Zustand 
des  Textes  dieses  Letzteren  zurückgehen  kann.  07)  Ibn  el-wardi 

p.  169  KöUL.  fügt  passend  und  wohl  ursprünglich  hittin  ein,  das  auch  ein 
District  bei  Askalon  und  Ghazza  war.  Kaisaräni  p.  43  DE  JONC.  Qu.\TRE- 
MEKE  Maml.  II  2,  91  ult.  68)  Aus  Ibn  Churd.  72;  die  Lesart 

der  Handschriften  hüla  müsste  den  Artikel  haben.  69    Dies,  ob- 

schon  auch  bei  Ibn  el-wardi  ist  nichts.  Ibn  Churd.  hat  das  kaum  zu  vermis- 
sende haurän.  70)  Ibn  Ch.  hat  »das  Aussenland  der  halkri  und 
die  Umgebungen  des  ,7Äa?<r«,  beides  nicht  sehr  passend,  obgleich  mit  Idrisl's 
Lesarten  auch  nichts  anzufangen  ist.  71)  Statt  »Districte  von  mu'äh» 
bei  Ibn  Churd.  haben  die  Handschriften  knfartäh ,  das  gar  nicht  hergehört. 


1 4o  Gildemeister, 

lind  das  Land  von  kinnas7'in.  die  Avir  in  Beziehung  auf  ihre  Orte 
bei  der  Karte  des  vierten  Klima  erwähnen  werden. 

Damask  ist  Pol  und  Centruni  für  die  Städte  von  Syrien  (von 
dem  man   die    Entfernungen   berechnet  .     Von    da  nach  bdla- 

hbakk  sind  zwei,  nach  hims  fünf,  nach  Tiberias  vier,  nach  aträbti- 
h(s  fünf,  nach  dem  Ende  der  (jhuta ,  wo  sie  an  die  Wüste  stösst, 
eine,  nach  haind  zwei,  nach  saidä  zwei,  nach  achi'üt,  d.  i.  el- 
hatcüiijja.  vier,  nach  el-dschaulün  zwei  Tagereisen.  Die  Länge  Sy- 
riens, von  malafja  angefangen  bis  rafah  :   der  Weg  von  malatja 

10 nach  manhidsch  ist  vier  Tagereisen,  von  da  nach  halah  zwei, 
(J.  3()2)  von  da  nach  hims  fünf,  von  da  nach  Damask  fünf,  von 
da  nach  Tiberias  vier,  von  da  nach  er-ramla  drei,  von  da  nach 
rafalt  zwei  Tage,  was  35  Tage '2)  ausmacht. 


15  Aus  dem   fünften  Abschnitt    des   vierten  Klima. 

(J.  II  130)  An  "3  der  Meeresküste  liegt  antarsüs.  an  Umfang 
klein,  mit  belebten  Bazaren  und  gangbaren  Waaren.  \o\\  da 
nach  der  Festung  el-marhah.  auf  einem  von  allen  Seiten  isolirten 
Berge,  acht  Meilen.    Von  dort  nach  der  Stadt  bulimjcis  (J.  131), 

20  die  vier  Meilen  vom  Meer  abliegt,  acht  Meilen;  diese  ist  eine 
kleine,   blühende  Stadt,  in  der  viel  gute  Dinge  von  Baum-  und 

23  Kornfrüchten  gefunden  werden.  Zehn  Meilen  von  da  liegt  dscha- 
bala.  eine  kleine,  schöne,  gut  bevölkerte  Stadt  an  einem  fliessen- 
den Wadi,  die  viel  Producte  hat.    Von  da  10  Meilen  nach  el-lü- 

25  dikijja ,  einer  bevölkerten  und  mit  Producten  und  Gütern  wohl- 
versehenen Stadt  am  Meeresufer.  Sie  hat  einen  guten  Hafen,  wo 
die  einlaufenden  Schiff'e  und  Barken  ankern  können.  \o\\  da 
18  Meilen  nach  el-/iaj'bäda~*),  einer  wohlbevölkerten  Festung, 
productenreich,    mit  Handwerken  und  Culturen.  A'on  dort  nach 

30  der  Festung  es-suxoaidijja  1 5  Meilen.  Am  Meere  liegend ,  ist 
diese  der  Hafen  des  12  Meilen  entfernten  An tiochien ;  bei  ihr  fällt 
der  Fluss  von  Antiochien ,  der  ^7sl ,  in  das  Meer.  —  Antiochien 
ist  eine  an  gutem  Ort  und  günstiger  Stelle  "•*'*)  gelegene  Stadt,  und 
nach  Damask  giebt  es  keine  von  innen  imd  aussen  anmuthigere. 


72)  Nur  25.  73)  Ausgelassen   ist   der  Anfang   und  der  Ab- 

schnitt über  Cj-pern.  74    Bei  Kudäma  h^rjüila  :  mxin-nbx  bei 

Parchi  42»  Z.  12  Edelmann.  74i>i  Im  Text  fehlt  das  Wort  el-buk\t. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  141 

Sie  hat  viel  Wasser,  das  über  ihre  Hazare  iind  Strassen.   Schlös- 
ser und  Gassen  vertheilt  ist .   und  eine  sie  und  ihre  Gärten  um- 
gebende Mauer  von  12  Meilen  Länge;  die  Mauer  ist  Avunderbar 
stark  und  befestigt,    besteht  aus  Stein  und  uingiebt  nieiit  bloss 
sie,  sondern  auch  einen  sie  beherrschenden  IJerg.    Innerhalb  der   ri 
Mauer  sind  Mühlen,    Lustgärten,   Gärten  für  Gemüse  und  alle 
Lebensmittel.   Sie  hat  belebte  Hazare,  glänzende  Gebäude,  leicht 
verkäufliche  Fabrikate,  gewinnreichen  Handel,  viel  Gutes  und 
zu  Tage  liegenden  Wohlstand.    Es  werden  dort  vorzügliche  ein- 
farbige Seidenstoffe,    sowie  'attäbi  (Moire),    dastmvul .,  isfahünl  \u 
u.  dgl.  verfertigt.    Sie  liegt  an  dem  Flusse  el-maldTih ,  auch  el- 
urunt  genannt,  der  seinen  Ursprung  im  Gebiet  von  Damask  nahe 
der  Poststrasse  hat  (J.  132),  bei  Ithm.  hamah  und  scliaizar  vorbei- 
fliesst  und  nach  Autiochien  kommt  an  der  Nordseite  der  Stadt: 
dann  umkreist  er  dieselbe  im  Norden,  läuft  nach  Süden  und  fällt  15 
im  Süden  von  es-suwaidijja  ins  Meer.  —  Von  hier  bis  zuml^erge 
ras  el-chanzlr.  auf  welchem  ein  grosses  Kloster  liegt.  20  Meilen; 
hier  stossen  Armenien  und  Syrien  zusammen.    Dann  gerade    Ki 
Meilen  von  dieser  Festung  bis  zur  Festung  rüsTis  unter  dem  an '24 
einem  Flusse  gelegenen  ras  el-chanzlr.  Von  dort  1 5  Meilen  nach  20 
der  am  Ufer  des  Meeres  liegenden  starken  Festung  et-ünüt .  wo 
das  Pinienholz  gehauen   wird,    das    man   nach    allen  syrischen 
Landen  verführt.    Von  da  nach  der  Festung  el-mutakkah  in  einer 
schönen  Thalebene   acht  Meilen,    von    da   nach    der  Halbinsel 
^_c:>.Jt  10  Meilen,  von  da  zur  Festung  el-midaicican''^)  15  Meilen.  2.5 
dann  nach  Korykos  25  Meilen,    dann  nach  Korykos'Oj.    einer 
Festung  am  Meere ,   von  wo  man  die  Höhen  ('?) ")  von  Cypeni 
sieht,   13  Meilen. 

Wir  wenden  uns  zurück  und  sagen:  Von  Antiochien 
nach  adana  nordwärts  drei  Stationen ,  von  Antiochien  nach  is-  30 
kandarTma^  einer  Festung  am  Meere ,  wo  Palmen,  viele  Saaten, 
Erträge  und  Producte  sind,  45  Meilen,  von  hier  nach  hajjüs  eine 
kleine  Station,  von  da  nach  el-misslsa  eine  Station .  im  ganzen 
von  iskanderüna  nach  el-misslsa  40  Meilen.    (J.  133)  Deren  grie- 


75)  Das  alte  IIovaUt^  ?  76,  So  die  Handschriften,  unmöglich ; 

es  wird  in  einem  Falle:  »Vorgebirg  Korykos«  zu  lesen  sein,  das  nach  den  Alten 
100  Stadien,  also  gerade  13  arabische  Meilen  von  der  Stadt  ablag.  77,  Vor- 
her gebrauchte  Idrisl  in  der  gleichen  Phrase  das  Wort  dschibä/,  Berge. 


)42  Gildemeister, 

chischer  Name  istMami!>tra.  Ef-tnisstsa  besteht  aus  zwei  Städten 
am  Ufer  des  Flusses  dschaihün,  zwischen  denen  eine  Brücke  von 
Steinen  ist ;  die  eine  heisst  el-missisa ,  die  andere  kafarhajja . 
beide  haben  nnunterl)rochene  Saatfelder  iind  Gärten.  Der  dsc/iai- 
5  /tU/i  kommt  ans  dem  byzantinischen  Gebiet,  bis  er  el-miss'isa  imd 
dann  das  Laudgebiet  der  Festung  el-mulmcican  erreicht,  und  fällt 
zwölf  Meilen  von  el-missisa  ins  Meer.  Zwischen  el-miss'isa  und 
'ain  zarha  ist  eine  Station  ,  letzteres  ist  ein  Ort,  der  dem  ghaur 
ähnelt ,   mit  vielen  Früchten ,  durchgängig  schön  und  an  guten 

lü  Dingen  reich.  —  Adana  ist  eine  ansehnliche,  bevölkerte  Stadt, 
mit  Jiazaren,  Fabriken  und  Verkehr;  sie  liegt  am  Westufer  des 
Flusses  sailian ,  der  kleiner  ist  als  der  dscJiaihün ,  und  über  den 
eine  sehr  lange  Brücke  von  bewunderungswürdigem  Bau  führt; 
seine  Quelle  hat  er  im  byzantinischen  Gebiete.    Von  adana  nach 

Ib  el-missisa  ist  eine  Station,  von  hier  nach  'ain  zarba  eine  und  von 
hier  nach  Antiochien  zwei.    Von  adana    nach    tarasüs   ist   eine 

25 schwache  Station.  Tarsus  ist  eine  grosse  Stadt  mit  zwei  Stein- 
mauern, mit  vielem  Handel,  Cultur  und  grossem  Productenreich- 
thum.    Zwischen  ihr  und  der  byzantinischen  Grenze  sind  Berge, 

20  ( J.  134:)  die  sich  vom  el-lukküm  abzweigen ,  wie  eine  Barriere 
ZAvischen  zwei  Gränzsteinen.  Vom  Meere  liegt  sie  12  Meilen 
ab  und  dort  ist  aulüsch^  ihr  Hafen  u.  s.  w.  ''**). 

(J.  135)  Wir  wenden  uns  zurück  und  sagen,  dass.  wie  vorher 
bemerkt ,  Antiochien  eine  ansehnliche  Stadt  ist.    ])er  Weg  von 

25  ihr  nach  er-rakka  geht  an  lialah  vorbei.  40  Meilen  sind  bis 
kinnasrln,  einer  Stadt,  nach  der  der  Regierungsbezirk  genannt 
ist  und  die  selbst  so  heisst.  Sie  hatte  eine  feste  Mauer,  die  in 
der  Zeit,  als  Husain  getödtet  wurde  von  Seiten  Jazid's,  des  Sohnes 
des  Mu  äwija,  zerstört  ward,   so  dass  nur  Keste  davon  geblieben 

30  sind.  Sie  hat  ein  festes  Schloss  und  Märkte  und  Arbeiter  (sie) 
und  liegt  am  kutvaik,  dem  Flusse  von  halab ,  der  auf  seinem 
Laufe  nach  kinnasrln  gelangt  und  dann  im  Sumpf  verscliAvindet. 
Von  kinnasrln  nach  ^jalab  sind  20  Meilen  (J.  136).  Halab  ist  der 
Regierungssitz ,   eine  volkreiche  Stadt    auf   der  grossen  Strasse 

•i.D  nach  Irak ,  Persien  und  den  Ostländern ,  die  eine  Mauer  von 
weissen  Steinen  hat.  Der  kuwaik  fliesst  an  ihrem  Thore  vorbei 
und  ist  ein  kiemer  Fluss  ohne  viel  Wasser,  das  von  ihm  in  einem 

78)  Folgt  das  hier  auszulassende  Koutier  nach  Constantint-pel. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  143 

Kanal  in  die  Stadt  kommt  und  in  die  Strassen,  iJazan,'  und  IJüu- 
ser  geführt  wird;  es  dient  zum  Trinken  und  zu  sonstifrem  tic- 
brauche.  Der  Fluss  kommt  von  einem  Dorfe  s'mUh,  sechs  Meilt-n 
von  diihik.  dann  fliesst  er  18  Meilen  nach  halah,  dann  Ib  Meilen 
nach  kinnasrm ,  dann  1 2  Meilen  zum  marchch  el-ahmar ,  dann  ^ 
verschwindet  er  im  Simipf;  von  seiner  Quelle  bis  zu  diesem 
Punkte  sind  42  Meilen.  In  der  Citadelle  von  halah  ist  eine  gute 
Wasserquelle. 

Von  halab  nach  er-rakka  sind  zwei  Wege  "'J) ,  einer  von  halah 
nach  en-nitüra,  dann  nach  chusUf,  dann  nach  hZdis^  dausar,  cv- H) 
rakka  in  der  Mitte  der  dijär  mudar  und  von  Reisenden  viel  be- 
sucht,  Ort  für  Waaren.  eine  schöne  Stadt  im  Osten  des  Euphrat-<> 
mit  Märkten,    Handel,    Fabriken,   wohlhabenden  Einwohnern, 
Haiiptstadt  der  ^{/'är  mudar  ^  bei  den  Griechen  bälänikus^^)  ge- 
nannt, zu  der  die  Städte  hädscharivim.  harrän^  er-ruhii,  sarüdschlö 
(J.  137),  sumaisät^  ras  'aiu,  kcifartUtä,  tallmauzan,  ez-zawübl  [?] , 
naslbiu,  adarma^  er-rusüfa  gehören.  —  Weg  von  er-rakka  nach 
hims:  er-rusctfa^  24  Meilen,  es  sind  Schlösser,  die  die  Umajjaden 
bauten;    ringsum  sind  Wohnplätze  und  bewohnte  Dörfer.     Es 
sind  Bazare  dort,  wo  man  kauft  und  verkauft,  nimmt  und  gieht.  "21) 
Von  dort  nach  el-marügha^^)  am  Rande  der  Wüste  24  Meilen, 
eine  wohlbevölkerte  Festung,  in  deren  Gebiet  die  Araber  Ein- 
fälle machen.    Von  dort  nach  el-kastal  36  Meilen,    dann  nach 
salamja  30  Meilen,    am  Rande  der  Wüste,    eine  stadtähnliche 
kleine,   bevölkerte  Festung.    Von  dort  nach  hims  eine   Station 25 
oder  24  Meilen  ^2). 

(J.  138)  Malatja  ist  eine  befestigte  Stadt  und  war  früher 
gross;  aber  die  Byzantiner  eroberten  es  mehrmals,  entstellten 
seine  Schönheiten  und  plünderten  seinen  Wohlstand.  Von  da 
sind  51  Meilen  nach  5^m«^6•(/^,  das  am  Euphrat  liegt ,  über  ihm;io 
emporragend,  und  eine  feste  Citadelle  hat,  im  Osten  des  Lukkäm, 
umgeben  von  vielen  Bergen,  auf  denen  Mandeln,  Wein  imd  alle 
Sommer-  und  Winterfrüchte  dem  Gebrauche  preisgegeben  und 
ohne  Eigenthümer  wachsen.  Zwischen  ihr  und  malatja  ist  eine 
kleine  Stadt, /«>wmawswr,  schön  und  besucht^^bj^  mit  einem  Land- . 35 

79  Diese  Routen  und  Aufzählungen  nach  Ihn  Churd.  p.  70.  84  (448.  4tisi. 
80)  Callinicus.  81)  Zu  lesen:  az-zeriia  oder  cd-dara  a  82)  Die  längere 
Stelle  über  den  ganzen  Lauf  des  Euphrat  ist  ausgelassen.  82b)  „laschhüd-? 


144  Gildemeister, 

gebiet  iiud  Dörfern .   mit  vielem  Procluctenreichtum  und  Getrei- 
deernten.   Sie  ist  von  sinnaisäf  eine  Station,  d.  i.  21  Meilen,  und 
von  maJatJa  30  Meilen  entfernt,   von  wo  es  nach  zabafra  15  Mei- 
len sind. 
5  Aon  manhichch  nach  maJafJa  sind  fünf,   nach  sumaisät  zwei 

Tage.  Es  ist  eine  grosse  Stadt,  eine  starke  Station  vom  Euphrat, 
mit  zwei  Mauern,  von  den  (J.  139)  Griechen  gebaut.  Es  hat  be- 
lebte Bazare .    ständigen  Handel .    verfügbare  Reichthümer .    be- 

27trächtliche  Ernten  und  reichlichen  Lebensunterhalt.      In    ihrer 

lOXähe  ist  die  kleine  blühende  Stadt  sandsclia.  in  deren  Nähe  eine 
von  Haustein  gebaute ,  fest  gewölbte .  schön  gearbeitete  Brücke 
ist.  welche  die  von  sandscha  heisst.  Sie  gehört  zu  dem  Wunder- 
barsten, was  man  sehen  kann  von  den  grössten  Ih'ücken .  da  sie 
die  ganze  Breite  des  Euphrat  einnimmt.   Diese  Brücke  heisst  die 

15  Brücke  von  manhidsch'^^). 

Von  manhidsch  bis  mar  asch  sind  drei  Tage  .  nämlich  bis  el- 
hadat  zwei  und  dann  bis  7narasch  ein  Tag.  Ebenso  von  man- 
hidsch bis  halah  drei  Stationen,  zwei  bis  kürus  und  dann  eine  bis 
halab.    Kwus  ist  eine  Festung  auf  einem  Berge,   der  mit  dem. 

20  hikkäm  zusammenhängt.  —  Aon  maiibidsch  nach  malatja  sind 
fünf  Stationen .  von  manhidsch  nach  sumaisät  drei  Tage ,  nach 
anderen  zwei;  von  sumaisät  nach  liisn  wawswr  eine  grosse  Station, 
von  hier  nach  el-hadat  eine  grosse  Tagereise.  —  Von  halah  nach 
hims  sind  fünfTage.  nach  ma'^arra.  das  zum  Gebiete  von  kimias- 

•2^rm  gehört,  ein  starker  Tag.  Es  heis^^t  ma  ar rat  en-numxin.  ist 
gross,  bevölkert,  hat  viele  Gebäude  und  Bazare.  aber  weder  es 
selbst  noch  die  Umgegend  hat  fliessendes  Wasser  und  Quellen ; 
der  Boden  ist  vorherrschend  Sand  und  die  Einwohner  trinken 
Regenwasser.    (J.  140).    Es  hat  viel  Gutes.    Ölbäume,  Reben, 

30  Feigen-,  Pistazien-,  Nuss-  und  andere  Bäume. 

El-hadat  und  mar  asch  sind  zwei  an  Grösse  gleiche  Städte, 
mit  festen  Maueni  und  Bazaren;  man  bringt  Waaren  und  Ge- 
brauchsgegenstände dahin . 

Von  Antiochien  nach  el-4skandarTma  sind  40  Meilen,  nach 

3.5  der  Festung  haghräs  nord^värts  am  Wege  nach  den  Grenzfestun- 
gen 12  ;  hier  ist  eine  Cathedrale  und  viel  Einwohnerschaft.   Eben 

83;  AVenn  der  Text  in  Ordnung  ist,   so  sind  hier  die  beiden  Brücken  zu- 
sammengeworfen. 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  14.") 

so  ist  aulüsch  eine  starke  Festiino;  an  der  Küste.  Zwischen  hugh- 
riis  und  el-iskandaruna  sind  neun  Meilen.  Diese  Festungen  folji^i'ii 
auf  es-suwaidijja  an  der  Küste:  dann  nach  el-iskandarana^  bajjTis, 
et-ünat^  cl-mutahl;ah ^  Fliiss  von  el-tnisfisa,  Fhiss  von  adana. 
famsTis.  alle  diese  liegen  in  derKeihe  am  Ufer.  Won  el-ts/iaudar/i/fa  h 
nach  hajjäs  ist  eine  schwache  Station,  von  hajjäs  zu  Lande  nach28 
el-MrüniJJa  15  Meilen,  von  hajjäs  nach  el-misslsa  eine  starke 
Station,  von  hier  nach  ^ain  zarha  eine  und  nach  adana  eine  Sta- 
tion, von  adana  nach  tarams  eine  Station ,  von  tarasüs  nach  el- 
dschauzät  zwei  Stationen^-*).  10 

(J.  lH)  El  hZirüniJJa  ist   ein   kleines  Fort   an  einem   der 
Zweige  des  Lukkäm,  das  Härün  er-raschid  baute. 

84)  Die  Entfernungen  ebenso  bei  Jäküt  1 ,  927 ;  doch  scheint  der  Text 
nicht  überall  in  Ordnung. 


Correspondenzeii. 

Herr  haurath  C.  Schick  in  Jerusalem  schreibt  mir  in  einem 
Kriefe  vom  Februar  dieses  Jahres: 

«Ich  möchte  Ihnen  und  damit  zugleich  dem  ganzen  Deut- 
schen Palästina-Vereine  mittheilen,  dass  nun  das  ^Holz-] Modell 
des  alten  Tempelplatzes  in  Jerusalem,  an  dem  ich  seit  acht  Jah- 
ren gearbeitet  und  zu  dem  ich  seit  meiner  Jugendzeit  Studien 
y:emacht  habe,  von  mir  vollendet  Avorden  ist.  Ich  habe  es  schon 
mehreren  liesuchern  gezeigt  und  erklärt .  aber  in  der  Hoffnung, 
dass  sich  vielleicht  ein  Kaufliebhaber  finden  möchte,  wünsche 
ich,  dass  meine  Arbeit  in  möglichst  ■weiten  Kreisen  bekannt 
Averde.  Das  Modell  stellt  ein  Vierfaches  dar.  Erstens  zeio-t  es 
die  natürliche  Gestalt  des  Berges  in  Stufenlinien,  die  um  je  fünf 
Fuss  ansteigen  und  mit  brauner  Farbe  bezeichnet  sind.  Alle  iu 
den  Felsen  eingehauenen  Cisternen  sind  in  dem  Boden  getreu 
nach  der  Wirklichkeit  dargestellt.  Die  Fundamente  der  späteren 
Bauten,  ebenso  Avie  die  Unterlage  in  Holz  ausgeführt,  sind  aufge- 
nagelt und  mit  Aveisser  Farbe  bestrichen,  so  dass  klar  übersehen 
Averden  kann,  in  Avelcher Weise  und  in  Avelcher  Ausdehnung  die 
Obei-fläche  des  Berges  überbaut  Avurde.  ZAveitens  können  darauf 
gestellt  Averden  die  Bauten  Salomo's,  d.  h.  der  Tempel  und  die  zum 
Palast  des  Salomo  gehörenden  Gebäude,  ferner  die  Aon  Nehemia 
nach  dem  Exil  Avieder  hergestellte  Stadtmauer  mit  dem  Schaf- 
thore  und  den  Thürmen  Mea  und  Hananeel.  der  Saal  an  der 
Ecke,  das  lloss-.  Gerichts-  und  Gefängnissthor.  Die  dritte 
Gestalt  des  Modells  bringt  die  durch  Herodes  A'ollzogene  ErAvei- 
terung  des  heiligen  Platzes  zur  Anschauinig.  soA^■ie  die  A^on  ihm 
aufgeführten  Bauten,  Tempel,  Antonia  n.  s,  aa".  Auch  kann 
daran  gezeigt  Averden .  Avie  die  Makkabäer  den  Berg  abgegraben 
haben  und  AAie  der  Gang  der  Belagerung  und  Zerstörung  durch 
Titus  gcAvesen  ist.  Da  die  Beschaffenheit  des  heiligen  Platzes 
in  den  nachfolgenden  Jahrhundeiten  zu  Avenig  bekannt  ist,  so 
habe  ich  als  A'ierte  und  letzte  Gestalt  des  Modells  sogleich  die 
Darstelhnig  des  gegenAvärtigen  Haram  esch-Scherif  darauf  fol- 
gen lassen.    Die  Moscheen.   Gebetsplätze.  Schulen,  Bäume  etc., 


Correspoudenzen.  j47 

auch  die  nächste  Umgebung  des  Platzes  ist  in  Holz  getreu  wie- 
dergegeben Avorden. 

Bei  der  Anfertigung  dieses  Modells  leitete  mich  eine  dop- 
pelte Absicht.  Einerseits  wollte  ich  durch  ein  genaues  Nachbil- 
den der  in  den  geschichtlichen  Nachrichten  uns  beschriebenen 
Bauten  und  besonders  durch  ein  genaues  Anpassen  derselben  an 
ihren  Grund  und  Boden  zur  Hebung  aller  dabei  sich  ergebenden 
ScliAvierigkeiten  gelangen,  andererseits  gedachte  ich  vielleicht 
an  der  Hand  dieses  Modells  Vorlesungen  über  die  Geschichte 
des  Tempelplatzes  und  sehier  Gebäude  zu  halten.  Das  Erste  ist 
mir  gelungen,  aber  der  Ausführung  des  Zweiten  stehen  verschie- 
dene ScliAvierigkeiten,  wie  mein  Alter  und  meine  Anstellung  im 
Dienste  der  Mission,  im  Wege.  Daher  bin  ich  jetzt  bereit,  das 
Modell  käuflich  abzutreten«. 

Herr  Lehrer  Fr.  Lange  in  Haifa  hatte  die  Güte,  mir  Anfang 
dieses  Jahres  drei  Photographien  eines  Fisches  zu  senden,  der 
dort  vom  Meere  an  den  Strand  geworfen  worden  war.  Derselbe 
»mass  —  so  schreibt  Herr  Lange  —  von  Flügelspitze  zu  Flügel- 
spitze 87  cm.  von  der  Spitze  des  fleischigen,  fast  lederartigen 
Schnabels  bis  an  die  Schwanzwurzel  59  cm;  der  Schwanz  selbst, 
der  an  der  Wurzel  10  mm  dick  war  und  sich  bis  auf  1  mm  zu- 
spitzte, war  105  cm  lang,  die  Breite  des  Kopfes  betrug  13  cm«. 
Nach  der  mir  freundlichst  ertheilten  Auskunft  des  Herrn  Pro- 
fessor Dr.  LEucKARTund  seines  Assistenten,  Hrn.  Dr.  R.  Schmidt- 
lein, ist  dieses  Seethier  Myliobatis  aquila  Cuvier.  »Es  gehört  in 
die  Gruppe  der  sogenannten  Adlerrochen  und  hat  eine  sehr  weite 
geographische  "N'erbreitung.  indem  es  vom  Mittelmeer  bis  Austra- 
lien vorkommt«. 

Herr  Professor  Gildemeister  schreibt  aus  Bonn  unter  deiu 
31.  Mai: 

»In  der  Beschreibung  der  Reise  des  AntokinusPlacentinus 
c.  570  cap.  4  erzählt  der  Verfasser,  er  habe  die  Namen  seiner 
Eltern  an  den  accubitus  geschrieben,  der  zu  dem  Hochzeitsmahle 
zu  Kana  gedient  habe. 

Im  Athenaeum  1885,  S.  479,  theilt  Hr.  Spyrid.  Lamuros 
mit ,  dass  bei  Ausgrabungen  der  französischen  Schule  zu  Athen 
(die  französischen  Berichte  sind  noch  nicht  hierher  gelangt  in 
Elatea  ein  Marmorblock  gefunden  sei.  der  neben  einer  dem  sech- 


]4S  Correspondenzen. 

sten  oder  siebenten  Jahrhundert  zuzuweisenden  Inschrift:  »dies 
sei  der  Stein  aus  Kana,  woselbst  das  Weinwunder  geschehen«  in 
einer  Ecke  eine  andere  in  kleiner  Schrift  enthalte ,  von  der  nur 
noch  die  Worte  y.ai  rrz  artoo:  aou  'Avtiovivoo  lesbar  seien. 

Man  sieht  die  Absicht  auch  aus  dem  nach  itou  gezwängt  an- 
gefügten 'AvTiuvi'vo'j.  Demgemäss  ist  der  Stein  —  auch  wie  es 
scheint  unter  Zustimmung  Le  1>lants  —  für  jenen  später  nicht 
mehr  zu  Kana  erwähnten  accubitus  gehalten.  Das  Unterrichts- 
ministerium zu  Athen  wolle,  heisst  es,  eine  eigne  Commission  zu 
einer  Untersuchung  absenden. 

Uass  das  Itinerarium  nicht  von  Axtomnus,  sondern  von 
einem  Reisegefährten  desselben  verfasst  sei,  haben  schon  Frühere 
gesehen  und  wird  nächstens  noch  genauer  nachgewiesen  werden; 
nicht  A>'ToxiNus,  sondern  der  Begleiter  hat  die  Namen  seiner 
Eltern  angeschrieben.  Der  Verfertiger  der  Inschrift  kannte  nur 
den  fehlerhaften  Text  der  bisherigen  Ausgaben  und  hielt  mit  den 
Neueren  den  A>"tox"inus  für  den  A'erfasser  der  Reisebeschrei- 
bung« . 

Über  den  räthselhaften  arabischen  Namen,  der  in  dem  Auf- 
satze des  Herrn  Dr.  Andehlind  S.  107  der  Fhillyrea  media  gege- 
ben Avird,  hatte  ich  Herrn  Professor  P.  Aschersox  in  Berlin  um 
Auskunft  gebeten.  Derselbe  schreibt  mir  aus  l^ierlin  unter  dem 
19.  Mai  Folgendes: 

j)Früher  als  ich  glaubte  bin  ich  in  der  Lage ,  Ihnen  meine 
Ansicht  über  den  j^Asshembläs«  vorzulegen.  Zunächst  kann 
ich  Ihnen  jetzt  den  richtigen  Namen  der  Phillyrea  media 
in  Nordpalästina  angeben,  und  zwar  ist  dies  Ihr  eigenstes  A'er- 
dienst,  indem  Sie  mir  Zweige  dieser  Pflanze  vom  Berge  Ta- 
bor  mit  dem  Namen  berzä  mitgebracht  haben.  —  In  dem  zwei- 
ten Theil  des  Namens  »Asshembläs«  erkenne  ich  den  Namen 
der  Myrte,  die  in  Nordpalästina  (in  Jerusalem  heisst  sie  wie  in 
Ägypten  mersin)  »Myrtenbeere«  habb  el-äs  genannt  wird,  gerade 
wie  die  Kresse  »Kressensame« /«/Z»Z»  er-rischäd\  vgl.  unser  Lor- 
beer. Ein  langes  ä  wird  von  den  Bewohnern  Mittelsyriens  wie 
ii  ausgesprochen,  und  so  wird  habb  el-äs  ^  wenn  die  erste  Sylbe 
verschluckt  wird,  zu  bliis.  In  dem  Anfang  des  off'enbar  falsch 
gehörten  Namens  steckt  vielleicht  ein  ism  »Name«,  oder  der  Füh- 
rer hat,  wie  Herr  Dr.  Wetzstein  meint,  beide  Bezeichnungen, 
(IS  und  habb  el-äs,  hintereinander  genannt.  Der  Gewährsmann 
des  Reisenden  wollte  entweder  die  Ähnlichkeit  mit  der  Myrte 
hervorheben  (die  in  der  That,  obwohl  die  Pflanze  nahe  mit  dem 
Ölbaum  verwandt  ist,  nicht  gering  erscheint^  oder  er  hat  geradezu 
Phillyrea  für  Myrtus  gehalten«.  Guthe. 


Ein  Brief  des  Holienpriesters  der  Samaritaiier  Ja  kub 

ibii  Harun. 

Mitgetheilt  von  Prof.  E.  Kaiitzsch  in  Tübingen. 


Im  Octüber  1861  schrieb  Dr.  Rosen  ,  damals  preussischer 
Consul  in  Jerusalem,  an  Professor  Fleischer  in  Leipzig  (ZDMG. 
1864  ,  589)  über  den  damaligen  Priester  der  Samaritaner,  den 
Kähin  Amram  :  »Leider  wird  mit  ihm  der  Rest  der  einheimischen 
samaritanischen  Gelehrsamkeit  zu  Grabe  getragen,  da  sein  Neffe 
Jakiib  ein  oberflächlicher,  dem  Studium  abholder  Mensch  ist,  der 
mit  dem  Oheim  nichts  als  den  Bettelsinn  gemein  hat(f.  Das  waren 
die  Erwartungen,  mit  denen  sich  Schreiber  dieses  im  März  1876 
in  Gesellschaft  von  Prof.  v.  Orelli  zu  Nabnlus  um  die  persön- 
liche Bekanntschaft  des  unterdess  zur  hohenpriesterlichen  Würde 
gelangten  Ja'  kub  bemühte.  Immerhin  fand  ich  mich  angenehm 
enttäuscht,  als  ich  in  dem  damals  35jährigen  Kähin  einen  Mann 
von  edlem  jüdischen  Typus  nnd  würdevoller  äusserer  Haltiing 
kennen  lernte.  In  seiner  äusserst  bescheidenen  Wohnung  herrschte 
eine  Sauberkeit,  die  von  der  Praxis  seiner  muslimischen  Mitbür- 
ger in  Nabulus  sehr  vortheilhaft  abstach.  Dass  er  nicht  mehr 
über  eine  eigentlich  gelehrte  Bildung  verfügt,  war  trotz  der  Vo- 
lubilität,  mit  der  er  uns  ein  Capitel  aus  dem  samaritanischen 
Pentateuch  vorlas,  leicht  zu  merken.  Doch  Avar  er  sogleich  bereit, 
uns  seinen  Namen  mit   samaritanischen  ^j   Buchstaben  (transcri- 

1;  Der  Typus  dieser  Schrift  unterscheidet  sich,  wie  auch  der  des  unten 
folgenden  Briefes,  bei  den  meisten  Buchstaben  sehr  stark  von  dem  in  unseren 
Drucken  (z.  B.  in Petermaxn's  Porta  Samaritana)  verwendeten;  dagegen  hat 
er  Ähnlichkeit  mit  dem  Typus  der  samaritanischen  Handschriften,  von  denen 
Rosen  in  ZDMG.  XVIII,  5S2  ff.  Proben  mittheilt. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VlII.  11 


150  Kautzsch. 

birt:  |  vpr,  •  rc2Tn  •  2Dr  misn  ♦  "insn  •  "jins?  "n  •  npy^  • -^rs .  d.i. 

ich  bin  Jakob,  der  Sohn  Aaions,  der  Priester,  in  der  Stadt  Sichern, 
zu  dieser  Zeit)  ins  Notizbuch  zu  schreiben ,  darunter  die  arabi- 
sche Übersetzung :   li     ^Jjj   :\voA.<   ,t   J^'^\   ,.,»>lP    .-j'   v_Jkäxj   'j! 

Bei  der  Beschäftigung  mit  dem  Artikel  ))Samaritaner«  für 
Herzog's  Eealencyklopädie  (IJd.  XIII,  :U0  ff.)  kam  ich  auf  den 
Gedanken,  im  Anschhiss  an  frühere  Versuche  dieser  Art  den 
jetzigen  Hohenpriester  um  Auskunft  über  einige  Dinge,  die  seine 
Gemeinde  und  deren  Glauben  betreffen,  anzugehen.  Herr  Prof. 
Strack  in  Berlin  hatte  die  Güte  ,  dem  Kähin  bei  seiner  Anwe- 
senheit in  Nabulus  im  Frühjahr  ISSl  die  bezüglichen  Fragen 
(nach  der  jetzigen  Statistik  der  Gemeinde,  der  Gerichtsbarkeit 
derselben  und  nach  der  jetzt  unter  ihnen  geltenden  Erklärung 
des  Messiasnamens  Taheb  vorzulegen.  Die  Verheissung  eines 
Bachschisch  -Avenn  ich  nicht  irre,  von  vier  Franken)  that  die  ge- 
wünschte Wirkung,  und  so  kam  denn  folgender,  auf  ein  einziges 
dünnes  Blatt  geschriebener  Brief  in  meine  Hände.  Die  Beifü- 
gung der  arabischen  Übersetzung ,  bei  deren  Entzifferung  mir 
Prof.  SocI^'  mit  seiner  Meisterschaft  im  Lesen  verzwickter  arabi- 
scher Cursivschrift  zu  Hülfe  kam ,  war  auf  meine  Bitte  erfolgt. 
Selbstverständlich  gebe  ich  die  samaritanische  Schrift  in  der  Um- 
schreibung in  hebräische  Quadratschrift. 

1.    Statistik  der  samarit.   Gemeinde  in  Nabulus. 

8yU.i!  ^  ^y^  lÄp  ia'^-i'arn  bo  cisd')  ht,  dies  ist  die 
Summe  sämmtlicher  Samaritaner  :  a"'r:S  Männer  53,  D^TU:!  und 
Weiber  4 G,  a'iT^bil  und  Knaben  3G,  Bibinm  (sie!  im  arabischen 
Text  steht  dafür  ouij  und  Jungfrauen  16;  sU.z>-  Gesammtzahl: 
tue:  D^TCism  -;ni?T  mx^  -in«  (sie!)  =  ISl  Seelen. 

Daraus  ergiebt  sich,  dass  sich  die  Gemeinde  seit  1853,  wo 
Petp;rmaxn  genau  122  zählte,  um  29  Seelen  vermehrt  hat,  dass 
aber  der  Weibermangel,  der  der  Gemeinde  längst  schwere  Sorge 
bereitet  (vergl.  meine  Notiz  in  Herzogs  KE.  lid.XIII,  347)  noch 


1)  Gemeint  ist  wohl  'C^lz  und  zwar  nach  Ausweis  des  parallelen    ^ 
im  Sinn  vtm  «Summe«;  s.  dasselbe  Wort  in  Nr.  2,  Z.  3  für  »Gemeinde  und 
Gemeinschaft«. 


Ein  Brief  des  Hohenpriesters  der  Samaritaner  etc.  1 ;,  \ 

immer  fortdauert  und  in  nicht  zu  ferner  Zeit  ein  Zusammen- 
schmelzen der  Samaritaner  auf  wenige  Familien  in  A\issiclii 
stellt. 

2.     Der  Gerichtsstand  der  .Samaritaner. 

br\-pr\  bD  i^by   ii2ip^  a^nr^n  vjstcj  ^^j  -j^^  ^tjjj^t  0^,5  ^«.jj  •.,-.- 

by  iDit2tTri2  bDi  pDn  DD^n  D^bt*  mry^  Tr-»«!  ir^x  "j^n  n^nbic  zm 

n-nn-  -^b 

CJ^    ly^'V.    '^^^jr^''    l*.'?-^^    ^'^*"^"5    ^_5"^   J^  Q-*  3-^^L*Jt    j.üC>(    Jo» 
-j^-3   --Ä^J   L5-^"'b    l*-r-^   0>^-   ^-^^'    (Jt^■^^''  ^jS>lSc\  ^\]    j.U^l  Jvj 

{j^i     C^^^i    j^    '^^'3    J**^    ^'    (j^^     j»'-^^    iJ5*y-     ^-'"^    '-^^     (*^*-^-* 

))Und  alle  rechtlichen  Entscheidmigen  der  Samaritaner  in 
Betreff  irgend  einer  Sache  und  (in  Betreff  von)  Erhtheilungen 
liegen  in  der  Hand  ihres  Hohenpriesters;  und  wenn  jemand 
(arah.  Text:  sich  erfrecht  und)  zu  den  Richtern  der  Heiden  (ar. 
Text :  zum  Religionsgesetz  und  der  Entscheidung  anderer  Rich- 
ter) geht,  so  erhebt  sich  gegen  ihn  die  ganze  Gemeinde  und  ver- 
stösst  ihn  aus  ihrer  Gemeinschaft ;  und  darnach  bereut  er.  was 
er  gethan  hat.  Und  w^enn  unter  ihnen  zwischen  Mann  und 
Mann  ein  Streit  (ar.  T. :  d.  h.  ein  Raiifhandel)  entstanden  ist. 
so  stiftet  der  Priester  Friede  zwischen  ihnen  (ar.  T. :  so  wird 
durch  ihn  Friede  zwischen  ihnen  gemacht)  und  alle  unsere  Ent- 
scheidungen [finden  statt]  nach  dem  Gebot  der  Tora«  (ar.  T. :  und 
er  entscheidet  zwischen  ihnen  nach  (u.  s.  w.). 


1)  p  fehlt  im  Text;  wahrscheinlich  irrte  der  Kahin  beim  Abschreiben 
vom  Coneept  auf  das  in  samaritanischer  Schrift  fast  identische  iz  des  nächsten 
Wortes  ab. 

2)  Aram.  ^ra  (nnxs)  nach,  statt  hebr.  )z  "'-ns. 

3)  n",!!  ^n    aram.  für  hebr.  ii^n  CX    (wofür  freilich   nr-n   CS    stehen 

T~ :  '      "  TT* 

sollte). 

11* 


152  Kautzsch, 


3 .    Über  das  Wort  T  a  h  e  b . 

-— r3  -^5y  ]Ta"'^)  r.b  irs  ^rs  'zin  >;  bbro  s^n  nrn  nbio 
z^ryn  ■'mi  3)  -irs  nrn  rbr^ :  --rz  zr^ns«  nipr  znb  =7«  ^22 

»Das  Wort  Talieb  bezieht  sich  auf  den  Propheten,  über  wel- 
chen uns  unser  Herr  in  der  Tora  [5  Mos.  18,  IS]  gesagt  hat: 
»einen  Propheten  Avill  ich  ^ihnen  erwecken  aus  der  Mitte  ihrer 
Brüder,  wie  dich«.  Und  das  Wort  Taheb  [bedeiitet  den"',  welcher 
die  Völker  den  Weg  des  Giiten  lehren  und  sie  auf  einen  Weg 
bringen  wird,  so  dass  sie  sich  bekehren  in  Betreff  ihrer  Sünden, 
die  ganze  Welt ,  und  werden  »Umkehrende^ ,  rein  von  allem 
Bösen. 

(J-»    .i.jl    [j.jj.Xjj    »P.!:!^    ^s.    |yt>.j»    IjjfcÄj»    öw\.:>l^    •'»Jij— ^    L-aasj^ 

j.^^    *.]Lcl    c\)ji_5     ,^v.Ui)    ^jSC^   ,^!    Snn   iClääij!   »J^Pj    ^j),      -.i;   JJ' 

«^      I  j  ..         ...  .  ^      (S^^         -^         v..^    ^ 

^)Das  Wort  ^äV6  bedeutet  im  Hebräischen  den  Propheten, 
der  uns  verheissen  ist,  über  welchen  er  uns  Kunde  gegeben  hat 
in  der  Tora  im  Buch  des  Auszugs,   im   2n.  Kajiitel  desselben 9). 

1)  Samarit.  Orthographie  für  N"r:n. 

2)  Samar.  !maran; ,   «unser  Herr«. 

3)  Mit  samar.  Endung  (jori,  für  hebr.  n"--. 

4)  Mit  samar.  Suffix  (ön  oder  ün)  für  hebr.  r"2ib'^i 

5)  Für  rnx;  der  Fehler  ist  veranlasst  durch  samar.  mn  una. 

T-; 

6)  Mit  samar.  Suffix  (s.  Note  4)  für  hebr.  :r'N-n. 

7)  Für  hebr.  =""~:. 

8)  Nach  dem  AVortlaut,   Avie  ihn  der  Kahin  im  hebr.  Text  richtig  citirt, 
sollte  es  heissen  a-^  »ihnen«  und    *~pj.3»)    »ihrer  Brüder«. 

9j  Vergl.  über  dieses  Citat  den  Schluss  des  arab.  Textes. 


Ein  Brief  des  Hohenpriesters  der  Samaritaner  etc.  153 

Und  dieses  Wort  bedeutet  den,  welcher  die  Welt  rechtleitct  ;uit 
den  Weg  des  Guten,  d.  h.  der  Wahrheit,  so  dass  sie  ein  Wvjjr 
(eine  Religion,  resp.  lleligionsgemeinde;  vergl.  ■/;  ooo;,  Act.  ;t. 
2  al.)  -werden  und  sich  bekehren  und  umkehren  von  ihrer  Sünde 
luid  rein  -werden  von  allem  Bösen.  Und  dieses  Wort  2r\r,  bedeu- 
tet »der  die  Menschen  Hekehrendew.  Und  Gott  weiss  die  ^^'ahr- 
heit.  Und  was  den  Ausspruch  Gottes  des  Erhabenen  an  die  Ge- 
meinde im  Buche  des  Auszvigs  betrifft :  »fürwahr  einen  l'ropheten 
will  ich  euch  erwecken  aus  der  Zahl  eurer  Brüder«,  so  findet  sich 
derselbe  nicht  im  Codex  der  Juden  i  ;  und  er  wird  ein  zweites 
Mal  wiederholt  im  Buch  der  «Wiederholung  der  Gesetzgebung« 
Mose's  im  18.  Kapitel. 


Nach  dem  etwas  confusen  hebr.  Text  könnte  man  schliessen. 
der  Messias  heisse  taheb  ,  weil  die  Menschen  durch  ihn  trdv'^bim 
j)umkelirende«  werden.  Der  arabische  Text  zeigt  jedoch  deutlich, 
dass  nnn  transitiv  als  «der  Bekehrer«  erklärt  werden  soll ,  und 
dies  dürfte  der  anderen  Erklärung  von  Snn  als  Partie,  intrans. 
(rediens)  vorzuziehen  sein. 

4.    Nachschrift. 

^         >         C     ^         •    •   ^-^^  ^  ■  ^    ~        (^~     ^  o     •■ 

jAAi    c>.ÄXs    *Xai^av  ^i/.3jL    *.xji.Ai2i»    o^».-*v    K-ü^Lj;    .-_£     -jj'c^ 

0^3C^M*,A    \i\    LP^    ic'^'^^'     ^^^    iii.*-'^^    vi?-?"    («.^J.A^^-'    ä._>»2;    J^^^^ 

sf  :\x^  j\ö\  rf  5  DDrn  ■'V^n  irün  p-s 

Herrn  Master  Kautzsch  ,  dessen  Leben  (Gott;  verlängern 
möge.  Bei  meinem  Zusammensein  mit  Dr.  Stkack  hat  mir  der- 
selbe drei  Fragen  Ew.  Wohlgeboren  mitgetheilt  und  mir 
Euren  Gruss  gebracht,   und  ich  war  sehr  erfreiit  und  habe  Ew. 

1)  Im  Samaritan.  Pentateuch  steht  der  Ausspruch  ---■:  znr  z"~x  s-i: 
Üti'nx  bereits  in  dem  langen  Zusatz  zu  Ex.  20,  21. 

2)  Für  0;y>! 


I  54         Kautzsch,  Ein  Brief  der  Hohenpriester  der  Samaritaner  etc. 

Wohlgeboren  die  Antwort  auf  die  Fragen  geschrieben  gemäss 
dem,  was  er  mir  mitgetheilt  hat ,  und  siehe ,  ich  bin  mit  Ver- 
ffnüsren  zu  iedom  Dienst  bereit,  den  Ihr  mir  gebieten  werdet. 
Mein  Griiss  Ew.  Wohlgeboren  imd  Allen,  die  Euer  schöner 
Wohnsitz  birgt. 

Ja'küb,  Sohn  Härüns,  der  Oberpriester  in  der  Stadt  Nä- 
bulüs  hebr.  :  Jakob,  Sohn  Aarous,  der  Priester  der  Le  vif)  in 
Sichern).    Am  24.  Adar  des  Jahres  84. 

1)  d.  h.  der  Priester  aus  dem  Stamme  Levi;  der  Kahin  folgt  damit  dem 
Sprachgebrauch  des  Deuteronomium  17,  9  al  ).  Die  direct  von  Aaron  sich 
herleitende  Linie  der  samarit.  Hohenpriester  starb-im  Jahre  165S  aus. 


Reste   eines    alten  armenischen   Klosters   auf    dein 

Ölberg  nnd  die  daselbst  anfgefuiidciien 

Inschriften. 

Von  Domkapitnlar  Dr.  Riess  in  Rottenburg  a  N. 
(Hierzu  Tafel  IV). 


Gelegentlich  der  Landesvermessmig  des  west-jordanischen 
Gebiets  von  Palästina  dnrch  den  englischen  Palestine  Explora- 
tion-Fiind  in  den  J.  1870  und  1874  sind  unter  anderen  aus  dem 
Alterthum  stammenden  Überresten  in  der  Umgebung  Jerusalems 
auch  solche  auf  der  Höhe  des  Ölbergs  in  dem  südlich  von   der 
Kubbe  des  Schecli  Selmän  el-Färsi  gelegenen  sog.  Russenhaus 
aufoefunden  worden,  welche  nach  der  in  The  Survev  of  Palestine, 
Jerusalem  1884,  S.  401   enthaltenen  Mittheilung  ein  besonderes 
Interesse  beanspruchen.    Nach   dem  englischen  l^ericht  ist  die 
Fundstelle  in  dem  erwähnten  Russenhaus  und  dessen  nächster 
Umgebung,   welches  s.  Z.  als  eine  der  trigonometrischen  Statio- 
nen bei  der  Vermessung  gedient  hat.  In  der  Halle  dieses  Hauses 
wurde  ein  aus  Steinen  hübsch  eingelegter  l^oden  (tesselated  pa- 
vement)   gefunden,    mit  Darstellungen    von    Thieren.    Fischen, 
Früchten,  geometrischen  Figuren  u.  s.  w.  nebst  einer  Tnschnft 
in  alt-armenischen  Charakteren.    Östlich  von  der  in  den  Garten 
führenden  Thüre  und  dicht  am  Hause  findet  sich  eine  alte  Fols- 
kammer,  deren  Deckengewölbe  aus  neuerer  Zeit  stammt;  dieselbe 
misst  23'  4"  und    13'  8"  engl,  und  enthält   16   Sarkophage  oder 
Gräber,   die   in  vier  Gruppen,  je  zu  vier  mit  Zwischendurchgän- 
gen, aufgestellt  sind  und  mit  Platten  gedeckt  waren,  von  welchen 
drei  noch  kaum  unterscheidbare  Inschriften  zeigten.    Nördlich 
von  dieser  Felskammer  fanden  sich  Grundmauern  eines  Gebäu- 


156  Riess, 

des.  augenscheinlich  einer  Kapelle,  mit  Pfeileni  von  2'  im  Qua- 
drat und  in  S'  Distanz  voneinander  gestellt.  Die  Nachgrabun- 
gen, die  hier  auf  3 S' Länge  vorgenommen  wurden.  Hessen  er- 
kennen, dass  der  Hoden  des  nur  sehr  Avenig  von  der  Ostrichtung 
ab-oeichenden  Baues  ebenfalls  mit  einem  Mosaikpflaster  versehen 
war.  Südöstlich  von  dieser  Kapelle  zeigte  sich  eine  Höhle  und 
vor  derselben  eine  gewölbte  Kammer,  auf  deren  l^oden  eine  die 
ganze  Fläche  bedeckende  und  in  ähnlichen  Charakteren  wie  die 
oben  bezeichneten,  aus  gut  gefügten  Steinwürfeln  hergestellte 
Insclmft  aufgefunden  wurde.  Die  hinter  der  Kammer  befindliche 
Höhle  ist  roh  gearbeitet  und  mit  Gebeinen  angefüllt :  gemauerte 
Abtheilungen,  ähnlich  den  Grabnischen  oder  Sarkophagen  von 
ungewöhnlicher  Grösse  waren  längs  der  Wände  angebracht.  Der 
englische  Bericht,  dem  wir  vorstehende  Daten  entnehmen,  äussert 
sich  schliesslich  nur  dahin,  dass  diese  Reste  wahrscheinlich 
einem  mittelalterlichen  Kloster  angehört  haben  mögen. 

Ein  näherer  Aufschluss  über  das  Alter  und  die  nähere  Be- 
stimmung der  gefundenen  Baureste  durfte  zunächst  aus  der  Ent- 
zifterung  der  Inschriften  selbst  erwartet  werden,  welche  dem 
englischen  Berichte  nicht  beigegeben  ist.  Im  Begriffe,  die  er- 
wähnten, in  Survey  of  Palestine  enthaltenen  Abschriften  auch  in 
der  ZD^^^  mit  Beigabe  der  Transcription  und  Übersetzung  zur 
Mitthoilung  zu  bringen,  empfingen  Mir  von  Prof.  Guthe  die 
Nachricht,  dass  die  in  den  englischen  Memoirs  enthaltenen  In- 
schriften dieselben  sind,  welche  von  ihm  im  Jahre  ISSl  persön- 
lich an  Ort  und  Stelle  kopirt  worden  seien.  Derselbe  hatte  die 
Freundlichkeit .  uns  diese  seine  Kopieen  zur  ^'ergleichung  mit 
den  englischen  Abschriften  mitzutheilen.  Es  stellte  sich  hiebei 
heraus,  dass  die  von  Guthe  genommenen  Kopieen  viel  sorg- 
fältiger und  genauer  gemacht  waren  als  die  in  den  englischen 
Memoirs  gegebenen  Abschriften,  infolge  dessen  einzelne  Zweifel 
in  Betreff  der  Transcription ,  sowie  der  Übersetzung,  welche  die 
englische  Kopie  zu  lösen  übrig  Hess,  durch  die  von  Guthe  ge- 
nommenen Abschriften  mit  Sicherheit  gehoben  werden  konnten. 
Es  empfiehlt  sich  demnach  von  selbst,  wenn  wir  bei  vorliegender 
Mittheihuig  von  der  durch  M.  lk  Comte  genommenen  Kopie  ab- 
sehen und  diejenige  Guthe's  zu  Grunde  legen,  welchem  Avir 
ausser  den  erwähnten  zwei  Inschriften  noch  eine  weitere  dritte 
an  dem  gleichen  Orte    dem  Russeuhaus  auf  dem  ()lberg    gefim- 


Keste  eines  alten  armenischen  Klosters  auf  dem  (")lber^'  etc.         ir>7 

deiie  Inschrift  nebst  einigen  Kopieen  von  annenisehen  Chiivak- 
teren  auf  Hruchstücken  verdanken  •] . 

Nach  dem  ürtheil  des  der  armenischen  Sclirift  und  Spraclie 
kundigen  Herrn  Dr.  Vetter,  Pfarrer  in  Weiler .  dem  der  \'er- 
fasser  von  den  Inschriften  Mittheihnig  machte,  dcutni  innner- 
hin  die  in  Uncialschrift  geschriebenen  Charaktere,  die  grosse 
ÄhnHchkeit  einiger  Zeichen  mit  den  griechischen,  sowie  der 
Mangel  der  Interpunktion  auf  einen  Ursprung  Avenigstens  aus 
dem  ü.  bis  lü.  Jahrlmndert.  Die  von  demselben  freundlichst 
mitgetheilto  Übersetzung  geben  wir  in  Nachstehendem  wieder. 
1.    Inscription  auf  dem  Mosaikboden  des  Kussenhauses. 

Ays  di  e  eranelvo  (h)  [=yeranelvoh]  shushannan  mavr  (=  mor) 

artavanah  hori  zhe. 

»Dies  ist  der  Leichnam  der  seligen  Susanna,   der  Mutter  des 
Artavan.    Hori  18«  (=  den  18.  Tag  des  Monats  Hori  2  . 


1)  Aus  meinen  Notizen  vom  Jahre  1881  füge  ich  Folgendes  hinzu :  Die 
Inschrift  1  läuft  am  nördlichen  Rande  des  schönen  Mosaikbodens  in  dem  luf- 
tigen Saal  (Halle)  des  sogenannten  russischen  Hauses.  Ihre  Länge  beträgt 
2,yG  m,  die  Höhe  der  einzelnen  Buchstaben  8  cm.  Die  Buchstaben  soMie  die 
Verzierungen  am  Anfang  und  am  Ende  sind  in  sch-\varzen  Steinen  ausgeführt, 
deren  Farbe  sich  mit  der  Zeit  in  dunkelgrau  verwandelt  hat.  An  den  Thieren 
(Ente,  Lamm,  Fisch,  Hahn),  Früchten  (Trauben,  Limonen) ,  Blättern  und 
sonstigen  Ornamenten  findet  mau  die  Farben  roth,  gelb  und  braun.  Die  In- 
schrift läuft  direct  von  W.  nach  O.,  parallel  mit  der  Längsrichtung  des  Hau- 
ses. Unter  diesem  Saale  ist  eine  Grabkammer  mit  angeblich  24  Gräbern,  von 
denen  jedoch  nur  sechs  durch  eine  seitliche  (jffnung  gesehen  werden  können. 
—  Die  Inschrift  2  ist  1  m  lang,  72  cm  hoch.  Die  Buchstaben  sind  roth,  nur  die 
Punkte  in  denselben  und  in  den  Beistrichen  (Z.  2.  3.  6.  7  sind  schwarz.  Auch 
die  die  Inschrift  umgebenden,  in  geraden  und  gewundenen  Linien  ausgeführ- 
ten Ornamente  zeigen  nur  schwarze  und  rothe  Steine.  Eine  Nachbildung 
dieser  Inschrift  befindet  sich  in  dem  armenischen  Patriarchat.  —  Inschrift  3  ist 
1,19  m  lang  und  49  cm  breit,  hat  schwarze  Buchstaben  zwischen  rothen  Grenz- 
linien. Sie  befindet  sich  zwischen  dem  grosssen  Thor  und  dem  Hause  —  wenn 
ich  nicht  irre ,  nur  mit  wenig  Erde  bedeckt.  Östlich  daneben  fand  ich  eine 
Vertiefung  mit  Bewurf,  der  ein  ähnliches  rohes  Ornament  von  gebrochenen 
Linien  trug,  wie  es  an  der  Inkäsche  genannten  Ortlichkeit  unweit  des  rassi- 
schen Hauses  (s.  ZDPV.  III,  25Uj  vorkommt.  Vielleicht  ist  auch  dort  eine  ar- 
menische Niederlassung  aus  der  gleichen  Zeit  wie  die  oben  besprochene  ge- 
wesen. —  Die  unter  Nr.  4  und  5  wiedergegebenen  Inschriftenfragmente  habe 
ich  von  den  Decksteinen  der  Gräber  abgeschrieben,  die  sich,  1(5  an  Zahl,  in 
der  von  Herrn  Dr.  IviEss  erwähnten  Felskammer  (S.  155)  vorfinden.    GuTUE. 

2)  Hori  heisst  der  zweite  Monat  des  alt-armen.  Jahres.   Es  möchte  nahe 


158  ^^'«ss, 

2.  Inscription.    Mosaikboden  der  Gewölbekammer  vor  der 
Höhle. 

Barechavs    ==  barechös   imelow 

ar   ats   (==  Abkürzung  für  astwats    z'surb    =  ez-surb)  e- 

sayi  ev   =  yev    zeraneli 

harss  =  harses    es  ^^yes)  walan  a- 

rari  wasn  tholov-  (=  tholu-) 

thean  melatz  z^hi-  =  ez-lii-) 

shatakarans  =  anesj  zays. 

»Zu  Fürsprechern  habend 
bei  Gott  den  heiligen  E- 
sayi  und  die  seligen 
Väter,   habe  ich,  Walan, 
errichtet  zur  Nachlassung 
der  Sünden  dieses  Denkmal«. 

3.  Inschrift!;  : 

Wasn  alavthitz  (=  alöthitz)  ev  (=  yev,  phr- 

kuthean  thevah  a- 

basov  (=  abasu)  ev  ^=  yev  i  movrAv  Lk !]  an  (=  murwan) . 

»Zum  Gebet  und  zur  Er- 
lösung des  Theuas  (.'j 
Abas  (=  Abtes  ^  —  sonst  abbayi^  und  Murwan  (?)«. 

Auf  Grund  dieser  Inschriften  darf  mit  Sicherheit  angenom- 
men werden,  dass  der  beschriebene  Komplex  von  IJaulichkeiten 
^Oratorium  nebst  Grabstätten)  einer  vormals  von  Armeniern  be- 
wohnten klösterhclien  Anlage  entstammt,  aus  einer  Zeit.  Melche 

liegen,  den  Gebrauch  dieses  alten  Namens  anstatt  der  später  üblichen  römisch- 
griechischen Monatsbezeichnungen  für  die  Datirung  der  Inschrift  zu  verwer- 
then.  Leider  aber  lässt  sich  ein  bestimmter  Zeitpunkt ,  von  dem  an  die  ein- 
heimischen Monatsnamen  durch  die  abendländischen  definitiv  verdrängt  wor- 
den wären,  nicht  feststellen.  So  gebraucht  z.  B.  Johannes  IV  (Katholikos 
TIS — 729j  in  seiner  berühmten  Sjnodalrede  den  Monatsnamen Hunwar  Jan.), 
während  noch  die  Historiker  Aristakes  von  Lastiwert  im  11.  und  Wardan 
im  13.  Jahrh.  altarmenischer  Monatsnamen  sich  bedienen. 

1,  "Bei  Vergleichung  der  drei  Inschriften  drängt  sich  mir  die  Beobachtung 
auf,  dass  Nr.  3  einen  anderen  Charakter  aufweist  als  1  und  2.  Ob  jedoch 
diese  Differenzen  auf  früheren  oder  späteren  Ursprung  hinweisen,  möchte  ich 
nicht  wagen  zu  entscheiden;  so  9  (zweitletzter Buchstabe  inLin.  2)  gegenüber 
von  3  in  Nr.  1  u.  2  ;   ferner  P  gegenüber  von  F  in  Nr.  2«.  Dr.  VetteR. 


Reste  eines  alten  armenischen  Klosters  auf  dem  cMberg  etc.         i;,») 

nicht  erst  in  die  fränkische  Herrschaft,  sondL-m  in  die-  Zeit  vor 
derselben  zurückweist.  Es  bedarf  kaum  der  Erwälinun^,  wie 
sich  seit  der  ältesten  christlichen  Zeit  namentlich  die  Armenier, 
sowohl  einzeln,  als  auch  in  kleineren  und  grösseren  Gesellschaf- 
ten, an  dem  seit  dem  vierten  Jahrhundert  in  Aufnahme  gekom- 
menen Besuche  der  heiligen  Orte  in  Palästina  lebhaft  betheilig- 
ten; auch  ist  bekannt,  wie  ausser  den  Cappadociern  und  Syrern 
von  Seite  der  Armenier  ein  namhaftes  Kontingent  zu  den  ersten 
mönchischen  [Ansiedelungen  im  Eremus  der  heil.  Stadt  gestellt 
wurde.  In  ähnlicher  Weise  wie  es  von  andern  Landsmannschaf- 
ten ,  wie  den  Iberern ,  Lazen ,  den  Bessi ,  Byzantinern,  Tyrern 
und  Jerusalemern  (Alioten)  u.  a.  geschah,  Avurden  auch  von  den 
Armeniern  frühzeitig  eigene  Konvente  errichtet,  in  welchen  zu- 
gleich die  die  heiligen  Orte  besuchenden  Landsleute  vorüber- 
gehend Aufnahme  und  Pflege  in  Erkrankungsfällen  fanden.  Was 
sodann  speciell  die  mönchischen  Ansiedelungen  auf  dem  C)lberg 
betrifft,  so  erinnern  wir  nur  an  Abbas  Innocentius,  der  in  der 
2.  Hälfte  des  4 .  Jahrhunderts  auf  dem  Olberg  einer  mönchischen 
Genossenschaft  vorstand ,  daselbst  auch  eine  Kirche  baute  inid 
während  dreier  Jahre  den  Palladius,  später  l^ischof  von  Heleno- 
polis  auf  Cypern ,  zu  seinen  Schülern  zählte  M .  Es  ist  dies  wohl 
dieselbe  Anlage,  welche  von  Procopius  Caes.-j  als  Monasterium 
Tou  'AcpsXsiou  (Innocentii)  erwähnt  wird  und  von  dem  er  berichtet, 
dass  in  demselben  eine  Brunnenanlage  (c/psap)  durch  Justinian 
eingerichtet  worden.  Gegen  Ende  des  6.  und  Anfang  des  7. 
Jahrh.  finden  wir  auf  dem  Ölberg  das  Kloster  des  Abramius, 
dessen  Hegumene  in  jener  Zeit  der  Reihe  nach  Abbas  Eudoxius, 
Abramius  (Magnus),  und  nachdem  derselbe  die  Leitung  des  mit 
der  Theotokos-Kirche  (Maria  Nova)  in  Jerusalem  verbundenen 
Klosters  übernommen  hatte,  Abbas  Johannes  Cyzicus  waren  3) .  In 
diese  Zeit  fällt  auch  das  von  Kaiser  Justinian  auf  dem  Ölberg  er- 
richtete Monasterium  S.  Mariae^),  und  aus  der  2.  Hälfte  des  ü. 
Jahrh.  kann  Antonin  Mart.  c.  XVI  berichten:  In  monte  Oliveti 
vidimus  multitudinem  inclusorum  virorum  et  mulierum. 

1)  Pallad.  Hist.  laus.  c.  103. 

2)  Procop.  De  aedif.  Justin,  c.  5. 

3)  Joh.  Moschus  Prat.  spir.  187. 

4)  Procop.  De  aedif.  c.  V. 


lOü  Riess, 

Trotz  der  wiederholt  harten  und  bhitigen  Verfolgungen,  so- 
wie der  Verwüstung  und  Zerstörung,  welche  jene  Niederlassun- 
gen in  der  Folgezeit  durch  die  Einfälle  der  Perser  und  der  Sara- 
zenen, insbesondere  aber  im  Laufe  der  arabischen  Herrschaft  zu 
erdulden  hatten .  hielten  sich  doch  viele  derselben  mit  zäher 
Lebenskraft  bis  in  die  spätere  Zeit  aufrecht.  Namentlich  ver- 
dankten sie  solche  Erhaltung  auch  dem  wirksamen  Schutz  und 
der  Unterstützung,  die  ihnen  s.  Z.  Karl  der  Gr.  angedeihen 
liess,  nachdem  er  unter  Zustimmung  Harun  alKaschid's  von  dem 
Patriarchen  in  Jerusalem  die  Schlüssel  des  Heiligen  Grabes  und 
der  Calvaria,  sowie  die  Schlüssel  der  heiligen  Stadt  und  des  01- 
berges  empfangen  und  die  Schutzherrschaft  über  die  heiligen 
Stätten  übernommen  hatte.  Um  diese  Zeit  befand  sich  die  Avohl 
schon  länger  bestehende  Congregatio  monachorum  peregrinorum 
Romanorum  auf  dem  Olberg ,  welche  sich  infolge  der  A'erdäch- 
tigung  und  des  Vorwurfs  der  Häresie,  die  sie  wegen  des  Beisatzes 
»Filioque«  im  apostolischen  Symbolum  von  Seite  der  griechischen 
Mönche,  namentlich  aus  dem  Kloster  des  Sabas,  erduldete,  ge- 
nöthigt  sah,  bei  Papst  Leo  und  dem  Kaiser  Karl  d.  Gr.  Schutz 
zu  suchen.  Einen  besonders  schätzensAverthen  Beitrag  zur  Stati- 
stik der  klösterlichen  Anlagen  auf  dem  Olberg  empfangen  wir 
zugleich  in  dem  aus  der  Zeit  Karls  des  Gr.  selbst  stammenden 
Commemoratorium  De  casis  Hei  et  monasteriis.  Dasselbe  er- 
wähnt nicht  weniger  als  27  monachi  inclusi  (einzeln  lebende 
Mönche  verschiedener  Nationalität  auf  dem  Olberg.  worunter 
zwei  Armenier ;  sodann  »in  Bisanteo«  in  der  Nähe  des  Olberges 
ein  Kloster  des  heiligen  Petrus  und  Paulus  mit  35  Mönchen,  und 
ein  von  sechs  armenischen  Mönchen  bewohntes  Kloster  ad  S.  Jo- 
hannem.  Da  obige  auf  der  Höhe  des  Olberges  gefundenen  arme- 
nischen Inschriften  nach  dem  Charakter  der  Schrift  der  Zeit  des 
9.  und  10.  Jahrh.  angehören,  so  liegt  die  Vermuthung  und 
Wahrscheinlichkeit  nahe ,  dass  eben  an  dem  Orte  ihrer  Auffin- 
dung das  im  Commemoratorium  erwähnte  Armenier-Kloster  ad 
S.  Johannem  gestanden  und  sich  noch  bis  in  die  Zeit  des  Be- 
ginns der  fränkischen  Herrschaft  erhalten  haben  möge. 

Schliesslich  fügen  wir  noch  bei,  dass  die  aus  Bruchstücken 
entnommenen  Kopieen  des  Herrn  Prof.  Guthe  (Nr.  4  und  5  a,  b,  c) 
gleichfalls  alt-armenische  Charaktere  aufweisen ;  indessen  lässt 
sich    nur    bei    Nr.    4     aus    der    griechischen    Schrift    0(?)r(Xr] 


Reste  eines  alten  armenischen  Klosters  auf  dem  Olherg  etc.         j  (jl 

vermiithen,     dass    das    Bruchstück    zu    einer    Grabschrift    f^e- 
hörte. 

Nr.  4.    (0?)rf/t7j  0 
thayr  i  (!) 

Nr.  5.    a.  mar  (?)  i  (?) 

b.  gog-iw. 

c.  d  (?)  s  (?)  shan. 


über  die  augebliche  Aufdeckimg  der  Eudokia- 
(Stepliaiis-,lürclie. 

Von  Domkapitular  Dr.  Riess  in  Rottenburg  a/X. 


Zu  den  von  Herrn  Pfarrer  A.  Frei  in  ZDPV.  Band  Till, 
S.  80  iF.  gemachten  Mittheilungen,  »Die  neu  entdeckte  Stephans- 
kirche in  Jerusalem« .  nach  welchen  derselbe  sehr  geneigt  ist.  in 
der  im  J.  1882  aufgefundenen  und  von  Dom  Heidet  (bei  St.  Pe- 
ter) angekauften  Ruinenstelle  im  N.  des  Stephansthores  die  Bau- 
stelle für  die  von  der  Kaiserin  Eudokia  erbauten  Stephanskirche 
zu  erkennen,  wie  solches  unbedenklich  von  den  Herren  Dom 
Heidet,  P.  M.Lecomte  und  H.  Guillemot  angenommen  wird'), 
erlaube  ich  mir  einige  Bemerkungen  zu  machen,  welche  dazu 
dienen  dürften,  einerseits  die  Ansicht  des  Herrn  Frei  durch  wei- 
tere Zeugnisse  zu  bestätigen,  dass  wir  in  jenen  Resten  allerdings 
die  zur  Zeit  der  fränkischen  Herrschaft  existirende  Kirche  ad 
S.  Stephanum  oder  vielmehr  Oratorium  nebst  Klostergebäulich- 
keiten  erkennen  müssen,  dass  aber  andererseits  ein  Grund  nicht 
vorliegt,  die  s.  Z.  von  der  Eudokia  errichtete  Kirche  an  die- 
selbe Stelle  zu  versetzen. 

Was  ziinächst  letzteren  Punkt  betrifft,  so  lässt  sich  die  Ver- 
muthung  des  Herrn  Guillemot.  dass  das  bisher  aufgedeckte 
Oratorium  etwa  das  südliche  Seitenschiff  der  vormaligen  grossen 
und  prächtigen  Kirche  der  Eudokia  sei,  aus  den  über  die  ausge- 
grabenen Grundmauern  bisher  veröffentlichten  Skizzen  2  (  in  keiner 

Ij  Das  Heilige  Land.     Organ    des  Vereins  vom   heiligen  Grabe.  1883, 
S.  161  ff. 

2)  Survey  of  Pal.  Jerus.  p.  387. 


Kiess,    Über  die  angebl.  Aufdeckung  der  Eudokia-iStephans-jKirche.  liy.i 

Weise    begründen,    nnd  deuten    sowohl    die   in  der  Inigebnnir 
des  Oratovinms  gefundenen  lieste,    als  auch  die  i-'unchimente  der 
im  N.  derselben  sich  von  W.  nach  ü.  erstreckenden   Gewölbe 
auf  eine  ursprünglich  freie  Anlage  und  nicht  auf  die  \erwendung 
älterer    Grundmauern    einer    vormaligen   grossartig    angelegten 
Kirche  hin.  Das  Kirchlein  von  7,40  m  lireite  und  mit  Einschluss 
der  Apsis  von  20,70  m  Länge  stellt  sich  als  ein  ursprünglicher 
Hau  dar.    Der  ^'ürhof  desselben,   auf  dessen  lioden  eine  unleser- 
liche griechische  Inschrift  sich  fand,    sowie  die  von  der  Apsis 
aus  zugängliche  kleine  Seitenkammer  zur  Hechten  weist  mehr  auf 
griechischen  als  fränkischen  Ursprung.   Derselbe  hat  eine  gi'osse 
Ähnlichkeit  mit  den  Oratorien  und  Kirchen  .    Avelche  sich  mehr- 
fach in  den  aus    alter  griechisch-christlicher  Zeit  stammenden 
Klosteranlageii  in  der  Umgebung  der  Stadt  befinden,   wogegen 
die  übrigen  Anlagen  (Gewölbe,   Steinplattenbelag,   Quader  mit 
Steinmetzzeichen  etc.)  aus  der  Zeit  der  Restauration  durch  die 
Franken  stammen  mögen.     Wenn  hiebei  Fkei  (a.  a.  O.  S.  57) 
für  das  Vorhandensein  eines  älteren  liaues  besonders  auf  »das  an- 
ders gerichtete  Pflaster«  in  dem  liaum  hinter  der  Apsis  hinweist. 
so  tritt  solche  schiefe  Richtung  der  Fugen  in  der  von  ihm  gege- 
benen Skizze  allerdings  auffällig  ins  Auge.    Indessen  verschwin- 
det dieselbe,    wenn  wir  annehmen  dürfen,  dass  der  in  Survey  of 
Pal.  Jerus.  a.  a.  ().  gegebene,    wohl  genauere,   auf  A'ermessung 
beruhende  Situationsplan  der  richtige  ist,   welcher  jenen  Raum 
nicht  als  Rechteck ,   sondern  als  Rhomboid  wiedergiebt.   in  wel- 
chem die  oblongen  Steinplatten  ganz  entsprechend  parallel  der 
Nord-  und  Südseite  des  rhomboidischen  Gemaches  gerichtet  er- 
scheinen. 

Insbesondere  glauben  wir  ein  grösseres,  wir  möchten  sagen 
ein  in  vorliegender  Frage  Ausschlag  gebendes  Gewicht  auf  die 
ims  erhaltenen  Angaben  über  die  Entfernung  der  Eudokiakirche 
und  der  fränkischen  Stephanskirche  legen  zu  müssen.  Axtoxin 
Martyr,  Evagrius  und  Nikephorus  Calhsti,  welche  unzweifel- 
haft nur  die  Eudokiakirche  ^im  Auge  haben  konnten ,  gaben  die 
Entfernung  auf  »einen  Pfeilschuss« ,  auf  »ungefähr  Ein  Stadium« 
und  auf  »nicht  ganz  Ein  Stadium«  an;  wogegen  S.äwulf  die  von 
den  Franken  »als  Ort  der  Steinigung  des  heiligen  Stephanus«  vor- 
gefundene Ruinenstelle  auf  die  Entferninig  »von  zwei  oder  drei 
Ballisten-Stein würfe«,   somit  sicherlich  auf  eine  grössere  und  der 


1  (j4  Riess, 

neu  aufgedeckten  Riiinenstelle  Avohl  entsprechende  Entfennuii^ 
schätzt.  Haben  -wir  es  aiich  hier  nur  mit  ungefähren  Schätzun- 
gen zu  thun ,  so  enthalten  doch  diese  xVngaben  einen  so  bedeu- 
tenden positiven  und  genügend  grossen  Unterschied ,  dass  der- 
selbe die  Deutung  auf  einen  und  denselben  Ort  nicht  zulässt. 
"Wenn  von  Frei  fa.  a.  O.  S.  54)  bemerkt  ■svird,  dass  die  nur  un- 
gefähre und  nicht  genaue  beiderseitige  Angabe  der  Entfernung 
auch  aus  dem  Berichte  des  Albertus  Aquexsis  hervorgehe,  nach 
welchem  ein  Theil  des  Kreuzfahrerheeres  sich  bei  der  Kirche  des 
heiligen  Stephanus  gelagert  habe,  eine  Massregel,  die  kaiim 
glaublich  erscheine ,  wenn  die  von  den  Kreuzfaluern  vorgefun- 
dene Kirche  so  unmittelbar  vor  den  Mauern  der  Stadt  und  von 
den  Geschossen  der  Belagerten  erreichbar  gelegen  gewesen  wäre,  so 
ist  zu  erwidern,  dass  dieses  Bedenken  allerdings  berechtigt  wäre, 
wenn  wir  annehmen  müssten,  dass  das  fränkische  Heer  an  der 
Stelle  der  Eudokia-  Stephans-  Kirche  (in  der  Entfernung  von  c. 
einem  Stadium)  sich  gelagert  hätte.  Schlugen  sie  aber  ihr  Lager 
an  einem  andern,  zw^ei  bis  drei  Ballistensteinwürfe  (nach  Säwulf) 
von  der  Mauer  entfernten  »Ort  der  Steinigung  des  Stephanus«  auf, 
so  fanden  sie  sich  in  genügend  ferner  und  in  einer  zum  Theil 
durch  den  Jeremiahügel  geschützten  Lage,  und  die  mit  Säwulf 
harmonirende  Nachricht  des  Albertus  Aquensis.  welche  von 
Raymond  von  Agiles  Hist.  Francorum)  bestätigt  wird,  bleibt 
unbeirrt  neben  den  Berichten  über  die  Lage  und  Entfernung  der 
Eudokiakirche  aus  dem  6.  und  7.  Jahrhundert  bestehen. 

Sind  wir  nach  dem  bisherigen  veranlasst,  entschieden  die 
Anschauung  zu  vertreten,  dass  die  von  der  Kaiserin  Eudokia  er- 
baute und  am  15.  Jan.  460,  vier  Monate  vor  ihrem  Tode  einge- 
weihte Stephanskirche,  mit  welcher  Avie  mit  den  meisten  Kirchen 
in  Jerusalem  zu  jener  Zeit  ein  Monasterium  verbunden  war.  dem 
Stephansthor  näher  gelegen  sein  musste,  als  die  neu  aufgedeckte 
Ruinenstelle,  und  dass  die  von  den  Kreuzfahrern  vorgefundene 
Trümmerstätte  einer  Stephanskirche  an  Stelle  jener  erschlossenen 
Ruine  gelegen  war,  so  lassen  sich  die  weiter  sich  aufdrängenden 
Fragen :  «Wann  wurde  die  Eudokiakirche  vollständig  in  Trüm- 
mer gelegt  ?((  »Warimi  wurde  sie  in  späterer  Zeit,  wenn  auch  in 
bescheidenerem  Umfange,  nicht  an  gleicher  Stelle  wieder  aufge- 
baut (((  »Aus  w  clcher  Zeit  stammt  wohl  die  erste  Anlage  der  von 
den    Kreuzfahrern    in    Ruinen    gefundenen    und    w'eiter    vom 


über  die  angebl.  Aufdeckung  der  Eiulükia-(Stephans-  Kirche.       ]  00 

Statltthor  abgelegenen  kleinen  StepUanskirche  ^.  Diese  Fragen 
lassen  sich  beim  Mangel  an  sicheren  historischen  Nachrichten 
allerdings  nnr  mit  A'ermnthnngen  beantworten. 

Als  der  Wahrscheinlichkeit  am  nächsten  stehend  erscheint 
uns  die  Annahme,  dass  der  grossartige  l'.au  der  Endokiakirche. 
deren  Käumlichkeiten  eine  grössere  Versannulung  als  die  hei- 
lige Grabeskirche  zu  fassen  vermochte ,  beim  Einfalle  der  Perser 
614  n.  Chr.  verwüstet  nnd  wenn  auch  alsbald  wieder  nf)th<liirttig 
restaurirt,  so  doch  während  der  dreijährigen  Belagerung  und 
EinSchliessung  der  heiHgen  Stadt  durch  die  Araber  vor  der  Ka- 
pitulation unter  Chalif  Omar  (634 — 637)  vollständig  niedergelegt 
wurde.  Es  ist  ferner  anzunehmen,  dass  die  Griechen  in  der  fid- 
genden  Zeit  der  arabischen  Herrschaft  weder  die  Mittel  hatten 
noch  aus  strategischen  Gründen  von  den  Arabern  die  Erlaubniss 
7Aim  Wiederaufbau  der  Kirche  an  der  dicht  vor  den  Mauern  <k^r 
Stadt  gelegenen  alten  Stelle  erhielten;  dass  ihnen  aber  gestattet 
und  ermöglicht  w^ar,  an  der  Aveiter  entfernten  Stelle,  liinter  dem 
Jeremiashügel  und  somit  in  nicht  grosser  Entfernung  von  der 
Stelle  der  Endokiakirche  eine  dem  Andenken  des  ersten  Blutzeu- 
gen gewidmete  bescheidene  Kirche  mit  einer  kleinen  klöster- 
lichen Anlage  zu  errichten,  auf  welche  die  Tradition  von  der 
Todesstätte  des  hochverehrten  Blutzeugen  übertragen  wurde  und 
zu  deren  Herstellung  möglicherweise  die  Trümmer  der  älteren 
Endokiakirche  verwendet  wurden.  Ob  solches  schon  im  Laufe 
des  7.  Jahrh.,  in  der  Zeit  Arculf's  geschehen,  welcher  im  J.  670 
die  heilige  Stadt  besuchte,  muss,  abgesehen  von  der  ungünstigen 
kirchlich-politischen  Lage,  in  welcher  sich  nach  dem  Tode  des 
Patriarchen  Sophronius  die  Griechen  nnd  syrischen  C'hristen 
mehrere  Dezennien  lang  bei  der  Verwaisung  des  Patriarchal- 
stuhls  befanden,  um  so  mehr  bezweifelt  Averden,  als  Akculf  von 
einer  Kirche  oder  Oratorium  des  heiligen  Stephanus  nichts  er- 
wähnt, sondern  nur  berichtet,  dass  »S.  Stephanus«  ausserhalb  der 
heiligen  Stadt  gesteinigt  Avorden  und  dass  ein  Felsstein,  auf  dem 
er  den  Todesstreich  empfing,  in  der  Sionskirche  aufbeAvahrt 
werde.  Ebenso  Avird  von  BernardusMou.  c.  XII.  c.s7(i  n.  Chr.) 
eine  gegen  Süden  a^ou  der  Sionskirche  gelegene  Ecclesia  S.  Si- 
meonsis  erAvähnt,  neben  Avelcher  gegen  Osten  eine  dem  heili- 
gen Stephanus  zu  Ehren  gebaute  Kirche  lag,  »an  Avelchem  Ort  der 

Ztschr.  d.  Pal.-A^er.  VIII.  12 


1 ÜÜ  I^iess, 

lieilige  Stephauus  gesteinigt  Avorden  sein  sollx.  Fasst  man  die 
zwischen  den  beiden  letzteren  Berichten  v.  J.  ü70  und  S70)  lie- 
gende Notiz  des  Commemoratoiiuin  De  casis  Dei  ans  der  Zeit 
Karl's  des  Gr.  ins  Ange,  ■svelches  »in  S.  Stepliano.  nbi  sepultns 
fuit«.  zwei  Kleriker  xind  15  Leprosen  aufführt,  so  werden  wir  auch 
diese  Angabe  in  Übereinstimmung  mit  Akculf  und  I^ernakdus 
auf  eine  auf  Sion  gelegene  kirchliche  Einrichtung  beziehen  müs- 
sen, nnd  es  könnte  sonach  scheinen,  dass  wir  jeder  historischeu 
Nachricht  aus  der  vorfriinkischen  Zeit  ermangeln .  welche  eine 
Andeutung  gäbe,  dass  an  der  von  den  Kreuzfahrern  vorgefunde- 
nen Ruinenstelle  eine  Ecclesia   oder  Oratorium  gestanden  habe. 

Indessen  entbehren  wir  nicht  gänzlich  eines  derartigen  Hin- 
weises und  glauben  wir  denselben  aus  dem  bemerkten  Comme- 
moratorium  selbst  schöpfen  zu  können ,  welches  ausser  der  er- 
wähnten Anstalt  ad  S.Stephanum  ))mit  ZAvei  Klerikern  und  15  Le- 
prosen« unter  den  übrigen  Casis  Dei  eine  Kirche  ad  S.  Stephanum 
aufführt ,  an  welcher  sich  nicht  weniger  als  drei  Priester  befan- 
den. Zweifelhaft  könnte  nur  bleiben,  welche  der  beiden  im  Com- 
memoratorium  erwähnten  kirchlichen  Gebäude,  »ad  IS.  Stepha- 
num« genannt,  auf  die  vor  dem  Nordthor  der  Stadt  aufgedeckte 
Kuinenstelle  zu  beziehen  wäre.  Unseres  Erachtens  werden  wir 
die  Anstalt  mit  den  zwei  Klerikern  und  1 5  Leprosen  eher  auf  den 
in  jener  Zeit  ebenfalls  ausserhalb  der  Stadt  gegen  Süden  gelege- 
nen Sion .  dagegen  die  Ecclesia  ad  S.  Stephanum  mit  drei  Prie- 
stern an  die  heutige  Fundstelle,  als  die  Vorgängerin  des  von  den 
Franken  angetroffenen  Oratoriums  zu  versetzen  haben,  da  nicht 
anzunehmen  ist ,  dass  eine  zugleich  für  Pflege  von  Aussätzigen 
bestimmte  Anstalt  in  nächster  Nähe  einer  der  gangbarsten  und 
besuchtesten  Strassen  vor  dem  Nordthore  der  Stadt  geduldet 
worden  wäre,  Avährend  solche  auf  dem  mit  sonstigen  bürgerlichen 
Wohnungen  nicht  besetzten  Sion,  somit  an  dieser  mehr  abge- 
sonderten Stelle,  ein  Bedenken  nicht  erregen  konnte. 

So  spricht  denn  die  grösste  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dass 
es  die  Ecclesia  S.  Stephani  des  Commemoratorium  war,  die  von 
den  Saracenen  in  Trümmer  gelegt  wurde  und  den  Lagerort  des 
fränkischen  Heeres  bezeichnet.  Als  die  Zeit  ihrer  ersten  Anlage 
darf  zugleich  das  8.  Jahrhundert  l)ezeichnet  werden.  Wir  be- 
merkten oben  die  Möglichkeit  einer  Verwendung  von  Materialien 


über  die  angebl.  Aufdeckung  der  Eudukia-  Stephans-iKirche.       1  ( 


I  / 


aus  der  zerstörten  Eudükiukirche  für  den  Aufhau  der  spateren 
EcclesiaS.  Stephan!  im  Laufe  des  b.  Jalirhunderts.  Das.s  .sieh  incU.'s- 
sen  bis  zu  dieser  Zeit  solche  Trümmer  zur  \'er\venduny:  seit  dem 
J.  637  erhalten  hatten,  ist  im  Hinblick  auf  die  Nähe  der  .Stadt, 
für  welche  jene  Trümmer  eine  bequeme  und  reichliche  Gelej^en- 
heit  der  Verwendung  zu  Neubauten  darboten,  kaum  anzunehmen, 
und  dürfen  die  aus  der  fränkischen  Zeit  stammenden  Berichte 
über  die  Reste  einer  Stephanskirche  sämmtlich  nur  auf  die 
spätere,  Aveiter  nonlostlich  abgelegene  Kirche  bezogen  werden. 
^^'enn  aucli  von  den  betr.  Berichterstattern,  wie  SÄwuLi",  Al- 
BKKTus  Aquensis,  welcli'  letzterer  von  einem  Oratorium  inmitten 
der  Überreste  »der  alten  Basilica«  redet,  diese  Keste  als  die  einer 
einst  prächtigen  und  grossen  Kirche  bezeichnet  werden,  so  ist 
dies  erklärlich  durch  deren  irrige  Annahme,  dass  eben  an  dieser 
Stelle  auch  die  Eudokia- (Stephans-  Kirche  gestanden  habe. 

Müssen  wir  nach  dem  Bisherigen  die  Identität  der  Eudokia- 
kirche  mit  der  in  Rede  stehenden  lluinenstelle  nicht  nur  als  eine 
gewagte,  sondern  als  eine  unbegründete  und-  mit  dem  Lokalbe- 
funde wie  mit  den  Berichten  in  keiner  Weise  übereinstimmende 
erkennen ,  so  darf  der  Nachweis  über  die  Identität  der  lluinen- 
stelle  mit  der  wohl  aus  dem  S.  Jahrh.  stammenden  und  von  den 
Kreuzfahrern  in  Besitz  genommenen  Ecclesia  (oder  Oratorium) 
S.  Stephani  als  gesichert  erachtet  werden  ,  und  möchten  wir  zu 
dem  von  Frei  beigebrachten  Nachweis  einiges  beifügen.  Avas  dazu 
dienen  kann,  denselben  zu  vervollständigen  und  zu  verstärken. 

Aus  dem  von  Frei  nach  der  Anschauung  genommenen  Flau 
und  dessen  Erklärung  (a.  a.  O.  S.  52),  soAvie  aus  dem  auf  \'er- 
messung  beruhenden  und  in  Survey  of  Pal.  Jerus.  S.  387  mitge- 
theilten  Plan  erfahren  Avir ,  dass  eine  Quermauer  den  circa  1 3  m 
langen  und  7,4  m  breiten,  das  sog.  Schiff  der  Kirche  darstellen- 
den Raum  von  dem  hinter  demselben  gelegenen  Theil  des  Baues 
trennte.  Diese  Quermauer  von  circa  0,-5  m  Stärke  hatte  nach 
Frei's  Plan  in  der  Mitte,  nach  dem  Plan  von  Survey  of  Pal. 
ausserdem  auch  auf  beiden  Seiten.  Lücken  (offene  Stellen) ,  durch 
die  man  auf  einigen  Stufen  in  einen  höher  gelegenen,  mit  dem 
Schiffe  gleichbreiten  und  circa  2,74  m  tiefen  Raum  gelangt, 
welcher  die  Stelle  eines  Querschiffes  einnimmt,  an  den  sich 
die  wieder  ein  paar  Stufen  hoher  gelegene  Apsis ,  einen  etwas 
gedrückten  Halbkreis  bildend,  anschliesst. 

12- 


16S  •  l^i<^ss, 

Aut'tiillig  erscheint  die  bedeutende  Erhöhung  des  auf  »meh- 
reren Stufen«  zugänglichen,  als  Querschiff  bezeichneten  Raumes, 
Es  lässt  sich  daraus  erkennen,  dass  wir  es  hier  nicht  mit  einem 
Querschitf  in  sonstigem  architektonischen  Sinn  zu  thxui  haben, 
-sondern  mit  einem  für  einen  besondern  Zweck  reservirten  Kaum; 
mit  einem  in  der  alten  griechischen  Kirche  häufig  an  diesem 
Theil  angebrachten  sogenannten  3-/;y.o;  sepes) ,  womit  die  Grie- 
chen die  Stelle  eines  mit  einem  Gitter  umschlossenen  Götterbil- 
.des  oder  einer  Grabstätte  bezeichneten;  ein  Ausdruck,  der  von 
JHesychius  und  Suidas  bezeichnet  Avird  als  «locus  septus  ac  mu- 
nitus  cancellis^c,  und  welcher  von  Evagrius,  Hist.  eccl.  II.  3  in 
der  Beschreibung  der  Kirche  der  heiligen  Euphemia  zu  Chalce- 
don  angewendet  wird,  wenn  er  von  dem  or^v.oc  3ij7:ps,j-/;;  redet, 
womit  diese  Kirche  gegen  Osten  abschloss,  eine  Art  »tuniulus.  in 
quo  sanctae  Martyris  reliquiae  jacent  in  arca  quadam  oblonga  re- 
conditae,  qviam  nonnulli  Makra  Maxpav)  vocant,  ex  argento  pul- 
cherrime  fabricata«.  Mit  dem  gleichen  Ausdruck  ar^v.öc  bezeich- 
net Leontiüs  mon.  (Ende  des  8.  Jahrh.)  in  seiner  Vita  S.  Ste- 
phani  thaumaturgi  c.  99  (Acta  SS.  Bollakd.  III,  Juli  den  mit 
einem  Gitter  umgebenen  heiligen  Fels  in  der  Kubbet  es-Sachra, 
wo  er  von  einem  Magarites  aus  Ägypten  berichtet,  der  bei  seiner 
Ankunft  in  Jerusalem  den  2-/;7.C(V  twv  lApajiicuv  besucht  habe, 
aber  später  zum  Christenthum  übergetreten  sei. 

Dass  wir  es  an  dem  so  auffälligen,  erhöhten  Theil  der  auf- 
gedeckten Kirche  Avirklich  mit  einem  sogenannten  3r,y.o;  i  tuniu- 
lus septus)  zu  thun  haben,  könnte  mir  A'ermuthung  bleiben, 
wenn  wir  jeder  Nachricht  über  das  Aussehen  des  Inneren  der 
betreffenden  Stephanskirche  aus  der  Zeit  der  Kreuzfahrer  ent- 
behrten. Indessen  bietet  uns  eine  solche  Theodoricus  De  locis 
sanctis  1172  n.  Chr.)  in  genügender  ^V"eise.  Derselbe  führt  uns, 
bei  dem  sogenannten  Turris  David  aus  der  Stadt  tretend,  an  der 
Nordwestecke  der  Stadtmauer  vorbei,  in  deren  Nähe  die  Kirche 
und  reinliche,  wohlbestellte  Wohnungen  für  die  Aussätzigen 
lagen.  Ging  man  an  diesen,  sodann  an  der  grossen,  den  Hospi- 
talrittern gehörigen  Cisterne  vorüber,  so  hatte  man,  das  Nord- 
thor der  Stadt  zur  Hechten  lassend ,  die  »auf  einer  Anhöhe  gele- 
gene Kirche  des  heiligen  Stephanus  vor  sich,  Avelcher  aus  diesem 
Thore  geführt,  von  den  Juden  gesteinigt,  daselbst  den  Himmel 
sich  öffnen  sah«.   Und  nun  fährt  er  in  der  weiteren  Jieschreibung 


über  die  angebl.  Aufdeckung  der  Eudokia-Stephans-  Kirche.        ]  G'J 

dieser  Kirche  fort:  «Es  findet  sich  aber  inmitten  der  Kirclic  ein 
auf  Stufen  erhöhter,  mit  eisernem  Gitter  abgeschhjssener  Kaum, 
in  dessen  Mitte  der  ehrwürdio-e  Altar  uiul  die  Nisclie  sich  fiiuk't. 
wo  dessen  SteinigTing  und  die  Erötihunsj:  (les  Himmels  statt Lje- 
funden.  vüiese  Kirche«,  fügt  er  bei,  »steht  unter  der  Aufsicht  des 
Abtes  der  Maria  in  Latina« ') .  Wir  haben  hier  unverkennbar  den 
erwünschten  Aufschluss  über  die  Bedeutung  der  auftuUig  hohen 
Lage  des  betreffenden  Theiles  der  Ruinenstelle.  Derselbe  wurde 
von  den  Franken  als  Ort  der  Steinigung  des  Erzraärtyrers  ver- 
ehrt, und  dürfen  wir  sicher  annehmen,  dass  dieser  Theil  der 
Kirche  nicht  vollständig  eingcAvölbt  gewesen,  sondern  als  »locus 
apertionis  coeli «  in  ähnlicher  ^Yeise  wie  bei  der  Himmelfahrts- 
kirche auf  dem  ülberg  offen  gelassen  wurde. 

Fassen  wir  zum  Schluss  das  Resultat  vorstehender  Ausfüh- 
rung zusammen,  so  ergiebt  sich,  dass  die  von  den  Franzosen  an- 
gekaufte und  erschlossene  Ruinenstelle  eine  ursprünglich  von 
den  Griechen  errichtete  Kirche  mit  einer  damit  verbundenen 
kleineren  Klosteranlage  war.  welche  aus  der  Zeit  nach  640,  etwa 
aus  dem  S.  Jahrb.  stammte  und  im  J.  1099  in  Trümmer  gelegt 
wurde  :  dass  die  Wiederherstellung  der  Kirche  oder  des  Orato- 
riums nach  dem  alten  Plane  der  Griechen  und  anknüpfend  an 
die  Tradition  derselben  unter  Erweiterung  der  klösterlichen 
Baulichkeiten  von  den  Kreuzfahrern  alsbald  unternommen  wurde 
und  in  der  Zeit,  als  Hegumen  Dakiel  (circa  1112  n.  Chr.)  2)  die 
Stadt  besuchte ,  im  ganzen  vollendet  war ;  dass  vor  der  Belage- 
rung der  Stadt  durch  Saladin  diese  Baulichkeiten  von  den  nun- 
mehr belagerten  Christen  niedergerissen  und  in  der  Folge  nicht 
wieder  ihrer  alten  Bestimmung  zurückgeführt,  sondern  als  Ställe 
für  den  Sultan  und  als  Absteigequartier  für  die  christlichen 
Wallfahrer  benutzt  wurden,  wie  letzteres  noch  von  den  Pilgern 
WiLBRAXD  und  Thietmar  aus  den  Jahren  1211  und  1217  berich- 
tet wird .  seit  welcher  Zeit  uns  keine  Berichte  mehr  über  diesen 


1]  Est  autem  in  ipsa  ecclesia  media  locus  gradibus  elatus,  pariete  ferreo 
septus,  ubi  locus  lapidationis  ejus  fuit  et  coeli  super  eum  apertionis.  Haec 
ecclesia  abbati  S.  Mariae  in  Latina  subjacet. 

2)  Hagexmeyee,  (Ekkehardi  Hierosolymita,  setzt  den  Besuch  Daniels 
in  die  Zeit  1106—1107  und  Wexewitixow  hat  diese  Datirung  anerkannt. 

Die  Redaction. 


170  Ri«?ss.  über  die  angebl.  Aufdeckung  der  Eudokia-  Stephans-  Kirche. 

Ort  bekannt  sind.  Es  ersieht  sich  aber  anch,  wie  die  aufge- 
deckte Stelle  Aveder  nach  den  Berichten  über  die  Lage  der  von 
Eudokia  erbauten  .Stephanskirche  noch  nach  dem  liefund  der 
Euinenstelle  eine  Deutung  auf  letztere  zulässt  und  dass  die  in^- 
tendirte  Restauration  nur  als  eine  Wiederherstellung  der  grie- 
chisch-fränkischen Stephanskirche ,  nicht  aber  der  vormaligen 
Eudokiakirche  bezeichnet  Averden  kann. 


Neu  aufgedeckte  relseiigräber  liei  der  (iralicskiiclie 

in  JeniBalem. 

^*on  l>auratli  C.  Schick  in  Jerusalem. 

(Hierzu  Tafel  V). 


Bekanntlich  finden  sich  einige  Felsengräber  in  der  Wnud 
der  grossen  Eotunde  über  dem  heiligen  Grabe,  westlich  von  dem- 
selben. Die  Tradition  hat  sie  dem  Nikodemns  und  dem  Joseph 
von  Arimathia  zugeschrieben.  Mehrfach  sind  dieselben  als  ein 
Argument  zu  Gunsten  der  Echtheit  des  heiligen  Grabes  verwendet 
worden ,  sofern  sie  das  Vorhandensein  von  jüdischen  Felsen- 
gräbern in  dieser  Gegend  überhaupt  beweisen,  mithin  die  Lage 
des  Grabes  Christi  an  der  heute  gezeigten  iStätte  als  möglich  dur- 
thun.  Aber  die  Gegner  erblicken  in  diesen  Gräbern  nur  Nach- 
ahmungen jüdischer  Vorbilder,  leiten  sie  also  aus  späterer  Zeit 
ab  und  berufen  sich  dafür  auf  die  Massverhältnisse  (vgl.  Toblkk. 
Golgatha  S.  354  ff.).  In  der  That  sind  diese  Gräber  so  beschaf- 
fen, dass  man  an  ihrer  Echtheit  zweifeln  kann.  Sie  lassen  sich 
daher  nicht  als  triftiges  Argument  für  die  Echtheit  des  heiligen 
Grabes  benutzen  und  sind  auch  von  unparteiischen  Forschern 
nicht  ernstlich  in  IJetracht  gezogen  Avorden.  Um  so  merkwürdi- 
ger ist,  dassCapitänCoNDER,  ohne  genügenden  Anhalt  zu  haben, 
in  ihnen  die  Gräber  einiger  jüdischer  Könige  erkennen  will. 

Unter  den  Gebäuden,  die  bekanntlich  die  Grabeskirche  ringsum 
einfassen,  ist  das  koptische  Kloster  an  ihrer  Nordostseite  sowohl 
wegen  seiner  Ausdehnung  als  auch  ^vegen  mancher  alter  IJau- 
reste,  die  es  in  sich  birgt,  eines  der  wichtigsten.  So  befindet  sidi 
theilweise  unter  demselben  die  grosse  Helenacisterne .  deren 
Wasser  wohl  nie  versiegt,  aber  weil  die  Zufühnnigen  nicht  rein 
gehalten  werden,  nicht  recht  gut  ist  und  nicht  getrunken  werden 


]  72  Schick, 

kann.  Daher  fasste  der  Vorsteher  der  Kopten  den  Plan,  eine 
andere  neue  Cisterne  unter  dem  Kloster  anzulegen ,  und  Hess  zu 
dem  Zweck  an  einem  ihm  geeignet  erscheinenden  Orte  grahen. 
Dahei  stiess  man  bald  auf  einen  liand  des  dort  anstehenden  Fel- 
sens, grub  vor  demselben  in  die  Tiefe  abwärts,  bis  man  den  Fels- 
boden erreicht  hatte,  und  entdeckte  nun  seitlich  eine  thürartige 
()ffnung  Tafel  V.  ä .  die  in  eine  in  den  Felsen  gehauene  Grab- 
kammer führte. 

Nachdem  ich  davon  gehört  hatte,  begab  ich  mich  an  Ort  und 
Stelle,  um  die  Sache  genauer  zu  untersuchen,  nahm  die  nöthigen 
Messungen  vor  und  entwarf  danach  die  beifolgenden  Zeichnun- 
gen 's.  Tafel  V;.  zu  deren  Erläuterung  ich  Folgendes  bemerke. 

Der  geleerte  Raum  erstreckt  sich  bis  zu  einer  Tiefe  von  4  m 
unter  dem  bisherigen  lioden  und  ist  auf  drei  Seiten,  im  S.,  W. 
und  N.,  vollständig  von  Mauern  eingeschlossen,  auf  denen  die 
Pfeiler  und  Säulen  des  Oberbaues  stehen,  während  er  auf  der 
vierten  Seite ,  im  O.,  zum  grössten  Theil  durch  Felsen  abge- 
schlossen wird.  Zwischen  diesen  Grenzen  beträgt  die  Länge  des 
Baumes  etwa  6  m.  die  Breite  an  3  m.  Die  thürartige  Öffnung  a 
führt  in  eine  Grabkammer  von  2  m  Breite ,  Länge  und  Höhe. 
Sie  ist  noch  ganz  gut  erhalten,  hat  aber  Aveder  »Schieb-  noch 
Troggräber«,  sondern  zwei  »Bankgräber«  an  den  Seiten  's.  Tafel  V, 
Grundriss  und  Durchschnitt  der  Linie  CD) .  Eine  zweite  Thür, 
der  ersten  gerade  gegenüberliegend,  führt  in  eine  kleinere  Grab- 
kammer, die  rechts  und  links  ebenfalls  Steinbänke  hat,  dazu  eine 
dritte  Querbank  im  Osten,  durch  welche  die  ersten  beiden  ver- 
bunden werden  (Tafel  V,  Grundriss  und  Durchschnitt  ^jB)  .  Der 
Felsen  ist  überall  weiss  und  durchaus  trocken.  An  dem  Rande 
des  Felsens  ausserhalb  dieser  Felsgemächer  erkennt  man  noch 
Reste  von  anderen  Zwischenwandungen.  Daravis  ergiebt  sich, 
dass  ursprünglich  noch  eine  oder  mehrere  solcher  Grabkammern 
hier  vorhanden  Avaren.  Sie  sind  wahrscheinlich  in  der  Zeit,  als 
die  Mauern  aufgeführt  Avurden.  weggebrochen  Avorden,  A'ermuth- 
lich  in  der  Zeit  der  Kreuzfahrer.  Der  Umstand,  dass  die  Mauern 
aus  der  Tiefe  aufgeführt  siud  ,  obgleich  die  ursprüngliche  Ober- 
fläche des  Felsens  hier  so  hoch  lag,  lässt  sich  eben  nur  durch  die 
Annahme  erklären,  dass  der  zuerst  ausgehöhlte  Felsen  später  gänz- 
lich AA-eggebrochen  Avurde,  so  dass  eine  vollständige  Lücke  in  der 
Oberfläche    des  Felsens    entstand.  —  Die  Z Avischen Avandungen 


Neu  aufgedeckte  Felsengräber  bei  der  Grabeskirche  in  Jerusalem.     1  7:5 

sind  auffallend  dünn  gehalten.  Die  Sänle  1  steht  jjferade  üher  cU-r 
ersten  Grahkammer,  anf  ihrer  Felsendccke.  Ich  hin  üher/cu^'t. 
dass,  wenn  die  östliche  Mauer  durchhrochen  würde,  hinter  der- 
selben noch  andere  ähnliche  Gräber  zu  finden  wären.  \\'eiter 
vermuthe  ich,  dass  von  S.  her  eine  Treppe  /u  diesen  Felsenirrä- 
hern  herabführte.  Sie  liegen  nämlich  dem  sogenannten  "Gofäng- 
nisse  Christi«  in  der  Grabeskirche  auffallend  nahe;  der  Hoden 
dieser  Kapelle,  etwas  niedriger  als  der  der  übrigen  Kirche,  be- 
steht bereits  aus  Felsen :  von  dort  mm  sind  vermuthlich  diese 
Gräber  durch  eine  Treppe  zugänglich  gewesen. 

Ohne  Zweifel  haben  wir  in  diesen  Gräbern  eine  jüdische  An- 
lage vor  uns;  denn  eben  solche  Bänke  finden  sich  in  den  sogenann- 
ten Königsgräbern  vor  dem  Daraaskusthore,  und  ferner  sprechen 
die  dünnen  Zwischenwandungen  für  ein  gewisses  Alter  der  Grab- 
kammern. Hätten  Christen  dieselben  augelegt,  so  hätten  sie  die 
Wandungen  sicherlich  dicker  gelassen,  da  sie  ja  Gebäude  dar- 
ül)er  errichtet  haben.  Um  derselben  Rücksicht  willen  hätten  sie 
auch  die  Grabkammern  zweifellos  anders  orientirt,  nicht  so,  dass 
ihre  Längsrichtung  etwa  der  Diagonale  der  |Grabeskirche  ent- 
spricht. 

Durch  diese  Entdeckung  ist  demnach  die  wichtige  Thatsache 
festgestellt,  dass  zur  jüdischen  Zeit  wirklich  Gräber  in 
dieser  Gegend  gewesen  sind.  Mithin  kann  auch  der  Kaths- 
herr  Joseph  von  Arimathia  das  seinige  hier  haben  aushauen  las- 
sen   Matth.  27,  57  ff.    Luc.  23,  50  f.). 

Die  Kopten  sind  durch  die  Auffindung  dieser  Gräber  stutzig 
geworden  und  lassen  vor  der  Hand  die  Arbeit  liegen.  Der  Ge- 
danke, eine  Cisterne  an  dieser  Stelle  anzulegen,  gefällt  ihnen 
nicht  mehr.  Mein  Führer  sagte,  sie  eigne  sich  wohl  mehr  zur 
Anlage  einer  Kirche  oder  zu  einer  Anachoretenwohmmg.  Damit 
die  Seitenmauern  des  vohi  Schutt  geleerten  Eaumes  dem  schwe- 
ren Druck  von  oben  nicht  weichen ,  haben  die  Kopten  die  ^•on 
einer  Thür  durchbrochene  Quermauer  10  gezogen. 

Jerusalem.   2.  Juni  1S85. 


Die  Jenisalemfalirt  des  Friedrich  Ecklier  yoii  Käpfing 
und  Karl  (jrimmiug  auf  ^lederraiii  (1625) 

im  Auszüge  mitgetheilt 

von 

Keiuhold  Röbriclit   und  Heinrich  Meisuer. 


In  dem  Familienarchiv  des  Königl.  Barr.  Oberamtsrichters 
a.  D.  Herrn  S.  von  Schab  in  München  findet  sich  ein  uns  unbe- 
kannt gebHebenes  Mannscript,  welches  den  Titel  führt :  »Kela- 
tion  nnd  kurze  Beschreibimg  der  Wallfahrt  zvi  dem  heiligen  Grab 
nach  Jerusalem  und  Berg  Synay  1625  Jar..  durch  meinen  H. 
A'ettern  Friedrich  Egkherrn  von  und  zu  Käpfing,  Ihr.  Hochfürst- 
lich. Durchlaucht  Erzherzogs  Leopoldi  zu  Osterreich  p.Rath  und 
Kämmerer,  dan  nach  Carolo  Grimming  zum  Niedern  Kain  iso 
diese  Keiss  beschrieben)  besehen  imd  durch  die  Genaden  Gottes 
zu  erwünschten  Endt  gebracht  -worden«.  In  PREy,  hochfürstl. 
Freising.  Hofkammerdirekt.  und  -wirkl.  geh.  Rath  nachgel. 
historiogr.  Man.  von  Joh.  Franz  Freih.  von  Eckher,  Bischofen 
zu  Freising  I  (p.  33)  wird  noch  gemeldet,  dass  Friedrich  Eckher 
von  Käpfing,  welcher  bald  nach  dem  Tode  seiner  Ehegattin  Ma- 
ria Salome  1620  in  Folge  eines  Gelübdes  in  den  Priesterstand 
getreten  war,  im  Jahre  1625  mit  Karl  von  Grimming  seiner 
Schwester  Sohne ,  eine  Fahrt  nach  dem  heiligen  Lande  angetre- 
ten, auf  derselben  ihn  vollständig  frei  gehalten,  nach  seiner 
glücklichen  Heimkehr  das  Kloster  Loretto  bei  Landshut  gestiftet 
habe,  über  dessen  Thüre  noch  sein  Wappen  sich  findet,  und 
nachdem  er  1626  in  dem  Kapuzinerkloster  zu  Donauwörth  als 
l>ruder  eingekleidet  worden  Avar,  unter  dem  Namen  Honorius  zu 


Röhricht  u.  Meisner,  Die  Jerusalemfahrt  des  Friedrich  Eckher  etc.    1  "5 

Kürzingen  in  Franken  gestorben  sei.  Mit  seinem  1(;I2  gelutre- 
iien  Solni  Georg  Friedricli  ist  sein  Geschlecht  erloschen.  Über 
den  Verfasser  unseres  Herichtes  findet  sich  bei  Mi ckmnus,  Stcin- 
inatogr.  Iü72  Ulli,  64  die  Nachricht,  dass  er  der  .Sohn  des  Jo- 
hannes Ludwig  von  Grimniing  zu  Nieder-Kain  im  Lungau;  w;ir 
und  von  dessen  Gemahlin  Arguta  Eckerin  von  Kiiijfing;  diesellte 
Quelle  nennt  auch  unseren  Autor  »equesS.  Sepulchri".  Die  beiden 
Linien  von  Grimming  auf  Nieder-liain  und  Stall  in  Kärntheu 
vereinigten  sich  später  im  Erbgange,  und  da  die  1S4  l  verewigte 
Mutter  des  Herrn  S.  von  Schal)  aus  der  letztgenannten  Linie 
stammte,  so  kam  dieses  Manuscript  in  seine  Familien acten. 

Dasselbe  besteht  aus  71  Blättern  in  4»,  jede  Seite  hat  14 — l.'j 
Zeilen;  die  Schrift  ist  sehr  klar  und  leserlich.  Die  Reisebe- 
schreibung ist  in  die  Form  eines  Tagebuches  gekleidet:  zu  jedem 
Tage  vom  11.  März  1625  bis  zum  27.  Februar  1626  sind  kurze 
Notizen  eingetragen.  Bei  dem  sehr  summarischen  Charakter  die- 
ser Aufzeichnungen  schien  eine  vollständige  Mittheilung  des 
Textes  nicht  geboten;  wir  haben  uns  begnügt,  das  nur  hervor- 
zuheben, was  ausser  der  Route  und  dem  allgemeinen  Verlauf  der 
Keise  von  Interesse  sein  muss,  Avie  z.  B.  einige  Namen,  kleine 
persönliche  Erlebnisse.  Die  Geschichte  der  Traditionen  und  die 
Topographie  erhält  durch  unseren  Text  keine  Erweiterung. 

Zu  erwähnen  ist ,  dass  bereits  Herr  Professor  Dr.  W.  A. 
Neumann  in  der  Tübinger  Theologischen  Quartalschrift  1S6S, 
S.  327  und  danach  in  ZDPV.  1S81,  S.  237  auf  diese  Pilgerfahrt 
aufmerksam  gemacht  hat.  Eine  Handschrift  der  GiUMMiNG'schen 
Reisebeschreibung  hat  sich  nämlich  in  dem  Benedictinerkloster 
Admont  in  Steiermark,  einem  Breydenbach  angeheftet,  er- 
halten . 

Zum  Schluss  sprechen  wir  Herrn  S.  von  Schab  an  ötfent- 
licher  Stelle  noch  den  aufrichtigsten  Dank  dafür  aus,  dass  er  uns 
auf  den  Rath  des  Herrn  Redacteurs  dieser  Zeitschrift  die  Be- 
nutzung des  genannten  Manuscripts,  und  zwar  in  höchst  liberaler 
Weise,  möglich  machte  und  die  oben  verwertheten  Nachrichten 
über  die  beiden  Jerusalemfahrcr  gütigst  zusandte ;  die  so  gewon- 
nenen neuen  Materialien  werden ,  wenn  auch  in  ihrem  Umfange 
bescheiden,  sicher  der Palästinographie  von  einigem  Nutzen  sein. 


\  'Q  Röhricht  und  Meisner. 

Die  Keiseiuleu  brechen  am  11.  März  1G25  von  K;i])finw  a\if 
inid  gehen  über  Geisenhausen.  von  da  in  Begleitung  des  Andreas 
Mayr  bis  Teisning.  wo  sie  bei  Horgentsreiter  einkehren,  dann 
über  Otting.  Tittmoning  nach  Salzburg,  wo  der  Statthalter  von 
Passaii.  Schwendy,  sie  zu  Gästen  einladet,  und  erreichen  über 
Golling.  Mauterndorf.  Spittal.  ^  illach.  Pontebba.  Venzone,  Ge- 
mona.  St.  Daniele.  Sacile.  Treviso,  Mestre.  wo  sie.  wie  es  Pilger- 
brauch war.  ihre  Pferde  zurücklassen,  am  26.  März  Venedig. 
Da  sie  hier  hören,  dass  das  Pilgerschiff,  welches  gewöhnlich  am 
Frohnleichnamsfeste  abfuhr,  schon  seit  über  20  Jahren  über- 
haupt nicht  mehr  abgeht,  wählen  sie  ein  holländisches  Schiff  zur 
Überfahrt  und  segeln  in  Hegleitung  von  drei  Kapiizinern,  welche 
die  Infantin  aus  Brüssel  nach  Jerusalem  schickte,  am  1 7 .  April 
ab  und  landen  am  T.Mai  in  Alexandrien ;  hier  müssen  sie  nach 
strenger  Untersuchung  in  der  Mauth  von  100  Goldstücken  je 
eins  als  Abgabe  geben .  werden  aber  vom  französischen  Consul. 
welcher  sie  zu  Gaste  ladet,  und  dem  venetianischen  Vicecons\d 
Simon  deTimma  ausserordentlich  freundlich  aufgenommen.  Am 
1 2 .  Mai  verlassen  sie  Alexandrien  und  fahren  über  Kosette.  wo 
der  venetianische  Viceconsul  Hernardini  Spineli  sie  beherbergt, 
nach  Cairo  und  finden  dort  durch  den  venetianischen  Consul 
Girolamo  Foscarini  in  dem  fondaco  zwei  Monate  lang  kostenfreie 
Unterkunft.  Am  21.  Mai  besuchen  sie  den  Mosesbrunnen,  am 
25.  das  Sinaikloster  und  erhalten  beim  Abschiede  von  den  Mön- 
chen Kaumwolle  zum  Andenken  .  in  welche  Heiligthümer  aller 
Art  eingewickelt  gewesen  waren;  am  2.  Juni  sind  sie  in  Suez, 
am  6.  wieder  in  Cairo.  am  17.  bei  den  Pyramiden.  Weil,  Avie 
der  Schreiber  berichtet,  alle  Kameele  —  über  40000  !  —  für  die 
grosse  Mekka-Karawane  in  Beschlag  genommen  sind,  müssen  die 
Pilger  bis  zum  29.  Juli  warten,  wo  sie  endlich  mit  sechs  Franzis- 
kanern aus  Messina  und  einem  französischen  Priester  (im  Gan- 
zen hatte  die  Karawane  300  Kameele,  von  denen  sechs  den  Pil- 
gern gehörten)  aufbrechen  können.  Sie  gelangen  über  Pilbais, 
Saleliije  nach  Kathia ,  wo  sie  durch  die  Mauthbeamten  streng 
untersucht  werden  und  sich  pro  Ko])f  durch  ein  Hachschisch 
von  IS  Piastern  vor  Weiterungen  schützen;  in  el- Arisch  müssen 
sie  wieder  31/2  Piaster  zahlen,  erreichen  dann  über  Chan  Junus 
Gaza .  werden  aber  hier  angehalten .  weil  sie  einen  ganz  neuen 
Weg  nach  Syrien   eingeschlagen  hätten ,    um   den  Zoll  in  Jafa. 


Die  Jerusalemfahrt  des  Friedrich  Eckher  von  Käpfing  etc. 


/  I 


acht  Venetianische  Zechinen ,  zn  sparen ,  und  sollen  desshalb 
3UU  riaster,  ja  später  sogar  lUOO  Zechinen  Strafe  zahlen.  In 
dieser  Noth  schicken  sie  eine  Estatfette  an  den  Guardian  nach 
Jerusalem,  worauf  Pater  Jacob,  Guardian  von  Xa/.areth,  erscheint 
und  den  Filtern  die  Weiterreise  dadurch  ermöj<licht,  dass  die- 
selben dein  Pascha  600  Kronen  und  einen  seidenen  Rock,  sehieu 
Offizieren  300  Kronen  zahlen,  also  pro  Kopf  90  Kronen.  Über 
Asdod  ziehen  sie  nun  ruhig  weiter  nach  Kamle  und  treffen  am 
20.  Aug.  in  Jerusalem  ein,  wo  sie  für  den  Einlass  in  das  heilige 
Grab  jeder  11  ungarische  Ducaten  zahlen  müssen,  und  am  23. 
Aug.  nachts  Karl  von  Grimming  den  Eitterschlag  erhält.  Nach- 
dem sie  auch  l^ethlehem  besucht,  wo  sie  den  Pater  Johann  Sies:- 
mund  Findtier  aus  Flättsch  in  Tyrol  treffen,  der  schon  einige 
Jahre  im  heiligen  Lande  weilte,  ziehen  sie  über  Sebaste,  Naza- 
reth,  Accon,  Tyrus  nach  Sidon,  von  avo  sie  nach  Constantinopel 
segeln  wollten ,  aber  auf  die  Nachricht,  dass  dort  die  Pest  herr- 
sche und  eine  Janitscharenrevolte  ausgebrochen  sei,  nach  Malta 
zu  fahren  beschliessen,  Sie  accordiren  mit  Francesco  llaveli, 
dem  Capitän  eines  nach  Marseille  bestimmten  Schiffes,  müssen 
aber  vor  ihrer  Einschiffung  jeder  einzelne  5  Kronen  Mauth  zah- 
len. Am  7.  September  gehen  sie  an  Bord.  Die  Verpflegung  giebt 
ihnen  Veranlassung  zu  bitteren  Klagen;  nur  zw^eimal  -wöchentlich 
erhalten  sie  ein  Stück  gesalzenes  Fleisch ,  sonst  nur  Stockfisch 
und  pro  Person  eine,  resp.  ly^  Sardelle,  selten  Käse,  aber  mo- 
drigen Schiffszwieback  und  ranzigen  Wein.  Am  30.  September 
kommen  sie  nach  Malta,  sollen  aber,  weil  die  Pest  in  der  Le- 
vante herrscht,  nicht  an's  Land  gehen  dürfen.  Indessen  gelingt 
es  ihnen  durch  Vermittlung  eines  deutschen  Maltesers,  Hans 
Heinrich  von  Closen,  nach  12tägiger  Quarantäne,  die  40,  minde- 
stens aber  24  Tage  zii  dauern  pflegte,  zu  landen,  erhalten  sogar 
Aiidienz  bei  dem  Grossmeister  und  die  Erlaubniss,  sich  die  Stadt 
anzusehen.  Bei  einem  Bankett  des  Baillif  von  Andelau,  welcher 
das  Marschallsamt  inne  hatte ,  treffen  sie  von  deutschen  Rittern 
einen  Herrn  von  Stein  und  einen  Herrn  von  Westhausen.  In 
der  Nacht  des  19.0ctober  segeln  sie  nach  Syracus  ab,  dann  über 
Taormina  nach  Messina  und  Neapel ,  wo  gerade  der  Vicekönig 
eine  Generalmusterung  über  GOOO  Reiter  und  IS  000  Mann  Fuss- 
volk  hielt.  Von  da  erreichen  sie  am  18.  November  Rom.  am 
12.  December  Venedig,   hören  aber  hier  mit  Schrecken,  dass  bei 


17S  Köhricht  u.  Meisner,  Die  Jerusalemfahrt  des  Friedrich  Eckher  etc. 

Mahiiuucca  das  maltesische  .Schitt".  welclieiu  sie  ihre  im  helHufou 
Lande  gesammelten  lieliquien  nnd  ihr  Gepäck  anvertrant  hatten, 
mit  zwei  Pferden  des  Grosscomthurs ,  eines  Herrn  von  Kosen- 
bach,  untergegangen  sei.  Aber  da  das  Meer  dort  nicht  tief  -war, 
■wird  das  Meiste  von  der  Fracht  gerettet,  freilich  dabei  auch 
manches  gestohlen. 

Einem  auf  dem  Meere  ■während  des  Sturmes  abgelegten 
Gelübde  zufolge  tritt  Grimming  mit  seinem  fetter  eine  Wall- 
fahrt nach  Maria  Einsiedeln  an.  das  sie  über  den  8t.  Gotthardt- 
pass  glücklich  erreichen,  kehren  dann  über  denselben  und  Mai- 
land nach  Venedig  zurück  und  gelangen  über  Spilembergo,  8t. 
Daniele,  A'enzone,  Malborgeth.  Villach,  8t.  Michael.  Hadstadt 
wieder  gesund  nach  Salzburg  zurück. 


Tediiiische  Ausdrücke  der  Töpferei  imd  AVeberei 

in  Gaza. 

Von  G.  Gatt  in  Gaza  '  i . 


Fächlira  b;j.i>li  die  Töpferei  (als  Weikstätte) ;  fächün  i^,j.i*l3 
<!mxTö^iex',fochchm'J^.i  irdene  Geschirre ;  ^»2  |jJbLehm;  me- 
stah  ^.l2^x  der  Reinigungsplatz;  madsc/tbal  ,}.^<a  das  Knetlocli; 
bei  ed-dü/ab  ^,^lr^j\  ,.i>^j  das  Radloch;  77iedd  (wahrscheinlich 
cL\ax.  von  pj>»  setzen,  der  Untersatz^  die  untere  Radscheibe ; 
ras  ^_^J^  (der  Kopf)  die  obere  Radscheibe;  kalb  ^^\:6  [{Hexz)  die 
Holzwelle  in  der  Mitte  zwischen  dem  oberen  und  unteren 
Rade  ;  ka'^de  sAäs  der  Sitz  am  Rade ;   tannür   ,  ,^  der  Feuerofen : 

kubbe  x^i  die  runde  Öffnung  im  Gewölbe  des  Ofens,  durch  welche 
der  Rauch  entweicht ;  bäb  et-tafrigh  ij^sÄJ^  ^\i  die  mittlere  Öff- 
nung am  Feuerofen ,  durch  welche  die  Geschirre  herausgenom- 
men werden;  bet  en-när  .\j.l\  ^c:^^  die  untere  Abtheiiung  des 
Feuerofens :  bäb  en-när  .\^\  ^-jlj  die  untere  ()ffnung,  an  welcher 
gefeuert  wird;  bfmdsc/ia  liehst  die  Vorhalle  des  Brennofens,  viel- 
leicht   X>"Ü..J. 

Die    irdenen  Geschirre,    die    in    Gaza   verfertiget   werden, 
heissen  :  serädsch  „L^  die  kleine  Thonlampe;  /o/y«,  vielleicht  IJCäi  , 

thönerne    Krugdeckel;    zibdlje    ^jl\j\    Buttcrschüsselchen    (die 

1     Von  dem  geehrten  Herrn  Verfasser  als  Nachtrag  zu  seinem  Aufsatze: 
»Industrielles  aus  Gaza«  Bd.  VIII,  S.  TU  ff.  eingesandt.      Anm.  d.  Kedaction. 


IbO  Gatt, 

kleinste  Art  von  Schüsseln]  ;  kaschküle  iw^xxi.i  Schüssel  ^mittlerer 
Grösse  ,  hken  ^\J  Schüssel  von  grossem  Umfange) ;  scherhe  io.ui: 
langhalsiger  Trinkkrng  ohne  Henkel,  ohne  Trinkvöhre  und  ohne 
Schnabel ;  hrlk  /  ij.j  der  gewölmliche  Trinkkrug  mit  zwei  Hen- 
keln und  Trinkröhre;  korräs,  -wahrscheinlich  (_w(.i^,  der  Wasser- 
krug der  Muker  Mukäri)  mit  zwei  Henkeln  ohne  Trinkröhre; 
mahlahe  'i.X:>  Milchkrug,  länglich  mit  zwei  Henkeln  ohne  Schna- 
bel und  ohne  Röhre ;  hüz  -^  Wasser-  und  Milchkrug  mit  einem 

Henkel  und  Giesschnabel ;    dscharra  "5.>  der  gewöhnliche  Was- 

serkrug.  den  die  Frauen  auf  dem  Kopfe  tragen;  \islye  iUJL*£  Ho- 
nigkrug) der  kleine  Wasserkrug,  den  die  Mädchen  auf  dem 
Kopfe  tragen;  der  Henkel  heisst  icuden^  eigentlich  uden  ^^ö!  das 

Ohr;   die  Trinkröhre  iaiM;^  vielleicht  t^xj  oder  -jjLj;  tand&chara 

'i.^S^  der  Kochtopf;  kedre  ä.iAs  der  kleine  bauchige  Topf;   slr 

(vielleicht  .**v)  der  grosse,  manchmal  mehr  als  meterhohe  Krug ;  kü- 

diis  (_v,. J j'  derflaschenartige  Brunnenkrug ;  kastal  (vielleicht  JJ2,«o  ) 

die  Kanalröhre ;  dscJtäme  vielleicht  xxL;>)  die  Gewölberöhre  u.  s.w. 

Die  Seifensiedereien  sind  dermalen  geschlossen,  daher  kann 
ich  heute  deren  technische  Ausdrücke  nicht  bringen. 

üie  Weberei  als  Handwerk  heisst  hijcike  »6  Ls>;   der  Weber 

haJJZik,  nassädsch  ti5Lc>,  ^LJJ;  die  Werkstatt  desselben  einfach 
dukan  qL5j>  ;  der  ganze  Weberei- Apparat  heisst  ?iaul  J^ ;  der 
Aufzug  inasdl  ^^J^^a  ;  sada  ^^Xm  heisst  zetteln  und  mesdä  ^^A,«,^ 
ist  die  Zettel- Vorrichtung ;  der  Einschlag  heisst  lohme  x^ ;    das 


'O   5 


Schiffchen  makük  tdyC/c;  dajf'  ^J>  das  x\nschlagbrett ;  metica 
(^jJa^  der  vordere  Weberbaum,  um  den  der  fertige  Stoff  herum- 
gewickelt wird ;  )ür  .aJ  heisst  die  Vorrichtung ,  welche  den  Zet- 
tel auf-  nnd  niederhebt;  faras  ^j^.h  heisst  der  horizontale  Stab, 
welcher  diese  Vorrichtung  trägt;  dawasüt '::j\.^»^  heissen  die  Tritte 
im  Erdloche,  welche  diese  Vorrichtung  in  l^eAvegung  setzen ;  der 
horizontale  Haspel  heisst  einfach  dülah  wv-»>^ ;   der  verticale  mo- 

kahhe  äxJCo;   die  grosse  Spule  mekahh  ^^Xx;  die  Spindel  mecjhzal 


\ 


Technische  Ausdrücke  der  Töpferei  und  Weberei  in  Gazx.  1  §1 

Jii,^;  das  Gespinst  (/^tazel  i\:£;  die  vier  Pflücke,  welche  im  IJoden 
stecken,  heisscn  ff  ho  räz  •,..£;  der  hintere  Weherhanm  heisst  7«o- 
Jiülhife  xäLO;   die  Welle  im  Hoden  hei  T^einwandwchern  heisst 

if-tahtäni^  die  ohere  üher  dem  Weher  e/-/ö/<////.  Was  für  ein  Nenn- 
wort dahei  zu  verstehen  sei,  wissen  die  Leute  nicht.  Die  ohere 
Welle  heisst  auch  dsc/iäser ,  vielleicht  ,*.L>.  Die  Spule,  welche 
ins  Schiffchen  gelegt  wird,  heisst  mcisüra  3jj.w^U ;  das  Eisen ,  um 
das  sie  sich  dreht,  icutik;  der  Wollweher  heisst  sauv:äf;  der  Sei- 
denste ffw  eher  7?ar7n;  surrütlje  Kaj\.av  heisst  ein  fertiges  Stück  von 
Seide.  Ist  es  von  Baumwolle,  so  heisst  es  drmä ,  dlmäj  w^.J>, 
£w*j3.  Ein  um  den  Wehebaum  herumgewickeltes  fertiges  Ge- 
webe überhaupt  heisst  mefäj  (^L-ax.  Die  Steine,  womit  die  En- 
den des  Aufzuges  beim  Baumwollweben  beschwert  werden, 
heissen  atJxZil  JwäÜ.  Der  Stab,  welcher  den  Aufzug  niederhält, 
wird  dschahsch  J^^^:>'  genannt.  Der  in  die  Mauer  hineingetrie- 
bene Pflock,  welcher  bei  Woll-  und  Loinwandwebern  den  Auf- 

ziiy;  festhält,  heisst  mtiradd  ö.^. 


Ztschr.  d.Pa'..-Ver.  VIII.  ^3 


H.  Clay  TriimbiiirB  Kadesli  Baruea. 

Nach  dem  Englischen  mitgetheilt  und  besprochen  von 
Prof.  H.  Guthe  in  Leipzig. 


Zu  den  Geheimnissen .  die  die  Wüste  südlich  von  Palästina 
dem  Avissbegierigen  Forscher  hartnäckig  vorenthielt,  hat  lano-e 
Zeit  hindurch  die  Lage  von  Kades  Barnea  gehört.  Zu  Anfang 
dieses  Jahrhunderts  hat  ein  kühner  Reisender  den  Schleier  zum 
ersten  Mal  etwas  gehoben,  ohne  dass  er  darum  wusste.  Unter 
seinen  Nachfolgern ,  die  absichtlich  den  Schleier  weiter  lüften 
wollten,  ist  nur  einer  so  glücklich  gewesen,  wirklich  an  das  Ziel 
zu  gelangen.  Den  letzten ,  der  die  schwer  zugängliche  Gegend 
gesehen  hat ,  hat  mehr  das  Glück ,  das  er  freilich  geschickt  zu 
benutzen  verstand,  als  ein  vorher  überlegter  Plan  an  den  vielbe- 
sprochenen Ort  geführt.  Der  Amerikanern.  Clay Trümbull  D.D. 
hat  uns  seine  Reise  im  J.  1881  durch  die  Wüste  zwischen  Kai  at  en- 
Nachl  und  Hebron  genau  erzählt  und  seine  l^eobachtungen  durch 
sorgfältige  Studien  für  die  biblische  Geographie  zu  verwerthen 
gesucht.  Das  umfangreiche  und  schön  ausgestattete  Puch  führt 
den  Titel :  Kadesh-Parnea,  its  importance  and  probable  site  with 
the  Story  of  a  hunt  for  it  including  studies  of  the  route  of  the 
Exodus  and  the  southern  boundary  of  the  Holy  Land  (New  York 
Charles  Scribner's  Sons  1884.  4  78  S.  gr.  S".  Mit  zwei  Karten 
und  mehreren  Abbildungen.  ^  5).  Wie  der  geehrte  Herr  ^'erfas- 
ser  selbst  im  Titel  andeutet,  ist  es  auch  ihm  noch  nicht  gelun- 
gen, den  das  Geheimniss  deckenden  Schleier  dauernd  \ind  ganz 
zu  heben.  Er  hat  jedoch  mehr  gesehen  als  alle  seine  Vorgänger. 
Daher  benutze  ich  gern  die  von  dem  Herrn  ^>rf.  mir  freund- 
lichst ertheilte  Erlaubniss.   die  Leser  unserer  Zeitschrift  mit  den 


Guthe,   H.  Clay  TrumbuU's  Kadesh  Barnea.  1S3 

von  ihm  vollzogenen  Heobachtungen  bekannt  zu  niachen.  Ich 
tlieile  im  Folgenden  den  wichtigsten  Theil  seines  Keiseherichtes 
in  freier,  aber  getrenerÜbersetznng  mit.  schicke  derselben  einige 
1  Bemerkungen  über  den  bisherigen  Stand  der  Frage  voraus  und 
schliesse  mit  einer  kurzen  Besprechung  der  von  Trumbili,  vor- 
getragenen Ergebnisse  und  Vorschlage. 

Es  war  U.  J.  Seetzkn.  der  am  30.  März  IbUT  auf  seiner  von 
Hebron  über  Gaza  nach  dem  Sinai  gerichteten  Reise,  nachdem 
er  in  der  Nähe  eines  Wädi  el-'Ain,  wahrscheinlich  des  Wädi  Ain 
el-Kaderät,  einigen  'Azäzime-Arabern  begegnet  war.  ein  Haches, 
trockenes  Thal  betrat,  das  ihm  als  "Wädi  »el-Kdeis«  bezeichnet 
Avurdei).  Er  notirte  gewissenhaft  den  Namen,  ohne  jedoch  seine 
Entdeckung  zu  verwerthen.  und  da  seine  Reisen  erst  lange  nach 
seinem  Tode  herausgegeben  wurden,  blieb  dieselbe  zunächst  ein 
Geheimniss.  John  Rowlands.  ein  englischer  Geistlicher,  reiste 
im  Jahre  1S42  mit  Canon  Williams,  damals  Kaplan  des  Bischofs 
Alexander  von  Jerusalem ,  von  Hebron  südwärts  bis  zum  Wadi 
el-Marra.  Hier  hörten  die  Reisenden  von  dem  sie  geleitenden 
Schech  der  Tijäha-Beduinen  den  Namen  Kades,  der  sie  sofort  an 
das  alttestamentliche  Kades  Barnea  erinnerte.  Sie  konnten  da- 
mals ihre  Forschungen  nicht  weiter  ausdehnen,  und  so  unternahm 
Rowlands  gemeinsam  mit  dem  Architecten  Johns,  der  in  jenen 
Jahren  die  englische  Kirche  in  Jerusalem  baute ,  bald  nachher 
eine  neue  Reise,  um  die  Gegend  von  Kades  zu  finden.  Er  begab 
sich  von  Gaza  aus,  geleitet  von  einigen  Teräbin-Arabern.  in  das 
Gebiet  der  *^Azäzime  und  fand  in  der  That  einen  nackten  Fels- 
rücken ,  unter  dem  eine  Quelle  hervorkam .  deren  Wasser  nach 
einigen  raschen  Sprüngen  über  das  Gestein  in  westlicher  Rich- 
tung abfloss  und  sich  3 — 400  Yards  weiter  im  Sande  verlor. 
Diese  Entdeckung  theilte  Ro-wlands  sofort  brieflich  seinem 
Freunde  Canon  G.  Williams  mit.  und  dieser  liess  das  Schreiben 
in  seinem  bekannten  Buche  The  Holy  City  I,  4S7  ff.  abdrucken. 
Darin  meldete  Rowlands  ausserdem  .  dass  die  beiden  anderen 
Lokalitäten .   Kaderät  und  Kaseme .  westlich  von  Kades  in  der 


11  Kcisen  durch  Syrien  etc.  licrausgep:eben  von  Fu.  Kki'se.  Berlin  l"^ö4 — 
1S59.  Bd.  III,  4S.  Über  Wadi  el-'Ain  s.  ItüiuxsoN,  Palästina  I,  :n4.  Auch 
V.  Bertov  will  1S38  den  Namen  »Kadesia«  gehört  haben,  vgl.  dazu  RoBl.v - 
sex  a.  a.  0.  III,  771. 

13* 


1sj4  Guthe, 

Ixichtuiig  nach  demWädi  el-' Arisch  gelegen  seien.  Diese  beiden 
Namen  waren  schon  von  Robinson  mitgetheilt  worden :  jedoch 
hatte  Robinson  nur  die  letztere  Stelle  selbst  besucht';.  Row- 
LANDS  dagegen  hat  die  Lage  der  so  bezeichneten  Orte  sich  von 
seinem  Kades  aus  otlenbar  nur  bejchreiben  lassen. 

Diese  Entdeckung  RowLANDs"  wurde  durch  Winer  in  seinem 
Realwörterbuch  =^  I,  641  ^1S47}  und  durch  Tuen  in  einer  sorgfäl- 
tigen Abhandlung  zu  Genesis  Cap.  14  2  anerkannt  und  für  die 
BestimmxmLT  der  Laa:e  von  Kades  Baniea  verwerthet.  Vorher 
hatte  jedoch  schon  Robinson 3,  *^Ain  el-Webe  als  die  wahrschein- 
liche La^re  des  alten  Kades  bezeichnet  inid  hielt  nun  seine  Mei- 
nung  mit  Nachdruck  aufrecht  ^  .  Rowlands  gilt  ihm  als  ein 
phantastischer,  leichtgläubiger  und  daher  unzuverlässiger  Mann. 
Die  Entdeckuno^  selbst  sucht  er  durch  die  Annahme  zu  beseiti- 
gen,  dass  Rowlands'  Kades  identisch  sei  mit  '^Ain  el-Kaderät, 
dass  der  Name  Kades  überhaupt  nur  einem  Missverständnisse 
Rowlands'  seine  Existenz  verdanke,  indem  er  vermöge  seiner 
geringen  Kenntnis?  des  Arabischen  aus  Kaderät  ein  Kades  ge- 


o 


macht  habe.  Robinsons  Ansehen  bewog  viele  Engländer  und 
Amerikaner,  die  Entdeckung  Rowlands'  nicht  weiter  zu  beach- 
ten. Dagegen  fand  sie  unter  den  deutschen  Gelehrten  viele  Yer- 
theidiger  ^  . 

Eine  Entscheidung  dieses  gelehrten  Streites  konnte  natür- 
lich nur  auf  Grund  neuer  Forschungen  in  jener  wenig  besuchten 
und  Avenig  bekannten  Gegend  erfolgen.  Man  erwartete  dieselbe 
von  der  Reise,  die  Tyrwhitt  Drake  '7  IST 4)  und  Prof.  E.  H. 
Palmer  (7  1SS2  im  Auftrage  des  Palestine  Exploration  Fund 
durch  die  "Wüste  et-Tih  von  Kafat  en-Nachl  nach  Hebron  und 
von  Hebron  nach  Petra  1SG9 — 7u  unternahmen.  Palmer  fand  in 
der  That  ein  »Wädy  Gadis«  mit  einer  Quelle  gleichen  Namens 
zwischen  dem  Wadi  Lussäii  (S.)  und  und  dem  "NVädi  Muweilih 
^N.^  und  hält  diese  Gegend^  besonders  eine  Ebene,  in  welche 

1 1  Vgl.  KoBi.NSO.N  Palästina  I,  514  f. 

2    Vgl.  Tucn'3   Commentai-   über   die  Genesis'-   ilSTl  ,    S.  257  ff.    Aus 
ZDMG.  I,   1Ü1-11J4,. 

3,  Palästina  III,  1.3S  ff. 

4,  Bibllutheca  Sacra  VI    lS4t)  ,  377— 3';1. 

5j  Z.  B.  FuiES  in  Studien  und  Kritikon  1S54,  5Ü— 'Ju ;  KlRTZ,  Ewald, 
Keil,  Delitzsch,  Kxobel,  Mexke  u.  A. 


H.  Clav  Trumbull  s  Kadesh  Barnea.  \<s'} 

niehvero  von  0.  nach  W.  streichende  'lliäler  münden,  für  die 
Wüste  von  Kades.  »Dr.  Rowlands  war  der  erste,  welcher  die 
Identität  von  'Ain  Gadis  mit  Kades  vermuthet  hat.  Er  hezieht 
aber  den  Namen  fälschlich  anf  'Ain  el-Gndeirät.  einifj;c  Meilen 
nördlicher,  imd  scheint  diesen  Ort  gar  nicht  besucht  zn  hahen. 
Das  'Ain  Gadis,  welches  wir  auffanden,  besteht  aus  drei  (Quellen 
oder  vielmehr  seichten  Dümpeln.  Avelche  die  Araber  themäil 
nennen;  einer  derselben  tritt  in  der  Regenzeit  aus  und  wird  zu 
einem  Wasserstrom.  Es  liegt  etwa  310  34'  N.  H.  und  40^  n'(").  L.. 
drei  Meilen  jenseits  der  Wasserscheide  des  Ihales,  in  dem  Iheil 
der  früher  undurchforschten  Hochebene  der  Azäzimeli-Ik'rtje. 
Avo  diese  plötzlich  zu  einem  niedrigen  Niveau  herabsinkt  und 
otfner  und  leichter  zugänglich  in  der  Richtung  von  'Akabah  aus 
ist,  wie  wir  bei  einer  späteren  Wanderung  fanden«  i  .  Wer  mit 
dieser  Beschreibung  den  Bericht  Roavlands'  2)  vergleicht .  kann 
sich  des  Eindrucks  nicht  erwehren,  dass  sie  sich  unmöglich  auf 
densell)en  Ort  beziehen  —  oder  der  eine  muss  sich  einer  wun- 
derlichen Übertreibung  schuldig  gemacht  haben.  Palmer  nimmt 
auch  wohl  desshalb  die  Ansicht  Rübixson's  wieder  auf,  dass 
RoAV LANDS  den  Namen  fälschlich  auf 'Ain  el-Kaderät  beziehe. 

Der  erste  Nachfolger  Palmer's  Avar  der  Amerikaner  Samuel 
C.  Bartlett.  Auch  er  suchte  'Ain  Kades  und  erlangte  endlich 
von  dem  ihn  geleitenden  Schech  SulemäU;  dass  er  ihn  zu  dieser 
Stätte  führte.  Was  Bartlett  sah.  entsprach  ebenfalls  durchaus 
nicht  dem  Berichte  Roaalands';  er  erklärte  ihn  daher  für  über- 
trieben und  unzuverlässig.    Ja,    er  stellte  die  Existenz  von  Ain 

1)  E.  H.  Palmer,  Der  Schauplatz  der  vierzigjährigen  AVüstemvande- 
rung  Israels  (1876)  S.  269  f.  Eie  im  Text  angegebene  Fixirung  des  Ortes 
stimmt  übrigens  nicht  mit  der  beigegebenen  Karte  überein. 

■2j  Ich  setze  die  Avichtigste  Stelle  desselben  hierher :  »The  Rock  is  a  large 
Single  mass,  ora  small  hill,  of  solid  rock,  a  spur  of  tlie  mountain  to  the  north 
ofit  rising  immediately  aboA-e  it.  It  is  the  only  visible  naked  rock  in  the 
Avholedistritt.  Thestream,  Avhen  it  reaches  the  Channel,  turns  westAvard,  and. 
after  running  about  three  er  four  hundred  yards ,  loses  itself  in  the  sand. 
I  have  not  seen  such  a  lovely  sight  anyAvhere  eise  in  the  Avhole  desert  —  .<uch 
a  copious  and  lovely  stream  ....  The  Avaters  of  Kades,  called  Ain  Kades 
lie  to  the  east  of  the  highest  part  of  Jebel  Halal ,  towards  its  northern  ex- 
tremity,  about  tAvelve  miles  (or  four  and  a-half  hours  by  camel  to  the  E.  S.  E. 
of  Moilähhi.  I  think  it  must  be  something  like  due  south  from  Khalasa«.  Bei 
Trvmbull  S.  -214. 


186  Guthe, 

el-Kaderät  geradezu  in  Abrede ;  denn  er  habe  das  Thal  gründlich 
untersucht  und  nnr  mehrere  Ansammlungen  von  Wasser,  eine 
wirkliche  Quelle  aber  überhaupt  nicht  gefunden.  Bartlett's  An- 
gaben steigerten  nur  die  bisherige  -^'erwirrung.  Mau  fragte  nun 
verlegen :  Es  giebt  also  nicht  drei .  auch  nicht  zwei;  überhaujjt 
keine  eigentliche  Quelle  in  jener  Gegend  zwischen  Kal'at  en- 
Nachl  und  Hebron.'  Die  Namen  'Ain  el-Kaderät  und  'Ain  el- 
Kaseme  haben  sich  die  früheren  Reisenden  von  den  Beduinen 
nur  aufliinden  lassen  ?  Bartlbtt  konnte  um  so  grössere  Glaub- 
würdigkeit für  seinen  l^ericht  verlangen,  da  Schech  Sulemän, 
der  einstige  Führer  E.  H.  Palmek's,  ihm  anvertraut  hatte,  dass 
er  diesen  absichtlich  von  den  so  lange  gesuchten 
Brunnen  fern  gehalten  habe!!^). 

Professor  Dr.  Ph.  Schaff  und  Rev.  F.  VI.  Holland  erlang- 
ten überhaupt  kein  Resultat  avif  ihren  Reisen  in  jener  Gegend. 
Der  erstere  berichtet,  dass  der  Schech  der  Tijäha-Araber  seine 
Gesellschaft  überhaupt  nicht  von  Kal'at  en-Nachl  nach  Bersaba 
und  Hebron  habe  reisen  lassen  (1877),  während  der  letztere,  als 
er  IS 78  zum  fünften  Mal  die  Wüste  am  Sinai  betrat,  unverrich- 
teter  Sache  umkehren  musste ,  theils  Avegeu  ungewöhnlicher 
Dürre,  theils  weil  die  Gegend  durch  beständige  Angriöe  der  öst- 
lich wohnenden  Araber  lebhaft  beunruhigt  wurde. 

Die  Aviederholten  Nachforschungen  seit  Rowlands'  Besuch 
im  Jahre  1S42  hatten  demnach  mehr  und  mehr  zu  einem  nega- 
tiven Resultate  geführt.  Gewiss  trägt  Rowlaxds'  kurzer  Bericht, 
im  Enthusiasmus  des  Entdeckens  geschrieben  und  später  nicht 
ergänzt ,  einen  Theil  der  Schuld  an  der  Erfolglosigkeit  der  auf 
seinen  Anlass  hin  unternommenen  Reisen.  Aber  es  w^ar  offenbar 
willkührlich,  wenn  derselbe  von  vielen  Seiten  so  gering  geschätzt 
wurde.  Schon  Dr.  W.  M.  Thomson  hatte  auf  einen  andern  Um- 
stand hingewiesen,  der  möglicher  Weise  die  Erfolglosigkeit  alles 
Suchens  verursache  :  j)When  I  was  at  Mr.  Rowlands's  ]Muweilih, 
I  made  diligent  inquiries  about  Kadesh;  but  both  our  own  Arabs 
and  other  Bedawin  we  met  in  the  neighborhood  were  either  abso- 
lutely  ignorant  of  such  a  place,  under  any  possiblepronuuciation 
of  the  name ,    or  they  puri)osely    concealed   their  knowledge  of 

1  Bartletts  Buch  hat  den  Titel :  Froni  E^rypt  to  Palestine.  New  York 
1879.    Da  ich  es  nicht  gesehen  habe,  so  muss  icli  nach  Tkumblll  berichten. 


H.  Clay  Tniiiihuir.s  Kadcsh  Barnea.  187 

it«').  Trumbull  hatte  sich,  bevor  er  ISSl  seine  Reise  aiitnit, 
über  den  Stand  der  Frage  anscheinend  namentlich  nach  liAin- 
LKTT  genau  unterrichtet ,  obwohl  nicht  der  Zweck ,  Studien  zu 
treiben,  sondern  eine  unfreiwillige  Zeit  der  Müsse  ihn  in  die 
Wüste  lockte.  Der  Abschnitt ,  in  welchem  er  die  interessanten 
Erlebnisse  seiner  Reise  erzählt,  trägt  die  Überschrift :  »Kadesh 
Barnea:  story  of  a  hunt  for  it«  (S.  235 — 299).  Die  einleitenden 
Kapitel  fasse  ich  in  ein  kurzes  Referat  zusammen. 

Die  Besitz-  und  Herrschaftsverhältnisse  der  Sinaihalbinsel 
sind  folgende :  Die  südliche  Spitze,  das  Dreieck  des  Hochgebir- 
ges, durchziehen  die  töicara  (von  tTü\  tör  ,  die  sich  in  mehrere 
Stämme  oder  Clans  mit  besonderen  Namen  gliedern,  jedoch  ein 
gemeinsames  Oberhaupt,  den  Schech  el-Hiläd.  anerkennen.  Sie 
sind  gutartig  und  zuverlässig,  auch  geschickt.  Die  Grenze  ihres 
Gebietes  nach  N .  bildet  die  grosse  Pilgerstrasse  von  Suez  nach 
'Akaba. 

Ihre  nördlichen  Nachbarn  sind  die  üjüha  (von  et-üh,  der  be- 
kannten Wüste) .  Diese  grenzen  östlich  an  die  heioäf ,  die  bis 
zum  Golf  von  *^ Akaba  wohnen ;  nordöstlich  an  die  hatvefüt  und  an 
die  \tlaiüin ;  westlich  und  nordwestlich  dagegen  an  die  terübln^ 
deren  Heimath  etwa  zwischen  Suez  und  Gaza  liegt.  Die  tij'üha^ 
hexccif  und  tercihin  sind  eng  verbündet,  daher  insgesammt  zahl- 
reicher als  jede  andere  Gruppe  der  benachbarten  Araber.  ]^ie 
üjüha  nehmen  auf  Grund  der  centralen  Lage  ihres  Gebietes  das 
Recht  in  Anspruch,  jeden  Reisenden,  der  dasselbe  betritt,  selbst 
die  von  dem  Chediw  ausgesandte  Pilgerkarawane  auf  der  Pilger- 
strasse, gegen  Zahlung  zu  geleiten.  Sie  sind  roher  und  w'eniger 
zuverlässig  als  die  towara;  auf  Raub  auszugehen,  ist  ihre  Lieb- 
lingsbeschäftigung. 

Nördlich  von  dem  Gebiet  der  üjäha  imd  hewät  wohnen  die 
'azäzime,  abgeschlossen  gegen  alle  Anderen  in  den  Bergen,  die 
ihren  Namen  tragen.  Sie  sind  einer  der  ärgsten  und  verkom- 
mensten arabischen  Stämme,  unglaublich  misstrauisch  nicht 
allein  gegen  die  «Christen«,  wie  sie  alle  Europäer  und  Amerika- 
ner nennen,  sondern  auch  argwöhnisch  gegen  die  /ijäha,  wenn 
diese  Fremde  von  der  verhassten  Rasse  an  ihrer  Grenze  vorüber- 
führen 2).    In  ihrem  Gebiet  liegt 'Ain  Kadis.    Daraus,   dass  sie 

1)  The  Land  and  the  Book '-^I  (ISSl),  2UU. 
2;  Vgl.  Palmer  a.  a.  O.  225.  315  ff.  329. 


ISS  Guthe, 

selbst  den  lleiseuden  aufs  sorgfältigste  den  Weg  zu  dieser  Quelle 
verheimlichen  inid  den  üjZüui  es  nicht  gestatten.  Fremde  dort- 
hin zu  führen,  erklärt  sich  die  seltsame  Erscheinung,  dass  diese 
»Stätte  seit  Generationen  für  Wanderer  unerreichbar  gewesen  ist, 
obwohl  sie  von  der  iStrasse  zwischen  dem  Sinai  und  Hebron  nur 
wenig  nach  Osten  zu  abliegt.  Koavlands  sah  die  Quelle.  Aveil  die 
terübln  von  Gaza  aus  ihn  führten  und  diese  gutartigen  Leute 
nicht  nur  mit  den  t'iJüJta  und  noch  enger  mit  den  toicaru  verbün- 
det sind,  sondern  sogar  mit  den  argwöhnischen  und  zanksüchti- 
gen '^azüzime  auf  einem  so  guten  Fusse  stehen,  dass  sie  bisweilen 
auf  dem  Gebiet  der  letzteren  ihr  Vieh  zur  W^eide  treiben.  Die 
üJaJia  dagegen  leben  mit  den  "azäzime  in  Fehde  und  sind  mei- 
stens von  ihrem  Gebiet  ausgeschlossen;  daher  mögen  viele  von 
ihnen  mit  dem  Namen  und  der  Lage  von  "^Ain  Kadis  wirklich 
nicht  bekannt  sein,  während  die  andern,  die  darüber  Bescheid 
wissen ,  auf  Befragen  Unkenntniss  vorgeben  oder  unwahre  Ant- 
worten sagen  oder  eine  beliebige  Wasserstätte  als  'Ain  Kadis 
bezeichnen. 

Bis  nach  Karat  en-Nachl  war  Tkumbull  von  den  towara 
geleitet  worden.  Da  er  sich  hier  bereits  auf  dem  Gebiete  der 
üjähu  befand,  so  konnte  er  nur  unter  ihrem  Schutze  die  Heise 
fortsetzen.  Für  die  Abschliessung  des  Contractes  ergaben  sich 
unerwarteter  Weise  sehr  günstige  Umstände.  Der  eigentliche 
Schech  der  Üjcüui ,  Muslih  ,  ein  unfreundlicher ,  verschlossener 
und  hinterlistiger  Mann^),  w^ar  krank  und  kaum  im  Stande  ge- 
wesen, die  Botschaft  des  Schechs  Müsa  der  towara^  Avelche  ihm 
die  Ankunft  der  Karawane  meldete ,  in  der  üblichen  Weise 
dadurch  zu  erwidern,  dass  er  Tkumbull  in  der  Wüste  entgegen- 
kam. Er  konnte  nicht  daran  denken,  selbst  das  Geleit  nach  Hebron 
zu  übernehmen.  Sein  jüngerer  Bruder,  Sulemän,  ein  Mann  von 
glänzendem  Äussern  und  feinen,  aber  listigen  Manieren  2),  war  auf 
einem  Raubzuge  l)egriffen.  Wahrscheinlich  würde  Schech  Mus- 
lih darauf  bestanden  hciben,  dass  Trümbull  die  Rückkehr  seines 
Jhuders  abwarten  solle ,  wenn  er  nicht  in  einer  Lage  gewe- 
sen Aväre,  die  ihm  fremde  Hülfe  wünschenswerth  erscheinen 
liess.    Nämlich  ein  jüngerer  Schech  der  t'tjühu.  Husen.   ein  Ver- 

1)  Palmeu  a.  a.  O.  to.i  fi. 
2    P.\L.Mi;u  a.  ii.  O.  2.5t;  ff. 


H.  Clay  Trumbull  s  Kadesh  Barnea.  1  §0 

wandter  Miislih's.  Avar  mit  einigen  Genossen  von  den  türkischen 
Behörden  wegen  einer  von  seinem  Stamme  begangenen  Käuberei 
als  Geissei  eingezogen  nnd  wurde  in  Jerusalem  gefangen  gehal- 
ten. Muslih  Avar  nun  mit  väterlicher  Sorge  auf  die  Befreiung 
seines  eingesperrten  Verwandten  bedacht,  und  da  er  durch  TituM- 
kull's  arabischen  Dragoman  einen  fantastisch  übertriebenen  ]W- 
gritf  von  der  Stellung,  dem  Ansehen  und  dem  Eintluss  Tkim- 
bull's  erhalten  hatte,  so  glaubte  er  nichts  Besseres  für  Husen 
thun  zu  können,  als  wenn  er  die  Fürbitte  des  um  sicheres  Geleit 
nachsuchenden  Reisenden  für  ihn  gewänne.  Er  versicherte,  dass 
die  Anklagen  gegen  Husen  grundlos  seien,  er  versprach  ihm  eine 
ansehnliche  Belohnung,  er  war  bereit,  ihm  einen  stattlichen  ara- 
bischen Hengst  zu  schenken .  wenn  Trumbull  sich  nur  für  die 
Freilassung  Husen's  verwenden  wolle. 

Da  Trumbull  zusagte,  sich  in  Jerusalem  der  Sache  Husen's 
anzunehmen,  ohne  sich  jedoch  durch  Versprechungen  oder  Ge- 
schenke binden  zu  lassen,  so  schien  es  dem  Schech  Muslih  selbst 
wünschenswerth ,  die  Reise  Trumbull's  zu  beschleunigen.  Er 
erklärte  sich  nach  einigem  AViderstande  auch  bereit,  die  Kara- 
wane den  gefährlicheren  Weg  nach  Hebron ,  statt  nach  Gaza 
durch  das  Gebiet  der  befreundeten  icräb'iu,  ziehen  zu  lassen. 
Sein  Sohn  Hamd,  ein  gutmüthiger  Bursche  von  IS  Jahren,  sollte 
den  Befehl  führen.  Ibrahim,  ein  Sohn  Sulemän's,  wurde  ihm  an 
die  Seite  gestellt.  Die  Rolle  des  eigentlichen  Führers  übernahm 
ein  gewisser  *^Aude,  ein  geschickter  und  bis  zur  Verschmitztheit 
kluger  Mensch,  der  auf  Schritt  und  Tritt  mit  den  "Wüstenpfaden 
sowie  auch  mit  den  Gefahren  einer  Reise  durch  das  Gebiet  der 
gefürchteten  'azäzime  vertraut  war.  Nachdem  der  Contract  feier- 
lich abgeschlossen  war,  brach  die  Karawane,  bestehend  aus 
15  Personen  und  15  Kameelen,  am  Montag  den  2S.  März  ISSl 
Morgens  7  Uhr  von  Kal'at  en-Nachl  auf.  Trumbull  hatte  die 
Reise  gemeinschaftlich  mit  einem  Mediciner  G.  H.  Wattles 
und  dem  Rev.  A.  M.  Dulles  unternommen.  Als  Altester  der 
ganzen  Schaar,  besonders  in  Anbetracht  seines  grossen  Bartes, 
wurde  er  als  »Vater  der  Familie«  bezeichnet.  Schech  Muslih 
übergab  ihm  seinen  Sohn  mit  den  Worten :  »Er  war  mein  Sohn, 
jetzt  ist  er  Dein  Sohn;  sei  ihm  ein  guter  Vater!«  Dann  ermahnte 
er  denselben,  seinem  »neuen  Vater«  gehorsatn  und  gefällig 
zu  sein. 


190  Guthe. 

Am  Schliiss  der  zweiten  Tagereise  (29.  März)  befand  sich 
die  Gesellschaft  im  Wadi  Dschenir,  -wenigstens  60  engl.)  Meilen 
in  der  Luftlinie  von  Kalat  en-Xachl  entfernt,  östlich  von  dem 
Wädi  esch-Scherä'if ,  und  hatte  bereits  das  südöstliche  liolhverk 
des  ^cr^(72;me- Hochlandes,  den  Dschebel  'Arä'if  en-Xäka,  zur 
rechten  Hand  passirt. 

Ich  gebe  nun  dem  Reisenden  selbst  das  Wort : 

Spät  Abends ,  nachdem  wir  gegessen ,  luden  wir  unsern  Dra- 
goman und  unsere  beiden  jungen  Schechs  vor  unser  Speisezelt,  um 
mit  ihnen  die  Reiseroute  des  folgenden  Tages  zu  besprechen.  Sie 
Sassen  oder  vielmehr  hockten  nach  orientalischer  Sitte  vor  uns  auf 
der  Erde,  während  wir  dicht  vor  ihnen  auf  Feldstühlen  sassen.  Dort 
brachte  ich  zum  ersten  Male  das  Gespräch  auf  unsere  Absichten, 
*^Ain  Kadis  zu  besuchen. 

Ich  ging  von  der  Meinung  aus,  dass  Baktlext  richtig  ange- 
nommen hatte ,  dass  ihm  von  Schech  Sulcmän  das  wirkliche  'Ain 
Kadis  gezeigt  worden  sei ,  und  war  desshalb  des  Glaubens,  dass 
es  nicht  weit  von  unserm  jetzigen  Aufenthalte  liege.  Als  ich  er- 
fuhr ,  dass  der  Dschebel  Muweilih  nur  wenige  Stunden  nördlich  von 
uns  liege,  und  bedachte,  dass  sowohl  Kowlaxds  als  auch  Baktlett 
von  ihm  aus  ihre  Nachforschimg  begonnen  hatten,  fragte  ich,  ob 
wir  uns  nicht  morgen  von  \inserm  Wege  jenseit  dieses  Berges  seit- 
wärts wenden  könnten,  um  nach  Ain  Kadis  zu  gelangen.  Zu 
meiner  Überraschung  schien  weder  mein  Dragoman  noch  einer  der 
jungen  Schechs  die  geringste  Kenntniss  von  diesem  Orte  zu  haben. 
Ich  verlangte  daher,    dass    Aude,  unser  Führer,   geholt  werden  solle. 

Er  erschien  und  war  unwissender  als  die  andern.  Als  ich  ihn 
über  verschiedene  Örtlichkeiten ,  die  er  nothwendiger  Weise  gut 
kennen  musste,  ausfragte,  entging  mir  nicht,  dass  die  anscheinende 
Unwissenheit  eines  so  bewanderten  Führers  unmöglich  Wahrheit 
sein  konnte.  Ich  zweifelte  nicht,  dass  er  eine  Rolle  spielte,  wäh-  " 
rend  die  Unwissenheit  der  Anderen  thatsächlich  war ,  und  verlor 
daher  die  Geduld  mit  ihm.  Dadurch  gewann  ich  unbewusst  einen 
neuen  Yortheil :  wäre  ich  geduldig  geblieben ,  so  hätte  ich  nichts 
N'eues  zu  erzählen.  Ohne  besonders  zu  überlegen,  wählte  ich  in- 
stinctmässig  den  rechten  Weg,  um  die  Wahrheit  von  einem  wider- 
willigen arabischen  Gewährsmann  zu  erfahren. 

Ein  Araber  weiss  von  dem  eigentlichen  Werth  der  Reisebücher 
nichts;  daher  schlägt  er  ihn  entweder  zu  hoch  oder  zu  gering  an. 
Zunächst  hält  er  es  für  ausgemacht,  dass  niemand  von  seinem 
Lande  etwas  weiss,  wenn  er  es  nicht  früher  schon  besucht  hat. 
Beweist  man  ihm  aber ,  dass  man  betreffs  der  Sache,  über  die  er 
Unwissenheit  geheuchelt  oder  gar  gelogen  hat,  sehr  wohl  unterrich- 
tet ist,    so  giebt  er  es  bald  auf,    den  anderen  weiter  zu  täuschen, 


H.  Clay  Trumbull's  Xadesh  IJanica.  191 

besonders  wenn  er  ihn  mit  christlichen  Büchern  ausgerüstet  sieht ; 
er  ist  dann  bereit,  alles  zu  sagen  was  er  weiss.  Ferner  ist  er 
ausserordentlich  empfindlich  auf  den  Ruhm ,  seine  Heimath  genau 
zu  kennen  ;  denn  ein  Araber  denkt  gerade  so  wie  ein  amerikani- 
scher Indianer,  dass  keine  Unwissenheit  so  schimpflich  ist  wie  die, 
die  Fährten  und  Landmarken  der  von  ihm  bewohnten  Gegend  nicht 
zu  kennen. 

»Nun  gut«,  sagte  ich  ungeduldig,  »das  Schlimmste  ist,  dass 
ich  Dein  Land  besser  kenne  als  Uu  selbst.  Wir  sollten  die  Plätze 
wechseln;  statt  dass  ich  Dir  Bachschisch  gebe,  damit  Du  mir  das 
Land  zeigst,  solltest  du  mir  Bachschisch  geben ,  damit  ich  Dir  es 
zeige«. 

Ich  hatte  rasch  und  heftig  gesprochen ,  und  die  Araber  hatten 
sicherlich  den  Sinn  meiner  Worte  aus  meiner  höhnischen  Miene 
schon  errathen,  ehe  noch  der  überraschte  Dragoman  sie  eilig  über- 
setzte. Die  unschuldigen  jungen  Schöchs  und  der  schlaue  Aude 
sahen  mich  erstaunt  an  und  waren  begierig,  nähere  Aufklärung  zu 
erhalten. 

»Morgen  früh  brechen  wir  nach  'Ain  Muweilih  auf.  Jenseits 
desselben  wenden  wir  uns  rechts  vom  Wege  ab.  In  dieser  Rich- 
tung steigen  wir  ungefähr  eine  Stunde  abwärts  und  kommen  dann 
zu  einem,  zwei,  drei  Brunnen.  Weiterhin  wachsen  Binsen  und 
Schilf.  Noch  etwas  weiter  finden  wir  mehr  Brunnen,  und  dort  ist 
Kades.  Wenn  Du  es  nicht  weisst.  so  weiss  ich  es.  Für  ein  Bach- 
schisch will  ich  es  Dir  zeigen«. 

Als  ihnen  diese  kleine  Rede  übersetzt  war,  sahen  die  drei 
Männer  in  heller  Verwunderung  zu  mir  auf ;  dann  staunten  sie  den 
Dragoman  und  schliesslich  einer  den  andern  an.  Nach  einer  kleinen 
Weile  sprachen  sie  untereinander  in  leisem,  ernsthaftem  Tone.  Nach 
und  nach  wurden  sie  in  ihrem  Gespräch  wärmer,  bis  sie  sich  an  den 
Dragoman  wandten  und  eine  lebhafte  Unterredung  mit  ihm  führ- 
ten. Endlich  sagte  dieser  zu  mir:  »Mister  Trom-bul,  ich  sage  Dir 
jetzt  die  Wahrheit,  auf  Ehre.  Sie  sagen  mir  jetzt  die  Wahrheit, 
beim  Koran«.  Er  war  muslimischer  Prediger  und  hatte  sie  auf  ihren 
Glauben  verpflichtet.  »Sie  kennen  den  Ort,  den  Du  beschrieben 
hast ,  aber  nicht  unter  demselben  Namen ,  sie  nennen  ihn  nicht 
Kadis  (f. 

»So,  sie  kennen  ihn?«  fragte  ich,  als  ob  ich  noch  zweifelte. 
»Und  wie  nennen  sie  ihn  denn?« 

»Sie  nennen  ihn  Kaseme  ! « 

Bei  dieser  unerwarteten  Antwort,  welche  ich  für  wahr  halten 
musste,  blitzte  in  meinem  Kopfe  der  Gedanke  auf,  dass  der  ver- 
schmitzte Sulemän  meinem  amerikanischen  Vorgänger,  dessen  Be- 
schreibung ich  gefolgt  war,  Kaseme  als  Kadis  bezeichnet  hatte,  und 
sofort  schlug  ich  einen  anderen  Weg  ein. 

»Aber    wissen    sie,    wo  Kadis    ist,    wenn    sie   jenen   Ort    nicht 


1 92  Guthe, 

dafür  halten?«  fragte    ich.    als    ob    ich    sie    in    der  Kcnntniss    ihres 
eigenen  Landes  noch  prüfen  wollte. 

Die  beiden  jungen  Schechs  wiissten  es  nicht,  wohl  aber  "^Aude. 
Er  hatte  als  Knabe  in  jener  Gegend  gelebt  und  sie  weit  und  breit 
durchstreift.  Er  gab  die  Richtung  von  Kades  an  und  beschrieb  den 
Weg  dorthin.  Die  Entfernung  sollte  eine  kurze  Tagereise  betra- 
gen. Darauf  fragte  ich  ihn.  ob  er  jemals  "^Ain  Kaderät  gesehen, 
worauf  er  antwortete,  dass  er  vor  20  Jahren  einmal  dort  gewesi 
sei.  Auf  weiteres  Befragen  nannte  er  auch  die  Entfernung  zwische-.i 
den  einzelnen  Quellen.  Ich  zweifelte  jetzt  nicht  mehr  an  der  "Wahr- 
heit seiner  Aussage,  da  er  offenbar  glaubte,  dass  ich  viel  von  sei- 
nem Lande  wisse,  und  er  mir  jetzt  beweisen  wollte,  dass  er  eben 
so  viel  wisse  als  ich. 

Um  Mitternacht  war  das  Käthsel  gelost :  ich  hatte  erfahren, 
wo  die  drei  Brunnen  sich  befanden  und  wie  sie  zu  erreichen  waren. 
Aber  doch  war  es  nur  meine  persönliche  Überzeugung :  ich  konnte 
niemandem  einen  Beweis  dafür  liefern.  Ich  musste  daher  selbst  die 
Quellen  besuchen.  Aude  sagte,  dass  daran  nicht  zu  denken  sei: 
denn  Kadis  liege  im  Azäzime-Lande ,  und  die  "^  Azäzime  würden 
jeden  berauben  und  ermorden,  der  jene  Gegend  beträte.  Es  wäre 
schon  gefährlich  genug  für  die  Tijäha.  an  der  Grenze  des  'Azäzime- 
Landes  entlang  zu  ziehen.  Sich  direkt  in  Feindesland  zu  wagen, 
sei  unmöglich.  Ich  müsse  so  viel  wie  möglich  von  der  Lage  der 
Brunnen  zu  erfahren  suchen,  aber  die  Hoffnung  aufgeben,  sie  zu 
sehen.  Mit  diesem  schlechten  Tröste  für  mich  hatte  unsere  Be- 
sprechung an  jenem  Abend  ein  Ende. 

Ich  fand  keinen  Schlaf  in  der  folgenden  Xacht.  Die  Aufklä- 
rung eines  geographischen  Geheimnisses  konnte  ich  fast  greifen, 
sollte  ich  es  mir  entschlüpfen  lassen?  Xoch  kein  Fremder  hatte  die 
drei  in  Frage  stehenden  Brunnen  besucht,  es  war  sogar  an  ihrer 
Existenz  gezweifelt  worden.  Kaderät  hatte  kein  Reisender  gesehen, 
Kadis  nur  Einer  während  vieler  Jahrhunderte .  und  seitdem  waren 
40  Jahre  verflossen!  ....  Wenn  ich  jetzt  alle  drei  Brunnen  aufsu- 
chen, ihre  Lage  zueinander  vmd  ihre  Beschaffenheit  aufzeichnen 
konnte,  welchen  Dienst  würde  ich  damit  der  Bibelforschung  gelei- 
stet haben!  Hatte  ich  ein  Recht,  solche  Gelegenheit  wegen  per- 
sönlicher Gefahren  vorübergehen  zu  lassen? 

Und  war  überhaupt  die  wirkliche  Gefahr  so  gross?  Meine  drei- 
jährige reiche  Erfahrung  im  Felddienst  während  unseres  amerikani- 
schen Bürgerkrieges  hatte  mich  gelehrt,  dass  die  wirklichen  Gefah- 
ren des  Spähens  im  Feindesland  oft  viel  geringer  waren  als  man 
sich  vorher  gedacht  hatte.  Auch  war  ich  überzeugt ,  dass  unsere 
furchtsamen  jungen  Schechs  und  vielleicht  selbst  der  Aviderspenstigc 
Führer  von  dem  vorgeschlagenen  Abstecher  mehr  Gefahren  erwarte- 
ten, als  wir  je  bei  dem  Wagniss  erleben  würden.  Ausserdem  hatte 
ich  bis  dahin  noch  nicht  den  Eindruck  bekommen,  dass  die  Wüsten- 
beduinen sehr  zu  fürchten  seien  ;    ich  hatte  bemerkt,  dass  die  einzige 


H.  Clay  T.-umbull  s  Kadfsh  Biiniea.  l'j'J 

Feuerwatle  der  gewöhnlichen  Beduinen  das  lange  Gewehr  mit  glattem 
Lauf  und  Feuersteinverschluss  zu  sein  pflegte,  gar  nicht  selten  auch 
ohne  Verschluss,  und  noch  niemals  hatte  ich  einen  Araber  das 
treffen  sehen,  wonach  er  geschossen  hatte.  Auch  scheint  jeder  Ara- 
ber zu  glauben,  dass  seines  Feindes  Waffen  viel  mehr  zu  fürchten 
sind  als  seine  eigenen.  Die  Gefahr  des  Blutvergiessens  kam  bei 
einem  solchen  Ritt,  wie  ich  ihn  wünschte,  kaum  in  Betracht,  und 
auf  eine  Ausplünderung  wollte  ich  es  gern  um  einer  solchen  .Sache 
willen  ankommen  lassen ! 

Bei  Tagesanbruch  war  mein  Entschluss  gefasst.  Ich  ging  eilends 
zum  Zelte  unseres  Dragomans,  um  ihm  mitzutheilen,  dass  ich  jene 
drei  Brunnen  sehen  wolle,  ungeachtet  aller  Hindernisse. 

Unser  Dragoman ,  Muhammed  Ahmed  Hidaja  aus  Alexandrien, 
ein  eingeborner  Ägypter,  von  maurischer  Herkunft,  mehrfacher  Haus- 
besitzer, auch  Inhaber  eines  kaufmännischen  Geschäfts,  betrieb  das 
Reisen  aas  alter  Liebhaberei  und  setzte  seinen  Stolz  darein,  wenn 
ssine  Dienste  von  den  Herrschaften,  die  er  geleitet  hatte,  in  den 
Reisebeschreibungen  lobend  erwähnt  wurden.  Er  hatte  mich  schon 
mehr  als  einmal  gebeten,  seinen  Namen  auch  in  mein  Buch  zu 
setzen.  Darum  trat  ich  jetzt  vor  ihn  mit  dem  Versprechen,  seiner 
Dienste  in  meinem  Buche  zu  gedenken,  wenn  er  mir  dazu  verhel- 
fen wolle,  dass  ich  *^Ain  Kadis  und 'Ain  el-Kaderät  besuchen  könne. 
Das  rührte  ihn.  »Schreibe  Muhammed  Ahmed  Effendi  Hidaja,  Sei- 
denbazar S ,  Alexandrien«.' ,  sagte  er  und  wiederholte :  wSeidenba- 
zar  S«.  Er  fragte  sofort,  auf  welche  Bedingungen  hin  er  mit  den 
jungen  Schechs  und  ihren  Begleitern  verhandeln  solle ,  worauf  ich 
ihm  sagte,  dass  ich  jedes  Abkommen,  das  er  träfe,  anerkennen 
würde,  da  ich  ihm  blindlings  vertraue.  Er  war  völlig  gewonnen 
und  sicherte  mir  zu,  das  Geschäft  bald  beendet  zu  haben. 

Aber  der  Dragoman  hatte  keine  leichte  Aufgabe  ,  die  jungen 
Schechs  und'Aude  zu  seiner  Ansicht  von  der  Sache  zu  bekehren.  Ihnen 
war  es  gleichgültig,  ob  sie  in  ein  Buch  kamen  oder  nicht,  und 
nach  einem  kühnen  Ritt  in  das  Azäzime-Gebiet  trugen  sie  kein 
Verlangen.  Doch  gelang  es  dem  Ansehen  unseres  Dragomans  — 
er  war  muslimischer  Prediger  —  und  seinem  Enthusiasmus ,  Aude 
und  Ibrahim  zu  gewinnen.  Nur  Hamd  verharrte  in  einer  kindi- 
schen Hartnäckigkeit.  Erst  als  der  Dragoman  ihn  an  die  Mahnung 
seines  Vaters  erinnerte,  alles  zu  thun  was  in  seiner  Macht  stände, 
um  mir  diese  Reise  zu  erleichtern  und  mir  gefällig  zu  sein ,  wil- 
ligte auch  er  ein ,  so  dass  die  Einzelheiten  des  neuen  Abkommens 
verhandelt  werden  konnten . 

Ei  war  nicht  daran  zu  denken,  die  ganze  Karawane  in  das 
'Azäzime-Gebiet  mitzunehmen.  Die  Lastkameele  mussten  entweder 
warten,  wo  sie  waren,  oder  langsam  auf  dem  eingeschlagenen  Wege 
weiter  ziehen .  während  die  Dromedare  und  ihre  Reiter  nach  der 
neuen  Richtung  aufbrachen.  Aber  nach  dem  arabischen  Grundsatze 
des  Antheils  Aller   am  guten   Glück  sollte  jeder  von  der  Karawane 


1 94  Guthe, 

sein  Bachschisch  erhalten,  mochte  er  mitgehen  oder  bleiben.  Die- 
jenigen, welche  an  dem  Zuge  theilnahmen ,  bekamen  besondere 
Vergütung.  Ich  übernahm  die  Verantwortlichkeit  für  ein  späteres 
Eintreffen  in  Hebron,  als  in  dem  ersten  Contract  vorgesehen  war, 
und  versprach,  jeden  Verlust,  der  ihnen  durch  Plünderung  von 
Seiten  der  ^Azäzime  erwüchse,  zu  ersetzen. 

Erst  um  7  Uhr  25  Minuten  i Mittwoch  den  3U.  März]  befand 
sich  unsere  Gesellschaft  frisch  auf  dem  Wege  ostwärts  von  unserm 
Lagerplatze  im  Wädi  Dscherür.  Ausser  uns  drei  Reisenden  bestand 
die  Gesellschaft  aus  dem  Dragoman,  den  beiden  jungen  Schechs, 
dem  Führer  Aude  und  einem  dunkeln ,  abessinischen  Sclaven  des 
Schechs  Muslili ,  acht  Personen  mit  vier  Dromedaren.  Der  Rest 
der  Karawane  war  unserm  j^Aufwärter«  Muhammed,  einem  intelli- 
genten und  unternehmenden  Ägypter,  übergeben  worden.  Sein  Auf- 
trag ging  dahin,  eine  kurze  Tagereise  nordwärts  zu  machen  und 
dort  unsere  Rückkehr  zu  erwarten. 

"Wir  rückten  wacker  in  östlicher  Richtung  ungefähr  2  ^|^  Stunden 
vor  und  durchschnitten  die  Wädi  Säsab ,  Sa  ide  und  Samrah ;  alle 
drei  Thäler  laufen  nach  Süden,  das  letztere  biegt  sich  nach  Westen. 
Fest  ausgetretene  Kameelspuren  durchzogen  sie.  Bis  jetzt  hatten  wir 
noch  keinen  Hügel  überschritten,  da  die  Thäler  nur  durch  sandige 
Rücken  getrennt  wurden.  Aber  wir  waren  an  der  Südseite  einer 
Bergkette  hingezogen ,  die  eine  einzelne  hervorragende  Spitze  von 
eigenthümlicher  Gestalt  umgab,  wie  eine  Reihe  hellgrüner  farbiger 
Terrassen  einen  massigen  Kegel.  Vielleicht  war  es  der  Dschebel 
Aneigah  Palmer's.  möglicherweise  auch  sein  Dschebel  Meraifig  — 
ich  vermag  es  nicht  mit  Sicherheit  zu  entscheiden. 

Als  wir  am  Rande  eines  vierten,  ebenfalls  nach  S.  gerichteten 
Thaies,  Namens  Wädschat ,  entlang  ritten,  näherten  wir  uns  einer 
niedrigen  Hügelreihe,  die  sich  von  NW.  nach  SO.  zog.  Wir  er- 
stiegen dieselbe,  indem  wir  uns  etwas  nordöstlich  und  dann  wieder 
östlich  hielten ,  und  blickten  in  eine  weite,  bis  zu  dem  östlichen 
Fuss  der  Hügel  sich  ausdehnende  Ebene  hinab.  Die  Hügelreihe 
trägt  den  Namen  Dschebel  el-Hauwäde,  die  Ebene  ist  der  Wädi  Ka- 
dis. Mit  einem  Ausruf  des  Entzückens  genossen  wir  den  ersten 
Anblick  der  grossen,  geheiligten  Lagerstätte  der  Israeliten.  Unsere 
freudige  Erregung  war  zu  stark,  als  dass  wir  bei  dem  Abstieg  in 
das  Thal  (IOY2  Uhr  Vormittags]  an  besondere  Gefahren  gedacht 
hätten.  —  Dschebel  el-IIauwä(le  war  für  mich  ein  neuer  Name ;  als 
ich  nach  meiner  Rückkehr  in  London  Professor  Palmkk  davon 
sagte,  kannte  er  ihn  ebenfalls  nicht.  Er  deutete  ihn  als  »Berg  der 
Cisternen« . 

Unten  im  Wädi  Kadis  entdeckten  wir  zuerst  gar  keine  bekann- 
ten Landmarken.  Wir  waren  in  einer  neuen  Gegend,  abseits  von 
der  gewohnten  Strasse  der  Tijäha,  in  der  Festung  der  "^Azüzime. 
Die  kleine  Zahl  unserer  Gesellschaft  schien  das  Schweigen  und  die 
Einsamkeit     der  Wüste    zu    erhöhen.      Dieser  Eindruck    machte  die 


H.  Clav  Trumbull's  Kadesh  Barnca.  \\)j 

Araber  unruhig.  Der  junge  Hamd  fragte  sieli ,  oh  er  überhaupt 
klug  gehandelt  habe,  den  Willen  seines  Vaters  und  die  Traditionen 
seines  Volkes  zu  verlassen. 

Ich  war  von  meinem  Kameele  gestiegen  und  liatte  seitwärts 
einige  Reste  alter  Bausteine  geprüft,  auf  die  mein  Auge  gefallen 
war.  Als  ich  zur  Gesellschaft  zurückkehrte,  waren  Hamd  und  seine 
Begleiter  im  Begriff,  zu  der  grösseren  Karawane  zurückzukehren. 
Es  hatte  sie  ein  Schrecken  erfasst,  wie  ihn  die  alten  Israeliten  in 
diesem  Thale  gehabt  haben  mochten,  als  sie  sich  für  Heuschrecken 
hielten  im  Vergleich  zu  den  'Azäzime-Riesen  ihrer  Tage  und  schrieen  : 
jAVarum  führt  uns  der  Herr  in  dies  Land,  dass  wir  durchs  Schwert 
fallen?  ....  Lasset  uns  wieder  in  Ägypten  ziehen«  !  (Num.  14,  1  ff.  . 
Ich  musste  meine  ganze  Energie  und  Festigkeit  aufbieten,  um  die 
furchtsamen  Araber  zu  beruhigen  und  sie  wieder  vorwärts  zu  bringen. 

Die  Furcht  unserer  Beduinen  war  allerdings  nicht  ganz  ohne  Grund. 
Wenn  wir  uns  auf  das  Gebiet  der  "^Azäzime  ohne  ihre  Einwilligung 
wagten ,  so  setzten  wir  uns  der  Gefahr  aus ,  all  unsere  Habe  zu 
verlieren.  Die  Araber  hätten  damit  nicht  einen  Raub  nach  ihrer 
Anschauung  vollzogen,  sondern  nur  eine  Steuer  von  uns  erhoben. 
»Unser  ist  die  "Wüste,  und  jeder,  der  sie  durchzieht,  muss  uns 
Tribut  zahlen^.  Das  ist  der  Anspruch,  den  die  Araber  geltend 
machen.  Brüder,  d.  i.  »Stammesgenossen«  zu  berauben,  ist  frei- 
lich in  der  Sinai-Wüste  seltener  als  in  den  besten  civilisirten  Ge- 
meinschaften 1  .  Aber  es  sind  ganz  verschiedene  Dinge  für  den  Be- 
duinen, das  Stehlen  unter  den  Stammesgenossen  zu  vermeiden  und 
von  Fremden  einen  Tribut  zu  erheben  oder  Feinden  Beute  abzuneh- 
men. Jeder  Beduine  hält  sich  für  einen  berechtigten  Steuereinneh- 
mer, wenn  er  einem  Fremden  innerhalb  der  Grenzen  seines  Stam- 
mes begegnet,  und  ebenso  fühlt  er  sich  berufen,  für  seinen  Stamm 
zu  sprechen  und  zu  handeln .  wenn  er  mit  einem  Feinde  seines 
Stammes  irgendwo  zusammentrifft.  Das  ist  durchaus  nicht  Gesetz- 
losigkeit. 

Von  diesen  Gesichtspunkten  aus  mussten  wir  unsere  Lage  im 
Wädi  Kadis  betrachten,  wenn  wir  uns  nicht  täuschen  wollten. 
Durch  unsern  Contract  mit  Schech  Mu.slili  war  der  ganze  Tijäha- 
Stamm  zu  unserm  Schutz  verpflichtet,  bis  wir  sicher  in  Hebron 
waren;  jetzt  beschworen  wir  einen  Conflict  mit  den  'Azäzime  her- 
auf, die  mit  den  Tijüha  in  Feindschaft  lebten.  Mochte  ich  mich 
auch  bereit  erklärt  haben ,  für  jeden  Verlust  oder  Schaden  aufzu- 
kommen ,  die  jungen  Schechs  fühlten  sich  doch  für  unsere  Sicher- 
heit verantwortlich,  so  lange  wir  im  Schutz  ihres  Stammes  waren. 
Sie  fürchteten  ein  Zusammentreffen  mit  den  misstrauischen  und 
streitsüchtigen  Azäzime  ebenso  um  ihrer  selbst  wie  um  unsertwil- 
len, weil  daraus  eine  Blutfehde  zwischen  den  Stämmen  entstehen, 
oder  im  günstigsten  Falle  gegen  die  Tijäha  die  Beschuldigung  erhoben 

1)  Vgl.  Palmkr  a.  a.  ().  179.       GuTllE. 


196  ^•^'^^^^• 

werden  konnte,  die  Gesetze  der  Gastfreundschaft  verletzt  zu  haben, 
insofern  unter  ihrer  Führung  Fremde  beraubt  oder  beschädigt  wor- 
den seien. 

Unser  Dragoman  rieth  im  Fall  eines  Zusammentreffens  mit 
den  'Azäzime  Widerstand  überhaupt  nicht  zu  versuchen:  »AVenn 
sie  Deinen  Rock  verlangen,  so  gieb  ihn  hin  und  so  mache  es  mit 
allem«.  Das  war  für  mich  ein  neuer  Sinn  der  biblischen  "Worte, 
die  den  Verzicht  auf  "Widerstand  bei  einer  friedlichen  Sendung  em- 
pfehlen :  AVer  Dir  den  Mantel  nimmt,  dem  wehre  nicht  auch  den 
Rock;  wer  Dich  bittet,  dem  gieb;  und  wer  Dir  das  Deine  nimmt, 
da  fordere  es  nicht  wieder«  ^Luk.  6,  29.  3U^ .  Wären  wir  den 
'AzHzime  an  jenem  Tage  begegnet  und  ihnen  mit  Gewalt  entgegen- 
getreten, so  wäre  das  nicht  tapfer,  sondern  brutal  gewesen.  Es  w'äre 
mehr  der  Widerstand  eines  Schmugglers  gegen  Steuerbeamte,  als 
die  Vertheidigung  eines  Wanderers  gegen  Wegelagerer  gewesen. 

Ernster  war  die  Gefahr  eines  blutigen  Zusammenstosses ,  der  | 
wir  ausgesetzt  waren,  weil  die  Tijäha  das  Gebiet  der  ihnen  un- 
freundlich gesinnten  'Azäzime  betreten  hatten.  Die  Erfahrungen 
früherer  Reisenden,  z.  B.  Palmek's,  zeigen,  dass  solche  Gefahren 
wirklich  keine  eingebildeten  sind').  Holland  sah  sich  1S7  7  genö- 
thigt,  wegen  der  Feindseligkeiten  unter  den  arabischen  Stämmen 
umzukehren,  und  Ed-svard  L.  Wilsox  aus  Philadelphia,  der  nach 
mir,  von  meinem  Dragoman  und  den  Teräbin-Arabern  geleitet,  das 
*Azäzime-Gebiet  bei  Berseba  betreten  wollte,  wurde  mit  Ungestüm 
zurückgetrieben.  Im  ganzen  muss  ich  daher  sagen,  dass  die  jun- 
gen Schechs  die  Gefahren  unseres  Unternehmens  besser  zu  würdigen 
wussten  als  wir,  die  von  ihnen  geleitet  wurden.  Aber  wir  küm- 
merten uns  nicht  um  Gefahren  und  zogen  weiter. 

Wädi  Kadis  ist  eine  ausgedehnte,  mehrere  (engl.;  Meilen  weite 
und  von  Hügeln  umschlossene  Ebene  mit  unregelmässiger  Boden- 
fiäche.  Nach  der  Aussage  'Aude's  ist  sie  eine  kurze  Tagereise  lang 
von  Westen  nach  Osten,  oder  von  Nordwest  nach  Südost,  Sie  ist 
sicherlich  gross  genug,  um  als  Lagerplatz  für  Kedor  Laomor"s  Heer 
oder  für  das  ganze  Israel  gedient  zu  haben.  Im  Osten  liegt  der 
Dschebel  Kadis,  im  Südosten  der  Dschebel  )>Mu'arrb((  oder  «Mua- 
rib«  ;  südlich  und  südwestlich  der  Dschebel  el-Hauwäde,  nördlich 
Ras  »Fasuah«  oder  »Fasooah«,  nordwestlich  der  »Dschebel  Mawweeqa 
oder  Miawaykahc  So  habe  ich  diese  Namen  nach  der  Aussprache 
unserer  Araber  verstanden  und  erwähne  sie,  damit  sie  für  spätere 
Reisende  als  Merkmale  der  Gegend  dienen  können.  Von  den  Ber- 
gen war  nur  Dschebel  Kadis  auf  einer  Karte  verzeichnet,  aber  un- 
genau. 

^Mitten  durch  den  Wädi  Kadis  zieht  sich  ein  breites  Wasser- 
bett, das  durch  seine  grosse  Fruchtbarkeit  merkwürdig  gegen  die 
öde  Umgebung   absticht.      Schöne    Felder    von    Weizen    und    Gerste 

1     A.  a.  O.  301  f.      G. 


H.  Clay  Trumhull's  Kadesh  liarnca.  f  07 

bedecken  einen  gi-ossen  Theil  desselben.  Da  es  von  den  Regen- 
fjüssen  des  "Winters  noch  Feucht  war,  so  musste  der  Same  des  jetzt 
wachsenden  Getreides  ausj^estreut  worden  sein,  während  das  Was- 
ser noch  den  Boden  bedeckte.  Es  waren  auch  künstliche  Krli()lmn- 
gen  vorhanden,  Avelche  den  liegen  für  die  Bewässerung  n>il/bar 
machen  sollten.  "Wir  sahen  ein  grosses  Kornmagazin,  das  in  dem 
Boden  ausgegraben  und  durch  angehäufte  Erde  bedeckt  war,  etwa 
nach  Art  der  ägyptischen  Kornspeicher,  die  man  auf  den  Grabge- 
mälden der  Pharaonen  sieht.  Die  Obcrschwelle  an  der  Thür  dieses 
Kornspeichers  bildete  ein  grosser  Baumstamm,  grösser,  als  man  ihn 
heutzutage  in  der  Wüste  finden  kann. 

Wir  kamen  dann  an  einer  offenen  Grube  oder  trockenen 
Cisterne  vorbei,  die  10  oder  12  (engl.)  Fuss  im  Durchmesser  hatte 
und  reichlich  6  Fuss  tief  sein  mochte.  Die  Wände  bestanden  aus 
Steinmauern,  der  Rand  oben  war  durch  einen  Erdwall  geschützt. 
A\if  ihrem  Boden  waren  Spuren  von  Feuer.  Sie  glich  weder  einem 
Kornspeicher  noch  einer  gewöhnlichen  arabischen  Cisterne.  Unsere 
Araber  machten  die  unklare  Angabe,  es  sei  das  Denkmal  einer 
Stammesfehde.  Als  ich  die  Notizen  über  diese  Cisterne  und  den 
Kornspeicher  machte ,  wiisste  ich  nicht,  dass  Dschebel  el-Hauwäde 
»Berg  der  Cisternentc  bedeutet;  ebensowenig  wusste  Professor  Pal- 
mer etwas  von  ihrer  Existenz,  als  er  mir  den  Namen  erklärte. 

Längs  der  unteren  Hügel  der  nördlichen  Bergreihe  fanden  wir 
Haufen  und  Kreise  von  Steinen ,  welche  kaum  etwas  anderes  als 
Überbleibsel  von  Wohnungen  aus  prähistorischer  Zeit  sein  konn- 
ten. Bald  nach  dem  Beginn  unserer  Thalwanderung  hatten  wir  ein 
Stück  eines  marmornen  Säulenschaftes  bemerkt,  der  ziemlich  alt  zu 
sein  schien.  Er  war  drei  (engl.)  Fuss  lang  und  hatte  91/2  Zoll  im 
Durchmesser;  eigenthümliche  Ringe  erinnerten  an  die  Säulen,  welche 
Palmer  bei  el- Audsche  nicht  Aveit  nördlich  von  hier  erwähnt  und 
mit  den  Worten  beschreibt :  »sie  sind  mit  Ringen  umgeben  und 
sehen  aus,  als  ob  sie  gedreht  wären«  ^l.  Nicht  weit  davon  lag  ein 
vierkantiger,  behauener  Marmorblock,  der  als  Basis  für  einen  solchen 
Säulenschaft  gedient  haben  mochte. 

Als  wir  ostwärts  zogen,  bemerkten  wir  viele  Reste  von  niedri- 
gen Mauern,  die  sich  über  den  Erdboden  hinzogen.  Sie  sind  auch  von 
RoBiNSOx  und  Palmer  in  dieser  Gegend  beobachtet  und  als  die 
Grenzen  der  früher  angebauten  Felder  erklärt  worden  2) .  An  vie- 
len Stellen  waren  die  Bergabhänge  zum  Anbau  geebnet ;  wieder 
lagen  viele  Steine  umher ,  w^elche  einstmals  zu  baulichen  Zwecken 
gedient  haben  mochten.  So  traten  uns  übei-all  deutliche  Anzeichen 
entgegen,  dass  eine  zahlreiche  Bevölkerung  hier  in  früheren  Zeiten 
gelebt  und  für  ihren  Unterhalt  Sorge  getragen  hatte. 


1)  Palmer  a.  a.  O.  2SÖ.      G. 

2j  Robinson  Palästina  I  315  f.  Palmer  a.  a.O.  275  f.    G. 

Ztschr.  d.  P.al.-Ver.  VIIL  14 


198  G"the, 

Um  12  Uhr,  also  anderthalb  Stunden  später,  als  wir  den 
Abhang  des  Dschebel  el-Hauwäde  herabgezogen  waren,  erreichten 
wir  eine  Reihe  Sandhügel,  die  den  fruchtbaren  Theil  des  Thaies 
abzuschlicssen  schienen.  Vor  uns  dehnte  sich  eine  rauhe,  mit  Stei- 
nen bedeckte  Ebene  aus ,  der  gewöhnlichen  Wüste  ähnlich ,  die 
aber  noch  immer  Wädi  Kadis  genannt  wurde. 

Die  Mittagshitze  war  sehr  gross.  Die  Araber  hatten  sich  für 
unsere  Tagereise  nicht  mit  Wasser  versehen  und  daher  aus  der 
Lederflasche  unsers  Dragomans  ihren  Durst  stillen  müssen.  Un- 
glücklicher Weise  war  diese  unterwegs  leck  geworden  und  ihr  In- 
halt ausgelaufen.  Das  Wasser  hinter  uns  war  weit  entfernt,  und 
vor  uns,  jenseit  der  Ebene,  die  wir  durchzogen,  glänzten  die  blen- 
denden Kalkhügel  uns  entgegen  und  verriethen  nicht  die  mindeste 
Spur  eines  Wasserlaufs.  Unsere  Lage  begann  misslich  zu  werden. 
Aude  blieb  freilich  sehr  sicher  in  seiner  Behauptung,  dass  wir 
uns  direkt  auf  die  Brunnen  zu  bewegten.  Dennoch  konnte  auch 
ich  mich  der  Besorgniss  der  jungen  Schechs  nicht  erwehren  und 
fing  an  leise  zu  zweifeln,  ob  Aude  die  Gegend  wohl  wirklich  sicher 
kenne  und  uns  treulich  führe. 

In  solcher  Stimmung  begriff  ich  wohl  das  Hadern  des  Volkes 
Israel  mit  Mose  (Xum.  2U,  1 — 5; :  «Warum  habt  ihr  die  Gemeinde 
des  Herrn  in  diese  Wüste  gebracht,  dass  wir  hier  sterben  mit  un- 
serm  Vieh,  und  warum  habt  ihr  uns  aus  Ägypten  geführt  an  die- 
sen bösen  Ort,  da  man  nicht  säen  kann,  da  weder  Feigen  noch 
Weinstöcke  noch  Granatäpfel  sind  und  ist  dazu  kein  Wasser  zu 
trinken '?(' 

Aber  wir  hielten  aus  und  immer  auf  das  Ziel  los.  Um  1^2  Uhr 
nach  fast  dreistündigem  llitt  in  dem  Thale  machten  wir  plötzlich 
eine  scharfe  Wendung  nach  rechts,  an  einem  kaum  bemerkten  Win- 
kel der  niedrigen  Kalksteinhügel,  auf  die  unser  Weg  gerichtet  ge- 
wesen war  —  da  lagen  die  lange  gesuchten  Brunnen  von  Kadis  vor 
unsern  Augen. 

Es  war  ein  wundervoller  Anblick !  Aus  dem  dürren  und  öden 
Gebiet  der  brennenden  Wüste  waren  wir  wie  durch  einen  Zauber 
in  eine  prächtig  grüne  Oase  versetzt,  wie  man  sie  in  dieser  Gegend 
gar  nicht  erwarten,  ja  kaum  begreifen  konnte.  Ein  Ilasenteppich 
bedeckte  den  Boden.  Feigenbäume,  deren  Früchte  fast  zum  Essen 
reif  waren ,  standen  längs  der  schützenden  Südwand  des  Hügels. 
Sträucher  und  Blumen  waren  in  grosser  ]SIenge  und  Mannigfaltig- 
keit vorhanden.  Fliessendes  Wasser  murmelte  unter  dem  wogenden 
Grase.  AVir  hatten  nichts  Ähnliches  gesehen,  seitdem  wir  Wadi 
Ferän  verlassen  hatten  ;  ja  die  Landschaft  dort  Aveist  keinen  einzel- 
nen Punkt  auf,  der  auf  gleicher  Ausdehnung  so  viel  Lieblichkeit 
einschliesst. 

Wenn  wir  von  den  mit  Erde  bedeckten  Kalksteinhügeln  an 
dem  nordöstlichen  Rande  dieses  malerischen  Winkels  zurücktraten, 
so  erblickten  wir  «the  large  single  mass  or  a  small  hill  of  solid  rock«, 


H.  Clay  TrumbuU's  K.ulesh  IJarnca.  199 

den  Rowr,\NT)S  für  den  Felsen  ansah,  den  Moses  schlu}?,  »damit  er 
sein  Wasser  gebe«.  Unterhalb  dieses  rauhen  Ausläufers  der  nord- 
östlichen Bergkette  kam  der  jetzt  so  reichliche  Strom  hervor. 

Das  AVasser  floss  zuerst  in  einen  runden  Brunnen .  dessen 
AVände  von  unten  auf  durch  alte  abgenutzte  Kalksteinblöcke  gebil- 
det wurden.  Ein  marmorner  Wassertrog  stand  nahe  bei  dem  Brun- 
nen, er  war  wohl  besser  behauen  als  die  Tröge  in  Bersaba,  aber 
doch  nur  ein  Erzeugniss  von  primitiver  Kunst.  Das  Mundloch  des 
Brunnens  hatte  nur  ungefähr  drei  'engl.)  Fuss  Lichtweite,  und  das 
Wasser  stand  vier  Fuss  unter  dem  Rande.  Etwas  westlich  und 
tiefer  gelegen  befand  sich  der  zweite  Brunnen,  ebenso  wie  der  erste 
gemauert,  aber  mit  einem  grösseren  Durchmesser  ;  daneben  wieder 
ein  marmorner  Wassertrog.  Ein  teichartiger  Behälter,  der  grösser 
war  als  die  beiden  Brunnen  und  einer  Steineinfassung  entbehrte, 
war  offenbar  der  wichtigste  Tränkort.  Er  lag  in  geringer  Entfernung 
südwestlich  von  dem  zweiten  Brunnen  und  wird  wahrscheinlich,  wie 
diese,  von  dem  unterirdischen  Wasservorrath  gespeist,  nämlich  von 
den  Quellen  unter  dem  Felsen.  Rings  um  den  Teich  wie  auch  um 
die  Brunnen  war  der  Dünger  von  Kameelen  und  Ziegen  —  wie 
eine  Ablagerung  aus  Jahrhunderten  —  niedergetreten  und  mit  dem 
Kalksteinstaube  zu  einem  festen  Pflaster  zusammengestampft.  Ein 
anderer,  noch  grösserer  Teich  weiter  abwärts  empfing  sein  Wasser 
durch  einen  Bach ,  der  von  dem  oberen  Teiche  in  seinem  engen 
Bette  hinabrauschte  und  -sprang.  Noch  jenseits  desselben  nach 
Westen  hin  murmelte  das  AVasser  unter  dem  Grase  weiter,  wie  wir 
bei  unserer  Ankunft  beobachtet  hatten,  und  verlor  sich  endlich  in 
dem  durstigen  Wädi,  der  den  Zutritt  zu  dieser  Oase  gewährt  i). 
Das  Wasser  selbst  war  merkwürdig  rein  und  süss  und  mit  keinem 
andern  zu  vergleichen,  das  wir  seit  unserer  Abreise  vom  Nil  getrun- 
ken hatten. 

Diese  Oase,  namentlich  ihr  Reichthum  an  Blumen,  Gras  und 
Kräutern,  erinnerte  an  Gegenden  Neuenglands.  Nichts  derglei- 
chen hatten  wir  auf  der  Sinaihalbinsel  bisher  gesehen.  Die  Bienen 
summten  und  die  Vögel  flatterten  von  Baum  zu  Baum.  Grosse 
Ameisenhaufen,  aus  grünem  Grassamen  anstatt  aus  Sand,  waren  über 
die  Fläche  zerstreut.  Bei  unserer  Ankunft  hatten  wir  ein  Kanin- 
chen aufgeschreckt  und  Lerchen  und  Wachteln  gesehen.  Es  war 
wirklich  kaum  zu  glauben ,  dass  wir  in  der  Wüste  oder  dicht  da- 
neben sein  sollten.  Nach  unserem  Ritt  über  den  trockenen  Sand  in 
der  brennenden  Mittagssonne  war  die  entzückende  Ruhe  auf  diesem 
Fleck  Erde  doppelt  erfrischend.     Das   Wasser    selbst    war    für    uns 


li  Indem  ich  diese  Schilderung  nach  meinen  an  Ort  uud  Stelle  rasch  ge- 
machten Notizen  niederschreibe,  steigen  mir  allerdings  noch  einige  Fragen 
auf,  namentlich  betreffs  der  Entfernung  und  der  Lage  der  Brunnen  und  Teiche 
zueinander.  In  diesem  Punkt  berichte  ich  so  genau  wie  miiglich  nach  meiner 
Erinnerung. 

14» 


200  Guthe, 

kaum  ein  geringerer  Segen  als  für  die  Israeliten,  denen  es  auf 
Moses  Befehl  aus  dem  Felsen  entgegenströmte.  Wir  setzten  uns 
in  den  ■wohlthuenden  Schatten  eines  Hügels  nicht  weit  von  den 
Brunnen  und  genossen  unser  Frühstück .  während  die  Musik  des 
Baches,  der  Bienen  und  Vögel  lieblich  in  unser  Ohr  schallte.  Auch 
unsere  Araber  schienen  den  beruhigenden  Einfluss  der  Umgebung 
zu  fühlen  und  alle  Furcht  vor  den  Azäzime  verloren  zu  haben,  ob- 
wohl die  von  ihnen  drohende  Gefahr  jetzt  wahrscheinlich  am  gröss- 
ten  war.  Nach  einer  kurzen  Kühe  auf  dem  Hasen  entkleideten  sie 
sich  alle  und  nahmen  in  dem  unteren  grösseren  Teiche  ein  fri- 
sches Bad. 

Eins  war  gewiss:  Alles,  was  Roavlaxds  von  dieser  Oase  be- 
richtet hatte,  wurde  vollkommen  durch  die  Thatsachen  bestätigt. 
Sein  Enthusiasmus  und  seine  lebhafte  Einbildungskraft  hatten  ihm 
durchaus  nicht  die  Farben  zu  dem  Bilde  der  Landschaft,  die  jetzt 
vor  uns  lag.  geliefert.  Die  Spötteleien,  die  sich  andere  Reisende 
über  das  Erzeugniss  seiner  glühenden  Phantasie  erlaubt  hatten,  waren 
lediglich  ihrem  eigenen  Mangel  an  Kenntniss  —  und  an  Milde  ent- 
sprungen. Der  Name  der  Oase,  gegen  den  Robinson  und  Andere 
so  starke  Zw^eifel  erhoben ,  lautet  kadis  ^J^^Xi ;  so  hat  ihn  mein 
gescheidter  arabischer  Dragoman  für  mich  arabisch  aufgeschrieben. 
Er  entspricht  dem  hebräischen  Kades. 

Eine  gute  Stunde  währte  unsere  Rast  in  jener  reizenden,  zau- 
berhalten Stille.  Mit  zögernder  Unlust  brachen  wir  auf,  um  unsere 
Forschungen  fortzusetzen.  Als  unser  Dragoman  sein  Kameel  be- 
steigen wollte,  sprang  das  widerspenstige  Thier  auf  und  lief  davon, 
als  ob  die  Azäzime  hinter  ihm  her  wären ,  so  dass  das  Geschirr 
aus  dem  Frühstückskorbe  nach  rechts  und  links  auf  den  Boden  flog. 
Xur  mit  Mühe  wurde  das  Kameel  wieder  eingefangen,  und  der  gut- 
müthige  Dragoman  tröstete  sich  über  seine  zerbrochenen  Teller  mit 
dem  Gedanken ,  in  welches  Erstaunen  sie  die  benachbarten  Azä- 
zime versetzen  würden. 

Um  drei  Uhr  zogen  wir  westwärts  in  das  offene  Thal  hinab, 
das  wir  gekommen  waren.  Unser  Ziel  war  Ain  el-Kaderät,  der 
Brunnen,  den  Rowlaxds  für  Ain  Kadis  gehalten  haben  soll.  Nach 
20  Minuten  bogen  wir  rechts  ab  und  hielten  uns  nordwestlich. 
Diese  Richtung  hatten  wir  40  Minuten  beibehalten,  als  wir  uns 
scharf  nach  Norden  wandten,  einen  Berg  hinan,  der  uns  gegen- 
über lag. 

Es  war  vier  Uhr  nachmittags.  Kaum  hatten  wir  zu  steigen 
begonnen,  als  das  scharfe  Auge  Audes  in  der  Ferne  eine  Kara- 
wane entdeckte,  die  über  den  hohen  Pass  vor  uns  sich  bewegte. 
'>Dschemel'<  Kameele),  »Azäzime!«  Diese  "Worte  wanderten  rasch 
von  Mund  zu  Mund,  und  all'  die  Befürchtungen  Hamd's  und  seiner 
Begleiter  kehrten  in  voller  Stärke  zurück.  Als  ich  zur  Höhe  hin- 
aufsah, konnte  ich  nichts  Lebendiges  erblicken  und  dachte,  es  läge 
ein    Irrthum    vor.      Aber    nein!      Aude's   Augen    hatten     ihn     nicht 


II.  Clav  TrumbuU's  Kadesh  Barnea.  2<(1 

getäuscht.  Wir  erkannten  bald  alle,  dass  sich  uns  ein  Zu^  von 
Kameelen,  viel  grösser  als  der  unsrige,  nilherte,  obgleich  die  Ka- 
meele  noch  nicht  grösser  erschienen  als  Doggen,  und  ich  sie  nach 
dem  ersten  Eindrucke  nur  für  Ziegen  halten  konnte. 

Unsere  Araber  machten  bange  Gesichter.  Sie  baten  uns.  an- 
gesichts des  Zusammentreffens  doch  enge  Fühlung  zu  halten.  An 
aufmunternden  Worten  Hessen  wir  es  nicht  fehlen,  zumal  wir  nicht 
alle  Befürchtungen  unserer  Escorte  theilen  konnten.  Allmählich 
näherten  sich  die  beiden  Züge  einander.  Der  uns  entgegenkom- 
mende zählte  15  Kameele,  darunter  zwei  junge,  und  eine  gleiche 
Anzahl  Ziegen,  acht  Azäzime-Männer,  also  gerade  so  viel  als  wir, 
und  ungefähr  ebensoviel  Frauen  und  Kinder.  Aber  einige  der 
Männer  waren  alt ,  und  die  Gesellschaft  war  im  ganzen  mehr 
beladen  als  unsere  und  hatte  mehr  zu  verlieren.  Die  Männer  hat- 
ten offenbar  keine  Lust ,  einen  Streit  hervorzurufen ;  anscheinend 
fürchteten  sie  sich  mehr  vor  unsern  Arabern,  als  diese  vor  ihnen, 
wenn  das  überhaupt  möglich  war.  Kein  Blut  wurde  vergossen, 
kein  Schlag  geführt,  kein  Raub  begangen.  Die  Azäzime  und  Ti- 
jäha  hielten  ihren  Athem  an,  als  sie  aneinander  vorüberzogen.  Offen- 
bar waren  beide  Theile  sehr  erleichtert,  als  sie  einander  unversehrt 
aus  den  Augen  verloren. 

Der  hohe  Gebirgspass  vor  uns  wurde  Xakb  Häwi  genannt :  es 
ist  anscheinend  derselbe  Name,  der  dem  wohlbekannten  Passe  west- 
lich von  der  Ebene  er-E,älia  vor  dem  Sinai  eignet  ^  .  Wir  stiegen 
den  directen  Weg  aus  dem  Wädi  Kadis  nach  Norden  hinan  und 
widerlegten  so  thatsächlieh  den  Einwand,  den  namentlich  Robinson 
gegen  die  Identifikation  dieser  Stätte  mit  Kades  Barnea  erhoben  hat, 
dass  man  von  dort  keinen  Berg  hinansteigen  müsse,  um  nach  Hebron 
zu  gelangen.  Wir  fanden  vielmehr  das  Terrain  in  bester  t'berein- 
stimmung  mit  den  Angaben  des  A.  T.  Num.  13,  17.  21.  22.  14, 
40.  44.  Es  ist  dort  vielleicht  derselbe  Gebirgsweg  gemeint,  den 
wir  jetzt  aus  dem  Wädi  Kadis  hinaufzogen. 

Fast  eine  Stunde  lang  dauerte  das  Steigen.  Als  wir  den  Xakb 
passirt  hatten,  kamen  wir  an  einen  sanft  abfallenden  Abhang,  den 
'Aude  Wadi  Umm  "^ Aschin  nannte.  Auf  dem  Felsen  neben  der 
Strasse  fanden  sich  zahlreiche  Inschriften,  deren  Buchstaben  jenen 
im  Wadi  el-Mukatteb  in  der  Nähe  des  Dschebel  Serbäl  ähnlich 
w'aren^'. 

Viele  Anzeichen,  wie  Steinmauern  und  Reste  von  primitiven 
Gebäuden  lehrten ,  dass  die  Gegend  einst  bewohnt  war,  und  die 
Kameelspuren  zeigten  deutlich,   dass  diese  alte  Strasse,  »der  Weg  der 

1)  Dieser  heisst  genau :  Nakb  el-Hawä.  Gutiie. 

2  Vgl.  über  diese  Inschriften  Lew  in  ZDMG.  XIV  1861  363  ff.  NÖL- 
DEKE  abend.  XVII  :lS(i3  703  ff.  XIX,  H3T  ff.  'riUMnVLL  fasst  sie  ak  Beweis 
von  "Wallfahrten  auf  und  bringt  das  Grab  der  Mirjam  (Num.  20.  1  mit  ihnen 
in  Verbindung:.  Gc'THE. 


'ö 


202  Guthe. 

Kundschafter«  Xum.  21,  1  .  auch  heute  noch  regelmässig  benutzt 
wird . 

Um  5  Uhr  15  Min.  stiegen  wir  den  Wädi  '^Ain  el-Kaderät  hinab. 
Dieses  Thal  glich  dem  Wädi  Ferän  mehr  als  irgend  eines,  das  wir 
seit  unseren  Wanderungen  auf  der  eigentlichen  Sinai-Halbinsel  ge- 
sehen hatten,  selbst  in  der  Grösse.  Büsche  und  Bäume  wuchsen 
in  gleicher  Üppigkeit.  Ein  Tarfabaum  hatte  einen  Stamm  von 
vier  engl.)  Fuss  Umfang;  Tauben,  Wachteln  und  Schnepfen  gab 
es  in  grosser  Zahl.  In  das  Hauptthal,  das  von  Westen  nach  Osten 
läuft,  mündeten  mehrere  Seitenthäler  ein,  die  zwischen  den  Hügeln 
im  X.  und  XO.  herabkamen.  Eins  dieser  Thäler  führte  uns  Aude 
hinan,    in  dem  Glauben,    dass    dort  die  Brunnen    zu    finden  seien. 

Allerdings  schien  es  so,  als  ob  in  diesem  Seiten thale  Brunnen 
sein  müssten ;  denn  die  Vegetation  war  dort  reich  und  kräftig;  aber 
wir  suchten  sie  bis  ans  Ende  des  Thaies  vergeblich.  "^Aude  Avar 
offenbar  sehr  enttäuscht ;  es  verwirrte  und  erregte  ihn,  dass  sein 
Gedächtniss  ihn  im  Stiche  gelassen  hatte.  Er  war  der  Einzige  von 
uns,  der  je  diese  Gegend  gesehen  hatte,  aber  vor  vielen  Jahren! 
Die  jungen  Schechs  und  alle  Übrigen  hatten  sich  vollständig  auf 
seine  Führung  verlassen.  Als  er  offen  eingestand,  den  Weg  ver- 
loren zu  haben,  gerieth  die  Gesellschaft  wieder  in  Schrecken.  Ich 
konnte  bei  dieser  Gelegenheit  die  Beobachtung  machen ,  mit  wie 
geringem  Hecht  die  Beduinen  als  kaltblütige  und  kecke  Wüstenrei- 
sende angesehen  werden.  Lady  Anne  Blunt  sagt  ^)  sehr  richtig  von 
ihnen:  »Ihre  Fähigkeit,  den  Weg  durch  die  Wüste  zu  finden,  ist 
stark  übertrieben  worden :  die  Beduinen  kennen  natürlich  ihren 
eigenen,  oft  sehr  grossen  District  sehr  gut;  aber  sobald  sie  ihn  ver- 
lassen,  sind  sie  fast  hülflos«. 

Unsere  Situation  war  in  der  That  wenig  tröstlich,  selbst  nicht 
für  einen  Mann  von  ruhigem  Blute  und  starken  Xerven.  Die  Xacht 
nahte  mit  raschen  Schritten.  AVir  waren  in  einem  feindlichen  Lande 
und  wussten  uns  nicht  hinauszufinden.  Wir  hatten  keine  Lebens- 
mittel und  kein  Wasser.  Unsere  Escorte  und  unser  Führer  waren 
von  Schrecken  gelähmt,  unser  Dragoman  in  Verzweiflung.  Da  that 
Muth  Xoth  und  von  unserer  Seite  noch  Mühe,  Muth  einzuflössen. 
Meine  alten  Kriegserfahrungen  kamen  mir  jetzt  zu  gute.  Auch  ge- 
dachten wir  an  das  40tägige  Fasten  des  Dr.  Tanner,  der  kurz  vor 
meinem  Abschiede  von  der  Heimath  so  glücklich  sein  Vorhaben  zu 
Ende  geführt  hatte.  Wir  schöpften  Muth  aus  der  Erinnerung  an 
seine  Ausdauer  und  sagten  den  Arabern  in  entschlossenem  Tone  auf- 
munternde Worte.  Ich  gab  den  Rath ,  wir  möchten  übernachten, 
wo  wir  wären,  wenn  Aude  den  Weg  nicht  weiter  kenne,  anstatt 
blindlings  in  der  Dunkelheit  umherzutappen :  dann  hätten  wir  am 
Morgen  den  vollen  Tag  vor  uns,  um  den  Weg  in  das  offene  Land 
mit  seinen  bekannten  Merkzeichen  zu  finden.     Oder  wenn  sich    Aude 

1)  Bedouin  tribes  of  the  Euphrates  ^New  York  1S79)  389. 


H.  Clav  Trumlnill'a  Kadcsh  Barnea.  203 

vor  dem  Verlöschen  des  Tageslichtes  noch  nach  einigen  bekannten  Zügen 
der  Gegend  umsehen  wolle,  so  würden  wir  ihm  hoffnungsvoll  folgen, 
bis  die  völlige  Dunkelheit  eintrete.  Da  er  sich  für  das  letztere  ent- 
schied, so  zogen  wir  in  westlicher  Richtung  weiter.  In  einer  halben 
Stunde  waren  wir  in  einem  andern  Seitcnthal,  das  von  X.  herab- 
kam, sich  aber  bald  nach  Nordosten  wandte.  Da  versicherte  uns 
ein  Freudenruf    Aude's,    dass  er  den  Weg  wieder  gefunden  habe. 

Dort,  wo  wir  dieses  Seitenthal  betreten  hatten,  waren  uns  auf 
einer  Hügelspitze  zu  unserer  Rechten  die  Reste  eines  massiven  Stein- 
baues aufgefallen,  der  allen  andern  Ruinen,  die  wir  während  un- 
serer Reise  gesehen  hatten,  ganz  ungleich  war.  Die  rohen  Stein- 
haufen und  Kreise,  denen  wir  überall  im  Laufe  des  Tages  begegnet 
waren,  fehlten  auch  hier  nicht;,  aber  sie  waren  ungleich  roher  als 
dieses  Bauwerk,  das  aus  ungeheuren,  sorgfältig  behauenen  Stein- 
blöcken bestand,  die  gleichmässig  und  zwar  doppelt  gelegt  waren, 
so  dass  die  zweite  Schicht  unmittelbar  innerhalb  der  ersten  sich  be- 
fand. Der  Bau  v.ar  rechtwinklig,  mass  ungefähr  70  zu  75  'engl.) 
Fuss  und  umschloss  einen  offenen  Hof.  Seine  doppelten  Wände 
erheben  sich  ungefähr  sechs  Fuss  über  den  Boden. 

Sowohl  hier  als  auch  in  dem  ersten  Seitenthale  und  in  dem 
Landstriche ,  der  zwischen  beiden  liegt ,  fanden  wir  genug  solche 
Reste,  die  mit  der  hebräischen  Bezeichnung  liin,  pisn  (Umzäu- 
nung, Gehege)  in  Verbindung  gebracht  werden  können  ^) .  Die  Xo- 
maden ,  die  sie  gebaut  haben ,  wollten  damit  einen  Schutz  für  ihr 
Lager  herstellen.  Dtr.  2,  23  erzählt  von  den  Avim,  dass  sie  in 
solchen  «Ringen«  bis  nach  Gaza  hin  gewohnt  hätten.  Sie  könnten 
in  dieser  Gegend  eine  wichtige  Landmarke  sein,  wenn  dieselben 
Zustände,  die  ihre  Anlage  nöthig  machten,  wiederkehren  und  ihre 
Erneuerung  fordern  würden. 

Die  Zeichen  der  Fruchtbarkeit  waren  in  diesem  Seitenthal  viel 
grösser  als  in  dem  Hauptthale.  Gras,  Büsche  und  Bäume  standen 
in  kräftigem  Wüchse,  der  mit  jedem  Schritte,  den  wir  vorwärts 
drangen,  üppiger  wurde.  Eine  dornenlose  Akazie,  Sejäl  von  den 
Arabern  genannt,  übertraf  an  Umfang  jeden  derartigen  Baum,  den 
wir  gesehen  hatten.  Er  hatte  einen  doppelten  Stamm ;  der  eine 
mq,ss  sechs  (engl.)  Fuss  im  Umfang,  der  andere  ^^j^-  Seine  Zweige 
beschatteten  einen  Umkreis  von  fast  250  Fuss,  wie  wir  durch  Ab- 
schreiten feststellten.  Bald  hörten  wir  das  Geräusch  fiiessenden 
und  rauschenden  Wassers.  Zwischen  den  Hügeln  zeigte  sich  zu 
unsern  Füssen  ein  Fluss,  15  bis  20  Ellen  breit,  dessen  Wasser  von 
Schilf  und  Kalmus  umsäumt  wurde.  Wir  zogen  an  seinem  süd- 
lichen Ufer  in  östlicher  Richtung.  Von  dem  murmelnden  Tone  des 
schnellen  Flusses  konnten  wir  das  Rauschen  eines  Wasserfalls  immer 
bestimmter  unterscheiden.  Je  näher  wir  der  Quelle  kamen,  desto 
enger  und  steiler  wurden  die  Ufer  des  Flusses.     Wir  suchten  unsern 

i;  Vgl.  Palmer  a.  a.  O.  247 f.  266.     Gltiie. 


20  1  Guthe, 

"Weg  aufwärts  durch  dichtes  Gebüsch,  bis  wir  endlich  das  hohe 
Ufer  des  Quellbeckens  selbst  erreichten.  Dort  sahen  wir  12  bis 
14  (engl.)  Fuss  unter  uns  einen  Teich,  in  den  sich  ein  starker 
Strom,  von  dem  östlichen  Bergabhang  sieben  oder  acht  Fuss  hin- 
ablallend, ergoss.  Der  Bergabhang  war  mit  Grün  bedeckt.  Der 
Strom  schien  plötzlich  daraus  hervorzukommen,  fünf  bis  sechs  Fuss 
unter  unserm  Standpunkte.  Die  dichte  Vegetation  liess  uns  nicht 
erkennen,  ob  der  Fluss  direct  aus  einer  Öffnung  des  Berges  ent- 
sprang oder  durch  einen  verdeckten  Kanal  von  weiter  östlich  lie- 
genden Quellen  herkam;  doch  anscheinend  war  das  erstere  der  Fall. 
Wogender  Kalmus,  vier  bis  fünf  Fuss  hoch,  stand  am  Ufer  des 
Teiches,   wie  auch  an  dem  Fluss  unterhalb  desselben. 

Unser  Dragoman  verglich  die  Quelle  enthusiastisch  mit  der  von 
Bänijäs  am  Ursprung  des  Jordan.  Es  war  in  der  That  eine  pracht- 
volle Quelle  an  der  Grenze  der  Wüste.  Ihr  Name  *^Ain  el-Kaderät 
(öLaus    [sie!])   »Quelle  der  Allmacht«   oder  »Quelle  der  Macht  Gottes« 

erscheint  nicht  unpassend  angesichts  der  Gewalt  ^  mit  der  sie  so 
plötzlich  hervorbricht,  wie  auf  das  Wort  dessen,  der  »das  Trockene 
wiederum  wasserreich  macht  und  im  dürren  Lande  Wasserquellen« 
(Ps.  107,  35).  Kein  Wunder,  dass  diese  Quelle  ein  wichtiger 
Punkt  in  der  Grenze  des  Landes  war,  welches  Gott  seinem  Volke 
gelobt  hatte  als  ein  »Land,  darinnen  Bäche  und  Brunnen  und  Seen 
sind,  die  an  den  Bergen  und  in  den  Auen  fliessen«  ;Deutr,  S,  7  . 
Rein  als  Quelle  betrachtet  war  Ain  el-Kaderät  bedeutender  als  Ain 
Kadis,  obgleich  das  von  der  letzteren  bewässerte  und  durch  Hügel 
eingeschlossene  Thal  sich  durch  seine  Weite  auszeichnete  und  zu 
einer  geschützten  Lagerstätte  vorzüglich  geeignet  war.  Vielleicht 
wäre  noch  zu  erwähnen,  dass  wir  die  Dattelpalmen,  von  denen 
Seetzen  erzählt,  nicht  gesehen  haben.  Sie  können  jedoch  an  einer 
andern  Stelle  gestanden  haben  oder  inzwischen  bereits  verschwun- 
den sein. 

Mit  besonderer  Befriedigung  betrachteten  wir  dieses  bedeutende 
Wasserbecken,  das  kein  Reisender  der  neueren  Zeit  besucht  hat. 
Seexzen  und  Robinson,  Roavlands,  Bonak,  Palmek  und  Andere 
haben  von  ihm  gehört  und  danach  berichtet ;  aber  keiner  von  ihnen 
konnte  sich  rühmen,  die  Quelle  selbst  gesehen  zu  haben.  Ja  BaEt- 
lett  war  zuletzt  zu  dem  Schluss  gekommen,  dass  Wädi  el- Ain, 
das  Quellthal,  ein  Thal  ohne  Quelle  sei.  Diesen  Punkt  nun  vor 
unseren  Augen  zu  haben,  entschädigte  uns  vollkommen  für  alle  Ge- 
fahr und  Mühe ,  die  wir  auf  dem  Wege  dahin  zu  ertragen  gehabt 
hatten.  Wir  wünschten  uns  gegenseitig  Glück  und  Muliammed  Ah- 
med erhielt  aufs  neue  das  Versprechen,  dass  er  in  das  Buch  kom- 
men solle  —  »Seiden-Bazar  S«  u.  s.  w. 

Aber  ehe  wir  unsere  Neugierde  völlig  befriedigt  und  die  Quelle 
mit  ilirer  Umgebung  betrachtet  hatten ,  überfiel  uns  plötzlich  die 
mondlose  Nacht :    denn    in    der  Wüste   giebt  es  keine  Dämmerung. 


H.  Clay  TrumbuU's  Kadesh  Barnca.  205 

Unsere  Kameele  waren  an  der  Mündung  des  Seitenthaies  gelassen, 
zu  ihnen  mussten  wir  zurück.  Es  war  nicht  leicht,  durch  den 
grossen  Kalmus,  durch  das  dichte  und  dornige  Gebüsch  den  Weg 
über  den  rauhen  I5oden  zu  bahnen.  Natürlich  war  die  Dunkelheit 
bei  dem  grünen  Boden  unter  uns  viel  grösser  als  in  der  Wüste, 
wo  die  Kalkfläche  eine  sternenklare  Nacht  verhältnissmässig  hell 
macht.  AVir  stolperten  alle  mehr  oder  weniger,  und  der  Dragoman 
fiel  so  schlimm,  dass  wir  schon  fürchteten,  dort  mit  ihm  über 
Nacht  bleiben  zu  müssen.  Die  Araber  wurden  wieder  unruhig  und 
ängstlich.  Den  lauten  Schrei  einer  Eule  hielt  einer  für  den  Schall 
einer  menschlichen  Stimme:  der  seltsame  Schrei  vermehrte  die  Un- 
heimlicheit  des   Ortes  und  der  Stunde. 

Mit  einem  gewissen  Gefühl  der  Erleichterung  begrüssten  wir 
daher  unsere  Kameele  und  schwankten  auf  ihrem  Höcker  nach  ge- 
wohnter Weise  wieder  vor-  und  rückwärts.  Aber  die  nächsten  paar 
Stunden  wurden  für  uns  alle  recht  mühevoll  und  bange.  Um  7  Uhr 
kehrten  wir  Ain  el-Kaderät  den  Rücken.  Unser  Tag  hatte  schon 
14  Stunden  gedauert,  beinahe  12  Stunden  waren  seit  dem  Verlas- 
sen unsers  Lagers  vergangen,  und  die  nervöse  Anspannung  seit  dem 
Aufbruche  war  sehr  gross  gewesen.  Die  Nacht  war  ebenso  kalt 
wie  dunkel.  Unsere  Bewegungen  mussten  mindestens  langsam  und 
unsicher  sein.  Aude  kannte  im  grossen  und  ganzen  die  Richtung 
nach  der  Karawanenstrasse,  auf  der  unser  Kameelzug  sich  bewegt 
hatte ;  da  wir  aber  nicht  gerade  wussten ,  wo  der  Zug  zur  Nacht 
blieb ,  so  war  es  keineswegs  eine  leichte  Aufgabe ,  im  Dunkeln 
zwischen  den  Hügeln  hindurch  und  über  die  Thäler  hinweg  mit 
einiger  Sicherheit  die  Richtung  innezuhalten.  Wir  mussten  wider- 
holt im  Zick-Zack  gehen ,  um  manche  der  trennenden  Schluchten 
zu  kreuzen,  und  verloren  mehr  als  einmal  die  Fährte.  Als  wir 
in  der  Dunkelheit  jener  beirrenden  Nacht  den  engen  und  schlecht 
erkennbaren  Pfad  an  einem  rauhen  Abhänge  entlang  stolperten  mit 
der  beständigen  Gefahr,  rechts  oder  links  auf  unbemerkte  Hinder- 
nisse zu  stossen,  fanden  wir  in  dem  Gebete  des  orientalischen  l'sal- 
misten  eine  neue  Bedeutung :  » Erhalte  meinen  Gang  auf  deinen 
Fussteigen,    dass  meine  Tritte  nicht  gleiten«  (Ps.  17,    5). 

Wie  spähten  wir  in  der  Dunkelheit  nach  einem  Zeichen  des 
ersehnten  Lagers!  Einmal  erblickten  wir  den  Schein  der  weissen 
Zelte  gerade  vor  uns,  freudig  eilten  wir  auf  sie  zu,  aber  plötzlich 
verwandelten  sie  sich  in  einen  Kalkfelsen.  Ihr  Verschwinden  machte 
die  Nacht  dunkler  und  den  Weg  rauher  als  je,  bis  in  einem  plötz- 
lich am  fernen  Horizonte  aufblitzenden  Lichte  eine  neue  Hoffnung 
vor  uns  auftauchte.  Aber  nach  einem  Augenblick  war  auch  der 
Schein  schon  vorüber  !  Jetzt  wieder  ein  Leuchten  in  derselben  Rich- 
tung 1  Und  als  wir  mit  unsern  Augen  das  Dunkel  zu  durchbohren 
suchten,  entdeckten  wir  ein  kleines,  aber  stetiges  Licht.  Das  Lager 
war  gerade  vor  uns.  Unser  treuer  Wärter  Muhammed  hatte  nach 
der  Seite,    von  welcher  er  uns  erwartete,    eine  Laterne  ausgehängt 


206  Guthe, 


und  dann  und  wann  Pulver  abgebrannt  in  der  Hoffnung,  dass  unser 
Auge    dadurch    gefesselt    würde.      Er    war    ebenso    erleichtert    durch 


'O"-  '.»".Vm.V.ll  QV 


unsere  jauchzende  Antwort  auf  seine  Signale ,  als  wir  durch  den 
Anblick  seines  Leuchtfeuers ;  denn  er  war  um  uns  fast  besorgter 
gewesen  als  wir  selbst,  da  seine  Einbildimgskraft  sich  unsere  Ge- 
fahren grösser  und  anhaltender  gedacht  hatte,  als  wir  sie  wirklich 
erlebt  hatten. 

Noch  nie  war  uns  ein  Lager  in  der  Wüste  so  willkommen  ge- 
wesen .  als  unseres  im  "NVädi  es-Seräm ,  wo  wir  jenen  Abend  um 
10  Uhr  nach  unserem  langen  und  aufreibenden  Tage  eintrafen.  Dort 
gab  es  in  echt  orientalischer  "Weise  frohe  Gesichter  und  Glück- 
wünsche von  allen  Seiten.  Wir  fanden  sicherlich  ein  viel  herzliche- 
res Willkommen  bei  unserer  Rückkehr  von  der  Erforschung  Kades'. 
als  es  den  alten  Kundschaftern  bei  ihrer  Rückkehr  aus  Kanaan  zu 
Theil  wurde. 

Zwei  der  drei  Brunnen,  über  welche  man  so  lange  gestritten, 
hatte  ich  nun  besucht.  Da  der  dritte,  Ain  el-Kaseme,  schon  oft 
untersucht  und  beschrieben  war,  so  mochte  es  unnütz  scheinen, 
wenn  aiich  ich  mich  nach  ihm  umsah.  Doch  da  die  Frage,  ob  zwei 
oder  drei  Brunnen,  lange  eine  offene  gewesen,  so  hielt  ich  es  für 
wünschenswerth,  diesen  Punkt  endgültig  dadurch  zu  erledigen,  das> 
ich  selbst  auch  den  dritten  besuchte.  Dazu  bestimmte  ich  den  fol- 
genden Morgen,   Donnerstag,    31.  März. 

Wadi  Kaserne  lag  bereits  hinter  uns ;  denn  unsere  Lastthiere 
hatten  den  Eingang  dieses  Thaies  auf  dem  Wege  nach  Wädi  es- 
Seräm  passirt,  während  wir  Ain  Kadis  suchten.  Es  wurde  dess- 
halb  beschlossen ,  dass  das  Gepäck  noch  einmal  langsam  voraus- 
ziehen solle,  während  wir,  die  gestrige  Gesellschaft,  nach  Kaserne 
umkehrten.  Nach  einem  frühen  Frühstück  machten  wir  uns  aul 
den  Weg  nach  Süden  und  schlugen  einen  Weg  etwas  östlich  von 
jenem  ein,  den  unser  Gepäck  auf  dem  Wege  nach  Norden  zog.  Im 
Wädi  Sabh  bemerkten  wir  an  den  Abhängen  nicht  nur  jene  Über- 
bleibsel eines  Urvolkes,  Steinhaufen  und  Wohnungen,  wie  wir  sie 
schon  mehrmals  erwähnt  haben,  sondern  auch  unzählige  gutgemachte 
Haufen  von  Steinen ,  die  mit  der  äussersten  Regelmässigkeit  am 
Rande  der  Felsenklippen  lagern  und  immer  gegen  Osten  liegen. 
»Als  Gräber  sind  sie  zu  klein«,  sagt  Palmer  ^)  »und  zu  weit  von  ein- 
ander getrennt,  um  als  Wälle  gedient  zu  haben.  Was  können  sie 
also  sein?  Ich  vermuthe,  sie  stehen  in  irgend  einem  Zusammenhang 
mit  dem  Baaldienst ;  die  Altäre  des  Sonnengottes  waren,  wie  diese 
hier,  an  erhöhten  Stellen  und,  natürlich  wie  diese,  nach  Osten  ge- 
wandt«. 

In  fast  zwei  Stunden  kamen  wir  nach  AVädi  Kaserne  mit  sei- 
nen bekannten  Brunnen.  Robinson  2]  nennt  diese  Brunnen  »mehrere 
Gruben    mit   bläulichem ,    salzigem  Wasser ;    sie  waren  einige  Fus8 

I)  Palmer  a.  a.  0.  274.     G.  2)  Palästina  I,  314.    G. 


H.  Clay  Truml)uU's  Kadesh  Barnea.  0(17 

tief  in  ein  Bett  von  blauem  Thon  gegraben  und  mit  einer  Fülle  dicker 
Binsen  und  einer  üppigen  Vegetation  umgeben«.  Palmku ')  sagt: 
j)Es  sind  keine  tiefen  Brunnen  oder  eigentlichen  (Quellen,  sondern 
ein  paar  themäil,  d.  i.  seichte  Lachen;  ihre  Lage  ist  durch  ein 
düster  aussehendes  Schilfdickicht  kenntlich«.  Bautlext.  der  diese 
Brunnen  für  Ain  Kadis  hielt,  beschreibt  sie  ausführlicher  und  en- 
thusiastischer ;  doch  widerspricht  sein  Bericht  den  Thatsachen  nicht, 
obwohl  er  die  Bedeutung  dieser  Tränkstätte  zu  hoch  anschlägt.  Kr 
fand  in  diesem  Thale  «den  grössten  Wasservorrath  zwischen  Karat 
en-Nachl  und  Bersaba«.  Er  erwähnt  erstens  »drei  Gruben  in  dem 
sandigen  Boden,  jede  etwa  von  sieben  (engl.)  Fuss  im  Durchmesser, 
welche  bis  zur  Tiefe  von  zwei  Fuss  Wasser  enthalten.  Rings  um  diese 
finden  sich  kleine  Löcher ,  etwa  zwei  Fuss  im  Durchmesser ,  die 
auch  Wasser  haben.  Einige  Ruthen  östlich  hinter  einem  mit  Schilf 
und  Binsen  verwachsenen  Sumpf  sind  mehrere  kleine  Lachen  mit 
stehendem  Wasser  zu  überschreiten.  An  diesem  Punkte  springt 
nach  rechts  von  der  südlichen  Thalwand  ein  felsiger  Ausläufer  nach 
Nordwesten  vor,  aus  dem  Wasser  in  massiger  Menge  kommt  und 
über  eine  Reihe  von  stufenartigen  Absätzen  in  das  Thal  hinabfliesst. 
Jenseits  des  sumpfigen  Grundes  dehnt  sich  eine  etwas  höhere  Fläche 
sandigen  Bodens  aus ,  in  dem  ich  ziemlich  weit  voneinander  neun 
grössere  und  zwei  kleinere  Gruben  ofi'en  fand.  In  den  meisten 
war  das  Wasser  durch  Kameele  getrübt  worden:  jedoch  überall,  wo 
der  Grund  fest  und  rein  war,  war  auch  das  Wasser  rein  und  klar. 
Ohne  Frage  hätte  man  auch  an  anderen  Stellen  des  Sandbodens 
mit  Erfolg  nach  Wasser  graben  können«. 

Diese  Beschreibung  Bartlett's  kann  ich  vollkommen  bestä- 
tigen. Ich  hatte  ja  ihren  Werth  schon  vorher  erprobt,  da  meine 
aus  ihr  entnommene  Schilderung  dieses  Ortes  die  Araber  glauben 
gemacht  hatte,  dass  ich  ihr  Land  besser  kenne  als  sie. 

Wenn  nun  auch  diese  Wassergruben  lange  nicht  die  Wich- 
tigkeit der  beiden  anderen  Quellen  haben,  so  scheinen  sie  mir  doch 
für  die  Grenze  des  alten  Israel  von  Bedeutung  gewesen  zu  sein. 
Denn  Kaseme  wird  dem  Azmon  an  der  alten  Südgrenze  des  Landes 
der  Verheissung  entsprechen.  Die  Targume  geben  nämlich  Azmon 
Num.  34,  4  f.  mit  Kesäm  oder  Kesäm  wieder  (DOp,  DCj?) .  Karkaa 
(Jos.  15,  3),  das  zwischen  Adar  und  Azmon  erwähnt  wird,  ist  in 
dem  weiten  Wasserbecken  wieder  zu  erkennen,  das  nach  Bartlett 
noch  eine  (engl.)  Meile  über  die  Wassergruben  von  Kaseme  hinaus- 
geht, auf  allen  Seiten  von  zusammenhängenden  Hügelreihen  um- 
schlossen ist  und  im  Osten  an  einer  noch  höheren,  von  Norden 
nach  Süden  laufenden  Bergkette  endigt.  Er  fügt  hinzu,  dass  »die 
nördlich  begrenzenden  Höhen  am  östlichen  Ende  des  Thaies  jedoch 
aufhören  und  somit  eine  Verbindung  mit  dem  Wädi  el-  Ain  offen 
lassen«. 

1)  A.  n.  O.  275.     G. 


20S  Guthe, 

Von  diesem  t'bergang  des  "Wädi  Kaserne  an  seinem  östlichen 
oder  nordöstlichen  Ende  in  den  "Wädi  'Ain  el-Kaderät  sagten  mir 
ebenfalls  meine  Araber.  Er  passt  sehr  gut  zu  der  Beschreibung 
der  Südgrenze  Judäas .  die  von  Kades  Barnea  nach  Hezron  führte 
und  weiter  nach  Adar  =  Kaderät,  dann  von  Kaderät  einen  Umweg 
durch  den  Einschnitt  in  der  Bergwand  nach  Karkaa  machte  und 
nach  Azmon  oder  Kaserne  ging.  Über  den  Bach  Egyptens,  den  Wadi 
el- Arisch,  wandte  sie  sich  zum  mittelländischen  Meere. 

Ferner  muss  beachtet  werden,  dass  die  Araber  Palmek  in  die- 
sem Thale  Ruinen  zeigten,  welche  nach  ihrer  Aussage  «die  Grenzen 
des  Besitzes  der  alten  Christen«  seien,  wie  die  Beduinen  die  alten 
Einwohner  ihres  Landes  nennen.  Als  ich  meinen  Dragoman  um 
die  Bedeutung  von  »Kaseme«  fragte ,  war  seine  Antwort :  )AVenn 
ein  Mann  seinen  ganzen  Besitz  an  seine  Söhne  vertheilt ,  so  giebt 
er  allen  einen  gleichen  Antheil.  Das  bedeutet  Kaseme«.  Dieses 
Thal  bietet  offenbar  eine  natürliche  Grenzlinie  für  jede  Vertheilung 
des  zu  beiden  Seiten  liegenden  Landes. 

Da  ich  nach  Kaseme  nicht  direct  von  Kaderät  gekommen  war, 
konnte  ich  über  die  Lage  des  einen  Ortes  zum  andern  nicht  sicher 
sein.  Ich  glaubte  damals,  Kaderät  liege  weiter  nördlich  als  Kaseme, 
und  berichtete  danach  auch  in  der  ersten  Meldung  meiner  Reise. 
Aber  ein  längeres  Studium  von  Karten  und  Reisebüchern  und  die 
Erinnerung  an  meinen  eigenen  Weg  führte  zu  der  Überzeugung, 
dass  Ain  el-Kaderät  östlich  oder  vielleicht  etwas  südöstlich  von 
Ain  Kaseme  liegen  muss ,  wie  aus  der  biblischen  Erzählung  zu 
schliessen  ist.  Aude  war  sicher,  dass  weder  von  "Wadi  Kaseme 
noch  von  Wadi  Kaderät  ein  Ausgang  nach  dem  Wadi  Kadis  exi- 
stire . 


Hier  schliesst  der  Bericht  Trumbull' s  über  die  drei  "Wasser- 
orte ab.  Die  Karawane  wandte  sich  von  "^Ain  el-Kaseme  nach 
N.,  jedoch  nicht  auf  dem  gewöhnlichen  Wege,  sondern  "^Aude 
führte  sie  auf  einem  nordwestlichen  Umwege  durch  ein  mit  wo- 
genden Kornfeldern  bedecktes  Thal  mit  Namen  Wädi  «Rahha- 
beh«  oder  »Eayhobeh«,  lediglich  in  der  Absicht,  um  ein  ihm  ge- 
hörendes Gerstenfeld  bei  dieser  Gelegenheit  zu  besichtigen.  Der 
übrige  Theil  des  Weges  ist  bekannt  und  kann  daher  hier  über- 
gangen werden.  Nur  einer  neuen  Lüge  'Aude's,  die  Trumbull 
erzählt,  möge  hier  noch  gedacht  werden.  Als  die  Karawane  an 
el- Audsche  herankam,  fragte  Trumbull,  wie  weit  der  Weg  nach 
dem  Wädi  Birein  sei.  'Aude  erwiderte,  er  habe  niemals  von 
diesem  Orte  gehört.  Trumbull  fragte  wiederholt,  er  erhielt  stets 
dieselbe  natürlich   und    ungekünstelt  gegebene   Antwort.     Der 


H.  Clay  Trumbull's  Kaclesh  Harnea.  OOO 

Dragoman  fragte  jeden  Araber  derKeihe  nach,  aber  der  eine  war 
so  dumm  "vvie  der  andere.    Trumbull  war  überzeugt,    dass   die 
Leute  wieder  logen,  wie  am  Dienstag  Abend,   wiewohl  der  Dra- 
goman es  für  unglaublich  hielt.    Am  Abend  endlich  klärte  sich 
die  Sache  auf.    Die  Araber  erzählten  mit  triumphirender  Miene 
demDragoman,   dass  sie  Wadi  Birein  sehr  wohl  kannten,  aber 
gefürchtet  hätten,  dass  Trumbull  auch  diesen  Ort  noch  besuchen 
wolle.    Da  sie  an  dem  einen  Abstecher  genug  gehabt  hätten,  so 
hätte  'Aude  sie  angewiesen,  Unwissenheit  zu  heuclieln.  ISie  freu- 
ten sich,  dieses  Mal  ihre  Kolle  glücklich  durchgeführt  zu  haben. 
Indem  ich  mich  nun  dazu  wende,  die  von  Trumbull  vorge- 
tragenen Ergebnisse  und  Vorschläge  zu  besprechen,    muss  ich 
die  allgemeine  Bemerkung  vorausschicken,  dass  Trumbull  s  Be- 
nutzung der   alttestamentlichen   Berichte    der  jetzigen   wissen- 
schaftlichen Auffassung  derselben  durchaus  widerspricht.    Er  ist 
ganz  und  gar  in  dem  Inspirationsdogma  befangen,   er  hält  den 
Pentateuch  für  ein  Werk  des  Mose,   das  Avährend  der  Wüsten- 
wanderung verfasst  sei  u.  s.  w.    Er  musste  daher  nothwendig  den 
Fehler  begehen,   die  geographischen  Fragen  stets  mit  den  histo- 
rischen zu  vermengen,  da  er  überall  —  wenigstens  vom  Exodus 
an  —  Berichte  eines  Augenzeugen  vor  sich  zu  haben  glaubt  und 
keine  Veranlassung    erkennt,    zwischen    dem  Bericht  über  die 
Sache  und  der  Sache  selbst  zu  scheiden.    Ferner  verhält  er  sich 
den  Ergebnissen  der  Literarkritik  gegenüber  völlig    ablehnend 
und    treibt    die  Kunst  des  Harmonisirens  und  Umdeutens  ^    mit 
grossem  Eifer;  verschiedene,    durch  Anschauung  mid  Alter  von 
einander  getrennte  Quellen  der  Erzählung   im  Pentateuch  bez. 
Hexateuch  giebt  es  für  ihn  nicht. 

Obgleich  nun  dieses  unwissenschaftliche  ^'erfahren  durch- 
i  aus  nicht  geeignet  ist,  Trujvlbull's  Erörterungen  der  Berücksich- 
j  tigung  zu  empfehlen ,  so   zeichnet  sich  seine  Arbeit  durch  zwei 
Eigenschaften    doch    vortheilhaft  aus.     Sie    zeugt   nämlich  von 
I  einer  ausserordentlich  scharfen  Beobachtung  des  bereisten  Lan- 
des irud  lässt  ein  nüchternes,   gegen   die  «Tradition«  und  andere 
Autoritäten    selbständiges  Urtheil  des  V(  rf.    in  geographischen 

1)  So  soll  die  Angabe,  dass  die  "Kinder  Israel  die  Agj-pter  beraubt  haben 
(Excel.  .■},  22.  12,  35  f.  Elohist),  dahin  verstanden  werden,  dass  die  abziehen- 
den Israeliten  nach  orientalischer  Sitte  ein  Bachschisch  von  den  Ägyptern  er- 
beten und  auch  erhalten  haben.  Vgrl.  384  ff. 


2 1 0  Guthe, 

Dillgen  erkennen.  Dadurch  gewinnt  seine  Beweisführung  trotz 
ihrer  Breite  eine  gewisse  Frische  und  vermag  auch  auf  den ,  der 
die  dogmatischen  "N'orstelhmgen  des  Verf.  nicht  theilt,  eine  nicht 
geringe  Anziehung  auszuüben. 

Aus  den  obigen  Gründen  ist  es  mir  aber  unmöglich ,  mich 
im  Folgendem  dem  Gange  seiner  Darstellung  anzuschliessen. 
Ich  werde  vielmehr,  was  mir  werthvoll  erscheint,  hervorheben, 
dasselbe  jedoch  stets  nur  in  dem  Zusammenhang  der  be- 
treffenden Quellschrift  des  Hexateuch  betrachten,  alle 
geschichtlichen  Fragen  (Zeit,  Personen,  Dauer  des  Auszugs  und 
der  Wüstenwandervmg)  völlig  bei  Seite  lassen  und  nur  erwägen, 
welche  geographischen  A'erhältnisse  die  A'erfasser  der  Quellen 
im  Auge  gehabt  haben.  Dabei  wird  sich  Gelegenheit  bieten, 
Trumbull's  Ansichten  mehrfach  zu  berichtigen  oder  weiter  zu 
führen.  Ich  benenne  die  Quellen  des  Hexateuch  nach  J.  Well- 
hausen (Jehowistisches  Buch ,  bestehend  aus  Jahwist  und  Elo- 
hist,  Deuteronomist;  Priestercodex,  abgekürzt:  JE,  J,  E, 
Dst,  PC). 

Der  Jahwist  in  Num.  20,  Ib,  ausserdem  Dtr.  1,  46  und  Jud. 
11.  16  f.  bieten  die  Nachricht,  dass  Israel  lange  Zeit  in  Kades 
gewohnt  habe.  Diese  Angabe  setzt  voraus,  dass  der  Schriftsteller 
oder  die  hier  zu  Wort  kommende  Tradition  diesen  an  der  Süd- 
grenze des  Landes  Kanaan  gelegenen  und  daher  der  Bevölkerung 
wohl  bekannten  Ort  als  geeignet  zu  einem  längeren  Aufenthalt 
für  eine  grössere  Volksmenge  erachtet  hat.  Dazu  gehört,  dass 
der  Ort  einen  genügenden  Wasservorrath  besass ,  dass  er  einen 
geschützten  Lagerplatz  und  grosse  Weideplätze  darbot  und  viel- 
leicht auch,  dass  in  seiner  Nähe  gesäet  und  geerntet  werden 
konnte ;  denn  trotz  des  Manna  Averden  die  Israeliten,  auch  ehe 
sie  im  Lande  der  Amoriter  sesshaft  wurden,  dem  Ackerbau  nicht 
ganz  fremd  gewesen  sein ,  ebensowenig  wie  die  heute  an  den 
Grenzen  des  Kulturlandes  umherziehenden  Nomaden  Syriens. 
Diesen  Erfordernissen  entspricht  die  von  TruiMBUll  beschriebene 
Umgebung  von  'Ain  Kadis  und  'Ain  el-Kaderät,  soviel  wir  jetzt 
wissen,  auf  der  ganzen  Strecke  zwischen  dem  Dreieck  der  Sinai- 
halbinsel und  der  Grenze  des  alten  Kanaan  einzig  und  allein. 
Ferner  lässt  uns  der  Wasserreichthum  von  'Ain  Kadis  erst  ver- 
stehen, mit  welchem  Rechte  die  Erzählung  in  Num.  20  (und 
Exod.     17?)     die    Öffnung     der    Quelle    durch    Mose    hervor- 


H.  Clay  Trumhull's  Kadesh  Baniea.  21  1 

hebt').  Schon  diese  Umstände  sprechen  dafür,  dass  Itow  la.nj)s 
und  Trumbull  s  'Ain  Kadis  wirklich  das  Kades  liarnea  des 
A.  T.  ist. 

Auch  der  Name  begünstigt  diese  Annalinie.  Walirond 
Seetzen  Wadi  el-Kdeis  und  ähnlich  Koavlands  »Kaddase«  oder 
»Kuddäse«.  in  deutscher  Transcription  Kades,  schreiben,  hebt 
Trumbull  die  Aussprache  »Qadees« ,  d.  i.  kaclls  (ohne  Artikel 
hervor.  Vielleicht  kommen  beide  Aussprachen  neben  einander 
vor:  RowLANDS  hörte  den  Namen  von  den  terühln^  Seetzen  wohl 
von  den  heni  ^it'ije,  Trumbull  von  den  üjäha,  ebenso  Palmer, 
der  »Gadis«  schreibt.  Wetzstein 2),  der  den  Artikel  (soSeetzex) 
wohl  mit  Recht  bezweifelt,  erkennt  in  Kdeis,  Kudes  die  Demi- 
nutivform von  Kodes  Jos.  15,  23,  will  aber  hadls  =  Kades  nicht 
gelten  lassen,  da  nach  Analogie  von  hebr.  bas  =  arab.  J^>J|  viel- 
mehr kädls  zu  erwarten  sei.  Diese  Analogie  ist  allerdings  rich- 
tig, aber  vielleicht  ist  die  Aussprache  kadis  aus  der  daneben  be- 
zeugten kades  durch  Verdünnung  des  contrahirten  Diphthongen 
€  zu  t  entstanden,  wie  die  heutigen  Syrier  /elf  neben  kef  sagen, 
und  der  Name  dann  von  der  Vulgärsprache  als  eine  lUldung  nach 
dex  Form  fall,  die  sich  in  Ortsnamen  häufig  findet,  aufgefasst 
worden.  Der  Wechsel  des  hebräischen  kades  in  arabisches  hadts 
scheint  mir  wenigstens  die  Identität  der  beiden  Namen  nicht 
ausznschliessen. 

Entspricht  nun  die  Lage  von  'Ain  Kadis  den  Merkmalen, 
die  die  übrigen  Nachrichten  des  A.  T. fordern?  Dieser  Frage  hat 
Trumbull  sehr  ausführliche  Erörterungen  gewidmet  und  auf 
Grund  derselben  die  Frage  mit  Recht  bejaht.  Nach  meiner  Auf- 
fassung fallen  folgende  Punkte  ins  Gewicht : 

1)  Nach  dem  Jahwisten  Num.  13,  26,  ferner  nach  Dtr.  l, 
20 — 24,  sowie  nach  Jos.  14,  7  (Dst)  und  Num.  32,  8  JE  werden 
von  Kades  Barnea  die  Kundschafter  ausgesandt ;  denn  es  lag  an 
der  Grenze  des  Perglandes  der  Amoriter  Dtr.  1,  20,  d.h.  des  den 
Israeliten  gelobten  Landes  Kanaan.  Nach  dem  Jah\\-isten  Num. 
20,  14  werden  von  Kades,  einer  Stadt  \'\'^V]  an  der  äussersten 
Grenze  Edoms  (Num.  20,  16),  Koten    an  den  König  von  Edom 

l;  S.  DiLLMAXX,  Exod.  u.  Levit.  17S  ff.    WELLHAr.SEN.  Jahrb.  f.  deut- 
sche Theol.  XXI,  549.  577. 

2)  Bei  Delitzsch,  Genesis*  574  ff. 


2 1  2  Guthe, 

gesandt;  ebenso  Jucl.  11.  16  t".  Daher  niuss  Kacles  an  der  Grenze 
zwischen  Israel  und  Edom  gelegen  haben.  Kades  Bamea  Avird 
ferner  von  Ezechiel  47,  19.  48,  2S  nnd  vom  Priestercodex  Num 
34.  4  und  Jos.  15.  3  als  südlicher  Grenzort  Israels  oder  des  Stam- 
mes Juda  aufgeführt.  Trumbull  betont  mit  vollem  Recht,  dass 
es  sich  hier  nm*  um  eine  natürliche  Grenzlinie  handeln  kann, 
und  macht  (zum  Theil  im  Anschluss  an  Palmer)  daraiif  aufmerk- 
sam, dass  die  natürliche  Gliederung  der  Sinaihalbinsel  die  Ge- 
stalt eines  Keils  oder  Dreiecks  wiederholt  aufweist  (S.  123  f.i. 
Die  Halbinsel  selbst  ist  keilförmig.  Die  Wüste  et-Tih  springt  ge- 
gen S.  keilförmig  in  das  Sinaigebirge  vor.  Das  Plateau  der  Azä- 
zime-Berge,  der  Dschebel  Makräh ,  drängt  sich  fast  in  gleicher 
Weise  gegen  et-Tih  vor,  wie  dieses  gegen  den  Sinai.  Die  vierte 
Parallele  zu  den  genannten  drei  natürlichen  Grenzlinien  wird 
durch  Wadi  el-Fikra  im  O.  und  Wadi  el- 'Arisch  im  W.  mit  Ka- 
des an  der  südlichsten  Spitze  gebildet.  Mit  diesen  durch  die 
Beobachtung  des  Bodens  gewonnenen  Winken  stimmen  die  Hin- 
weise des  A.  T.  wohl  überein.  Nach  Ezech.  47,  19.  48,  28  muss 
Kades  östlich  vom  Bach  Ägyptens  =  Wadi  el- Arisch  und  west- 
lich von  Thamar,  das  Eusebius  an  die  Strasse  von  Hebron  nach 
Aila  verlegt .  die  sicherlich  über  einen  der  Pässe  am  Wadi  el- 
Fikra  führte,  gelegen  haben,  etwa  in  der  Mitte  zwischen  beiden; 
das  trifft  auf  "^Ain  Kadis.  —  Die  vom  Priestercodex  beschriebene 
Südgrenze  verläuft  selbstverständlich  zwischen  dem  Südende  des 
Todten  Meeres  und  der  Mündung  des  W.  el-  Arisch  im  allge- 
meinen von  O.  nach  W.,  d.  h.  nicht  etwa,  wie  Robinson  wollte, 
über  die  südwärts  in  der  *^Araba  gelegene  Quelle  el-Webe  =  Ka- 
des BarneaV,  sondern  vom  Todten  Meere  ab  westlich  oder  genauer 
südwestlich  im  W.  el-Fikra  aufwärts.  Trumbull  will  den  Auf- 
stieg Akrabbira  nicht  im  Nakb  es-Öufä,  sondern  in  dem  west- 
licheren Xakb  el-Jemen  erkennen,  da  Num.  34,  4  eine  Wendung 
der  Grenze  südwärts  von  ihm  hervorgehoben  Averde  und  dem 
Nakb  el-Jemen  gegenüber  am  nordwestlichen  Fuss  des  Dschebel 
Madara  ein  Thal  von  S.  her  einmünde.  Die  Grenze  geht  hinüber 
nach  Zin  Num.  34,  4.  Jos.  15,  3  in  der  Richtung  auf  Kades 
Barnea,  d.  i.  "^Ain  Kadis.  Auf  welche  Punkte  Trumbull  dann 
Hezron,  Addar,  Karkaa  und  Azmon  bezieht,  ergiebt  sich  aus  dem 
oben  S.  203  und  207  f.  Gesagten.  Seine  Ansicht  scheint  mit  deu 
Angaben  des  A.  T.  vereinbar;  zum  Theil  hat  aber  dieser  Schein 


11.  Clay  Trumbulls  Kadush  Barnea.  213 

gewiss  seineu  Grund  duiin,  dass  wir  die  hetri'ti'endc  (Jugend  in 
der  Ivichtimg  von  O.  nach  W.  noch  zu  wenig  kennen,  du  die 
Reisenden  ausser  Trumbull  gewühnlicli  nur  ihre  Seiten  in  der 
Richtung  von  N.  nach  S.  oder  umgekehrt  durchschnitten  luibin. 
Die  Zusammenstelhmg  von  Azmon  mit'Ain  el-Kaserae  hat  alk'r- 
dings  durch  DCp  der  Targume  zu  Num.  :M,  1  f.  einen  gewissen 
Anspruch  auf  Beachtung ,  umsoweniger  jedoch  der  Ankhtng  des 
Namens  Addar  an  Kaderät  (Trumbull  2'JO  ;  denn  Kaderat  oder 
Kaderät  ist  der  Name  eines  die  dortige  Gegend  bewohnenden 
Stammes  der  Araber'),  nach  welchem  wahrscheinHch  die  Quelle 
genannt  ist  und  nicht  umgekehrt,  wie  Tru^fjull  meint  (S.  221). 
—  Die  Grenze  Edoms  bis  zu  der  erwähnten  Linie  über  W.  el- 
Fikra  nach  ^\in  Kadis  vorzurücken,  wird  auf  keinen  Widerspruch 
stossen.  Dagegen  hat  mich  der  Versuch  Trumbull's,  zwischen 
Land  Seir  und  Berg  Seir  zu  unterscheiden  inid  ersteres  südöst- 
lich von  Bersaba  und  nördlich  vom  W.  el-Fikra,  also  inner- 
halb der  Grenzen  des  israelitischen  Landes  zu  suchen 
(S.  83  ff.),  durchaus  nicht  überzeugt.  Die  Südgrenze  Israels 
schied  in  ihrer  östlichen  Hälfte  gegen  Edom,  darin  stimmen  alle 
Quellen  des  Hexateuch  überein,  und  Seir  gehörte  zu  Edom,  nicht 
zu  Israel. 

2)  Zwei  Berge  werden  im  A.  T.  mit  der  Grenze  Edoms  ver- 
knüpft, nämlich  vom  Priestercodex  der  Berg  Hör  Num.  20,  22  f. 
(33,  37),  vom  Deuteronomisten  der  »glatte  Berg  p5nn  "inn  ,  der 
nach  Seir  ansteigt«  Jos.  11,  17.  12,  7.  Schon  Knobkl-)  hat  auf 
den  Irrthum  der  Tradition,  die  seit  Josephus  denDschebelHärün 
bei  Petra  für  den  Berg  Hör  ausgiebt,  aufmerksam  gemacht. 
Trumbull  beweist  S.  127 — 139  ausführlich,  dass  »revelation  and 
reason«  zugleich  gegen  diese  Tradition  zeugen,  also  aus  ihr  nichts 
für  eine  östliche  Lage  vonKades  Barnea  gefolgert  werden  könne, 
und  findet  in  dem  Dschebel  Madara,  »einem  runden,  einzeln 
stehenden  Berge«''),  an  der  Südseite  des  W.  el-Fikra  den  Herg 
Hör  wieder.  Man  wird  ihm  Recht  geben,  wenn  er  mit  Knokkl 
die  Tradition  zurückweist  und  den  liergHor  an  die  Grenze  Edums 
gegen  Israel  setzt;  sein  positiver  Vorschlag  hat  jedoch  vorläufig 


1)  Robinson  III,  1S2  Kudeirät.  Palmlu  a.  a.  0.  275.  :VM  Gudeirät. 
Trumbull  umschreibt  Qadayrat,  gegen  die  arabischen  Buchstaben  vgl.  oben 
2Ü4.  2)  Zu  Num.  20,  22  ff.  '^)  Palmer  a.  a.  O.  322. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  Vin.  15 


214  Guthe 


keinen  höheren  Werth .  als  Avenn  Knobel  in  dem  Dschebel 
Madara  »den  glatten  V>evg<f  erkennt ') .  Auf  die  lautliche  Ver- 
wandtschaft von  Madara  mit  Mosera  Dtr.  10,  6  hätte  sich  Trum- 
BüLL  nicht  berufen  sollen:  denn  sie  ist  in  Wirklichkeit  nicht 
vorhanden.  Der  »glatte  Berg«  soll  nach  Trumbull  S.  'J7  der 
nördliche  Abhang  des  W.el-Fikra.  der  zum  »Lande  Seir«  (s.  oben) 
hinaufführt,  sein.  Allein  so  'gewiss  ein  »Land  Seirtf  innerhalb 
der  Grenzen  Kanaans  nicht  existirt  hat.  so  gewiss  ist  Jos.  11,  17. 
12,  7  von  einem  «Ansteigen«  die  Rede,  das  aus  dem  Gebiet 
Israels  nach  Seir  hinausführt. 

3)  Trumbull  geht  davon  aus,  dass  nach  Nura.  23,  26  und 
20,  1.  27,  14.  Dtr.  32,  51  Kades  Barnea  sowohl  in  der  Wüste 
Paran  als  auch  in  der  Wüste  Zin  gelegen  habe.  Zu  der  ersten 
irrigen  Annahme  ist  Trumbull  dadurch  verleitet  worden,  dass 
er  die  Berichte  des  Pentateuch  ^  nicht  zu  scheiden  versteht.  Der 
Jahwist  lässt  allerdings  die  Kundschafter  von  Kades  l^arnea  aus- 
gehen (s.  oben) ;  nach  dem  Priestercodex  dagegen  werden  sie 
von  der  Wüste  Paran  (Xum.  10,  12.  12.  16b.  13,  3)  ausgesandt, 
beginnen  ihre  Thätigkeit  mit  der  Wüste  Zin  im  S..  endigen  bei 
Rehob  im  N.  und  kehren  darauf  nach  der  Wüste  Paran  zurück 
(13,  21.  26;  »nach  Kades«  V.  26  kann  nicht  dem  Priestercodex 
antjehören,  da  nach  ihm  das  Volk  erst  über  die  Wüste  Zin  Num. 
20,  la  nach  Kades  gelangt,  vgl.  Num.  20.  22).  Der  Priesterco- 
dex unterscheidet  also  zwischen  Paran  und  Kades,  indem  er 
zwischen  beide  die  Wüste  Zin  setzt :  es  kann  demnach  die  Lage 
der  Wüste  Paran  hier  auf  sich  beruhen.  Hingegen  ist  der  Name 
Zin  —  entweder  ausdrücklich  als  Bezeichnung  einer  Wüste  oder 
anscheinend  als  Bezeichnung  eines  Ortes  —  vom  Priestercodex 
wiederholt  in  Verbindumr  mit  Kades  erwähnt  worden  Num.  27. 
14  (=  Dtr.  32,  51  .  Num.  34,  3  f.  vgl.  Jos.  15,  3  und  Num. 
33,  36  wird  (die  Wüste.'  Zin  mit  Kades  geradezu  identi- 
ficirt  'offenbar  gegen  Num.  27,  14).  Da  die  Kundschafter 
Num.  13,  21  ihre  Thätigkeit  mit  der  Wüste  Zin  beginnen,  so 
scheint  der  Priestercodex  sie  zum  Gebiet  Israels  gerechnet  zu 
haben,  als  südliches  Grenzland,  das  zugleich  östlich  an  Edom 

1)  Zu  Jos.  15,  3. 

2,  Vgl.  Kayser,  Das  vorexilische  Buch  dei*  Urgeschichte  Israels  S.  Sl  ff. 
Welluausen,  Jahrb.  f.  d.  Theol.  XXI,  57u  f.  576  ft'. 


H.  Clav  Trum1)ull's  Kadesh  Barnea.  21  ü 

Stiess  'Num.  34,  3  .  Ungefähr  wird  >ich  daher  das  heutige  l'Ia- 
teau  der'Azäzime,  in  dessen  südAvestlicheraTheile  AuiKadi^.  ge- 
legen ist,  mit  der  Wüste  Zin  decken  Trumuull  .S.  70,.  Nur 
darf  nicht  übersehen  Averden,  dass  Avir  die  Grenzen  dieses  Pla- 
teaus nach  O,  hin  fast  gar  nicht  kennen.' 

4)  Der  Elohist  berichtet  in  Gen.  2u.  1.  dass  Abraham  zwi- 
schen Kades  und  Schur  in  Gerar  gewohnt  habe.  Trimbull  er- 
kennt, wie  es  jetzt  allgemein  geschieht,  in  Schur  die  Gegend  des 
heutigen  el-Dschifär  östlich  vom  unteren  Nildelta  (S.  44 — .5S  . 
In  jener  Angabe  muss  Schur  demnach  den  westHchen.  Kades  den 
östlichen  Punkt  von  Gerar  aus  bezeichnen.  A'ersteht  man  Gerar 
von  der  Stätte  Chirbet  Umm  el-Dscherür  südöstlich  von  Gaza, 
so  verliert  jene  Angabe  jeden  Sinn.  Allein  Chirbet  Umm  el- 
Dscherär  ist  eine  Appellativbezeichnung,  die  dem  Orte  wegen 
seines  Reichthums  an  grossen  Scherben  gegeben  wird*)  und 
deren  Anklang  an  Gerär  rein  zufällig  ist.  Trumbull  erneuert 
daher  S .  61  ff.  mit  Nachdruck  die  Beziehung  von  Gerar  auf  den 
Wadi  Dscherür  südlich  vom  Dschebel  (und  ""Ain)  Muweilih.  In 
der  That  wird  dadurch  Gen.  20,  1  vollkommen  verständlich: 
denn  Kades  =  'Ain  Kadis  liegt  östlich  vom  W.  Dscherür.  Es 
scheint  mir  keinem  Zweifel  zu  unterliegen ,  dass  nicht  nur  das 
»Thal  Gerara  (TilJ  bn:  Gen.  26.  17;  von  der  Gegend  des  heutigen 
Dscherür  (oder  Dscherär  zu  verstehen  ist ,  wozu  Thomson  hin- 
neigt"-), sondern  auch  die  übrigen  Stellen  des  A.  T. .  in  denen 
von  einem  Orte  Gerar  die  Eede  zu  sein  scheint  (Gen.  10.  9.  26. 
1.   6.   26.   Chron.  IL    14,   12). 

Die  Polemik  Trumbull' s  gegen  die  Meinung  Robixson's, 
dass  *Ain  el-Webe  in  der  'Araba  die  Lage  von  Kades  bezeichne, 
glaube  ich  übergehen  zu  können,  um  so  mehr,  als  Dillmanx^) 
sie  mit  vollem  Recht  als  abgethan  bezeichnet  hat.  "NVetzsteix's 
^'erschlag,  das  kädüs  des  Mukaddasi  als  Kades  Barnea  zu  be- 
trachten und  dasKedes  Jos.  15,  23  auf  "^ Ain Kudes  zu  beziehen-*), 
wird  von  Trumbull  S.  205  kurz  zurückgewiesen.  Wenn  ich  auch 
seinen  Einwand  nicht  zu  billigen  vermag,  so  scheint  mir  ^^  ktz- 
stein's  scharfsinnige  und  gelehrte  Untersuchung  dennoch  nicht 

1)  Vgl.  Thomson,  The  Land  and  the  Book^  I,  198  f. 

2)  A.  a.  O.  199.  Thomson  führt  nur  die  Aussprache  Dscherär  an. 

3)  Zu  Genesis  14,  7.  4)  In  Delitzsch  Genesis  *  S.  574  ff. 

15* 


216  Guthe, 

das  Kichtige  getroffen  zu  haben,  da  kZtdüs  zu  weit  nach  O.  lieijt, 
um  mit  Kades  Karnea  verglichen  zu  werden .  und  ferner  dmxh- 
aus  nicht  den  Anforderungen  entspricht,  die  man  nach  den  >5e- 
richten  desA.T.  an  die  Beschaffenheit  dieser  Stätte  stellen  muss, 
während  "^Ain  Kadis  diesen  in  vollkommenem  Maasse  genügt.  Ob 
der  Ort  Kedes  Jos.  15,  23  wirklich  eine  andere  Stätte  bezeichnet 
als  'Ain  Kadis  oder  nur  eine  irrthümliche  Aussprache  desselben 
Namens  ist  1),  muss  dahingestellt  bleiben.  Erwähnung  verdient 
noch,  dass  Trumbull  Sela*",  »den  Felsen«,  Jud.  1,  36  nach  Num. 
20,-8.  10  f.  von  Kades  Barnea  verstanden  wissen  will.  Da  durch 
diese  Annahme  die  Grenzbezeichnung  Jud.  1 ,  30  ihren  einzig 
möglichen  Sinn  erhält  und  zugleich  die  spätere  Verwechselung 
von  Petra  (Sela')  mit  Kades  begreiflich  wird,  so  halte  ich  diese 
Deutung  einer  grösseren  Beachtung  werth,  als  sie  bisher  gefun- 
den hat.  Auffallend  ist  es ,  dass  Trumkull  nicht  deutliche  Spu- 
ren eines  Ortes  in  der  Nähe  der  Quelle  entdeckt  hat.  Ich 
schliesse  das  Capitel  über  Kades  damit,  dass  ich  die  umfang- 
reiche Benutzung  der  älteren  und  neueren  Literatur  über  die  Lage 
dieses  Ortes  durch  Trumbull  hervorhebe. 

Viel  Sorgfalt  hat  TruMBULL  darauf  verwendet,  die  im  A.  T. 
erwähnten  Wege  oder  Strassen  der  Sinaihalbinsel  und  ihrer  Um- 
gebung festzustellen.  Hieran  ist  in  der  That  mehr  gelegen,  als 
man  nach  dem  ersten  Eindruck  meinen  möchte.  »Die  natürlichen 
Wege  einer  Gegend  sind  Gottes  grosse  Landmarken.  Sie  sind 
durch  die  Vorgänge  der  Schöpfung  bestimmt  worden  und  bleiben 
verhältnissmässig  in  allem  Wechsel  der  Jahrhunderte  dieselben. 
Die  Wege  der  Eroberung  und  die  Bahn  der  Civilisation  sind  im 
voraus  durch  die  natürlichen  Strassen ,  denen  ihre  Bewegungen 
folgen  mussten,  bezeichnet;  die  Geschichte  zeigt  uns  dort  ihre 
Spuren«  (S.  74;.  Ausserdem  ist  es  eine  lehrreiche  Eigenthüm- 
keit  aller  Quellen  des  Hexateuch  mit  Ausnahme  des  Prie- 
ster codex,  dass  sie  die  Lage  eines  entfernteren  Ortes  oder  die 
Richtung  eines  Marsches  nach  der  wohlbekannten,  durch  die 
Terrainverhältnisse  gebotenen  und  allgemein  begangenen  Strasse 
beschreiben.  In  das  Gebiet  der  Sinaihalbinsel  im  weiteren  Sinne 
fallen  folgende  Strassen : 

1)  Die  Strasse  nach  Schur  Gen.  16,  7.     2)  Die  Strasse  nach 

I;  Vgl.  die  alten  Übersetzun<?en.    Ket.axd.  Pal.  ed.  Traj.  GUS. 


H.  Clav  Tiiimbull.s  Kadesli  Banioa.  217 

(lern  Lande  der  Philister  E\od.  i:'..  17.  :Vj  J)ie  .Strasse  uaeli  der 
Würste,  nach  dem  llothen  Meere  (oder:  die  Wüstenstrasse  nach 
dem  Kothen  Meere)  Ci^D-DD  "i3"!^n  Tf"i"  Exod.  i:<.  Ib.  I  Dir 
Strasse  nach  dem  Rothen  Meere  Num.  11.  2.').  21.  1.  J)tr.  1,  lo. 
2,  1 .  5  Die  Strasse  nach  dem  Gebirge  (Berghuide)  Seir  Dtr. 
1,  2.  G)  Die  Strasse  nach  dem  Gebirge  (Hcrghinde)  der  Amoriter 
Dtr.  l.  H>.  7)  Die  »Strasse  der  Kundschafter«  Num.  21,  1  ist  bc- 
kanntUch  eine  zweifelhafte  Übersetzung  und  ihre  IJestinununj^ 
daher  nicht  möglich. 

Die  erste  Strasse  lief  südlicher  als  die  zweite;  denn  sie  wird 
Gen.  IG,  14  in  die  Nähe  von  Kades  verlegt  \nul  ihre  Kiclitung 
auch  sonst  mit  den  südlichen  Grenzgebieten  Kanaans  in  Verbin- 
dung gebracht  (Sam.I.  15.  7.  27,  8).  Trumuiill  macht  S.  349  f. 
darauf  aufmerksam ,  dass  Rev.  F.  W.  IIüll.vxu  auf  seiner  fünf- 
ten Reise  durch  diese  Gegenden  im  J.  1 S  7 8  bestimmte  Spuren  dieser 
Strasse  gefunden  habe.  Derselbe  erfuhr  nämlich  während  seiner 
Forschungen  nach  Kades,  dass  eine  alte  Strasse  durch  die  Wüste 
in  der  Richtung  nach  Isma'ilije  führe.  Er  untersuchte  dieselbe 
luid  fand ,  dass  sie  eine  Fortsetzung  der  Karawanenstrasse  von 
Hebron  und  Kersaba  sei,  den  Dschebel  Jelek.  der  auf  .unseren 
Karten  zu  Aveit  nördlich  gesetzt  werde,  links  (d.i.  südlich'  liegen 
lasse,  den  Dschebel  »Mugharah«.  einen  durch  I^runnen  und  alte 
Ruinen  merkwürdigen  Bergrücken,  überschreite,  dann  nach 
Westen  sich  biege  [lief  sie  vorher  südwestlich?  G.]  und  über  ein 
wellenförmiges  Plateau  mit  vielen  Sandanhäufungen  Isma'ilije  er- 
reiche ') . 

Die  Strasse  nach  dem  Lande  der  PhiHster  läuft,  wie  Trum- 
bull nach  Brl'GSCh,  Ebers  u.  A.  annimmt,    an  der  Küste  des 

l;  Trumbull  citirt  Keport  of  the  British  Association  for  the  Advaiice- 
mentofSciencelSTS,622fF.  HoLL.\XD'g  Tod  (1  SSI;  habe  ausführlichere  Mitthei- 
luugen  verhindert.  Ich  finde  einen  kurzen  Bericht  H0LL.4XD's  in  Proceedings 
of  the  royal  geogr.  society  vol.  XXII  (1877/78)  London  1S7S,  S.  455  f.  und 
theile  daraus  die  betr.  Sätze  mit :  »From  this  point  (nämlich  »Ain  Gadeis«  = 
'Ain  el-Kaseme)  I  discovered  and  traced  out  an  ancient  road  running  due 
Avest  to  Ismailia  through  a  mountainous  tract  that  had ,  I  believe.  been  prev- 
iously  unexplored.  At  Jebel  Mugrah  [sie!]  I  found  very  extensive  trace?  of 
former  cultivation  and  ruins  of  primitive  dwellings  and  tombs  ,  besidcs  large 
quantities  of  fiint  flakes  and  arrow  heads.  The  importance  of  the  road  to  Is- 
mailia was  shown  by  similar  remains  and  by  the  cliaracter  and  nuniber  of  the 
wells". 


0  I  -5  Guthe, 

mittelländischen  Meeres  hin  vgl.  auch  die  Tabula  Peutinge- 
riana; .  Sie  hat  -wahrscheinlich  die  Landenge  von  Sucs  in  dersel- 
ben Gegend  durchschnitten,  die  heute  noch  die  Karawanen  von 
Ägypten  und  Syrien  passiren,  nämlich  bei  Kantarat  el-Chazne 
oder  Gisr  el-Kanätir,  wohin  ürugsch  neuerdings  die  auf  ägyp- 
tischen Denkmälern  des  mittleren  Reichs  genannte  Festung  Zarxi 
verlegt!  . 

Die  fünfte  und  sechste  Strasse,  um  diese  beiden  vorweg  zu 
nehmen,  liefen  jedenfalls  im  Innern  der  Sinaihalbinsel.  Da  der 
Berg  Horeb  nicht  bestimmt  Averden  kann,  lässt  sich  aus  Dtr.  i .  2 
nur  so  viel  mit  Sicherheit  entnehmen,  dass  die  dort  genannte 
Strasse  von  irgend  einem  Punkte  im  W.  oder  SW.  zu  dem  Berg- 
lande Seir  im  W.  der  "^Araba  und  südlich  vom  W.  el-Fikra) 
führte.  Trumbull  ist  wohl  auf  der  rechten  Spur,  wenn  er  diese 
Strasse  in  der  Osthälfte  der  Wüste  et-Tih  sucht  und  zwar  am 
östlichen  Rande  des  Dschebel  Makräh,  oberhalb  des  Abfalls  der 
Höhen  in  das  breite  Thal  der  'Araba.  Hierzu  ist  wieder  eine  Be- 
obachtung des  schon  genannten  F.  W.  Holland  zu  vergleichen ^j . 
Er  fand  1S78,  dass  Dschebel  Makräh  und  Dschebel  Dscheräfe  im 
SO.  der  *^Azäzime-Berge  nicht  einen  zusammenhängenden  Rücken 
bilden,  sondern  durch  ein  Thal  getrennt  sind,  in  dem  eine  Strasse 
hinaufführt 3) .  Sie  ist  dem  Berglande  von  Seir  so  nah,  dass  sie 
Avohl  von  ihm  den  Namen  erhalten  haben  könnte.  Zur  Zeit  der 
Könige  von  Juda  war  sie  in  Folge  der  Handelsverbindungen  mit 
Aila  in  Jerusalem  gewiss  bekannt.  Dass  die  Israeliten  diese 
Strasse  Avährend  der  Wüstenwanderung  betreten  hätten,  steht 
übrigens  nirgends  im  A.  Testament  zu  lesen.  Da  Trumbull  die- 
ses irrthümlich  voraussetzt,  so  hält  er  es  für  möglich ,  dass  von 
dieser  Seite  her  auch  die  «Strasse  nach  dem  Berglande  der  Amori- 
ter«  hinaufführte.  Schwerlich  wird  er  darin  Recht  haben.  Diese 
letztere  ging  wahrscheinlich,  was  Trumbull  auch  als  erste  Mög- 
lichkeit erwähnt,  in  nördlicher  [oder  nordöstlicher]  Richtung 
auf  den  Dschebel  Muweilih  zu  und  trat  dort  in  das  Bergland  der 
Amoriter  ein^).    Übrigens  hat  Trumbull  nicht  Recht ,   wenn  er 

1,  Brugsch,  Pithom  und  Ramses  in  d.  deutchen  Revue  (18S4)  IX,  1, 
S.  350  ff.  2)  Journal  of  Vict.  Instit.  XIV,  2—11  'mir  nicht  zugänglich). 

3)  Vgl.  auch  Palmer  a.  a.  0.  325.  326  f. 

4  Vgl.  über  die  aus  dem  Sinaigebirge  nach  X.  führenden  Wege  RoBLV- 
SON,  Palästina  I,  123  ff.  327  ff.  43S  ff. 


H.  Clay  TrumbuH's  Kadesh  Barnea.  210 

wie  viele  Andere  die  Lage  des  Herges  lioreh  uls  gesicheii  )ir- 
trachtet. 

Die  dritte  und  vierte  Strasse  (8.  217;  ist  nach  Trumhull  eine 
und  dieselbe  und  zwar  »der  Weg,  der  von  Ägypten  aus  durcli  die 
Wüste  von  der  Spitze  des  Meerbusens  von  Sues  nach  der  Spitze 
des  Meerbusens  von  ^\kaba  führte.  Sie  entspricht  der  heutigen 
Filgerstrasse  von  Ägypten  nach  Mekka«  (S.  352).  Diese  licstim- 
mung  schien  mir  anfangs  richtig  zu  sein,  jetzt  halte  ich  sie  je- 
doch entschieden  für  unrichtig.  \\\Jam  sm/ erkenne  auch  ich  das 
RotheMeer;  allein  die  Annahme Tkumuull's,  dass  sich  dieJJreite 
der  Landenge  von  Sucs  in  historischer  Zeit  nicht  veriindert 
habe,  kann  nach  den  neuesten  Untersuchungen,  die  TiiuMituLL 
freilich  zum  Theil  noch  nicht  benutzen  konnte,  nicht  mehr  auf- 
recht erhalten  werden.  Durch  sie  ist  auch  ein  anderes  Urtheil 
über  den  Lauf  der  Exod.  13,  18  erwähnten  Strasse  bedingt. 
Wenden  wir  uns  daher  zunächst  zu  diesen  neuesten  Forschungen 
über  den  Isthmus  von  Sues. 

Die  Ausgrabungen,  die  der  Ägyptologe  Ed.  Xavillk  im 
Frühjahr  1883  im  Auftrag  des  j)Egypt  Exploration  Fund«  bei 
Teil  el-Maschüta  ausgeführt  hat i),  lehren,  dass  dort  ein  von 
Ramses  II.  erbautes  Heiligthum  des  Tum,  des  grossen  Gottes 
von  Thuku  oder  Thuket,  stand .  Dieses  Heiligthum  im  L  a  n  d  e 
Thuku  ^Thuket j  hiess  Pithom.  Eine  ebenfalls  dort  gefundene 
Tafel  des  Ptolemäus  Philadelphus  (280 — 247)  berichtet,  dass 
dieser  König  »den  grossen  östlichen  Kanal  Ägyptens«  angelegt, 
dass  er  bei  Kemuerma  (Timsäh-See  l)  eine  Stadt  zu  Ehren  seiner 
Schwester  und  Gemahlin  (Arsinoe  IL)  gebaut,  dass  von  dort 
Schiffe  ins  Rothe  Meer  und  an  die  Negerküste  gefahren  seien, 
um  die  Schätze  jenes  Landes  und  namentlich  Elephanten  für  den 
König  zu  holen.  Eine  lateinische  Inschrift  giebt  unter  einander 
die  Namen  Eropolis  und  Ero  Castra,  eine  andere  lateinische  In- 
schrift aus  dem  Jahre  306  oder  307  n.Chr.  bestimmt  die  Entfer- 
nung von  Ero  nach  Clusma  (Klysma)  auf  neun  römische  Meilen. 

\  Ed.  Naville,  The  store-city  of  Pithom  and  the  route  of  the  Exodus. 
London,  Trübner  &  Co.  1885.  Zur  Kritik  vgl.  Athenaeum  18S5,  Nr.  2994. 
Academy  1885,  Nr.  681.  Brugsch,  Israel  in  Ägypten  in  Deutsche  Kevue 
VIII  (1883),  4,  S.  48ff.  Das  Zweifelhafte,  z.  B.  Pikeheret  =  Pihachiroth 
Exod.  14,  2.  9,  lasse  ich  auf  sich  beruhen.  Naville  kümmert  sich  um  die 
verschiedenen  Quellen  des  Exodus  nicht. 


220  Guthe, 

Die  Deutung  dieser  Funde  kann  kaum  streitig  sein.  Pithom 
ist  das  Srs  der  Hebräer  in  Exod.  1.11  (LXX  FliüojtjL.  risiUtu; 
koptisch Petöm).  das  natoujxoc  des  Herodot  ^11,  158).  Es  Avar  die 
Hauptstadt  des  8.  Nomos  von  Unterägypten.  Thuku  oder  Thu- 
ket  ■«ar  nach  dem  Papyrus  Anastasi  VI.  ein  durch  die  Festung 
des  Königs  Menephtha  geschütztes  Grenzland  mit  der  von  Seen 
und  Wcidehmd  umgebenen  Stadt  Pithom.  Später  ging  dieser 
Name  auf  eine  Stadt  über,  und  zwar  -wird  sie  nach  Brugsch') 
auf  einer  Nomosliste  ans  der  Ptolemäerzeit  als  die  Metropolis  des 
Gaiibezirks  unter  der  Bezeichnung  Thekot  aufgeführt.  Naville 
hat  ihre  lieste  rings  um  den  heiligen  Ort  Pithom  gefunden.  Da 
der  Wechsel  eines  ägyptischen  th  mit  griechischem  ^  (hebrä- 
ischem ü]  mehrfach  bezeugt  ist,  so  ist  Thuku,  Thuket  mit  dem 
riSD  Exod.  12,  37.  13,  20  des  Priestercodex  zusammenzustellen. 
Pithom  hiess  bei  den  Griechen  Heroopolis,  bei  den  Lateinern  Ero. 
Ero  castra.  Nach  dem  Zeugniss  der  griechischen  und  lateini- 
schen Schriftsteller  2)  lag  Heroopolis  an  dem  äussersten  Winkel 
(jxu)r6c)  des  arabischen  Busens ;  Arsinoe  unweit  dieser  Stadt 
ebenfalls  am  Meerbusen  oder  nach  Diodor  I,  85  am  Ausflusse 
des  von  Ptoleraäus  erbauten  Kanals;  Ptolemäus  setzt  Klysma 
an  denselben  Meerbusen,  und  zwar  südlich  von  Arsinoe.  Heroo- 
polis (Ero  Castra)  ist  durch  Naville' s  Entdeckung  nach  dem 
heutigen  Teil  el-Maschüta  verwiesen.  Arsinoe,  dessen  Lage  nur 
unbestimmt  angegeben  wird,  setzt  Naville  an  die  Stätte  des  heu- 
tigen el-Magfar,  Klysma  endlich  nach  dem  heutigen  Nefische  — 
neun  römische  Meilen  von  Teil  el-Maschüta.  Bei  dem  letzten 
Ansatz  scheint  er  die  Angabe  des  Ptolemäus  übersehen  zu  haben. 
Wie  dem  auch  sein  mag,  jedenfalls  stimmen  die  Nachrichten  der 
Griechen  und  Lateiner  mit  der  Tafel  des  Ptolemäus  Philadeli)hus 
darin  überein,  dass  Heroopolis  und  Arsinoe  für  Seeschiff'e  unmit- 
telbar zugänglich  und  am  Meere  gelegen  waren,  und  die  Fixi- 
rung  von  Heroopolis  durch  Naville  —  um  von  Klysma  abzu- 
sehen — -  nothigt  uns  zu  der  überraschenden  Annahme,  dass  der 
Meerbusen  mindestens   bis   zum  Anfang  unserer    Zeitrechnung 

1)  Brugsch,  Israel  in  Ägypten  in  Deutsche  Revue  VIII  (1883),  4,  48  tt'. 

2)  Vgl.  J.  M.  ScHLElDEX,  Landenge  von  Sues  (1858)  111  ff.  Parthey, 
Zur  Erdkunde  des  alten  Ägyptens  in  Abhandlungen  der  k.  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  Berlin  1858.  S.  .509  ff.  Zu  Herodot  II,  15S  vj?l.  Ku-ILLE 
a.  a.  0.  2y  f. 


H.  Clav  TnimbuU'rf  Kadesh  Buniua.  221 

(Stkabo)  den  heutigen  Birket  Timsuh  erreicht  hat.  Di.'  Iheite 
der  Landenge  war  also  damals  und  früher  etwa  gerade  »im  die 
Hälfte  geringer  als  sie  jetzt  ist.  Dieses  Ergebuiss  —  so  darf 
man  es  nach  den  inschriftlichen  Funden  bezeichnen  —  ist 
freilich  mit  der  Angabe  des  Herodot  und  Anderer,  dass  die  kür- 
zeste Strasse  vom  mittelländischen  Meere  in  das  Erythräische 
oder  Rothe  Meer  1000  Stadien  =  25  deutsche  Meilen  betrage, 
schwer  zu  vereinigen.  Andere  Schwierigkeiten  machen  die  Mei- 
lenzahlen im  Itinerarium  Antonini  Aug.  bei  Thou  oder  Thohu. 
das  nach  Lepsius  mit  l'ithom  identisch  sein  soll  (dagegen  Na- 
viLLE  a.a.O.  30  f.).  Leichter  erledigt  sich  die  Angabe  des 
Strabo  XVIL  1,  25,  dass  der  bei  Arsinoc  mündende  Kanal  durch 
die  -i7po(i  xaÄoujxivai  Xi|a-vat,  die  sogenannten  liitterseen,  geführt 
habe.  Lag  nämlich  Arsinoe  neben  Heroopolis  an  der  Spitze  des 
arabischen  Meerbusens ,  so  müssen  die  dem  Strabo  bekannten 
Bitterseen ,  die  nach  der  Anlage  des  Kanals  von  Süsswasser  an- 
gefüllt und  fischreich  geworden  seien,  auf  der  von  dem  Kanal 
durchschnittenen  Strecke,  d.  h.  zwischen  Bubastis  (lierodot  II, 
158j  und  Heroopolis  oder  Arsinoe,  d.  i.  Teil  el-Maschuta  oder 
el-Magfar  gesucht  werden.  Der  Name  der  Bitterseen  wäre  dann 
im  Lauf  der  Jahrhunderte  ebenso  wie  vielleicht  Klysma  =  el- 
Kulzum  dem  Rückzuge  des  Meeres  nach  S.  gefolgt. 

Es  ist  gewiss  von  Literesse,  dasUrtheil  eines  Geologen  über 
diese  merkwürdige  Veränderung  der  Landenge  von  Sucs  zu  ver- 
nehmen. Ehe  ich  jedoch  dieses  einreihe,  möchte  ich  noch  eine 
andere  Veränderung  auf  der  nördlichen  Hälfte  der  Landenge  von 
Sues  erwähnen.  Hier  hat  nämlich  neuerdings  Bki  gsch  eine  be- 
deutende, weit  ausgedehnte  Stadtanlage  des  mittleren  ägyp- 
tischen Reiches  mit  Befestigungen  nachzuweisen  versucht  '^ .  Die 
Stadt  Ramses  (A-nachtu),  die  (Haupt)stadt  des  Nordlandes,  am 
Schi-Hur  {=  liJT'Ü  Jos.  13,  3),  dem  östlichen  Grenzkanal  neben 
dem  nntern  Lauf  des  pelusischen  Nilarmes  gelegen  ,  von  Ram- 
ses H.  gegründet,  wird  in  den  Nomenlisten  aus  der  Zeit  der  Grie- 
chen und  Römer  unter  der  Bezeichnung  »(Haupt  stadt  des  Nord- 
landes« Avieder  erwähnt,  nm  das  Gebiet  einer  grossen  unterägyp- 
tischen  Stadt  zu  bezeichnen,  deren  eigentliche  Namen  Sambahud 
und  P-a-n-amun  (Lisel  des  Amon)  lauteten.  Sambahud  (Samma- 

1    Pithom  und  Ramses  in  der  Deutschen  Revue  a.  a   (). 


222  Guthe, 

hiit,  Sanihiit'  erkennt  Bkugsch  in  dem  heutigen  Teil  Semüt  östlich 
vom  JSucskanal  -oieder  nnd  setzt  daher  in  die  vonLEPSiuslSCß  als 
bedeutendes  Ruinenfeld  \^  erkannte  Gegend  zwischen  Teil  Semüt 
und  Bir  IHrg  zwei  Stunden  südlich  von  den  Euinenhügeln  des 
alten  Pelusium  die  )^grosse  Stadt  des  Nordens«  an.  Das  wäre  das 
neben  Pithom  Exod.  1,  11  genannte  Ramses  des  Elohisten,  auch 
das  Ramses  des  Priestercodex  Exod.  12,37,  das  zweifellos  ebenso 
wie  Sukkoth  von  einer  Stadt  nicht  von  einem  Lande)  zu  ver- 
stehen ist.  Mir  Avill  es  fast  scheinen,  als  ob  die  weitgreifende 
Combinationsgabe  des  gelehrten  Ägyptologen  zu  viel  Kultur 
des  alten  Ägyptens  in  die  heutige  Wüste  versetze ;  namentlich 
ist  mir  die  Stellung  der  Festung  Zaru  neben  den  übrigen  Na- 
men nicht  klar  gCAVorden.  Jedoch  genügt  für  den  Zweck ,  den 
diese  Zeilen  im  Auge  haben ,  völlig  der  HiuAveis  darauf,  dass 
die  Stadt  Pelusium  einst  bei  dem  heutigen  Kafat  et-Tine  sich 
ausgebreitet  hat  und  dass  schon  aus  diesem  Grunde  die  An- 
nahme unumgänglich  ist,  dass  der  nach  ihr  benannte  Nilarm 
und  seine  Kanäle  einst  den  nordöstlichen  Winkel  zwischen  dem 
Sueskanal  und  dem  Mittelm,eere  durch  ihre  Wasser  befruchtet 
haben  müssen.  Diese  Gegend  ist  jetzt  aber  verödet  und  mit 
Sanddünen  bedeckt.  Auch  diese  Veränderung  hat  sich  also  in 
historischer  Zeit  vollzogen. 

Theodor  Fuchs,  Custos  am  k.  k.  Hof-Mineralienkabinet  in 
Wien,  hat  im  März  1876  die  Landenge  von  Sues  ihrer  ganzen 
Breite  nach  durch Avandert  und  seine  Beobachtungen  in  einer  Ab- 
handlung j)Die  geologische  Beschaffenheit  der  Landenge  von 
Suez«  veröffentlicht  2; .  Er  begann  seine  Untersuchungen  auf  der 
schmalen,  niedrigen  Landzunge,  die  Port  Said  trägt,  und  fand, 
dass  diese  ihrer  ganzen  Natur  und  Constitution  nach  vollständig 
mit  dem  Lido  von  Venedig  übereinstimmt.  Das  ganze  niedrige 
Deltaland  von  Port  Sa'^id  bis  el-Ferdän  gilt  ihm  als  eine  ganz 
junge  Landbildung,  welche  ausschliesslich  dem  Mittelmeere  an- 
gehöre. Er  hebt  die  auffallende  Erscheinung  hervor,  «dass  bis  el- 
Kantara  nur  selten  lichte  Sande  vorkommen ,   das  Terrain  viel- 

1,  Zeitschrift  für  ägypt. Sprache  und  Alterthumskunde  1806,  31  f.:  «eine^ 
der  grössten  an  Ausdehnung ,  die  sich  mit  Ausnahme  von  Theben  nachwei- 
sen lassen«. 

2)  Denkschriften  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften.  Ma- 
them.-naturw.  Classe.  Bd.  :JS   Wien  1S7S   II,  20  ff. 


H.  Clay  Trumbuirs  Kadcsh  Barnea.  22:i 

mehi\  mao^  es  mehr  sandig  oder  mehr  thonig  ^eiu,  ganz  allgemi-in 
eine  dunkle  Färhnng  zeigt,  wek-he  sicli  auf  weite  Strecken  l»is 
zu  einem  dunklen,  tintenartigen  IJlauschwarz  steigert,  wie  ein 
solches  ganz  allgemein  den  Absätzen  des  Nils  eigen  ist,  so  dass 
wir  bei  der  ersten  Durchfahrt  durch  den  Kanal  überzeugt  waren, 
eine  fluviatile  Marschbildung,  etwa  die  Absätze  eines  alten  Nil- 
armes vor  uns  zu  haben,  doch  stellte  es  sich  später  heraus,  dass 
selbst  dieses  tiefschwarze  Terrain  ausschliessHch  Meeresconchv- 
lien,  wie  Cardium  edule,  Cerithium  vulgatum ,  Murex  truuculus 
u.  dgl.  m.  enthält,  und  dass  überhaupt  auf  der  ganzen  Strecke 
vom  Beginne  des  Kanales  bis  Kantara  sich  nirgends  der  EinÜuss 
von  Süsswasser  bemerkbar  macht«.  Jedoch  bricht  bei  der  Station 
el-Kantara  das  bis  dahin  herrschend  gewesene  schwarze  Terrain 
fast  plötzlich  ab.  Die  Ufer  des  Kanales  bestehen  von  hier  bis  zu 
den  Sümpfen  von  Balläh  aus  scharfem,  lichtgelbem  Sand,  der 
von  marinen  Conchylien  nur  noch  Cardium  edule  imd  kleine 
Austernscherben  enthält,  während  daneben  vereinzelte  Exemplare 
von  Lanistes  und  Corbicula  (Süsswasserfauna)  auftreten. 

Fuchs  betrachtet  nach  dem  Vorgange  Anderer  die  SchAvelle 
el-Gisr  und  die  Umgebung  des  Timsäh-Sees  als  eine  fluviatile 
Süsswasserbildung.  Fossilien  werden  hier  selten  gefiniden  ;  doch 
stimmen  die  bei  Rhamses  [=  Teil  el-Maschuta'  gefundenen  Süss- 
wasserconchylien  mit  den  noch  gegenwärtig  im  Nil  lebenden 
überein.  Dagegen  enthält  die  Fauna  in  den  Gewässern  des  Tim- 
säh-Sees ausschliesslich  solche  Arten,  welche  gegenwärtig  noch 
im  Rothen  Meere  leben  und  theilweise  diesem  Meere  eigenthüm- 
lich  sind,  und  stellt  somit  eine  Einwanderung  aus  dem  Rothen 
Meere  dar,  was  um  so  merkwürdiger  ist ,  als  die  Füllung  des 
(nach  Fuchs  vorher  trockenen)  Sees ')  zuerst  von  der  Seite  des 
Mittelmeeres  erfolgte. 

Unter  den  Süsswasserbildungen  in  der  Umgebmig  des  Tim- 
säh-Sees erwähnt  Fuchs  das  Plateau  von  «Toussoum«  (Tusün) 
am  südlichen  Abhang  des  Sees.    Am  westlichen  Fusse  desselben 

1  Dieses  ist  nicht  genau.  Der  Timsäh-See  wurde  vor  dem  Bau  des  Les- 
seps'schen  Kanales  durch  grosse,  allerdings  sehr  selten  vorkommende  >Cil- 
überschwemmungen  vollständig  gefüllt,  hatte  aber  gewöhnlich  nur  in  seinem 
nördlichen  Theile  Wasser,  dessen  Spiegel  in  Folge  der  Verdunstung  tief  unter 
dem  des  Mittelländischen  Meeres  lag.  ScHi.ElDEX,  Landenge  von  Sues  1S.5S 
4  nach  Lesseps,  Percement  de  l'Isthme  de  Sues  III,  1  ff. 


224  Guthe, 

»findet  sich,  beiläufig  bis  zu  einer  Höhe  von  -1  m  ansteiifend.  eine 
Sandablagerung,  welche  oftenbar  aus  einer  früheren  Zeit  her- 
stammt, und  welche  in  ausserordentlicher  Menge  dieselben  C'on- 
chylien  enthält,  welche  gegenwärtig  wieder  im  See  leben,  woi- 
aus  hervorgeht,  dass  der  Timsäh-See  vor  seiner  Austrocknung 
bereits  einmal  dieselbe  Fauna  enthielt  wie  diejenige,  welche  sich 
gegeuAvärtig  wieder  in  ihm  angesiedelt  hat«. 

Bei  dem  sogenannten  Serapeum  fanden  sich  in  dem  ausge- 
hobenen Material  an  der  östlichen  Kanalseite  grosse  Brocken 
eines  groben,  harten  Sandsteins,  die  von  Steinkernen  und  Ab- 
drücken von  Bivalven  erfüllt  waren.  Fuchs  erkennt  darin  eine 
ganz  junge  lUldung.  Aveil  die  vorkommenden  Arten  ausschliess- 
lich solche  sind,  die  heute  noch  im  Rothen  Meere,  in  den  Bitter- 
seen und  dem  Timsäh-See  leben.  Da  nun  daneben  in  dem  losen 
Sande  eine  grosse  Menge  von  Süsswasserconchylien  vorkommen, 
so  ist  auch  hier  die  Existenz  von  zwei  verschiedenen  Schichten, 
einer  marinen  und  einer  Süsswasserschicht,  erwiesen.  Die  gegen- 
seitige Lagerung  derselben  konnte  nicht  mit  voller  Sicherheit 
festgestellt  werden,  doch  glaubt  Fuchs  aus  dem  jetzigen  Befund 
schliessen  zu  können,  dass  die  marine  Schicht  urs])rünglich 
unter  der  Süsswasserbildung  gelagert  hat. 

Die  höheren  Terrassen  in  der  Umgebung  der  Bitterseen,  die 
vor  Grabung  des  Kanals  völlig  trocken  waren,  zeigen  an  einigen 
Pxnikten  noch  einen  Einfluss  süsser  Seewässer,  vorwiegend  ent- 
halten sie  jedoch  eine  ziemlich  artenreiche  Fauna  von  rein  mari- 
timem Charakter,  die  dem  Kothen  Meer,  nicht  dem  Mittelmeer 
angehört ,  wenn  auch  einige  Formen  bisher  in  den  Gewässeiii 
des  ersteren  noch  nicht  nachgewiesen  sind.  Fuchs  glaubt  daher 
in  diesen  Ablagerungen  alte  gehobene  Strandterrassen  des  Rothen 
Meeres  erkennen  zu  müssen.  Westlich  von  den  Bitterseen,  auf 
dem  Plateau  Kabret.  treten  in  Gesellschaft  einer  Menge  von  echt 
marinen  Conchylien  in  grosser  Häufigkeit  Etheria  semilunata, 
Si)atha  nilotica  und  andere  Süsswasserformen  auf,  »wodurch  ge- 
wissermassen  eine  Vermittlung  zwischen  den  reinen  Süsswasser- 
plateaus  der  Umgebung  des  Timsäh-Sees  und  denjenigen  von 
rein  marinem  Charakter  hergestellt  wird,  welche  bei  den  l^itter- 
seen  beginnend,  sich  von  hier  bis  gegen  Suez  zu  erstrecken«. 
Das  flacli-wellige  Hügelland  zwischen  jenen  höheren  Terrassen 
und  dem  Wasser  der  IMtterseen  zeigt  eine  Fauna,  die  ausschliess- 


H.  Clay  Trumliull's  Kadesh  Harnea.  00 


SZö 


lieh  aus  den  im  Timsah-See  lebenden  Arten  besteht.  Diosolbcn 
finden  sich  auch  in  den  Bitterseen  selbst. 

»Das  Land  südlich  von  den  Bitterseen  ist  in  jeder  Bezieluint; 
nur  eine  Fortsetzung  des  bisher  sj-eschilderten  und  zeigt  einen 
ganz  übereinstimmenden  äusseren  Bau«.  Das  Vorhandensein  von 
Miociinschichten  am  8chalüf  stellt  Fuciis  gegen  Fraas  entschie- 
den in  Abrede ,  erklärt  es  jedoch  für  noch  immerhin  möglich, 
»dass  im  Schalüf  unter  den  jungen  oberflächlichen  Ablagerungen 
bei  der  Aushebung  des  Kanales  einzelne  Klippen  von  Miocängo 
stein  angefahren  worden  wären,  oberflächlich  ist  von  densellx'n 
jedoch  nichts  zu  sehen  und  können  dieselben  auch  niemals  die 
Rolle  einer  Barriere  zwischen  dem  Rothen  und  Mittelländi- 
schen Meere  gespielt  haben«.  Das  flache,  niedrige  Terrain  von 
Schalüf  bis  Sues  ist  »eine  vollständig  recente  Landbildung«,  die 
Ebene  von  Sues  »eine  noch  gegenwärtig  in  Fortbildung  begriffene, 
recente  Landbildung«.  Das  ganze  niedere  Terrassenland,  welches 
den  Isthmus  von  der  Schwelle  von  Gisr  bis  gegen  Sues  zusam- 
mensetzt, lässt  sich  nur  der  jüngsten  Pliocän-  oder  der  Quater- 
närzeit  zuzählen.  Fuchs  entscheidet  sich  für  das  letztere.  Er 
stellt  auch  die  Möglichkeit  hin ,  dass  die  Depression  der  Bitter- 
seen vielleicht  noch  in  historischer  Zeit  mit  dem  Rothon  Meere 
in  Verbindung  stand. 

So  weit  das  Urtheil  dieses  Geologen ,  der  zuletzt  den  Isth- 
mus von  Sues  genauer  untersucht  hat. 

Fuciis  hat  sich  bei  seiner  Arbeit  nicht  durch  irgend  welche  auf 
geschichtliche  Nachrichten  gegründete  Ansichten  über  eine 
frühere  Gestalt  der  Landenge  leiten  lassen ,  sondern  ihm  ist  es 
ganz  allein  darauf  angekommen,  in  Rücksicht  auf  die  Verschie- 
denheit der  Mittelmeerfauna  und  der  Fauna  des  Rothen  Meeres 
das  geologische  Alter  des  Isthmus  von  Sues  zu  untersuchen.  Um 
80  werthvoller  ist  es,  wenn  seine  l^eobachtungen  den  Nachrich- 
ten des  Alterthums  oder  der  Entdeckung  Naville's  betreffs  der 
ehemaligen  Beschaffenheit  der  Landenge  entgegenkommen.  Es 
handelt  sich  jedoch  diesen  gegenüber  nicht  um  die  ganze  Land- 
enge, sondern  nur  um  zwei  Funkte,  nämlich  1)  um  die  ehema- 
lige Ausdehnung  des  Nildelta's  im  NO.  und  2)  um  die  ehemalige 
Ausdehnung  des  Rothen  Meeres  in  der  südl.  Hälfte  des  Isthmus. 

Das  schwarze  Marschland,  das  Fuciis  von  Port  Sa'id  l)is  el- 
Kantara  verfolgt  hat.   ist  zweifellos  ein  Absatz   des  pelusischen 


226  Guthe, 

Xilarms  und  der  ihu  auf  der  Ostseite  umgebenden  Kanäle.  Die- 
ser östlichste  Xilarm  entsprach  einer  Linie  von  dem  heutigen 
Teil  Defenne  nach  Karat  et-Tine  am  Mittelmeer',  die  sein 
"Wasser  verbreitenden  Kanäle  konnten  die  nahe  Stätte  von  el- 
Kantara  leicht  erreichen.  Wenn  FrcHS  dieses  Marschland  wegen 
der  dort  gefundenen  Fauna  für  eine  Ablagerung  des  Mittelmee- 
res hält ,  trotz  des  ersten  entgegengesetzten  Eindrucks .  so  ent- 
scheidet sein  Urtheil  durchaus  nicht  gegen  meine  Auffassung 
der  Sache ,  vielmehr  lassen  sich  die  Meerescouchylien  auf  eine 
sehr  einfache  Weise  dadurch  erklären,  dass  an  der  östlichsten 
Ecke  des  Deltas,  ebenso  v,ie  im  heutigen  Manzala-See,  nothwen- 
dig  eine  Vermischung  von  Süsswasser  und  Meerwasser,  folglich 
auch  der  beiderseitigen  Fauna  eintreten  musste.  sobald  der 
menschliche  Fleiss  diese  Strecken  nicht  mehr  sorgsam  der  Be- 
fruchtung durch  Süsswasser  zugänglich  erhielt  und  die  gegen 
das  Eindringen  des  Meeres  etwa  schützenden  Dämme  verfallen 
Hess,  oder  sobald  die  das  Delta  absperrende  Barre  dem  Andrang 
der  Wellen  nachgab  und  eine  Senkung  des  nördlichen  Deltaran- 
des das  bisherige  Kulturland  dem  verödenden  Einfluss  des  Mee- 
res  öffnete.  Beides,  das  Zurückweichen  der  menschlichen  Kul- 
tur und  das  A'ordringen  des  Meeres,  kann  auch  gleichzeitig,  sich 
gegenseitig  bedingend,  eingetreten  sein.  Dass  die  Conchylien 
der  Mittelmeerfainia  dem  Untersuchenden  zuerst  entgegentreten, 
ist  selbstverständlich.  Ich  halte  es  aber  für  zweifellos,  dass  der 
tiefer  Grabende  die  Spuren  der  Süsswasserbildung  unter  den  obe- 
ren Erdschichten  zwischen  Port  Sa'^id  und  el-Kantara  ebenso 
sicher  finden  wird  .  wie  man  den  alten  Meeresboden  unter  dem 
Alluvium  des  Nildelta  festgestellt  hat.  Die  Annahme  einer  Sen- 
kung des  östlichsten  Deltawinkels  steht  in  voller  Übereinstim- 
mung mit  der  durch  Fraas  u.  A.  festgestellten  Senkung  der  Del- 
taküste überhaupt.  Daher  halte  ich  es  für  genügend  gesichert,  wenn 
ich  die  jetzige  Kanalstation  el-Kantara  als  die  südliche  Grenze 
des  früheren  Nildelta  im  O.  bezeichne  und  den  ganzen  durch 
el-Kantara  und  Karat  et-Tine  nach  O.  hin  begrenzten  ^^'inkel 
als  einstiges,  durch  Festungswerke  geschütztes  Kulturland  der 
alten  Ägypter  betrachte.  Die  Reconstruktion  des  pelusischen 
Nilarms,     wie     sie    Schleiden    und    Pauthey    versucht    lia- 

1     Vgl.  M.  J.  ScHLElDEN  a.  a.  O.  51  f. 


H.  Clav  Trumbull  3  Kadesh  liarnea.  227 

ben'),  kommt  dieser  Amiahme  in  erwünschter  Weise  entf^egen. 
Dabei  ist  jedoch  zu  berücksichtigen,  dass  im  Laufe  der  Jahrhun- 
derte die  Gegenwirkungen  des  abfliessenden  Nils  und  des  andrin- 
genden Meeres  in  ihrer  Stärke  mehrfach  gewechselt  haben 
werden  -  . 

Zu  den  Mittheilungen  .  die  Fuciis  über  die  südliche  Hälfte 
der  Landenge  macht,    glaube  ich   zunächst   einige  ]ieriehtig\ni- 
gen  hinzufügen  zu  müssen  3).    Wenn  bei  der  Station  Khamses  im 
W.  Tumilät  gelegentlich  der  Grabung  des  7  m  tief  einschneiden- 
den Süsswasserkanales    eine   grosse  Menge  Conchylien    solcher 
Arten  gefunden  worden  sind,  die  mit  den  noch  gegeuAvärtig  im 
Nil  lebenden  übereinstimmen .   so  beweist  dieser  Umstand  zwei- 
fellos, dass  man  sich  dort  im  Gebiet  eines  alten  Wasserlaufes 
befindet,  der  vom  Nil  gespeist  wurde.     Man  ist  aber  durchaus 
nicht  berechtigt,  diese  Fossilien  auf  die  etwa  S  m  höhere  Boden- 
schw  eile  el-Gisr  zu  übertragen  und  nach  ihnen  die  Bildung  der- 
selben zu  bestimmen ,  Avie  Fuchs  es  auf  der  beigegebenen  Karte 
gethan  hat.  Übrigens  kann  die  Entstehung  der  kleinen  Plateaus, 
die  den  Timsäh-See  im  O.,  N.  und  W.  umgeben,  hier  ganz  bei 
Seite  bleiben,  da  sie  mit  der  von  mir  ins  Auge  gefassten  Aufgabe 
nichts  zu  thun  hat.    Wichtiger  ist,  dass  Fuchs  nichts  davon  ge- 
jwusst  zu  haben  scheint,    dass  auch  der  Timsäh-See  vor  dem  Bau 
|des  Sueskanales  bei  einem  hohen  Stande   des  Nils  von  dessen 
jWassern  angefüllt  worden  ist,  und  dass  ihm  —  dies  ist  besonders 
jzu  beachten  —  die  sich  daraus  ergebende  richtige  Erklärung  der 
[südlich  vom  See  beobachteten  Reste  einer  Süsswasserfauna  nelien 
den  deutlichen  Spuren  einer  Meerwasserbildung  entgangen  ist. 
Am   westlichen  Fusse  des  Plateaus  von  Tusün  entdeckt  Fuchs 
eine  marine  Bildung,   die  in  ausserordentlicher  Menge  dieselben 
iConchylien  enthält,    welche  gegenwärtig  wieder  im  See  leben, 
|und  schliesst  daraus,   dass  der  Timsäh-See  vor  seiner  Austrock- 
nung bereits  einmal  dieselbe  Fauna  enthielt  wie  diejenige,  welche 
sich  gegenwärtig  in  ihm  angesiedelt  hat  —  d.  h.  die  Fauna  des 

1)  M.  J.  ScHLEiDEX  a.  a.  O.  Parthey,  Zur  Erdkunde  des  alten  Äg}-])- 
tens  a.  a.  O. 

2,  Vgl.  einige  dahin  gehörende  Nachrichten  bei  Schleiden  22  fl'.  9^  f. 
Strabo  I.  3,  17.  QuATKEMiaiE,  Mem.  geogr.  et  histor.  sur  lEgyptel,  (i:!— 71. 

3!  Betreif.s  der  folgenden  Deutung  des  thatsächlichen  Befundes  erfreue  ich 
inich  der  vollen  Übereinstimmung  mit  meinem  Coli.  Hrn.  Prof.  Dr.  H.  Credxer. 


00s  Guthe, 

Hotheii  Meeres.  Dieselben  Conchylien  findet  Fuchs  weiter  süd- 
lidi  bis  zum  Busen  von  Sues,  aber  in  der  Gegend  des  Serapeuui 
und  auf  dem  «Plateau  Kabret«  westlich  von  den  JÜtterseen  zui^leicli 
eine  grosse  Menge  von  Siisswasserconchylien,  deren  Vorkommen 
er  nur  feststellt,  aber  nicht  erklärt.  Ist  nun  der  Timsäh-8ee  zu 
irgend  einer  Zeit  vom  Wasser  des  Rothen  Meeres  erfüllt  gewesen 
und  hat  sich  dieses  dann  südwärts  zurückgezogen,  so  konnte  es 
nicht  fehlen,  dass  der  hochstehende  Nil,  durch  den  Wädi  Tumi- 
Ifit  hindurch  vordringend,  den  sich  leerenden  oder  bereits  bi- 
auf  einen  geringen  Rest  geleerten  Timsäh-See  mit  Süsswasser  füllte 
und  seine  mitgeführten  Schalthiere  u.  dgl.,  todt  oder  lebend,  in 
und  an  dem  Kecken  des  Sees  ablaarerte  oder  auch,  der  natürlichen 
Bodensenkung  folgend ,  dieselben  weiter  südwärts  —  wo  Fuchs 
.sie  gefunden  hat  —  ablagerte,  soweit  eben  die  Kraft  des  "Wassers 
sie  trug.  So  erklären  sich  die  verschiedenen  Bildungen  neben 
oder  über  einander  ohne  alle  Schwierigkeiten,  und  Fuchs  wird 
sicher  Recht  haben,  wenn  er  die  Süsswasserablagerungen  im 
Aushub  des  Kanals  neben  demSerapeum  als  die  jüngere  P»ildung 
ansieht,  die  dem  älteren  Meeresboden  aufliegt.  Die  «steilen 
Wände« ,  mit  denen  das  Plateau  in  der  Umgebung  des  Timsäh- 
Sees  gegen  denselben  abbricht  (S.  29),  sind  eben  die  alten  Ufer 
des  »arabischen  Meeres«  oder  des  »heroopolitanischen  Meerbu- 
sens", der  sich  hier  einst  in  einer  birnenförmigen  ErAveiterung 
dem  WadiTumilät  entgegenstreckte,  so  dass  dieses  die  Bedeutinig 
einer  natürlichen  Strasse  aus  dem  Nildelta  nach  dem  östlichen 
Meere  erhielt. 

So  stimmen  die  geologischen  Eigenthümlichkeiten  der  süd- 
lichen Hälfte  des  Isthmus  vollkommen  mit  dem  Aufschluss  über- 
ein ,  den  uns  die  Entdeckungen  Naville's  gegeben  haben ,  und 
da  alle  dortigen  Bildungen  »der  jüngsten  Pliocän-  oder  Uuater- 
närzeit«  /iuartärzeit i  angehören ,  d.  h.  derjenigen  geologischen  L 
Periode,  in  der  wir  jetzt  leben,  so  ist  auch  von  geologischen  Ge-  | 
Sichtspunkten  aus  kein  Einwand  gegen  die  Zeit  zu  erheben,  bis 
zu  welcher  nach  N.wiij.e's  Entdeckung  das  Rothe  Meer  den 
Ausgang  des  W.  Tumilät  bespült  hat.  Gewiss  hat  sich  schon  im 
.Vlterthum  der  Rückgang  des  Meeres  oder  die  Hebung  des  l^odens 
bemerkbar  gemacht ,  und  die  gleichartige  Wirkung  dieser  Vor-' 
gänge  wird  es  gewesen  sein,  welche  nach  einander  die  Gründung 
von  .\rsinoe  und  Klysma)  neben  dem  westlicheren  Heroopolis,  der 


H.  Clay  Trumbulls  Kadesh  Barnea.  229 

ältesten  IlafenstatU  des  )varal)ischen  Meeres«,  veranlasst  hat. 
Man  -wird  sich  Avohl  bemüht  haben ,  dnrch  Baggerungen  die  alte 
Fahrstrasse  noch  eine  Zeit  lang  offen  zu  halten.  Aber  auf  die 
Dauer  genügten  solche  Massregeln  nicht;  man  sah  sich  vielmehr 
genöthigt,  dem  llückzuge  des  Meeres  sprungweise  zu  folgen.  Ob 
wir  über  die  einzelnen  Stationen  dieses  merkwürdigen  A^organ- 
ges  jemals  noch  Genaueres  erfahren  werden,  steht  dahin.  Schon 
jetzt  aber  können  wir  zwei  bis  drei  Grenzen  des  »arabischen 
Meerbusens«  mit  einiger  GcAvissheit  vermuthen.  Die  erste  er- 
streckte sich  westlich  bis  Teil  el-Maschüta  in  das  heutige  W.Tu- 
milät  hinein,  die  zweite  bis  el-Magfar,  wenn  nämiich  Arsinoe 
von  Naville  richtig  angesetzt  worden  ist ,  die  dritte  etwa  bis  in 
die  Gegend  von  Xelische.  Mit  der  dritten  Station  war  der  lange 
Arm,  den  der  Meerbusen  in  das  Land  hinein  gestreckt  hatte,  ver- 
schwunden ;  seine  Stätte  wurde  nach  und  nach  durch  Süsswas- 
serbildungeai  des  Nils  bedeckt  und  erhöht.  Das  Ende  des  Meer- 
busens  hatte  jetzt  eine  breitere ,  birnenförmige  Gestalt  erhalten 
und  mag  sich  nach  W.  etwa  bis  zur  heutigen  Curve  des  Süsswas- 
serkanals  ausgedehnt  haben.  Die  Verbindung  zwischen  demTim- 
säh-See  und  den  Bitterseen  hat  Avohl  schon  frühzeitig  nur  einem 
schmalen  Kanäle  geglichen,  dessen  Wasser  die  tiefste  Terrain- 
furche bedeckte. 

Kehren  wir  nun  nach  dieser  etwas  langen  Abschweifung 
zu  dem  Gegenstand,  von  dem  Avir  ausgegangen  waren,  nämlich 
die  »Wüstenstrassenach  dem  Rothen  Meere«  zu  bestimmen  (S .  2 1 9) , 
zurück.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  diese  Bezeichnung  eine 
zweifache  Richtung  angeben  kann,  da  das  Rothe  Meer  an  zwei 
Stellen  weit  in  das  Land  hineinreicht  und  an  zwei  Stellen  von 
dem  Landverkehr  erreicht  werden  kann ,  nämlich  westlich  und 
östlich  von  der  Wüste  et-Tih.  Der  Zusammenhang  hat  zu  ent- 
scheiden, welche  Richtung  gemeint  ist.  Der  Elohist  stellt  nun 
Exod.  13,  17  f.  der  Strasse  nach  dem  Lande  der  Philister  die 
Wüstenstrasse  nach  dem  Rothen  Meere  gegenüber.  Da  der 
Schauplatz  der  Erzählung  noch  Ägypten  ist,  so  hat  er  zweifellos 
den  westlichen  Meerbusen  (von  Heroopolis)  im  Auge ,  und  da  er 
erst  Exod.  14  die  Israeliten  auf  die  östliche  Seite  gelangen  lässt, 
so  muss  sich  Exod.  13,  18  noch  auf  die  westliche  Seite  des  Meer- 
busens beziehen.  Der  von  ihm  in  V.  17  f.  ausgedrückte  Gegen- 
satz besagt  demnach :  die  Israeliten  sind  vom  Lande  Gosen  nicht 

Ztschr.  d.Pal.-Ver.  VIII.  16 


03()  Guthe, 

auf  die  nach  NO.,  sondern  auf  die  nach  S.  führende  Strasse,  in 
die  westhch  vom  alten  heroopoUtanischen  Golfe  gelegene 
Wüste  ^vgl.  14.  3  gewiesen  ^vorden.  Anders  verhält  es  sich  mit 
den  parallelen  Stellen  Nura.  14,  25.  21,  4b  und  Dtr.  1,  40.  2,  1, 
die  sich  paarweise  wie  Befehl  und  Ausführung  verbinden.  Da  der 
Ort ,  den  die  Israeliten  verlassen,  die  Gegend  von  Kades  und 
das  Ziel,  das  sie  vorhaben,  die  Umgehung  des  Landes  Edom  ist, 
so  kann  hier  nur  an  den  östlichen  Busen  des  Rothen  Meeres  (bei 
Akabai  gedacht  und  »die  Strasse  nach  dem  Rothen  Meere«,  die 
hier  genannt  ist .  nur  in  der  Richtung  von  Kades  nach  'Akaba 
gesucht  werden,  entweder  westlich  oder  östlich  denDschebelMa- 
kräh  umgehend.  Vielleicht  fiel  diese  Strasse  theilweise  mit  den 
unter  5;  und  6  genannten  S.21S  zusammen.  Jedenfalls  ist  klar, 
dass  »die  Wüstenstrasse  nach  dem  Rothen  Meerew  Exod.  13,  IS 
völlig  verschieden  ist  von  der  »Strasse  nach  dem  Rothen  Meere« 
in  Xum.  14.  25  etc.  Übrigens  entspricht  der  in  beiden  Fällen 
gewählte  Ausdruck  genavi  der  Situation. 

Die  von  Tkumbull  angenommene  Identität  der  4.  und  5. 
Strasse,  sowie  ihre  Deutung  auf  die  jetzige  Pilgerstrasse  von  Sues 
nach  'Akaba  beruht  also  auf  einem  irrigen  Verständniss  des  A.  T. 
und  auf  der  falschen  Voraussetzung,  dass  die  Landenge  von  Sues 
im  Alterthum  dieselbe  Beschaffenheit  gehabt  habe  wie  jetzt.  Die 
Entdeckungen  Naville's.  die  Trumbull  noch  nicht  verwerthen 
konnte,  haben  die  letztere  als  irrig  erwiesen.  Aus  diesem  Fehler 
kann  daher  Trumbull  kein  Vorwurf  gemacht  werden.  Der  erste 
Irrthum  hängt  aber  aufs  engste  damit  zusammen,  dass  Trumbull 
in  der  »special  study«  The  route  of  the  Exodus,  die  den  Schluss 
seines  Buches  bildet  (S.  325 — 431  ,  wieder  der  herkömmhchen, 
mit  mehrfachen  Fehlern  verknüpften  Art .  dieses  »Problem«  zu 
behandeln,  gefolgt  ist.  Die  Vorfragen,  die  zunächst  zu  stellen 
und  zu  erledigen  sind,  werden  unterschätzt  oder  bei  Seite  ge- 
schoben, z.  B,  ob  die  geschichtlichen  Annahmen,  von  denen  die 
Berichte  des  A.  T.  ausgehen,  richtig  sind  oder  nicht,  ob  die  l^c- 
richte  des  A,  T.  über  den  Auszug  einheitlich  sind  oder  nicht, 
und  wenn  letzteres  der  Fall .  ob  sie  unter  sich  übereinstimmen 
oder  ob  sie  verschiedene  Wege  im  Auge  haben.  Es  ist  ferner 
unrichtig,  ja  verhängnissvoll  für  den  Gang  der  ganzen  Unter- 
suchung, wenn  man  gewisse,  allerdings  sehr  verbreitete  Annah- 
men ohne  weiteres  als  gesichert  betrachtet,  z.B.  dass  der  Dsche- 


H.  Clay  Trumbull's  Kadesh  Barnea.  231 

bei  Miisä  oder  der  Dschebel  Scrbal  der  Berg  der  Gesetzgebung- 
sei. Man  frage  doch  erst  die  einzelnen  Quellen,  ob  sie  wirklich 
so  weit  nach  dem  S.  in  das  Gebirge  der  Halbinsel  hin  einweisen. 

Noth wendig  ist.  dass  man  zunächst  die  einzelnen  Quellen 
für  sich  betrachtet.  Hierbei  verwirrt  man  die  Aufgabe,  wenn 
man  vonNum.  33  ausgeht;  denn  dieses  Stück  ist,  was  schon  eine 
nur  oberflächliche  ^'ergleichnng  mit  den  anderen  Quellen  leh- 
ren kann,  eine  durch  eigene  Zugaben  des  Verfassers  vermehrte 
^'erknüpfung  der  vom  jehowistischen  Buch  und  vom  Priesterco- 
dex gebotenen  Nachrichten.  Dazu  kommt,  dass  gerade  dieses 
Verzeichniss  von  etwa  40  Stationen,  unter  denen  sich  6 — S  un- 
gefähr bestimmen  lassen .  am  deutlichsten  zeigt .  wie  wenig  wir 
im  Stande  sind  oder  überhaupt  im  Stande  sein  werden .  die  hier 
berichtete  Route  des  wandernden  Volkes  nachzuweisen.  Man 
muss  sich  vielmehr  einerseits  an  die  Nachrichten  des  jehowisti- 
schen Buches,  andererseits  an  die  des  Priestercodex  halten.  Da 
nun  in  diesen  auf  der  Strecke  von  Ägypten  bis  Kades  nur  drei 
gleich  benannte  Stationen  vorkommen,  nämlich  Elim  (Exod.  15, 
27  u.  IG,  1).  Eephidim  (Exod.  17.  1  u.  17.  8  und  Kades  (Num. 
13,  26  u.  20,  22),  so  bleibt  es  doch  sehr  zweifelhaft,  ob  beide 
Quellen  denselben  Weg  im  Auge  haben.  Auch  kommt  in  Be- 
tracht, dass  im  jehowistischen  Buche  von  dem  Schilfmeere 
(?1'D"3^  ,  dagegen  im  Priestercodex  nur  vom  Meere  schlechthin 
(Mittelmeer?  die  Rede  ist^).  sowie  ferner,  dass  Kades  im  jehowi- 
stischen Buche .  namentlich  bei  dem  Jahwisten ,  eine  andere 
Stellung  und  Bedeutung  hat  als  im  Priestercodex.  Daneben  zeigt 
der  Priestercodex  auch  in  diesem  Theile  seiner  Erzählung  das 
Bestreben  ,  möglichst  genau  in  der  Ortsbestimmung  zu  verfah- 
ren, während  die  übrigen  Quellen  sich  oft  nur  begnügen,  durch 
Angabe  der  Strasse  die  Richtung  des  Zuges  zu  bezeichnen  vgl. 
Exod.  14.  2.  9  mit  Exod.  13,   17  f.  und  oben  S.  216). 

Ferner  hat  die  üntersuchiing  es  erst  zu  e  r  w  e  i  s  e  n ,  in  wel- 
chem Grade  den  Verfassern  der  Quellen  eine  Kenntniss  der  von 
ihnen  genannten  Orte  eigen  gewesen  ist.  In  dieser  Beziehung 
scheinen  mir  die  neueren  Forschungen  nun  meistens  zu  Gunsten 


1)  Vgl.  DiLLMAMM ,  Exod.  u.  Levit.  S.  143.  Die  bekannten  Theorien 
von  ScilLElDEX  und  Bkugsch  haben  offenbar  an  den  Stationen  des  Priester- 
Cüdex  eine  geAvisse  Stütze. 

16* 


030  Guthe.   H.  Clav  Trumbull's  Kadesh  Barnca. 

der  alttestamentlichen  Berichterstatter  zu  sprechen.  Der  Elohist 
namentlich  zeigt  sich  in  der  Geschichte  von  Joseph  bekannt  mit 
ä<r>ptischen  AVorten  und  Verhähnissen ;  der  Fund  Naville's 
macht  sehr  wahrscheinHch ,  dass  derselbe  Erzähler  Exod.  1,  11 
Pithom  =  Heroopolis  im  Auge  gehabt  hat,  und  seine  Angaben 
betreffs  des  Weges  der  Israeliten  Exod.  13,  17  f.  erklären  sich 
ohne  Schwierigkeit  (S.  229  f.) .  Auch  die  genaue  Ortsbestimmung  des 
Priestercodex  in  Exod.  14,  2.  9  lässt  wohl  vermxithen,  dass 
der  Verf.  entweder  durch  Erkundigung  oder  durch  Augenschein 
mit  der  von  ihm  gemeinten  Gegend  sich  vertraut  gemacht  hatte. 
Aber  wenn  wir  lesen  »vor  Pihachiroth  zwischen  Migdol  und  dem 
Meere  vor  Baal  Zephon  dem  Meere  gegenüber«  und  damit  Ezech. 
29,  10.  30,  6  betreflfs  der  [nördlichen)  Lage  von  Migdol  verglei- 
chen, so  schwindet  alle  Berechtigung,  diese  Ortsbestimmung  des 
Priestercodex  mit  den  Angaben  des  jehowistischen  Buches  Exod. 
13,  17  f.  15.  22.  die  mehr  südlich  weisen,  zu  verbinden  und  beide 
als  identisch  oder  gleichAverthig  zu  betrachten ,  wie  es  auch  Ed. 
Naville  wieder  gethan  hat  •). 

Trotz  dieser  Fehler,  auf  die  hinzuweisen  ich  mir  gestattet 
habe ,  spreche  ich  zum  Schluss  gern  meine  Anerkennung  aus, 
dass  Trumbull's  Reise  und  noch  mehr  Xaville's  Arbeiten  das 
sachliche  Verständniss  der  auf  die  betreffenden  Punkte  bezogenen 
Erzählungen  des  A.  T.  wesentlich  gefördert  haben.  Man  wird  es 
dalier  nur  mit  Freude  begrüssen  können ,  wenn  durch  weitere 
Forschungen  und  Ausgrabungen  imsere  bisherigen  Kenntnisse 
bereichert  oder  auch  berichtigt  werden.  Kades  und  Pithom  er- 
scheinen jetzt  wenigstens  in  dem  Grade  gesichert,  dass  sie  als 
A usgangspunkte  für  erneute  Untersuchungen  dienen  können .  Wer  || 
aber  dieser  Sache  in  Zukunft  dienen  will,  wird  seinen  Zweck  nicht 
erreichen,  ohne  dass  er  sich  eine  gründliche  Kenntniss  der  Quel- 
lenscheidung des  Hexateuch  angeeignet  hat,  und  wird  seine  Ar- 
beiten der  Annahme  um  so  mehr  empfehlen,  wenn  er  sie  aus  der 
A'erbindung  mit  geschichtlichen  Theorien  über  den  Auszug  Is- 
raels aus  Ägypten  zu  lösen  und  sie  rein  als  geographische  oder 
topographische  Thatsachen  darzustellen  vermag. 

1)  Die  ausführliche  Kritik  Dillmaxn's  über  N.wille's  Schrift  in  den 
Sitzunfsber.  d.  k.  pr.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin  30.  Juli  1S85  S.  S89— 
Syb  ist  mir  erst  bei  der  Cori'ectur  des  Obigen  zu  Gesicht  gekommen. 


Bücheranzeigen, 


Die  Lösung  der  Paradiesesfrage   von  Moritz  Engel.     Mit  einer 

Kurte.    Motto:  ))Der  Stein,  den  die  Bauleute  verworfen  hahcn,  ist 

ZU771  Eckstein  getcorden .'«    Psalm  118.  22.    Leipzig.  Otto 

ScJmltze.    1S85. 

»Es  giebt  Entdeckmigen  von  neuen  Thatsaclien.  die  ein  gan- 
zes System  von  hergebrachten  Ansichten  völlig  umstossen  oder 
■wenigstens  grundpvesentlich  berichtigen;  je  mehr  sie  das  thun, 
je  Avirksamer  sie  Dunkelheiten  erhellen,  Widersprüche  auflösen 
und  den  Schein  aufdecken,  von  dem  sich  alle  täuschen  Hessen, 
um  so  grösser  ist  die  innere  GcAvähr  ihrer  Wahrheit,  um  so 
schneller  überzeugen  sie«.  So  richtig  im  wesentlichen  diese  Be- 
merkung des  Verfassers  obiger  Schrift  ist ,  so  Avenig  können  Avir 
seiner  in  dem  darauf  folgenden  Satze  ausgesprochenen  tberzeu- 
gung  beipflichten:  «Die  Auffindung  des  Gartens  in  Eden  sammt 
seinen  vier  Flüssen  und  ihren  Umländern«  —  d.  h.  Avie  sie  der 
Verfasser  in  seinem  Buche  darzulegen  meint  —  »äst  die  Ent- 
deckung einer  solchen  neuen  Thatsache«. 

Denn  Aveder  erhellen  sich  nach  seiner  neuen  Hypothese  die 
Dunkelheiten,  noch  lösen  sich  die  Widersprüche  des  geographi- 
schen Theiles  der  Paradiesesbeschreibung  Gen.  2.  10 — 14,  Avelchen 
Engel  in  seinem  Motto  als  den  Eckstein,  als  «den  Stein,  der  alles 
zusammenhält  oder  das  Ganze  stützt«,  bezeichnet.  Es  ist  eine 
völlig  grundlose  Prätention,  Avenn  diirch  seine  Schrift  erAviesen 
sein  soll,  dass  sich  »alles,  bis  auf  jede  Einzelheit,  in  der  Wirklich- 
keit genau  so  verhält,  Avie  es  in  dem  geographischen  Theile  an- 
gegeben ist«. 

Bei  der  Hypothese  des  Verfassers  am  Avenigsten.  Sie  baut 
sich   auf  unerwiesenen  Prämissen   auf:    auf   der  Gleichsetzung 


234 


Bücheranzeisjen. 


der  sft'ographischen  Namen  des  Paradiesesberichtes  mit  geogra- 
pliischen  Objecten .  -welche  nie  jene  oder  auch  nur  ähnliche 
Namen  getragen  haben  .  und  unter  Zurückweisung  des  allein 
massgebenden  Bestimmungsmomentes,  des  Sprachgebrauches. 
•n-ie  er  in  den  verschiedenen  liücheni  des  Alten  Testamentes  vor- 
liegt. Dass  das  Bild,  welches  sich  bei  sorgfältiger  Berücksichti- 
gung des  biblischen  Gebrauches  einiger  der  in  Gen.  2,  10 — !4 
enthaltenen  geographischen  Namen  ergiebt.  überhaupt  nicht  zu 
»einer  bestimmbaren  geographisch-geschichtlichen  "Wirklichkeit« 
führt,  kommt  hierbei  nicht  in  l>etracht.  Denn  ehe  der  Naclnveis 
ireführt  werden  kann .  dass  sich  die  einzelnen  Theile  der  Para- 
diesesbeschreibung  zu  keinem  einheitlichen,  geographisch  fixir- 
baren  Begriffe  zusammenfügen  und  also  eine  ganz  genau  be- 
stimmte Landschaft  nicht  gemeint  sein  kann,  muss  erst  im  ein- 
zelnen nachgewiesen  werden,  welche  geographischen  Objecte 
mit  den  Namen  in  Gen.  2,  10 — 14  immer  oder  meist  bezeichnet 
werden . 

Der  Verfasser  schlägt  aber  den  umgekehi-fen  Weg  ein.  Wie 
er  selbst  in  dem  Vorworte  sagt .  ging  er  von  bestimmten  hydro- 
graphischen Verhältnissen  aus,  die  seiner  Ansicht  nach  genau  den 
in  der  Paradiesesbeschreibung  geschilderten  entsprechen ,  und 
suchte  nun  mit  allen  Mitteln  darzuthun,  dass  in  der  That  mit 
den  topographischen  Notizen  in  Gen.  2.  10 — 14  keine  andere  als 
die  von  ihm  durch  jiErleiichtung  und  Eingebung«  gefundene  Ge- 
gend und  deren  specielle  Verhältnisse  geschildert  und  für  die 
israelitischen  Leser  deutlich  erkennbar  wiedergegeben  seien.  Da 
er  nun  weder  in  seiner  philologischen  Schulung  noch  in  streng 
wissenschaftlicher  Methode  der  «geographisch -geschichtlichen« 
Forschung  einen  Zaum  für  seine  kühnen  Combinationen  hatte, 
so  konnte  es  nicht  fehlen .  dass  er  gründlich  sich  täuschen 
musste. 

Zum  Erweise  dieser  unserer  Behauptungen  führen  Avir  zu- 
nächst die  Gesammtheit  der  Eesultate  des  Verfassers ,  unter 
l  bergehung  alles  nicht  zur  Sache  Gehörigen,  den  Leseni  der 
ZDPV.  vor,  indem  wir  zumeist  den  Verfasser  selbst  reden  lassen; 
sodann  legen  wir  im  einzelnen  dar ,  Avie  es  kam ,  dass  er  zu  so 
verfehlten  Resultaten  kommen  konnte  und  musste. 

Der  Verfasser  identificirt  »Eden,  worin  das  Paradies«,  mit 
derHarra.   d.  h.  der  Avelligeu  Ebene.   Avelche  acht  Stunden  von 


Biicheranzeigen.  235 

der  Ostabdacluing  des  Ha\irangel)iroos  beginnt  und  nis  zu  dem 
über  !I00  Meter  sieh  erhebenden  Höhenzuge  Dahr  el-]>errie  sich 
erstreckt,  der  von  Pahnyra  im  Norden  in  fast  gerader  Richtung 
von  Nord  nach  Süd  bis  über  den  Wadi  Sirhan  hinstreicht.  Zur 
Unterscheidung  von  anderen  Harragebieten  nennt  Jaqi'it  diese 
Harra  die  Harra  desRadschil,  d.  i.  des  von  der  Südostabdachung 
des  Ilauran  bis  zum  Dschdf  sich  erstreckenden  Wadi  er-Kadschil. 
Diese  Lage  von  Eden  stimmt  mit  der  Angabe ,  dass  es  ostwärts 
2~|>'a  V.Sj  von  Palästina,  dem  Standorte  des  Erzählers,  lag;  auch 
weise  die  Angabe  in  V.  5a  auf  die  Harra  hin,  sofern  der  dort  ge- 
nannte Dornstrauch  siah  nur  in  der  Wüste  wachse,  die  von  Pa- 
lästina ostwärts  liegende  Wüste  aber  eben  die  svrische  Wüste  sei. 
Auch  die  Ableitung  des  Wortes  Eden  spreche  nicht  dagegen, 
denn  "{^V  bezeichne  nicht  »Wonneland«,  sondern  sei  abzuleiten 
vom  arabischen  Zeitwort  '^ adana,  »augefüllt-,  voll-,  fixirt  sein,  au 
der  Stelle  haften,  bleiben«,  auch  «die  Erde  düngen«;  die  Harra 
heisse  also  "^^V  ?  sofern  sie  «das  unveränderlich  bleibende  Land« 
ist,  das  )'augefüllf,  gleichsam  gedüngt  ist  von  dem  Steinauswurf 
der  Vulkane«  (S.  77  f.). 

In  diese  Harra  ist  nun  eine  Oase  eingebettet:  eine  Ebene, 
3i;2  Stunden  lang  und  2'/.2  Stunden  breit,  die  in  einer  Thalsenkuug 
liegt  und  zvi  dem  grossen  Yulkangebiete,  fürAvelches  Wetzstein 
den  Namen  »Osttrachon«  eingeführt  hat,  eine  centrale  Lage  hat. 
Nach  Norden,  Osten  und  Süden  von  den  Steinfeldern  der  Harra 
—  wie  im  Westen  von  dem  A'ulkauplateau  es-Safä  —  umsäumt, 
ist  sie  selbst  steinfrei  und  überaus  fruchtbar,  da  sich  die  ^'ulkan- 
steine,  von  denen  sie  einst  ebenfalls  bedeckt  geAvesen  ist,  all- 
mählich in  ihre  Bestandtheile  aufgelöst  haben. 

Diese  Oase  ist  der  Garten  in  Eden.  Denn  »das  Verhältniss 
der  Bewässerung  der  Oase,  sowie  ihres  Gewässers  zu  den  vier  in 
die  Oase  einmündenden  Flüssen  ist  genau  dasselbe.  Avie  das  Ver- 
hältniss der  Bewässerung  des  Gartens  und  seines  Gewässers  zu 
den  vier  D"''ll."55"^  V.  10«:  Die  vier  Flüsse  kommen  von  der  Harra 
her,  die  sie  paarweise  durchfliessen,  und  sie  treten  aus  derselben 
unmittelbar  in  die  Oase  ein,  die  ihre  Abflussstelle  ist,  und  über- 
schwemmen Jahr  aus  Jahr  ein  nach  den  ersten  Frühregen,  im 
Monat  December,  ihre  Fluren  wochenlang;  alsdann  scheidet  sich 
das  vereinigte  GoAvässer  darinnen  aus ,  und  zwar  in  eine  Senk- 
stelle am  nordöstlichen  Ende  der  Oase,  wo  es  sich  zu  einem  kleinen 


93(',  Bücheranzeigen. 

See  absondert,  der  in  der  heisseu  Jahreszeit  verdunstet  und  kei- 
nen Namen  hat  S.  79  f.] .  Dies  stimmt  zu  dem  Inhalte  von  Y.  In 
nach  der  Übersetzung- ,  die  der  Verfasser  giebt  (S.  60,  und  aus- 
führlich  als  die  einzig  richtige  zu  erweisen  sucht  (S.  42 — 59  : 
«Und  Gewässer  ist  heraustretend  aus  Eden,  zu  tränken  den  Gar- 
ten, und  darinnen  wird  es  sich  ausscheiden  und  es  ist  zugehörig 
gewesen  einer  A'ierheit  von  Quellbächen«. 

Diese  Oase,  das  fruchtbarste  Land  in  Syrien,  ist  theils 
Weideland ,  theils  Saatgefilde,  worauf  ihr  gegeuAvärtiger  Name 
Ruhbe,  d.  i.  weites,  üppiges  Saatfeld,  hinweist.  Wenn  es  aber 
heisst,  dass  der  Garten  in  Eden  »bewacht  werden  soll«  (V.  15), 
so  bezieht  sich  dies  darauf,  dass  es  in  der  Nähe  der  Oase  Rulibe 
zwei  schwache  und  gefährliche  Stellen  giebt ,  von  wo  aus  t  her- 
falle leicht  ausführbar  sind,  die  also  stets  bewacht  Averden  müs- 
sen. Die  den  Garten  östlich  umlagernden  Kerubim  (3,  24)  sind 
die  sechs  östlich  von  der  Oase  liegenden  Vulkane,  von  deren 
Steinauswurf  die  ganze  Harra  bedeckt  ist;  und  zwar  sind  Vulkane 
in  Thätigkeit,  feuerspeiende  gemeint,  worauf  die  hinzugefügten 
Worte  »[die  Kerubim]  und  die  Flamme  des  kollernden  (oder  rol- 
lenden ,  sich  wälzenden)  Feuers«  hinweisen  und  wie  auch  der 
Name  Kerubim  »die  Dunkeln,  die  Schwarzen«,  der  etymologisch 
auf  'oreh,  »der Rabe«,  zurückzuführen  ist,  beweist] (S.  92  ff.) .  Aber 
auch  die  Notiz  3,  21  enthält  ein  »wiedererkennbares  Glied  in  der 
Reihe  der  Urzustände^  die  andeutungsweise  vorgeführt  werden« ; 
denn  wirklich  Avird  in  der  dem  Paradies  zunächst  gelegenen 
Gegend  Thierfellbekleidung  getragen,  indem  die  in  der  nord- 
wärts von  der  Ruhbe,  etwa  1 3  Stunden  entfernt  gelegenen  Kies- 
Avüste  Avohnenden  Gazellenjäger,  der  Stamm  der  Sieb,  sich  in 
Gazellenfelle  kleiden  (S.  96f.).  Die  Gazellenfellkleidung,  welche 
die  Bewohner  der  grossen  KiesAVÜste  des  Landes  Hamäd  vor  je- 
dermann kenntlich  macht,  ist  aber  das  Kainsmal  der  Kainiten. 
die  keine  anderen  sind  als  eben  diese  BeAvohner  der  Kieswüstc, 
in  welcher  das  Land  Nod  zu  erkennen  ist  (S.  99  f.).  Wenn  aber 
der  Garten  in  Eden  als  der  Ursitz  der  hebräischen  Urfamilie  hin- 
gestellt ist,  so  liegt  jener  Überlieferung  die  geschichtliche  Wahr- 
heit zu  Grunde,  dass  Nordarabien  das  Stammland  der  Urhebräer 
ist,  Avomit  übereinstimmt,  dass  die  Oase  Ruhbe  in  der  Harra  des 
Radschil  ein  nordarabischer  Landestheil  ist. 

Nachdem  der  Verfasser   so    alle  Parallelen    ZAvischen    dem 


Bücheranzeigen.  237 

Garten  in  Eden  und  der  Oase  Kuhlie  in  der  Harra  darj^eleo-t  hat 
(S.  73 — 144),  geht  er  zur  Bestimmung  der  vier  ParadiesesHüsse 
über  (S.  145 — 188).  Der  Pischon  ist  der  Fhiss  Tes,  -Nvelcher 
nordüsthch  vom  Dahr  el-lierrie  herkommt  und  vom  Perge  iScs 
an  der  üstseite  des  Safa  entUmg  nach  der  üase  Kuhbe  fiiesst,  an 
deren  Nordostspitze  er  aus  der  Harra  heraus- und  in  die  üase  ein- 
tritt. Das  vom  Pischon  umflossene  Land  Havila  ist  darnach  das 
ganze  A'ulkanhügelland  des  Safä,  an  dessen  Aussenseite  der  Tes 
13  Stunden  lang  vorüberüiesst.  Mit  dem  Safa  ist  aber  nicht  das 
eigentliche  Safa,  dessen  Lavawall  ixnmittelbar  an  die  Oase  Rulibe 
angrenzt,  sondern  das  nördlich  davon  gelegene  Yulkanhügelland 
gemeint,  welches  von  der  syrischen  Bevölkerung  Diret  et-Tulül. 
»Bezirk  der  Hügel«,  aber  auch  mit  dem  allgemeinen  Namen  es-Safä 
(auchTulüles-Safa)  benannt  wird.  Wenn  nun  als  Erzeugnisse  des 
Landes  Havila  Gold,  Bdolach  und  der  Schohamstein  erwähnt  wer- 
den, so  stimmt  auch  dies  mit  den  Produkten  von  es-Safä  überein. 
Denn  dort  findet  sich  nicht  nur  an  manchen  Punkten  eine  wde  Gold 
schimmernde  Erde,  sondern  auch  sichere  Spuren,  dass  einst  ]>erg- 
bau  auf  Gold  dort  getrieben  wurde  ;  da's  Bdolach  ist  das  Produkt 
des  Mimosenbaumes  Tholh  oder  Talh ,  Avie  schon  der  Name  he 
=  hen-tolacli  »Produkt  des  Tolach-Baumes«  besasjt;  der  Tolach- 
bäum  aber  findet  sich  zwar  jetzt  nicht  mehr  in  dem  Safä,  kann 
aber  früher  dort  gestanden  haben,  da  auch  in  der  Harra  von 
Cheibar  hier  und  daTolah-  oder  Gummiakazienbäume  wachsen; 
und  der  Schoham  wird  der  gelblich  grüne  oder  etwas  dunklere 
Olivin  sein,  denn  Wetzstein  fand  an  einigen  Stellen  des  kleine- 
ren Safä  an  den  Lavawänden  smaragdartig  funkelnd  einige 
grössere  Stücke  von  Olivin. 

Der  zAveite  Paradiesesfiuss  Gihon  ist  Gumär.  welcher  weit 
aus  Südosten  gleichfalls  vom  Dahr  el-Berrie  herkommt  und  etwa 
12  Stunden  von  der  Kuhbe  die  Harra  durchbricht,  aus  welcher 
er  in  die  Oase  Ruhbe  eintritt.  Aufwärts  von  der  Stelle,  wo  er 
die  Harra  durchbricht,  heisst  der  Fluss  el-Makati*"  bis  zu  seinem 
Ursprünge,  der  noch  gegen  50  Standen  entfernt  ist.  Auf  seinem 
geradeaus  von  Süd  nach  Nord  gerichteten  Oberlaufe  nimmt  der 
Makati'  eine  Anzahl  Bäche  auf,  die  sämmtlich  vom  Dahr  el-Ber- 
rie herkommen  :  zuerst,  also  am  südlichsten,  den  Wadi  Dumeda. 
dann  die  beiden  EuAvcschidät,  die  in  geringer  Entfernung  von 
einander   in    direkt   westlicher   Richtung   ihm    zufliessen ,    und 


23S  Bücheranzeigen. 

zuletzt  den  Wacli  er-Ixiasch.  Während  dieses  von  Süd  nach 
Xnrd  gerichteten  Oherlanfes  hiklet  der  Makati'  eine  doppelte 
Grenzlinie :  sein  "NVestufer  umschlingt  den  östlichen  Theil  der 
Harra  vmd  grenzt  sie  auf  dieser  Seite  ab,  sein  Ostufer  aber  geht 
aussen  herum  um  das  Land  er-Ruweschidat  und  er-Riasch,  \^el- 
ehes  seinen  Doppelnamen  von  seinen  Flüssen  hat.  Dieses  Land 
ist  identisch  mit  dem  »Lande  Kusch,  um  das  der  Gilion  aussen 
herumgeht«. 

Der  dritte  Paradiesesfluss  Hiddekel  ist  der  ostwärts  vom 
Ilauran  kommende  Wadi  el-Garz,  der  von  Westen  her  die  Lava- 
decke der  Harra  durchbricht  und  dann,  indem  sein  östlicher  Lauf 
zu  einem  nordöstlichen  scharf  sich  zuspitzt,  aus  der  Harra  her- 
aus in  die  Oase  Ruhbe  eintritt.  Das  Assur,  an  dessen  Ostgrenze 
der  Hiddekel- Garz  fliesst,  ist  darnach  Hauran  und  zwar  dieHau- 
ran-Ebene  [Sahl  Hauran,  Ilauiän  im  engeren  Sinne),  welche  wie- 
derum mit  Basan  identisch  ist,  dessen  Name ,  wie  das  arabische 
betene,  eine  steinlose  Ebene  mit  reicher  Weide  bedeutet. 

Der  vierte  Paradiesesfluss  Erat,  welcher  ohne  jede  nähere 
Ikstimmung  bleibt ,  ist  der  Wadi  es-Sam;  die  einfache  Angabe 
seines  Namens  genügt ,  weil  er  der  einzige  Eluss  ist ,  der  ausser 
den  drei  näher  gekennzeichneten  Elüssen  der  Oase  Ruhbe  zu- 
fliesst.  Er  ist  der  grösste  von  den  vier  Elüssen  der  Rulibe  und 
empfängt  den  Namen  Wadi  es-Sam,  nachdem  er  in  die  Harra  ein- 
getreten ist,  von  Avo  er  nach  ZAvanzigstündigem  Laufe  in  die  Oase 
liuhbe  ausmündet ;  vorher  heisst  er  Wadi  'Owcrid  oder  *^Ain  el- 
Gene,  weil  er  von  den  öenat  kommt,  dem  südlichsten  Gebirgs- 
zuge des  Hauran. 

Der  Verfasser  schliesst  seine  Untersuchung  mit  dem  Ke- 
wusstsein,  «die  39  Merkmale,  welche  als  Erfordernisse  der  Lösung 
der  Paradiesesfrage  aufzustellen  waren«,  aufgezeigt  zu  haben,  so 
dass  «kein  unaufgeklärter  Rest,  nichts  Ungewisses  oder  Zweifel- 
haftes zurückbleibt,  sondern  alles,  was  nach  der  urkundlichen 
Beschreibung  da  sein  soll,  in  der  Wirklichkeit  vorhanden  und 
als  vorhanden  erwiesen  ist«.  So  hat  er  »das  biblische  Sphinx- 
räthsel  gelöst«  (S.  190  f.);  und  darum  war  er  auch  berechtigt, 
"gegenüber  achtzig  vergeblichen  Lösungsversuchen  seine  Schrift 
»Die  Lösung  der  Paradiesesfrage«  zu  benennen,  da  sie  ja  leistet, 
was  sie  verspricht  (S.  IX). 

Sehen  wir  nun  von  diesen  Prätentionen  des  von  seiner  Hy- 


Bücheranzeigen.  239 

pothese  überzeugten  Scliriftstellcrs  ab.  so  ergiebt  sich  allerdings  ein 
anderes  Eesultat.  Eine  Verständigung  mit  dem  Urheber  dieser 
neuesten  Hypothese  ist  freilich  für  alle  diejenigen  von  vornher- 
ein ausgeschlossen,  -welche  wie  Referent  der  Meinung  sind,  dass 
sich  die  Paradiesesgegend  des  Herichtes  in  Gen.  2,  10 — 14  über- 
haupt geographisch  nicht  fixiren  lasse,  weil  dies  infolge  der  feh- 
lerhaften geographischen  Aorstellungcn,  von  denen  der  Verfasser 
des  Derichtes  ausgeht,  einfach  unmöglich  ist. 

Aber  auch  diejenigen,  welche  mit  Engel  der  Ansicht  sind, 
dass  der  Verfasser  eine  bestimmte ,  ihm  —  mehr  oder  weniger 
genau  —  bekannte  Gegend  im  Auge  gehabt  habe,  werden  sich  von 
seiner  Hypothese  nicht  überzeugen  lassen.  Denn  es  ist,  trotz  aller 
Deklamationen  Exgel's  über  das  fälschlicher  Weise  20  Jahrhun- 
derte lang  festgehaltene  Dogma,  zweifelsohne  ein  Unding  ,  die 
Thatsache  zu  negligiren,  dass  Ti'^E  an  allen  Stellen,  wo  es  im 
Alten  Testamente  vorkommt,  Bezeichnung  des  Euphrat  ist.  Hier- 
durch ist  aber  auch  die  Identificirung  des  Hiddekel  mit  dem  Ti- 
gris gesichert,  ganz  abgesehen  noch  von  den  anderen  Beweismo- 
menten, Avelche  hierfür  in  Betracht  kommen. 

Doch  sind  auch  alle  anderen  Behauptungen  über  die  Bestim- 
mungsmomente des  Paradieses  in  Gen.  2,  10 — 14  nicht  minder 
willkürlich  und  verfehlt.  Es  wird  freilich  schwer  halten,  den 
Verfasser  davon  zu  überzeugen,  dass  sämmtliche  39  Beweis- 
punkte vor  einer  unbefangenen,  nicht  durch  subjective  Annah- 
men geblendeten  Beurtheilung  nicht  Stich  halten,  wie  sich  ja  die 
ganze  Hypothese  und  ihre  Vertheidigung  nur  aus  einem  Mangel 
streng  wissenschaftlicher  Schulung  erklären  lässt. 

Zunächst  rücksichtlich  der  Exegese.  Hier  fehlt  es  sowohl 
an  grammatischer  Sicherheit,  als  an  Beherrschung  der  Methode 
in  der  Behandlung  lexikalischer  Fragen.  Wer  nbiinn  ')''"^S"b3 
übersetzt :  »das  ganze  Land ,  das  Havila«  und  das  Perfectum 
b  ^V^\^  V.  10,  als  Gegensatz  zvi  dem  futurisch  zu  fassenden  "IIE"^ 
wird  sich  ausscheiden«,  übersetzt  »und  ist  zugehörig  gewesen«, 
versteht  die  hebräische  Ausdrucksweise  nicht  hinreichend,  um 
auf  Grund  grammatischer  Erörterungen  neue  sachliche  Aufstel- 
lungen zu  wagen.  Schlimmer  noch  wird  bei  dieser  Kunst,  den 
inn  des  hebräischen  Ausdrucks  zu  biegen  und  zu  strecken,  wie 
s  zu  Gunsten  der  Hypothese  wünschenswerth  erscheint,  mit  dem 
Wortschatze  des  Hebräischen  verfahren :  in:  bedeute  als  singu- 


OS 


240  Bücheranzeigen. 

larisches  Mengewort  »Gewässercf,  dies  beweise  die  Stelle  Jon.  2,  4 
)idu  warfst  mich  in  die  Tiefe,  mitten  ins  Meer,  und  Nahar  umgab 
mich«,  zumal  da  V.  6  für  denselben  l^egritf  D^'C  stehe  (S.  53); 
ferner  wird  dem  Nennwort  niH  an  vielen  Stellen  (und  auch 
Gen.  3,  24)  die  Bedeutung  »Feuer«  zugesprochen .  denn  Jes.  66, 
16  heisse  es  ja:  «durch  Feuer  richtet  Jehova  und  durch  sein 
Schwert  mit  allem  Fleisch«  (S.  92).  Auch  die  ganze  Behandlung 
der  Fraa:e ,   ob  I'iirSI  »^Flussanfänge«  oder  «Quellflüsse«  bedeuten 

CT         /  .  T  ~ 

müsse,  zeigt,  dass  der  Verfasser  mit  seinem  logischen  Schematis- 
mus ')  auch  über  sprachliche  Erscheinungen — wie  die  Bedeutungs- 
abwandlunsren  einzelner  Wörter — aburtheilt.  die  nun  einmal  nicht 
nach  den  Gesetzen  einer  starren  logischen  Schablone  sich  voll- 
ziehen. Von  seiner  etymologischen  Methode  werden  aber  fol- 
gende zwei  Beispiele  genügen:  S.  123  »Sem,  der  Ahnherr,  ist 
ein  Symbol  und  bedeutet  das  Eigenthums-  oder  Stajnmeszeichen« 
(wesm) ;  S.  104  . .  wda  der  Name  Lemek.  als  »starker  Jüngling« 
gedeutet,  keinerlei  erträglichen  Sinn  giebt,  ...  so  entsteht  die 
Vermuthung,  dass  der  Name  Lemek  umgcAvandelt  worden  sei 
aus  dem  Worte  Melek  durch  Versetzung  seiner  beiden  ersten 
Konsonanten«,  wie  die  beni  Nebajoth  eigentlich  die  beniBnajoth, 
die  Bewohner  des  Zw'i sehen gebirges,  sind. 

Zu  dieser  Gabe,  den  Inhalt  in  Betracht  kommender  Stellen 
durch  exegetische  Künste  nach  seinem  Willen  sich  zurecht  zu 
legen,  kommt  nun  als  noch  verhängnissvollere  Gabe  eine  über- 
aus reiche  und  freischaltende  Phantasie  hinzvi,  die  den  liest  phi- 
lologischer Zuverlässigkeit  und  objectiver  Erwägung  über  den 
Haufen  Avirft.  Dafür  neben  den  zahlreichen  oben  gegebenen 
Proben  nur  noch  ein  Beispiel.  S.  94  heisst  es:  »Die  Kerubim 
sind  aber  nicht  ausschliesslich  Wetter-,  Sturm  oder  A'ulkan- 
wolke.  Als  Wächter  vor  dem  Garten  sind  und  bedeuten  sie  auch 
die  Vulkane  selbst,  welche  »den  Wolkenschimi«,  die  A'ulkan- 
wolke,  erst  verursachen.  Im  Salomonischen  Tempel,  sowohl  im 
Mittelraum  als  im  Allerheiligsten,  gab  es  an  den  Wänden  rings- 

1;  Vun  diesem  logischen  Schematismus  bietet  ein  sprechendes  Beispiel 
folgende  Kritik  eines  harmlosen  Satzes  bei  "Wetzstein:  »Die  Stelle,  wo  die 
zwei  Flüsse  sich  theilen ,  heisst  capita  fluvioruni",  wozu  Exgel  bemerkt : 
».  .  .  Ein  Theilungspunkt  kann  nicht  capita,  sondern  caput  heissen.  Sodann ; 
nicht  zwei  Flüsse  theilen  sich,  sondern  ein  Fluss  theilt  sich  an  der  betreffen- 
den Stelle  in  zAvei  Flüsse«. 


Bücheranzeigen.  24 1 

herum  Reliel'1)ilder  von  Kerubim,  abwechsulml  mit  r.ilmbilumen 
und  offenen  Blumenkelchen  (wörtlich :  durchbrochene  von  Blumen). 
Diese  beiden  Bildwerke  scheinen  Deutzeichen  der  Kerubim  gewe- 
sen zu  sein  und  lassen  sich  ohne  Künstelei  so  auslegen :  »Die  Palme 
mit  ihren  langhinausgestreckten  und  hcrabhiiugcnden  Zweigen, 
die  wie  ein  Schirm  sich  ausbreiten  nach  beiden  Seiten,  ist  das  Sinn- 
bild der  vulkanischen  Wolke ,  deren  AhnUchkeit  mit  einer  Pinie 
von  Augenzeugen  stets  besonders  hervorgehoben  wird ;  die  offe- 
nen Blumenkelche  aber  sind  ein  Sinnbild  der  Vulkankrater«. 
Sapienti  sat! 

Muss  man  so  alles ,  was  auf  die  Hypothese  selbst  und  ihren 
Erweis  Bezug  hat,  entschieden  zurückweisen,  so  kann  man  doch 
anerkennen ,  dass  sich  manches  Interessante  und  Lehrreiche  in 
der  Schrift  vorfindet.  Denn  der  Verfasser  giebt  in  ihr  eine  ge- 
naue, auf  die  Ileiseberichte  von  Graham  ,  Wetzstein  und  Bur- 
ton gegründete  Beschreibung  der  Harra,  ihrer  Oase  lluhbe, 
sowie  aller  topographischen  Verhältnisse  dieses  entlegenen  Land- 
strichs und  der  Lebensweise  und  Sitten  der  jene  Gegenden  be- 
wohnenden Stämme.  Eine  Averthvolle  P)eigabe  ist  die  nach 
Wetzstein  und  Kiepert  von  Carl  Graf  bearbeitete  Karte  des 
Harra-Districtes  (von  35^  40'  bis  400  20'  östlicher  Länge  von 
Greenwich  und  von  SP  40'  bis  34^  20'  nördlicher  Breite),  welche 
in  dem  geographischen  Institut  von  Ed.  Gabler  zu  Leipzig-Neu- 
stadt ausgeführt  ist.  Überhaupt  ist  die  Ausstattung  der  Schrift 
eine  gute  und  der  Druck  correctw 

Um  so  mehr  muss  man  bedauern ,  dass  das  Ziel  der  ganzen 
Arbeit  ein  so  verfehltes  ist  und  dass  alle  Resultate  derselben 
I  nicht  annehmbar  sind.  Aber  nicht  einmal  das  Verdienst  hat 
Engel,  auf  hydrographische  Verhältnisse  aufmerksam  gemacht 
zu  haben,  die  etwa  dem  Verfasser,  weil  sie  ihm  genau  bekannt 
waren,  vor  Augen  geschwebt  haben  könnten,  als  er  das  Bild  des 
Gottesgartens  und  seiner  vier  Flüsse  entwarf.  Denn  wenn  auch 
die  vier  Flüsse  der  Oase  Ruhbe  in  einen  See  münden,  so  ist 
derselbe  doch  keineswegs  ein  in: ,  der  sich  beim  Austritte  aus 
dem  Gottesgarten  in  vier  Stromanfänge,  also  in  vier  gesonderte 
Flüsse,  theilt. 

Leipzig.  V.  Ryssel. 


Correspoudenzeu. 

Herr  Professor  J.  Gildemeister  schreibt  clor  Redaction : 
Das  vielgesuchtc  Gamala  lag  nach  der  bekannten  Stelle  des 
JosEPHUS  B.  J.4.  1  /rarichea  gegenüber  jenseits  des  Sees«.  Diese 
\no'abe  ist  strict  zu  nehmen  und  es  kann  nicht  gerade  sehr  weit, 
im  Hinterlande  des  Sees,  gelegen  haben,  da  sonst  eben  so  gut 
die  Lage  nach  einem  andern  Punkte,  z.  B.  Tiberias,  hätte  be- 
stimmt werden  können  oder  vielmehr  nach  gar  keinem ;  die  Wahl 
des  Ausdnicks  lässt  fast  schliessen .  dass  es  von  Tarichea  aus 
sichtbar  Avar.  Es  lag  auf  einem  nach  Süden  hin  vom  Gebirge  sich 
abzweigenden  Berg-  oder  Felsrücken,  von  drei  Seiten  sehr  steil 
in  das  Thal  abfallend,  also  am  Zusammenfluss  zweier  AVädi. 
Eine  nach  vom  und  hinten  sich  senkende,  also  die  ganze  Breite 
des  Rückens  einnehmende  Erhöhung  in  der  Mitte  gab  dem  Gan- 
zen das  Ansehn  eines  Kameeis.  Im  Süden  war  die  besonders 
steil  abfallende  Akra.  Innerhalb  der  Mauern  Avar  eine  Quelle, 
mit  der  die  Stadt  abschloss. 

Dem  heutigen Medschdel.  dem  alten  Tarichea.  gerade  gegen- 
über mündet  bei  Kersa  der  Wädi  Samak ,  bei  dessen  oberen  Zu- 
flüssen die  Festung  zu  suchen  wäre.  Die  April-Statements  (1S85, 
S.  S2 — 92)  bringen  Notizen  über  eine  flüchtige  Reise,  welche  Hr. 
Oliphant  im  Januar  d.  J.  in  diese  Gegend  gemacht  und  mit 
einer  Situationskarte  erläutert  hat.  DerGrundriss  (auf  das  Profil 
fällt  kein  Licht]  und  die  Beschreibung  lehren  uns  eine  gute  deut- 
sche Meile  vom  See  eine  Localität  kennen ,  welche .  ohne  dass 
der  Verfasser  diese  Combination  gemacht  hat,  der  l^eschreibung 
des  JosEPHUs  Punkt  für  Punkt  entspricht.  Es  findet  sich  die  von 
Nord  nach  Süd  von  dem  oberen  Plateau  sich  abzweigende  Fels- 
zunge, »das  Vorgebirge«,  mit  Ruinen  einer  bedeutenden  Stadt 
zwischen  zwei  Wädi,  deren  Wände  steile  Abstürze  bilden.  Die  Süd- 
spitze trägt  die  Trümmer  des  noch  heute  so  genannten,  auf  un- 
seni  Karten  eingezeichneten  Kasr  Bardäwil .  das  zwar  in  keiner 
mittelalterlichen  Schrift  erwähnt  scheint,  aber  dessen  Neubau 
in  der  Nähe  einer  strategischen  Hauptstrasse  durch  Balduin  bei 
seinen  transjordanischen  Untersuchungen  vollkommen  wahr- 
scheinlich ist;  es  würde  der  Akra  entsprechen.    Am  nördhchen 


Correspondenzen.  2^3 

Abhang  sprudelt  eine  reichliche,  einen  Teich  füllende  Quelle, 
unmittelbar  bei  den  Kesten  bedeutender  antiker  Bauwerke. 

Hiernach  kann  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  dieser 
Ort  ujid  JosEriiiTs'  Gamala  identisch  sind.  Möglicherweise  hat 
sich  auch  der  Name  noch  spät  erhalten.  Nicht  zwar  in  dem  von 
Seetzen  erkundeten,  aber  seitdem  nicht  wieder  erwähnten  »zer- 
störten Dorf«  Dschemle,  denn  dies  lag  vom  See  nicht  eine  Meile, 
sondern  «eine  Tagereise«  (I,  321)  entfernt  und  vonFik  nicht  nörd- 
lich, sondern  »vier  Stunden  nordöstlich«  (I,  353).  Bei  Idrisi  (oben 
S.  128;  Text  S.  10)  liest  man  den  unauffindbaren  Ort  el-dscha- 
mila,  und  zwar  als  Zusatz  zu  den  älteren,  von  Idrisi  übernom- 
menen Distanzangaben  Istachri  p.  6G,  16.  Ibn  Haukai  p.  126, 
15  des  Textes.  Dass  hiermit,  Avor auf  mich  Hr.  Dr.  Führer  auf- 
merksam machte,  Gamala  gemeint  sein  könne,  ist  höchst  wahr- 
scheinlich. Bei  dem  Textzustand  steht  nichts  entgegen,  el-dsc/ia- 
mala  zu  verbessern,  wovon  eine  Spur  sich  in  der  allerdings  un- 
syntactischen  und  mangelhaften  Lesart  des  Cod.  A  (Note  c  zu 
S.  10  des  Textes)  erhalten  haben  könnte.  Die  Distanz,  ein  Tag 
vonTiberias  (denn  so,  nicht  von  amatä  aus,  ist  nunmehr  zu  ver- 
stehen) passt  völlig  zu  der  des  etwas  näher  gelegenen  flk,  die 
auf  einen  Tag  oder  weniger  angesetzt  wird. 

Bonn,   25.  Juli  1SS5.  J.  Gildemeister. 

Herr  G.  Gatt  schreibt  aus  Gaza,  Juni  1885: 
»Der  Mufti  von  Gaza  besitzt  einen  Garten  im  Gebiete  von 
Anthedon  ,  welcher  Thedat  genannt  wird.  Der  Name  Majumas 
existirt  noch  in  der  Form  Maimas.  Von  der  grossen  Moschee  aus 
führt  ein  geräumiger  Tunnel  gegen  das  Meer  hin,  w'ie  mir  Augen- 
zeugen versichern.  Östliich  vom  Muntär  wurde  in  einem  Grabe 
eine  kupferne  Kiste  mit  allerlei  Ornamenten  gefunden.  Südlich 
von  der  Stadt  ausserhalb  der  alten  Stadtmauer ,  doch  ganz  nahe 
derselben ,  werden  eben  Neubauten  aufgeführt ;  dabei  hat  man 
4  m  tiefen  Schutt,  darunter  röthlichen  Sand  und  massive  Reste 
alter  Bauten  gefunden;  also  haben  auch  dort  ehemals  Gebäude 
gestanden.  —  Am  11.  und  12.  Juni  hat  es  heuer  ausnahmsweise 
stark  geregnet.  —  Zu  dem  Kapitel  »Aberglaub ena  bemerke  ich  : 
»Wenn  der  Lehrer  einen  Biiben  geschlagen  hat.  so  kommt  die 
Mutter  und  beräuchert  die  Stelle  der  Execution\  damit  der  ge- 
schlagene Bube  nicht  das  Fieber  bekomme«. 


Mittheilims  des  geschäftsführeudeu  Ausscliusses. 


Das  diesjährige  Juli-Heft  der  Statements  des  English  Palestine 
Exploration  Fund  enthielt  ein  Beiblatt  mit  der  Ankündigung  :  »The 
Land  of  Jaulan.  By  C.  Schumacher,  C.  E. ,  with  numerous  plans, 
maps,  drawings  and  sketches,  and  an  introduction  by  Laurence  Oli- 
phant(f.  Diese  Ankündigung  war  für  die  Mitglieder  des  geschäftsfüh- 
renden Ausschusses  eine  auffallende  Überraschung,  da  Herr  Schu- 
MACHEK  in  Haifa  dem  Deutschen  Palästina- Verein  eine  Karte  des  Lan- 
des Dschölän  zwischen  Birket  er-Räm  nördlich,  dem  Tiberias-See  und 
dem  Jordan  westlich ,  dem  Rukkäd  östlich  und  dem  Jarmük  südlich 
mit  erläuterndem  Bericht  in  Aussicht  gestellt  hatte.  Der  geschäftsfüh- 
rende Aiisschuss  wandte  sich  daher  sowohl  an  den  Sekretär  des  Eng- 
lish Palestine  Exploration  Fund,  Sir  W.  Besaxt  in  London,  als  auch, 
an  Herrn  G.  Schumacher  in  Haifa,  um  eine  Erklärung  jenes  Titels  zu 
erhalten. 

Ein  Brief  des  Herrn  Schumacher   vom   3.  August  d.  J.  brachte 
dem  geschäftsführenden  Ausschusse  die  willkommene  Gewissheit,  dass 
Herr  Schumacher  die  mit  dem  DPV.  getroffene  Verabredung  genau 
inne  gehalten  habe  und  eine  Karte  liefern  werde,    die  genau  das  obeni 
bezeichnete  und  von  Anfang  an  ins  Auge  gefasste  Gebiet  darstellt.       j 

Der  geschäftsführende  Aiisschuss  hat  darauf  seinerseits  den  Hern 
Sekretär  des  PEF.,  Sir  W.  BESA^-T,  ersucht,  eine  Änderung  des  irre- 
führenden und  unberechtigten  Titels  eintreten  zu  lassen,  und  von  dem- 
selben eine  zusagende  Antwort  erhalten. 

Zu  seiner  Freude  sieht  sich  daher  der  geschäftsführende  Aus- 
schuss  in  der  angenehmen  Lage  erklären  zu  können,  dass  sich  das  Ver- 
halten des  Herrn  Schi^macher  als  ein  vollkommen  tadelloses  heraus- 
gestellt und  dass  derselbe  dadurch  den  Deutschen  Palästina-Verein  zt 

lebhaftem  Danke  verpflichtet  hat. 

Im  Auftrage  : 
Leipzig,   29.  September  1885.  H.  Guthe. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  uud  die  Bauten 
Coustantius  am  heiligen  Grabe. 

Nach  russischen  Berichten  und  mit  Originalbeitrilgen  C.  Scliick's 

herausgegeben  von 

Professor  H.  Outhe  in  Leipzig. 
(Hierzu  Tafel  VI— XIIP. 


Den  langjährigen,  sorgfältig  an  Ort  niul  Stelle  vollzogenen 
Untersuchungen  und  Beobachtungen  des  Herrn  Kaurath  C.  Schick 
ist  es  gelungen  ,  die  für  die  Topographie  des  alten  Jerusalem  so 
wichtige  Frage  nach  dem  Lauf  der  zweiten  Mauer  im  Wesent- 
lichen zu  lösen.  Derselbe  hat  mit  seinen  darauf  bezüglichen  Er- 
gebnissen zugleich  seine  Ansichten  über  die  Beschaffenheit  der 
Grabesstätte  zur  Zeit  Christi  und  über  die  Gestalt  der  300  Jahre 
später  von  Constantin  dort  errichteten  Bauten  zur  Darstellung 
gebracht.  Die  Verbindung  dieser- Gegenstände,  die  an  und  für 
sich  kaum  zu  umgehen  ist,  war  insbesondere  dadurch  veranlasst, 
dass  von  der  russischen  Palästina- Gesellschaft  im 
Jahre  1883  auf  einem  Platze  im  O.  der  Grabeskirche  Ausgrabun- 
gen vorgenommen  wurden,  deren  Funde,  für  sich  allein  unver- 
ständlich ,  nur  innerhalb  eines  ausgedehnteren  Gesichtskreises 
gedeutet  werden  konnten.  Es  wird  daher  das  Verstau dniss  der 
von  Schick  vorgelegten  Darstellung  in  geeigneter  Weise  beför- 
dern, wenn  ich  auch  hier,  dem  Hergang  der  Dinge  folgend,  mit 
den  russischen  Ausgrabungen  beginne.  Zuvor  jedoch 
muss  ich  noch  einige  Worte  über  das  Material,  das  mir  vorliegt, 
und  über  meinen  Antheil  an  dessen  Verarbeitung  sagen. 

Die  erste  vollständige  Veröffentlichung  der  von  Schick  ge- 
wonnenen Erkenntnissebefindet  sich  in  dem  von  der  russischen 

Ztsclir.  d.  Pal. -Ver.  VIII.  17 


211' 


Guthe. 


raliistiuagesellschaft    herausgegebenen    Pravoslavnyj    Pa- 
lei^tinskij  .Sbornik  lid.  III.    Heft  1    (Petersburg  1SS4).    begleitet 
von  IS  lithographirten  Tafeln  (darunter  1 4  Zeichnungen  Schick's) 
inul  28  Photolithographien.  Dieses  schön  ausgestattete  Heft  ent- 
hält ausser  einem   einleitenden  »Vorwort«    S.  I — XTP  »Mitthei- 
lungen des  Archiniandriten  Antonin«  über  die  unter  seiner  Auf- 
sieht vollzogenen  Ausgi'abungen   auf  dem  ))russischen  Platz«  im 
().  der  Grabeskirche  S.  1 — 30,  vermehrt  durch  Auszüge  aus  eini- 
iren  Briefen  desselben  S.31 — 38.  sodann  »erklärende  Notizen  von 
Schick  zu  den  von  ihm  aufgestellten  Plänen  und  Durchschnitten 
(aus  dem  Deutschen  übersetzt  a   S.  39 — 56,  darauf  »Ausgrabun- 
gen auf  dem  russischen  Platz   in  der  Nähe  der  Auferstehungs- 
kirche.  Referat,  gelesen  von  W.  N.Hitkoavg  in  der  Sitzung  vom 
22.   März   1884«  S.  57 — 80  und  endlich  »Beilagen«  S.  81 — 140, 
nämlich  russische  Übersetzungen  von  Quellen  und  Aussprüchen 
der  bisherigen  Forscher  betreffs  der  zweiten  Mauer  etc.    Schon 
ehe  dieses  Heft  durch  die  Güte  Sr.  Excellenz  des  Herrn  Staats- 
rathes  von  Hitrowo  in  meine  Hände  gekommen  Avar.  hatte  der- 
selbe mir  das  deutsche  Original  der  ScHiCK'schen  »Bemerkungen 
zu  den  Plänen  mid  Aufrissen«  (im  Sbornik  S.  39 — 56)  übersandt. 
Der  darüber  angeknüpfte  Briefwechsel  brachte  mir  von  Staats- 
rath  HiTKOAVG  die  bereitwilligst  ertheilte  Erlaubniss ,   die  Publi- 
kation des  russischen  A  ereins  nach  Belieben  benutzen  zu  dürfen, 
und  von  Baurath  Schick   die  Zusage .    mir  Originalzeichnungeu 
zur  Verfügung  stellen  zxi  wollen.    Von  den  sieben  Plänen  und 
Diuchschnitten,   die  ich  am  22.  Juni  d.  J.  erhielt  (vgl.  Tafel  VII 
— XIII),   ist  Tafel  IX  vollständig  neu ,    die  übrigen,   namentlich 
VII,  ATII.  XII,  auf  Grund    späterer  Beobachtungen  in  einigen 
Stücken  geändert.  Sowie  nun  diese  Tafeln  gleichsam  eine  zweite, 
vermehrte  und  verbesserte  Auflage    der  ersten,    im  Palestinskij 
Sbornik    veröffentlichten    Zeichnungen   Schick's    darstellen,    so 
zeigt  auch  der  von  Schick  ihnen  beigegebene  Text  in  mehrfacher 
Hinsicht  einen  durch  fortgesetzte  Beobachtungen  und  neue  Ent- 
deckungen bewirkten  Fortschritt  gegenüber  seiner  ersten  Nieder- 
schrift.    Während  die  letztere  aus  dem  Jahre  1SS3  herrührt,  ist 
die  jüngste  für  Tafel  ATII  und  den  Text  verwerthete  Nachricht  am 
ö.Oct.  1SS5  in  Jerusalem  geschrieben.    Die  A  erbindung  und  An- 
ordnung dieser  von  Schick  stammenden  BegleitAvorte  ist  der  An- 
theil,  der  mir  als  Herausgeber  an  denselben  zukommt.    Ich  habe 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Ikiuteu  Cunstantins  am  h.  Grabe.   247 

es  mir  angelegen  sein  lassen ,   »Schick's  Meinungen  rein  und  un- 
verkürzt zum  Ausdruck  zu  bringen. 

I.  Die  Ausgrabungen  auf  dem  russischen  Platz  im  Frühjahr  1883'). 

Der  russische  Platz ,  dessen  Ausdehnung  und  Lage  in  der 
östlichen  Umgebung  der  Grabeskirchc  aus  Tafel  VH  ersichtlich 
ist.  "wurde  im  Jahr  1&5S  durch  die  russische  Keurierunfr  vom  abes- 
sinischen  Kloster  erworben,  um  dort  die  Gebäude  der  russischen 
Mission,  die  durch  einen  Erzbischof  geleitet  werden  sollte,  zu 
errichten.  Die  spätere  Erwerbung  und  liebauung  des  grossen 
Grundstückes  vor  dem  Jafathore  hatte  zur  Folge,  dass  der  l'latz 
]ieben  der  Grabeskirche  unbenutzt  liegen  blieb.  Doch  wurden 
mehrmals  Untersuchungen  dort  vorgenommen.  Der  französische 
Ingenieur  PiEROTTi  erhielt  1860  von  der  russischen  Regierung  den 
Auftrag,  den  Platz  zu  reinigen ,  und  stiess  dabei  auf  Mauerreste 
von  hohem  Alter.  De  Vogüe  Hess  1861  mit  Erlaubniss  des  rus- 
sischen Konsulates  auf  eigene  Rechnung  graben  und  fand  ausser 
weiteren  Mauerstücken  von  hohem  Alter  die  Reste  eines  Tho- 
res2!.  Die  Arbeiten,  die  Ch.  W.  Wilson  (1864),  Gl.  R.  Gom)ek 
(1872)  und  Clermont  Ganneau  (1874)  ebendort  unternahmen, 
brachten  nichts  wesentlich  Neues  zu  Tage  ^) .  Was  bis  dahin  an 
und  auf  diesem  Platze  bemerkt  und  entdeckt  worden  war,  um- 
fasste  folgende  Reste  aus  dem  Alterthum :  1)  Die  zuerst  von  dem 
preussischen  Konsul  Dr.  E,  G.  Schultz  bemerkten  Säulen- 
stümpfe an  der  westlichen  Seite  der  Strasse  Chan  ez-Zet. 
2;  Einen  von  demselben  Gelehrten  bemerkten  Pilaster  aus  schö- 
nen Steinen  und  von  guter  Arbeit,  der  dicht  südlich  neben  den 
erwähnten  Säulenstümpfen  aus  einer  anscheinend  alten  Malier 
hervortritt  *j.  3)  Alte  Mauerreste  an  dem  Winkel  der  auf  Tafel  ^  I 
mit  (/  und  ?/  bezeichneten  Steinschichten    sowie    die  Mauer  ic. 

1)  Nach  Pravoslavnyj  Palestinskij  Sbornik  III,  1,  S.  I — XII.  1 — So. 

2)  Vgl.  DE  VoGÜK,  Les  egli^BS  de  la  Terre  Sainte  1^9.  Le  temple  de  Je- 
rusalem 117 — 120.  PiEROTTl,  Topographie  ancienne  et  moderne  de  Jerusalem 
(Lausanne  1864]  160. 

3)  Ordnanee  Survey  of  Jerusalem  117 — 120.  Quarterly  Statements  lS7;j, 
18f.  Survey  of  Western  Palestine,  Memoirs:  Jerusalem  251 — 254. 

4)  E.G. Schilt/,  Jerusalem  (1845)  S.  00.  Wiujam.s,  The  holy  Cityll, 
250  ff.    Vgl,  auch  Sepp,  Jerusalem  und  das  h.  liand-  I.  226  ff. 

17* 


04  g  Guthe, 

4)  Die  Kiiinen  des  Thores  Tafel  \l.  HI.    ö)  Einige  Steinschich- 
ten an  verschiedenen  Orten  des  Platzes. 

Der  Grossfürst  Sergej  Alexandrowitsch  Avidmete  während 
seiner  Anwesenheit  in  Jerusalem  1881  auch  dem  Zustande  dieses 
Platzes  seine  Aufmerksamkeit  und  forderte  1882  die  russische 
Paliistinagesellschaft  auf,  denselben  vollständig  vom  Schutt  be- 
freien zu  lassen .  indem  er  zugleich  die  nöthigen  Mittel  für  die 
Ausgrabungen  schenkte.  Im  Auftrage  der  Palästinagesellschaft 
Hess  der  Archimandrit  AxTONiN  in  Jerusalem  am  7.  März  1883*) 
die  Arbeit  beginnen  und  beendigte  sie  im  Juli  desselben  Jahres. 
Die  ausgegrabene  Erde  wurde  auf  Eseln  vor  das  Damaskusthor 
hinausgeschafft. 

AxTOXix  theilt  in  seinem  l^ericht  den  ganzen  Platz  in  vier 
Theile:  In  der  Mitte  ein  längliches  Viereck  mit  den  quadra- 
tischen Pfeilern  q  und  r  und  mit  dicken  Steinplatten  an  seinem 
östlichen  Rande  y  als  den  Resten  eines  alten  Pflasters  (Tafel  VI, 
A]  ;  an  der  Nordseite  ein  länglicher,  unregelmässig  gestalteter 
Raum,  im  N.  durch  eine  hohe,  schlecht  geschichtete  Wand  von 
der  Strasse  der  Kopten  getrennt  (Tafel  \I,  B,  C,  D);  an  der 
Südseite  ein  fast  quadratischer  Theil,  im  W.  und  S.  durch  kleine 
Mauern  eines  sehr  späten  und  theilweise  ganz  neuen  Baues  be- 
grenzt, im  O.  an  das  bereits  erwähnte  Thorgebäude  stossend 
Tafel  VI,  E  ;  an  der  Ostseite,  den  genannten  Theilen  vorgelagert 
und  niedriger  als  diese,  ein  länglicher,  von  S.  nach  N.  sich  aus- 
dehnenderRaum.  mit  dem  Thorgebäiule  J// an  seiner  SW.-Ecke, 
einem  kellerartigen  Raum  G  am  nördlichen  Ende  und  der  alten 
Mauer  w  an  seiner  Ostgrenze ,  die  schon  mehrfach  als  ein  Rest 
der  zweiten  Stadtmauer  betrachtet  worden  ist  (Tafel  VI,  F) . 

In  dem  nördlichen  Raum  zeigte  sich  überall  der  Felsen 
in  einer  Tiefe  von  0,70 — l  m  unter  dem  Schutt,  mit  geringer 
Steigung  nach  W.,  nach  der  Grabeskirche  zu.  Die  schon  früher 
sichtbaren,  demselben  Mauerlauf  angehörenden  Stücke  a.h.c 
und  d  wurden  bis  auf  den  Felsen  biosgelegt  und  dabei  drei  Off- 
nungen entdeckt  (e,  y,  g]^  von  denen"  e  und  ^  wahrscheinlich  spä- 
ter durchgebrochen  worden  sind ,  f  dagegen  eine  ursprüngliche  I 
Thür  sein  mag,  da  die  Mauer  an  ihrer  Südseite  pilasterförmig 
vorspringt.    Die  Steine  liegen  noch   in  2 — 4  Schichten  überein- 

1 ,  Hiernach  ist  meine  irrige  Angabe  in  ZDPV.  VII,  303  zu  ändern. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  IJautcn  Cunstanlins  am  h.  (irabe.  249 

ander,  sind  ^ut  erhalten  und  messen  0,90 — I,bO  in  in  der  Lün^e 
und  0,90 — 1,20  ra  in  der  Breite.  8ie  stehen  also  an  Grösse  den 
Steinen  am  Haram  esch-Schcrif  nach ,  hahen  dafj;egen  grosse 
Ähnlichkeit  mit  den  Steinen  des  Haram  in  Hebron ,  namentlich 
die  des  Mauerstückes  d.  Die  Front  der  Mauerstücke  ist  nach  S. 
gewandt.  Unter  dem  Schutt  kam  weiter  nördlicli  die  niedrige, 
wohl  gleichmässig  geschichtete,  aber  doch  augenscheinlich  späte 
Mauer  h  zum  \'orschein,  bedeutend  dünner  als  die  Reste  (/,  b,  c, 
d  unwl  nicht  wie  diese  auf  dem  Felsen ,  sondern  auf  dem  Schutt 
erbaut.  Die  sie  durchschneidende  Öffnung  i  zeigte  dieselbe  Art 
und  Anlage  wie  die  wohl  einer  verschwundenen  Quermauer  an- 
gehörige  Öffnung  /-.  Dagegen  ruht  die  Mauer  /  wieder  auf  dem 
Felsen  und  kann  ebenfalls  ihres  Materials  wegen  auf  ein  hohes 
Alter  Anspruch  erheben.  Niu'  sind  die  angel)auten  Bogenkon- 
solen,  denen  ein  gleiches  Paar  an  der  gegenüberliegenden  Mauer 
[aa  entspricht,  um  vieles  jünger,  da  einzelne  Spuren  an  den 
Wänden  noch  erkennen  lassen,  dass  die  Bogen  der  gothischen 
Bauart  angehörten.  Es  fanden  sich  im  Schutt  wohl  Fragmente 
von  Marmorplatten,  doch  nicht  als  eigentliche  Keste  eines  Fuss- 
bodens;  sie  können  ebensogut  zur  Bekleidung  der  zerstörten 
Mauern  gedient  haben.  Auch  in  C  konnte  eine  Pflasterung  des 
Bodens  nicht  nachgeAviesen  Averden ;  dagegen  wairde  ein  läng- 
liches ,  unschön  verziertes  Kapital  aus  röthlichem  Gestein  und 
einige  Fragmente  kleinerer ,  aber  zierlich  gearbeiteter  Kapitale 
aus  weissem  Marmor  gefunden.  Als  man  die  hohen  Erdmassen 
aus  der  westlichen,  mit  D  bezeichneten  Fortsetzung  des  Raumes 
C  fortschaffte ,  zeigte  sich  der  Rest  eines  schönen ,  regelmässig 
gebauten  Piedestals  und  in  seiner  Linie  ein  Pflaster  von  Marmor- 
platten ,  die  4  cm  dick  waren  und  wie  im  Feuer  zersprungen  er- 
schienen. Auf  diesen  Platten  standen  die  hohen  Mauern  der  im 
W,  und  S.  anstossenden  abessinischen  Gebäude.  Der  unter  den 
Platten  anstehende,  jedoch  um  9  cm  vertiefte  Felsen  setzt  sich 
übrigens  bis  zur  nahen  unterirdischen  Kreuzfindungskapelle 
(s.  Tafel  VII)  fort.  Jenes  Piedestal  blieb  völlig  verbindungslos. 
Aktonin  vermuthet,  es  habe  hier  eine  andere  Abtheilung  alter 
Gebäude  begonnen,  doch  fand  er  auch  im  Innern  der  sorgfaltig 
untersuchten  Kreuzfindungskapelle  nichts,  was  auf  eine  A'erbin- 
dung  von  dort  her  hingewiesen  hätte. 

Die    das    mittlere    Viereck  A   am   Westrande   begrenzende 


.)r,()  Guthe, 

Mauer  m  zeigt  durch  ihr  Äusseres  unverkennbar,  class  sie  oft 
umo-ebaut  Avorden  ist;  in  verschiedener  Höhe  sind  .Spuren  von 
Thüren  und  Fenstern  sichtbar;  grosse  mit  Huckehi  versehene 
Steine  Avechsehi  mit  kleinen  Fehlsteinen.  Besonders  bemerkens- 
werth  sind  drei  Bogenkonsolen  [n].  von  denen  die  mittlere  be- 
deutend breiter  ist  als  die  zwei  äusseren  inid  die  offenbar  einst 
ein  Gewölbe  getragen  haben.  —  Zunächst  wurde  der  durch  den 
güthischen  Bogen  o  zugängliche  Kaum  zwischen  der  Mauer  ((  und 
dem  abessinischen  Gebäude  geleert.  Ein  den  Bogen  fortsetzen- 
des gleichartiges  Gewölbe  überdeckt  denselben ;  da  es  sich  nach 
innen  zu  allmählich  erhöht,  so  hat  es  ursprünglich  die  Decke 
einer  ansteigenden  Treppe  gebildet,  die  in  das  Innere  des  zuge- 
hörigen Gebäudes  hinaufführte.  Diese  Treppe  wurde  erst  abge- 
brochen, nachdem  der  Gang  dem  russischen  Gebiete  einverleibt 
Avar.  Sowohl  die  Thür  als  auch  der  Gang  haben  mit  den  Mauern 
a.  b.  c,  f/ und  Z  gar  keine  bauliche  Verwandtschaft ;  wohl  aber  hat 
die  alte  Mauer  /  den  Plan  des  anstossenden  neueren  Gebäudes 
bedino-t.  —  Der  Felsen  wurde  neben  der  Mauer  m  in  einer  Tiefe 
von  1,40  m  gefunden  ;  er  war  mit  dünnen,  unregelmässigen  und 
sehr  beschädigten  Platten  bedeckt.  In  der  Nähe  kam  ein  runder, 
mit  rothem  Cement  bekleideter  Wasserbehälter,  dessen  Tiefe 
1,10  m  und  Durchmesser  1,70  m  betrug,  zum  Vorschein  (Tafel 
VI,  p)  mit  einem  zuführenden  Kanal,  der  fast  unmittelbar  unter 
dem  Pflaster  verlief  und  selbst  mit  kleinen  Platten  bedeckt  war, 
etwa  25  cm  tief  und  breit.  Seine  Spuren  verloren  sich  im  Schutt. 
Solche  Anlagen,  bemerkt  Axtonix,  pflegen  mit  Cisternen  zusam- 
menzuhängen ;  sie  sollen  nämlich  das  Wasser  von  der  Erdober- 
fläche sammeln  und  es ,  nachdem  sein  Schmutz  sich  auf  ihrem 
Boden  als  Schlamm  abgesetzt  hat,  der  benachbarten  Cisterne  zu- 
führen. Die  Arbeiten  lieferten  sonst  nichts  von  Bedeutung  auf 
diesem  mittleren  Viereck  zu  Tage. 

Der  fast  quadratische  Theil  E  im  S.  war  mehr  als  2  m  hoch 
mit  Schutt  bedeckt.  Unter  demselben  fanden  sich  Reste  eines 
Pflasters  mit  dicken  Platten,  die  in  dem  niedrigeren  Niveau  dea 
östlichen  Platzes  i^  lagen.  Unter  diesem  Pflaster  läuft  der  grosse 
Kanal  6-,  der  unter  dem  griechischen  Abrahamskloster  beginnt, 
den  russischen  Platz  an  der  östlichen  Seite  durchschneidet  und 
etwa  12  m  jenseits  desselben  in  die  Stadtkloake  mündet.  Frist 
nicht  ganz  3  m  tief  und  so  breit,  dass  ein  Mensch  hindurchgehen   } 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  li.  (jrabe.  251 

kann.  l>is  zu  zwei  Drittel  der  Höhe  ist  er  in  den  Felsen  oinge- 
liauen ,  das  oberste  Drittel  besteht  aus  schlechtem  Mauerwerk. 
Die  dicken  und  breiten  Platten,  die  ilni  bedecken,  ^^ind  meist 
zerschlagen.  Der  Ursprung  der  kleinen  Kanäle  an  der  N. -.Seite 
Hess  sich  nicht  mehr  feststellen.  Die  angrenzenden  Mauern  zei- 
gen verschiedene,  aber  jedenfalls  keine  alterthiimliche  Mauart. 

Die  Untersuchung  des  Thorgebäudes  HI  auf  der  Grenze  der 
Theilpliitze  E  und  F  führte  zu  dem  wichtigsten  Abschnitt  der 
Ausgrabungen.  Das  Thorgebüude  hat  nach  W.  eine  etwa  (j  m 
lange  Front,  einschliesslich  des  Durchganges  —  des  einzigen, 
der  noch  erhalten  ist  —  von  etw^a  2,70  m  Lichtweite.  Die  nord- 
westliche Ecke  wird  durch  eine  lOfache  .Steinschicht  gebildet 
und  von  einem  hohen  und  schönen  korinthischen  Kapital  ge- 
krönt. An  der  linken  Seite  des  Durchgangs  (von  W.  heri  zählt 
man  sechs  Steinschichten ;  dann  folgt  ein  kleineres  Kapital  von  rein 
byzantinischer,  kubischer  Form,  das  den  Rundbogen  trägt.  Ge- 
genüber ruht  —  oder  richtiger  ruhte  —  derselbe  auf  einer  die 
rechte  Seite  des  Durchgangs  (von  W.her)  bezeichnenden  Säule 
t,  die  jetzt  nämlich  nicht  mehr  durch  den  Druck  des  Hogens, 
sondern  durch  die  spät  gebaute  Quermauer  u  an  ihrer  Stelle  auf- 
recht erhalten  wird.  Wie  die  völlige  Reinigung  des  Durchgan- 
ges ergab,  besteht  die  Basis  der  Säule  aus  dünnem  und  schlech- 
tem Sandstein,  der  stark  verwittert  und  roh  bearbeitet  ist  wie  die 
Säule  selbst.  Neben  derselben  und  einem  seitwärts  liegenden 
Säulenfragment  stiessen  die  Arbeiter  auf  einen  anderen  roh  be- 
hauenen  Säulenfuss  von  etwas  festerem  Gestein,  der  unverhält- 
nissmässig  gross  und  mit  einem  kunstlos  ausgeführten  Kreuz 
verziert  war.  Es  schien  so ,  als  ob  der  alte  schadhafte  Fuss  der 
Säule  durch  diesen  neuen  hätte  ersetzt  w^erden  sollen .  Da  auch 
das  (geplatzte)  Kapital  der  Säule  unfertig  und  unschön,  ihr 
Kreuzornament  roh  und  nachlässig  gearbeitet  ist,  so  fehlt  diesem 
Theile  des  Thorgebäudes  durchaus  die  Schönheit  und  Regel- 
mässiijkeit,  die  die  nordwestliche  Ecke  desselben  auszeichnen. 
Da  Antonin  annahm ,  dass  das  Ganze  ursprünglich  ein  Doppel- 
thor gewesen  sei,  von  dem  sich  jetzt  nur  die  nördliche  Hälfte  er- 
halten habe,  so  Hess  er  nach  dem  Zimmer  /r durchbrechen  und 
die  Mauer  u  nach  den  Spuren  eines  südlichen  Bogens  untersu- 
chen. Allein  es  fanden  sich  nur  dicke  Platten  auf  dem  Felsbo- 
den .    die   einem  zweiten  Pfeiler  allerdings  wohl  zur  Basis  haben 


-);,-)  Gutlie, 


tlieiieii  können,  und  eine  Menge  Thonscherben.  Lampen  etc.  — 
Die  Nordseite  des  Tliorgebüudes  ist  nicht  ganz  4  ni  lang  und 
enthält  abgesehen  von  der  bereits  beschriebenen  NW. -Ecke  nur 
noch  sechs  Lagen  von  Steinen,  die  et%va  in  der  Mitte  einen  tliür- 
artigen .   bisher  verschütteten  Durchgang    offen   lassen.    Hinter 


*e> 


diesem  Kuinenwinkel  Avar  nämlich  im  Laufe  der  Zeit  ein  Keller, 
ein  Wohnziunner  und  eine  Bäckerei  eingerichtet  worden.  An- 
tonin Hess  deren  Mauern  abbrechen,  so  dass  das  Thorgebäude 
jetzt  freisteht  und  angenehm  in  die  Augen  fällt.  Die  grösste 
Höhe  an  der  NW. -Ecke  beträgt  7,40  m.  Die  Umgebung  ist  mit 
Platten  gepflastert,  die  auf  dem  Felsen  ruhen. 

Betrefls  der  schon  früher  bekannten  (in  einer  Holzhandlung 
versteckten  alten  Mauer  «•  wurde  festgestellt,  dass  sie  auf  dem 
Felsen  ruht  und  sich  in  sechs  nicht  eben  hohen  Steinlagen  etwas 
mehr  als  1  m  über  denselben  erhebt.  Der  aus  ungeheuren 
Blöcken  bestehende  Pfeiler  x  steht  völlig  isolirt  da ;  in  seinen  un- 
tersten Theilen  zeigt  er  dieselben  Eigenthümlichkeiten  wie  die 
Pfeiler  q  und  r  und  mag  auch  einst  wie  diese  als  Stütze  für  Ge- 
wöll)ebauten  gedient  haben.  Der  das  mittlere  Viereck  A  abgren- 
zende hohe  Rand  ij  besteht  aus  ungeheuren  Platten  von  einhei- 
mischem Gestein  und  gehört  augenscheinlich  dem  System  der 
Pfeiler  q  und  r  und  der  Konsolen  n  an,  da  seine  Linie  weder  mit 
dem  Lauf  der  alten  Mauer  aß,  noch  mit  der  Richtung  des  Thor- 
gebäudes ///  zusammenfällt.  In  z  erkannte  Antonin  die  unte- 
ren Reste  einer  schlecht  gebauten,  ziemlich  schmalen  Treppe, 
die  zu  dem  Platze  A  hinaufführte. 

Die  Untersuchung  des  kellerartigen  Magazins  G,  das  von 
dem  dasselbe  bisher  benutzenden  Holzhändler  geräumt  wurde, 
ergab  die  interessantesten  Entdeckungen.  Dieser  von  S.  nach 
N.  1 1,50  m  lange  und  von  O.  nach  W.  0  m  breite  Raum  war  von 
einer  Wölbung  überdeckt,  die  sich  ursprünglich  auf  die  Mauern 
aa  und  hh  stützte.  Vor  nicht  langer  Zeit  fiel  nun  der  westliche 
Theil  dieses  Gewölbes  in  der  ganzen  Länge  des  Magazins  ein. 
musste  aber,  weil  der  Aufgang  zu  den  Gebäuden  der  Kopten  und 
zu  der  Helena-Cisterne  über  dasselbe  führt ,  nothwendig  wieder 
hergestellt  werden.  Daher  wurde,  um  den  noch  übrigen  Theil 
des  Gewölbes  zu  stützen,  die  Mauer  cc  aufgeführt,  die  das  Maga- 
zin um  ein  Bedeutendes  verkleinerte.  Die  östliche  Grenzmauer 
hh  besteht  aus  grossen,    rechtwinkelig  behauenen  Steinen,    die 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  li.  Grabe.  25^ 

offenbar  atis  einem  älteren  Hauwerk  entnommen  und  sorglos 
übereinander  geschichtet  sind,  pjine  breite  Thür  gewährt  zwischen 
den  mit  l  und  2  iTafel  \l  bezeichneten,  stark  verletzten  Säu- 
lenstümpfen  ans  Granit  von  dem  Chan  ez-Zet  her  Eingang.  "Nor 
derselben  führt  eine  Treppe  auf  das  Dach  des  russischen  Maga- 
zins imd  zu  den  koptischen  Gebäuden,  an  der  mehrere  Huden 
liegen.  Die  zweite  derselben  (von  N.  aus)  enthält  einen 
schmucken  Pilaster  {^)  aus  demselben  Material,  das  zu  der 
Mauer  Ob  verwendet  worden  ist,  von  deren  hier  besonders  grossen 
Steinen  umgeben.  Daneben  ragt  noch  ein  1.50  m  langer  und 
0,50  m  breiter  Stein,  wie  eine  ]3ank,  aus  dem  Boden  hervor,  der 
vielleicht  einst  den  oberen  Theil  des  Pilasters  gebildet  hat. 
Ebenso  wie  dieser  sind  auch  die  Säulenstümpfe  1  und  2  jetzt  in 
die  nachlässig  geschichtete  Mauer  bb  aufgenommen.  Da  nun 
diese  Mauer  weder  älter  als  die  Säulen  noch  auch  gleichzeitig 
mit  ihnen  sein  kann  ,  so  bleibt  niir  übrig,  sie  als  jünger  anzu- 
sehen. 

Die  Wegräumung  des  Schuttes  ergab,  dass  das  Plattenpfla- 
ster  des  Raumes  F  und  des  Magazins  G  in  gleichem  Niveau  lag. 
Die  in  letzterem  gefundenen  Platten  hatten  eine  Grösse  von 
0,7U  m  und  mehr;  viele  waren  zerschlagen,  viele  fehlten.  Unter 
ihnen  zeigte  sich  wie  auf  F  der  Felsen.  Während  die  Wand  dd 
auf  diesen  Platten  ruhte,  steht  die  Mauer  cc  auf  Schutt  von  1  m 
Höhe,  der  wahrscheinlich  durch  den  oben  erwähnten  Einsturz 
des  Gewölbes  hier  angehäuft  worden  ist.  Der  südliche  Theil  des 
Magazins  lag  noch  bei  dem  Beginn  der  Arbeiten  tiefer  und  war 
durch  eine  Treppe  von  drei  (oder  vier)  Stufen  mit  dem  um  die  Schutt- 
lage erhöhten  Theil  desselben  verbunden.  Als  diese  Stufen,  aus 
Steinen  verschiedener  Grösse  und  ohne  Mörtel  zusammengelegt, 
am  10.  Juni  gehoben  wurden,  kam  statt  einer  erwarteten  Platte 
des  Fussbodens  die  breite  ScliAvelle  einer  einstigen  Thür  zun\ 
A'orschein ,  bestehend  aus  zwei  sehr  abgeriebenen  und  ausgetre- 
nen  Steinen.  Eine  an  den  inneren  Ecken  abgerundete  längliche 
Vertiefung  bezeichnete  deutlich  die  Flucht  der  ab-  und  zubeweg- 
ten Thorflügel;  zu  beiden  Enden  Avaren  die  eingehauenen .  in 
ihrer  Grösse  etAvas  verschiedenen  Nuten  zu  sehen,  in  denen  sich 
einst  die  unteren  Zapfen  der  Thürffügel  bewegt  hatten.  In  der 
Mitte  der  Schwelle,  w^o  die  beiden  Steine  aneinander  stossen. 
kam  ein  durch  Eisen  stark  ausgefressenes  Loch  zum  Vorschein. 


.)-  1  Gulhe, 

dessen  urspiünK^iche  Füini  freilich  sehr  verletzt,  aber  doch  noch 
als  viereckio"  zu  erkennen  war.    Offenbar  hatte  einst  der  eiserne 
Rieo-el  der  Thür  in  dasselbe  ^efasst.    Daneben  Avurde  noch  ein 
anderes ,   mehr  längliches  Loch  bemerkt ,    das  vielleicht  nur  den 
Rieo-el  des  einen  Thortlügels  hat  festhalten  sollen.  Auch  das  zuerst 
erwähnte  befindet  sich  nicht  genau  in  der  Mitte  der  für  die  Thür- 
zapfen  bestimmten  Nuten.   Auffallend  ist.  dass  alle  diese  zurlJe- 
festiwuno-  der  Thiirfiiigel  dienenden  Nuten  nicht  tiefer  als  2  cm 
sind.    Die  Weite  der  Thür  oder  des  Thores  beträgt  2,58  m.    Die 
Thürtiügel  öffneten  sich  nach  S.    Die  Zugehörigkeit  dieses  Tho- 
res zu  den  umgebenden  alten  Mauern  ee  und  to  ist  zweifellos. 
Denn  einerseits  liegt  die  Thür  genau  in  der  Frontlinie  des  Stückes 
ee.   das  wiederum  von  den  Mauerresten  d  und  aa  untrennbar  ist, 
und  andererseits  erheben  sich  unmittelbar  neben  der  Schwelle 
uno-eheure,  von  der  Feuchtigkeit  zerfressene  Steine,  die,  in  der- 
selben  Breite  mit  der  Mauer  ee  geschichtet,  den  östlichen  Pfeiler 
der  Thür  darstellen  und  unmittelbare  lierührung  mit  der  Mauer 
Zuhaben.  Diese  letztere  wurde  endlich  bis  zum  Beginn  der  l.äOm 
höheren  Wand  hh  verfolgt;   doch  konnte  nicht  festgestellt  wer- 
den,   ob  sie  hier   wirklich  aufliört    oder  ob   sie   sich  innerhalb 
derselben .   gleichsam  als  ihr  Kern ,  hinter  den  unordentlich  ge-  . 
schichteten  Aussensteinen  derselben  noch  fortsetzt.   Sie  kehrt  ihre 
Front  nach  O.  und  ist  bis  jetzt  in  einer  Länge  von  10  m  er- 
forscht 1) . 

Antonin  weist  die  gefundenen  Keste  folgenden  Perioden 
zu.  Die  auf  dem  Felsen  ruhenden  Mauerstücke  a,  6,  c,  d,  l,  aa, 
ee,  w  und  vielleicht  auch  x  betrachtet  er  als  althebräische  Bau- 
werke. Das  Thorgebäude  ///  und  die  Säulen  1 ,  2  nebst  dem 
Pilaster^"  schreibt  er  den  Byzantinern,  die  Pfeiler  q  und  r,  die 
Konsolen  w,  den  erhöhten  Hand  y  mit  der  Treppe  z,  sowie  die 
Keste  h  und  Je  den  Lateinern,  d.  h.  dem  Mittelalter  zu.  Die 
Mauern  Z,  «,  b,  c.  d  und  aa  fasst  er  als  die  südlichen  Keste  eines 
grösseren  alten  Gebäudes  auf,  dessen  nördliche  Mauern  jenseits 
der  Koptengasse  zu  suchen  seien.  Er  vermuthet  näher  in  dem 
Gebäude  einen  Palast  oder  einen  Thurm  aus  sehr  alter  Zeit,  etwa 
den  Thunn  Hananel,  und  will  die  nahen  Thorreste  mit  ihm  in 
Verbindung  bringen ,    da   er  gewichtige  Bedenken  fühlt,  sie  als 

I)  HiTROWO  giebt  ihre  Länge  S.  66  auf  6  Saschen,  d.  i.  12,811  m  an. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.    2") 5 

ein  Stadtthor  zu  deuten.  Namentlich  hält  es  Anton  in  mit  Recht 
für  undenkbar,  dass  die  Flügel  eines  Stadtthores  sich  nach  aussen 
geöffnet  haben  sollen,  was  man  in  diesem  Falle  annehmen 
müsste.  Doch  macht  er  zAxgleich  gegen  sich  selbst  den  Einwand, 
dass  man  nach  der  jetzt  noch  üblichen  Einrichtung  eines  orien- 
talischen Stadtthores ,  das  eben  zwei  durch  einen  rechtAvinkelig 
gebrochenen  Gang  verbundene  Thüren  hat,  vielleicht  einen  zwei- 
ten Ausgang,  südlicher  als  die  gefundene  Schwelle  und  im  rech- 
ten Winkel  zu  ihr  gelegen,  vermuthen  könnte,  \uu\  will  iu  dem 
^Vürfel  X  den  Eckpfeiler  zweier  Bogen  erkennen,  von  denen  der 
eine  nach  der  Mauer  ee,  der  andere  nach  der  Mauer  iv  gespannt 
liabe;  unter  einem  derselben  sei  dann  die  zweite  nach  innen 
>ich  öffnende  Thür  gewesen.  Freilich  giebt  Antonin  selbst 
Aviederum  zu  .  dass  von  einer  zweiten  Schwelle  sich  noch  keine 
Spur  gefunden  habe.  Mit  diesem  Schwanken  hängt  Antonins 
Zweifel  darüber  zusammen,  ob  die  Mauer  tc  als  die  zweite  Stadt- 
mauer zu  bestimmen  ist  oder  nicht.  In  ersterem  Falle  möchte  er 
die  Schwelle  doch  als  Best  eines  alten  Stadtthores  (porta  judicia- 
ria  !*)  auffassen  und  in  den  Mauern  ee  und  aa,  welche  letztere  sich 
in  dem  anstossenden  Holzschuppen  L  noch  Aveiter  nach  N.  ver- 
folgen lässt;  die  zweite  Stadtmauer  erkennen.  —  Den  Pilaster^^' 
setzt  Antonin  mit  den  Säulenresten  1  und  2,  zu  denen  nord^värts 
noch  zwei  andere  (3  u.  4)  in  gleichem  Abstände  unter  sich  und  von 
dem  ersten  Paar  gerechnet  werden  müssen ,  in  Verbindung  und 
betrachtet  ihn,  indem  er  jene  als  Reste  der  bekannten  Propyläen 
des  EusEBius  in  dem  grossen  liau  des  Constantin  über  der  Gra- 
besstätte Jesu  ansieht ,  als  den  südlichen  Eckpfeiler  des  Säulen- 
baues. Dem  würde  sowohl  seine  isolirte  Stellung  als  auch  der 
Umstand  entsprechen ,  dass  sich  nördlich  von  ihm  keine  Spuren 
einer  alten  Mauer  (vgl.  oben  S.  253)  finden,  da  hier  die  durch 
Architrave  oder  Bogen  verbundenen  Säulen  eine  offene  Halle  bil- 
deten. Als  diese  verfiel .  baute  man  zur  Stütze  der  Säulen  die 
Mauer  bb,  so  dass  zwischen  dieser  und  der  Mauer  aa  ein  schma- 
ler Durchgang  in  der  Länge  von  30  m  entstand,  der  in  der  altara- 
bischen oder  fränkischen  Periode  durch  ein  Gewölbe  überdeckt 
Avurde,  das  sich  noch  in  dem  Holzschuppen  L  erhalten  hat.  aber 
in  dem  russischen  Magazin  G  vor  einiger  Zeit  eingestürzt  ist.  — 
Auch  das  Thorgebäude  HI  soll  nach  Antoxin  zu  dem  constan- 
tinischen  Propyläenbau   gehören   und  cntAveder  das  Hauptthor. 


25(3  Guthe, 

durch  welches  man  in  westUcher  Richtung  zu  der  Grabesstätte 
o-elant^te.   oder  das  südlichste  der  drei  Thore  sein.   Er  vergleicht 
seine  Bauart  mit  einem  durch  eine  Säule  in  zwei  Theile  getheil- 
ten  byzantinischen  Doppelfenster  oder  mit  der  Anlage  des  golde- 
nen Thores  am  Haramesch-Scherif.  ergänzt  also  den  heutigen  Rest 
zu  einem  Doppelbogen,   dessen  südliche  Hälfte  gegenwärtig  ver- 
schwunden sei.  ^■ielleicht  ist  ein  ähnlicher  Bogen  als  Eingang  zu 
einer  parallelen,  im  N.  der  Grabeskirche  laufenden  Strasse  noch 
unter  den  koptischen  Gebäuden  verborgen.    Doch  hält  es  Anto- 
MN  für  wahrscheinlicher,    dass   die  Erbauer  der  Propyläen  den 
Ilaupteingang  in  den  S.  der  neuen  christlichen  Stadtanlage  leg- 
ten und  dort  das  heute  nur  zur  Hälfte  erhaltene  Doppelthor  (viel- 
leicht an  der  Stelle  eines  alten  Stadtthores  ?)  erbauten,  indem  sie 
die  alte  grosse  Mauer  im  O.  [aa,  ee)  vermieden.    Die  Mauer  tc  ist 
theilweise    gerettet    worden    durch    die  in  ihrer  linie   erbauten 
Propyläen,   indem  sie  zum  linken  Flügel  eines  grossartigen  Por- 
tikus gemacht  wurde ,  theilweise  aber  musste  sie  verschwinden, 
weil  man  das  neue  christliche  Thor  von  der  Stadt,  genauer  von 
dem  Bazar  aus,   frei  legen  wollte.  —  Die  Pfeiler  q  und  r  verbin- 
det Antonin  mit  den  Bogenkonsolenw  und  erkennt  darin  die  Reste 
eines  Gewölbebaues,   »eines  gedeckten  Portikus«,  der  den  erhöh- 
ten Platz  A  umfasst,  sich  vielleicht  auch  jenseits  der  abessinischen 
Mauer  m  fortgesetzt  habe  und  vonO.  her  durch  eine  in  dem  Rest 
;:  erhaltene  Treppe  zugänglich  gewesen  sei.    Auch  in  der  Umge- 
bunff  des  Pfeilers  x  will  Antonin  die  Spuren  von  späten  Bogen 

O  ... 

erkannt  haben ,  die  von  demselben  nach  vier  Seiten  hin  ausgin- 
geii,  —  Auf  die  Bogenansätze  an  der  W.-  und  O. -Mauer  des 
Raumes  B  stützt  Antonin  endlich  die  Vermuthung .  dass  auch 
hier  einst  ein  Gewölbe  zur  Zeit  der  Franken  oder  noch  später 
vorhanden  gewesen  sei. 

Unter  den  übrigen  Funden,  Kapitälstücken,  Münzen.  Lam- 
pen, erwähne  ich  eine  zerbrochene  Steinplatte  mit  einer  kaiser- 
lich römischen  Inschrift,  die  unter  einander  die  Buchstaben  ent- 
hält {?H|r..  1) .    Auf  einer  alten  Mauer  haben  sich  auch  Reste  von 

semitischen  Buchstaben  gefunden. 

Für  die  Bodengestaltung  ist  von  Wichtigkeit,  dass  die  Grie- 

1]   Vgl.  Cl.  Ganneau  in  Quarterly  Statements  18S4,  194. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  257 

chen  bei  dem  Bau  ihres  südlich  angrenzenden  Hospizes  (1882/83) 
10  m  tief  graben  mussten,  ehe  sie  den  Felsen  erreichten,  wäh- 
rend die  Arbeiter  aiif  dem  russischen  l^latze  das  natürliche  Ge- 
stein durchschnittlich  in  einer  Tiefe  von  1,50  m  unter  der  01)er- 
fiäche  vorfanden.  Der  Felsen  erhebt  sich  innerhalb  des  russischen 
Platzes  von  O.  nach  W.  um  etwa  2  m. 

HiTROWO  versucht  das  Thorgebäude  anders  als  Antomx  zu 
rekonstruiren ;  er  fasst  das  grosse  Kapital  an  der  NW. -Ecke  als 
den  südlichen  Stützpunkt  eines  grossen  mittleren  Durchganges 
auf,  dem  sich  nach  N.  noch  ein  kleinerer,  dem  heute  erhaltenen 
südlichen  entsprechender  Bogen  angeschlossen  habe,  und  denkt 
sich  demnach  die  ursprüngliche  Gestalt  desselben  als  einen  drei- 
thorigen  römischen  Triumphbogen.  —  Die  Spuren  von  gothischen 
Wölbungen  in  und  neben  dem  Räume  B  erklärt  Hitrowo  als 
Reste  des  bis  zu  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  existirenden  Bene- 
diktinerklosters der  lateinischen  Gottesmutter  und  meint,  dass 
die  Treppe  bei  o  einst  wahrscheinlich  aiis  den  Klostergebäuden 
in  die  Kirche  der  lateinischen  Gottesmutter  geführt  habe. 

Man  muss  die  russische  Palästina-Gesellschaft  zu  diesen 
im  zweiten  Jahre  ihres  Bestehens  ausgeführten  erfolgreichen  Ar- 
beiten aufs  beste  beglückwünschen.  Wenn  auch  noch  ein  klei- 
ner Theil  des  russischen  Platzes  im  S.  unerforscht  geblieben  ist, 
so  sind  doch  die  jetzt  vollständig  freigelegten  Reste  sowohl  ihrer 
Lage  als  auch  ihrer  Beschaffenheit  wegen  schon  von  hervorra- 
gender Wichtigkeit.  Freilich  ist  es  ganz  unmöglich,  dieselben 
innerhalb  der  engen  Grenzen  des  russischen  Platzes  zu  deuten; 
um  so  gelegener  kommen  die  Pläne,  dvirch  die  Baurath  Schick  die 
in  Folge  der  russischen  Funde  aufs  neue  angeregten  Furagen  mit 
Hülfe  seiner  langjährigen  13eobachtungen  zu  lösen  sucht.  Ehe 
ich  nun  ihm  selbst  das  Wort  gebe ,  will  ich  noch  kurz  über  die 
anderen  Drucksachen  der  russischen  Palästina-Gesellschaft  aus 
dem  Jahre  1884  berichten  i). 

]3and  II,  Heft  2  enthält  die  Reisen  des  heiligen  Saba,  Erz- 
bischofs von  Serbien,  [in  das  heilige  Land],  herausgegeben  von 
dem  Archimandriten  Leonip,    deren   erste    1225 — 1230,    deren 

1)  Vgl.  meinen  Bericht  über  das  Jahr  1883  in  ZDPV.  VII,  299  ff.  Herr 
Staatsrath  Hitrowo  hat  mir  nachträglich  auch  Bd.  1,  1  und  2  der  Gesell- 
schaftsschriften gütigst  übersandt. 


•j^s,  Giithe, 

zweite  1233 — 1237  angesetzt  -wird;  Heft  3  die  Keise  des  Gost' 
Kaufmann.')  Wasilij  1465/66  ; von  limssa  durch  Kleinasien  \ind 
??vrien  über  Damaskus  und  Kamle  nach  Kairo,  von  da  über  Jeru- 
salem und  Antiochien  durch  Kleinasien  nach   lirussa  zurück], 
ebenfalls     von     dem    Archimaudriten    Leonid    herausgegeben. 
Hand  III.  Heft  1  enthält  diejenigen  Aufsätze .    nach   denen   ich 
üben    referirt   habe,   mit  den  Plänen   etc.  in  einer  besonderen 
Mappe.    In  dem  zAveiten  Heft  des  3.  IJandes  hndet  sich  die  «Ait,- 
vrai;  Aavir/.  |jLT,~po7:oAiTou  'Ecpsoou  xai  -sptooo;  Ttuv   A-j'iwv  'Io-üdv 
herausgegeben,    ins  Russische  übersetzt  und  erläutert  von  Ga- 
briel Destums«.    Der  griechische  Text  iS.  1  —  23   ist  nach  einer 
Kopie  des  in  der  St.  Marcus-Bibliothek  in  Venedig  befindlichen 
Codex  herausgegeben,  nach  dem  schon  früher  Mixgarelli  eine 
in  Graeci  Codices  manuscripti  apud  Nanios  patricios  Venetos  as- 
servati    (Bononiae    1784.  4"    aufgenommene   Ausgabe   besorgte 
(S.  VI  f.  der  Vorrede).    Die  Keise,  -weder  bei  Tobler,  Bibliogra- 
phie etc.,  noch  bei  Röhricht  und  Meisner,  Deutsche  Pilger- 
reisen etc.  erwähnt,    wurde  im  Auftrage  des  konstantinopolita- 
nischen  Patriarchen  Maximos  (III.)  zwischen  1493  und  1499  nach 
den  drei  östlichen  Patriarchaten  luiternommen ;  der  Bericht  über 
dieselbe  wird  von  dem  Herausgeber  als  Avichtig  bezeichnet.     Zu 
diesen  Heften  des  Pravoslavnyj  Palestinskij  Sbornik  1SS4  kommt 
ein  »Bericht  der  orthodoxen  Palästina-Gesellschaft  über  das  Jahr 
lS83yS4«  (Petersburg  ISS 4)  ISöSS.,  der  ausser  mehreren  Rechen- 
schaftsberichten, geschäftlichen  Mittheilungen  etc.  einen  A'ortrag 
von  Prof.  A.  A.  Zagarelli  über  »Grusinische  Denkmäler  im  h. 
Lande  und  auf  dem  Sinai«  und  den  ebenfalls  in  Sbornik  III.    1, 
S.  57  ff.  abgedruckten  Vortrag  W.  N.  Hitroavo's  über  die  »Aus- 
grabungen   auf  dem   russischen  Platz   in  der  Nähe  der  Aufer- 
stehungskirche«   enthält.      Endlich    ist   mit   Unterstützung    des 
Grossfürsten  Paul  Alexandrowitsch  die  Herausgabe    einer  um- 
fangreichen Pilgerschrift   begomien    worden,  von  der  im  Jahre 
1SS4  14  Lieferungen  erschienen  sind:  jjPilgerfahrten  des  W.  Gr. 
Barskij  nach  den  heiligen  Stätten  des  Orients  von  1723  bis  1747. 
Nach  der  Originalhandschrift  von  der  orthodoxen  Palästina-Ge- 
sellschaft herausgegeben  unter  derRedaction  vonN.  Barsukow«. 
Jede  Liefenmg   ist   mit  mehreren  Photolithographien  versehen, 
die  die  von  dem  Verfasser  besuchten  Orte  darstellen;  auch  in 
den  Text  sind  hin  und  wieder  Abbihhnigen  eingereiht.  Die  »Pil- 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantina  am  h.  Grabe.  259 

gorf ahrteiiw  des  liaiskij  -werden  dadurch  zu  einem  selir  lehrreichen 
und  originellen  liilderhuch  ül)er  die  heiligen  .Stätten  des  Orients 
in  der  ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  und  verdienen 
wegen  der  schönen  Ausstattung  geradey,u  ein  l'rachtwerk  genannt 
zu  Averdcn,  dessen  llerausgahe  der  russischen  Palästina-Gesell- 
schaft zur  Ehre  gereicht.  Hoffentlich  Averde  ich  später  die  Leser 
derZDFV.  mit  dem  Inhalt  desselben  genauer  bekannt  machen 
und  damit  zugleich  einen  Theil  meiner  Dankesschuld  für  die 
grosse  Freundlichkeit  des  Herrn  Staatsrath  HiTRowt).  der  mir 
bisher  die  Publikationen  der  russischen  Palästina-Gesellschaft  in 
lie\)enswürdigster  Weise  zugesandt  hat.  abtragen  können. 


II.  Das  Stadtviertel  der  Grabeskirche,  der  Lauf  der  zweiten  Mauer 
Jerusalems  und  die  Bauten  Constantins  am  heiligen  Grabe. 

Erläuterungen  zu  Tafel  VII— XIII 
von  Baurath  C.  Schick  in  Jerusalem. 


Sehr  viele  Forscher,  darunter  die  scharfsinnigsten  Köpfe, 
haben  die  Fragen  der  Topographie  des  alten  Jerusalem  zu  lösen 
versucht.  Wex  von  ihren  Darstellungen  Kenntniss  nimmt,  em- 
pfindet zunächst  nicht  den  angenehmen  Eindruck  einer  Aufklä- 
rung, sondern  sieht  sich  in  ein  fast  unentwirrbares  Chaos  von 
widersprechenden  Gedanken  und  Behauptungen  getrieben.  Erst 
allmählich,  je  genauer  man  das  Einzelne  prüft  und  die  betreffen- 
den Ortlichkeiten  aus  eigener  Anschauung  kennen  lernt,  gewinnt 
man  eine  instinctmässige  eigene  Überzeugung  und  ein  klares 
Bild  von  den  einstigen  Verhältnissen,  So  ist  es  mir  ergangen 
und  so  ergeht  es  gewiss  vielen  Anderen. 

In  diesem  Widerstreit  der  Meinungen  spielte  die  Frage  über 
dieAchtheit  des  heiligen  Grabes  eine  hervorragende liolle.  und  in 
ihre  Erörterung  musste  wiederum  der  Lauf  der  sogenannten 
zweiten  Mauer  mit  Nothwendigkeit  hereingezogen  werden.  Wer 
das  heilige  Grab  als  acht  ansah,  suchte  den  Lauf  dieser  INIauer  so 
zu  bestimmen,  dass  jenes  ausserhalb  derselben  zu  liegen  kam. 
Als  Beweise  pflegte  man  alte  Reste  auf  dem  Muristän  und  die 


200  Guthe, 

noch  aufrecht  stehenden  Säulen  am  Chan  ez-Zet  anzuführen. 
Aber  die  Ahräinnung  des  Mnristän  hat  dargethan.  dass  dort  nie- 
mals eine  Stadtmauer  geAvesen  ist.  Weiter  berief  man  sich  auf 
die  augenscheinlich  alten  Mauerstücke  und  auf  den  Thorbogen, 
die  durch  die  ersten  Ausgrabungen  auf  dem  russischen  Platze« 
im  O.  der  Grabeskirche,  genauer  des  abessinischen  Hofes .  zu 
Tage  gekommen  Maren,  indem  man  jene  als  Reste  der  zweiten 
Mauer  bezeichnete .  diesen  als  den  liest  eines  alten  Stadtthores 
erklärte  Dr.  Sp:pp  .  Aber  auch  diese  Behauptungen  waren  leicht 
widerlegt.  Der  gedachte  Bogen  kann  seiner  IJeschaifenheit  nach 
nie  ein  Stadtthor  gewesen  sein .  und  die  Keste  der  alten  Mauern 
kehren  ihre  Stirn  gegen  die  Stadt  zu,  stehen  also  für  eine  Stadt- 
maiier  geradezu  verkehrt.  Sepp  sagt  daher,  sie  seien  der  Verstär- 
kung wegen  nach  aussen  mit  kleineren  Steinen  gefüttert  worden, 
andere  dagegen,  die  grossen  Steine  seien  von  der  Aussenseite 
fortgenommen  worden  und  dgl.  m.  Aber  alle  diese  Ausflüchte 
sind  werthlos ,  weil  die  Mauerreste  ihre  ursprüngliche  Dicke 
haben.  Die  Thatsache,  dass  sie  verkehrt  dastehen,  blieb  räthsel- 
haft.  Auch  ich  habe  lange  vergeblich  nach  einer  Erklärung  der- 
selben gesucht. 

Erst  die  im  Sommer  1S83  von  der  russischen  Palästina-Ge- 
sellschaft vollzogenen  x\usgrabungen  haben  mir  Licht  in  das  selt- 
same Dunkel  dieser  Ruinen  gebracht.  Man  fand  die  stark  ausge- 
tretene Unterschwelle  eines  Stadtthores,  das  mit  den  alten  Mauer- 
resten in  Verbindung  stand  und  auch  wie  diese  verkehrt  erschien, 
insofern  sich  einst  die  Thürflügel  gegen  die  Seite  des  heiligen 
Grabes  hin,  nicht  nach  dem  Innern  der  befestigten  Stadt  zu.  ge- 
öffnet haben.  Der  Thorbogen  erwies  sich  dagegen  als  völlig  iso- 
lirt  gegen  die  Mauerreste  und  scheint  ursprünglich  byzantinisch, 
jedoch  in  einer  viel  späterenZeit — nach  einer  Zerstörung  etwa  — 
erneuert  worden  zu  sein,  während  jene  Reste  off"enbar  aus  der 
Blüthezeit  des  Volkes  Israel  herrühren.  Unter  der  Wölbung  des 
Bogens  wurde  ein  grosser,  nach  O.  geneigter  AJizugskanal  ent- 
deckt; dies  kann  zur  Bestätigung  der  Annahme  dienen,  dass  der 
Bogen  einst  einen  Weg,  eine  Strasse  überspannt  hat.  MerkAvür- 
diger  Weise  wurde  auf  dem  ganzen  Platze  keine  Cisteme  gefun- 
den, wohl  aber  festgestellt,  dass  der  Felsen  sich  im  westlichen 
Theile  desselben  um  2  m  erhöht  und  senkrecht  niedergehauene 
Ränder  hat.    Der  Felsen  ausserhalb  der  alten  Mauerreste  um 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  2GI 

2  m  höher  als  innerhalb  derselben  —  schien  das  nicht  "wieder 
verkehrt  zu  sein  oder  wenigstens  gegen  die  einfachsten  Kegeln 
der  liefestigungskunst  zu  Verstössen  i  Denn  die  blossgelegten 
Mauern  sindjcdcnfalls  Überbleibsel  irgend^velcher  alter  Festungs- 
werke, Die  übrigen  Funde  Avarfen  kein  Licht  auf  diese  eigen- 
thümlichen  Verhältnisse;  die  sonstigen  Mauerreste  sind  aus  so 
verschiedenen  Zeiten  und  so  oft  umgebaut,  dass  eine  sichere  Deu- 
tung derselben  unmöglich  ist.  An  dem  Eingangsgewölbe  [näm- 
lich zu  G  Tafel  VI]  lassen  sich  z.  B.  sechs  verschiedene  Bauzei- 
ten unterscheiden ;  es  ist  eben  zerstört  und  wieder  gebaut  wor- 
den in  mehrfachem  Wechsel,  bis  der  gegen Avärtige  Verfall  ein- 
trat. Vieles  stammt  zweifellos  aus  der  muslimischen  Zeit  und  hat 
für  die  Erkenntniss  der  alten  Beschaffenheit  dieser  Stätte  keinen 
Werth.  Ich  fasste  daher  hauptsächlich  nur  die  wirklich  alten 
Keste  ins  Auge  und  überlegte ,  Avelche  Stelle  im  alten  Jerusalem 
und  in  den  Bauten  des  Constantin  ihnen  anzuweisen  sei.  Nach 
langer  vergeblicher  Mühe  und  erst  nachdem  ich  die  ganze  Um- 
gebung genau  untersucht  hatte,  trat  ein  immer  deutlicher  wer- 
dendes Bild  von  der  Anlage  und  dem  Lauf  der  zweiten  Mauer 
sowie  von  den  Bauten  Constantins  am  heiligen  Grabe  vor  meine 
Seele,  das  ich  in  den  beigegebenen  Zeichnungen  dargestellt  habe. 
Ehe  ich  jedoch  dieses  selbst  ausführe  ,  wird  es  von  Nutzen  sein, 
das  von  mir  in  Betracht  gezogene  Terrain,  soweit  es  mir  bekannt 
ist,  zu  beschreiben. 

1.    Das  Stadtviertel  der  Grabeskirche. 

Tafel  VII  stellt  grösstentheils  nur  das  Erdgeschoss  oder  die 
unteren  Räume  des  die  Grabeskirche  einschliessenden  Stadtvier- 
tels dar,  soweit  sie  bekannt  sind.  Mit  Hülfe  dieser  unteren  Mauer- 
züge kann  man  sich  aber  auch  die  oberen  Räume  leicht  vorstel- 
len, da  in  der  Regel  doch  immer  Mauer  auf  Mauer  steht.  Eine 
besondere  Aufmerksamkeit  erfordert  die  verschiedene  Höhen- 
lage der  einzelnen  Gebäude. 

Gehen  wir  zunächst  von  der  Mitte,  von  der  Kirche  des  hei- 
ligen Grabes  selbst  aus.  Die  Rotunde  mit  dem  heiligen  Grabe 
und  den  angrenzenden  Kammern,  der  Platz  der  Lateiner  im  N., 
der  Armenier  im  S.,  die  Umgebung  des  Salbungssteins,  die 
Adamskapelle  mit  der  Wohnung  des  griechischen  Archimandri- 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VIII.  18 


2(32  Guthe, 

ten.  der  Eiiudgang  mit  den  drei  Kapellen  der  Dornenkrone,  der 
Kleidcrvertheiliing  und  des  Longiniis.  das  Gefängniss  Christi  so- 
wie der  benachbarte,  den  Griechen  gehörige  nördliche  Kaum  lie- 
gen sämmtlich  in  der  gleichen  Ebene.  Ein  -oenig  höher  erhebt 
sich  die  griechische  Kirche  mit  der  "Weltmitte  und  dem  Chor, 
sowie  die  lateinische  Marienkapelle  und  die  Klausuren.  Von 
diesem  allgemeinen  Niveau  der  Kirche  führt  aus  dem  Rundgange 
nach  O.  eine  lange  Treppe  abwärts  in  die  Helenakapelle,  von  hier 
eine  zweite  in  gleicher  Richtung  wiederum  abwärts  in  dieKreuz- 
findungskapelle,  die  ursprünglich  eine  Cisterne  gewesen  sein 
wird . 

Was  die  Umgebung  der  Kirche  anlangt,  so  befinden  sich  der 
freie  Hof  im  S.  sowie  die  Kapellen  der  vierzig  Märtyrer  (über 
dieser  erhebt  sich  der  alte  Glockenthurm  ,  der  Maria  Magdalena 
und  des  Jakobus  an  seiner  W. -Seite .  ferner  der  Eingang  zum 
Abraharaskloster,  die  armenische  Jakobskapelle,  die  Michaelka- 
pelle der  Abessinier  (Kopten',  die  Kapelle  der  ägyptischen  Ma- 
ria und  die  aufwärts  führende  Treppe  zur  lateinischen  Marien- 
oder Schmerzenskapelle  an  seiner  O.- Seite  in  gleicher  Ebene. 
Unter  dem  Hofe  sind  eine  Anzahl  Gewölbe ,  die  jetzt  als  Kloake 
dienen.  Ihre  östlichen  Pfeiler  sind  gemauert,  nur  die  langen 
westlichen  sind  aus  dem  Felsen  gehauen,  und  noch  weiter  nach 
AV.  nähert  sich  das  natürliche  Gestein  den  Fliessen  des  Hofes 
bis  auf  wenige  Zoll.  Im  S.  des  Hofes  führen  drei  Stufen  zur 
Gasse  hinauf,  aus  deren  Rande  einige  Säulenstümpfe  hervorra- 
gen, die  wahr:^cheinlich  von  einer  einstigen  Halle  herrühren. 
Die  Gasse  setzt  sich  jenseits  der  kleinen  Thür  nach  O.  in  glei- 
chem Niveau  fort ;  auch  das  neue  griechische  Gebäude  mit  den 
Ruinen  des  iiissischen  Platzes  an  ihrer  Nordseite  und  der  Muri- 
stan  an  ihrer  Südseite  liegen  ziemlich  in  der  gleichen  Ebene. 
Zu  dem  Markt  [sük]  im O.  geht  es  etwas  bergab.  Während  die  süd- 
liche Hälfte  der  Strasse  Chan  ez-Zet  das  Niveau  des  Marktes  beibe- 
hält, fällt  ihre  nördliche  Hälfte  ziemlich  stark  ab,  so  dass  man 
von  der  Ecke  bei  dem  Johanniterhospiz  und  der  porta  judiciaria 
die  Härat  el-Chänkä  wieder  ziemlich  steil  hinaufsteigen  muss. 
An  der  Südseite  dieser  Strasse  erhebt  sich  die  Kirche  des  h.  Ka- 
ralombos,  dahinter  das  gleichnamige  Pilgerhaus  und  Kloster,  zu 
denen  weiter  westlich  von  der  genannten  Strasse  aus  zwischen 
einigen  Nebengebäuden  (Läden  etc.    der  Eingang  führt.  DieGe- 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  263 

bände  des  Hofes,  zu  dem  man  ehvas  ansteigt,  liegen  ungefähr 
in  derselben  Ebene;  seine  vier  Cisternen  sind  sämmtlich  im 
Schutt  aufgeraauert ,  -während  ringsum  der  Felsen  ganz  nahe 
unter  der  Oberfläche  ansteht  und  die  ganz  in  Felsen  gehauene 
Helenacisterne ,  deren  Wasser  von  einem  zuerst  südlich,  dann 
westlich  gerichteten,  bedeckten  Gange  durch  ein  (jetzt  verschlos- 
senes) Schöpfloch  erreicht  werden  kann,  nur  wenige  Meter  vom 
Hofe  entfernt  ist.  An  die  beschriebene  griechische  Gebäude- 
gruppe schliessen  sich  westlich  einige  Läden,  eine  Ölmühle  ''ein 
besonders  alter  Bau,  der  mit  der  Grabeskirche  nie  in^'erbindun^ 
gestanden  hat  und  die  muslimische  'Chänkä«,  das  Pilgerhaus  des 
Saladin.  Man  ist  jetzt  in  der  Strasse  so  viel  gestiegen,  dass  man 
sich  auf  dem  Boden  und  dem  Hofe  der  Chänkä  ebenso  hoch  be- 
findet wie  die  gewölbten  Decken  der  Klausuren  neben  der  latei- 
nischen Kapelle  der  Erscheinung  Maria" s  sind. 

Die  von  der  Härat  el-Chänkä  südlich  abbiegende  Strasse  im 
AV.  der  Grabeskirche  verläuft  ziemlich  eben,  mit  einem  nur  ge- 
ringen Gefälle  nach  S.  Der  Fussboden  der  Läden  zu  beiden  Sei- 
ten liegt  eben  so  hoch  wie  das  Niveau  der  Strasse ,  dagegen  be- 
deutend höher  als  der  Fussboden  der  Grabeskirche,  so  dass  z.  B. 
derMachsan  el-Belik  über  die  Kapelle  der  Syrer  bis  an  die  Rück- 
wand der  Rotunde  hineingreift.  Weiter  nach  S.  ist  eine  kleine 
Moschee,  daran  schliesst  sich  die  griechische  Klostermühle.  Der 
Eingang  von  der  Strasse  führt  zuerst  eben,  dann  wenig  abwärts 
in  eine  Anzahl  Gemächer  und  in  die  Kirche  der  h.  Thekla.  An 
der  von  der  Patriarchenstrasse  nach  O.  abzweigenden  Gasse  be- 
finden sich  südlich  zunächst  einige  Läden ,  in  denen  Devotalien 
verkauft  zuwerden  pflegen;  daneben  führt  eineThürin  gleichem 
Niveau  in  die  Moschee  Omar's,  vor  der  nach  N.  zwei  Läden  und 
ein  Garten  mit  mehreren  Bäumen  liegen.  Die  Gasse  wird  nach 
einer  kurzen  nördlichen  Biegung  durch  eine  lange  Treppe  fort- 
gesetzt, die  nach  O.  abwärts  führt  und  an  dem  freien  Platze  vor 
dem  Ha\;ptportale  der  Kirche  mündet.  Diesem  gegenüber  erhebt 
sich  das  griechische  Gethsemanekloster.  das  meist  auf  sehr  alten, 
mächtigen  Mauerresten  erbaut  ist.  die  sich  noch  ziemlich  weit 
nach  O.  fortsetzen  und  dort  einst  als  die  Fundamente  der  Xord- 
inauer  des  Johanniterhospitals  gedient  haben. 

Ein  zweiter  Umgang  soll  uns  mit  einigen  Anlagen  theils 

IS» 


204  G"^^^' 

unter  dem  Boden,  theils  über  demselben  genauer  bekannt  machen. 
Treten  ■wir  auf  ebener  Erde  in  das  Abraluimskloster  östlich  am 
Vorhof  der  Grabeskirche  ein,  so  führt  die  eine  Treppe  in  das 
obere  Stockwerk  hinauf,  die  andere  Treppe  (nordwärts;  in  die 
Keller  und  Magazine  hinab,  deren  Boden  viel  tiefer  liegt  als  der 
Yorhof.  den  wir  verlassen  haben.  Das  grosse  Magazin,  das  sich 
unter  der  einstigen  Apostelkirche  befindet  und  an  seiner  S. -Seite 
eine  ungemein  dicke  Mauer  hat ,  setzt  sich  in  ziemlich  gleichen 
Dimensionen  unter  dem  abessinischen  Kloster  fort,  dem  dieser 
Kaum  als  Kloake  dient.  Auch  hier  findet  sich  im  S.  die  gewal- 
tig dicke  Mauer,  jenseits  welcher  wieder  Keller  und  eine  ge- 
mauerte Cisterne  unter  dem  neuen  griechischen  Gebäude  liegen. 
Nach  N.  zu  nimmt  wieder  eine  gemauerte  Cisterne  den  Boden 
unter  dem  abessinischen  Kloster  ein;  dann  folgt  die  unterirdi- 
sche Helenakapelle,  darauf  zwei  den  Kopten  gehörige  Cisternen 
'die  eine  theilweise  unter  einer  Gasse,  die  andere  unter  einem 
Gebäude),  darauf  die  zurFelsencisterne  der  Helena  führende,  im 
oberen  Theil  gemauerte  Treppe,  endlich  noch  eine  Cisterne ;  alle 
diese  Wasserbehälter  sind  ebenso  wie  die  schon  oben  erwähnten 
im  Karalomboskloster  in  den  Schutt  hineingebaut.  Dasselbe  gilt 
von  der  Cisterne  im  Johanniterordenshospiz,  w^ährend  sich  etwa 
18  m  nach  OSO.  entfernt  unter  dem  Garten  des  früheren  deut- 
schen Konsulats  eine  in  den  Fels  gehauene  befindet.  Der  Unter- 
grund neben  der  Treppe  des  Hospizes  besteht  aus  einer  mäch- 
tigen Schuttlage ;  denn  für  die  Fundamente  der  Gebäude  an  der 
N. -Seite  der  Strasse  musste  sehr  tief  gegraben  werden,  bis  man 
auf  den  Felsen  stiess.  Meine  JJeobachtungen  in  dieser  Gegend 
konnte  ich  weiter  ausdehnen,  als  ich  vor  etwa  zehn  Jahren  wie- 
derholt mit  der  Verlegung  der  Abtritte  in  der  Grabeskirche  unter 
das  koptische  Kloster  zii  thun  hatte.  Der  Abzugskanal,  der  etwa 
140  m  lang  ostwärts  bis  zur  alten  Stadtkloake  läuft,  musste  da- 
mals unter  dem  koptischen  Kloster  und  eine  bedeutende  Strecke 
weiter  durch  den  lebenden  Felsen  gehauen,  konnte  aber  dann, 
da  der  Felsen  neben  der  Kirche  des  h.Karalombos  plötzlich  auf- 
hörte ,  durch  Schutt  und  Erde  w'eitergeführt  werden.  Wo  die 
Gasse  der  porta  judiciaria  östlich  gegenüber  überdeckt  ist,  hob 
sich  jedoch  ebenso  plötzlich  der  Felsen  wieder  bis  auf  wenige 
Zoll  unter  dem  Strassenpflaster,  so  dass  der  Kanal  wieder  durch 
das  natürliche  Gestein  gehaiien  werden  musste.    Dieser  Wech- 


Die  ZAveite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  265 

sei  zwischen  Schutt  und  Felshoden  trat   hei  der  ^yciterfühvung 
des  Kanals  noch  einmal  ein. 

Wir  hegehen  uns  nun  in  die  südliche  Hälfte  der  Gasse  Chan 
ez-Ztt.  Zwischen  den  Läden  vor  dem.  russischen  Platz  stehen 
die  hekannnten  drei  Säulen  .  die  l'berreste  der  Propyläen  des 
Konstantin.  Eine  vierte,  die  ich  seihst  noch  gesehen,  ist  ver- 
schwunden, seitdem  durch  die  Mauer  eineThür  gehrochen  wurde, 
um  in  dem  hinter  derßelhen  hefindlichcn  Gewölbe  ein  llolzmaga- 
zin  anzulegen.  Für  denselben  Zweck  wurde  das  Gewölbe  auch 
din-ch  eine  Quermauer  von  dem  nördlichen  Theil  abgeschlossen, 
der  jetzt  eine  grosse  Kloake  bildet.  Der  Boden  dieser  liäurae 
sowie  der  Läden  und  des  vorderen  Theiles  des  russischen  Platzes 
liegt  ziemlich  in  derselben  Ebene,  während  dieser  letztere  in  der 
L'mgebung  der  beiden  alten  Pfeiler  und  wohl  auch  der  Unter- 
grund der  koptischen  Gebäiule  einige  Meter  über  der  Strasse  em- 
porragt (vgl.  die  Durchschnitte  Tafel  X  u.XII).  Vor  den  Säulen 
führt  eine  Freitreppe  auf  das  Dach  des  den  Russen  gehörenden 
Gewölbes,  über  dessen  Nordende  der  Weg  sich  theilt.  Der  eine 
geht  abwärts  nach  N.  über  das  oben  erwähnte  Holzraagazin  und 
die  Kloake  hinweg,  vermittelt  durch  mehrere  Thüren  den  Zu- 
gang zu  den  Zimmern  des  koptischen  Gebäudes  und  endet  nörd- 
lich an  dem  sogenannten  Dar  Isaak  Be,  dem  jetzigen  Arnien- 
hause  der  Lateiner.  Der  letzte  der  koptischen  Räume  im  N.  ist 
ein  sehr  langes  ,  von  O.  nach  W.  sich  ausdehnendes  niedriges 
Tonnengewölbe,  an  dessen  Ende  sich  das  Schöpf  loch  der  Hele- 
nacisterne  befindet.  Ein  ähnliches,  ebenso  langes  Tonnenge- 
wölbe läuft  demselben  nördlich  parallel ;  es  gehört  zum  Dar  Isaak 
Be  und  stützt  sich  im  N.  auf  eine  ungemein  dicke  Mauer,  die 
zugleich  die  Grenze  gegen  die  Gebäude  des  griechischen  Kara- 
lombosklosters  bildet.  Der  Boden  dieser  beiden  Gewölbe  ist  et- 
was tiefer  als  der  Hof  des  genannten  Klosters ,  so  dass  der  von 
dort  zum  (verschlossenen  Schöpfloch  der  Helenacisterne  füh- 
rende schmale  Gang^)  theilweise  hoher  liegt.  Der  andere  Weg 
führt  längs  der  russischen  Mauer  nach  W.,  biegt  sich  nach  N. 
und  führt  stark  abwärts  geneigt  zvim  Eingang  des  lateinischen 
Armenhauses  (Dar  Isaak  Be) .  Hier  Mcndet  er  sich  Mieder  nach 
-W.  und  endet  vor  drei  Thüren.  deren  eine  uns  südwärts  in  den 

1)  Er  ist  erst  in  neuerer  Zeit  eingerichtet. 


200  Guthe, 

Hof  der  Abessiuier  über  der  Helenakapelle'  und  in  ihr  Kloster 
bringt,  deren  zweite  nordwärts  den  Zugang  zur  Treppe  in  die 
Helenacisterne  erötfnet.  und  deren  dritte  geradeaus  in  eine 
^"orhalle  des  koptischen  Klosters  führt,  wo  man  noch  alte  Reste 
und  Säulen  an  ihrem  ursprünglichen  Orte  vorfindet.  An  der  N.- 
Seite bemerken  wir  zwei  Thüren ;  wir  treten  durch  die  westliche 
ein  und  gelangen  in  den  Ixest  eines  alten  Kreuzganges  ,  in  dem 
noch  sieben  Säulen  stehen.  Unter  diesem  Kaume  hat  man  neuer- 
dings die  Felsengräber  gefunden,  über  die  ich  im  vorigen  Hefte 
dieser  ZS.  S.  171  f.  berichtet  habe.  Einige  Zimmer  des  koptischen 
Klosters  dehnen  sich  über  das  Gefängniss  Christi  und  die  Lon- 
ginuskapelle  aus.  —  Auch  vom  Dar  Isaak  Be  kann  das  Wasser 
der  Helenacisterne  erreicht  werden,  nämlich  durch  ein  Schöpf- 
loch, dessen  Öifnung  sich  genau  über  dem  am  westlichen  Ende 
des  koptischen  Tonnengewölbes  gelegenen  befindet,  so  dass  bei 
gleichzeitigem  Wasserschöpfen  die  Eimer  leicht  aneinander 
stossen  oder  ihre  Stricke  sich  verwickeln  i) , 

2.    Der  Lauf  der  zweiten  Mauer  Jerusalems. 

Dem  aufmerksamen  Leser  wird  es  nicht  entgangen  sein,  dass 
ich  in  dem  vorigen  Abschnitt  eine  grosse  Anzahl  dicht  nebenein- 
ander liegender  Vertiefungen  im  Felsengrunde  unter  und  neben 
der  Grabeskirche  nachgewiesen  habe.  Dieselben  sind  nicht  als 
natürliche  Lücken  des  Gesteins  aufzufassen,  sondern  sind  künst- 
lich und  mit  Absicht  angelegt,  da  die  Eänder  hüben  und  drüben 
meist  steil  abgeschnitten  sind,  da  scharfe,  fast  rechtwinkelige  Bie- 
gungen uns  entgegentreten,  die  sich  in  der  Umgebung,  wie  man 
es  von  einer  natürlichen  Bihlungsform  doch  erwarten  müsste, 
nicht  wiederholen,  und  endlich  die  Höhe  des  natürlichen  Gesteint 
zu  beiden  Seiten  der  Vertiefungen  die  gleiche  ist,  daher  solchen 
schroff'en,  verhältnissmässig  doch  niedrigen  Einschnitt  gar  nicht 
veraiuthen  lässt  vgl.  die  Durchschnitte  Tafel  X.  XH.  XHI). 
Diese  künstlichen  Vertiefungen  konnte  ich  nun  nach  und  nach 

i;  Diese  Bemerkungen  werden  für  den  hier  verfolgten  Zweck  genügen. 
Man  beachte  noch,  dass  alle  alten  Reste  auf  Tafel  VII  durch  Schraffirung  her- 
vorgehoben sind.  Sollten  ergänzende  Mittheilungen  gewünscht  werden,  sa 
bin  ich  gern  zu  weiterer  Auskunft  erbötig. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  2ö7 

zu  einem  zusaramenhüngenilen  Graben  verbinden ,  dessen  I^anf 
ich  auf  Tafel  VII  durch  besondere  Linien  hervorgehoben  liabe. 
Ich  erkenne  in  ihm  einen  ehemaligen  Stadtgraben  und  zwar  sei- 
ner Lage  und  llichtung  nach  den  zur  zweiten  Mauer  Jerusalems 
gehörigen  Festungsgraben. 

Diese  Auffassung  muss  sich  dadurcli  als  richtig  erweisen, 
dass  sich  auf  dem  inneren  (der  Stadt  zugekehrten)  Kande  des 
Grabens  Reste  der  zweiten  Mauer  vorfinden.  Diese  Erwartung 
hat  mich  in  der  That  nicht  getäuscht,  wie  ich  zunächst  für  die 
Umgebung  der  Grabeskirche  zeigen  will.  Vor  der  Cisterne  im 
Garten  des  früheren  deutschen  Konsulats  (s.  oben)  erstreckt  sich 
von  W.  nach  O.  eine  4  m  hohe,  senkrecht  abgehauene  Felswand, 
die  jetzt  die  Nordmauer  des  Gartens  trägt.  In  der  gleichen  Kich- 
tung  nach  O.  Aveiter  fand  ich  in  einem  türkischen  Hause  eine 
sehr  dicke  Mauer,  die  wegen  des  ihr  genau  entsprechenden  Lau- 
fes des  Grabens  als  ein  Rest  der  zweiten  Stadtmauer  aufzufassen 
ist.  Die  Nordmauer  im  unteren  Stockwerk  des  Armenhauses  der 
Lateiner,  Dar  Isaak  Be,  steht  auf  dem  inneren  Felsenrande  des 
Grabens,  ist  mehr  als  2  m  dick  und  erstreckt  sich  nach  W.  noch 
etwas  über  das  Schöpfloch  der  Helenacisterne  hinaus,  wo  aber 
das  alte  Mauerwerk  plötzlich  abbricht.  Südlich  von  der  Helena- 
cisterne finden  sich  freilich  keine  Spuren  einer  alten  Stadtmauer. 
Bei  näherer  Überlegung  muss  dieser  Umstand  vollkommen  be- 
greiflich erscheinen,  weil  die  Mauer  dem  heiligen  Grabe  gegen- 
über bei  dem  Bau  der  constantinischen  Basilika  nothwendig  ab- 
getragen werden  musste.  Wo  dagegen  der  Bereich  der  constan- 
tinischen Bauten  aufhört,  habe  ich  wieder  alte  Reste  gefunden, 
die  auf  die  zweite  Mauer  zurückzuführen  sind.  Nämlich  die  Süd- 
wand des  Abrahamsklosters  ist  noch  heute  4  m  dick  und  erhält, 
wie  die  neuerdings  wegen  des  Neubaues ')  ausgeführten  Nachgra- 
bungen gezeigt  haben,  alte  und  grosse  Steine.  Über  den  Lauf 
der  zweiten  Mauer  in  der  Umgebung  der  Grabeskirche  kann  dem- 
nach kein  Zweifel  mehr  obwalten. 

Wie  ist  aber  der  Befund  auf  dem  russischen  Platze  zu  erklä- 


11  Es  ist  mir  nicht  recht  klar,  welche  Stelle  Schick  hier  meint.  Die  Süd- 
wand des  Abrahamsklosters  steht  zum  grössten  Theil  über  dem  alten  Stadt- 
graben und  hat  nicht  die  Richtung,  die  die  alte  Stadtmauer  hier  haben  müsste. 

(tVTUE. 


26S  Guthe, 

reu '.  Westlich  neben  der  dort  entdeckten  Thorschwelle  stossen 
ZAvei  Manerlilufe  wie  die  Schenkel  eines  Winkels  zusammen ;  der 
eine  ist  hente  noch  nach  X,  zu  verfolgen  bis  zu  der  oben  erwähn- 
ten dicken  Mauer  im  Dar  Isaak  lic.  der  andere  reicht  heute  nur 
noch  über  die  Hälfte  der  Strecke  westlich  bis  zu  dem  Stadtgra- 
ben, hat  sich  aber  wahrscheinlich  einst  bis  zu  der  auch  hier  den 
Rand  desselben  krönenden  Stadtmauer  erstreckt.  So  erhalten 
wir  ein  längliches,  theils  durch  Stadtgraben  und  Stadtmauer, 
theils  nur  durch  Mauern  eingeschlossenes  Viereck,  das  eine  Burg, 
eine  Akra,  gewesen  zu  sein  scheint.  Jerusalem  hatte  mehrere 
solcher  Kurgen,  die  Akra  genannt  wurden  ,  deren  eine  ich  hier, 
auf  dieser  dominirenden  Stätte  neben  der  Grabeskirche,  ansetze, 
wo  schon  Robinson  ,  Wilson  und  Wahren  die  nach  ihrer  Mei- 
nung einzige  Akra  Jerusalems  verzeichnet  haben.  Solche  Hurgen 
waren  grosse,  viereckige  feste  Gebäude ,  die  durch  ähnliche 
Aussen  werke,  Avie  sie  die  jetzige  (/itadelle  hat,  vertheidigt  wer- 
den konnten.  Sie  waren  in  der  Regel  zugleich  die  Regierungs- 
sitze der  Statthalter  und  umfassten  daher  Höfe ,  wo  Gericht  ge- 
halten werden  konnte ,  wo  sich  die  Parteien  versammelten  und 
die  Soldaten  sich  aufliielten.  Von  diesen  Gedanken  aus  habe 
ich  die  auf  dem  russischen  Platz  gefundenen  alten  Reste  zu  dem 
auf  Tafel  IX  und  X  dargestellten  Bilde  verbunden.  Der  eigent- 
liche, grössere  Vorhof  im  S.  zerfällt  in  zwei  Theile,  einen  niedri- 
geren, über  den  ein  Weg  von  O.  nach  AV.  aus  der  Stadt  hinaus- 
führte, und  einen  höheren,  durch  Stufen  zugänglichen,  der  mit 
grossen  Steinplatten  gepflastert  war.  Diese  Terrasse  war  ein 
»Hochpflasteru,  ein  »Forum«,  und  grenzte  gegen  W.  an  eine  Ge- 
richtshalle, wo  amtliche  Geschäfte  abgewickelt  und  Volksange- 
legenheiten besorgt  wurden.  Unter  dem  nördlich  benachbarten 
Thurme  (mit  Fallgitter)  öffnete  sich  der  Haupteingang  zur  Burg, 
der  zunächst  wieder  in  einen  geschützten  Hof  führte,  von  dem 
das  Bollwerk  nach  aussen  hin  vertheidigt  ■werden  konnte.  Inner- 
halb dieses  freien  Raumes  befanden  sich  auch  die  Schöpf löcher 
der  in  den  Felsen  gehauenen  Cisternen,  während  man  innerhalb 
der  eigentlichen  Burg  solche  Anlagen  entweder  aus  Rücksichten! 
der  Bequemlichkeit  oder  der  Gesundheit  vermieden  hatte.  Nachl 
der  Stadtseite  zu  bedurfte  es  eines  solchen ,  den  Zwecken  der 
Vertheidigung  dienenden  Umganges  nicht.  Das  Thor  über  der 
jetzt  gefundenen  Schwelle   führte  von   der   östlichen  Stadt  und 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.    269 


dem  Markt  in  die  l^urg  und  zwar  zunächst  in  den  doppelten  A'or- 
hof,  ül)er  diesen  hinüber  zu  einem  eigentlichen,  nach  W.  sich 
öffnenden  Stadtthor,  das  ich  als  Ephraimsthor  bezeichne.  Einige 
Stufen  theils  innerhalb,  theils  ausserhalb  des  Thores  führten  in 
den  Stadtgraben  hinab,  ^vährend  an  der  anderen  Seite  der  Weg 
etwa  auf  einer  Rampe  hinaufstieg.  Mit  Hülfe  dieser  Annahmen 
gelingt  es  .  die  Funde  auf  dem  russischen  Platz  in  "N'erbindung 
mit  dem  Lauf  der  zweiten  Mauer  zu  deuten. 

Auf  Tafel  YIII  habe  ich  nicht  nur  den  Lauf  der  zweiten 
Mauer,  sondern  auch  die  ganze  nördliche  Hälfte  der  alten  Stadt 
Jerusalem  zu  rekonstruiren  versucht.  Der  Tempelplatz  1)  in  seiner 
Ausdehnung  zur  Zeit  Salomo's,  2)  in  seiner  Erweiterung  durch 
Ilerodes  nebst  der  Burg  Antonia  ist  in  einfacher  grauer  Schraffi- 
rung  dargestellt.  Die  Nordgrenze  des  salomonischen  Tempelbe- 
zirks lasse  ich  mit  dem  Nordende  der  heutigen  Plattform  zusam- 
menfallen. Die  Erweiterungen  des  Herodes  sind  aus  der  Le- 
gende des  Planes  ersichtlich ,  ebenso  die  Stellen ,  die  ich  den 
Thoren  des  Tempelplatzes  und  den  Gebäuden  ausserhalb  der 
SW. -Seite  zuweise.  Die  zweite  Mauer,  Avie  Nehemia  sie  wieder 
herstellte,  ist  in  schwarz  aufgetragen.  Ich  nehme  das  verschüt- 
tete Mauerstück  ausserhalb  der  jetzigen  Ostmauer  des  Haram 
esch-Scherif  in  sie  auf  und  lasse  sie  bei  dem  jetzigen  Salomons- 
thron  in  den  Raum  des  gegenwärtigen  heiligen  Platzes  eintreten. 
Dort  stand  der  »Saal  an  der  Ecke«  Neh.  12,  39  und  das  ebend. 
erwähnte  Kerkerthor,  zu  welchem  man  aus  dem  jetzt  verschütte- 
ten Seitenthal  des  Kidron  hinaufging.  Einen  anderen  Zugang 
zur  Stadt  aus  demselben  Seitenthal  bot  das  Schafthor  Neh.  3,  1, 
das  seit  den  Erweiterungen  des  Herodes  unter  der  Oberfläche 
des  Tempelplatzes  begraben  liegt.  An  der  Stelle  der  späteren 
Antonia  und  der  heutigen  Kaserne  standen  die  Thürme  Mea  und 
Hananel  Neh.  3,  1.  12,  39).  In  der  iNIulde  des  Tyropöonthales 
befand  sich  das  Fischthor  Neh.  3,  3.  12,  39,  an  der  Stätte  des 
heutigen  Johanniterhospizes  das  alte  Thor  a.  a.  O.  Die  dortige 
Strassenkreuzung  liegt  über  dem  ehemaligen  Stadtgraben,  das 
Thor  setze  ich  daher  südlich  von  derselben  an  und  fasse  das  alte 
Gemäuer  an  der  N.-Seite  der  Kreuzung  als  den  Rest  eines  Ge- 
bäudes, nach  welchem  dieser  Ausgang  eigentlich  »Thor  des  ;der) 
alten  .  .  .  . «  hiess.  Die  burgartige  Ecke  der  ]Mauer  entspricht 
dem  «Stuhl  des  Landpflegers«f  Neh.  3,  7  und  ist  ebenfalls  unter 


270  Guthe, 

dem  »mittleren  Tliurm  der  nördlichen  Mauer«  des  Josephus  Bell, 
jud.  V.  7,  4  zu  verstehen.  Nach  Neh.  12,  39  folgt  das  Thor 
Ephraim,  das  nach  Kün.  II.  14.  13  vom  Eckthor  400  Ellen  ent- 
fernt war.  Die  Mauer  war  dort  erbaut ,  wo  der  Boden  sich  nach 
S.  und  SO.  zu  senken  beginnt;  sie  ist  im  Mittelalter  in  die  Nord- 
mauer des  Johanniterhospitals  aufgenommen  worden  und  in  ihren 
Resten  noch  heute  dort  erhalten  vgl.  oben  S.  2^3],  Neh.  3,  8 
folgt  die  Erwähnung  der  breiten  Mauer,  die  einen  vorläufigen 
Anschluss  der  zweiten  Mauer  an  die  erste  gebildet  haben  mag. 
Sie  wurde  »breit«  genannt ,  weil  sie  dammartig  war  und  die  öst- 
liche Einfassung  des  früher  noch  längeren  Hiskiateiches  bil- 
dete*). Nun  werden  Neh.  3,  9 — 11  viele  Bauleute  genannt, 
ohne  dass  ihre  Werke  angegeben  und  das  Eckthor  genannt 
würde,  das  doch  hier  gelegen  haben  muss ;  denn  die  Kön.  II. 
14,  13  (Chron.  II.  25,  23)  angegebene  Entfernung  vom  Ephraim- 
thor kann  nur  nach  W.  gemessen  werden,  weil  die  breite  Mauer 
nach  Neh.  12,  3S  westlich  vom  Thor  Ephraim  sich  befimden  hat. 
Dass  das  fragliche  Thor  an  einer  Ecke  gelegen  hat,  beweist  ausser 
seinem  Namen  auch  Chron.  II.  26,  9  :  »Usia  baute  Thürme  zu 
Jerusalem  am  Eckthor  und  am  Thalthor  und  an  anderen 
Ecken«.  400  jüdische  Ellen  sind  ungefähr  190  m.  In  dieser 
Entfernung  vom  Thor  Ephraim  nach  W.  und  42  m  von  der  N W.- 
Ecke des  Hiskiateiches  nach  N.  ragt  an  der  Biegung  der  Gasse 
altes  Mauerwerk  aus  dem  Boden,  dort  erblicke  ich  die  Stelle  des 
Eckthores.  Neh.  3,  11  befind,en  wir  uns  aber  bereits  bei  dem 
heutigen  Davidsthurm ,  der  mit  dem  Phasael  des  Herodes  und 
dem  Ofenthurm  Neh.  3,  11.  12,  38  identisch  ist.  Daher  beziehe 
ich  die  Arbeit  der  Neh.  3,  9 — 11  genannten  Bauleute  auf  die 
Strecke  zwischen  dem  heutigen  Davidsthurm  und  dem  Anschluss 
der  breiten  an  die  zweite  Mauer. 


1)  Anmerkung  des  Herausgebers :  So  bestimmt  Schick  in  den  Mit- 
theilungen vom  10.  Juni  ISSö  und  auf  Tafel  VIII  die  breite  Mauer.  Indem 
aus  Petersburg  mir  zugesandten  Text  vom  Jahre  1SS3  schwankt  dagegen 
Schick  zwischen  zwei  Ansätzen.  Das  eine  Mal  erklärt  er  die  breite  Mauer 
für  die  erste,  vom  heutigen  Kastell  Citadelle]  sich  ostwärts  bis  an  die  west- 
liche Halle  des  Tempels  erstreckende  Umwallung  der  Stadt,  das  andere  Mal 
lässt  er  sie  mit  der  zweiten  Mauer  zwischen  dem  Thore  Ephraim  und  dem 
Kckthore  zusammenfallen.  Vgl.  meine  Bemerkungen  am  Schluss  der  ganzen 
Darstellung.  GuTHE. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  li.  Grabe.  27  1 

Während  ich  früher  der  Meinung  -war,  dass  die  zweite  Mauer 
sich  etwas  östlich  vom  Davidsthurni  mit  der  ersten  verbunden 
habe  und  dass  desshalb  etwa  vor  der  NW, -Ecke  der  Kesidenz 
des  anglikanischen  liischofs  das  Thor  Gennath  zu  suchen  sei, 
bin  ich  im  Sommer  d.  J.  eines  anderen  belehrt  worden.  Im  Juni 
1885  wurde  nämlich  wegen  der  neuen  Strassenpfiasterung  die 
Gasse,  die  zwischen  den  Geschäftshäusern  der  Herren  Duisberg 
und  Frutiger  im  O.  und  dem  von  einer  Mauer  umgebenen  leereu 
Platz  des  griechischen  Patriarchates  im  Vi.  nordwärts  hinauf- 
führt, bedeutend  erniedrigt  und  zugleich  ein  Abzugskanal  unter 
derselben  angelegt.  Im  Boden  fand  man  Reste  einer  Mauer 
mit  grossen  Steinen ,  die  zweifellos  die  Innenseite  derselben  bil- 
deten. Da  ich  nun  bisher  angenommen  hatte,  dass  das  Geschäfts- 
haus von  Duisberg  und  Frutiger  auf  der  zweiten  Mauer  stehe, 
so  rausste  ich  unter  der  Gasse  die  Aussenseite  derselben  erwar- 
ten und  fühlte  mich  durch  die  Wahrnehmung  des  Gegentheils 
enttäuscht.  Die  Steine  Avurden  damals  zerschlagen  und  wegge- 
schafft. Im  August  d,  J.  schritt  nun  der  griechische  Patriarch 
zur  Ausführung  eines  schon  von  seinem  Vorgänger  Kyrillos  ge- 
fassten  Planes,  nämlich  auf  dem  oben  erwähnten  Platze  ein  von 
mir  entworfenes  grosses  Gebäude  zu  errichten,  in  dessen  Erdge- 
schoss  einBazar  von  30  Läden  und  in  dessen  oberen  Stockwerken 
ein  Hotel  mit  50  Zimmern  eingerichtet  Averden  sollte.  Als  man 
die  Fundamente  grub ,  stiess  man  genau  dem  Eingang  von  Fru- 
tiger &  Cie.  gegenüber,  4,50  m  von  demselben  entfernt,  auf  ganz 
unzAveideutige  Reste  einer  Stadtmauer,  und  zwar  auf  ihre  nach 
W.  gekehrte  Aussenseite.  Am  4.  September  Avurden  sie  auf 
eine  lange  Strecke  hin  blosgelegt  und  zeigten  von  unten  her  gut 
gearbeitete,  fugengeränderte  Steine  mit  rohen,  bauchartigen 
Flächen,  darüber  eine  Lage  glatt  gehauener  Steine,  die  denen  am 
Klageplatz  nur  nicht  in  der  Grösse  gleichkamen  und  denen  des 
DaAidsthurraes  am  ähnlichsten  Avaren.  Ihre  Höhe  betrug  gegen 
1,50  m.  Die  Mauer  Avar  so  fest,  dass  die  Arbeiter  sie  für  Felsen 
hielten.  Als  später  auch  auf  der  Avestlichen  Seite  des  Platzes  ge- 
graben Avurde,  stiess  man  erst  in  einer  Tiefe  von  10  m  auf  festen 
Grund,  ohne  irgendAvelche  Mauerreste  zu  finden.  Offenbar  hat 
also  diese  Seite  des  Platzes  bereits  ausserhalb  der  zAveiten  Stadt- 
mauer gelegen.  Verlängert  man  nun  die  Linien  der  soeben  er- 
Avähnten  Mauerstücke,  deren  erstes  die  Innenseite,  deren  zAveites 


.f-ty  Gulhe, 


die  Aussenseite  darstellt .  nach  S..  so  ergiebt  sich,  dass  hier  die 
zweite  Mauer  in  einer  Dicke  von  ungefähr  3  m  auf  die  Mitte  des 
Da^"idsthurmes  oder  zunächst  auf  die  Ostmauer  des  nördlichen 
Vorbaues  zulief,  der  jetzt  zum  Theil  auf  der  alten  Stadtmauer 
ruht.  Meine  frühere  Annahme  \,  dass  der  Davidsthurm  der  Pha- 
sael  des  Herodes  sei,  Avird  dadurch  insofern  bestätigt,  als  jetzt 
die  Verbindung  desselben  mit  der  z  av  e  i  t  e  n  Mauer  so  gut  Avie 
nacho-CAviesen  jst ,  der  Ilippikus  aber  für  die  dritte  Mauer  als 
Auso-angspunkt  diente  und  daher  AA-estlicher  gelegen  haben  muss. 
Er  entspricht  dem  Thurme  unmittelbar  südlich  neben  dem  heu- 
tio'en  Jafathor^  und  die  Mauer,  die  heute  den  Südrand  des  Burg- 
grabens bildet,  entspricht  dem  Stück  der  ersten  Mauer,  Avelche:^ 
den  Hippikus  mit  dem  Phasael  A^erband.  Das  Thor  Gennath.  hi 
der  alten  Mauer  gelegen  (Josephus  ß.  J.  V.  4,  2j,  setze  ich  in  die 
Nähe  des  Phasael,  AAestlich  A^or  dem  mir  AAahrscheinlichen  An- 
schluss  der  zAAciten  an  die  erste  Mauer.  Oder  die  zAveite  Mauer 
verband  sich  durch  eine  östliche  Biegung  mit  der  ersten;  dann 
Avürde  das  Thor  Gennath  vielleicht  östlich  A'on  dem  Phasael  ge- 
legen haben.  —  Vom  Hippikus  zog  sich  die  alte  Mauer  in  das 
Thal  hinab  zum  Thalthor,  das  nach  seiner  dortigen  Lage  benannt 
Avar  und  mit  seinen  Befestigungen  als  ein  VorAverk  für  die  höher 
liegenden  Thürme  diente.  Der  Weg  führte  von  demselben  un- 
terirdisch. AA-ie  noch  heute  in  Kerak,  zur  Stadt  hinauf  und  folgte 
dann  der  Richtung  des  heutigen  Burggrabens. 

Tafel  VIII  bringt  ausserdem  die  AbAA-eichungen  der  dritten 
Mauer  von  dem  Lauf  der  heutigen  Stadtmauer  in  ihrem  AACSt- 
lichen  Theile  zur  Anscha\uing.  Auch  hier  bin  ich  in  meiner  Re- 
konstruktion den  Spuren  des  alten  Stadtgrabens  gefolgt  2). 

Tafel  IX  und  X  zeigen  im  Grundriss  und  im  Durchschnitt 
die  Lage  Golgotha's  und  des  heiligen  Grabes  ausserhalb  der 
zAveiten  Mauer,  mithin  ausserhalb  des  Gebietes,  das  Jerusalem 
zur  Zeit  Christi  einnahm  Job.  19.  17.  Matth.  27,  32.  Ilebr.  13. 
1 2) .  Der  Hügel  Golgotha  erhob  sich  demnach  unmittelbar  neben 
dem  Stadtgraben  und  dem  Thore  Ephraim  gegenüber,  «nahe  bei 
der  Stadt«  (Joh.  19,  20  ;  gcAviss  gingen  dort  viele  Menschen  vor- 


1;  S.  ZDPV.  I,  226  fr.  Der  Davidsthurm  in  Jerusalem. 
2)  Vgl.  ZDPV.  I,  15  ff.,  Avo  ich  den  alten  Stadtgraben  im  NAV.  nachge- 
wiesen habe. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  273 

Über  (vgl.  Matth.  27,  39.  Mrc.  15,  29).  Ich  habe  den  Schraer- 
zensAveg  auf  beiden  Tafehi  durch  kleine  Kreuze  angegeben.  Er 
begann  bei  der  Antonia  und  führte  nach  einer  südwestlichen  Hie- 
gung  durch  den  Thalgrund,  imweit  des  alten  Fischthores.  Durch 
dieses  Thor  kam  Simon  von  Kyrenc  in  die  Stadt  hinein,  der  ge- 
zAvungen  Avurde ,  Jesu  das  Kreuz  nachzutragen.  Atis  dem  Thale 
setzte  sich  der  Weg  in  Avestlicher  Richtung,  die  heutige  "^Akabet 
et-Tekje  hinauf,  fort,  lenkte  vom  Markte,  dem  jetzigen  Chan  ez- 
Zet,  zu  der  oben  beschriebenen  Burg  neben  der  zweiten  Mauer  um 
(vgl.  Tafel  IX),  überschritt  die  neugefundene  Schwelle  auf  dem 
»russischen  Platze« ,  durchschritt  die  Wachthalle  auf  der  Stelle 
des  jetzigen  Thorbogens  und  führte  durch  das  Thor  Ephraim 
nach  der  Golgotha  genannten  Höhe  hinaus.  —  Dass  in  der  Ge- 
gend der  heute  gezeigten  Grabesstätte  wirklich  altjüdische  Grä- 
ber angelegt  zu  werden  pflegten,  habe  ich  durch  meine  Mitthei- 
lung in  ZDPV.  VIII,  171  ff.  erwiesen.  Es  konnte  also  auch  der 
Kathsherr  Joseph  von  Arimathia  hier  ein  Grab  in  seinem  Garten 
haben  aushauen  lassen. 

3.     Die  Bauten  Constantins  am  heiligen  Grabe. 

Durch  die  Eroberung  Jerusalems  70  nach  Chr.  w^urde  die 
ZAveite  Mauer  stark  zerstört  und  der  Stadtgraben  vor  derselben 
mit  einer  grossen  Menge  Schutt  angefüllt.  Erst  der  Kaiser  Con- 
stantin  Hess  an  der  Stätte  dieser  Ruinen  neue  grosse  Bauten  auf- 
führen ,  die  der  Bischof  Eusebius  von  Cäsarea  als  Augenzeuge 
beschrieben  hat^).  Er  beginnt  bei  seiner  Beschreibung  im  W., 
am  Grabe  Christi,  rückt  nach  O.  vor  und  endet  bei  den  Propy- 
läen am  Markte.  Die  heilige  Höhle  wurde  nach  Eusebius  aufs 
glänzendste  geschmückt  und  mit  Säulen  umstellt.  An  der  öst- 
lichen Seite  dieser  Anlage,  der  «Anastasis(f  (Auferstehung  ,  wurde 
unter  freiem  Himmel  ein  geräumiger  Platz  angelegt,  mit  geschlif- 
fenen Steinen  gepflastert  und  auf  drei  Seiten  mit  Säulenhallen 
umgeben.  An  der  vierten,  der  O. -Seite,  erhob  sich  die  Basilika, 
ein  grossartiger  Bau  von  gewaltiger  Höhe  und  bedeutender  Länge 
wie  Breite.  Der  Boden  und  die  Mauern  waren  im  Innern  mit 
bunten  Marmorplatten  belegt;    die  Aussenseite   der  Wände  be- 

1)  Vita  Constantini  III,  c.  33—40. 


274  Guthe. 

?tand  aus  polirten  und  sorgfältig  gefügten  Steinen.  Das  Dach 
war  nach  aussen  mit  Blei  gedeckt .  nach  innen  dagegen  fein  ge- 
täfelt und  mit  glänzendem  Golde  überzogen.  Das  Hauptschift" 
hatte  rechts  und  links  je  zwei  Seitenschifle,  deren  Säulen  theils 
unter,  theils  über  'der  Erde  standen  und  deren  Decken  ebenfalls 
mit  Gold  verziert  waren.  Während  die  Seitenschiffe  sich  auf  fein 
gearbeitete  Pfeiler  stützten ,  wurde  das  Mittelschiff  von  mächti- 
gen Säulen  getragen.  Drei  nach  O.  gerichtete  Thore  gewährten 
den  Gläubigen  Zutritt.  Ihnen  gegenüber  ragte  der  krönende 
Theil  des  Ganzen,  das  Hemisphärion.  empor,  das  von  zwölf  Säu- 
len —  nach  der  Zahl  der  zwölf  Apostel  —  umstellt  war  und  die  • 
Höhe  der  Basilika  erreichte.  Unter  diesem  Kuppelbau  —  denn 
eine  Kuppel  ist  ein  eigentliches  Hemisphärion  —  stand  wohl  der 
Altar,  der  freilich  als  selbstverständlich  nicht  erwähnt  ist.  An 
die  beiden  Langseiten  der  Basilika  grenzten  Vorhöfe  und  an 
diese  Säulenhallen.  Im  O.  neben  dem  Markte  waren  endlich  die 
prächtig  ausgeführten  Propyläen .  die  den  eigentlichen  Eingang 
von  dieser  Seite  her  bildeten. 

ToBLER  u.  A.  sind  der  Meinung,  dass  Eusebius  dort,  wo  er 
das  Hemisphärion  erwähnt,  auf  die  Höhle  zurückgehe  und  die 
sie  umgebende  Rotunde  die  Anastasis)  beschreibe ;  aber  sicher- 
lich mit  Unrecht.  Vielmehr  nehmen  Williams  u.  A.  richtig  an, 
dass  das  Hemisphärion  zur  Basilika  gehört  habe,  die  als  das 
Hauptgebäude  auch  nothwendig  einer  Krönung  bedurfte.  Wenn 
auch  die  abendländischen  Basiliken  keine  Kuppel  haben,  so  feh- 
len doch  solche  den  orientalischen  nicht  ^]  oder  sind  sogar,  wie 
bei  der  Hagia  Sophia  in  Konstantinopel ,  in  der  Mehrzahl  vor- 
handen. Schon  Lewin  2'  hat  darauf  hingewiesen .  dass  man  sich 
bei  der  Rekonstruktion  des  alten  Baues  von  den  charakteristi- 
schen Eigenthümlichkeiten  des  gegenwärtigen  Baues  müsse  lei- 
ten lassen .  da  bei  den  Erneuerungen  stets  die  alten  Ideen  beibe- 
halten worden  seien.  So  schliesse  ich  aus  der  jetzigen  Anlage, 
dass  auch  der  ursprüngliche  ]3au  zwei  Kuppeln  und  einen  Rund- 
gang hinter  dem  Altare  gehabt  hat.  Dagegen  ist  der  grosse  Platz 
zwischen  der  Anastasis  imd  der  Basilika  auf  ein  Geringes  zusam- 
mengeschrumpft, da  man  beim  Neubau  nach  einer  eingetretenen 

1]  S.  [Otte?;  Geschichte  der  Baukunst   Leipzig  1860)  96. 
2)  The  siege  of  Jerusalem   London  lSG3j  377. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  275 

Zerstömng  die  Basilika  immer  mehr  nach  W.  einrückte,  so  dass 
ihr  jetzt  das  Katholikon  entspricht.  1)k  Vogük,  .Sepp  u.  A.  irren 
gerade  darin,  dass  sie  den  Worten  des  Eusehius  schnurstracks 
entgegen  den  grossen  Hof  an  die  (). -Seite  verlegen. 

Von  dieser  Auffassung  aus  und  in  steter  Rücksicht  auf  die 
alten  Reste  habe  ich  die  auf  Tafel  XI  dargestellte  Rekonstruk- 
tion des  »Martyriums« ,  wie  der  ganze  liau  auch  genannt  wird, 
unternommen.  Man  wird  leicht  bemerken  ,  dass  der  Bau  auffal- 
lender Weise  eine  gebrochene  Achse  hat.  Doch  kommen  in  alten 
Gebäuden  ungleiche  Winkel  imd  desshalb  wechselnde  Achsen 
gar  nicht  selten  vor,  zumal  da  hier  die  vorhandenen  Reste  der 
alten  Stadtmauer  benutzt  wurden  und  diese  ja  ungleiche  Winkel 
haben  (vgl.  auch  die  Masse  des  Felsendoms). 

In  der  Anastasis  haben  wir  noch  den  ursprünglichen  äusse- 
ren Halbkreis  mit  drei  Apsen.  Auch  die  Säulenstellung  wird  von 
der  jetzigen  Anordnung  der  Pfeiler  nicht  sehr  verschieden  gewe- 
sen sein.  Ich  nehme  an,  dass  sich  ursprünglich  vier  Paar  Pfeiler, 
durch  je  drei  Säulen  getrennt,  gegenüber  gestanden  haben.  Das 
ergiebt  20  Stützpunkte,  während  heute  nur  18  vorhanden  sind; 
aber  es  lässt  sich  nicht  verkennen,  dass  an  den  Pfeilern  der  süd- 
lichen und  nördlichen  Apse  Veränderungen  vorgenommen  wor- 
den sind.  Daher  glaubte  ich  in  der  Rekonstruktion  die  Symme- 
trie herstellen  zu  dürfen.  Die  Höhe  der  Kuppel  habe  ich  nach 
dem  jetzigen  Bau  bemessen.  Die  Grabkapelle  ist  nach  deVogüe 
gezeichnet. 

Die  zwei  Flügel  der  westlichen  Säulenhalle  des  Hofes  fallen 
auf  Stützpunkte  (Pfeiler)  der  heutigen  Kirche ;  die  feste  Mauer 
des  südlichen  entspricht  der  W. -Mauer  der  Grabeskirche  und  der 
S. -Mauer  des  Glockenthurmes,  während  ich  den  nördlichen  auf 
die  lateinische  Kapelle  der  Erscheinung  Maria's  gesetzt  und  nach 
N.  verlängert  habe.  Der  freie  Platz  misst  durchschnittlich  40  m 
zu  45  m,  also  1800  m  im  Quadrat.  Das  Atrium  der  ältesten  Pe- 
terskirche in  Rom  war  2600  m  im  Quadrat. 

Der  fünfschiffigen  Basilika  gebe  ich  eine  Länge  von  65  m 
und  eine  Breite  von  45^/4  m;  sie  deckt  also  einen  Raum  von 
3000  m  im  Quadrat.  Die  erste  Peterskirche  in  Rom  hatte  auch 
fünf  Schiffe ,  nahm  aber  einen  noch  grösseren  Raum  ein.  Dort 
standen  23  Säulen  in  einer  Reihe,  die  Säulen  des  Mittelschiffes 
waren  1 1  m  hoch.  d.h.  ein  Drittel  der  ganzen  Höhe  des  Gebäudes, 


276  Guthe, 

uuJ  die  Weite  des  Mittelschiffes  betrug  24  m.  Ich  habe  für  die 
Basilika  in  Jerusalem  die  Weite  des  Mittelschiffes  zu  20  m  ange- 
nommen, je  17  Säulen  in  eine  Keihe  gestellt,  ihre  etwas  geringer 
bemessene  Höhe  auch  als  ein  Drittel  der  Höhe  des  ganzen  Ge- 
bäudes betrachtet  und  danach  dasselbe  in  den  Durchschnitten 
Tafel  XII  und  XIII  etwa  ebenso  hoch  wie  die  Kuppel  über  dem 
Katholikon  angesetzt.  Die  räthselhaften  Säulen  unter  der  Erde, 
die  vielen  Gelehrten,  z.  B.  auch  Tobler,  ganz  unverständlich 
geblieben  sind,  bildeten  ein  unteres  Stockwerk  in  dem  tiefen 
Raum  des  alten  Stadtgrabens  ;vgl.  die  Durchschnitte) .  Nach  der 
alten  Tradition  sollen  die  Kreuze  von  Golgotha  in  den  Stadtgra- 
ben geworfen  sein  ')  ;  daher  bin  ich  der  Meinung,  dass  man  die 
Kreuze  in  der  Helenakapelle  gefunden  hat,  dass  aber  die  heutige 
Kapelle  der  Kreuzfindung  ursprünglich  eine  Cisterne  war,  deren 
Wand  bei  dem  Bau  der  Basilika  durchbrochen  wurde ,  um  eine 
noch  tiefer  liegende  Stätte  zu  erhalten.  Über  dem  Orte  der 
Kreuzfindung  Avird  sich  innerhalb  der  Basilika  eine  Kapelle  er- 
erhoben haben,  ähnlich  der  heutigen. 

Die  Schiffe  der  Basilika  habe  ich  nach  den  jetzigen  Mauer- 
zügen abgetheilt.  Die  östliche  Aussenmauer  fällt  auf  die  alte 
Wand  der  Russen  und  Kopten  (d.  i.  die  Ostmauer  der  Bing  Ta- 
fel IX) ,  die  südliche  auf  die  durch  die  russischen  Ausgrabungen 
völlig  freigelegten  Reste ,  die  nördliche  auf  die  entsprechende 
Mauer  des  Tonnengewölbes  der  Kopten  neben  dem  Dar  Isaak  Be 
^s.  oben  S.  265  ,  die  westliche  habe  ich  nach  festen,  auf  dem 
Felsen  ruhenden  Mauern  der  heutigen  Grabeskirche  angesetzt. 
Auch  die  inneren  Abtheilungen  der  Schiffe  fallen  mit  jetzigen, 
Mauern  zusammen;  schon  de  Vogüe  hat  in  der  NW^.-Ecke  des 
abessinischen  Hofes  einen  alten  Rest  der  Basilika  selbst  erkannt 
und  als  solchen  abgebildet  -  ,  ihn  aber  irrthümlicher  Weise  dem 
Atrium  zngetheilt,  Avährend  er  dem  Winkel  des  Mittelschiffs 
dort,  wo  dasselbe  an  die  Vorhalle  stiess,  entspricht.  Die  Pfeiler- 
stellung des  nördlichen  Seitenschiffes  fällt  auf  die  S. -Mauer  des 
koptischen  Klosters  und  weiter  nach  O.  auf  Unterbauten  des  Dar 
Isaak  Be,  die  des  südlichen  Seitenschiffes  auf  Reste ,  die  durch 
die   russischen   Ausgrabungen   zu  Tage   gefördert   sind.     Nach 

1     So  noch  Marinls  Saxutl'S  und  Fabri  bei  Tobler,  Golgotha  S.  309. 
2;  Les  Eglises  de  la  Terre  Sainte   Paris  1S60;  126. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantius  am  h.  Grabe.   277 

diesen  Spuren  habe  ich  die  Zwischen vilnmc   der  Pfeiler  für  das 
Ganze  berechnet. 

Die  drei  Eingangstliüren  werden  von  vieh-ii  Forschern  im  (). 
bei  den  Proi)yläen  angesetzt.  Aber  diese  AnMalimc  widerspricht 
sowohl  dem  gegenwärtigen  Hefund,  als  auch  der  Hesclireibung 
des  EusEiuus,  insofern  dieser  das  Ilemisphilrion,  den  Ilanpttheil 
des  ganzen  Baues,  an  die  O. -Seite  verlegt,  und  diesem,  der  auch 
den  Altar  nach  meiner  Meinung  enthielt,  die  llaupteingänge 
nicht  wohl  nahe  sein  konnten,  sondern  ihm  vielmehr  gegenüber 
liegen  raussten.  Wenn  Eusebius  von  den  drei  Thoren  sagt,  dass 
sie  nach  Sonnenaufgang  gelegen  seien,  so  ist  diese  Angabe 
wahrscheinlich  von  der  Seite  des  heiligen  Grabes  aus  zu  ver- 
stehen. Auf  dem  «grossen  Hofect  zwischen  der  Anastasis  und  der 
Basilika  trafen  die  Andächtigen  zusammen.  Wer  aus  den  süd- 
lichen und  westlichen  Stadttheilen  herbeieilte,  trat  dort  ein,  wo 
noch  heute  der  Haupteingang  ist;  wer  aber  von  dem  östlichen 
Stadttheil  aus  die  Basilika  besuchen  wollte,  ging  durch  eines 
der  Thore  am  Markt  zu  den  Vorhöfen,  die  sich  rechts  und  links 
zwischen  den  Längsmauern  der  Basilika  und  je  einem  äusseren 
Portikus  ausdehnten,  und  gelangte  von  diesen  auf  den  grossen 
Hof.  Die  beiden  oberen  Pfeilerreste  auf  dem  »russischen  Platzetc 
sehe  ich  als  Überbleibsel  des  südlichen  Portikus  an ;  nach  ihnen 
habe  ich  den  Abstand  zwischen  den  Pfeilern  der  Portikus  über- 
haupt bestimmt.  Die  Anordnung  der  Dächer  der  Basilika  und 
der  Seitenhallen  ergiebt  sich  aus  den  Durchschnitten. 

Für  die  Rekonstruktion  der  Propyläen  habe  ich  den  Pilaster 
am  russischen  Magazin  ^)  als  Eckpfeiler  betrachtet  und  nach  den 
benachbarten  Säulenresten  den  Abstand  der  einzelnen  Säulen 
berechnet.  Der  Mitte  der  Basilika  gegenüber  war  wohl  der 
Hauptbogen ;  neben  ihm  nehme  ich  an  jeder  Seite  noch  fünf 
Bogen  an.  Ob  dies  das  Richtige  trifft,  muss  dahingestellt  bleiben, 
bis  die  jetzt  durch  Läden  und  Werkstätten  verdeckte  Fortsetzung 
der  betreffenden  Wand  genauer  untersucht  werden  kann.  Trat 
man  zwischen  den  Sävüen  ein,  so  befand  man  sich  auf  einem  un- 
bedeckten, schön  gepflasterten  Platz,  der  rechts  und  links  durch 
eine  Halle  abgeschlossen  wurde,  aus  der  man  nach  N.  und S. ins 
Freie  hinaus  und  seitwärts  auf  Stufen  in   die  schon  erwähnten 

1)  Vgl.  oben  S.  253.  255.  •     GuTHE. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VUI.  19 


.-)-7c  Guthe, 

^■o^hüte  gelangen  konnte.  Wer  im  8.  nicht  die  Treppe  seitwärts 
wählte,  kam  gerade  aus  weiter  in  eine  Thorhalle,  die  von  S.  einen 
Wc''  aus  der  Stadt  her  aufnahm  und  sich  nach  W.  auf  eine  Gasse 
öffnete,  die  etwa  dort  mündete,  wo  heute  der  llaupteingang  zur 
Graheskirche  ist.  In  dieser  Gasse  waren  Kaufläden  und  Ge- 
schäftsstellen für  die  Bedürfnisse  der  Pilger,  wie  sie  hei  Wall- 
fahrtsorten von  jeher  eingerichtet  zu  werden  pflegten. 


III.   Bemerkungen  des  Herausgebers. 

Ich  darf  mich  wohl  der  Hoflnung  hingehen,  dass  es  mir  we- 
der Herr  Baurath  Schick  noch  die  Vertreter  der  russischen  Pa- 
lästinagesellschaft verargen  werden,  w^enn  ich  als  der  Heraus- 
geher ihrer  Arbeiten  in  einer  deutschen  Zeitschrift  einige 
Bemerkungen  hinzufüge,  die  sich  mir  hei  der  Beschäftigung  mit 
denselben  aufgedrängt  haben.  Grundlegend  und  darum  am 
wichtigsten  ist  die  Bestimmung  des  Laufs  der  zweiten  Mauer. 
Die  Merkmale,  nach  denen  Schick  sie  vollzieht,  erschei- 
nen durch  mehrere  Umstände  gesichert:  durch  die  offenbar 
künstliche  Anlage  des  Grabens  im  natürlichen  Gestein,  durch 
die  mehrfach  gefundenen  Mauerreste  auf  dem  inneren  Rande, 
durch  die  genau  entsprechende  ^'erbindung  von  Graben  und 
Mauer  in  der  dritten  Umwallung  der  Stadt.  Was  die  Darstellung 
des  Mauerlaufs  auf  Tafel  MIl  anlangt ,  so  wäre  es  richtiger  und 
lehrreicher  gewesen,  wenn  Schick  die  noch  vorhandenen  alten 
Reste  und  die  nur  auf  ^'ermuthung  beruhenden  Stücke  der 
Mauer  in  augenfälliger  Weise  unterschieden  hätte,  üoch  ersetzt 
Tafel  YII  diesen  Mangel  wenigstens  für  die  Umgebung  der  Gra- 
beskirche. 

Die  Verbindung  der  verschiedenen  Reste  auf  und  neben  dem 
russischen  Platze  zu  einem  burgartigen  Gebäude  /lafel  IX  und 
Xj  ist  geschickt  und  scharfsinnig  vollzogen;  doch  die  Burg  als 
eine  Akra  zu  bezeichnen,  ist  iiTeführend.  Denn  Josephus  kennt 
offenbar  nur  eine  x\kra  in  Jerusalem;  es  ist  also  willkührlich, 
die  Stadt  mit  einer  zweiten  Akra  zu  bereichern.  Da  die  Akra  des 
Josephus  auch  nicht  an  der  Stelle  der  Schick' sehen  Burg  gelegen 
hat,  so  ist  der  Name  Akra  von  dieser  Stätte  rücksichtslos  zu 
streichen,   damit  die  böse  \'erwirrung  in  der  Topographie  Jeru- 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u,  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  279 

salems  nicht  neue  Nahrung  erhalte.  Die  Ihir^  seihst  kann  ohne 
diesen  Namen  bestehen,  und  ihre  Beziehimg  auf  Neh.  3,  7  und 
Josephus  B.  j.  V.  7,  4  ist  ausserdem  viel  ansprechender,  als  ihre 
Henennuuf?  Akra').  Yermuthlich  ist  auch  Schick  an  dersel- 
ben nicht  viel  gelegen. 

Schick  verlegt  in  die  zweite  Mauer  ausser  dem  Kerkerthore 
fünf  Thore ;  von  diesen  glaube  ich  zwei  der  ersten  Mauer  zuwei- 
sen zu  müssen.  Nämlich  das  Thor  Ephraim  und  das  Eckthor 
werden  schon  Kön.  II.  14,  13  gelegentlich  der  Kegierung  des 
Amazja  erwähnt,  d.  h.  etwa  70  Jahre  früher  als  Hiskia,  dem 
Chron.  II.  32,  5  der  Bau  der  »anderen  Mauer  draussen«,  d.  i.  der 
zweiten  Mauer  des  Josephus,  zugeschrieben  wird.  Also  haben 
sie  der  ersten  (alten)  Mauer  angehört  und  zwar,  wie  aus  dem 
Namen  Thor  Ephraim  zu  entnehmen  ist,  ihrem  nördlichen  Laufe 
zwischen  der  heutigen  Citadelle  und  dem  Haram  esch-Scherif. 
Daraus  erklärt  sich  zunächst,  dass  weder  das  eine  noch  das  an- 
dere Thor  in  dem  Berichte  Neh.  3  genannt  ist.  da  dieser  allein 
von  der  äusseren ,  der  zweiten  Mauer  handelt.  Obwohl  nun  das 
Thor  Ephraim  in  dem  Bericht  über  den  Weg  des  zweiten,  nörd- 
lich ziehenden  Dankchores  Neh.  12,  38  f.  genannt  ist,  so  hat 
dieser  das  Thor  selbst  doch  nicht  berührt,  sondern  ist  oberhalb 
desselben  [b  by'a)  vorbeigezogen.  Als  solche  Thore,  die  der  Zug 
wirklich  berührt  [b^],  werden  Neh.  12,  39  genau  dieselben  ge- 
nannt, die  in  dem  Bericht  Neh.  3,  1  ff.  zwischen  dem  Kerker- 
thor und  dem  Ofenthurm  aufgeführt  werden ,  nämlich ,  um  von 
W.  ^vom  Ofenthurm;  zu  beginnen,  das  alte  Thor^  ,  das  Fisch- 
thor und  das  Schafthor,  und  diese  müssen  die  drei  Thore  der 
zweiten    Nord-) Mauer  Jerusalems  gewesen  sein. 

So  dunkel  auch  der  Anfang  der  l^eschreibung  Neh.  12,  38  f. 
erscheint,  so  wird  doch  mit  Sicherheit  angenommen  werden 
können,  dass  die  Aufzählung  der  Punkte  Ofenthurm,  breite 
Mauer,  Thor  Ephraim  von  W.  nach  O.  gemeint  ist.  Das  Thor 
Ephraim  setze  ich  etwa  dort  an,  wo  sich  heute  in  der  Mitte  z wi- 
ll Dass  »der  Stuhl  des  Landpflegers«  eine  Örtlichkeit  Jerusalems  bezeich- 
net, ist  doch  wahrscheinlich.    Vgl.  Keii.  zu  Neh.  li,  7. 

2)  Ich  behalte  der  Kürze  wegen  diesen  Namen  bei,  da  wir  die  richtige 
und  vollständige  Benennung  nicht  kennen.  ScuiLTZ,  Thexius  undBERTUEAU 
ergänzen  »Stadt«,  Hupfeld  undAiiNOLD  »Mauer«,  Hitzig  »Teich».  Die  ersten 
beiden  Ergänzungen  treffen  jedenfalls  das  Richtige  nicht. 

19» 


280  Guthe, 

scheu  der  C'itadelle  und  dem  Haram  esch-Selieiif  die  Haupt- 
strassen von  W.  nach  O.  und  von  8.  nach  N.  kreuzen,  als  den 
llau])tausgang  des  alten  Jerusalem  nach  dem  Gebiete  von 
Ephraim.  Die  Nachricht  Kün.  II.  14.  1."^  bestimmt  die  Entfer- 
nung zwischen  ihm  und  dem  Eckthor  auf  400  Ellen  oder,  die 
Elle  zu  0.45  m  gerechnet,  auf  180  m.  Messen  wir  nun  nach  O. 
hin,  so  bringen  uns  180  m  bereits  an  den  steilen  Kand  des  Tyro- 
pöonthales.  Dort  hat  aber  schwerlich  ein  Thor  gelegen,  weil  wir 
vielmehr  auf  oder  neben  der  Thalsohle  eine  Hauptstrasse  anneh- 
men müssen,  die  im  S.  durch  das  Quellthor,  das  mit  dem  Thor 
zwischen  den  beiden  Mauern  zusammenfallen  wird  Kön.  IL  25, 
4),  in  die  Stadt  eintrat,  in  dem  Mittelthore  Kön.  II.  23,  8)  die 
alte  Nord- Mauer  unweit  des  Tempelplatzes,  in  dem  Fischthore 
die  zweite  Mauer  und  in  dem  heutigen  Damaskusthore  die  dritte 
Mauer  durchschnitt.  Ferner  hat  der  König  Joas  von  Israel  die 
grosse  Ikesche  neben  dem  Thor  Ephraim  Kön.  II.  14,  13)  doch 
gewiss  da  brechen  lassen,  wo  das  Stadtgebiet  von  Natur  leicht 
zugänglich  war,  und  dieses  ist  nicht  östlich  von  jeuer  Strassen- 
kreuzung  der  Fall,  wo  das  Seitenthal  des  Tyropöon  schon  tiefer 
geworden  ist  und  wie  ein  natürlicher  Graben  die  alte  Mauer 
schützte,  sondern  westlich  von  demselben,  wo  das  Plateau  des 
SW. -Hügels  durch  einen  nur  w'enig  gesenkten  Sattel  mit  dem 
hohen  Rücken  der  Wasserscheide  zusammenhängt  ^j.  Wenn  wir 
daher  die  400  Ellen  =  ISO  m  vom  Thor  Ephraim  aus  nach  W. 
messen,  so  gelangen  wir  in  die  Gegend  zwischen  demlliskiateich 
lind  der  Residenz  des  anglikanischen  Bischofs ;  hier  muss  also 
wahrscheinlich  das  Eckthor  angesetzt  und  eine  Ecke  der  alten 
Mauer  nach  S.  oder  SW.  angenommen  werden.  Freilich  kennen 
wir  heute  noch  keine  alten  Reste,  auf  Grund  deren  wir  eine  Ecke 
der  alten  Mauer  hier,  im  O.  der  Citadelle,  ansetzen  könnten.  Ja 
es  wird  sogar  gewöhnlich  angenommen,  dass  die  alte  Mauer  von 
dem  von  mir  für  das  Thor  Ephraim  bestimmten  Fimkte  in  einer 
wesentlich  geraden  Linie  nach  dem  Fhasaelthurme  gelaufen  sei. 
Gründe  sind  dafür  eigentlich  nicht  vorhanden ,  im  Gegentheil 
sprechen  manche  Anzeichen,  wenn  man  genau  prüft,  dagegen. 
JosEPHUs  sagt  ausdrücklich,  dass  die  dreiThürmeHippikus,  Pha- 
sael  und  Mariamne  auf  der  alten  Mauer  gestanden  hätten  (B.  J. 

1,  Vergl.  Taf.  I  der  Terrainkarten  von  C.  Zimmermann. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  liaulen  Constantins  am  h.  Grabe.   281 

V.  4,  3 f.).  Schick  erkennt  mm  den  Maviarane-Tluirrn  in  einem 
Thnrm  der  heutigen  Citadelle,  der  südlich  von  dem  jetzigen  Ein- 
gang gelegen  ist ;  dann  muss  aber  auch  der  Lauf  der  alten  Mauer 
iiher  diesen  Thurm,  nicht  nord-vvärts  an  ihm  vorbei,  gezogen 
werden.  Nach  dieser  auf  Beobachtung  gegründeten  Annahme 
ist  also  weiter  östlich  eine  Ecke  in  der  alten  Mauer  und  daneben 
ein  Thor,  das  nach  NW.  auf  die  Hohe  hinausführte,  zwischen 
dem  Thurme  Phasael  \md  dem  Thor  Ephraim  [a.  o.)  gar  nicht  so 
unwahrscheinlich.  Ferner  weist  eine  Angabe  des  A.  T.  darauf 
hin ,  dass  die  Befestigungen  am  Orte  der  heutigen  Citadelle  all- 
mählich und  zwar  nach  dem  ersten  Bau  der  Ringmauer  aufge- 
führt Avurdcn.  Usia  baxit  »Thürme  auf  dem  Eckthor,  auf  dem 
Thalthor  und  auf  dem  Knick«  oder  Winkel)  Chron.  IL  26,  9, 
d.  i.  an  oder  neben  der  heutigen  Citadelle  \1.  A'ielleicht  ist  der 
N\y. -Abhang  des  SW. -Hügels  ursprünglich  (von  Salomo  nur 
durch  eine  einfache  Mauer  geschützt  und  erst  mit  der  Zeit  durch 
mehrere  etwas  vorgeschobene  Bollwerke  stärker  befestigt  worden. 
Die  salomonische  Mauer  zog  vielleicht  an  der  inneren  .Seite  der 
jetzigen  Citadelle  vorüber  und  veränderte  in  einiger  Entfernung 
südlich  vom  Hiskiateiche  die  nördliche  (nordöstliche)  Kichtung 
in  eine  (rein)  östliche.  Diese  Biegung  war  vielleicht  »die  Ecke« 
des  alten  Jerusalem,  deren  Wichtigkeit  aus  dem  daneben  befind- 
lichen Thor  und  aus  der  nach  NW.  offenen,  wenigstens  von  der 
Natur  ungeschützten  Lage  der  Stadt  begreiflich  wird.  ])ürfen 
wir  Sacharja  14,  10  »das  Thor  der  Ecken«  auch  von  dieser  Stelle 
der  Stadtmauer  verstehen,  so  scheint  dort  die  ausdrückliche  An- 
gabe enthalten  zu  sein,  dass  dieses  Thor  (vgl.  Jer.  3t,  38)  zur 
Zeit  des  Verf.  nicht  mehr  bestanden  hat ;  denn  es  heisst  dort : 
»vom  Thore  Benjamins  bis  zum  Orte  des  früheren  Thores,  bis 
zum  Thore  der  Ecken«.  Auch  die  Veränderungen  und  Neubau- 
ten des  Herodes  an  dieser  Stelle  sind  aus  Josepfius  Bell.  jud.  A'. 
4,  3  f.  bekannt.  Man  muss  daher  auch  mit  der  Möglichkeit  rech- 
nen ,  dass  die  ursprüngliche  Linie  der  alten  Mauer  in  der  Nähe 
der  Citadelle  später  verändert  worden  und  die  »Ecke«  des  zuletzt 
besprochenen  Thores  uns  unwiederbringlich  verloren  gegan- 
gen ist. 

1)  Hiermit  berichtige  ich  zugleich  die  irrige,    von  Schick  oben  S.  270 
verwandte  Übersetzung  dieser  Stelle. 


2§2  Guthe, 

Auf  irgend  einen  Ausgang  in  der  zweiten  Mauer  rauss  jeden- 
falls auch  das  Thor  Benjamin  Jer.37,  13.  38,  7.  Sach.  14,  10  be- 
zogen werden.  Weil  es  dem  Thore  der  Ecken  Eckthore?  Sach. 
14,  10  gegenübergestellt  wird  und  an  der  Stelle  des  Thurmes 
Hananel  in  Jer.  31,  3b  erscheint,  so  möchte  man  es  möglichst 
weit  nach  O.  ansetzen;  auch  muss  es  in  der  Richtung  des  Weges 
nach  Anathoth  gelegen  haben  Jer.  37.  13.  Da  es  Neh.  3  und 
1 2  nicht  genannt  wird,  so  wird  »Thor  Benjamin«  nur  ein  anderer 
Name  für  einen  der  dort  erwähnten  Ausgänge  sein,  vielleicht  für 
das  Schafthor.  Denn  nach  Neh.  3  und  12  muss  es  bei  drei  Tho- 
ren  der  zweiten  Mauer ,  abgesehen  von  dem  Kerkerthore ,  vor- 
läufig verbleiben,  und  auf  Grund  von  Kön.  II.  14,  13  gehören 
Thor  Ephraim  und  Eckthor  der  alten  Mauer  an.  Der  Umstand, 
dass  unter  dem  heutigen  Thorbogen  HI  (Tafel  VI)  ein  unterirdi- 
scher Kanal  sich  hinzieht,  ist  doch  kein  genügender  Beweis,  um 
dort  einen  Stadtausgang  im  Alterthum  zu  fordern.  Gegen 
Schick  s  Ansatz  der  drei  übrig  bleibenden  Thore  in  der  zweiten 
Mauer  wird  sich  kaum  etwas  Gewichtiges  einwenden  lassen. 

Schick's  schon  oben  erwähntes  Schwanken,  ob  die  »breite 
Mauer«  zur  alten  oder  zur  zweiten  Mauer  zu  ziehen  oder  zwischen 
beiden  Mauern  anzusetzen  ist,  begreift  sich  sehr  wohl  aus  der 
Unklarheit  und  Kürze  der  betreffenden  Stellen  des  A.T.  In  Neh. 
3,  8  macht  es  der  Zusammenhang  doch  sehr  wahrscheinlich,  dass 
auch  das  letzte  Glied  des  A  erses  eine  Thätigkeit  der  bei  dem  Bau 
Beschäftigten  bezeichnet.  Daher  passen  die  Übersetzungen  »un- 
berührt lassen«  oder  »stehen  lassen«  (letzteres  von  den  l^abylo- 
niern  gemeint  ^  offenbar  nicht ') .  Buxtorf  hat  mit  Rücksicht  auf 
den  talmudischen  Sprachgebrauch  »wiederherstellen«  vorgeschla- 
gen-j.  und  kürzlich  hat  D.  H.  Müller  zur  Erklärung  eines  him- 
jarischen,  ebenfalls  auf  J^auten  bezogenen  liy  das  hebräische 
HTS'  Neh.  3,  8  in  gleichem  Sinne  verwerthet •*) ,  während  J.  H. 
MoKDTMANis'  das  liimjarische  213?  mit  »vollenden«  übersetzt^  . 
Der  Ausdruck  der  Mischna  n^'^T^'a  »pavimentum,   Pflaster«  liegt 

ly  In  den  Kommentaren  von  BEKTHE.\r  und  Keil  zu  Neh.  3,  8. 

2)  S.  Lexicon  chaldaicum  s.  v.  "Z'V. 

3)  Sabäische  Glossen  in  der  österreichischen  Monatsschrift  für  d.  Orien 
1885  Nr.  10.  S.  22tJ.   Müller  betrachtet  als  Wurzel  v-^^- 

4)  ZDMG.  XXXIX,  230.  Vgl.  auch  J.  H.  Moudtmann  und  D.  H.  Mül- 
ler, Sabäische  Denkmäler  90. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  283 

in  jeder  Hinsicht  zur  Vergleichung  mit  Neil.  3,  8  am  nächsten; 
man  Avird  dadurch  auf  die  Übersetzung  gefülnt. :  »sie  pflasterten 
Jerusalem  bis  zur  breiten  Mauera.  Dieselbe  genügt  einerseits  der 
Forderung  des  Zusammenhangs,  dass  eine  bauliche  Thiitigkeit 
bezeichnet  wird,  andererseits  dem  Wortlaut  des  Versgliedes,  der 
nicht  die  Kingmauer,  sondern  die  .Stadt  Jerusalem  selbst  als  Ge- 
gegenstand  derselben  bezeichnet.  Dieser  letztere  Umstand,  der 
auch  abgesehen  von  jener  Übersetzung  ins  Gewicht  fällt,  ver- 
weist »die  breite  Mauer«,  da  Nememia  von  der  zweiten  Mauer  aus 
berichtet,  in  das  angrenzende  Stadtgebiet.  Südlich  oder  südwest- 
lich von  dem  alten  Thore  V,  6  kennen  wir  aber  in  einiger  Nähe 
keine  andere  Mauer  als  die  alte  Nordmauer  Jerusalems ,  die  an 
dem  durch  die  natürliche  Lage  nicht  geschützten  Orte  westlich 
vom  Thor  Ephraim  (s.  oben)  nach  der  Zerstörung  durch  Joas 
vielleicht  um  so  breiter  und  stärker  wieder  hergestellt  worden 
war  (vgl.  JosEPHUs,  Antiquit.  IX.  10,  3).  Nach  Neh.  12.  38  zog 
der  zweite  Dankchor  nur  »bis  zur  breiten  Mauer«,  d.  h.  er  be- 
trat sie  selbst  nicht,  sondern  Hess  sie  rechter  Hand  oder  ostwärts 
liegen  ,  indem  er  den  Lauf  der  wiederhergestellten  Mauer  j)ober- 
halb  des  Thores  Ephraim«  in  der  Richtung  auf  das  alte  Thor  etc. 
abschritt.  So  kommt  auch  diese  Stelle  der  Annahme  entgegen, 
dass  die  breite  Mauer  zwischen  dem  heutigen  Davidsthurme  imd 
der  oben  bezeichneten  Stelle  des  Thores  Ephraim  gestanden  hat. 

Da  der  Anschluss  der  zweiten  Mauer  an  die  alte  Mauer  nach 
den  jüngsten  Mittheilungen  Schicks  kaum  noch  einem  Zweifel 
unterliegt,  so  ist  der  Ansatz  des  Gennaththores  nahe  westlich 
neben  dem  Davidsthurme  gewiss  zu  billigen.  Hätte  dasselbe  öst- 
lich vom  Davidsthurm  gelegen ,  so  Avürde  Josephus  die  zweite 
Mauer  gewiss  nicht  von  diesem  Thor ,  sondern  von  dem  Phasael 
haben  beginnen  lassen. 

Der  Lauf  der  zweiten  Mauer  erscheint  demnach  durch 
Schick's  Beobachtungen  der  Hauptsache  nach  festgestellt.  Dass 
wir  aber  für  die  Einzelheiten,  z.  1>.  für  dieFixirung  der  inis  über- 
lieferten Namen,  noch  immer  auf  Yermuthinigen  angewiesen 
sind  und  zum  grossen  Theil  auch  bleiben  werden ,  zeigt  sowohl 
eine  genaue  Prüfung  der  Tafeln  VHl  und  IX  für  sich  allein,  als 
auch  eine  Vergleichung  der  von  Schick  vorgelegten  Ansichten 
mit  meinen  obigen  Hemerkungen ,  zu  denen  ich  mich  besonders 
desshalb  veranlasst  gesehen  habe,  weil  durch  die  Kenntnissnahnie 


<)C4  Guthe, 

iiud  Hearbeituiig  des  gesammteu  Materiales  der  für  G.Dhoysen's 
All'j-enieiueu  historischen  Handatlas  von  mir  gezeichnete  Plan 
des  alten  Jerusalem  (Karte  4)  in  einigen,  freilich  nur  unterge- 
oidneten  Punkten  berichtigt  wird.  Ich  konnte  damals  den  Lauf 
der  zweiten  Mauer  auf  demselben  nur  an  der  Hand  des  ersten 
von  Schick  stammenden  Manuskriptes  ^ohne  Zeichnungen) 
aus  dem  Jahre  1S83  ^vgl.  oben  S.  246y  eintragen,  da  mir  das  be- 
tretfendeHeft  des  russischen  Sbomik  noch  nicht  zugegangen  war 
und  wichtige  Ergänzungen  von  Schick  erst  in  diesem  Jahre  hin- 
zugefügt worden  sind. 

Die  russischen  Berichterstatter  und  Baurath  Schick  zeigen 
sich  einig  in  der  Meinung,  dass  die  Echtheit  des  heiligen  Grabes 
jetzt  über  allen  Zweifel  erhaben  sei.  Allein  so  steht  die  Sache 
doch  nicht.  Es  ist  zunächst  nur  bewiesen  worden  .  dass  die  seit 
Constantin  verehrte  Grabesstätte  wirklich  ausserhalb  des  Stadt- 
gebietes liegt,  wie  es  zu  Jesu  Zeiten  war,  und  dass  sich  in  ihrer 
Gegend  auch  andere  Felsengräber  finden,  die  wahrscheinlich  aus 
der  jüdischen  Zeit  stammen.  Es  können  also  hinfort  gegen  die 
Echtheit  der  Grabesstätte  nicht  mehr  solche  Einwände  erhoben 
werden,  welche  diesen  Thatsachen  nicht  ßechnung  tragen,  oder 
mit  anderen  Worten,  die  Möglichkeit,  dass  das  heilige  Grab  echt 
ist,  steht  ausser  Zweifel.  Aber  positive  Beweise  dafür,  dass  ge- 
rade an  der  seit  Constantin  verehrten  Stätte  und  an  keiner  ande- 
ren das  Grab  Jesu  gewesen  ist,  besitzen  wir  nicht.  Denn  Euse- 
Bius,  dessen  Darstellung  als  Bericht  eines  Zeitgenossen  inid 
Augenzeugen  zuerst  befragt  werden  muss,  hat  seine  Angaben  mit 
so  vielen  rhetorischen  Wendungen  verflochten ,  dass  es  sehr 
schwerfällt,  die  einfache  geschichtliche  Wahrheit  daraus  zu  er- 
kennen. Wenn  er  in  seiner  eigenen  Darstellung  (de  vita  Cou- 
stantini  IH,  26)  und  in  dem  l^riefe  Constantins  an  den  Bischof 
Makarius  (ebd.  IH,  30)  hervorhebt,  dass  das  Zeichen  des  Leidens 
Christi  lange  Zeit  hindurch  vergessen  gewesen  sei  inid  die  Wie- 
derfindung  desselben  alle  menschliche  Vernunft  übersteige,  so 
stellt  er  doch  damit  in  Abrede,  dass  sich  die  Kenntuiss  der  Gra- 
besstätte Jesu  durch  mündliche  Tradition  besonders  der  Bischöfe 
Jerusalems  von  Geschlecht  zu  Geschlecht  fortgepflanzt  habe. 
Die  Mittel,  die  wir  jetzt  zur  l^eurtheilung  dieser  Frage  aus  der 
Erforschung  des  Bodens  gewonnen  haben,  hat  man  mindestens 
damals  auch  besessen :   man  kannte  den  Lauf  der  zweiten  Mauer 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.    285 

und  wusste,  dass  alte  Gräber  in  der  dortij^en  Gegend  vorhanden 
waren.  Esistsehr  wahrsclieinlich,  dass  man  sich  auch  damals  durcli 
diese  Merkmale  hat  leiten  lassen;  aber  wir  können  aus  der  Dar- 
stellung des  EusEJJius  die  Frage  weder  verneiuen  noch  bejahen, 
ob  die  lieauftragten  des  (Konstantin  damals  das  wirkliche  Grab 
Jesu  oder  irgend  ein  anderes  ausgegraben  haben. 

Aus  diesen  Bedenken,  die  ich  durchaus  nicht  wegen  irgend 
eines  Vornrtheils ,  sondern  lediglich  um  der  Avissenschaftlichen 
Wahrheit  willen  hier  wiederhole,  folgt  weiter,  dass  auch  üher  die 
wahre  Richtung  der  via  dolorosa  nichts  Sicheres  gesagt  werden 
kann.  Es  bleibt  nicht  nur  ihr  Endpunkt,  das  h.  Grab,  sondern 
auch  ihr  Ausgangspunkt,  das  Ilichthaus,  unsicher.  Hierzu  be- 
merkt Herr  Staatsrath  von  Hitrowo  in  einem  an  mich  gerichte- 
ten Briefe  vom  3.  Juni  d.  J.  Folgendes: 

))Der  Ort  des  Prätoriums  des  Pilatus  ist  uns  unbekannt,  die 
jetzt  dafür  gezeigte  Stätte  geniesst  erst  seit  dem  12.  Jahrhundert 
diese  Ehre.  Die  älteste  Überlieferung  vom  4.  bis  z\im  12.  Jahr- 
hundert suchte  es  im  S.  der  Grabeskirche.  Offenbar  ist  diese 
Überlieferung  von  grossen  Ruinen  an  den  betreffenden  Stätten 
abhängig  gewesen.  Man  nahm  an,  dass  Pilatus  in  einem  grossen 
Palast  gewohnt  habe  ;  man  fand  an  jenen  Stellen  Ruinen  eines 
ansehnlichen  Gebäudes  und  gründete  darauf  den  Schluss,  dass 
er  wirklich  dort  gewohnt  habe.  In  der  neueren  Zeit  hat  man 
nach  anderen  Gründen  gesucht.  Die  römischen  Prokuratoren 
pflegten  ihren  Sitz  in  den  Wohnungen  der  früheren  Herrscher 
aufzuschlagen.  In  Jerusalem  gab  es  deren  zwei,  den  Palast  des 
Herodes  und  den  der  Hasmonäer.  Der  erstere  lag  am  Orte  der 
heutigen  Citadelle.  der  zweite  neben  der  alten  Mauer,  beide  im 
S.  der  Grabeskirche.  In  welchem  von  diesen  beiden  der  Prokn- 
rator  Pilatus  damals  gewohnt  hat,  wissen  wir  nicht.  Daraus, 
dass  Festus  während  des  Aufstandes  in  dem  Palast  des  Herodes 
gewohnt  hat,  folgt  noch  nicht,  dass  auch  Pilatus  seinen  Sitz  dort 
aufschlug.  Durch  die  neuesten  Forschinigen  ist  nun  eine  dritte 
Burg  aufgetaucht,  wo  der  Prokurator  seinen  Sitz  gehabt  haben 
kann.  Sie  war  lange  Zeit  den  Blicken  entzogen,  Aveil  sie  in  die 
Basilika  des  Constantin  aufgenommen  und  später  unter  ihren 
Ruinen  verschüttet  war.  Doch  scheint  mir,  dass  der  Abt  Daniel 
(1106 — 1107'  die  Ruinen  dieser  Burg  initer  dem  Namen  Präto- 


2§6  Guthe, 

rium  erwähnt.  Nach  der  neuen  Ausgabe  S.  27  *)  weist  Daniel 
das  Prätorium  nahe  östHch  neben  die  Auferstehungskirche,  wo  man 
Jesus  den  Soldaten  [überlieferte  und  wo  Pilatus  sich  die  Hände 
wusch.  Ebeudort  ist  das  jüdische  Gefängniss,  aus  dem  Petrus 
befreit  wurde,  und  der  wüste  Hof  des  Judas.  Ein  wenig  weiter 
nach  O.  ist  der  Ort,  wo  Jesus  die  lilutflüssige  heilte,  die  Grube 
und  das  Haus  des  Jeremias  etc. ;  wieder  weiter  östlich  dann  das 
Haus  der  Heiligen  Joachim  und  Anna,  das  dem  Orte  der  heuti- 
gen St.  Annenkirche  entspricht.  Hieraus  ergiebt  sich,  dass  Da- 
yn:\.  das  Prätorium  bedeutend  südlicher  ansetzt  als  das  heutige 
liegt.  Erst  später  als  Daniel  reiste,  nämlich  nachdem  die  latei- 
nische Geistlichkeit  sich  auf  dem  viereckigen  Haram  völlig  ein- 
gerichtet hatte,  seit  der  Mitte  des  12.  Jahrhunderts  breitet  sich 
die  Legende  von  dem  heutigen  Prätorium  aus.  AYenn  man 
Schicks  Pläne  von  jener  Burg  zur  Hand  nimmt,  so  kann  man 
sich  den  ganzen  letzten  Tag  des  Lebens  Jesu  nach  dem  Bericht 
der  Evangelien  ohne  Anstoss  vortreiflich  vergegenwärtigen,  ob- 
gleich Schick  bei  der  Rekonstruktion  seiner  Akra  gar  nicht  das 
Prätorium  des  Pilatus  ins  Auge  gefasst  hat.  Von  einem  sicheren 
Beweis  kann  freilich  nicht  die  Rede  sein,  aber  die  Wahrschein- 
lichkeit spricht  dafür,  dass  dort  und  nicht  an  einem  anderen  Orte 
das  Prätorium  des  Pilatus  gestanden  hat«. 

HiTROAVo  sucht  auch  das  Thorgebäude,  in  welchem  er  den 
Rest  eines  dreithorigen  Triumphbogens  erkennt  (s.  oben  S.257), 
mit  der  via  dolorosa  in  Verbindung  zu  bringen ,  indem  er  aus 
dem  heutigen  Eccehomo-Bogen  schliesst,  dass  die  Überlieferung 
von  der  Existenz  eines  solchen  Triumphbogens  über  der  via  dolorosa 
gewusst  habe.  Als  der  alte  Bogen  neben  der  Basilika  HI  Tafel 
\1)  zerstört  worden  sei,  habe  man  sich  nach  einem  zweiten  um- 
gesehen, einen  solchen  in  dem  Eccehomo-Bogen  gefunden ,  und 
daher  sei  die  Überlieferung  auch  betreffs  des  Prätoriums  in  die 
dortige  Gegend  gewandert.  Wie  also  heute  nördlich  vom  Haram 
esch-Scherif  liogen  und  Prätorium  einander  benachbart  seien,  so 
sei  es  auch  einst  im  O.  der  Auferstehinigskirche  gewesen. 

Da  der  Raum  es  augenblicklich  nicht  gestattet ,  die  Erörte- 
rung dieser  Frage  aufzunehmen,  so  beschränke  ich  mich  auf  die 
Hemerkung,    dass    doch   schon  der  Pilger  von  Bordeaux  das 

1,  Vgl.  die  Übersetzung  Leskien's  in  ZDPV.  VII,  28. 


Die  zweite  Mauer  Jerusalems  u.  die  Bauten  Constantins  am  h.  Grabe.  2S7 

Piätonutii  des  Pilatus  in  den  Osten  derGiabeskirclie  verlegt  und 
zwar  unten  in  das  Thal,  also  weder  an  die  von  IIitkowo  vorge- 
schlagene Stelle  noch  an  den  Ort  der  einstigen  Antonia.  Zwei- 
fellos werden  die  russischen  Ausgral)\nigen ,  die  Pläne  Schick's 
und  auch  die  niitgetheilten  Gedanken  IIitkowü's  zu  erneuten 
Verhandlungen  über  die  durch  sie  angeregten  Fragen  Anlass 
geben  und  ich  hoffe,  dass  an  ihnen  auch  solche  Theil  nehmen, 
die  über  Schick  s  Rekonstruktionen  der  coustantinischen  Basi- 
lika ein  sachkundiges  Urtheil  zu  fällen  vermögen.  Pur  diesen 
Zweck  scheint  es  mir  freilich  wünschenswerth,  wenn  Schick 
seine  Konstruktionen  etwas  näher  erläutern  würde,  so  dass  die 
Gründe  derselben  klarer  hervortreten.  So  ist  z.  U.  aus  den  vor- 
gelegten Plänen  nicht  ersichtlich ,  ob  die  kleine  Nische  an  der 
Ostwand  der  Basilika  wirklich  nach  vorgefundenen  Konstruk- 
tionsresten gezeichnet  oder  von  Schick  lediglich  aus  Gründen  der 
Symmetrie  angesetzt  worden  ist.  Ferner  bemerkt  Schick  (s.  oben 
S.  276),  dass  aitf  dem  russischen  Platze  Reste  von  der  Pfeiler- 
stellung des  südlichen  Seitenschiffes  der  Basilika  vorhanden 
seien ;  der  russische  Bericht  schAveigt  jedoch  darüber.  Was  den 
Thorbogen  betrifft ,  so  lassen  die  von  der  russischen  Palästina- 
Gesellschaft  herausgegebenen  Bilder  desselben  das  Ganze  als 
Flickwerk  erscheinen,  sofern  weder  das  grosse  Eckkapitäl  noch 
das  kleinere,  die  eine  Seite  des  Bogens  tragende  Kapital  den 
Abschluss  eines  wirklichen  oder  imitirten  Pfeilers  bildet.  De 
YoGiJE  dagegen  zeichnet  in  Le  temple  de  Jerusalem  p.  119  nur 
unter  dem  grossen  Eckkapitäl  eine  wirkliche  Pfeilerbildung.  Ein 
solcher  Umstand  ist  doch  für  die  Beurtheilung  des  ganzen  Restes 
nicht  unwesentlich.  Gewiss  wird  Herr  Baurath  Schk  k  die  Güte 
haben,  auch  diesen  Zweifel  zu  heben.  Endlich  würde  derselbe 
mir  und  gewiss  vielen  anderen  einen  Dienst  erweisen ,  wenn  er 
die  Gründe  für  seine  Ansetzung  des  Thalthores  mittheilen  und 
auch  angeben  wollte ,  ob  er  die  Winkel  und  Ecken  der  alten 
Mauer  zwischen  der  Citadelle  und  dem  Haram  esch-Scherif  auf 
Grund  alter  Reste  oder  sonstiger  Beobachtungen  gezeichnet  hat. 

Bemerkung  zu  Tafel  XI:  Die  doppelte  Schraffirung  bezeichnet  alte 
Reste,  die  einfache  Schraffirung  nur  rekonstruirtes  Mauerwerk.  Ausserdem 
ist  die  Schraffiruns-  der  Tafel  VII  im  Unterdrucke  zu  erkennen. 


Bericht  über  neue  Ersclieiiiuugeii  auf  dem  Gebiete  der 
Paliistiualiteratur  1884. 

Von  Prof.  A.  Socin  in  Tübingen. 


Wenn  es  gestattet  ist,  aus  dem  Verhältnisse,  wie  sieh  die 
Palästinahteratur  heutzutage  auf  die  verschiedenen  Völker  Euro- 
pa's  vertheilt,  Schlüsse  zu  ziehen,  so  drängt  sich  zunächst 
die  Beobachtung  auf,  dass  auf  der  einen  Seite  die  katholische 
Bewegung,  von  Frankreich  geleitet,  ihren  Einfluss  geltend  zu 
machen  sucht,  auf  der  andern  Seite  jedoch  auch  die  griechische 
Kirche,  unter  der  Führung  Russlands,  alle  Hebel  in  Bewegung 
setzt,  um  sich  ihren  Antheil  an  Palästina  zu  sichern.  Religiöse 
und  politische  Interessen  sind  im  Orient,  M'ie  die  Lage  der  Dinge 
nun  einmal  besteht,  nie  ganz  zu  trennen,  und  es  liegt  in  der  Na- 
tur der  Sache,  dass  die  übergrosse  Mehrheit  der  Bücher,  Brochu- 
ren  und  Artikel,  welche  über  das  heilige  Land  erscheinen,  kirch- 
lichen Bedürfnissen  entgegenkommt;  literarische  Producte. 
welche  unbekümmert  um  diese  letzteren  die  Wissenschaft  för- 
dern, gehören  bekanntlich  auf  diesem  Gebiete  zu  den  Seltenhei- 
ten. Um  so  erfreulicher  ist  es,  dass  auch  in  Russland  die  wissen- 
schaftliche Erforschung  Palästina  s  mit  regem  Eifer  in  Angrift' 
genommen  M^orden  ist ;  Aufschluss  giebt  darüber  Guthe's  i)  Ar- 
tikel, welcher  in  xmserer  Zeitschrift  erschienen  ist  und  mich  wei- 
terer Berichterstattung  überhebt.  Unter  den  neueren  von  franzö- 
sischer Seite  ausgehenden  Forschungen  ist  in  erster  Linie  auf 
den  höchst  wichtigen  zweiten  Band  der  Archives  de  l'Orient  La- 
^p"'ie^"'  tin^i  zu  verweisen.   Leider  ist  die  zu  demselben  gehörige  Jiiblio- 

])  Die  orthodoxe  Palästina-Gesellschaft  in  lUissland.  VonH.  Guthe: 
ZDPV.  VII,  p.  299—305. 

2j  Archives  de  lOrient  Latin,  publies  sous  le  patronage  de  laSociete  de 
l'Orient  Latin.  Paris  Xeroux)  lbS4.   XIV,  464,  560  pp.  8». 


Socin,   Bericht  ü.  neue  Erscheinung,  a,  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  18S4.  289 

graphie  bis  jetzt  noch  nicht  im  l^uchhandel  erschienen.  Indessen 
hat  mir  Graf  Riant  mit  gewohnter  Liebenswürdigkeit  die  C.'or- 
recturbogen  dieser  lirochnre  zukommen  lassen  und  mich  dadurch 
in  den  Stand  gesetzt,  diese  I*ublication  für  meiuen  diesjährigen 
Bericht  zu  verwerthen.  Die  staunenswerthe  Ausführlichkeit  die- 
ser liibliographie  legt  den  Gedanken  nahe,  ob  neben  derselben 
unsere  Übersichten  überhaupt  noch  einen  Zweck  haben  und  wei- 
ter geführt  zu  werden  verdienen.  Lediglich  die  Rücksicht  dar- 
auf, dass  es  bei  unserer  Behandlungsweise  möglich  ist,  einiger- 
massen  die  wissenschaftlichen  Veröffentlichungen  auszuscheiden 
und  unter  diesen  letzteren  wieder  für  unsere  Leser  die  wichtiy-e- 
ren  hervorzuheben,  spricht  für  die  Beibehaltung  des  bisherigen 
Gebrauches.  Dagegen  erhob  sich  nun  die  Frage,  ob  sämmtliche 
Palästina  betreffenden  Artikel ,  welche  in  der  französischen  Bi- 
bliographie für  die  Jahre  188 1  —  1883  sowie  den  Nachträgen  zur 
Literatur  der  Jahre  1878 — 1880  aufgeführt  sind,  der  blossen 
äusseren  Vollständigkeit  wegen  in  unsere  l^erichte  aufzunehmen, 
beziehungsweise  jetzt  noch  nachzutragen  seien.  Sowohl  innere 
als  äussere  Gründe  bewogen  uns,  bloss  eine  Auswahl  zu  treffen. 
Im  Grossen  und  Ganzen  wurden  ausgelassen  die  Artikel  aus 
Zeitungen  und  rein  religiösen  Zeitschriften  (z.  B,  TeiTe  Sainte, 
Missions  catholiques,  Sioiv);  namentlich  manche  der  in  russischer 
Sprache  erschienenen.  Die  Titel  sämmtlicher  russischer  Arbeiten 
habe  ich  der  Kürze  und  Genauigkeit  wegen  in  der  französischen 
Übersetzung  herübergenommen,  wie  sie  in  der  Bibliographie  des 
Orient  Latin  (Bibl.  O.  L.)  vorliegt.  Nicht  nur  in  Betreff  mancher 
Artikel ,  sondern  auch  der  Listen  von  Recensionon  einzelner  in 
unserer  Zeitschrift  früher  schon  genannten  Bücher  verweise  ich 
den  Leser,  welcher  absolute  A'ollständigkeit  wünscht,  auf  jene 
französische  Arbeit. —  Einzelne  bibliographische  Angaben  schei- 
nen auch  in  einer  englischen  Zeitschrift  erschienen  zu  sein  ^j . 
Was  meine  ^)  letztjährige  Übersicht  betrifft,  so  war  Goldziuer^) 

3)  William  H.  Sewell,  Travels  in  the  Holy  Land:  Notes  and  Querries, 
26.  März;  14.  Mai;  6.  13.  20.  Aug.  1881.  (Bibl.  O.  L.;  nicht  gesehen.) 

4)  A.  Socin,  Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 
Palästinaliteratur  1883:  ZDPV.  VII,  p.  2:n— 262. 

5)  ZDPV.  I,  p.  46,  Nr.  6  lies  K.  d.  I).  M.  1878  st.  1877.  -  ZÜPV.  VII, 
p.  247,  Z.  3  lies  Herewi's  Kitäb  alzijarat  (st.  Sefer  Nameh  und  streiche  die 
zweite  Hälfe  von  99.  —  ZDPV.  VII ,  p.  258,  Z.  4  Schur's  Buch  ist  in  hebrä- 
ischer Sprache  abgefasst. 


290  Socin,  • 

so  freundlic-h.  brieflich  einijje  lierichtigungen  einzusenden,  l'ber 
den  .Stand  nud  die  Unternehumngen  unserer  sowie  der  englischen 
und  französischen  Gesellschaften  gehen  die  Geschäftsberichte  ß) ') 
Aufschluss. 

Politik.  Wir   beginnen    unsere    Umschau    in    gewohnter  Weise  mit 

einem  raschen  Überblick  über  die  gegenwärtige  liage  Palästina's. 
Eine  hier  nachziitragende  Abhandlung  von  Chirol  *»)  beschäftigt 
sich  mit  der  Politik  Frankreichs  Syrien  gegenüber.  Eine  Abhand- 
lung über  italienische  Interessen  in  Syrien-'  ist  als  wichtig  be- 
zeichnet worden  ;  wahrscheinlich  berührt  dieselbe  jedoch,  wie  auch 
ein  ähnlicher  russischer  Artikel  i''),  hauptsächlich  kirchliche  Fra- 
gen. ])asselbe  gilt  wohl  von  dem  Ikiche  de  Solignac's  *i)  über  die 
Franzosen  in  Palästina.  Über  spanische  Ansprüche  auf  die  hei- 
ligen Orte  Palästina's  ist  ein  Buch  i2j  erschienen,  das  im  An- 
hang 23  Actenstücke  (vom  J.  1342 — 1772)  enthält.  Einige  längere 

Coionien.  und  kürzere  Notizen  überColonisation  und  Auswanderung  haben 
Wright13|^  Johnson  1*)  und  Bulach  i^)  geliefert;   speciell  über 

6)  Meeting  of  general  Committee:  Quart.  Statements  1884,  p.  150 — 159. 

7)  Societe  pour  la  publication  de  textes  relatifs  ä  l'histoire  et  ä  la  geo- 
graphie  de  Vürient  Latin,  VIIL'  seance  generale,  YII*-'  rapport  du  secretaire- 
tresorier  (2b.  mai  1'583  .  Geneve  (Fick)  18S3.  27  pp.  80.  —  id.  IXi^  seance, 
Vllle  rapport  (11.  juin  ISS 4).  Geneve  (Fick)  20  pp.  80. 

8]  M.  Val.  Chirol,  French  diplomacy  in  Syria  :  Fortnightly  Review,  April 
1SS2,  p.  427— 43S;  über.s.  in  Revue  britannique ,  Juni  1SS2,  p.  509—522. 
(Bibl.  0.  L.  ;  nicht  gesehen. 

9)  Giuseppe  Grabinski ,  Gli  interessi  religiosi  e  gli  interessi  italiani  in 
Palestina  ed  in  Siria :  Rassegna  nazionale  1883,  XIV,  p.  3 — 37;  343 — 384; 
18S4,  XVII,   p.  02— 92.     Bibl.O.L.;   nicht  gesehen. 

10;  G.Mourkos,  Lesinterets  delaRussie  en  Palestine ;  Journal  (russisch) 
de  Moscou  18S2,  Nr.348— 350.  Separatabdr.  Moskau  1882.  8«.  (Bibl.O.L.; 
nicht  gesehen.) 

11,  A.  de  Solignac,  Les  Francais  en  Palestine.  Limoges  [E.  Ardant  & 
Co.)  18S4.  239  pp.  8".   (Nach  ThLBl.  ;  nicht  gesehen. 

12)  Antonio  Vazquez  y  Lopez  Amor,  Examen  historico-Iegal  del 
derecho  de  natronato  de  Espäna  sobre  los  Lugares  di  Tierra  Santa.  Madrid 
1881.  214  pp.  &o.   iBibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen. 

13)  Rev.  W.  Wright,  Syrian  Colonisation :  Contemporary  Review  1883, 
XLIII,  p.  122  —  140.  fBibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

14)  J.  Augustus  Johnson,  The  colonisation  of  Palestine:  Century  Ma- 
gaz..  Juni  1SS2,  p.  293— 296.  (Bibl.  Ü.  L. ;  nicht  gesehen.) 

15,  Fr.  Bulach,  Auswanderung  nach  Syrien  :  AVeltpost  1882,  II,  p.  42; 
Üsterr.  Monatschr.  f.  d.  Or.  1882,  VIII,  p.  2S-29.  (Bibl.  0.  L. ;  nichtges.^ 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  1884.  291 

die  deutschen  Coloiiieu  neben  Langp:;  •")  auch  dk  Camhouhg'"). 
Ausserdem  sei  auf  einige  Zeitungsartikel'^)  und  die  vonlticuAiiD 
Lksser  redigirte  ('olonialzeituiig,  das  Organ  des  Deulsclien 
Colonialvereins,  verwiesen.  Die  bereits  im  vorigen  lierichte  er- 
wähnte Nachricht,  Deutschland  habe  sich  in  Caesarea  festge- 
setzt, scheint  auf  einer  Verwechslung  von  Deutschen  und  .Slaven 
zu  beruhen  '").  Aus  der  deutschen  Colonie  in  Haifa-",  hört  man 
die  gewohnten  Klagen  über  die  türkische  liegierung  und  über 
Geldmangel ;  dazu  ist  nun  noch  ein  leidiger  Streit  mit  den  Mön- 
chen des  Karmelklosters  aTisgebrochen^').  Dass  jüdische  (Kolo- 
nien ■^■^)  auf  dem  Boden  Palästina's  Aussicht  haben  zu  gedeihen, 
möchten  wir,  obwohl  jetzt  sehr  viel  darüber  verhandelt  wird"^^' — 
30),   immer  noch  bezweifeln;   allerdings  steigt  die  Zahl  der  jüdi- 

1(3)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  154,  Nr.  5;  nach  Bibl.  0.  L.  id.  in  Leipziger 
Weltpost  Nov.  1S81;  I,  p.  121  —  124.  —  Th.  H.  Lange,  Die  deutschen  Temp- 
ler-Kolonien in  Syrien:  Aus  allen  Welttheilen  18S4,  XV,  p.  368 — 371.  (Nach 
Geogr.  Mittheil.;  nicht  gesehen.) 

17)  Baron  de  Cambourg ,  La  colonisation  allemande  en  Palestine:  Ex- 
ploration, 27.  Juli  1883,   XVI,  p.  241—242.   (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen., 

18)  Die  deutschen  Terapelcolonien  in  Palästina  :  Schwab.  Merkur  30.  Oct. 
1884,  Nr.  258.  —  Allgemeine  Zeitung  22.  JuU  1884,  Nr.  202,  p.2%1.  —  Vgl. 
auch  La  Terre  Sainte  1884,  Nr.  211,  p.  821. 

19)  Vgl.  ZDPV.  VII,  p.  233,  Nr.  13.  La  Terre  Sainte  1884,  Nr.  221, 
p.  974.  O(liphant)  in  Quart.  Statements  1884,  p.  147  —  149.  Schwäbischer 
Merkur  1884,  Nr.  161. 

20)  F.  S.,  Etwas  über  die  äussere  Existenz  der  Kolonie  Haifa:  Warte 
1^84.  Nr.  40. 

21)  Die  Streitigkeiten  am  Berge  Karmel ;  Schwäbischer  Merkur  1SS4, 
Nr.  126;   130.  Beil. 

22)  Th.  H.  Lange ,  Ein  Besuch  auf  Mikwe  Israel :  Leipziger  AVeltpost 
1882,  II,  p.  142—144.  (Bibl.  0.  L.  ;  nicht  gesehen.)—  Vgl.  Warte  1>>84, 
Nr.  12;   14. 

23)  La  Terre  de  gloire:  Haschachar  idie  Morgenröthe)  18S0 — 1882,  IX. 
Jahr.  Nr.  1—12;  X.  Jahr.  Nr.  1  ;  2  ;  3  ;  4 ;  Ü;  7  ;  8 ;  9;  11  ;  12.  Hebr.  ;  Bibl. 
O.  L.  ;   nicht  gesehen.) 

24)  M.  L.  Lilienblum,  Israel  et  la  Palestine  :  Haschachar,  Ibbl,  X.  Jahr. 
Nr.  8.  —  La  Palestine  comme  question  juive:  L' Aurora  (russisch  ?j  Nr.  41 — 42. 
(Bibl.  O.  L.:  nicht  gesehen.) 

25)  De  la  colonisation  de  la  Palestine :  Memoires  juifs,  1881,  Nr.  7 — 10 
(russisch;  Bibl.  ü.  L. ;  nicht  gesehen.) 

26)  Die  Colonisation  in  Palästina:  Allgem.  Zeit,  des  Judenthums  1882, 
XLVI,  Nr.  13  (vgL  AUg.  Z.  1882,  Nr.  86).   (BibL  O.  L. ;  nicht  gesehen. 

27)  Zur  Colonisation  Palästina's:  Der  Israelit,   1.  und  8.  März;  2.  April 


.-)qo  Socin, 

sii-hen  Einwohner  wenigstens  in  Jerusalem  stets  noch  bedeutend. 
Wichtige  statistische  Nachrichten  über  Handelsverhältnisse  fin- 
den sich  Aviederum  im  deutschen  Handelsarchiv '^i  ;  ebenso  liegen 
italienische  lierichte  vor^^j^  Xeulich  war  auch  von  der  Bildung 
eines  Vereins  für  Handel,  Gewerbe  und  Ackerbau '^  in  Palästina 
die  Rede.  Während  das  unsinnige  Canalproject^^)  glücklich  be- 
graben ist,  scheint  nun  die  Ausführung  der  von  Haifa  ausgehen- 
den Eisenbahn 3^)  wirklich  bevorzustehen.  Was  den  Strassenbau 
betriöt .  so  hört  man.  dass  zwar  die  Jafastrasse  wieder  zerfällt, 
dass  jedoch  südlich  von  Jerusalem  eine  Strasse  gebaut  wird^'^) 
und  auch  im  äussersten  Norden  von  Syrien  eine  Fahrstrasse  von 
Alexandrette  nach  Aleppo  geplant  ist 3").  Hervorzuheben  ist 
ferner,   dass  Eauf  Pascha  neuerdings  eine  gute  hölzerne  Brücke 

16S3,  Nr.  ISr  20;  27,  p.  281— 284;  317—318;  449—451.  (Bibl.O.L.;  nicht 
gesehen.) 

28;  Vom  Central-Comite  für  den  Bau  der  israelitischen  Armen-  und  Pil- 
gerwohnungen in  Jerusalem;  Der  Israelit,  4.  Jan.  18S3,  Nr.  2,  p.  IS — 19. 
'Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

29)  La  colonisation  juive  en  Palestine  :  Exploration  31.  März;  7.  April; 
19.  Mai  1882;  XIII,  p.  640;  673—674;  890;  11.  Aug.  1882,  XIV,  p.  379; 
3.  Mai  1883,  XV,  p.  703—704;  21.  Dec.  18S3,  XVII,  p.  92.  (Bibl.  O.  L.; 
nicht  gesehen.) 

30)  Cav.  Veneziani,  Le  colonie  rumene  in  Palestina :  Mose ,  Antologia 
Israel.,  Dec.  1883,  VI,  p.  441—443.    (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

31)  Beirut,  Consulatsbericht  für  das  Jahr  1882:  Deutsches  Handels-Ar- 
chiv 1884,  p.  14—31.  —  Haifa,  Konsulatsbericht  für  1883:  ibid.  p..3(;7-36S. 
—  Alexandrette,  Konsulatsbericht  für  1883  :  ibid.  p.  706 — 707. 

32)  G.  Mina,  Movimento  del  porto  di  Giaffa :  Bolletino  consolare,  Febr. 
1883.  —  id.,  II  pellegrinaggio  in  Palestina  nel  1882:  ibid.  Juni  1883.  —  Vgl. 
O.  Missir,  Rapporto  commerciale  su  Gerusalemme:  ibid.  Dec.  1881.  (Bibl.  0. 
L. ;  nicht  gesehen.) 

33)  Vgl.  Warte  1884,  Nr.  3. 

34)  H.  Martin,  Le  canal  de  Palestine:  Exploration  17.  Aug.  1883,  p.  332 
—334  ;  vgl.  31.  Aug.  p.  423  ;  21.  Sept.  p.  517.  —  Projetto  di  un  canale  per  il 
Mar  Morto:  BoUett.  della  Soc.  Geogr.  ital.  1883,  VIII,  p.  690.  (Bibl.  O.  L.; 
nicht  gesehen.) —  Vgl.  auch  Der  Palästina-Kanal:  Neueste  Nachr.  a.  d.  Mor- 
genlande 1884,  p.  40 — 48. 

35;  W.  A.  Neumann ,  Palästina's  zukünftige  Eisenbahnen :  üsterr.  Mo- 
natsschr.  f.  d.  Orient  1884,  p.  144—146.  — G.  Schumacher,  Die  erste  Eisen- 
bahn in  Syrien-Palästina:  Deutsche  Bauzeitung  3.  Mai  1884  (18),  Nr.  36, 
p.  212 — 4.    :Mit  Karte.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen. 

36)  Vgl.  Warte  Oct.  1884,  Nr.  49.  • 

37)  Vgl.  31,  Konsulatsbericht  von  Alexandrette. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  ISSl.  293 

Über  den  Jordan  hat  herstellen  lassen.  Was  die  l'.odcneiil- 
tur38)  angeht,  so  machen  \vir  besonders  aiifcincn  Artikel  Andkk- 
lind's^S')  aufmerksam,  in  welchem  dieser  Fachmann  nns  die  Ar- 
beiterverhältnisse im  Cisjordanlande  eingehend  schildert  und 
auch  über  Arbeitslöhne,  Fraueuarbeit  und  dergleichen  er- 
schöpfenden Aufschlnss  giebt.  Einzelne  Angaben  über  Obstzucht, 
Weinbau  und  Hienenzucht  finden  sich  in  Artikeln  v(iiiMkukili,^"|, 
JiERNER^'  und  Andern  •»"■^l 43);  Pierrotti^^j  hat  die  Hewässerun^ 
des  Landes  geschildert.  Auch  für  Palästina  wäre  die  stricte 
Durchführung  des  Tabakmonopols -'s)  von  Bedeutung. 

Was  die  Lage  der  in  Palästina  lebenden  Protestanten  l)e- Kirchliches, 
trifft,  so  verdient  Erwähnung,  dass  die  mm  auch  in  französischer 
und  englischer  Übersetzung  erschienene  Lebensbeschreibung  des 
Bischofs  GoBAT^^j  manche  Documenta  und  Angaben  über  Mis- 
sionsbestrebungen und  kirchliche  A'erhältnisse  enthält.  Ob  die 
bisherige  Einrichtung ,  nach  welcher  das  Bisthum  in  Jerusalem 
von  l'reussen  und  England  gemeinschaftlich  unterhalten  wird, 

38)  S.  Lourier,  La  possession  territoriale  et  lagriculture  en  Palestine: 
L'Aurore  1881,  Nr.  46   (russisch;   Bibl.  ü.  L. ;  nicht  gesehen.) 

39)  Leo  Anderlind,  Über  die  ländlichen  Arbeiter  in  Palästina:  Der  Ar- 
beiterfreund, herausg.  von  V.Böhmer  und  li.  Gneist.  22.  Jahrg.  Berlin  1884, 
p.  195—213. 

4U)  Selah Merrill,  Fruit  culture  in  Palestine:  United  States  Consular  Re- 
ports. Washington  1884,  Nr.  4."),  p   51.    (Nach  Geogr.  Mittheil. ;  nicht  ges.) 

41 )  J.  Berner,  Der  Weinbau  auf  dem  Gebirge  Juda  :  Deutsche  Kolonial- 
zeitung J884,  Nr.  21,   p.  42S — 430.    (Nach  Geogr.  Mittheil.  ;  nicht  gesehen.) 

42)  Les  Oranges  en  Syrie:  Exploration  13.  üct.lSSl,  XII,  p.698.  (Bibl. 
0.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

43)  Vgl.  Warte  1884,  Nr.  38. 

44)  Ermete  Pierotti,  Le  acque  ed  i  lavori  idraulici  della  Palestina :  Mose, 
Antologia  Israel,  Dec.  1880,  III,  p.  427— 429;  Jan.  1881,  IV,  p.  22—25. 
(Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

45)  J.  Freih.  von  Schwegel,  Das  türkische  Tabakmonopol:  üsterr.  Mo- 
natsschr.  f.  d.  Orient  1S84,  p.  65—73. 

46)  Vgl.  ZDPV.  VII,  p.  237,  Nr.  39.  Kec.  von  Thiersch  in  Allg.  con- 
serv.  Monatsschrift  1884,  p.  438;  von  Strack  in  ThLBl.  1SS4,  Nr.  37.  — 
Französisch  u.  d.  Titel:  Samuel  Gobat,  missionaire  en  Abyssinie  et  eveque  ä 
Jerusalem,  sa  vie  et  son  oeuvre,  traduit  librement  de  l'AUemandpar  Aug.  Kol- 
lier. Bäle  (Spittler)  1885.  VI,  438  pp.  80.  —  Englisch  u.  d.  T. :  Samuel  Go- 
bat, bishop  of  Jerusalem,  bis  life  and  work.  A  biographical  sketch ,  drawn 
ohiefly  from  his  own  Journals.  With  preface  by  the  Earl  of  Shaftesbury. 
With  portraits  and  illustrations.    London  (Nisbet)  1884.  XII,  401  pp.  8«. 

Ztschr.  d.Pal.-Ver.  VIII.  20 


294 


Socin, 


beibehalten  werden  soll,  ist  noch  nicht  entschieden ;  hiev  und 
da  werden  Stimmen ^^)  laut,  welche  darauf  hinweisen,  dass  der 
liischof  bisher  zu  sehr  von  England  abhäniji^  gewesen  sei.  — 
Wiederum  liegen  Jahresberichte  über  die  protestantischen  Ge- 
meinden *^)  und  Anstalten  4'.»— 5i)  vor.  Über  die  Lage  der  katho- 
lischen Kirche  hat  uns  Schxabl52j  eine  dankenswerthe  Skizze  ge- 
liefert. Aus  den  in  der  Zeitschrift  «Das heilige  Land«  erschienenen 
Artikeln  heben  wir  diesmal  einen  allgemeineren l^ericht^'),  einen 
Aufsatz  über  Katisbonne  ^i, ,  Übersichten  über  die  Lage  der  grie- 
chisch-unirten s^;  und  der  syrisch-unirten ^6)  Kirchen  hervor; 
nachträglich  mögen  Notizen  über  die  Thätigkeit  der  Franziska- 
ner ^'l  und  der  Jesuiten ^V  hier  noch  genannt  werden;  auch  ein 
Jahrbuch^'';  liegt  vor.  In  Deutschland  ist  ein  Palästina-Verein  "^^^l 

47)  Strack,  Das  anglikanische  Bisthum  in  Jerusalem  :  Neue  Preussische 
(Kreuz-i Zeitung  lS8i,  Beil.  zu  Nr.  209  6.  Sept.).  210  [1.  Sept.);  Nr.  211 
(9.  Sept.),  Nr.  226  (26.  Sept.). 

4S)  Jahresbericht  des  Pastor  Lic.  Dr.  Reinicke  in  Jerusalem  :  Neueste 
Nachr.  a.  d.  Morgenlande  1884,  p.  27—34.  —  Brief  des  Pastor  Lic.  Dr.  Rei- 
nicke :  ibid.  p.  271.  —  )H.  Weser,  Eine  neue)Missionsstation  in)Hebron:  ibid. 
p.  111—119.  —  Mittheilungen  aus  Privatbriefen  der  Gattin  des  Evangelisten 
Bschara  Canaan  in  Betschala:  ibid.  p.  95 — lOS. 

49,  Bericht  über  das  Aussätzigen-Asyl  in  Jerusalem  für  das  Jahr  1883: 
Neueste  Nachr.  a.  d.  Morgenlande  1884,  p.  50 — 60. 

50)  Dr.  M.  Sandreczky,  Jahresbericht  über  das  Kinderhospital  Marien- 
stift. 1S84. 

51)  Das  Syrian  Protestant  College  in  Beirut:  Wochenblatt  der  Johanui- 
ter-Ordens  Balley  Brandenburg  lfc84,  p.  81 — 82. 

52)  Die  römisch-katholische  Kirche  in  Palästina.  Von  Karl  Schnabl  in 
Wien:  ZDPV.  VII,  p.  203—292. 

53)  Nachrichten  aus  dem  heiligen  Lande  und  aus  Syrien :  Das  heilige 
Land  18S4,  p.  104—112. 

54)  Maria  Alphons  Ratisbonne  :  Das  heilige  Land  18S4,  p.  89  ff. 

55  Die  griechisch-unirte  Kirche  im  Orient.  Schreiben  des  Patriarchen 
Gregorius  Jussef:  Das  heilige  Land  1S84,  p.  136—141;   vgl.  220—227. 

56)  Status  der  syrisch-unirten  Kirche  im  Orient ;  Status  der  armenisch- 
uuirten  Kirche  im  Orient:  Das  heilige  Land  1884,  p.  169 — 172. 

57)  Le  R.  P.  Yictor-BernarJin  de  Rouen,  La  Custodie  franciscaine  de 
Terre-Sainte.  Paris    Leve;  18b2.  '62^.   iBibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

58)  Les  missions  de  la  compagnie  de  Jesus  en  Syrie ,  Egypte  et  Armenie 
(Carte) :  Miss,  cathol.  22.  Dec.  1882 ;  ital.  :  Terra  Santa  1 .  Juni ;  1.  Juli;  1.  Aug. 
1883.   (Bibl.  O.  L.;   nicht  gesehen.) 

59,  Annuaire  illustre  de  terre  sainte  pour  Tan  de  gräce  18S5.  Public  sou8 
la  direction  de  Mr.  L.  B.  missionaire  apostolique  de  Terre  Sainte  ,   Chanoine 


Bericht  über  neue -Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palüstinalit.  18S4.    20") 

gegründet  -worden,  welcher  für  die  JStärkuiig  deutschen  katho- 
lischen Wesens  im  heiligen  Lande  eintreten  soll.  Was  die  Lage 
der  russischen  Kirche  betrifft,  so  erfahren  -wir  darüber  einiges 
durch  HiTROWo  '• ') . 

Aus    dem  Gebiete  der  Sittenkunde   sind  ausser  einem  mir    KtV">: 

i;rui>ui!<i'neB. 

nicht  zugänglich  gewordenen  Huche  über  das  Leben  mul  Treiben 
der  Juden  ^2]  zunächst  die  eigenthümlichen  Sammlungen  von 
AhELA^^)  anzuführen,  welche  sich  auf  abergläubische  Ansichten 
und  Sitten  beziehen  und  in  merkwürdiger  Weise  mit  dem  Volks- 
ghuiben  anderer  Völker  übereinstimmen.  Ahnlichen  Lihalts  sind 
wohl  die  von  Renan  besprochenenMittheilungen  Durighello's^^)  . 
Eine  historische  Übersicht  über  die  liäder  und  das  Badeleben 
in  Palästina  hat  uns  DECHENT''ä)  vorgelegt.  Nachzutragen  ist, 
dass  Wetzstein  in  den  letzten  Jahren  einigemale  in  den  Sitzun- 
gen der  ethnographischen  Gesellschaft  in  Berlin  das  AVort  er- 
griffen und  aus  dem  Schatze  seiner  reichen  Kenntnisse  dieses  und 
jenes  erörtert  hat:  war  erfahren  daraus  einiges  Neue  über  Wesm***') 
(Stammeszeichen) ,  besonders  Interessantes  über  Töpferei ''") ,  über 
arabische  Stämme ''^)  (speciell  Avas   ihre  Tapferkeit  betrifft),  über 

du  Saint-Sepulcre.  'i^'  annee.  (Nicht  gesehen.)  —  Vgl.  Das  heilige  Land 
18S4,  p.  228 — 236  Personalstand  des  lateinischen  Patriai-chats. 

6Ü;  Der  neugegründete  »Palästina- Verein  der  Katholiken  Deutschlands« : 
Das  heilige  Land  1884,  p.  195—205. 

61)  B.  Khitrovo,  Conferences  sur  l'etat  des  orthodoxes  en  Terre-Sainte : 
Nouv.  temps  (russisch)  1880,  Nr.  1470.  —  id.,  Le  budget  du  patriarcat  grec  de 
Jerusalem.  St.  Petersburg  1883.  80  (privatim  gedr.)  ;  vgl.  Reponse  au  budget 
du  patriarcat  de  Jerusalem:  l'Orient  (russisch)  1883,  Nr.  273.  Alles  nach 
Bibl.  O.  L.;   nicht  gesehen.) 

62)  S.  Montagu  Samuel,  Jewish  life  in  the  East.  London  (C.  KeganPaul 
1881.  200  pp.  120.   (Bibl.  O,  L. ;  nicht  gesehen. 

63)  Beiträge  zur  Kenntniss  abergläubischer  Gebräuche  in  Syrien.  Von 
Eijüb  Abela,  Viceconsul  des  deutschen  Reiches  in  Saida  :  ZDPV.  VH,  p.  79 
—118. 

64)  E.  Renan,  Recueil  des  superstitions  en  ccurs  en  Saida  par  Edmund 
Durighello:  Rev.  des  soc.  savantes,  1882,  7e  s. ,  VI,  p.  311.  Bibl.  O.  L. ; 
nicht  gesehen.; 

65)  Heilbäder  und  Badeleben  in  Palästina.  Von  Dr.  H.  Dechent  in 
Frankfurt  a/M.  :  ZDPV.  VII,  p.  173—210. 

66)  Vgl.  ZDPV.  I,  p.  29,  Nr.  7.  —  Verhandlungen  der  Berliner  Gesell- 
schaft für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte  1877,  p.  14  f. 

67)  Ibid.    Berlin  1882,  p.  464—470. 

68)  Ibid.  1879,  p.  388—401. 

20» 


mer. 


296  Socin, 

(las  ^'el•hältuiss  des  niütterlichen  Oheims  zum  Neffeu 'J'J  ii.  clergl.; 
öfter  sind  an  diese  Excurse  interessante  sprachliche  Erörterun- 
ifen  geknüpft.  Gildemeister '^  hat  die  von  Sepp  bestrittene 
Hedeutung  des  "Wortes  manära  durch  Zeugen  eudgiltig  festge- 
stellt. —  Zu  dem  in  Kom  im  Entstehen  begriffenen  Palästina- 
Museum  hat  der  Keisende  Graf  Carlo  Landberg  bedeutende 
Sammlungen  geliefert  ''^) . 
Aiterthü-  In   arcliäologischer  lieziehung    von    erster  Wichtigkeit  ist 

das  Erscheinen  des  dritten  Bandes  von  Perrot  s'^)  grossartig 
angelegter  Kunstgeschichte  des  Alterthums,  in  welchem  p.  481 
— 921  die  Keste  phönicischer  und  cyprischer  Kunst  vorge- 
führt werden ;  wir  werden  bei  Anlass  der  zu  erwartenden 
deutschen  Übersetzung  auf  dieses  Werk  wieder  zurückkom- 
men. Lber  Bronceäxte,  welche  in  Syrien  gefunden  worden 
sind,  haben  Heuzey  und  Bertrand ''2)  berichtet;  über  Mühl- 
steine liegt  eine  Notiz  von  Conder"^)  vor.  Aus  der  Recovery 
ist  ein  archäologischer  Aufsatz  Chester's'^*)  neu  abgedruckt 
worden.  Ganneau'^^)  fordert  unter  Hinweisung  auf  die  Samm- 
lungen von  London  (British  Museum  und  South-Kensington 
Museum)  dazu  auf,  eifriger  als  bisher  den  Alterthümern  in  Palä- 

69)  "Wetzstein,  Über  deu  Glauben  der  Araber,  dass  der  Neffe  dem  müt- 
terlichen Oheim  nachgerathe :  ibid.  1880,  p.  244 — 251. 

70/  Die  sogenannte  Manära  in  Tyrus.  Von  J.  Gildemeister  in  Bonn : 
ZDPV.  VII,  p.  74-77. 

70»)  G.  A.  Colini.,  Cronaca  del  Museo  Preistorico-Etnografico  di  Roma 
(1884.1):  Boll.  d.  See.  geogr.  ital.  ser.  2,  Vol.  9,  Jan.  1884,  p.  80—85; 
652 — 656.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  er.  I'hil. ;  nicht  gesehen.) 

71)  G.  Perrot  et  C.  Chipiez,  Histoire  de  l'art  dans  l'antiquite.  Tome  3. 
Phenicie,  Chypre,  AsieMineure.  Paris  (Hachette)  1884.  928  pp.avec  452  gra- 
vures  et  10  planches.  —  Auch  ins  Englische  übers,  v.  W.Armstrong,  History 
of  Art  in  Phv-Bnicia  and  its  dependencies.  2  vol.  (Chepman  and  Hall.). 

72)  Heuzey  et  AI.  Bertrand,  Kemarques  sur  des  haches  en  bronzc  pro- 
venant  de  Syrie  et  d'autres  analogues  rapportees  duCaucase  :  Bull,  de  la  Soc. 
des  Antiq.  de  France  1883,  p.  157.   :Bibl.  Ü.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

73j   C.  li.  C'onder),  Disc  stones :   Quart.   Statements  1884,  p.  20. 

74)  Greville  Chester,  On  the  pottery  and  glass  found  in  the  excavations: 
Memoirs  (siehe  Nr.  275),  p.  533 — 542. 

75)  Ch.  Clermont  Ganneau,  Antiquities  of  Palestine  in  London  (reprodu- 
ced  from  the  Times)  :  Quart.  Statements  18S4,  p.  222—230.  —  Id.,  Genuine 
and  false  inscriptions  in  Palestine  (reprinted  from  the  Times) :  ibid.  p.  89 
—  lOÜ. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  1884.    297 

stiua  nachzuforschen ;  er  selbst  hat  bekanntlich  eine  Menjj^e  Sta- 
tuetten oder  Basreliefs,  Vasen,  Lampen,  Ossnarien,  Gemmen,  In- 
schriften u.  (lergl.  gesammelt,  deren  Katalog  er  uns  vorlegt "0). 
Auch  über  neuere  Funde  hat  er  Bericht  erstattet  ^^) ;  seine  Be- 
merkungen in  der  Revue  criti(|ue  beziehen  sich  meistens  auf  ver- 
schiedene Inschriften"*).  Unter  Anderem  hat  er  auch  neuent- 
deckte griechische  Inschriften  aus  dem  Ilauran  veröfientlicht '■'  . 
Über  die  jetzt  in  Constantinopel  befindliche  Tempelstele  und 
über  griechische  Inschriften  aus  dem  Hauran  hat  uns  neben  Gan- 
NEAu MoRDTMANN soj  Mittheilungeu  gemacht;  verschiedene phöni- 
cische  und  nabatäische  Inschriften  hat  Schröder^')  vorgelegt. 
Von  PoGNON  82)  ist  im  Wadi  Brissa  bei  Ilermel  im  Libanon  ein 
Denkmal  Nebukadnezars  entdeckt  worden.  Über  das  A'erhält- 
niss  der  Ilamat-Inschriften  zu  ägyptischen  weiss  Conder*^)  einige 
Bemerkungen  zu  machen. 

Über  gefälschte  und  ächte  hebräische  Alterthümer  finde  ich 
einen  Artikel  von  CosauiK  *^j  angeführt.  Die  älteren  Abhandlun- 

76)  Mission  en  Palestine  et  en  Ph^nicie  entreprise  an  1881  par  M.  Ch. 
Clermont  Ganneau.  Cinquieme  rapport  (Extrait  des  Archives  des  missions 
scientifiques  et  litteraires.  Troisieme  Serie.  Tomeonzieme).  Paris  (Impr.  na- 
tionale) 1884,   p.  51 — 146  (mit  12  Tafeln  und  sonstigen  Abbild.). 

77)  Ch.  Clermont  Ganneau ,  Archaeological  discoveries  in  the  Holy  Land 
and  Syria  in  1883  (reprinted  from  the  Times  :  Quart.  Statements  1884, 
p.  187—195. 

78)  Clermont  Ganneau,  Notes  d'archeologie  Orientale:  Revue  critique 
1884,  II,  p.  263-268. 

79)  Clermont  Ganneau,  Inscriptions  grecques  inedites  du  Hauran  et  des 
regions  adjacentes:  Rev.  archeol.  Nov. — Dec.  1SS4,  p.  260 — 28ü  [mit  4  p. 
Tafeln). 

80)  Beiträge  zur  Inschriftenkunde  Syriens.  Von  Dr.  J.  H.  Mordtmann  in 
Con.stantinopel:  ZDPV.  VII,  p.  119— 126. 

81)  Epigraphisches  aus  Syrien.  Von  Dr.  P.  Schröder  (mit  2  Tafeln;: 
ZDMG.  38  (1S84  ,  p,  530—534. 

82)  Ch.  Clermont  Ganneau ,  Two  inscriptions  of  King  Nebuchadnezzar 
on  Lebanon  (Reprinted  from  the  »Times«  of  December  29tl»,  18S3;:  Quart. 
Statements  1884,  p.  85—88.  Vgl.  Compt.  r.  de  l'Acad.  des  I.  et  B.  L,  1883. 
(Paris  1884),  p.  412—414. 

83)  C.  R.  C(onder),  Hamathite  and  Egyptian:  Quart.  Statements  1>>^4, 
p.  18—19. 

84)  Em.  Cüsquin  ,  Vraies  et  fausses  antiquites  hebra'iques :  Le  Francais 
12.  Jan.  1S84.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Ph.  ;  nicht  gesehen.) 


99S  Socin, 

gen  über  Inschrifteu  in  Jerusalem,  speciell  die  Siloahiiisclirift*^), 
an  deren  Angaben  sich  noch  immer  die  Discussion  über  das 
Maass  der  jüdischen  Elle  ^^]  fortspinut,  sind .  leider  in  unverän- 
derter Form,  in  die  Memoirs  hinübergenommen  worden.  Einige 
hübsche  liemerkungen  über  Makkabäer-Münzen  verdanken  -wir 
Stickel^').  Ganneaü^^J  hat  neuerdings  wieder  eine  jüdische 
Grabinschrift  aus  Jafa  veröffentlicht.  —  Die  wichtigste  aramä- 
ische Inschrift,  welche  in  neuester  Zeit  gefunden  worden  ist.  ist 
die  von  Teimä^'*,  in  Xordarabien;  sie  beweist,  dass  aramäischer 
Einäuss  viele  Jahrhunderte  vor  dem  Beginn  unserer  Aera  bis  nach 
Arabien  hineinreichte.  Die  aus  dem  Nachlass  Doughty's^'^;  und 
Huber's'*^)  veröffentlichten  Inschriften  aus  Nordarabien  machen 
uns  nur  um  so  begieriger  auf  die  bevorstehende  Veröffentlichung 
der  von  Euti>g  gemachten  Erbeutungen .  Auf  syrischem  Boden  ist 
vor  allem  die  Inschrift  aus  Dmer^^j  yon  Wichtigkeit,  sowäe  auch 


85)  Ancient  inscriptions  at  Jerusalem:  Memoirs  (siehe  Nr.  275),  p.  422 
— 42S. 

86)  S.  Beswick,  The  Siloam  inscription:  Quart.  Statements  1884,  p.  255 
—257. 

87,  Jüdische  Münzen  aus  Jerusalem.  Von  D.  Stickel  in  Jena:  ZDPV. 
Vn,  p.  211— 214;  310. 

88)  Clermont  Ganneau,  Hebrew  Epitaph  of  Youdan ,  sun  of  Rabbi  Tar- 
phon ,  from  the  Necropolis  of  Joppa :  Proceedings  of  the  .socIety  of  Bibl.  Ar- 
chaeology  Nov.  1883 — Mai  18S4.  Vol.  VI. 

89)  Altaramäische  Inschriften  aus  Teima  von  Th.  Nöldeke.  Mit  zwei  Ta- 
feln :  Sitzungsberichte  der  kön.  preussischen  Akademie  der  Wissenschaften 
in  Berlin  1884,  p.  813 — 820.  Rec.  von  D.  Müller  in  Österr.  Monatsschrift  für 
den  Orient  18'^4  ,  p.  209;  vgl.  Halevy,  Revue  des  etudes  juives  1SS4,  IX, 
p.  1—20. 

90  Ch.  M.  Doughty ,  Documents  epigraphiques  recueillis  dans  le  Nord 
de  l'Arabie :  Memoires  de  TAcad.  des  Inscriptions  1884.  Separat:  Parisdmpr. 
pat.  1884.  (j.i  pp.  LVII  Tafeln  4'J  (nicht  gesehen,.  Rec.  von  D.  H.  Müller  in 
Österr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient  1884,  p.  278;  von  Praetorius  in  Lit.  Bl.  f. 
or.  Phil.  1885,  p.  386;  Halevy  1.  1.  unter  Nr.  89. 

91)  Inscriptions  recueillis  dans  lArabie  centrale  1878 — 1882  par  Charles 
Huber:  Bulletin  de  la  Societe  de  geographie.  Paris  1884  Septieme  serie, 
■>  tomej,  p.  289 — 292  (mit  11  Seiten  Tafeln,.  —  Phil.  Berger,  Inscriptions 
nabatennes  de  Medain  Salih:  Comptes  rendus  de  l'Acad.  des  J.,  serie  4,  t.  12, 
Juli— Sept.  1884,  p.  377—393.  (Separat:  Paris  1884:  10  pp.,  2  pl.).  Vgl. 
D.  H.  Müller  in  Österr.  Monatsschrift  f.  d.  Or.  15.  Jan.  1885,  p.  21. 

92,  Eine  Nabatäische  Inschrift  aus  pmer.  Mitgetheilt  von  E.  Sachau 
mit  Tafel,:  ZDMG.  1884,  (38).  p.  535—542. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  1SS4.  299 

die  Inschriften  von  Karjaten  '-^3) ,  von  denen  wenigstens  zwei  älter 
als  das  neunte  nachchristliche  Jahrhundert  sind.  Auch  über  j)ahnv- 
renische  Inschriften  liefet  Neues  vor  '^^''i ,  Dk  Yogük  '•'^j  hat  über  eine 
Inschrift  von  IJaalbek  gehandelt.  In  Ascalon'-'^)  ist  eine  arabische 
Inschrift  ans  dem  Jahre  155  der  Flucht  gefunden  worden.  Acht 
Monumente  aus  der  Kreuzfahrerzeit  hat  Gannkau""'  erläutert. 
Welche  schöne  Funde  in  Palästina  zu  machen  sind,  hat  neulich 
wiederum  die  Dreifussbasis  aus  Nabuhis"")  bewiesen.  .Schade, 
(lass  durch  die  strengen  Verordnungen  der  türkischen  Kegie- 
rung''^)  die  Ausgrabungen  und  die  Verwerthung  derselben  so  sehr 
erscliAvert  Avorden  sind. 

Der  zu  den  Memoirs  der  englischen  Karte  gehörige  Band,  Natnrge- 
welcher  hauptsächlich  die  Naturgeschichte  '•>-*)  enthält ,  ist  nach 
meiner  Ansicht  einer  der  am  wenigsten  befriedigenden  des  gan- 
zen grossen  Werkes  ;  denn  mau  findet  darin  durchaus  nicht,  wie 
man  erwarten  dürfte,  eine  physikalische  Beschreibung  von 
Palästina.  Sehr  hübsch  sind  zwar  einzelne  colorirte  Bilder  von 
Thieren,  jedoch  sind  die  Beschreibungen  zum  mindesten  inso- 

93)  Syrische  Inschriften  aus  Karjeten.  Mitgetheilt  von  E.  Sachau  mit 
Tafel)  :  ZDMG.  1884,  (38),  p.  543—545. 

93=^!  J.  H. Mordtmann,  Bemerkungen  zu  den  Palmyrenischen  Inschriften: 
ZDMG.  1884  (38j,  p.  584—589.  —  Zu  ZDPV.  VII,  p.  241,  Nr.  68  vgl.  bes. 
Palmyra,  eine  archäologische  Untersuchung  vom  Fürsten  S.  Abamelek-Laza- 
rew.  St.  Petersburg  1884.  84  pp.  fol. ,  mit  8  Ansichten  von  Palmyra  und 
5  Inschriftentafeln  (nicht  gesehen) ;  vgl.  die  Recension  und  weitere  Litera- 
turangaben' von  D.  H.  Müller  in  Österr.  Monatsschr.  f.  d.  Or.  1SS5,  p.  43. 
—  S.  Landauer ,  Über  die  von  Euting  in  Palmyra  gefundene  Synagogen- 
Inschrift:  Sitzungsber.  der  k.  preuss.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin  1884, 
XXXIX,  31.  Juli,  p.  933— 934.     (Mit  2  Tafein). 

94)  M.  de  Vogüe,  Inscription  de  Baalbek:  Bull,  de  la  Soc.  des  antiq.  de 
Fr..  1883,  p.  122.  (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

95)  Rev.  archeol.  1884,  II,  p.  103. 

96;  Clermont  Ganneau,  Nouveaux  monuments  des  croises,  recueillis  en 
Terre  Sainte:  Archives  de  l'Orient  Latin  II  (1884  ,  p.  457 — 464  mit  drei 
Tafeln). 

97)  Die  Dreifussbasis  von  Nabulus.  Vonlh.  Schreiber  in  Leipzig  (mit 
Tafel)  :  ZDPV.  VII,  p.  136—139.  Vgl.  Revue  archeol.  1884,  II,  p.  99. 

98)  Reglement  sur  les  antiquites  sanetionne  par  irade  imperial :  Revue  ar- 
cheol. 1884,  I,  p.  336—345. 

99)  The  survey  of  Western Palestine.  The  Fauna  and  Flora  of  Palestine. 
By  H.  B.  Tristram.  Published  by  theCommittee  of  the  Palestine  Exploration 
Fund.   1S84.  XXII,  455  pp.  40.  L.  3,  3  sh. 


300  Socin, 

■weit  verfehlt .  als  der  grösste  Theil  der  hebräischen  und  arabi- 
schen Namen  durch  Druck-  oder  Schreibfehler  entstellt  ist.  Statt 
der  Aufzählung  der  Pflanzen ,  meist  nach  I^oissier,  wäre  eine 
Charakteristik  der  palästinensischen  Flora  zweckentsprechender 
gewesen.  Die  geologische  Übersicht  in  der  Von-ede  des  Werkes 
ist  sehr  knapp  gehalten.  Dagegen  ist  nun  allerdings  anzuerken- 
nen, dass  die  englische  Gesellschaft  in  neuester  Zeit  eine  Expe- 
dition zur  Erforschung  Palästina's  in  geologischer  Beziehung 
ausgesandt  hat ;  bereits  liegen  von  Hüll  i^**) ,  dem  Anführer  der- 
selben ,  einige ,  theilweise  auch  geographisch  interessante  Be- 
richte vor.  Eine  Notiz  über  die  chemische  Beschaff"enheit  des 
Wassers  des  Todten  Meeres  ist  in  einem  russischen  Journal, 
vielleicht  nach  neuen  Untersuchungen,  erschienen^"').  Aon  dem 
grossen  Hauptwerke  über  die  Flora  des  Orients,  der  Flora  orien- 
talis  des  leider  nun  verstorbenen  Genfers  BoissrER'02j^  sei  ausser 
dem  im  Laufe  des  Berichtsjahres  erschienenen  Bande  nachträglich 
noch  ein  früherer  angeführt.  Neben  solchen  Werken  ersten  Ran- 
ges kommen  Bücher  wie  das  von  GRiXDOx'^^aj  kaum  in  Be- 
tracht. Dagegen  darf  hier  auch  auf  einige  Bemerkungen  AVetz- 
STEix'si'^äj  über  das  Vorkommen  von  Trüff'eln  in  Syrien  hinge- 

100)  Vgl.  Nr.  312.  Hüll,  Abstract  of  observations  obtained  by  the  scien- 
tific expedition  sent  out  to  Arabia  Petraea  and  "Western  Palestine  by  theCom- 
mittee  of  the  Palestine  Exploration  Fund  in  18S3:  Quart.  Statements  1884, 
p.  160 — 171.  —  Vgl.  auch  Hüll,  Physieal  history  of  the  Dead  Sea,  the  Jordan 
Valley  and  Palestine:  TheNature,  29.  März  1883.  3ibl.  0.  L. ;  nicht  ge- 
sehen). —  Nach  Bibl.  O.  L.  ist  der  in  ZDPV.  VII,  p.  243  ,  Nr.  83  erwähnte 
Artikel  ein  Auszug  aus  AV.  H.  Hudleston,  Geology  of  Palestine  ^mit  III.  und 
Karte)  aus  Address  to  the  Geologists  association,  3.  Nov.  1882,  Proceedings 
VIII,  p.  1—53. 

101  Ivanow,  Analyse  de  l'eau  de  la  Mer  Morte:  Journal  des  mines,  1880, 
p.  18(5—192     fPtussisch;   Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

102)  Flora  Orientalis  sive  enumeratio  plantarum  in  Oriente  a  Graecia  et 
Aegypto  ad  Indiae  fines  hucusque  observatarum  auctore  Edmond  Boissier. 
Volumen  quartum.  Corolliflorae  et  Monochlamydeae.  Genevae  et  Basileae 
(Georg;  1879,  1270  pp.  S'K  —  Volumen  quintum.  Monocotyledoneae ,  Gym- 
nospermae,  Acotyledoneae  vasculares.    ibid.  1884,  868  pp.  80. 

102»)  Leo  H.  Grindon ,  Scripture  Botany.  London  Pitman).  —  Rec.  in 
Saturday  Review  29.  März  1884,  p.  425.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht 
gesehen.) 

103)  Sitzungsberichte  des  Botanischen  Vereins  der  Provinz  Brandenburg 
XXll,  p.  126  ff. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinulit.  ls^4.  ;J0  1 

wiesen  werden.  Die  IJibliscluMi  Natnr^cscliichtcn  von  Kin/,- 
ler'oi)  nnd  Fillion  lo**)  sollen  wohl  den  /wecken  des  Schulun- 
terrichts dienen;  oh  das  Huch  von  liowKER 'o'')  ül)er  die  M)^o.\ 
der  Bibel  auf  wissenschaftlicher  Grundlage  beruht,  vermag  ich 
nicht  zu  beurtheilen.  Meteorologische  Heobachtungen  hat  in  letz- 
ter Zeit  Dück'"*^)  in  Jerusalem  gemacht. 

Z\ir  Geschichte  übergehend,  können  wir  zunächst  E.  Geschichte. 
Meyer's^o^)  Geschichte  des  Alterthums  als  eine  sehr  brauch- 
bare Übersicht  empfehlen,  da  sich  der  Verfasser  derselben  in 
allen  Quellenfragen  bewandert,  wenn  auch  bisweilen  in  der  Kri- 
tik etwas  allzu  kühn  erweist.  In  welcher  Sprache  eine  in  l^eirut 
erschienene  Geschichte  von  Syrien lo^)  abgefasst  ist,  haben  wir 
nicht  erfahren  können  ;  auch  die  alte  Geschichte  von  Sayce  i"") 
ist  uns  nicht  zu  Gesicht  gekommen.  Zur  Urgeschichte  Syriens 
ist  ein  kurzer  Aufsatz  von  PelagaudI^o)  zu  vergleichen.  Das 
Üuch  von  W.  WrightI")  über  die  Hethiter  ist,   nach  den  Kriti- 

104)  Pfr.  Ad.  Kinzler,  Biblische  Naturgeschichte.  Hrsg.  von  dem  Cal- 
wer Verlagsverein.  6.  verb.  Aufl.  Mit  60  kolor.  Abb.  auf  4  Bildertaf.  und 
Holzschnitten.  Calw  ( Vereinsbuchh.)  1884.  VHI,  307  pp.  8".  (Nicht  ge- 
sehen.) 

104a)  L.  Cl.  Fillion,  Atlas  d'histoire  naturelle  de  la  Bible ,  dapres  les 
monuments  anciens  et  les  meilleures  sources  modernes  et  contemporaines,  de- 
stine  ä  faciliter  l'intelligence  des  saintes  ecritures.  Paris  etLyon  (Delhomme; 
1S84.  VII,  112  p.  112  pl.  40.  —  Rec.  in  Polybiblion  März  1885,  p.  219;  etc. 
(Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.  ;  nicht  gesehen.) 

105)  J.  Bowkers  Birds  of  the  Bible.  lOf.  ^genannt  imAthenaeum  G.  Dec. 
1884). 

106)  Warte  1884,  Nr.  14. 

107)  Geschichte  des  Alterthums  von  Eduard  Meyer.  Erster  Band.  Ge- 
schichte des  Orients  bis  zur  Begründung  des  Perserreichs.  Stuttgart  iCotta^ 
1884.  XX,  647  pp.  8o.  (Vgl.  die  Rec.  von  A.  Bauer  in  Gott.  G.  Anz.  18b4, 
p.  1000). 

108)  Elias  Matar,  Histoire  de  laSyrie.  Beyrouth  1881.  120.  (Bibl.  0.  L.; 
nicht  gesehen.) 

109;  A.  H.  Sayce,  The  ancient  empires  of  the  east.  New  York  ;C.  Scrib- 
ner's  Sons)  1884.  XXII,  301  pp.   12«.    (Nach  ThLZ.  ;  nicht  gesehen.. 

110)  Pelagaud,  La  prehistoire  en  Syrie :  Compte-rendu  de  la  LXIX^ 
Session  de  l'Ass.fr.pour  l'avancement  des  sciences  ä Reims,  1880  (Paris  ISSl, 
p.  848—857.   80.   (Bibl.  O.  L.  ;   nicht  gesehen. 

111)  Wm.  Wright,  The  empire' of  the  Hittites.  With  decipherment  of 
hittite  inscriptions  by  A.  H.  Sayce,  a  hittite  map  by  Ch.  Wilson  and  Conder. 
and  a  complete  set  of  hittite  inscriptions,  revised  by  ^^^  H.  Rylands.    London 


302  Socin, 

ken  zu  urtheilen,  verfiiilit  und  von  sehr  einseitigem  Standpunkt 
geschrieben ,  wie  auch  sein  Aufsatz  über  die  Hethiter  im  alten 
Testament  1^^).  Das  dritte  Heft  von  Staüb's'^^)  Geschichte  Isra- 
els ist  von  grosser  Wichtigkeit,  da  uns  in  demselben  besonders 
auch  die  salomonischen  liauten  und  zwar  mit  Plänen  vorgeführt 
werden.  —  Betreffs  der  nachchristlichen  Zeit  ist  zu  erwähnen, 
dass  Gregoroviüs'^^j  die  Gründung  der  Aelia  Capitolina  in  das 
Jahr  130  setzt.  Der  neu  erschienene  15and  der  Historiens  des 
cruisades^'^j  enthält  besonders  Auszüge  aus  der  Chronik  von 
Aleppo  vonKemäl  ed-din  7  060  d.  FL),  die  timcadir  (Seltenhei- 
ten aus  dem  Leben  des  Saläh  ed-din  von  Behä  ed-din,  Auszüge 
aus  Ihn  Gubair  (geb.  540  d.  FL)  ;  ferner  aus  der  Geschichte  des 
Ibn  jMujesser  schrieb  zwischen  676  und  690),  aus  den  nugiim 
ez-zähire  des  Abul-Mahäsin  7  815  d.Fl.)  und  aus  dem  mirät  ez- 
zemcin  des  Sibt  ibn  el-Gauzi  (7  654  d.  FL).  Sehr  viele  histo- 
rische Arbeiten  finden  sich  in  dem  zweiten  Bande  der  Archives 
de  rOrient  Latin ;  vor  allem  sind  Riant'sII^)^^")  übersichtliche 
Aufsätze  über  handschriftliche  Materialien  zu  nennen .  sodann 
eine  Abhandlung  desselben  Autors,  welche  namentlich  auch  den 
Einfluss  der  Franken  in  Jerusalem  vor  den  Kreuzzügen  beleuch- 


iNisbet)  18S4.  XXI,  200  pp.  8».  —  Vgl.  Athenaeum  4.  April  1885,  p.  435  ;  Aca- 
demy  1884,  6.  Dec.  ,  p.  378;  13.  Dec. ,  p.  397;  20.  Dec.  ,  p.  415;  27.  Dec, 
p.  435  et  al. 

112)  Rev.  W.  Wright,  The  Hittites  and  theBible:  Brit.  Quart.  Rev., 
Juli  1882,  p.  53—78.   (Bibl.  O.  L. ;   nicht  gesehen.) 

113)  Bernhard  Stade,  Geschichte  des  Volkes  Israel.  Dritte  Lieferung 
(87.  Abtheilung  von  AV.  Onckens  Allgemeine  Geschichte  in  Einzeldarstellun- 
gen). Berlin  (Grote)  1884,  p.  305—464. 

114i  F.  Gregorovius,  Die  Gründung  der  römischen  Colonie  Aelia  Capi- 
tolina: Sitzungsber.  der  K.  Bayer.  Akad.  d.  Wi^:. ;  Phil. -bist.  Klasse,  1883, 
p.  477—508. 

115,  Recueil  des  historiens  des  croisades  ,  publies  par  les  soins  de  Taca- 
demie  des  inscriptions  et  helles  lettres.  Historiens  orientaux.  T.  3  texte  et 
traduction.  Paris   Impr.  nationale,  1SS4.  II,  7'J9  pp.  fol. 

116)  Comtelliant,  Inventairesommaire  des  manuscrits  relatifsäl'histoire 
et  ii  la  geographie  de  l'Orient  Latin:  Archives  de  l'Oricnt  Latin  II  (1884), 
p.  131—204;   II,  510—512. 

1 1 7]  Comte  Riant ,  Inventaire  des  materiaux  rassembles  par  les  Bene- 
dictins  auXVIlI«  sieclepourlapublication  des  Historiens  des  croisades  :  Archi- 
ves de  l'Orient  Latin  II  (18S4j,  p.  105—130. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  1884.    303 

tetiis).  HeydsI'»)  Aufsatz  über  das  Consulaiwesen  ist  schon 
im  letzten  Berichte  erwähnt  Avorden.  K()iiriciit  und  Ray- 
naud'^o)  haben  einen  interessanten  Text  nach  zwei  Handschrif- 
ten herausgegeben,  P.  Meyer  121)  Fragmente  eines  die  .Schhicht 
von  109S  behandehiden  Liedes  aus  dem  l'>iidc  des  XII.  oder  dem 
Beginn  des  XIII.  Jahrhunderts.  Das  vulgärarabisclie  Gedicht 
von  Gabriel  bar  Kalai '-2)  ist  eine  der  letzten  Klagen  (loöO) 
über  den  Fall  der  Kreuzfahrerstaaten.  Ausser  diesen  Arbeiten 
findet  sich  in  dem  Bande  II,  p.  1 — 303)  eine  grosse  Menge  von 
Documenten  und  Briefen,  welche  wir  nicht  im  einzelnen  aufzäh- 
len können.  Von  wissenschaftlichen  Abhandlungen  sind  noch 
zu  nennen  ein  Aufsatz  Rey's  '23)^  eine  Dissertation  über  Konig 
Balduin  I.  ^-■^),  eine  Studie  Röhricut's  ^25)  ü^er  die  letzten  Zeiten 
des  Königreichs  Jerusalem  und  die  Herausgabe  von  Fragmenten 
des  Liedes  über  die  Zerstörung  von  Akka  (1291)  i26j^  ^Vie  weit 
die  illustrirte  Culturgeschichte  der  Kreuzzüge  von  Henne   am 


118)  La  donation  de  Hugues,  Marquis  de  Toscane,  au  Saint-Sepulcre  et 
les  etablissements  latins  de  Jerusalem  au  X^  siecle,  par  le  Comte  Riant.  Ex- 
trait  des  memoires  de  FAcademie  des  inscriptions  et  belles-lettres.  Tome 
XXXI,  2epartie  fp.  151—195).  Paris  ilmpr.  nationale)  1S84.  4ypp.  4«.  —  Kec. 
in  Lit.  C.-Bl.  24.  Jan.  1885,  Sp.  141. 

119)  Vgl.  ZDPV.  VII,  p.  246,  Nr. 97.  Aus:  Archives  de l'Orient Latin  II 
(1884),  p.  355—363;   (512). 

120)  R.  Röhricht  und  G.  Raynaud,  Annales  de  Terre  Sainte :  Archives 
de  rOrient  Latin  II  (18S4) ,  II,  p.  427—461. 

121)  P.  Meyer,  Fragments  d'une  Chanson  d'Antioche  en  provencal:  Ar- 
chives de  rOrient  Latin  II  (1884)  II,  p.  467—509. 

122)  R.Röhricht,  Gabriel  bar  Kala'i,  eveque  de  Nicosie.  Poeme  sur  la 
chüte  de  Tripoli  (27.  avril  1289)  :  Archives  de  TOrient  Latin  II  (1884), 
p.  462 — 3.  Discours  sur  Tripoli  et  sur  ce  qu'y  firent  les  Musulmans.  Tra- 
duit  par  J.  Guidi,  ibid.  p.  464 — 466. 

123)  G.  Rey,  Note  sur  le  fief  du  comte  Josselin  en  Syrie:  Bull,  de  la 
Soc.  des  ant.  de  Fr.  1880  (XLI),  p.  72—75.  (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

124)  A.  "Wollf,  König  Balduin  I.  von  Jerusalem.  Inaug.  Dissertation. 
Königsberg  188-1.  82  pp.  8».  (Nach  ThLZ. ;  nicht  gesehen. 

125)  Reinhold  Röhricht,  Etudes  sur  les  derniers  temps  du  royaume  de 
Jerusalem  (suite)  :  Archives  de  l'Orient  Latin  II  ^1884),  p.  365 — 410. 

126)  Anton  Schönbach ,  Fragmente  des  Gedichtes  über  die  Zerstörung 
von  Accon.  Mittheil,  aus  altdeutschen  Handschriften  III:  Sitzungsberichte 
der  Kais.  K.  Akad.  der   Wissensch.    zu  Wien  1881    (XCVII) ,    p.   783—792. 


304  Socin, 

Rhyn'-'    imd  das  handelsgeschichtliche  Werk  von  Mitrovic  ^28) 

auf  Avisseiischaftliclier   Grundlage  ruhen,    entzieht  sich  meiner 

Beurtheihnig ;   ein  Aufsatz  von  Uaarts  ^'^'■>)  über  Syrien  zur  Zeit 

der  Kreuzzüge  ist  an  und  für  sich  populär  gehalten.    Aus  der 

neueren   Zeit    mag    ein  Werk   angeführt   werden,    welches    die 

Kämpfe  Ägyptens  und  der  Pforte  in  Syrien  schildert  i30j^    sowie 

zwei    andere,    welche    die  Ereignisse    des   Jahres   18G0    behan- 
deln >  3  i)i  3  laj. 

Pilger-  Unter  dem  Vorsitz  von  C  W.  Wilson,  mit  W.  Besant  als 

Schriften.  •••tiiitt-»!-         ti-i      '•        <  •  > 

Secretair,  ist  in  England  die  »lalestme  rilgrims  text  society«  ^'^-] 
ans  Werk  gegangen,  eine  Reihe  älterer  Beschreibungen  und  Be- 
richte über  Palästina  zu  übersetzen  und  mit  Anmerkungen  her- 
auszugeben; auch  aus  byzantinischen  und  arabischen  Historikern 
sollen  später  Stellen,  welche  für  die  Geographie  Palästina  s  wich- 
tig sind,  in  Übersetzung  mitgetheilt  werden.  Nach  diesem  Pro 
S]>ect  scheint  aber  das  neue  Unternehmen  hauptsächlich  darauf 
gerichtet  zu  sein,  sprachunkundigen  Leuten  die  betreffenden 
Texte  leichter  zugänglich  zu  machen ;  an  eine  CoUation  der 
Handschriften ,  welche  für  viele  der  älteren  Pilgerschriften 
so  überaus    wichtig  ist,   scheint  nicht   gedacht  zu  werden,   wie 


127)  Die  Kreuzzüge  und  die  Kultur  ihrer  Zeit.  Von  Dr.  Otto  Henne  am 
Hhyn.  Leipzig  (Bach)  1884.  XII,  498  pp.  fol.    Nicht  gesehen.) 

128)  Bartolomeo  Mitrovic,  II  commercio  medio-evale  dell'  Italia  col  Le- 
vante. I.  Epoca  anteriore  alle  crociate ;  II.  Epoca  delle  crociate.  Trieste 
1S81— 1882,  2  vol.  80.   (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

129)  P.  Baarts,  Syrien  zur  Zeit  der  Kreuzzüge  :  Wochenblatt  der  Joha- 
niter-Ordens  Balley  Brandenburg  1884,  p.  259—262;  265—2(58. 

i;:10,  Baron  Augustus  Jochmus ,  The  Syrian  war  and  the  decline  of  the 
Ottoman  erapire,  1840 — 1S48,  hrg.  von  Dr.  G.M.  Thomas.  Berlin  Cohn)  1883. 
2  vol.  80.  (1  Portrait,  2  Karten).  (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

131)  L.  Le  Saint,  Expedition  de  Syrie  en  1860.  Liraoges  (Barbou)  1881. 
190  pp.  80.   (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

131^1  Perpetuü  Dionigi  Damonte,  Abdel-Kader,  ossia  stragi  del  Libano  e 
di  Damasco  nel  1860.  Racconto  storico,  con  ill.  Torino  (impr.  nel  Collegio 
degli  Artiglanelli)  1884.    160  pp.  40.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  ges.) 

132)  Vgl.  Quart.  Statements  1884,  p.  106.  Palegtine  Pilgrims"  Text  So- 
ciety. Nr.  I.  Of  the  Holy  Places  visited  by  Antoninus  Martyr.  Translated  by 
Aubrey  Steward  and  annoted  by  Col.  Sir  C.  AV.  AVilson.  R.  E.  (Published 
for  the  subscribers  only).  (Nicht  gesehen.)  Rec.  von  Alex.  B.  Mc.  Gregor  in 
the  Academy  7.  Febr.  1885,  p.  63.  Athenaeum  Nr.  2938;  16.  Febr.  1884, 
p.  217. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  1884.  305 

ja  auch  in  dem  erschienenen  Fascikel  alle  hibliof^raphischen 
Angaben  fehlen.  —  In  der  Hibliothek  der  Fraternita  in  Arezzo 
hat  Gammukkini  1^3)  eine  Handschrift  gefunden,  welche  Hruch- 
stücke  der  Keiseerinnerungen  einer  wohl  aus  Gallien  gebürtigen 
Dame  enthält.  Diese  ist.  wie  Koiilkr  ':'»)  meint,  nach  dem  Jahre 
363  durch  Ägypten  nach  dem  .Sinai  gereist,  liat  hierauf  den 
Berg  Nebo  und  das  Vaterland  iliobs  besucht  und  sich  dann  nach 
Edessa  begeben.  Auf  der  Hinreise  nach  Ägypten  hat  sie  wohl 
das  cisjordanische  Palästina  durchwandert;  leider  fehlt  gerade 
die  Beschreibung  dieser  Reise  in  der  Handschrift.  Einige  Noti- 
zen aus  Sophronius  hat  Bouvy'^öj  zusammengestellt.  In  den  Ar- 
chives  sind  zwei  kurze  armenische  Berichte '30j  mitgetheilt  wor- 
den ,  von  denen  der  eine ,  von  Anastasius  aus  dem  siebenten 
Jahrhundert,  ein  Verzeichniss  von  etwa  siebzig  armenischen 
Klöstern  enthält ;  (der  andere  stammt  von  Nicolas  ,  Bischof  von 
Acquirmanu  aus  dem  Ende  des  15.  Jahrh.).  Über  St.  Willil)ald 
liegt  ein  Programm  von  BrücklI^'')  vor.  In  gewohnter  Art  hat 
Gildemeister  die  im  Jahre  985/6  von  Mukaddasi  i3Sj  verfasste 
Beschreibung  Syriens  bearbeitet.  Die  Reise  des  russischen  Abtes 
Daniel  hat  uns  Leskien  ^3*^)  nach  NorofFs  Ausgabe   übersetzt. 

133)  G.  F.  Gamurrini,  I  misteri  e  gl'inni  di  S.  Ilario  vescovo  di  Poitiecs 
ed  una  peregrinazione  al  luoghi  santi  nel  quarto  secolo  scoperti  in  un  anti- 
chissimo  codice.  (Estratto  dal  periodico  studi  e  documenti  di  storia  e  diritto 
anno  V — lSS4j.  Roma  iTipographie  della  pace  di  F.  Cuggioni)  1884.  27  pp.  40. 

134)  C.  Kohler,  Note  sur  un  manuscrit  de  la  bibliotheque  d'Arezzo  :  Bi- 
bliotheque  de  l'ecole  des  chartes.    Paris  1884  (XLV),  p.  141—151. 

135)  Edm.  A.  Bouvy,  Sophrone  le  sophiste  et  Damas  avant  la  conquete 
musulmane:  La  Croix  1880,  1,  p.  62 — 65.  —  Id.,  Sophrone  le  pölerin  et  les 
monasteres  de  Palestine  (mit  Karte)  :  ibid.  1880,  I,  p.  217— 222.  (Bibl.  O.  L. ; 
nicht  gesehen.) 

136)  Leonce  Alishan ,  Deux  descriptions  armeniennes  des  Lieux  Saints 
de  Palestine  :   Archives  de  l'Orient  Latin  II  (1884),  II,  p.  394—403. 

i;57i  Hodoeporicon  S.-Willibaldi  oder  S.  Willibald's  Pilgerreise,  ge- 
schrieben von  der  Heidenheimer  Nonne,  übersetzt  und  erläutert  von  Jakob 
Brückl.  Programm  des  K.  Gymnasiums  zu  Eichstätt,  1880—1881.  Eichstiitt 
(Stillkrauth)  1881.  IXXX,  78  pp.  S«.    (Nicht  gesehen.) 

138)  Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.  Von  J.  Gil- 
demeister. 4.  Mukaddasi:  ZDPV.  VII,  p.  143—172;  215—230. 

139)  Die  Pilgerfahrt  des  russischen  Abtes  Daniel  ins  heilige  Land  IIK« 
— 1115.  Aus  dem  Kussischen  übersetzt  von  A.  Leskien:  ZDPV.  VII,  p.  17 
—64.  —  Nach  Bibl.  O.  L.  enthält  der  ZDPV.  VII,  p.  247,  Nr.  103  genannte 


306 


Socin. 


Auf  IUchmaxn'sI^")  Arbeit  über  die  Pilgerfahrt  Albrechts  von 
Jiraudeiiburg  (1159)  macht  uns  die  Bibl.  des  0.  L.  aufmerksam. 
Die  Schrift  von  Kalkoff  '^i)  enthält  unter  Anderem  einige  De- 
tails über  die  Reise  Wolfgers  von  Passau  (1198).  Schefer142j 
hat  sich  mit  einer  militärischen  Schrift  aus  der  Zeit  des  Melik 
ed-Dahir  beschäftigt,  welche  hauptsächlich  Egypten  betrifft;  es 
werden  jedoch  darin  auch  die  Wege  geschildert,  welche  eine 
Armee  z\irückzulegen  hätte,  um  von  Gaza  nach  Ägypten  zu 
gelangen.  Eine  genuesische  Schiffskarte  aus  dem  Anfang  des 
14.  Jahrh.  hat  Paoli**^^)  veröffentlicht.  In  dem  Portulan  des 
Genuesen  A  isconti^''^^  aus  dem  Jahre  13 IS  findet  sich  neben 
Anderem  besonders  auch  eine  Beschreibung  der  Häfen  Syriens. 
Yule  hat  die  Reise  des  Odericü  de  Pordenoke  ^^s)  (ungef.  1320) 
und  gemeinschaftlich  mit  Nicholson  die  Fragen,  welche  sich  an 
Johann  v.  Maundeville's  ^*^)  Reisebeschreibung  knüpfen,  behan- 
delt ;   eine  dänische  Ausgabe  der  letzteren  hat  Lorenzen  ^*'^)  ver- 


Artikel :  une  nouvelle  donnee  sur  le  manuscrit  de  Floristchev.  —  Zu  Daniel 
vgl.  auch  A.  J.  Ponomarev,  L'igoumene  Daniel  et  son  pelerinage  en  Terre 
Sainte:  Le  pelerin  (russisch)  1880,  Nr.  12.  (Bibl.  O.  L.;  nicht  gesehen.) 

140;  Bachmann,  über  eine  Beschreibung  des  Zuges  des  Markgrafen  Al- 
brecht von  Brandenburg  zum  Heiligen  Grabe  im  K.  Kreisarchiv  zu  Nürn- 
berg:  Correspoudenzblatt  der  d.  Archive,  1878—1880,  I,  p.  257—258.  (Bibl. 
0.  L. ;  nicht  gesehen.) 

141)  Paul  Kalkotf,  Wolfger  von  Passau,  1191 — 1204.  Eine  Untersuchung 
über  den  historischen  Werth  seiner  Keiserechnungen  nebst  einem  Beitrag  zur 
Waltherchronologie.  Weimar  (H.  Böhlau;  1882.  VIII,  142  pp.  80.  (Bibl.O.L.; 
nicht  gesehen.) 

142)  Charles  Schefer ,  Etüde  sur  la  Devise  des  chemins  de  Babiloine : 
Archives  de  VOrient  Latin  II  (1884),  p.  89—101. 

143)  C.Paoli,  Una  carta  nautica  genovese  del  1311 :  Arch.stor.  ital.  1881, 
4.  Serie.  VH,  p.  381— 3S4.   (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

144)  E.  G.  Rey,  Les  periples  des  cotes  de  Syrie  et  de  la  Petite  Armenie: 
Archives  de  l'Orient  Latin  II  (1884),  p.  207—330.    Mit  Karte. 

145;  H.  Yule,  II  beato  Oderico  di  Pordenone  ed  i  suoi  viaggi.     Londra 
F.  Richardt)  1881.   S  pp.   b^.  (Bibl.  O.  L. ;   nicht  gesehen.) 

146)  H.  Yule  and  E.  B.  Nicholson,  Jehan  de  Mandeville:  Encyclopasdia 
Britannica  9.  ed.  1883,  XV,  p.  472— 475.  Vgl.  E.  B.  Nicholson,"  Mande- 
ville's  Travels :    Academy  12.  Febr.  1881,  p.  119. 

147)  Mandevilles  Rejse  paa  Dansk  fra  XV<Je  Ärhundrede  efter  Haand- 
skriften  udgiven  af  M.  Lorenzen.  Kjöbenhavn  (S.  L.  Möller),  1881—1882. 
LXXI,  225  pp.  120.    (Bibl.O.L.;  nicht  gesehen.)  •. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d,  Gebiete  d.  Palästinalit.  1&84.  "307 

anstaltet.  Neumann  i^^^i  hat  nachgewiesen,  dass  die  Notahiha 
de  Terra  Sancta  Auszüge  des  Nicolaus  vonHude  aus  einer  nach 
dem  Jahre  1350  gemachten  CompiLation  sind,  deren  erster  Thci 
identisch  ist  mit  dem  Hber  de  itinere  Terrae  Sanctae  von  Ludolf 
Sudheim,  und  deren  zweiter  Theil  ein  Werk  ist  wie  dasvonEnnen 
in  der  Zeitschrift  Orient  und  Occidcnt  I.  4  1!);  02  7)  veröffentlichte. 
Eine  ursprünglich  slavonische  Besch.reibung'"*  der  heiligen  Stätten 
in  Jerusalem  aus  dem  14.  Jahrh.  ist  auch  in  serbischer  Sprache 
erhalten.  Eine  Untersuchung  über  die  Heise  des  Ignatius  von 
Smolensk  150)  (1389)  hat  Arseniev  geliefert ;  Riant  hat  die  latei- 
nischen Reisenotizen  des  Thomas  Brigg  151),  welcher  im  Jahre 
1392  den  Thomas  von  Swinburne  begleitete,  veröffentlicht.  Über 
Palästinapilger  aus  der  Picardie  hat  Graf  Marsy  '■''2)  gehandelt. 
Zu  Coxrady's  Rheinischen  Pilgerschrift eni53j  müssen  noch  einige 
Avichtigere  Recensionen  hier  angeführt  werden,  ebenso  zu  der  im 
letzten  Berichte  genannten  Reisebeschreibung  des  Philipp  de 
VoisiNsi54j.    Aus  dem  15.  Jahrh.  liegt  ferner  eine  Reisebeschrei- 


148)  W.  A.  Neumann,  Ludolphu.s  de  Sudheim,  De  itinere  Terrae  Sanctae : 
Archives  de  l'Orient  Latin  II  (1884)  II,  p.  305—377.' 

149)  Recit  sur  les  lieux  saints  qui  sont  ä  Jerusalem  J.  Martinov  S.  J., 
Le  recueil  de  Widdin  1360,  manuscrit  de  la  bibl.  de  Gand  (russisch).  St.  Pe- 
tersburg 1882.  40:  Monum.  d'ancienne  litterature  (russisch)  Nr.  XIV,  p.l7 — 
28  .  Bibl.  O.L.  ;  nicht  gesehen.)  —  J.  Martinov,  liecits  sur  les  Lieux  Saints 
de  Jerusalem,  traduit  d'un  texte  slavon  du  XIV^  siecle  :  Archives  de  lOrient 
Latin  II  (1884)  II,  p.  389—393. 

150)  S.  V.  Arseniev,  Enquete  sur  le  voyage  du  moine  Ignace  de  Smo- 
lensk  ä  Constantinople  et  ä  Jerusalem  au  XIV^  siecle  :  Recueil  de  l'Inst.  ar- 
cheol.  russe,  1883,   Nr.  3.   (Bibl.  O.  L.;   nicht  gesehen.; 

151)  Comte  Riant,  Vuyage  en  Terre  Sainte  d'un  maire  de  Bordeaux  au 
XlVe  siecle:  Archives  de  l'Orient  II  (1884)  II,  p.  378-388.  —  Vgl.  La  Terre 
Sainte  1884,  Nr.  222—224. 

152)  Comte  de  Marsy,  Les  pelerins  picards  ä  Jerusalem,  1.  note,  XlVe 
— XVIe  siecles:  La  Picardie,  Nov.  1881,  p.500— 51S.  Separatabd.  24pp.  Bibl. 
0.  L. ;  nicht  gesehen.) 

153)  Vgl.  ZDPV.  VI,  p.  162,  Nr.  75.  —  Rec.  von  Karl  Herquet  in  ZDPV. 
VII,  p.  65—73;  von  Meisner  in  Sybels  Hist.  Z.  1SS4,  (5),  p.  361  ;  in  N.  An- 
zeiger für  Bibliograjjhie  von  Petzholdt  1882,  p.  37S. 

154)  Vgl.  ZDPV.  VII,  p.  247,  Nr.  104.  Nach  Bibl.  Ü.  L.  rec.  von  Riant 
in  C.  r.  de  l'Acad.  des  I.  et  B.  L.  8.  Febr.  1884,  p.  157  ;  Polybiblion  März 
1884;  Rev.  hist.  März— April  1884,  p.  464 ;  Revue  des  quest.  hist.  I.April 
1884,  p.  633;  Journal  des  Savants  Juli  1884,  p,  409  u.  a. 


308  ^«""' 

bunsj  des  Königs  Erich  von  Dänemark  i^^)  vor.  Von  den  Glie- 
dern der  aus  Nürnberg  stammenden  Familie  Kieter  ist  Hans 
Kieter  um  13S4.  Peter  Rieter  um  1436,  Sebaldt  Rieter  i.  J.  1464 
nach  Palästina  gereist ;  die  ausführlichste  Beschreibung  hat  Se- 
bald  Rieter  junior.  Avelcher  mit  Tucher  reiste,  hinterlassen: 
eine  schöne  Ausgabe  dieser  Reisen  haben  Röhkicht  und  Meis- 
XER  ^^'^:  veranstaltet.  Eine  anonyme  Reisebeschreibung  aus  dem 
Jahre  1460  hat  HenriciI^")  verööentliclit;  über  die  Pilgerfahrt 
Stollberg's  hat  Lemcke  ^^s)  gehandelt ;  auch  über  Joos  va>'  Ghi- 
STELE 15'')  liegt  Neueres  vor.  Die  schwierige  Aufgabe,  die 
Beschreibung  Thex'aud's  zu  verofientlichen,  hat  ScheferI^oj 
mittelst  seiner  bekannten  Belesenheit  und  Sachkenntniss  ge- 
löst; doch  bietet  dieses  Werk  weniger  Neues  für  die  Landes- 
kunde Palästina's,  als  für  die  Kenntuiss  der  Lage  Ägyptens  vor 
der  türkischen  Eroberung.  Die  Ausgabe  der  Pilgerfahrt  Torkin- 
Tox's^ö^j  können  wir  leider  nicht  aus  eigener  Lecture  beurthei- 
len.     Auch  Nickl's   Aufsatz   über   die  Pilgerfahrt  Otto  Hein- 


155,  W.  Mollerup,  Kong  Erik  af  Pommern Udenlandsreise,  1423 — 1425  : 
Hist.  Tidsskrift  1S82 ;  V.  Serie,  III,  p.  713—743.    Bibl.  O.  L. ;  nicht  ges.) 

156,  Das  Keisebuch  der  Familie  Rieter,  herausgegeben  von  Keinhold 
Röhricht  und  Heinrich  Meisner.  Gedruckt  für  den  literarischen  Verein  in 
Stuttgart.   Tübingen  1884.   160  pp.  8«.  Vgl.  AUgem.  Z.  19.  April  1885. 

157;  Ernst  Henrici,  Beschreibung  einer  Reise  von  Venedig  nach  Bei- 
ruth (1460,:  Zeitschrift  für  deutsches  Alterth.  1S81,  p.  59—70;  p.  182—188. 
(Bibl.  O.  L.) 

158]  Lemcke,  Pelerinage  de  Stolberg,  1461  :  Zeitschr.  des  Harz- Vereins, 
1881,  XIII,  p.  484—488.  (Bibl.  0.  L. ;  nicht  gesehen.) 

159j  Le  voyage  en  Orient  de  Josse  van  ühistele :  Rev.  generale  (de  Bru- 
xellesj,  1S83,  XXXVII,  p.  723-764;  XXXVIH,  p.  46-71 ;  193-210.  (Bibl. 
0.  L. ;  nicht  gesehen.) 

160)  Le  Voyage  d'outremer  (Egypte,  Mont  Sinay,  Palestine)  de  Jean  The- 
naud,  Garditn  du  couvent  des  Cordeliers  d'Angouleme  suivi  de  la  relation  de 
l'ambassade  de  Domeiiico  Trevisan  aupres  du  Soudan  d'Egypte  1512  publie 
et  annote  par  Ch.  Schefer.  Paris  (Leroux)  1884.  XC,  297  pp.  8»  (25  frcs.). 
Auch  unter  dem  Titel:  Recueil  de  voyages  et  de  documents  pour  servir  ä  l'hi- 
stoire  de  la  geographie  depuis  le  XIII^  jusqu'ä  la  fin  du  XVIe  siecle.  —  Rec. 
von  Picot  in  Rev.  crit.  1885,  I,  p.  272. 

lOlj  The  oldest  Diarie  of  Englysshe  Travel:  being  the  hitherto  un- 
published  narrative  of  the  pilgrimage  of  Sir  Rieh.  Torkington  to  Jerusalem  in 
]:,\1.  Ed.  by  W.  J.  Loftie.  London  (Field  and  Tuer)  o.  D.  1884)  XXXVH, 
72 pp.  lüo.  — Rec.  inSaturdayRev.8.  Märzl884,  p.  325,  Athenaeum  23. Febr., 
p.  249a;   von  B.  H.  Cowper  in  Academy  I,  15;  29.  März  1884,  p.  150;  157;  255.. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Paläslinalit.  ISS  J.   ;io9 

rich's1C2j  haben  Avir  nicht  fjeschen ;  ebensowenif^  ist  uns  die 
Kevue  internationale  /uu^iin<<lifh ,  in  a\  elcher  über  die  Keise  des 
Ignaz  von  LoyolaIö^)  berichtet  war.  Aus  der  JJibliof^rapliie  des 
Orient  Latin  erfahren  wir  den  Titel  der  von  Gonnkt  veröffent- 
lichten Keisebeschreibung  des  Akens  Willkmsz  "",  aus  Del ft. 
Gkmn'65)  hat  neulich  auf  ein  in  Saint  Michiel  befindliches  Ma- 
nuscript  hingewiesen,  das  eine  ungedruckte  15eschreil)ung  der 
Reise  von  Loupvant  enthält.  Der  Neudruck  der  hochinteressan- 
ten Reise  Varthema's  166]  ist  hier  ebenfalls  anzuführen,  Aveil  die- 
ser Reisende,  wenn  er  auch  nicht  Palästina  berührt  hat,  doch 
nach  Damascus  gekommen  und  auf  der  grossen  Pilgerstrasse  nach 
Mekka  gezogen  ist.  Gegen  Ende  des  16.  Jahrh.  sind  zwei  Zür- 
cher 16")  und  einSicilianer  1^8)  nach  Palästina  gefahren;  auch  sonst 
liegt  noch  allerlei  vor  '•''') .  Zu  dem  Neudruck  von  Adricomio's  '^o) 

Von  A.  W.  Tuer  ib.  8.  März  1884,  p.  170;  von  W.  J.  Loftie  ib.  22.März  1'<S4, 
p.  206.  Harpers  Monthly  Mag.  März  LXVIII,,  p.  643  ff.  Nach  Lit.  Bl.  f. 
or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

162)  Niki,  Les  pelerinages  du  comte  Othon-Henri  en  Palestine  d'apres 
le  Journal  de  ce  prince,  1521 :  Neuenburger  Kollektaneen  Blatt,  1882,  XL  VI 
pp.   (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

163)  Le  voyage  de  Saint  Ignace  de  Loyola  ä  Jerusalem.  ByEmilio  Caste- 
lar,  de  l'Acad.  espagnole:  Revue  internationale  t.  11,  Nr.  2,  10.  April  1884, 
p.  145—168. 

164)  Arent  Willemsz  tot  Dalft,  Bedevaart  naar  Jerusalem  volbracht  en 
beschreven  in  het  jaar  1525,  med.  van  C.  J.  Gönnet  (mit  Tafeln):  Bijdragen 
voor  de  Gesch.  van  het  Bisdom  van  Haarlem  1882,  XI,  p.  1 — 382.  —  Sepa- 

ratabdr.  Haarlem  1884.  8o,  mit  Einleitung  LXXXVII  pp.  (Bibl.  O.L. ;  nicht 

gesehen.) 

165)  E.  Genin,  Voyage  ä  Jerusalem  de  Nicolas  Loupvant  en  1531  :  Bibl. 
de  l'ecole  des  Chartes  1883,  XLIV,  p.  262—263;  cf.  1884,  XLV,  p.  564— 56S. 

166)  Varthema,  Viaggio  in  Oriente  (secolo  XVI:  :  riproduzione  della  edi- 
zione  di  Venezia  1535  ;  preceduta  da  un  articolo  di  E.Masi,  con  cenno  biogra- 
fico  deir  autore.  Bologna  (tip.  frat.  Merlani;  1884.  XX,  100  pp.  fol.  ;Nach 
ThLZ;  nicht  gesehen.) 

167)  Warhafte  reisz  gen  Venedig  und  Jerusallcm  besehen  durch  Petter 
Füszly  und  Heinrich  Ziegler,  Anno  1553.  Mitgetheilt  von  Dr.  H.  E.  und  H. 
H.  :  Zürcher  Taschenbuch  1884,  p.  136—193.   (Nicht  gesehen.) 

168)  Francesco  de  Messina,  minore  osservante,  Viaggio  in  Terra  Santa 
1583,  pubbl.  da  V.  de  Giovanni:  Nuove  effemeridi  Siciliane  1881,  p.  57 — 
86.   (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

169)  Un  Touriste  en  Orient  auXVI®  siecle,  d'apres  les  etudes  du  savant 
allemand  Dr.  Kapner,  sur  un  manuscrit  du  XVI«  siecle  du  musde  national  de 
Prague:  Echo  1879,  Nr.  38.  (russisch;  Bibl.  0.  L. ;  nicht  gesehen.) 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  VIII.  21 


3 1 0  Socin, 

l'lau  von  Jerusalem  zu  Christi  Zeit  muss  auf  die  liibliographie 
des  O.  L. ,  in  welcher  noch  verschiedene  dahin  bezügliche 
Schriften  angeführt  sind ,  verwiesen  werden.  Derselben  J>iblio- 
graphie  verdanken  wir  die  Titel  der  Reisebeschreibung  Jonas 
DES  Kleinen  i''^),  eines  Pilgerfahrers  von  Kallgudi'^^j  ^  einer 
Notiz  über  die  Reise  Celestis  (zwischen  d.  J.  1672  u.  1712)  i'^aj 
und  einer  Reisebeschreibung  zweier  russischen  Mönche  aus  dem 
1 S.  Jahrhundert  i^^).  Diese  lange  Übersicht  schliessen  wir  mit  dem 
Hinweis  auf  ein  Buch  über  den  Feldzug  der  Franzosen  in  .Ägypten 
und  Syrien ^"^)  und  ein  Reisewerk,  Avelches  erst  neulich  erschie- 
nen ist,  dessen  Verfasser  jedoch  bereits  vor  vierzig  Jahren  Palä- 
stina gestreift  hat  i^^) . 
Karten.  Was  die  Kartographie  betrifft,  so  ist  das  wichtigste  von  den 

im  Laufe  des  Berichtsjahres  erschienenen  Werken  unstreitig  der 


170)  Gerusalemme  e  suoi  dintorni  ai  tempi  di  Gesü  Christo.  Mappa  e 
descrizione  istorica  di  Cristiano  Adricomio ,  ristampata  nel  volgarizzamento 
toscano  di  Francesco  Baldelli,  cortonese,  del  secolo  XVI,  colla  giunta  d'uiia 
trattazione  sul  sepolcro  e  transito  della  ss.  Vergine  del  canonico  L.  Grassi. 
Genova  (Tip.  arcivesovile)  18S2.  VIII,  168  pp.  8^.  ^1  Plan  von  Jerus.).  (Bibl. 
O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

171)  Jonas  le  Petit,  diacre  de  la  Sainte  Trinite,  Voyage  ä  Jerusalem  et  ä 
Constantinople  1648— 1652;  publie  par  larchimandrite  Leonide ,  St.  Peters- 
burg ISS2.  IV,  28  pp.  80;  Monuments  d'ancienne  litterat.,  publ.  par  la  so- 
ciete  des  bibliophiles  de  St.  Petersbourg.  Nr.  16.  (Russisch;  Bibl.  O.  L. ; 
nicht  gesehen., 

172)  Arsene  Kalloudi,  Guide  des  saints  lieux  de  la  ville  de  Jerusalem 
traduit  du  grec  en  slavon  par  Euthyme  1686,  publie  par  larchimandrite  Leo- 
nide. St.  Petersburg  1883  II,  62  pp.  8«.:  Monuments  d'ancienne  litterat., 
publ.  par  la  soc.  des  bibliophiles  de  St.  Petersbourg.  (Russisch;  Bibl.  O.L. ; 
nicht  gesehen.) 

172»;  Chr.  CornelioDesimoni,  Nuove  descrizioni  di  viaggi  in  Terra  Santa : 
Giornale  Liguistico,  1882,  p.  178—179.  (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

173)  Sylvestre  et  Nicodeme,  Description  du  voyage  des  moines  Sylvestre 
et  Nicodeme  du  couvent  de  S.  Nicolas  de  Rikhlov,  ä  Constantinople  et  Jeru- 
salem en  1722:  Travaux  de  l'acad.  eccles.  de  Kiev,  1883.  (Russisch;  Bibl. 
O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

174)  Les  Fran9ais  enEgypte,  ou  Souvenirs  des  campagnes  dEgypte  et 
de  Syrie  par  un  officier  del'expedition;  recueillis  et  mis  en  ordre  par  J.  J.  E. 
Roy.  10.  ed.  Tours  (Marne)  1884.  240  pp.  80.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.  ;  nicht 
gesehen.) 

175)  A  Land  Marcli  from  England  to  Ceylon  Forty  Years  ago,  through 
Dalmatia,  Montenegro,  Turkey,  Asia  Minor,  Syrie,  Palestine,  Assyria,  Per- 


I 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  l'alästinulit.  isM.  ;{ 1  1 

Bibelatlas  von  OortI^gj,  i^  Amerika  ist  eine  Karte  von 
Schneiderin«^),  Schuhvandkarten  sind  von  Schade»"]  und 
Bamberg  iN^j,  eine  Reliefkarte  von  .Stumm-Khkinhach  "«)^  eine 
Karte  von  Palästina  zu  Christi  Zeit  von  le  Camus  i^o)  ver- 
öfFentliclit  ^vorden;  auch  auf  ein  Kelief,  welches  Palästina  in 
jener  früheren  Zeit  darstellt,  sei  hiemit  aufmerksam  gemacht  '*'). 
Kikpert's1«2]  Karte  der  asiatischen  Türkei  j^ewährt  eine  treff- 
liche Übersicht  über  ein  grosses  Stück  von  Vorderasien. 

Was  die  allgemeinen  Beschreibungen  Palästina's  und  die 
Berichte  neuerer  Reisender  betrifft,  so  erlaube  ich  mir,  dieselben 
diesmal  unter  einer  und  derselben  Rubrik  und  zwar  nach  den 
Sprachen,  in  denen  sie  verfasst  sind,  geordnet  aufzuzählen. 


sia,  Afghanistan,  Scinde,  and  India,  of  which  7000  Miles  on  Horseback.  By 
Edward  Ledwich  Mitford.  2  vols.  Allen  &.  Co.  —  (Als  neu  angezeigt  in  The 
Athenaeum  2.  Aug.  1884,  p.  137  ;  nicht  gesehen.) 

176)  H.  Oort,  Atlas  voor  bijbelsche  en  kerkelijke  geschiedenis.  In  54 
groote  en  kleine  kaartenmetbeschrijvendentekst.  Groningen  (Woltersj  1*584. 
IV,  40  pp.  XL  Karten.  [Vgl.  die  Anzeige  am  Ende  dieses  Bandes  der  Zeit- 
schrift d.  DPV.     D.  Eed.] 

176»)  Map  of  Egypt,  the  Sinaitic  Peninsula  and  the  Promised  Land  ,  to- 
gether  with  »Companion«.  Ed.  by  Rev.  Louds  H.  Schneider.  Compiled  and 
delineated  by  Max  Franke.  Washington  (Franke  and  Schneider)  1884.  (Nach 
Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

177)  Th.  Schade,  Schulwandkarte  von  Palästina.  6  Bl.  Chromolith.  Glo- 
gau  (Flemming)  1884.    (Nach  Geogr.  Mittheil. ;  nicht  gesehen.) 

17S)  K.  Bamberg,  Schulwandkarte  von  Palästina  im  biblischen  Zeital- 
ter.   1:250  000.    9  Bl.    Mit  Begleitwort  von  G.Cordes.  11  pp.     80.     Berlin 
(Chun)  1884.     (Nicht  gesehen.) 

179)  J.  H.  Stumm-Kheinbach  (Rheinpreussen).  Reliefkarte  von  Palä- 
stina.   1:315  000.    60  Mark. 

180)  Abbe  le  Camus,  Carte  de  la  Palestine  au  temps  de  Jesus  Christ 
d'apres  les  travaux  topographiqvies  les  plus  recents.  Paris  Poussielgue  1SS4. 
(Nach  Geogr.  Mittheil.  ;  nicht  gesehen.) 

181)  G.  Woldermann's  Relief  von  Palästina  zur  Zeit  Christi.  1 :  600  000, 
im  Rahmen  56  -f-  65  Ctm.  12  Mk.  Verlag  von  Franz  Duncker  in  Leipzig. 
VgL  ThLBl.  5.  Sept.  1884,  Sp.  288. 

182j  Nouvelle  carte  generale  des  provinces  asiatiques  de  l'empire  ütto- 
man  (sans  l'Arabie)  dressee  par  Henri  Kiepert.  6  feuilles.  1 : 1,500  000  avec 
une  feuille  separee  indiquant  la  division  administrative.  Berlin  (Reimer)  1884. 
—  Rec.  vonLeMonnier  in  Mittheil.  d.  K.  K.  geogr.  Gesellschaft  in  Wien  18S4, 
p.  479.. 

21* 


Ii  1 2  Socin, 

Deni>ohf  Ein  Aufsatz  über  die  Localkiinde  der  JJibel  ist  von  Genz  i*2aj 

pliäi^tma.'  verfasst.  Die  neue  Auflage  der  von  Zöckler  herausgegebenen  En- 
cyclopädie  enthält  auch  eine  Übersicht  der  Geographie.  Archäolo- 
gie und  Geschichte  Palästina's  von  Schultz  i**3j,  X)ie  Jahreszahl 
1884  trägt  der  zweite  Hand  von  Ebers  und  GütheI^^j^  welcher 
uns  durch  den  Libanon  ,  der  Küste  entlang  südwärts ,  sodann 
durch  Philistaea  nach  dem  Sinai  und  dem  Lande  Gosen  führt. 
Ein  reich  ausgestattetes  Praclitwerk  ist  die  von  Brugsch  und 
Garmer'^^)  beschriebene  Keise  l^rinz  Eriedrich  Karl's,  ein  Sei- 
tenstück zu  der  Palästinafahrt  des  österreichischen  Kronprin- 
zen'^''). Von  deutschen  Arbeiten  sind  ausserdem  Schriften  von 
Louise  Preusser  "^"),    Martinger  i^s)^    Baumgarten '^9),   Wal- 

182=1)  H.  Genz,  Uie  Lokalkenntniss  der  Bibel.  Anklam  1884.  (Leipzig, 
Buchh.  d.  Vereinshauses) IV,  39  pp.  80.   (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  ges.) 

183;  Vgl.  ZDPV.  VII,  p.  249,  Nr.  119.  Handbuch  der  theologischen 
"Wissenschaften  in  encyclopädischer  Darstellung  mit  besonderer  Berücksich- 
tigung der  einzelnen  Disciplinen  her.  von  Otto  Zöckler.  2.  sorgfältig  durch- 
gesehene,  theihveise  neu  bearbeitete  Auflage.  1.  Bd.,  I.Heft.  Nördlingen 
(Beck)  1884.  —  Vgl.  Nestle  in  ThLZ.  1885,  Sp.  81. 

184)  Vgl.  ZDPV.  VII,  p.  2.55,  Nr.  163.  Palästina  in  Bild  und  Wort 
nebst  der  Sinaihalbinsel  und  dem  Lande  Gosen.  Nach  dem  Englischen  her- 
ausgegeben von  Georg  Ebers  und  Hermann  Guthe.  Zweiter  Band.  Stuttgart 
und  Leipzig  (Deutsche  Verlags-Anstalt,  vormals  Eduard  Hallberger)  1884. 
474  pp.  gr.  40.  —  Vgl.  u.  A.  auch  W.  A.  Neumann  in  ü.sterr.  Monatsschr.  f. 
d.  Or.  Ib84,  p.  21—24. 

185;  H.  Brugsch  Pascha  und  von  Garnier,  Prinz  Friedrich  Karl  im  Mor- 
genlande. Frankfurt  a/0.  (Trowitzsch)  1884.  (Nicht  gesehen.;  Vgl.Lit.  CBl., 
27.  Sept.  1884,  Sp.  1383. 

1S()  Rudolf,  Kronprinz  von  Osterreich,  eine  Orientrei.se.  lUustrirt  nach 
Original-Zeichnungen  von  Fr.  v.  Pausinger  mit  37  Radirungen  von  F.  Klaus 
und  lOU  Holzschnitten  von  F.  W.  Bader.  Wien  (Hof-  und  Staatsdr.)  1884(?  . 
180  pp.  fol.  (Nicht  gesehen.)  Vgl.  Allg.  Z.  1884,  Nr.  141,  145  (Beibl.;.  Vgl. 
ZDPV.  V,  p.  251,  Nr.  229.  Orientreise  des  Kronprinzen  Rudolf.  Wien 
Bondy;  1881.  (Dazu  Österr.  Monatsschrift  f.  d.  Or.  lbS2,  VII,  p.  llü— 112. 
(Nach  Bibl.  O.  L.).  —  Über  eine  franz.  Ausgabe  vgl.  Terrc  Sainte  1884,  Nr. 
214,  p.  871.  —  Eine  englische  Ausgabe  ist  ersch.  u.  d.  T. :  Travels  in  the 
East,  including  a  visit  to  Egypt  and  the  Holy  Land.  By  liis  Imp.  and  R. 
Highness  the  Crown  Prince  Rudolph.  London  (Bently  &  Son,  ;  vgl.  Acad. 
10.  Jan.  1885,   p.  22;  Athenaeum  Ü.  Dec.  1884,  p.  728. 

187]  Louise  Preusser  und  Gräfin  Olga  zu  Eulenburg,  Nach  Ägypten 
und  dem  heiligen  Land.  Tagebuchblatter.  Mit  24  Abb.  in  Lichtdr.  Dresden 
(Naumann  1884.  IV,  205  pp.  80.  —  Rec.  in  Ausland,  20.  April  1885,  p.  320. 
(Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palustinalit.  1884.   ;}] ;; 

THER^^^l  und  ein  SchuUnich  von  Fuüiinmkykh1"o*)  anzuführen: 
dass  die  Tagebuchblätter  v.  Ohelli'sI*-'')  bereits  eine  dritte,  nach- 
gebesserte Auflage  erlebt  haben,  spricht  dafür,  dass  das  15ucli 
ausserordentlich  zahlreiche  Leser  findet.  —  Die  in  dänischer 
Sprache  erschienene  Heise  von  A.  Stolz !'•'■-;  ist  wohl  l'ber- 
setznng  eines  deutschen  Werkes.  Ans  dem  Norden  mögen  sonst 
Schriften  von  Mtincii^'-'^'^)  ,  Wirsen '-'^i  und  Spada^*^')  hier  ge- 
nannt sein;  nachzutragen  ist  eine  zusammenfassende  hollän- 
dische Beschreibung  Palästina's  von  Douglas  '•'^)  und  eine  liei- 
sebeschreibung  von  van  Wufften-Palthe  i^ß) . 

Dem  grossen  englischen  Survey  des  Cisjordanlandes  ist  lei-  Knpiische 

•        •         1         Ol  1  T>        •  •     1-»       1       1  •  1  Werke  über 

der,   wie  m  der  Saturday  Keview  mit  Kecht  betont  ist,  das  ver-  Palästina. 

lS8j  I,.  Martinger,  Aus  Ägypten  und  Palästina.  Erlebnisse  einer  Pilger- 
reise.   Prien  (?)  1883.  VIII,  290  pp.  80.  (Bibl.  0.  L. ;  nicht  gesehen.) 

189)  Dr.  Joh.  Baumgarten.  Der  Orient.  Ein  Spaziergang  durch  die 
niuhamedanische  und  die  indische  Welt.  Ethnographische  Charakterbilder, 
Sittenscenen,  Jagdsport.  Stuttgart  (Rieger)  1882.  VIII,  350  pp.  80.  [Nicht 
gesehen. ) 

190)  Kud.  Walther,  Eine  Pilgerfahrt  in  das  gelobte  Eand.  Vorgetra- 
gen im  deutsch-österr.  Alpenverein  zu  Konstanz.  Frauenfeld  Huber,  1 88-1. 
80  pp.  80.  (Aus  Thurgauer  Zeitung).  —  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.Phil. ;  nicht  ges.) 

190^)  Imm.  Frohnmeyer,  biblische  Geographie  für  Schulen  und  Fami- 
lien. 10.  völlig  umgearb.  Aufl.  Mit  Holzschn.  und  1  Karte.  Calw  u.  Stutt- 
gart (Vereinsbuchhandlung)  1883.  VIII,  35ß  pp.  80.  Rec.  in  Theol.  Lit.  Bl. 
12.  Sept.  1884,  Sp.  292.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

191)  Durch's  Heilige  Land.  Tagebuchblätter  von  C  von  Orelli:  Dritte 
Auflage.  Mit  einer  Karte  von  Palästina  und  sieben  Ansichten.  Basel  (C.  F. 
Spittler)  XIV,  290  pp.  80. 

192)  A.  Stolz,  Pveise  i  det  H.  Land,  Aegypten  og  en  Deal  af  det  sydlige 
Europa:  Nordiske  Kirketidende  1881.  Separatabdr.  272  pp.  SO.  (Bibl.  O.L.; 
nicht  gesehen.) 

192a)  j,  St.  Munch,  Minder  fra  en  Jerusalemsfaard.  Christiania  Mai- 
ling) 1884.   118  pp.  80;    14  lU.  1  Karte.   (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  ges.i 

193)  C.  D.  af  Wirsen,  Fran  Bethlehem  lil  Golgatha  med  bilder  af  B. 
Plockhorst.  Stockholm  (Fahlcrantz)  1882.  185  pp.  40.  (Bibl.  O.  L.;  nicht 
gesehen.) 

194)  Spada,  Stroftäg  i  Orienten.  Stockholm  ^Ü.  L.  Lams)  1881.  292  pp. 
80.   (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

195)  C.  M.  A.  Douglas,  Palestina.  Oudheid-land-  en  volkenkundige  be- 
schrijving  van  het  Heilige  Land.  Assen  Gebr.  Born,  1881,  2  vol.  80.  ^29 
Stiche  und  3  Karten).    (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

196,  M.  vanWuflten-Palthe,  Reis  naar  het  Oosten.  ZwoUe  (J.  Z.  Tijl; 
1878.  80.   (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 


^514  Socin, 

sprochene  Kegister  bis  jetzt  nickt  beigefügt  worden  i^').  Zu  dem 
«^'anzen  Werke  sind  noch  einige  Bemerkungen  von  Trelawney 
SAUXDERs'y'^).  CoNDER i'jy) 2t>o)  und  WiLSON-0')  nachzutragen;  die 
gewonneneu  Kesultate  Averden  hin  \ind  wieder  zusammengefasst. 
Freilich  werden  in  solchen  Büchern,  die  theil weise  für  Schulen 
niederer  und  höherer  Art  verfasst  werden,  öfter  Ergebnisse  der 
neueren  Forschungen  vorgetragen,  die  wir  nicht  als  solche  kön- 
nen gelten  lassen;  vielleicht  darf  ich  von  den  mir  bekannt  ge- 
wordeneu  Fibeln  von  Condek  2"2)  und  Henderson  "-"3)  auch  auf  den 
Inhalt  anderer  schliessen2o^^205^2oc^206aj_  Auch  von  den  Büchern 
von  Porter  ^O')  und  Mackay  20»)  ist  kaum  zu  erwarten ,  dass  sie 


197y  The  Survey  of  "Western  Palestine  :  Saturday  Review  1884.  II,  p.  218. 

198;  Trelawney  Saunders,  Notes  on  the  Survey  of  Western  Palestine, 
executed  for  the  Palestine  Exploration  Fund  :  Trans,  of  the  R.  Soc.  of  Liter., 
1881,  2.  ser.,  XII,  p.  707—722.    Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

19'J;  Conder ,  The  trigonometrical  survey  of  Palestine  :  Proceed.  of  the  r. 
Soc.  of  Edinburgh,  1879— 1S80,  X,  p.  379— 397.   (Bibl.  O.L. ;  nicht  gesehen./ 

200;  CR.  Conder,  Ancient  Palestine  and  modern  explorations  :  Contem- 
porary  Review,  Dec.  1884,  vol.  4ü,  p.  856—69.  Auch:  Living  Age  17.  Jan. 
1885,  p.  131.   (Xach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

201)  C.W.Wilson,  Recent  biblical  research  in  Palestine,  Syria,  and 
Asia  minor.  (A  paper  read  at  the  Reading  Church  Congress ,  Oetober  3rd, 
1883;  :  Quart.  Statements  1884,  p.  44—50. 

202  A  primer  of  Bible  Geography  founded  on  the  latest  explorations.  By 
C.  R.  Conder.    London    Sunday  School  Union;  0.  D.  182  pp.  8». 

203  Handbooks  for  Bible  Classes  and  private  students  ed.  by  Dods  and 
Whyte.  Palestine.  Its  historical  geography,  with  topographical  index,  and 
maps.    By  Rev.  Archibald  Henderson.    Edinburgh   Clark  .  o.  D.  221  pp.  SO. 

204)  H.  P.  Smith ,  An  outline  of  scripture  geography.  Cincinnati  Elm 
Street  Printing  Company)  1884.  IV,  39  pp.  80.  (Nach  ThLZ. ;  nicht  gesehen.) 

205)  MargarethaShekleton,  Biblical  geography  in  a  nutshell.  Edinburgh 
(Gemmell; ;  London  (Simpkin)  1884.  162  pp.  8«.  1  map.  (Nach  Or.  Lit.  Bl.  ; 
nicht  gesehen.) 

206  Helps  to  the  study  of  the  Bible  with  a  general  index,  a  dictionary  of 
proper  names,  a  concordance  and  a  series  of  maps.  Oxford  (0.  D.)  VII, 
578  pp.    80.   (Nicht  gesehen.; 

206»)  J.  L.  Hurlbut,  Manual  of  biblical  geography.  a  text  book  on  Bible 
history,  containig  maps,  plans  ....  with  an  introd.  by  J.  H.  Vincent.  Chicago 
(Rand)  1884.   158  pp.  8°.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil!;  nicht  gesehen.) 

207)  J.  L.  Porter,  Illustrations  of  Bible  prophecy  and  history,  from  per- 
sonal travels  in  Palestine.  Dublin  1883.  48  pp.  120.  Bibl.  O.  L. ;  nicht  ge- 
sehen.) 

208)  A.  B.  Mackay,  The  conquest  of  Canaan.  Lectures  on  the  first  twelve 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  18S1.  ;;  |r> 

die  Wissenschaft  fördern ;  das  Biblische  Wörterbuch  von  Smith-"») 
dafj^egon ,  welches  in  Amerika  neu  fredruckt  worden  ist,  geniesst 
wenigstens  in  den  Ländern  englischer  Zunge  bekanntlich  (Miicn 
grossen  Ruf.  Was  Illustrationswerke  betrifl't,  so  bietet  das  Leben 
Jesu  von  Fakrar-'*')  eine  grosse  Menge  tretfliclier  lUlder  aus 
Palästina.  Was  der  berühmte  Gordon -i"')  über  das  heilige  Land 
zu  berichten  weiss,  ist  so  sehr  mit  mystischen  Ideen  durchzogen, 
dass  es  hier  kaum  anzuführen  ist.  Ob  das  Handbuch  von  Play- 
fair'^")  Avirklich  bis  an  die  üstküste  des  Mittelmeeres  reicht, 
kann  ich  kaum  entscheiden.  Englische  Keisebilder  liegen  vor 
von  JoNEs2i2),  Mrs.  Stanley  Clarke213)^  Hale21'1),  Knox^is), 
Harriman 2ir.) ,    Campbell 217),    Field218)j    McKenzie^i»),    Ma- 

chapters  of  the  boük  of  Josua.    London    Hodder)   18S4.    412  pp.    8".    (Nach 
ThLZ. ;  nicht  gesehen.) 

209'  W.  Smith,  Dictionary  of  the  Bible,  comprising  its  antiquities  ,  bio- 
graphy,  geography,  natural  history  and  literature,  with  the  latest  rcsearches 
and  references  to  the  revised  Version  of  the  New  Testament.  Revised  and  edi- 
ted  by  F.  N.  and  M.  A.  Peloubet.    Philadelphia  [Porter  &  Coates)   18S4.    II, 

818  pp.  120.  —  Id.,  A  dictionary   of  the  Bible abridged  from  the 

original  edition.    Philadelphia  (The  Penn  Publishing  Company)  1884.  1020  pp. 
60.  iU.   (Nach  Lit.  El.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

210)  The  life  of  Christ  by  Frederic  AV.  Farrar.  With  Original  Illustra- 
tions.  London,  Paris  and  New  York  (Cassell,  Petter,  Galpin  &  Co.,  o.  D. 
XXIV,  770  pp.  80,   (Nicht  gesehen,  j 

210^)  Charles  Georg  Gordon,  ReÜections  in  Palestine.  18S3.  London 
(Macmillan)  1884.  X,  124  pp.  80.  2  Kart.  —  New  York  fMacmillan).  —  Vgl. 
Saturday  Review  3.  Mai  1884,  p.  579;  Quart.  Review  1.  Juli,  p.  230.  Nach 
Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

211)  R.  L.  Playfair,  Handbook  to  the  mediterranean ,  itscities,  coasts 
andisland.  I.  2.  ed.  London  (Murray)  1882.  586  pp.  120.  (Bibl.  0.  L.  ;  nicht 
gesehen.) 

212)  H.  Jones,  Past  and  Present  in  the  East.  With  engravings  by  E. 
AVhymper.  London  (Rel.  Tract.  Soc.)  1881.  40.   (Bibl.  O.  L.;   nicht  gesehen.) 

213)  M>'S' Stanley  Clarke,  From  the  deck  of  a  yacht.  London  (Reming- 
ton)  1882.   134  pp.  80.   (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen 

214)  E.  E.  and  S.  Haie,  A  family'?;  flight  over  Egypt  andSyria.  Boston 
1882.  80.    (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

215)  T.  W.  Knox,  Boy  travellers  in  the  far  East.  Part  4.  Adventures 
of  two  youths  in  a  journey  to  Egypt  and  the  Holy  Land.  New  York,  1882.  RO. 
(Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

216)  W.  Harriman,  Travels  and  observations  in  the  Orient  and  a  hasty 
flight  in  thecountries  of  Europe.  Boston,  1883.  III,  300  pp.  12o.  (Bibl.  O. 
L. ;  nicht  gesehen.) 


3ir,  Socin, 

CLEOD^'»*),  SEWELL21'jb)  ^  BaRONESS  DE  COSSON  2t9cJ  uiul  KlEIN  219^) . 

neue  Auflagen  von  den  bekannten  Büchern  von  Dixox  21  aej^  Stan- 
ley 2'«^]  imd  Isabel  Burton  2i9gj^  der  Frau  des  berühmten  Rei- 
senden .   -welche  neben  Unbedeutendem  a\ich   manches  Interes- 
sante von  ihrem  Aufenthalt  in  Syrien  zu  erzählen  weiss. 
Franzosi-  Der  Bibliographie  des  Orient  Latin  haben  wir  es  meisten- 

nberPaiü-  tlieüs  ZU  Verdanken,  wenn  wir  von  französischer  Palästinalitera- 
tur diesmal  eine  grössere  Anzahl  von  Titeln  vorlegen  können 
als  gewöhnlich.  Von  Guerin's  220)  Syrie.  welches  Werk  demEbers- 


21"  J.  K.  Campbell,  Through  Egyj^t,  Palestine  and  Syria.  London 
^Part^idgej  1SS4.  22S  pp.  8^.    (Nach  ThLZ. ;  nicht  gesehen.) 

218  H.M.  Field,  Among  the  holy  hüls.  New  York  (Scribnerj  1884  (1883). 
III ,  2 1;{  pp.  map.  liec.  in  Literary  News  Febr.  V  ,  44  (from  the  Chicago 
Tribüne,  ;  S.  M.  Hopkins  in  Presbyt.  Review,  April  V ,  p.  359.  —  Vgl. 
ZDPV.  VII,  p.2r)l,  Nr.  220.  H.  M.  Field,  On  the  desirt :  a  narrative  of  tra- 
vel  from  Egypt  through  the  Avilderness  of  Syria  to  Palestine.  A^'ith  16  ill. 
London  (Nelson)  1884.  272  pp.  80.  Rec.  in  Brit.  Quart.  Review,  I.Jan.  1885, 
p.  197.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

219;  A.  McKenzie,  Of  the  Holy  Land:  Andover  Review,  März  1884, 
p.  244 — 253.     Nach  ThLZ. ;  nicht  gesehen., 

219^)  Normon  Macleod,  Halt-hours  in  the  holy  land :  travels  in  Egypt, 
Palestine,  Syria.  -London  (Isbister;  1884.  344  pp.  120.  (Halt-hour-library) . — 
Rec.  in  Quart.  Review  1.  Oct.  1SS4,  p.  47.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht 
gesehen.; 

219b)  Wm.  H.  Sewell,  Travels  in  the  holy  land  and  countries  adjoining, 
1788— 1884  (?).  (Cont.  from  6th  S.  VII,  224).  (Notes  and  Querries,  6th  S.  X, 
Dec.  6,  1884,  p.  444—5.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

219'-;  Baroness  El.  de  Cosson,  A  modern  pilgrimage  to  the  holy  land: 
TheMonth  1884,  Juli— Sept.    (Nach Lit.  Bl.  f.  or.  Phil;  nicht  gesehen.j 

219^)  Rev.  Klein,  A  modern  pilgrimage  to  the  holy  land:  TheMonth  1884, 
Nov.   (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

219e)  W.  H.  Uixon,  The  holy  land.  New  edit.  With  12  ill.  and  nume- 
rous  woodcuts.  London  (Bickers)  1884.  420  pp.  S«.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil, ; 
nicht  gesehen.) 

219f)  Stanley,  Sinai  and  Palestine  in  connection  with  their  history.  New 
ed.  1883.  —  Rec.inBibl.  Sacra  Oct.  1S84,  p.838.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.; 
nicht  gesehen.) 

219")  Isabel  Burton,  The  inner  life  of  Syria,  Palestine  and  the  Holy  Land. 
New  and  cheaper  ed.  London  (Paul)  1884.  520  pp.  SO.  sh.  6.  (Nach  Lit.  Bl. 
f.  or.Phil. ;   nicht  gesehen.j 

220/  Victor  Guerin,  La  Terre  sainte  (deuxieme  partie,  ;  Liban,  Phenicie, 
Palestine  occidentale  et  meridionale,  Petra,  Sinai.  Egypte.  Paris  (Plön  1884j 
510  pp.  4".   19  pl.;  300grav.,  3  cartes.    —   Rec.  von  Vi,senot  in  Polybiblion 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  1884.   ;;i 


)i  i 


Gxithe'sclien  liiiche  entspricht,  ist  der  zweite  l^aiid  crschieiieu. 
Das  Lob,  welches  schon  früher  der  grossen  Arbeit  Loktkts-'^', 
gespendet  worden  ist,  können  wir  nur  nochmals  wicderliolen  :  so- 
wohl lUnstrationeu  als  Text,  letzterer  namentlich  anch  wegen  der 
darin  enthaltenen  naturwissenschaftlichen  Beobachtungen,  ver- 
dienen die  höchste  Anerkennung.  Wissenschaftlichen  Ciehaltes  ist 
auch  der  neue  liand  von  Eliskk  Reclus' 22.!)  allgemeiner  Erdbe- 
schreibung; die  Geographie  Syriens  und  des  Sinai  ist  darin  von 
S.  685 — 82  5  behandelt ;  doch  hätte  der  Autor  seinen  Qxiellen  gegen- 
über bisweilen  etwas  vorsichtiger  sein  dürfen.  Dass  von  Frank- 
reich ans  so  häufig  wissenschaftliche  Expeditionen  nach  Syrien 
aiif  Staatskosten  veranstaltet  werden,  dürfte  man  sich  in  Deutsch- 
land zum  Muster  nehmen  223j.  Einige  kurze  Bemerkungen  von 
Fo^^TPERTUIS  '^-^)  mögen  hier  bloss  der  Vollständigkeit  des  Ijc- 
richtes  wiegen  angeführt  Averden.  Im  Gegensatze  zu  dem 
Buche  LuBOMiRSKi's"---^)  sind  die  meisten  neueren  französischen 


P.  litt.  18S3,  Dec.  p.  452  ;  A.  Loth  in  l'Univers  22.  Dec. ;  Missions  catholiques 
28.  Dec.  XV,  622:  Gaz.  des  beaux-arts  1884,  1.  Jan.  p.  92—4;  Le  Blanc  in 
bibliographie  cathol.  Febr. ;  Dublin  Review,  April  p.  473.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or. 
Philol. ;  nicht  gesehen.) 

221)  Vgl.  ZDPV.  VII,  p.  256,  Nr.  166.  La  Syrie  d'aujourdhui.  Voya- 
ges  dans  laPhenicie,  leLiban  et  lä  Judee  1875 — 1880  par  leDr.  Lortet.  Doyen 
de  la  faculte  de  medicine  de  Lyon.  Ouvrage  contenant  364  gravures,  une 
carte  de  la  Palestine  et  huit  autres  cartes.  Paris  fHachette)  1884,  675  pp. 
fol.  —  Eec.  von  Rye  in  Proc.  R.  Geogr.  Soc.  Febr.  VI.  9!) ;  Saturday  Review, 
2.  Febr.  p.  164;  29.  März  p.  415  fg.;  Lucien  in  Revue  marit.  et  col.  Mai 
LXXXI.  504.  (Die  Rec.  nach  Lit.Bl.  f.  or.  Phil.,.  Vgl.  besonders  A.  Socinlin 
ThLZ.  1884,  Sp.  473.    (Bibl.  O.  L.  p.  3.) 

222)  Nouvelle  geographie  universelle.  La  Terre  et  les  hommes.  Par 
Elisee  Reclus.  IX.  L'asie  anterieure,  contenant  5  cartes  en  couleur  tirees  ä 
part,  155  cartes  dans  le  texte  et  85  vues  et  types  graves  sur  bais.  Paris 
(Hachette)  1884. 

223)  Pelagaud,  Une  mission  scientifique  en  Syrie:  Nouv.  revue,  Sept.— 
Üct.  1881,  XII,  p.  724—754;  Nov.-Dec.  1881,  XJTI ,  p.  31— 62.  Bibl.  () 
L.  ;  nicht  gesehen.] 

224)  Ad.-F.  de  Fontpertuis,  La  Syrie  contemporaine.  Ses  populations, 
ses  villes  et  sa  Situation:  Economiste  francais  1884,  2.  Febr.,  p.  129 — 131. 
(Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

225)  Prince  Lubomirski,  Jerusalem,  ün  incredule  en  Terre  Saintc.  Paris 
(Calmann  Levy,  1882.  XXXIV,  332  pp.  16').  Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 
—  Der  Titel  des  ZDPV.  VI,  p.  158,  Nr.  40  genannten  Werkes,  welches  je- 
doch nach  den  Kritiken  gar  nicht  in  das  Gebiet  der  Palästinakunde  gehört. 


31S 


Socin. 


Keisebeschreibungeu  Pilgeiberichte;  eine  Menge  solcher  finden 
sich  aiich  in  Zeitschriften  wie  le  Pelerin .  Missions  catholiques 
u.  a.  In  erster  Linie  mögen  hier  die  Publicationen  aufgezählt 
werden,  welche  nicht  speciell  religiösen  Charakter  zu  tragen 
scheinen ,  nämlich  das  aus  dem  Englischen  übersetzte  Buch 
von  Jenner  Thomas  226),  die  Werke  von  Leroux227)^  Tardy^^s), 
Amodru22'J),  Gabriel  Charmes  2^0]^  d'AvENEL23i),  Gal232)  ^nd 
d'ÜRSEL233).  j)ie  anderen  hier  noch  zu  nennenden  Autoren  haben 
meist  vor  unserem  Berichtsjahre  geschrieben:  im  Jahre  IS7S: 
Letremble 23^;  ;  1879:  Eschemann 235)  ;  isSl:  Garnier 236  .  Ma- 


o 


lautet  vollständiger:  Prince  J.  I.ubomirski.  Autour  de  Jerusalem.  Le  cliri- 
stianisme  et  la  societe.  Paris  ;C.  LevV;  1SS4.  IV,  288  pp.  80.  —  'Rec.  in  Satur- 
day  Review  1.  Dec.  1883,  p.  713;  Revue  intern.  Dec.  I,  147;  A.  deGubernatis 
in  Nuova  Antologia  1884.  15.  Jan.  p.  348.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht 
gesehen. 

226)  Thomas  Jenner,  Palestine  et  Liban.  Recit  d'un  voyage  ä  travers  la 
Judee,  la  Samarie,  la  Galilee  et  la  Syrie,  trad.  de  l'anglais  par  M^He  L.  de  P., 
Neuchätel  (Delachaux  et  Niestle)  1883.  288  pp.  120.  Bibl.  O.  L.  ;  nicht  ge- 
sehen.) 

2271  A.  Leroux,  Esquisses  sur  l'Orient.  Paris  (Dentu;  1882.  291  pp.  ISO. 
(Theilweise  auch  in  den  Annales  de  la  Soc.  acad.  de  Nantes  1860.  0.  serie  er- 
schienen).   (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

228  J.  Tardy,  En  Orient :  Egypte,  Palestine,  Syrie,  Turquie  et  Grece, 
notes  de  voyage.  Mäcon  fimp.  Protat  freres)  1884.  lOS  pp.  120.  (NachThLZ.) 

229  F.  Amodru,  Visites  aux  lieux  saints  dans  l'ordre  des  faits  evan- 
geliques  2  vol.  Paris  Xecoffre)  1884.  XX,  712,  803  pp.  120.  (Nach  ThLZ.; 
nicht  gesehen.) 

230  Gabriel  Charmes,  Voyage  en  Palestine  —  impressions  et  Souvenirs. 
Paris  C.Levy)  1SS4.  Vlll,  336  pp.  80.    (Nicht  gesehen.) 

231)  J.  d'Avenel,  Orient  et  Occident.  Recits  suivis  d'impressions  de 
voyage  et  denouvelles.  Paris  (V.Palme)  1883.  2  vol.  ISO.  (Bibl.  O.  L.  ;  nicht 
gesehen.) 

232)  J.B.  Gal,  Voyage  en  Egypte,  Palestine,  Phenicie  et  dans  l'Archipel. 
Aoste  (Typ.  Duc)  1881.  2  vol.  80.   (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

233)  Comte  A.  d'Ursel,  Un  mois  en  Palestine  :  Rev.  generale  (Bruxelles) 
1682.  XLVIII,  p.  539— 560.   (Bibl.  0.  L.;  nicht  gesehen.) 

234]  Abbe  Letremble ,  Jerusalem,  la  Terre  Sainte  et  le  Liban,  ou  les 
recits  dun  pelerin ,  2^  ed.,  Tournai  (Ca.sterman)  1878.  460  pp.  80  (1  plan  de 
Jerusalem,  1  carte).    Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

235)  Abbe  Eschemann,  Souvenirs  d'un  voyage  en  Terre  Sainte  en 
1871.   Fribourg  (en  Suisse    1S79.    16".   (Bibl.  O.  L.  ;   nicht  gesehen.) 

230)  Abbd  L.  F.  Garnier ,  Extrait  de  mon  pelerinage  aux  Lieux  Saints. 
Paris  (Palme)  1881.   180.    (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  1884.  319 

RI02");  1882:  BuNOT238)^  liARmKll23ü)^  l)ESTUAt:2'0)^  DK  l/Kl'I- 
N0IS2»1),     MaRIE-AiS[TOINe242)^    ToUPIX2J:1|^     MaHQUISK   DK   \lLLK- 

keuve-Arifat2«)  und  ein  Anonymus  2^5) ;  1883:  CifAPUT^'tJ;,  La- 
FAYE247);  1884:  liELL0c2»Sj  und  PouTMANs2»s*a) .  Densel])en  Cha- 
rakter wie  die  Werke  der  eben  genannten  Autoren  tragen  wolil  die 
neueren  Palästinabeschieibungen  in  spanischer  .Sprache,  nänilicli 


237)  Mario  (Melle  Marie  Trolliet),  Jerusalem  et  Nazareth.  De  Nazareth 
ä  Beyrouth :  Revue  de  la  Suisse  cath.,  April — Aug.  1S81.  Vermehrt  u.  d.  T. : 
Souvenirs  de  Terre  Sainte :  Gazette  du  Valais,  Mai  -Juli  1885;  auch  separat 
Sion  1885.   (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

238)  Abbe  Bunot,  Un  pelerinage  ä  Jerusalem.  Souvenirs  de  Terre  Sainte. 
Evreux  Imp.  de  l'Eure)  1882.  309  pp.  8«.  (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

239)  Abbe  A.  Barbier,  Lettres  d'un  pelerin  sur  la  Terre  Sainte,  2'"  ed. 
Paris  (Berche  et  Tralinj  1882.  2  vol.  XIX,  300;  384  pp.  120.  Bibl.  0.  L. ; 
nicht  gesehen.) 

240)  Abbe  Destrac,  Mon  pelerinage  de  peuitence  ä  Jerusalem.  Lettres 
a  un  ami.    Nerac  1882.   IV,  39  pp.  8o.  (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

241)  Comte  H.  de  l'Epinois ,  Le  pelerinage  de  penitence  ä  Jerusalem. 
Paris  (Palme)  1882.  32  pp.  80.    (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

242)  R.  P.  Mai'ie-Antoine,  Souvenir  du  pelerinage  de  penitence  ä  Jeru- 
salem en  1882.  S.  Dizier  (Briquet) ;  Paris  (Haton)  1882.  48  pp.  32Q.  (Bibl. 
O.  li.  ;   nicht  gesehen.) 

243)  Abbe  H.  C.  Toupin,  Pelerinage  populaire  de  penitence  au.\  SS. 
Lieux,  du  25  avril  au  8juinl882.  Impressions  et  Souvenirs.  Mouteliraar 
(Bourron)  1882.  94  pp.  8°.   (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

244'  Marquise  de  Villeneuve-Arifat ,  Sentiments  inspires  par  le  peleri- 
nage de  penitence  ä  Jerusalem.  Paris  (E.  Wattelier)  o.  D.  (1882).  168  pp.  120. 
(Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

245)  Le  livre  du  pelerin.  Pelerinage  populaire  de  penitence  h  Jerusalem. 
Paris  (bureaux  du  Pelerin)  1882.  IX,  343  pp.  [cartes  et  plan).  (Bibl.  O.  L. ; 
nicht  gesehen.) 

246)  T.  Chaput,  Lettres  sur  le  pelerinage  en  Terre  Sainte  (7  mars— 18 
avril  1883).  Bourges  fPigelet  et  Tardy)  1883.  XII,  239  pp.  120.  (planches). 
(Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

247)  R.  P.  L.  Lafaye,  Lettre  ä  un  ami  sur  le  grand  pelerinage  ä  Jerusa- 
lem accompli  en  avril  et  mai  1882.  Chäteauroux  (A.  Majestd)  1883.  71  pp. 
18^'.    (BibLO.  L.;  nicht  gesehen.) 

248!  J.  F.  Belloc ,  Toujours  Jerusalem ,  Souvenirs  d'un  voyage  eu  Terre 
sainte.  Rennes  ,impr.  le  Roy  fils),  Paris  (Palme,  1884.  II,  277  pp.  8".  iNicht 
gesehen.) 

248»)  A.  M.  Portmans ,  Pelerinage  en  Terre  Sainte:  Revue  cath.  (Lou- 
vain)  15.  oct.,  15.  nov.,  15.  dec.  1884.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  ges.) 


320  S*^«'^'^' 

die  Bücher  von  Ginard  2^''  ,  Polo  y  Peyrolox  250)^  Reoyo  251),  Mo- 
v»ria  über  LixiERO^Wj .  —  Bei  den  Italienern  ist  die  Reihe  der  >Scluiften  und 
""'  Artikel  etwas  bunter :  unter  den  Schilderungen  von  Eeisen  und  Aus- 
flügen -^3 — 257 1  finden  wir  auch  Artikel  von  dem  greisen  imd  durch 
seine  Wohlthätigkeit  berühmten  Moxtefiore  ^ss)  und  eine  Samm- 
lung von  Ansichten  aus  dem  heil.  Lande ^^''j ,  Auch  die  russischen 
Arbeiten  entziehen  sich  unserer  Beurtheilung :  am  ehesten  wäre 
noch  von  der  Arbeit  Selenoi's  ^RO)  zu  erwarten ,  dass  sie  wissen- 
schaftlicheren Gehaltes  sei;  dagegen  steht  in  den  x\rtikeln  von 
DiKKER  -f''   undMoRDOVTCHEv  -62)  uud  den  Schriften  von  A.  E. 263] ^ 


249)  R.  Ginard  de  la  Rosa,  Tragedias  de  mar  y  tierra.  Recuerdos  y  nar- 
raciones  de  Oriente.  Madrid  Faguineto;  ISSl.  28"  pp,  80.  (Bibl,  O.  L. ; 
nicht  gesehen.) 

2ö0;  D.  Manuel  Polo  y  Peyrolon,  Guia  de  Tierre  Santa  y  relato  de  la 
peregrinacion  general  espanola  ä  los  Santos  Lugares  enoctobrede  ISSl.  Palma 
(Tip.  catolica    1882.  420  pp.  120.   ;Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

251;  Don  Narcisso  Perez  Reoyo,  Viaje  ä  Egipto,  Palestina  y  otros  pai- 
ses  del  Oriente.  Lugo  Soto  Freire  1S82— 1883.  3  vol.  408;  408;  408  pp.  So. 
(40  Kupfer  und  Holzschn.  im  Text).  (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

252)  A.  Romero  Moliniero  ,  Jerusalem  y  Xazaret ,  recuerdos  de  viaje. 
Paris  (Bouret)  1SS4.   ISO  pp.   ISO.    ;Xach  ThLZ. ;  nicht  gesehen.) 

253,  Contessa  Ida  del  Carretto,  Oriente  ed  Occidente,  viaggi  ed  impres- 
sioni.    Napoli   Lanciano)  1882.  340  pp.  120.   (Bibl.  O.L.;  nicht  gesehen.) 

254,  Sigoli,  Viaggio  in  Terra  Santa.  Firenze  1883.  12o.  Bibl.  O.  L. ; 
nicht  gesehen.) 

255;  Theoph.  Gay,  La  terra  del  Christo.  Viaggio  in  Oriente.  N.  ed.  Fi- 
renze 1881.  80.  (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

25G;  Undecima  carovana  italiana  in  Terra  Santa.  Firenze  1881.  80. 
(Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

257;  Peri,  Tre  giorni  a  cavallo  in  Palestina:  Rivista  Europea.  Juni  1881, 
XXIV,  p.  824— S42.    (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

255,  Mose  Montefiore,  Relazione  del  suo  settimo  pellegrinaggio  in  Terra 
Santa:  Mo^ie,  Antologia  Israel.  1S82,  V,  MaibisDec. ;  1SS3,  VI,  Jan. — Juni: 
Aug.;  Oct. ;  Nov.   (Bibl.  O.  L. ;   nicht  gesehen.) 

259)  Ricordo  di  Palestina,  album  di  63  vedute  di  Palestina  con  una  de- 
scrizione  in  francese  ed  in  italiano  ed  una  carta  geografica.  Firenze  1881.  SO. 
(Bibl.  O.  L. ;   nicht  gesehen.) 

260;  A.  Selenoi,  Description  geographique  du  territoire  de  la  Syrie: 
Recueil  de  materiaux  geogr.,  topogr.  et  stallst,  sur  l'Asie  (russisch  Nr.  3. 
St.  Petersburg  1883.  120.   (Privatim  gedr.).  (Bibl.  O.  L.;  nicht  gesehen.) 

2G1)  P.lJikker.  T^a  Palestine  contemporaine,  etude  geographique.  Trad. 
en  russe  par  A.  AV.    Odessa  1SS2.  26  pp.  8".    Bibl.  O.  L. :  nicht  gesehen.; 

262,   D.  de  Mordovtchev,  Voyage  ä  Jerusalem:  Revue  historique  (rus- 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  I8s.j.  ;j21 

Paisius26'«)  ,  DuKOv265)^  JoAKNiDES  20«)  ^iirspr.  gvicchisch",  ,  des 
Prinzen  Viasemsky^g^j  ^x^j  des  Archimandriten  Pauj.^o^)  wohl 
kaum  viel  Neues.  Eine  hebräische  Ucschreibung  von  Palüstina2«'J) 
ist  uns  ebenfalls  bloss  dem  Titel  nach  bekannt  geworden. 

Bevor  wir  unsere  Wanderung  durch  das  Land  beginnen,  Jerusalem, 
wollen  wir  zuerst  die  neueren  Untersuchungen  über  Jerusa- 
lem-'") ins  Auge  fassen.  Eine  »archäologische  Karte«  von  Jeru- 
salem 2"i)  ist  hier  nachzutragen;  grosse  Stereoramen2"2)  der  heiligen 
Stadt  werden  neuerdings  vielfach  ausgestellt.  Den  Namen  Jeru- 
salem erklärt  Grill 273)  mit  »Gründung  des  Gottes  des  Friedens, 


sische)  1S81,  Nr.  10,  p.  250-298;  Nr.  11,   p.  457—530.   Separat  12:3  pp.   80. 
(Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 
b.       263)  A.  E.  (Moine),  Souvenir  de  mes  impressions  pendant  le  pelerinage 
aux  Sanctuaires  de  l'Orient.   Moscou  ISSo.  222  pp.  8«.   (Russisch;   Bibl.  O. 
L.  ;   nicht  gesehen.) 

264)  Pai'sius,  pretre  du  couvent  de  Sarovsk,  Journal  d'un  voyage  aux 
Lieux  Saints  d'Orient.  Kasan  1881.  140  pp.  8«.  (Russisch ;  Bibl.  O.  L.  ; 
nicht  gesehen.) 

265)  ArchipretreDukov,  Notes  et  Souvenirs  d'un  peleinn  aux  saints  lieux 
du  mont  Athos  et  en  Palestine.  2.  ed.  Kharkov  1SS2.  24.3  pp.  8".  (Rus.sisch; 
Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

266j  Benjamin  Joannides,  Pelerinage  a  la  S*»  Betlchem  et  ses  environs, 
trad.  du  grec  en  russe  2.  ed.  Moskau  1882.  IV,  :55  pp.  16ö.  Bibl.  O.  L. ; 
nicht  gesehen.] 

267j  Prince  Pierre  Viasemsky,  Voyage  en  Orient  1849 — 1S50.  St.  Pe- 
tersburg 1883.   160.   (Russisch;   Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

268)  Archimandrite  Paul,  Courte  description  dun  voyage  ä  la  sainte 
ville  de  Jerusalem  et  autres  saints  lieux:  Lecture  salut.  (Russisch.)  1882 — 
1883.    Separatabdr.    Moskau  1883.    103  pp.  So.    Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

269)  ^Nniri  V1X 'D  Description  de  la  Palestine,  nature  du  sol,  mers, 
cours  d'eau,  montagnes  .  .  .  p.  Eliezer  ben  Juda.  Jerusalem  fimpr.  J.  M.  Sa- 
lomon)  1884.  (61,  76  pp.  80.  Hebräisch?)  Vgl.  J.  Loeb  in  Revue  des  etudes 
juives  VIII,  285.    (Nach  Lit.  Bl.  für  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

270)  Selah  Merrill,  Discoveries  at  Jerusalem.  Aletter:  American  Anti- 
quarian,  vol.  6,  Nr.  1  ,  Jan.  1884,  p.  46—52.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.  ; 
nicht  gesehen.) 

271)  Carte  archeologique  de  Jerusalem:  Bull,  de  la  Soc.  Geogr.  de 
France,  1880,  p.  587.  (IJibl.  O.  L.;  nicht  gesehen.) 

272;  Kurze  Beschreibung  der  beiden  geographischen  Stereoramas  des 
biblischen  Jerusalems  zur  Zeit  Christi  und  des  heutigen  Jerusalems,  sowie  der 
Stiftshütte  in  der  Wüste.  Berlin  (Otto  Dreyer)  1883.  16  pp.  SO.  (Bibl.O.  L.; 
nicht  gesehen.) 

273)  J.  Grill,  Beiträge  zur  hebräischen   Wort-  und   Namenerklärung. 


322  Socin, 

lleilsu.  Als  die  wichtigste  Publicatioii ,  welche  im  Laufe  des 
I)erichtsjahres  über  Jerusalem  erschienen  ist,  darf  unstreitig  der 
letzte  liand  der  englischen  Memoirs  2'^) ,  welchem  eine  grosse 
Mappe  mit  fünfzig  Plänen '-"s)  beigegeben  ist,  bezeichnet  werden. 
Wenn  dieses  Werk  auch  nichts  eigentlich  Neues  enthält,  so  ist 
es  doch  bequem,  die  englischen  Forschungen  über  die  heilige 
Stadt  nun  in  einem  liande  vor  sich  zu  haben.  Wir  finden  darin 
unter  Anderem  die  Abhandlung  Coxdek's  über  die  architectoni- 
sche  Geschichte  von  Jerusalem  (p.  5 — 85)  und  die  ausführliche 
Darstellung  aller  Ausgrabungen  und  Untersuchungen  einschliess- 
lich der  Forschungen  Ganxeau's  (p.  117 — 341);  die  Untersu- 
chungen über  die  Umgebung  Jerusalems  (p.  345 — 421),  ebenso 
einen  Plan  von  Jerusalem  mit  einer  Liste  der  Benennungen 
(p.  344 — 5  .  —  Allgemeinere  Arbeiten  über  Jerusalem  haben 
Mich AiLovsKi 276),  ein  Anonymus 2'6a)  und  Vipper2'")  geliefert. 
Eine  früher  übersehene  Notiz  von  Guerin2'8)  ist  unbedeutend. 

In  Bezug  auf  die  Zion-Akra-Frage  hat  Gatt  279)  besonders 
die  Stellung  von  Klaiber  und  Riess  zu  erschüttern  gesucht;  uns 

I.  Über  Entstehung  und  Bedeutung  des  Namens  Jerusalem:  Z.  f.  d.  alttest. 
"NVissensch.  1S84,  (IV)  p.  103— 14S. 

274J  The  Survey  of  Western  Paleatine.  Jerusalem.  By  Col.  Sir  Charles 
Warren  and  Capt.  Claude  Reignier  Condcr.  Published  for  the  Committee  of 
the  Palestine  Exploration  Fund.  London  1SS4.  VII,  542  pp.  4o.  With  lUu- 
strations  and  Portfolio.  L.  5,  5  s. 

275)  Plans,  Elevations,  Sections,  etc.  shewing  the  results  of  the  Exca- 
vations  at  Jerusalem,  1867 — 70  executed  for  the  Committee  of  the  Palestine 
Exploration  Fund  by  Captain  Charles  Warren,  R.  E.  assisted  by  Serjeant  H. 
Birtles,  Corp.  R.  Turner,  C.  Ellis,  J.  Duncan,  D.  Mackenzie,  J.  A.  Hanson, 
J.  Cock.  [Plates  1—50.]  Einband-Titel :  Palestine  Exploration  Fund. 
Jerusalem  Excavations  1884. 

270,  W.  J.  Mikhailovski ,  archipretre,  La  sainte  ville  de  Jerusalem. 
St.  Petersburg  1882  (2.  Ausg.  1883).  V,  lu4  pp.  Ißo.  (Russisch;  Bibl.  O.L.; 
nicht  gesehen.) 

276»;  Fuhrer  in  der  heiligen  Stadt  Jerusalem.  St. Petersburg  1884.  (Rus- 
sisch ;  nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

277)  J.  Vipper,  Jerusalem  et  ses  environs.  Moskau  1881.  8o.  .Russisch; 
Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen. 

278)  Victor  Guerin,  Les  trois  temples  de  Jerusalem:  Comptea  rend.  de 
l'Acad.  desL  et  B.  L.  1881,  IX,  p.  193—194. 

279;  Zur  Zion-Akra-Frage.  Von  Georg  Gatt,  apost.  Miss,  und  kath. 
Pfarrer  in  Gaza:  Theologische  Quartalschrift  1884,  (66).  p.  34—84. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  aufd.  (iebiete  d.  Palüstinalit.  l'^M.  ;J23 

liat  er  freilich  nicht  überzeugt.  In  den  Artikehi.  in  wek'lien 
neuerdings  in  England  die  ältere  Topograpliie  .lerusalenis 
und  besonders  auch  die  Lage  des  Zion  behandelt  worden  ist. 
lässt  sich  öfters  die  Kenntnissnahme  einschlägiger  deutscher 
Untersuchungen  vermissen;  an  diesen  Discussionen  haben  sich 
SAYCE-i^";,  CoxNDER'i^i)  undRiHCn2^2)  betheiligt.  Ein  altes  Glas- 
stück, auf  welchem  der  Tempel  von  Jerusalem  abgebildet  ist, 
wurde  in  den  Archives  abgebildet  2^3] .  Eine  Untersuchuno-  ül)er 
den  alten  Tempel  hat  Lindbekg 28^1  geliefert;  8atti,kk  ■-''4"i  führt 
uns  das  Jerusalem  des  Josephus  mit  Plänen  vor.  Die  Schrift  von 
King  2^5)  über  den  Tempelhügel  ist  populärer  Natur,  wie  jeden- 
falls auch  eine  Arbeit  Sciinabl's 286].    Adler's287)  Aufsätze  über 

280)  A.  H.  Sayce,  Prae-exilic  Jerusalem:  Quart.  Statements  1SS4, 
p.  171—175.  —  Id.,  The  site  of  Zion:  ibid.  p.  248—250. 

281)  C.  R.  Conder,  Jerusalem  of  the  Kings:  Quart.  Statements  1SS4, 
p.  20 — 29.  —  Einen  älteren  Artikel  von  Conder  führe  ich  nach  Bibl.  ü.  L. 
an:  The  topography  of  Jerusalem:  Proceedings  of  the  r.  Soc.  of  Edinburgh 
1879—1880,  X,  p.  474—495. 

282;  W.  F.  Birch,  Notes  on  prae-exilic  Jerusalem :  Quart.  Statements 
1884,  p.  70 — 75.  —  Id.,  The  waters  of  Shiloah  or  the  aqueduct)  that  go 
softly,  Jesaia  VIII,  6:  ibid.  p.  75—77. —  Id.,  The  city  of  David  and  Jose- 
phus: ibid.  p.  77 — 82.  —  Id.,  The  city  and  tomb  of  David  on  Acra,  com- 
monly  calledOphel :  ibid.  p.  196 — 198.  —  Id.,  Note  on  Josephus  and  theLXX  : 
ibid.  p.  198. 

283)  Vgl.  ZDPV.  VII,  p.  254,  Nr.  157.  J.  B.  de  Rossi,  Verre  represen- 
tant  le  temple  de  Jerusalem  :  Archives  de  l'Orient  Latin  II  (1884)  p.  439 — 455. 
(Mit  chromolithogr.  Abbildg.). 

284  N.  Lindberg,  Templet  i  Jerusalem  ogForsoningsdagen  hosJöderne. 
Kolding  1881.  116  pp.  80.   (3  pl.).    (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

284a)  Max  Vinc.  Sattler,  Geschichte  der  Stadt  Jerusalem  und  ihrer  merk- 
würdigsten Gebäude,  nach  den  Berichten  d.  jüd.  Geschichtsschreibers  Flav- 
ius  Josephus.  Mit  3  Plänen  zu  den  Tempeln  und  1  sep.  zu  beziehenden 
Kunstblatt  in  Lichtdr.,  »die  Stadt  Jerusalem  zur  Zeit  Christi  darstellend«'. 
München  iPiloty;  1884.  34  pp.  80.  Rec.  in  Deutsche  Revue,  JunilS85.  p.378. 
(Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

285)  Recent  Discoveries  on  the  Temple  Hill  at  Jerusalem.  By  the  Rev.  J. 
King.  AVith  map,  plans  and  illustr.  liOndon  (Religious  Tract.  Society)  1S84. 
IV,  191  pp.  80.  (By-paths  of  Bible  Knowledge  IV^.  Vgl.  Saturday  Review 
24.  Mai  1884,  p.  690;  Academy  14.  Juni  1884,  p.  419;  Quart.  Review  8. Juli 
1884,  p.  235.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;   nicht  gesehen.) 

286)  KarlSchnabl,  Der  Berg  Moriah.  Historisches  und  Archäologisches : 
Die  alte  und  neue  "Welt.  Einsiedeln,  (Benziger),  1881.  (Bibl.  ü.  L. ;  nicht  ge- 
sehen.) 


324  Socin, 

die  Baukunst  in  Jerusalem  bieten  eine  nicht  uninteressante  t'ber- 
sieht  a\is  der  Feder  eines  Fachmanns.  Gegen  Conder's '-^*)  Theorie, 
dass  das  heiHge  Grab  bei  der  Jeremiasgrotte  zu  suchen  sei,  wird 
vielfach  Widerspruch  erlioben'^-'  ,  besonders  seitdem  diirch  neu- 
licli  vorgenommene  Ausgrabvnigen  der  Lauf  der  zweiten  Mauer 
festgestellt  worden  zu  sein  scheint  ^-'Oj.  Aus  der  Fülle  russischer 
Artikel,  welche  die  Bibliographie  des  O.  L.  anführt.  AvoUen  wir 
bloss  zwei  ausheben,  welche  sich  auf  die  Grabeskirche  bezie- 
]ien2''i  2'J2  .  Das  Grab  Schebna's  will  Flecker '-''3)  suchen;  ob 
seine  Erklärung  der  betreffenden  Stelle  bei  Jesaia  Anklang  tin- 
det,  wollen  wir  dahingestellt  sein  lassen.  Geringen  Werth  haben 
wohl  auch  einige  neuere  Entdeckungen,  von  welchen  in  derTerre 
Sainte  die  Rede  ist 294).  GuERix's^öä)  Versuch,  in  den  kiihür  el- 
niidUk  die  Grabstätten  jüdischer  Könige  nachzuweisen,  muss  als 
verfehlt  betrachtet  werden.  Über  die  Ebene  von  Rephaim  hat 
Hoffmann  2ytJ)  einen  Vortrag  gehalten. 
Special-  \^q{  ^{gi-  Fbcrsiclit  über  die    mehr    speciellen  Arbeiten   auf 

arbeiten.  >■ 

2S7)  F.  Adler,  Die  Baukunst  von  Jerusalem  :  Centralblatt  d.  Bauverwal- 
tung, Jg.  4,  Nr.  5:  6,  '2.,  9.  Febr.;  1S84,   p.  39—41;   53— G. 

2S8j  C.  R.  Conder,  The  Holy  Sepulcre :  Memoirs  Jerusalem  p.  429 — 435. 

289;  Abbe  Duchesne,  Xouvelle  theorie  anglaise  sur  le  S.  Sepulcre:  An- 
nales de  philos.  ehret.,  Juli— Aug.  1883,  VIII,  p.  334;  451—456.  Bibl.  0. 
L.  :  nicht  gesehen.) 

290:  Moniquet,  Authenticite  du  Saint  Sepulcre:  La  Terre  Sainte  1884, 
Nr.  223,  p.  1Ü04— 1014;  Nr.  224,  p.  1030—1032;  Nr.  225,  p.  1052;  Nr.  226, 
p.  1054—1076. 

291]  J.  Olesnitchki,  La  nuit  de  Paques  ä  Jerusalem:  Lecture  du  Dim. 
;ru8sisch)  1881 ,  Nr,  15  ;  Journ.  du  dioc.  de  Tver  1881 ,  Nr.  9.  (Bibl.  O.  L. ; 
nicht  gesehen.) 

292;  J.  Tokmakov,  La  tradition  du  feu  sacre  du  S.  Sepulcre :  Lectures 
de  la  soc.  des  amat.  de  l'instr.  religieuse,  1882,  Nr.  3.  (Russisch;  Bibl.  O. 
L. ;  nicht  gesehen.) 

293)  E.  Flecker,  The  sepulchre  of  Shebna,  Isaiah  XXII:  Quart.  Sta- 
tements 1884,  p.  178—181. 

294j  Decouvertes  k  Jerusalem.  1.  L'ecole  de  la  sainte  vierge;  2.  L'eglise 
de  Saint  Pierre  aux  liens:  La  Terre  Sainte  1884,  Nr.  218,  p.  925—935;  Das 
heilige  Land  1884,  p.  149-151. 

295  Victor  Guerin,  Les  tombeaux  des  rois  ä  Jerusalem,  les  Kobour  el- 
Molouk  :  Comptes  rend,  de  lAcad.  des  I.  et  B.  Lettres  1881,  IX,  p.  188— 190. 

296  Über  die  I>age  der  Ebene  Kephaim.  Vortrag  von  Dr.  J.  )Hofi'niann, 
gehalten  im  freien  deutschen  Verein:  Warte  1884,  Nr.  44. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palästinalit.  1^S4.  32.') 

dem  Gebiete  der  Palästinakunde  erlaube  icli  mir  diesnuil  mit 
den  Palästina  südlich  angrenzenden  Ländern  /ii  bejriimen.  Von 
grosser  Wichtigkeit  für  die  Geographie  Arabiens  ist  die  Keise- 
beschreibung  und  Karte  Doughty's '■^»')  ;  auch  die  Keise  des  im 
vorigen  Jahre  ermordeten  Huber 298)  hat  reiche  wissenschaftliche 
Resultate  ergeben,  wie  schon  ein  einziger  Hlick  auf  seine  Karte 
zeigt.  Als  Ergänzung  zu  der  Arbeit  Huber's  dürfen  wir  nun  die 
Schilderung  seines  Begleiters  Eutixg^!*'-»)  erwarten. —  Aus  Ägyp- 
ten liegt  nun  hauptsächlich  der  ganze  Bericht  der  Ausgrabungen 
Naville's^oo]  vor,  die  B  rüg  sei  i  zu  interessanten  Bemerkungen 
veranlasst  haben'*«').  Hull^os)  plaidirt  dafür,  dass  zur  Zeit  des 
Exotlus  ■■^02»)  eine  ununterbrochene  Verbindung  zwischen  dem  mit- 
telländischen und  dem  rothen  Meere  existirt  habe ;  Trumbull  ^osj 
und  andere  sind  geneigt,  das  Zoar  der  (nach  imserer  Ansicht  ver- 
dorbenen) Stelle  Genesis  XIII,  10  als  Zor,  Zar.  Zal.  d.  h.  als 
die  Benennung  des  Grenzlandes  des  östlichen  Unterägyptens 
aufzufassen  3«^) .  Was  die  Brochure  von  Möbius  ^^s)  enthält,  weiss 

297)  Ch.  M.  Doughty,  Travels  in  NW.-Arabia  and  Nejd :  Proceedings 
of  the  R.  Geogr.  Society.  London  1884,  VI,  Nr.  7,  p.  382— 399.  Mit  Karte. 
(Nach  Geogr.  Mitth. ;  nicht  gesehen.) 

298)  Voyage  dans  l'Arabie  centrale,  Hamäd,  .^ammar.Qacim,  Hedjäz  par 
Charles  Huber  1878 — 82:  Bulletin  de  la  Societe  de  geograj^hie  18S4,  p.  304 
—363;  468—530.    (Mit  Karte.) 

299)  Eutings  Reise  in  Central- Arabien .  Globus  1884,  XLVI,  Nr.  7, 
p.  107. 

300)  The  Store-City  of  Pithora,  and  the  Route  of  the  Exodus.  By  Edou- 
ard Naville.  (With  thirteen  plates  and  two  maps.  London  (Trübner  1884. 
(Nicht  gesehen.)  —  Vgl.  Theol.  Lit.  Bl.  27.  März  1885,  Sp.  120.  —  Vgl.  Na- 
ville, Pithom-Heroopolis :  Academy  22.  März  1884,  p.  210.—  R.  S.  Poole,  Pi- 
thom:  ibid.  24.  Mai  1884,  p.  375. 

301)  H.  Brugsch,  Israel  in  Ägypten:  Deutsche  Revue  (1883)  VIU,  4, 
p.  48  ff.   —  Id.,  Pithom  und  Ramses:  ibid.  (1884)  IX,  1,  p.  335  ff. 

302)  Edward  HuU,  On  the  relation  of  land  and  sea  in  the  isthmua  of  Suez 
at  the  time  of  the  Exodus  :  Quart.  Statements  1884,  p.  137 — 141. 

302a)  Vgl.  auch  Lauth,  Zur  Exodusfrage,  Ausland  3.  Aug.  1884,  p.  607 
— 612.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;   nicht  gesehen.) 

303)  H.  Clay  Trumbull ,  »As  thou  comest  unto  Zoar«  :  Quart.  State- 
ments 1884,  p.  250—255. 

304)  Egyptology  and  the  Bihle.  fAn  Address  by  the  Rev.  Henry 
George  Tomkins  at  the  Reading  Church  Congress):  Quart.  Statements  18^4, 
p.  54 — 57. 

305)  Hugo  Möbius,  Die  Kinder  Israels  nie  in  Ägypten.    Populär-wiss. 

Ztschr.  a.  Pal.-Ver.  VIII.  22 


326 


Socin, 


ich  nicht.  Bezüglich  des  Sinai  ist  Baker  Greene's^oü'  Artikel 
durchaus  unbedeutend;  über  Pentecost's 307)  Buch  kann  ich  kein 
Unheil  fällen.  Ein  Artikel  von  Kapterev^os)  über  die  Unter- 
stützung, welche  die  Russen  dem  Sinaikloster  haben  angedeihen 
lassen .  bietet  vielleicht  einiges  Interessante.  Die  Notizen  über 
die  letzte  Reise  des  Rev.  Holland  ^cö)  nach  dem  Sinai  sind  von 
einem  hübschen  Specialkärtchen  eines  Theiles  des  Negeb  und 
des  Tih  begleitet.  Trumbull's  ^i")  weitläufige  Reisebeschrei- 
bung enthält  wenig  mehr  als  die  Bestätigung,  dass  das  früher 
von  RowLAXDS  entdeckte  und  schwer  zugängliche  "^Ain  Kadis 
wirklich  existirt;  dass  hier  Kades  Barnea  zu  suchen  sei,  ist 
von  ihm  mindestens  sehr  wahrscheinlich  gemacht.  Hull^h)  ist 
es  nicht  gelungen ,  nach '  Ain  Kadis  zu  gelangen ;  dagegen  bie- 
ten die  vorläufigen  Berichte  über  seine  Expedition  3i2)  manches 


Studie    über   die  Lage  des  bibl.  Landes  Mizraim.     Ilmenau  Schröter)  1884, 
17  pp.  80.  —  Vgl.  ThLB.  1884,  p.  94. 

306)  J.Baker  Greene,  The  route  ofthe Exodus:  Quart. Statements  1884, 
p.  230—237. 

307)  G.F.Pentecost,  Out  of  Egypt. :  Bible  readings  on  the  book  of  Exo- 
dus. New  York  (Funk  &  Wagnalls, 'l884.  VII,  214  pp.  120.  :Nach  ThLZ. ; 
nicht  gesehen.' 

308)  N.  Kapterev,  La  bienfaisance  russe  pour  le  couvent  du  Sinai  aus 
XVI,  XVII  et  XVIII.  siecles:  Lectures  de  la  Soc.  des  amat.  de  Tinstr.  reli- 
gieuse  1881,  Xr.  10 — 11.    Russisch;  Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.; 

3U9,  C.  "W.  "\V.,  Notes  to  accompany  a  map  of  the  late  Ilev.  F.  W.  Hol- 
land's  journey  from  Nukhl  to  Ain  Kadeis,  Jebel  Magrah,  and  Ismailia: 
Quart.  Statements  18S4,  p.  4 — 1.5. 

:il0i  H.  C.  Trumbull,  Kadesh-Barnea :  its  importance  and  probable  site, 
with  the  Story  of  a  hunt  for  it :  including  studies  on  the  route  of  the  exodus 
and  the  southern  boundary  ofthe  Holy  Land.  New  York  (C.  Scribner's  Sons) 
1884,  478  pp.  80.  With  illustrations  and  maps.  —  Rec.  von  J.  P.  Taylor  in 
Andover  Review  Febr.  1884;  C.  A.  Briggs  in  Presbyterian  Review  April 
1884;  Literary  News  Febr.  1884;  Saturday  Review  17.  Mai  1884,  p.  650; 
Academy  23.  Febr.  1884,  p.  136;  Bibliotheca  sacra  Juli  1884;  von  Guthein 
ThLZ.  14.  Juni  1884,  Sp.285.  —  Vgl.  auch  Clay  Trumbull,  Fresh  News  from 
Kadesh  :  Quart.  Statements  1884,  p.  175 — 178. 

311)  Edward  Hüll,  Note  on  Kadesh  Barnea:  Quart.  Statements  1884, 
p.  257—258. 

312)  Narrative  of  an  expedition  through  Arabia  Petraaea,  the  valley  of  the 
Arabah,  and  western  Palestine.  By  Professor  HuU :  Quart.  Statements  1884, 
p.  114—1:^0.  —  Vgl.  auch  Prof.  Hull's  Letters:  ibid.  p.  107—113.  —  Letter 
from  Captain  Kitcheuer:    ibid.  p.  136 — 137.  —  Major  Kitchener's   Report: 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Ucbictc  d.  l'alüstinalit.  issl.  ',\0~ 

Neue  imd  Wichtige.  ('()1,mi,lk3I3)  schwärmt  nainenthch  liir  die 
Idee  des  Jordankanals;  er  scheint  mehr  aus  Vergnügen  am  Sport, 
als  mit  wissenschaftlichen  ZAvecken  gereist  zu  sein. 

lievor  wir  daran  gehen ,  weitere  Einzelheiten  üher  die  Geo- 
graphie Palästinas  anzuführen,  hahen  wir  darauf  aufmerksam  zu 
machen,  dass  in  dem  ohen  genannten  Band  der  Memoirs^^'^;  eine 
Keihe  älterer  Berichte  abgedruckt  worden  ist,  so  üher  die  Ebene 
von  Philistaea,  Askalon ,  über  einen  Besuch  von  'Ain  Dschidi 
(1867),  über  eine  Expedition  nach  dem  üstjordanland  1SG7), 
über  AyünMüsa  (1869),  über  das  Jordan  thal,  deuLibanon  u.a.m. 
Allgemeiner  Natur  ist  auch  eine  Skizze  von  CJoli.ks '•^^^^  Eür  eine 
Keihe  einzelner  russischer  Artikel,  besonders  von  Fomexko.  ver- 
weise ich  der  Kürze  M'egen  auf  die  Bibliograi)hie  des  Orient  La- 
.tin  (p.  41).  Ein  Chirbet  Kan'an  in  Südpalästina  bringt  Tom- 
KiNS^iß)  etwas  rasch  mit  einem  in  den  ägyptischen  Listen  genann- 
ten Orte  zusammen.  Werthvoll  ist  das  genaue  Verzeichniss  der 
bewohnten  Ortschaften  des  Ijezirkes  von  Gaza,  welches  uns 
Gatt"*!^)  eingesandt  hat,  ebenso  seine  Bemerkungen  über 
Gaza  und  Umgegend  3i8) ;  Gildbmkister  und  Nöldeke  liefer- 
ten einige  Berichtigungen  3^9)  dazu.  Möchten  doch  manche  der 
in  Palästina  ansässigen  Mitglieder  unserer  Gesellschaft  uns  mit 
ähnlichen  Mittheilungen  erfreuen  wie  Gatt  !    Durch  Philistaea 

ibid.  p.  202 — 221.  —  G.  Armstrong.  The  section  of  the  Wady  Arabah  :  ibid. 
p.  221. 

313)  The  accursed  land,  or  first  Steps  on  the  water-way  of  Edom.  By 
Lieut.  Col.  H.  Colville.  London  (Sampson  Law  &  Co.)  1S84.  (Nicht  ge- 
sehen.) —  Rec.  von  G.  Hooper  in  Academy  21.  Febr.  1SS.5,  p.  127;  Athe- 
naeum  8.  Nov.  1884,  p.  586;  von  Rye  in  Proc.  of  the  K.  Geogr.  Soc.  VL 
p.  746. 

314)  Nr.  275. 

315)  W.  Morris  Colles,  Palestine  west  of  the  Jordan  :  British  Quart.  Kev. 
Nr.  157,   1.  Jan.  1884,  p.  53—83.    (Nicht  gesehen.) 

316)  H.  G.  Tomkins ,  The  fortress  of  Canaan  :  Quart.  Statements  1884. 
p.  57—61. 

317)  Verzeichniss  der  bewohnten  Ortschaften  der  KaimakämTje  Gaza. 
Von  G.  Gatt  in  Gaza:  ZDPV.  VII,  p.  293—298. 

318)  Bemerkungen  über  Gaza  und  seine  Umgebung.  Von  G.  Gatt  in 
Gaza:  ZDPV.  VII,  p.  1—14. 

319)  Bemerkungen  über  Anthedon  und  Muntar.  Von  Th.  Nöldeke  und 
J.  Gildemeister:  ZDPV.  VII,  p.  142. 

22» 


32S  Socin, 

ist  Griffix^-ö)  gereist.  Grätz^-i)  will  beweisen,  dass  das  Innere 
von  Jamnia  bTI  2'\2  i^eheissen  und  das  talmudische  En  Toi)  bei 
Lydda  gelegen  habe.  Riants^22)  i^^  letzten  Bericht  genannte 
Abhandlung  über  die  Patriarchengräber  in  Hebron  müssen  wir 
hier  nochmals  aufführen;  über  die  Höhle  Machpela  liegen  ausser- 
dem noch  einige  andere  Artikel  vor  ^23]^  j)^^  Weg  von  Jafa  nach 
Jerusalem  schildert  Potts  '^-*) .  Hartmann  ^25]  hat  einige  sach- 
kundige 13emerkungen  über  die  oft  verderbte  Schreibung  des 
Namens  Latrun  geliefert.  Über  die  Lage  von  Emmaus  haben  ausser 
Alleau  ^-''  und  JJassi  '^-''j  neulich  wieder  Mearns  328)  und  Hender- 
son329  geschrieben,  der  auf  die  von  Finn  befürwortete  Identifica- 
tion mit  Artas  zurückkommt;  andere  haben  sich  mit  Recht  dage- 
gen ausgesprochen.  Über  das  aus  der  byzantinischen  und  aus  der 
Kreuzfahrerzeit  stammende  Gebäude,  welches  neulich  in  ^\ra- 
wäs330j  ausgegraben  wurde,  hat  uns  Schick 33i]  einen  Bericht  und 


320;  Griffin,  A  visit  toPhilistia  :  Fortnightly  Review,  Januar  1884.  Nicht 
geRehen.) 

321)  Grätz,  Historische  und  topographische  Streifzüge.  1.  Jamnia.  3.  En- 
Tab,  die  Kalenderstadt :  Monatsschrift  für  Geschichte  und  Wissenschaft  des 
Judenthums  1)584    33,,  p.  529-533;   544—551. 

322):   Vgl.  ZDPV.  YII,  p.  252,  Nr.  132.  Aus:  Archives  de  l'Orient  Latin 
II  (1884),  I.   p.  411—421.     Vgl.  Compt.  rend.  de  l'Academie  des  J.  et  B.  L 
1883.  (Paris  1884),  p.  26-35. 

323)  La  sepulture  d' Abraham:  La  Turquie  28.  Juni  1882 ;  wieder  abgedr. 
in  Exploration  1SS2,  XIV,  p.  231—232.  Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.)  —  Der 
gegenwärtige  Zustand  der  )Höhle  )Machpelah :  Jüd.  Lit.  El.  27.  Dec.  1883, 
Nr.  52,  p.  205 — 206.  (BibL  O.  L. ;  nicht  gesehen.)  —  )Makpela,  la  tomba  dei 
patriarchi  in  )Hebron:  Archivio  di  lett.  bibl.  ed.  Orient.  Anno  6;  Jan.  1884, 
Nr.  1,  p.  23—32.    (Nach  L.  BL  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

324)  A.  Potts,  From  Jaffa  to  Jerusalem:  Bull,  de  la  Soc.  roy.  de  Geogr. 
d'Anvers.  1884,  VIII,  Nr.  5,  p.  315—351.    (Nach  Geogr.  Mittheil. ;  nicht  ges.) 

325;  Correspondenzen :  ZDPV.  VII,  p.  307. 

326)  Mgr.  Th.  Alleau,  Les  deux  Emmaüs:  Miss,  cathol.,  22.  Juli  1881, 
p.  345 — 346.     Bibl.  O.  L.;  nicht  gesehen.) 

327;  Alessandro  Bassi,  Emaus,  citä  della  Palestina.  Torino  (Imp.  Bel- 
lardi  e  Appiotti,  1884.  93  pp.  80.  (Bibliogr.  Ital.) 

328;  P.Mearns,  The  site  of Emmaus:  Quart.  Statements  1884,  p.  83—85. 

329)  Arch.  Henderson ;  A.  Kennion,  Emmaus:  Quart.  Statements  1884, 
p.  243—248. 

330)  Capitaine  Guillemot ,  Emmaus-Amoas  (dessins) :  Missions  cathol. 
3.  Märzl8S2,  XIV.  p.  103—106.  —  Julien  Durand,  Les  fouilles  d'Amoas 
(Syrie) :  Bullet,  monum.  1882.  X,  p.  381 — 383.  (BibL  O.  L.;  nicht  gesehen.) 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  d.  Palüstinalit,  1SSI.  :{2l> 

Pläne  vorgelegt.  Nachliethlcliera  haben  uns  Ghundt  ^^2)  und  ,j,.;v- 
SEN 332a) geführt;  die  dortige  Hasilika  hat  Sandkl 333j  in  einem  von 
ihm  verfertigten  Modell  nach  ihrer  ältesten  Form  her/Aistellen  ver- 
sucht. Gregorovius334)  hat  seiucnKitt  nach  dem  Todten  Meer  in 
seiner  bekannten  drastischen  Weise  geschildert;  einige  Bemerkun- 
gen Tksson's^^"»)  beziehen  sich  auf  die  Hauten  des  Klosters  Mar 
Saba.  Marti336)  i^at  das  Thal  Zeboim  T.  Sam.  1  :< ,  \b  mit  dem 
trädi  ahu  (Jahit  der  englischen  Karte  identiticirt.  Dkkknboi  UG^^? 
führt  den  NachAveis,  dass  der  eiserne  Uerg,  Avelcher  bei.Iosephus, 
Bell.  jud.  IV.  8,  2  genannt  ist,  auch  in  der  Mischna  und  ande- 
ren jüdischen  Schriften  vorkomme  inid  am  Todten  Meere  zu 
suchen  sei.  Schick's^ssj  Unternehmen,  die  Grenzlinie  zwischen 
Juda  und  Benjamin  zu  verfolgen,  beweist  aufs  Neue,  wie  schwer 
es  ist,  in  Bezug  auf  die  alte  Geographie  zu  abschliessenden  Re- 
sultaten zu  gelangen.  Die  Lösung  verschiedener  derartiger  Pro- 
bleme  wird  in  den  Statements   immer  wieder   versucht33'Jj>*40j  j 

331)  Das  altchristliche  Taufhaus  neben  der  Kirche  in'Amwäs.  Von  C. 
Schick  in  Jerusalem  :  ZDPV.  VII,  p.  15—16.    (Mit  Tafel.) 

332)  Grundt,  Von  Jerusalem  nach  Bethlehem :  Jahresber.  der  Lausitzer 
Prediger-Gesellsch.  1880.    6.  Mitth.    (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

332»)  S.  H.  Jensen,  Fra  Jerusalem  til  Bethlehem:  Luthersk-Ugeskrift. 
Bd.  16,  Nr.  4—7;  1884.  (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen. 

333)  Vgl.  Christi.  Kunstblatt  1884,  p.  176. 

334)  Ferd.  Gregorovius,  Ritt  nach  dem  Todten  Meer.  Aus  meinem  Tage- 
buche: Unsere  Zeit  1884,  1,  p.  81—99. 

335)  L.  de  Tesson,  De  quelques  singularites  architecturales :  Soc.  ar- 
cheol.  d'Avranches  1882,  V,  p.  38 — 48;  theilw.  in  Rev.  de  l'art  ehret.,  Jan. 
1S83,  p.  1U6.  (Bibl.  O.  L.;  nicht  gesehen.) 

336)  Das  Thal  Zeboim,  Sam.  I.  13,  18.  Von  Lic.  Karl  Marti:  ZDPV. 
VII,  p.  125—130. 

337)  J.  Derenbourg,  La  montagne  de  fer :  Revue  des  etudes  juives  VIII 
1884),  p.  275—6. 

338)  C.Schick,  Grenzlinie  zwischen  Juda  und  Benjamin  :  Neueste  Nachr. 
a.  d.  Morgenlande  1884,  p.  60—70.  —  C.  Schick,  Boundary  between  Judah 
and  Benjamin:   Quart.  Statements  1884,  p.  181 — 1^7. 

339)  H.  B.  S.  W.,  The  nameless  city,  and  Saul's  journey  to  and  from  it: 
Quart.  Statements  1884,  p.  51 — 54;  id.:  ibid.  p.  144;  id..  Pillar  or  Garni- 
son:  ibid.  p.  143 — 4. 

340)  C.  R.  C(onder),  Notes  from  the  April  Quarterly  Statement:  Quart. 
Statements  1884,  p.  240—241;  id.,  Notes  from  the  July  Quarterly  State- 
ment:  ibid.  p.  241 — 243;  id.,  Pillar  or  Garnison:   ibid.  p.  30. 


330  Socin, 

so  verleg;!  mm  Birch^^i)  schliesslich  Adiillam  wieder  in  die  Höhle 
Chareitim.  Filter  ^42)  hat  über  Aphek  und  Beth-Dao-on  »-e- 
schrieben.  Auch  über  die  Lage  von  Bethsaida^*3)  und  Caper- 
naum^^-*)  wird  noch  immer  gestritten,  ebenso  über  Aenon^^s). 
Über  Nabiilus  und  Garizim  hat  uns  Grünbaum  ^^g)  einige  Bemer- 
kungen geliefert.  Schultze34')  hat  zu  erweisen  versucht,  dass 
der  Name  Dalmanutha  aus  dem  syrischen  »dlmnvta  =  de  ta 
aioT^  Marc.  VIII,  lu.  vgl.  mit  Matth.  XV,  39)  entstanden  sei 
unter  Auslassung  des  Namens  Magadü,  Magadan,  welches 
östlich  vom  Tiberias-See  liege.  Lievix  34S)  plaidirt  wohl  für  den 
Thabor  als  Schauplatz  der  Transfiguration.  Oliphant  liefert  uns 
von  seinem  Standquartier  aus  349)  eine  Menge  nicht  uninter- 
essanter Details  über  den  Karmel  und  die  auf  demselben  befind- 
lichen Kuinenstätten^^oa^  ]Sfach  dem  Sanctuaire  du  mont  Carmel 
hat  Schumacher  350)  einige  Notizen  über  das  Kloster  und  den  da- 
selbst gegründeten  Orden  zusammengestellt;  auch  sonst  noch  lie- 

341)  W.  F.  B(irch),  Hiding-places  in  Canaan :  Quart.  Statements  1884, 
p.  61—70. 

342;  W.  T.  Filter,  Aphek  and  Beth-Üagon :  The  Expositor,  April  1884, 
p.  3U3— 311.    (NachThLZ.;  nicht  gesehen.) 

343)  Kev.  Lyman  Abbot,  The  site  of  Bethsaida :  The  Americ.  Antiquar. 
1881,  in,  p.  234—235.  (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

344)  S.  Graves,  The  site  of  Capernaum :  The  Americ.  Antiquar.  ,  Jan. 
1881,  ni,  p.  117—121.  —  J.  Emerson,  The  site  of  Capernaum  (mit  Tafeln)  : 
ibid.  1881,  IV,  p.  53—61.   (Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

345)  W.  A.  Stevens,  Aenon  near  to  Salem  (Jos.  III,  23) :  Journal  of  the 
Society  of  biblical  literature  and  exegesis  188:$,  Juni  — Dec.  p;  128—141. 
(Nach  ThLZ.  ;  nicht  gesehen.) 

346)  Nachträgliches  zuNabulus  und  Garizim.  Von  M.  Grünbaum ;  ZDPV. 
VII,  p.  131—135. 

347)  Dalmanutha.  Geographisch-linguistische  Untersuchung  zu  Marc,  8, 
10  und  Matth.  15,  39.  Von  Dr.  Martin  Schultze :  Jahresbericht  des  Realgym- 
nasium zu  Oldesloe.    Ostern  1SS4.  3  pp.  4». 

348)  Lievin  de  Hamme,  Le  Tabor  et  la  transfiguration  du  Sauveur:  Re- 
vue de  sc.  eccles.    Mai  1881,  p.  384—397.  (Bibl.  O.  L. ;  nicht  gesehen.) 

349;  Life  in  a  Druse  village ;  Blackwood's  Edinb.  Mag.  Dec.  1884.  (vol. 
136)  p.  708— 15;  Febr.  1885.  (vol.  137,  p.  232—44.  (Auch  in  Living  age, 
10.  Jan.,  28.  Febr.  (vol.  164)  p.84;  566.  (Nach  L.Oüphant).  (Nach  Lit.  Bl.  f. 
or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

349a)  I.aurence  üliphant,  The  khurbets  of  Carmel :  Quart.  Statements 
1864,  p.  30-44. 

ibOj  Das  Karmelkloster  bei  Haifa :  Warte  1884,  Nr.  20. 


Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  d.  Gebiete  |d.  Palästinalit.  1S84.  331 

gen  einige  Schilderungen  des  Kännel  vor^^').  Nestl?:''^^)  ^virft 
die  Frage  auf,  ob  Syna  nions  des  IJordeaux-Filgers  nicht  beim 
Karmel  zu  suchen  sei.  l'ber  das  Dschaulan-Ciobiet •'■••')  werden 
wir  nun  durch  Schumactiek  bald  Ausführlicheres  erfahren  ; 
einen  Ausiiug  nach  dem  Hain-;in  hat  MouiTZ^i-«)  gemacht. 
SelahMerkill3^*^)  -will  bei  Josephus,  Hell,  jud,  VI,  1  statt  Ga- 
dara:  Gabara  lesen  und  nachweisen,  dass  es  einen  Platz  Namens 
Gabara ,  iind  einen,  Namens  Gabaroth  gab.  In  einem  Excurse 
zu  Psalm  6S  theilt  Wetzstein  355)  eine  Keihe  wichtiger  Notizen 
über  das  Basangebirge,  denDschebel  Msch  und  den  Hermon  mit. 
Über  die  Schlussfolgerungen.  Avelche  Wetzstein  zieht,  mögen 
die  Exegeten  urtheilen.  —  Über  die  Phönicier  hat  Schultz *55a| 
einen  zusammenfassenden  Artikel  geliefert;  von  de  BERTOu's355bj 
^Arbeit  über  Tyrus  ist  eine  Fortsetzung  erschienen. 

Aus  Syrien  ist  diesmal  sehr  wenig  zu  berichten.  Nachträg- 
lich ist  ein  Brief  Guerin's  ^^o]  aus  dem  Libanon  hier  anzuführen ; 
seine  im  letzten  Bericht  erwähnte  Statistik  ^57^  beziffert  die  Ein- 
wohnerzahl des  Libanon  auf  360  000  Seelen.   Die  Beisebilder  der 

|P'        351)  Jaime  Bruzelius,  En  idyll  frän  berget  Karmel.  Stockholm  1881.  12''. 
Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.)  —  Le  Carmel,  Souvenirs  d'un  pelerinage:  La 
Terre  Sainte  1884,  Nr.  221,  p.  971.  —   Vgl.  auch  Kautzsch ,  Karmel:  Ersch 
und  Gruber's  Encyclopädie  Sect.  2;  Th.  U,  1883,  p.  83—84. 

352)  Correspöndenz.   Syna  Mons.   Von  E.  Nestle :  ZDPV.  VII,  p.  306. 

P  353)  Laurence  Oliphant,  Notes  on  the  Jaulän  :  Quart.  Statements  1884, 

p.  167—171. 

354)  Aus  einem  Briefe  von  Dr.  Bernhard  Moritz :  Z.  der  D.  Morg.  Ges. 
1884  (38),  p.  458-9. 

354a)  Selah  Merrill,  A  puzzle  inJosephus:  two  Gadaras  or  one?:  Quart. 
Statements  1884,  p.  237—241, 

355)  Über  die  Gebirgsnamen  in  Psalm  T.XVIII,  16.  Von  Consul  Dr.  Joh. 
Gottfried  Wetzstein:  Zeitschrift  für  kirchl.  Wissenschaft  1884  (III),  p.  113 
—127. 

355a)  Fr.  W.  Schultz,  Sidon,  Sidonier,  Phönizier :  Ilealcncyclo])ädie  für 
Protest.  Theol.  und  Kirche 2.  Bd.  14.  Lpzg.  1884,  p.  192—213. 

355I';  Vgl.  ZDPV.  V,  p.  264,  Nr.  361.  F.  de  Bertou,  La  topographie  de 
Tjt:  d'apres  les  derniers  explorateurs  :  Memoires  presentes  par  divers  savants 
al'acad.  des  inscr.,  ser.  1.  t.  9.  partie  2.  Paris  1884,  p.  275—309.  (Nach  Lit. 
Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

356)  Victor  Guerin,  Lettre  du  Liban.  31.  aoüt  1882  :  Exploration  5.  Oct. 
1882,  XIV,  p.  653—656.    Bibl.  O.  L.  ;  nicht  gesehen.) 

357)  VgL ZDPV.  VII,  p.259,  Nr.  204.  Lies:  Comptes  rendus  de  lAcad. 
des  J.  et  B.  L.  1883  (Paris  1884). 


332    Socin,  Bericht  über  neue  Erschein,  auf  d.  Gebiete  d.  Paliistinalit.  1884. 

liaioniu  von  Hoiinhorst  ■^^^)  scheinen  stark  enthiisiastisch  gefärht 
zu  sein  und  wenig  Neues  zu  bieten;  letzteres  darf  man  auch  von 
Cil\ssignet'8  '■^^^^)  Souvenirs  voraussetzen.  In  JietrefF  vonKalat  el- 
niarkah  ist  eine  Notiz  von  Hartälaxn ^m) zu  beachten.  DoGNEE^eo^ 
und  Müller  36tj  haben  über  architectonische  Beobachtungen  Be- 
richt erstattet.  In  Verbindung  mit  den  merkwürdigen  alten  Ge- 
bäuden von  Sednaja  362^  (nördlich  von  Damascus)  ist  die  neulich 
veröffentlichte  Legende  wohl  nicht  unAvichtig.  Die  von  Cox- 
j)gRb{;3^  vorgeschlagenen  Identificationen  von  Ortschaften  Mittel- 
syriens sind  theilweise  gewaltsam.  Über  die  Grenzen  Syriens 
führt  uns  ein  Aufsatz  über  die  Amanuspässe  ^^^] . 

358)  Reisebilder  aus  dem  Libanon.  Von  Baronin  H.  von  Hohnhorst. 
Mit  3  Lichtdruck-  und  5  Holzschnitt-Tafeln.  Braunschweig  (J.  H.  Meyer)  1884. 
n,  312  pp.  SO.  Mitlllustr.  —  llec.  von  Wünsch  in  Mittheil.  d.  K.  K.  Geogr. 
Gesellschaft  in  Wien  1884,   p.  46.5. 

3583]  Chassignet,  Souvenirs  du  Liban  (Discours  de  receptioU;.  Nancy 
(imp.  Berger-Levrault)  1884,  34  pp.  80.  (Extrait  des  Memoires  de  l'Acad.  de 
Stanislas  1883).    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil.;  nicht  gesehen.) 

359)  ZDPV.  VII,  p.  307. 

360,  Eugene  Dognee,  Le  Liban,  Conference  faite  au  Congres  des  archi- 
tectes  de  Paris,  1878:  Congres  intern,  des  architectes.  Paris  (Imp.  nat.)  1881, 
p.  289—301.   (Bibl.  0.  L.;  nicht  gesehen.) 

361;  Die  Ruinen  von  Baalbeck  und  Paimyra.  Nach  einem  Vortrage  des 
Herrn  H.  Müller  zu  Bremen :  Deutsche  Bauzeitung,  Jg.  18,  Nr.  14;  lü.  Febr. 
1884.  p.  78—9.    (Nach  Lit.  Bl.  f.  or.  Phil. ;  nicht  gesehen.) 

362;  Gaston  Raynaud,  Le  miracle  de  Sardenay ,  poeme  du  XIII*'  siecle : 

Romania  1882,  XI,  p.  519—537  ;   1885,  XIV,  p.  82—93.  Tir.  ä  part  36,  37  pp. 

363)  C.  R.Conder),  Hittite  Geography :  Quart.  Statements  1884,  p.  19— 20. 

364)  G.  Marmier,  Les  routes  de  l'Amanus:  Gazette  archeologique  1884 
annee  9)  Nr.  2,  p.  43—50.   Mit  Karte.     (Nach  L.  Bl.  f.  or.  Phil.  ;  nicht  ges.) 


Correspoudeiizeii. 

»Zu  meinem  Aufsatz  über  »Felsengräber  in  Dschebatu«  in 
ZDPV.  VIII,  60  fF.  finde  ich  eine  Anmerkung  der  gescliätzten 
Kedaction,  -welche  sich  auf  die  Abbildung  eines  jüdischen  sieben- 
armigen  Leuchters  bezieht  und  das  A'orkommcn  einer  solchen 
Abbildung  in  Frage  stellt.  Zur  factischen  Erwiderung  hierauf 
bitte  ich  Sie,  die  folgenden  Skizzen  von  siebenarmigen  Leucli- 
tern,  -welche  sich  als  Relief-  und  Flächenornamente  auf  alten  iiau- 
steinen  vorfinden  und  Avelche  ich  bei  Gelegenheit  einer  meiner 
Keisen  ins  Ostjordanland  copirte,    gefälligst  veröffentlichen  zu 


mm. 


►       Flcächenornanient  einer  Basaltsäule 
in  Fik. 


Reliefornament  an  einem 
Thürsturz  in  Fik. 


- --* 


70  cm 


Reliefornament  an  einem  Thürsturz        Flächenornament  an  einem  Thürsturz  in 
in  el-Ahmedije.  el-Ahmedije. 


■wollen.  Eines  dieser  Ornamente  auf  einer  Säule  von  liasalt  trägt 
eine  verwitterte  hebräische  Inschrift,  die  übrigen  entbehren  jeder 


•>o,  Correspondenzen. 

Schriftzeichen.  Die  Keliefornamexite  sind  mit  bedeutend  mehr 
Soi-o-falt  ausgeführt  als  die  Flächenornamente.  Der  neunarmige 
Leuchter  von  el-Ahracdije  scheint  mir  einzig  in  seinem  A^orkom- 
men  zu  sein .  Avährend  ich  ausser  den  angeführten  noch  siehen- 
armige ,  hübsch  verzierte  Leuchter  in  Nawa  im  Hörän  vorfand, 
welche  andernorts  zur  Abbildung  gelangen  werden. 

Trotz  der  Bestimmung  des  Talmud,  welcher  die  Nachbil- 
dung des  heiligen  siebenarmigen  Leuchters  verbietet,  hat  die- 
selbe also  dennoch  stattgefunden,  und  es  fragt  sich  nun,  ob  dieser 
Umstand  auf  ein  höheres  Alter  jener  Ornamente  als  das  des  Tal- 
mud oder  —  was  weniger  wahrscheinlich  ist  —  auf  eine  Nicht- 
beachtung seiner  Vorschrift  schliessen  lässt.  Im  erstgenannten 
Falle  dürften  diese  Ornamente  über  das  Alter  der  betreffenden 
Bauten  einigen  Aufschluss  gebenu. 

Haifa,   den  30.  Juni  1885. 

Schumacher. 


Bemerkung  der  Redaction:  Durch  jene  Anmerkung 
ZDPV.  YIII,  64  wollte  ich  hauptsächlich  darauf  aufmerksam 
machen,  dass  man  nicht  genöthigt  ist,  dem  Vorbilde  des  heiligen 
siebenarmigen  Leuchters  zu  Liebe  jede  andere  weniger  Arme  zei- 
gende Darstellung,  wie  die  von  Dschebäta,  zu  einer  siebenarmi- 
gen zu  ergänzen.  Die  dankenswerthen  Zeichnungen  des  Herrn 
ScHUiMACJiER  bringen  selbst  eine  neue  Form,  nämlich  die  mit 
neun  Armen,  hinzu  und  beweisen  somit,  dass  man  sich  durchaus 
nicht  auf  das  siebenarmige  Muster  beschränkt  hat.  —  Das  er- 
wähnte Verbot  des  Talmud  findet  sich  Gemara  Rosch  Haschana  fol. 
25undAbodaZaraf.  43.  Nachdem  die  Nachbildung  des  Tempels 
oder  eines  Theils  desselben  oder  seiner  Geräthe  verboten  ist, 
heisst  es  weiter :  »Jedoch  darf  man  einen  Leuchter  mit  fünf,  sechs 
oder  acht  Armen  machen ,  nur  keinen  mit  sieben  Armen  .  auch 
Avenn  nicht  Gold,  sondern  andere  Metalle  dazu  verwendet  werden. 
11.  Jose  Ben  Jehuda  hat  gelehrt,  dass  auch  Holz  nicht  dazu  ver- 
wendet werden  dürfe,  wie  das  die  Hasmonäer  gethan  hätten«. 
Die  Nachbildung  des  siebenarmigen  Leuchters  hat  freihch  trotz 
dieses  Verbotes  stattgefunden;  das  zeigen  nicht  nur  die  obigen 
Darstellungen,  sondern  auch  die  jüdischen  Gräber  und  Sarko- 
phage.   Vgl.  z.  B.  die  schöne  Grabinschrift  bei  Madden,  Coins  of 


Correspondenzen.  3;j5 

theJews  (The  international  Niimismata.  Orientulia\'<)l.  II.  1881) 
36  nnd  das  gut  ausgeführte  Keliefornameut  aus  Tiberias  hei  dk 
Saulcy,  Voyage  autour  de  la  Mer  morte  PI.  XIA'I.  \)\r.  tahnu- 
dische  Vorschrift  ist  aber  zur  Uatirung  dieser  Ornaiuente  nicht 
geeignet.  Einerseits  ist  ihr  eigenes  Alter  unbestiinnibar,  atidcrcr- 
seits  scheint  sie  von  rein  theoretischer  Art  und  ihre  praktisclie 
Durchführung  entweder  unmöglich  oder  gar  nicht  beabsichtigt 
gewesen  zu  sein.  Schon  E.  A.  Schulzk  hat  1775  in  seiner  Aus- 
gabe von  Reland,  De  spoliis  templi  hierusolyrnitani  üli  darauf 
hingewiesen,  dass  die  Juden  noch  heute  siebenarraige  Leuchter 
an  ihren  Festtagen  gebrauchen ,  um  dabei  des  heiligen  Leuch- 
ters zu  gedenken.  Wie  weit  diese  Sitte  verbreitet  ist,  vermag  ich 
freilich  nicht  zii  beurtheilen.  Doch  spricht  die  grosse  lieliebtheit 
dieses  Ornamentes  auf  zweifellos  jüdischen  Denkmälern  wohl 
dafür,  dass  jene  talmiidische  Vorschrift  auf  die  hier  in  Frage 
stehende  Nachbildung  nicht  angew^endet  worden  ist.  Merkwür- 
digerweise —  dies  ist  auch  für  die  folgende  Correspondenz  von 
Interesse  —  findet  sich  der  fünfarmige  und  siebenarmige  Leuchter 
auch  auf  Münzen  mit  arabischer  Legende,  wie  de  Vogüe  in  der 
Revue  numismatique  1860,  291  und  PI.  XIII,  7.  S  nachgewiesen 
hat.  S.  auchMADDEN,  History  of  Jewish  Coinage  (London  1864) 
231.  De  Vogüe  ist  der  Meinung,  dass  diese  Stücke  aus  der  Zeit 
zwischen  der  arabischen  Eroberung  und  der  ersten  Münzausgabe 
des  Chalifen  'Abd  el-Melik  stammen  und  mit  jenem  Ornament 
ausgestattet  worden  sind,  »pour  faire  allusion  aux  Souvenirs  ju- 
daiques«.  Maudex  schliesst  daher  mit  ihnen  die  jüdische  Mün- 
zengeschichte, H.  GuTllE. 


Herr  Dr.  Fritz  Noetling  hat  der  Eedaction  folgenden 
»Beitrag  zur  Entstehungsgeschichte  missverstande- 
ner Ornamente«  eingesandt: 

Bei  meiner  Reise  von  Haifa  nach  dem  Hermon  war  ich  ge- 
nöthigt,  das  kleine  Städtchen  Safed  zu  passiren.  Gleich  beim 
Eintritt  in  den  Ort  fiel  mir  eine  cigenthümliche  A'erzierung  an 
den  Häusern  auf,  wie  ich  sie  in  keiner  andern  bisher  von  mir 
besuchten  Ortschaft  beobachtet  hatte.  Über  den  Fenstern  und 
über  den  Thüren,   zuweilen  auch  längs  des  ganzen  Hauses  liegt 


330  Correspondenzen. 

luit  weisser  Farbe  gestrichen  ein  horizontaler  Balken,  auf  wel- 
chem senkrecht  gerichtet  eine  beliebige  Zahl  kürzerer  Striche 
standen,  etwa  wie  die  Zinken  eines  Eechens  (Fig.  1) . 

Uli 


I-is.  1. 


D* 


Icli  würde  diesem  Ornamente  w^eiter  keine  liedentung  bei- 
gelegt haben,  w^enn  es  mir  nicht  gelungen  wäre,  dessen  Ent- 
stehung zu  verfolgen,  die  eigenthümlich  gemig  ist,  um  beschrie- 
ben zu  werden ;  denn  sie  wirft  ein  charakteristisches  Streiflicht 
auf  solche  Ornamente,  welche  aus  der  Missdeutung  unbekannter 
ISilder  hervorgegangen  sind. 

Safed  ist  zum  grössten  Theil  von  Juden  verschiedenster  Ab- 
stammung bewohnt ,  die  vielfach ,  sei  es  aus  Frömmigkeit  oder 
zum  Schmuck  ihrer  Häuser,  eine  rohe  Zeichnung  des  fünfar- 
migen  Leuchters  in  weisser  Farbe  auf  den  Aussenwänden  an- 
bringen (Fig.  2) . 

1  »       .   I  Es  fiel  mir  nun  auf,  dass  an  zahlreichen  Häusern, 

\^^      welche     von    Insassen    unzweifelhaft    muslimischen 
Glaubens    bewohnt   waren,    die   gleiche  Zeichnung, 
Fig.  2.        allerdings    in    etwas  modificirter  Weise,    angebracht 
war.    Es  waren  die  beiden  Halbkreise  des  Leuchters 
zu  einer  Linie  verschmolzen ,    die   dann   gewöhnlich   horizontal 
oder  leicht  gekrümmt  war.    Auf  dieser  Linie  standen  fünf  senk- 
rechte kürzere  Linien ,    von  welchen  die  mittelste  sich  über  die 
Horizontallinie  nach  unten  verlängerte  (Fig.  3). 

Da  ich  mir  einerseits  nicht  denken  konnte,  dass  die 
J  Muslimen  ein  specifisch  jüdisches  Ornament,  dessen 
l^edeutung  ihnen  bekannt  sein  mochte,  ohne  weiteres 
Fig.  3.  copirt  hätten,  und  doch  der  etwas  veränderten,  aber 
überall  gleichartigen  Form  eine  gewisse  Bedeutung 
innezuwohnen  schien,  so  erkundigte  ieh  mich  nach  derselben. 
Da  wurde  mir  denn  die  überall  gleichlautende,  aber  über- 
raschende Antwort  zu  Theil,  das  sei  »die  Hand  des  Fro- 
j)  h  e  t  e  n « . 

Von  der  »Hand  des  Propheten«  zum  Ornament  Fig.  1  war  dem- 
nach nur  noch  ein  Schritt,  der  Maler  brauchte  nur  den  senkrechten 


Correspondenzen.  3 157 

Strich  unterhalb  clerllorizontalliiiie  wegziihissen,  und  es  entstand 
das  rechenarti<i,c  Ornament,  welclies  dann  wiederum  in  belie- 
biger ^yeise  vergrössert  Averden  konnte. 

Der  jüdische  fünfarmige  licuchter  hat  somit  diircli  die  »Hand 
des  Propheten«  den  Vorwurf  zu  einem  allerdings  einfachen  Orna- 
mente geliefert,  dessen  Entstehung  olnie  Ik'kanntscliaft  mit  dem 
letzterwähnten  Zwischengliede  eine  riithselhafte  bleiben  würde. 


Beirut.   21.  August  18S5 


»' 


Fkitz  Noetling. 


Aus  Briefen  des  Herrn  Baurath  C.  Schick  in  Jerusalem: 

10.  Juni  1885.  »Man  beabsichtigt  die  Stadt  neu  zu  pflastern 
und  nimmt  zu  diesem  Zwecke  hier  und  dort  Nivellirungen  des 
Bodens  vor.  Dabei  kommen  gewöhnlich  alte  Keste  zum  Vor- 
schein ,  über  die  ich  später ,  w'enn  die  Sache  weiter  vorgerückt 
ist,  berichten  werde.  —  Herr  Sandel  hat  sein  Modell  der  alten 
Kirche  in  Bethlehem  nach  Berlin  verkauft.«  —  29.  Juli  1885, 
»Oberhalb  Gethsemane  soll  jetzt  eine  russische  Kirche  gebaut 
werden ,  zu  der  die  Pläne  bereits  angekommen  sind.  —  Der 
Pascha  von  Näbulus  hat  Streit  mit  den  Beduinen  jenseits  des 
Jordans  bekommen.  Es  war  nämlich  ein  Schech  derselben  wegen 
Geldangelegenheiten  in  Näbulus  gefangen  gesetzt  werden.  Die 
Beduinen  forderten  seine  Befreiung;  da  er  aber  nicht  frei  ge- 
lassen w'urde,  so  erhoben  sie  sich  gegen  die  türkische  Begiernng, 
die  ihrerseits  5000  Mann  Soldaten  von  Damaskus  aus  gegen  sie 
entsandte.«  —  25.  August  1885.  »In  der  Nähe  des  neuen  fran- 
zösischen Hospitals  (der  Kal'at  Dschälüd  gegenüber)  ,  etwas 
nordöstlich  von  demselben,  bauen  die  Franzosen  jetzt  ein  Pilger- 
haus. Das  neue  Aussätzigenhaus  in  der  Rephaimebene  westlich 
von  der  Tempelkolonie  schreitet  rasch  vorwärts  und  soll  vor  dem 
Winter  noch  unter  Dach  gebracht  werden.  Das  bisherige  in  der 
Nähe  des  Mämilla-Teiches  wird  dann  entbehrlich  werden  und 
zum  Verkauf  kommen«. 


Bücheranzeigen. 


Oort,   Dr.  H..    Atlas  voor  hijhclsche  en  kerkelijke  gescMedenis. 
In  54  groote  en  kleine  kaurten  met  beschrijvendcu  tekst.    Te  Gro- 
ningen hij  J.  B.  Wolters  1884.   40  S.   40  Tafeln,  gr.  8. 

Die  ersten  22,  resp.  23  Karten  erläutern  die  Geschichte 
Israels  und  der  Juden ,  die  folgenden  die  Geschichte  des  Chri- 
sten thums  bis  zur  Gegenwart,  mit  besonderer  llücksicht  auf  die 
Niederlande  (K.  XXXI.  XXXIII  — XXXIX).  Zwei  Karten, 
nämlich  XIII :  die  Juden  in  der  Zerstreuung  zur  Zeit  des  Antio- 
chus  Epiphanes,  und  XXIII:  der  Osten  in  dem  ersten  Jahrhun- 
dert nach  Chr.,  bilden  in  lehrreicher  und  anregender  Weise  den 
Übergang  von  dem  einen  Thema  zum  anderen.  Für  die  Leser 
dieser  ZS.  ist  die  Behandlung  des  ersten  Thema" s  von  besonderer 
Wichtigkeit,  und  sie  verdient  ferner  aus  dem  Grunde  die  vorwie- 
gende Aufmerksamkeit,  weil  hauptsächlich  in  ihr  die  eigene,  von 
älteren  Vorlagen  unabhängige  Arbeit  des  Verf.  niedergelegt  ist. 
Wie  zu  erwarten  war,  hat  O.  seine  Darstellung  von  den  traditio- 
nellen Annahmen  frei  gehalten;  er  verzichtet  darauf,  den  Zug 
der  Israeliten  aus  Ägypten  durch  die  Wüste  nach  Kanaan  auf  die 
Karte  einzutragen  (S.  5  f.)  und  setzt  die  Vertheilung  des  Landes 
nach  Jos.  13 — 19  nicht  an  den  Anfang  der  Geschichte  des  ^'ol- 
kes  in  Kanaan.  Vielmehr  suchte  er  aus  Gen.  49  und  Ilicht.  5 
ein  Bild  der  ersten  Besiedelung  des  Landes  durch  die  Israeliten 
Zugewinnen  (S.  5 — 7  und  Karte  III.  Seine  Darstellung  gleicht 
der  von  Stade  in  seiner  Geschichte  Israels  und  dem  Unterzeich- 
neten in  G.  Droysen's  historischen  Handatlas  gegebenen  fast 
ganz,  soweit  sie  den  N.  des  Landes  betrifft,  zeigt  aber  im  S.  nicht 
geringe  Abweichungen,  die  zum  Theil  darin  ihren  Grund  haben, 
dass  O.  diese  Karte  auf  die  »Zeit  des  Barak  und  der  Debora«  be- 


liücheranzcigen.  ;};}f) 

bcliränkt.  Er  nimmt  wegen  Hiebt.  5  an,  dass  .Inda  und  ISimoon 
zu  dieser  Zeit  noch  in  der  Wüste  l^aran  bei  Kades  Avobnten  und 
von  dem  «Hause  Josepbs«  durch  die  Awwiter,  Amoriter,  Amale- 
kiter,  Horiter  und  Edomiter  getrennt  Avaron.  Erst  die  lolgenib- 
Karte  IV  »Palästina  zur  Zeit  Saul's«  zeigt  uns  Juda  bei  Ik'tbk'- 
hem.  Kaleb  bei  Hebron,  noch  südlicher  die  Keniter,  Jerachmee- 
liter  und  Simeon,  ähnlich  wie  die  Karte  .Stade' s  und  die  des 
Unterzeichneten ,  die  beide  allgemeiner  die  Zeit  vor  Entstehung 
des  A^olkskönigthums  vor  Augen  haben.  O.  scheint  damit  aus- 
zuschliessen,  dass  die  Judäer  je  über  den  Jordan  bei  Jericho  oder 
an  einer  anderen  Stelle  nach  Kanaan  gezogen  sind,  wie  die  nörd- 
lichen Stämme.  Meiner  Meinung  nach  mit  Recht;  sie  werden 
von  S.  aus  vorgedrungen  sein  und  von  S.  her  Fühlung  mit  dem 
eigentlichen  Israel  gewonnen  haben.  Ebenso  wie  der  Text  zu 
Karte  III  enthält  auch  der  Text  zu  IV — VI  (Saul,  Salomo,  Ahab) 
viele  treffliche  Bemerkungen  zur  Geschichte  Israels.  Die  Anga- 
ben der  Völkertafel  Gen.  10  sind  zu  einer  Karte  (IX)  über  »Is- 
raels Gesichtskreis  und  Weltvorstellung  600  v.Chr.«  verwerthet. 
Die  Vorstellung  O.'s  von  dem  vorexilischen  Jerusalem  vermag 
ich  jedoch  nicht  als  richtig  anzuerkennen.  Er  vermeidet  aller- 
dings den  Fehler,  sich  die  alte  Stadt  als  gross  und  prächtig  vor- 
zustellen, scheint  mir  darüber  aber  in  den  entgegengesetzten 
Fehler  verfallen  zu  sein.  Karte  XX  nämlich  beschränkt  die  vor- 
exilische  Stadt  auf  den  Kaum  zwischen  Tyropöon-  und  Kidron- 
thal vom  Siloahteich  im  S.  bis  zur  Stätte  der  Antoniaburg  im  N. 
Folgender  Satz  giebt  näheren  Aufschluss :  »Das  alte  Jebus  lag 
demnach  auf  dem  S. -Punkt  des  O. -Hügels;  David  nahm  es  ein, 
beziog  die  Burg  und  nannte  sie  Davidstadt;  sie  lag  auf  demZion. 
2.  Sam.  5,  G — 9«  (S.  25).  O.  erklärt  also  diese  Stelle  mittelst  der 
Gleichung  Burg  Zion  =  Jebus  =  Jerusalem.  Aber  sowohl 
Sam.  II.  5  als  alle  anderen  für  diese  Frage  in  Betracht  kommen- 
den Stellen  des  A.  T.  sprechen  gegen  diese  Annahme.  Jerusa- 
lem hiess  schon  bei  den  Kanaan  item  der  bis  auf  Salomo's 
Zeit  offene  ^Kön.  I.  9,  15)  Ort  auf  dem  SW. -Hügel,  und  Burg 
Zion  war  die  Feste  der  Jebusiter  auf  dem  SO. -Hügel.  Jebus  nur 
Rieht.  19,  lOf.undChron.  I.  11,  4  f.)  ist  wahrscheinlich  nur  eine 
gelehrte,  aber  irrige  Rückbildung  aus  Jebim  oder  ein  irrig  auf 
Jerusalem  bezogener  Name.  Eine  weitere  Bespreclnnig  dieser 
allerdings  vollkommen  neuen  Rekonstruktion  des  alten  Jerusalem 


340 


Bücheranzeisen. 


c-*- 


ist  an  dieser  Stelle  unth\inlich.  Doch  möchte  ich  O.  noch  darauf 
aufmerksam  machen,  dass  eine  quer  über  den  SO. -Hügel  lau- 
fende Mauer  (K.  XX)  für  einen  Kenner  des  Terrains  sehr  un- 
wahrscheinlich ist.  —  Die  Karten  sind  nicht  immer  genau  und 
gleichmässig  gezeichnet,  das  Terrain  ist  durchweg  zu  skizzenhaft 
gehalten;  auch  sind  z.  K.  auf  K.  IT  »Natürliche  Bodengestal- 
tung« mehrere  alte  Fehler  wieder  gemacht  worden ,  trotzdem  die 
grosse  englische  Karte  von  1SS2  benutzt  -wurde.  Man  vgl.  nur 
damit  die  dem  ersten  Bande  von  Ebkiis  und  Guthe  Palästina  in 
h.  und  W.  beigegebene  Karte,  die  unter  den  kleinen  neueren 
Karten  die  beste  Terrainzeichnung  darbietet.  Die  Seeküste 
zwischen  Akko  und  Ekron  war  doch  zu  Saul's  Zeit  schwerlich 
israelitisch  (K.  IV).  Auffallender  Weise  ist  »Akrabittene«  auf 
K.  XII  an  die  SW. -Seite  des  Todten  Meeres  gesetzt.  Der  Name 
Safed  kommt  schon  früher  als  in  der  Zeit  der  Kreuzzüge  vor 
(S.  24).  Auf  K.  XXVIII  vermisst  man  einen  Plan  Jerusalems 
während  des  lateinischen  Königreichs,  der  zugleich  auch  über 
die  Lage  der  Grabeskirche  die  jetzt  ganz  fehlende  Auskunft 
geben  könnte.  —  Ungeachtet  dieser  Mängel,  die  vielleicht  zum 
Theil  dem  Lithographen  zur  Last  fallen,  giebt  der  OoRx'sche 
Atlas  eine  treffliche  Anleitung  zum  A'erständniss  der  Geschichte 
Israels  und  kann  desshalb  allen ,  denen  es  darum  zu  thun  ist, 
warm  empfohlen  werden. 

Leipzig.  H.  Guthe. 


Berichtigungen. 

Auf  Seite  174  dieses  Bandes  Z.  8  lies  »mich«  statt  nach. 
Auf  S.  175  Z.  6  lies  Argula  statt  Arguta. 


Druck  von  Breitkopf  &  Härtel  in  Leipzig. 


Boiliige  zu  der  Zeitselirift 

des 

Dcutsclien  Palacstina  -\'oroIna. 

H(l.  VIII.     1885. 


Idrisi's 
Palaestina  und   Syrien 


im 


arabischen  Text 


herausgegeben  voii   J.  Gildomoister. 


GEDRUCKT  BEI  CAllL  ÜEOEGI  IN  BONN. 


)*A 


a  nescio  an  verba  quae  Jaubertus  hie  praebet:  Mar'ash  ab 
al-Harünia  diei  itinere  abesse,  mea  culpa  exciderint ;  in  C  carte 
non   lecfuntur. 


-ö' 


Errata.   P.  i^   v.  1 9    lege:    [Uä^.  :<JL>-y)  oa-oi]   ^c^^,    l\.       P,  1 


not.  h    lege:    Pt    ,l.üi*s.     P.  it*   v.  4    leffe:   ^JLi/!. 


A  Cod.  bibl.  nat.  Paris.,  Suppl.  893,  scriptus  a.  7-14  (134  3 — 4) 
in  Hispania.  —  B  Cod.  eiusdein  bibl.,  Suppl.  892.  —  C  Cod. 
bibl.  Bodl.  887  (Poe.  375),  scriptus  Kähirae  a.  860  (1456) 
auctore  Dozyo,  sed  auctore  Urio,  cui  accedendum  puto,  a.  960 
(1501  ineunte  Martio).  —  Cod.  D  eiusdem  bibl.  884  (Grav. 
4  2),  a  quo  clima  quartum  abest.  —  De  bis  codd.  egerunt 
Dozy    et  De    Goeje   Afrique   p.  XXI. 

R    Editio   Romana   anni    159  2. 

E    variis   lectionibus   paueae,    quae  inutiles  viderentur,  oraissae 

sunt.      Nee   ubique,    cui   codici  quae   assignanda   esset    lectio,   certe 

diei    potuit,   unde   ex    silentio  nihil  velim  colligi. 

Alia   quaedam   ad  eriticen  speetantia  supplenda  sunt   ex  eodem 

capite  in   vernaculaui   converso   in  Annalium  societatis   ad    exj)loran- 

dam   Palaestinam   conditae   voluraine   VIII. 


ö.ajLo    näjJw«      _>.    A,:>iÄ*«    Ä^JtA»    l,j.jJU5       ixXA-!.    (»j'ij^»  i^^'ö   CJ^Lcj 

Kä^LasJ!  .<^w^:s-    a  Aäxji    Ä^Jui»     ,  4,^>iÄi^    _^u    sm^a  ä_-aÄä   LijJij  ä,*i2:5^Cy« 

.buÄäJi    ..1-7 .c   Q^     .-^^j!     s^i     i— ^^t    (J-»    i^^j^j.    iL>".Ä<.^    sUxiflj     v_i_ÄJ' 

8       Ka-iJw        J.1       l'^J)       ^NAX^      Q-l»  ^wXU'         ij»*^.      J»*^ÄÄ      J»*>       (i»e        .^AiS» 

10  f^S^     j^J     OAr^    iX!      ,_fcAi^    O*^"^     '^^     ^-t^-t^    Ä.l>>^  ^_j.AaÄ>3    ^•j*2> 

^^  Lj.l.P\    'r^-^^     J'-<_;-'^     '-r'^^^     ci"''    wv-S-ij'^    0':t-    "^3  J-^     '^    ^^=="1^ 
o!,L.i=".xj|j     U.iAji      ^AA:lÄJ»      ,vl».*«I      LiJ»     Ä.ÄAAi;>      ,t».A~l      '•♦••r'»      -».^-5    i5 


20  ^i"  .^i».  ^*.A  Uj.  L^iU^i  J.  ^U/c  If  (j*LiJ  jjj*^>  ^i'  iUi'LaJl  Q-, 
J.>La«  ^J^£  ,*•*'•''  lJ^'^  lA"-*^^  O*^^  t^^^iiAS"»  1^*^-^^  ^-^.^-^  ci^J'^; 
^i     .._».Aiii     sÄP.         J»^-«^    "i    io^j^ÄJ^"^'»    ijA^-*J    O*"^*^^    '^'^*         .-^^^j' 

25  y<»L*j    J-i    ».j.  .iA>L-<A^'ii  ^-p      J.=>LAJi    d  J.    JLj  (i»c    L^b'  8l\P    (jo»*».b 
a   A   AA«-i       b    codd.   oLAÄiJi      c    om.  A      d   oui.    AB 


öcXcii'    '^.   -**^^*^  ^r^5;   t-jU/o»    .=>b;^,     -»U«.!    Lij,   oLäJ(    '■i,Xi  ,i 
^  L^i^^  c);-^''  ^^■'">  ^J-^jr^^  c;^^  u-b*  -^'^-^-^^  -v:^3  ^jr^'3  cjL-^* 


>•••  ••     '-^      ^  ••  L5    ^       ■■  ^ 

1.^/0.    l.£.^r.3t    I*.aJLm»     L^ÄamL^     !».^:    o!.ai    1;ia1.c     i^A^xj    ^»J!    ,.,!    .^ 

i^jj       L.ji    i!i5vjL«  j  ilr^LA^    XxäAAaJi^    iü  fcÄAwjS    ,L*J«:^i    -jL*«»    r»--^^*    ''_?-^ 

iCÄ*ksS>     ,  -S'fc      ,  ».AOÄ/a     ,-«*as>     ,  ^♦a<vo     ä-xiA^     Ä-Jj^/s    ixAial.^»    _bLi.*^ 

^^jNj»    l-iAAjj    ii^Jtc  KjLas!»    -aa5'   k_^A2>    Laj^    l5;'*    "^-*^"^*^!  '■r'.J    ^j"*-^-* 

..a:2:>    y^5         ^xx   jj^.-i.£5     tX.i>l    (jLj^'i!   Q.»    (C'^^     xl=»_^     _b''.'i;».*-ii 

XäjiA/ü.  t**  i3*aS»  ri'^t^rJ  Jsl/i^.*^  v^l  ^^aÄ/1  q^^  ,»1)1  iCA*^♦,^>  iyjiii.'«  c-'  ^^*'* 
.  ^^»v  .-Ji  •>*«  LaaJLc»  ».Axf  ÄX=>,/fl  oLäji  (."^j»  LtÄAj»  ö-y^  ^^kXa 
iC;.AiÄx    (Jl^t^    ä.j!j>    oKL^"^     f  ä-xc   ,  •[j-**5   ^r*^*    '^^•'^    T-^y'  *^  '-'^ 


a  om.  ACR  b  sie  oranes;  fort.  leg.  ^^^y^  c  sie  omues ; 
leg.  ss\y^\  sive  iCcIjJJi  d  oniissus  est  locus  de  Euphrate  e  AC 
iwLAa^x      f  A  o^^ic  et  sie  porro 


fo 


b  liÄO.5     ».^ 


> 


J-^^ 


^J^  J    LÄ^wVs    1*5'  xixJL::*   xÄjwX.^  Is.Ai'LlaJt    xÄJvX*   ,-.l   J«JiJ»    «.:>.i» 
^  .......  •■  ^_>       ^     .•    (_^  •  ^  > 

XAjJ^i       ._J.-WkÄ'S^      >~e*-5^      li-U.£5     \_^/.»^.Ä.J      KÄJuX.^      ^jywk^^  ^U/O     QjJKJ^5 

.J.r:    ^j    O^^^    ^^^*      f*"^    ^    ^Az5      ^.^^>    ^j.*v     U^ic    ^_._,!^^    li^^J 


10 


(_w.l3     w^^Jj        "•LäÜ     ^^      /  iJ JjJ^    wÄaO^    (J.C    C3^  -7=^    >"*^     ^^     ^J'^S 

_».^^   UjL)   ,Jsc   (^-^:    idjji  j^l^   (J^^i   '^J^  jj-^   ^i^^^   e'^'jlAML>5 


a  CR  te!5ijÄ5'_j  b  Sequitur  itinerarium  Constantinopolitanum 
hie  omittendum  c  om.  BC  d  C  ^^P^  e  A  qIawL?»^  f  B^-ylJOl; 
C   -AixJ  j      er   AB  l->*aäa«  1    C  vjlXäxj      h   C    -«.Awj      i  B  (väaxj      k  A 


rf_ 


C!*^^  J-^5    •^t^'»   j-'-^=    KAs^4.i-     oUaXJ!     ^^='    J.i    (.n^-j'j    05*^^    i^-? 
^;;^j'^>  J^^J»   S^f^^^    Ä-AJl^j    ._AäÜ!    ^^l'^^^   A'     '>>*'»•        Ä.AAi.Xi.JI      Ll2s"b'l     .il*~ 

C  .•T'^^    U^^:^5    ^^!^-*    r'*^^  ''^^^    ^'  L/^^-^    C-'    ^•«^■»    ^^Lxx     .,,,^£.    lC>-.^3" 

Kj^AäKaaI  ^J.,^  ^Ai=>^  oMc^   ^*^   ?yS)^  Ki-if^   *>^^  _,i>>Ji    J<=^^  (js^t^ 
Läan^xLc  KaX)*^1)    l\-c2AAjiil    ^m\^       ^Laxi  ^j_jjtj.|    ÜAiA^ilS  ^!  io^i-iAÄ^C«.!  Q^ 


10 


g  i<i.AaÄA!    i:»)J5    i:/:^ J^'*'*^    L^-fJ    f  LaJj^^  (w5;-^'^'3   ÄAaAAaU   ävA.=>lj.il   NÄJLXii  15 

^A^        ./iXc       Uii       ..^^Jl.       ÄAiAAail         /.JO,         -.J?       .<^      ,t       «.ÄAt       ,.,    ».Ui         .,A2=> 


i^.jLaÄaj!    'N^-a.:^     ö.LiÄ's     >>>ii-c^     l')^'^"?'    "'^■^    0.5"^    SjiAis    (3     ..LifS*«'    -^^ 
1\a5  Liail     J,l    L\j.:     (j%.c    Q^»    l\Jl:>.^    Kj.  ;    j^-^-u    vj.!    Ka^aa^Ü    ^^*    ;\).=>^ 

a   addidi       h   11  (j«^sj5;    supra   \j^i^   benc       c    C   add.    5^*'' 
d   codd.  (j^l^J;   R  (jaIaS  et  ,j*^aS      e   oin.  AIj      i'  AB   *-Äj.äi  ;  C  Llj^-Äi 
g    Olli.    BO       li    fort,    addendiun    ^i?» 


10 


fr 

XjLrl       3>!C       ;\.>Lv^;>        3_-kiAj5       iCÄjA/9         -.^»       J'ui>,<l        S.^E       .^^^     [i^C      '^*'> 

-t:..  .  j  ^       >      ■        ,/  •     L.'"    ^  *^^  •  -"    > 

ÜAi^Lbil      .;:i     5.ÄJ     jCjuXj  ».awJL.     bLxx     .^c    Lii'     .i^Ol.     iö.S  Luii    i-nj», 

Ljjj   /  ^sifi'  .jiA«.  likä^ii  oLä>.  (^jIawJ;    *'-^^   )>'***^'  l)*-^''-^  iJ-j  W*'^*^ 

.AAi  .A:i>»  xäJ,/)  o^<L*/«.>  Ksslj  0*c»Äa3»,  a^i-,  ...la/o.  swoc  ,  »j».**! 
p  ,j;LÄ*-Jiwjl.  ^j'UxJl,  >3La15.  XJU.A2il  V_jLAiJl  ^^  L^J  J.>v»  ä^Lbol^.J^ 
q  JaJ."iLi     i^-f^I'     v-Jj-Iaii     lP,^i    J^c    ^^^P^  Uii  Lii    L03,   J.LtAAa'ill^ 

^'    ,jo*i^     .♦aJ     -^J.aJI     ('^■^.•^  (4H'^-^'    {J^r!      ^•♦~*     /  ^-^XlO    iJ^S    Q-.  \>yS^ 

,ii^l    .i    KJiAjfcAfc^Jl  v«Jfc;;:S^   ».^kaöaS  \^^Äil  ,t/i  ,  c.^'.    •.^«    -^.aS    t  ^..äJ. 

|Ä?>     jjwC.     Ma/«    ...^,Xi>,C      ~?jÄii     (j*/|.     J«*^     C-^     ^^^Jj''***'^'     CPi         (^'^■**J^' 

^,.^*_^      IlX?       Q-,»  ^^^j\       OMj     ^.i>l_.       Q^"!)i      O^b     J»l      ^*^_.      ^^aS        yO       J.A^ 


15 


20 

-1^ 


a   A   ol.A^.    ^^i^      b   AU  .^1    ^      c   om.  C       d  C   add. 
'i.*Jtjo   X.A»A^=>      e   A  .  ^-w-^      f   C    ä,Äa>a>  et  l^J      g    Kudania   5Öü^.^ji 

h  A  add.  ^^\  i  A  :<-ot\.*.5  k  C  L^*ä;>*  et  LfÄ*sj  1  AC  LfbC^^ 
m  A  add.  .  ^^^^  »  -(^  ^'^'^  ^^  C  wÄaLij-,  A  v_ii.Al_i.^  p  C  jjr*^*.tAJ'; 
All  (^J^-wJwil  q  oinnes  JaJj"ilj  r  C  q^  r  L.^U.i;  ^^  A  in  marg. 
t   jU.xi>Ji    -.%a3    A    int  er   versus 


ri* 


o 
er 


^^ij^    3-^    /i/ii./<^    Q^»    IvjoLjI    c  oi-^i    J»*aÄj    ti5LÄ?_j    -»j  ;\Ij^iJl 

Ä,M^^i>    y5s.JÄ5    qIo^j     j^^äj    lA'     xUJi    Q^^     |.Ij1    KiJLii    's\.aJ\    ^I    JCj-kL» 
l^./.Ii'iii    Q^    ^ja^oLisi    =;i>.     ««a^oj    Lo    J'J    ;ji2ÄJl     f  liÄ?_«     l\JLr>>)     .._».xij. 


%^ 


yt  ^.libt  ^  ^w^lh  .^4  o« 


(_^».U-üj    (JN;J»  ijLA<t    iCxiL^j   y^LAÄb    \Äj^v.xi   J^l   _^ä_L'    .,ali::>  q^.  ü^x/sI  jh 

c^O  U2jl      li  Q,  g  L^J»      S.CCi^yO     B^X>0     I<ÄJw>~«    ^_w'LAÄL)»    JwA^I     '"^J^  ->^i'^ 

a   AC?  S;U-*.Ji         b    D    .v^^*-:uIL.      c   A   o^^Li       d   lejT.  ^.,V^ 

e    A    J-^L-o  1"   leg.    IlXX^.       g    C    L^J        h    C    add.    .    »t_j.«."!)l  i    C 
oin.  _j.:?^ 


H 

^-?^^5       Q^Ää,M■^C       »^_».i5       KiXw-j-gg      ^Jj'^j       ij^^^^       ^)>^^     *Hl^*^     '')_>^  5 

iÜ.j>\^^     LJ3-wVj    ^     Kä-w    (j^*J)i    J.Aji.«,l   J.ÄJ     LiAJ     h  (»Lp    jjSJI     ;j:^,'^'' 

J».b.     fijyXi   j.    |«.^-Lxi    Ar>|     obj!    "1).    Lu.i    UJwXj    "iu    c^-t^J    J^l    i»^!   "^j 

W6jj^   ^Vjj         j,tj!    üÄA«    Q^    L^'    ^xXJl    (jr^l     i^^    ^_fi^•!i     u^ar^VÄJi    iJvP 

^jjA-i^   x-oAx)    LP^^Lj  ^  I5  ^;)^"^''  äjj-i    (V-^-^'  k 'H^  O"»  c:;^**J^ 

15  '^j^^ ^  q  •'^t^-i»'^  ^^^5  O^"^  P  f*""^^?  cLSaJ!^  y5s.Jl«j  iJ^S^  KbfciJl 
ö,_jj^  üaÄÄaJI  H.^J  .  tiiAxAj"  b.^fci^^  c:j^^j  5.  %5^  ^j^z>  ä.  «,5  »  |^JIj5.Li! 
u  -«J-A^^  3,  ••^-  t  -LfiI.AJ(  »,  fci^»i  s  s-^'ub  ä,  4.S  ►  .•.'^'»•^=»  »1  *^'!  r  i-Ji  *•>• 
^^5         ^^j'-r'J     W  5.A2J.    äL^Ji    »j  jJ  «)      .mL*^    "^yy^ J>     V  ^— ''^     'J'^^     )^*^' 


a  Ibii  Kluird.  rccte  ;<aa=>J!,  scd  sine  punctis  1>  C  A=>- ; 
A  il  ^3  c  CöcXj^^aJ!  d  Cj^Avt  c  B^j^Uac;  A  qUc  1"  A  i<5^i 
g  u^^'j?  h  A  «b-  i  B  add.  J^l  k  ABC?  «;;j.J  1  A  ^>^>. ; 
D  ij~-Ä:i-^;  B  ,j*^x:>.  ;  G  j.^r>  ?  sci'ipsi  ^_^w.xA^>  Yak.  II  201  m  sie 
IIhi  Khurd.  ji.  72;  A  J.jI.^.-a:>,  ;  I)  J^j^t J.=>.  ;  ]}  J^jl,cVi>^ ; 
^  J^:*'^^7>  11  15  x-^^j.*~. ;  I)  l\A«j..«-5  ü  AD  L^tj._j.5'  p  C  lFjI; 
q  sie  Ihn  K)iurd.,  codd.  aJj-^  i"  Ibn  Khurd.,  codd.  Jj.:?-  s  B  \.9\h\ 
AD  t/lb  1,  Ihn  Klnird.  ,  ^iJi  ^IL^.  ULJI  J^Lb,";  '  u  B  .,j.x> 
V    Ibn  Khurd.,    codd.    v^Lb Ji5  »       w    A    '.^-oj» ;    B    L*a:3.  ;    C    ä-^axi!.? 


U-'"  ( '  ■■         -^  i^r-y.         LJ-->  ^l_fc_7 

^5>^  oi^jl  »jJi>  ^..i^i  i5  Uä^  ^Vj^  (j.^«=r  l:;^*^^  jj^  ^^  ;-^' 
ol3   xäaä-o   X.aPL^   '=LäaJ1  KiäÄxi   »,»,♦*/<!   »,aO   jCav^aä^    LiAJ  ».aaS'  ö«ji>>5 

Ko.s  ,  wfcAw-ioiljj  *»g.A^i-X<-_  U.Ä»J  0»ii  tA»j  (j-i  L\/oLaäJI  "^'^  i.i>.«AJi 
,  waLI-I^I    1^7^    liJsJLXi  5    J>>-)^    i^w^i»    ,'j^aO    ^f.1    ^Jka.♦.s>•    Q-»5  ULa4.^>  >"' 

«■  Mö    e-i    1'  \a/9^    l\Jl;:>»    äaÄaaJ^    ^5    >>^^    \Jl:>.^    e  fj^^iJ    c-'    \Äx!.    »^ic 

a   inserit   C  :    ^^»  X-Ai  ./j  ;\.>u>-V./s   J^jLäj  äjJjr"  ,  c^»»  ^'5;'    i^-oA^c^ 
L/'J'^    er    (sie)    c^;^-^  J^^    '^'5;'    ^^^j^    OH?    k-*^i  j^"^'    J.:>U   J.c 

^.^.j^Ls   ^jI  .ajjLJi  ^li  j.  ^iy":^!  (^^jI  er»  c>^'  »i-jj^  »v-'^^» 

■i2.i>  ^Ull    ^Xt    L^JlPl    J^äXÜ   KaS^.x   KijuV-c   AjÄi»    LfJ  ^^4   "i    ^^\  ^^9, 

^.-CiJl  '"^^■^  er  ^•t-?")'^  l5'-^'^'  Aa»*J1  »^.a2*^  iuVJ  5  1)  A  o  c  in 
uiargiuc  Cod.  C  (et  D?):  »fcAv.}Cil  ^<;.fw,j  3j.^^il  aJ  JUj  iJ^i-U'; 
J,i>Ü  ,.,Li>  LilaS.^.  .aäJI  ,i,c  J.J  ,ivc  aL  ^5  --  *r:"^t  ^  Ac  (sie) 
K.Lfc£  JL  ,  «ÄJi  _^l  J.  \*:2jlf  («.AAiLj.  -.  «.clil  ,  ff,-AO  .^iJl.  .^jJLmaÜ 
/  i^^O        d    1)    KAi::>        e    A    ^y^'^'-,    1>    PJ^J    Il">   Kliurd.    p  ^aj       f    A 

Ux^3  g  sie  B  et  Kudania;  C?  i^*'«-^ ;  AR  ^^Äav^  h  1'.  leg.  iwÄ^^ 
i   addidi      k   D?   »^io    ^aj^X^o 


li 


•L^uil^  (j%.L?L^j.  xJixix^  l5-'^  ^^"^^  ••^■'^  '^'•*^^  g  ^^\  ^1  -.iA«  '*^'»j 
-^l**"!)'!  civA»  ^3  v.j/N.Jli'^  iwujüi  i.'  x^'Lail  i  ^-/.l:^  "r'^'^i  ^;:y^  li  ir-^l? 
o^!:ixJl  tLuäl»  o!c!,J  .^j^b  L5>5^v  L^jis  I  v_^JIäs  U,.J'  j^J!  ,ij  I  ,« 
UJl:>J^i  "^  :<,-^JLla<«  J^      pl4i.Ji   ^^A^^   O-^^-    'L*-^    '^  Cr»  J»-^=5    '■^il^^j 

ä._^o    &JLt  ^y:^    ;\AiLt   JajL>  ^5^   C>,!j>  vi^A^^  r^^j^'    t'°  jJ*"^-    v^^-^' 

(jviiil      .^^^.     kl5Njii     ^    Y^^     CjJl-vv^/C     »t      e   »^/ö     ^j^A^Jt     "Izi-     iJ'i     IwlJ^C 

c 

-aII  q^    -a^  Z^**^^  »A:^*w/«  Lgj^      m  ^ÄA^-Ji^    .i^il  Q,   .aam.aJLi     ^ft>^5^J 


a   AC   j,      b   B  x*jo      c    C  NA2Ai>,      d   CD  ä.L/io      e   D  -^jtj 
f  V    -Loi;!      g   A  Nä^i      h  A  ^LiJ!^     i  ABV  ^JU:p'    k    om.  A    1  oni.A 

in  A  ^ä^'^  n  C  in  raarg. :  X-ol\/3  ic^5  öu-s-  iCxjA/J  ,5^i3  Jaä/wt 
ö^Xj!  q>-^'  O"*  (5^^  i!CX:>./o  i-^'f-'-Aj  ^AsLxJt  ^..jvAii  .^äJ!  ^&.  Ka>wJ>- 
{■■j^A.M*     5.xii.     ■•;^/«.A«     KajuXxi    ,_a1>-.    öL».:^    (.ro    L^aS    li^^Xi  »     oI.aÜ 

Ui.^!    1\1j>A/s    .aaS'    ^x\.Ji    ,.,U*>ii    3.«/fl  Lol.      otw^ü   ^ii    A^l  jJb 


g^LLiji    JCÄjvA/i   ^jläj^   U^0[*    tj^  _k^5    lA:>    ^xa<o  ^^-o=>   ^^^    Juxit  r> 

ö^,Jj=*      l^Jt     J     V^^lJi       s^.Jj>      UJS      J''     ^^^i\      i5j^;>      L^JI.      XjLi> 

Ka*«»^  ^-b--^  oJ- •    '*^^J  O-^^   >^T-^   ^j.c  ^^i>-.    :\i*i    3^.^(c  jj-AXAS  10 
_^>*.i    (ji2«j    Qi  ^•f*^*j    o.Lääj    ..j^A2r>  Kili  ,-)j.4>-  ^«^^  -Li-w;  (3» 
(«jjläÄj  .  ^^»1  j»L*A>  ^:j*^-*  if»^-    viAJLiJl   ^Aa=^^   i  XaajLi    .^i   , <;.f^*j 

(jlijj      L^]^      XaJ(c     k  l<«JlJJ     ,i>£.    ,;5^i>     ^•&^*^     3>    ^'^>    ^^-^^    J»^^    i3"*r* 

cL}   Q-»   ^^j.xc»    -a-«»Laxi   UJl^lj   oI,L^äJ^    ä.AAJ    /  ^J^^Ij   ö-a"!c  ,  c^;    -**^ 
(jvjLa^^j   L^j»   LiJ   /  ^a3^^    .L>  ^-^j«    ^^--^J  CT*   ^•■^^'*  ^^  c^   (♦•?•^j't^ 

cXff^      ^AAii>      L^)i.^{     U^*^;      T*•^^       '■•^^^^^      ^^^^'*'     ^-^    •■^^^    (J>J;  20 

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f  11  ^,,.5 J^!  g  li  LrJjJ^i^-^''  r^LT^^^^;  AlT'.^'AjJ:  C  (_,«,. ^,Aj^^j 
li  C  iU^-wLi:  li  Ä-ÄxiL«  i  A  xa;waajLi;  C  na«*Li  k  If".  ;<»ij  1  ,  c^5 
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|...f^  ^^[^j  ^l-r^-^^  Kä*vI^  '8^_»5'  l^J^  t:;^*^^  j^  er  jj-**  ^-^  ^.>:^31 

10  J-x^;    iL*wjl     L^»    jLi"^!    »Lya    Q-.    Ui5-|    Vj-^    ^^'   J^^    *^    ^-^    U^:^5 
•  ,Ai=*     «.^5     J^'*^    ä,^E    ■•j^yij    O*""^^^    ^'  J^'        '^^   J'r^'i-r'    i^'^'J*-'^'*    Q-»5 

JLxxii    i\AJL«.j    j*LiJl    («..JbLb!    iCoA/*    J,!    .^v^ 

'  \i,  yo^Sl\»)  ^^_^:üjJI  y>^.^  (^  Uj5  '^^^r*  ^'^'^3  J^J^h  {Jj-h^^*^j  k-^5 
0,1  Ji,  ^iJÜi  c  ^^i  CJ^iJ^  *«-'5->^5  ^i  i«.ÄJl  ?^y'^'^*,  -^-^^^  w^/^s^ 
(j^  ^yüÄ^i  j^P_^  *.>.!  jobli  Q^  L?>l\=>1;  ^-^ii»  ^->y^  Lj^JI  ^oLiil^ 
ol.li^v;d!  v_i^>;./o^  g  Ji^=>'b'l  v_j»>i3^  ü.xÄx'i  U  Lfjiwi!  Jj„*.2äx!  j.UiJi  J.äL*x 
OiJl  JJi/s  LfÄjU.E  J,  iCjLi>|j  öj_fc,'<-/«  p^s^  0-^'^^  ^'^^  ^^'  «-jl-*i2Äj^ 
20  i  Ka*^..Ij^,I;    h(j«^xi!    ^i  0*^^-5   0->^^^'   0*^^5    iPj/ö   j.OwäJCÜ  ^.:>\^- 

a  C  l^J^  b  D  jjy.>^ii  ^L:>^..i;"il  c  ACR  s^M  tl  C 
^,*a^  \\9-  ,S^i»  0  B^r>U:  k  j_^£>-^\  R  ^j.^^  f  Cod.  C 
in    marg. :    ^^    iCÄJiAx    I^äj.    J^>..i>    ^.^    L^ae    L^i^l    «3»^    ^^    U~>^'j-^'i 

..jL*.».ü.    ..LLiL-Jl    ÄJ.J»  J.   (leg.  vIa)    aIa   \äa«  <A.>'^Äa!  ^xj'ii   sLij»  j-^' 
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X».cIaJI^  Ü^*<*5  K,*aaw  ö-AXA^il   ÜajAII^  _j.^5  K4.cl.AJ'   (••?'^=*    c>'    '^'^^      i')J-?"  ''^ 
i3   ^j»J    3   j_5«-X.i(     Oj.i,ü     T-^-^    ^^'^j^     oLxJ     .i5^1^     Käaw.:>    KäjvX« 

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0^jJK:>'     ,.,vAjt/i)     is.A5    .VaS-     LiÄx)     Kj.äv     UJ»    ä.*a>-1»     ö-aa5'     ä,L::s^    ,  4,am 
^l/iÄjt    O^j    AI    ,Wi^«     ^iXJi    ^Ä/<     „,.i^iÄAw.j»     0  5.IißiS    (Aa:s-    »^aL>  * 


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'^<w.>    UJt^iJ^    Iwl/i^Ji    Ü^Jl    ;eI  q^   ^j    ü^.r,    UjI^L^.    Kßslj 

ttX^  jjvc^    '-^>l!^  Q-»    '-jy^    J*^"-^H5    ^J'^'^^  i^  (  *'^.    *''"^'i    [r^'*'    O^^"^ 
10  .ju^^Jli  .AjLkiJi.   ^aKJI  u?.  cr^RJUI  ...LuLajI  u^^uc^ve  ,-m   LiJ  ,.,1  ti5>Jo; 


!<*««,'.,    bLaI!    öjic     ,L:^».^1)|.    cr^jL/MAjLi    KsA:?^    .LxAw'ii    üa^a^^*,    .•|fcA«ji 
f^io   Oj*J    (^^^i    C)^*"^    S'frF-    ^^'^'-^'^   l5^;    I^'^'    *^^i^    '-^•^       J_^^^ 

a  D  Kaaaa:>       b   A   w^jl.>\e        c   C?   UjIj'»U    LfÄÄAO   Ki-U/i.- 
d   AC(D)  h,^}.     c  A   ^Aib      f  AB   ^Ul 


U*'3  J5    '-^^^'t?    Loli-j     \/;:?.!    J.*^     ».».c     Ax/ol    ^o    ij-i   uVllI     lX*c    .-»ji 

^ifA  »L^Li  Kxa^.a)    ^ilLixis-   .jL-w.  b  L^Ä/«    •!ot->'»    l*^ö    \äaL)1«.I 

Ä,V>    ijoLo.    .x2;>    ^üwAjt  ;j.UiLi    J.x>    iöi    JIÄJ3    /  ^j^^^J'  p^j'5    iv.»xo 

...j.ff'L)    ^>L:^     (^^.■*-^     Jv..vw«.C5     cLII    «.aJI     «\äs    J>^xJI    J,I    vA^^l    (.i>üö 

i.n.ÄÄA«    nJL5"    *L/ixii    „l.i>    ^./olii    LX^'.^ii    lÄ^  10 

L-Jl_j.jt    L^J^    ^;V^c    (  4-^-<0    v.i>.aaJ5    K.aJLJ'LI»-    (»y    i3  ^^<^^    'M^'"-?-    Lf^-^r^ 
^5    'ij.L)    ijuxit    1    i^xiLoi     ä.j.,T.il     (j^;^'     U^-=3     *^A-?-     V'''^    ^r^     {J^ 

L^jf^ji   Q^j(   jLpl  »  L^^j»    oljUc^    .L>\^^   t>5^Jö  ji    (jL*-«!  i*'  lP-*^ 
.AXAoi^  v_jLAJi»,  ^Llßj  ,m5-/i  -j^.  I  -Ajj>l,ÄJi  v«jIj»  Ä^^Av^i!  v_jL.  Lcfcj  v^Li  1-, 

XjtÄAsJJ  v_^a:S^JI    ^^♦aJ?   ^vAxäÄJi     „IajlXJI^     ;:>-I^     -J.^:^    V^^'^'    CT*    ^!j^'* 

g  l_j.ÄA«o  *w>LAi  f  i-j.Läjj  |»^.J!  k>Lajo  ,«.jAj  ^'^^^t^'-*  ^L*nj  :\*Ai^E  iw 

J»a1:>.     q^     ._^LAv^Ai    •  .Id    JL+c!    (J^e    h  wä-^J»     rj^t'^'^'    J^-*-^'    ij*^''"*^-5 
"^3    |yAÄS>-    L^JjLxj    ^Ls    K^p»     ^«,L>^    X-^^aSaJI    wf^r^-^'    JU«ct    er*    CT.':-^^' 

a  ex  Ibn  Ilaukalo  adde:  ^j;^«.).-**^!!  q^'  j'«^;  1>  AB?  La5>J 
c  1)  ^U>  d  A  L^Jt  e  om.  D  f  C  Q^'^äj^  g  ABCD  J:-o 
li   A   (j/«:Lu^ 


10 


O^-P-       (i-^^     er     "-^^      l3»^-J      C5;J»       «A»J      (j'C      ^^J      j»-<l2C     (^.O^     J.jL5> 

5  /f'^  g  L5^y  ^-^j^  »j^^'  jf»^  f  ^-ij:^  jrP  k-^"  ^t^  i<53j«i^  J-i^^\  e  ^i'a 
lv\^3  •VP'C  .^J^  j^X-iXj  ,^i«  i  JuÄA«  .iJ^  h  ^_^wu'j  ,Aij  Sil!  bUi 
n  LfJ"iL;^*^c  ni  j^'->5^5  iCuAÜ  ^Im^\  1  oua^/o  *:^'^c  r«"^  k  LJ»,/iÄl  u^xi  -J*-^' 
o  vLä^.    0.I2ÄS    naXc^    ä-oAÜ    Ja^j     .^ÄÜ    !vA5>    /  4-^J^        jLio    o!^Äij 

p  vj^A«  L^A/i  ^,^  L^b-5'ö  ^_^!  äjO^"^!  .jI-w  LAi2j!  li^itXi'»,  y-^Lül  ^•&:^J^*=' 
L^Äjö'L-wkj^   L£s!j^!_5   LpULj'^   '-^15"-*  J>5  l5-F5  iCÄJLXl!  /•r*^ 

\Ä/o    L-JJ!    J.    !Aftc    äJL»    /  ip»!    "ii.     q  LoLK>!    \Äv«    ^ßj'!    "^^     skia     ».Ä/0 

./9^|^   iiii_j,5C^!    -^Ij!^  w«.?t\l!  ijk3äfc2ÄJ!    c!j.jlj    Läa+JLj    ^Ä/o  ?>-^r^    'j^    U'-^j 

v.^*^lXJ!   -:^»    t, Aas»  t!.C2Ü    s  iCxÄ-iJ!,  ^j^!  V—jLi    &>.s>lj  ,-«   »Aa^ 

Q-»   L^ji!   ijLäj^    8._».AiÄi!    (Aäc    uj!.;>j!    öj-»    ^^^    Ä.*.»i!^    t  ,!iA.^   L^Ä/« 

20  qK_^  QÜ'."b!  oL*£  (J-»  ii5_j.U  ♦5>vA*j  (J-.  Iaö  ^"  (♦.•iÄjJ  i^AJ  ..j_^4.^*j 
^Aif:  qL«J!  ti5sJJ  ^  J>.ÄÄS  i->^-^aM  ^!  J^ÄÄi!  ^'  *.^AiUo"^  L«/i7^x)  ^i^ 
vü^Jäj  ^  Q5,xs-  »wjL)  ^4-w„Ll    (A:>\Aw.i!  ^Li  (J.C    \a«!,    v*"*^3    --^3  o^' 

a  om.  A  LA  ^A^äÜ;  BD  &A.i=\flJ5  c  omnes  J.j!  d  D 
i.ÄfiÄs  e  L^^  f  AV  (^^-j;  B  «Ajj  g  A  «Aj.j  h  A  (jA-LiL; 
C  ^j^IjL;  B  u«IjLj  i  A  c^I^aÜj!  k  AD  ^Ä.-«  v— J},.^.«;  1  A  cjLäaa^axi; 
C  oLäaa^ai  in  A  ,!l\5!»  n  AVC  Laj"^Uc  0  al.  ;L>  p  A.V,!«.*«! 
q  C  üLx^!  r  om.  AC  s  ABC  X-Aäü^,  t  A  yv«j;J! ;  C  (^^^*Äi!  ; 
D  ^-^ä>Ü!;   B   (jxAAßaJ!?      u  B  j!^-^   ^a;;    A  jL^  ;    C  Qi^-?^^ 


10 


^^     SXjJ^A»!     C  '^^aJ      ,p      <K.SJ     \Xi-S.K3j     ^^*D    y^^    vj^A'«!     ä.Xi^C     *^>^.**^     li"' 

Lp.5j,l5   L>.A^i>  L^*ci_5  *.3l^s   '•^jc^^i   cLs^La,«  \.s>yS\^  ^.:i  '■•^^^-^l^   *1^ 
Kb^süLi    OJtJ    P;5ixi»    i3l>-:>    UJ5    cUj     L^^4.^|^     iAA>     iP-A^'l^     "i>U 

11  (^o!^  i3'*^^  (  i-^"*^  '—'Li  (^j^      /  ^.cc^^o  %A^^.  is.>.i::^l\  ^j,5  ^''^  ^^5  15 

/wLl>lj    ijh^Jm    (Sdi  5     iJ'l-A/«^      X.ili       N/iD.C^     ^x.^      ,/i.C     Lisi    *Jj>.-^^    ^NAAkÄÄAJl 

_^Li>  Q^  cvJi!  o^L  t  »jl 

a  C  in  marg. :  jU'-U  ii^^i"  Lpl  j*s.  >— '|/>  fjT^-^^  ;**^  *-*-J*-^5 
.,\J  cIvAa/o  ,).£  ,LX*Ji  u^UäJ  0.4.C  J  UÄiUj^r-  U-Jl  ^AÄ=>!  «Ai^ 
O^IaJI  ä^lv^J  (J^T**^'9  -*c  ^jM^  b  Kudaraa  qjJvAc  c  omnes  '^^*-' 
d  B  solus?  e  Ab'^U  f  BR  uSP^Lo;  A  b^Lo  g  U  IJj;  A  13^.: 
h  «.A^^.>  i  B  L5\5'  k  AHO  u^-Xj.  1  BCR  >.>Lwj.«  ^^  ;  D  ^.ai 
NiAM^.A«;  A  Laa«_j.a«^5'  m  K  \_y^'^\\  A  Ufi'  n  A  ^_c:>5l  o  A  add. 
kiSÜO  ^.Aff^  p  A  i^sA^  q  A  jLjJwJI.  r  C  (^^ij  s  B  nj  1  A 
^.j1;"bD    ;ii! 


J'^'     j_^>[j.*J5     (^:^'*^     C^     '-^'^äj,    y>LXJl    i_5A/«     »jL>    If-Plf-A    Q_*AC 

V'^^'-r    c;.^>it;^':5    u^^j^ä'i^^     tl  CT^^^*Ä«-ti     j-i'«    u*Ui    er    c  blJi 

5  ti5üo    Q, 


oUaa^^  v_iLbJ  L^il   txi   UJLp!  J|^=>^    L^jUoj   L?^jj»Lä/)  v^  Lsäj   ...A/a 

_^?3    i  J»<«.<Ji    o-b    vii^'    LäA=>^    o^->"    J^>L^'    (J*c    h  Lsas*    KIjvA/o 

15  J,i    Ua:>    ^j^3        ^^LÄi>    .J^=>L/a    c>.ii    U^-^aJj    'Vj^-^     X>i3.5      ^P    Läa=> 

clA<i2jl  ö.xiy  «L>,j!    ii*A«L   ä.AAi^   \\c    I<ÄJLX/a»  Ma^  ,-Oi.E   x-JL^5   ä.aa«»'^, 

qLo».j    iij^-*-'    ^5   xJCc    q-.^   _b^li>|    k    i-^A'-lJ^    O-^''  O"^^    15"^"'^    ^^"^5 

iiäAi?  ^^^c  o*^^*  C*^^  -^^^  ^"''  j^£    USl  ]  v-AJ jit  iij'^^^  J-5   '^^^  Q-»3 

20  j^lii-^    n  (_3^^[,*•^   u^:^J    v31-/.==-   KaÜ  j^^i^   ^.asI^>Ü1    ^XI  ^ä<^    in  -,^Xli    .^1 

iCÄ_JvA<^    J.)    .AtuÄjl  JüA«»  \^*^    ^^-^    ,^c    is.AJL4.ii'  (J-»  ».ci"    ..>^Jt    Ks/to  Ac 

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K^Alic    X.^AAi'    /M^j"^^  ^♦Aw_i!    i^oUJi    (J.C»   iJl-*'<S   '^^  e?>-^'_?-''  u'^?* 

— /^.'-      O'^j"^^    {ß^hi     U^tt^"-^"^^     ^  O^^J     '•f'^'^r?     ^^^H    C>.Ä.i:.     j«-M<'     ,^i>c 

^ääjAaJ     l;ol/    (jvÄJi    |._^/olij    j».oLw   ä.A.:>r:   ^%    w^A2J_J    ^JJ-^■iJ    »j*^  Cf'  ^ 


(^.aJu?)  c  om.  ARG  [et  D^?|  <1  B  arltl.  ,5.^  0  B  om.  .vo-^i  ^ 
f^C  Aas  g  om.  AR;  al.V  li  DR  J^^.^  ^  i  D  oUc  k  a"  ^jÜ^ 
(sine   ^öJ<jAä)    C  j^äi   ^J^.ÄÄJA/9 


J.cl    A^^^    L^ir    ^^"il    ^    ^^J.    j?j,^c     ~^\    c  l\:S\^IL>    ^^^^11 
Uaj»    ,j^jJ"ä!     (1  o^    ^-^    '<*-^jäj    oÄJl    ^^Lil    Jo^^;    ^1    8^j^ 

5  O'^-     l_c*^*"^'     ^S*     >^flA«.xi    Q,    ^.x^l     üxljjj     ^.^äL^    ^Äv^vw«      .^1     J\Xj 

J,LiJI    .jua^Ji^    g  li^äo    ii^^S    uWc    ^J.£  ^.jS-^/o  *L*ilj   oiä^xi   ^— jI.^I 

lOiiaii-    cLäj    (^.j^    iU^^    JUt":)!^    ^_^^t\it     t^oftJL    iC*A3.^    K^äJt    b js.^»  * 

wft-»^j    ,|Afl^   U^j'^5  ^^£  ^ftj.xi   c\>!j.J!     U«,|^   KasÜ    _b^»   J,    1  iCiAjli' 

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L^iaL)  Q^  iJj^J^      L^^''^'«  ij.  fcl^^  ^/i^c  iijioj  (j)_j.>^j    Ujcs.äJ  111  L-jjLä/0 

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*^^:^^    Lf^i    (j^Afli!   (j^J^'ii     »U>^il    q  ü.*.AÄ>vJ!     ;\AfiJ!    »js.?     v_jLj|   ^•;^ 

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K-wiAÄli     Ik  K.A*«.xÄ.<JI    »kÄ5>   J,,^   ,i»    ,.,  *.j.äj»    *»Jl    ^^t  Lax:    i  «vAib  15 

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a  A  jL>  b  om.  ACD?  c  om.  A  d  A  IAaj  c  sie  B;  C  qL^-üü; 
A  i;jLAv.xi;  U  qLa.^xj  f  A  )\^Jr  g  addidi  ex  Ibn  Haukalo  p,  3  4,18 
h  A  J.J  i  B  C>^C),a;  A  o^C)^i\  CDV  k  i;  ^ij  '^A'^\  A  j^^** 
1   om.  ACD?      m   A    Ä.iy./o      n    B  »;»)L:>*^ 


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teitschrift  d-Cgutschan.  PtLÜCstma-Tercini    üiLAIH, 


Tafel  iL 


Coliinüiariuin  am  Horiic  drs   bösen   Kntlu's 
bei   Jerusalem. 

Unlersiiclit,  geinessoii  igf/.oiclirirt    von 

BauraÜx  C.Schick  in  Jerusalem  . 

1884-. 

l.Plaiides  (okunbariunis. 

West  '-^icäiif. 


eo6rapli_AiistaltTDii 


WaCnn-i-Debai  I«ip«l^. 


Xeipzig.in  Commissionbei  K.Bacdoker. 
1883. 


Zdtgchrift  d.Dgutschen  Paläsüi>ayereim,Bd.VllI . 


Tafel  m. 


GeoeraphAtislalfvDii 


Wuönor*.  Dcbc»  Lfipzifi. 


■Lcipzig^iiCommission  bei  K-Bacdokcr. 
1885. 


Zeit  schriet  (1  Dfulsrhcii  Palastmn  Verfuis     Uü  Vffl. 


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Leipzig.xn  Commission  bei  £  Baedeker . 

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