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Zeitschrift
des
Deutsclieii Palaestiiia-Vereiiis»
Herausgegeben
von dem geschäftsführenden Ausschuss
unter dei* verantwortlichen Redaction
von
Prof. Lic. Herinaiiu Giithe.
/ €.
.o«
Band VII.
Mit 1 Holzschnitt und 3 Tafeln.
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Leipzig 1884
iu Commissiou bei K. Baedeker,
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Inhalt
des siebenten Bandes der Zeitschrift des Deutschen
Palästina -Vereins.
Seite
Nachrichten über Angelegenheiten des Deutschen Vereins zur
Erforschung Palästina's I
Personalnachrichten und geschäftliche Mittheilungen. . . III.V. XI.XXIX
Rechenschaftsbericht über das Vereinsjahr 1883 VII
Auszug aus der Rechnung über Einnahme und Ausgabe des
Deutschen Palästina- Vereins 1883 XII
Verzeichniss der vom 30. Juni 1883 bis zum 26. April 1884 für
die Palästina -Bibliothek eingegangenen Bücher, Zeitschrif-
ten u. s. w XIV
Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder des Deutschen Palästina- Ver-
eins XVII
Protokollarischer Bericht über die am 2. Oktober 1884 in Dessau
abgehaltene dritte Generalversammlung des Deutschen Palä-
stina-Vereins XXVII
Bemerkungen über Gaza und seine Umgebung. Von G. Gatt . 1
Das altchristliche Taufhaus neben der Kirche in 'Amwäs. Von
C. Schick 15
Die Pilgerfahrt des russischen Abtes Daniel ins heilige Land 1113
— 1115. Übersetzt von A. Leskien 17
Die sogenannte Manära in Tyrus. Von J. Gildemeister .... 74
Moabitisches ! Von E. Pryin 78
Beiträge zur Kenntniss abergläubischer Gebräuche in Syrien. Von
Jüijüb Abela 79
Beiträge zur Inschriftenkunde Syriens. Schreiben des Herrn Dr.
J. H. 3Iordtmann in Tera. a.n die B-edaction 119
Das Thal Zeboim, Sam. I. 13, 18. \ on K. 3Iarti 125
Nachträgliches zu Nabulus und Garizim. Von 31. Grünbaum , 131
Die Dreifussbasis von Nabulus. Von Th. Schreiber 136
n
Seite
Bemerkungen über Anthcdon und Muntür. Von Th. Xüldeke und
J. Gildeiueister 140
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen IV. Von
J. ff'ildeiueister 143
Heilbäder und Badeleben in Palästina. Von H. Dechent . ... 173
Jüdische Münzen aus Jerusalem. Von /. G. Stichel 211
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. IV Schluss).
Von J. Gildemeister 215
Bericht über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Palästina-
literatur 1SS3. Von A. Socin 231
Die römisch-katholische Kirche in Palästina. Von K. Schnahl 263
Verzeichniss der bewohnten Ortschaften der Kaimakamlje Gaza.
Von G. Gatt 293
Die orthodoxe Palästina -Gesellschaft in Kussland. Von H.
Guthe 299
Correspondenzen 306
Bücheranzeigen: Cunrady , Vier rheinische Palästina -Pilger-
schriften 65
Berichtigungen und Nachträge 310
Holzschnitt, Krug aus- Teda darstellend. • . . ' Zu Seite: 7
Tafel I : Das altchristliche Taufhaus neben der Kirche in Am-
■wäs Lithügi'aphie; . » 15Ö".
Tafel II : Altchristliche Inschrift; . Nach einem Abklatsch des
Dr./. H. Mordtnunm (Lithographie) » llQff.
Tafel III: Die Dreifussbasis von Nabulus Lichtdruck^ » 136 fi'.
Pcrsoiuiliiachricliteii und trescliüftliclie Mittlioiluns^n.
Als Mitglieder sind dem Vereine beigetreten :
Kinter, P. ManrKs, O. S. B., Stiftsarchivar in Raigcrn bei Brunn.
Loeb, Isidor, in Paris.
Lotz, Lic. Dr. Wil/i., Privatdocent der Theologie in Erlangen.
Durch den Tod verlor der Verein die Mitglieder :
Calinich, Dr. phil., Hauptpastor an St. Pauli in Hamburg.
Kalliwoda, Günther, Abt des Benedictiner-Stifts Raigern bei Brunn.
Lützenkirchen, Arnold, Orientalist in Düren.
Ihren Austritt erklärten :
Abcrlc, H. G., Secretair der Gesellschaft des deutschen Tempels in
Stuttgart.
Dlumenthal, Dr. M., in Berlin.
Boehrmyer, Immanuel, in Bönnigheim.
Dörr, W., in Bonn.
Gatt, G., kath. Missionar in Gaza.
Godet, Dr. /''. , Professor in Neuchätel.
Harnach, Dr. Adolf, Professor in Giessen.
Hefter, Rev. Dr. A., in Frankfurt a/M.
Krause, Alb., Pastor an St. Catharina in Hamburg.
Lantz, H., Rittergutsbesitzer in Lohau^en b/Kaiserswerth.
Ritschi, Dr. Alb., Consistorialrath und Professor in Göttingen.
Trumpp, Dr. phil. E., Professor in München.
Wehner, Kaufmann in Beirut.
Wiegand, Pfarrer in Schlieprüthen bei Serkenrode.
Herr L. Conrady in Miltenberg, Pfarrer a. D., hat am 27. De-
cember 1883 dem Expeditiönsfonds unseres Vereins als Reinertrag
a*
IV
der von ihm herausjjegebenen Vier Klipinischen Palästina-Pilgerscliriften
die Summe, von 5 4 Mark 1 U l't. ül)er\viesen.
llcn A. Conradt/ hat ebenfalls am 10. März d. J. im Auftrage
des Herrn Jul. hettbrck in Wiesbaden einen einmaligen Beitrag von
5 M a r k für den Expeditionsfonds unseres Vereins eingesandt.
Das weitere Comite des Deutschen Vereins zur Erforschung Pa-
Ifistina's hat den von dem geschäftsführenden Ausschuss gestellten
Antrag auf l^nterstützung der von Herrn Adolf Frei aus Zürich beab-
sichtigten wissenschaftlichen Reise nach Palästina ohne Einsprache
genehmigt. Herr Adolf Frei hat am 1. Februar d. J, seine Reise in
Triest angetreten und gedenkt Anfang April in Tiberias einzutreffen.
Der Plan des Herrn Adolf Frei hat Herrn Prof. Dr. W. A. Netimami
in A\'ien (Mitglied des weiteren Comite's unseres Vereins) zur gleich-
zeitigen Wiederaufnahme seiner im Jahre 1869 unternommenen For-
schungen am See Genezareth bewogen. Derselbe hat sich mit Herrn
Frei über eine gemeinsame Arbeit an den Ufern des Sees Genezareth
verständigt und wird bereits jetzt in Tiberias angekommen sein , um
die nothigen Vorbereitungen für eine sichere gemeinsame Durch-
wanderung der östlichen Ufergegenden zu treffen.
Professor W. A. Neumann richtete von 'Akka aus an den ge-
schäftsführendeu Ausschuss die Bitte, auch ihm mit Geldmitteln zur
Erreichung seiner wissenschaftlichen Zwecke behülflich zu sein. Da
die Zeit es nicht erlaubte , von Neuem das Gutachten des weiteren
Comite's einzuholen , so hat der geschäftsführende Ausschuss sich ge-
nöthigt gesehen, diese Angelegenheit für sich allein zu erledigen.
Von der Ansicht geleitet , dass es von wesentlichem Nutzen sein
werde , gerade die gemeinsame Arbeit der Herren Frei und Neumann
zu fördern , hat der Ausschuss auch Herrn Professor Neumann eine
Unterstützung bewilligt, ohne jedoch die in den Verhandlungen mit
dem weiteren Comite überhaupt für dieses Unternehmen in Aussicht
genommenen Mittel zu überschreiten.
Geschlossen am 22. März 1884.
Die Redactiou.
Personalnacliricliteii und geschäftliche Mittheilungen.
Als Mitglieder sind dem Vereine beigetreten :
Schrüiler, Dr. Carl Friedrieh, Pfarrer a. D. in Cannstatt.
Sieveliing, Dr. med. Wilh., in Hamburg.
Durch den Tod verlor der Verein das Mitglied :
Schapira, M. W., Buchhändler in Jerusalem.
Über die Reise des Herrrn Professor Dr. W. A. Neunmnn gebe ich
nach seinen Briefen folgende Mittheilungen, die der Reisende selbst zu
prüfen die Güte hatte :
Herr Professor Dr. W. A. Keumami ist am 1. Mai d. J. von seiner
Reise nach Spien wohlbehalten wieder in Wien eingetroffen. Nach einer
langwierigen Überfahrt war er über Athen und Smyrna am 20. Februar
in 'Akka angelangt und begab sich von dort, sobald das ungünstige Wetter
die Landreise gestattete, über Xazareth nach Tiberias, dessen Umgegend
einer genauen Untersuchung unterzogen wurde. Koltin Agha , Sohn des
'Akil Agha, übernahm das Geleit durch den südlichen Theil des Dschölän.
Diese Reise begann vom Zeltlager Koltin Agha's am Dschisr Mudschämi'a,
der grossen Jordanbrücke südlich vom See Tiberias, und bog an der Jarmük-
brücke in das Thal dieses Flusses ein. Dieses wurde aufwärts bis zu den
heissen Quellen unterhalb von Umm Kes verfolgt ; dann wandte sich Herr
Prof. Nettmat^n auf die nördlich gelegene Hochebene und gelangte über
Kafr Harib nach Fik und Sküfije. Unterwegs besuchte er KaVat el-Hösn
und den Chan 'Akabat Kafr Harib zu Fuss. Von Sküfije hinab zur Ruine
Awanisch, die am Südrande des Wädi es- Semach auf einer den Ausgang
beherrschenden Anhöhe gelegen ist. Dann wandte sich Herr Prof. Nenmann
ostwärts im Thale und ging in halber Höhe über der Thalsohle aufwärts
bis zu einer Ruine Kadesije mit prächtiger Quelle. Bald darauf verliess
er den AVädi , um 'Al'äl auf der Hochebene zu erreichen , und umritt
von dort aus die zwei von N. herabkommenden Nebenthäler des "Wädi
es -Semach. Er fand im westlichen Thal einen grossen antiken Ruinen-
komplex mit Namen Umm el-Kanätir, am Oberrande des östlichen Neben-
thales das schon dem Namen , aber nicht der Lage nach bekannte Kasr
Bardawil, einen unförmlichen Trümmerhaufen von schwarzem Gestein.
Über eine sehr sumpfige, unwegsame Ebene gelangte Herr Prof. Xeumann
dann nach Chasfin, wo er ein viereckiges Trümmerplateau fand. Er über-
nachtete in 'Ain Dakar und begab sich auf dem bekannten Wege nach
dem grossen Dorfe Tsil. Von Mer wandte er sich über Der Eijüb nach
Süden, Der Aschä'ir und Mzerib und endlich Edrä't. In westlicher Rich-
tung kehrte er darauf über Remte und ATäl nach Umm Kes und Tiberias
zurück.
Am 5. April verliess Herr Prof. Neumann Tiberias wieder , um über
5aifa südwärts nach Jerusalem zu reisen. Am 8. April führte ihn sein
VI
"NVeg um das Vorgebirge des Karmel über et-Tire und Atlit nach Idschzim
Igiini , vo er bei der reichen Familie Mädi Aufnahme fand. Dort sollen
im Alterthum reiche Erzlager angebaut worden sein. Herrn Prof. yeumann
wurden zwei Stellen gezeigt , deren eine Nuhäs (Kupfer . deren andere
Hadld Eisen geliefert haben soll. Es waren wohl Schutthalden zu sehen,
doch keine Spur eines Stollens war zu entdecken. Auch Quecksilber Zibäk)
soll in der Umgegend gefunden worden sein. In einer Berglehne viele
Felsengräber. Wahrscheinlich ist Idschzim oder Igzim so in Haifa eine
sehr alte Ortslage. Die mitgenommenen Proben von «Erzen« erwiesen einen
höchst unbedeutenden metallischen Gehalt.
Am y. April ging Herr Prof. yeumaun über die Hügel nach Subbarln,
liess die Judenkolonie Samarin in der Entfernung von etwa einer Stunde
rechts liegen . berührte Kannir und erreichte auf der wenig bekannten
Sultäni am Abend Anibta.
Am 10. April kam der Reisende in Näbulus an und erhielt von dem
dortigen Gouverneur sofort die Erlaubniss . von den Inschriften der in
Z. D. P.-V, VI. S. 230 ff. erwähnten Dreifussbasis Abklatsche zu nehmen.
Einer derselben gelangte am 2. Mai in die Hände der Redaction und
ist mit Erfolg für die Entzifferung der Inschrift verwerthet worden.
Von Xäbulus begab sich Herr Prof. Xeumann nach Jerusalem, wo er
zwei Tage blieb, von Jerusalem über el-Kubebe nach Amwüs und auf der
bekannten Strasse nach Jafa. LT3er Alexandrien. von wo er einen Abstecher
nach Kairo machte, kehrte er nach Triest zurück.
Der ausführlichere Bericht über diese Reise wird demnächst in dieser
Zeitschrift veröffentlicht werden.
Von Herrn Ad. Frei aus Zürich sind bis jetzt der Redaction keine
Nachrichten über seine Reise zugegangen. i)
Herr Ingenieur G. S. Schumacher in Haifa hat die Güte gehabt, der
Redaction eine Skizze des südlichen Dschölän bis zum Jarmükflusse sowie
eine Skizze der Umgebungen der heissen Quellen bei Umm Kes zu über-
senden. Beide Arbeiten werden demnächst verwerthet werden. Für die
freundliche Übersendung spreche ich an dieser Stelle Herrn G. S. Schumacher
den wärmsten Dank des Vereins aus.
Verspätet.^
Herr Professor Dr. E. Trumpp in München hat sich in Folge eines
hartnäckigen Augenleidens genöthigt gesehen , seinen Austritt aus dem
Deutschen Verein zur Erforschung Palästinas zu erklären. Der Verein
bedauert, dadurch ein Mitglied des weiteren Comites verloren zu haben.
Geschlossen am 22. Juni 1884.
Die Redactiou.
'I Am '2?. Jaoi ist ein Brief de- Herrn Ad. Frei ans Daniaskns in Leipzig eingetroffen.
Nachrichten
über
Angelegenheiten des Deutschen Vereins
zur
Erforschung Palästina's.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VII.
Recheuschaftsbericlit über das Yereinsjahr 1883.
Zunächst liegt es mir ob , über die schon im vorigen Rechen-
schaftsbericht (vgl. ZDPV. VI, p. III der Nachrichten über Ange-
legenheiten des DPV.) erwähnten Verhandlungen betreffs des Ankaufs
des »Deutschen Palästina-Museums« in Jerusalem zu berich-
ten. Leider ist auch heute diese Angelegenheit noch nicht völlig
erledigt; ich muss mich daher darauf beschränken , nur die bis jetzt
abgeschlossenen Thatsachen zu erwähnen.
Das »Deutsche Palästina -Museum« in Jerusalem ist wesentlich
aus den Sammlungen hervorgegangen, die Herr Dr. O. Kersten als
Kanzler und späterer Verweser des kaiserlich deutschen Konsulats in
Jerusalem angelegt hatte. Bei seinem Abgange übergab er dieselben
dem dortigen »Deutschen Verein« als Geschenk unter der Bedingung,
dass derselbe für die Ordnung und Aufstellung der gesammelten Ge-
genstände Sorge tragen sollte. Es mussten eine Anzahl Bälge palästi-
nensischer Thiere ausgestopft, Käfer aufgespannt, Insekten in Spiritus
conservirt werden u. dgl. Auf energischen Betrieb des damaligen kaiser-
lichenKonsuls, des Herrn Freiherrn von Münchhausen, brachten die
wohlhabenderen Mitglieder der deutschen Kolonie in Jerusalem durch
freiwillige Beiträge, sowie durch Veranstaltung von Koncerten die erfor-
derlichen Geldmittel zusammen, um diese Arbeiten besorgen zu lassen
und die Aufstelhmg der Gegenstände in einem dazu gemietheten Lo-
kale zu bewirken. Man suchte auch in Deutschland durch Vermittlung
der Presse das Interesse für dieses junge Museum zu wecken, jedoch
leider ohne nennenswerthe Erfolge zu erzielen. Nach Ablauf einiger
Jahre sah sich der »Deutsche Verein« oder vielmehr das aus Mitgliedern
desselben gebildete »Museumskuratorium« aufs neue der Aufgabe ge-
genüber gestellt, ein passendes Lokal für die Sammlungen zu beschaf-
fen , da der Eigenthümer des bisher benutzten Raumes das Miethver-
hältniss aufhob. Man entschied sich dafür, das Museum bis auf
VIII
weiteres in den Unterrichtsräumen der deutschen Schule , die damals
das einem muslimischen Einwohner Jerusalems gehörige Haus neben
dem preussischen Johanniterhospiz benutzte, unterzubringen. Die
Schränke wurden auf verschiedene Zimmer, wie der Platz es eben ge-
stattete, vertheilt, und für die Pflege der den Nachtheilen des täglichen
Verkehrs in den Schulzimmern ausgesetzten Gegenstände der Samm-
lungen geschah nichts mehr, da die anfangs aufgebrachten Geldmittel
nicht nur längst verbraucht waren, sondern auch bereits die Kasse des
Deutschen Vereins selbst zur Erhaltung des Museums eine Anleihe
auf ihre Rechnung gemacht hatte, die noch nicht hatte abgezahlt wer-
den können.
So standen die Dinge, als ich im Frühjahr 18S1 in Jerusalem
eintraf. Ich hatte Veranlassung, mich um die Verhältnisse des Museums
zu bekümmern, da ich demselben ein Herbarium übergeben sollte, das
Herr Dr. O. Kernten während seiner Reise um das Todte Meer ge-
samjnelt und in Berlin mit nicht unerheblichem Aufwand hatte ordnen
und mustergiltig einrichten lassen (vgl. die den Wcrth dieses Herba-
riums beti-effenden Äusserungen Ascheuson's in ZDPV. VI, S. 226 f.) .
Ausserdem musste ich darauf bedacht sein, zur Aufbewahrung der bei
meinen Ausgrabungen gefundenen Gegenstände einen geeigneten Raum
zu erlangen. Da der Ausschuss des Palästina-Vereins nicht beabsich-
tigte, in Deutschland ein »Palästina-Museum« zu gründen, so lag es am
nächsten , die verschiedenen bei meinen Ausgrabungen gemachten
Funde mit dem bereits bestehenden Jerusalemer »Palästina -Museum«
zu verbinden und zugleich den Versuch zu machen , dasselbe vor dem
drohenden Untergang dadurch zu behüten , dass der Deutsche Verein
zur Erforschung Palästina's die Sorge für dasselbe übernahm.
In einer am 9. Mai 1881 abgehaltenen Sitzung des Jerusalemer
Museumskuratoriums, zu welcher ich von dem damaligen Vorsitzenden,
Herrn Frhrn. von Münchhausex, eingeladen worden war, wurde über
die Übernahme der Sammlungen seitens des Deutschen Palästina- Ver-
eins verhandelt. Das Ergebniss dieser Verhandlungen war, dass der
Vorschlag, gegen Erstattung der von dem Deutschen Verein in
Jerusalem zum Besten des Museums verausgabten Gelder (in runder
Summe 30U Frcs.) die Sammlungen abzutreten, abgelehnt wurde, da-
gegen ein anderer Antrag Annahme fand, demzufolge sich der Jerusa-
lemer Deutsche Verein bereit erklärte, gegen Zahlung von AOO J/l das
ihm seiner Zeit unentgeltlich übergebene Museum dem Deutschen Pa-
lästina-Verein zu überlassen. Ich erklärte mich meinerseits bereit.
IX
diesen Beschluss des Kuratüriunis dem geschäi'tsi'ührenden Ausschusss
des Palästina- Vereins zur Prüfung vorzulegen, bemerkte aber zugleich,
dass meiner Meinung nach diese höhere Forderung die Übernahme
der Sammlung durch den Deutschen Palästina- Verein nicht unwesent-
lich erschweren würde.
Da ich einerseits voraussetzen durfte, dass der geschäftsführende
Ausschuss des Palästina -Vereins die Übernahme des Museums im
Princip gutheissen würde, andererseits noch hoffte, dass sich die etwa
entstehenden Differenzen über die Höhe der Kaufsumme würden aus-
gleichen lassen , und zugleich fest überzeugt war , dass die für die
Übernahme erforderlichen Einrichtungen mit verhältnissmässig gerin-
ger Mühe von mir persönlich würden gemacht werden können , hin-
gegen später auf dem Wege des schriftlichen Verkehrs von Deutsch-
land aus viel Zeit und Weitläufigkeiten verursachen würden , so traf
ich noch während meiner Anwesenheit in Jerusalem, Sommer ISSl,
folgende Anordnungen. Ich miethete am 20. Mai 1881 in den unteren
Räumen des von der deutschen Schule benutzten Hauses zwei Zimmer
und liess dieselben zur Aufnahme der Sammlungen herrichten, so dass
diese Anfang August 1881 darin untergebracht werden konnten. Fer-
ner liess ich die Schränke bequemer einrichten, die Insektengläser mit
frischem Spiritus füllen und neu verkitten , auch einen Tisch für das
Museum anfertigen , der für mehrere Gegenstände desselben Platz
bieten und das Arbeiten in den Museumsräumen selbst ermöglichen
sollte. Diese Arbeiten, die sämmtlich den Zweck hatten, die Samm-
lungen vor der Zerstreuung und dem Untergang zu be-
wahren und si e wieder benutzbar z u machen , verursachten
insgesammt eine Ausgabe von 277 Ji 80 e® , die in der Vereinsrech-
nung von 1882 aufgeführt worden ist.
Bei den Verhandlungen im geschäftsführenden Ausschuss , die
nach meiner Rückkehr stattfanden , erhoben mehrere Mitglieder sehr
lebhafte Einsprache gegen die Höhe der Entschädigungssumme. Es
wurde hervorgehoben, dass für eine stark vernachlässigte und in Un-
ordnung gerathene Sache immer nur eine geringe Forderung gestellt
werden könne, dass die Gegenstände zum Theil nur durch die von mir
angeordneten Arbeiten wieder verkaufsfähig geworden wären , dass
doch mindestens ein annäherndes Inventar von dem Deutschen Verein
behufs des Verkaufs aufgestellt werden müsste , und besonders , dass
die jährlichen Kosten für die Pflege des Museums doch eine starke
Belastung der Vereinskasse ergeben würden. Um dennoch die Über-
nähme zu ermöglichen , versuchte Herr Dr. C). Kersten in Berlin die
Unterstützung des königlich preussischen Kultusministeriums für die-
sen Zweck zu gewinnen. Da aber nach dem Tode des Herrn Geh.
OberregierungsrathesDr. Göppert, welcher jene Anregung sehr freund-
lich aufgenommen hatte , die Stelle eines vortragenden üathes über
Angelegenheiten des höheren Unterrichts u. s. w. im preussischen
Kultusministerium längere Zeit vakant war, so verzögerte sich die Ein-
sendung eines Gesuches bis zum Oktober 1S82, und ehe eine Antwort
vom königlich preussischen Kultusministerium einging, erhielt ich von
Jerusalem die Nachricht . dass das deutsche Palästina-Museum inzwi-
schen an Herrn Schneller , den Hausvater des syrischen Waisen-
hauses, verkauft worden sei.
Durch diesen Schritt des Deutschen Vereins in Jerusalem sind die
Eigenthumsrechte des DPV. auf gewisse Gegenstände der Sammlungen
verletzt und die Ansprüche desselben auf Entschädigung der für Er-
haltung des Museums gemachten Ausgaben ausser Acht gelassen wor-
den. Der geschäftsführende Ausschuss des DPV. hat den sehnlichen
Wunsch , dass die dadurch hervorgerufenen Differenzen unter Ach-
tung der Rechte des DPV. ausgeglichen und auf gütlichem "Wege bei-
gelegt werden. Das nothwendige Erforderniss zur Erfüllung dieses
Wunsches ist freilich , dass der Deutsche Verein in Jerusalem nicht
versäumt, durch bereitwilliges Entgegenkommen seinerseits einen
solchen Ausgleich zu ermöglichen. Die Verhandlungen, in denen wir
uns über die befremdlichen Schritte des Deutschen Vereins Aufschluss
erbitten, sind noch nicht abgeschlossen. Über ihren Erfolg kann da-
her erst im nächsten Jahre berichtet werden.
In Bezug auf Reiseunternehmungen ist zu erwähnen, dass
am Ende des Jahres 1883 das Gesuch des Herrn Ab. Frei aus Zürich
um Unterstützung einer wissenschaftlichen Reise nach Palästina den
Ausschuss beschäftigte. Das weitere Comite hat die darauf bezüglichen
Vorschläge des Ausschusses genehmigt, Herr Ad. Frei hat jedoch nur
die als erste Rate ihm ausgezahlten 1000 Ji in Anspruch genommen.
Von dem Verlauf und den Ergebnissen seiner Reise zu reden wird
erst in dem nächsten Rechenschaftsbericht der Platz sein ; das Gleiche
gilt von der bereits in den Nachrichten dieses Bandes S.IV ff. erwähn-
ten Reise des Herrn Professor Dr. W. A. Neumann aus Wien.
Der Zuwachs der Bibliothek in dem Jahre 1883 ist theils in
Bd. \'I p. X, theils in Bd. VII p. XIV ff. verzeichnet worden. Allen
denen, die durch eine Gabe für dieselbe ihre Theilnahme an den Be-
XI
strebungen unseres Vereins bezeugt haben, sei hier der wärmste Dank
ausgesprochen. — Wie für die früheren Jahre, so verdankt der Verein
auch für das Jahr 1883 den Herren Prof. Dr. J. Gildemeister und
Pfarrer D. K. Fitkrer die sorgfcältigste Prüfung seiner Jahresrechnung.
Leipzig, 17. September 1884.
Für den Ausschuss
H. GUTHE.
Oesciläftliche Mittheiluugen.
Am 28. Juni ging ein ausführlicher Brief des Herrn Ad. Frei,
datirt Damaskus 12. Juni 1884, bei der Redaction ein. Die mit Unter-
stützung des Palästina- Vereins unternommene Reise ist danach also
verlaufen :
Herr Frei hat sich bis Ende April in den südlichen Gegenden
Palästina' s aufgehalten. Durch das ungünstige Wetter im Februar am
Reisen behindert, gelang es ihm jedoch später, noch einen längeren
Ausflug in das Ostjordanland zu unternehmen, bis 'Amman, Dscher-
asch, el-Hösn und durch den Dschebel Adschlün zurück. Dann be-
gab er sich nordwärts an die Ufer des Sees Tiberias , den eigentlichen
Schauplatz seiner Forschungen. Leider traf er dort Herrn Professor
W. A. Neumann aus Wien nicht mehr an. Drei Wochen lang hat
hier Herr Ad. Frei die Ufer des Sees zu Wasser und zu Lande unter-
sucht, indem er die Nächte häufig im Schiff zubrachte. Kurze Besuche
in Damaskus, Ba albeck und Beirut bildeten das Ende der Reise.
Voraussichtlich wird Herr Ad. Frei im nächsten Jahrgang der
Zeitschrift die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Forschungen ver-
öffentlichen.
Auszuir aus der Keclmuug über Eiuuahme und
Eiuiiahuien.
757 24^ Cassen-Bestand vom Jahre 1883.
Jl H85. 4U ^ Rückständige Jahresbeiträge von 1879 — 1882.
- ;-ttil7. 67 - Laufende Jahresbeiträge pro 1883.
70. 69 - für 2 Jahrgang 1— III, 1 Jahrgang IV, V und
Jahrgang III. Heft 1.
- 544. — - für 1 Jahrgang I — IV, 4 Jahrgang V und 60
4617. 76 - JahrgangVI durch den Buchhandel abgesetzt.
\Jl 54. 79 ^ von Pfarrer L. Conrady in Miltenberg für den
Expeditionsfonds.
2. 65 - Netto-Erlös für abgesetzte 3 Gyps- Abgüsse
der Siloah-Inschrift.
2. 25 - für 1 Photographie der Siloah-Inschrift.
59. 69 - Jl 45. — 3jl für getrennte Coupons von 5 Stück %% Säch-
sische Rente ä 300 Jl. v. October 1882 —
October 1883.
30. — - desgleichen von 1 Stück '6% Sächsische Rente
75. ä 1000 Jl. pro 1883.
14. 88 - Gutschrift an Zinsen für vor dem Zahlungs-Termin gezahlte
Rechnungen.
Jl 5524. 57 S^ Summa der Einnahmen,
- 2506. 95 - - der Ausgaben.
Jt 3017. 62 S^ Bestand haar.
An Vermögen besitzt der Verein ferner :
Jl 798. — ^ \ Stück '6% Sächsische Rente ä lOOO Jl zum
Cours von 79,80.
- 1207. 5u - 5 Stück '6% Sächsische Rente ä 300 Jl zum
Jl 2005. 50^ Cours von 80,50.
Ausserdem sind noch ca. JL 800. — an Jahresbeiträgen
rückständig.
Die Jahresrechnung des Palästina- Vereins für 1883 ist nach
Bonn. 21. Mai 1SS4.
Zürich, 16. Juni 1884.
Ausgabe der Kasse des DPV. im Jahre 1883.
Ausgaben.
Ji 1382. 29 3^ für Druck, Lithographie etc. der Zeitschrift Band VI nebst
dem Register zu Band I— V.
29. (i9 - - Buchbinder- Arbeiten.
Honorar, als :
Ji 5üü. — 3^. für Kedaction der Zeitschrift von 1883.
752. 25 - - 252. 25 - - Beiträge zur Zeitschrift.
150. — - für Cassaführung an den Buchhalter.
155. 52 - - Porti, Abschreibekosten etc.
30. — - - Reisekosten.
7. 20 - - Packpapier zur Versendung der Zeitschrift.
250B. 95 9^ Summa der Ausgaben.
Karl Baedeker, d. Z. Kassirer.
eingehender Prüfung durchaus richtig befunden \vorden.
J. Gildemeister.
K. FURRER.
Verzeieliuiss der vom 30. Juni 1883 bis zum 26. April 1884
für die Palästiua-Bibliotliek eiugegaugeneu Büclier,
Zeistclirifteu u. s. w.
Vo)i den Herren Verfassern:
174. Trumbull, H. Clatj D. D., Kadesh-Barnea its importance and probable
site with the story of a hunt for it including studies of the route of the
exodus and the southern boundary of the Holy Land. New -York,
Charles Scribners Sons 1884. Mit 2 Karten und mehreren Abbildungen.
Gr. ^.
175. IVolff, Dr. Philipp, Sieben Artikel über Jerusalem 1859— 1869. Stutt-
gart 1S69. 8.
17<i. Berliner, Dr. A., Beiträge zur Geographie und Ethnographie Babyloniens
im Talmud und Midrasch. Berlin 1S84. Beilage zum Jahresbericht des
Rabbiner-Seminars zu Berlin pro 1S83. Gr. 8.
Vom deutschen Verein zu Jerusalem:
177. Achter Jahresbericht und Kassenabschluss 1880 — 1883. Basel 1883. 8.
Von den Redactionen:
178/179. Oesterreichische Monatsschrift für den Orient. Herausgeg. von
dem orientalischen Museum zu Wien. Red. von A. von Scala. 9. Jahr-
srang. Nr. 7—12. Juli— December 1883. Wien 1883. 4.— 10. Jahrgang.
Xr. 1—4. Jänner— April 1SS4. Wien 1884. 4.
IbO ISl. Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande. Neue Folge. Heraus-
gegeben von Lic. C. Hoffmanu. 27. Jahrgang. Heft 3 — 6. Berlin 1883.
'^. — 2S. Jahrgang. Heft 1. Berlin 1884. 8.
1*^2. Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie, herausgegeben von./. I.
Kettler. Band IV, Heft 1. Wien 1883. Gr. 8.
183/ 184. AVartc des Tempels. Religiöses und politisches Wochenblatt für
das deutsche Volk. Herausgegeben von Chr. Hoffmann und Chr. Pau-
lus. Stuttgart 1883. Nr. 26— 52. — 18S4. Nr. 1—17. 4.
1S5. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Redig. von
Prof. Dr. ii. Windisch. Band 37. Heft 2—4. Leipzig 1883. F. A.
Brockhaus. 8.
186. Wissenschaftlicher Jahresbericht über die Morgenländischen Studien im
Jahre 187^. Herausgegeben von Ernst Kuhn. Zweite Hälfte. Leipzig
1883. F. A. Brockhaus. 8.
187/18'>. Wochenblatt der Johanniter-Ordens-Balley Brandenburg. 24. Jahr-
gang. Nr. ;55— 52. Berlin 18S3. 4. — 35. Jahrgang. Nr. 1—16. Berlin
1884. 4.
XV
189/190. Kevue archeologique (Antiquite et moyen äge). Public sous la
direction de MM. Alex. Bertrand et G. Perrot. Troisieme Serie. 1''^
annee. Mai — Decembre 1883. Paris, Joseph Bacr. 8. — Troisieme
Serie. 2^ annee. Janvier — Fevrier 1884. Paris. Jos. Baer. 1883. 8.
Von dem Verein für Erdkunde in Halle:
191. Mittheilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle a. !S. 1883. Halle,
Tausch und Grosse. 1883. 8.
Von dem Vereifi für Erdkunde in 3fetz :
192. Fünfter Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz pro 1882, Mit
4 Tafeln. Metz, Scriba. 1882. 8.
Von der kais. und kün. Geographischen Gesellschaft in Wien:
193. Mittheilungen der k. u. k. Geographischen Gesellschaft in Wien 1882.
Kedigirt von Dr. Josef Chavatme. XXV. Band. Wien 1882. S. —
XXVI. Band. Wien 1883. 8.
Von der Geographischen Gesellschaft in Hamburg :
194/195. Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg 1880 —
1881. Heft IL Herausgegeben von L. Friedrichsen. Mit 8 ethnographi-
schen Tafeln. Hamburg 18S3. Gr. 8. — Desgl. 1882—1883. Heft 1. Mit
<i Autotypien, 1 Kartenskizze und 3 Karten. Hamburg 1884. Gr. 8.
Von der Geographischen Gesellschaft in Bremen :
196/197. Deutsche Geographische Blätter. Herausgegeben von der Geogra-
phischen Gesellschaft in Bremen. Band VI, Heft 3 und 4. 1883. —
Band VII, Heft 1. 1884. Bremen, G. A. von Halem. 8.
198. Siebenter Jahresbericht des Vorstandes der Geographischen Gesellschaft
in Bremen. Bremen 1884. 8.
Von der Geographischen Gesellschaft (für Thüringen) zu Jena:
199. Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft (für Thüringen) zu Jena.
Herausgegeben von G. Kurze und Dr. F. Hegel. Band II, Heft 3 u. 4.
Jena 1884. 8.
Von der Geographischen Gesellschaft in Greifswald :
200. Erster Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft zu Greifswald
1882 — 1883. Herausgegeben von Prof. Dr. Rudolf Credner. Greifswald
1S83. 8.
Von der Societe de Geographie in Paris :
201. Bulletin de la Societe de Geographie. Septieme Serie. Tome IV. l^i" — 4^
Trimestre 1883. Paris 1883. 8.
202. Compte rendu des seances. Seance du 15. Juin 1883. — Seance du
4. Avril 1884. Paris. 8,
Von dem Verein vom heiligen Grabe in Cöln :
203. Das heilige Land. Organ des Vereins vom heiligen Grabe. 27. Jahr-
gang. Heft 3— 6. 1883. Cöln 1883. 8.
Durch die Redaction der ZDPV:
204. Gazette de Jerusalem. Jerusalemer Anzeiger. Herausgeg. von A. 31.
Luncz. 1882. Nr. 1 — 8. Jerusalem. 4.
XVI
205/2UÜ. Missiüiisblad t'rän Palästina Herausgeber: Komminister Hcnnan
Haghtrij in Falun lbS3. Nr. 1 — 12. Falun l^Sli. S. — 1SS4. Nr. \—:\.
Falun l"^S»4. !?.
Durch Herni Professor Dr. A. Soci?) in Tübingen:
2O7/20S. Bischof Gobats Waisenhaus auf Zion. Jahresbericht für ISS 1. Des-
gleichen für 1SS2. Deutsch u. englisch. J. Pilger-Missionsdruckerei
auf St. ("hrischona bei Basel.
Verzeiclmiss sämnitlicher Mitglieder des Deutschen Vereins
zur Erforschung Palästina's.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser v:st> König von Prexjssen.
Seine Majestät der König von Württemberg.
Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des Deutschen
Reichs und von Preussen.
Seine Königliche Hoheit der Fürst voNHoHENzoLiiERN-SiGMARiNGEN.
Abbat, Ezra, Professor in Cambridge, Nordamerika.
Alstein, Fr., Lehrer in Lüneburg.
Antonin, Archimandrit in Jerusalem.
Arndt, Dr. Theodor, Prediger an der St. Petrikirche in Berlin.
Ascherso7ij Professor Dr. P., in Berlin.
Auerbach, Dr. L., Rabbiner in Halberstadt.
Auning, Pastor in Sesswegen, Livland.
Baarts, Pastor in Kösslitz bei Weissenl'els.
Baedeker, K., in Leipzig.
Ball, Dr., Ober-Consistorialrath in Coblenz.
Barrelet, J., Pastor in Sagne, Neuchdtel.
Barth, Dr. /. , Professor in Berlin.
Basse7-mann, Dr. H., Professor in Heidelberg.
Baethcke, Pfarrer in Schwarzhausen (Thüringen) .
Bättig, Niki., Vikar in Kriens, Canton Luzern.
V. Baudissin, Graf, Dr. W., Professor in Marburg in Hessen-Nassau.
Baur, J., Pfarrer in Dietershof en bei Klosterwald.
Baur, Dr. G., Consistorialrath u. Professor in Leipzig.
Behm, Dr. phil. Heinr., Pastor in SchliefFenberg 'Mecklenburg).
Behrmann, Hauptpastor an St. Michaelis in Hamburg.
XVIII
Berliner, ür. A., Docent am Rabbinerseminar in Berlin.
Bertheau, Dr. E., Geh. Reg.-Rath u. Professor in Göttingen.
Bertheau. Carl Pastor an St. Michaelis in Hamburg.
Bibliotheken :
der Akademie von Neuchätel (Schweiz) Professor H. Ad. Naville.
de Tecole des langues orientales Vivantes in Paris (Ch. Schefer).
der Hochschule für die Wissenschaft des Judenthums in Berlin,
Prof. Dr. Lazarus.
der Synagogengemeinde in Breslau,
der Israel. Cultusgemeinde in "Wien,
des Rabbiner-Seminars in Berlin, Dr. A. Berliner.
Gymnasialbibliothek in Ehingen.
in Rottweil.
Königliche Bibliothek in Berlin.
Königliche öffentliche Bibliothek in Stuttgart.
des Königlichen Lyceum Hosianum in Braunsberg (Ostpreussen) .
Landesbibliothek in "Wiesbaden.
Library Union Theological Seminary in New York.
Ministerialbibliothek in SchafFhausen, C. A. Bäclitnhl. Pfarrer.
Öffentliche Bibliothek in Basel, Dr. L. Sieber.
- in Leyden, Holland,
des evangelischen Seminars in Tübingen.
Stadtbibliothek in Frankfurt a/Main, Dr. Haueisen.
in Hamburg. Dr. Islcr.
in Mainz, Dr. Vel]<e.
"Universitätsbibliothek in Amsterdam.
- in Bonn.
- in Dorpat.
- in Erlangen.
- in Giessen.
- in Halle.
- in Leipzig.
- in Marburg.
- in Prag.
- in Strassburg i. E.
- in Tübingen.
- in Utrecht.
Bichell. Dr. G.. Professor in Innsbruck.
XIX
Boehl, Dr. E., Professor in Wien.
V. BöhÜingk, Dr. 0., kais. russ. Staatsrath in Jena.
Bonsack, F., Pfarrer in Bornhagen bei Eichenberg.
Bonwetsch, Mag. iV., Docent der Theologie in Dorpat.
Bourgeois, Dr. G., Pastor in Le Creuzot, Frankreich.
Braun, Dr. /. , Landes-Advocat in Prag.
Brüll, Dr. Adolf, in Frankfurt a/M.
Brünnow, Rudolf E., cand. phil. in Veve)'.
Btidde, Dr. C, Professor in Bonn.
Burckhardt-Zahn, Ed., Kaufmann in Basel.
Cassel, Dr. th. P. , Professor und Pastor in Berlin.
Chaplin, Dr. med. Thoni., in Jerusalem.
Chapuis, Dr. P., Professor in Lausanne.
Christmann^ Vicedirector in Beirut.
Chivolson, Dr. Dan., wirkl. Staatsrath und Professor in St. Petersburg
Clausen, Consistorial-Rath in Brügge bei Bordesholm (Holstein) .
Dalton, Consistorial-Rath in St. Petersburg.
Delitzsch, Dr. Eranz, Professor in Leipzig.
Dieckmann, R., Pastor in Beggerow bei Demmin.
Dillmann, Dr. A., Professor in Berlin.
Duisberg, W., in Jerusalem.
Ebers, Dr. G., Professor in Leipzig.
Eckardt, Karl, Diaconus in Kirchberg in Sachsen.
Ehinger-Geigy in Basel.
Einszier, Dr. med. A., Stadtarzt in Jerusalem.
Eisenlohr, Dr. August, Professor in Heidelberg.
Engel, J. Chr. Ba., Pastor in Jordkirch, Schleswig.
Euting, Prof. Dr. /. , Oberbibliothekar in Strassburg i. E.
Faber, W., Superintendent in Mansfeld.
Fahrngruber , Johann, bischöflicher Secretär in St. Polten, Nieder-
Österreich.
Fay, F. R., Pfarrer in Crefeld.
Fehr, Dr. Fredrik, Prediger in Stockholm.
Fell, Dr. Win., Gymnasiallehrer in Cöln.
Fleischer, Dr. H. L., geh. Hofrath u. Professor in Leipzig.
Förstemann, Dr., Oberbibliothekar in Leipzig.
Fraas, Dr. 0., Professor in Stuttgart.
Frank, Dr., Rabbiner in Cöln.
Frenkel, Dr. E., Gymn. -Oberlehrer in Dresden.
x.\
Frijinme, Pastor in Weisabe (Post Sandstedt bei Bremen} .
Fnitigtr ^' Comp., /., in Jerusalem.
Furrer, Dr. A'. , Pfarrer in Zürich.
Gatt. G ., kathol. Missionar in Gaza.
Gautier, Dr. Liicien, Professor in Lausanne.
r. Georgii, Dr.. Prälat in Tübingen.
Geyser. N., Hilfsprediger an der reformirten Gemeinde in Klberfeld
Gildemeister, Dr. /. , Professorin Bonn.
Ginsburg, Dr., in Chertsey England).
Ginsburg, Rev"* Dr., in London.
Gladrow^ Zahnarzt in Beirut.
de Goeje, Dr. M., Professor in Leyden.
GoUhiher, Dr. /., Docent an der Universität in Budapest.
Goldmann, Samuel, Cantor in Gr. Kanizsa, Ungarn.
Gosche, Dr. R., Professor in Halle.
Gra^tz, Dr. H., Professor in Breslau.
Grigor, A. B. M., in Glasgow.
Grossma7iti, Lic. Dr., Superintendent in Grimma.
Griinbaum, Dr. M., in München.
Grünert, Dr. Jl/az, Docent in Prag.
Grurult, Dr. F. /. , Überlehrer in Dresden.
Gunning , J. H., Dr. theol., ref. Pred. in Wilhelminadorp, Zeeland-
Holland.
Guthe, Lic. H., Professor in Leipzig.
Hagenmeyer, ev. Pfarrer in Gross-Eichholzheim, Baden.
Hagerup, H., Buchhändler in Kopenhagen.
Halberstamm, S. J., in Bielitz, Osterreich.
Halecg, J ., Professor in Paris.
Harkavy, Prof. Dr. Alb., Bibliothekar an der k. öffentl. Bibliothek in
■St. Petersburg.
Hartmann, Dr., Kanzler des kais. deutschen Consulats in Beirut.
Ileinrici, Dr. , Professor in Marburg.
Helle, Dr. Fr. W., in Ossegg bei Teplitz.
Hernnet, Dr., Staatsarchivar in Aurich.
Hewhe, Pastor in Schwerin i. M.
Heussler, G., Pfarrer in Basel.
Hildesheimer , Dr. /., Seminardirector in Berlin.
Hildesheimer , Dr. //. . in Berlin.
Hildesheimer, A.. in Halberstadt.
XXI
Hildesheimer , Levi, in Odessa.
Himpel, Dr. F., Professor in Tübingen.
V. Hitroiü, B., kais. russ. wirkl. Staatsrath in Petersburg.
Hoffmann, Lic. C, Superintendent in Frauendorf bei Züllchow, R.-
Bez. Stettin.
Hoffmann, Christoph, Vorsteher des Tempels in Jerusalem.
Hoffmann, Dr. G., Professor in Kiel.
Hollenherg, J., Gymnasial-Oberlehrer in Bielefeld.
Hommel, Dr. Fritz, Privatdocent in München.
Hoernle, Dr. A. F. Rudolf, OfFg. Principal Madrasah Calcutta.
Illes, Stefan, z. 7i. auf Reisen.
Jaffe, Samuel, Commerzienrath in Posen.
Jäger, Loiiis, Buchhändler in Basel.
Kaftan, Dr. /., Professor in Berlin.
Kaim, Dr. phil. F., in London..
Kalmus, Julius, in Berlin.
Kaempf, Dr. S. J., Professor in Prag.
Kamphausen, Dr. A., Professor in Bonn.
Kappes, Kaufmann in Beirut.
Kauffmann, J., Buchhändler in Frankfurt a/M.
Kautxsch, Dr. E., Professor in Tübingen.
Kersten, Dr. phil. O., in Berlin.
Kiepert, Dr. H., Professor in Berlin.
Kiepert, Dr. phil. R., in Berlin.
Kind, Dr. A., Diakonus in Jena.
Kinter, P. Maiirus, O. S. B., Stiftsarchivar in Raigern bei Brunn.
Kinzler, Adolph, Pfarrer im Missionshaus in Basel.
Klaiber, Dekan in Göppingen, Württemberg.
Klein, Stadtpfarrer in Pforzheim.
Klein, Rev. F. A., in Cal'ro.
Kober-Gobat, P. J. F. , in Basel.
Koch, A. W., Hofprediger in Sofia.
Kögel, Dr., Oberhofprediger in Berlin.
Köhler, Dr. A., Professor in Erlangen.
Kol, E., Bankier in Utrecht.
König, Dr. /. , Professor in Freiburg i. Br.
König, Lic. Dr. E., Oberlehrer u. Docent a. d. Universität in Leipzig.
Karten, Pfarrer in Rölsdorf bei Düren.
Krafft, Dr., Professor in Bonn.
Ztschr. d. Pal.-Ver. YII. jr,
XXII
Krähe. Dr. phil. Ed., Stadtschulrath in Halle a/S.
Krehl. Dr. L., Professor und Oberbibliothekar in Leipzig.
Krenkel, Dr. Max, in Dresden.
Kliffler. Dr., Professor in Tübingen.
Kliper. Dr.. Consistorialrath in Stettin.
de Lagarde, Dr. P. , Professor in Göttingen.
Landberg, Dr. Carlo, in Leyden.
Landgraff, Dr. Th. , in Heidelberg.
Lange. Regierungs- und Baurath bei der deutschen Gesandtschaft in
"Washington.
Leivy, Dr. /., in Breslau.
Leyding, Superintendent in Geversdorf a/d. Oste (Hannover).
Legrer, Pfarrer, Plochingen [Württemberg] .
Lichtenstein, Dr. Alb., Consul in Bremen.
Lindner, Dr. Br., Docent an der Universität in Leipzig.
Lorange, Dr. med., in Beirut.
Lnrtet . Dr. Ad., Doyen de la faculte de medicine et de pharmacie in
Lyon .
Lotz, Dr. Wilhelm, Privatdocent der Theologie in Erlangen.
Loytved, königl. dänischer Vice-Consul in Beirut.
Lütge, H., Pastor in Amsterdam.
Lütticke, Vice-Consul des deutschen Reiches in Damascus.
Lüttke, M., Oberpfarrer in Schkeuditz bei Halle a/S.
Märcker, Franz, Seminarlehrer in Alt-Döbern bei Cottbus.
Marti, Lic. theol., PfaiTer in Buus im Kanton Baselland.
Mehnert, O., in Dresden.
Menzel, Dr. A., Professor in Bonn.
Merx, Dr., Professor in Heidelberg.
de Meuron, H., Pastor in St. Blaise, Canton Neuchätel.
Mezger, Ephorus in Ludwigsburg.
Michaelis, Adolf, Rittergutsbesitzer zu Gross-Reichen bei Liegnitz.
Miescher, E., Pfarrer in St. Gallen.
V. Moltke, Graf, Exe, Feldmarschall in Berlin.
Mönckeberg, Dr. th., Archidiakonus an St. Nicolai in Hamburg.
Mühlau, Dr. F., kais. russ. Staatsrath, Professor in Dorpat.
Müller, Dr. A., Professor in Königsberg i. Pr.
i'. Münchhmisen, Freiherr, kais. deutscher Consul in Kiew.
Mimk, E., Rabbinatsassessor in Altona.
Napier. F. P. , in Ryde, L W., England.
XXIII
Napier, W. R., Rev, in London.
Nestle, Dr. E., Gymnasial-Professor in Ulm a/D.
Neumann, Dr. W. A., Professor in Wien.
Ney, Kaufmann in Beirut.
Nökleke, Dr. Th., Professor in Strassburg i. E.
Noicack, Dr., Professor in Strassburg i. E.
Oort, Dr, H., Professor in Leyden.
V. Orelli, Dr. C, Professor in Basel.
V. Ortenberg, E., Gymnasiallehrer in Verden, Hannover.
Osgood, Howard, Professor in New-York.
Palm, August, Professor am Gymnasium in Mannheim.
Palmer, F., Vorsteher der englischen Zionsschule in Jerusalem.
Paulus, Dr. /. G. Ph., Pfarrer in Cleversulzbach bei Neuenstadt.
Württemberg.
Paulus, Dr. med. Franz, in Stuttgart.
Pein, Pastor in Beirut.
Pestalozzi, Pfarrer am Grossmünster in Zürich.
Philippi, Dr., Professor in Rostock.
Photios , Archidiakonus des Kreuzklosters bei Jerusalem.
Pick, Dr. B., Rev. in Allegheny, Pa.
Prahl, H., Pastor in Mögeltondern.
Preiswerk, S., Pfarrer an St. Alban in Basel.
Prinz, H., Lehrer an der deutsch-evang. Schule in Jerusalem.
Prym, Dr. E., Professor in Bonn.
Rabener, M. S., Director in Jassy, Rumänien.
Rmhiss, Julius, Professor und Stiftsbibliothekar in Zircz, Ungarn.
Reinicke, Lic. Dr., evangelischer Pfarrer in Jerusalem.
Reitz, Dr., kaiserl. deutscher Consul in Jerusalem.
Reusch, Dr. F". H., Professor in Bonn.
Reuss, Dr. E., Professor in Strassburg i. E.
Richter, Dr. /. P., in London.
Riehm, Dr. E., Professor in Halle a/S.
Riess, Dr., Domkapitular in Rottenburg a. N.
Riggenbach, Dr. /. , Professor in Basel.
Ritter, Gustav, Pastor in Hamburg.
Röhricht, Dr.;i2., Professor in Berlin.
Röpe, H., Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg.
Rösch, G., Pfarrer in Hermaringen im Brenzthal, Wg.
V. Rosen, Baron F".,"^ Professor in Petersburg.
b*
XXIV
V. Roth, Dr. R.. Professorin Tübingen.
Rothe, H., Seminarlehrer in Canimin. Pommern.
Rnthsteiu. Lic. Dr., in Halle a/S.
Ruetschi, Dr. R., Decan u. Professor in Bern.
Ryssel, Lic. Dr. V., Oberlehrer u. Docent a. d. Universität in Leipzig.
Sachse, Dr. G., GjTnnasiallehrer in Posen.
Sandberger, Oberhelfer in Tübingen.
Sandel, Theodor, Architect in Jerusalem.
Sandreczki, Dr. med., in Jerusalem.
Sandreczki, Dr. C. , in Passau.
Sarasin- Bischoff, Theodor, Kaufmann in Basel.
Sarasin-Stehlin, Rud., Kaufmann in Basel.
Sattler, Dr. E., Privatier in Fluntern b/Zürich.
Schuck, Lehnsgraf zu Schackenburg bei Mögeltondern.
Schanz, Dr. P., Professor in Tübingen.
Schapira, Alex., in Gaza.
Sehe/er, Ch., membre de ITnstitut in Paris.
Schegg, Dr. P., Professor in München.
Schick, Conr., königl. Württemberg. Baurath in Jerusalem.
Schieiden, Dr. H. C, in Hamburg.
Schlottmann, Dr. C, Professor in Halle a/S.
Schmoller, Dekan Q., Pfarrer in Derendingen, Württemberg.
Schnabl, K., Propstei-Cooperator an der Votivkirche in "Wien.
Schnede7-mann , Lic. Dr. Georg, in Basel.
Schönecke, L., Kaufmann in Jerusalem.
Schröder, Dr. E., Professor in Berlin.
Schrameier, Dr. W., in Berlin.
Schroeder, Dr. P. , kaiserl. deutscher Konsul in Beirut.
Schröder Dr. Carl Friedrich, Pfarrer a. D. in Cannstatt.
Schröder, Dr. phil. C, in Leipzig.
Schulte, Dr., Pfarrer in Erwitte b/Lippstadt.
Schtdtz, Dr., Professor in Breslau.
Schürer, Dr. E., Professor in Giessen.
Sr/ucarz, G., Director der deutschen Schule in Beirut.
Seil, 0., Diaconus in Leipzig.
Seil, Richard, Pfarrvikar in Stepfershausen bei Meiningen.
Siegfried, Dr. K., Prof. in Jena.
Sieveking, Dr. jur. Herrn., in Hamburg.
Sieveking, Dr. med. Wilhelm, in Hamburg.
XXV
Sigrist-Weber, C, Kaufmann in Beirut.
Smend, Lic. Dr. Rud., Professor in Basel.
Socin, Dr. A., Professor in Tübingen.
Sommer, Dr. /. G., Professor in Königsberg.
Spaich, Pfarrer in Degenfeld bei Schwab. -Gmünd.
Sprenger, Dr. A., in Heidelberg.
Stade, Dr. B., Professor in Giessen.
Staehelin, Dr. E., Pfarrer in Basel.
Staiger, Missionar in Beirut.
Stech, R., Professor der Theologie in Bern.
Steffensen, Dr., Professor in Basel.
Steiner, Dr. H., Professor in Zürich.
Stenglein, Reichsanwalt in Leipzig.
Sternickel, ArtJmr, in Biala bei Bielitz (üsterr. Schlesien) .
Stichel, Dr. /. G., Professor in Jena.
Stockmeyer, Dr. /. , Antistes und Professor in Basel.
Strack, Dr. Herm. L., Professor in Berlin.
Strauss, Dr. F. A., Hofprediger in Potsdam.
Streit, Dr., Gymnasialdirector in Colberg.
Sülze, Dr. B., Pastor in Dresden-Neustadt.
Sursock, Dragoman des kaiserl. deutschen Consulats in Beirut.
Thomsen, Pastor in Sterup, Schleswig-Holstein.
Thorhecke, Dr. H., Professor in Heidelberg.
V. Ustinow, Baron Plato, in Jafa.
Valeton, J. J. P., Professor in Groningen.
Vereine :
Alliance Israel, universelle in Paris.
Capitel-Leseverein von Gunzenhausen (Bayern), Pfarrer St'dhlin.
Capitel-Leseverein V . Rothenburg a/T. (Bayern), VidiYxex BrtiglocJier .
Deutscher Verein in Jafa.
Lesegesellschaft »zur Harmonie« in Frankfurt a/M., Ad. Baer.
Palestine Exploration Fund in London.
Pastoral-Gesellschaft , Anhalt-Dessauische , Archidiaconus Hesse
in Dessau.
Tübinger Diöcesan-Verein, Oberhelfer Sandherger in Tübingen.
Vischer-Heussler, Dr. W., Professor in Basel.
Vogel, A., Pfarrer in Hohen-Reinkendorf b. Tantow, Pommern.
XXVI
J'oUk. Dr. ff'., kais. russ. Staatsrath und Professor in Dorpat.
VulUeumier, Dr. H., Professor in Lausanne.
Wackernagel. W.. Rev. Prof. in Allentown, Pennsylvanien.
Wagner ^ Debes, Geographische Anstalt in Leipzig.
Walilnietfer . Missionar in Beirut.
Walther. Jules. Pasteur in Avenches, Schweiz.
Weiss. Dr. H.. Prof. theoL in Tübingen.
Well/iatisen, Dr. /. , Professor in Halle.
Werner, Helfer in Nürtingen, Württemberg.
Weser, Lic. H., Pastor in Berlin.
Wei/rich, Pastor in Arrasch, Livland.
Wilson, Charles W., Major R. E. in London.
Witte, Landgerichtsdirektor in Breslau und Mitglied des Reichstages.
Wulff. Dr. Ph., Stadtpfarrer in Tübingen.
Wolters, Rev. Th. F., in Jerusalem.
Wright, Dr. W., Professorin Cambridge, England.
Zander, Gymn. -Oberlehrer in Gütersloh.
Zeller, Rev. /. . Missionar in Jerusalem.
von Zieten-Schwerin. Graf zu Janow bei Clempenow, Kreis Anclam.
Zimmoinann, Dr. C in Basel.
Geschlossen am 22. September 1884.
Die lledactiou.
Protokollarischer Bericlil über die in Dessau am 2. Oktober
1884 abgehaltene dritte Generalversammlung des Deutschen
Tereins zur Erforschung Palästina'«.
Die dritte Generalversammlung des Deutschen Palästina-Vereins,
die im vorigen Jahre aus dem seiner Zeit bekannt gemachten Grunde
nicht stattfinden konnte , wurde in diesem Jahre , nach Eröffnung der
39. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner und im An-
schluss an die 38. Generalversammlung der Deutschen Morgenländi-
schen Gesellschaft, am 2. Oktober von 11 '/2 — 12 1/2 Uhr Mittags in
dem Herzoglichen Gymnasium in Dessau abgehalten, Herr Prof. Gil-
PEMEiSTER aiis Bonu hatte die Güte, den Vorsitz zu führen, und Herr
Prof. STRA.CK aus Berlin war freundlichst bereit, das Amt eines Schrift-
führers bei der Versammlung zu übernehmen.
Zunächst berichtete Prof. Guthe aus Leipzig über die zur Ver-
öffentlichung vorliegenden und angemeldeten Aufsätze für die Zeit-
schrift, über die von dem Verein unterstützten und geförderten For-
schungsreisen der Herren A. Frei aus Zürich, Prof. AV. A. Neu-
MANN aus Wien, sowie über einige andere, im Laufe des Jahres 1884
unter den Mitgliedern des Ausschusses verhandelten Pläne zu For-
schungsarbeiten in Palästina und über den Stand der Vereinskasse.
Die gegenwärtigen Einnahmen des Vereins gestatten, in jedem Jahre
eine Summe von rund 2000 ^ für selbständige Untersuchungen oder
zur Unterstützung wissenschaftlicher Reisen zurückzulegen, resp. zu
verwenden. (Über die auf Grund der Besprechungen in Dessau be-
schlossenen anderweitigen Förderungen von Arbeiten in Palästina wer-
den die Mitglieder des Vereins aus den geschäftlichen Mittheilungen
das Nähere ersehen^ . Prof. Guthe regte ferner die Frage an, in wel-
cher Weise die Zahlung der rückständigen Beiträge am besten zu be-
wirken sei. Auf Antrag des Herrn Dr. Kersten aus Berlin wird be-
schlossen , dass vor der laut § 1 3 der Statuten vorgeschriebenen Ein-
XXVIll
Ziehung durch die Post an die säumigen Mitglieder noch direct . nicht
als Beilage zur Zeitschrift, eine gedruckte Mahnung in unverschlosse-
nem Briefumschlage gesandt werde.
Auf Antrag des Prof. Guthe wurde sodann der geschäftsführende
Ausschuss bevollmächtigt, die nöthigen Schritte zu thun. um für den
Verein die Rechte einer juristischen Person zu erwerben.
Herr Prof. Kautzsch aus Tübingen stellte den Antrag, dass der
geschäftsführende Ausschuss in Ergänzung von § 7 der Statuten das
Recht erhalte . in dringenden Fällen Geldbewilligungen bis zum Ein-
zelbetrage von 2000 .// ohne vorherige Anfrage bei dem weiteren Co-
mite zu beschliessen. Dieser Antrag wurde nach eingehender Begrün-
dung einstimmig von der Versammlung angenommen.
Hieran schloss Herr Prof. Kavtzsch einige statistische Mitthei-
lungen über die Samaritaner , die ihm durch Vermittelung des Herrn
Prof. STEÄ.CK, der im Frühling d. J. Palästina bereiste, als Manu-
script des jetzigen Hohenpriesters derselben in Nabulus zugegangen
Avaren. Sie werden in der Zeitschrift veröffentlicht werden.
Nachdem die bisherigen Mitglieder des geschäftsführenden Aus-
schusses durch Acclamation wiedergewählt worden waren und Herr
Geheimer Rath Prof. Fleischek aus Leipzig denselben für ihre Mühe-
Avaltung den Dank des Vereins ausgesprochen hatte , schloss der Vor-
sitzende um 121/2 ^^^1" f^i^ dritte Generalversammlung des Vereins.
Präsenzliste der dritten Generalversammlung des
Deutschen Palästina-Vereins*),
*1. Prof. GiLDEMEiSTEK — Bonn.
*2. Prof. E. Kautzsch — Tübingen.
3. Prof. GtTHE — Leipzig.
4. Geh. Rath Prof. Fleischer — Leipzig.
5. Dr. Reixicke — Wittenberg. Mitdirektor des Predigerseminars.
*ß. Dr. A. Berliner — Berlin.
'7. Dr. O. Kersten — Berlin.
6. Pastor Grape — Dessau.
*9. Prof. AVellhausen — Hallo.
"10. Prof. H. L. Strack — Berlin.
Ij Nach der Aufzeichnung des Schriftführers. Die mit * bezeichneten
sind Mitglieder des Vereins.
XXIX
Geschäftliche Mittheiluugeu.
Durch Übereinkunft zwischen den Mitgliedern des geschäftsfüh-
renden Ausschusses sind die Geschäfte desselben so getheilt, dass Prof.
GuxHE in Leipzig in Zukunft lediglich die Redaction der Zeitschrift
besorgen wird, die Herren Prof. Kautzsch und Prof. Socin in Tübin-
gen hingegen die eigentlichen Secretariatsgeschäfte übernommen haben.
Der Aussclmss bittet daher, dass man sich in Angelegenheiten, die die
Vereinsleitung betreffen (wissenschaftliche Unternehmungen, Geldbe-
willigungen etc.), an die Herren Prof. Kautzsch und Prof. Socin in
Tübingen, in Redactionsangelegenheiten (Manuscriptsendungen, Aus-
tausch der Zeitschrift u. dgl.) , sowie auch betreffs der Palästina-
Bibliothek nach wie vor an Prof. Gvthe in Leipzig (Johannesgasse 33)
wenden wolle.
Der geschäftsführende Ausschuss hat , nach Befragung der Mit-
glieder des weiteren Comite's und nach nochmaligen Verhandlungen
gelegentlich der Generalversammlung in Dessau, dem Ingenieur Herrn
G. S. Schumacher in Haifa die Summe von 2000 ,/// zur Ausführung
von Messungen und Forschungen im Dschölän , zwischen dem Jar-
mük im S. und der Birket er-Räm im N., verwilligt. Im ersten Hefte
des nächsten Jahrganges werden kurze vorläufige Mittheilungen über
die Reise des Herrn Schumacheb erfolgen.
In Folge des Beschlusses der dritten Generalversammlung des
Vereins am 2. Oktober d. J. in Dessau ist im Einverständniss mit dem
Herrn Kassirer über die Zahlung der Beiträge Folgendes bestimmt
worden :
Der Beitrag für das laufende Rechnungsjahr gilt als fällig, so-
bald das erste Heft, resp. das erste Doppelheft des entsprechenden
Jahrganges der Zeitschrift in die Hände der Vereinsmitglieder gelangt
ist. Im Falle nicht erfolgter Zahlung werden die Mitglieder des Ver-
XXX
eins auf Grund des Beschlusses der dritten Generalversammlung am
2. Oktober 1SS4 in Dessau von dem Kassirer des Vereins durch eine
besondere Aufforderung um Berichtigung ihres fälligen Beitrages er-
sucht werden. Ist derselbe bis zum 1. Juli des laufenden Rechnungs-
jahres nicht eingegangen, so wird er nach § 1 3 der Statuten durch die
Post oder . wo solches nicht zulässig , auf anderem "Wege eingezogen
werden.
Bekanntmachung.
Die Dach § 9 der Statuten aller 2 Jahre abzuhaltende General-
versammlung des Deutschen Vereins zur Erforschung
Palästina's, welche im Jahre 18S3 wegen des Ausfalls der deutschen
Philologen -Versammlung uud der Abhaltung des internationalen
Orientalisten -Congresses in Leiden aufgeschoben werden musste,
wird nunmehr am Donnerstag, den 2, October d. J. in Ver-
bindung mit der XXXVII. Versammlung Deutscher Philologen und
Schulmänner , sowie mit der Generalversammlung der Deutschen
Morgenländischen Gesellschaft zu Dessau stattfinden. Die Mitglieder
des Vereins werden hierdurch zu derselben eingeladen. Anmeldungen
sind zu richten an Herrn Oberschulrath Rümelin in Dessau.
Beabsichtigte Vorträge oder Mittheilungen bittet man thunlichst bis
Ende August bei dem Redacteur der Zeitschrift des Deutschen
Palästina -Vereins anzumelden.
Der geschäftsführende Ausschuss
des
Deutsclien Vereins zur Erforschung Palästina's.
Bemerkungen über Gaza nnd seine Umgebung.
Von ii, Oiatt in Gaza.
Dschehel el-munfjir. Muntür soll nach der IJehanptung der
Muslimen ein Schech gewesen sein ; da aber dieses Wort in
seiner gegenwärtigen Form sich zu einem arabischen Eigen-
namen gar nicht eignet, so sagen sie, der Ausdruck ?www^är sei
aus mu7i und tcir entstanden, d. h. der Schech habe eigentlich
mun geheissen und sei nach Art der Scheche bei seinem Tode
davon geflogen, und seitdem nenne man ihn muntär ^ d. i. «Mun
ist davon geflogen« i). Mit diesem Mun lässt sich jedoch auch
nichts anfangen. Der Umstand, dass muntar den Artikel vor sich
duldet, deutet vielmehr darauf hin , dass man es hier nicht mit
einem eigentlichen Personennamen zu thun habe. Die eingebore-
nen Christen dagegen behaupten, muntar sei aus mutrcm entstan-
den, was Metropolitan oder Bischof heisst. Ein Bischof von Gaza
habe sich nämlich voll Yerdruss über seine ungezogenen Schäflein
auf diesen Hügel zurückgezogen und daselbst sein Leben be-
schlossen ; die Muslimen hätten aber nachher mutrZm in muntar
1) Diese Volksetymologie zeigt, dass die heutigen Araber die letzte Sylbe
des Wortes nicht als tär , sondern als tär auffassen und aussprechen : denn
das arabische Verbum tär heisst »er flofz; [davon;«. Danach habe icli oben el-
muntär [tnantär] transcribirt. RoBINSON, Palästina III, 1040 schreibt ebenso.
GUERIN, Judee II, 188 dagegen el-muntär, und diese Form haben auch, wenn
ich nicht irre, die »Name Lists« der englischen Survey. Zu der von dem Ver-
fasser gegebenen Erklärung bemerke ich, dass mir aus dem vulgär-arabischen
Dialekt Syriens nur die Wörter niaiizar und nianzara bekannt sind, die sich
von einem anderen , freilich verwandten Verbalstamme herleiten. — Die
Transcription der übrigen in diesem Aufsatz erwähnten arabischen Namen
habe ich eingesetzt, falls ihre Form gesichert war. Glthe.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VlI. 1
ven\amli'lt und aii> dem Bischof einen f^chech gemacht. Wer
mag wohl Ket'ht haben.' AVeder die einen noch die andern
nach dem Vrtheile denkender Leute, welche diesen Ausdruck
also erklären. M/t/ifär oder eigentlich manfär ist ein gut arabi-
sches AA'ort und bedeutet »Aussicht« oder einen Ort . von wo aus
man eine weite Aussicht hat. Dschehel el-mantär heisst also ein-
fach : Berg der Aussicht , was von allen l^ergen und Hügeln
gilt, die diesen Namen tragen. Der angebliche Schech oder
IJischof . dessen Fest die Bewohner von Gaza am orientalischen
Gründonnerstag feieni . mag wohl existirt haben, hatte aber
ütfenbar einen anderen, jetzt nicht mehr bekannten Namen.
Etwas südlich von dschehel el-muntär befindet sich ein Stein-
bruch, aus dem jetzt l^austeine nach Gaza geholt werden, ein
]knveis. dass es im steinaraien Lande der Philister mitunter doch
auch brauchbare Steinbrüche giebt. Ebendaselbst entdeckte man
ein autikes Gräberfeld.
Aus Nasra, einem zerstörten Dorfe eine starke Stunde süd-
lich und etwas gegen Osten von Gaza, wurden im letzten Jahre
"viele alte Bausteine nach Gaza geliefert ; die Steinlieferanten de-
molirten zu diesem Zwecke einen festgebauten antiken Brunnen.
Ein Müsaikboden Avurde vor drei Jahren etwas südlich da-
von in Wadi Gaza gefunden. Die kleinen Würfel sind weiss,
schwarz, roth und grün. Der Mosaikboden wurde demolirt und
die Würfel, etwa eine halbe Million, nach Gaza geliefert. Ich
hatte nicht Gelegenheit, denselben vorher zu sehen ; auch die
betreffende Stelle habe ich nicht besucht.
Der Fundort der Jupiterstatue ^j liegt westlich davon. Trotz
des Verbotes der Regierung, an dieser Stelle nach Steinen zu
suchen'-), wagten es die Steinlieferanten, unter dem Schutze
eines angesehenen l^ürgers von Gaza den Fundort der Statue zu
entsteinen . mussten aber die gefundenen Steine dem betreffen-
den liürger um billigen Preis überlassen. Da aber derselbe
nicht aller bedurfte, so konnten wir einen bedeutenden Vorrath
davon ankaufen. Dieselben gehören, was Qualität und Foi*m an-
Ij Vgl. ZDPV. II, S. 183 ff. und Tafel VI.
*2) Zur Auffindunff der Steine bedienen sich die Arbeiter einer 2 — 3 m
langen starken Drahtstange , mit welcher sie den die Steine deckenden Sand
durchhohren
3
belangt, zu den besten antiken Bausteinen, die im letzten Jahre
zu Markte gebracht wurden. Am meisten fiel uns der Maueranwurf
auf, der so stark ist, dass man ihn mit dem Hammer nur schwer
beseitigt, während die antiken Bausteine sonst in der Kegel
ohne Anwurf sind. Neue Funde wurden meines Wissens an die-
ser Stelle nicht mehr gemacht.
Bezüglich der Statue selbst erlaube ich mir noch Folgendes
zu bemerken. Das Material , aus welchem die Statue hergestellt
wurde, wird axich sonst als Marmor bezeichnet, jedoch mit Ln-
recht. Die betreffende Steinart ist hier unter dem Namen Cha-
läsi bekannt, weil die alte Stadt Elasa oder Chalasa, wie sie jetzt
heisst, aus solchen Steinen erbaut war. Daselbst muss wohl auch
der Steinbruch gesucht Averden. Der (lialäsi wird in Gaza noch
jetzt als Baustein verwendet,, kommt aber sehr theuer, da Cha-
lasa 12 Stunden von hier entfernt ist. Der Chaläsi ist in der
That der haltbarste und schönste Baustein, den man in Palästina
findet, und die aus Marmor und Chaläsi aufgeführten Thür- und
Fensterbögen sind eine Avahre Zierde der jetzt sonst so verun-
stalteten Stadt Gaza. Aber Marmor kann man den Chaläsi nicht
nennen, obAvohl er sich schleifen lässt ; es ist wohl vielmehr eine
Art Sandstein von gelblicher Farbe, sehr hart und feinkörnig.
Am meisten gefabelt wurde bezüglich des linken Armes. »Nach
anatomischen Gesetzen war der linke Arm auch herabhängend
■wie der rechtecf, bemerkt Dr. Sandreczky (ZDPV. II, p. 186).
Um hierüber in's Klare zu kommen , nahm ich Messungen vor
und fand , dass der äussere Rand des faltigen Ueberwurfes von
der Brustmitte gerade so weit entfernt ist als der äussere Kand
des rechten Armes. War also der linke Arm herabhängend, so
deckt ihn der faltige Ueberwurf; in diesem Falle müsste jedoch
derselbe eine andere Form haben. Der linke Arm konnte dem-
nach , da man unter dem faltigen Ueberwurf keine Spur davon
entdecken kann, nach anatomischen Gesetzen nicht herabhän-
gen, sondern muss irgendwie ausgestreckt gewesen sein, wenn
diese Statue überhaupt je einen linken Arm hatte. Da jedoch die
linke Seite der Statue rückwärts vom Kopfe an roh gelassen
ist, so kann man mit aller Bestimmtheit behaupten, dass die Sta-
tue nie einen linken Arm besass . und dass der Nagel an dieser
Seite nur den Zweck hatte, die Statue irgendwie zu befestigen.
1*
Der >tnii>i)i^t' Ko])t' der Zeicliiiuiiij steht von den edlen Zü^en
der .Statue weit ab.
Dass die Xiederung des Wadi Gaza der Matooaac genannte
Hafen von Gaza ist. Avie Dr. Saxdreczky meint, ist eine nner-
weisbare Behaujjtung. Maio-jaa; lag an der Stelle des heutigen
llafenplatzes . dehnte sich südwärts davon ^'4 Stunde weit und
"■eo-en Gaza zu noch weiter aus. Die östliche Stadtmauer, etwa
10 Minuten vom Hafen, war dort, wo ich sie beobachten konnte,
an drei Meter dick, und befindet sich mehr als ein Meter unter
dem Sande. Daneben liegen noch 10 Marmorkapitäle im Sande;
die Säulen Avurden zersägt und nach Gaza transportirt. Die
Stadtmauer Avird auch demolirt, um Bausteine zu gCAvinnen.
Sonderbarerweise hat Guerin die Südmauer von i\laiou<i.a;. Avovon
er noch einen Rest sah, als einen Überrest von Anthedon be-
trachtet und so Mai.o'j;xac und Anthedon mit einander vermengt.
Der betreffende Maiierrest ist unterdessen auch verschAvunden.
Zu Aviederholten Malen ist mir versichert Avorden, dass an dieser
Stelle noch viele Säulen im Meere liegen.
Vax de Veldk und viele andere versetzen Anthedon an die
Mündung des Wadi Gaza ; allein auch diese Meinung ist nicht
mehr haltbar, Avie Avir bald sehen Averden. Offenbar lag l^ethelea
an dieser Stelle , Avohin die Gazenser St. Ililarion begleiteten,
als er nach Ägypten zog.
bezüglich der Versandiuig in der Umgegend von Gaza
konnte ich bisher mit Bestimmtheit ermitteln, dass dieselbe sehr
langsam vorrückt und hauptsächlich von Süden nach Norden
gerichtet ist, Aveil der SüdAvind hier am ärgsten Avüthet. ^'on
einem Jahre auf das andere ist ein Fortschreiten der Versandung
nur an Avenigen Stellen zu bemerken. Ein bedeutendes ^'ordrin-
gen derselben ist überhaupt nicht möglich, Aveil sich der Meer-
sand vermöge seiner ScliAvere häuft und Dünen bildet. Auf diese
\\'eise ist ohne ZAveifel der Hügellücken entstanden, Avelcher die
Thahmg Gaza's vom Meere scheidet.
KtAvas nördlich von sch'cch 'adschlin haben die Steinlieferan-
ten viele alte Hausteine von guter Qualität unter dem Sande ge-
funden ; dieselben müssen jedoch schon lange dort gelegen haben,
da man au denselben keinen Mauerkitt mehr fand. Es mag Avohl
dort einst auch ein Dörflein gestanden haben, aber Anthedon
kann man nicht dahin versetzen ; die gefundenen Üherreste sind
Zu unbedeutend dafür.
Anthedou. Einen Beweis, dass zahheiche und eifrige
Forscher manchmal noch etwas übrig lassen , liefert die Ortslage
von Anthedon. Seitdem Robinson in Gaza ausgeruht, und Guk-
RiN dessen Umgebung durchstreift hat, sind manche Forscher
nach Gaza gekommen und an der Ortslage von Anthedon vor-
beigeritten. Dennoch handelt es sich hier um eine ausgedehnte
und in Gaza unter dem Namen el-lUachije wohlbekannte Kui-
neustätte. Schon einige Tage nach meiner Ankunft hier vor un-
gefähr drei Jahren hörte ich diesen Namen und zugleich, dass
das Haus des Michael Bassali und das griechische Kloster aus
den Bausteinen einer Kirche von el-Blachije erbaut worden sei.
Auch die Marmorsäulen der Moschee Said Häschim stammen,
wie man sagt, von der Blachije her. Die Sache interessirte mich
und darum zögerte ich nicht, einen Ausflug dahin zu machen.
Ich fand die Ruinenstätte 25 Minuten nördlich vom heutigen
Hafenplatze auf einem das Ufer etwa 10 Meter überragenden,
sanft gegen Norden und Westen sich senkenden Plateau, das in
seinem gegenwärtigen Zustande das Bild eines vom Sturme auf-
gewühlten Meeres bietet. Man findet nämlich kein Bauwerk
mehr daselbst, sondern nur Gruben und Hügel in Folge der eif-
rigen Thätigkeit der Steinlieferanten, die selbst aus den Funda-
menten die Bausteine herausholen. Von Süden her kommend,
muss man sich zuerst auf das Plateau hinaufliegeben , denn von
unten sieht man nichts. Ist man aber einmal droben, so über-
blickt man alles. Ich durchschritt das Ruinenfeld dem Meere
entlang und sah auf massenhaft umher gesäete Steinsplitter und
Scherbenhaufen neben Säulentrümmern und Marmorkapitälen.
Am Nordwestrande des Ruinenfeldes stieg ich dann zum Meere
hinab und fand es begreiflich , wie so mancher Forscher vorbei-
reiten konnte . ohne zu ahnen, was da droben ist, da man am
Meere eben nichts davon sieht. Nähert man sich indessen nur
wenig dem ansteigenden Plateau östlich, so bemerkt man so-
gleich, dass ganze Haufen von Scherben dort liegen. Da das
Plateau sich steil 10 Meter über das Ufer erhebt, so ist es gegen
Versandung geschützt. Ich entfernte mich in der Überzeugung,
dass ehemals eine Stadt dort gestanden haben müsse . aber
welche, das Hess sich noch nicht entscheiden. Ein anderes Mal
heifah ich niith direkt zur Kiiiiien statte und fand sie eine starke
Stunde nordwestlich von Gaza ; auch von der Südostseite her
muss man hedeutend aufwärts steigen, um das Plateau zu errei-
chen. Es erhebt sich demnach -westlich, südlich und östlich über
tlas umliegende Terrain und lässt hierdurch die Ausdehnung der
alten Stadt erkennen. Nur an der Nordseite ist dieselbe Aveniger
deutlich bestimmt. Ein drittes Mal suchte ich den Umfang und
die Ausdehnung der alten Stadt zu ermitteln und gelangte von
der Südostecke in einem Halbkreise in einer Viertelstunde zum
Meere hinab; am Meere hin ging ich ungefähr 20 Minuten; die
Südseite mag 5 — 7 Minuten lang sein. 13ie Stadt, welche hier
stand, kam also dem heutigen Jäfa an Ausdehnung ziemlich
gleich luid hatte eine ähnliche Form; nur muss man sich den
Hügel wegdenken. Damals sah ich ein eigenthümliches Natur-
j)rodukt am Ufer liegen, ein blassbläuliches, beinahe durchsich-
tiges Wesen mit einem Schild nach oben und mehreren Füssen
nach unten. Die Araber nannten es kandll el-hahr^ »die Leuchte
des Meeres«, weil es in der Nacht leuchten soll.
Dass Anthedon, w^enn es nördlich von Gaza lag, hier gele-
gen haben müsse, w^ar mir schon lange klar. Ich eilte jedoch nicht
von dieser Entdeckung Gebrauch zu machen, da ich keine
Furcht hatte, dass mir etwa ein Gazenser Gelehrter zuvorkom-
men werde. So Hess ich mehrere Jahre vorübergehen. Eines
Tages lief mir ein Knabe mit ein'^'r Antika nach; es war ein
kleines, hübsches Marmor-Brustbild. Woher hast Du es l fragte
ich ihn. Von der Blachije, war die Antwort; ich kaufte es um
einen Frank. Vor einigen Wochen fühlte ich wieder einmal
Lust, zu Fuss einen Ausflvig nach der Blachije zumachen, da
ein starker Kegen gerade den Sand etwas gehärtet hatte. Dieses
Mal sammelte ich zahlreiche Münzen und ging dann zum Meere
hinab. Da begegnete mir ein alter Fischer; ich beschloss. ihn
etwas auszufragen. Was ist denn da droben gewesen.^ lautete
die erste Frage, indem ich auf das Plateau hinaufzeigte. Der
Mann Avar aber sehr einsilbig und schrie nur einzelne Worte her-
aus. Der erste Schrei lautete : tnulk »eine Herrschaft«. Diesem
folgte bald ein anderer: medlne, »eine Stadt«. Der Vorwitz plagte
mich noch und ich fragte: Wie hat sie denn geheissen/ Ich
glaubte fest, der alte Mann werde nur den vulgären Namen el-
lilachije herausschreien. Allein dem Avar nicht also; denn nach
einigem Nachdenken schrie er: »Tedav. Ich hahe ihm den Namen
keinesAvegs in den Mnnd gehegt, wie es so oft geschieht , nnd
hatte gar nicht die Absicht, den alten Namen von ihm zn erfah-
ren, da ich iiherzeiigt Avar, dass derselbe schon lange spnrlos
verschAvunden sei. Ich veranlasste ihn im Laufe des Gespräches,
den Namen 7m wiederholten Malen auszusprechen, nnd über-
zeugte mich, dass derselbe rein und unveränderlich Teda lautete.
Ich fragte ihn endlich: »Woher Aveisst Du dasj?« »Von deneii, die
vor mir gelebt, habe ich's gehört«. Dann fügte er uuAvillig hinzu:
»liei euch Avird's AA-ohl auch sein wie bei uns, d. h. die einen
Averden geboren und die andern sterben, und die Alten sagen den
Jungen, Avas sie Avissen«. Hiemit Hess ich den Mann in Ruhe,
der geAviss keine Ahnung davon hat, dass er mit seinem Teda der
Wissenschaft einen grösseren Dienst geleistet, als mancher Ge-
lehrte mit einem dicken JJuch. Teda ist die arabische Form des
griechischen Anthedon i; . Die Blachije ist also die Avahre Orts-
lage dieser Stadt. Somit hat doch Dr. Sandreczki Recht, Avenn
er sagt , dass Anthedon nach Plinius nördlich von Gaza liegen
müsse. Die Mehrzahl der Gelehrten ist be-
kanntlich entgegengesetzter Ansicht; es
Avird sich nun zeigen, ob imd Avie diesel-
ben den Rückzug bcAverkstelligen.
Bei meinem letzten Besuche in Teda
Avurden fünf antike irdene Krüge von son-
derbarer Form ausgegraben ; ich kaufte
vier derselben um einen Medschidi. Ihre
Form ist aus der nebenstehenden Zeich-
nung ersichtlich.
Den grössten Schatz von Antiquitäten
birgt natürlich Gaza selbst. Allein um i;,^ der natürl. Grösse.
1) Ich glaube den Werth der Mittheilungen des Herrn Verf. zu erhöhen,
Avenn ich darauf aufmerksam mache, dass in den Annalen des Eutychius (ed.
Oxon. ItiSSf.) II, p. 25Sf. ein Treffen zwischen Muslimen und Byzantinern
aus dem Jahre 633 bei täcliln in der Nähe von Gaza erwähnt wird. Dieses iä-
dün , ein zu Gaza gehöriger Ort (karja) , ist ohne ZAveifel das griechische An-
thedon in einer um die erste Sylbe verkürzten Aussprache. Damit wäre das
Mittelglied zwischen dem ursprünglichen griechischen Namen und der heuti-
gen Form desselben gegeben. Stark, Gaza und die philistäische Küste
S. 56-5 f. erAvähnt den Ort Tadun , aber ihm ist soAvohl die eigentliche Quelle
als auch die Beziehung auf Anthedon entgangen. Guthe.
dit'solUen an's Taijoslicht zu l»iiiigeu, bedarf es umfangreicher
Ausgial Hingen. Damit hat es aber einige Schwierigkeiten. Ein-
mal erhiubt die türkische Kegiorung solche Ausgrabmigen ohne
Ferman nicht mehr, dann werden dergleichen Ausgrabungen in
der Nähe von Iläuseni in keiner Weise gestattet. Aveil die Häu-
ser sonst einstürzen würden, da dieselben nicht auf Felsen
stehen, wie in Jerusalem, sondern auf .Schutt \ind lluinen. Je-
doch giebt es in Gaza auch viele ausgedehnte Gärten, wo Aus-
grabungen ohne Nachtheil für Häuser vorgenommen Averden
können. Dergleichen Nachgrabungen Averden a\ich von Stein-
lieferanten angestellt, haben aber natürlich keinen wissenschaft-
lichen Zweck, sondern 'dienen nur dazu, die vorhandenen Jiau-
steine hervorzuholen. Zu diesem Behufe macht man eine grab-
ähnliche Öffnung in den Boden, etwa 4 — 5 jNIeter tief und noch
tiefer. In dieser Tiefe werden dann horizontale Gräben gezogen
und die dabei gefundenen Bausteine hinaufgeschaift. Ausserdem
werden in Gaza dann und wann Neubauten aufgeführt, wobei
immer zuerst ein künstliches Fundament hergestellt werden
muss.
Da ich im abgelaufenen Jahre den Bau eines Hauses be-
gann, war ich ebenfalls genöthigt. zur Herstellung eines Funda-
mentes umfangreiche Ausgrabungen vorzunehmen. Der Bauplatz
beündet sich im südöstlichen Theile der oberen Stadt, nicht fern
von der grossen Moschee. Er hat eine hohe Lage Avie das Serail
und ist vom östlichen Abhang der Stadt Avenigstens noch 100 Me-
ter entfernt. Er bildet ein Rechteck von 15 Meter Länge und
l'i Meter Breite. Zuerst Avurde, um Kaum für ein unterirdisches
StockAverk zu gCAvinnen, der Schiitt 2,50 Meter tief hinausge-
schafft. Bis zur Tiefe eines Meters fand man nur Schutt , dann
aber kam ein halbverfaulter Estrichboden und eine Menge zer-
streuter Bausteine zum Vorschein. An der SüdAvestecke fand
man ein Gewölbe, das sich unter der Erde noch Aveiter fortsetzte.
Der ZAveck der Arbeit gestattete nicht, demselben Aveiter nach-
zu8i)üren. In einer Tiefe von zAvei Metern fand man schon ein-
zelne Mauerzüge und zerstreute Bausteine in grösserer Menge, in
der Mitte dagegen ein kleines, aus festem Mörtelguss hergestell-
tes Becken . imd daneben die Öffnung einer kleinen, aber voll-
ständig erhaltenen Cisterne, die sich dem Bau leicht einfügen
liess. .\n der Nordseite fand ich eine alte Mauer und eine hüb-
9
sehe Marmorsäule mit einer hebräischen Inschrift. Da jedoch
dieselbe modern ist , so ist es nicht der Mühe werth. sie mitzii-
theilen. Die Eingebornen sagen, dass in dieser Gegend einst die
Synagoge der Juden gestanden habe, und der betreffende Stadt-
theil heisst noch jetzt hürat el-jelmd. Die aufgefundene Säule
wäre ein Beweis dafür.
Nun kam aber die Hauptarbeit. Um die Mauern aufführen
zu können , musste man vorher vierzehn Stollen in den lioden
hinabtreiben, ausmauern und mit Bögen übers])annen. Die vier
Eckstollen hatten ungefähr l,5ü Meter im Quadrat, so dass zwei
Männer unten arbeiten konnten. Verschalungen wurden nicht
angewendet, da der Sch\itt hinreichend fest Avar. Es handelte
sich hauptsächlich darum, den festen, natürlichen Lehmboden
zu eiTeichen. Aber es wurde drei, fünf, sieben, acht Meter tief
gegraben und doch nichts als Schutt und Mauerreste angetrof-
fen, mit Scherben und Kohlenstücken vermischt; endlich in
einer Tiefe von neun, zehn und zwölf Metern fand man den festen
Naturboden. Derselbe musste nun erst die Probe bestehen. Zu
diesem Zwecke wurde ein wuchtiger Stein hin abgeworfen. Gab
es einen hellen Klang, so war s genug; Avar aber der Klang nicht
hell genug, so hiess es noch tiefer graben. An der Nordwestecke
fand man dabei einen ganzen Complex von Mauerwerk; an der
Südwestecke musste eine aus starkem Mörtelguss hergestellte
Cisterne theilweise herausgehauen werden. Etwa vier Meter da-
neben an der westlichen, d. h. an der der Stadt zugekehrten Seite
fand man in einer Tiefe von acht Metern eine dünne Schicht
Meersand. Der Ostseite entlang zeigten sich drei unterirdische
Höhlen, wahrscheinlich ein Werk der Steinarbeiter. In einem
benachbarten Stollen fand man in unbedeutender Tiefe ein festes
Mauerwerk und wir machten uns schon Hoffnung , dass man es
als Fundament gelten lassen werde. Allein der arabische Maiirer
erklärte, es müsse heraus. Darunter zeigte sich Avieder Schmitt
lind in einer Tiefe von acht Metern ein primitives MosaikpHaster,
vielleicht ein Werk der Philister. Ich bewahrte einen Theil da-
von als Andenken. Das Innere des Kauplatzes Avar in allerlei
Richtungen A'on mehr oder Aveniger starken Mauern durchzogen ;
denselben konnte jedoch nicht Aveiter nachgespürt Averden. Die
zwei letzten Stollen liess der europäische Meister, der unterdessen
gekommen war, nicht mehr so tief machen, da man in denselben
10
fe!^a'!^ Maufiwerk faiul. Dieselben tragen auch in der That
ehensojfut als die doppelt so tiefen. Hei dieser Fundamenti-
run"- wurden ungetahr löu Kubikmeter Steine verbraucht, ein
Ik'weis , dass das Hauen in Gaza theuer ist. Ganze und zerbro-
chene Gefiisse von Thon und Glas verschiedener Art , Lampen,
Münzen und dergleichen Antiquitäten kamen zahlreich zum \ov-
schein . verscliAvanden jedoch meistens in den Taschen der Ar-
beiter.
\'ero-lcicht man die hier gemachten Beobachtungen mit den
iihnlichen Ergebnissen bei Ausgrabungen in den verschiedenen
'l'heilen der Oberstadt, so erkennt man, dass der Hügel, auf wel-
chem die heutige Oberstadt Gaza sich erhebt, erst im Laufe der
Zeit durch wiederholte Zerstörungen der Stadt entstanden ist.
Daraus folgt , dass das alte Gaza schon ursprünglich auf dieser
Stelle gestanden hat und, -Nvenn auch mehrmals zerstört und viel-
leicht eine Zeitlang verlassen, doch immer wieder aufgebaut
worden ist. Hiemit ist auch die Streitfrage, ob das heutige Gaza
an der Stelle des alten liege oder nicht, bejahend entschieden.
Das Gesagte gilt jedoch nicht von den auf der Ebene liegenden
\ ortit'idten Iiäraf es-sadschdlje xmd /larat et-tujfä h odev Tnfen;
dieselben sind jedenfalls erst später entstanden und waren nie
von der Stadtmauer eingeschlossen. Denn dieselbe müsste sonst
einen Umfang von wenigstens drei Stunden gehabt haben, wenn
man bedenkt, dass auch die Südseite und die Westseite eine
Vorstadt hatte.
Es gilt nun die Schwieiigkeiten zu lösen, welche die histo-
rischen Angaben bieten, die von einem alten und neuen Gaza
sprechen und eine Änderung der Ortslage behaupten. Unter
Neugaza ist entweder die Hafenstadt Majumas, oder die südliche
^'orstadt von Gaza zu verstehen. Das alte Gaza hiess spTjao«;
j wüste«, weil es manchmal zerstört und vielleicht auch eine Zeit-
lang verlassen worden Avar. Da es zur Zeit des heil. IIieronymus
«jtienbar auf dem Hügel der heutigen Oberstadt lag und mit seL
nen zwölf Götzentempeln und l'rachtbauten jedenfalls eine an-
sehnliche Stadt war, so muss man annehmen, dass Hieronymus
unter der alten Stadt einige damals in Kuinen liegende Vorstädte
gemeint ha])e. Eine halbe Stunde nördlich vom heutigen Gaza
lätist sich eine für das alte Gaza passende Ortslage absolut nicht
finden. Keine Spur davon! Die bezüglich der Ortslage von Alt-
11
lind Nen-Gaza in den historischen Angaben herrschende Con-
fiision kann demnach die sonst deutlich bezeichnete Identität der
Ortslage nicht beeinträchtigen. Dass Majiimas von Alt- und
Neu-Gaza 20 Stadien entfernt war, wird streng genommen nir-
gends gesagt, so viel ich weiss, sondern nur, dass Gaza zur Zeit
Arrian's und zur Zeit des Sozomenus 20 Stadien vom Hafen
Majumas entfernt lag. Unter r^ vir/, {"a^a kann man demnach
Majumas verstehen.
Der Ausdruck rhirbet es-sür ^) ist hier unbekannt und wurde
offenbar nur von den Begleitern Guerin's erfunden , um ihm et-
was zu antworten. Dagegen Avird diese lluinenstätte, wie gesagt,
ein Theil von Majumas. Chirbet Schech Hatschan genannt. Pro-
LEMAEUS verzeichnet Anthedon ein wenig nördlich vom Hafen
Gazas, da. wo ich es gefunden habe. Guerin dagegen behaup-
tet, dies sei ein Irrthum, wie man aus Josephus ersehe. Wenn
JosEPHüS Ant. Xni. 15, 4 Anthedon nach Gaza und vor Raphia
erwähnt, so kann man daraus nicht schliessen, dass es südlich von
Gaza liegen, sondern nur, dass es nördlich von Raphia und süd-
lich von Azotus liegen müsse. Die Angabe des Plinius steht
allerdings vereinzelt, insofern er allein deutlich Anthedon nach
dem Norden von Gaza verweist , während Josephus und andere
sich hierüber nicht bestimmt ausdrücken. Da Guerix Anthedon
nach Majumas versetzt , so ist er genöthigt , für Majumas einen
Sandhügel als Ortslage anzunehmen.
Eine halbe Stunde nördlich von Gaza findet man mitten in
Haumgärten ein kleines Dorf Namens maschcüiara . Die nazle ge-
nannte Ortschaft liegt nicht am Meere , sondern ganz nahe bei
dschabälja , etwas westlich davon , und ist, Avie der Name sagt,
eine Gründung dschabälja^,.
Die westliche Vorstadt Gaza s zu beiden Seiten der Strasse,
die zum Meere hinausführt, hiess ehemals harat es-siwiara. Sa-
maritaner-Quartier, Die Töpferwerkstätten nördlich von der
Strasse sind der einzige Überrest dieser Vorstadt. An die Sama-
ritaner erinnert ausserdem noch ein Bad Namens hammäm es-
sumara.
1) Nach Guerin, Judee 2, 215 unmittelbar am Meere gerade westlich
von Gaza. Die Red.
12
Der Name der südlichen N'orstadt. die sehr ausgedehnt ge-
wesen sein muss. ist nicht mehr bekannt. Im Centrum dersel-
ben stand eine Dschaule genannte Moschee, deren Minaret auf
horizontal untergelegten Säulen ruhte. Der l^egräbnissplatz mit
den bekannten Marmorsäulen . welche am Wege zur Quarantäne
im Hoden stecken, gehörte zu dieser Vorstadt. Gegen die Stadt
zu endet dieser Raum mit einem hüh ed-därun genannten Schutt-
hügel, wo bei Gelegenheit des orientalischen ('ameval ein Volks-
fest stattfindet.
Am Südostrand der Oberstadt, da. wo der Weg in die süd-
liche Vorstadt hinabführte . stand ehemals ein Kastell, Namens
hat at el-lennd'ije. Jetzt ist ein Schutthaufen dort, der aber noch
immer el-lemällje genannt wird. Der Erbauer des ('astells wird
wohl Jce7näl geheissen haben.
Folgende Angaben mögen zugleich als Nachtrag zu der
ZDPV. II. Tafel IV gegebenen Karte betrachtet werden. Dsclia-
bäljä liegt eine Stunde nördlich von Gaza, mascJuihara in der
Mitte zwischen Gaza und dscJtahaljU. schlich radicän in der Mitte
zwischen maschahara und Anthedon, hetlahjä '-^l^ St\inden nörd-
lich von dschahäljZi etwas gegen Westen im Sande. SchT'cJi ha-
san, die Quarantäne am Meere und der Hafenplatz in der Mitte
von beiden 25 Minuten südlich von Teda oder el-Blachije.
Schech liatschan 5 Minuten südlich von der Quarantäne etwas
landeinwärts. Die grosse Quarantäne bei der Stadt liegt Y4 Stunde
südlich davon etwas gegen Westen an der Strasse nach Egypten.
SchT'ch 'adschl'm liegt 3/4 Stunden südlich vom Hafenplatz oder
ebensoweit nördlich von der Mündung des Wadi Gaza, ^'on
Gaza kommt man in IY2 Stunden nach den feil adschül oder
\idsrhTir genannten Hügeln von Wadi Gaza, von dort gelangt
man in 1 • 2 St\mde nach der el-balah . das auf der erwähnten
Karte irrthümlicherwcise weit nördlich davon eingetragen ist.
Bf'/ii selille und rJiän jTimts liegen eine halbe , respectivc eine
Stunde südlich von der el-balah etwas gegen Osten. Die KaVa
'/,\)V\ . n, \\)') ist keine Ortschaft, sondern das Kastell von chän
jTiTu/s. Nasra, ein zerstörtes Dorf, liegt fünf Viertelstunden süd-
lich von Gaza etwas gegen Osten, nördlich am Wadi Gaza. Man-
snra, ebenfalls ein zerstörtes Dorf, liegt '/-i Stunde östlich von
Nasra etwas gegen Norden. Dschebel el-mtmfär liegt eine Stunde
\'^
südöstlicli von der Obei!?tadt oder 1/2 ^^tunde südöstlich von der
Unterstadt.
Der Ort Gaza selbst besteht aus zwei Theilen oder zwei
Städten, wenn man Avill, einer Oberstadt vnid einer Unterstadt;
sie sind fünf Minuten voneinander entfernt. Die Oberstadt, die
eigentliche Stadt mit meistens aus Steinen erbauten Häusern,
hat die Form eines Rechtecks , dessen Langseite dem Meere pa-
rallel läuft; die untere Stadt, gewöhnlich ea-sechchalje genannt,
ifleicht mehr einem Quadrate. Die Seiten der Ober- und Unter-
Stadt laufen aber einander nicht parallel; die Nordostecke der
Oberstadt steht der Südwestecke der Unterstadt nahe gegenüber,
die Nordwestecke der Oberstadt ist dagegen bedeutend von der
Nordwestecke der Unterstadt entfernt. Von der Einmündung der
Jafastrasse in die Oberstadt bis zu deren Südende braucht man
20 Minuten, von der Einmündung der Meeresstrasse bis zum
Ostrande der Stadt etwa 10 Minuten. Die Unterstadt kann man
in lU Minxiten nach jeder Richtung hin durchschneiden. Wer
die ganze Stadt umgehen will, braucht wenigstens zwei Stunden.
Die Baumgärten dehnen sich nach Norden und Süden eine
Stunde, nach Osten und Westen 1/2 Stunde weit aus. Einen Plan
von Gaza anzufertigen wäre eine interessante , aber schwere Ar-
beit. Die ganze Umgebung ist nach allen Richtungen hin mit
breiten, fahrbaren Strassen durchzogen. Am Nordwestrande der
Oberstadt in der Nähe der Moschee Sa'^id Häschim sieht man
noch den Überrest einer antiken Ziegelmauer.
Auf dem Steinmarkte bemerkte ich ein paar Steine mit grie-
chischen Inschriften auf Kalktünche, wahrscheinlich Grabsteine.
Neulich wurden zwei zierliche antike Marmorbecken in Form
von Schüsseln mit vier Ansätzen sammt Farbenreiber, ebenfalls
aus Marmor, gefunden. — In Askalon sind vor kurzem mehrere
Statuen zum Vorschein gekommen.
Mittlere Temperatur in Gaza im J. 1882 (nach Rcaumur).
Früh
Mittags
Abends
Im Allgemeinen
Januar
6V2
11
93/4
9
Februar
6V4
IOV4
63/4
8
März
9
15
121/2
12
April
113/4
17
141/2
141/2
Mai
131/2
19
151/2
16
14
Früh Mittags Abends Im Allgemeinen
Juni 14V> 2IV4 I7V2 17
Juli 17V4 233/4 203/4 20V4
August \S\, 24 21 23
.September IS 23 21 21
Octüber 15 21 IS 18
November 12 17 14 14
December K' 15 13 13
Mittlere Temperatur in der Frühe: 12^/4
j) » Mittags : 1 S
» » Abends: l^Va
» » im Allgemeinen: 151/2
Grösste Hitze Juli. August: 25°
Grösste Kälte Januar. Februar : 3° Wärme
Kegentage vom Januar bis Mai: 50
Winter vom 14. Januar bis 22. Februar.
Sommer vom 10. Juli bis 3. August.
Sirocco: 11 Tage. Südwind b3 Tage. Westwind 203 Tage.
Gaza, 10. April 1S83.
Das altcliristliclie Taiifliaus neben der Kirche
in Aniwäs.
Eingesandt von Baiuatli C. Scliick in Jerusalem.
(Hierzu Tafel I).
A'üi" einigen Jahren hat eine französische Dame die Kuinen
einer einstigen Kirche sammt dem sie umgebenden Platz neben
dem heutigen Dorfe "^Amwäs an der Strasse von Jafa nach Jeru-
salem gekauft und dann begonnen , die alten Mauern von dem
sie grösstentheils bedeckenden Schutt befreien zu lassen. Sie
beabsichtigt, die einstige Kirche möglichst getreu nach den
früheren Dimensionen wieder herstellen zu lassen. Im Verlaufe
dieser Arbeiten erkannte man , dass das Gebäude aus zwei ver-
schiedenen Zeiten stammt. Das ältere Bauwerk ist oifenbar by-
zantinisch und zeichnet sich durch schöne grosse Steine aus : das
jüngere ist durch die Kreuzfahrer errichtet, eine kleine einschif-
fige Kirche von etwas plumpem Styl, die nur den mittleren Theil
des byzantinischen Gebäudes bedeckt hat ^vgl. Taf. I, Plan der
alten Kirche und des Taufhauses). Diese lateinische Kirche ist
jetzt schon lange dem Schicksal der Zerstörung anheimgefallen,
ebenso wie einst ihre griechische Vorgängerin.
Bei den Ausgrabungen fand man im Jahre 1881 in dem nörd-
lichen Seitenschiif unweit der Apsis den Abakus einer alten Säule,
der eine kxirze griechische und eine kurze hebräische Inschrift
trug, die inzwischen in den Quarterly Statements for 1882.
S. 2 2 ff. veröffentlicht worden sind' . Neuerdings sind dicht
1) Vgl. auch meine Mittheilungen über die Ruinenstätte und die Inschrif-
ten in Ebers und Gutue, Palästina in Bild und Wort I, S. 214 u. Anm. 4(3.
GUTHE.
16
neheu der Kirclie. an Uirer nördlicheu Seite, die Reste eines
Tanfhiiuses. eines liaptisterinms. aufgedeckt Avorden, über die ich
im F«.lgenden zu den Zeichnungen der Tafel I einige Bemerkun-
gen machen will.
Soweit die aufgedeckten Keste erkennen lassen, war das
Haptisterium ein viereckiges Gebäude, dessen Ostseite sich in
eine Apsis erweiterte, üie Mitte der Kundung zeigt in der Linie
der geraden Wandecken das kre\izförmige Taufbassin. Es ist
schön in Stehi gearbeitet, gut ceraentirt, und liegt, wie die
Durchschnitte I und II zeigen, zur Hälfte unter, zur Hälfte über
dem Jioden. Der Durchschnitt I lässt erkennen, wie in dem nach
Westen gerichteten Arm des Jiassins einige Stufen angebracht
worden sind . auf denen die Täuflinge in das Wasser hinabstie-
gen. Der Kaum hinter dem Bassin ist durch eine niedrige, die
Apsis quer wie eine Schranke durchschneidende Schwelle abge-
grenzt. Hinter derselben stand Avohl der Priester oder der
Bischof. Vor derselben befinden sich zu beiden Seiten des Bas-
sins schalenförmige Vertiefungen in dem Boden , die durch eine
Röhre mit dem Becken selbst in Verbindung stehen, so dass das
in ihnen sich ansammelnde Wasser in das Bassin ablaufen konnte
vgl. Durchsclniitt II;. Diese Schalen bezeichnen wahrscheinlich
den Standort , den die Täuflinge einnahmen . nachdem sie das
Bassin verlassen hatten.
Leider Avar es dem Zeichner nicht möglich, Messungen vor-
zunehmen. Die Darstellung der Tafel kann daher nicht ganz ge-
nau genannt Averden. Doch ist das Gesammtbild im ganzen rich-
tig und treu. Als die Länge, resp. l^reite des Bassins giebt er
3,50 m, als die Tiefe 1.35 m an.
Der Platz der Kirche und des Taufhauses ist jetzt mit einer
Mauer umgeben und daher nicht mehr allgemein zugänglich. Die
Ausgrab\ingen sollen fortgesetzt Averden und können vielleicht
noch andere Averthvolle Keste zu Tage bringen. Jedenfalls liabeu
sie xins in dem Taufliause einen echt byzantinischen Bau aufge-
deckt , der möglicherweise bis in das vierte Jahrhundert nach
Chr. Geb. hinaufreichen kann.
Jerusalem, Juni 1883.
Die Pilgerfahrt des russisclieu Abtes Daniel ins lieilige
Land 1113—1115.
Aus dem Kiissischen übersetzt von A. JiCSkien in Leip/io-.
Die Reisebesclireibinig des Hegumenos Daniel ist ein in der
altrussiscben Tjiteratur sebr verbreitetes liucb gewesen. Man
kennt circa 40 ITandscbriften , von denen 31 dem Herausgeber
A. S. NoROFF vorlagen und 15 als die besseren von ilira haupt-
säclilicli benutzt sind. Keine der Handscbriften ist älter als das
15. Jabrli. Noroff's Ausgabe (Putesestvie igiimena Daniila po
svjatoj zemle [1113 — 1115], izdano archeograficeskoju komrais-
sieju pod red. A. S. Norova, s ego kriticeskimi zamecanijami.
St. Peterb. 1S64) liegt zu Grunde der in den ceti minei (Heili-
genlegenden) des Makarius entbaltene Text, eine Auswahl von
Varianten begleitet sie. Noroff gab zugleich eine französische
Ubersetziing : Pelerinage en terre sainte de l'igoumene russe Da-
niel [1113 — 1115] traduit pour la premiere fois ; accompagne de
notes critiques et suivi du texte russe etc. par Abraham de NorofF.
St. Petersb. lSß4). In meiner Übersetzung habe ich mich streng
an die Ausgabe Noroff's halten müssen, da mir handschriftliche
Texte nicht zugänglich sind und ich zu wenig in der Geographie
Palästina' s und der betreffenden Literatur über die heiligen Stätten
bewandert bin, um unter den von Noroff gegebenen Varianten
eine sichere Wahl treffen zu können. Im <j;anzen stimmt meine
Aversion, wie ich durch nachherige Vergleichung constatirt habe,
mit der Noroff' sehen überein; ob ich bei Abweichungen von ihm
(las Richtigere getroffen habe , kann ich nicht mit voller Sicher-
heit behaupten : der Text ist an manchen Stellen sehr unklar und
die Verbindung der Sätze zweifelhaft. Unter diesen Umständen
Ztschr. d. Pal.-Ver. VII. 2
18
habe ich niicli heiniilit, den Text so wortgetreu wie möglieh wie-
der/.u^'eben : Noutu-i' ijicht molir eine glatte, wohlstilisirto Ver-
sion
Die Zeit der lieise ergicbt sich daraus, dass Daniel selbst
er/.ilhh,, er habe sie angetreten während der Regierung des Gross-
fiirsten Sviat()])(»lk Izjaslavic, der von 1093 — 11 13 regierte, und
dass er in l^llii^tina ein fStiick Weges mit dem Heere Halduins
zog, als dieser seinen Zug gegen Damaskus unternahm, 1115.
Pilgerfahrt des Möiiehes Daniel.
Erzählung von der Reise nach Jerusalem , von den Städten,
von der Stadt Jerusalem selbst , von den verehrungswürdigen
Stätten, welche um die Stadt liegen, und von den heiligen
Kirchen .
Ich , der unwürdige Hegumen '-) Daniel , aus dem russischen
Lande , der geringste unter allen Mönchen , demüthig wegen vieler
Siinden und der Unwissenheit in jeglichem guten Werke, getrieben
von meinen Gedanken und meiner Ungedidd, bekam die Sehnsucht,
die heilige Stadt Jerusalem zu sehen und das I^and , das Gott dem
Abraham verheissen hatte. Durch Gottes gnädigen Willen beschirmt,
erreichte ich auch die heilige Stadt Jerusalem uud sah das ganze
Land Galiläa und die heiligen Stätten und besuchte alle, das ganze
Land , wo Christus unser Gott mit eignen Füssen wandelte und viele
Wunder seinen heiligen Aposteln und Jüngern hochherrlich zeigte.
Das also alles habe ich mit eignen Augen gesehen , und alles liess
mich Gott sehen, was ich lange Zeit gewünscht hatte, von meinen
Gedanken gepeinigt. Ihr aber, Brüder uud Väter, meine Gebieter,
seid nachsichtig gegen mich und verdenkt es nicht meinem geringen
Verstände \ind meiner Unwissenheit, dass ich von Jerusalem und vom
gottgesegneten Lande und von dieser heiligen Reise geschrieben habe.
Denn wenn jemand diese Reise macht in Furcht und Demuth, so ver-
sündigt er sich freilich nicht gegen die Gnade Gottes ; ich aber habe
unwürdig diese heilige Reise gemacht, in jeglicher Schwachheit und
Trägheit, essend und trinkend, \ind habe allerlei Unwürdiges gethan,
aber dennoch hotte ich auf die Gnade Gottes und auf Eure Fürbitte, dass
mir Cliristus unser Gott meine unzähligen Sünden vergebe. So habe
ich auch diese Reise und diese heiligen Stätten beschrieben , nicht in
1) Die mit G. bezeichneten Anmerkungen aind von der Redaction hinzu-
gefügt.
2) Die Würde eines Hegumen in dem Klosterwesen der griechischen
Kirche entspricht der abendländischen Stellung eines Priors. G.
19
Ueborliebnng und Stolz darüber. Das sei ferne, denn icli liabo nichts
(lutcs auf dieser Jieiso vollbradit , sondern ans Liebe ym den heiligen
Stätten hal)e ich alles anfgesclirioben, was ich mit meinen sündigen
Augen gesehen habe , damit nicht in Vergessenheit gorathe das, was
mir Unwürdigem Gott zeigte ; und ich fürchtete das Urtheil über
jenen trägen Knecht, der das IM'und seines Herrn verbarg und es nicht
wuchei'n Hess. Auch habe icli es um der Gläubigen willen aurgesclirie-
ben, damit einer , w^enn er von den heiligen Stätten liin-t . im Geiste
und in Gedanken dahin eile und gleichen Tiolin empfahe mit denen,
die dahin gepilgert sind. Viele nun, welche diese heiligen Stätten be-
suclit und die heilige Stadt Jerusalem gesehen haben , überlieben sich
in ihren Gedanken, als liätten sie etwas Gutes vollbracht, und verlie-
ren wieder den Ijohn ihrer Mühe, von welchen ich der erste bin.
Viele auch , die nach Jerusalem gekommen sind , haben vieles Gute
nicht gesehen, da sie eilen schnell zu reisen, diese Reise darf man
aber nicht schnell machen, sondern gemächlich, nicht in Eile ; nur so
kann man alle die heiligen Stätten in der Stadt Jerusalem selbst und
ausserhalb der Stadt sehen.
Ich nun, der unwürdige Hegumen Daniel, als ich nach Jerusalem
gekommen war, habe 1(3 Monate in der Metochie des heiligen Saba^)
\erweilt und habe von da ausgehend alle die heiligen Stätten er-
kundet und wohl gesehen. Denn unmöglich ist es, ohne Führer zu
reisen und ohne Sprache (Dolmetscher) alle die heiligen Stätten wohl
zu erkunden und zu sehen. Und was ich bei mir hatte von meiner
geringen Habe, von dem gab ich allen, die alle heiligen Stätten in der
Stadt und ausserhalb der Stadt gut kennen, damit sie mir alles gut
zeigten, wie es auch geschah. Und Gott vergönnte mir in der Laura
des h. Saba^) einen Mann zu finden, heilig und betagt und sehr ge-
lehrt, und diesem heiligen Manne legte Gott ins Herz, mich Geringen
sehr zu lieben, und derselbe zeigte mir gut alle heiligen Stätten, die
in Jerusalem sind, und durch das ganze Land führte er mich gut, bis
zum Meer von Tiberias, bis Thabor, bis Nazareth, bis Hebron, bis zum
Jordan und bis Bethlehem ; über alle diese heiligen Stätten führte er
mich und bemühte sich um mich aus Liebe, und noch viele andre hei-
lige Stätten habe ich gesehen, wie ich davon hernach erzählen werde.
Von der Reise nach Jerusalem. Der Weg nach Jeru-
salem. Von Constantinopel hat man auf dem Meerbusen zu fahren
1) Die Metochie des heiligen Saba lag östlich neben dem Davidsthurm
(der heutigen Citadelle), südlich an der Gasse, die von dem Davids- oder Jafa-
thore nach dem Tempel des Herrn (Felsendom) hinabführte. So Tobler, Topo-
graphie von Jerusalem I, p. 397. Anders NorofF, Pelerinage an t. s. de
rigoum. russe Daniel p. 3, n. 1 auf Grund eines Fehlers in der lateinischen
Ciaersetzung der Pilgerschrift des Mönches Johannes Phokas aus Kreta (1185)
in Allatii Symmicta p. 21. G.
2) Hier ist das bekannte Kloster Mar Saba zwischen Bethlehem und dem
Todten Meere gemeint. Vgl. unten p. 50. G.
2*
f>
20
300 Werst 1^ bis zum grossen Meere, bis zur Insel Petala 2) 100 Werst;
und das ist die erste Insel in dem engen Meere 3) , und ist dort ein
guU-r llal'on; da ist auch die grosse Stjidt Heraclea^J, und gegen-
über dieser Stadt kommt das heilige Oel (fJtupov) aus der Meerestiefe
hervor, denn dort sind heilige Märtyrer von den Peinigern versenkt
worden. Von der Insel Petala aber bis Kallipolis 100 Werst und von
Kallipolis '>(! Werst bis zur Stadt Abydos, und gegenüber dieser Stadt
lii'gt der heilige Euthymios der Jüngere begraben^). Von da aber bis
Krete^) 20 Werst, und dort geht es ins grosse Meer hinaus, links
nach Jerusalem, rechts zum heiligen Berge' , nach Thessalonich und
Rom. Von Kreto aber bis zur Insel Tenedos :^0 Werst; das ist die
erste Insel im grossen Meere, und dort ruht Abudimos, der Märtyrer
Christi ; auch ist dort, gegenüber dieser Insel, eine grosse Stadt ge-
wesen, Namens Troas ; dahin ist nämlich der heilige Apostel Paulus
gekommen und hat jene Gegend unterwiesen an Christum zu glauben
und sie getauft. Von der Insel Tenedos aber bis zur Insel Mitylene
100 Werst ; dort liegt der heilige Georg, der Metropolit von Mitylene :
von da bis zur Insel Chios 1 00 Werst, und dort liegt der heilige Mär-
tyi-er Tsidor ; auf dieser Insel wird Mastix und gute Weine und aller-
lei übst erzeugt. Von der Insel Chios aber bis zur Stadt Ephesos
CO Werst; dort ist das Grab des heiligen Johannes Theologos; aus
seinem Grabe kommt heiliger Staub heraus zu seinem Gedächtniss,
und man nimmt diesen Staub zur Heilung jeglicher Krankheit; und
das Kleid des Johannes liegt dort, in welchem er selbst wandelte. Und
dort ist in der Nähe die Hohle der sieben Kinder, wo auch ihre Leiber
liegen, derer, welche 372 Jahre schliefen ; zur Zeit des Kaisers Decius
schliefen sie ein und unter Theodosius kamen sie wieder hervor. In der-
selben Höhle liegen die 300 heiligen Väter. Das Grab der Maria Mag-
dalena ist auch hier und ihr Kopf, und der heilige Timotheus, der
Schüler des heiligen Apostels Paulus , liegt in der alten Stadt begra-
ben. Und ebenda in einer alten Kirche ist ein Bild der heiligen Got-
tesmutter; mit diesem Bilde widerlegten die heiligen Väter den Ketzer
Nestorius. Und dort ist das Bad, wo Johannes Theologos mit seinem
Schüler Prochoros bei der Romanis arbeitete *^1 , und wir sahen den
Hafen , wo das Meer den Johannes Theologos auswarf ; dort nämlich
1 Entspricht der heutigen russischen Versta ; unter Stadium in unserem
Text ist d:issell)e zu verstehen ; die Angabe von 'M)0 W. bezieht sich auf die
Entfernung von Constantiuopel bis zum Südcnde des Hellespont, die in ein-
zelne Strecken mit besontU'ren /ahlangabeu zerlegt wird.
2) Nach Nokoff's Vermuthung das heutige Eiland Kutala oder Kutali
nelien der Insel Marmara. G.
3) Das ist Helle.spont.
4) Zu verstehen das Proconnesus gegenüberliegende Heraclea.
h) F/J!l'j(j.io: ö vio;.
6) Auf dem Chersonnes am Ausgange des Hellespont. 7) Athos.
8| Vgl. Acta Johannis ed. Tu. Zahn (18S0), p. 7 ff. 17 ff. G.
21
hielten wir uns drei Tage auf, der Hafen heisst ') . Die Stadt
Ephesos aber liegt auf dem Festlande, vom Meere entfernt 4 Werst,
in den Bergen, mit allem reichlich versehen ; und dort bezeugten wir
jenem heiligen Grabe unsre Vcrolirung. Dureli Gottes Gnade aber
und die Fürbitten des lieiligen Johannes Theologos beschirmt gingen
wir voll Freude von dannen. Von Ephesos bis Samos sind 40 Werst,
und auf dieser Insel giebt es viele Fische, und Überfluss an allem hat
diese Insel. Von der Insel Samos bis zur Insel Ikaria 2(» Werst, und
von der Insel Ikaria bis zur Insel l'atmos (iO Werst; seitwärts weit
ins Meer hinaus liegt die Insel Fatmos ; auf ihr schrieb Johannes
Theologos das Evangelium, als er mit Frochoros, seinem Schüler, ver-
bannt war. Von da folgt die Insel Leros, ferner die Insel Kalymna,
ferner die Insel Nisera '^) , ferner die Insel Kos , sehr gross , reich an
allem, Menschen und Vieh ; ferner die Insel Telos ; auf ilir giebt es
(Schwefel-) Mehl ; aus einer Grube quillt brennender Schwefel, den
siedet man und verhandelt ihn an Kaufleute ; es ist der, mit dem wir
Feuer schlagen ; fcnncr die Insel Chalkia (Chalke) . Und alle diese
Inseln sind sehr reichlich mit allem gesegnet , mit Menschen und
Vieh ; einander benachbart , sind sie ungefähr 1 0 Werst voneinander
entfernt. Ferner die Insel Rhodos, sehr gross und reich an allem ;
auf dieser Insel war es, wo Oleg , der russische Fürst, zwei Sommer
und zwei ^Vinter lebte. Von d*'r Insel Rhodos bis zur Insel Samos
sind 5 Werst'*) und von der Insel Samos bis zur Stadt Makre'*)
60 Werst.
Von dem Balsam Gomphytis. In dieser Stadt Makre , in
diesem ganzen Landstrich, bis Myra hin, wird ein Balsam, der
schwarze Gomphytis , erzeugt und zwar so : er tritt aus einem Baume
heraus wie Mark, und man nimmt ihn mit einem scharfen Eisen ab ;
der Baum aber heisst Zygia und ist von Gestalt wie eine Erle. Und
ein andrer kleiner Baum, hat die Gestalt einer Fichte, dünn, heisst
Styrax ; in diesem Bäumchen ist unter der Rinde ein Wurm, von der
Grösse eines Engerlings'^) ; und dieser Wurm bohrt den Baum an, das
Wurmmehl kommt heraus wie Weizenkleie , auch fällt es von dem
Baum herab wie Kirschleim ; das sammeln die Leute und mischen es
mit dem erstgenannten Baum , thun es in einen Kessel und sieden so
den Balsam Gomphyt, laden ihn in Schläuche und verkaufen ihn den
1) Muromorjanoe, v.l. more morjanoe. NOROFF übersetzt : cette baie est
surnommee la mer tranquille ; vielleicht "Marmorhafen«.
2) Nisyros kann nicht gemeint sein, da diese Insel südUch von Kos liegt ;
NoitOFF lässt den Namen in seiner Übersetzung nach einigen Handmehr, ganz
weg; möglicherweise ist aber Hypsirisma gemeint, wenn nicht etwaNera nisi.
3) So, natürlich fehlerhaft, im Text. Norüff giebt mit Benutzung hand-
schriftl. Ijesarten : on compte 5 verstes de Karkia (Chalkia) jusqu'ä Khodes.
Lile de Khodes se trouve ä la distance de 200 verstes de Samos.
4) Makri an der lycischeu Küste.
5) So nach einer Variante in Miki. Lex. pal. s. v. ponravü; die Bedeu-
tung »Engerling« nach dem cechischen.
0 0
Kautk-uteu. Von Makie aber bis zur Stadt Patara sind 40 Werst, dort
ist der Geburtsort des heiligten Nicolaus, das ist seine Heimath. Von
der Stadt l'atara aber bis Myra K» Werst, wo das (irab dos lieili^^en
Nitcdaus ist, und von Myra nacli C^hclidoniae (iO Werst, und von Chc-
li.iiiniae bis /,ur -grossen Insel Kypros 20U AVerst.
Von der Insel Kypros. Die Insel Kypros ist sehr gross und
viele Menschen sind darauf, und Überfluss hat sie an allen Gütern: so
sind darauf 21 Bistliümer und das Ganze ein Rrzbistlium. Und Hei-
liire sind dort viele begraben, zahllose : dort nämlich liegt der heilige
Kniplianitts und der Apostel Harnabas und der heilige Zenon und der
heilige Bischof Pbilagrios, den Paulus, der Apostel Christi, taufte.
Und eben da ist ein sehr hoher Berg, und auf diesem Berge liat die
heili'i'e Helena, die Kaiserin, ein Kreuz aus Cypressenholz errichtet
zur Vertreibung der Teufel und jeglichem Gebresten zur Heilung und
liat hineingesetzt einen anbetungswürdigen Nagel Christi , und an die-
ser Stelle geschehen Zeichen und viele Wunder, und bis auf den heu-
tigen Tag steht dieses Kreuz in der Luft, Iiaftet mit nichts in der Erde,
sondern hält sich so in der Luft; und dort habe ich Unwürdiger die-
sem wunderbaren Heiligthume meine Verehrung erzeigt. Und durch
Gottes Gnade, die an diesem Orte haftet, beschirmt, durchwanderten
wir glücklich dort diese Insel.
^" o n Weihrauch und Balsam. Und ebenda w ird Weih-
rauehbalsam erzeugt, und zwar fällt er vom Himmel wie Tliau. in den
Monaten Juli und August. Es sind nämlich auf den Bergen dort viele
kleine Bäumchen, niedrig, mit dem Grase gleichhoch, und auf die fällt
jener gute Balsam, und man sammelt ihn in jenen beiden Monaten, in
anderen Monaten aber lallt er nicht. Von der Insel Kypros bis zur
Stadt Jafa sind 100 "Werst, immer auf dem Meere zu fahren, und die
ganze Meerfahrt von Constantinopel bis zur Insel Rhodos beträgt SOG
Werst, und von der Insel Rhodos bis Jafa 800 Weist, die ganze
Meerfahrt von Constantinoj)el bis zur Stadt Jafa 1000 ^^'erst. Dies
Jafa aber liegt an der Küste nahe bei Jerusalem. Von da aber geht
man zu Laude nach Jerusalem 30 Werst, in der Ebene 10 Werst bis
zum heiligen Georg.
Von der Kirche des heiligen Georg. Dort nun ist
eine Kirche des heiligen Georg und die Stadt Ramie ; (die Kirche) ist
gross, gewölbt, und daselbst ist sein Grab im Altar, dort nämlich
wiLrde der heilige Georg gemartert. Und viele Wässer sind dort ;
und dort rasten alle fremden Pilger, aber nur mit grosser Gefahr kann
man sich dort aufhalten , denn der Ort ist wüst bis auf den heutigen
Tag ') . Und da in der ISähe ist die Stadt Ascalon, und die Sarazenen
machen Ausfälle und erschlagen die Fremdlinge unterwegs ; so
herrscht dort grosse Furcht. Vom Ort aber des lieiligen Georg geht
1i \'k\. diu .Nachriclit des Ja'knbi bei CJii.DEiMEISTEK, Beiträge zur Palä-
Btinakunde auH arabischen Uuelloii ZDl'V. IV, 88. G.
23
man durch die Berge bis Jerusalem 20 grosse Werst; aber in den stei-
nigen Bergen ist der Weg sehr beschwerlich.
Vom Berge Ar m a th e m ') . Und dort ist ein hoher Berg nahe
bei Jerusalem , zur rechten Hand , wenn man von Jafa kommt , auf
diesem Berge ist das Grab des heiligen Propheten Samuel und seines
Vaters Elkan und das der Maria von Ägypten -) ; es war nämlich dies
der Heiligen Dorf und Haus ; und die Stelle ist eingefriedigt, und
heisst Armathem.
Von Jerusalem. Und es liegt diese heilige Stadt Jerusalem
in einer Schlucht und ringsum hohe und grosse Felsberge , so dass
man nun, wenn man nahe an die Stadt herangekommen ist, auch die
heilige Stadt Jerusalem sehen kann : zuerst sieht man das Haus Da-
vids'' , dann ein wenig weiter gekommen, den Olberg und das Aller-
heiligste^ und daraiif sieht man die ganze Stadt. Und dort ist auf dem
Wege nahe bei Jerusalem, etwa eine Werst entfernt, ein flacher Berg,
und auf diesem Berge steigen die Leute von den Pferden und alle gehen
zu Fuss und die Christen beten an vor der heiligen Auferstehung ; und
grosse Freude hat jeder Christ, wenn er die heilige Stadt Jerusalem
erblickt ; denn keiner kann sich der Thränen enthalten , wenn er das
ersehnte Land sieht und die heiligen Orte , wo Christus unser Gott
unsrer Erlösung wegen wandelte ; und alle gehen zu Fuss mit grosser
Freude zur Stadt Jerusalem.
Von der Kirche des heiligen Stephanus. Und dort
ist die Kirche des heiligen Protomartyrs Stephanus , nahe am Wege,
zur linken Seite, wenn man hingeht^) ; an dieser Stelle wurde der hei-
lige Stephanus, der Archidiakon , von den Juden gesteinigt, und da-
selbst ist auch sein Grab. Und ebenda ist ein felsiger Berg, flach, der
sich spaltete bei der Kreuzigung Christi , und der Ort wird Hölle ^)
1) Das heutige nehi samwil, welches allerdings zur rechten Seite des nörd-
lichen alten Weges von Jafa nach Jerusalem liegt. Vgl. ToBLEK, Topogr. I,
p. ST4ff. .. G.
2) So hat N. im rus.s. Text: in der Übers, de sa mere l'Egyptienne.
3) Daniel versteht darunter den Davidsthurm, die heutige "Citadelle, vgl.
P 27. G.
4 Die Angabe "Zur linken Seite« will sich auf den ersten Blick nicht mit
der Nachricht der citez de Jerusalem (s. bei ToßLER, Topographie 11, p. ISTj
vertragen , dass die Stephanskirche westlich von der Strasse Jerusalem-Nabu-
lus gelegen habe. Doch muss man bedenken, das.<? Daniel nicht dem Damas-
kusthore , sondern dem Jafathore zugeht. Er wird also nördlich von der Ste-
phanskirche die Strasse nach dem Damaskusthor in südwestlicher Richtung
schon verlassen haben und sieht darum die Kirche zu seiner Linken, während
sie für die gradaus auf das Damaskusthor zu Gehenden an der rechten Seite der
Strasse Jerusalem-Nabulus lag. Die 1 881 82 aufgedeckten Reste einer Ka-
pelle östlich von dieser Strasse werden mit der Stephanskirche nicht zusam-
menhängen. Vgl. C. R CoNDER in PEF. Quarterly Statement April 1S82,
p. 116. Über eini>;e Funde westlich von der Strasse berichtete Schick 1871t
in ZDPV. n, p. 102 ff. G.
5) Gesetzt für die russische Form des Wortes Hades. Hiermit ist das
neutestamentliche "Wort für »Hölle», nändicli Geena gemeint, eine Verkürzung
c
•24
fcuaunt und da in der Nähe ist die Stadtmauer , etwa einen Stein-
wurf weit.
Von d«'r Stadt Jerusalem. Und dann geht in die heilige
Stadt Jerusalem hinein jeglicher Mensch mit grosser Freude durch das
Thor, das nahe dem Hause Davids ist ; und es ist das Thor, das nach
lii'thlehem führt, und es heisst Benjaminsthor 'i ; so dass für den, der
in die Stadt will, der Weg durch das Thor (gradaus) geht; rechts aber
geht es zum Allerheiligsten"-), links zur Auferstehung, wo das Grab
des Herrn ist.
Von der Kirche der Auferstehung des Herrn. Und
es ist diese Kirche der Auferstehung des Herrn folgender Art : rund
webaut, hat 12 runck- und 6 gemauerte Säulen-^) und ist mit Marmor-
tiiesen sehr schön gei)Üastert ; Thüren aber hat sie sechs, und auf der
Galerie Itj Säulen; oberhalb der Galerie unter der Spitze sind die
heili"-eu Propheten abgebildet, alle in Mosaik, dass sie wie lebend da-
stehen, und über dem Altar ist Christus in Mosaik abgebildet , und
auf dem grossen Altar die Erhöhung Adams ; in der Spitze selbst aber
die Himmelfahrt des Herrn, und beiderseits des Altars die Verkündi-
gung und alles das hat Unterschriften in Mosaik. Die Spitze der
Kirelie aber ist nicht bis zu Ende mit Steinen geschlossen , sondern
nur verengt mit Brettern und behauenen Balken in der Art von Zim-
mermannsarbeit, und so ist keine Spitze und keine Bedeckung da.
Vom Grabe des Herrn. Unter dieser selben ungedeckten
Spitze ist das Grab des Herrn in dieser Weise : eine kleine Höhle in
dem Felsen ausgehauen, mit einer kleinen Thür, so dass ein Mensch
hineinkommen kann , wenn er sich auf die Knie legt ; sie ist von der
Höhe eines kleinen Mannes und ganz rund""), vier Ellen in die Länge
und in die Breite. Wenn man durcli jene kleine Thür in die Höhle
eintritt, so ist an der rechten Seite eine Stelle wie ein Bänkchen, in
denselben Felsen wie die Höhle gehauen ; und auf diesem lag der
Leib unsers Herrn Jesu Christi ; und jetzt ist dies heilig(> Bänkclien
mit Marmorplatten bedeckt ; und an der Seite sind drei runde Öffnun-
gen gebrochen , und durch diese Fensterchen sieht man den heiligen
Stein; und lUni küssen ihn alle Christen. Und es hängen im Grabe
des Herrn fünf grosse Lampen mit Baumöl, und es brennen diese hei-
ligen Lampen unaufhörlich, niemand löscht sie weder bei Tag noch
aus ge bene hinnom. Dasselbe beginnt westlich von dem Jafathure, kann also
hier nicht verstanden werden , da Daniel noch von der nächsten Umgebung
der Stephanskirche N von Jerusalem redet. G.
I Das Iknjaminsthur ist nach obigen Angaben ohne Zweifel das heu-
tige Jat'athor. G.
■> 2) l''elsenkupp(.'l. Dif Angahe über den Wt-g »rechts« soll wohl nur den
Gtgfnisatzf^egen die Jlichtiiiigdcs WegeszurAuferstehungskirche andeuten. G.
15/ D. h. Säulen und Pfeiler.
4) So wird von N. nach Vorgang Andrer das dunkle Wort des Textes
vsjamokarna übersetzt. Vgl. die Note 2 in Pelerinage etc. p. 19, und unten
p. 25, Anm. 2.
25
bei Nacht. Jenes heilige Bänkchen aber, wo der Leib Christi la^, ist
in der Länge 4 Ellen , in ihr Breite 2 Ellen und anderthalb Ellen
hoch. Vor der liöhlenthür aber liegt ein Stein , drei Fuss von ihr
entfernt ; auf diesem Stein sass der Engel, der den salhenbringenden
Frauen erschien und ilinen Christi Auferstehung verkCiudcte ; und
die Höhle ist wie ein Ambon bekleidet mit schönem Marmor , auch
stehen Marmorsäulchen ringsum. 12 an der Zahl. Oben aber auf der
Höhle ist eine Art Thürmehen gci)aut, schön, auf kleinen Säulen, und
seine Spitze ist rund zugebaut, unil mit silbernen Schüppchen, die
vergoldet sind, beschlagen; und auf der Spitze dieses Thürmchens
steht Cliristus aus Silber gearbeitet, von der Grösse eines Mannes, und
den haben die Franken gearbeitet und aufgestellt, und jetzt ist er
gerade unter jener ungedeckten Spitze. Es hat aber das Thürmehen
drei kleine Thüren , künstlich gebildet wie kleine Kreuze ') ; durch
diese Thüren nun steigen die Leute zum Grabe des Herrn. Das war
also das Grab des Herrn, diese Höhle, wie ich es beschrieben liab(>,
nachdem icli es wohl erkundet von solchen , die dort seit lauge siird
und diese heiligen Orte kennen.
Vom Nabel der Erde und von der Kirche. Und es ist
diese Kirche, die Auferstehung des Herrn, rund von Gestalt"^), in die
Länge und in die Breite 30 Klafter. Sie hat aber eine geräumige Ga-
lerie und in dieser , oben, wohnt der Patriarch. Und von der Thür
des Grabes des Herrn bis zur Wand des grossen Altars sind 12 Klaf-
ter, und dort ist , ausserhalb der Wand hinter dem Altar , der Nabel
der Erde ; darüber aber ist ein Gewölbe gebaut und oben darauf Chri-
stus abgebildet in Mosaik , und eine Inschrift sagt : »Siehe mit der
Spanne habe ich den Himmel ausgemessen und mit der flachen Hand
die Erde« •') . Vom Nabel der Erde bis zur Kreuzigung Christi und bis
zur Schädelstättc sind 12 Klafter. Und zwar ist die Kreuzigung des
Herrn von der Auferstehung gegen Osten , die Kreuzigung ist aber
hoch auf einem Felsen gewesen ^) Dieser Fels
nun ist rund wie ein kleiner Hügel ; in der Mitte aber dieses Felsens
oben ist ein Loch , tiefer als eine Elle und breiter als eine Spanne,
rund, und dort war das Kreuz eingesenkt. Unten aber unter diesem
Felsen liegt das Haupt Adams, des ersten Menschen. Bei der Kreu-
zigung des Herrn , als am Kreuze unser Herr Jesus Christus seinen
(ieist aufgab, damals als der Vorhang des Tempels zerriss und die
Felsen zersprangen , damals spaltete sich auch dieser Fels über dem
Haupte Adams und durch diese S^jalte kam Blut und Wasser aus den
Rippen des Herrn hinab auf das Haupt Adams und wusch die Sünden
1) D. h. Gitterwerk.
2) Hier steht ausserdem nn Te.x.t noch vsjamokaccna, was also schwerlich
dasselbe bedeutet wie krugla obrazornü »rund von Gestalt«. Vgl. oben p. 21,
Anm. 4.
;«) Vgl. Jes. 40, 12.
1^ Folgt eine mir unverständliche Stelle; N. hat: et servait de poste
pour Ics gardes.
26
des Menschengeschlechts ab , und man erkennt diese Spalte in jenem
Felsen bis zum heutigen Tage. Dieser Fels aber ist eingelasst mit
einer steinernen Mauer , und oben über der Kreuzigung des Herrn
ein Gewölbe geltaut und wunderbar mit Mosaik geziert worden, und
an der Ostseite au der AVand ist in Mosaik Christus abgebildet am
Kreuze hängend, kunstreich und wunderbar, wie lebendig, doch höher
und grösser als in AVirklichkeit. An der Südseite aber ist abgebildet
die Abnalmie des Herrn vom Kreuz ebenso wunderbar. Thüren hat
es zwei, und man steigt auf Stuten hinauf, auf 7 Stufen ; gepflastert
ist es schön mit Marmorplatten ; unten aber unter der Kreuzigung, wo
das Haupt Adams ist , ist ebenfalls ein Bau w ie eine kleine Kapelle,
auch schön gepflastert mit Marmorplatten ; dies nun heisst die Kra-
nion-Stätte , was so viel ist wie Schädelstätte ; oben aber , wo die
Kreuzigung des Herrn ist, heisst es Golgatha. Von der Kreuzigung
bis zur Abnahme sind 5 Klafter. Und ebendaselbst ist eine Stelle in
der Nähe, nach der Nordseite zu, wo seine Kleider getheilt wurden ;
und ebenda aucli eine andere iStelle in der Nähe , wo sie auf Jesu
Haupt die Dornenkrone setzten und ihm den Purpur als Spottkleid
anlegten. Und ebenda ist in der Nähe der Opi'eraltar Abrahams, wo
Abraham Gott das Opfer brachte und den Widder schlachtete anstatt
Isaaks, seines Sohnes, \md zu demselben Orte wurde Isaak hinaufge-
führt, wo Christus hinaufgeführt wurde zum Opfer um unsrer Sünden
willen und gekreuzigt von den Gottlosen. Von ebenda aus ist nahe
die Stelle, etwa eine Klafter weit, wo Christus unser Gott den Backen-
streich bekam, und von ebenda ist nahe das heilige Gefängniss, wo
Christus unser Gott gefangen gesetzt wurde, und sass dort ein wenig,
bis sie das Kreuz des Herrn fertig hatten . an welchem sie ihn auch
kreuzigten; und alle diese heiligen Orte sind unter einem Dache.
Von dem Gefängniss Christi aber nach Norden zu sind es 12 Klaf-
ter i) bis zu der Stelle, wo die heilige Helena , die Kaiserin, das an-
betungswürdige Kreuz des Herrn fand, xmd die Nägel, die (Dornen)-
krone , das Rohr, den Schwamm und die Lanze. Es liegt aber die
Kreuzigung des Herrn und das Grab, alle die heiligen Orte, in einer
Senkung, denn es ist eine Anhöhe an der Westseite über dem Grabe
des Herrn und über der Kreuzigung. Dort ist eine Stelle an dieser
Anhöhe : an die Stelle lief eilig die Gottesmutter , sich bemühend
Christo nachzulaufen, und sj)racli im Schmerze ihres Herzens wei-
nend : »Wohin gehst Du, mein Kind, w^arum läufst du eilig? Ist etwa
eine zweite Hoclizeit in Kana in Galilaea , und eilst Du dahin . mein
Sohn und mein Gott? Geh nicht schweigend von mir, o Sohn, von
der. die Dich geboren hat, gieb doch, ein Wort mir. Deiner Magd«.
Als aber die heilige Gottesmutter an jene Stelle gekommen war, sah
sie von der Höhe herab, wie ihr Sohn gekreuzigt wurde, erschrak sehr
und setzte sich niederknicend, in Kummer und Weliklage versunken.
L'iul da erfrdlle sich die Weissagung Simeons, wie er zuvor sagte von
1) N. iiijder Ll)er«. 2! Klafter.
27
der heiligen Gottesmutter : Siehe, er ist gesetzt zur Auferstehung und
zum Falle vieler in Israel , und Dir selbst wird ein Schwert durch die
Seele gehen ^), nämlich, wenn Du sehen wirst Deinen Sohn am Kreuze
hangen. Und da standen an dieser Stelle viele Freunde und Be-
kannte, aus der Ferne zuseliend, unter ihnen aber war Maria Magda-
lena und Maria Jacobi und Salome. Dort standen alle, die aus Gali-
läa gekommen waren mit Johannes und mit der Mutter Jesu , alle
Freunde, von lerne zusehend, wie davon der Prophet David sagt:
»Meine Freunde näherten sich gegen mich und meine Nächsten stell-
ten sich ferne von mir«-). Und dieser Ort ist etwas entfernt von der
Kreuzigung des Herrn, etwa anderthalb hundert Klafter weit nach
Westen, und der Name dieses Ortes ist ^Trouor], welches übersetzt
wird: Eile der Mutter Gottes, und ist an diesem Orte jetzt ein Klo-
ster auf den Namen der heiligen Gottesmutter; die Kirche ist ge-
wölbt, sehr gut und recht hoch.
Vom Davids t hu rm. Von da bis zum Thurme Davids \ind bis
zu seinem Hause sind 200 Klafter. Es ist nämlich dies der Thurm
des heiligen Propheten David ^) , in welchem er auch den Psalter ver-
fasst hat ; sehr wunderbar ist dieser Thurm , aus schönem Stein ge-
baut, sehr hoch, viereckig, ganz massiv^)
. . . und viel Wasser ist darin ,• Thüren hat er fünf eiserne , Stufen
200 , auf denen man hinaufsteigen kann. Jetzt lag unermesslich viel
Getreide darin. Er ist schwer einzunehmen und ist der Hauptpunkt
dieser ganzen Stadt. Man bewacht ihn sehrund erlaubt keinem hineinzu-
gehen, aber mir Armen verlieh Gott die Gnade, hineinzukommen in die-
sen heiligen Thurm, und kaum gelang es mir einen einzigen von meinen
Leuten mit mir hineinzubringen, Namens Sdeslav Ivankovic, von den
anderen aber liess man keinen hinein. Nahe bei diesem Thurme ist
das Haus Urias , den der König David umbrachte , und nahm seine
Frau Bersaba, denn er hatte sie gesehen, während sie sich in ihrem
AVeinberge badete ; denn nahe dabei war dieses Haus, einen Stein-
wurf weit, wo jetzt die Metochie des heiligen Saba ist'^) ; es ist zai
erkennen, wo das Bad war, bis auf den heutigen Tag. Von dem
Thurme aber bis zu der Stelle, wo die heilige Helena, die Kaiserin,
das anbetungswürdige Kreuz fand sind
20 Klafter^), und dort war eine gewölbte Kirche gebaut auf den
1) Luc. 2, 34 f.
2) Ps. 38, 12 nach der griechischen Übersetzung. G.
3) Vgl. ToBLER, Topogr. I, p. 186 fr. G.
4) Die folgenden unklaren Worte giebt N. durch : son fondement est
forme de röche vive.
5) Diese Angabe über die Metochie des h. Saba beweist deutlich , dass
dieselbe nicht, wie Noroff meint (a. a. 0. p. 3, n. 1, p. 28, n. 1,, mit dem
heutigen Demetriuskloster identisch ist. Vielmehr wird die oben p. 19, not. 1
erwälinte Lage derselben hierdurch bestätigt. G.
(i) Diese unklare Stelle giebt N. nach handschr. Var. : I^e Heu oü Ste.
Helene retrouva la vraie croix se voit ä la distance de 20 sagenes du lieu du
crucifiement, vers l'orient.
28
Namen der heilij^en Erliebung des anbetungswürdigen Kreuzes , sehr
gross, jetzt aber ist dort nur ein kleines Kirchlein. Auch ist dort
eine grosse Tliür. zu dieser Thür kam Maria von Ägypten, wollte
hineingelien in die Kirche iind das vcrehrungswürdige Kreuz des
Herrn küssen . aber die Kraft des heiligen Geistes Hess sie nicht in
die Kirclic : darnach that sie Busse vor dem Bilde der heiligen Got-
tesmutter; es stand nämlich das Bild der heiligen Gottesmutter in der
Vorhalle nahe bei jener grossen Thür ; und darnach vermochte sie in
die Kirche des Herrn hineinzugehen und küsste das anbetungswür-
dige Kreuz ; durch dieselbe Thür ging sie wiederum liinaus in die Jor-
danwüste. Und nahe bei dieser Thür ist die Stelle, wo die heilige
Helena das Kreuz des Herrn entdeckte ; sogleich stand ein todtes
Mädchen wieder auf. Von da nahe ist ein Ort, gegen Osten, der Prä-
torium heisst. wo man den Soldaten Jesus überlieferte, und sie führ-
ten ihn zu Pilatus , und da wusch Pilatus seine Häude und sprach :
Ich bin rein vom Blute dieses Gerechten, und er Hess Jesum geissein
und gab ihn den Soldaten, dass sie ilm kreuzigten. Und ebendort ist
das Stadtgefängniss ; aus diesem Cjefängniss führte der Engel des
Herrn den heiligen Apostel Petrus heraus, in der Nacht. Ebendort
ist der Hof des Judas, des Verräthers Christi, gewesen; es ist aber der
Ort wüst und verflvicht, denn Niemand wagt des Fluches wegen an
dieser Stelle sich niederzulassen. Und von da ein wenig fortschrei-
tend nach Osten, kommt man an den Ort, wo Christus die Bluttlüs-
sige heilte. Ebenda bei einem Garten in der Nähe ist die Grube, wo
der heilige Prophet Jeremias hineingeworfen wurde, ebenda war auch
sein Haus ') ; daselbst war auch das Haus des A[)ostels Paulus, als er
im Jutlcnthnm war. Und von da etwas fortschreitend nach Osten, zur
linken Seite der Strasse , kommt man an das Haus der Heiligen Joa-
chim und Anna : und an dieser Stelle ist eine grosse Kirche gebaut
auf den Namen der beiden Gerechten, des Joachim und der Anna^).
Und dort ist eine kleine Höhle in den Felsen eingehauen, unter dem
Altar : in dieser Höhle wurde die Gottesmutter geboren ; in dieser
Höhle ist auch das Grab der Heiligen Joachim und Anna.
Von der Halle Salomons und dem Teiche. Und nahe
dabei ist die Halle Salomons, avo der Schafteich ist, wo Christus den
Gichtbrüchigen heilte , und es ist dieser Ort nahe bei Joachim und
Anna nach Westen zu , einen Steinwurf weit. Und von da gegen
Osten zu ist nahe ein Stadtthor , und durch dies Thor geht man nach
Gethscmane hinaus.
Das All e r heiligste. Von der Auferstehung Cliristi aber bis
zum Allerlieiligsten =*) ist es so weit wie zweimal ein Pfeilschuss. Und
ist diese Kirclie wunderbar und sehr künstlich gebaut und ihreSchön-
1) l'>g;in/,iiiig zu 'l'oBi.Kii. Topogr. T, p. *<(). G.
2i Auch hier hielet Uaniel eine wcrthvoUe Ergänzung der von Tohler,
Topogr. I, 4:<U. 4;J2f. niitgetheilten Nachrichten. G.
:ij Vgl. /um Folgenden ToBLEU, Topogr. I, p. 534 fl'. G.
29
lieit unsagbar; denn sie ist rund von Uosta.lt, inwendig verziert ^j mit
Mosaik wunderbar und unsagbar ; und ihre Mauern sind belegt mit
Marmor[)latton von kostbarem Marmor, sehr schön. Säulen hat sie
unter der Kup[>el im Kreise stehend 1 2 runde, unter der Glallerie'-j eben-
falls 12 runde, und 8 gemauerte Säulen; Thüren hat sie 4, mit ver-
goldetem Kupfer belegt ; ihre Kuppel ist inwendig geziert mit Mosaik
sehr künstli(;li und unsagbar, und von aussen mit vergoldet cm
Kupfer besehlagen. Gerade unter dieser Kuppel ist eine Höhle in
(hm Felsen gehauen: in dieser Höhle wurde der l-*rophet Zacharias er-
schlagen ; daselbst war auch sein Gi'ab und das Blut des Zacharias war
ebenda, jetzt aber ist es niclit melir da. Und es ist dort ein Stein,
ausserlialb dieser Höhle unter der Ku[)pel , auf diesem Steine schlief
Jacob und sah dort den Traum : Siehe eine Leiter war befestigt auf
der Erde, und ihre Spitze ragte bis zum Himmel, und die Engel Got-
tes stiegen hinauf und hinab an ihr und der Herr stand auf ihr. Und
dort rang auch Jacob mit dem Engel ; und Jacob stand vom Schlafe
auf und sprach : Siehe, der Ort ist ein Haus Gottes und hier ist das
Thor dies Himmels -^j . Auf demselben Steine sah der Prophet David
einen Engel mit blossem Schwerte stehen und die Kinder Israels schla-
gen ; und David ging in jene Höhle und weinte bitterlich, betete zu
Gott und sprach: Herr, nicht die Schafe haben gesündigt, sondern
ich habe gesündigt *) . Und ist diese Kirche (vsjamo pkacna) 5) 1 0 Klafter
quer, sowohl in die Breite als in die Länge. Aufgänge hat sie vier.
Das alte Allerheiligste aber ist zerstört von den Heiden, und nichts
ist übrig von dem alten Bau Salomons, sondern man erkennt nur die
Aufschüttung (Fundament?) des Tempels, welche der Prophet David
angefangen hatte zu bauen; jene Höhle aber und der Stein, der unter
der Kuppel der Kirche, das ist allein noch von dem alten Bau da ; diese
jetzige Kirche aber hat ein Ältester der Sarazenen Namens Amir
gebaut.
Vom Hause des Königs Salomon. Dasselbe ist das
H^us des Salomon, des Sohnes Davids, gewesen^]. Mächtig war sein
Bau, sehr gross und sehr schön, und gepflastert ist es mit Marmorplatten
und ist auf Gewölben errichtet, und in ihm sind unten viele Wasser
(behälter) , ebenso auch Gemächer, sehr schön gebaut und mit Mosaik
vorzüglich geziert, und die Säulen auch sind aus kostbarem Marmor
schön gefertigt. Die Gewölbe auf diesen Säulen sind künstlich ge-
baut und gedeckt mit reinem Blei. Daselbst ist ein Thor an diesem
1) N. en dehors; das russ. Wort izüdnu .steht aber bei der folgenden
Beschreibung der Kuppel als Gegensatz zu »auswendig«.
2j N. sous le plaiond.
3) Genes. 28, 10 ff.
4) Sam. n. '24, 15—17. 5) S. p. 24, n. 4.
6) Man muss annehmen, dass Daniel nach dem Sprachget)rauch des
Mittelalters (ToBLER, Topogr. I. p. 5()9) von der heutigen Aksamoschec redet.
NoROFF a. a. O. p. ;{;{ , n. ;$ meint mit Bezlelunig auf Toblek, Topof^r. I,
p. 584, dass das Gebäude damals in Trümmern gelegeu habe. G.
30
Hause, sehr schön und küustlit-li mit Mosaik verziert, und heisst das
Schöne : an diesem 'i'liur heilten die Apostel Petrus und Johannes
Theologos den Lahmen und Blinden ; und noch sind drei andre Thore
da. ausser jenem, und ein fünftes, heisst das Apostelthor ; dies Thor
nun hat der i'ropliet David jjjemacht, künstlich ist es angefertigt und
inwendig mit vergoldetem Kupfer beschlagen ^J , und aus-
wendig fest mit Kisen beschlagen ; Thüren aber sind vier an diesem
Tlior : das nun ist allein übrig gebliclxMi von dem alten liuu, dazu
der Thurra Davids, und alles andre ist neu; denn die alte Stadt Jeru-
salem ist mehr als einmal zerstört worden. Durch dies Thor nun kam
der Herr unser Gott hinein mit Lazarus von Bethanien, als er Lazarus
in Bethanien von den Todton auferweckt hatte ; denn dies Thor liegt-
nach Bethanien zu gegen Osten, gegenüber dem Olberge"^) ; und ist
von diesem Thor bis zum Allerlieiligsten 15(1 Klafter.
Von Bethanien und von Lazarus. Bethanien ist von der
Stadt Jerusalem entfernt 2 Werst, hinter einem Berge, in einem Tlial.
Es ist eine kleine Stadt, nach Norden von Jerusalem''). Tritt man in
das Thor dieses Städtchens, so ist zur rechten Hand eine Höhle, und
in eben dieser Höhle das Grab des heiligen Lazarus des Gerechten;
auch seine Zelle ist dort; in dieser Zelle lag Lazarus krank und starb,
dort erweckte ihn auch Jesus. Mitten in diesem Städtchen ist eine
grosse Kirche gebaut, ihre Kuj)pel vergoldet, und sie ist sehr bemalt
gewesen ; von dieser Kirche bis zum Grabe des Lazarus sind 12 Klaf-
ter, es ist aber das Grab des Lazarus vor der Stadt noch bis jetzt und
zwar von der Kirche nach Westen. Und dort ist auch ein gutes und
süsses Wasser, tief in der Erde ; man kann auf Stufen zu ilim hinab-
steigen. Von da aber etwa eine Werst entfernt, nach Jerusalem zu,
steht eine Säule an der Stelle , wo Martha Jesu entgegenkam ; und
ebendaselbst wiederum setzte sich Jesus auf den Esel, als er I^azarus
auf erweckt hatte.
Von Gethsemane und von dem Grabe der Jieiligen
Gottesmutter. Gethsemane ist ein Gehöft, wo das Grab der hei-
ligen Gottesmutter ist, nahe der Stadt Jerusalem, am Bache Kidron im
Thränenthal , und liegt von Jerusalem (aus gerechnet) zwischen dem
Sommer- und Winteraufgang (der Sonne] ; vom Stadthore sind es
S Klafter bis zu der Stelle , wo der Jude Othonias den Leib der heili-
gen Gottesmutter von der Bahre werfen wollte , als die Apostel sie
zum Begräbniss nach Gethsemane trugen , und der Engel des Herrn
schlug ihm mit einem feurigen Schwerte beide Hände ab. Und ist an
diesem Orte ein Frauenkloster, jetzt aber von den Heiden zerstört.
Von da bis zum Grabe der heiligen Gottesmutter sind 100 Klafter.
Das Grab nun der heiligen Gottesmutter ist in einem Thal ; es war
\) NouoFF: avec des ciselures adrairables.
2) Danacii versteht Daniel unter dem Apostelthore das sog. Goldene
Thor. ' ^ G.
■i) Wohl irrthündiche Angabe statt : nach Osten. G.
o
31
eine grosse Höhlo im Felsen eingehauen ; es liat eine kleine Thür, so
dass ein Mensch (geviule) liineingcdien kann ; in dieser Höhle ist eine
Bank ausgehauen in dem Höldent'elsen selbst, und auf diese Hank war
der Leib der heiligen (lottosmutter gelegt und wurde von da ins Para-
dies gebracht, da er unverweslich war ; und diese Höhle ist vorhanden
bis zum heutigen Tage, von der Höhe eines Mannes , in der Breite
vier lallen fvsjanio okaena ^ . und ringsum liat man (die Stätte) mit
einem Thürmehcn-j aus kostbarem Marmor, sciuni gefertigt, uml)aut ;
früher aber stand dort eine Kirche oben ül)cr diesem Grabe auf den
Namen der Assumptio der heiligen Gottesmutter, jetzt aber ist sie von
den Heiden zerstört. Das Grab der heiligen Gottesmutter war vor dnm
grossen Altar dieser Kirche.
Von der Höhle, wo (Hiristus verrathenj ward. Vom
Grabe aber der Gottesmutter sind 10 Klafter l)is zu der Höhle , wo
Christus von Judas den Juden verrathen ward für 30 Silberlinge; sie
ist jenseits des Baches Kidrou am Ölberge. Und dort ist der Ort, nahe
bei dieser Höhle, einen .Steinwurf weit, am Olberge, wo Christus zu
seinem Vater betete in der Nacht, in der er von Judas überliefert ward
zur Kreuzigung und sprach: »Vater, ist es möglich, so gehe dieser
Kelch an mir vorüber«. Und an diesem Orte ist eine kleine Kirche
errichtet. Von da aber bis zum Grabe Josaphat's ist es einen Pfeil-
schuss weit ; das ist ein König der Juden gewesen, so heisst deswegen
die Sclüucht und das Thal das des Josaphat. Daselbst ist auch das
Grab des heiligen Jacobus, des Bruders des Herrn.
Vom Ölberge und der Himmelfahrt des Herrn. Der
Ölberg aber liegt von Jerusalem nach dem Sommeraufgang (der Sonne)
zu ; man steigt von Gethsemane auf diesen Berg, sehr hoch, nicht mit
tlrei Pfeilschüssen kann man die Höhe erreichen, sondern nur bis zum
»Vaterunser«, so weit kann man von Gethsemane mit drei Pfeilsehüs-
sen reichen. Und dort ist eine grosse Kirche gebaut, unter dem Altar
ist eine grosse Höhle und in dieser Höhle lehrte Christus seine Jün-
ger, wie sie beten sollten : Vaterunser, der du bist im Himmel; so
lieisst denn dieser Ort »Vaterunser«. Von da aber bis zur Spitze des
Ölberges selbst, wo die Himmelfahrt des Herrn war ^) ; auf dem Gipfel
eben des Ölberges grade nach Osten ist ein kleiner Hügel, auf diesem
Hügel war ein runder Stein , über kniehoch, und von diesem Steine
erhob sich Christus unser Gott zum Himmel, und ist diese Stelle um-
baut ganz herum mit Gewölben ; oben auf diesen Gewölben ist ein
Bau wie ein Hof, kreisförmig, und gepflastert ist dieser ganze Hof mit
Marmorplatten , in der Mitte aber dieses Hofes ist eine Art Thürm-
chen (Kapelle) , rund gebaut, ohne Spitze ; in dieser nun unter der
1) Vgl. p. 24, n. 4.
2) Kapelle. N. : eile (die Höhle) forme une petite bätisse arrondie, recou-
verte de dalles d'un niarbre precieux. ,
'■'•i Bei N. in der Übers, geht der Satz fort : on pourrait compter 80 sage-
nes ; der Text hat die eutspreclienden Worte nicht.
32
ungedeckten Spitze liegt jener heilige Stein bis auf den heutigen Tag.
wo die Füsse des Herrn gestanden haben. Auf diesem Stein ist der
lieilige Tisch und an diesem hält man auch jetzt noch die Liturgie :
unter diesem Tische aber ist jener heilige Stein, belegt mit Marmor-
platten, so dass nur seine Spitze ein wenig zu sehen ist, und dort küs-
sen die Christen. Thiireu aber hat dies Thürmchen zwei. Man steigt
aber auf Stufen zur Himmelfahrt des Herrn hinauf, der Stufen sind
im ganzen 22. lind ist der Ölberg sehr hoch über der Stadt Jerusa-
lem, man sieht von ihm aus nach allen Seiten, was in der Stadt und
ausserhalb der Stadt und beim Allerheiligsten ist, und mau kann sehen
bis zum Meere von Sodom und bis zum Jordan, das ganze gelobte Land
und das jenseitige Jordanland ; denn von allen Bergen dort um Jeru-
salem ist der Ölberg der höchste.
Von de r S t ad t Jerusalem und ihrer ü mgebung. Die Stadt
Jerusalem ist sehr gross undfest, von Mauernganz umgeben {? vsjamo oka-
cen) , viereckig in Kreuzesform gebaut ; Schluchten sind viele und Felsen-
berge um die Stadt; wasserlos aber ist diese Gegend sehr, weder
Fluss noch Quelle noch Brunnen nahe bei Jerusalem ausser dem ein-
zigen Teiche Siloam , sondern von Regenwasser leben alle Menschen
und Thiere in dieser Stadt. Und Getreide wächst viel und gutes für
diese Stadt , in der Umgegend Jerusalems wächst ohne Regen , aber
durch Gottes Segen Wein und Gerste ausgezeichnet ; wenn man einen
Scheffel sät, erntet man dafür 90 oder 100 Scheffel'). Ist nicht das
der Segen Gottes auf diesem heiligen Lande ? Daselbst sind auch viele
"Weinberge um Jerusalem und Obstbäume , Feigen- und Ölbäume,
und Johannisbrod- und Äpfelbäume und allerlei andere Obstbäume,
verschiedenartige, unzählige. Auf dem Ölberge ist eine Höhle, sehr
tief, nahe bei der Himmelfahrt Christi, nach Süden zu ; und in dieser
Hohle ist das Grab der heiligen Pelagia, der Buhlerin. Und ebenda
in der Nähe ist ein Säulenheiliger, ein Mann wunderbar und schreck-
lich von Ansehen und sehr betagt.
Von dem Wege zum Jordan. Und geht der Weg von
Jerusalem zum Jordan über den Ölberg nach dem Sommeraufgang der
Sonne) zu : dieser Weg ist beschwerlich und sehr gefährlich und
wasserarm ; denn die Berge sind steinig und sehr hoch ; Heiden aber
sind viele in diesen Bergen und erschlagen die Christen in diesen
schrecklichen Schluchten, Von Jerusalem nun bis zum Jordan sind
20 grosse Werst, 15 Werst bis Kuziva''^), wo der heilige Joachim
fastete seiner Unfruchtbarkeit wegen, und ist dieser Ort tief an einem
Bache, nahe am Wege zur linken Seite. Von Kuziva aber bis Jericho
sind 5 Werst, von Jericho bis zum Jordan ü grosse Werst, alles das in
l; NOROFF in der Uebers. : 30 und 50 Scheffel.
2j Vgl.'l'oBLKR, To])()gr. II, p. W.i f. Er stellt den Ort richtig mit Coseba
(X^Tr Chron. I. 4, 22 zusammen, NoROFF a. a. O. p. 45, n. 2 rnit Chesib
'Z'TZ^ Gen. .Js, 5 und mit Kmek Keziz {y-Sp) Jo.s. 18,21, beides unrichtig Vgl.
ZDl'V. 111, p. 12 f. G.
33
der Ebene auf dem Sande, der Weg sehr beschwerlich ; denn dort er-
sticken viele Menschen von der Hitze und sterben vor Durst. Denn
dort ist das Meer von Sodom in der Nähe dieses Weges ; es kommt
aber ein heisser stinkender Hauch aus diesem Meere, wie aus einem
brennenden Ofen , und versengt diese Gegend mit der stinkenden
Hitze. Und dort ist, beinahe schon am Jordan, nahe an diesem Wege,
ein Kloster des heiligen Johannes des Vorlihifcrs ; es ist die Stätte mit
einer Einfriedigung umbaut. Und daselbst ist der BergHermon')
nahe bei diesem Kloster, 20 Klafter entfernt zur linken Seite, wenn
man hingeht: nahe am Wege ist auch ein Sandhügel, nicht gross 2).
Von dem alten Kloster aber des Johannes zweimal so weit entfernt als
ein giiter Schütze schiesst, da war eine grosse Kirche gebaut auf den Na-
men des heiligen Johannes des Vorläufers. In der Nähe nach Osten zu,
am Bergabhange, ist ein Bau wie ein Thürmchen (Kapelle) und ein
kleines Gewölbe; an dieser Stelle taiifte Johannes der Vorläufer un-
sern Herrn Jesus Christus ; denn bis zu dieser Stelle trat der Jordan
a\is seinem Bette und kehrte dann zurück , und bis zu dieser Stelle
kam er zu Christo ; vordem war an diesem Orte das Meer von Sodom
nahe bei diesem Taufplatze, jetzt aber ist es in Folge der Taufe weiter
zurückgewichen um 4 Stadien. Denn damals gerieth das Meer, als es
die Gottheit nackt in den Wassern des Jordan sah, in Furcht und ent-
wich zitternd, der Jordan aber, als er den Herrn gesehen, wandte sich
wieder zurück, wie der Prophet spricht: »Was ist dir, Meer, dass du
flohest, und du Jordan, dass du dich zurückwandtest« 3) . Von diesem
Ort aber, wo Christus getauft wurde, bis zum Flusse Jordan selbst ist
es so weit, als ein Mensch mit einem kleinen Steine werfen kann, und
dort ist jetzt ein Badeplatz am Jordan ; dort baden sich die Christen
und zuwandernden Pilger. Und dort ist eine Furt durch den Jordan
nach Arabien, an derselben Stelle trat vor Alters das Wasser ausein-
ander für die Israeliten, und alle Leute gingen auf dem Trocknen hin-
durch. Daselbst schlug auch der Prophet Elisa mit dem Mantel des
Elias ins Wasser, und das Wasser trat auseinander , und er ging auf
dem Trocknen über den Jordan. An demselben Badeplatz ging die
Maria von Ägypten auf dem Wasser zum Vater Zosimus und empfing
den Leib des Herrn und ging wieder auf dem Wasser hinüber in die
Wüste, und daselbst verschied sie.
Vom Flusse Jordan. Der Jordanfluss nun läuft schnell,
1) TOBLER, Topogr. II, p. 713 erwähnt nach dem Mönch Phokas von
Kreta den Berg Hermonium. Vgl. Antoninus Martyr c. IX ; Ibique am Jor-
dan est mens Hermon modicus , qui legitur in P.salmo. Itinera hieros. ed.
Tobler et Molinier p. 96. Auch Antoninus verflicht die Stelle Psalm 114, .5
in seinen Bericht über den Besuch am Jordan, jedoch ohne sie auf die Taufe
Christi zu beziehen, wie Daniel im Folgenden thut. G.
2) NoROFF : On voit aussi tout pres la montagne d'Hermon : c'est ä la
distance de 20 sagenes du couvent, ä main gauche, qu'on apercoit cette colline
sabloneuse d'une hauteur mediocre.
3) Ps. 114, .5.
Ztsclir d. Pal.-Ver. VII. 3
34
seine Ufer sind jenseits steil, diesseits flach, sein Wasser ist trübe und
sehr süss, die Trinkenden können von diesem heiligen Wasser nicht
genug zu sich nehmen, und gesund war dies Wasser den Trinkenden,
man wird nicht krank davon und hat davon keine Beschwerde im
Bauche. In allem ist der Fluss Jordan dem Flusse Snov*) ähnlich, an
Breite und Tiefe, und ebenso fliesst er in grossen Krümmungen und
reissend : Ufersümpfe hat er auch wie der Snov ; tief ist er vier Klaf-
ter in der Mitte der Badestelle, wie ich selbst versucht und ausgemes-
sen habe, und bin durchgegangen auf jene Seite des Jordan, und viel
bin ich gewandert an diesem Jordanufer mit Liebe ; breit ist der Jor-
daufluss wie der Snov an der Mündung. Und am diesseitigen Ufer
jener Badestelle ist etwas wie ein kleines Wäldchen, viele sehr hohe
Bäume am Jordanufer, wie Weiden sind sie und sehen so aus, aber
es sind nicht Weiden ; oberhalb des Badeplatzes steht am Jordanufer
viel von einer Art Weinrebe , aber es ist nicht unsere Rebe , sondern
eine andre , ähnlich '^'j . Und dort ist auch viel Rohr und
viele wüde Thiere leben dort , und wilde Schweine sind dort zahllos,
und ^•iele Panther sind dort; daselbst giebt es auch Löwen jenseits des
Jordan in den Felsbergen, dort sind sie einheimisch. Andre Berge aber
sind unterhalb jener Berge, weiss sind sie sehr, und diese sind nahe
dem Jordan ; das Land jenseits des Jordan heisst das Land Zebuions und
Naphthalis. Und daselbst ist ein Ort in der Nähe, zwei Pfeilschusslängen
vom Jordan, in der Richtung flussaufwärts, wo der Prophet Elias auf
einem feurigen Wagen gen Himmel gefahren ist. Und ebenda ist in
der Nähe der Bach des Elias, voll von Wasser, und das Wasser in ihm
fliesst schnell und schön über Gestein in den Jordan, dies Wasser aber
ist kalt und süss. Und daselbst ist die Höhle des heiligen Johannes
des Vorläufers oberhalb dieses Baches, und dies Wasser trank Johan-
nes, der Vorläufer Christi, als er dort lebte in dieser heiligen Höhle.
Und daselbst ist in der Nähe eine andere Höhle, wo der Prophet Elias
mit seinem Jünger Elisa lebte. Und das alles habe ich mit meinen
eignen sündigen Augen gesehen. Gott vergönnte mir ja dreimal am
Jordan zu sein und gerade am Feste der Wasserweihe '^j war ich am Jor-
dan mit meinem ganzen Gefolge, und wir sahen die Gnade Gottes auf
das Wasser des Jordan kommen. Eine zahllose Menge Volks kommt
dann zum Wasser mit Lichtern , und diese ganze Nacht hindurch ist
ausgezeichneter Gesang und zahllose brennende Lichter ; um Mitter-
nacht geschieht die Weihe des Wassers, denn dann kommt der heilige
Geist vom Himmel auf die Wasser des Jordan ; die Menschen nun,
welche würdig sind, sehen wohl, wie der heilige Geist herabkommt,
aber alles Volk sieht es nicht, nur dass jeglichem Menschen dann eine
Freude im Herzen entsteht. So nun , wenn die Priester das heilige
1] Ein Zufluss der Desna im Gouv. Tschernigov in Russland.
2j NoRori' : ils ressemblent plutöt aux buissons du cornouiller.
3) 6. Januar. Vgl. die kurzen Angaben bei Tobler, Topogr. II, p.
095 f. G.
35
Kreuz eintauchen und wenn sie sprechen : '-Als Du im Jordan getaiift
wurdest, o Herr«, dann springen alle Leute in den Jordan und werden
im Jordanflusse getauft, wie denn Christus um Mitternacht von Johan-
nes getauft wurde.
Von dem Berge, auf welchem der Prophet Moses
verschied und von den Klöstern. Und dort ist ein Berg,
sehr hoch und sehr gross, namens Phasga , jenseits des Jordan, nach
Süden zu, man sieht ihn allerseits von weitem : auf diesem Berge ver-
schied Moses der Gesetzgeber, nachdem er dfH gelobte Land gesehen.
Vom Kloster pber des heiligen Johannes des Vorläufers bis zum Klo-
ster des Geras'mus ' i, dem das wilde Gethier dienstbar war, ist eine
Werst, und vom Kloster des Gerasimus bis zur Kalamone der heili-
gen Gottesmutter 2) ist eine Werst: au diesem Orte nämlich hielt die
heilige Gottesmutter mit Christus und mit Joseph ein Nachtlager , als
sie naili Ägypten flohen vor dem Könige Herodes: und es nannte die
heilige Gottesmutter diesen Ort Kalamone , das verdolmetscht wird
»gute Wohnung« ; jetzt ist dort ein Kloster auf den Namen der heiligen
Gottesmutter , und daselbst kommt jetzt der heilige Geist zu einem
Bilde der heiligen Gottesmutter. Und liegt" dies Kloster an der Mün-
dung, wo der Jordan in das Meer von Sodom eintritt: und ist eben
dies Kloster ganz von einer Einfriedigung umbaut, Mönche aber sind
darin 20. Von da aber bis zum Kloster des heil. Johannes Chryso-
stomus sind 2 Werst und vom Kloster des Johannes bis zur Stadt Je-
richo eine AVei'St.
Von der Stadt Jericho. Die Stadt Jericho nun war vor-
mals gross und sehr fest ; und dies Jericho nahm Josua ein und zer-
störte es bis auf den Grund; jetzt aber ist dort ein Saracenendorf.
Dort war auch das Haus des Zakchäus, und der Stumpf des Baumes,
auf den Zakchäus gestiegen war, da er Christus sehen wollte. Und
daselbst ist das Haus der Sunnamitin, bei welcher der Prophet Elisa
den Knaben auf erweckte. Es ist aber um die Stadt das Land gut und
fruchtbar, das Gefilde schön und eben , die Palmen stehen hoch, und
allerlei reichlich tragende Obstbäume giebt es dort; es sind auch viele
Wassevläafe, in verschiedene Arme getheilt, sie fliessen unterirdisch,
in diesem ganzen Landstrich. Ebenda sind die Wasser des Elisa,
welche der Prophet Elisa süss machte , zuvor aber waren sie bitter,
ebenso in verschiedene Arme getheilt.
Von der Stätte des Erzengels Michael, wo er dem
Josua erschien. Daselbst ist ein Ort nahe der Stadt Jericho, eine
Werst weit, gegen den Sommeraufgang (der Sonne) zu. und an diesem
Orte erschien der heilige Erzengel Michael dem Josua vor dem Heere
1) Über Gerasimus A-gl. ToBLEE, Topogr. II. p. 715 ff. Die Dienstbarkeit
des wilden Gethiers bei Daniel ist eine Anspielung auf die Erzählung von dem
Löwen, dem Gerasimus einen Dorn aus der Pfote gezogen haben soll. G.
2) Vgl. zu dem Folgenden ToBLER, Topogr. II, p. 715. G.
3*
36
Israels: und Josua erhob seine Augenöl und sah vor sich stehen einen
Mann, furchtbar anzusehen, bewaffnet, und es sprach Josua: Bist du
unser oder von unsern Feinden? Und es sprach zu ihm der Erzengel:
Ich bin Michael, Gottes Heerführer, \md bin dir zur Hülfe gesandt;
fasse Muth und besiege deine Feinde ; und ziehe die Schuhe deiner
Füsse aus, denn der Ort, auf welchem du stehst, ist heilig. Und Jo-
sua fiel auf sein Antlitz und betete ihn an. Und ist an diesem Ort ein.
Kloster auf den Namen des heiligen Erzengels Michael . eine grosse
Kirche, gewölbt gebaut und hoch. Und in derselben Kirche liegen
12 Steine: diese Steine nämlich wurden damals aufgenommen, als sich
das "Wasser für die Kinder Israels auseinanderthat ; die Träger der
Ikmdeslade nahmen die Steine auf, nach der Zahl der Stämme der
Kinder Israels, zum Andenken ihrem Geschlechte. Dieser Ort hat den
Namen Gilgal. Und nahe bei diesem Kloster nach "Westen zu ist ein
Berg Namens Gabaou , sehr hoch und gross : über diesem Berge Ga-
baon ■-) stand die Sonne still bis Mittag, bis Josua seine Feinde besiegt
hatte, als sich schlug mit ihm Og, der König vonBasan, und Sion, der
König der Amoriter, und alle Königreiche Kanaans; und als Josua
sie besiegt hatte, ging die Sonne unter hinter dem Berge Gabaon. In
demselbigen Berge Gabaon ist eine Höhle, sehr gross; in dieser Höhle
fastete unser Herr Jesus Christus 40 Tage und 4 O.Nächte, zuletzt aber
ward er hungrig ; und da trat zu ihm der Teufel ihn zu versuchen und
sprach zu ihm : »"Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich zu diesen Stei-
nen, dass sie Brod w-erden«. Und daselbst ist in der Nähe das Haus des
heiligen Propheten Elisa und seine Höhle, daselbst auch ein Brunnen
östlich vom Gabaon.
Von der Laura des Theodosius und Sabas. Und sind
von Jerusalem 6 Werst bis zum Kloster des Theodosius 3). Dies Kloster
liegt auf einem Berge, mit einer Einfassung ummauert, von Jerusalem
aus sichtbar. Und dort ist eine Höhle auf diesem Berge mitten in je-
nem Kloster : in derselbigen Höhle hielten die Magier ein Nachtlager,
als sie vor dem König Herodes entwichen ; jetzt ruht dort der heilige
Theodosius und viele andere heilige Väter ruhen dort ; und daselbst in
dieser Höhle ruht auch die Mutter des heiligen Sabas und die Mutter
1) Vgl. Jus. 5, 13—15. G.
2; Die Beziehung des Berichtes in Josua 10, 12 — 14 auf den Berg Qua-
rantana — denn diesen hat Daniel_ im Auge , wie das Folgende zeigt — ist
auffallend. C. R. Cü.ndkr giebt in seinem Buche Tent "VVork in Palestine II,
]). 1 1 eine Erzählung der ]5eduinen aus der Umgegend von Jericho, in der das
Wunder des Tages von Ajalon Jos. lü ebenfalls hierher verlegt und mit der
Eroberung Jericho 's durch 'Ali Ihn Abu Tälib verbunden worden ist. Ich
habe diese Erzählung in Ebers und GVTIIE, Palästina in Bild imd Wort I,
j).4'J4. Anm. '.VA mitgetheilt. Da man an eine Abhängigkeit Daniel's von mus-
limischer Tradition nicht wohl denken kann, so werden die Muslimen ihre
Erzählung wahrscheinlich nach Angaben christlicher Mönche gebildet
haben. G.
3] Vgl. ToBLER, Topogr. II, p. (ITS, ft; ZDPV. III, p. ;{4 ff. G.
37
des heiligen llieodosius. Von diesem Kloster aber bis zur Laura des
heiligen Sabas sind 6 Werst. Die Laura nun des heiligen Sabas
liegt imThale Josaphat, imThriinenthal, welches ausgeht von Jerusalem
und von Gethsemane , und diese Schlucht geht an der liaura vorüljer
und reicht bis zum Meere von Sodom. Dieselbe Laura des heiligen
Sabas ist von Gott sehr wunderbar hergerichtet , in sonderbarer imd
unsagbarer Weise : es ist nämlich da ein Bach , furchtbar und sehr
tief und wasserlos, der sehr hohe Felswände hat, und an diesen Wän-
den sind die Zellen befestigt von Gott , angeklebt in schrecklicher
und wunderbarer Weise in dieser Hohe, es kleben diese Zellen an
beiden Seiten dieses furchtbaren Baches, sie stehen auf Wagescha-
len'), wie die Sterne am Himmel sind sie angeheftet. Drei Kirchen
aber stehen inmitten dieser Zellen. Und ist dort nach Westen zu unter
einem Felsen eine grosse Höhle, und in dieser Höhle eine Kirche der
heiligen Gottesmutter ; und diese Höhle wies ihm Gott durch eine
Feuersäule, als er vormals allein in dieser Schlucht lebte. Denn es ist
die Zelle des Sabas die erste, die wo er allein lebte ; sie ist nämlich
entfernt von der jetzigen Laura um eine halbe Werst: und von hier
aus zeigte ihm Gott durch eine Feuersäule über dieser heiligen Stätte
den Ort, wo jetzt die Laura des heiligen Sabbas ist : es ist dieser Ort
sehr wunderbar. Inmitten aber dieser Kirchen ist das Grab des hei-
ligen Sabas, von der grossen Kirche vier Klafter entfernt. Über dem
Grabe aber des heiligen Sabas ist ein Thürmchen (Kapelle) , schön ge-
fertigt ; und dort liegen die Leiber vieler andrer heiligen Väter : der
heilige Johannes Hesychastes , der Bischof, und der andre Johannes.
der Dämascener ; dort liegt der heilige Theodor von Edessa und
Michael, sein Sohn, und der heilige Epaphroditus liegt dort, und die
Leiber vieler andrer heiliger Väter ruhen dort, wäe lebendig, und ein
unaussprechlicher Wohlgeruch geht von ihnen aus. Und daselbst sah
ich den Brunnen des heiligen Sabas, den ihm ein wilder Esel in dersel-
bigen Schlucht zeigte , gegenüber seiner Zelle, und wir tranken dar-
aus ein süsses , sehr kaltes Wasser ; denn an diesem Orte giebt es
weder Fluss noch Quelle noch Brunnen , sondern nur den einzigen
Briinnen des heiligen Sabas ; denn dieser Ort ist wasserlos in fel-
sigen Bergen , nur von Regenwasser leben alle Leute, die sich dort
aufhalten. Und dort ist ein Ort in der Nähe des Klosters gegen
Süden, der Name des Ortes ist Ruva -; , nahe am Meere von Sodom :
es sind dort hohe Felsberge und viele Höhlen in diesen Bergen : in
diesen Höhlen leben heilige Väter, Einsiedler, in dieser schrecklichen
1 ) ? N. hat diese Stelle in der Übers, nicht — gemeint ist wohl : in der
Schwebe.
2) Erwähnt bei Tobler, Topogr. II, pp. 766. 966, 96S , gedeutet nach
Phokas p. 15 'Allatii Symmicta auf die wüste Gegend südöstl. von Mar Saba.
zu beiden Seiten des AV. en-När abwärts bis zum todten Meere hin. Kyrill
verlegt in der vita Euthvmii die Wüste 'Kuban« in die Nähe des Berges
Marda, d. i. Mert, vgl.ZDPV. III, p. 19 ff. und dazu Tafel I, Schicks Karle
der AVüste Juda. S. Tobleh. Topogr. II, p. 966. G.
38
wasserlosen Einöde ; und daselbst ist ein Aufenthalt der Panther, und
wilde Esel giebt es dort viel. Das Meer von Sodom nun ist todt, ent-
hält nichts Lebendiges in sich , keinerlei Fisch noch Muschel noch
Krebs: wenn aber die Strömung des Jordan etwas in dies Meer führt,
so kann es darin nicht leben . nicht einmal kurze Zeit , sondern ver-
dirbt schnell. Denn es entsteigt dem Grunde dieses Meeres ein
schwarzes Pech, und schwimmt dies Pech auf der Oberfläche des Was-
sers, und liegt am Ufer viel von diesem Pech : und ein böser Gestank
steigt aus diesem Meere auf. Vor der Laura aber des heiligen Sabas
nach Osten hinter einem Berge ist das Kloster des heiligen Euthymius,
1 Ü Werst weit von der Laura ; dort ruhen die Leiber des heiligen Eu-
thymius und vieler andrer heiliger Väter wie lebend. Und liegt dies
Kloster in einem Thal ; ringsum aber sind Felsberge, etwas entfernt
davon; es war mit einer Einfassung ummauert, die Kirche aber lag
auf der Höhe. Und dort war das Kloster des heiligen Theoktistes un-
terhalb eines Berges, gegen Süden vom Kloster des Euthymius, jetzt
aber ist es ganz von den Heiden zerstört ' .
Von dem heiligen Zion und von der alten Stadt
Jerusalem und vom Hause des Johannes Theologus. Zion
nun ist ein grosser und hoher Berg südlich von Jerusalem, schräge
und schön und eben. Auf diesem Berge war vormals das alte Jerusa-
lem; dies Jerusalem zersörte Nebukadnezar, der König von Babylon,
zur Zeit des Propheten Jeremias : jetzt aber liegt der Berg Zion ausser-
halb der Stadtmauer. Daselbst war auch das Haus des heiligen Jo-
hannes Theologus auf diesem Berge Zion ; und an der Stätte .wurde
eine grosse Kirche errichtet, gewölbt, nahe bei der Stadtmauer, einen
Steinwurf weit von dieser bis zu der grossen Kirche des heiligen Zion.
Bei dieser Kirche, hinter dem Altar, ist ein Gemach, in diesem Ge-
mach hat Christus seinen Jüngern die Füsse gewaschen. Und geht
man von diesem Gemache ein wenig weiter, so steigt man auf Stufen
wie zu einem Söller auf, dort ist ein Gemach schön auf Säulen gebaut,
die Decke mit Mosaik verziert, schön gepflastert; auch hat es einen
Altar wie eine Kirche an der Ostseite ; das ist die Zelle des heiligen
Johannes Theologus gewesen, in dieser Zelle nahm Jesus das Abend-
mahl mit seinen Jüngern; daselbst lag Johannes an seiner Brust und
sprach: Herr, wer ists. der dich verräth? Und an demselbigen Ort
war die Herabkunft des heiligen Geistes auf die heiligen Apostel
am 5 Osten Tage. Und in derselben Kirche ist ein andres Gemach
unten am Boden : in dies Gemach kam Christus nach seiner Aufer-
stehung zu seinen Jüngern , als die Thür verschlossen war, und trat
mitten unter sie und sprach zu ihnen : Friede sei mit euch ! Und
ebenda brachte er am achten Tage Thomas zum Glauben. Und daselbst
ist ein heiliger Stein, durch einen Engel vom Berge Sinai hergebracht.
1 Über die Lage dieser Klöster vgl. ToBLEii, Topogr. II, 964fr., bes.
aber Scuick-Makti, ZDPV. III, p. IT ff. und Führer ebend. p. 234 f. G.
39
An der anderen Seite aber dieser Kirche , nach Westen zu , ist unten
ein anderes Gemach in derselben Art, und in diesem Gemach ver-
schied die heilige Gottesmutter. Und das alles ist geschehen im Hause
des heiligen Johannes Theologus.
Von Petri Verleugnung. Und dort ist nahe der Hof des
Kaiphas : dort nämlich verleugnete Petrus Christum dreimal, bis der
Hahn krähte, und derselbige Ort ist gegen Osten von Zion. Und dort
ist eine Stätte in der Nähe : an der Seite dieses heiligen Berges eine
sehr tiefe Hohle, man steigt auf Stufen in diese Höhle hinab , der
Stufen sind 32 , und in dieser Höhle weinte Petrus , der Apostel
Christi, bitterlich über seine Verleugnung, \ind über dieser Höhle ist
eine grosse Kirche gebaut worden auf den Namen des heiligen Apo-
stels Petrus. Von da aber gegen Süden unterhalb dieses Berges ist
der Teich Siloam, wo Christus dem Blinden die Augen öffnete. Da-
selbst ist am Fusse des Berges Zion der Töpferacker, den sie für den
Preis Christi kauften zum Begräbniss für Fremdlinge. Es sind aber
dort viele Höhlen an dieser Seite des heiligen Berges, im Felsen einge-
hauen, und in diesen Höhlen viele leere Gräber bis auf den heutigen
Tag, wunderbar und merkwürdig hergestellt : und dort werden die
fremden Pilger begraben , und man bezahlt keinen Platz dieser hei-
ligen Stätte, denn sie wurde mit dem Blute Christi erkauft.
Von Bethlehem, wo Christus geboren ward. Das hei-
lige Bethlehem ^] nun liegt gegen Süden von Jerusalem 6 Werst weit,
(zuerst) 2 Werst durch das Feld bis zum Absteigeplatz Abrahams, wo
er seinen Knecht mit den Eseln zurückliess und seinen Sohn Isaak
nahm zum Opfer, und legte ihm auf, Holz und Feuer zu tragen ; und
sprach zu ihm Isaak : Vater, siehe da ist Holz und Feuer, wo aber ist
das Schaf? Und Abraham sprach: Mein Kind, Gott wird uns ein
Schaf zeigen. Und sie gingen beide auf dem Wege nach Jerusalem zu,
denn er wurde zu der Stätte geführt, wo Christus gekreuzigt ward.
Von da aber ist es eine Werst bis zu der Stelle , wo die heilige Got-
tesmutter zweierlei Volk sah , eins lachend, das andre weinend ;
und eine grosse Kirche war dort gebaut auf den Namen der heiligen
Gottesmutter, jetzt aber ist die Stätte von den Heiden zerstört. Von
da aber bis zum Grabe Babels, der Mutter Josephs, sind 2 Werst, und
von da eine Werst bis zu der Stelle, wo die heilige Gottesmutter vom
Esel stieg, denn es nöthigte sie, was in ihrem Leibe war, da es hin-
aus Avollte. Und dort ist ein grosser Stein, auf dem ruhte die heilige
Gottesmutter aus, als sie vom Esel gestiegen war ; und als sie sich von
diesem Steine erhoben hatte , ging sie zu Fuss bis zu der heiligen
Grotte , und dort gebar sie Christus , unsern Gott. Und ist die Ge-
burtsstätte Christi von jenem Steine so weit, als ein kräftiger Mann
mit einem kleinen Steinchen werfen kann 2] . Und ist über dieser
1) S. zur Vergleichung mit dem Folgenden Tobler, Bethlehem 1849.
Topogr. II, p. 464 ff. ^ G.
2; NoROFF nach einer anderen Lesart: ä la distance d'un tir d'arc.
40
Grotte eine grosse Kirche erbaut, gewölbt, ganz mit Blei gedeckt, und
inw endig ganz mit Mosaik verziert , Säulen hat sie S ') runde mar-
murue und ist gepflastert mit Marmorplatten : Thüren hat sie drei, und
ist in der Länge S^ Klafter bis zum grossen Altar, in der Breite aber
2(» Klafter. Jene heilige Grotte aber, wo die Geburt Chi'isti war, ist
unter dem grossen Altar wie eine Höhle, schön gestaltet, und Stufen
hat sie 7, auf denen man zu einer Thür dieser heiligen Grotte hinab-
steigt, sie hat aber zwei Thüren, und bei der anderen Thür sind eben-
falls 7 Stufen. Wenn man durch die östliche Thür in diese heilige
Grotte eintritt . so ist zur linken Hand eine Stelle am Boden, und an
dieser Stelle wurde der Herr unser Gott, Jesus Christus, geboren: und
ist an dieser Stelle ein heiliger Tisch errichtet, und an diesem Tiscli
hält man jetzt die Liturgie, und liegt diese Stelle an der Ostseite. Und
gegenüber dieser Stelle zur rechten Hand ist die Krippe Christi an
der Westseite , unter einer steinernen Wagschale '^j , und in diese
Krippe wurde Christus unser Gott gelegt, in Lappen gewickelt, unsrer
Erlösung wegen alles duldend ; nahe beieinander sind diese beiden
Stätten, die Geburt und die Krippe, drei Klafter voneinander entfernt;
in dieser einen Höhle sind beide heilige Stätten ; es war aber die
ganze Höhle mit Mosaik ausgelegt, und gepflastert ist sie schön. Die
Kirche aber ist unten ganz ausgehöhlt. Und die Gebeine vieler Hei-
ligen ruhen dort. Tritt man nun aus der Kirche, so ist zur rechten
Hand eine andre Höhle, sehr tief unter jener Kirche, an der Südseite,
und in dieser Höhle liegen die Gebeine der heiligen Kinder, von da
sind aber die heiligen Kinder weggenommen , die Hälfte von ihnen,
und nach Constantinopel gebracht. Und eine hohe Einfriedigung ist
rings um diese Kirche gebaut. Und ist diese Stätte der Geburt Christi
auf einem Berge in einer Wüste fern von Menschen, und das heisst
jetzt Bethlehem, wo die Geburtsstätte Christi ist. Das alte Bethlehem
aber etwas entfernt von dieser Stelle, vorher, und reichte nicht bis zur
Geburtsstätte Christi, — da nämlich, wo jetzt ein Säulenheiliger ■*) und
der Stein der heiligen Gottesmutter ist, auf diesem Berge war das alte
Bethlehem. Und diese Gegend um Bethlehem heisst Ephrata, jüdi-
sches Land, von dem geredet ist durch den Propheten Micha: du
Bethlehem im Lande Judäa, keineswegs bist du die kleinste unter den
Tausenden Judas, aus dir wird hervorgehen der Führer, der mein Volk
Israel erlösen wird^y. Und ist das Land um Bethlehem sehr schön, ber-
gig , und viele Obstbäume stehen schön an den Bergabhängen : Öl-
bäume und Johannisbrodbäume, Feigenbäume auch und Weinberge
sind dort viele um Bethlehem, und in den Thälern sind viele und
fruchtbare Acker. Und ist dort in der Nähe in jener Wüste, von der
Geburtsstätte Christi nach Süden , eine halbe Werst weit, im Gebirge
1 ) NoROFi- in der Übers. 50. 2) N. in der Cbers. 50.
3; N. : sous une excavation.
4) N. : une stcle.
5) Micha 5. 2. G.
41
eine grosse Höhle, und in dieser Höhle lebte die heilige Gottesmutter
zwei Jahre mit Christus und mit Joseph nach Christi Geburt ; und in
dicselbige Höhle kamen die Magier mit den Geschenken und beteten an
vor Christo. Aus dieser Höhle Höh Christus nach Ägypten mit seiner
Mutter und mit Joseph.
Vom Hause J esse's, des Vaters Davids. Und daselbst
ist ein Ort an der Seite eines Berges östlich von der Stadt Bethlehem,
einen guten Pi'eilschuss weit, der Xame dieses Ortes Bithir ') . Dort
war das Haus des Vaters Davids, in diesem Hause war der Prophet
Samuel und salbte David zum Königthum in Israel an Stelle des Kö-
nigs Saul. Und dort war der Brunnen Davids, aus dem er einst zu
trinken begehrte. Von da aber etwas über eine Werst weit von der
Geburtsstätte Christi, nach Osten zu, ist die Stelle, wo die Engel den
Hirten die Geburt Christi verkündeten, und ist dort eine Höhle und über
dieser Höhle eine Kirche gebaut auf den Namen des heiligen Joseph,
des Verlobten der IMaria. Daselbst war ein merkwürdiges Kloster, ist
aber jetzt von den Heiden zerstört. Und ist um diesen Ort das Feld
eben und sehr schön, und die Äcker sind dort fruchtbar und viel Öl-
bäume giebt es: es heisst also dieser Ort ayia Tioijxavr], was verdol-
metscht wird »heilige Weide«. Und daselbst ist in der Nähe unterhalb
eines Berges der Acker des heiligen Sabas.
Von dem Wege nach Hebron. Von Bethlehem aber nach
Süden liegt Hebron und die doppelte Höhle und die Eiche vonMamre.
Von Jerusalem bis Hebron sind 2 S Werst , der Weg geht an Bethle-
hem vorbei. Von Jerusalem nämlich bis Bethlehem sind 6 Werst und
von Bethlehem zum Bache Etham 20 Werst ^j ; und von diesem Bache
spricht der Prophet David: «Du trocknest die Bäche von Etham aus.
dein ist der Tag und dein die Nacht (c^j. Und ist dieser Bach jetzt
trocken, fliesst unter der Erde und kommt hervor beim Meere von So-
dom^jj dann fliesst er in das Meer von Sodom. Daselbst ist jenseits
dieses Baches ein sehr hoher Berg, und ist auf diesem Berge ein grosser
dichter Wald, und viele Löwen, Einhörner "^j und Panther leben in die-
sem AValde, und es geht auf diesem Berge der Weg über dieses gefahr-
volle Gebirge; nicht leicht gangbar ist dieser Weg. Auch ist dort
eine grosse Feste : die Sarazenen machen Mordanfälle auf diesem
Berge; wer in kleiner Genossenschaft über diesen Berg gehen will,
1] Der Name findet sich niclit bei Tobler, Bethlelieni, p. 14 f. H9. G.
2) NoROFF : 3 Werst auf Grund einer Variante. Überhaupt schwanken
die Maassangaben an dieser Stelle sehr. .. G.
3) Dieses Citat folgt dem ^lissverständniss der griechischen Übersetzung
von Ps. 74, 15 f., wo dieselbe das Adj. ""•^x, »immer fliessend«, durch den
Eigennamen Etham wiedergab und darunter die Stadt Etam Cliron. I. 4, 3.
II. 11, 6 A^erstand, an welche die heutige Quelle 'aiji at'ui erinnert. S. ZDPV.
I, p. 152, Anmerkg. ■ G
4; Meint Daniel die Wasserleitung nach dschehel el-fureid'isl Vgl. ZDPV.
I, p. lüTtf. Doch vgl. unten p. 00. " G.
5) N. rhinoceros.
42
kann nicht hinüberkommen, und mir Armen verlieh Gott eine wackere
und zahlreiche Genossenschaft, und so kamen wir ohne Fährlichkeit
über diese gefährliche Stelle. Da ist nämlich die Stadt Askalon';, und
von da kommen viele Heiden heraus und erschlagen die Leute auf die-
sem bösen Wege. Auf demselbigen Berge und in demselbigen "Walde
wurde Absalon, der Sohn DaHds, getödtet-), dahin floh er vor dem
Siege seines \'aters, und dort trug ihn sein Maulthier in das Dickicht
des Waldes, und dort fing ihn ein Zweig an den Haaren und zog ihn
vom Maulthiere, und dort blieb er am Baume hängen und wurde von
drei Pfeilen ins Herz getroffen und starb so. Von da aber bis zum
guten Brunnen Abrahams sind 10 Werst.
Vond' rEiche von Mamre. Von diesem Brunnen aber bis
zur Eiche von Mamre sind 6 Werst. Es liegt nun diese heilige Eiche
nahe am Wege zur rechten Hand, wenn man hingeht 3) , sie steht auf
einem Berge sehr schön. Denn rings um diesen Berg liegen von Na-
tur Steine wie ein Fussboden auf der Erde, gleich wie gepflastert mit
Platten aus weissem Marmor ; gepflastert ist es rings um diese wun-
derbare Eiche wie der Fussboden einer Kirche ; inmitten aber dieses
Pflasters ist die heilige Eiche wunderbar aus den Steinen herausge-
wachsen. Und ist es auf dem Gipfel dieses Berges um die Eiche von
Xatur wie ein freier Hofplatz, und ringsum nicht wenig Gestein. Und
dort hat das Zelt x\brahams gestanden nahe der Eiche gegen Osten.
Und ist dieselbige heilige Eiche nicht sehr hoch, aber knorrig und hat
dichte Zweige und viele Früchte sind daran ; ihre Zweige aber neigen
sich nahe bis zur Erde hinab, so dass ein auf dem Boden stehender
Mann sie erreichen kann ; und in der Dicke hat sie zwei Klafter, mit
meiner eignen Hand habe ich sie ringsum ausgemessen ; der Stamm
bis zu den Zweigen ist anderthalb Klafter hoch. Wunderbar aber und
merkwürdig ist es, wie viel Jahre diese heilige Eiche hat; auf einer
solchen Höhe, hoch oben, hat ihr nichts geschadet, sie ist nicht ange-
fault, sondern steht von Gott befestigt als wäre sie eben gesetzt. Und
unter diese Eiche kam die heilige Dreifaltigkeit zum Patriarchen Ab-
raham-') und speisete dort bei ihm unter dieser heiligen Eiche. Da-
selbst nun segnete die heilige Dreifaltigkeit Abraham und Sara, sein
Weib, und gab ihnen im Alter einen Sohn zu erzeugen. Es zeigte
auch die heilige Dreifaltigkeit dem Abraham jenes Wasser, welches
jetzt der Brunnen ist am Fusse des Berges nahe am Wege. Diese Ge-
1' Die Besatzung von Askalon muss damals der Schrecken für das ganze
Südliche palästina geMesen sein ; vgl. oben S. 22. XoKOFF iPelerinage p. 75,
n. 1; meint, der Name Askalon sei hier falsch, und will Acharmon, abgekürzt
aus Beth Acharmon = ^ai» ä-/ap|jLa Beth Hakkerem, dafür lesen. Damit wird
aber nichts gebessert. ' G.
2j Nach Sam. H. 18, 6 im Walde Ephraim ! G.
3^ Die folgende Beschreibung lässt kaum zweifeln, dass Daniel die heu-
tige Stätte Itämet el-Chalil im Auge hat. Vgl. KosEN in Zeitschr. d. Deut-
schen Morgenl. Gesellschaft XII, p. 195 f. G.
4 Gen. Ib. ^ Q,
43
gend lim die Eiche heisst Mamre , deswegen heisst sie die Eiche von
Mamre.
Vom Berge Hebron. Von der Eiche aber bis Hebron sind
zwei Werst. Hebron ist ein sehr hoher Berg, und eine grosse Stadt
war ehemals darauf erbaut, und eine Menge Leute waren dort auf die-
sem Berge; jetzt aber ist der Ort wüst. Und auf diesem Berge sass
vormals der Enkel Noah's, der SohnHam's, Namens Kanaan , nach
der Sündflut, vom Thurmbau gekommen, und hatte dies ganze Land
um Hebron besiedelt, und danach wurde dies Land das Kanaanäische
genannt. Dies ist das Land , welches Gott der Herr dem Abraham
versprach , als er in Mesopotamien war. Denn dort war Abraham in
Haran im Hause seines Vaters Thara , und Gott sprach zu Abraham :
Gehe aus dem Hause deines Vaters und gehe in das Land Kanaan,
dir werde ich es geben und deinem Samen in Ewigkeit, und ich
werde mit dir sein immerdar. In Wahrheit ist dies Land gesegnet
von Gott mit allem Guten , an Weizen und Wein und Öl und allerlei
Obst ist es sehr fruchtbar und reich an Vieh ; denn die Schafe und
das Grossvieh und alles wirft zweimal im Jahr, und Bienen giebt es
dort viel in den Felsen auf diesen schönen Bergen , und Weinberge
viele an den Abhängen, und etwas weiter unten stehen viele Obst-
bäume, zahllose : Ölbäume und Johannisbrodbäume und Feigen und
Apfelbäume und Kirschbäume und Trauben und jegliches Obst ; bes-
ser als alles Obst auf Erden sind diese Trauben, einer Himmelsfrucht
vergleichbar. Und daselbst war das Haus Davids, denn dort lebte er
8 Jahre , als ihn sein Sohn Absalon aus Jerusalem vertrieben hatte ^) .
Von der doppelten Höhle 2]. Von Hebron aber bis zu
der doppelten Höhle ist eine halbe Werst weit. Diese doppelte Höhle
nun ist im Felsen ausgehauen und in dieser Höhle ist das Grab Abra-
hams und Isaaks und Jacobs. Denn diese Höhle kaufte Abraham von
Ephron dem Hethiter zum Begräbniss für sich und sein ganzes Ge-
schlecht, als er von Mesopotamien ins Land Kanaan kam; anderes
aber erwarb Abraham nichts, als nur diese doppelte Höhle zum Be-
gräbniss für sich und sein ganzes Geschlecht. Jetzt ist ein steinernes
Gehege um diese Höhle gebaut, sehr fest; gebaut ist es aus grossen
Steinen sehr künstlich und unsagbar ; seine Wände sind sehr hoch :
mitten nun in diesem Gehege ist jene Höhle wohl gesichert. Gepfla-
stert aber ist das Gehege mit Platten aus weissem Marmor, und ist die
Höhle unter diesem Marmorpflaster wohl versichert, wo Abraham und
Isaak und Jacob und alle Söhne Jacobs ruhen, und ihre Frauen ruhen
1) Vermengung von Sam. IL 2, 1 — 5, 5 mit c. 15, 1 — 19, 16. G.
2) Da Daniel schon im Jahre 1115 Palästina wieder verliess, so konnte
er von der Eröffnung des Patriarchengrabes am 25. Juni 1119 noch keine
Kunde haben. S. den Bericht über dieselbe in Archives de la Societe de
lOrient latin II, p. 411 — 421 und die kurze Miltheilung aus demselben von
W. A. N'eumaxn; in der österreichischen Monatsschrift für den Orient 1S83,
Nr. IZ, p. 216. Bd. II der Archives erscheint binnen kurzem,. G.
44
dort. Sara und Kebekka und Lea, aber Rahel liegt entfernt bei Beth-
lehem am AVege. Es sind aber in diesem Gehege im Grunde die Grä-
ber getrennt von einander gebaut : über diesen Gräbern ist eine Art
von runden Kapellen errichtet. Das Grab nun Abrahams und seines
Weibes Sara sind nahe beieinander, ebenso das Grab Isaaks und der
Rebekka seines Weibes, darnach auch das Grab Jacobs und seines
Weibes Lea nahe beieinander. Josephs aber des Schönen Grab ist
ausserhalb dieses Geheges, einen Steinwurf entfernt davon ; und diese
Stätte heisst die des heiligen Abraham \ . Und daselbst ist eine Stätte,
ein hoher Berg, gegen Süden -) , von der doppelten Höhle eine Werst
weit; das ist der Berg, auf den die heilige Dreifaltigkeit mit Abra-
ham stieg, bis zu diesem Berge geleitete Abraham die heilige Dreifal-
tigkeit von der Eiche in Mamre aus. Daselbst ist ein Ort auf dem
Gipfel des Berges schön und sehr hoch ; an diesem Orte fiel Abraham
auf sein Antlitz, betete an vor der heiligen Dreifaltigkeit und bat für
Sodom und sprach 3) : Herr , verderbe nicht den Gerechten mit dem
Gottlosen, dass nicht der Gerechte wie der Gottlose umkomme ; wenn
aber, Herr, in Sodom 50 Gerechte gefunden werden, wirst du diesen
Ort nicht verschonen um der 50 Gerechten willen? Und der Herr
sprach zu ihm : wenn in der Stadt Sodom auch nur 5 Gerechte gefun-
den werden, so will ich die ganze Stadt Sodom nicht verderben. Und
Abraham verstummte und sprach nichts mehr zu ihm. Von demselbi-
gen Berge aus schickte die heilige Dreifaltigkeit zwei Engel nach So-
dom , dass sie herausführten Lot , den Neffen Abrahams : und dort
verschwand die heilige Dreifaltigkeit vor Abraham.
Vom O p fe r Abrahams. Damals aber brachte Abraham Gott
ein Opfer dar , indem er Weizen auf das Feuer streute ; und diese
Stätte heisst der »heilige Abraham« und »Abrahams Opfer«. Und liegt
diese Stätte sehr hoch, man sieht von da nach allen Seiten. Von da
aber bis Sigor ^) ist drei Werst weit, und dort ist das Grab Lots und
seiner beiden Töchter : es ist nämlich eine grosse Höhle , in diese
Höhle floh Lot mit seinen beiden Töchtern, als er aus Sodom entrann.
Und dort ist auch ein Wohnplatz der ersten Menschen hoch auf dem
Berge : der also heisst Sigor. Von Sigor aber ist eine Werst weit
bis zu einer hervorragenden Höhe im Gebirge, nach Süden von Sigor.
1 j NoKOFf : le sepulcre de Joseph le beau est en dehors de l'edifice. A un
jet de pierre de la double caverne , est un Heu, qui porte le nom de St.-
Abraham.
2 NoROFF: vers l'orient.
3; Gen. c. IS, 22 ff. Daniel meint offenbar dieselbe Stätte, die Hierony-
mus im Epitaphium Paulae unter dem Namen Caphar Barucha erwähnt. Dort
sagt er von ihr, dass Abraham bis dahin den Herrn begleitet und von dort aus
den Bauch aus dem Brande Sodom's und Gomorrha's habe aufsteigen sehen.
('a^)har Barucha ist Kafr Barek, jetzt bekannter unter dem Namen Beni
Na im. Ks liegt auf der AVasserscheide östlich von Hebron, nicht südlich,
wie die ol)en übersetzte Lesart des Textes angiebt. G.
4 Zcar. Gen. c. 19. Zoar, Lol's "Weib , Sodom verlegen die Gewährs-
männer Daniels sämmtl. auf das westl. Ufer des todten Meeres. G.
45
bis daliin, wo Lots Weib als Steinsiliile steht. Von Lots Weib aber
bis Sodom sind zwei Werst. Das alles habe ich mit meinen Augen
o-esehen, aber auf meinen Füssen konnte ich nicht dahin gelangen aus
Furcht wegen der Heiden , auch erlaubten mir die rechtgläubigen
Leute nicht dahin zu gehen, indem sie so sprachen : Nichts gutes ist für
euch dort zu sehen , sondern nur Qual, und böser Gestank steigt aus
diesem Meere auf ; und sprachen zu uns so : ihr werdet krank werden
von diesem bösen Gestank. Da also kehrten wir zurück zum «heiligen
Abraham«, beschirmt von Gott und durch seine Gnade bewahrt kamen
wir wieder zvi der doppelten Höhle und in die Stadt ^), und beteten an
dieser heiligen Stätte und ruhten dort aus 2 Tage. Durch Gottes
Gnade fanden wir eine wackre und zahlreiche Genossenschaft, die von
da nach Jerusalem ging, und von da schlössen wir uns an sie an und
gingen mit ihnen fröhlich ohne Furcht und gelangten wohlbehalten
zur heiligen Stadt Jerusalem und lobten Gott, der uns gewürdigt hatte,
diese heiligen unaussprechlichen Stätten zu sehen.
Von dem Kloster des heiligen Chariten. Nach eini-
gen Tagen aber gingen wir zum Kloster des Chariton 2) . Und zwar
führt der Weg an Bethlehem vorbei ; und von Bethlehem nach Süden
zu bis zum Kloster des heiligen Chariton sind etwa 5 Werst. Und
ist dies Kloster an demselben Bache Etham^], nahe am Meere von
Sodom, in felsigen Bergen , eine Wüste aber ist ringsum sehr gross
und sehr schrecklich, und die Gegend ist wasserlos und trocken. Das
Kloster aber des heiligen Chariton steht schön zwischen Felsbergen,
ringsum war es mit einer Einfriedigung umbaut ; und unterhalb seiner
ist eine Felsschlucht, gross und sehr furchtbar. Innerhalb dieses Klo-
sters aber sind zwei Kirchen : in der grossen Kirche aber ist das Grab
des heiligen Chariton und ausserhalb der Einfriedigung ist eine kunst-
reich hergestellte Ruhestatt (Begräbnissplatz) ; in derselbigen Ruhe-
statt liegen die Leiber der heiligen Väter wie lebend, denn dort liegen
ihrer mehr als 500 : dort ruht der Leib des heiligen Cyriacus des Be-
kenners wie lebend, ganz unversehrt, dort ruhen die beiden Söhne des
Xenophon, Johannes und Arcadius, und grosser W^ohlgeruch geht von
ihnen aus. Dort brachten wir unsre Verehrung diesen heiligen Or-
ten dar und stiegen auf einen Berg gegen Süden, von diesem Kloster
eine Werst entfernt. Und ist dort eine ebene Stelle auf Ackerlande :
an dieser Stelle wurde der heilige Prophet Habakuk von dem Engel
ergriffen , als er mit Speise und Wasser zu den Schnittern ging, und
es führte ihn der Engel nach Babylon zum Propheten Daniel in die
Grube, und dort nährte und tränkte er diesen. Von Jerusalem aber
bis Babylon sind 2065 Werst, und wiederum wurde er zu der Stunde
1) In das Gehege ? Noroff : et dans son enceinte.
2) Vgl. TOBLER, Topogr. II, p. 509 fi'. G. ^
3) Hier ist Etham gleich dem Wädi Charetün, der im oberen Lauf AVadi
Artäs genannt wird. Er ist allerdings die östliche Fortsetzung des oben p. 41
erwähnten »Baches Etham«. ;j G.
46
von dem Engel ergriffen und an selbigem Tage wieder andenselbigenOrt
zu den Schnittern gebracht und gab ihnen Speise und Trank. Und ist an
dieser Stelle ein Bau wie ein Thürmchen Kapelle schön aufgeführt, des
Wunders wegen ' . Babylon ist aber von dieser Stätte 40 Tage schneller
Reise entfernt. Und ist inderXähe dieser Stelle eine grosse Kirche, ge-
wölbt, auf den Namen der heiligen Propheten, und dort ist vxnter der Kirche
eine Höhle, in der die 12 Propheten in drei Särgen liegen: Habakuk,
Micha, Joel, Ezechiel. Obadja. Ismael, Sabellius, Baruch, Arnos, Ho-
sea, Xahum. Zephanja^ . Und daselbst ist auf diesem Berge ein
sehr grosses Dorf und wohnen in ihm viele Sarazenen und ebenfalls
viele Christen ; und das ist das Dorf der heiligen Propheten , denn
dort sind die heiligen Propheten geboren, denn das ist ihre Heimath.
Und dort brachten wir eine Nacht in diesem Dorfe zu, beschirmt durch
Gottes Gnade, und die in diesem Dorfe lebenden Christen nahmen uns
gut auf. Und als wir dort übernachtet hatten und am nächsten Mor-
gen aufgestanden waren, gingen wir nach Bethlehem, und das Ober-
haupt dieses Dorfes geleitete uns selbst in Waffen bis Bethlehem und
zeigte uns alle die heiligen Stätten, indem er uns geleitete ; denn man
kann nicht sicher durch diese Gegend gehen wegen der Heiden, denn
es sind dort wilde Heiden, Sarazenen, und erschlagen die Christen in
jenen Bergen. Und wir erreichten alle wohlbehalten die heilige Stadt
Bethlehem und dort bezeigten wir unsre Verehrung der heiligen Ge-
burtsstätte Christi, und nachdem wir uns dort ausgeruht hatten, gingen
wir voll Freude in die heilige Stadt Jerusalem.
Vom Wege nach Galiläa. Und es führt eine Strasse von Jeru-
salem nach Galiläa und zum See von Tiberias und zum Berge Thabor und
nach Nazareth : das ganze Land nämlich um den See von Tiberias heisst
Galiläa. Es liegt dies Land nach dem Sommeraufgang (der Sonne) zu.
Die Stadt Tiberias ist von Jerusalem entfernt 4 Tagereisen für einen Fuss-
gänger; der Weg dorthin ist sehr beschwerlich, in Felsbeigen und sehr
gefährlich , die Berge sind hoch und sehr steil. 3 Tage geht man in
diesen gefährlichen Bergen und einen Tag in der Ebene, alles das
neben dem Jordan flussaufwärts ^] , fast bis zum Ende des Jordan, wo
der Jordan entspringt. Und Gott vergönnte mir diesen Weg so zu
machen: es zog der Fürst von Jerusalem, Namens Balduin^), auf die-
1) Vgl. die abweichenden Angaben bei Tobler, Topographie II , p.
573 ff. G.
2) Die Aufzählung ist dem Verf. schlecht gerathen und wirft ein sehr un-
günstiges Licht auf seine Kenntnisse... Sabellius verdankt seine Existenz in
dieser Reihe wohl einem TexlTehler. Über das Grab der zwölf Propheten ist
sonst wenig bekannt, vgl. Tobler, Topogr. II, p. 572. G.
3) NOROFF: versl Orient.
4) Der Zug Balduin's L, Königs von Jerusalem, war gegen Bursuk von
Hamadan gerichtet, der von Oslea her einen Angriff auf die nordsyrischen
Staaten (Haleb, Damaskus; gemacht hatte. Von den letzteren war Balduin zu
Hülfe gerufen worden. S. B. Kugler, Geschichte der Kreuzzüge p. 93.
105. G.
47
sem Wege zum Kriege gegen Damaskus an dem See von Tiberias vor-
bei; ich nun ging zu diesem Fürsten und sprach zu ihm bittend, in-
dem ich mich verneigte : Herr Fürst, nimm mich mit dir bis zum See
von Tiberias, damit ich dort alle heiligen Stätten sehe. Und da hiess
mich der Fürst mit ihm gehen , und ich zog mit ihm und er gesellte
mich seinen Leuten bei. Da bestieg ich mit grosser Freude ein Pferd,
und so durchzogen wir jene gefährlichen Gegenden mit den Soldaten
des Königs ohne Furcht und Gefahr, ohne Soldaten aber kann niemand
auf diesem Wege durchkommen in kleiner Genossenschaft ; nur die
heilige Helena, die Kaiserin, kam auf diesem Wege durch, aber kein
andrer kann auf diesem Wege durchkommen in kleiner Genossen-
schaft.
Das also ist der Weg nach Tiberias •) : von Jerusalem bis zum
Brunnen der heiligen Gottesmutter 10 Werst, und vom Brunnen bis
zu den Bergen von Lebona oder Gelboe 4 Werst; und auf diesen Ber-
gen wurde Saul, der König der Juden, erschlagen, und sein Sohn Jo-
nathan wurde daselbst erschlagen. Die Berge sind hoch und felsig.
Von diesen Bergen aber bis zum Brunnen Davids sind 2 Werst und
von diesem Brunnen bis zur Höhle Davids 4 Werst : in dieser Höhle
hatte Gott den König Saul in die Hände Davids gegeben , und David
tödtete ihn nicht, sondern schnitt ihm , während er schlief, die Hälfte
seines Kleides ab und nahm sein Schwert , Obergewand und Hand-
schuhe. Von da aber bis zu den Bergen von Sichem sind 4 Werst,
wo die Grube Josephs des Schönen ist. Auf diesen Bergen nämlich
hüteten die Söhne Jakobs die Schafe und alle Heerden ihres Vaters
Jakob , und daselbst in diese Berge kam Joseph zu seinen Brüdern,
geschickt von seinem Vater zu ihnen und ihnen Friedensgruss und
Segen von ihrem Vater Jakob bringend. Sie aber, als sie ihren Bru-
der Joseph sahen , erhoben sich wie die Wölfe gegen ihn und griffen
ihn und warfen ihn in eine Grube. Und bis auf den heutigen Tag
kann man diese Grube erkennen , wie eine tiefe Cisterne aus Steinen
ist diese Grube sehr fest gebaut. Es traf sich , dass wir an diesem
Orte übernachteten. Und ist der Ort nahe an der Landstrasse, zur
rechten Hand auf dem Hinwege. Von da aber bis zum Dorfe Josephs,
welches Sichar heisst, sind 1 0 Werst.
1) Von den im Folgenden genannten Orten zwischen Jerusalem und Galiläa
sind wohl bekannt 1 . Lebona , das heutige el-luhbän nördlich von den Höhen
bei sindschil. 2. Der Jakobsbrunnen östlich von Nabulus. Das unmittelbar
vorher genannte Sichar ist wahrscheinlich mit dem heutigen Dorf el-askav
identiscli. 3. AusDaniel's Beschreibung ergiebt sich, dass er unter »Samaria«
Sichem oder Nabulus versteht. 4. Das wirkliche Samarien nennt er Sebasto-
polis, d. i. Sebastije. Der zuerst genannte »Brunnen der heiligen Gottesmut-
ter« ist wahrscheinlich el-blre. Lebona hat Daniel mit Gilboa (Sam. I. 28 ff.)
verwechselt. Der Brunnen und die Höhle David's, sowie Daniel's »Sichern«
mit der Grube Joseph's müssen zwischen cl-luhhun und dem Jakobsbrunnen
gesucht werden. Das weiter unten genannte Arimathia ist vielleicht von dem
heutigen er-rä?«e zu verstehen , das zwischen Sebastije und Dschenin gele-
gen ist. G.
48
Vom Brunnen und von der S tadt Samaria. Und dort ist
der Jakobsbrunnen, sehr tief, und das Wasser in ihm kalt und süss,
und bei diesem Brunnen redete Christus mit der Samariterin. Und
wir machten dort Nachtlager bei diesem Brunnen. Und daselbst ist
in der Nähe die Stadt Samaria. eine halbe Werst entfernt von dem
Brunnen. Die Stadt Samaria ist sehr gross und hat Überfluss an allem
Guten und allerlei Früchten. Die Stadt Samaria liegt zwischen zwei
sehr hohen Bergen, viele kalte Wasserquellen fliessen schön inmitten
der Stadt, und zahllose Fruchtbäume sind dort jeglicher Art: Feigen,
Xussbäume, Johannisbrodbäume . Ölbäume stehen in dieser ganzen
Gec'end um Samaria wie Eichen stände , wie Wälder ; an den Acker-
rändern sind zahlreiche Fruchtbäume auf diesem Gefilde, und ist das
Land um Samaria schön und wunderbar, und ist diese Gegend reich
an allem Guten . an Öl und Wein . an "Weizen und Obst , und mit
einem Wort, von ihr lebt Jerusalem in Bezug auf alle Güter. Und
diese Stadt Samaria wird jetzt Xeapolis genannt. Von dieser Stadt
Samaria aber liegt nach Westen ein Ort 2 Werst weit, der Ort hat den
Namen Sebastopolis , ein kleines Städtchen . und in ihm ist das Ge-
fängniss des heiligen Johannes des Vorläufers , und in diesem Ge-
fängniss wurde Johannes der Vorläufer enthauptet vom König Hero-
des, daselbst ist auch sein Grab : es ist aber an diesem Ort eine Kirche
gebaut auf den Namen des heiligen Johannes des Vorläufers. Daselbst
ist ein sehr reiches fränkisches Kloster. Und von da sind 4 Werst bis
Arimathia. Es ist dort der Ort, in felsigen Bergen gebaut, ein kleines
Städtchen ; in diesem Städtchen ist das Grab des heiligen Joseph von
Arimathia, der von Pilatus den Leib Jesu erbat. Über dem Grab des
heiligen Joseph ist eine Kirche gebaut, gewölbt, sehr hoch. Und die-
ser Ort heisst Arimathia.
Von der Stadt Basan. Und sind von Samaria bis zur Stadt
Basan 30 Werst. In dieser Stadt Basan i; war der König Og von Ba-
san , den Josua bei der Stadt Jericho erschlug. Und ist diese Gegend
schrecklich und sehr gefährlich, denn aus dem Platze, wo Basan stand,
entspringen sieben Flüsse und steht an diesen Flüssen grosses Röh-
richt, und viele Palmen stehen an dieser Stelle, wie ein dichter Wald,
und dort leben auch viele heidnische Sarazenen und morden an den
Furten längs dieser Flüsse ; und viele Löwen finden sich in jenem
Röhricht dort an den Flüssen. Es ist dieser Ort nahe beim Flusse
Jordan. Ebenda ist eine Stelle unterhalb dieser Stadt gegen Osten mit
einer wunderbaren Höhle, aus dieser Höhle entspringt eine Quelle,
und bei dieser Quelle ist ein Badeteich : in diesem badete sich Jesus
mit seinen Jüngern, und ist bis auf den heutigen Tag zu erkennen,
wo Christus auf einem Steine gesessen hat. Daselbst badeten auch wir
Sünder und Unwürdige. In derselbigen Stadt Basan versuchten die
1 Besän in der Jordanniederung im Gebiet des Nähr Dschälüd. Daniel
verwechselt es mit dem ostjordanischen Basan.) G.
49
Juden Christum, indem sie ihm eine Münze zeigten und sprachen :
Wessen ist das Bildniss? Christus aber sprach zu ihnen : Gebet dem
Kaiser was des Kaisers ist und Gotte was Gottes ist. Und Christus
sprach, indem er sich zu Petrus wandte : Geh und wirf eine Angel in
den See und bald wirst du einen Fisch fangen , öffne dessen Mund
und du wirst einen Stater finden, den nimm und gieb ihn für mich
und für dich i) . Bei derselbigen Stadt Basan heilte Christus die bei-
den Blinden, die da riefen, indem sie ihm nachgingen, und sprachen:
Erbarme dich unser, Sohn Davids.
Vom Quellort des Jordan^). Von der Stadt Basan aber bis
zur Jordanquelle und bis zixm Zollhause des Matthäus sind 20 Werst.
Der Weg von Basan geht ganz in der Ebene am Jordan hin flussauf-
wärts^) bis zur Jordanquelle. Der Fluss Jordan nun kommt aus dem
See von Tiberias aus zwei Quellen, er sprudelt sehr wunderbar aus
der Erde hervor, die eine Quelle hat den Namen Jer, die andere den
Namen Dan, und von da entspringt der Jordanfluss aus dem See von
Tiberias ; es sind diese beiden Bäche nebeneinander, drei Pfeilschüsse
voneinander entfernt, und laufen beide eine halbe Werst weit, und
dann vereinigen sie sich und fliessen fortan als ein Fluss und der
heisst Jordan, nach den Namen der beiden Quellen. Es fliesst aber
das Wasser des Jordanflusses sehr schnell ; sehr viele Fische giebt es
in ihm. Und sind an der Jordanquelle über beide Bäche zwei steinerne
Brücken, sehr fest auf Bogen gebaut, und unter diesen Brückenbogen
fliesst der Jordan durch.
Von der Zollstätte des Matthäus, des Ap osteis Chri-
sti. Daselbst bei der Brücke war die Zollstätte des Matthäus, des
Apostels Christi. Denn dort laufen alle Strassen zusammen nach Da-
maskus und nach Mesopotamien über den Jordan. Daselbst bei der
Brücke machte der Fürst Balduin halt, mit seinen Soldaten zu speisen,
daselbst machten auch wir halt gerade an der Jordanquelle und bade-
ten in derselben , auch im See von Tiberias badeten wir und begingen
an diesem Meere hin ohne Furcht und ohne Gefahr alle die heiligen
Stätten, wo Christus unser Gott wandelte mit seinen heiligen Füssen.
Und daselbst würdigte Gott auch mich sündigen Menschen zu wan-
deln und das Land Galiläa zu sehen , welches wir nicht gehofft
hatten zu sehen noch zu besuchen , aber selbst habe ich mit meinen
eignen sündigen Füssen dieses ganze Land Galiläa begangen. Es ist
nicht erlogen, denn wie ich es mit meinen eignen sündigen Augen
gesehen habe, so habe ich es auch beschrieben. Und Gott vergönnte
1) Verbindung von Matth. 22, 75 fr. und 17, 24 ff. [Die Blindenheilung
verweisen die Evangelien nach Jericho Matth. 20, 29 ff. G.
2) Der folgende Bericht beruht auf sehr fehlerhafter Orientirung. Da-
niel's Standpunkt ist der bekannte Jordanübergang bei Uschisr el-Mudschä-
mi'a. Die Einmündung des Jarmük in den Jordan scheint man ihm als den
Zusammenfiuss des »Jer« und »Dan« bezeichnet zu haben. G.
3) NoROFF: tirant vers Torient en amont du Jourdain.
Ztschr. d. Pril.-Yer. VII. 4
50
mir einen Menschen zu finden sehr alt und gelehrt, geistlich auch und
heilig, der in Galiläa 30 Jahre gelebt hatte und beim heiligen Saba
im Kloster 20 Jahre, und dieser Mann geleitete mich über dies ganze
Land und zeigte mir alles dies; aus der heiligen Schrift habe ich es
wohl erkundet. Wie soll ich Gott danken für alles, was er mir
sündigem Menschen an so viel Gutem gewährt hat? Dort also blie-
ben wir bei der Brücke jenen ganzen Tag. und gegen Abend zog der
Fürst Balduin über den Jordan gegen Damaskus mit seinen Soldaten
in den Krieg, wir aber gingen in die Stadt Tiberias und blieben dort
10 Tage, bis der Fürst aus jenem Kriege von Damaskus zurückkam.
"Wir aber besuchten bis dahin alle heiligen Stätten um den See von
Tiberias.
Von der Stadt Tiberias und von dem See und von
den Wundern Christi. Das Meer von Tiberias aber ist umgehbar
wie ein See, in der Länge 50 Werst und in der Breite 20 Werst, das
Wasser aber in ihm ist sehr süss zu trinken , wie in einem Flusse,
nicht salzig, und Fische sind viel darin. Und giebt es da einen sehr
wunderbaren und merkwürdigen Fisch, von der Art des Karpfens (?) ;
denselbigen Fisch liebte Christus selbst zu essen, denn süss war dieser
Fisch vor allen Fischen : auch wir Sünder assen von diesen Fischen
nicht einmal, sondern vielmals, als wir in jener Stadt waren. Von
jener Brücke bis zum Bade Christi und bis zum Bade der heiligen
Gottesmutter und bis zum Bade der Apostel 6 Werst, von diesen
Bädern aber bis zur Stadt Tiberias eine Werst. Und ist die Stadt Ti-
berias sehr gross, in der Länge 2 Werst und in der Breite mehr als
eine Werst, liegt aber am See von Tiberias. In derselbigen Stadt that
Christus unser Gott viele Wunder i) . Dort ist ein Ort inmitten der
Stadt, wo Christus den Aussätzigen rein machte. Und daselbst war
das Haus der Schwiegermutter des Petrus . und Christus kam in das
Haus und heilte sie vom Fieber. Und daselbst an dieser Stelle war
eine Kirche gebaut auf den Xamen des Apostels Petrus. Daselbst war
auch das Haus Simons des Aussätzigen, wo die Buhlerin mit ihren
Thränen die heiligen Füsse unserm Herrn Jesu Christi wusch und mit
ihren Haaren trocknete und Vergebung unzähliger Sünden gewann. In
derselbigen Stadt heilte er die Verkrüppelte. Daselbst geschah auch
das Wunder mit dem Hauptmann. Daselbst liessen sie auch das Bett
mit dem Kranken hinab, nachdem sie das Dach durchbrochen. Da-
selbst war er auch der Kanaaniterin gnädig. Daselbst ist eine Höhle,
und das Wasser in ihr süss und kalt : in diese Höhle flüchtete Chri-
stus, als sie ihn zum König von Galiläa machen wollten. Und viele
andre Wunder that Jesus in dieser Stadt. In derselbigen Stadt ist das
Grab des Propheten Jesaia, des Sohnes Amos. Und ebenda vor der
Stadt, auf einer Halbinsel, ist das Grab des Josua, nahe am Wege.
1 Daniel überträgt auf Tiberias namentlich dasjenige, was die Evange-
lien von der AVirksamkeit Jesu in Kapernaum erzählen. G.
51
Und ist daselbst am See ein grosser Stein, nach Osten von der Stadt,
einen Pfeilschuss weit ; auf diesem Steine stand Christus und predigte
dem Volk , das gekommen war von der Küste Tyrus und Sidons und
von der Dekapolis und dem ganzen Galiläa : und von da entliess er das
Volk und seine Jünger, und sie fuhren auf Schiffen an die andre Seite,
Christus selbst aber blieb dort und ging nachher von da über den
See wie auf trocknem Lande , und war vor dem Volke, früher als die
anderen, auf jener Seite, sie aber, als sie ankamen, fanden Jesus dort
am Ufer wandeln und sprachen zu ihm ; Herr , unser Meister , wann
bist du hierher gekommen ? Jesus aber sprach zu ihnen : bei Gott ist
alles möglich, bei den Menschen nichts. Und daselbst ist die Stätte,
wo Christus 5000 Mann ausser den Frauen und Kindern speiste
mit fünf Broden und zwei Fischen , und es blieben übrig 1 2 Körbe
Brosamen. Es ist aber die Stätte am Bergabhange, eine "Werst vom
See entfernt, und ist die Stätte schön, eben und grasreich. Und da-
selbst ist eine andere Stelle, nahe jener; an dieser Stelle erschien
Christus zum dritten Male seinen Jüngern, als er von den Todten auf-
erstanden war, und Jesus stand am Ufer und sprach zu ihnen : Kind-
lein , habt ihr etwas zu essen ? Sie aber sprachen zu ihm : nein ! Und
es sprach zu ihnen Jesus : Werfet die Netze aus an den rechten Sei-
ten des Schiffes und ihr werdet fangen. Sie aber warfen aus und
konnten darnach das Netz nicht heranziehen vor der Menge der Fische,
und zogen das Netz ans Land voll von grossen Fischen, 153, und
sahen Brod und Feuer und einen Fisch gebacken, und da ass Jesus
vor seinen Jüngern und das übrige gab er ihnen. Und da ist jetzt an
dieser Stätte eine Kirche der heiligen Apostel gebaut. Und von da
nicht weit war das Haus der heiligen Maria Magdalena, und dieselbige
Maria heilte Christus von sieben bösen Geistern, und heisst diese
Stätte Magdalea ^] . Nahe dabei aber ist das Städtchen des Andreas und
Petrus, Bethsaida. Daselbst ist der Ort, wo Philippus den Nathanael
zu Jesu führte. Und dort ist die Stätte , am See, wo Christus zu den
Söhnen Zebedaei, Andreas und Petrus, kam, sie aber zogen die Netze
ein, und da erkannten Petrus und Andreas Christum, verliessen den
Kahn und ihre Netze und folgten Jesu nach -] . Und daselbst ist nahe
am See das Dorf des Vaters Zebadaeus. Ebenda war das Haus des
heiligen Johannes Theologus. Daselbst trieb Christus aus einem Men-
schen eine Legion Teufel aus und befahl ihnen in Schweine zu fahren,
und da gingen die Schweine im See unter -^ .
Vom See Genezareth und von der Stadt. Und dort ist
in der Nähe das Dorf Kapernaum. An diesem Dorfe vorbei fliesst ein
1) Magdala, das heutige el-Medschdel. Übrigens ist diese Partie der Pil-
gerschrift so ungenau, dass es stellenweise unmöglich ist, derselben zu folgen.
Wie schon früher, so erhält man auch hier den Eindruck, dass der Verf. doch
mehr erzählt, als er gesehen hat. G.
2) Eine Verwirrung von Mc. 1 , 16—18 mit 19 und 20, die wieder die ge-
ringen Kenntnisse Daniel's in biblischer Geschichte beweist. G.
3) Nach Mrc. 5, 1 — 13 auf dem Ostufpj des Sees. G.
4*
52
grosser Fluss. wnd dieser Fluss kommt aus dem See Genezareth und
riiesst in den .See von Tiberias. Dieser See von Genezareth aber ist
sehr gross, 4u Werst in der Länge und Breite, rund ist dieser See und
vsjamo okacno ^^ , Fische aber sind viele darin. Und daselbst ist eine
jTTOsse Stadt Namens Genezareth. und darnach heisst der See der von
Genezareth. Und dort ist in der Nähe eine andre Stadt Namens De-
kapolis. Und dort ist eine Stelle, etwas entfernt von der Stadt, ober-
halb dieses Sees, eben und schön und sehr grasreich : an dieser Stätte
predigte Christus dem Volke , das aus Dekapolis und von der Küste
Tvrus und Sidons gekommen war : von diesem Ort nun heisst es im
Evangelium : und viele andre "Wunder that Christus in der Umgegend
dieses Sees -) .
Vom Berge Libanon. Und dort ist jenseits des Sees ein
hohes und sehr grosses Gebirge , und der Schnee liegt auf ihm den
Sommer hindurch ; der Name dieses Gebirges ist Libanon, auf diesem
Berge Libanon wächst Liban, das weisse Räucherwerk. Aus demsel-
bigen Gebirge Libanon kommen 1 2 grosse Flüsse , es fliessen aber
nach Osten 6 Flüsse , und 6 andere nach Süden und gehen diese in
den See Genezareth, die anderen sechs aber fliessen nach dem grossen
Antiochien zu ; das Land wird genannt Mesopotamien, welches ist »das
Land zwischen Flüssen«. Und dort zwischen jenen Flüssen liegt Ha-
ran, wovon Abraham ausgingt). Und von jenen Flüssen wird der See
Genezareth gefüllt, aus diesem See geht ein grosser Fluss in das Meer
von Tiberias. Bis zu jenem Gebirge Libanon aber konnte ich nicht
gelangen aus Furcht vor den Heiden ; aber es erzählten uns von die-
sem Gebirge Leute, die es wohl wussten ; Avir Sünder aber haben nur
mit unsern Augen das Gebirge und alle die Stätten um diesen See
Genezareth gesehen.
Vom Berge Thabor. Der Berg Thabor und Nazareth liegen
vom Meer von Tiberias nach Westen : 50 grosse Werst sind es bis
zum Berge Thabor. Der Berg Thabor aber ist wunderbar und merk-
würdig von Gott geschaffen , schön und sehr hoch steht er da, mitten
in einer Ebene steht er schön wie ein Schober, getrennt von allen
Bergen , die dort sind ; an dem Berge hin fliesst ein Fluss durch die
Ebene. Auf diesem ganzen Berge aber wachsen allerlei Bäume :
Feigen und Johannisbrodbäume und Ölbäume, sehr viele ; höher aber
ist der Berg Thabor als alle Berge um ihn herum und ist vereinzelt,
getrennt von allen Bergen steht er inmitten einer Ebene , schön, sehr
gross im Umfang, seine Höhe aber ist so, dass ein guter Schütz von
oben nach unten 4 mal schiessen muss und von unten nach oben
S mal, die obere Fläche beträgt eine Schussweite (?) . Es ist nun dieser
1} Über die unsichere Bedeutung dieser Worte s. oben p. 24, Anm. 4.
2 \\ ohl ungenaue Erinnerung an Joh. 20, 30. G.
_ 3, Gen 11, 31. 12, 4 f. Dieser Abschnitt ist ein lehrreicher Beleg dafür,
wie gering die geographischen Kenntnisse über Palästina selbst bei den ein-
heimischen Mönchen waren. G.
53
Berg ganz felsig , auf ihm zu gehen beschwerlich und wohl mühselig.
Es giebt solche Stellen , dass man auf den Felsen klettern muss, in-
dem man sich mit den Händen festhält, ein sehr schwieriger Weg,
kaum gelangten wir hinauf; nachdem wir von der dritten Stunde des
Tages bis zur neunten geklettert waren , gelangten wir nur mit Mühe
auf den Gipfel dieses heiligen Berges. Es ist aber auf dem Gipfel
dieses Berges eine Stelle nach dem Winteraufgang (der Sonne) zu,
wie ein kleiner Felshügel, spitzgip feiig; an dieser Stelle wurde Chri-
stus unser Gott verklärt; dort ist jetzt eine grosse Kirche gebaiit an
dieser Stätte auf den Namen der heiligen Verklärung Christi ; an dem-
selbigen Orte auf demselbigen Berge ist eine andre Kirche, nahe bei
jener Kirche, auf den Namen des heiligen Propheten Moses, und eine
dritte ebenda in der Nähe auf den Namen des heiligen Propheten
Elias. Die Stätte aber der Verklärung Christi ist mit einer steinernen
Einfriedigung umbaut, sehr fest ; diese Einfriedigung hat ein eisernes
Thor, und dort war zuerst ein Bischofssitz, jetzt aber ist dort ein la-
teinisches Kloster; Wasser aber ist viel auf diesem Berge. Wunder-
bar ist Gottes Fügung, dass in solcher Höhe Wasser ist. Acker sind
auch viele auf diesem heiligen Berge und viele Weinberge und aller-
lei Obstbäume, imd man sieht von ihm aus sehr weit.
Von der Höhle des Melchisedek. Und dort ist eine
Höhle auf diesem Berge, sehr wunderbar, wie ein kleiner Keller im
Felsen ausgehauen, und ein Fensterchen ist oben an dieser Höhle, auch
hat sie eine kleine Thür, und man steigt auf Stufen in die Höhle
hinab ; auf dem Boden aber steht ein heiliger Tisch, an welchem der
König Melchisedek Gott Opfer von Brod und Wein darbringt ; vor der
Thür aber dieser Höhle steht ein kleiner Feigenbaum , und um sie
herum stehen allerlei kleine Bäume. Denn vormals war dort ein sehr
grosser Wald um diese Höhle, jetzt aber sind nur kleine Bäume da.
In dieser Höhle lebte Melchisedek, der König von Salem, und daselbst
kam zu ihm der Patriarch Abraham in das Dickicht dieses Waldes und
zu der Höhle, und Abraham rief dreimal: Mann Gottes, komm heraus
hierher! Und Melchisedek kam heraus und brachte heraus Brod und
Wein , und baute Gott einen Altar in dieser Höhle , und es brachte
Melchisedek, der König von Salem, Gott ein Opfer dar aus Brod und
Wein vor Abraham; und sogleich wurde das Opfer zu Gott gen Him-
mel erhoben. Und da segnete Melchisedek den Abraham, und Abra-
ham schor den Melchisedek und beschnitt seine Nägel, denn Melchi-
sedek war rauch. Denn Melchisedek war es. der zuerst den Gottes-
dienst begann mit Brod und Wein und Ungesäuertem \ . Von ihm
1) Bekanntlich hält Hieronymus das Salem des Melchisedek nicht für
Jerusalem, sondern setzt dasselbe S röm. Meilen südlich von Scythopolis oder
Besän. Vgl. Rel.4ND, Palästina p. 976 f. Bei Daniel erscheint die Tradition
als weiter nach dem Norden gewandert. Sie wird ebenfalls von dem Tabor
berichtet bei Johannes von Würzburg a. 11()5, Descriptiones Terrae Sanctae
ex s. VIII etc. ed. T.Tobler 1874, p. 112. Auch von den Legenden im christ-
54
sagt der Prophet : Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnnnc
Melchisedeks. Und ist diese Höhle von der Stcätte der Verkläruno-
Christi einen Pl'eilschuss weit. Und dort nahm man uns gut auf in
jenem Kloster bei der heiligen Verklärung, und nachdem wir ein
wenig ausgeruht hatten, gingen wir in die Kirche der Verklärung des
Herrn und beteten an diesem heiligen Orte , wo Christus unser Gott
verklärt wurde , und nachdem wir voll Liebe und mit Thränen diese
ehrwürdige Stätte geküsst hatten, gingen wir aus jenem heiligen Klo-
ster, besuchten auf diesem Berge alle die heiligen Stätten und gingen
wieder zu der heiligen Höhle : dort geht an der Höhle vorbei der
"Weg nach Xazareth : Xazareth nämlich liegt gegen "Westen vom Bero-e
Thabor : zum zweiten Mal gingen wir in diese heilige Höhle , welche
Melchisedek mit Abraham gemacht hat , und ist bis auf den heutigen
Tag jener heilige Altar in dieser Höhle : und jetzt noch kommt dort-
hin der heilige Melchisedek und hält die Liturgie an jenem Altar; wir
aber beteten dort an und gingen vom Berge Thabor hinab in die Ebene
und machten uns auf den Weg nach Xazareth. Und es sind vom Berge
Thabor bis Xazareth 5 Werst, zwei in der Ebene und drei in Felsber-
gen, ein sehr beschwerlicher und ungangbarer Weg: dort sitzen Hei-
den in diesen Bergen, auch in der Ebene sind viele Dörfer der Sara-
zenen , und die kommen in diesen schrecklichen Bergen heraus und
erschlagen die Fremdlinge : gefährlich ist es, diesen Weg mit kleiner
Genossenschaft zu gehen , aber mit grosser Genossenschaft kommt
man ohne Gefahr durch ; uns aber verlieh zu der Zeit Gott keine Ge-
nossen , sondern war waren ganz allein , unser acht , auf Gott ver-
trauend und ohne Waffen, aber wir kamen ungefährdet durch und ge-
langten von Gottes Gnade beschirmt zur heiligen Stadt Xazareth.
Von der Stadt Xazareth i). Xazareth nun ist ein kleines
Städtchen, liegt im Gebirge in einem Thal, so dass man es nur sehen
kann, wenn man gerade darüber angelangt ist ; inmitten dieses Städt-
chens aber ist eine grosse Kirche gebaut mit drei Altären. Wenn man
in die Kirche hineinkommt, so ist an der linken Seite eine sehr tiefe
Höhle; Thüren hat sie zwei, und man steigt auf Stufen in diese
Höhle; und dort, wenn man hineinkommt zur rechten Hand, ist die
Zelle der heiligen Gottesmutter; in derselbigen Zelle lebte die hei-
lige Gottesmutter mit Christus ; in dieser Zelle wurde auch Christus
unser Gott genährt. Daselbst ist eine Stelle zu erkennen, wo Christus
als kleines Kind mit der Mutter lag , und ist diese Stelle am Boden
niedrig wie eine Lagerstatt hergerichtet. In derselbigen Höhle ist
zur linken Hand, wenn man hineinkommt, das Grab des heiligen Jo-
seph, des Verlobten der :Maria, denn dort hat ihn Christus mit seinen
eignen heiligen Händen begraben ; es fliesst aber aus diesem Grabe von der
liehen Adambuch des Morgenlandes Jahrbücher der bibUschen AVissenschaft
\ , p. 111 ö. scheint Daniel einiges bekannt gewesen zu sein. G.
1 Zu diesem Abschnitt vgl. Tobler, Xazareth in Palästina 1868. G.
55
Wand weisses heilijj:es Wasser wie das heilige ()1 (}i.u[>ov) , und man
fängt es auf zur Heilung der Kranken.
Von der Verkündigung. Und daselbst ist eine Stätte in
derselbigen Höhle nahe an der Thüre ; an dieser Stätte sass die heilige
Gottesmutter und wickelte (spann?) Purpur (faden 1 , und da kam zu ihr
der Erzengel Gabriel, gesandt von Gott zur Jungfrau Maria, und stand
vor ihr offenbar , sichtbarlich , etwas entfernt von dem Orte , wo die
heilige Gottesmutter sass ; es sind drei Klafter bis zu der Stelle, wo
der Erzengel stand, von der Thür der Höhle aus; und s[)rach zur
Jungfrau Maria : Freue dich, du Gebenedeite , der Herr ist mit dir !
Und da verkündete er ihr die Geburt Christi. Es ist aber an der
Stelle, w^o Gabriel gestanden hat, ein Altar errichtet ; an diesem Altar
hält man Gottesdienst. Dort nämlich, wo jetzt die Höhle ist, war das
Haus des heiligen Joseph, des Verlobten der Maria, und alles das
begab sich im Hause des heiligen Joseph. Die Kirche dort ist ge-
baut über dieser Höhle auf den Namen der heiligen Verkündigung.
Und diese Stätte war wüst, jetzt aber haben die Franken sie erneuert
und wohl hergerichtet ; daselbst lebt auch ein sehr reicher lateinischer
Bischof und der gebietet über diese heilige Stätte. Und nachdem wir
dort ein Avenig geruht hatten in diesem heiligen Städtchen, gingen wir
am nächsten Morgen in die Kirche der Verkündigung der heiligen
Gottesmutter und beteten dort an, gingen dann in die Höhle und be-
zeigten unsre Verehrung allen jenen heiligen Stätten. Und wir gingen
ein wenig aus diesem Städtchen heraus nach dem Sommeraufgang
(der Sonne) zu und fanden dort einen Brunnen , sehr tief und sehr
kalt, man steigt aber tief auf Stufen zu diesem Wasser hinab. Es ist
über diesem Brunnen eine Kirche gebaut auf den Namen des heiligen
Erzengels Gabriel, und ist von dem Städtchen Nazareth bis zu diesem
heiligen Brunnen eine halbe Werst, bei diesem Brunnen nämlich ge-
schah die erste Verkündigung an die heilige Gottesmvitter vom Engel
Gabriel, als sie zum Wasserholen dahin gekommen war ; und als sie
ihren Krug schöpfte, rief ihr unsichtbar der Engel zu : Freue dich,
Gebenedeite ! der Herr ist mit dir ! Marie aber sah sich um hierhin
und dorthin und sah niemand, nur die Stimme hörte sie , und nach-
dem sie ihren Krug genommen , ging sie verwundert in ihrem Sinne
und sprach : Was ist das ? die Stimme habe ich gehört, aber niemand
gesehen. Und sie ging nach Nazareth und trat in ihr Haus, stellte
ihren Krug hin, setzte sich an den vorgenannten Ort und begann Pur-
pur(fäden) zu wickeln, und da erschien ihr der Engel des Herrn,
sprach die Verkündigung aus und ging von ihr.
Von Kana in Galiläa. Von Nazareth aber bis zum Esaudorf
(selo Isavovo) sind 5 Werst und von diesem Dorfc bis Kana 4 Werst.
Kana aber ist ein Dorf an der Landstrasse ; dort verwandelte Christus
Wasser in "Wein i , . Und dort fanden wir eine wackre und zahlreiche
1) Nach der Gesammtentfernung — 9 AVerst -- zu schliessen , versteht
Daniel unter Kana nicht das heutige Kafr Kenna, sondern Chirbet Kana,
56
Genossenschaft, die nach Akra ging, und wir gesellten uns ihnen voll
Freude zu und gingen mit ihnen nach Akra ; Akra aber war eine
Stadt der Sarazenen, jetzt aber wohnen und herrschen dort die Fran-
ken. Es liegt aber diese Stadt Akra am grossen Meer, und ist dort
ein sehr yruter Hafen, und wohl versehen mit allem ist diese Stadt.
Von Xazareth aber bis Akra sind 2S grosse "Werst und von Xazareth
liegt Akra gegen Süden. "Wir weilten 4 Tage in Akra und fanden
eine zahlreiche Genossenschaft , die nach Jerusalem ging, schlössen
uns dieser an und kamen nach Kaiph. Von da aber gingen wir zum
Berge Karmel , wo die Höhle des heiligen Propheten Elias ist , und
dort beteten wir an, und von da gingen wir nach Kapernaum und von
Kapernaum nach Caesarea Philippi * i , der Weg geht am Meere hin in
der Ebene , und wir blieben dort 3 Tage in der Stadt Caesarea ; da-
selbst lebte der Hauptmann Cornelius, den der Apostel Petrus taufte.
Von Caesarea aber gingen wir nach Samaria , der Weg geht vom
Meere ab in die Berge nach links, 20 Werst; wir gingen anderthalb
Tage und gelangten am andern Tage um Mittag nach Samaria, und
waren langsam gegangen der Hitze wegen, und dort brachten wir die
Nacht zu vor der Stadt Samaria beim Jakobsbrunnen, wo Christus mit
der Samariterin redete. Und als wir aufgestanden waren, gingen
wir auf unserm alten Wege, auf dem wir nach Jerusalem gekommen
waren, mit grosser Freude, dass wir sicher gewandert waren und alle
heüigen Stätten gesehen hatten. Wo Christus unser Gott mit seinen
heiligen Füssen gewandelt war um unsrer Erlösung willen , da wür-
digte Gott auch mich sündigen Menschen zu wandeln und jenes wun-
dervolle Land Galiläa und Palästina zu sehen; durch Gottes Gnade
wurden wir bewahrt und durch die Fürbitten der heiligen Gottesmutter
beschützt; das Land nämlich um Jerusalem heisst Palästina. Kein
Übel ist uns unterwegs widerfahren, weder von den Heiden noch von
wildem Gethier, auch von Krankheit haben wir in unserm Leibe nicht
das mindeste empfunden , sondern diirch Gottes Gnade gehoben und
gestärkt wandelte ich dahin wie ein Adler oder Hirsch ohne alle Müh-
sal und Ermattung. Wenn ich mich rühmen darf, so rühme ich mich
nur der Kraft meines Christus , wie denn der Apostel Paulus sagt :
denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Wie soll ich meinem
Herrn danken für alles, was er mir, seinem geringen Knecht, Ver-
ls Kilometer nördlich von Nazareth. Das »Esaudorf« würde arabisch el-isa-
wije lauten ; aber ein solches giebt es dort nicht. Man vermuthet die Gegend
von Sefürlje erwähnt zu finden. Noroff hat in der Übersetzung »bourg
d Issana" und deutet dies nach Keland, Palästina p. Sßl. G.
l , ^^^ ^^^^ Daniels geht ohne Zweifel vom Karmel an der Meeresküste
über Tantüra nach Caesarea und von Caesarea landeinwärts nach Näbulus.
Caesarea Phihppi steht also fälschlich für Caesarea Stratonis , und Näbulus
wird wieder, wie oben p. 48, Samaria genannt. Wie Kapernaum unter die
KeiKcstationen gekommen ist, erscheint räthselhaft. An eine Verwechselung
mit Haijharaim Jos. 1!), l'J , wie Nokoff meint, ist nicht zu denken. Doch
findet sich ein Capernaum am Karmel auch bei Benjamin von Tudela und
^\llbrand von Oldenburg. Vgl. Nokoff. Pelerinage etc. p. llßf. G.
57
liehen hat, dass er mich gewürdigt hat so viel Gnade /u erleben und
diese heiligen Stätten zu besuchen \ind den "Wunsch meines Herzens
zu erfüllen. Was er nicht gehofft hatte zu sehen, das alles Hess Gott
seinen Knecht schauen. Und ihr. meine Väter und Brüder und Her-
ren, vergebet mir und verachtet nicht meine Einfalt und Unwissen-
heit, dass ich nicht künstlich, sondern einfach geschrieben habe von
diesen Stätten und von der heiligen Stadt Jerusalem und von dem
ganzen heiligen Lande, das Gott vor alters dem Abraham gelobt hat;
habe ich nicht mit Kunst geschrieben, so doch ohne Lüge^ gerade so,
wie ich es mit meinen sündigen Augen gesehen habe.
Von dem he iligen Licht e , w^ie es vom Himmel zum
Grabe des Herrn herabko m'mt i). Und dies auch liess mich,
seinen armen und unwürdigen Knecht, den Mönch Daniel, Gott sehen,
denn ich habe mit meinen eignen sündigen Augen in Wahrheit ge-
sehen, wie das heilige Licht zum Leben bringenden Grabe unsers
Herrn und Erlösers Jesus Christi herabkommt. Denn viele andre Pil-
ger sagen unwahres über die Herabkunft des heiligen Lichtes : einige
nämlich sagen . dass der heilige Geist als Taube herabkomme zum
Grabe des Herrn, und andre sagen, dass ein Blitz herabkomme und die
Lampe über dem Grabe des Herrn anzünde: das ist Lüge, denn nichts
ist dann zu sehen, weder Taube noch Blitz, sondern es geschieht un-
sichtbar, dass die Gnade Gottes herabkommt und die Lampen über
dem Grabe des Herrn sich entzünden. Ich nun werde reden von dem,
was ich in Wahrheit gesehen habe. Am Charfreitage nach dem Abend-
gottesdienst reinigt man das Grab des Herrn und wäscht die Lampen
über dem Grabe des Herrn und füllt diese Lampen mit reinem Baumöl
ohne Wasser, setzt die Dochte ein und zündet diese Dochte nicht an,
sondern lässt sie unangezündet und versiegelt das Grab des Herrn um
die zweite Stunde der Nacht. Zur selbigen Zeit löscht man alle Lam-
pen, nicht nur die dort befindlichen , sondern in allen Kirchen in Je-
rusalem. Da ging auch ich Armer am selbigen Charfreitag um die
erste Stunde des Tages zum Fürsten Balduin und verneigte mich vor
ihm bis zur Erde ; er aber , als er sah , wie ich mich verneigte , rief
mich voll Freundlichkeit zu sich und sprach zu mir: ^\'as willst du,
russischer Abt? Denn er kannte mich wohl wieder und liebte mich
sehr, wie er denn ein guter und freundlicher Mann war und gar nicht
stolz. Ich aber sprach zu ihm : Herr Fürst , ich bitte dich um Gottes
Willen und der russischen Fürsten wegen , auch ich möchte meine
Lampe aufstellen über dem Grabe des Herrn für alle unsre Fürsten,
für das ganze russische Land und für alle Christen des russischen Lan-
des. Und sogleich erlaubte mir der Fürst meine Lampe aufzustellen,
1) Dieser Bericht ist wohl das interessanteste Stück der I'ilgerschriftDa-
niel's. Der erste, der von dem heiligen Feuer erzählt, ist der Mönch Bernhard
C.870. Vgl. Itinera hierosolvniitana etc. ed. Tobler et MoLlMEU Genf 1>?79)
p. 315. Tobler, Golgotha" 1S51 , p. 4G0— 4S:J. Auch K.\lmeu_. Palästina*,
p. 325 ff. K. RÖHRICUT, Historisches Taschenbucli, 5. Folge. V, 302 f. G.
58
und bereitwillig schickte er mit mir seinen besten Mann zum Ver-
walter or/.ovouo; der heiligren Auferstehungskirche und zu dem, der
das Grab des Herrn verwahrt. Es erlaubten mir beide, der Verwalter
und der Schliesser des Grabes des Herrn , meine Lampe mit Öl zu
brino-en. Ich aber verneigte mich vor ihnen mit grosser Freude und
ging auf den Markt und kaufte eine grosse gläserne Lampe und füllte
sie mit reinem Baumöl ohne "Wasser und brachte sie zum Grabe des
Herrn, als es schon Abend war, und ich traf den Schliesser allein iind
sagte ihm Bescheid. Er aber öffnete die Thür des Grabes des Herrn
und hiess mich die Sandalen ablegen und führte mich barfuss in das
Grab des Herrn mit der Lampe, die ich in meinen sündigen Händen
trug, und hiess mich die Lampe auf das Grab des Herrn stellen, und
ich stellte sie mit meinen sündigen Händen zu Füssen, wo die hei-
ligen Füsse unsers Herrn Jesu Christi gelegen hatten ; zu Häupten
stand die Lampe der Griechen, auf der Brust die Lampe des heiligen
Saba und aller Klöster ; denn so ist ihre Gewohnheit, jedes Jahr stel-
len sie die Lampe der Griechen und die des heiligen Saba hin. Durch
die Gnade Gottes aber entzündeten sich diese drei unteren Lampen.
Aber die Lampen der Franken sind oben aufgehängt, und von diesen
Lampen fing damals keine an zu brennen, sondern nur jene drei allein
entzündeten sich. Ich nun stellte meine Lampe aiif das heilige Grab
unsers Herrn Jesu Christi, verneigte mich vor dem anbetungswürdigen
Grabe des Herrn und küsste in Liebe und Thränen diesen heiligen und
ehrwürdigen Ort. wo der heilige Leib unsers Herrn Jesu Christi ge-
legen hatte : und wir gingen mit grosser Freude aus dem heiligen
Grabe heraus und gingen jeglicher in seine Zelle. Am anderen Mor-
gen aber, am Ostersonnabend, um die sechste Stunde des Tages' ,
versammeln sich die Leute vor der Kirche der Auferstehung Christi,
eine unzählbare Menge von Menschen aus allen Ländern ; Pilger und
Fremde aus Babylon, aus Ägypten, aus Antiochien und aus allen Län-
dern kommen dort zusammen an diesem Tage, unsagbar viele Men-
schen, und füllen alle die Stätten um die Kirche und um die Kreuzi-
gung des Herrn. Ein grosses Gedränge aber entsteht dann in der
Kirche und um die Kirche, viele auch ersticken dann durch das Ge-
dränge dieser Leute ; und alle diese Leute stehen mit unangezünde-
ten Lichtern und warten auf das Offnen der Kirchenthür. Im Innern
der Kirche aber warten die Priester mit ihren Leuten , bis der Fürst
Balduin mit seinem Gefolge kommt , und dann geschieht die Öffnung
der Kirchenthür en ; dann gehen alle Menschen in die Kirche mit
grossem Gedränge und füllen die Kirche. "Überall wird es voll in der
Kirche und um Golgatha und um die Schädelstätte und bis dahin, wo
das Kreuz Christi gefunden wurde , alles wird voll von Menschen ;
anderes aber sagen sie nichts als rufen »Kyrie eleison« ohne Aufhören
und schreien laut, so dass der ganze Ort dröhnt und donnert vom Ge-
schrei dieser Menschen. Ströme von Thränen vergiessen dort die
l; D. i. um 12 Uhr Mitta<?s. G.
59
gläubigen Menschen, denn wenn auch einer verhärtet ist im Her-
zen, so mag doch auch der dann zu weinen anfangen; denn jeglicher
Mensch geht dann in sich und denkt an seine Sünden und spricht bei
sich : üb wohl meiner Sünden wegen der heilige Geist nicht herab-
komme! Und so stehen alle Gläubigen in Thränen und mit zerknirsch-
tem Herzen, und der Fürst J5alduin selbst steht da in Furcht vmd
grosser Demuth und ein Thränenstrom entquillt seinen Augen : ebenso
steht auch sein Gefolge um ihn dem Grabe gegenüber nahe bei dem
grossen Altare. Als es die siebente Stunde des Sonnabends war. kam
der Fürst Balduin aus seinem Hause mit grossem Gefolge , und alle
gingen mit ihm barfuss. Und es sandte der Fürst in die Metochie des
heiligen Saba und Hess rufen den Abt mit seinen Mönchen, und es
kam der Abt mit den Brüdern zum Grabe des Herrn, und ich Armer
ging da auch mit diesem Abt und mit den Brüdern. Und wir kamen
zum Fürsten und verneigten uns alle vor ihm. Und es hiess der Fürst
den Abt des heiligen Saba und mich Armen mit ihm kommen in
seiner Nähe, den andern aber befahl er, vor ihm zu gehen, und dem
Gefolge, hinter ihm zu gehen. Und wir kamen zur Kirche der Aut-
erstehung Christi an der westlichen Thür, und siehe, eine Menge von
Menschen vertrat die Kirchenthür und wir konnten nicht in die Kirche
gelangen. Da befahl der Fürst Balduin seinen Soldaten, die Menschen
mit Gewalt auseinander zu treiben, und sie machten eine Gasse durch
die Menschen bis zum Grabe des Herrn und so konnten wir durch-
dringen. Und wir kamen zur östlichen Thür des Grabes, der Fürst
aber kam uns nach und stellte sich an seinen Platz an der rechten
Seite am Gitter des grossen Altars gegenüber der östlichen Grabes-
thür ; denn dort ist der Platz des Fürsten, hoch errichtet. Er befahl
aber dem Abte des heiligen Saba sich oberhalb des Grabes aufzustel-
len mit allen Mönchen und mit den orthodoxen Priestern ; mich Ar-
men aber hiess er sich hoch oberhalb der Thür des Grabes selbst auf-
stellen gegenüber dem grossen Altar, so dass ich in die Grabesthür
hineinsehen konnte. Die Thüren des Grabes waren aber alle drei ge-
schlossen und mit dem königlichen Siegel versiegelt. Die lateinischen
Priester aber standen in dem Räume des grossen Altars. Und als es
die achte Stunde des Tages war, begannen die orthodoxen Priester
oben auf dem Grabe die Abendmesse z\i singen : und alle Geistlichen
und viele Mönche und Einsiedler waren dazu gekommen ; die latei-
nischen Priester aber am grossen Altar begannen auch die Messe auf
ihre Art, indem sie ebenfalls sangen. Ich aber stand dort und schaute
aufmerksam nach der Thür des Grabes. Und als sie begannen die Par-
ömien des Ostersonnabends') zu lesen, trat der Bischof mit seinem
Diakon aus dem grossen Altar heraus und ging zur Thür des Grabes,
und als er durch das Gitter der Thür geblickt und kein Licht im Grabe
bemerkt hatte, kehrte er wieder zum Altar zurück. Als sie die sechste
1; Darunter sind die Vorbilder und "Weissagungen aus dem A. T. zu ver-
stehen, die am Ostersonnahciul vor<jelesen werden. G.
60
Parömie zu lesen begannen, kam wieder der Bischof mit seinem Dia-
kon zu der Grabesthür. und sah nichts im Grabe des Hen-n : da aber
schrien alle Leute auf mit Thränen : Kyrie eleison. Als nun die
neunte Stunde des Tages fast vorüber war, und sie den Gesang des
Durchganges', »Wir singen dem Herrn« anhüben, da kam plötzlich
eine kleine Wolke von Osten her und stand still über der ungedeck-
ten Kuppel dieser Kirche und regnete über dem heiligen Grabe und
befeuchtete uns wohl, die wir auf dem Grabe des Herrn standen, und
da plötzlich erglänzte das heilige Licht im Grabe des Herrn und es ging
ein Glanz von diesem Lichte aus wunderbar und sehr hell aus dem
heiligen Grabe. Da kam der Bischof mit vier Diakonen und sie öffne-
ten die Thür des Grabes des Herrn ; und der Bischof nahm die Kerze
aus der Hand des Fürsten , ging in das Grab des Herrn und zündete
zuerst diese Kerze an dem heiligen Lichte an, brachte dann die Kerze
aus dem Grabe und gab sie dem Fürsten selbst in die Hand ; und der
Fürst stand an seinem Platze, mit sehr grosser Freude die Kerze in der
Hand haltend : und an dieser Kerze zündeten wir alle unsre Kerzen
an, und an den unsrigen alle die ihrigen. Das heilige Licht aber ist
nicht wie irdisches Feuer , sondern anders , es leuchtet diese seine
Flamme in ungewöhnlicher Weise wie Zinnober. Und so stehen alle
Leute mit brennenden Lichtern und rufen alle unaufhörlich mit sehr
grosser Freude und mit Lust, nachdem sie das heilige Licht Gottes
gesehen haben. Wer aber diese Herrlichkeit an jenem Tage nicht ge-
sehen hat , der wird dem von dieser ganzen Erscheinung Erzählenden
nicht glauben ; wiederum aber die gläubigen und guten Menschen
glauben gern und werden mit Freuden auf die Erzählung von diesem
Heiligthum und von diesen heüigen Stätten hören : denn wer in klei-
nem gläubig ist . der ist auch im grossen gläubig , und dem bösen
Menschen wird die Wahrheit zur Unwahrheit. Mir Armen aber ist
Gott Zeuge und das heilige Grab des Herrn und alle meine Genossen,
die russischen Leute, und es waren damals dortXovgoroder undKijever,
Sedeslavivankovic, GoroslavMichalkovic. zweiKaskic und viele andre,
welche für mich und die Erzählung zeugen. Aber wir wollen zu dem
vorher Erzählten zurückkehren. Als nun das Licht im Grabe des Herrn
aufleuchtete, da hörte der Gesang auf und alle riefen aus : Kyrie elei-
son ; darnach gingen sie aus der Kirche mit grosser Freude und mit
den brennenden Lichtern, indem jeder sein Licht vor dem Ausblasen
durch den Wind hütete, und gingen alle in ihre Häuser : und an die-
sem heiligen Lichte zünden sie die Lichter in ihren Kirchen an. jeder
in der seinigen, und beenden jeder in seiner Kirche den Gesang. In
der grossen Kirche aber des Grabes des Herrn beenden die Priester
allein ohne das Volk den Abendgesang. Da gingen auch wir mit dem
Abt und den Brüdern in unser Kloster, indem wir unsre brennenden
Lichter trugen . und endeten dort den Abendgesang und gingen in
unsre Zellen mit Dank gegen Gott, der uns diese Gnade zu sehen ge-
ll Nämlich durch das Rothe Meer; s. Exod. 15. 1 ff. G.
61
währt hatte. Am folgenden Tage aber, dem der Auferstehung des
Herrn, am heiligen Üstersonntage, als wir den Frühgottesdienst ge-
halten, wie sichs gebührt, und das Küssen mit dem Abt und den Brü-
dern und die Absolution stattgefunden hatte, um die erste Stunde des
Tages, nahm der Abt das Kreuz mit sammt denBrüdern, und wir gin-
gen zum Grabe des Herrn, das Kontakion l) singend : »Wenn Du auch
ins Grab gestiegen bist , Unsterblichera, und gingen hinein in das
Leben bringende Grab, küssten es in Liebe und heissen Thränen und
genossen da den Duft des "Wohlgeruches , erzeugt durch die Heral)-
kunft des heiligen Geistes, während jene Lampen noch brannten wun-
derbar und merkwürdig und ganz ausserordentlich; denn die drei
I^ampen allein hatten sich entzündet, als der heilige Geist herabkam,
wie mir der Verwalter und der Schliesser des Grabes des Herrn er-
zählten ; es hängen aber noch andre 5 Lampen über dem Grabe des
Herrn und brannten damals auch, aber ihr Licht war anders, nicht
wie das jener drei, die ausserordentlich und wunderbar leuchteten.
Und darnach gingen wir aus dem Grabe des Herrn zur östlichen Thür
heraus, traten an den Altar und küssten uns mit den christlichen und
syrischen Priestern , gingen dann aus der Kirche und gingen in unser
Kloster, wo wir ruhten bis zur Liturgie.
Und nach drei Tagen ging ich nach der Liturgie zum Schliesser
des Grabes des Herrn und sprach zu ihm: Ich möchte meine Lampe
nehmen. Er aber empfing mich liebevoll, führte mich ganz allein mit
sich in das Grab , und als ich in das Grab eingetreten war , fand ich
meine Lampe auf dem Grabe des Herrn noch brennend mit jenem
heiligen Licht. Und ich bezeigte dem heiligen Grabe meine Vereh-
rung vmd küsste diese ehrwürdige Stätte, wo der hochheilige Leib
unsers Herrn Jesu Christi gelegen hatte. Damals mass ich auch das
heilige Grab nach Länge , Breite und Höhe aus , denn sonst war es
wegen der Menschen keinem möglich es auszumessen ; und ich be-
schenkte das heilige Grab, so viel ich nach meinen Kräften vermochte,
und gab jenem Schliesser ein weniges und meinen schlechten Segen.
Er aber, da er meine Liebe zum Grabe des Herrn und zu dem Herrn
selber sah, schob die Platten zu Häupten des heiligen Grabes zurück
und brach mir so etwas von dem heiligen Stein ab zum segensreichen
Andenken und verbot mir, indem er mich schwören Hess, es nieman-
dem in Jerusalem zu sagen. Ich aber verneigte mich vor dem Grabe
des Herrn und vor jenem Schliesser, nahm meine Lampe mit dem Ol
noch brennend und ging mit grosser Freude hinaus, bereichert durch
die Gnade Gottes, in meiner Hand tragend das Geschenk von der hei-
ligen Stätte und das Zeichen des heiligen Grabes des Herrn , und ich
ging freudevoll , als hätte ich einen Schatz gefunden , und ging mit
grosser Freude in meine Zelle.
1) Ein Lobgesang. Der hier gemeinte ist z. B. angeführt von E. von
MuKALT, Briefe über den Gottesdienst der morgenländischen Kirche (1838),
p. 141. G.
62
Von der Stätte Goliaths und von den Märtyrern.
Und daselbst ist ein Ort nahe bei Jerusalem, nach Osten zu. vom Da-
vidsthurm einen Pl'eilschuss weit : an diesem Orte erschlug David den
üoliath ; es liegt der Ort in einem Thal in der Nähe einer Cisterne K
und ist jetzt an diesem Orte gutes Ackerland. Nicht weit davon ist
eine Hohle, und in dieser Höhle liegen die Gebeine der heiligen Mär-
tvrer. die in Jerusalem unter dem Kaiser Heraclius getödtet wurden,
lind heisst der Ort Mamilla -] . Und von diesem Ort bis zum heiligen
Kreuz 3; ist eine Werst, und liegt der Ort westlich von Jerusalem hin-
ter einem Berge : an diesem Ort ist das Fussgestell des Kreuzes ge-
hauen, an welches die heiligen Füsse unsers Herrn Jesu Christi gena-
gelt wurden — und der Ort ist mit einer Einfriedigung umbaut.
Inmitten aber dieser Einfriedigung ist eine grosse Kirche gebaut auf
den Namen des heiligen Kreuzes, ganz vmd gar schön ausgeschmückt,
und unter dem grossen Altar dieser Kirche unter dem Tisch ist der
Stamm des Baumes des heiligen Kreuzes, wohl versichert und mit
Marmorplatten bedeckt, und ein rundes Fenster ist durchgebrochen
dem Baum gegenüber. Und daselbst ist ein Iberisches Kloster.
Vom Hause des Zacharias, des Vaters Johannis des
Täufers-*'. Von diesem Kloster aber bis zum Hause des Zacharias
sind 4 Werst : die Stätte ist am Fusse eines Berges westlich von Jeru-
salem. Und in dies Haus des Zacharias kam die heilige Gottesmutter
zu Elisabeth und küsste Elisabeth ; und als Elisabeth den Gruss der
Maria vernahm, hüpfte das Kind in ihrem Leibe vor Freuden, und
sie sprach : Woher mir das , dass die Mutter meines Herrn zu mir
kommt? Und in demselbigen Hause wurde Johannes der Vorläufer
geboren, und jetzt ist an dieser Stelle eine Kirche gebaut. Wenn man
in diese Kirche eintritt, ist zur linken Hand eine kleine Höhle, in die-
ser Höhle Mnirde Johannes der Vorläufer geboren , und ist die Stelle
ganz ummauert mit einer Einfriedigung. Von da aber ist eine halbe
Werst durch eine Schlucht bis zu dem Berge , auf welchen Elisabeth
mit Johannes flüchtete, und es rief Elisabeth und sprach: Berg, nimm
Mutter und Kind auf. Und sogleich that sich der Berg auseinander
und nahm sie auf; die Diener des Herodes aber verfolgten sie, und als
1 Bekannt ist die Annahme, dass der Kampf David's gegen Goliath in
dem "NVädi Bot Ijanina bei Kalönije stattgefunden habe. Vgl. ToBLEU , To-
pogr. II. p. 72:iri'. Diesen Ort meint aber Daniel nicht. Die Angabe der Bich-
tung »östlich vom Davidsthurm« scheint fehlerhaft zu sein ; denn Daniel führt
seine I,e.ser offenbar auf die Westseite der Stadt. Ich vermuthe , dass seine
Angabe mit der heutigen Kal'at Dschälüd nördlich vom Jafathore zusammen-
hängt. G.
2 iJie Kirche der heiligen Mamilla erwähnt der Mönch Bernhard um
STO. Vgl. ToBLEH, Topographie II, p. ISO ff. 219f. G.
3 Das bekannte Kreuzkloster westhch von Jerusalem; vgl. Tobler
a. a. O. p. 726 ff. G.
4, Es handelt sich um den jetzt Mär Zakarja genannten Ort in der Nähe
von 'Ain Kärim, vgl. Tobler a. a. O. p. ;i.54ff'. G.
63
sie an jene Stelle gekommen waren, fanden sie nichts und kehrten be-
schämt zurück : und man erkennt die Stelle auf diesem Felsen bis auf
den heutigen Tag, jetzt aber ist dort ein kleines Kirchlein. Unten aber
unter dieser Kirche ist eine kleine Höhle . aus derselbigen Höhle
kommt "Wasser heraus, sehr gut, weiss wie Milch von Ansehen ; und
dies Wasser trank Elisabeth mit Johannes, als sie in diesem Berge
Avar, denn dort ist sie gewesen bis zum Tode des Herodes; und ein
Engel beschützte sie in diesem Berge. Und ist der Berg sehr gross
und viel Wald auf ihm und um ihn herum viele Schluchten und liegt
westlich von Jerusalem; der Name dieser Stätte istOrinia^). Auf den-
selbigen Berg floh der Prophet David vor dem Könige Saul aus Jeru-
salem.
Von B,ama und von Emmaus. Von diesem Berge aber in
westlicher Richtung sind zwei Werst bis Rama. Von diesem Rama
spricht der Prophet Jeremias : Eine Stimme wurde gehört in Rama 2j .
Und ist dies Rama ein grosses Thal ; in diesem stehen viele Dörfer —
und dies ist das Gebiet von Bethlehem. Dorthin schickte Herodes
seine Soldaten die Kinder zu tödten, indem er Christus suchte. Von
Rama aber nach Westen zu sind 4 Werst bis Emmaus ; dort erschien
Christus am dritten Tage nach seiner Auferstehung dem Lukas und
Kleopas, als sie von Jerusalem aufs Land gingen — und dort gab sich
ihnen Christus zu erkennen am Brechen des Brodes. Und liegt dies
Dorf hinter einem Berge , wenn man in der Richtung von Jerusalem
nach Jafa geht. Von Jerusalem aber bis Lydda sind 20 Werst, und
dort war eine grosse Stadt, Namens Lydda, jetzt aber heisst sie Ram-
lia^j ; dort heilte Petrus, der Apostel Christi, den Aeneas, der krank
lag. Von Lydda aber bis Joppe sind 10 Werst, dort war es. wo der
heilige Apostel Petrus die Tabitha auferweckte. In derselbigen Stadt
fastete Petrus, und in der neunten Stunde sah Petrus ein Tuch an
den vier Ecken gebunden auf sich zukommen und hörte eine Stimme
hoch vom Himmel her, die da sprach: Steh auf, Petrus, schlachte und
iss. An demselbigen Orte ist eine grosse Kirche gebaut auf den Na-
men des heiligen Apostels Petrus. Und liegt die Stadt Joppe nahe am
Meer und reicht das Meer bis an ihre Mauern , und so , Jafa , heisst
jetzt die Stadt in der Sprache der Franken. Von Jafa aber sind 6
Werst bis Tarsuf '') und von Tarsuf bis Caesarea Philippi 24 Werst,
■der Weg führt immer am Meere hin. In diesem Caesarea taufte der
1) Der Name ist wohl Missdeutung von si; -7;-; «^jpsi-rr^v »in das Gebirge«
Lukas 1, 39. ToBLER, Topogr. II, p. 359 führt die Form Orene an. G.
2) Jerem. 31, 15, wegen Matth. 2, IS mit Bethlehem zusammengestellt.
Es ist nicht klar, welchen Ort Daniel meint. Das unmittelbar darnach ge-
nannte Emmaus ist deutlich das heutige ' Amwäs. G.
3) Die Angabe ist ungenau. Freilich hängt mit der Gründung von er-
Ramie im 8. Jahrhundert die Zerstörung oder der Verfall von Lydda zusam-
men. Vgl. oben p. 22, Anm. l. G.
4) Das heutige Arsüf zwischen Jafa und Kaisärije. Caesarea Philippi und
Kapernaum wie oben S. 56 und Anm. 1. G.
64
Apostel Petrus den Cornelius. Daselbst ist ein Berg, zwei Werst ent-
fernt von Cilsarea : auf diesem Berije lebte der heilige Vater Marcia-
nus. zu dem die Buhlerin kam ihn zu versuchen. Von Caesarea Phi-
lippi aber bis zur Stadt Kapernaum sind 8 "Werst. Von diesem Kaper-
naum sagt der Prophet : "Wehe dir, Kapernaum, bis zum Himmel wirst
du erhöht werden und bis zur Hölle hinabsinken. Denn dort soll der
Antichrist geboren werden : darum haben es auch die Franken zer-
stört.
Vom Berge Karmel. Von Kapernaum aber bis zum Berge
Karmel sind 6 "Werst. Auf diesem Berge lebte der Prophet Elias und
wurde dort von einem Raben ernährt. Auf demselbigen Berge tödtete er
auch die Baalspriester mit dem Schwerte, und es sprach Elias: Geei-
fert habe ich um den Hen-n meinen Gott den Allmächtigen. Und ist
dieser Berg Karmel sehr hoch, und das grosse Meer nahe bei diesem
Berge, eine "Werst weit. Von diesem Berge Karmel aber bis zur Stadt
Kaipha ist eine "Werst und von Kaipha bis Akra 25 Werst. Und ist
die Stadt Akra sehr gross und fest, und ein guter Hafen ist an dieser
Stadt : und die Stadt ist sarazenisch, jetzt aber haben die Franken sie
inne. Von Akra aber bis zur Stadt Tyrus sind 20 Werst und von Ty-
rus bis Sidon 12 Werst. Daselbst ist in der Nähe ein Dorf, das Sido-
nische Sarephta, in diesem Dorfe hat der Prophet Elias den Sohn der
Wittwe auf erweckt. Von Sidon aber bis zur Stadt Beirut sind 15
Werst ; in dieser Stadt durchbohrten die Juden mit einer Lanze ein
Bild unsers Herrn Jesu Christi, und sogleich kam Blut und Wasser
heraus. O des Wunders, das an trocknem Holze geschah. In dersel-
bigen Stadt Beirut lernten die beiden Söhne des Xenophon, Johannes
und Arcadius, die Schrift. Von Beirut aber bis Sobel sind 20 Werst,
von Sobel bis Tripolis 40 Werst, von Tripolis bis zum Flusse Sudi 60
Werst; vom Flusse Sudi liegt Gross- Antiochien 50 Werst weit landein-
wärts ; von da bis Laodicea sind 100 Werst, dann folgt Klein-Antio-
chien, dann die Insel Kallimeros, dann die Stadt Satalia , dann die
kleine Insel Chelidonia. Alle diese Städte liegen am Meere. Wir aber
fuhren an alldem vorüber, ohne uns aufzuhalten, machten aber halt
in Chelidonia, und von da fuhren wir nach Myra zur Stadt Patara
und von da den Weg nach Constantinopel ^) .
Der Schluss, der nur die Namen der russischen Fürsten enthält,
deren Daniel am heiligen Grabe gedacht und die er im Sabakloster
eingetragen hat, ferner die gehaltenen Gottesdienste erwähnt, ist hier
weggelassen) .
1 Die Stationen der Kückreise sind folgende : Sobel istDschebeil, das alte
Byblus. Der Fluss Sudi ist der ürontes, an jenen Namen erinnert noch heute
das Dorf es-Suweidije unAveit der Mündung. Unter Laodicea meint Daniel
ohne Zweifel das syrische Laodicea fad mare), heute Ladikije; er erwähnt
dasselbe nachträglich. Klein-Antiochien lag an derKüste'des aUen CiHcia
Trachea, in Isaurien; Kallimeros = Karadros; Satalia ist das heutige Ada-
lia; die Insel Chelidonia liegt am Kap gleichen Namens; Patara war eine
Hatenstadt an der SAV. -Küste von Lvcien. G.
Bücheranzeigen.
Vier Rhei7iische Palüstina-Püf/erschriften des XIV., XV. ?fnd
XVI. Jahrhunderts. Aus den Quellen miUjetheilt und bearbeitet
von Ludwig Conrady, Pfarrer a.D. — Wiesbaden (Feller i<^ Gecks)
1882. ffr. S^. X. 370. Pr. 6 M.
Exempla trahunt! Nachdem das epochemachende Werk von
Röhricht-Meisner zum erstenmal die Deutschen Palästina-Fah-
rer (nach den Kreuzzügen) in historischer Folge zusammenge-
stellt und dahei vieles Unhekannte an das Licht gezogen hat, so
dass eine erstaunliche Fülle wissenschaftlich geordneten Mate-
rials jetzt vorliegt, ist nichts natürlicher, als dass dadurch auf
den bisher latent gebliebenen gleichartigen Stoff eine starke An-
ziehungskraft ausgeübt wird. Da ist es denn hocherfreulich, wenn
gleich durch eine so überaus werthvolle Gabe , als welche sich
die angezeigte Publication erweist, die Falästinaforschung erwei-
tert Avird, und wenn die Kraft, die diesem Unternehmen sich ge-
widmet hat , ihre Aufgabe so ernst wie der Herausgeber nimmt
und mit so vielseitigem Wissen ausgerüstet erscheint; denn wir
besitzen leider nicht wenig Editionen von Palästinafahrten , die
auch den bescheidensten Ansprüchen nicht zu entsprechen ver-
mögen.
Wir haben es hier mit vier Pilgerschriften zu thun, die sich
auf die Zeit der zweiten Hälfte des 14. bis zu dem ersten Viertel
des 1 6 . Jahrhunderts vertheilen und deren Verfasser vorzugsweise
in dem Westen des Deutschen Reiches ihre Heimath haben.
Zuerst ein lateinisch abgefasstes, anonymes Pilgerbuch nebst
dem Fragment einer Pilgerfahrt, die sich indess nur über einige
Puncte des Griechischen Archipels verbreitet.
Der Herausgeber hat diese beiden Stücke »entdeckt« und
zwar in einer Handschrift, worin ihnen ein Text Luj)olf's vor-
ausgeht. Es war die Überschrift: »Manuscripta de diversis« von
einer Hand des 17. Jahrb., die den Herausgeber »zur genaueren
Einsichtnahme der Sachlage einlud« (S. 1), wesshalb »wir für diese
mangelhafte Bezeichnung dankbar sein dürfen«.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VH. 5
66
Die hotr. Hdschft. «gehört zu der reichen Sammlung des Nas-
sauisrlien Arflii\ars JI.MiKJ., eines Archivars von uhcm Schrot und
Kürn. dessen liöchste Freude darin bestand, sich im Alleinbesitz
handschriftlicher Schätze zu wissen, um sie möirlichst lange der
(Iriingcnden Ciclchrtcnwelt und damit der Wissenschaft vorent-
halten zu könniui. IJckannt ist, wie Lul»\mg l hlanl» einen gan-
zen Tag auf Schloss Miltenberg in Franken , w ohin sich IIabel
mit seinen Sammlungen zurückgezogen hatte, zubrachte, um
Einsicht in ein altfranzösisches oder altdeutsches Mspt. zu ge-
winnen, wie er aber schliesslich unverrichteter Sache von dem
Schlossherrn schied, der in jeder anderen I Jeziehinig den liebens-
würdigen Wirth gegen seinen berühmten Gast herausgekehrt
hatte.
Als IIabel 1S67 starb, ging sein besitz auf seine Neffen, die
beiden Hen'en Conrad Y, über, die glücklicherweise nicht auch
die Gruiulsätze ihres merkwürdigen Oheims geerbt haben. So
konnte denn die Staatsregiernng den Idsteiner Staatsarchivar
])r. («ÖTZK im Jahre 1S76 nach Miltenberg senden, damit er dort
von denjenigen Handschriften und Urkunden Kenntniss nehme,
die sich auf die Nassauische Geschichte bezögen und sonach das
Nassauische Staatsarchiv ergänzten. Götze hat dann einen län-
geren Artikel (v. IjÖher, Archivalische Zeitschrift IUI. II, 140 ff.)
über seine Sendung veröffentlicht und in demselben eine nach
den Deutschen Landestheilen vorgenommene Übersicht über die
Urkunden undManuscripte derSammhnig gegeben. Am Schlüsse
dieses A'erzeichnisses findet sich noch eine Rubrik : XA'I. »Ma-
nuscri])te nicht archivalischer Natur«. lauter Nr. 9 (zugleich der
letzten Nummer) ist eingetragen: »l^ieschreibung einer Reise nach
dem gelobten Lande. Ms. saec. XV. 4". l^ipier Vj^ cm. stark«.
Wenn Götze schon genöthigt Avar, bei Durchgehung und
Aufzeichnung des ganzen Nachlasses (das Verzeichniss nimmt
allein 40 Druckseiten ein) sehr summarisch zu verfahren, so
musste an der letzten Rubrik (XVI.), die er als »nichtarchiva-
lische« bezeichnete, sein Interesse noch geringer sein. Kein
Wunder, dass er desshalb nicht bemerkte, wie das fragliche
Ms])t. Nr. 9 nicht eine, soiulern zwei Pilgerschriften enthielt,
zumal der Anfang der zweiten, derjenigen, die Cünkady jetzt
publicirt, fehlt, resp. herausgerissen ist.
Die Ix'treffende, aus zwei Theilen und einem Fragment be-
stehende Iliindschrift ist nach der Darlegung C!.'s und des P'rank-
fiuter Archivars Dr. Grotefen» um 1475 von den Frankfurter
Dominikanern angelegt und aus deren Besitz erst anfangs dieses
.lalivliuiiderts in Privathände gewandert.
Da unserem w Pilgerführer« die erste Seite fehlt, so war Ver-
fasser und Datuu) , wenn sie überhaupt sich angegeben fanden,
erst zu bestimmen. C. kommt nun aus äusseren und inneren
GvüiidfMi zu dem Resultat, dass das Opus später zu setzen sei
67
als der ihm in der Sammlung' vorausgehende Ludolf, dem augen-
scheinlich vieles entnommen ist, und zwar in die Zeit von 1:^50
l)is IS80. Die Jlcimath des Verf. h;it C. versucht aus den als
Glossen eiugcstrcniton (hnitsc-licn Worten (die mau doch kaum
als »Germanismen« wird Ix'/cichnen können) fest/ustellen und
(huiiufhin den Verf. zu (mucui rheinischen Franken gestempelt,
unseres Erachtens ohne zwingcnide Heweise aufzuhringen, wie
deini namentlich dasjenige^ \\'ort, auf das er ein iihormässiges
G<!wicht legt, nämlich »felsch« = petra, mindestens ('l)en so sehr
gegen, als für seine Behauptung spricht. Kef. hat hinge genug
iii Frankfurt gewohnt, um den dortigen Dialcct zu kennen, mnl
ist der Ansicht, dass die Form "folsch» vorwiegend, um nicht zu
sagen lediglich allemannischen dharacters ist. Die Jlcimath des
Verf. können wir aber mit Sicherheit nicht angeben.
Da der »Filgerführer« seiner Natur nach keine Reise, son-
dern eine ])eschreil)inig ist, so ist auch die Möglichkeit histori-
scher Anknüj)fungspuncte eine erheblich geringere, die licstim-
mung des Datums eine weit schwierigere. Hier macht nun die
Beweisführung des Ilrsgbrs., der die Zeit bis 1384 als äusserste
Grenze annimmt, einen entschieden günstigen Eindruck.
In dieselbe Zeit wird auch die Abfassung: des »Pilffertorso's«
zu setzen sein. In dem anonymen Schreiben desselben vermu-
thet C einen Frankfurter von Stande, weil der Pilger einen zu
Rhodus vorgezeigten Silberling seiner Dicke nach mit einem »an-
tiquus thuronus francfurtensis« vergleicht. \yar aber damals
nicht das Frankfurter Geld in ganz Mitteldeutschland beliebt
und bekannt?
An den unrichtigen Ausdruck «templarii« statt »Johannitae«
als Besitzer von Rhodos knüpft C. eine Reihe von Combinatio-
nen, unseres Erachtens ohne besonderen Grund, denn es handelt
sich hier blos um einen nicht exacten Ausdruck, wie er auch
später (zum Jahre 1461) nach des Verf. Note 52 vorkommt.
Da der Pilger erzählt, dass der Grossmeister selbst ihm die
Reliquien gezeigt habe, so hätte sich C dies wegen der Zeitbe-
stimmvnig nicht entgehen lassen sollen. Vom Jahre 1382 bis
1396 gab es auf Rhodos gar keinen Grossmeister, da der dama-
lige (Heredia) in dieser Zeit zu Avignon lebte. C. geht über-
haupt den in seinem Buche vorkommenden Rhodisischen Gross-
meistern in auffälliger Weise aus dem Wege, obschon ihm das Werk
von l^osio bekannt ist. Während er sonst jede historische Per-
sönlichkeit mit möglichst vielen Citaten zu belegen sucht,
schweigt er über diese vollkommen, so S. 4G, 107 und 204. Ref.
erinnert sich nur einmal, einem solchen (Zakosta) begegnet zu
sein, der gelegentlich in einer Note erwähnt wird.
Das von dem Grossmeister ihm mitgethei te Wunder des am
Charfreitag Morgen jeden Jahres blühenden Domes, der aus dem
Dornenkranze Christi herrührt, sucht der l'ilger dmch folgemlen
5*
ß8
Zusatz zu erhärten : "Dixerunt ecl;im ])lures iu;nobiles se hoc vi-
disse«. CJaiiz riehti^j hat der llrsghr. au einem anderen Orte
(S. Ib) im lliuhHek darauf »von unadeligen Gewährsmännemu
gesprochen. Kef. glaubt aber, dass der Pilger einen solchen Ge-
gensatz gar nieht beabsichtigt hat, dass er vielmehr sagen wollte,
auch die Orih'usritter (niuthmasslich die Deutschen, mit denen
der riltrer auflihodos wohl ausschliesslich verkehrte,! haben dies
bestätigt. Der Pilger dürfte demnach , was bei seinem barbari-
schen Latein nichts Auffälliges hätte, das Wort »ignobilis« nach
Analogie von »insignis« gebraucht haben.
JI. Die zweite Publication unseres liuches ist eine von einem
Kölner Ostern 1472 begonnene Pilgerfahrt, die hier in einer
Mischung von Kölnischem Dialect und Ilochdeutsdi beschrieben
"\\ ird. Sie befindet sich in einem Avahrscheinlich von den Brüdern
des gemeinsamen Lebens zusammengestellten Sammelbaiul, der
von dem Wiesbadener Überbibliothekar Dr. v. d. Linde im Be-
sitz des Mainzer Pfarrers Jacquere aufgefunden wurde. Von
seinem Funde liat v. i). Linde bereits im J. 1S7S der gelehrten
Welt Nachricht gegeben, auch jetzt den Hrsgbr. zur Veröffent-
lichung angeregt.
III. Demselben Gelelirten fällt auch das Verdienst zu, das
dritte Stück unserer Sammlung entdeckt zu haben. Der Find-
ling ist diesmal ein Sedezdruck aus dem Jahre 1634, der niuth-
masslich zu Antwerpen das Licht der Welt erblickte.
Verfasser dieser Schrift ist Claes van Dusen, ein geborener
Ilaarlemer, der aber 20 Jahre zu Venedig wohnte und innerhalb
derselben elfmal (zuletzt im J. 1405 das h. Land besuchte, frei-
lich nicht als Pilger, sondern als Dolmetsch und Pilgerführer in
Diensten Agostino's Contarini , des bekannten Venetianischen
Schiffs])atrons. Claes van Dusen, der später zu Leiden seinen
Wohnsitz nahm und dort sein Büchlein zusammenstellte, war
also in besonderem Grade befähigt, uns eine genaue und erschö-
l)fende Beschreibung der heiligen Orter zu liefern.
IV. Das letzte Stück der Sammlung ist die Schilderung
einer von Piiu-ipp Hagen im J. 1523 begonnenen Palästinafahrt.
Der \'erfasser nennt sich selbst einen »Hochdeutschen«, schreibt
auch hochdeutsch, und ist unzweifelhaft von Adel, aber alle An-
strengungen des Hrsgbrs., ihn dem Elsass und speciell der Um-
gegend von Strassburg zuzuweisen, haben uns nicht überzeugen
können. Adelige Familien von Ilagen giebt es in Mitteldeutsch-
laml eine ganze Reihe. Unser Piülipp v. H. wird überdies von
(J. einem im 18. Jahrh. bereits ausgestorbenen Geschlechte zuge-
wiesen.
Die Handschrift befindet sich im Besitz des bekannten Con-
servators Obersten a. D. von Cohaijsen in Wiesbaden.
Da nun, wie gezeigt, die Heimath des Verfassers von 1. und
IN. nicht sichergestellt werden kfmnte . der Haarlem-Leidener
69
Claes van Düsen aber doch nicht als Rheinländer in unserem
hentigen Sinne betrachtet werden kann , so dass also nnr nocli
der Verf. von ir. , ein Kölner, als \inanfechtbuver Ulieinländer
bleibt, so wird allerdiniJ^s die Herechtignnt^ des 'ritels «Vier
Rheinische l'alästina-rilgerschriften« sehr zweifelhaft. Aber
der Heransgeber ^e\\t noch weiter.
In der Vorrede, der wir etwas weniger Patlios gewünsehl
hätten, spricht er davon (8. VF), dass er »neben dem seither ge-
pflegten nationalen Gesichtspnnct (wie dies z. 1». Röiiiiicin-
Mrissner gethan) es einmal mit der Anfstellung des land-
schaftlichen Gesichtspnnctes für die IMlgerliteratur wagen
wolle«. Nun ist bei Nr. J von der Person des Pilgers gar nichts
zu entdecken, denn die Schrift ist ein Reiseführer, res]), ein geo-
graphisches Handbuch (der nur zwei Seiten füllende «Tilgertorso«
bleibt selbstverständlich ausser Betracht) , bei Nr. III haben wir
es mit einem Holländer zu tlnni, der seine Reisen lediglich als
besoldeter Diener eines Venetianischen Patrons macht, wo bleibt
da, von dem nichtfixirten 1'hilipp Hagen ganz abgesehen, das
landschaftliche Element?
Über den Werthder hier mitgetheilten Pilgerschriften glaubt
Ref. vollständig den bezüglichen Hemerkungen der Vorrede zu-
stimmen zu dürfen. Wir begegnen in der That vielem Neuem,
wenn wir auch daneben manchen bekannten Irrthum nochmals
hinnehmen müssen.
Was weiterhin die Editionsmethode des Hrsgbrs. betrifft, so
hat Ref. mancherlei dagegen einzuwenden. Das Pestreben, mög-
lichst correct zu sein , hat den Hrsgbr. (wie dies auch bei man-
chem Diplomatiker der Fall ist) verleitet, auf halbem Wege stehen
zu bleiben. Dies gilt vorzugsweise von den Bnchstaben u und v,
die bekanntermassen ihren Character im Laufe der Zeit vollstän-
dig gewechselt haben. Das mittelalterliche v hatte in der
Schreibweise vorzugsweise einen vocalisirenden Character,
während es jetzt ein Consonant ist. Umgekehrt gilt dies von u.
Wenn der Hrsgbr. also z. B. vuas (S. 48) drucken lässt, so wird
niemand ohne nähere Kenntniss des Zusammenhangs auf die
Idee kommen, dass dies Wort für »uvas (Trauben)« stehen soll.
Für eine moderne Edition ist also die genaue Wiedergabe
des Wortes nach der Schreibart des Mspts. Aveit entfernt correct
zu sein, unter Umständen geradezu ein Fehler, da wir das Wort
ebenso aussprechen wollen wie das Mittelalter (und Alterthum).
Dies gilt aber auch für die deutsche Schrift. Treften wir z. B.
bei Beschreibung von Gebäuden das Wort »bauend , so erfordert
es erst ein gewisses Stiidium, bis wir herausfinden, dass der Verf.
nicht von Bauen in unserem Sinne spricht, sondern baven =
oben meinte. Ref. betrachtet es ferner als unstatthaft, wenn
Worte, wie wtter (S. 78), wt (S. 105) una\ifgelöst stehen bleiben
w = uu . Auch die luuifig wiederkehrende Schreibart Xristus
kann doch nicht als Auflösmig anzusehen sein.
In arifon ( 'onflict ist der Hrsghr. bezüglich der Ihichstaben
c und t gcratlien, die bekanntlich in den Handschriften des
eigentlichen Mittelalters sehr schwer, oft gar nicht zu unterschei-
den sind. C. schreibt z. B. gelcicz lit, gemiecz. Da aber in dem-
selben Text das Wort geleit (coniitatus) und geniiet 'animus; vor-
konnut, so ist es oti'enbar, dass der Jlrsgbr. »geleitz lit« und »ge-
raietz« drucken lassen musste. Anderseits schreibt er »zto« (zu)
statt »zco«. Weiterhin reisst das Mittelalter in der Schreibung
manche Worte auseinander, die für uns ein einziges bilden, z. 1>.
die gene = diegene (iideni) , avont niael = avontmael. Es
schweisst aber auch manche zusammen , die w ir jetzt getrennt
lialten, z. h. sutmen = sut men (sieht man).
Hätte der Hrsgbr., statt dieser angeblichen Correctheit zu
huldigen, die modernen , im grossen und ganzen ziemlich fest-
stehenden Editiünsprincii)ien adoptirt, so wären seine Texte um
die Hälfte lesbarer und verständlicher geworden, ohne dass sie
an Correctheit etwas eingebüsst hätten, und dies ist schliesslich
doch der eigentliche Zweck der tldition. Ein mittelalterliches
Scriptum kann heutzutage nur entweder ])hotogra])hisch rej)ro-
ducirt oder nach den eben angedeuteten i'rincipien edirt werden.
Tertium non datur; denn schon die Abkürzungen, die ihm auf
Tritt und Schritt begegnen, zwingen den Editor selbstständig
vorz»igehen. Dies gilt natürlich auch von der Interpunction, be-
züglich deren der Jlrsgbr. schon weiter gegangen ist. Ereilich
ist die mittelalterliche Interpunction gar keine solche in unserem
heutigen Sinne, wo wir uns ihrer nur zur Erleichterung des Ver-
ständnisses bedienen. Auch die Schreibung der Eigennamen
mit grossen Anfangsbuchstaben wäre wünschenswerth gewesen.
Der Hrsgbr. hat in der A'orrede gelegentlich erklärt , er sei
beflissen gewesen «deutsch zu schreiben«. Diesen Vorsatz muss
er Wühl bei der Bildung des folgenden Satzes S. 182 vergessen
haben : »Aiif dem mit einer aus aufrecht über paragrajdizeichen-
artigen Arabesken stehenden Eicheln gebildeten schmalen Borde
eingefassten 'J'itelblatte findet sich . . . «.
Kef. hat bereits eingangs erwähnt, dass der Hrsgbr. über
einen ausgedehnten gelehrten Apparat verfügt. Um so auffallen-
der ist es desslialb , dass er bei der grossen Kolle, die ('ypern in
unserer Litteratur spielt, das Hau])twerk über die mittelalterhche
(jeschichte dieser Insel, das sich auch 1)ei BöiiJ{icirr-Mi;isM:H
des öfteren citirt findet, gänzlicli ignorirt. Hätte ('. sich in
senien Citaten auf die Arbeiten von L. dk Mas Latrik gestützt,
so wurde er nicht allein sich die Polemik gegen das veraltete
Werk von Dauu erspart, er würde auch sonst erhcljliche irrthü-
mer vermieden haben. Auch Komanin — Ref. crirmert sich nicht,
71
in den Citaten ihm begegnet zu sein — würde ihm l)e.sseic;
Dienste geleistet haben.
Wenn lief, nachfolgend eine lleihc von Einzelbcmerkungen
sich gestattet, so geschieht dies lediglich, um dem llrsgbr. einen
IJeweis von dem intensiven Interesse an seinem liuche zu liefern,
dem er gerne eine zweite Auflage wünschen möchte.
S. 20. Die Annahme, dass das im Lateinischen Text zu Anfang eines
Satzes mehrfach gebrauclito "unde« identisch mit dem deutschen unde (und;
sei und dem Schreiber »in die Feder geratlien sein dürfte«, ist doch schlecht-
hin abzuweisen. Es ist augenscheinlich hier ein Flickwort gleich dem von
dem Verfasser ebenfalls gebrauchten »item«.
S. 73. Der Ausdruck »die galeie van Jaff« ist allerdings insofern unge-
wöhnlich , als die von Venedig nach Syrien alljährlich abgehenden Galeren
des 14. und 1-^. Jahrh. den ofticiösen (die ganze Schififahrt trug bekanntlieh
einen staatlichen Character] Titel hatten »galeae nostrae Baruti«. Beispiele
in Fülle bei Mas Latrik II. und II 1., so zum J. 1473 : »volumus ut galeas ip-
sas tarn Baruti quam Alexandrie« (111. älKi) und »misinius per galeas viagii
Baruti (III. iiOl). IIauif kennt indess auch zwei venetian. Pilgerschiffe nach
Jafa. Über den Ausdruck »la galia dil Zapho« in Marino Sanuto's Diarien
bedarf es doch nicht erst einer besonderen Untersuchung, wie sie J. MÜLLER
angestellt hat. Schon Amadi nennt (Mas Latrie II. 212) : »el principe et conte
de Zapho (dialectiscli venetianisch für ,Giafo')<', und Caterina Cornaro be-
gabt 1174 ihren Vetter Contarini »con la baronia del contado del Zaffo et la
signoria _di Askalonia« (Mas L.vrRlE III. 308), wenn wir hier auch eine etwas
spätere Übertragung vor uns haben.
S. 91. Giorgi Contarini erliielt, wie eben bemerkt, im J. 1474 die Graf-
schaft Jafa-Askalon von Caterina Conaro. Die Urkunde abgedruckt bei
Mas Latrie 111. 366 ff.
S. 105. Die Insel Lango (Kos) kam nicht 1314 in die Hände der Johan-
niter, sondern durch einen Vertrag zwischen Venedig und dem Orden, der
am 20. Juni 1316 ratilicirt wurde.
S. 107. Der hohe, feste Thurm zu Rhodos, an welchen sich die Stadt-
mauer anlehnt, ist der Naillacsthurm , der auch, aber selten, der Thurm St.
Angelo genannt wird. Der feste Thurm gegenüber auf dem Mühlen-Molo ist
ist der Thurm St. Johann.
S. lO'J. Es ist doch hier nicht schlechtweg von einer »Pilgerherberge» die
Rede, sondern von dem grossartigen, ..höchst opulent eingerichteten Ordens-
hos])ital, an welchem stets verschiedene Ärzte angestellt waren. Ein sehr an-
schauliches Bild von der Bedeutung desselben giebt Rottikrs in seinem
Werk über Rhodos.
S. 1 10. Die Königin Charlotte befand sich 1472/73 nicht »neuerdings« auf
Rhodus, sondern ununterbrochen seit dem Winter 1462.
S. 112. »und hebben ein provande gehadt van den coninck van cipers«.
»provande« mag sonst , wie es im Glossar steht, Proviant bedeuten, hier, wo
von der täglichen Katzenfütterung bei der Kirche zu Limasol die Rede ist,
liat es sicher die Bedeutung »Präbende«.
S. 113. »um der i'uter willen van dem kirsten, die daer rouven an die co-
sten«. Statt "ruter« [Ritter nach dem Glossar] dürfte »ruber« zu lesen sein.
S. 170. Da Caterina Cornaro noch den 19. Sept. 1172 zu Venedig war
(Mas Latrie 111. 332), so konnte der Schiffspatron sie nicht zwischen 11. und
16. Sept. in Nikosia aufsuchen. Der Autor spriclit auch nur von dem König
(Jakob II.), der niclit 14()9, sondern am 10. Juli 146> durch einen feierlichen
Eheverspruch sich an Caterina gebunden hatte, ohne dass bis dabin (1472)
72
die Ehe wirklich vollzogen worden wäre. Dies geschah erst im Spätherbst
1472. Die venetianisch-cyjjrische Flotte, die Caterina überführte, muss sich
mit dem SchiH' des Kölner Pilgers gekreuzt haben, allein nirgends ist die
Rede davon. Den 2!l. Sept. kam das Pilgerschiff an die Südküste von llhodos.
IJis zum -l. Uct. lag es im Hafen. Am l(t. üct. kam es nach Candia, bald nach
dem 20. Sejitember war aber Caterina von Venedig abgesegelt.
S. Iirt "Aquamerce<( als Hestimmungsort dreier jährlich von Venedig
auslaufender Galeren, von welcliem der Hrsgbr. erklärt, ihn nicht bestimmen
zu können, ist doch sicherlich nichts anderes als der heule versandete Hafen
Aigues-mortes, der in den Kreuzzügen eine so grosse Rolle spielt. »Trafighe«
erklärt der Hrsgbr. für Thracien. Das ist doch mehr als unwahrscheinlich.
Ich glaube, dass hier ein Sclueil)fehlcr vorliegt und dass "Trabighe" zu lesen
ist, weiches eine Verstümmelung für Trapezunt wäre. In Trapezunt befand
sich im 14. Jahrh. eine venetianische Colonie (Mas L.vtrie II. 223). Ad vocem
"Kraken« habe ich schon in meiner Besprechung von RüHHICUT-Meisnek
im Jühanniterwochenblatt 1881 , S. 1!) bemerkt, dass darunter kein Seeun-
thier, sondern eine besondere Schitfsgattung = caracca zu verstehen ist.
S. 215. Die Minoriten dürfen im h. Land, auch in heidnischem Land,
wo Christen wohnen, i)redigen, »soo in Muska, als in Alexandren«. Der
Hrsgbr. fragt: sollte unter diesem »Musca« Musr el-Atikeh (Alt-Kairo) zu
verstehen sein? In den Zusätzen und Berichtigungen S. 308 meint er, es
könne damit el-Mousky, das Frankenquartier in Kairo, oder vielleicht Muza
(Moccha) in Südwest- Arabien gemeint sein. Ich glaube , dass »Musca« hier
für Damaskus steht. Damit würde auch ein besserer Gegensatz gegeben sein.
S. 232. Als Datum des Falles von llhodos findet sich hier der 24. Oc-
tober 1")22 angegeben. In Wahrheit erschien die türkische Flotte am 2(». Juni
1522 vor Rhodos und am 1. Januar 1523 zogen die Ritter von dort ab.
S. 233. »zu gedechtnus defz tirana barbarossa«. Dass der Deutsche
Philipp von Haoen den Kaiser Barbarossa einen »tirana« genannt haben
soll, müssen wir billig bezweifeln. Sollte das Wort nicht etwa "fiterico« zu
lesen sein?
S. 238. Statt »vor den frowen« dürfte wohl »von den frowen« zu
lesen sein.
S. 248. Ebenso für »man fürt ouch kein wasser«, »man fint ouch etc.«.
S. 278. Die Könige von Cypern ertheilten nicht den Rittern des heiligen
Grabes von neuem den Ritterschlag, sondern sie verliehen ihnen ihren
Schwertorden, den Peter I. (1359 — 13()<)) gestiftet hatte. Inhaber desselben
konnte jeder Edelmann werden, ohne dass er jemals in Jerusalem gewesen zu
sein brauchte, pro forma war er allerdings veri)flichtet. auf den Rufeines cy-
l)rischeu Königs gegen die Sarazenen zu ziehen. Da der Orden, ein silbernes
Schwert mit vergoldetem Griff, umwunden von einem blau emaillirten Band,
auf welchem die Devise stand : »C'est pour loyaute maintenir«, an einer gol-
denen Kette um den Hals getragen wurde , so war er von dem damals sehr
putzsüchtigen Zeitalter lebhaft begehrt. Um diesen Orden handelt es sich
auch bei dem Frankfurter Patrizier v. Rückingen, den der Frankfurter Rath
wegen Tragimg desselben in das Gefängniss führen liess. Es ist hiernach zu
verbessern, was der Hrsgbr. S. 19 über diesen Punct gesagt hat. Mit dem
Ritterschlag am h. Grabe war kein Ordenszeichen verbunden. Über das Fac-
tum wurde nur eine Bescheinigung ausgestellt.
S. 299. »ne vultus ledatur a calore vel ortu solis«. »Unverständlich«.
bemerkt der Hrsgbr. Es liegt aber doch nahe, dass »ictu solis« zu lesen sein
möchte.
Der JIrs<rl)v. luit zu II. und IV. »Wörterbücher« (das Wort
»Glossar« perliorrescirt er] gegehen, in denen unsers Erachtens
recht viel Überflüssiges steht, Nr. III. (Claks van Düsen) ist da-
gegen ganz leer ausgegangen. Hinter den Wörterbüchern findet
73
sich noch von S. 331 — 350 eme »neüage«, betitelt )iUie Ae^y])-
tische Goettersage in der christUchen Le<>endc .'« Sie ist eine Ilhi-
stration zu dem, was der IIist>;l)r. in der Vorrode über die Wis-
senschaft der niittehilterlichen Myth()lo<j;ie erklärt, auf (U'ren
Gebiet kaum der erste S])atenstich gescliehen sei. »Ein ungelieue-
rer Stoff ist für sie in der l'ilfj^erlitteratur unausgebentet aufi^e-
häuft: es lagern dort neben den volksmässigen und gelehrten
Rückerinneruugen an die alte Götterwelt von Hellas und Rom,
Syrien und Ägypten, Arabien und Nubien selbst die mittelalter-
lichen Schiffermährchen des Mittelmeeres, die liegenden des Is-
lams, wie die der griechischen und römischen Kirche in bun-
tem Durcheinander und vcnlangen um so mehr Entzifferung, als
sie in der Gestalt von Rückfracht der Pilger in die abendlän-
dische Mythologie sich einzuführen gewusst haben«. Der Hrsgbr.
hat in derThat überall, wo es nur anging, den Versuch gemacht,
die in dem Text genannten Heiligen auf ihren antiken Stamm-
baum zu examiniren. Weiter behandelt die Heilage drei derar-
tige Themata: 1) Erweist sich derb. Oniiphrius als Osiris, 2) fin-
det sich für den h. Paulus von Theben ein Platz in der Osiris-
sage, und 3) zeigt sich die h. Katherina nach Abstreifung des
christlichen Faltenwurfs als Göttin Hathor, die ägyptische Aphro-
dite. Ref. muss bekennen, dass er als nüchterner Historiker nicht
in der Lage ist, darüber sich ein Urtheil zu bilden,
Druck und Ausstattung entsprechen vollständig der fürst-
lichen Gönnerin , deren Liberalität das Erscheinen des Hnches
ermösrlicht hat.
^ö'
Au rieh (Ostfriesland), im December 1882.
Karl Hkrquet.
Die sogeiumute Mauara in Tyriis.
Von J. Oildemeister in Bonn.
Früher ist in dieser Zeitschrift über die Bedeutung des Na-
mens Manära, welcher zuerst durch die Expedition von 1S74
als jetziger \'olksausdruck für die grosse Kirchenruiue in Tyrus
bekannt wurde, und über die aus ihm zu ziehenden Folgerungen
gesti'itten worden. In welchem Sinn die Eingebornen selbst den
Namen verstehen, war nicht gesagt. Herr Dr. Hartmann in
Beirut, den ich ersucht hatte, darüber wo möglich Nachricht ein-
zuziehen , tlieilt mir folgenden Auszug aus einem Briefe des be-
kannten Herrn Ei.juh Akela, ^ iceconsuls in Saida, (vom 22. Febr.
lSb3) mit:
wQiiant aux reusei gnements que Vous desirez avoir sur la
raison pour laquelle les actuels hal)itants de Sour appellent Tau-
cienne cathedrale de Tyr »Manarac , j'ai l'honneiu- de Vous dire
(jue, jadiS; quand je me rendis avec M. Weber ä cette ville pour
ananger l'affaire de fouilles qu'avait entreprises le Professeur
Sepp, je fis cette meme demande ä quelques vieillards de Sour, et
cette fois-ci je Tai reiteree ä plusieurs Tyriens de passage par
Saida ; mais tant alors que cette fois aussi on m'a toujours dit que
cette denomiiiation lui vient de ce que dans le temps il y avait
])res de la catht'drale ou bien ä cote de sa coupole un edi-
fice de (I'hare' Manarat pour Teclairage du port ; voici tous les
renseignements que j'ai pu recueillir«.
Es bleibt also, wie sich von selbst verstand, l)ei der Bedeu-
tung Leuchtthurui, und die Kuine heisst nicht schlechthin Ma-
uara, sondern die Kirche d er Manära. Und so steht arabisch in
dem Bestätigungs-Document [mazbata], welches der Medschlis
von Tyrus über den Ankauf der Hütten auf dem Ausgrabung«-
75
tenain ausstellte, und das Herr Dr. IIartmann mir ebenfalls niit-
getlieilt hat, nielinnals jj^csclirieben kcnlset el-manüra^ die Kirche
der Manara. Von einem eif>nen neben der Kuine gelef^^enen
IjL'Uchtthurme oder dessen Spuren wird nichts erwähnt, oben
heisst es ausdrücklich : neben der Kuppel , und es kann daher
nur gemeint sein der einst im südlichen Uuerschiff vorhandene
Thurm, dessen Eest noch heute «einen der höchstragenden Theilc
der liuine bildet« (Pkutz, Aus Phönizien S. 327), der zu Maki-
Ti's Zeit noch stand und mittelst einer \yendeltre])pe bestiegen
wurde. Dieser Thurm konnte von den Eingebornen mit Recht
als neben der (vorausgesetzten) einstigen Kuppel befindlich be-
zeichnet werden und, falls er nicht wirklich zu Leuchtfeuern be-
nutzt ist, auf sie den Eindruck machen, dass er zu diesem Zwecke
bestimmt sei.
Zur ErgänzTing des nerichtes über die Verhandlungen bei
Sepp, Meerfahrt S. 112, und als eine nach Inhalt und Stil nicht
uninteressante Probe heutiger türkiscli-arabischer Pechtsformen
ist die genannte Urkunde mit der Übersetzung Dr. IIartmann's
liier vielleicht an der Stelle.
^jX^^ Km^^^Z>- ).♦>• .»Aww.^-
^'J^\ J..i'^ hiU-\ ^Aj
wV-«.^ >.Xaa.2J) ^-^j; ^'^ri^
äüiAÜ^», («.AXJ ^äo/Li^ ^ÄJ•
^La^ L/'-b'" '-'55^'-^ >— A.jLb ^\
v^^^Äj *J-* ,^^ii-\xAaj) ,iAaO
Jj.xc lA^.^ ^»,iA.^Jl i^.-^^tJ^
/ üU'JJl ry^=^ ^^^-15 «—^.S^
^lÄl^ ÄÄi»l_j; (sie) »^LJAjI ;_^a>.?^ »3^^ (^E x»jU< .j*,m*s>-
y^.k^' ,^A.M*^^i jaj» «.aaw-o v_jLo» v_;-i-2^i iiA^ 0--vi wVs (.i^A^i-
(^iX;>\Aji j^.-??. ,-)^ b.Uit L\A«/.A^i ^3 ^ÄjÜÜS Oj-^^^ ^-jL^S If^J^- O^
^s ^i:>^i^ X.^X4.>.5 .\*.j>\üJi \Ai>:.jLÄJ! Xii^\ J^ ^,r=vxjL L^
»jLc^ ._^. ^i! (juj^'^.w ..cCsc i\*AwÄjLj *-ciÄ.r>\ii o«i.^-' ^^äaCi
lAs .I^Lji-^ u^li iy"..^I:iJ^ L^pUjLj AJ^L/iJ.i^ s.LÄli iw-v^ Q*-^ ^J^^'
i^ii:' / i^5. jtSiy^i i')^'*"-'' c^ •y-f}''^^'^^* i'5'^iJ^'*^3 i^r^r^'**^'' ]*->''>^'
U-
76
xcbLbu» ^-JbAii ;>=^ oJ^xi> wuUl «Ä5i ^^1 L;^ (^^'blb^i
IJedr el-hafiz, Vertreter der Moschee — Jlusain Hamra —
Chamise — Chalil Zaine — Mustafa Na'im und seine Mutter
Dibe — Zib eddai'a — Mohammed Haidar essidäwi — Marjam
bint Umm Tälib — Dä'iid Jünes — Sälih Hubbalhih — Hasan
Dokmak — Ibrahim Elbedewi — Mohammed 'xVbbüd — Husain
JSehime — '^Ali Ilidschäze — - Habib Eddclläh und seine Schwester
Dschelile — Husain Kaschschür und sein »Sohn Mohammed
Kaschschür.
Da der kais. Deutsche Generalkonsul Herr Weber diese
Stadt mit seinem Besuche beehrt hat, versehen mit einem Hohen
1 'ermän , dass er die Erlaubniss habe , die l^esitzer der in der
Kirche Elmenfira befindlichen Häuser zufrieden zu stellen und
in derselben Ausgrabungen nach alten historischen Monumenten
anzustellen , so hat er durch Vermittlung des Medschlis die den
hier ol)en angeführten 19 (?) Personen gehörigen, innerhalb der
Kirche Elmeucira gelegenen Häuser gekauft und hat sie (seil, die
Besitzer) mit iliren Preisen zufriedengestellt und sie haben ihm
aus gutem Willen ihre erwähnten Häuser für den stipulirten und
baar in ihre Hände bezahlten Kaufpreis verkauft, freiwillig und
ohne einen Einspruch zii erheben, vielmehr sind alle dankbar
imd verbunden und haben den Preis ihrer Häuser nach ihrem
Verlangen und Wunsch erhalten, in Form alles Rechtes, ohne
dass auf einen von ihnen irgendwie der geringste Schaden fällt '
und so dass ihnen nicht das geringste Verfügungsrecht und An-
1 ; Wohl so zu verstehen , dass der Verkauf nicht mit einem von ihnen
wieder rückgängif? gemacht werden kann. H. Elmaghdürlja scheint zu fassen
als »das Ubervortheiltsein, Übertölpcltsein« und die Phrase den Sinn zu haben
von unserer Jledensart: sich der Einrede der Verletzung über oder unter der
Hälfte begeben. [Dieser Erklärung stimmte Dr. H. brieflich bei.] G.
77
Spruch auf die genannten Häuser bleibt. Da dieser Kaufvertrag
vor dem Medscblis und mit seiner Kenntniss zu Staude gekom-
men ist, so wird derselbe hiermit durch diese Mazbata lega-
lisirt.
26.1lebf 191. 30. April 90 (d.i. 12. Mai 1874)
Der Kajimmakäm von Tyrus Der Na ib Der Finan/.director
Mustafa Ahmed Chulüsi Sa\l eddin
Mitglied
Ali fJharif.
Es folgen noch die zum grösseren Theil unleserlichen Na-
men oder eigentlich Siegel von sieben Mitgliedern , dem Secre-
tair, und zweien Schreibern.
Moal)itis('li(3s!
Von E. Prvui in l'.oni).
Im ()ctol)erliefte der Quarterly Statements des I\alestine
Exploration Fund veröffentliclit Captain Condeu S. 184 n. fg<r.
vier »vermutlilich nabatäisclie und liimjaritische'( Steininscliriften
aus Medeba. Die Ordinale derselben werden im Lateinischen
J'atriarchate zu Jerusalem aufbewahrt, wo Condkr sie 1881 sah
und copirte. 8ie sind nach ihrer au^ebliclien Entdeckung im
Frühjahr ISSI von den lateinischen Missionären aus Medeba
dorthin geschickt worden. Tm August desselben Jahres besuchte
('oNDKK Medeba und erfuhr auf eine Nachfrage, »that they had
all been found by excavatiou , or amid heaps of fallen stones,
wlien the newly-established Eatin colony, at this ruined city, was
engaged in building up rüde drystone enclosures for their cattle«.
Die dritte dieser Inschriften, an deren Fk-htheit Condbr
nicht gern einen Zweifel aufkommen lassen möchte, erinnerte
mich sofort an die sog. «südarabischen« Charaktere weiland moa-
bitischen Angedenkens und entschleierte sich bei genauerem Zu-
sehen auch bald als alte Bekannte. Sie stimmt Buchstabe um
Buchstabe mit der «Felseninschrift von Dibänc überein, welche
bei A.Koch, Moabitisch oder Selimisch / Stuttgart 187G, auf Ta-
fel TU als Nr. 5 nach einem Abklatsch im Besitze Schapira's pu-
bHcirt ist; nur wird die bei Conder Z. 4 nach dem vierten Zei-
chen von rechts sich zeigende Lücke bei Koch durch ein fc aus-
gefüllt. Bei dieser Lücke wird wohl eine Untersuchung einsetzen
müssen, die das Verwandschaftsverhältuiss zwischem dem Steine
und der Kocu'sclien Zeichnung deutlicher darstellen will. Die
Inschrift selbst wird 1)ekanntlich von Koch, dem gewiss niemand
• 1(11 \ orwurf übertriebener Skepsis in moabitischen Dingen machen
kann, a. a. (). S. 8!) und sonst unter den Beispielen unzweifel-
bafter Fälschungen aufgeführt.
Bonn 3/1 84.
Beiträge zur Keiintiiiss abergläubischer Gebräuche
in Syrien.
Von Eijüb Abela, Vieeconsul des deutscheu Reichs m Saida^i.
Für die Kenntniss abergläubischer Gebräuche und Meinun-
gen sind im Verhältnisse zu der Wichtigkeit dieses Gegenstan-
des vom Orient aus nur spärliche Beiträge geliefert worden,
bekanntlich haben die Gelehrten des Orients für derartige Dinge
nicht den mindesten Sinn. Der Verfasser der vorliegenden Samm-
lung hat seine Mittheilungen durchweg aus dem Volksmunde
geschöpft. Er hat dieselbe, ermuntert durch Herrn Prof. Dr.
VOM Rath sowie durch andere Gelehrte, als einen ersten Ver-
such auf diesem Gebiete der Öffentlichkeit übergeben. Unzwei-
felhaft würde die Fortsetzung dieser Studien manche wichtige
Resultate ergeben; Vollständigkeit zu erreichen ist dabei ja stets
unmöglich. — Die Muslimen geben solchen Sammlungen den Na-
men Um er-rukke (Spinnrockenwissenschaft) und behau])ten, ein
Prophet, Namens Arukin'^), sei zu den Israeliten gekommen, sei
jedoch bloss von den Frauen gut aufgenommen worden. Diese
letzteren habe er nun in der Wissenschaft des Aberglaubens un-
terrichtet und sie geheissen , dieselbe durch mündliche Überlie-
Ij Vorliegende Sammlung wurde von Herrn Abela Herrn Geh. Bergrath
Dr. VOM Ratu übergeben. Das Manuscript ist in französischer Sprache abget'as.st
mit arabischen Anmerkungen ; letztere glaubte der Übersetzer nicht ganz un-
terdrücken zu sollen. Die Übersetzung war keine leichte Aufgabe, da man
sich ganz in den arabischen Ideenkreis versetzen musste. Hin und wieder
sind allzu starke Wiederholungen im Deutschen vermieden worden; doch
durfte das Ganze seinen orientalischen Tenor nicht einbüssen. Anm. d. l .
2) »Arouckin« i. fr. Mscpt.
Ztschr. (1. Pal.-Vpr. VH. ti
80
forunj; fortzupflaiizon. Dahor kennen anch bloss die PVanen
sdlflie al)eit;liiiil)isc-lu'n Gebräuche und Meinungen; dieselben
heissen daher auch allgemein : Huch der Frauen.
liei den Metäwile's ist der Glaube verbreitet, dass diese Ge-
hräiiclic in die vorinuslimische Zeit zurückzudatiren seien. .Sie
erzählen , es habe einmal eine Frau , deren Vater ein Mensch.
deren Mutter jedoch eine Fee gewesen sei, zwei Arabern, welche
üufaih inid scJnk hiessen, in den Mund gespien und ihnen auf
diese AVeise die Kenntniss der abergUuibischen Gebrä\iche und
Meinungen mitgetheilt. Letztere theilen die Metäwile's in drei
Kategorien: 1) tiifciul., Kenntniss der guten Omina. 2] faschäum,
Kenntniss der bösen Omina, und 'i)'ki/üfe, Erkenntniss der Zu-
kunft.
Die Juden behaupten, dass diese Wissenschaft bis in die
Zeit von Moses hinaufreiche, inid dass die Altesten der jüdischen
Gemeinde den Leuten ilires A'olkes die Kenntniss derselben bei-
gebracht haben , damit sich diese vor den Angriffen der in der
Magie bekanntlich besonders bewanderten Ägypter schützen
könnten.
Es scheint, dass die orientalischen Christen die abergläubi-
schen Meinungen und Gebräuche von den Völkern entliehen,
unter welchen sie lebten. Sie nennen, wie schon bemerkt, diese
Wissenschaft das Buch der Frauen und behaupten, dass einmal
bei irgend einer Gelegenheit das ganze Ikich in's Wasser gefal-
len und nur ein einziges F>latt aus demselben gerettet worden
sei : dieses letztere sei jetzt überall im Umlauf.
So \del über die Ansichten in lietreff des Ursprungs derarti-
ger Meiniuigen.
1 . Ausser den guten und bösen Tagen, die es nach allgemei-
nem Aberglauben in jedem Jahre giebt, und die wir später aufzähhm
worden, hat auch jede Woche ihre guten und bösen Tage. Sonn-
tag und Donnerstag sind gute Tage ; darum unternimmt man an
denselben gerne die Ausrüstung einer Aussteuer , Reisen , den
Umzug von einem Ort zum andern u. s. w. Montag und Freitag
sind ebenfalls nicht ungünstig, während Dienstag, Mittwoch tmd
Samstag unglückliche Tage sind : wer eine Arbeit an einem
Mittwoch anfängt, läuft Gefahr, dass sie ein schlechtes Ende
81
nimmt; wo.r sich Samstap;s oin Kloid machon lässt, riskiit, dass
ihm (hissell»! verhvcnnt; ein Diciistaf^s vcrfovtif^tcs Kh'id imtor-
licfift dorn Schicksal, einem Anchnn v(>rmac]it, /n \\('V(h'n.
2. KiulJaucr, welcher Wolfshohnen säen will nnd eine f^ute
Ernten 7M erzielen wünscht, mnss, ehe er sich anfs Feld he^ieltt.
seine Frau durchprügeln, weil man ojlauht, dass tüchtif^e Stock-
schläge eine gute Ernte von Wolfshohnen zur Folge hahen.
3. Wer nicht will, dass seine Tochter haarig werde, muss sie
hei der Geburt mit dem Blut einer Fledermaus bestreichen.
4. Wer wünscht, dass seine Tochter die Gabe erhalte, gut zu
sprechen, muss ihr, sobald sie geboren ist, die Lippen mit Staub
(Erde?) bestreichen, den man unter der Thürangel (gond) des
Zinnners, in welchem sie geboren wird, wegnimmt.
5. Man leiht nicht gern seinem Freunde das Taschentuch, da-
mit er sich die Hände daran wische, weil man sonst zu befürch-
ten hat, sich in der Folge mit ihm zu entzweien. Zur Noth
köinite man es ihm unter der Bedingung leihen, dass er an einen
Zi])fel desselben einen Knoten mache, ehe er es zurückgiebt.
G. Ein Beduine, der sich auf eine Reise begeben oder in einer
sonstigen Angelegenheit sich auf den Weg machen will . kehrt
um und giebt seine Absicht auf, wenn die erste Fersen, welclie
er antrifft, einen leeren Krug trägt, was ein sehr böses Zei-
chen ist.
7 . Einen Bettler, der nach Sonnenuntergang bettelt, schickt
man schnell fort, da sein Kommen zu so später Stunde von böser
Vorbedeutung ist.
8. Nach Sonnenuntergang darf man nicht mehr kehren, weil
man sonst fürchten mnss, das jüngste Glied aus der Familie zu
verlieren. Im Nothfall wäre es erlaubt, wenn die Hausfrau,
nachdem gekehrt ist, die Spitzen des Piesens verbrennt.
9. Wenn eine Frau oder ein Mädchen über ein am Boden
liegendes Kind wegschreitet, so läuft dasselbe Gefahr, nicht
mehr zu wachsen. Dieselbe Person, Avelche solches gethan hat,
muss, um Schaden zu verhüten, noch einmal in entgegengesetz-
ter Richtung über das Kind wegschreiten.
10. Es ist von schlimmer Vorbedeutung, wenn ein leicht zer-
brechliches Gefäss fällt, ohne zu zerbrechen ; darum zerschlägt
man dasselbe oft, damit nichts Böses daraus entstehe.
82
1 1. Wonn hoim Servilen desKaffee's eine oder raehroro Tas-
sen unil'allon . so ist dies von outcv A'orhedoTitmiijf. Man schilt
niemanden, der eine solche rnj^eschicklichkeit hejj^eht, besonders
nicht, wenn es ein Glied der Familie ist.
12. Man betrachtet denjenifjen, der zntalli^orweise das Hemd
oder die Hosen verkehrt angezogen hat. als gefeit gegen Zau-
berei.
13. l'm zn verhüten, dass geviisse ^'orräthe von den Würmern
gefressen werden , müssen dieselben im dritten oder vierten
Mondviertel eiugethan werden. Dasselbe gilt vom lianholz.
14. Wer das Innerste von Zwiebeln oder Lanch als Salat
isst, läuft Gefahr, seine Eltern zu verlieren.
1.5. Um die Schlangen aus einem Gemach zu vertreiben oder
deren Hereinkommen zu verhindern, lässt man einen Heschwö-
rer kommen. Dieser nimmt in seine rechte Hand eine l^ortion
Linsen und wirft sie, nachdem er die nachfolgende Formel sehr
leise gesprochen hat; in die vier Winkel des Gemachs ; er ver-
sichert, dass die Schlangen sich nie dem Orte nähern würden, so
lange die Linsen da seien. Diese Beschwörung hat aber keinen
Einlluss auf die Viper, da man glaubt, dieselbe habe keine Oh-
ren und könne sie darum nicht hören. Die Formel lautet folgen-
dermassen\i : »Im Namen Allahs, des Gnädigen und Harmher-
zigen. .Täsin ist unsere Wohnung und der Gnädige ist unser
Patron ; auf dieser liehausung steht angeschrieben der \'ers Mu-
hamed's und Alis. Fernes komine nicht an uns und Nahes füge
uns keinen Schaden zu. Mögest du austrocknen, wie die Wür-
mer im Holze. ]]ei dem auf das Siegel geschriebenen Namen
Salomo's, des Sohnes Davids, beschwöre ich dich, o Sekine
(sie!), bei dem grossen Namen Allah's, dessen Name das Wasser
'sie) U-ywiu "bJ — Aj.ä -^^-?^. "^ '-^f^*'? I c^; l-X.♦.^-^ '\j} *>-;>-.' -sÄP tc^
*.Jw3- ,t^^ ' ^XNj* (^A.Ji .«.Av^5lJ 'Jyx.^li J»vA-i (sie) i/^"^J *-«"i sie, . ^m*»*>j'
,.yA i-^i^ -^i- J.^ .-.IXU iÄP .y^ ^>.i^ ...! U,\ J<.ts>- x«.^^ e5'Ä.j5
^-b» .ji.*>vl~. JA-^>w «Ju^» . ^i.C: ^^'.,iSii\ (^Aj' *.a«*41j i-)L5,^ ÄJU.^S
83
f^efrieren macht: mögest du von diesem Oiti- wcg/.iclu'ii an einen
andern Ort in den vier Winkeln; beim Namen, der auf das Sie-
gel unsers Herrn Salomofgravirt ist, und bei dem tausendfältigen
Ausspruch: Es ist keine Hilfe und keine Macht aussen- bei Allah,
dem Hohen und Grossen«.
16. Um das Eindringen des Giftes eines Scorpiononstiehs /u
verhindern, lässt man einen IJesclnvörer kommen. J)ieser l)e-
netzt dreimal mit seinem 8i)eichel die Stelle des Stiches, indem
er jedesmal den Spruch rccitirt: Im Namen Gottes, des Gnädigen
und Harmher/igen ! und spricht dann leise folgende Eormel ') :
»Ich beschwöre dich, o Scorpionengift, bei unserm llerni Noah
und bei den Angehörigen unseres Herrn Noah! Heil sei über
Noah ! Heil sei über Noah ! Heil sei über Noah ! Werde kalt, o
Gift, und entferne dich früh, früh, früh» !
17. Um eine Schlange zu betäuben und sie zu verhindern, den
Ort, wo sie sich befindet, zu verlassen, spricht der Beschwörer
folgende Eormel: »O Mähür! '^) Ich beschwöre dich, o Schlange,
bei dem anbetungswürdigen Gott : du mögest erstarren und ver-
trocknen, wie der Wurm im Holze, bei dem Namen, der einge-
graben ist auf das Siegel unseres Herrn Salomo. des Sohnes Da-
vids ; sofort ! sofort ! sofort ! o Karondos '^) in Ketten ! Sei ein-
gekerkert; bleib stehen, o Verfluchte. So befiehlt es der
Höchste«.
IS. Es ist streng verboten, Nachts oder im Einstern warmes
Wasser in der Küche auszuleeren, weil dasselbe einen Dschinn
verbrennen und dieser dann aus Rache in die Person fahren
könnte, die das warme Wasser über ihn ausgeleert hat.
1^. Ebenso ist es verboten, auf dem Abtritt und in den öffent-
lichen Bädern Wasser auszuleeren, ohne vorher »Destür« (Er-
laubniss) gesagt zu haben, damit nicht die Dschinnen in den-
jenigen fahren, der diese Frechheit begangen hat.
1) (sie) v_j,ÄÄjt ^,^*^l\ LiJi [) d^JLc. o^*w.äl ♦A^J' ^-♦J>.Ji .A^
j.^i*« _ji (C^ *^LfM ^^ i5^^ [»^sU. r-jj J^^tv* J^» 'T'jJ j'-\y^r
Lta^\-^-w ^*.^\*.*N Lfc^ow.v« ^» ,» *.-v. ü J>,ji F- *-- , .r^. Letzteres Wort
" ■ ^^''^ ' " -^' ^- ^
ist im Französischen mit »de suite« übersetzt.
2) Mähür und Karondos sind nach dem Volksghiuben Dschinnen, welche
eine grosse Macht über die Schlangen besitzen.
84
20. ^^'^'llll ein kleines Kind an irgend einer Krankheit da-
hinsiecht. SU glanht man. dass es gegen ein Dschiinienkind aus-
getauscht Avorden sei. Seine Eltern tragen es daher zu den Hei-
liirenirräbern. Itci denen sich stets C'isternen befinden, und lassen
es dort in dieCisterne bis ganz nahe /um Wasser hinunter. Dann
ziehen sie es Avicder heraiif . überzeugt, dass die Fee ihr eigenes
Kind wieder an sich genommen und das rechte zurückgegeben
habe. — Der Glaube an dieDschinnen hatte sich bei Tnis fast ganz
verloren, als fidgende Geschichte ihm wieder neue Nahrung gab:
Die Tochter einer muslimischen Frau in Akko lag an den Hlat-
tern schwer erkrankt darnieder. Da sah die ängstlich besorgte
Mutter eines Tages einen grossen; schwarzen Hund herzulaufen;
der ihr durch Schweifwedeln seine Theilnahme auszudrücken
schien. Sie Avarf ihm ein grosses Stück Brot hin und erklärte
ihm, sie würde, falls ihre Tochter wieder gesund werde, sie ihm
zur Frau geben. Nach wenigen Tagen genas das Mädchen in der
That, und auch der Hund zeigte sich wieder, wie um seinen
Lohn zu empfangen. Die Frau warf ihm zunächst wieder ein
Stück Brot hin und forderte ihn auf, nach sechs Jahren mit einem
regelrechten Heirathscontrakt und dem nöthigen Krautschatz
wiederzukommen. Nach Ablauf der bestimmten Frist erschien
der Hund wirklich wieder und bedeutete die Frau, zunächst in
ihrem Kleiderschrank und unter dem Kopfkissen ihrer Tochter
nachzusehen. In ersterem fand sie in der That einen Sack
voll Gold und unter dem Kissen den verlangten Heirathscon-
trakt. In ihrer Verlegenheit wandte sie sich an einen in hohem
Ansehen stehenden Beschwörer und versprach demselben eine
reiche Belohnung, wenn er sie von diesem Schwiegersohn be-
freien Avolle. Der Beschwörer erklärte sich bereit, sein Möglich-
stes zu thun, um die Sache rückgängig zu machen, behauptete
jedoch, jener Hund sei der Sohn des Königs der Dschinnen.
Diese Geschichte wurde allgemein bekannt.
2 1 . Wenn irgend ein Gegenstand verloren gegangen ist und
man ihn später wieder findet, so glaubt man sicher, die Dschin-
nen hätten sich denselben geliehen.
22. Man hütet sich mit einem Gewehr zu spielen, selbst
wenn dasselbe nicht geladen ist ; denn Satan könnte es selber
geladen haben.
I
85
23. Wer nachts im FiTisteru in einem liiulclmuse schreit oder
Lärm macht, riskirt von den Geistern geuhrfei<;t zu Averden und
die Sprache zu verlieren.
24. Um zu verhüten, dass die niklen Thiere ein Feld verwü-
sten, nimmt man ein halboffenes Federmesser und si)richt, gegen
Süden gewandt, fünf Minuten vor Sonnenuntergang folgende For-
mel: »Was hat Gott gethan mit den Leuten des Elephanten'M)
Er hat ihnen die Zunge gebunden. Durch seine höchste Macht
binde und schliesse ich den Mund dieses und jenes Thieres uml
verhindere es, diess Feld zu verwüsten«. Dann schliesst nuin das
Federmesser.
25. Wenn eine Henne anfängt zu krähen, so ist das von
schlimmer Vorbedeutung für die Leute, in deren Jlühnerhof sie
sich befindet. Auch wird sie sofort getödtet, weil sie thut, was
ihr nicht zusteht.
26. Es wäre sehr unrecht, einem kleinen Kind die Nägel zu
schneiden, ehe es wenigstens ein Jahr alt ist; denn es könnte
dadurch später ein Dieb werden.
27. Man muss nie einem Kind, das noch kein Jahr alt ist,
die Haare schneiden, weil es sonst eine Waise werden könnte.
28. Es ist ein gutes Zeichen, wenn eine Frau aus Versehen
ihren Schleier verkehrt angezogen hat, denn sie wird über kurz
oder lang die Pilgerschaft antreten.
29. Wenn ein Licht oder eine Lampe in einem Zimmer von
selbst auslöscht , so ist das ein gutes Zeichen für die Personen,
die sich in dem Zimmer befinden ; denn es wird ihnen die Harm-
herzigkeit Gottes zu Theil.
30. Es ist ein gutes Zeichen, wenn eine schwangere Frau
einen falschen Schritt thut; sie wird einen Knaben gebären.
31. Wenn ein kleines Mädchen, das noch nicht sprechen
kann, einen Besen nimmt und thut, als ob sie kehren wollte, so
wird sie oft gescholten ; denn wenn ihre Mutter schwanger ist, so
ist es für dieselbe ein Zeichen , dass sie nur ein Mädchen gebä-
ren werde.
1) Vgl. Koran, Sure 105, 1.
86
32 Um einen unl)equemen liesucher los zu werden, streut man
erst ein wenig .Salz in dessen Schuhe 'j. Wenn dies nichts nützt,
so machen die Christen ein kleines Kreuz aus Stroh, das sie,
überzeugt, dass dies nützen werde, ohne Wissen des Hesuchers
hinter dessen Kücken stecken. — Die Muslimen dagegen reciti-
reii dreimal folgende Formel : ))Wenn die Erde erschüttert wird
und ihr Inneres an den Tag bringt, so verlassen sich die Men-
schen auf Ciott; der trennt in verschiedene, verschiedene, ver-
schiedene Theile« ! '^) .
;<.'>. DieChristen glauben, dass in der Nacht vor Epiphanias zu
unl)ekannter Stunde der Himmel sich aufthue, das Meerwasser
süss werde und die Häume sich neigen, und dass, Mer in dieser
Stunde einen Wunsch ausspreche, sicher erhört werde. Derselbe
Aberglaube herrscht bei den Muslimen. In einer der Nächte des
Fastenmonats Kamatlan giebt es eine Stunde, welche die Schick-
salsst\inde genannt wird; da öffnet sich der Himmel, und die
Engel erhören jeden, der einen Wmisch ausspricht. — Unter
den verschiedenen Erzählungen, die darüber umlaufen, ist auch
folgende : Ein Gaukler reiste mit einem Esel, einem Hahn inul
einem Affen umher. Nachts legte er sich unter einen liaum zum
Schlafe nieder. Dies war nim gerade die Schicksalsnacht, und
als der Affe eben in der glücklichen Stunde erwachte uiul den
Himmel offen sah, verlangte er König zu werden. Hierauf
weckte er seine Gefährten, damit auch sie den günstigen Augen-
blick benutzen sollten. Der Esel wünschte mm Grossvezir und
der Hahn Caplan seiner Majestät zu werden. Als sie diese Wün-
sche ausgesprochen, erfasste sie Mitleid mit ihrem Herrn , imd
sie weckten ihn, damit er ebenfalls sich etwas wünschen könne.
Nachdem der Gaukler ihnen für diese Eücksicht gedankt, bat er
sie, ihm zu sagen, was sie sich ausgebeten hätten, damit er sich
darnach richten könne, worauf jeder ihm mittheilte, was er
zu erlangen hoffte. Entrüstet über diese Anmassung , bat ihr
Herr inm den Himmel, ihn erblinden zu lassen, damit er ein
solches Kegiment nicht sehen müsse.
'M. Die Leute erlauben nie, dass man einen Wasserkrug leer
nach Hause trage, besonders Avenn derselbe neu ist, weil sie
1 ) ])\(i bekanntlich bei der Thüre zurückgelassen werden.
2) Vgl. Koran, Sure 99. Anm. d. Übers.
87
glauben, dass dann das Haus leer werde, indem es seine IJewoh-
11 er verliere.
:^5. Hei einer Mahl/eit wird jedem eine besondere l'ortion Hrot
vorgelegt, und es gestattet keiner dem Nachbaren, sich von der-
selben einJStück zunehmen. Mau glaubt nämlich, dass derjenige,
welcher vom lirote des andern isst, zugleich auch ein .Stück des
Lebens desselben verzehre. Dagegen würde eine Frau ohne
Bedenken ihrem Manne oder ihren Kindern von ihrem Kröte ab-
treten.
36. Man darfkein Haarsieb nach Sonnenuntergang ausleihen;
wenn man jedoch genothigt ist, dies zu thun, muss man, damit
nichts Schlimmes daraus entstehe, dem Siebe einige verschieden-
farbige Lappen anbinden.
37. Es ist ein schlimmes Zeichen, wenn ein Hund vor einem
Hause heult, besonders wenn ein Kranker sich darin befindet.
Um Unheil abzuwenden, muss man sogleich im Zimmer des
Kranken einen Schuh verkehrt hinlegen und den Jlund sofort
wegjagen.
38. Man nimmt es als eine gute Vorbedeutung an, wenn ein
Schmetterling in's Zimmer Üiegt. da man denselben als Vorbo-
ten einer guten Nachricht ansieht.
39. Wenn eine Katze ihre Krallen in eine an der Wand
stehende Matte einschlägt und dieselbe umwirft, so wird das als
Anzeichen eines bald eintreffenden Besuches angesehen.
40. Es ist ein schlimmes Zeichen, wenn sich auf einem Ge-
bäude eine Eule hören lässt; denn dasselbe wird nach kurzer Zeit
zerstört werden.
41. Wenn jemand zuerst den Neumond erblickt und es ist
keine Person freundlichen Aussehens da, so muss er die Augen
schliessen und warten , bis eine solche kommt , oder sie rufen
lassen , um sie anblicken zu können ; denn dann ist er sicher,
dass alle Tage des Monats günstig sein werden. Dagegen wird
für ihn der Monat ungünstig sein, wenn er unmittelbar nach dem
ersten Erblicken des Neumonds eine unangenehme Person an-
sieht.
42. Nach der Ansicht der Leute, besonders der Muslimen, ist
es ein schlimmes Zeichen, wenn ein Fürst ein Dorf besucht, da
88
die Durfliewohuer dathirdi verdürben werden, indem die Ange-
sehenen herabgewürdigt und UnAvürdigc erlioben wenlen.
•13. Es ist niclit erlaubt, im Zimmer einer Wöchnerin zu
stricken, da sonst das neugeborne Kind sterben könnte.
41. Zwei Wöchnerinnen, die sich irgendwo treffen, dürfen,
selbst wenn sie verwandt oder befreundet sind, nicht miteinander
sprechen, ehe vierzig Tage um sind; denn sonst würde dieje-
nige, welche zuerst die andere anredet, in Gefahr kommen, ihr
Kind zu verlieren.
45. Wenn jemand ein kleines Kind auf der Thürsch welle
schlüge, so w ürde er dasselbe der Gefahr aussetzen, von einem
bösen Geist besessen zu Averden.
40. Wer sich vor Zauberei fürchtet, soll nie ein neues Hemd
oder Kleid anziehen . ohne es vorher am lioden ausgebreitet zu
haben und darauf herum getreten zu sein , indem er zuerst auf
den Plalsausschnitt tritt.
1 7 . Wenn eine Frau ihren Schleier selbst näht, so wird der-
selbe später ihr Leichentuch. Um dem zu entgehen, muss sie
ihn durch eine andere Person nähen lassen.
■ib. Wenn eine Frau von einem Beileidsbesuch zurückkommt,
muss sie ihren Schleier ausbreiten, damit der Wind das Unglück,
das sich hätte daran hängen können, Avegwehe.
49. Demjenigen, der in einem Gefäss süsse oder saure Milch
als Geschenk bringt, muss man das Gefäss ungewaschen zurück-
geben, weil sonst seine Kuh oder Ziege die Milch verlieren
könnte.
50. Eine Neuvermählte darf keine Wöchnerin besuchen, Aveil
die letztere sonst die ^Milch verliert.
51. Um zu verhüten, dass der Charakter eines Kindes, das
man entwöhnen will, in Folge der Entwöhnung verdorben Averde,
muss man ihm am ersten Tag der Entwöhnung das Hemd ver-
kehrt anziehen und ihm dann aus einem Gefäss zu trinken geben,
das man den Abend vorher auf den Abtritt gestellt hat.
52. Man darf einem Freunde Aveder Feder noch Federmesser
borgen, noch auch ihn auf den Mund küssen, weil dies zur Ent-
zweiung mit ihm führen würde.
89
53. Wer aus einem warmen Hade kommt, darf keinen Kran-
ken besnchen; denn dies köinite dessen Krankheit verschlim-
mern .
54. Um ein kleines Kind vom Geifern zn heilen, mnss man
es von einem Neger küssen lassen.
55. Man darf in einem Zimmer keine un<j;erade Zahl von
Lichtern breinien; denn sonst konnte dem Jüni^sten der Familie
ein Unglück zustossen.
5(>. Um Zahnschmerzen zn entgehen, lassen die Christen sich
am Freitag der stillen Woche, ehe sie etwas gegessen haben, die
Nägel schneiden; die Muslimen dagegen am Montag.
57. Eine Frau, welche ein einziges Kind hat, darf, wenn sie
dasselbe gesund erhalten will, nie zugeben, dass am Freitag bei
ihr eine Wäsche abgehalten werde.
58. Die muslimischen Frauen tragen ihre kleinen Kinder
Freitags, während die Gebetrufer auf die Minarete steigen, nicht
gern auf dem Arm, sondern setzen sie auf den Boden, damit die
Engel kommen und sie segnen.
59. Bei den Christen müssen sich die Frauen und besonders
die Mädchen den Abend vor Pfingsten Hände und Füsse mit
Henna färben lassen; sonst sterben sie vor Kummer.
60. Wenn ein Leichenzug an einem Haus vorbeigeht, in
welchem sich ein Kranker befindet oder sonst eine Person zu
Bette liegt, muss man dieselbe sofort sich erheben lassen, und
muss, nachdem der Zug vorbei ist, ein Glas Wasser mit Salz auf
die Strasse leeren.
61. Es dürfen nicht beide Eltern der Taufe ihres Kindes
beiwohnen, sondern bloss entweder die Mutter oder bloss der Va-
ter. Wenn das Kind Avährend der Ceremonie nicht schreit, so
muss die Pathin es kneifen , damit es schreie , da sein Still-
schweigen als schlimme Vorbedeutung angesehen Avird.
62. Wenn eine Frau bei der Niederkunft lange zu leiden hat.
lässt man sie Wasser aus einem der Schuhe ihres Mannes trin-
ken, in der Überzeugung, dass dasselbe die Entbindung er-
leichtere.
63 . Ein verheiratheter Goldschmied darf keine ungerade Zahl
von Armbändern oder Ohrgehängen verfertigen, weil er sonst
90
seine Frau verlipieii könnte ; Avenn eine nngerade Anzahl von
solchen .Sehinvick}J:egenstiin(len von ihm gefordert Avird. so mnss
ein lediürer (jloldsehmied diese Arbeit übernehmen. Anch Avird
eine verheinithete Frau keine ungeraik; Zahl von Strümpfen
stricken: denn sonst verliert .sie ihren Mann.
Hl. Man darf das Feuer niclit mit einem Messer schüren;
denn sonst bekommt ein Kind der Familie eine Ohren entziindini{y.
Wenn jedoch ein Kind an den Ohren leidet, so löst man ein
wenig von dem gelblichen Thon, aus Avelchem die IJacköfen ge-
baut sind, in Wasser auf und bestreicht damit die Ohren des
Kindes.
Üü. Die Frau, welche von ihrem Manne verhätschelt zu
werden wünscht, muss unter die Blumen, mit denen sie sich
sclimückt , Euphorbien - Hlätter stecken: denn das arabische
Sprichwort' besagt: Wenn eine Frau sich mit Euphorbien
schmückt, so schmilzt das Flerz ihres Mannes gegen sie.
66. Eine Frau darf sich die Hände nicht mit einem Stück
ungebrauchter Seife waschen, da sie sonst Gefahr läuft, ihren
Mann zu verlieren. Ebensowenig darf der Mann sich solcher Seife
bedienen, da er sonst seine Frau verlieren wird. Daher muss ein
L'nverheiratheter die Seife zuerst in Gebrauch nehmen.
67. Unter den Muslimen halten es die Männer für vortheil-
haft, selbst den täglichen liedarf einzukaufen, da sie glauben, von
Engeln umgeben zu sein. Aveini sie dies thun. Hesonders während
man die Einkäufe macht, wird man nach dem Volksglauben v(jn
Engeln in Procession geleitet.
68. Die Muslimen glauben, dass derjenige, welcher ein Kind
/um Lächeln bringt, am jüngsten Tag in ein Ijustgemach geführt
werde, das im Paradies liege und für diejenigen bestimmt sei, die
ihre Kinder lächeln machen.
69. Nach einem Beileidsbesuch darf man zu niemand gehen,
ohne vorher in die eigene Wohnung zurückgekehrt zu sein : denn
sonst würde man demjenigen, den man besucht, Unglück brin-
gen. Ist man aber aus irgend einem triftigen Grunde verhindert,
1 Im Arabischen ist das Sprichwort gereimt : ellati teteschakkal hihalah-
lüb, kalb zodsch-hn uleihä jedhüb .
9]^
nach Ilfuisp zu ^elien, so kann man zur Notli erst in ein öffent-
liches liud oder ein KafFeehaiis eintreten, und nachher niajj^ man
besuchen, wen man will.
70. Wenn bei einem Beileidsbesuch jun^e und alte Frauen
beisammen sind, verabschieden sich die jimgen nie zuerst. Sie
warten, bis eine der alten fortgeht . dann können auch sie sich
zurückziehen ; denn nach herrschendem Aber<>laul)en stirbt von
allen, die anwesend waren, diejenige zuerst, welche zuerst fort-
geht.
7 1 . Wenn ein kleines Kind weint und nach seinem Vater ruft,
so ist dies ein schlimmes Zeichen für die Mvitter; desswegcni ruft
man dem Kind zu, es solle entweder schweigen oder nach seiner
Mutter verlangen.
72. Wenn aus dem Kopfputz einer Frau die Blumen herun-
terfallen, ohne dass jemand dieselben angerührt hat, so bedeutet
dies, dass ihr Mann anfange, sie zu verehren.
7 3 . Nach einer alten Anschauungsweise, welche die Muslimen
beinahe als Glaubensartikel ansehen, müssen die Katzen gut be-
handelt werden, weil man glaubt, dass sie über die Menschen
wachen. Jedoch behaiiptet man, dass wer sie streichelt und lieb-
kost, Gefahr laufe, seine Kinder zu verlieren oder deren keine zu
bekommen. Wenn nämlich die Katzen eine zii gute Hehandlung
gemessen , so wünschen sie , um derselben nicht verlustig zu
gehen, den Menschen Kinderlosigkeit an.
7 4 . Am Sylversterabend muss man Acht geben , dass die liehäl-
ter, in welchen man Vorräthe aufbewahrt, offen seien, damit der
Segen des neuen Jahres, den man den eAvigen nennt, lünein-
dringe imd dadurch die Behälter stets leicht wieder gefüllt wer-
den können.
75. Am Abend vor Epiphanias soll man die Lami)cndochte für
das ganze Jahr zurecht machen und sie in der folgenden Naclit
dem Thau aussetzen ; denn man behauptet, dass dieselben dann
weniger Ol gebrauchen als andere.
76. Gemäss herrschendem Aberglauben geräth der Brotteig,
den man am Abend vor Epiphanias bereitet, auch ohne Sauerteig
in Gährung.
77 . Wenn dieLeute einem Bräutigam behilflich sind, sich sein
Uochzeitsifewand anzuziehen, müssen sie darauf achten, dass sie
92
ihm nicht gestatten, einen Knopf an di^m Gewand einznknüpfeii
oder einen Knoten an demselben zn selilinu^en; denn man
{j;hniht. dass in diesem Falle seine Feinde oder diejeniü^en seiner
jmiirt'n Frau iliii vermittelst magischer Mittel verhindern könn-
ten, in seine ehelichen Rechte zn treten. Ancli Littet man wäh-
rend der C/'eremouie der Bekleidung, dass die Pathin des Jiriiu-
tigams anwesend sei und die Finger gerade so bewege, als ob sie
niihe.
78. Wenn ein Brautpaar sich zur Trauung in die Kirche be-
giebt, m\iss die Hraut vorausgehen. F]benso muss, Avenn die Trau-
ung im llaiise des liräutigams stattfindet, derselbe es verlassen,
damit die Uraut zuerst hineingehen könne, und er dann nachfolge:
dadurch l)ehillt er für immer die Oberhand über seine Gattin.
Dieser Aberglaube ist allgemein verbreitet; ja bei den Bauern
giebt sogar der Bräutigam der ]>raiit. sobald sie bei ihm anlangt,
einen Schlag auf den Ko])f mit seiner Pfeife, damit er nicht von
ihr l)eherrsclit werde. — Ein Spassvogel, welcher sich verheira-
then wollte, weigerte sich entschieden, dieser grausamen Ge-
wohnheit zn folgen , indem er behauptete, dass sogar der mäch-
tigste König von seiner Fran beherrscht werde. Als Beweis er-
zählte er folgende Anecdote : Der Hofnarr des Beherrschers der
Gläubigen hatte eines Tages die besondere Gunst seines Herrn
verdient , sodass dieser ihm eine Gnade . zu erzeigen versprach.
Der Hofnarr, Namens Dschoha, erbat sich einen Erlass, dass
Jeder , der sich von seiner Frau beherrschen lasse , ihm einen
Esel schenken müsse. Sein Wunsch wurde ihm gewährt, und er
besuchte nun mehrere grössere Städte des Landes. Nach einiger
Zeit kam er mit einer ganzen Heerde Esel wieder zurück. Der
Chalife Hess ihn rufen und fragte ihn, wie er es angestellt habe,
um so viele Esel zu bekommen, worauf Dschoha ihm erwiederte,
dass es eben überall F^rauen gebe, die ihre Männer beherrschen ;
dann fügte er hinzu: ä propos. Herr, als ich durch eine der
Städte zog, sah ich ein reizendes Mädchen, schwarzäugig, schlank
gewachsen, mit rothen Lii)pen und — er wollte fortfahren, als
der ('halife ihm bedeutete zn schweigen, da sonst seine Frau, die
sich im anstossenden Gemach befinde, ihn hören könnte. Der
llofnarr brach in ein Gelächter a\is und bat den ('halifen. ihm
zwei l^scl zu geb(!n, indem er behauptete, dass derjenige, wel-
93
eher oin Gosotz orlasso, sich doinsolhcii iuich sclltst iiiitcrwcrrcu
niiisso.
79. Es darf nur oino vorhoirathcto Frtui. \\('lcli(> Kinder, be-
sonders Knaben hat. die N(Miverniälilto in das ZiTiimev (b's CJat-
ten führen, damit dieselbe;, ghnch ilir, Mutter wenU;.
80. Wenn die Braut bei der Thüre des ITauses ihres l»räuti-
o;ams anhingt, giebtman ilir ein Stück Saiunteig, (hamit sie es üb(!r
der Tliüre befestige. Auch legt man auf die; SclnveHe einen Ciranat-
apf(d, auf welchen sie treten muss, so dass die Körner auseinan-
derstieben. Dadurch geAvinnt man die llberzeugung, dass sie mit
der Familie des Mannes in giitem Einverncdimen leben und \ieip
Kinder bekommen werde.
81. Die Muslimen glauben, dass die Engel nie in ein Haus
kommen, in welchem sich Hunde, Glocken und l>ilder befinden.
Jedoch werden die Iliinde als das Orchester der heulenden I )er-
wische angesehen, und desswegen sollen sie gut behandelt wer-
den. Ein Genesender oder ein Capitän , welcher von einer
langen Reise zurückkehrt, glaubt, dass seine erste; Pflicht darin
bestehe, die Hunde der Stadt zu füttern. Ehemals wurde jeder,
der einen Hund getödtet hatte, folgendermassen bestraft: er
musste so viel Korn zusammenbringen, dass der am Schwanz
aufgehängte, mit der Schnauze den Boden berührende Hund
ganz damit bedeckt wurde.
82. Derjenige, welcher wünscht, dass seine Briefe au die rich-
tige Adresse gelangen, muss unter die Adresse die Zahlen 8042
setzen; denn diese Zahlen bilden nach dem Wertli, den die be-
treffenden Buchstaben im arabischen Alphabet haben , das Wort
hddüh. Dies ist der Name des Engels, welcher die Briefe zu
überwachen hat; auch glauben einige Leute, dass es der Name
des Engelsboten der Propheten sei.
83 . Der letzte Mittwoch des Monats Safar jedes muslimischen
Jahres enthält eine böse Stunde. TJm dieselbe nicht in der Stadt
zu verleben , bringen die Muslimen gewöhnlich diesen ganzen
Tag auf dem Lande zii. Besonders hängen die Türken an die-
sem Aberglauben und hüten sich, an diesem Tag irgend (>in Cic^-
schäft zu unternehmen.
84. Damit ein Füllen seiner Mutter folge . muss man ilim
das Schwanzende beschneidem.
94
Sr>. Wenn eineFrnn. welcho ein oder mehrere Kinder in der
Fremde liat . beim Essen irijend einer Frucht ein Ilinderniss im
ScLhicken spürt . wie es zuweilen fj;eschieht, so hedeutet dies,
dass ilire Kinder solche Früchte wünschen und keine hekommen
können. Wenn sie also ihre Kinder lieb hat, so muss sie ihnen
von diesen Früchten schicken.
86. Wenn eine längere Trockenheit eintritt, so nimmt man
zwei Stöcke, bindet dieselben kreuzAveise zusammen und zieht ih-
nen die Kleider eines kleinen Kindes an. Diese Art Puppe, welche
man srhTjschbaltl nennt, muss von einem Derwisch durch die
ganze Stadt getragen werden. Eine Schaar Kinder folgt hinten
nach, welche singen: nc/wsc/iballi^j, schöschbalU . wir gehen
nicht weg, bevor wir nass geworden sind. — Die gebilde-
teren Muslimen vollziehen eine andere Ceremonie. Nachdem
sie ihre Kleider verkehrt augezogen haben, begeben sie sich
in Procession, unter dem Absingen von geistlichen Liedern, vor
die Stadt. Beim ersten Felde, das in der Nähe eines Ileiligen-
grabes liegt , angelangt . lassen sie ein Paar Ochsen kommen ;
diese werden an den Pflng gespannt, und man bittet die Spitzen
der Geistlichkeit, den Acker zu bepflügen. Diese Ceremonie wird
gewöhnlich dreimal wiederholt , und die Muslimen glauben fest
an den guten Erfolg derselben. Wenn dann der Hegen kommt,
so schreibt jede Partei denselben der Wirkung ihrer Ceremo-
nie zu.
S7. Um Bäume und Pflanzen vordem bösen Blick zu schützen,
muss man einen Glasring von blauer Farbe, sowie ein Ei daran
befestigen. Einem Hausthiere hängt man ein Kügelchen von
blauem Glas und Eberzähne an; einem Kinde ebenfalls ein
blaues Glaskügelchen , sowie ein Stückchen Alaun oder schwe-
felsaures Kiipfer. Diese Mittel gegen den bösen Blick werden
allgemein als die sichersten angesehen.
88. Eine Mutter, welche ihrer Tochter wohl will und wünscht,
dass dieselbe mit ihrem Manne glücklich sei, muss, um diese
Gimst zu erlangen , ein Sieb auf die Dachterrasse stellen, sich
hineinsetzen und dann ihre W^ünsche aussprechen.
1 Im Arabischen mit Keim : ^-L-i^^ ^jLJJy^
95
89. Wenn sich jemand an seinem Speichel verschhickt . so
wird er gemäss dem Sprichwort i) fähig, seine Frennchi von sei-
nen Feinden vm unterscheiden.
90. Wenn eine Fran oder ein Mädchen recht hmges Haar zn
bekommen wünscht, so mnss sie sich am ersten Abend vor jedem
Neumond die Spitzen der Zöpfe abschneiden lassen.
91. Man mnss nie die Scheere offen auf den Hoden legen;
denn w er dieselbe offen oder halboffen hinlegt, läuft Gefahr ver-
läuradet zu werden.
92. Wer sich auf einen Mörser 2) setzt, läuft Gefahr, falsch
angeklagt zu werden.
93. Derjenige, welcher auf dem Abtritt spricht, läuft Gefahr,
später Gegenstand der Verachtung zu werden.
94. Wenn eine Pferdefliege sich auf jemandes Schulter setzt,
so wird dieser Person gewiss früher oder später eine ehrenvolle
Auszeichnung zu Theil.
95. AVer eine Schwalbe oder einen Frosch anfasst, läuft Ge-
fahr, das Fieber zu bekommen.
96. Wenn der Hahn am Abend kräht, so zeigt dies eine bal-
dige Änderung des Wetters an .
97. Die Muslimen halten die Mondfinsterniss für eine Strafe
der Vorsehung, die einem Meerungeheuer erlaube, den Mond zu
verschlingen, um der Welt sein Licht zu entziehen. Damit dieses
Unglück abgewendet werde, sagen die Frommen eine Art Gebet
her; das gemeine Volk jedoch, besonders die Frauen und Kin-
der, begiebt sich auf die Dachterrassen und macht mit kupfernen
Mörsern, Platten und Tassen einengrossen Lärm, indem sie dazu
rufen: »Lass' unsern Mond in Ruh, o Meerungeheuer« ! Darüber
erschrickt das Ungeheuer und lässt den Mond in Ruhe. — Die
Christen behaupten, dass ein Astrologe einmal einem Fürsten die
Finsterniss vorhergesagt habe. Dieser habe ihn gefangen nehmen
lassen und befohlen, ihn zu tödten, wenn das Ereigniss nicht
1) j_^JüA^ ^^ ^»Ac ^y^\ J^ ^jy o^s^^ c=^»^^ ^j ^
2) Unter Mörser ist ein solclier aus Stein oder Marmor zu verstellen , in
welchem man das Fleisch zur Bereitung von hMe (vergl. l>ozv , Sup].lrniriit
anx (lietionnaires arabcs unter i^ ) stösst.
Ztsclir. (i. Pal.-V.M-. VII. ^
96
eintrete. Da die Finstciniss nun gerade stattfand, während der
Fürst schlief, und niemand sich getraute ilm zu wecken, so er-
klärte der Astrologe , dass der Mond von einem Meerungeheuer
versclihuiiren worden sei und man ihn hloss dadurch retten könne,
dass man das Ungeheuer durch Lärm verscheuche. Dieser Eath
wurde hefolfft. und von dem Länu erwachte der Fürst, welcher
nun dem Astrologen die Freiheit gah , nachdem er ihn reich he-
schenkt hatte. Auf diese Weise erklären sich die Christen den
Lärm, der hei einer Mondfinsterniss gemacht wird.
98. Zwei kleine Kinder, die noch nicht sprechen kcinnen,
darf irum nicht neheneinander setzen, weil sonst eins von heiden
stumm werden könnte.
99. Wer sich nachts im Finstern im Spiegel hesieht, läuft
Gefahr, den Verstand zu verlieren.
lUO. Wenn jemand aus Versehen die l'ettdecke verkehrt
üher sich nimmt, so ist das ein höses Zeichen, da die hetreöende
Person hald sterben wird.
101. Die Gärtner behaupten, dass der Mond grossen Einfluss
auf die Vegetation ausübe, und dass die Tage des Mondmonats in
volle imd leere einzutheilen sind. Während der ersten pfropfen,
pflanzen und verpflanzen sie die 1 »äume und säen Gurken, Kürbisse.
Melonen und Ähnliches. Während der sogenannten leeren Tage
dagegen pflanzen und pfropfen sie die Bäume, welche keinr
Früchte tragen, und säen Petersilie. Eierpflanze, Kohl, Lattich
und Ähnliches. Die Tage werden folgenderraassen eingetheilt:
vom ersten bis zum sechsten des Monats sind es volle Tage ; vom
sechsten bis elften leere; vom elften bis fünfzehnten volle; vom
fünfzehnten bis neunzehnten leere; vom neunzehnten bis zwei-
uiidzwanzigsten volle; vom zweiundzwanzigsten bis fünfund-
zwanzigsteir leere ; vom fünfnndzwanzigsten bis siebenundzwan-
zigsten volle; vom siebenundzwanzigsten bis neunundzwanzig-
sten leere ; der neunundzwanzigste voll und der dreissigste leer.
— Ausserdem glauben die Gärtner, sowie alle Landleute, dass
mir diejenigen Bäume gedeihen, welche man vom ersten bis zum
sechsten und vom sechszehnten bis Ende des Monats pfropft,
pflanzt vmd verpflanzt, wohlverstanden immer nur in den
vf>llcn Tagen.
1(»2. Einer Wöchnerin, welche in Folge der Entbindung Leib-
*>7
schnu!r/en hat, niuss mau, um dieselben anfliöreu zu maclien,
oluie ihr Wisseu die Schuhe ihres Manues uut«;r das Koitfkisscii
h^ü^en.
103. Wenn es jemand im Ohr kliuf^t, so bedeutet dies, chiss
mau sich irgendwo seiner erinnert und seinen Namen nennt. Um
zu erfahren, wer dies thut, muss man die Namen aller Freundr \un\
liekauntcn hersagen ; derjenige Name;, welchen mau im Augen-
hlick , da das Klingen im Ohr aufhört, ausspricht, ist bestimmt
der Name der fraglichen l'erson.
104. Wenn man an der linken Augenbraue ein J\icken ver-
spürt, so bedeutet dies, dass sich bald ein Freund als Gast einstellen
werde ; spürt man das Jucken aber au der rechten Augenbraue,
so muss man sich auf eine schlechte Nachricht gefasst maclien.
105. Es ist von schlimmer Vorbedeutung, wenn einem am
Morgen beim Aufstehen zuerst eine unbärtige Person in die Augen
fällt, da man dann riskirt , den ganzen Tag Missgeschick zu ha-
ben. Ein arabisches Sprichwort sagt, dass es besser sei, zuerst
einen Juden zu erblicken, als eine unhärtige Person.
lOß. Um jemand, welcher erschreckt Avorden ist, vor den
üblen Folgen des Schreckens sicher zu stellen, muss man ilnn von
seinem Urin zu trinken geben.
107. Um jemand, der das Schlucken hat, von demselben zu
befreien, muss man ihn täuschen, indem man eine falsche Anklage
gegen ihn vorbringt.
108. Wenn eine Person auf Reisen geht, muss sie beim Ver-
lassen des Hauses sich gegen dasselbe kehren, damit die Abwesen-
heit nicht lange daure. Wenn ihr jedoch nachher einfällt, dass sie
etwas im Hause vergessen hat, darf sie nicht zurückkehren, um
dies zu holen.
109. Wenn ein Glied der Familie auf Reisen geht, so darf mau
weder kehren noch die Möbel der Zimmer reinigen und zurecht-
stellen , bevor derjenige, welcher verreist ist, auf seinem Wege
den ersten Strom oder Fluss überschritten hat,
HO. Wenn man ein Kind zum ersten Mal in die Wiege legt,
muss man um dieselbe herum mit einem ktipferncn Mörser Lärm
machen; dann wird das Kind muthig werden und nicht Iciclit
erschrecken.
98
111. Nach Sonnenuntergang' darf man keine liefe mehr aus-
leihen noch an jemand Feuer abgeben; demjenigen, welcher es
thäte. könnte es Schaden bringen.
112. Ein Hauer wird nie ein Sieb nach Sonnenuntergang
ausleihen; dies könnte seinen Kühen schaden.
1 1;^. Um jemand, der einen weissen Flecken im Auge hat.
zu heilen; muss man ein wenig Salz in eine Cisteme werfen
lassen.
114. Die Christen . Muslimen und Metawile sind aufge-
bracht, wenn durch Unachtsamkeit Öl auf die Kleider oder auf den
Hoden verschüttet wird ; sie sehen dies als eine böse Vorbedeutung
an. Die Juden dagegen sind froh darüber; und ein unverheira-
theter Israelite . welcher aus Versehen (M auf seine Kleider ver-
schüttet, ist fest überzeugt, dass dies ein Zeichen seiner bevor-
stehenden Verlobung sei.
115. Jüdischem und muslimischem Aberglauben zufolge ver-
einigten sich die Frauen, um in einer Hittschrift an den Propheten
Salomo die Hewilligung der Ehescheidimg zu verlangen, sowie
das Recht, mehrere Männer zu heirathen. Der Prophet Salomo
versprach, ihnen durch einen Raben die Antwort zu senden;
darum unterlassen es jüdische oder muslimische Frauen, wenn
sie einen Raben sehen oder auch nur krächzen hören, nie, den-
selben zu fragen , was er für eine Hotschaft bringe. Daraus er-
sieht man,, dass sie ihre Ansprüche noch nicht aufgegeben haben.
116. Die Juden behaupten, dass, wenn die muslimischen Ge-
betsrufer am Freitage die Minarete besteigen, um die Gläuljigen
zum Gebet aufzufordern, sich die Dämonen in Gestalt von Katzen
zeigen. Darum darf man an diesen Tagen keine Katze schlecht
behandeln , weil dieselbe ein verkappter Dämon sein könnte ;
dieser würde dann in diejenige Person fahren, welche ihn miss-
handelt hat.
117. Jüdischem Aberglauben zufolge darfeine Frau, welche
aus dem Hade kommt, den Rest des Tages über nicht allein sein,
sondern rauss immer wenigstens eine Person um sich haben.
Wenn ihr Mann an diesem Tage abwesend ist, so muss sie beim
Zubettgehen irgend einen Gegenstand, welcher ihrem Manne an-
gehört, mit sich nehmen; sonst könnte sie von den Dämonen
99
(»der (leren überhaupt, genannt Aschniotlai. mit Gewalt geraubt
Av erden.
1 1 S . Die Juden glauben, dass die Hunde auch Unkörperliehe.s
sehen können, und dass sie sich freuen imd lebhaft bellen, wenn
sie den Propheten Elias erblicken. Da nun herrschendem Aber-
glauben gemäss dieser l^rophet immer der Entbindung derjeni-
gen Frauen beiwohnt, welche Knaben gebären dieser (jihuibe
kommt von dem Wunder her, das der Prophet an dem Knaben
der Wittwc von Sarepta that), so glauben die.Tmlen, dass ein
Knabe zur Welt kommen werde , wenn die Iluiule sich vor dem
Hause einer Frau, welche im ßegriff" steht nicder/ukommen, ver-
sammeln und bellen. Die Hunde sollen dem Propheten haupt-
sächlich der guten Mahlzeit wegen, welche er ihnen durch die
Hinschlachtung der Baalspriester verschafft, zu Dank verpflich-
tet sein.
111). Weim eine Wiege geschaukelt wird, ohne dass das
Kind sich darin befindet, so wird dasselbe Rückenschmerzen
bekommen.
120. Wenn bei den Juden ein Kind zu Boden fällt, so schüt-
ten seine Eltern, nachdem sie es aufgehoben haben, Wasser auf die
Stelle, auf welche es gefallen, mn den unsichtbaren Feen, die
dieser Fall könnte belästigt haben, zu beweisen, dass das Kind
aus Ungeschick und nicht mit Vorbedacht hingefallen sei. iSie
thun dies avis Angst, dass die Feen sich rächen könnten.
121. Eine Frau, welche an Herzklopfen leidet, muss, um
davon befreit zu Averden, sich einen Schmuck aus ('arneol um-
hängen.
122. Einem Menschen, der Nasenbluten hat. muss man, um
dasselbe zu stillen, einen Rubin um den Hals hängen,
123. Wenn sich jemand neue Kleider anfertigen lässt, darf
bloss er dieselben anprobiren ; wenn ein anderer sie anprobiren
Avürde, würde dies demjenigen, für den sie bestimmt sind.
Unglück bringen.
124. Spinnennester im Hause müssen sofort zerstört werden,
damit kehie Spinneweben entstehen; denn dieselben bringen Un-
glück.
125. Am Abend vor dem Barbaratag lassen sich bei den Chri-
sten die Frauen und Mädchen die Augenwimpern mit demRuss des
Ol)
Weihrauchs sclnvilr/eu. in clei Überzeugung, Jass dies sie vor
Augenleiden bewahren werde.
120. Wenn jemand ein Jucken an der linken Hand spürt, so
wird er in Kürze Geld erhalten; juckt es ikn jedoch an der rech-
ten Hand, so bedeutet dies, dass er Averde Geld bezahlen müssen.
127. Jüdischem Aberglauben gemäss darf ein Miether eine
NN'ohnung, welche er verlässt, nicht vor Ablauf von sieben Jah-
ren A\ieder beziehen, es sei denn , dass er irgend einen ihm ge-
hörigen Gegenstand, "wäre es auch nur ein Nagel, darin zu-
rückgelassen habe.
128. Zwischen Ostern und Pfingsten leihen die Juden weder
Salz noch Hefe noch ein Haarsieb aus, da sie sich dadurch
Schaden zuzufügen fürchten.
129. Hie Eltern eines neugebornen Kindes erlauben ihren
Nachbarn nicht, Feuer bei ihnen zu holen, bevor der Nabel des
Kindes vollständig geheilt ist; denn sie fürchten, das neugebo-
rene Kind dadurch einem Unglück auszusetzen.
130. Bei den Juden darf die geleerte Kaffeetasse keiner an-
deren Person zurückgegeben werden, als derjenigen, welche sie
angeboten hat. Wenn man dies jedoch nicht thun kann, so ist es
rathsam, die Tasse auf den Hoden z\i stellen, um denjenigen,
welcher sie angeboten hat, nicht einem Unglück aiisznsetzen.
131. Wenn eine abergläubische Person auf dem Kaffee, wel-
chen man ihr anbietet, Schaum schwimmen sieht, so freut sie
sich, in der Überzeugung, dass sie in Bälde Geld erhalten werde.
132. Die Muslimen glauben, dass die Engel jeden Morgen V)ei
Tagesanbruch auf die Erde hemiederkommen, um die täglichen
Gnaden und Segnungen , sowie den Nahrungsunterhalt auszu-
theilen. Darum kommen diejenigen Personen, w^elche bis nach
Sonnenaufgang schlafen, um den besten Theil von dem, w'as ih-
nen ziisteht; den Ül)ersch\iss vertheilen die Engel dann unter
die Leute, welche frühe aufgestanden sind. Zur Bestätigung be-
merkt man Folgendes: die Schafe, welche früh in den Stall zu-
rückkehren und vor Tag erwachen, sind zahlreicher als die Gas-
senhunde, die bis spät wachen und erst spät munter werden.
Obschon die Schafe w'enigcr fruchtbar sind als die Hunde, und
manche von ihnen geschlachtet Averden. vermehren sie sich doch
11)1
viel rascher, was man dorn Umstände zuschreibt , dass sie durch
ihr frühes Erwachen der Seu;nun<?en der Engel mehr theilluiftig
werden als die Hunde.
133. Eine Frau, welche Ulunien als Ilaarschmuck trägt, darf
keine davon einer anderen Frau gehen ; denn diese könnte mit
der Blume ihr auch die Liebe des Mannes wegnehmen.
134. Wenn eine Katze sich den IJart putzt, so ist dies, der
allgemeinen Ansicht nach, ein Zeichen, dass man bald einen
Gast begrüssen wird.
135. AVenn beim Ausziehen der Schuhe einer derselben auf
den andern zu liegen kommt , so ist dies ein Zeichen , dass man
sich bald zu Pferde setzen werde, um eine Reise oder einen Spa-
zierritt zu machen.
136. Man muss Sorge tragen, dass die Mädchen gut kehren
lernen; denn diejenige, welche schlecht kehrt, läuft Gefahr,
einen Grindkopf zum Mann zu bekommen.
137. Alte Weiber ermahnen junge Frauen und hauptsächlich
Neuvermählte , immer guter Laune zu sein. Sie versichern ih-
nen, dass zu Seiten jedes Menschen sich zwei Engel befänden,
welche ohne Aufhören die Worte wiederholen : auf ewig ! Wenn
man also zufrieden sei, so werde diese Gemüthsstimmung Dauer
gewinnen, und umgekehrt.
138. Eine Frau, die zu Besuch geht, muss selbst im Hause
ihrer Eltern jemand herbeirufen, um ihr den Schleier abzunehmen ;
sie darf sich nie erlauben , dies selbst zu thun ; sonst würde sie
den Leuten, welche sie besucht, Unglück bringen; denn nur in
einem Trauerhause darf eine Frau sich selbst den Schleier ab-
nehmen.
139. Jedes neugeborene Kind reibt man mit einem Teig, wel-
cher mit Sesamöl vermischt ist, ein. Aus diesem Teig formt man
nachher eine Art Kreuz und klebt dasselbe, jedermann sichtbar.
an die Thüre des Zimmers, in welchem sich das Kind befindet,
üies soll ein Mittel gegen den bösen Blick sein.
140. Unter den Muslimen und Christen suchen Frauen ihren
Männern ohne deren Vorwissen von ihrem Urin unter den Trank
zu mischen, da sie dies als sicher Avirkendcn Liebestrank an-
sehen.
102
111. Niemand lässt sich einen lUss in der Kleidung, während
er dierselhe anhat, znnähen ; man Avürde heturchten. bald zu ster-
\)eu. — Dieser Aberghiuhe steht vielleicht damit in Verbindung,
dass man ja auch das Leichentiich über dem Leichnam zusam-
mennäht.
142. Wenn ein Kind zur Welt gekommen ist, so beeilt man
sich, dessen erstes Excrement inLeiuAvand zu Avickeln imd dieses
Paket unter die Matte neben derTliüre des Zimmers der Wöchne-
rin zu verstecken. Dort A^rd es drei Tage gelassen, damit die
Leiite. Avelche ans- und ehigehen. immer darauftreten müssen. 1
Dadurch glaubt man das neugeborne Kind vor vielem künftigen
Unglück zu bewahren.
143. Man nimmt nie eine Tasse Kaffee ohne die Untertasse in
die Hände : dies Aväre von böser Vorbedeutung, weil bloss in einem
Trauerhause der Kaffee ohne Untertasse servirt zu Averden pflegt. ^
144. Nach einem alten Gebrauche, dessen Spuren man
auch in der liibel findet, luid der noch bis vor Kurzem in Syrien
üblich war. war es verboten, Räuber auf gleiche Weise zu beer-
digen Avie die ehrlichen Leute. Man liess vielmehr den Leich-
luim eines Räubers da liegen , avo er hinfiel, und bedeckte ihn
mit Steinen. Jedermann, Avelcher bei einem solchen Grabe vor-
Iteiging, musste einen Stein darauf Averfen. Wer dies unterliess,
verftel, Avie man glaubte, dem Fluche Gottes. Heute noch trifft
man auf einigen Landstrassen solche Steinhaufen an, die aus den
Steinen gebildet sind. Avelche die A'orübergehenden auf das Grab
des Räubers Avarfen.
145. Wemi ein liräutigam am Hochzeitstage mit seinem Ge-
tulgi' an einem Kaffeehause vorbeigeht, so beeilt sich der Wirtli.
unmittelbar vor den \ orbeiziehenden einige Tassen Kaffee aus-
zuleeren; man glaubt, dass dies Glück bringe.
1 Itj. \Venn man ein schönes Kind sieht, darf man dasselbe
nicht bcAvundein, ohne dabei entAveder »Bismillah«, d.i. im Namen
Gottes, zu sagen, oder Fu ! Avie Avenn man es anspeien Avollte.
Des Kindes Mutter Avürde sonst vor dem bösen JJlick Angst be-
kommen.
147. Wenn ein abergläubischer Mensch an Zahnschmerzen
leidet, so geht er zu einem Zauberer. Dieser nimmt einen alten
Nagel , den er aus dem Hufeisen eines Maulesels gezogen hat,
(i:i
betiehlt dem Leidenden , den Finger uiif den kranken Zalin /u
leiten nnd . nachdem er die Lip[»en wie im (jiebet liewejift lial,
stösst er, sobald der Leidende einen hefti<i^en Schmer/ ^^|)iirt„ den
Nagel in ein Stück Holz. Dies geschieht dreimal. Wenn der
Leidende trotzdem keine Erleichternng spürt, so wird er mit ir-
gend einer Ausrede abgefertigt.
148. Jemand, der Kochsalz zu lioden fallen lässt, ist gezwun-
gen, dasselbe am jüngsten Tage mit den Augenwimpern aufzu-
heben.
149. Man glaubt, dass die Tauben und die Turteltauben in
ihrem Girren immerfort den Namen des Gnädigen \nid Harmherzi-
gen (Gottes) anrufen. Wenn man nun in einem Hause, in welchem
solche Vögel gehalten werden, über ein Kind \'erwünschungen
ausstösst und dies in einem Augenblick geschieht , da die Tau-
ben girren, so ist Gefahr vorhanden, dass in Folge der darin ent-
haltenen Anrufung Gottes die bösen Wünsche in Erfüllung gehen.
150. Wenn ein kleines Kind seinem Vater einige Ihiare aus
dem J>art reisst, so kommt dies dem Vater zu Gute; denn jedes
der ausgerissenen Haare gilt als Sühne für eine grosse Sünde.
151. Bei den Muslimen wird ein Kind, Avelches lange nicht
gehen lernt, in einen Korb gesetzt, der von zwei Kindern getragen
wird. Dieselben durchziehen nun, begleitet von mehreren Kin-
dern, die Strassen der Stadt, indem sie den folgenden Spruch
singen ') : »Gebt dem Lahmen etwas^ damit er gehen lerne; seine
kleinen Zähne sind hervorgekommen ; möge es mit seinen Füssen
auch gut gehen«! Dieser Umzug findet gewöhnlich an einem
l^'reitag um 12 Uhr statt, zur Zeit, da die Muslimen aus der Mo-
schee kommen. Wahrscheinlich will man sich dadurch den Arzt
ersparen ; denn einige der Umstehenden pflegen dann gute Kath-
schläge zu ertheilen, andere beschenken das Kind mit 1^'rüchten
und Naschwerk.
152. Um Nasenbluten z\i stillen, schreiben die Metawile auf
ein Stück Papier mit einer Hühnerfeder, die sie in das aus der
1 ^^L; \jLLJ.^( \j.xlb i^-^- j^J ij^> ^^■■^ Z^-^^'"^ ^--1^'
cv^j^^! JLö. In Betreff der drei letzten Worte ist zu bemerken, dass die-
selben eine gewöhnliehe Formel bilden, um einem Gratulanten den Glück-
wunsch zurückzugeben, indem man ihm ähnliches Glück wünscht.
104
Nase geÖossene IJlut tauchen, folgciule Formel ^j : »Verflucht sei
die Frau, welche au ihrer Tochter zur Kupplerin Avird«. Dieses
Fa})ier \\ ird an der iStirn des Leidenden befestigt ; die Leute sind
überzeugt, dass dadurch die Heilung herbeigeführt werde.
153. Wenn bei denMetäwile eineFraii in den Wochen liegt,
so wird ihr, um die Entbindung zu besehknniigen , ein Papier,
auf welchem folgende Formel steht, auf den Kopf gelegt 2 1 : »Ich
habe meine Mahlzeit gehalten und meinem Esel zu fressen gege-
geben; (es ist mir gleichgültig] ob die Frau des Richters nieder-
komme, oder ob sie ihr Leben lang nicht niederkomme«. — Die
Metawile versichern, dass dies ein kräftiges Mittel sei, um die
Entbindung herbeizuführen, und zwar schreiben sie die gute
Wirkung nicht dem W' ortsinne der Formel, sondern der geheim-
nissvollen Zusammenstellung der Buchstaben zu.
154. Wenn man befürchtet, dass jemand vom bösen Blick ge-
troffen worden sei , so beräuchert man denselben mit folgenden
Gegenständen : Stroh, das von den vier Kanten einer Matte ge-
nommen ist, einem Läppchen von blauem Stoff, einem Stück
schwefelsauren Kupfers, und mit einem Gegenstande, welcher
dem vemiuthlichen Urheber des bösen Blickes gehören muss.
155. Um ein Kind von Pusteln im Gesicht zu heilen, muss
man unmittelbar vor demselben mittelst eines Feuersteins Funken
schlagen.
156. Wenn jemand die Sterne zu zählen versucht, indem er
mit dem Finger darauf deutet, so läuft er Gefahr, Warzen an den
Fingern zu bekommen.
157. Wenn jemand zuweilen nachts am Fieber leidet, so
reiben ihn seine Angehörigen mit einer Art Teig ; nachher geben
sie diesem Teige die Form eines vierarmigcnLämpchens-*), giessen
Ol hinein und zünden die vier Dochte an. Dieses Lämpchen wird
mitten auf einen KrcuzAveg gesetzt. Ik^sonders unter den Musli-
men ist der Glaube verbreitet, dass das Fieber des l)etreffcnden
1) U^j l5"^^ ^ÄJ" öLx^ os>ji-
;<: Solche Lämpchen. -wie die antiken, sind bei den Bauern durchgängig
im Gebrauch.
105
Krunken auf denjeiiit^onGassenliuiicl übergehe, welcher jenes aus
Teig bestehende Liinipuhen frisst.
158. Aberglänbisclie Leute unter den Juden beliaupten,
dass die Dschinnen oder bösen Geister die Macht haben, sich
Gegenstände, welche sie brauchen , /u borgen, und dass es das
sicherste Mittel sei, diesem Missbra\ich /u steuern, wenn man in
jeden Gegenstand, welchen man nicht herleihen will, .Steckna-
deln stecke.
159. Wenn ein abergläubischer Mensch zu einer Zeit,
welche nicht Essenszeit ist, bei Verwandten oder Freunden J5e-
such macht und dieselben zufällig gerade beim Essen findet und
von ihnen eingeladen Avird , daran Theil zu nehmen , so ist er
überzeugt, dass seine Schwiegermutter ihn sehr lieb habe.
160. Wenn zwei Kinder sich die Köpfe zusammenstossen,
so glaubt man, dass dasjenige von ihnen, welches zuerst aus-
spuckt, der Gefahr entgehe , grindig zu werden , und verhüte,
dass seine Mutter dunkelfarbige \) Kinder bekomme.
161. Es ist streng untersagt , ein schlafendes Kind zu küs-
sen ; dadurch würde man dasselbe in's Unglück bringen.
162. Damit ein Brief richtig ankomme und der Bote, wel-
cher ihn tragen soll, unterwegs nicht in Gefahr gerathe, darf man
den Hrief dem Boten nicht in die Hand geben, sondern muss ihn
auf die Erde werfen, dass der Bote ihn aufhebe.
163. Die Metäwile glauben, dass man nach Sonnenunter-
gang weder ein Licht noch irgend ein kupfernes Geräth wegge-
ben soll, da dies Unglück bringen würde.
164. Alte Frauen empfehlen den Neuvermählten, bciru
Hochzeitsschmaus Oliven zu essen , da dies ein ausgezeichnetes
Mittel sei, um Knaben zur Welt zu bringen.
165. Bevor einer von den Metäwile eine E,eise oder irgend ein
Geschäft unternimmt, geht er zu einem seiner religiösen Oberhäup-
ter, der befugt ist, die Chire, das heisst die Wahl zu treffen.
Dieser nimmt seinen Rosenkranz in die Hand und recitirt die
erste Sure des Koran, indem er folgendes beifügt: »O Gott, ich
bitte dich um deine Wahl und deinen Rath, lass mich das Beste
wählen, denn du bist der Allerbarmherzigste«. Dann sondert er
1) Im Franz. »bruns«.
106
mit den Fiiif^eni fim-n Tlicil der Küo;elcheii de!< llosenkranzes
h1). \ Oll dieseu nimmt er. an den beiden Enden unfangend, je
zwei nnd zwei weg. lileibt zuletzt nur eines übrig, so ist dies
von guter A Orbedeutiing ; bleiben zwei, so ist es von übler Vor-
bedeutung; Avenn aber drei bleiben, so ist man frei, zu thuii was
man will.
lüü. Wenn jemand etwas erzählt und einer der Zuhörer
uiesst, so ist dies ein Zeichen, dass das Erzählte wahr ist.
107. Einem Kinde, das Nervenzufällen unterworfen ist, be-
festigt man die Schale einer kleinen Schildkröte am Halse; wenn
der Anfall eintritt, hält man über seinen Kopf einen Säbel oder
ein Messer. Da sowohl nach dem Glauben der Muslimen als
auch der Juden solche Anfälle von Dschinnen hervorgerufen
w erden , so wird dieses Mittel sie aufhören machen.
los. Wenn man glaubt, dass das Unwohlsein eines Kindes
von einem Zauber . einem Fall oder der Unterlassung irgend
einer der abergläubischen Vorschriften herrühre ; so muss je-
mand das kranke Kind umhertragen und ihm aus sieben Brun-
nen oder Wasserbehältern zu trinken geben, ohne dabei ein ein-
ziges Wort zu sprechen. Hierauf wirft man ein dem Kranken
gehörendes Tuch ins Meer und ist überzeugt, durch diese Mittel
die Genesung herbeizuführen.
109. Frauen von allen Keligionsparteien sind der Ansicht,
dass man eine Steppdecke [lehäf] nie an einem Sonntag frisch
überziehen dürfe, da diejenige Person, welche unter einer solchen
Decke schliefe, erkranken Avürde.
170. Wenn eine Frau, die schon Kinder hat, ein todtes
Kind zur Welt bringt oder zu früh gebiert, so glaubt man allge-
mein, dass eine neidische Fee an diesem Unglück schuld sei.
Damit dies sich nicht wiederhole, räth mau der Mutter, ihr jüng-
stes Kind in einen Korb zu setzen und denselben in eine Ci-
steme, die neben einem heiligen Grabe gelegen ist, hinabzulas-
sen. Wenn das Kind beim Wasser angelangt ist. muss es schwö-
ren, weder Kopf noch l^foten irgend eines gehörnten Thieres zu
essen, bis seine Mutter wieder ein lebendes Kind geboren und
dasselbe ein gewisses Alter erreicht habe. Hierauf darf das Kind
irgend etwas verlangen, was seine Elteni ihm gewähren müssen;
dann zieht man es wieder aus der Cisterne herauf.
101
171. P^s Avird bei den Muslimen als religiöse I'fiielit :mge-
sehen, die Töchter /u verheirathen , sobald sie; erwachsen sind.
Denn wenn ein Mädchen das Alter der Mündigkeit erreicht hat,
so kommt jeden Monat ein Tinsichtbares Schwein und pisst auf
die Schwelle der Thüre des Zimmers oder des Hauses, in wel-
chem sich das Mädchen befindet. Uies hört erst auf, wenn das
Mädchen sich verheirathet.
172. Es wird jedermann, besonders Frauen, empfohlen, sich
nach einem warmen 15ad im Spiegel zu besehen . da dies gegen
Kopfschmerzen schützen soll.
173. Nach dem Glauben der Metäwile sind es fünf Ursa-
chen, welche Vergesslichkeit bewirken : die Inschriften auf alten
Gräbern zu lesen, in der Mitte einer Heerde Kamele zu gehen,
etwas zu essen, das von Mäusen berührt worden ist, mit nüch-
ternem Magen saure Apfel zu essen und auf dem Rücken zu
liegen.
174. Gemäss dem unter dem Volke herrschenden Aberglau-
ben darf die Thüre eines Hauses nicht nach Osten oder Westen
gerichtet sein, da dies Unglück bringen w^ürde, sondern sie muss
nach Norden oder Süden schauen; letzteres bringt am meisten
Glück.
175. Bei den Metäwile giebt jemand, der sich auf den
Weg macht, um eine Reise zu unternehmen, dieselbe sofort auf
und kehrt um, wenn er, sobald er aus dem Hause tritt, eine
hässliche Frau mit langem Kinn oder einem Raben oder ein«n-
Herde Kühe, die in derselben Richtung wie er gehen, antrifft.
Dagegen freut er sich und setzt seinen Weg fort, wenn die Herde
ihm entgegenkommt, oder wenn er jemand antrifft, der ein Ge-
fäss mit Milch oder Dickmilch trägt. Ebenso glaubt er , dass rs
ihm Glück bringen werde, wenn er zuerst einem Pferde oder
einer Racenstute begegnet oder eine Gazelle rechts vom Wege
antrifft.
176. Die Muslimen glauben, dass das Erdbeben eine
Drohung seitens der göttlichen Vorsehung sei. Manche behauj)-
ten , die Erde ruhe auf dem Hörn eines Stieres , der auf einem
Felsen stehe. Dieser Fels schwimme auf dem Wasser, welches
sich über der auf der Finsteniiss ruhenden Schlange ausbreite.
Wenn der Stier an dem einem Hörn müde ist. so nimmt »r du;
108
Erde auf das andere II oni, imd diese Änderung verursacht das
Erdheben.
177. Manche Leute trajj^en eine Art Talisman an sich, uni
sicli vor ^'erf()liJ:ung und ]?e(h-ücku7ig von Seiten der Maclithaher
zu schützen. Auch glaubt man mittelst dieses Talismans Geister
citiren zu könjien, um durch dieselben Zukünftiges zu erfahren
u. s. w. Man nennt diesen Talisman das Siegel von Ghazali;
die Namen Michael u. s. av. sind Namen von Geistern, welche
die ^^'ünsche erfüllen sollen.
Michael
b
t
d
d
h
r
w
3
1.1
178. Wenn jemand merkt, dass er mit dem bösen lilick be-
haftet sei, so mnss er immer zuerst auf seine Nase blicken, ehe
er seine Verwandten und Freunde ansieht, damit sein Auge
keinen gefährlichen Einfluss auf sie ausübe.
179. AVer ein warmes liad nimmt, nachdem er Fische oder
Dickmilch gegessen hat, läuft allgemeinem Aberglauben zufolge
Gefahr, verrückt zu werden. ■
180. Wenn man einem Kinde einen Knochen vom Rück- I
grat eines Wolfes anhängt, so glaubt man, dass dasselbe vor dem
Keuchhusten bewahrt bleibe.
181. Die Bauern glauben, dass, wenn man am Mittwoch der
Charwoche das Haus kehre, dasselbe oft von Ameisen heimge-
sucht werde.
182. Um gute Bruthennen zu bekommen, schwingen die
liäucrinnen am Abend vor Epiphanias einen Stock dreimal im
Hühnerstall, indem sie wiederholt rufen'): »Um Isaaks willen
mögen alle Hennen Brüthennen werden«.
183. Bei den Häuerinnen Avird sich eine gute Haiisfrau hü-
ten, einer ürüthenne an einem Mittwoch oder Samstag Eier
1; (^iiU j,^ ^i^ftji ^ ^^■Li.-i i^iTj^j
I
109
unterzulegen; denn aus den an diesen Tag(ni untergelegten
Eiern könnten, wie man glaubt, anstatt Hühnchen Missgelturten
ausschlüpfen.
184. Der Fehruar wird als derjenige Monat angesehen, wel-
cher den alteii Leuten am nachtheiligsten ist. Nach allgenieinem
Glauhen bittet dieser Monat, bevor er zu Ende geht, seinen \'et-
ter , den Monat März , ihm vier Tage schlecht(>n Wetters zu
leihen, um die Alte sammt ihrem Spinnrad umzubringen').
185. Einem Aberglauben gemäss, der bei den Baiunn tmd
zwar bei den Christen verbreitet ist, soll man am Abend vor J^pi-
phanias Manlbecrbaumholz verbrennen. Denjenigen, welclu!
keines besitzen, ist es sogar erhuibt, solches zu stehlen, \un es zu
verbrennen, l^enn da dieser Haum aus Stolz sicli geweigert hat,
sich wie die anderen 1 >äume am Abend vor Epiphanias zu vernei-
gen, so verdient er, verbrannt zu werden. Auch glaubt man, dass
ebensoviele Tage dem Leben desjenigen , welcher das Feuer an-
gezündet hat , zugezählt werden , als das Feuer Funken hervor-
bringt.
186. Wenn ein Schakal zu ungewöhnlicher Zeit heult, so
glauben die Landleute, dass nach kurzer Zeit Dürre eintreten
werde.
1 87 . Die Landleute gestatten den Transport der lÜenenkorbe
von einem Ort zum andern bloss an Freitagen nach Sonnenunter-
gang, da sie glauben, dass dies an andern Tagen die Zerstreuung
der Bienen nach sich ziehen würde.
1*88. Leuten, welche an Halsweh, besonders an geschwolle-
nen Mandeln leiden, wird gerathen, einen Maulwurf zu packen .
mit den Fingern zu erwürgen und sich zur Zeit, da die Schmer-
zen eintreten, mit den Fingern die Kehle zu reiben. Dabei müs-
sen sie den Speichel hinunterschlucken. Wenn ein Kranker
keine Gelegenheit hat, selbst einen Maulwurf zu erwürgen, so
kann eine Person, welche dies einmal gethan hat, den Kranken
auf die oben beschriebene Weise heilen.
189. Manche Leute tragen eine Art Talisman, den man das
Siegel Jupiters [el-muschtan) nennt. Dieser Talisman besteht
1) Wörtlich übersetzt, da auf eine Anfrage an den Verfasser keine Er-
klärung dieses Ausdrucks einging. Der übers.
110
aus einem kleinen Stück Papier, auf Avelclieni fol^^ende Formel
geschrieben ist
8
11
12
1
13
2
0
7
12
3
10
9
6
14
3
14.
Dieser Talisman muss jedoch mit besonderer Sorgfalt ge-
macht Averden. und zAvar kann dies nur geschehen, Avenn der
2lste März auf den 14ten Tag des Mondumlaufs fällt und die-
ser Tag ein Donnerstag ist, den die Astrologen dem Jupiter
weihen. Ferner muss derjenige, Avelcher diese Formel schreiben
Avill. Donnerstags den 21sten März bei Tagesanbruch aufstehen,
ein laues liad nehmen, die Kleider wechseln und dann vor
Soinienaufgang noch nüchtern die besagte Formel mit einer
Tinte schreiben, die aus Safran, Moschus und K,osenwasser zu-
sammengesetzt ist. Nachdem die Zahlen, wie oben angegeben,
geschrieben sind, muss man die Schrift über einem Rauche
trocknen, welcher durch Verbrennen von Aloe und Ambra her-
vorgerufen wird. Hierauf wird das Papier gefaltet; nachdem man
es in ein Fetzchen gelber Seide eingewickelt hat, befestigt man
es mit einem gelben Seidenfaden an der Kopfbinde. Man glaubt,
dass dieser Talisman alle Unternehmungen desjenigen begün-
stige, welcher ihn trägt, ihn vor den Verfolgungen der Machtha-
ber schütze und diese nöthige, seinen Wünschen zu entsprechen.
190. Um die Ameisen aus einem Wohnraum zu vertreiben,
nimmt der IJeschwörer Linsen in die Hand ; nachdem er drei-
mal wiederholt hat: »Ich beschAvöre euch, o Ameisen! im Na-
men des Propheten Salomo, diesen Ort zu verlassen«, streut er
die Linsen im Zimmer umher und versichert, dass die Ameisen
nun weggehen werden.
191. Damit die Ameisen nicht an eine Speise oder ein Ge-
tränk kommen, muss man den Athcm anhalten, während man
das Gefäss, in welchem die Speise oder das Getränk sich befin-
det, nimmt und an den Ort stellt, wo es hingehört.
l'.)2. Wenn eine Frau sich zu Pferde setzen muss. während
sie ihre Monstruatioii li;i1. so muss man nach muslimischem Aber-
111
uflaubcn ein wenisr Erde unter den Sattel anf den Kücken des
Thieres thuu, damit das Reiten der Frau nichts schade.
193. AYenn eine Frau ihre Menstruation hat, darf sie Avodcr
einsalzen noch einmaclien, da man glaubt, dass das Eingemachte
sich nicht halten werde.
194. Wenn eine Schlange, die von einem Beschwörer vor-
gewiesen wird, unbeweglich auf einem Platze verharrt und unter
den Zuschauern sich eine schwangere Frau befindet, so glaubt
man, dass dieselbe einen Knaben gebären werde.
195. Die Beduinen sowie auch andere Leute glauben, dass
an den Pferden gewisse Stellen, an welchen die Ilaare gegen den
Strich laufen, je nach Form und Stellung für denjenigen, der das
Pferd reitet, von guter oder schlimmer Vorbedeutung sein kön-
nen. Darum würden auch ein Hengst oder eine Stute viel von
ihrem Werth verlieren, wenn jene Falten solche wären, von denen
man glaubt, dass sie von schlimmer Vorbedeutung sind und um-
gekehrt.
196. Nach muslimischem Aberglauben ist der Affe auf fol-
gende Weise entstanden : Einst hatte eine Frau mit einem Stück
Brotteig die Unreinigkeit auf den Schenkeln ihres Kindes abge-
putzt und wurde dann für diese Versündigung durch die Ver-
wandlung ihres Kindes in einen Affen bestraft, während sie sel-
ber in eine Schildkröte verwandelt wurde. Darum hält man auch
die kleinen Kinder fern von dem Orte, wo Brot bereitet wird.
197. Nach dem Glauben der Muslimen und Metäwile reprä-
sentirt die gewöhnliche oder Avilde Narcisse eine Verwandlung
dessen, was der Prophet Muhamed ausgespieen hat.
19S. Wenn eine schwangere Frau einige Tage vor ihrer
Niederkunft träumt, dass eine Unbekannte sie quäle, so ist sie
überzeugt, dass eine feindliche Fee sie eine Fehlgeburt werde
thun lassen. Um sich davor zu schützen, lassen sich die musli-
mischen Frauen durch einen Heiligen einen Kupferring an den
Fuss befestigen 1). Die christlichen Frauen tragen Peliquicn mit
sich herum, um diesem Unglück zu entgehen. Hei den .Jüdinnen
heisst jene Fee Lilith.
1, Man findet oft solche Kupferringe in alten, sogar in phönicischen
Gräbern.
Ztschr. a. Pal-.Ver. YII. 8
112
199. Es ist für den liesitzer einer Stute von schlimmer Vor-
l»edeutung. wenn dieselbe zu gleicher Zeit zwei Füllen wirft;
denn dies zeigt das Ende seines Glückes an.
20U. Nach allgemeinem A'olksglauben ist es nicht erlaubt,
die Hände, nachdem man sie gewaschen hat, vor dem Gesicht
einer Person, welche man ehrt oder liebt, hin und her zu bewe-
gen : denn man könnte diese Person bespritzen, und dies würde
eine Trennung von derselben zur Folge haben.
201. Wer bei Mondschein im Freien das Haupt entblösst,
läuft nach dem unter den IJauern herrschenden Glauben Gefahr,
grindig zu werden.
202. Wenn ein Obstbaum keine Früchte bringt, so veran-
lassen die Gärtner eine schwangere Frau , an einem der Zweige
desselben einen Kieselstein zu befestigen, und sind überzeugt,
dass er dadurch fruchtbar Averden wird. Jedoch läuft die Frau
dann Gefahr, eine Frühgeburt zur Welt zu bringen.
203. Wenn in Syrien jemand stirbt, so begeben sich die
Verwandten und die Frauen der Nachbarschaft in Menge in das
Sterbehaus, woselbst der Leichnam in einem Zimmer ausgestellt
ist. Die Frauen umgeben denselben, theils weinend und klagend,
theils indem sie sich Geschichten erzählen und schwatzen. AVenn
nun in dieser aufgeregten A'ersammlung eine der Frauen niest,
so ist das von schlechter Vorbedeutung für sie ; um sie vor Un-
glück zu bewahren , muss ihr eine der Anwesenden den Saum
des Hemdes so oft zerreissen, als sie niest,
204. Manche Leute, welche eine Cisterne in ihrem Hause
haben , erlauben nicht, dass man nachts oder sogar schon nach
Sonnenuntergang komme, um Wasser daraus zu schöpfen, da es
von schlimmer Vorbedeutung ist , zu dieser Zeit Wasser herzu-
geben,
205. Wenn man sich verschluckt, indem man Früchte oder
andere Esswaaren . welche man geschenkt erhalten hat , isst, so
ist dies ein Zeichen , dass das Geschenk wider Willen gegeben
wurde.
206. Ein Mann, welcher von seiner Frau geliebt sein und
verhnidern will, dass sie ihm untreu werde, muss folgendes
thun; er muss sich die Nägel schneiden lassen, dieselben ver-
113
brennen, die Asche ohne ^'orwissen der Frau in irfj^end ein Ge-
tränk mischen und sie dasselbe trinken lassen.
207. Eine neuvermählte Frau hütet sich davor, ihren ersten
Kirchgang mit emer andern neuvermählten zu machen; ebenso
tauft man nicht zwei Kinder an einem und demselben Tage in
derselben Kirche , aus Furcht, dass das zweite dann nicht lange
leben werde.
208. Man glaubt, dass Kinder, welche in einer sogenann-
ten Glückshaut zur Welt kommen, unter einem guten Stern ge-
boren sind. Bisweilen wird die Glückshaut getrocknet, imd der
Vater trägt sie als Amulet in der Überzeugung, dass sie ihm
Glück bringen werde.
209. Der Mittwoch der Charwoche trägt den Namen Mitt-
woch des Propheten Hiob. An diesem Tage pflegen sich Ange-
hörige aller Religionsgemeinschaften vor Sonnenaufgang ans
Meeresufer zu begeben, um sich daselbst Hände und Füsse. so-
wie sogar das Gesicht zu waschen. Man glaubt, dass diese Wa-
schung alle Krankheiten heile oder vor denselben schütze, wenn
die betreff'enden Leute daran glauben. Manche befolgen diese
Sitte in der Annahme , dass an diesem Mittwoch ein Engel die
Wunden des Propheten Hiob mit Meerwasser gewaschen habe ;
andere bloss im allgemeinen in Erinnerung an die Heilung
Hiobs.
210. Wenn eine junge Henne den Zeitpunkt erreicht hat,
da sie anfängt zu legen, so geben viele alte Bäuerinnen sorgfältig
Acht darauf, wann sie zum ersten mal legt, um dann das noch
warme Ei zu nehmen und an die Augen zu halten , in der Über-
zeugung, dass dies vor Augenleiden schütze.
211. Wenn eine Bäuerin Seidenwürmer aufziehen will und
eine gute Ernte zu bekommen wünscht, so glaubt man, dass das
sicherste Mittel, eine solche zu erzielen, darin bestehe, dass sie
das erste mal, da sie dieses Geschäft betreibt, einen Seidencocon
verschluckt .
212. Die Christen glauben, dass die im April geborenen
Kinder einen Hang zum Lügen haben werden.
213. Manche Muslimen glaxiben, dass man, um ein Wech-
selfieber zu heilen . den Kranken mit einem Knochen aus dem
114
Grabe eines. Juden beweihräuchern müsse. Andere sagen, dass
man einen Tag lang bettehi müsse, um gesund zu werden.
214. Die Metfnvile geben dem Todten etwas Salz und zwei
Brote, von denen da?; eine altbacken, das andere frisch sein
muss, mit ins Grab, um damit die beiden Engel, die das Grabes-
examen halten, zu beköstigen.
215. Einer Frau, Avelche unfruchtbar ist , räth man, unter
dem Bauche eines Elephanten hindurchzugehen oder sich unter
einen Gehängten, wenn er noch am Galgen hängt, zu stellen.
Xach allcfemeinem Glauben soll dies bewirken, dass sie frucht-
bar Avird.
216. Wenn ein Pfarrer stirbt, so wird seine \yittwe gefragt,
ob sie sich wieder verheirathen wolle ; wenn sie dies bejaht, so
wird er liegend begraben , im entgegengesetzten Falle aber
sitzend.
217. Es wird allgemein geglaubt, dass Rückenschmerzen
auf folgende Art geheilt werden können : der Leidende legt sich
auf den Boden , und der älteste seiner Verwandten muss auf
seinem Rücken herumtreten.
2 IS. Man glaubt, dass diejenigen Personen, denen beim
Lachen die Thränen in die Augen treten, bestimmt sind, fern von
ihrem Vaterlande zu sterben.
219. Damit ein Kind eine schöne Stimme bekomme, darf
man dem Neugeborenen die Nabelschnur nicht zu knapp ab-
schneiden.
220. Eine muslimische Frau ist traurig, wenn das Meer in
dem Augenblicke , da sie badet, anfängt zu steigen, da dies ein
Zeichen ist. dass ihr Mann sie nicht liebe.
221. Wenn ein Mädchen keine Gelegenheit gehabt hat, sich
zu verheirathen, so glauben die Muslimen, dass ihr Lebensglück
»befleckt« sei. Um die Flecken zu beseitigen , räth man ihr, ein
Meerbad zu nehmen und dasselbe nicht eher zu verlassen, als
bis die Wellen siebenmal über ihren Kopf weggegangen sind.
Die Christen geben ihr den Rath, bei einer Trauung an die Braut
heranzutreten und derselben mit der Hand einige leichte Schläge
auf den Rücken zu versetzen.
llö
222. "NVeini man willirend der liiotbereitiing Wasser trinkt.
so läuft man Gefahr, dass der Teig, trotz des Sauerteigs, nicht
aufgeht.
223. "Wenn eine Frau, Avährend sie das lirot knetet, sicli
beklagt, dass der Teig an ihren Händen kleben bleibe, so ist dies
ein Zeichen, dass sie die Eltern ihres Mannes nicht liebt.
224. Wenn man jemand beauftragt hat, die Messer zu
schleifen , und dieselben sofort scharf Averden , sobald er damit
beginnt, so ist dies ein Zeichen, dass er ein Lügner ist.
225. Eine Christin glaubt, dass ihr Mann sie nicht liebt,
wenn derselbe immer vor Sonnenaufgang erwacht und das Haus
verlässt. Die Bauern jedoch sind nicht dieser Ansicht.
226. Wenn eine Frau nur Mädchen gebiert, so giebt man
ihr während des Wochenbettes zuweilen Fische zu essen, damit
sie künftig Knaben bekomme.
227. Wenn in ein Haus in der Stadt eine Wachtel hinein-
kommt. so ist dies ein Zeichen, dass die Bewohner dieses Hau-
ses glücklich sein werden.
22S. Ehe man einen Todten begräbt, muss man ihm das
Leichentuch und die Kleider über der Brust zerreisscn, damit
dieselben nicht in das Fleisch eindringen; dies könnte nach herr-
schendem Aberglauben den Tod der anderen Familienglieder zur
Folge haben.
229. Allgemein verbreitet ist der Aberglaube , man müsse
die kleinen Kinder viel weinen lassen, dann würden sie schwarze
Augen bekommen.
230. Jede Frau, die ihren Mann liebt, wäscht seine Wäsche
nur mit Seife, die vorher noch nicht gebraucht ist; dies soll be-
Avirken, dass er seine Frau überlebt.
231. Die Muslimen glauben, dass man sich einen guten
Platz im Paradies erwerben könne, wenn man eine Eidechse
tödte, da diese eines der Thiere sei, die den Fluch verdient
haben. Als nämlich der König Nimrod den Befehl gab. Holz
zusammenzutragen, um den Patriarchen Abraham lebendig zu
verbrennen . so beeilte sich die Eidechse , einen Strohhalm her-
beizubringen. Der Frosch dagegen füllte sein Maul mit Wasser
116
uiul spie dasselbe auf das Feuer, um es auszulöschen; darum
wurde er gesegnet ' .
232. Wenn eine Frau die an ihr befindlichen Flöhe leicht
fangen und tödten kann, so ist dies ein Zeichen, dass sie ihren
Mann unter dem Pantoffel hat.
233. Die Muslimen glauben, dass es den Eltern eines klei-
nen Mädchens Unglück bringe, ■nenn dasselbe unaufhörlich
weint und flennt. Damit es diese schlechte Gewohnheit verliere,
bittet man einen Junggesellen, ihm mit einem Schuh einige
Schläge auf den Kopf zu geben , und zwar zur Zeit , wenn der
Mueddin Freitag Mittags das Minaret besteigt.
234. Wenn eine Frau, welche ihre Menstruation hat, sich
in das Bett einer Wöchnerin legt, so ist zu befürchten, dass das
neugeborene Kind eine Milchkruste bekomme.
235. Es wird allgemein geglaubt, dass grosse Ohren ein
langes Leben bedeuten.
23G. Leute, die zum Scherz die Katzen kämmen, laufen
Gefahr, arm zu werden.
237. Man darf einem kleinen Kinde keine Küsse auf die
Füsse geben, weil dasselbe sonst nicht mehr wächst.
23S. Bei den Juden herrscht folgender Aberglaube : Wenn
jemand in Folge eines Schrecks krank Avird und kein Mittel helfen
will, so vergräbt man das Hemd des Kranken an einem Freitag
um zwölf L'hr mittags in den Misthaufen. Nach acht Tagen wird
dasselbe wieder hervorgeholt und verbrannt. Die Asche wird in
Wasser aufgelöst und der Kranke damit gewaschen. Hernach
wird das Waschwasser ins Meer geschüttet, und der Kranke muss
ganz allein in einem Zimmer bleiben, worauf dann die Genesung
sicher erfolgt.
239. Nach einem unter den Juden verbreiteten Aberglau-
ben Avird die Milch einer Wöchnerin vermehrt, Avenn man ihr am
Halse oder am Kopfe das Rückgrat eines fliegenden Fisches be-
festigt.
240. Um einem Kinde abzugeAvöhnen , nachts im Schlafe
Wasser zu lassen , muss man ihm ohne sein VorAvissen eine ge-
bratene Maus zu essen geben.
1) Es folgt hier noch die bekannte Nimrodlegende. Der Übers.
117
24 1 . Die Muslimen glauben, dass die Metäwile oder Schiiten
nach ihrem Tode zwei Ver-\vandlungen durchmachen : nacli der
Heerdigung -werden sie in Schweine verwandelt und heim jüng-
sten Gericht in Esel. Als solche dienen sie dann den Juden ziun
Reiten, wenn dieselben kommen, um dem Gericht beizu-
wohnen.
242. Wenn in einem öffentlichen liade ein neuer Wasser-
kessel aufgestellt wird, so beeilen sich die Muslimen, an jenem
Tage das Bad zu besuchen; denn sie glauben, von manchen
IlaTitkrankheiten geheilt zu werden, wenn sie.sicli mit dem Wasser
waschen , das zuerst in jenem Kessel heiss gemacht Avird. Die-
ser Kessel muss nach altem Gebrauch aus einer Mischung von
Kupfer und anderen Metallen bestehen.
243. Den Abend vor dem vierzehnten September legen
Leute aller Religionsgemeinschaften auf ihre Dachterrassen
zwölf einzelne Häufchen Salz. Jedes der Häufchen wird einem
Monat des Jahres zugetheilt, indem man beim September be-
ginnt. Den andern Morgen vor Sonnenaufgang wird nachge-
sehen: diejenigen Häufchen, welche feucht sind, zeigen an,
dass die Monate , denen sie zugetheilt sind , regnerisch sein
werden, während die trocken gebliebenen Häufchen zeigen, dass
in den betreffenden Monaten Trockenheit herrschen werde.
244. Die Christen glauben, dass die Frau, welche aus Ver-
sehen die Schuhe einer anderen anzieht, Gefahr läuft, ihren Mann
zu verlieren. Bei Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften
muss die Person, welche aus Versehen die Schuhe einer anderen
angezogen hat, letzterer einen Schmaus geben, damit aus der
Verwechslung kein Unheil entstehe.
245. Bei den Christen steht keine schwangere Frau zu Ge-
vatter, weil sie fürchtet, fehl zu gebären oder ihr Pathenkind
durch den Tod zu verlieren.
246. Die Gegenstände, welche die Aussteuer einer Frau
bilden, müssen der Zahl nach ungerade sein. Wenn sie dies
nicht sind, so läuft die Frau Gefahr, mehr als einen Mann zu
heirathen , indem sie ihren ersten durch den Tod verliert oder
von demselben Verstössen wird. Auch darf die Frau Gegen-
stände, die zu ihrer x\ussteuer gehören, nie verkehrt hinstellen
oder legen; dies würde ihrem Manne Schaden zuziehen.
118
"2 17. Wenn zwei ^'el•lobte miteinander essen und der Bräu-
tiffam seiner Ihaut einen Bissen in den Mund stecken will . so
darf sie dies nicht annehmen, weil sie sonst befürchten muss.
Gegenstand seines Missfallens oder seines Hasses zu werden, wie
es im Spriichwort heisst ^ : Wenn jemand meinen Bissen ist.
wird er der Gegenstand meines Hasses.
248. Eine schwangere Frau soll alles essen^ Avonach es sie
gelüstet; denn wenn sie sich etwas versagt, könnte das Kind,
das sie gebiert, am Körper ein Mal bekommen, ähnlich dem Ge-
genstand, dessen sie sich enthalten hat.
249. Man nhnmt nicht gern die Erstlinge irgend einer Art
Frucht aus der Hand einer geizigen Person entgegen , weil man
dadurch Gefahr läuft . später von dieser Frucht nicht genug zu
bekommen.
250. Ein Haus, in welchem sich entweder eine Frau, welche
immer jammert, oder ein Dach, von welchem der Hegen herun-
terträufelt, oder Wanzen finden, geht zu Grunde -^ .
2. --iJ^^ OJ-.JS o^-i'^- Ch'^^ (i'^'- (J^
Beiträge zur lusclirifteiikiiiide Syriens.
Schreiben des Plenn Dr. J. H. Mordtmauii in l'era
an die lledaction.
(Hierzu Tafel 11).
Es scheint nicht weiter bekannt zu sein, dass die berühmte
von Ganneau entdeckte Tempelstele von Jerusalem sich seit Jahr
und Tag im hiesigen Museum im Tschinili Kiöschk befindet.
Ganneau, Stele du temple de Jerusalem S. 8 f. erzählt, -wie
[Kiamil Pascha] der damalige Mutesarrif von Jerusalem , sich
des Averthvollen Steines bemächtigt hat; sein jetziger Standort
giebt Aufschluss über seine ferneren Schicksale, die Herrn Gan-
NBAu unbekannt geblieben waren.
Ein Vergleich des Abklatsches, den ich Ihnen beifolgend
schicke 1), mit der Abbildung a. a. O. ergiebt, dass letztere
sehr genau ausgefallen und Herrn Gajn'neau s Lesung durchaus
sicher ist. Nur ein, wie mir scheint, charakteristischer Umstand
ist dem gelehrten Herausgeber entgangen. Von Zeile 3 ab, be-
sonders aber Zeile 6 zum Schluss, bemerkt man auf dem Stein,
dem Abklatsch und Ganneau's Photolithographie die deutlichen
Spuren von Meisselhieben , welche offenbar von dem Versuche
herrühren, die Inschrift zu tilgen. In Ganxe aus Transcription
1) Leider eignet sich der Abklatsch nicht zur Reproduktion, weil er
nicht ganz vollständig ist. Um die Leser zu orientiren, füge ich den Text der
Inschrift nach Ganneau's Lesung bei : MIK-tENA AAAOrKNU KliüK iPF.V-
f:S0AI KNTO:£ luv riEPl TU IKPUN TPVa'AK'lur KAI lilJ'IBoAUY
02AAN AIIiPölI EAYTOl AiTlu:^ ESTAI AlA TO EHAKüAdVHElN eANA-
TON, »Kein Fremder darf die Schranken und das Gehege um dasHeiligthum
betreten; wer ergriffen wird, wird wegen nachfolgender Todesstrafe sich
selbst die Schuld zuzuschreiben haben«. Gl'TUK.
120
S. 1 1 ist ein solcher Meisselhiel) über dem letzten lUichstaben
von 0ANATON Zeile 0 als Schrittzeichen aufgefasst und S. i:i
wird dazu bemerkt : II est difficile de diviner si la barre addi-
tiunnelle qu'ou remarque au milieu du 1. de airio; et Celle qui sur-
numte le N deHovaTovsont accidentelles ou intentionnelles. Cette
derniere pourrait-elle avoir la valcur dun signe final cquivalent
a notre * . t
Ist nun dieser ^'ersuch, die missliebigen Buchstaben zu ver-
nichten, in der Neuzeit etwa als den Block zum Kau der Medrese
verwandt wurde , oder bereits im Alterthum gemacht worden '.
Ich glaube, dass letztere Annahme die allein wahrscheinliche ist
und dass die Zerstörer die Legionare des Titus waren. Im Augen-
blick, wo man sich anschickt, den Tempel zu stürmen, wirft der
römische Imperator den gegenüberstehenden Juden gerade die Dul-
dung dieser Warnungsstelen vor (s. die Stelle aus Josephus beiGAX-
Mi.\u a. a. O. S. 27). Mag nun diese Anrede auch erdichtet sein,
so viel ergiebt sich aus ihr, dass diese Inschriften von den oXXo-
7£ViT; D""" als JJeleidigung betrachtet wurden ; imd wer weiss, ob
nicht Titus selbst nach der Eroberung die Zerstörung derselben
befohlen hat.
Gestatten sie mir bei dieser Gelegenheit auf die beiden spät-
griechischen Inschriften zurückzukommen, welche ZDPV. IV,
Tafel I abgebildet sind. Der zweifelhafte Name in der ersteren
dürfte wohl KaXia-paTO'j (statt KaXAiaipaTou) zu lesen sein^). In
dem zweiten Fragment gestatten die erhaltenen Buchstabenreste
zu Anfang noch einige weitere Ergänzungen. Yermuthlich sind
die ersten Buchstaben der Rest von
eeojAOCIACTHC,
und das Ganze zu lesen
osojoosi'v.; xr^c EvoozovaTfr^^jxoußf/.ouÄctpiac.
Ob eine Kubicularia dieses Namens sonst noch bekannt ist,
kann ich hier, ohne alle einschlägigen Hilfsmittel, nicht consta-
1 Ich bemerke hei dieser Gelegenheit, dass der Verfasser des betreffen-
den Aufsafzes in ZDPV. IV, S. Uff., Herr Lic. SciRi.TZE, sehr bald nach
dem Druck desselben mir diese Vermuthung selbst mitgetheilt hat. Sie ist
vollkommen richtig, wie ich mich im Jahre 18S1 angesichts der Inschrift über-
zeugt habe. GUTHE.
121
tirt'ii. Eine o£uvo-fi(£'ir£araTTj) xoußixouXapia Eucpr^ai; kommt in
einer Inschrift von ('halkedon v. J. 450 vor.
In der Sammlung des Tschinili Kiöschk befindet sich, eine
Marmorplatte mit byzantinischer Inschrift ^), -welche, nach einer
zufällig erhaltenen Notiz, aus Jerusalem stammen soll. Eine
zusammenhängende Lesung ist mir nicht gelungen. MN scheint
Abkürzung für ji-vr^oi)^ oder [xv/jaOr^ti zu sein.
Die folgenden, so viel ich weiss, unedirten Inschriften sind
vor langen Jahren von Herrn Dr. Konstantin Macrides auf einer
Reise durch den Haurän copirt Avorden ; die erste entbehrt nicht
eines historischen Interesses.
Ihr Fundort sa/uwieu ist eine Station der Pilgerstrasse und
auf der WETZSTEiN'schen Karte verzeichnet. Im SEETZEN'schen
Keisewerke I, 34 ff. TV, 15 sind die Ruinen beschrieben, unter
denen sich zwei Tempel, einer des Zsu? xupio; und einer der T6yr^
befindet, Avoher auch offenbar der heutige Name, »die beiden
Götzenbilder«, herrührt; im Alterthum hiess die Stadt Acre (vgl.
CIG 4554). Eine andere Namensform Seiamen (bei Richter,
und auch sonst bezeugt) ist ein Rest der altnabatäischen Sprache.
Im CIG III, 4554 — 4558 (darnach Waddington, Inscr. de la
Syrie 2413 f — j) sind vier Inschriften mitgetheilt, von denen drei
aus dem Tychaeon stammen; eine vierte ebendaselbst befind-
liche konnte Seetzen nicht copiren. Es ist vielleicht CIG 4557 2).
Aus dem Zeustempel stammt die folgende :
GTOYCAZTOYKAIAB
BACiAecoCArpinnAKY
ABBOrAIOC4>IAtO
YIOIOIKOAOMHCAN
5 PANCYNNeiKAAlOICKAI
API O I C KA I T AOYPcoMA
AeCTHCANAIlKYPIcoeKTcoN
AlkoNevceBeiACXAPIN
Ij Nach dem von Herrn Dr. Mokdt.m.\>n eingesandten Abklatsch ist
sie auf Tafel II wiedergegeben worden. 1). Red.
2) Die Beispiele für T->/r;-Gad ZMG. XXXI, p. 99 ff. könnte ich jetzt
noch reichlich vermehren; 'IV/sa als Nebenform von Tu/r, CIG 455G findet
sich auch noch beim Syrer Malalas in der correcteren Schreibung Tj/iiol,
p. 139 B.
122
TiItou; /.![ Tou y.ai )/i [iioüAio; 'A-p'-""^ /.o^piou] 'A^iBoYaToc Oiotu •
[xai oil'Jiol o'/ooouTjaav [Ou'pav auv vci/aoioi: y.al [XsovTJaoioi; 7.7.I ti
O'jptuuara a(v)sarr,aav A'.l Kopt'to ex Toiv loi'tuv eusißsicr /otpiv.
Die Ergäiizunifen ergeben sich aus CIG III. 4558: A-.l toi
x'jouo Kotitotao MctAyatou xai uiol ayTou xtv Duoav auv Nsixaoioir x^l
UiVotÄr, Nst'xT, xal Äcovraoi'ou xat Trotsr yÄucsr, xai rr.; ix tojv ouo as-
(iu)v xabctpo'jpYi'a; [vermuthlich eine Fontäne zum Abdestnehmen
£/ rtuv loüüv xoiT £'jai|j3i7.v aviDrjXav.
Die Datirung der Ini<chrift erinnert sofort an eine bekannte
Münze Agrippa's IL. deren doppeltes Datum zuletzt von Momm-
SEN in V. Sallet's Numismatischer Zeitschrift III. 451 bespro-
chen -worden ist. Diese Münze datirt : stou; 0.1 xob xat C und
Staramt nach Mommsen aus d. J, 66 nach Chr. , so dass die bei-
den Aren i. J. 56 bez. 61 n. Chr. beginnen. Hiermit stimmt die
Dop])elära unserer Inschrift . welche demnach ins J. 92 unserer
Zeitrechnung zu setzen ■wäre. Die HeiTSchaft Agrippa's über den
Haurän datirt aus d. J. 53, in welchem Jahre Claudius ihm die
Tetrarchie des Philipp xnid Lysanias. Batanaea, Trachonitis. Au-
ranitis und Abilene. verlieh.
Aus diesem Gebiete stammen noch folgende Inschriften
Agiippas II. :
1 'Akrabä Wetzstein 179 = Waddington 2413'' "Etouc
i[r,l ßaaiXsto; AYpi~~a xupiou 'lousTooc MaXsiyaiJou ^iüCxU ^ ^r.j-^'
i-oirasv Ta {l'jpioaora o'jv xo-u-ouf-oy xal tov Stoaov ix tu)V loi'wv s'j-
ai,3i{a; [s^lsxa All Kop''(u aus d. J. 78.
2) el-Muschennef Wetzstein 30 = Waddixgton 2211:
1-sp atuTTjOia; xopiou ßaaiÄsu); '^ypiK-a xal i-avoooo xat' £'J/jr;v
A-.o:
Doch kann die letztere auch auf Agrippa I bezogen Averden.
Der Name 'A,3,3oYaTo; ist wohl einheimisch und identisch mit
foioi A,3'i(UYa xiii ixTj;] MapüJTa[i]u)v (cf Marato cupreni bei Am-
miau) CIG 8971.
Nr. 2. Aus Schemiskein 1^2 Stunden von Sanamein eben-
falls am darb el-haddsch gelegen. Wetzstein . Hauran und die
Trachonen 8. 87 A schreibt Schech miskm .^jS^a ;:i^, bez. Esch-
miskiii ..^Vw-iJ;!, der Autor der '^■J.\ ^J^k^ S. 66 ed. Const. gar
^j^'^ . Waddixcjton hat nur einen späten Text aus diesem
Ort: Nr. 2 11:',. — In 2 Theile gespalten:
[23
a. ACIAMOC 0 OY T(oN
lAUoN KAMAT(oNKAI
T(oNAYToYTeKN(oN
T8 MNHMloNenolHC
KAiAen öAi pen)pc
b. TA(OCnePGIHMHNNA
(t)cnepeiMeicioBioc
FAPKAITAXPHMATA
OIKOC OYTOC eCTIN
a. AaiauQc ... i) . o-j twv ioi'cdv xaiiaTiov /ai to-v a'jToo tiy.vtov ro
b. ... (oa-sOiZ r,ur,v . . (ua-sp sijjli ■ £tai y'^P ö ßio; y.ai ra /Ji"/;-
;X7.T7. • OCXO; OOTO; £371.7.
Der Name AaiatJLOc kommt sonst nicht vor.
Nr. 3. Ebendaher.
C4)HA(0
YRANT
HOAPCie
TtoN
n
oBeCAO
ocpoe
OY0IAO
'U|3£aa9o;'Po£OU cpi'Aoc . . . -avT(.ü[v] Oapst, stäv -.
Das zwischen -dtvTwv und cciXcov stehende Wort ist unklar.
Der Name 'üßi-aUo; wird Waddixgton 2364 'Oßctiaaro; ge-
schrieben , in einem nabatäischen Texte Vogüe Inscr. Sem. S. 94
Nr. 3 ni3"^2:7 "S, griechisch mit or,uo; 'O^Saia/jVwv Aviedergege-
ben; '0(3a{3af)oc Wapd. 2172.
Daneben findet sich noch 'Oßai3if)o; W.\dd. 2148 = Wetz-
stein 130; 'OiSöCol^ AVaddingdon 1997; vgl. Blau, ZMG.
XXVII, 35.5.
Poio: scheint andere Schreibunof für Po-j^io-j Wadd. 2034 =
Wetzstein 02''.
In muzerib copirte Herr Macrides folgende kleine In-
schrift :
124
Nr 4.
KOYAAPA
•/o'j7.ooa-
t
TIANOCA
T'.avo; A-
loreNOY
•.OYSvo'j
CnANT(0
3 -avToj
N0IAOCe
V 'ii/.o; £■
TtoN/v\
rcuv 11.
1
Dagegen erwiesen sich die aus Bosra und Kanawät copirten
Inschriften sämmtlich als schon bekannt, mit Ausnahme des fol-
genden Fragments :
CKAOAPOTHTOC
AAMTI lePOKAeOYC
HPOCOIKOAOMH0H
wodurch die Lesung von Wadd. 2034 verbessert wird.
1. : EttI t7;J; KaiJaporr^ro; [tou y.upi'oij -oulXa;i7:(porarou) 'Ispo-
xXio'j; etc.
Wadd. a. a. O. : izl trc «•''•"■ ^-^ ~'J^ xupi'ou [tJu.(u)v) tou [ha\i~ -
(poTarou 'I'/.. 'hpox/.iou;.
Nr. 5. In der Kirche von Hama:
+YnepeYxi ^oeMBp, gtovc
KOC / %
MA c^^ -^
^
0
Ittso £'j/ r^; Mcipa (y.ai; kosaa. Ivo, '.xticüvo;; lo tx[r,''v(o? Noiu-
|i{>t<i'j y.i sTÜii 0 vao;j "Ktooc !!co'.
A. 907 der Seleucidenära entspricht d. J. 1. Sept. 596/597
p. Chr. und der 14. ludiction.
Pas Thal Zeboim. Sani. T. 13. 18.
Von Lic. Karl Marti in Buus (Baselland)
Saul lind Jonathan sassen mit 600 Mann zu Geba' Binjamin
= dschebd ^) , ihnen gegenüber lagerten zu Mikmasch (=^ much-
mäs] die Philister; da sandten diese von ihrem Lager drei Colon-
nen aus zur Verwüstung des Landes , die eine nordwärts in der
Richtung nach 'Ophra (== et-faij'ibe) , die andre westwärts in der
Richtung nach Bet Chorön (= het-ür) , die dritte endlich »in der
Richtung auf das Gebiet an der Grenze , welche über das Thal
Zeboim hervorragt, nach der Wüste hin«. 2) Es konnte natürlich
im allgemeinen nicht zweifelhaft sein, wohin dieser dritte Haufe
sich gewendet hatte , obwohl das Thal Zeboim nirgends sicher
nachzuweisen war : der Südwesten war ja von Saul's Mannschaft
besetzt, es blieb darum nichts anderes übrig, als eine geradezu
östliche oder eine südöstliche Richtung anzunehmen. Allein auf
eine genauere Bestimmung musste verzichtet werden, da ausser
dem unbekannten Thal Zeboim keine sichere Ortsangabe im Texte
vorliegt, und die Annahme, rr^DTan »nach der Wüste hin« be-
ziehe sich auf die Wüste Juda, wenn auch wahrscheinlich, doch
nicht über allen Zw^eifel erhaben war; hat doch Wellhausen ^)
daraus vielmehr auf eine Richtung nach Osten geschlossen.
Die Entscheidung, welche Wüste gemeint und damit auch,
welche Richtung eingeschlagen sei, bringt erst der sichere Nach-
weis über die Lage des Thaies Zeboim, und dieser, so scheint es
1) Ob wir dafür Gibe'a Binjamin (■'2'i32 nSSJ, mitLXX, die Faßaa Bsvia-
[jLiv aufweist, zu lesen haben, lassen wir dahingestellt, da die Antwort hierauf
für unsere Frage ohne entscheidende Wichtigkeit ist.
2 Ob n-::T2n zu rp'r:n oder zu n:t- zu ziehen ist, thut zur Sache
nichts ; wir halten die letztere Beziehung für die richtige.
3) Der Text der Bücher Samuelis untersucht. Göttingen 1871, p. 84.
126
mir. ist jetzt auf Grund der neuesten Karten zu leisten. Über-
einstimmend zeigen nämlich die Karte von Schick >) und die
cniflischen Karten des Palestine Exploration Fund-) ein Seiten-
tliiilc-lien auf, Avelches sich von der Gegend nördlich von chän
haijrür \\\\i{ kal at ed-damm znva. icTidi fauuär T:es\i . icUdi el-kelt
liinabzieht und welchem der Name vädi ahn daha (auf den engli-
schen Karten Wady Abu Duba' geschrieben] beigelegt ist. Man er-
kennt sofort, dass diese Bezeichnung dem alten Xamen D'^^h^n '^Ü
a\iffallend entspricht, -svie denn auch die Bedeutung beidemal
uic-ht anders wiederzugeben ist als mit »Hyänenthal«, indem zu
I-zrhs das hebräische Wort 3>^nS = Hväne, auch wenn in der ein-
zigen Stelle Jer. 12, 9, wo im A. T. dieses im Neuhebräischen
gebräuchliche Wort vorkommt, die Übersetzung der LXX mit
uaiva unrichtig sein sollte, und zu abu daha die der hebräischen
völlig entsprechende arabische Bezeichnung von Hyäne «-«,/to oder
o-o plur. r,'^j^ zu vergleichen ist. Allerdings könnte diese wenig
signilicante Benennung eines Thaies als eines »hyänenreichen«,
da ja Hyänen wohl damals schon im ganzen Lande heimisch
waren, tnis stutzig machen, -wenn wir nicht Avüssten, wie sich alte
Ortsbezeichnungen, obwohl sie nicht auffallender und gesuchter
waren als diese 3', mit wunderbarer Zähigkeit bis in unsere Tage
erhalten haben. Zudem hat sich in derselben Gegend nördlich
vom Ausgang des icädi el-kelt in die Jordanaue der gleiche Name
nochmals erhalten in »Shukh ed Duba"*« ^] . Zunächst scheint die-
ses Auftreten desselben Namens an verschiedener Stelle zwar
wiederum eher geeignet, unsern Glauben an einen Zusammen-
hang der alten und der jetzigen Bezeichnung zu zerstören; allein
es ist zu beachten, dass die Entfernung beider Stellen eine ge-
ringe ist und dass das A. T. ausser dem Thale Zeboim in Neh.
1 Das Land zwischen Jerusalem und dem todten Meere (die Wüste Juda)
in ZDPV. III. ;1S80;, Tafel I.
2 Ma]) of "Western Palestine from surveys conducted for the comraittee
of the Palestine Exploration Fund by Lieuts. C. K. Conder and H. iL Kit-
schener R. E. Keduced from the one inch map. London ISSl. Das frag-
liche Thälchen l)efindet sich nach freundlicher Mittheilung von Herrn Prof.
Kaltzscii auf lilatt XVIII der grossen Ausgabe.
3) Vgl. den nahe gelegenen AVädi Fära. ZDPV. III, p. 7 f.
4j Vgl. die englischen Karten. Auf dieses «Shukh ed Duba « hat mich Herr
Prof. K.\UTZSCH aufmerksam gemacht.
127
11, 34 eine beiijaminitische Ortschaft gleichen Namens C^yh]:
er-niihnt. Auch kann uns bei der ünvollständigkeit und Lücken-
haftigkeit der Liste der benjaminitischen Ortschaften in Xeh. 1 1 ,
31 — 36 nicht et^va die vermuthhch von Ost nach West sich be-
wegende Aiifzähhmg ^) veranlassen, eine Gleichsetzung von
C^yhi Neh. 11, 3-t mit »Shukh ed Duba'« geradezu für unmöglich
zu halten. AVir dürfen vielmehr in diesem doppelten Vorkommen
der einer alten entsprechenden jetzigen liezeichnung einen un-
verkennbaren Hinweis darauf erblicken , dass an dieser Gegend
schon im Alterthum dieser gleiche Name haftete, und wir stehen
darum nicht an, in dem icädi abu daha das alte n'^"33:~ "^5 wie-
derzufinden. Wir halten es sogar nicht für unmöglich, dass der
heutige icädi el-kelt den Namen D'^ysSH "^i;, der sich jetzt nur noch
in dem kleinen Seitenthale erhalten hat, in alter Zeit getragen
habe; auf diese Weise wären loädi ahu daha und »Shukh ed
Duba'« mit einander in Verbindung gebracht und wäre auch für
die Zeit des A. T. das doch immerhin bedeutende Thal el-kelt
nicht mehr namenlos 2) . Für solche Wanderungen eines Namens
giebt es ja der Beispiele genug, ich erinnere nur daran, wie sich
der alte Name nil^n , der einst die ganze Niederung an den
Ufern des Jordans und des Todten Meeres, ja bis hinab zum äla-
nitischen Meerbusen umfasste, in el-'araba auf den Theil zurück-
gezogen hat, der südlich vom Todten Meere liegt. Doch wir wol-
len kein Geweicht legen auf diese Hypothese, wir halten an dem
fest, was uns durch die Namengleichheit an die Hand gegeben
wird, nämlich daran, dass in wädi abu daha das in Sam. I. 13,
18 genannte Thal Zeboim irgendwie wiederzufinden sei. Dar-
nach ergiebt sich für die Route des dritten Philisterhaufens von
muchnäs aus eine südöstliche Richtung, und unter der dort ge-
nannten Wüste kann nur die Wüste Juda gemeint sein.
Eine Empfehlung unserer Ansicht von der Übereinstimmung
des icüdi abu daha mit dem Thale Zeboim ist es aber, dass bei
Annahme derselben die Textverbesserungen derLXX undWKLL-
hausen's unnöthiff werden. Schon der LXX ist es nämlich auf-
1 j Vgl. die Listen der Bücher Esra und Nehemia. Zusammengestellt und
untersucht von Lic. Dr. RuD. Smexd. Progr. zur Rectoratsfeier der Univ.
Basel. 1881, p. 9.
2) An Krit Kg. I. 1, 3 oder an 'Akör Jos. ', 26 zu erinnern, hat man in
neuester Zeit mit Recht unterlassen.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VII. 9
12S
o-cfalleu. class für die Diiection der dritten Colonne nicht auch,
wie für die zwei andern, als Anhaltspunkt eine Ortschaft bezeich-
net ist. Der griechische Übersetzer hat sich aber nicht mit der
Annahme beruhiijt. dass hier ein Ortseigennamc fehle, »weil es in
der ^^'üste keine Örter gab«^'; er möchte sich hierbei denn doch
gefragt liabcn. was wohl die Philister noch in der Richtung auf
die >\'iiste zu verwüsten gesucht hätten . wenn gar keine Ort-
schaft auf dem Wege dahin wäre zu finden gewesen. "S'ielmehr
hat sich der Übersetzer zur Ausgleichung des Textes mit Correc-
tur geholfen, indem er statt b^nan ein ynsn (nach Wellhausen.
Anm. d. Ked.^ Ta^^ai als richtige Lesart vermuthet hat. Dabei
hat er aber nicht beachtet, dass er eine ganz unglavibliche Situa-
tion herbeiführt, indem er verlangt, dass diese dritte Colonne
den 600 Israeliten direct entgegengezogen sei. Weiter aber hat
er nicht bedacht, dass das angenommene 37D^n als Bezeichnung
für Geba das einzige Beispiel wäre, wo der Name von Geba mit
dem Artikel vorkäme - . Eine fernere Schwierigkeit, die bei die-
ser ^'ermuthung der Text bietet, hat die LXX selber gefühlt und
weggeräumt ; es fehlt nämlich Avohlweislich in ihrer Übersetzung
die Wiedergabe von niSTcn, wie ja die Richtung auf Geba hin
niemals nach der Wüste, sondern direct, wie Avir auch aus Jes.
10, 28 ff. wissen, in die Gegend von Jerusalem führte. Dass aber
diese Auffassimg der LXX entschieden falsch ist, zeigt die jetzt
bestimmbare Lage von Zeboim-^), denn Geba und das Thal Zeboim
befinden sich danach in ganz deutlich verschiedener Richtung
von muchmäs aus, und der directe Weg von da nach dem icücU
ahu daha führt niemals über dschehd . sowie auch niemals von
dschehd ein Hervorragen über den wädi ahu daha könnte ausge-
sagt werden.
Natürlich sind die in erster Linie gegen LXX angeführten
Hedenken auch Wklliiausen nicht entgangen, er hat darum jene
1 Wellualslx a. a. ü. p. S4.
'i. Sonst findet sich "-: nur ohne Artikel, vgl. Jos. 18, 24. 21, 1". Sam.
1. 11, •). Sam. II. 5, 25. Kg. II. 23, S. Jes. lU, 29. Sach. 14, 10. Neh. 7, 30.
Chr. \ ü, 4.j etc.
3) LXX« hat i-ZK Tal rr.v Sctfii.a, AS Xa[A£iv , Neh. 11, 34 nur im Cod.
Friderico-Augustanus ^lejiioEijj. Dürfte vielleicht bei dem griechischen zwei-
ten Ksra .5, 34 in dem 'jtoi io'jjic/. das Zeboim Aviedergefunden -werden, zumal
das gerade vorangehende uiot 'Aooo-j; an das auch Neh. 11, 34 voranstehende
T'npi erinnert?
i
129
Sclnvierigkeiten , obwohl er die von LXX voraiiss^esetzte Lesart
als richtig ansieht, vermieden und yiljn nicht als Eigennamen,
sondern als Appellativnm «lierg. Hügel« gefasst. Hiebei tritt so-
fort zwar die umgekehrte Singularität ein, dass dann ynr> einzig
und allein an unserer Stelle als Appellativum vorkommt . wofür
sonst nySil gebräuchlich ist. Diese Schwierigkeit ist allerdings weit
geringer, und y^^ könnte als Collectivum zu dem Einheitsnomen
nyi-'\ einen Hügelcomplex , eine Hügelkette oder ein Hügelland
bedeuten. Wenn aber keine anderen Gründe zu der Annahme
einer solchen Singularität auffordern als die Üebersetzung der
LXX, die hier sichtlich den ihr vorliegenden Text nicht nur
übersetzt, sondern auch gemeistert hat, so würden wir von vorn
herein uns in diesem Falle für den massorethischen Text zu ent-
scheiden haben. Aber Wellhausen führt zwei Gründe an,
welche gegen '?'^25n im hebr. Texte sprechen sollen : »Die Rich-
tung ,zur Grenze' deckt sich nicht mit der doch als gleichbedeu-
tend anzusehenden ,zur Wüste' (d. i. gegen Osten), mag man die
Grenze als die judäische ansehen oder als die efraimäische«, und
»x\uch sagt man von 'siD!^ nicht das Attribut CipTlJ'n aus; hervor-
ragen über ein Thal kann nur ein Hügel oder Berg Num. 21, 20.
23, 28«. ^) Betrachten wir zuerst den in zweiter Linie aufgeführten
Grund, so fehlt demselben eine durchschlagende Kraft. ^pTI?2
bedeutet wohl in erster Linie »sich hinauslehnen, hinausbeugen«
und zwar geAvöhnlich mit dem Nebenbegriff »um hinab zu sehen,
hinab zu schauen« ; so kommt dieses Verbum allerdings von einer
Höhe ausgesagt zu der Bedeutung : »auf eine Ebene hinab-
schauen«, Avas soviel ist als : »über eine Ebene, ein Thal hinaus-
schauen, emporragen«. Diese poetische Vorstellung konnte aber,
Avenn man nicht mehr eine stereometrische, sondern eine plani-
metrische Darstellung einer Gegend im Auge hatte, mit Leichtig-
keit dahin verblassen, dass ?IpT2J: nichts Aveiter bedeutete, als
»nach einer Gegend hin gelegen sein, an eine Gegend anlehnen,
angrenzen«, Avonach also zu übersetzen Aväre : »der Berg, resp. die
Grenze, Avelche an das Thal Zeboim anlehnt« - . Doch Avir haben
uns nicht einmal auf diese sonst im Hebräischen bei ?pr: uner-
Aveisliche AnschauungsAveise zu berufen; denn ist ein «Hervor-
1) a. a. 0. p. 83 u. 84.
2 Vgl. auch lateinisches spectare, z. B. Caesar, de hello Gallico I. 1
und-rr: Num. 21, 1.5.
9*
130
rajjen über ein Thal, ein Ilinahsehauen anf ein ThaL< ausgesagt.
so ist doch schon deutlich genug angegeben , dass der Gegen-
stand, von dem solches berichtet wird, erhöht, sei, und 5121
schliesst doch nicht aus, dass an irgend einer Stelle die Grenze
sich über einen erhöhten Punkt hinziehe. Wir wollen auch das
niclit betonen, dass b-^sr^ nicht nur die geometrische Grenzlinie,
sondern das Grenzgebiet, vielleicht auch Gebiet überhaupt be-
deuten könne, vgl. Sam. I. 5, 6. Offenbar ist dies ja nicht der
Hauptgrund zur Änderung von bin:^ in 1?n:; der in erster Linie
von Wellhausen angegebene ist der wichtigere und genügte für
sich allein, falls er sich bewahrheitet. Aber hier muss doch so-
fort bemerkt werden, dass er nur dann Geltung haben kann,
wenn die Gleichung: »zur Wüste« d. i. gegen Osten, Eecht hat,
da nur in diesem Falle eine Streifschaar Aveder die ephrairaäische
noch die judäische Grenze treffen konnte. Diese Gleichung hat
aber Wellhausex nicht bewiesen, und wer sagt uns denn, dass
nicht die Wüste Juda. also nicht eine östliche, sondern eine süd-
östliche Richtung gemeint sei? AVir haben demnach keinen
Gnnid. von vornherein H'^m'cn nach dieser oder jener Kichtung
/u erklären, die Entscheidung muss nach den andern Angaben
von Sam. I. 13, IS gefällt und '*"12ji kann erst beanstandet wer-
den, wenn diese es nothwendig erfordern. Wir meinen nun aber,
das Thal Zeboim in dem v:ädi ahu cjaba wiederfinden zu dürfen,
und damit ist für das dritte Streifcorps eine südöstliche Kichtung
ausgesagt , welche zwischen mur/miäs und dem u-üdi ahu daba^
die Grenze zwischen Juda \md Ephraim ditrchschneiden muss.
Also auch bei der Gutheissung der Voraussetzungen Wellhau-
SENS. dass die judäische oder die ephraimäische Grenze in Frage
komme, ßiUt der Grund gegen die Lesart der Massora dahin und
rechtfertigt sich ihre Uberliefennig von binj. Wahrscheinlicher
kommt es mir jedoch vor, dass man bei blSj nicht an eine poli-
tische, sondern an eine natürliche Grenze zu denken habe. Ich
verstehe nämlich darunter eben das im Südosten von miichmZis
gelegene Gebiet, welches die Grenze zwischen dem bevölkerten
Lande und der unbewohnten Wüste Juda bildet. Aber wie dem
auch sei, der fragliche Halbvers Sam. L 13, IS*" Avill unter allen
l raständen besagen : Das dritte Streifcorps der Philister wandte
sich in südöstlicher Pichtinig auf die Gegend, welche in den
xrTuh ahn <Juha abfällt, nach der Wüste Juda hin.
Nacliti'ägiiclies zu Kabiiliis und (iariziiii
(vol. ZDPV. VI, lüT «■ .
' o*
Von M. Grüubauiu in München.
Zn den sogen. Volksetymologien gehören in geAvissem »Sinne
auch die Erklärungen von Ortsnamen durch daran sich knüpfende
Sagen, so wenn z. B. To'fxoi, Tomi davon hergeleitet wird, dass
dort Medea ihren liruder Absyrthus zerstückt habe (von totxo;),
oder wenn der Ort WoUmer von dem Ausrufe «Hier wollemer
ruhen!«. Hatzfeld von »Hier hats Feld« und der Mäusethurm bei
Bingen von den Mäusen des Bischofs Hatto ihre Namen haben
(Grimm, Deutsche Sagen2 I, 130, 242). Auch auf semitischem
Gebiete kommt dergleichen vor; dahin gehört z. B. die von Rit-
ter (Erdkunde XVI, 460) erwähnte Deutung des Namens Ma-
milla als mci min alläh »was von Gott kommt«, und so wird denn
auch bei Kazwini (H. Uf ed. Wüstenfeldj unter y^UlJ [nähulus]
der Name dieses Ortes davon hergeleitet, dass allda vor Zeiten
ein furchtbarer Drache [tumiin] gehaust habe, dessen Vernichtung
die Bewohner der Gegend von Gott erflehten. In späterer Zeit
zeigte man noch einen riesigen Zahn dieses Drachen, und von
diesem Zahn — nZib — hat die Stadt ncibulus ihren Namen. Be-
merkenswerth ist übrigens die Vocalisation des Wortes mit
^_^-JLJLi ^) statt der oft vorkommenden Form ncihlus. So heisst es
auch bei Ritter (XVI. 637): »Die Stadt Nablus, oder richtiger
Näbulus nach Abulffeda s Schreib Aveise«. In der That heisst es
1) Ebenso im Muschtarik ed. Wüstenfeld : p. v., Z. lu. v.\ Z.2 v.u.,
1f, Z 5, ilv, Z. 5, lf,, Z. 3, r.i, Z. 8 und öfter.
n2
bei Abulfecla ^Geographie ed. Reixaud p. ff.) von j^LJ> unter
ilerlxubrik j--«-*"i\' Jj^/^- : 5c\>j-«J^ ^\^^ *.^» wä.''^ qj-^' ^'^*«J^)-
Sollte nun diese seltsame Sage vom Drachenzahn nicht viel-
leicht in Zusammenhang stehen mit den in dieser Zeitschrift (VI.
230 ff.^ des Näheren beschriebenen Marmorsculpturen ^ Auf
diesen wird der Kampf mit dem Minotaurus dargestellt . ferner
wie Hercules die Schlangen erwürgt, sowie die Überwindung des
pvthischen Drachen 2). Die Bewohner von Xabulus kannten die
griechischen Mythen nicht — was war natürlicher, als dass sich
an diese bildlichen Darstellungen eine Localsage knüpfte von
dem oder den] gewaltigen Drachen der Vorzeit, dessen oder
deren I Überwindung hier verewigt war, und dass hieraus die
lierleitung des Namens Näbulus aus ?iäb entstand .'
Ahnliches kommt auch sonst vor. So erzählen die Perser
'bei Hamza Isfahäni ed. Gottwaldt p. t^l), dass Kai Chosru
einen Drachen, der grossen Schaden anrichtete, besiegte und zur
Erinnerung hieran einen Feuertempel errichtete, der unter dem
Namen Kiischid bekannt Avar, von dem Berge gleichen Namens,
auf dem der Drache hauste.
Dergleichen trägt natürlich zu dem Ruhme eines Ortes Vie-
les bei, und so ist vielleicht der Ursprung jener Sage bei den
Samaritanern zu suchen.
Auch sonst ist bei dem, was Kazwiui berichtet, samaritani-
^cher Eintluss nicht zu verkennen. So heisst es in derselben
Stelle ferner: »Daselbst ist ein Berg, von welchem die Juden
sagen, dass auf demselben Abraham — mit dem der Friede sei —
auf Gottes Geheiss seinen Sohn opfern wollte — nach ihrer
Meinung Isaak»^). Unter diesem Berge kann nur der Garizim
gemeint sein, den die Samaritaner — wie früher bemerkt wurde
1] Bemerkenswerth ist, was Abulfeda p.ff!; unter der Kubrik lJ^-^»"^»
.\x_»-i j.^s-D^t aus dem'Azizi anführt, dass nänalich Jerobeam der Begründer
des samaritanischen Cultus gewesen sei, insofern als er auf dem Berge bei
Xabulus einen Tempel errichtete, damit man dorthin und nicht nach Jerusa-
lem wallfahre.
2, Vgl. hierzu die unten folgenden weiteren Bemerkungen Dr. Schkei-
ber's über den Stein von Näbulus. Die lled,
■i Baidawi zu Sur. Sl , lol ;II, p. Ivo, Z. t*. ff. führt einen Ausspruch
Muhamed's an, in welchem sil^ -i^'^ als Epitheton Isaak's vorkommt; im
13:;
(ZDPV. VI, 19S, Note) — mit dem Ikrge Moriah identifizircu.
Dieselbe Identilizirung Hegt ■wahrscheinlich auch zu Grunde,
wenn es in dem vorhergehenden Satze heisst, aiisserluill) der
Stadt sei ein masdsclmh in Avelchem der Sage nach Adam sein
Gehet verrichtete i) . Den Garizim erwähnt Kazwini übrigens im
letzten Satze (in -welchem auch einer bei den Samaritanern in
hohem Ansehen stehenden C4uelle gedacht wird) als einen Ort der
Anbetung mit den Worten : ^.^-S , ^♦^j^.xL/^L' bjiLc c>^aj Uj». »und
dort haben die Samaritaner ein liethaus, das Karizim (Garizim)
genannt wird« ^j .
Samaritanische Anschauungen geben sich aber auch in and-
ren Stellen Kazwini's kund. So heisst es (I, (iv) unter chchebel
für : »Es ist das ein Berg, der bei Näbulus sich erhebt (Näbulus
beherrscht) ; bei den Juden Avird er hoch verehrt und Juden wie
Samaritaner wallfahren zu ihm, und sie behaupten, dass Abraham
von Gott den l^efehl erhielt, auf diesem Berge seinen Sohn Isaak
zu opfern, und dass er auch in der Thora erwähnt werde«.
Dschehel et-tiir ist die heutige Benennung des Berges Tabor
sowohl als auch des Sinai, welcher letztere in der danach be-
nannten 52. Sure (Vs. 1) als et-tür vorkommt. Bei Kazwini (I,
allgemeinen aber ist — wie aus derselben Stelle Baidawi's ersichtlich ist — die
Ansicht vorherrschend, dass nicht Isaak, sondern Ismael zum Opfer bestimmt
war, wie denn auch i^liAÄj!_j.j5 die gewöhnliche Kunje Ismael's ist. Die ver-
schiedenen Meinungen werden übrigens bei et-Tabari angeführt (Annal. I,
fi'ff.j und ebenso bei Ibn el-Atir (ed. Thornberg I, av ff.).
1; In den jüdischen Schriften heisst es, dass Adam nach seiner Vertrei-
bung aus dem Paradiese auf dem Berge Moriah gewohnt und die Doppelhöhle
(Gen. 23, IT) sich zur Begräbnisstätte gewählt habe (Pirke R. Eliezer cap. 2ü
und c. 36, Jalkut Gen. § 34 Ende). Die von PtiTTER 'Erdkunde XVI, 211)
auf HiERONYMUS zurückgeführte Erklärung von Kirjath Arba Gen. 23, 2.
Jos. 14, 15 fd. i. Hebron) als Civitas quatuor, weil dort vier Personen —
oder vier Paare — darunter Adam und Eva, begraben seien, ist haggadischen
Ursprunges Erubin 53*, Bereschith llabba, sect. 58, Pirke R. Eliezer c. 2U).
Auch in den Schriften der Syrer wird erzählt, dass Adam auf dem heiligen
Berge eine Höhle (die »Schatzhöhle") zum Bethause für sich und seine Nach-
kommen geheiligt habe und auch dort begraben worden sei (die Schatzhöhle
ed. C. Bezold, p. 7 fi'., Eutychius Annal. I, 19 ff). Es ist aber fraglich, ol) unter
diesem heiligen Berge der Berg Moriah gemeint sei oder der Hermon, wel-
chen letzteren Abulfaradsch ausdrücklich nennt ^Chron. Syr. p. 4).
2) Bei dem Worte *^,-^ hat ohne Zweifel eine Versetzung des diakri-
tischen Punctes stattgefunden, es muss heissen f»;J.-^.
134
Ha hcisst derselbe ihcluhel tür sinü : Abulfeda Geogr. p. 11) sagt
unter dschehcl ef-tür. nach dem Muschtarik sei tia- ein hebräisches
Wort in der Hedeutung Berg, das aber auch zur Bezeichnung
einzehier Berge diene' : Avie z. B. tUr zeita^ der Name eines Ber-
ges nahe bei Käs 'ain und eines anderen bei Jerusalem — den
letzteren erwähnt auch KazAvini I, Hv -y —: ?^«r heisse ferner ein
Berg, der Tiberias beherrscht Tabor;. iexnex d.ex tür s'mä^ über
dessen Lage, sowie über die ]5edeutung des Wortes sinä ver-
schiedene Ansichten herrschen, ferner der tür Juirün: letzteren
erwähnt auch Kazwini (I, IIa; . Der Bedeutung des Wortes tür
gemäss gebraucht übrigens Abulfeda (p. v.) das AVort dschebel zur
Bezeichnung des Taurus.
Wenn nun aber Kazw^ini den Berg in der Nähe von Näbulus
ilschehel für nennt, so kann darunter doch nur der Berg Garizim
gemeint sein : -wahrscheinlich stammt diese Benennung von den
Samaritanern her, die den Berg Garizim — analog dem Sinai —
als den Berg v.o.-: i;o/T]v benennen.
Bei KiTTER (XVI, G3S^ heisst es: »Den Garizim nennen die
Eingebornen noch heute, wie schon seit älterer Zeit el-Tür; denn
schon im Leben Sultan Saladins von Bohaeddin wird er Tourum
genannt ; nur die Samaritaner kennen den antiken Namen Gari-
zim »»den Berg des Segens Grisim und den l^erg des Fluch>
Ebah«', "wie beide schon von Mose genannt werden (5. B. M. 11.
1, Vgl. Muschtarik ed. Wüstenfeld p. I'lv. In Sur. 52, 1 bemerkt Bai-
dawi ^11, p.fvvj : iLoLj,.»i^lj J^x^i jjia,!^, was nun allerdings genauer ist.
2; Kazwini erwähnt gleichzeitig, als in der Nähe des tür zeiia befindlich.
den tcädi ihvhahannani. Es ist das also eine Verwechslung des ursprünglichen
bildißcheu ZT ^i mit dem talmudischen njn: (syrisch s<:n; , -wovon Feswct ,
welches letztere AVort , sowohl der Form wie auch der Bedeutung nach, als
thchahunnain im Koran Aufnahme gefunden hat. Zu dschahunnam Sur. 2,
202 Ijcmerkt Baidawi, es sei ein arabisirtes Fremdwort, was insofern bemer-
kenswerth ist, als Baidawi die Wörter hebräischen Ursprunges gewöhnlich
aus dem Arabischen zu erklären sucht. Im Muhit al-Muhit (s. v. (•-^>, !■
XS\, werden ausser der Stelle Baidawl's noch andere Erklärungen angeführt,
darunter auch die, dass j*-*-^ zusammengesetzt sei aus ic^> Thal und ^y^.
dem Namen eines Mannes. Gleichzeitig wird, als in der Nähe Jerusalems be-
findlich, der ^y^ c?-^'i nicht (•-S7>! erwähnt, woselbst man in alt^r Zeit
dem Moloch, dem Gott der Ammoniter, geopfert habe.
135
29)«. Das, Avas Ritter ferner über Gari/ini und Nabulus mit-
theilt. beruht ^iunieist auf den Berichten Kobinsox's und "\Vil-
sox's (The Lands of the lUble . Dass der Führer Wilson's ein
Samaritaner war, ersieht man schon aus seiner Erwähnung- des
muhdl^ sowie daraus, dass derselbe auf dem Garizim seine Schuhe
auszog, »weil es seinem Volke verboten, diese Stelle, die heilig,
mit Schuhen zu betretene und Avenn eine Stelle als die heiligste
bezeichnet wird, weil da die Stiftshütte des Herrn gestanden
(S. ()43j\. Samaritanisch ist auch die von Wilson (S. 642 er-
wähnte Kenisah Adam nahe dem Gipfel des Garizim. die also
dem von Kazwini erwähnten muschcliid entspricht -j . Ebenso
entspricht es den oben angeführten Stellen Kazwini's (I, llv II,
iAfi, wenn es ferner heisst (S. 643): »Nahe dabei zeigte man die
Stelle, wo Abraham auf Jehovahs Gebot habe Isaak opfern wol-
len (1. B. M. 22, 2); man nannte sie Ha-araz Moriah«'^].
1) Auf dei'selben Seite (ö43ff.) werden die Samaritaner ausdrücklich ge-
nannt : "... in der Nähe nannte man eine kleine Quelle Naji, bei der ihr
grosser Prophet erscheinen werde. Als man zur vermeintlichen Stelle von
Abrahams und Isaaks Opfer kam, gaben sie die Entfernung von Bersaba hier-
her auf drei Tagereisen an«. Unter dem ferner erwähnten Fluss Saht — von
welchem die Samaritaner sagten, dass jenseit desselben auch Samaritaner
■wohnen , dass er aber nur am Sonnabend passirt werden könne — war der
Nähr saht oder vielmehr der Sambatjon (Buxtorf s. v. ^ino, col. 14 IT ff.] ge-
meint, wie ich das an einer andren Stelle (ZDMG. XXIII, 629; nachgeM'iesen
zu haben glaube. Auch Kazwini (I, 5a.^ erwähnt — nach dem Tohfah Algha-
raib — einen Nähr es-sabt in Spanien (Audalusj , der nur am Sonnabend be-
fahren werden kann, weil er nur an diesem Tage ruhig fliesst.
2; Die an derselben Stelle erwähnten Marurim, d. i. bittre Kräuter, sind
nicht spezifisch samaritanisch. Diese »bittren Kräuter«, die -"^"""^ des Penta-
teuchs (Exod. 12, S. Num.9, llj, bilden auch heute noch in allen jüdischen Fa-
milien einen wesentlichen Bestandtheil der häuslichen Feier des Pesachfesles
(wenn auch natürlich ohne Opfer; am Abend des 15. Nisan.
:j, Es sei mir bei dieser Gelegenheit gestattet, eine irrthüniliche Angabe bei
RlTTEK zu berichtigen. A. a. O. S.650 werden, nacli 'WiL.sON, die Glauben.s-
artikel der Samaritaner aufgezählt , darunter auch : Garizim ist die Kibla
jakün jöiii bl-kijämat ica ' d-deinütiat , »da wird einst am jüngsten Tage die
Auferstehung sein«. Dieses »da« mus.s man auf Garizim beziehen; wie man
aber aus dem arabischen Original ersieht, ist hier keine Ortsbestimmung an-
gegeben , sondern es wird als Glaubensartikel ausgesprochen , dass dereinst
ein Tag der Auferstehung und des Gerichtes sein werde. Allerdings über-
setzt "Wilson The Lands of the Bible II, iS, »There will be a day of resur-
rection«, aber dieses »There« ist kein Ortsadverb, sondern gehört zu der be-
kannten englischen Kedeweise für unser »es giebt«.
Die l)reifiissl)asis von ^siibiiliis.
Von Tli. Schreiber in Leipzig i).
Hierzu Tafel III).
Den im vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift abgedruckten
Mittheihnigen über die neugefundene Dreifussbasis von Nabuhis
füire ich, nachdem mir die damals noch fehlenden Abklatsche der
Inschriften zu Händen gekommen , einige weitere Bemerkungen
hinzu . Avelche jedoch nicht Anspruch darauf erheben , die ver-
schiedenen, durch dieses interessante Denkmal angeregten Fragen
abschliessend zu behandeln.
Die Beischriften der Reliefdarstellungen bestätigen mit einer
Ausnahme die früher von mir gegebenen Erklärungen. Aufweite
1> , die wegen des reicheren Ornamentschmuckes am unteren
Rande und wegen der sehr sinnreich zusammengestellten Bilder
s. unten) gewiss ursprünglich als Hauptseite gedacht war, liest
1 Durch die gütige Vermittelung des Herrn Pastor Lic. Dr. Reinicke
ist die Redaction in den Besitz des Materials gekommen , auf Grund dessen
die in ZDPV. VL, p. 230 ff. erwähnten Skulpturen genauer bestimmt werden
konnten. Auf die Bitte des Herrn Pastor Keinicke hat nämlich zuerst Herr
F.vLLSCUEER, Missionar in Nabulus, einige Abklatsche und Zeichnungen der
Inschriften angefertigt. Diese kamen im Laufe der Monate März und April in
die Hände der Redaction. Dazu kam Anfang Mai noch ein Al)klatsch, den
Herr Prof. W. A. Xeimann aus AVien -während seines Aufenthalts in Xabu-
lus von dem Stein genommen hatte. Mit Hülfe desselben ist es Herrn Dr. Tu.
ScHUEiBER gelungen, die Bei- und Inschriften des Denkmals , so weit sie er-
halten sind, zu lesen und seine vorläutige Deutung desselben (a. a. O.) durch
die obigen Mittheilungen zu vervollständigen. Herrn ]3r. Tn. Schreiber
Hpreche ich meinen besten Dank für seine Bemühungen aus und bemerke
noch , dass der Lichtdruck der Tafel III nach den mir von Herrn Pastor Lic.
Dr Rei.vicke übersandten Photographieen herge.stellt worden ist. H. GUTHE.
137
man in grossen, jetzt auch im Lichtdruck deutlich utMdenden
Buchstaben tpocpoi über der einen der erschreckt zur Seite fah-
renden ^Yärterinnen , daneben 'II paxX^? über dem schlangenwür-
genden Knaben. Im Streifen darunter steht 6-/)3£u; und yvujoio-
[xara über der Figur des Heroen und dem von ihm emporgeho-
benen Felsblock. Aithra und ihre Hegleiterinnen sind unbenaunt
geblieben. Auf Seite C bezeugen die JJeischriften (von links nach
rechts) Aprsiii? 'AttoA^iov .V-/]tuj den apollinischen Dreiverein, den
schon die vom Pfeil durchbohrte py thische Schlange daneben kennt-
lich machte. Die Kampfscene darunter ist ra Trspi tov Mstvajrauoov
überschrieben. Unklar blieb, so lange nur nach der kleinen photo-
graphischen Aufnahme zu urtheilen war, die Bedeutung des un-
teren Bildes der dritten Basisseite (A). Ich rieth, weil ich in den
Händen des siegreichen Heroen zwei Keulen , seine eigene und
die des überAvundenen Gegners zu erkennen glaubte , auf The-
seus und Periphetes. Die Beischrift, deren Anfang unlesbar ge-
worden, nennt aber ta iztrA] tov ' A^^säwov, und mit dieser Erklärung
werden nun auch einige Züge des Reliefs in der Photographie noch
verständlich. Der sehr bestossene Kopf des getödteten Acheloos
Avar offenbar ein Stierkopf, was zwar nicht die gewöhnliche, be-
sonders den Vasenmalern geläufige Bildung ist, die vielmehr Men-
schenkopf und Stierleib vereinigte (O.Jahn, Archaeol. Zeit. 1S62,
S. 3 1 3 ff.) , aber sich einigemale auf Münzen von Metapont und auf
einem geschnittenen Stein (ebd. Taf. 168, Fig. 3.4.13) nachweisen
lässt. Aus der rechten Schädelseite ragt das eine, erhaltene Stier-
horn hervor, das andere, im Kampf von Herakles abgebrochene,
ist die Beute des Siegers geworden und wird von diesem trium-
phirend im linken Arm gehalten. Die nicht benannten Musen
stimmen das Siegeslied an. Mit dieser Erklärung schliesst sich
jetzt der Kreis der an der Basis aneinandergereihten Darstellun-
gen enger aneinander. Es sind dUXa von Göttern und Heroen,
in der unteren Reihe solche des Theseus und seines alter ego, des
Herakles, mit dem er in Sage und bildender Kunst so viele Züge
gemein hat. Beide sind an der Hauptseite mit ihren ersten Tha-
ten übereinandergestellt. An den Nebenseiten treten sie in der
unteren Reihe mit zwei Abenteuern über Gegner derselben Art,
• stierköpfige Halbmenschen, in Wettstreit, links Herakles als Sie-
ger über Acheloos , rechts Theseus im Kampf mit dem Minotau-
ros. Auch die Bilder der oberen Reihe sind durch ähnliche Motiv-
138
aiikUinge miteinander verbunden, nämlich durch die Schlangen,
die in allen drei Reliefs ihre Kolle spielen, zweimal als Gegner
und im oberen Bilde der Seite A als treue, dem Willen der Deme-
ter dienende Gehülfen. Zu dieser letzteren Scene ist keine er-
läuternde IJeischrift hinzugefügt. Dafür trägt der obere Rand der
Uasis hier die folgende metrische "Widmung . von welcher die
erste Zeile völlig verloren gegangen ist :
— ovioc Or^XiV 'Ariiioo: sx/oti-ba;,
OojVcXcV £V TplT:0&333!.V apl37£U£3X£V ClTtaaiV
xaXXci xod [X£Y£i)£t xat }(af(iaiv 7:[>o<p£p(uv.
5 rop-'U)i xal Aiovuao; a-(6iKksxai, xai ti yi^r^iiEv
Tov TpiTToo £i3opo(üv, ou 'üaTpo; i'r(zvi~r^c.
Der Marmor trug also seiner Form entsprechend einen Drei-
fuss, den der Stifter aus Athen mitgebracht hatte und dessen
Eigenschaften mit volltönenden Worten gepriesen werden. Die
Erwähnung des Dionysos lässt vielleicht darauf schliessen, dass der
Dreifuss bei den dionysischen Agonen gewonnen wurde. Damit
könnte auch der Bilderschniuck der Basis, die Zusammenstellung
göttlicher und heroischer ailÄa, einigermassen in Einklang ge-
bracht werden. An welcher Stelle die Figur derGorgo angebracht
war, ob als Aufsatz der Henkel, Avie an olympischen Beispielen
(FuRTwÄNGLER in den Abhandl. der Berliner Akad. d. Wiss. IS 79.
S. 15. Fig. 3), als Schmuck des Einsatzringes des Kessels oder
etwa als Innenbild des letzteren , ist nicht auszumachen. Jeden-
falls bestand aber der künstlerische Werth des Geräthes in diesem
angehefteten Zierrath und lenkte daher den Blick zunächst auf
sich, etwa wie bei den drei, in den Monumenti dell" Institut© 1837
tv. 42 publicirten, vulcenter Dreifüssen, deren einer zu den Wor-
ten des Epigramms die beste Erläuterung giebt. Die höchst ein-
fach gebildeten Erzfüsse tragen hier an der Ansatzstelle des Kes-
sels abwechselnd zwei ornamental verbundene Pegasosköpfe und
je eine nach rechts laufende Gorgone. Ganz ähnlich ist auch der
Dreifuss in Mon. delF Inst. 1S62, tv. 69. Interessant ist die Be-
zeichnung EvYövi-rr^; »eingeborner Sohn« von Dionysos, dem aus
dem Schenkel des Zeus geborenen Gotte. Die Inschrift auf der
abgeschrägten Kante ist leider in den mittleren, für den Sinn ent-
scheidenden Zeilen sehr verstümmelt. Zu entziffern ist nur
noch :
139
MÄYPnYp
POCM...
NOCTtüN
to
5 .e.lTGYC
AGHNAIOC
BOYAeVTHC
TONTPino
AAenoiei
Auf der zweiten Zeile scheint der letzte Buchstabe O oder
to zii sein, Z. 3 am Anfange eher N als M , Z« 5 könnte in der
Lücke zwischen G nnd I der Buchstabe A gestanden haben,
Schriftformen nnd Name des M. Aur.Pyrrhus weisen etwa auf die
Mitte des 2. nachchristlichen Jahrhunderts, und dieser Zeit -ist
auch die Arbeit derEeliefs angemessen. Zu der Schlusswendung
AÖr^vaio? I ßouXöutrjC | tov rpi'-o | oa STroist vgl.WADDiNGTON, Inscr.
Asie min. nr. 1966a. 2023. 2081 u. s. av. Dass die Beischriften der
Figuren etAvas bessere Formen zeigen als die der Widmungen und
dass für die metrische Inschrift nicht die Hauptseite (B) der Ba-
sis gewählt ist, genügt Avohl nicht zu dem Schluss, dass Basis
und Dreifuss nicht gleichzeitig entstanden seien. Ich möchte
annehmen, dass erstere bei einem Steinmetzen in Athen (attisch
sind die Motive einzelner Figuren) fertig gekauft und mit dem
Dreifuss nach Syrien gebracht worden ist.
Bemerkniiiieu üLer Aiitliedoii und Muutär.
(Zu S. 1 ff. dieses Bandes].
^'ün Th. Nöldeke in Strassburg und J. Oiltlemeister in lionn.
Herr Gatt hat lid. VII, 5 ff. dieser Zeitschrift die Lage des
aken Anthedon in einer ßviinenstätte NW. von Gaza und seinen
Namen in deren fast schon verschollener Benennung Teda
(Teda?) wiedergefunden. So weit ich urtheilen kann, ohne eine
vollständige Untersuchung angestellt zu haben, ist seine Beweis-
führung überzeugend. Nicht aber kann ich mich der in einer
liedactionsnote ausgesprochenen Meinung anschliessen , dass
Eutychius mit q»3u denselben Ort meint. Die Laute würden
freilich vortrefflich stimmen. qj^Lj", wofür es uatürlich freisteht.
Q.iwi zu punctiren, könnte den Laut Thodhön bezeichnen, d.i.
'l'Avjlir^ocüv. Etwas bedenklich macht aber, dass Eutychius a. a. O.
den Ort in derllichtung von Gaza nach demHidschäz, d. h. etwa
südöstlich von der Stadt . liegen lässt. Aus der Himmelsgegend
kamen ja auch die streifenden Muslime , die an dieser Stelle den
kaiserlichen Truppen ein Treffen lieferten. Der Ort des Gefechts
heisst bei Belädhori 109') ,^jb. Dass Jäqüt diese Aussprache fest-
stellt, beweist übrigens nichts, als dass er den Namen so in seiner
Handschrift geschrieben fand. Von Anthedon führt uns diese
I-'orm schon etwas weiter ab. Nun wissen wir aber aus dem sy-
rischen Chronographen Land, Anecd. I, 17. dass dieses Treffen
Ereitag den 1. Schebät 945 (Seleucid.) Ind. VH. d. i. den 4. Fe-
l)ruar 03 4'-;, und zwar 12 Millien (istlich von Gaza stattge-
1 iJei Tabari (ed. Kosegarten; fehlt das Gefecht. Il)n Athir 11. ."i 10 hat
08 aus einer andern Quelle eingeschoben.
2, Also noch im Jahre 12 d. H. Da das Jahr 13 schon am 7. März 0:34
141
funden hat; das stimmt zti Eiitychms. Ein Ort 3 .Stunden öst-
licli von Gaza kann aber nicht mit einem eine starke Stunde
nordwestlich- davon gelegenen identificirt werden. — Der wirk-
liche Name des in der einen Quelle q*,<:>\^, in der andern ^b
genannten Ortes steht nicht fest.
Mnntär ist ohne Zweifel «BeobachtiinsTsort , Wache« oder
j)\Yarte« vom aramäischen NTR, das schon sehr früh ins Hebräi-
sche zn dem althebräischen NSR aufgenommen ist und in ver-
schiedenen Ableitiingen auch von den Arabern adoptirt wurde.
Zufällig linde ich auf der Karte des Pal. Expl. F. noch ein Mun-
tar el baghla, nicht sehr weit OSO. von Gaza. Ein Diminu-
tiv davon ist al-Muneitire . Name eines Ortes im Libanon
(Socix-BÄDEKER 409}. Von derselben Wurzel abgeleitet ist der
Name des Wädi Ntara in Galiläa (eb. 277). Auch das bekannte
Latrvin (Robinson III, 869 ^^•ir^'^; 03/^-^' Raudatain II, 88;
Q.^I und Q»--^^ Jäqüt) gehört wohl hierher. Es hat sicher
nichts mit dem Schacher latronem zu thun, denn die in
der Zeit der Kreuzzüge üblichere Form istj^»,LÄj! an-Natrün
(Bohäeddin passim; Raudatain passim ; Ibn Athir 11, 361; 12.
4 7 f.). und der Ort erscheint sogar schon kurz vor dieser Periode,
also ehe an einen solchen lateinischen Namen in Palästina zu
denken ist, in Näsiri Chosrau's Reisebuch (ed. Schefer) 19, und
zwar in der Entstellung Qj.jLi> ; darin Avird man etwa Q^r^ oder
vielleicht ijrjj wiederfinden (der Perser mochte o für J^ setzen).
Also wird wohl auch dieser auf einem Hügel gelegene (Socin
13) Ort vom »Aufpassen« benannt worden sein. — Noch weise ich
darauf hin, dass der arabische Name der römischen castra in
Syrien zur Beobachtung der Beduinen manzara, pl. manazir
war, von der dem aramäischen NTR genau entsprechenden ara-
Wurzel NZR.
Strassburg, 29. April 1884.
Th. Nöldeke.
begann, so begreift man, dass die Überlieferung das Treffen gern ins Jahr 13
legt. — Vergl. noch Theophanes Bonn) 516; Baethgen, Fragm. syr. u. arab.
Hist. 15, und besonders de Goeje, [Nlem. d'liist. et de geogr. III, 25. wo schon
die syr. Stelle herangezogen ist.
142
Dass Anthedon nördlich von Gaza gelegen , folgt nicht aus
Plin. \'. 14, der es sogar in das Binnenland setzt, nicht sicher aus
Jos. XV. 7.3, der XIII. 15, 4 eine andere Eeihenfolge hat,
eben so wenig aus Ptolemaeus , -wegen der Varianten in den Mi-
nutenzahlen, wohl aber liegt ein unzweideutiges Zeugniss bei
Theodosius § IS vor. Das nun glücklich entdeckte 'tX-ö' tedä, (idä,
ist den arabischen Geogi-aphen Bekri 'c. lOSO Chr.), der es aller-
dings südlich von Gaza setzt, und Idrisi (c. 1150' wohl bekannt;
vgl. den Nachweis beiüEGoEjE, der es schon mit Anthedon iden-
tificirt hat. zu Mokaddasi p. 155. Des Eutychius tädTin, das er
nach sonstiger analoger Schreibart wohl fedün aussprach , kann
ohne Zweifel aus Anthedon verderbt sein : aber dann in-te er,
wenn er es als Ort des Treffens von 632 bezeichnete. Die Araber
nennen den Ort dätin Belads. 109, 8 oder dätina Tabari II, 114,
ITKoseg. , Theophanes 276 P, 332. 13 de Book an einer cornip-
ten Stelle, über deren Varianten de Boor und früher Tafel,
Wiener Sitz.-Ber. IX IS 52 S. 140 zu vergleichen sind. Aaf>i-aov
oder AaDiU. . . ; es lag nach dem s. g. Liber chalifarum bei Land,
Anecd. Syr. 117. 11 'um 750 Chr., der Name ist hier leider ver-
derbt' 12 röm. Meilen östlich von Gaza. Dies passt auch besser
zu den strategischen Verhältnissen, als dass die von Südost oder
Ost kommenden Araber die Festung Gaza umgangen und den
von Caesarea her anrückenden Eömem eine halbe Meile nördlich
von ihr, sie im Rücken, ein Treffen angeboten haben sollten.
Bonn. 2. Mai 1SS4.
J. Gildemeister.
Beiträge zur Palästiiiakuiule aus arabischen Uuelleu.
Von J. Gildemeister in l^omi.
(Vgl. ZDPV. IV, p. S5 ft'. VI, p. 1 ff.
4. Mukaddasi.')
(151) Syrien ist ein Land von grossem Belang, der Aufent-
halt der Propheten 2), das Centrum der Frommen, die Heimath
I) El-MukaddasT 'Makdisi), wie nunmehr bei uns hergebracht ist, el-Bas-
schäri. auch Ihn el-bannä, wie ihn die Araber nennen , mit eigentlichem Na-
men Abu Muhammad 'x\bdalläh Ibn Ahmad, in Jerusalem aus einer dort seit
längerer Zeit angesiedelten Architectenfamilie um 366 (947/S:i geboren, machte
weite Reisen als Gelehrter und Geschäftsmann , wie sich das bei aral)ischen
Gelehrten verbindet, und verfasste 375 (985/6) eine Beschreibung der islami-
schen Länder, die sich vor allen arabischen Geographien durch den Reich-
thum der Beobachtungen und Gesichtspuncte auszeichnet. Man kannte 'das
im Orient offenbar wenig verbreitete Buch (den Verfasser nennt keins der so
zahlreichen biographischen Register) nur aus wenigen Citaten ; namentlich hat
Jäküt , der ihn el-Basschäri nennt , manches , darunter einen grossen Theil
seiner Beschreibung von Jerusalem , copirt und diesen WtJSTENFELD Jäcüt's
Reisen ZDMG. XVIII, 1S64, S. 462 ff. , übersetzt. Das vollständige Werk
ward von Sprenger wieder aufgefunden und existirt in zwei Recensionen,
deren jede von einer Handschrift (BC) repräsentirt wird. Nach diesen stellte
DE GOEJE 1S76 eine musterhafte Ausgabe her und gab 1S79 in dem Glossar
Erläuterungen schwieriger, namentlich technischer Ausdrücke, die bei nach-
folgender Übersetzung dankbar benutzt sind und ohne die sie sich nicht so
sicher hätte liefern lassen. Die Übersetzung, in der wegen des eigenthümlich
zerhackten Stiles des Originals einige leichte Umstellungen im Satzbau noth-
wendig waren, will so wörtlich wie möglich sein, auch in der Art die Aus-
drücke thunlichst mit denselben Worten Aviederzugeben. So ist dschämt im-
mer durch Hauptmoschee übersetzt, minhur durch Kathedrale, masdschid
Ztschr. d. Pal.-Ver. VU. 10
144
der nicht aussterbeiulen Heiligen, der Fundort der (religiös) ^'er-
dienstreichen. Hier sind die erste Kibla, der Platz der Auf-
erstehung \un\ Muhammads nächtlicher Reise, das heilige
Land-*' . verdienstliche Wachtposten, ansehnliche Grenzfestun-
5 gen. hohe IJerge, das Land -nohin Abraham auswanderte und wo
sein Grab ist. der Aufenthalt Hiobs und sein Brunnen 3), der
Mihräb ' und das Thor Davids, Salomos Wunderbauten und
Städte. Isaaks und seiner Mutter Grabstatt, des Messias Geburts-
ort und seine Wiege, Sauls Stadt und Fluss^, der Ort wo Go-
loliath oretödtet ward und sein Schloss^'j. Jeremia's Cisterne und
Gefängniss. die Moschee und das Haus Uria's ß; , Muhammads
Kuppel und Thor' , der Fels Mosis. der HügelJesu ^} , der Mih-
räb des Zacharias'' , die Taufstätte ^o) des Johannes, die Capellen
der Propheten , die Dörfer Hiobs , die Stationen Jakobs , die
löäusserste Moschee, der Ölberg, die Stadt Akka^\ . die Capelle
des Siddl/iä^'-j, das Grab Mosis, Abrahams Lager- und Begräb-
nissstätte, die Stadt Askalon, die Quelle Sulwän^^i, der Ort Lok-
mans'\, das Wädi kanaän'^'^). die Städte Lots, der Ort der
durch Moschee, maschhad durch Capelle, ribät durch Wachti^osten (obschon
hierin der sich allmählich bildende Begriff des klösterlichen Aufenthalts nicht
liegt . Besondere Schwierigkeit machen die architectonischen Termini, die.
wie die Vergleichung der Beschreibungen grosser Moscheen hei verschiedenen
Verfassern zeigt, durchaus nicht fest sind. Die sachlich wichtigen Zusätze der
Handschrift C und die auf anderen Seiten der Ausgabe vorkommenden Anga-
ben sind, letztere in spitzen Klammern , eingeordnet. Über die Bedeutung
des Sternes s. VI, 1 . not. 2. Nachdem die Arbeit vollendet war , erschien
Hrn. SCHEFEUS Sefer nameh, relation du voyage de Nassiri Khosrau. Par.
l&Sl, S., in welchem einige der interessantesten Stellen Mukaddasi's franzö-
sisch mitgcthcilt sind. 2) Der Anfang dieser Aufzählung bis zu dem
Wo.-t llahel ist, jedoch lückenhaft, in das Dschihän-numä p. 552 übergegan-
gen; HKh hatte eine Hand.schrift aus dem Jahr 41-1 benutzt. 2^1, Ko-
ran Sur. 5, 24. 3) Sur. 38, 41. 4) Sur. 38, 20. 5) Sur. 2, 250,
wo die Geschichte Gideons auf Saul übertragen ist. 6; Beide in Amman
6. u. p. 175 des Textes. Uria wird freilich auch nach Cyrrus versetzt bei Jä-
küt IV, 199. T; Das der Mughäriba 'Ulaimi p. 3S3. 8] Sur. 23, 52.
Der Verf. meint hier er-rubwa bei Damask, führt freilich S. 209 auch die Mei-
nung an, er sei in Ägypten. 9) Sur. 3, 33. 19, 12. 10) Nach dem
sonstigen Gebrauch des "Wortes : Ort des Andrangs zum "Wasser. 11, "We-
gen der hierher verlegten Quelle aus Sur. 55, (Ki. vgl. ' Ulaimi 407. 12, S.
u. p. ISb des Textes. 13, Die Sur. 55. 50 gemeint sein soll. 14] Im
Osten des Sees von Tiberias. Jäküt III 512, 18. 15) Bei der Hüla. Da-
gegen lesen B und Dschihän-numä wädil-mhn'in. das Thal des Belus.
145
Gärten >6j, die Betörte Omars, die Stiftung Utmans*"). das
Thor, von dem die beiden Männer sprachen ^^j, das Zimmer, in
dem die beiden Gegner waren i"') , die Mauer . welche zwischen
der Strafe und Vcrzeihimg ist 20), der (dem Himmel] nächste
Orf-i), die Capelle von Baisän^a)^ das wichtige und bemerkens- 5
werthe Thor kitta. das Thor der Posaunen -3, der Ort der Ge-
wissheit'^^^ , das Grab der Maria und Rahel, der Zusammenstoss
der beiden Meere ^s), der Ort, wo sich diese und jene Welt schei-
den, das Thor der Schechina, die Kettenkiippel, die Station der
Ka'ba^'J) zugleich mit unzähligen Capellen und ins Auge fallen- 10
den, Verdienst bringenden Eigenschaften, Früchte und reich-
liches Auskommen. Bäume und Gewässer, dieses und jenes
Leben. Hier erweicht sich das Herz und breiten sich die Arme
zum Gottesdienst aus. Hier ist ferner Damascus, das Paradies
dieser AVeit, sughar. ein Basra im Kleinen, das hübsche Ramla 15
mit seinem feinen Weizenbrot, das herrliche Aelia, wo keine
Noth ist, und himSi bekannt durch Productenreichthum und gute
Luft, des Gebirges von hifsra und seiner Weinberge (152) nicht
zu vergessen , das durch sein Einkommen und seine Dörfer an-
sehnliche Tiberias; ferner das Meer, das sich an ihm hin er-2u
streckt, auf dem zu ihm stets Waaren kommen, während das
Meer von Sina an seinem äussersten Saum ist. Es hat Ebene und
Gebirg und Senkungen und anderes, und an seinen Gränzen ist
die Wüste, die ihm zur Strasse nach taima dient. In ihm sind
Marmorbrüche und Droguen für jede Krankheit und Reichthum 25
und Handel und Eleganz und Gelehrte und Schreiber, Handwer-
ker. Arzte. Aber die Einwohner sind stets in Furcht vor den By-
zantinern und in Auswanderung begriffen, während die an-
stossenden Gegenden verwüstet sind und die Gränzvertlieidigung
zu Ende ist. Sie sind in Wissenschaft. Religion und Intelligenz 30
nicht wie die Perser; ein Theil ist abgefallen, ein Theil bezahlt
die Duldungssteuer; sie ziehen die Verehrung des Geschaffenen
16) Ob ebenfalls auf Sur. 55, 46. 62 zu beziehen? 17; S. u. S. 171
des Textes. 18j Kaleb und Josua vom Thore Jerichos. Sur. 5, 26.
19; Sur. 3S, 20, bei der Geschichte mit Uria. 20 Sur. 57. 13. 21: Die
sachra. Vgl. Zamachschari und die Dschalälän zu Sur. 50, 40. 22) Ob Avegen
der Quelle, die Sur. 55, 66 geraeint sein soll? 23 In der Felsenkuppel,
s.u. 24) el-jakln, s. u. zu S. 173 des Textes. 25) Sur. 18, 59.
26, Unten S. 170 des Textes Ort der Ka'ba genannt in der Moschee el-alysä.
10-
146
der ^'erc•hnmg des Herrn des Himmels vor, die Meisten sind Un-
wissende oder Pöbel, ohne Antrieb zum heiligen Krieg und ohne
Ehrgefühl wider den Feind.
Mau safft. dass Svrien schäm heisse. weil es der Ka'ba zur
5 Linken nördlich liege: nach anderen, weil man dahin in nörd-
licher Richtung geht-' ; nach anderen, weil darin rothe. weisse
und schwarze Bodentlecken sind. Die Iräkaner nennen alles, Avas
jenseits des Euphrat liegt, schdm. Und desshalb hat Muhammad
ihn el-hasan -^ den Ausdruck in seinen Aufzeichnungen in loser
!'• Weise angewandt : aber jenseits des Euphrat liegt nichts von
schäum, als allein der Bezirk von ki/masrln, *das übrige (jenseits
des Flusses liegende) ist die Wüste der Araber und schäm liegt
jenseits dieser (C p. 255: Die meisten Gelehrten sind dafür, dass
die jenseits des Euphrat gelegene Syrische Wüste zur Halbinsel
••^ der Araber gehöre, so z. B. Ez-zuhri^y* undAbüzaid el-balchi 3o) ,
und so hat dieser sie auch auf seinen Karten gezeichnet). Mu-
hammad drückte sich annähernd und nach dem gewöhnlichen
Sprachgebrauch aus. wie khoräsTin der Osten genannt Avird, der
doch auch jenseits Khoräsäns liegt, und schäm alles dem jamcm
20 (Südland^ Entgegengesetzte bezeichnet, da doch hidschüz dazwi-
schen ist. Wenn einer, um die Ansicht der Iräkaner zu bewahr-
heiten, sagt: du 31) kannst nicht leugnen, dass der Strich der
Wüste bis zu den Gränzen von Irak zu schcim grehöre , so ist zu
antworten : wir haben die Provinzen geschieden 32) und die Grän-
25 zen angeordnet, so dass wir nicht aus einer Provinz in die andere
gerathen dürfen. Und wenn man sagt: woher hast du, dass es
ursprünglich nicht dazu gerechnet ist \ so dient zur Antwort : die
Juristen des Offenbarungsgesetzes und die Leute dieser Wissen-
schaft sind darüber . dass das fragliche Land zur Halbinsel der
27 Vgl. Jäkut III, 240, 1. 2b Esch -schaibäni , der Schüler Abu
Hanifa's und eine der drei Autoritäten der Hauafiten, über den am ausführ-
lichten sehandeh haben Barbier ue Mey.x.vrd JAs. 1S52, XX, 4üÜ ff. und
Flügel, Hanef. Rechtsgelehrte 283. Für die Jurisi^rudenz hatte die Frage,
ob die sog. Syrische "Wüste zur Halbinsel der Araber gehöre, Bedeutung, da
für diese die Steuerverhältnisse andere waren. 29j Juristische .\utorität
vor Entstehung der grossen Schulen, gest. 124 (742). ."iO, Der oben
ZDPV. VI, 1 Not. erwähnte. 31; Der Sinn fordert nothwendig die zweite
Person. 32, In der Einleitung setzt Mukaddasi auseinander, dass er
Keine Eintheüung nach den natürlichen Verhältnissen der Länder gemacht.
147
Araber gehöre, nicht verschiedener Meinung, und wenn es einer
in strenarem Sinne zu Syrien rechnen -würde, so wäre es an uns,
ihm die von uns angenommenen Gränzen Syriens zu sagen , so
dass es mit diesem verbunden werden müsste; der Streit dreht
sich um das, Avas ihr hinzuthun wollt, und dem, w^elcher das Plus 5
behaui)tet, liegt der Beweis ob.
(152 unten) Wir enthalten uns der Erwähnung von Tarsus
und seines Gebietes, weil es unter den Griechen steht. ^3j
(154) Dies ist die Gestalt und das Bild Syriens auf um-
stehendem Blatt. 10
Wir haben die Provinz in sechs Bezirke getheilt ^^] , der
erste, Mesopotamien gegenüberliegende ist kinnasrln, dann fol-
gen/«'ms, ditnascJik. el-u)'dunn,ßlasßn, escJt-schai'dh. Die Haupt-
stadt von kinnasrin ist halah, und zu seinen Städten gehört antä-
kija^ hüUs ^ es-smvaidijja ^ smnaisät , manhidsch, hajjüs ^ et-tl-\ö
nät, hinnasrin^ mar asch ^ iskcmdarüna, laddscJnm. rafamjjali^
dschüsijci^ hamäli , schaizar , wädl hutnan , mdarrat en-nu man^
maarrat Jminasrin. Die Hauptstadt von hims hat gleichen Namen
und zu seinen Städten gehört sa/awiyya, tadmur^ el-chuncisira^ ka-
fartüh^ el-lädikijja. dschahala. anfarfßs, hulunjäs , Mm el-cha-20
wähl. Der Bezirk dimaschk hat gleichnamige Hauptstadt und zu
seinen Städten gehört (54 : därajjci) hänijüs. saidä, hairict, aträ-
bidus. 'irka und die Gegend des bikä' mit der Hauptstadt bdla-
bakk und den Städten kämid, ' ardschamüsch, ez-zahadänl. Damask
hat sechs Landbezirke : die ghüfa. haurän, el-haianijja. el-d schau- Ih
lern, el-bikü\ el-Mla. Die Hauptstadt des urdunn ist taharijja,
und zu seinen Städten gehören kadas, sTir (54 : el-farädija) ^ akkä^
el-laddschün^ kähul. baisrm, adricit. Die Hauptstadt xonßlasfm
hi er-ra7nla, und seine Städte sind hait el-makdis (155), hau
dschihriL gliazza, mlmäs [maimäs?], "askalän. jäfa. arsTif. kaisa-id
rijjah. nähulus. arihä. " ammän. Als Hauptstadt von esch-scharält
haben wir sughar angenommen; die Städte sind rnß'äZ». maan.
tahük, adruli^ icaila (= Ailah) madjan. (oi ' ainüna) . In dieser
33) Es folgt eine Erzählung über die nach Tarsus verlegten sieben Schlä-
fer, die dem gegenwärtigen Zweck fremd ist. 34 Dieselbe Aufzählung
etwas verkürzt, kam schon S. 54 vor, woher drei Namen zur Ergänzung her-
übergenommen sind. Dort werden die Orte von laädschün bis tcad'i hutnä)t zu
hims und ez-'zabacJäm richtiger zu Damask gezählt.
148
Provinz triebt es Dörfer, welche ansehnlicher und grösser sind als
die Städte Arabiens, wie dUrajJü, bait Uhjä. kafarsallUm^ kafar-
sühü, nur dass sie nach den Merkmalen der Dörfer zu diesen ge-
rechnet werden, wir aber in unserer Arbeit den gewöhnlichen
ö Sprachgebrauch befolgen.
Hahiöisteine treffliche, angenehme, befestigte Stadt, von Stein
erbaut und volkreich; die EinAvohner sind gebildet, wohlhabend
mid verständig. In der Mitte ist eine feste , ausgedehnte Cita-
delle. die Wasser hat. und die Magazine des Sultans, während
l'J die Hauptmoschee in der Stadt ist. Das Trinkwasser kommt vom
Flusse kmcaik , der zur Stadt in der Richtung zum Palaste des
Saifeddaula durch ein eisernes "Wasserrohr mit Gittern eintritt.
Das Schloss ist nicht gross, aber Residenz des Sultans. Die
Stadt hat sieben Thore : das von kims, rakka, kinnasrln, der .Ju-
15 den, \on' iräk, des Melonenhauses Truchtmarkts .') , von anfä-
kij'a . während das der Vierzig geschlossen ist. — Balis, der
Gränzpunct gegen er-rakka hin, volkreich. — Kinnasrin ist eine
Stadt, deren Bevölkerung dünn geworden ist. Nach der mir von
Abu bikr Muhammad ibn Ishäk ihn Chuzaima erzählten (1(>5)
20 durch sechs Glieder auf Amr ibn Dscharir zurückgehenden
Überlieferung hat der Prophet gesagt: Gott offenbarte mir: in
weichem dieser drei du dich niederlassest, das ist dein Auswan-
derungssitz, el-madina oder el-bahrain oder kinnasrtn. W^enn
man mich fragt, wesshalb ich als Hauptstadt des Bezirks /lalab
25 bezeichnet habe, während hier doch eine Stadt seines Namens
ist, so antworte ich : ich habe oben gesagt ^s] ^ dass die Haupt-
städte gleichsam Generäle und die sonstigen Städte gleichsam
Regimenter hier doch wohl : Regimentscommandeure) sind ;
nun darf man doch nicht halab bei seiner Bedeutendheit, der
;iO Residenz des Sultans und aller Behörden darin und antäkija bei
seinem Range und hZdis bei seiner Blüthe als Regimenter unter-
ordnen einer verwüsteten kleinen Stadt 3''].
IJhm ist die grösste Stadt Syriens mit einer über die Stadt
sich erhebenden Citadelle darin, die man von aussen sieht. Zum
^^ Trinken dient meist Regenwasser, es ist aber auch ein Fluss
da. Als die Muslimen es eroberten , nahmen sie die Kirche und
35 S. 47, S des Textes. 36) Einige dem gegenwärtigen Zweck
fri-mde Zeilen ausgelassen.
149^
machten die Hälfte davon zur Moschee ; neben dieser ist an dem
Markte eine Kuppel, aitf deren Spitze die kupferne »Statue eines
auf einem Fisch stehenden Mannes sich befindet, den«^"; die vier
Winde drehen; darüber wird allerlei Unrichtiges geredet. Die
Stadt hat grosse Schäden erfahren und ihr droht Ruin. Die 5
Bewohner sind Dummköpfe (35 wie in allen Städten, in deren
Namen der Buchstabe säd vorkommt, mit Ausnahme Basra s) (34-
sind schön). — Die übrigen Städte sind beschädigt und die Le-
bensmittel in ihnen wohlfeil ; die am Meer liegenden sind befe-
stigt; so auch tadmur, das gleichsam die Krone unter den Städten li)
Salomo's ist. Die Hauptstadt ist der Wüste nahe, geräumig und
wohlbeschaffen.
Dimaschlc ist die vornehmste Stadt Syriens und die Residenz
zur Zeit der Umajjaden, wo ihre Schlösser und Monumente sind.
Die Bauart ist Holz und Lehm. Um die Stadt ist eine Befesti- 15
gungsmauer , die , während ich da war , aus Lehm hergestellt
wurde. Die meisten Bazare sind überdacht, (157) es giebt einen
schönen unbedeckten Bazar in der Länge der von Kanälen um-
flossenen Stadt. Bäume umgeben sie, sie hat viele Früchte,
wohlfeile licbensmittelj Schnee und dergleichen. Nirgends sieht 2i)
man schönere Bäder, wunderbarere Springbrunnen, klügere
Leute. Ihre grösseren Thore , welche ich kenne, sind das von
el-dscliabija. das kleine, das grosse, das östliche, das Thomas-
thor, das Flussthor, das der mahamill (Verkäufer von Kameel-
sänften), (C : das Doppelthor). Sie ist sehr angenehm, nur dass 25
sie trockne Luft , viel Pöbel , geschmacklose Früchte , zähes
Fleisch, enge Wohnungen, dumpfe Strassen, schlechtes Brot,
enge Läden hat. Sie erstreckt sich auf ebenem Boden eine halbe
Parasange in die Länge und Breite.
Die Hauptmoschee ist das schönste, was die Muslimen heute 30
haben; nirgends sind höhere Werthe vereinigt. Die Umfas-
sungsmauern sind mit sorgfältig gelegten, grossen, eng aneinan-
der schliessenden Steinen aufgebaut und oben mit zierlichen
Zinnen gekrönt. Als Pfeiler dienten scliwarze, glatte Säulen in
drei sehr weit abstehenden Reihen ; in die Mitte, gegenüber dem 35
Mihräb, kam eine grosse Kuppel. Den Hof umgaben hohe Säulen-
37) Nach der einen Lesart dreht sich der Fisch , nach der andern der
Mann. Bei Idrisi und Jäküt ist es ein Scorpion.
150
g'
jiiuge n'uid, Arcaden mit Bogen [farch] darüber. Daim uurde
das Gauze mit Fliesen von weissem Marmor und die Wände bis
zu dupi)t'lt(.'r Mannshöhe mit gesprenkeltem Marmor belegt, von
dort bis zum Plafond mit farbiger iMosaik , in den vergoldeten
ö Tlieilen mit Figuren von liäumen und Hauptstädten und mit In-
schriften von äusserster Schönheit und Feinheit und Eleganz der
Arbeit ; selten ist von einem Haum oder einer Stadt die Kede, die
nicht auf dieser Wand abgebildet wäre. Die Capitäle waren mit
Gold überzogen, die Wölbungen [kantara] der Säulengänge alle
Kl mit Mosaik ausgelegt, die Säulen des Hofes von weissem Mar-
mor, die Wände desselben ringsherum und die Wölbungen und
ihre Bogen bildeten durch Mosaik lauter Zeichnungen und Figu-
ren. Alle Dächer waren mit Bleiplatten bekleidet \ind die Zin-
nen von beiden Seiten mit Mosaik. Zur Eechten im Hof stand
1 5 das Schatzhaus auf acht Säulen , die Wände mit Mosaik ausge-
legt, und im Mihräb und um ihn herum (158) Cornaline und
Türkise in Stücken so gross als es solche giebt ; zur Linken Avar
ein anderer Mihräb ausser diesem für den weltlichen Herrn. Sein
Inneres war schadhaft geworden und ich hörte, dass fünfliundert
2it Dinare verwendet sind . um ihn wieder zu dem. was er war, zu
machen. Auf der Spitze der Kuppel ist eine Citrone und über
dieser eine Granate, beide von Gold. Zum Wunderbarsten darin
gehört das Ineinanderpassen des gesprenkelten Marmors ; jede
Ader des einen Steins schliesst an die des andern ; und wenn ein
25 Sachverständiger ein Jahr dazu immer wiederkehrte , so würde
er jeden Tag eine andere Figur und Verschlingung finden.
Walid soll zum Bau Künstler von Persien, Indien, den West-
ländern und Byzanz versammelt und sieben Jahre lang darauf
den Grundsteuerbetrag von Syrien verwendet haben , sammt
:'0 achtzehn C ; einem] Schiffen mit Gold und Silber . die von Cv-
peni segelten, ausserdem was ihm der Kaiser von Byzanz [C : und
die Emire der Muslim an Edelsteinen und Geräthen und Mo-
saiken schenkten.
(C: Mosaik, fasZißsä,, ist etwas, das wie die Münzgewichte
35 aus Glas gemacht wird, gelb, grau, schwarz, roth, gefleckt;.').
\"ergoldete entsteht, indem auf die Oberfläche Gold und darüber
dünnes Glas gelegt wird. ; Dann wird Mörtel mit arabischem
Gummi durchknetet und auf die Mauer gestrichen : in ihn wird
ilie Mo.saik eingesetzt und zu Figuren und Inschriften eng ver-
151
blinden. Einiges wird ganz mit vergoldeten Steinen ausgelegt,
so dass die ganze Wand eine Goldfiäclie bildet.)
Öffentliche Thore sind vier: Südlich ^''^ das Thor el-harld^
gross, mit zwei Nebenthoren zur Rechten und Linken desHaupt-
thores ; jedes der drei wird durch einen mit vergoldetem Kupfer b
belegten Doppelfiügel gebildet. An dem Haupt- und den beiden
Nebenthoren sind drei Säulengänge, jedes von den beiden (? ob :
den drei?) Thoren öffnet sich in einen langen Säulengang, dessen
Wölbung auf Marmorsäulen ruht und dessen Wände in oben
geschilderter Weise bekleidet sind; alle Plafonds sind auf das ui
schönste vergoldet. In diesen Säulengängen ist der Platz der
Buchhändler und das Zimmer des Stellvertreters des Kädi. Dies
Thor ist zwischen dem überdachten Theil des Gebäudes und dem
Hof. Ihm gegenüber nach Norden ist das Thor dschairim^ nach
Art des beschriebenen , nur dass die Säulengänge in die Quere 15
gewölbt sind ; zu ihm kommt man durch einen Aufstieg, in dem
die Astrologen und dergleichen sitzen. JDas Thor es-saät (der
Stunden! in der östlichen Ecke des überdachten Theiles hat zwei
unverzierte Flügel und daran sind Säulengänge : in ihm sitzen
die Contractschreiber und dergleichen. Das vierte ist das Thor 2u
el-faräcUs, aus zwei Flügeln bestehend ; (159) es liegt dem Mih-
räb gegenüber in Säulengängen zwischen zwei Propylaeen [zijä-
datcmi] zur Rechten und Linken. An ihm ist ein Minaret, das
erneut 3'J) ist, ausgelegt wie beschrieben. An jedem dieser Thore
ist ein Ablutionsort, mit Marmor belegt, mit Cellen, in denen 25
Wasser quillt, und Springbrunnen kommen in grossen Marmor-
schalen hervor. Von der chadrä. dem Palast des Sultans, führen
plattirte vergoldete Thore zu der Maksüra.
3S; Die ürientirung ist sonderbar verfehlt. Es liegt an der "Westseite,
wie das Thor dschairtm (bei v. Kremek en-naufara\ an der üstseite. Das
Thor es-saät (bei Ibn Dschubair und Jäküt, sowie beiPOETER ez-zijäda, nach
v. Kremer heute es-surmajaUjJa) ist im westlichen Theil der Südseite und
das Thor el-far actis (heute el- amära nach v. Kreiier und Porter, es-stt-
maisat'i nach v. Kremer, en-nätißjjln , der Fruchtsaftverkäufer, bei Ibn
Dschubair, das jedoch Jäküt, ungeachtet auch er nur vier Thore zählt, von
dem Thor al-farädis unterscheidet; nördlich in der Mitte. 39 So wohl
zu fassen, da das an dem Nordthor liegende Minaret, heute el- arüs , als das
älteste gilt, wenn nicht MukaddasI eine Verwechslung mit dem südwestlichen
begeht.
152
Ich sagte eines Tages zxi meinem Oheim : Oheim. Wahd hat
nicht wohlg:ethan. dass er das Gut der Muslimen für die Haupt-
moschee in Damask ausgegeben hat; hätte er es auf Wege, Cister-
neu oder überhaupt: Haunerke) und Herstellung der Festungen
■»verwendet, so wäre das besser und verdienstlicher gewesen. Da
sagte er: beachte wohl^"], mein Sohn, dass er von Gott unter-
stützt und ihm eine wichtige Sache enthüllt gewesen ist ; er sah
nämlich , dass Syrien das Land der Christen war und dass sie
(hirin schöne Kirchen hatten , bewunderns-würdig geschmückte
1(1 und weit berühmte, wie dieKumäma und die Kirchen von Lydda
und Edessa, und unternahm für die Muslimen eine Moschee zu
bauen, um damit ihre Blicke von jenen abzulenken und dieselbe
zu einem ^y eltwunder zu machen. Du weisst, dass Abdalmalik.
als er die Grösse der Kupjiel der Kumäma und ihre schöne Form
15 sah, aus Furcht, dass sie auf die Muslimen zu grossen Eindruck
mache, über der Sachra (dem Felsen) eine Kuppel errichtete, wie
du sie siehst. C: In der Moschee ist eine Stelle, die jedes Jahr
geöffnet wird, worauf sich die ^Moschee eine Elle hoch mit Was-
ser füllt, und Mauern und Grund abgewaschen werden. Dann
•j() wird eine andere Stelle geöffnet , durch die alles Wasser ab-
tliesst.^ — Ich fand in einem Buche in der Bibliothek des 'Adad
ed-daula : die beiden Bräute der Welt sind Damask und Eai. —
Jahjä ihn aktam^') hat gesagt: es giebt auf Erden keine ange-
nehmere Orte als die drei : die Ebene von Samarkand, die Ghüta
25 von Damask und den Fluss von Ubulla. — Dimaschk hat erbaut
dimaschk ihn käni ihn mälek ihn arfachschad ihn säm 5 Jahr
vor der Geburt Abrahams. 'Asmai meinte, nein, sondern der
Name ist al)geleitet von clamaschhTüici : sie haben sie eilig gebaut.
— (U)0) Man sagt, 'Umar ihn Al'aziz habe die Moschee abbre-
;jo chen und zum Besten der Muslimen verwenden wollen . bis man
ihm darüber Vorstellungen machte.
Ich las in einem Buche : er verwandte vielmehr darauf acht-
zehn Maulthierladungen Gold. ^2
Satyrisch hat Jemand über die Einwohner gedichtet :
lu Zu lesen ist: lä tu(jhful. 41) Angesehener Jurist zu Mämüns Zeit,
gest. 242 S5TJ. 42, Offenbar eine an verkehrter Stelle in den Text ge-
rathene Kandanmerkung zur Berichtigung der achtzehn Schiffsladungen, von
denen S. 150, 30 spricht.
153
0 der du nach unserer Religion fragst, nachdem du die Haltung ihrer Pfaften
gesehn
Und den schönen Wandel, den sie äiiaserlich zeigen (ihr Öffentliches ist nicht,
wie ihr Geheimes; :
Keinen Grund zum Ruhm haben sie ausser einer Moschee , mit der sie über 5
alles Mass hinausgehen (gross thun),
Kommt ein Nachbar Feuer zu holen, geben sie ihm in Ewigkeit nicht von
ihrem Feuer ;
Löwen gegen ihre Nachbarn, während ihre Feinde vor ihnen sicher und in
ihren Häusern wohl aufgenommen sind. 1*^
■"o^
Er hat in diesem Vers gelogen , weil die Feinde sie stets
fürchten.
BTmijZis^ Stadt am Rand der Inda und derGränze des Gebir-
ges', wohlfeiler und reichlicher versehen als Damask. Dorthin
siedelten die meisten Bewohner der Gränzdistricte über, als Tar- 15
sus genommen ward (354 =1062:, und mehrten sich, so dass sie
täglich wächst. Sie hat einen sehr kalten Fluss, der unterhalb
des Schneebergs (Hermon) entspringt und mitten in ihr hervor-
quillt; sie ist die Vorrath skammer von üamask und leistet dessen
Bewohnern grossen Dienst; sie liegt zwischen weiten [C: und mit 20
Dörfern besetzten] Landgebieten, aber das Trinkwasser ist
schlecht. — Saidä (34: wo man abscheulich spricht) und bairüt
sind zwei feste Städte am Gestade, ebenso tarähidus , nur dass
dies ansehnlicher ist [C : und '^irka^ das vom Meer entfernt liegt] .
— Bei labakk ist eine alte [C: und feste] Stadt mit Saatfeldern in- 2.5
nerhalb [C : der Burg] und Wunderbauten, reich an Trauben.
(34: Die EinAvohner lieben den Trunk.) Die übrigen dazu gehö-
rigen Städte sind in gutem Zustand und geräumig ,0 : und liegen
am 7ia/ir el-makluh (Orontes)]. — \xi* haurZm [C: dschaidänT und
el-hatanijja sind die Ländereien und Wohnstätten Hiobs ; die ;^t)
Hauptstadt ist naioä^ reich an Mehl- und Kornfrüchten. — Die
hida ist reich an BaumAvolle und ^Reis [so C ; B : Blumen] ; sie
besteht aus Tiefebenen und Flüssen. C: Aus el-dsclLauJan wird
Damask zum grössten Theil versorgt.] — Die ghüfah hat eine
Tagereise in Länge und Breite und übertrifft alle Beschreibung. 35
(161) Taharijja, die Hauptstadt des urdunn und des Landes
des 2cUdl handan^ liegt zwischen dem Berg und dem See, ist eng,
beklemmend im Sommer, ungesund , fast eine Parasange lang
ohne Breite. Der Bazar geht von Thor zu Thor, die Begräbniss-
154
platze betiiuleii sich auf dem lierge. Es sind darin acht warme
liäder, die keine Heizung bedürfen , und zahlreiche Ablutions-
becken mit hcissem Wasser. Die liauptmoschee auf dem Markt
ist gross, schön, der Boden mit Kieseln bedeckt auf Pfeilern von
ö wohlgefugten •") Steinen. Man sagt von den Tiberiensern; zwei
Monate tanzen sie. zwei Monate schlingen sie. zwei Monate rap-
pieren sie , zwei Monate bleiben sie nackt . zwei Monate spielen
sie auf der Flöte, ZMci Monate tauchen sie^^), d. h. sie springen
wegen der vielen Flöhe, kauen Nabak. jagen mit Wedeln die
I u Wespen von Fleisch und Früchten . bleiben nackt wegen der
Hitze, kauen ZuckeiTohr, tauchen in Morast. Am untersten
Theil des Sees, aus dem sie ihr Trinkwasser nehmen . ist eine
grosse Brücke ^5) ^ über die der Weg nach Damask iführt. Rings
um den See sind Dörfer und Palmen und Schiffe gehen darauf
15 hin und her. *Das Wasser der Thermen und Bäder^ß] erscheint
Fremden nicht angenehm |^fehlt bei C] . Der See ist voll Fische
[C:. die nach auswärts verführt werden] und sein Wasser *leicht
verdaulich ■ Jäküt : mittelmässig, nicht süss, den Fremden nicht
schmeckend" . Der ]^erg überragt die Stadt in ziemlicher Höhe.
20 — Kadas. kleine Stadt an einem Bergabhang, voll guter Dinge :
ihr Landgebiet ist [C : ansehnlich vmd heisst] das Gebirge 'ämih.
Es sind dort drei Quellen, die zum Trinken dienen, und uuter-
43; Es ist zu bezweifeln , dass das "Wort die eigentliche Fugenränderung
bezeichne , die doch nicht gut zu Pfeilern passt ; es scheint im Gegensatz zu
Monolithen zu stehn und nur die genaue Aneinanderfügung der Steine oder
etwa die Verbindung mit Blei oder dgl. zu bedeuten. 44 Auf diese
Stelle nimmt "Wetzstein bei Delitzsch, Tag in Capernaum S. 144 f. Bezug.
Auch ScHEFEE zu Nassiri Khosrau p. 55 übersetzt sie ; aber seine "Wieder-
gabe des zweiten Punctes : deux mois ä se dechirer la peau ä cause des punai-
ses, qui les devorent beruht auf einer unrichtigen Lesart Jäküt's. 45; Nach
C viehnehr ein Damm. Gemeint ist eine der beiden Brückenruinen, welche
auf der Map of w. P. als Umm el-kunätir und Jisr es-sidd angegeben sind.
Ritter X\ 346. 46) dawänüs kann in diesem Zusammenhang nicht
■Mühlen" heissen, wie eine Randnote in C zu S. 174, IS des Textes erklärt,
zweifelhaft, ob überhaupt richtig. Die im Gloss. angezogene Stelle bei DOZY
spricht auch nicht von Mühlen, sondern von mmhs defoin, Heuhaufen rich-
tig im Gloss. zu Idrisi,-. Die Bedeutung des "Worts' bleibt auch hier »Bä-
der«, wie im Chaldäischen und im Syrischen dijämusjä bei Smith 877, wo das
nicht verstandene Wort persisches ähdastdän oder — dar ist, und dhnüsjün
da.s. S44. Die Stelle ist offenbar verdorben; ursprünglich bezog sich die Ge-
Bchmacklosigkeit, wie noch Jäküt hat, auf das "Wasser des Sees.
155
halb der Stadt ein einziges Bad. — Die Hanptmoschee liegt auf
dem Markt und in ihr steht eine Palme. Es ist ein heisser Platz
und es gehört dazu ein See , eine Parasange davon, der sich in
den von Tiberias ergiesst. Den Fluss hat man (162) mit einem
merkAvürdigen Bauwerk abgeschlossen, um einen See zu bilden, 5
an dem ein Dickicht von Ijalfa-gras ist, von dem sie ihren Wohl-
stand haben. Die meisten Einwohner flechten daraus Matten und
drehen Stricke. Im See sind verschiedene Arten von Fischen,
namentlich der bimajj, der von wäsii dahin verpflanzt ist. -^^j Die
Schutzverwandten sind zahlreich. — Das Gebirg 'ätnila hat 10
schöne Dörfer, Trauben , Früchte , Ölbäume und Quellen ; die
Saaten werden vom Regen getränkt. Es überragt das Meer und
schliesst sich an das Libanongebirg an. — AdriZU ist eine der
Wüste nahe Stadt, deren Landgebiet das Gebirge von dscha-
rasch bildet, das dem Gebirg '^ümila gegenüberliegt und viele lj>
Dörfer hat. Tiberias verdankt seine Ansehnlichkeit diesen beiden
Gebirgen. — Baisän hat am Flusse viele Palmen; der Reis Palä-
stinas und des iirdunn kommt daher, es ist reich an Wasser, aus-
gedehnt, aber das Wasser schwer verdaulich. [C : Das Wasser
durchfliesst die Stadt, die Hauptmoschee ist auf dem Markt; "iu
dort wohnen Asketen.] — El-laddschün^ weite angenehme Stadt
an der äussersten Gränze Palästina's in den Bergen, mit fliessen-
dem Wasser. — Kabul^ Stadt des Küstengebiets, die Zuckerrohr-
felder hat und wo der vortreffliche Zucker gesotten wird [C : in
Syrien giebt es keinen bessern]. — El-farädija^^), grosses Dorf 25
mit einer Kathedrale, wo Trauben und Weinberge sind und viel
Wasser, angenehmer Ort. — "AkhZi^ feste Stadt am Meer mit
einer grossen Hauptmoschee, in welcher letzteren ein Olivenhain
ist, der für ihre Lampen mehr als genügt. Sie hatte diese Festig-
keit nicht eher , als bis Ibn Tülün hinkam , nachdem er Tyrus 30
und deren Unzugänglichkeit und die Ummauerung ihres Hafens
gesehen; danach wollte ^x^akkä einen gleichen Hafen (163) ver-
schaff'en. Er versammelte die Künstler dieser Gegend und gab
ihnen das an; aber sie sagten. Niemand sei in dieser Zeit ge-
schickt im AVasser zu bauen. Da wurde ihm mein Grossvater 35
47) Gleiches sagt noch Berggren s. v. carpe. 46) An der Strasse von
Damascus nach Akka, SO. vonSafad. Ferrädieh auf der Map of W.Pal., Far-
radeh bei GuERiN Sam. II, 456, Ferrädi bei Robinson N. F. 101. 104.
15C
Abiibikr el-baunä genannt : wenn einer die Kenntniss dazu habe.
so sei er es. So ^ichrieb er denn an seinen Statthalter in Jerusa-
lem, er solle ihn schicken, und als er kam \nu\ die Sache erfuhr.
sagte er : dies ist eine leichte Sache, schafft mir dicke Syconio-
ö renbohlen. Diese legte er auf die Oberfläche des Wassers im
Mass eines Landforts in Keihen . fügte sie aneinander und Hess
ein o-rosses Thor nach Westen offen : dann baute er mit Steinen
und Mörtel darauf, und so oft er fünf Steinlagen gebaut, verband
er sie mit dicken Pfählen^-'), damit der Bau fest -werde. Die Boh-
lolen, so oft sie schwer genug waren, versanken: wenn er wusste.
dass sie auf dem Sande sassen, Hess er sie ein ganzes Jahr, bis sie
Stätigkeit gewonnen hatten. Dann baute er von neuem, wo er
aufgehört hatte : so oft der Bau die frühere Mauer erreicht hatte.
Hess er ihn in sie ein und fügte beide aneinander. Zuletzt legte
15 er über das Thor eine Brücke. Die Schiffe fahren jede Nacht in
den Hafen und eine Kette wird, wie zu Tyrus, vorgezogen. Ibn
Tülün schenkte ihm tausend Dinare ausser Ehrenkleidern, Keit-
thieren und dgl. luid sein Name steht darauf geschrieben. Vor
der Zeit konnte der Feind auf die Schiffe Jagd machen. — EI-
20 dschascJisch, ein einer Stadt gleichkommendes Dorf zwischen vier
Landgebieten nicht weit vom Meer gelegen. — Snr, feste Stadt
am Meer, doch kommt man über dasselbe in sie nur durch ein ein-
ziges Thor auf einem einzigen Damm. Das Meer umgiebt(161r)sie;
die innere Hälfte besteht aus drei Mauern ohne Land dem um-
25 mauerten Hafen), in die Nachts die Schiffe einlaufen, worauf die
Kette vorgezogen wird, deren Muhammad ibn el-hasan^"j im
I'uche vom Zwange gedenkt. Das Trinkwasser Mird auf einer
;iuf Ijogen ruhenden Wasserleitung herbeigeführt. Es ist eine
ansehnliche, schöne Stadt, in der Fabriken sind und deren Ein-
3y wohner Unternehmungsgeist ^i) haben. [C : Von hier kommt der
meiste Zucker Syriens; sie haben viele Zuckerfelder. j Zwischen
akkU uTid sür ist eine Art Meeresströmung, und desshalb sagt
man » akkü liegt mr gegenüber, nur mit einem Umwege«, näm-
lich um das Meer.
35 Er-ramla, die Hauptstadt Palästinas, ist hübsch, schön ge-
49; Treffendere Übersetzung müsste sich nach dem Verständnis.? der
Sache richten. 50, S. o. Note 28. Das Capitel vom Zwange bildet eines
in den juristischen Compendien. h\ Vgl. Cuche s. v.
157
baut, gesund, hat leicht verdauliches Wasser und reichliche
Früchte, vereinigt den Gegensatz zwischen ansehnlichen Land-
gebieten, prächtigen Städten, heiligen Wallfahrtsorten und schö-
nen Dörfern. Der Handel darin ist nutzbringend und die Le-
bensbedürfnisse gut , im Islam giebt es keine hübschere als ihre o
Hauptmoschee, kein besseres und wohlschmeckenderes als ihr
Weizenbrot , keinen gesegneteren als ihren District, keine lieb-
licheren als ihre Früchte. Sie liegt zwischen fruchtbaren Land-
gebieten, umgebenden Städten und verdienstlichen Wachtposten,
hat schöne Chane, angenehme Bäder, saubere Speisen, vielerlei lo
Würzen , geräumige Wohnungen , schöne Moscheen . weite
Strassen und umfassende Vortheile. Sie ist in der Ebene ansre-
legt und nahe dem Gebirg und Meer. Sie hat sowohl Feigen als
Palmen, ihre Saaten wachsen auf Boden, der nicht bewässert zu
werden braucht, und sie vereint Gutes und Vorzüge, nur dass sie 10
im Winter eine Insel vor Schlamm und im Sommer eine Pulver-
büchse vor Sand ist , ohne fliessendes Wasser, ohne Grün, ohne
guten Thon, ohne Schnee ; die Flöhe sind zahlreich, die Brunnen
tief und salzig, das Regenwasser in verschlossenen Cisternen, so
dass der Arme durstig und der Fremde in Verlegenheit ist : im 20
Bade ist Diwan und in dem Triebwerk (165) treiben sich Diener
herum. Sie nimmt den Raum einer vollen Quadratmeile ein, ihre
Häuser sind aus schönen Hau- und gebrannten Backsteinen.
(36 Wenn er-ramla fliessendes Wasser hätte, so Hesse sich
nichts dagegen einwenden, dass es die bestbeschafFene Stadt im 2 5
Islam sei, denn sie ist elegant, mild, zwischen einem Jerusalem
mad Küstenfestungen . einem Ghor und Meeren gelegen , mit
gleichmässiger Luft und wohlschmeckenden Früchten, mit treff-
lichen Einwohnern , die nur leichtsinnig sind, Ausfuhr ort für
Ägypten, Stapelplatz für beide Meere, wohlfeil.) Die bekann- 30
testen ihrer Thore sind das des Brunnens el-askar (27 el- askar
ist ein Quartier in (bei) er-ramla). das der Moschee 'annaha^'^),
das von Jerusalem, das von xxIaj ^3 , dasvonLydda. dasvonJäfä,
das von Ägypten, das von dcuhchwi. Bei ihr liegt eine Stadt
Namens düdschUn mit einer Hauptmoschee [C : meist von Sama- 35
52; So nach de Goeje's Conjectur , wobei an das östlich am Rand des
Gebirges liegende Dorf dieses Namens zu denken ist; doch schreiben die
besten Autoritäten dies 'annäbeh. 53 Völlig unsicherer Name.
15S
ritaneru bewohnt. Die IIa\iptmoschee von Ramla inmitten der
Hazare ist hübscher nnd zierlicher als die von Damask. sie heisst
die Weisse; ihr Mihräb ist der grösste im Islam und ihre Kanzel
die schönste nach der in Jerusalem. Sie hat ein hübsches Mina-
5ret. Erbaut hat sie Hischäm ihn Abdalmalik. Als er sie bauen
wollte, wie ich von meinem Oheim gehört, erfiihr er, dass die
Christen Marmorsäulen, die sie zu einer Musterkirche ^^) bestimmt
hätten, unter dem Sand verborgen hielten, und erklärte ihnen,
entweder möchten sie sie zu Tage bringen oder er werde die
U) Kirche von Lydda zerstören und diese Moschee auf deren Säulen
erbauen. Da lieferten sie sie aus und sie sind dick, lang iind
schön. Der Boden des überdachten Theiles ist mit Marmor ge-
pflastert . der Hof mit wohlgefügten Steinen ; die Thüren des
überdachten Theiles sind von ineinandergreifendem ^^) Cypressen-
15 und fa/umb-''Pimenj'H.o\z geschnitzt, sehr schön.
Bau el-makdis (30 auch tlijä und el-halüt genannt) , die
grösste unter den Districtstädten und grösser als manche Haupt-
städte, wie isfachr . kä^in (in Kohistän) nnd J'ay'amä, hat weder
starke Kälte äf>) noch Hitze und selten fällt in ihr Schnee. (166)
21) Als mich der Kadi Abulkäsim, Sohn des Kadi der beiden hei-
ligen Städte, nach ihrem Klima fragte und ich antw-ortete: »ge-
mässigt, nicht heiss und nicht sehr kalt«, sagte er : »so ist die Be-
schaffenheit des Paradieses.« Ihre Bauten sind von Stein: schö-
nere und solidere Bauart sieht man nirgends. Nirgends finden
2.5 sich sittlichere Einwohner , (7 : weil man darin nicht Prellerei
und Unredlichkeit im Handel sieht, kein offenbares Trinken imd
keine Trunkenheit, weder heimliche noch öffentliche Lasterhäii-
ser. aber religiöses Leben und reinen Glauben; als sie hörten, der
Emir tränke, drangen sie in seinen Palast und jagten die in sei-
30 nem Salon Befindlichen auseinander), besseres Leben, sauberere
Bazare, eine grössere Moschee, mehr heilige Stätten. Ihre Trau-
ben sind trefflich, ihre Quitten haben nicht ihresgleichen. In ihr
finden sich jeder Art Kundige und Arzte, auf sie ist der Sinn
54) nach der Lesart B. häligh = dschajjid. 55) So scheint das Wort
gefasst werden zu müssen ; im Gegensatz zu vollen Flächen aus ganzen Bret-
tern sind es einzelne ineinandergreifende Stücke, die eine Täfelung oder
Zeichnung bilden. De Gof..te; »mit Basreliefs verziert«. 56; Der grössere
'l'heil dieser Beschreibung ist unter demNamen des el-Basschärf aus Jäkütvon
WCSTEXFELT) übersetzt ZDMG. XMII 1864, S. 462 f.
159
jedes Verständigen gerichtet und an keinem Tag ist sie ohne
Fremde. Ich war eines Tages im Salon des ausgezeichneten
Kadi Abu Jahjä ihn Bahrüm in Hasra; man sprach von Alt-
Kähira und fragte mich, welche Stadt wohl ansehnlicher sei.
Ich sagte: Unsere Stadt. »Welche angenehmer?« Unsere. :,
»Welche verdienstreicher fa Unsere. «Welche schöner?« Unsere.
»Welche hat mehr gute Dinge?" Unsere. Welche ist grösser?«
Unsere. Da verwunderten sich die Anwesenden und sagten: »Du
1)ist ein verständiger Mann und behauptest doch , was man von
dir nicht annehmen kann; du gleichst dem Kameelführer mitlo
demHaddschädschu, Da antwortete ich : Wenn ich sage »ansehn-
licher«, so ist es, weil in ihr diese und jene Welt zusammenkom-
men, denn wer von den Söhnen dieser Welt ist und nach jener
strebt, findet dazu den Antrieb in ihr, und wer zu den Söhnen
jener Welt gehört und von seiner Begierde doch zu den Annehm- 1 5
lichkeiten dieser gerufen wird, findet sie [C : und hat nicht nöthig
zu einer andern Stadt zu gehen, iind Avelche Stadt ist ansehn-
licher als eine solche?]. Und was die Annehmlichkeit ihres Kli-
mas betriff't, so ist ihre Kälte nicht giftig, ihre Hitze nicht schäd-
lich. Und was die Schönheit betriff't, so giebt es keine besser ge-2()
baute, sauberere und mit einer anmuthigeren ]Moschee versehene.
Und Avas die Menge guter Dinge betriff't , so hat Gott darin die
Früchte der Tiefebenen, der Ebene und des Gebirges vereinigt und
entgegengesetzte Dinge, wie Citronen, Mandeln, Datteln, Nüsse,
Feigen, Bananen [C : nebst vieler Milch, Honig und Zucker. Und 2.5
was das geistliche) Verdienst betriff't , so ist sie der Schauplatz
der Auferstehung, zu ihr kommt die Versammlung (der Aufer-
standenen) , von ihr beginnt das neue Leben. Makka und Ma-
dina dagegen sind durch die Ka'ba und den Propheten verdienst-
reich und eilen (167) am Auferstehungstag zu ihr, so dass sie 30
alles Verdienst umfasst. Und was die Grösse betriff't, so strömen
alle Creaturen zu ihr, und welches Land ist also Aveiter als sie ?
Da billigten sie dies und fanden sich überzeugt. — Aber Jerusa-
lem hat auch eine Anzahl Fehler. Man sagt, dass in der Thora
geschrieben sei : Jerusalem ist eine goldene Schüssel voll Scor- b.i
pionen. Sodann giebt es keine unreinlicheren und unbequemer
ausgestatteten s") als ihre Bäder. In ihr sind wenig Gelehrte und
57) Wüstenfeld hat: es giebt 'nichts beschwerlicheres, als die Zufuhr
Ztschr. a. Pal.-Ver. VII. ^ 1
IGO
viele Christen, die im ööeiitliclien Verkehr unhöflich sind. Auf
dem. was hx den f'iüiduk ^Chanen , Handelsmagazinen verkauft
wird, liegen schwere Abgaben, Polizisten stehen an den Thoren.
und niemand kann etwas, womit man sich verproviantirt. ohne
5 Al)gaben kaufen trotz des geringen Keichthums. Der Vergewal-
tigte findet keinen Helfer, der Vornehme ist in Sorgen und der
K eiche beneidet. Der Kechtsgelehrte ist verlassen, der Philolog
wird nicht besucht; keine Forschungssitzung wird gehalten,
kein Lehramt betrieben, Christen und Juden haben die Oberhand
1"' und die Moscheen bleiben ohne gottesdienstliche und gelehrte
Versammlungen. Sie ist kleiner als Makka. grösser als Madina.
Sie hat eine Citadelle. die zum Theil auf dem Ikrgrand gelegen,
im Übrigen mit einem Graben umgeben ist , und acht eiserne
Thore : das Zionsthor , das Thor ef-flh der Wüste^ , das Thor
\:iel-balüf (des Pflasters.'), das der Jeremiascisterne, das von sul-
wün. das von Jericho, das Säulenthor, das des ^Milirab Davids ^^ .
Wasser ist in ihr reiclihch : man sagt; nichts ist in Jerusalem
beständiger als das Wasser und der Gebetsruf. Selten ist ein
Haus, in dem nicht eine oder mehrere Cisternen Avären. Drei
20 (168) grosse Teiche sind darin, der der Söhne Israel, der Salo-
rao's und der des 'Ijäd^'^); au ihnen liegen die IJäder, sie haben
Zuläufe von den Strassen. In der Moschee sind zwanzig Brun-
nen, die in ein Bassin ausgehen ''ö^ ; w^enige Quartiere giebt es,
dahin'. Genauer : schwerer zu vorproviantiren. Aber dies widerspricht dem
Vorhergehenden, daher es wohl auf die Bäder zu beziehen i.st.
öS, iJiese AufziiWung ist in das Dschihän-numä p. .565 übergegangen,
daher man sich zu hüten hat, sie auf dessen Zeit , das siebenzehnte Jahrhun-
dert, zu beziehen. Die beiden letztgenannten stehen fest; das des tiJi ist
wohl nach ToBLERS Vermuthung, Topogr. I, 179 das heutige der Maghäriba.
Dann kann das Zionsthor nur das jetzige sein, was seiner Ansicht S. 169 Avider-
spricht. Das von Jericho kann nur das sogen. Stephansthor sein; das der
Jeremiascisterne, das er S. 175 für das Stephansthor erklärt, ist das Herode.'.-
thor und giebt ein von ihm II, 80 vermisstesZeugniss über den Sagenort. Da^
Sulwänthor war vielleicht eines der an der Südseite vermauerten I, 161. Das
Halätthor hält ToBLEU 176 unten ohne Grund für das Goldene. 59; AVegen
der wunderl)aren etymologischen Sprünge, welche Hankbkkg Bonner Theol.
Lit. Bl. 1S69, p. 421, und Nachfolger ange.stellt haben, um an diesem das
,ivj>.£jrf,v.ov zu finden, kann erinnert werden , dass er von dem bekannten
Feldherrn 'Ijäd ihn Ghannäm oder Ghanm gest. 20 = Chr. 641 benannt ist.
00; DeGoejeIV, 185 verweist auf die unterirdischen Wasserbehälter des
ilaram. Soci.v Baed.' 182. 255 f.
uy\
in denen sich nicht ein Stiftungs-Brunnen befände : nur erhal-
ten diese ihre Speisung von den Strassen. Man hat auch einen
AVädi (': eine Postsstation von der Stadt] beniitzt und z^vei
Teiche gemacht . in denen sich die Zuflüsse im ^Vinter sammehi
und von denen ein Kanal zur Stadt abgeleitet ist. der zur Fiüh- 5
lingszeit einläuft, um die Cisternen der Ilauptmoschee und an-
dere zu füllen.
Die Moschee el-aJisa liegt in der südöstlichen Ecke der Stadt.
Die Fundamente aus schön ausgehauenen ("), sorgfältig gelegten,
ensr aneinander schliessenden harten Steinen von zehn Ellen und 1'^
•weniger Länge gebildet, rühren von David her. auf ihnen baute
Abdalraalik mit kleinen schönen Steinen und man setzte Zinnen
darauf. Sie war schöner als die von Damask , aber unter den
Abbäsiden kam ein Erdbeben und warf den überdachten Theil
mit Ausnahme der Umgebung des Mihräb um. Als dies dem 15
Chalifen ^~] gemeldet ward , wurde ihm gesagt : zur Herstellung
in den frühern Zustand reicht dÄ Schatz der Muslimen nicht
aus. Da schrieb er an die Emire der verschiedenen Gegenden
und an die übrigen Generale, dass jeder von ihnen eine Halle
baue, und sie bauten die Moschee fester und massiver als sie ge-2u
wesen war. Der stehen gebliebene Theil sticht gegen das Andere
ab: er reicht bis zum Ende der Marmorsäulen, und wo die mit
Mörtel gebauten Pfeiler sind, ist neue Arbeit. Der bedeckte Theil
hat26Thüren, von denen die dem Mihräb gegenüberliegende,
das grosse Erzthor genannte, mit vergoldetem Kupfer plattirt ist ; 25
ihre Flügel kann nur ein armkräftiger Mann öff'nen. Zu ihrer
Rechten sind sieben grosse Thüren, in deren Mitte eine mit Plat-
ten belegte (169) vergoldete ist, zur Linken sind eben so viele
und gegen Osten elf unverzierte Thüren. An den fünfzehn erst-
genannten) ist eine Halle auf Marmorsäulen , die Abdallah ihn -m
Tähir (f 230 = Chr. 844) neu erbaute, an dem Hof sind zur
RechtenArcaden auf Marmorsäulen und Pfeilern und an der hin-
Oi; manhüsch heisst erhaben oder vertieft ausgestochen selbst von rauh
gemachten Mühlsteinen,, gemalt, mit Stuckaturen versehn Maltzax Tunis I,
4:5:, Avas zur Sache nicht passt. Desshalb ist hier und bei den Umfassungs-
mauern des Haram von Hebron der allgemeine Ausdruck gewählt; vielleicht
ist die Fugenränderung gemeint , die dem Ganzen ein an Sculptur erinnern-
des Aussehn geben mag. H2 El-mahdi. Die andern Araber erzählen
die Umstände anders.
11*
162
teni Seite längliche Hallen von Stein. Vber der ^Nlitte des über-
dachten Raumes ist ein grosses Spitzdach hinter einer schönen
Kiipiiel. Die Plafonds''^: sind alle mit Ausnahme der Hinter-
>eite mit Hleiplatten bekleidet und diellinterwand ist mit grossen
ö Mosaikstücken ausgelegt. Der ganze Hof ist gepflastert, in der
Mitte ist eine Platform, Avie in der Moschee von Madina, auf
die man von den vier Seiten auf geräumigen Treppen hinauf-
steigt. Auf der Platform sind vier Kuppeln, die der Kette, die
der Himmelfahrt, die des Propheten, alle drei niedlich, mit lilei
logedeckt, auf Marmorsäulen ohne Mauern. In der Mitte ist die
Felsenkuppel auf einem achtseitigen Gebäude, mit vier Thoren,
von denen jedes einer Treppe gegenüber ist , dem Südthor, dem
Thor Isräfil, dem Posaunenthor und dem Weiberthor , das sich
nach Westen öffnet, alle vergoldet und vor jedem eine zierliche
läThür von ineinander greifendem schönem ^aww?lJ- (Pinien-) holz,
welche die Mutter el-Muktadir's machen Hess. An jedem Thor
ist eine mit Marmor belegte 'Estrade [Vorbau, Vordach) mit
Pinienholzbau, der sich an die Kupferung von aussen an-
schliesst f?)^*). An den Thoren der A'orbaue sind ebenfalls, je-
2i)doch unverzierte, Thüren. Im Innern des Gebäudes sind drei
kreisförmige Hallen auf gekneteten "5) Säulen, ansehnlicher xind
63; Der Dachstuhl nämlich nach oben hin. 64) Die unverständ-
lichen "Worte sind übersetzt so gut es ging, von der Annahme aus, dass sich
zwei Abstractformen entsprechen. Schefer Nassiri Khosrau p. 89 be-
zieht die AVorte auf die battants des portes und giebt sie : revetus de plaques
de cuivre, was aber schon das alü nicht leidet, ^tifrijja ist sonst ein Gefäss
von Kupfer und danach auch bei Makrizi Chitat I, 418, 37. 419, 12. 25. 33.
477, 19. 4S9, 6 v. u. der birnförmige Aufsatz auf der Spitze von Prachtzelten,
wie man ihn z. B. auf Abbildungen des mahmil sieht, von, Silber oder Cry-
stall, oft »einen Kameelschlauch Wasser fassend« (bei v. Kuemek, Sitzungs-
ber. d. "Wiener Akad. CIII, 268 Zoitring genannt, womit hier nichts anzu-
fangen ist. 1)5 So wörtlich ; die technische Bedeutung ist unbekannt.
De Goeje vermulhet; mit Kalk bestrichen und polirt. Aber bei Ibn el-wardi
p. 173 Koehl., 82. Hyl. wird als Eigenthümlickeit dieser Art von Säulen an-
gegeben, dass sie im Feuer schmelzen. Schefer übersetzt das "Wort a. a. O.
p. 13, ult. (Ein anderer Stein erscheint wie etwas Geknetetes, so wie andere
Steine mit Eisen zu bearbeiten sind) S. 43 : Une autre pierre semble etre le
produit dune composition artiticielle et le fer ne peut pas l'entamer fehlt im
Druck des persischen Textes eine Negation?] und glaubt, damit sei Granit ge-
meint. Noch heute hegen die arabischen Maurer die Yorstellurg »gegos-
sener« Säulen. PRUTZ Aus Phönizitn S. 331.
163
schöner als Marmor, deren Gleichen nicht ist. anf denen niedrige
Bogen ruhen (so hier riwäk, vgl. 15S. 12 des Textes). Innerhalb
ihrer umgiebt eine andere, nicht achteckige Halle den Felsen,
anf gekneteten Säulen mit Rundbogen. Auf diesen steht eine
sich in die Luft erhebende (170) Trommel, an der grosse Fenster 5
sind. Die Kuppel oberhalb der Trommel ist von der Hauptgrund-
lage der Fiatform mit der Spitze hundert Ellen hoch; von fern
sieht man über ihr eine schöne Spitze von der vollen Länge einer
Klafter. •'" Die Kuppel ist grösstentheils mit vergoldetem Kupfer
bekleidet. Der Boden des Gebäudes und seine Mauern mit der 10
Trommel sind von innen und aussen ganz so bedeckt, wie wir es
von der Moschee zuDamask erzählt haben. Die Kuppel hat drei
Täfelungen : die erste aus vergoldeten Platten , die zweite aus
Eisenbalken, die verschränkt sind, damit sie der Wind nicht
beuge, die dritte aus Holz, auf der die Metallplatten sind. Zwi-15
sehen ihnen ist ein Weg bis nahe zur Spitze, auf dem die Arbei-
ter hinaufsteigen, um zu revidiren und auszubessern. Wenn die
Sonne sich erhebt, strahlt die Kuppel und glänzt die Trommel-
ein wunderbarer Anblick ! Kurz, im ganzen Islam habe ich nichts
dieser Kuppel gleiches gesehn oder von einer solchen im Osten 20
gehört.
Man betritt die Moschee an dreizehn Stellen durch zwanzig
Thore. das Thor huffa, die zwei Thore des Propheten, die Thore
des Mihräb der Maria, die zwei Thore er-rdhma (der Barmherzig-
keit), das Thor des Teiches der Kinder Israel , die Thore eZ-as- 25
hat 'der Stämme , die Thore der Häschimiden, das Thor des Wa-
lid. das Thor Abrahams, das Thor der Umm Chälid, das Thor
Davids. ^"^^ — In ihr sind folgende zerstreut liegende Heiligthü-
mer : der Mihräb der Maria, der des Zacharias, der Jakobs, der
des Chidr, die heilige Stätte des Propheten, die Gabriels, derOrt:ju
der Ameisen, der des Lichtes, der der Ka'ba. der des m-Iit der
Höllcnbrücke) . Gea^en Norden sind keine Hallen. Der über-
dachte Theil schliesst nicht an die Ostmauer des Haram an ^''^ ;
(jö; S. das oben ZDPV. VI, 3, Not. 4 zu Istachrl bemerkte. 67; Rech-
net man für den Plural immer drei, so kommen nur neunzehn heraus. Im cod.
C heisst das Thor Davids ein Doppelthor , aber er fügt das Thor es-sakina
und das Thor el-chadrä hinzu. 68) Bei DE VogCe Temple p. TT, sind
diese AVorte (aus Jäküt IV, 598. S. dahin missverstanden, als sei das Gebäude
(Icsshalb sa^:t mau : nicht wird es je eine volle Fronte bilden
den vollen Kaum zwischen der West- und Ostmauer einneh-
men . (ITI) r>ii'-ir Theil wurde aus zwei Ursachen unbebaut
ijela>sen. einmal we|L!;en des Ausspruches Omars: »Legt im west-
5 liehen Theil dieser Moschee einen Gebetsort für die Muslimen
an«, so dass man jenes Stück, um ihm nicht zuwider zu handeln.
frei Hess, und ZAveitensj weil, wenn sie das bedeckte Stück bis
zur Ecke ausgedehnt hätten , der Fels dem Mihrilb nicht gerade
gegenüberliegen würde, was sie vermeiden wollten. Aber dies
lu bleibe dahingestellt.
Die Länge der Moschee beträgt tausend Ellen nach der Kö-
nigselle und ihre Breite siebenhundert. In ihren Plafonds .sind
4000 Holzstücke; sie hat 700 Marmorsäulen und auf dem Da'di
45000 Bleiplatten. Der Fels selbst ist 33 Ellen in der Länge, 27 in
1') der Breite gross und die darunter befindliche Höhle fasst 69 Per-
sonen''";. Ihr Deputat ist monatlich 100 Xextus Öl und jährlich
800.000 Ellen Matten. Ihre Diener sind ihr angehörige Sclaven
''Mamlukcn , die Abdalmalik aus dem dem Staat anheimfallen-
den' Fünftel der Gefangenen anstellte und die desshalb die (/'■//-
20 w(7« heissen ; andere Diener hat sie nicht, und diese bewachen
sie im Turnus.
Suhvän ist ein Quartier in der Vorstadt, unterhalb deren eine
Quelle von nicht besonderem Wasser ist, die grosse Gärten tränkt,
welche derC'halifOtmän zu einer Stiftung für die Armen der Stadt
25 machte. Unterhalb ist der Hiobsbrunnen. ^lan glaubt, dass das
Wasser des zamzam (in Makka in der arafZit-\\Vic\\\. das Wasser
dieser Quelle besucht [C : und an ihr ist in dieser Nacht eine
Festversammlung^ . — Das wädi dschahannam liegt längs der ganzen
Moschee j^egen Osten. Darin sind Gärten, Weinberge, Kirchen,
•"J Höhlen, Thürme, Gräber, AVunderwerke und Saatfelder und in
der Mitte eine Kirche über dem Grab der Maria. Es Avird von
Gräbern überragt, z. B. dem des Schaddäd ihn Aus ihn (172)
Täbit 7 41 = 001 oder 5S = 078, und des'Ubäda ihn es-säniit
des ersten Kädi von Jerusalem . y 34 = 654]. — Der Ölberg,
35 dsrhabal zaitZi, ragt im Osten des Thaies über der Moschee hev-
uach ü.sten hin offen gewesen. Was dann weiter folgt, dass es eine Anzahl
Kuppeln gehabt habe, steht nicht bei Jäküt und scheint falsch. 69) Bei
Jäkfit iryi und ZDMfi. XVITI. \m durch Druckfehler 90o.
165
vor. Auf seinem Gipfel ist eine Moschee, -wo Omar zur Zeit der
Eroberung abstieg, und eine Kirche an dem Ort, avo Jesus auf-
fuhr, ferner ein Ort, der es-mhira heisst; es ist von Ibn 'Abbäs
überliefert, dass dieser der IJoden der Auferstehung sei; er ist
weiss und auf ihm ist kein Hlut vergossen worden.'^* — Bait lahm. :>
Dorf, etwa eine Parasange (C : zw^ei Meilen^ entfernt in der
Richtung von Hebron, wo Jesus geboren ward. Dort war die
l^alme"^) ; zwar reifen die Palmen in diesem Revier nicht, aber
es war ein Wunder. Dort ist eine Kirche, die in der Provinz
ihres Gleichen nicht hat. — Hahrä'^) ist das Dorf (C : die Stadt) 10
Abrahams, des Freundes Gottes; darin ist eine feste Burg von
grossen , schön ausgehauenen Steinen , die die Genien gebaut
haben sollen; innerhalb dieser ist eine im Islam gebaute, stei-
nerne Kuppel über dem Grab Abrahams, Avährend das Grab
Isaaks vorn in dem überdachten Theil und das Jakobs im hintc- 15
ren Theil ist (C : und über diesem eine neugebaute Kuppel) ;
jedem Propheten gegenüber liegt seine Frau. Die Ummauerung
wurde zur Moschee gemacht und um sie für die zu geistlichen
Zwecken sich dort Aufhaltenden Wohnungen gebaut , die sich
unmittelbar daran anschliessen. Sie haben eine schwache Was- -'J
serleitung. Bis auf etw-a eine halbe Tagereise weit hat dies Dorf
ringsum *Dörfer, Weinstöcke , Trauben und Apfel (C : gleich-
sam einen einzigen Garten , lauter Weinstöcke und Bäume) ,
genannt das Gebirge s.asj'^), es giebt nichts gleiches und keine
schöneren als seine Früchte , deren grösster Theil nach Ägypten 25
verführt und getrocknet wird. [C: zuweilen kosten die schönsten
Apfel tausend einen Dirham , zuweilen wiegt der einzelne hun-
dert Drachmen^ In dem Dorfe ist ein stets offenes Hospiz (173)
mit angestellten Köchen , Bäckern und Dienern, welche jedem
sich einstellenden Armen Linsen mit Öl vorsetzen ; auch wird -i"
dies Wohlhabenden gereicht, wenn sie es annehmen AvoUen. Die
Meisten glauben, dass dies von der Gastfreundschaft Abrahams
"Ol Aus Sur. T'J, 14. Sähira wird als ebenes, weissea Land erklärt. Vgl.
z. B. 'Ulaimi 412 oder S.^uvaire 1'J4, Ibn al-vardi ed. Freund p. 3 des Textes
oben, wo die letzte Phrase vom Blut wiederkehrt. 71) S. zu Istachri oben
VL 4, Not. G. 72 Diese Stelle, die 'Ulaimi p. 41 oder 11 Sauv.vire wie-
derholt, ist schon aus diesem von QiAXUEMi-.KE Maml. 1 , 2, 244 übersetzt.
' ■<) Ganz unsichere Le-art ; der Name ist sonst nicht bekannt ; schon ' Ulaimi
Hess ihn aus.
160
stammt : es^ ist aber vou iler Stiftung Tamim ed-däri's '^] uiul
Anderer. Meiner Meinung nach ist es das Beste, sich dessen zu
enthalten. [C ; Der gegenwärtig regierende Emir von Choräsän hatte
ihr jiihrUch tausend üirham auszahlen lassen und der Häuptling
.". \on Ghardschistän Quellgehiet des Murghäb von Marw) el-Mdil
machte ihr eine ansehnliche Stiftung. Ich kenne heutzutage im
Islam keine verdienstlichere -wohlthätige Gabe als diese . weil es
eine ansehnliche Speisung ist, die die hungrigen unter den Pilgern
geniessen, und dadurch die Sitte Abrahams aufrecht erhalten
lowird. weil er in seinem Leben die Gastfreundschaft liebte, und
so möge ihn Gott nach seinem Tode belohnen^ . — "Eine Para-
sange von hahrii ist ein kleiner Berg, der über dem See von su-
(jhar wwA der Stelle der Städte Lots emporragt, mit einer Moschee,
die Abubikr as-sabädschi erbaut hat. In ihr ist der Ort, wo
1.1 Abraham angcAvurzelt stand, indem er in den Hügel beinah eine
Elle tief versank. Man erzählt: als Abraham die Städte Lots in
der Luft sah, blieb er dort angewurzelt stehn und sagte : Ich be-
zeuge, dass dies ; Gottes Verheissung; die gewisse Wahrheit, el-
ha/i/i el-jakin ist '^) [C : Die Moschee el-jah'm ist drei Meilen von
'l(\huhri(. — Das Grab Josephs ist nahe bei dem Grab Abrahams].
— Zum Gebiet von el-kuds, bis 40 Meilen um llijU. gehören die
Hauptstadt und ihre Städte, und 12 Meilen im (todten?) Meer
und sughar iind mdtih und fünf Meilen von der Wüste; nach
Süden geht es bis hinter el-kusaifa: nach Norden ist die Gränze
2.3 von nühulus. ''') Dieses Land ist gesegnet, wie es im Koran
heisst'"^. mit bewaldeten Bergen und Ebenen voll Saatfelder,
ohne künstliche Bewässerung und ohne Flüsse , wie die beiden
Männer zu Moses sagten : wir haben ein Land gefunden, das von
Milch und Honig trieft. [C : Ich sah zu Zeiten den Käse zu Je-
:M) rusalem das Ritl vmi einen l^anek, den Zucker das Ritl um einen
Dirham, das Ol anderthalb Eitl und liosineu vier Ritl um diesen
Preis verkaufen] .
(1 74-) Bait üscJiibril ist eine halb zur Ebene, halb zum Ge-
7-1 Eiu Gefährte Muhammeds, ■;- 40, dem dieser Hebron, 'ainüu und an-
deres geschenkt haben soll, worüber die Familie später eine gröblich unter-
geschobene Urkunde vorwies. 7.5 Jäküt IV, 1UU4 und der Kämüs schrei-
ben jäkln. Die Moschee, südöstlich von Hebron, ist nach.' Ulaimi 352 = Chr.
'.•6.3 erbaut. 70 Das Ganze nicht recht verständlich. 77) Gemeint
'v<^ wnhl Sur. 17, 1 oder 21, 71.
167
l)irg gehörige Stadt , dereu Landgebiet ecl-dürüni ist , mit Miir-
morbrüchen. Sie ist der Yersorgungsplatz der Hauptstadt , der
"NVaarenplatz des Districts, ein Ort der Producte und des A^'ohl-
standes, mit grossen Gehöften, nur dass sie (an Einwohnern)
verloren hat und viel Verweichlichte darin sind. — G/tazza, gross, 5
an der Heerstrasse nach Ägypten und dem Rand der Wüste,
nahe dem Meer ; dort ist eine schöne Hauptmoschee ; dort ^hin-
terliess Omar sein Andenken [C : ward Omar reich, vgl. Ist. oben
\1. 4, 30 , wurde Schäfi*^! geboren inid Häschim begraben. —
Mimäs, feste kleine Stadt am Meer, die zu ghazza gehört. — "" As- 10
kaJUn, ansehnliche, an Kasernen"'') und Früchten, besonders
Sycomoren (44: von denen zu essen jedem freisteht) reiche Stadt
am Meer, mit einer auf dem Tuchhändlermarkt gelegenen, mit
Marmor gepflasterten Hauptmoschee . prächtig, ausgezeichnet,
mit gutem Klima versehen, befestigt. Ihre Seide ist vorzüglich. 15
ihr Gutes strömend , die Lebensbedürfnisse darin köstlich, die
Hazare schön, die Kasernen hübsch, nur dass ihr Hafen schlecht,
ihr Wasser nicht besonders und ihre Zecken 'f') lästig sind. —
Jüfci ist eine kleine Stadt am Meer , aber der Waarenplatz von
Palästina und der Hafen von er-ramla ; an ihr liegt ein festes 20
Castell mit eisenbeschlagenen Thoren, und das Meeresthor ist
ganz von Eisen. Die Hauptmoschee steht am Meer und ist ange-
nehm. Ihr Hafen ist gut. — ArsTifht kleiner aXsjafä. befestigt,
bevölkert. Dort ist ein schöner Minbar (Kanzel), der für Ramla
gebaut war. aber zu klein gerieth und nach arsiT/kam. — Was 25
haisarijja betrifft, so giebt es am Mittelmeer keine ansehnlichere
Stadt, keine an guten Dingen reichere ; sie sprudelt von Comfort
und fliesst über von guten Dingen, mit gutem Boden, schönen
Früchten [C : vieler Büff"elmilch, weissem Brotj. An ihr ist ein
festes Schloss und eine bevölkerte Vorstadt, die von der Mauer ^o
umschlossen ist. Das Trinkwasser kommt aus Brunnen und C'i-
sternen: es ist eine schöne Hauptmoschee da. — Näbuhis. im
Gebirge, reich an Ölbäumen, man nennt es das kleine Damask.
gelegen in einem Thal, das zwei Berge einengen. Sein Bazar
reicht von Thor zu Thor, ein anderer bis zur Hälfte der Stadt. 35
und die Hauptmoschee ist in der Mitte. Es ist gepflastert, sau-
78; Oder : Klöstern, nicht »cereales« oder »campagnes«. T9, oder :
Ameisen, vgl. dailam Hariri' 511, 21. -^cS'i, T und auch Seetzen I, 346.
168
her, hat tliessemles Wasser, Bauart von Stein und merkwürdige
IJiider^" . -Hl Die Einwohner sind gewandt;. — Arthü ist die
Stadt der Riesen und in ihr das Thor, von dem Gott den Israeli-
ten sprach."' Hier wachsen (ITo) Indigo und Pahnen; ihr
■"• Landgebiet ist das Ghör imd die Saaten werden von Quellen
getränkt. Sie ist sehr heiss. Fundort von Schlangen ( ' : Theriak-
schlan^en. durch deren Fleisch der Theriak von Jerusalem ^■^ so
gut wird TUid Scorpionen. Die Einwohner sind brami und
schwarz, die Flöhe sind zahlreich. Doch ist das Wasser das leicht
10 verdaulichste im Islam. Sie hat viel Bananen, Datteln und
^vohlriechende Kräuter. — Amman . am Rand der Wüste mit
Dörfern und Saatfeldern. Ihr Landgebiet ist die balkü. die Hei-
math von Kornfrüchten und Heerden , mit zahlreichen Flüssen
und Wassermühlen. Sie hat eine elegante Moschee zur Seite des
15 Bazars. deren Hof mit Mosaik geziert ist. Wir haben bereits ge-
sagt ^^j^ Jass sie Makka ähnlich ist. Das Schloss des Dschälüt ist
auf einem Berg, der sie überragt; in ihr ist das Grab des Uria,
über dem eine Moschee ist. und das Amphitheater Salomo's. Sie
hat billiges Leben und viele Früchte, 'doch sind die Einwohner
20 leichtsinnig. Schwierige Wege führen hin ^C : sie ist der Hafen
der Wüste und der Ort. avo die Araber sich versorgen".
In er-ralfim^ einem Dorfe eine Parasange von ammün, an der
Gränze der Wüste, ist eine Höhle mit zwei Thoren, einem klei-
neren und einem grösseren ; man glaubt , dass wer durch das
2.5 grosse eintritt , nicht durch das kleine gehn könne und daher
einen Führer nehmen muss. In der Höhle sind drei Gräber und
sie ist es , von der nach einer auf Abdallah ibn Omar zurück-
jfehenden Tradition der Prophet erzählt hat : Drei Reisende, die
der Regen überfiel , bogen nach einer Höhle im l>erge ab. Ein
30 Stein fiel vom Berg vor die Öffnung der Höhle herab und sie
fanden sich eingeschlossen. Da sagte einer von ihnen : besinnt euch
auf gute Werke, die ihrGotte gethan, und ruft Gott damit an, ob
er sie vielleicht spalte. Einer sagte: o mein Gott, ich hatte zwei
alte Viejahrte Eltern und kleine Knaben , für die ich zu sorgen
so Dasselbe Wort, wie oben Note 4G, in C in einem Scholion durch
Mühlen erklärt, was hier anginge. Sl; Sur. 5, 2-5. S2j Eine Fa-
milie zu Jerusalem, die davon at-tirjäki hiess, erwähnt al-Kaisarämi '448—
507, Chr. I <».-,(■.— in. •{ p. 2:5 DE JoNG. S3; S. 71, 5 des Textes.
IGO
hatte, und wenn ich Abends zu ihnen /urückkehrte und molk,
f^ab ich meinen Eltern vor meinen Kindern zu trinken. Eines
Tags überfiel mich ein Unwetter ^*) und ich kam erst Abends, als
ich sie schon schlafen fand. (17()) Ich molk wie sonst, und kam
mit dem Milchgefäss und stellte mich ihnen zu Iläupten. indem ■")
ich mich scheute, sie zu wecken, ebenso aber auch mit den Kin-
dern den Anfang zu machen, die sich (vor Hunger' wanden.
Dies dauerte, bis die Morgenröthe anbrach. AV'enn du weisst.
dass ich dies gethan , um deines Angesichts Aviirdig zu sein, so
öffne mir eine Kitze, durch die wir den Himmel sehen können, lu
Da öffnete Gott eine Kitze, durch die sie den Himmel sahen.
Der zweite sagte: ich wollte eine Base, die ich liebte, wie nur
ein Mann lieben kann, besitzen, die aber nicht wollte, bis ich ihr
hundert Drachmen brächte ; ich mühte mich ab , bis ich sie zu-
sammen hatte und brachte sie ihr. Im letzten Augenblick sagte 15
sie: o Knecht Gottes, fürchte Gott und brich das Siegel nicht, als
nur rechtmässig. Da Hess ich sie, und wenn du weisst, dass
ich dies gethan, um deines Angesichtes würdig zu sein, so öiFne
uns eine Kitze. Gott öffnete ihnen hierauf eine Kitze. Der dritte
sagte ; ich hatte einenLohnarbeiter um eine bestimmte Portion Keis 20
gedungen. Als er fertig war, forderte er das ihm Gebührende und
ich bot es ihm, aber er liess es da und Avollte es nicht; ich aber
säete den Reis fortwährend, bis ich davon eine Kinderheerde und
ihren Hirten zusammengebracht. Er kam zurück und sagte:
fürchte Gott , thue mir kein Unrecht und gieb mir, was mir ge- 25
bührt. Da sagte ich : gehe zu diesen Kindern und ihrem Hirten
und nimm sie. Er sagte: fürchte Gott und treibe keinen Spott
mit mir. Ich erwiderte : ich spotte deiner nicht, nimm diese Kin-
der und ihren Hirten. So nahm er sie und ging damit weg. Und
wenn du weisst , dass ich dies gethan , um deines Angesichtes ;',u
würdig zu sein, so spalte das Übrige. Da öffnete Gott ihnen.
Diese Provinz hat ansehnliche, mit Kathedralen versehene, die
meisten Städte Arabiens an Pevölkerung und Ansehnlichkeit über-
treffende Dörfer, die Erwähnung verdienen. Aber da sie weder
kräftige , glänzende Städte , noch schwache, unberühmte Dörfer ;{5
sind, jedoch zAvischen beiden Rangstufen stehen, ist nöthig ihre
Xamen bekannt zu machen und ihre Lage anzugeben.
84; So nach Ta'labi 'Ära is Kah. 12S2, p. 447, statt der verderbten Les-
arten bei Mukaddasi und Kazwini I, li>2, II, 1U5.
170
Dazu geliürt hahl, eine Meile von liamla. mit einer Haupt-
moschee, in welcher sich viele Leute aus der Hauptstadt und den
umliegenden Dörfern versammeln. Dort ist eine -wunderbare
Kirche, an deren Thor Jesus den Antichrist tödten wird. — Ka-
hfiDSühü. an der Heerstrasse nach Damask. grosses Dorf mit einer
Hau])tmoschee. — Äkir . an der Strasse nach Makka. grosses
Dorf mit grosser Hauptmoschee. Die Einwohner haben Eifer für
das Gute-^ ; ihr ürot hat nicht seines Gleichen. — Juhnä. mit
hübscher Hauptmoschee , wo die Damasceuische vorzügliche
10 Feige wächst. — 'Amcacäs soll in alter Zeit die Hauptstadt ge-
wesen sein: die Einwohner rückten zur Ebene und zum Meer
wegen der Brunnen vor. weil (177) diese am Saum des Gebirges
sind. — Kaf ursall am, an der Heerstrasse, grosses, volkreiche.-
Dorf, zu kaisZiriJJa gehörig, mit Hauptmoschee.
15 In dieser Provinz sind am Meer feste "Wachtposten [ribüt .
wo das Aufgebot sich einfindet und zu denen die Kriegsschiffe
inid Galeeren der Byzantiner mit muslimischen Gefangenen zum
Verkauf, je drei um hundert Dinare, hinsegeln. In jedem Wacht-
posten finden diese solche Leute . die ihre Sprache kennen und
20 zu ihnen in Botschaft gehen , und es werden ihnen alle Arten
Speisen gebracht. Wenn ihre Schiffe erscheinen. Avird Allarm
geblasen , und wenn Nacht ist , wird das Feuersignal [manUra
dieses Postens angezündet, während sie bei Tage Rauch machen.
Von jedem Wachtposten bis zur Hauptstadt ist eine Anzahl hoher
2.5 Signalthürme. in denen Leute aufgestellt sind. Die manära, die
zum ribüt gehört, wird angezündet, dann die nächste, dann die
folgende, und es dauert keine Stunde, so wird in der Hauptstadt
Allarm geblasen und auf der manZira die Trommel geschlagen
und zu diesem ribät hingerufen. Die Leute ziehen in Wehr und
:{() "N^ äffen aus und die junge Mannschaft der Landgebiete versam-
melt sich; dann findet die Loskaufung statt; einer kauft einen,
ein anderer handelt einen Dirham oder chätam ^^>^ ab. bis er kauft.
SS; Merkwürdig genug schildert noch heute van de Velde , Heise II.
107, den eigenthümlichen religiö-.-moralischen Eifer an diesem Orte. S6 Kann
ohschon nicht aufgezählt bei SAUv.\niE , Journ. As. ISSo, XV, p. 440 hier
doch nur Bezeichnung einer kleinen Münze sein , wie ein ähnliches "Wort bei
DZ GoEJE Gloss. p. 222. Möglicherweise könnte es so auch aufgefasst wer-
den bei 'Llaimi .'<7s. letzte Zpüe. wo aber die gewöhnliche Bedeutuns: eben so
171
was sie mitgebracht haben . Die Ribäte dieser Provinz, in denen
die Loskaufiing stattfindet, sind ghazza^ nümäs, asJailän^ mühnz
(der Hafen von) azdnd, mZihnz der Hafen von) jubnci. Jüfä,
arsnf.
(178) Sughar nennen die Einwohner dieser beiden Frovin- ■>
zen sakar. Holle. Ein Jernsalemer schrieb an seine Familie: »aus
der tiefen ml-ar^ Hölle, zu dem hochgelegenen Paradies«. Denn
es ist eine Stadt, tödtlich für die Fremden, mit schlechtem Was-
ser; wem der Todesengel zu lange ausbleibt, reise dahin; ich
kenne im Islam nichts ihr in dieser Beziehung Gleiches. Ich lo
habe pestilentialische Gegenden gesehen, aber keine wie diese.
Ihre Einwohner sind plumpe Schwarze, das Wasser ist warm;
sie ist [C: im Sommer] wie das Höllenfeiier, aber sie ist ein klei-
nes Basra und ein gewinnbringender Markt. Sie liegt am umge-
stürzten See und ist der Rest der Städte Lots; sie kam davon, 1.5
weil die Einwohner keine Schandthat begingen und die Berge ihr
nahe sind. — Maüb^ der Wüste nahe auf dem Gebirg, iiat viele
Dörfer , sowie Mandeln und Trauben ; zu ihren Dörfern gehört
miita^ wo die Gräber des Dscha^far attajjär und Abdallah ibn
Rawäha ''") sind. — Adruh , eine an der Gränze zwischen Hid- 20
schäz und Syrien liegende Stadt, wo die Burda und die auf Leder
geschriebene Urkunde des Propheten bewahrt Avird. — iVaila,
eine Stadt an der Spitze eines Arms des Sinesischen Meers , be-
völkert, ansehnlich, reich an Palmen und Fischen, der Hafen
Palästina's und der Waarenplatz für Hidschäz. Das Volk nennt 2.5
sie aila , aila aber ist verwüstet in ihrer Nähe C : zum Gebirg
hin] und diese ist es, von der der Koran 7, 163 sagt: »frage sie
nach der Stadt, die am Meere lag«. — 3Iadjcm, eigentlich an der
Gränze von Hidschäz, weil die ganze Halbinsel (179) vom Meer
umgeben ist und madjan in dieser Provinz liegt. Dort ist der 30
Stein, den Moses emporhob, als er die Schafe Schu'aib's tränkte.
Es hat reichliches Wasser. Die Gewichte und Gebräuche sind
statthaft ist. Schefer's (Nassiri Khosrau 03) Übersetzung: les uns proce-
dent par echange, homme pour honime , les autres achetent argent coniptant
ou par Obligation scellee ist wohl nicht mit den "Worten und der Sachlage zu
vereinigen. — Von einer ähnlichen Signalkette zwischen dem afrikanischen
Tripolis und Alexandrien redet Marrekoshi 2.5.3, 14. ST; Die in der
Schlacht gegen die Griechen im Jahr S fielen.
172
die sATisclien. — Über uaila ist Meiiunigsveischiedenheit zwischen
Syrern, llidschäzeuern und Ägyptern, wie über \ibhadän\ am
richtiijsten ist es, es zu Syrien zu rechnen, weil die Gebräuche
und Gewichte die syrischen sind. Es ist Hafen von Palästina :
'» von hier fahren ihre ohne Nägel verbundenen Fahrzeuge aus.
— TahTik. kleine Stadt, in der die Moschee des Propheten ist.
Schlui?s folgt.,
Heilbäder und Badelebeii iu Palästina.
#
Von Dl. H. Declieut,
Pfarrer in Frankfurt am Main.
tber die Heilbäder in Palästina finden sieb liei älteren nnd
neneren Schriftstellern mancherlei Notizen, die meines Wissens
noch nie zusammengestellt wurden. Diese zerstreuten Angaben
zu sammeln und. so "weit es nöthig ist, zu erörtern unter Heran-
ziehung dessen, was über andere Bäder des Alterthums bekannt
geworden ist , ist die Aufgabe . die ich mir in dieser Skizze ge-
stellt',.
Wann werden p a 1 ä s t i n e n s i s c h e H e i 1 q u e 1 1 e n z n -
erst erAvähnt? Schon Gen. 36, 24 soll von Thermen die Eede
sein. Luther übersetzt hier: «Ana erfand in der Wüste Maul-
pferde, da er seines Vaters Esel hütete« : doch ist wahrschein-
lich vom Auffinden warmer Quellen die Rede, wie denn auch
die ^'ulgata Z^'C'; in diesem Sinne übersetzt"- . Es entspricht ganz
der Erzählungsweise der Genesis . dass die Entdeckung von
Quellen besonders hervorcfehoben wird •' . Welche Thermen in
diesem Fall gemeint sind . lässt sich nicht mit Bestimmtheit sa-
gen ; manche denken an die von Kallirrhoe . die aber nicht in
dem Lande Seir liefen.
1, Manche Belehrung verdanke ich der Balneologie von Lersch, "Würz-
burg 1S63. -welche nur leider gerade über Palästina viel Irriges enthält.
2 Die alte Auslegung findet freilich noch "\'ertheidiger. Avie eine Bemer-
kung des lilattes »der Israelit« beAveist in einem Keferat über einen von mir
über die Heilbäder Palästinas in Frankfurt gehaltenen Vortrag in der Nr.
vom 10. Nov. 5641 .
■'• Vgl. 16, 14; -21. 19; 26. 19 u. 32; auch Josiia 15. 10.
174
Trotz (lieser ziemlich sichern frühzeitigen Erwähnung \on
Tlienuen a\ inl doch vielfach angenommen , sie seien erst nach
dem A'organg der Griechen und Kömer in Gehrauch genommen
worden' . Da aber der berühmte liippokrates der zahlreichen
Heilquellen in Hellas kaum gedenkt und auch andere griechische
Arzte der vorchristlichen Zeit auf Mineralbäder -sveniff Gewicht
legen - , so lässt sich ebensowohl vermuthen, dass die Thermen
zuerst im Orient im Dienste der Heilkiinst verwendet wurden.
Wahrscheinlich ist dagegen, dass die Quellen Palästina's erst
kurz vor der christlichen Zeitrechnung mit Anla-
gen versehen und dadurch allgemeiner Benutzung zugäng-
lich gemacht wurden, da von künstlicher Fassung nicht vor
dieser Zeit die Rede ist. Und diese Anlagen wurden allerdings
nach griechischen und römischen Mustern gemacht.
^ or der Schilderung einzelner Bäder sind zunächst einige
Stellen aus vorchristlichen Schriften zu erwähnen, die zeigen,
welche eigenartige Vermuthungen in alter Zeit an die Ent-
stehung solcher Wasser sich knüpften. Im Buch der Weisheit
findet sich eine Stelle ;c. 10, 6 — 8), an die sich schon Seetzex^
angesichts der in einer tiefen Schlucht dampfenden Quellen bei
dem Flusse zcrkü maln am Todten Meere erinnerte. Es heisst
da : «Die himmlische Weisheit errettete den gerechten Lot , da
er dem Feuer entfloh, das über die fünf Städte herabkam, an die
zimi Zeugniss der Bosheit der rauchende wüste Boden mahnt«.
Da hier von rauchendem Land ;X£p3o;) die Rede ist , lässt sich
nicht an die nach einigen älteren Reisenden angeblich aus dem
See aufsteigenden Dämpfe denken, sondern nur an die Umge-
bung jener Thermen, von denen bei Windesstille Dampf auf-
steigt, welcher das ganze Thal erfüllt. Der Verfasser der Weis-
heit bringt also die Entstehung der Quellen am Todten Meer in
Zusammenhang mit der Katastrophe von Sodom und Gomorrha,
was ja auch insofern richtig sein kann, als die mancherlei Phä-
nomene der Gegend nicht von einander unabhängig sind.
Eine ganz ähnliche Stelle findet sich in einem der Zusätze
/.um H e n o c h b u c h (c. 67). Der unbekannte Verfasser , wahr-
1) Siehe z. B. den Artikel »Baden« in Kiehm's Lexikon.
2; Lersch, S. 90 f.
:i) Seetzen, lleisen II, 338.
175
scheinlich gegen Ende des letzten vorchristlichen Jiihrhunderts
lebend, philosophiert über dieselben Quellen, bringt aber ihr
Hervortreten in Verbindung mit dem Fall der Engel (Gen. c. 6).
Die ganze Gegend vom Gehennathal ^) , dem Strafort der gefalle-
nen Geister, bis jenseits des Todten Meeres ruht nach seiner
Meinung auf einem Feuerpfuhl : die Thermen aber bilden sich,
indem sich mit den unterirdischen Wassern Schwefelgeruch ver-
liindet, der durch das Verbrennen verschiedener Metalle entsteht.
Es entspricht dies ganz der im Alterthum überhaupt verbreiteten,
auch von Aristoteles vertretenen Ansicht, dass das Wasser so
beschaffen sei wie die Erde, durch welche es fliesst^i. Interes-
sant ist ferner, Avas über die Verwendung jener Wasser gesagt
wird, sofern hier das älteste Zeugniss für die Benutzung palästi-
nensischer Heilquellen vorliegt: »Diese Wasser werden in jenen
Tagen (zur Zeit des Verf. selbst) für die Könige und die Mäch-
tigen, die auf der Feste wohnen , dienen zur Heilung der Seele
und des Leibes (des psychischen und physischen Lebens) , aber
zur Bestrafung ihres Geistes, da voll von Wollust ihr Geist ist,
damit sie gestraft werden an ihrem Leibe, weil sie den Herrn der
Geister verleugnet haben und ihr Gericht täglich sehen und
doch nicht glauben an seinen Namen 3)«. Die Meinung ist, dass
die Bäder zwar äusserlich zur Heilung dienen, aber darum, weil
sie an die Bestrafung der Engel erinnern, eine ernste Warnung
den Grossen nahelegen sollten, welche sie benützten und das
srleiche Gericht für sich erwarten müssten. Dies wurde vielleicht
geschrieben zu der Zeit, als Herodes der Grosse mit seiner Fa-
milie häufig die Bäder von Kallirrhoe gebrauchte'*).
Man ersieht aus diesen beiden Stellen, wie sich ehedem gar
eigenthümliche Anschauungen an jene Quellen knüpften, an
welchen heute der Sohn der Wüste gedankenlos vorüberzieht.
Übriarens hat man auch sonst im Alterthum viel über die Ent-
1) Neubauer (la geographie du Talmud) meint, im Talmud werde das
Thal des Zerka Gehennathal genannt.
2) Vgl. besonders Plinius, H. N. XXXI, 4 Tales sunt aquae . qualis
terra, per quam fluunt) .
3) Ich folge hier der Übersetzung und Erklärung von Dillmaxx, Das
Buch Henoch. Leipzig 1S.33.
4) Keinenfalls ist hier mit HiLGENFELD an die campanischen Thermen
zu denken.
Ztschr. d. Pal-.Ver. VII. 12
176 _
stehuns? der Thermen gegrübelt, ^vie davon z. 15. Aristoteles
sagt, sie hätten alle einen heiligen Ursprung, weil Schwefel und
iSlitzfeuer darin wäre. Auch die Phantasie mittelalterlicher
Schriftsteller hat ^ich noch vielfach mit diesem Gegenstande be-
schäftigt ' .
Wenden wir uns nun zu den einzelnen Heil quellen.
Unter diesen sind drei von besonderer Dedeutung . nämlich die
liäder von Tiberias, Gadara und Kallirrhoe , Melche sämmtlich
Thermen sind und zu den Eigenthümlichkeiten der Jordanspalte
gehören. Am berühmtesten waren einst die heissen Wasser von
Tiberias . von welchen der babylonische Talmud sagt . dass sie
noch von den W^assern der Sintfluth übrig seien . durch deren
Anschwellen der Erdboden überdeckt ward 2). Dasselbe wird
auch von den Bädern von Gadara berichtet, sowie von der Quelle
von Biram, welche Neubauer allzu kühn mit Kallirrhoe identi-
ficiert ^1 . Es lässt sich wenigstens so viel daraus schliessen. dass
diese Quellen bei den Juden wohl beachtet wurden.
Was zunächst Tiberias betrifft, so hat sich an die Benen-
nung der Bäder manche Streitfrage geknüpft. Sie werden
nämlich bald Thermen von Tiberias genannt, bald erscheinen sie
mit einem eigenen Namen (hehr. Hamath. griech.Aaixaouc. heute
Hammäm^y . Es erklärt sich dies daraus/dass aller Wahrscheinlich-
keit nach schon vor Gründung der Stadt eine Ansiedlung an den
Quellen sich befand — wenn anders man das Recht hat, das Jo-
sua 19, 35 genannte Hamath mit dem Thermenorte zu identifi-
cieren — dass der Badeort aber allmählich sich mit Tiberias ver-
Ij Die Stellen aus alten Autoren siehe belLERSCn, S. 16; von mittel-
alterlichen vgl. HoxORius, Imago mundi c. 8; Gervasiüs , Otia imperalia
c. XIII und besonders LlGUUlNUs I, 417 f.
2 Sanhedr. Babyl. fol. 108, 1. Zahlreiche andere Stellen des Talmud
über die Thermen von Tiberias finden sich zusammengestellt in der Abhand-
lung von "NVicnM.vxNSHAUSEX , De thermis Tiberiens. in Ugolino thes. VII,
Nr. 23, woraus viele der im Folgenden angeführten Citate entnommen sind.
3) Neubauer a. a. O. p. 35, Genaueres darüber später.
4/ Merkwürdigerweise nennen die Mu>;limen ein altes theils in den Felsen
gehauenes, theils aufgebautes Gemach westlich vom Grabe Davids bei Jerusalem,
welches zumlUiden gedient hatte, I.iammüm Tabarije (Sepp, Jerusalem und das
heilige Land 1, 174. Tabarije ist aber Tiberias. Über die Entstehung jenes
Namens ist mir nichts bekannt, vielleicht liegt eine Beziehung auf den Kaiser
Tiberius vor Tiberiusthermen .
177
schmolz. Diese Thatsache wird durch den Talirmd ausdrücklich
bezeugt 1). Es meinten darum Manche, Quellen von Tiberias inul
Quellen von Ilamath unterscheiden zu sollen, allein die kleinen
Quellen, die heute in einigen Hänsern der Stadt sich befinden 2),
haben sicher niemals eine liedeutung gehabt. Dagegen hat der
Umstand, dass Josephus bald von Thermen in Tiberias (iv Tißs-
{>iaoO , bald von Thermen nicht weit davon, im Dorfe 'Aix;x7.ou;
redet, neuerdings Furrer veranlasst 3) , ein innerhalb Tiberias ge-
legenes Ilamath nnd ein 40 Minuten nördlich gelegenes Emmaus
zu unterscheiden , da auch im Norden der Stadt laue Quellen
sprudelten , die im vorigen Jahrhundert einen höheren Wärme-
grad gehabt hätten. Die Gründe , die er für seine Behauptung
anführt, sind zweifelsohne sehr beachtenswerth. Aber obwohl
auch SociN u. x\. ihm beigepflichtet haben, so scheint mir die
traditionelle Ansicht richtiger. Da indessen diese Frage mit der
äusserst schwierigen andern Streitfrage zusammenhängt, ob Tari-
chaea nördlich von Tiberias lag, wie Furrer , Socin, Quandt,
Wilson und Kitchener behaupten, oder am Südende des Sees,
wie PlikitjS angiebt, so verzichte ich hier auf eine eingehende
Begründung der überlieferten Ansicht, indem ich mir vorbehalte,
an anderem Orte darauf zurückzukommen und besonders die
scliAvierigen Stellen bei Josephus, die hierher gehören, zu er-
läutern '; .
1) Vgl. LiGHTFOOT; Horae talm. p. 224 u. Neubauer, p.208. Die Stelle
findet sich (nach Neubauerj Hier. Erubin V, 5 und lautet nach seiner Über-
setzung also : »Die Einwohner einer grossen Stadt können sich am Sabbath
in eine kleine Stadt begeben. Ehemals hatten die Einwohner von Tiberias das
Kecht, den Sabbath in ganz Hamath spazieren zu gehen , während die Ein-
wohner dieses Dorfes nur bis zur Seeküste (cote; gehen durften. Gegenwärtig
aber bilden Hamath und Tiberias eine Stadt«. Nach Babyl. MegillatI, 1
betrug die Entfernung nicht ein Milliare.
2) Vgl. BURCKUARDT in der Bibliothek der wichtigsten Keisebeschrei-
bungen von Gesenils II, 571.
3) ZDPV. 1879, S. 54 f.
4) Da die Berichte des Herrn Prof. W. A. Neumann aus Wien und des
Herrn Ad. Frei aus Zürich über ihre Untersuchungen am See Tiberias vor-
aussichtlich unsere Kenntnisse gerade auch der Umgegend der Stadt Tiberias
erweitern werden , so wird es gcrathen sein , die Ergebnisse dieser Reisen
behufs Bestätigung oder Berichtigung des eigenen Urtheils abzuwarten.
Anm. der lled\ction.
12*
17S
Doch glaube ich wenigstens in kurzen Worten die Gründe
nnluhren zu soHeu . ^velche mich abhalten , der so bestechenden
FuKKER'schen Ansicht mich anzuschliessen. ]ki keinem der
alten Autoren tindet sich eine Andeutung, dass ausser dem Avelt-
beriihmten Bad im Süden ein zweites bei Tiberias sich befunden
habe. Der Talmud spricht stets nur von einem Ilamath bei die-
ser Stadt; waren aber auch im Norden heilkräftige Thermen
gewesen, so -würde er sich mit diesen gewiss gleichfalls beschäf-
tigt haben, da über den Gebrauch der anderen die subtilsten Be-
>timmungen getroffen wurden. Dass aber die Wasser des von
JüSEPHUS genannten Emmaus nicht nur warm waren , sondern
auch Heilkräfte besasseu, sagt er ausdrücklich (B. J. IV.
l, 3). Auch dieser Autor kennt wie alle Andern offenbar nur
ein Bad bei Tiberias, wie die Stelle Ant. XVIII, 23 beweist, wo
er bei Erwähnung der Gründung der Stadt sagt: iispjxa os oux
a-iobcv £3r'.v iv -/.tuar, • 'Aiitiaou: ovoaa ao-r,. Warum sollte er an
dieser Stelle, wo es sich um die Bedeutung der neuerbauten
Stadt handelte, die unbedeutenden Wasser 40 Minuten nördlich
von Tiberias erwähnen und die überall bekannten im Süden un-
genannt lassen? Dazu kommt noch, dass südlich gewaltige
Mauerreste* sich erhalten haben, welche von dem von Josephus
erwähnten Eömerlager bei Emmaus herrühren mögen , während
im Norden solche Ruinen fehlen . De Saulcy (Journal des Sa-
vants, Aoüt 1879. p. 495) hebt sogar hervor, dass noch zwei
Parallelgräben erkennbar seien, wie er 1851 constatirt habe. So
möchte ich meinerseits die Identität von Emmaus und Hamatha
festhalten, wie denn auch an der Identität des Hamath bei Ga-
dara mit dem 'Euiiaila des Eusewus und dem heutigen cl-Iuwnnü
^s. u.' niemand ZAveifelt. W^enn aber Josepiiüs die Thermen zu-
weilen als Quellen von Tiberias benennt, so hat er damit nur die
Zugehörigkeit z\im Stadtgebiet andeuten wollen . da er Zugehö-
rigkeit zur eigentlichen Stadt nicht wohl in jener Zeit behaup-
ten konnte, wenn anders die Angaben des Talmud über die ur-
sprüngliche Nennung von Hamath und Tiberias irgendwie glaub-
würdig sind. Denn in der kurzen Frist von 50 Jahren. Avelche
damals seit Gründung der Stadt verflossen waren, wird die Ver-
schmelzung beider Orte noch nicht erfolgt gewesen sein.
Nach diesem topographischen Excurse wenden wir uns zu-
nächst zur Schilderung der heutigen Beschaffenheit der
17<)
Thermo 11, aus der sich aiicli auf die Eigenschaften dersellieii
in alter Zeit ein iSchluss ziehen lässt, mögen gleich die Wärme-
grade vielfach variirt haben. Nach neueren Untersuchungen '
haben die Thermen gegenwärtig die hohe Temperatur von -IS'^R.
und enthalten Schwefel , Salz und andere l^estandthcile ; der
Geruch ist schAveflig, der Geschmack salzig -bitter. Heilsam
erweisen sie sich besonders bei Rheumatismus, Scorbut und Le-
pra. Das Wasser wird auch getrunken ; es hat die Wirkung der
Karlsbader Quellen, mit welcheu die Thermen von Emmaus sich
überhaupt ara besten vergleichen lassen. Dabei soll das Monate
lang herrschende Treibhausklima 2) für Kheumatismusleidende
sich günstig erweisen, während es allerdings auch leicht Fieber
hervorruft.
Wann hat nun dieses l^ad grössere Bedeutung
erlangt? Vermnthlich hat erst die Gründung von Tiberias (20
n. Chr.) den Anlass zu einer Benutzung der Quellen in grossem
Style gegeben. Die Nähe der heilkräftigen Thermen war wohl
auch eine der Ursachen , welche Herodes Antipas veranlassten,
gerade an dieser Stelle seine Residenz zu erbauen; jedenfalls
musste der grosse theils erzwungene . theils freiwillige Zufluss
von allerlei Volk nach dem »galiläischen Versailles« für das Had
epochemachend werden. Die neue Stadt wurde mit grosser
Pracht ausgestattet und erhielt ihre Hauptzierde in einem völlig
heidnisch ausgeschmückten Palaste , dem goldnen Haus ; aber
auch in dem nahen Hamath wurden damals Bauten nach rö-
mischem Muster errichtet. Nicht lange allerdings blieb Tiberias
Residenz; Agrippa 1. wohnte noch da, Agrippa H. aber bevor-
zugte Sepphoris. Doch zeugen heute noch bedeutende Ruinen
aus Syenit und Granit, unter denen noch eine einzige Säule sich
aufrecht erhalten hat, von der verblichenen Herrlichkeit. Es
1) Nach CoNDER beträgt die Temperatur von drei Quellen 132, 143 und
144° F. Mit geologischen Untersuchungen beschäftigte ^ich Lieutenant
liYXCH, der Anführer der United States Expedition to explore the dead sea
and the river Jordan ; vgl. den Official report, Baltimore 1S52, p. 135.
2) Dr. B. Neumann , Die heilige Stadt und deren Bewohner in ihren
naturhistorischen, culturhistorischen, socialen und medicinischen Verhält-
nissen, Hamburg 1S79, berichtet S. 42, dass die Hitze in Jer Luft mitunter
über 40° R. steige. Derselbe spricht sich S. 44 nach eigener Erfahrung sehr
günstig über die Wirkungen der Bäder aus.
ISO
■waren hier Laiulhüuser zAvischen Stadt und IJad von Vornehmen
errichtet, ähnlich \vie bei den heissen Bädern von Hajä am Golf
von Neapel. Das liadeleben wird überhaupt unter den Herodia-
neni völlig römisches Gepräge getragen haben.
Die ersten Zeugnisse über den Gebrauch der Thermen fallen
in die Zeit des jüdischen Krieges. Schon war ein römischer
Schriftsteller auf dieselben aufmerksam gemacht worden, der
ältere Plinus. welcher schreibt ' : »Tiberias aquis calidis salu-
brisv<. Mehrfach erwähnt die Bäder Josephus, der unter anderem
eine Episode aus seinem eigenen Leben berichtet, bei der sie
eine Rolle spielen ^i . Der fanatische und verwegene Freischaa-
renführer Johannes von Gischala trachtete ihm, dem mehr aristo-
kratisch gesinnten und durch mancherlei halbe Massregeln ver-
dächtigen Statthalter von Galiläa , nach dem Leben. Um nun
ungehindert nach Tiberias zu gelangen, heuchelte er eine Krank-
heit und bat Josephus brieflich , ihm die Benutzung der Ther-
men zu gestatten. Kaum aber angekommen, warf er die Maske
ab und reizte den Pöbel zur Empörung, so dass der rasch herbei-
eilende Statthalter ermordet worden wäre , hätte er sich nicht
rasch auf die Mitte des Sees geflüchtet. Nach dieser Erzählung
muss der Besuch des Heilbades damals bereits etwas allgemein
Übliches gewesen sein, da Josephus in der Kitte des Gischaleners
mehts Auffälliges gefunden hat. Bald darnach wurde das mehr-
fach erwähnte Lager bei dem l^adeorte aufgeschlagen, und die
Gräuel des Krieges wütheten an der ehemals so friedlichen
Stelle.
Viel ausführlicher sind die Nachrichten aus der auf die Zer-
störung Jerusalems folgenden Zeit. Bis zum Jahre 100 waren
Stadt und Bad noch in der Hand von Agrippa IL , der sie nur
vorübergehend verloren hatte ; dann aber standen sie Jahrhun-
derte lang unter römischer Herrschaft. Unter Trajan wurde eine
Münze mit dem Bilde der Ilygiea geschlagen. Möglicherweise
verehrte die zahlreiche heidnische l^evölkerung die Lochte- Äs-
culaps, wie dies an vielen Heilquellen in Griechenland und Rom
Ij Plin.V, 15. Unrichtig ist die Bemerkung von Neubauer 'p. 33], dass
Pli.nius, wie Josephus, die Thermahvasser unter dem Namen von Enimaus
kenne.
2 Bell, jud, II. 2 K 6 und Vita c. 16.
ISJ
der Fall war ') ; ■wahrscheinlich handelte es sich um eine sym-
bolische Darstellung-. Jedenfalls hat ein solcher Cultus nicht
lange bestanden ; denn Tiberias wurde bald eine so ausschliess-
lich jüdische Stadt, dass lange Zeit Heiden, Saraaritaner und
('bristen nicht einmal daselbst sich niederlassen durften — trotz
der heidnischen Götter Jupiter, Hercules, Astarte), welche nach
Avie vor die Münzen der Stadt neben den Bildern der Cäsaren
schmückten. Unter Hadrian wurde der Bau eines mächtigen
Tempels, des Hadrianeums, begonnen, der nach Sepp II, 152)
an der Stelle der Bäder gestanden haben soll, \yenn dies auch
bei Epiphanius (XXX, 12) nicht gerade gesagt ist, so ist es
allerdings nicht unwahrscheinlich , da man im vierten Jahrhun-
dert den Bau in ein öif entliches Bad ver-svandeln wollte, was je-
doch durch den eifrigen Convertiten Josephus, der eine Kirche
daraus machte, verhindert ward.
Allmählich erfolgte jene merkwürdige Umwandlung der
Physiognomie von Tiberias. Die Stadt, welche einst die Eesi-
denz sittenloser und gottloser Fürsten gCAvesen war, in der Thea-
ter sich befanden und Gladiatorenspiele gefeiert wurden, wird
nun zum Sitze rabbinischer Gelehrsamkeit; die anfangs wegen
ihres Ursprungs für unrein gehaltene und von strengen Juden
gemiedene Stadt erhielt allmählich dreizehn Synagogen und ein
so hohes Ansehen, dass sie heute noch bei den Israeliten neben
Jerusalem, Hebron und Safed als heilige Stadt gilt. Diese Ver-
wandlung steht übrigens wdeder mit der Geschichte der Thermen
in Verbindung. Tiberias hatte als unrein gegolten, weil ehedem
an der Stelle ein Todtenfeld gewesen war (die Stadt soll an der
Stätte von Rakat Josua 19, 35 erbaut worden sein). Als aber
Rabbi Simon ben Jochai, nachdem er 16 Jahre in einer Höhle
zugebracht hatte, von einer Krankheit, die er sich dadurch zuge-
zogen, in den Thermen frei ward, vollzog er aus Dankbarkeit die
Lustration der Stadt . nicht ohne Widerspruch , der aber nach
einem Gottesgericht an einem Spötter verstummte. Nun wurden
die Mischna und die Gemara in Tiberias gesammelt , und selbst
auf die Badevorstadt fiel ein Theil des Glorienscheines, der Ti-
berias umstrahlte, indem der hochgefeierte Rabbi Meir in der
1) Beispiele bei Lersch , S. 28 Aegium , Liguri , Godesberg. Prusa
u. s. f.).
182
durti»'eu Svuaifoge lehrte i). In dieser Zeit haben die berühm-
testen Geset/lehrer die lleihiuelleu gebraucht — so badete Kabbi
Josua ben Levi auf den .Schultern eines andern Rabbi-, — mehr
noch, sie übten sogar die Aufsicht über den Gebrauch der Bäder,
so dass das ganze Badeleben nun jüdisches Gepräge annahm
und den schneidendsten Gegensatz gegen das Badeleben zur Zeit
der llerodianer bildete. Dabei erhoben sich mancherlei JStreit-
fnigen. Die Entscheidung über den gegenseitigen Besuch der
Bewohner von Tiberias und Hamath am Sabbat -wurde bereits
erwähnt. Besonders aber beschäftigte man sich mit der Frage,
ob das Wasser der Thermen dem auf Feuer erwärmten gleichzu-
achten sei, da in diesem Falle jeder Genuss desselben am Sab-
bath verboten gewesen wäre. Darüber äussert sich noch im 12.
Jahrhundert der bekannte Maimoxides im Anschluss an die Aus-
sprüche früherer Talmudisten und erklärt, dass jenes Wasser
nicht als gewärmt aiiz\isehen sei, weil es aus einem schwefelhal-
tigen Quell hervorgehe •' . Eine andere Streitfrage hatte einen
sehr praktischen Hintergrund^ . Als nämlich die Einwohner
von Tiberias einen Kanal machten, der kaltes Wasser hinzufüh-
ren sollte, aber an einer Stelle durch das Thermalwasser führte.
da sagten die Weisen, es sei das Kanal wasser als vom Feuer er-
wärmt zu betrachten. Mau dürfe darum am Sabbath nicht davon
trinken, noch ein Glied darin waschen; am Festtag sei zwar dies
nicht untersagt, wohl aber das Baden des ganzen Körpers. Der
Beschluss auf diese casuistische Entscheidung hin lautete: die
Wasserleitung ist anders zu legen. Nach jener Stelle bei Mai-
MONIDES hätte man vermuthen sollen, dass dem Quellwasser Ave-
nigstens keine verunreinigende Wirkung zugeschrieben worden
wäre; das ist aber doch geschehen, weil es zu den sogenannten
^-weichen Wassern« gerechnet wurde ^; , welche unter keiner Be-
dingung bei heiligen Handlungen verwendet werden sollten. Es
findet sich darum die eigenthümliche Bestimmung, dass jemand,
der in Ilamath gebadet hat, auch wenn er sich mit zehn Lein-
IJ Jer. Sota I, Hai. \.
2, AVicuMA.NXsuALSEN, \). DCCCCLXXYII (Schab, fol. 3, 1;.
?, WicuMANNsn.vusEN , p. DCCCCLXXVI Maim. ad Mischna z^vy..
cap. IX, Hai. 1).
4i WiciiMAXNSHAUSEN, p. DCCCCLXXX (Schab, c. HI, Hai. 4, fol. 16 .
5, Genaueres bei WlCHMANXSH.\usEN, p. DCCCCLXXVII.
183
tücherii abtrocknete, sie nicht mit der Hand wegtragen durfte,
damit nicht etwa ein aus Versehen mhgebrachter Tropfen mit
heiligen Gefiisseu in Berührung käme. Hatten dagegen Zehn
sich mit einem Tuch abgewischt, so durfte es hinweggenommen
werden, da sich voraussetzen lässt. dass mehrere Personen sich
k'ichter vor \'erunreinigungen schützen können, als es einer ein-
zehien möglich ist ^j . Aus diesen seltsamen Bestimmungen er-
sieht man nicht nur, wie unbedingt der Einlluss der Gesetzesleh-
rer damals auf die Gestaltung des Badelebens war. sondern auch
welch eine hohe Bedeutung die Bäder für das öffentliche Leben
in Palästina hatten.
In jenen Tagen war die U m g e b u n g von T i b e r i a s unge-
mein lieblich. Die Stadt, bespült von den Wogen des galiläi-
schen Meeres, war umgeben von einem Kranze von Dörfern und
kleinen Städten, die inzwischen grossentheils verschwunden oder
zerfallen sind. Und während heute die Berge nackt und kahl
sind, waren sie damals von Weinbergen und Fruchtbäumen ganz
überdeckt. Während heute den Blicken der Reisenden kaum
ein einziges Boot sich darbietet. Avar einst der so fischreiche See
mit zahllosen Kähnen und grösseren Schiffen übersäet, so dass
die Badegäste von Emmaus so gut wie die von Bajä^) sich durch
Fahren auf dem Wasserspiegel die Zeit vertreiben konnten. So
war die Umgebung äusserst anziehend und das Treiben am See
in Folge des lebhaften Verkehrs lebendig genug. So viel sich
auch seitdem geändert hat , meint doch Seetzen , wenn dieses
Bad mit seinen Umgebungen in Europa läge, würde es einer der
besuchtesten Badeörter sein 3^.
Es wäre interessant, auch über die Badeeinrichtungen
Genaueres zu erfahren; aber es fehlt an einer Beschreibung.
Vielleicht lassen sich einmal bei genauerer Untersuchung der
Ruinen von Hamath hierüber Ermittelungen anstellen. Vermuth-
lieh sind die Einrichtungen in der talmudischen Zeit weniger
i; "WiCHMAXXSHAi-SEN, p. DCCCCLXXVII fSchab. cap. XXII. Hai. 5,
p. 70).
2; Seneca ep. 51. Er beobachtete ebrios per littora errantes, et comes-
sationes navigantium et symphoniarum cantus strepentes lacus et alia. Fer-
ner erwähnt er tot genera cymbarum variis colovibus picta.
3) Seetzen I, 349.
1S4
luxuriös gewesen, als die der römischen Badeorte, doch waren
sie denselben nachgebildet. Wenigstens finden sich die einzel-
nen IJestandtheile der palästinensischen Badeanstalten, welche ab
und zu erwähnt werden, auch in den Thermenhäusem des Abend-
landes. Aus den Nachrichten ist nicht ersichtlich, ob ausserdem
Wasser auch die heissen Dämpfe benutzt wurden , wie es heute
die Beduinen in sehr primitiver Weise thun, indem sie auf einem
Zweiggeflecht sich in ihren wollenen Mänteln über dem dam-
pfenden Spalte von Theimen lagern. Zu l^ajä haben bekannt-
lich gerade die Schwitzbäder grosse Bedeutung gehabt \i . Sicher
ist dagegen, dass die Wasser nicht nur zum Baden benutzt, son-
dern auch getrunken wurden , und zwar , wie Maimonides sagt,
ut ventrem relaxent. Endlich ist noch erwähnenswerth , dass
neben dem l^assin mit salzigem Wasser nach dem Talmud ein
Bassin mit Siisswasser sich befand 2).
Die Zeiten änderten sich, und nach dem Siege des Christen-
thums über das Heidenthum zog auch in Tiberias der neue
Glaube ein ; doch war selbst nachmals die Bevölkerung grossen-
theils aus Juden zusammengesetzt, so dass das Treibeii in Ha-
math sich wohl nicht sehr veränderte, bis die Eroberung Palästi-
nas durch die Araber erfolgte. Aus der Zwischenzeit haben wir
nxir die kurze Notiz des Pilgers Axtoxixus Martyr^j : Deinde ve-
nimus ad mare Tiberiadis , in civitatem Tiberiadem, in qua sunt
thermae salsae«. Der Badeort hatte inzwischen, wie es scheint,
den eigenen Namen verloren , nachdem er mit der Stadt völlig
verschmolzen Avar. Bald nach dieser Zeit brachte das Jahr 637
eine folgenschwere Umwälzung: Tiberias stand von nun ab fast
ununterbrochen unter der Herrschaft der Muslimen. Doch wur-
den die Christen geduldet; Willibald sah (723 — 26) viele Kir-
chen^), und um SOS gab es sogar ein Mädchenkloster daselbst^).
Auch die Bäder werden um diese Zeit noch einmal von einem
Abeiulländer erwähnt, dem Beda Yexerabilis, der allerdings
nur die ^^'orte des Plinils wiedergiebt ''') .
Jj Gegen die Sch-svitzbäder sagt Seneca : omnis sudor per laborem exeat.
2) Nei BAlEU a. a. O. p, 35. Hieros. Sab. III, 4.
3) Itinera Hierosolymitana et descriptiones terrae sanctae ed. Tobler et
MOLTNIEU. Genev. 1ST9, c. VII, p. 94.
4) Hüdoeporicum in den Itinera ed. ToBLER, c. XIV, p. 304.
5) Tobler, Itinera XII. Comraentatorium de casis dei p. 261.
6) Tobler, Beda de locis sanctis c. XI.
1S5
Dagegen treten uns genauere Nachrichten aus arabischen
(Quellen entgegen. Zur Zeit des Istachri scheint die Hitze des
Wassers sehr gross ge"\vesen zu sein ; denn er meklet in seinem
\\m die Mitte des 10. Jahrhunderts verfassten r.lUich der Län-
der«') : die Quellen seien so ■vvarm, dass Felle, die man in der
Stadt hineinwerfe, noch kahl würden«. Diese Notiz ist besonders
auffällig, weil derselbe Schriftsteller die Entfernung der Thermen
von der Stadt irrigerweise auf nicht weniger als zwei Parasangen
angiebt. Nach dieser Stelle scheinen Gerber die Quelle benutzt
zu haben, wie es schon im Alterthum oft an andern Thermen
geschah. Noch berichtet Istachri, das Wasser könne nur mit
Mischung gebraucht werden. Sehr anschaulich beschreibt Edrisi,
der offenbar Augenzeuge war, das Badeleben zu seiner Zeit
1154)2). Zw^ar war Tiberias eben damals wieder unter christ-
licher Herrschaft, aber dies scheint wenig die Physiognomie der
Stadt verändert zu haben. Sie war allmählich eine entschieden
muslimische Stadt geworden. Juden lebten nur noch 50 daselbst,
wie der Zeitgenosse Edrisi's , der jüdische Eeisende Benjamin
VON TüDELA, berichtet, der auch die Bäder besucht hat. So sind
denn auch die Namen der einzelnen Bäder arabisch. Das grösste
derselben hiess El Demaker. Die Hitze des Wassers war daselbst
so stark, dass man ein Ei sieden konnte. Zwei andere Quellen
waren kleiner und hatten süsses Wasser. Während diese alle
keiner Erwärmung bedurften, musste das »kleine Bad« geheizt
werden. Dies war ursprünglich von einem orientalischen Für-
sten für seine Angehörigen angelegt , dann aber aus Liberalität
der Öffentlichkeit übergeben worden. So hat denn Emmaus
auch einmal ein Fürstenbad gehabt, wie manche moderne Bade-
orte. Ausserdem Avurden noch einige Aveiter südlich gelegene
(iuellen von Hinkenden, Gichtbrüchigen, Magenleidenden und
Hautkranken benutzt , die von allen Seiten herbeiströmten und
sich drei Tage im Wasser aufhielten. Auch hier haben also, wie
anderwärts, die Araber sich bemüht, von den Eömern angelegte
Bäder zu neuer Blüthe zu bringen 3] .
1] Erschienen bei Mordtmann, Hamburg 1S45, S. 53. Siehe Ritter,
Vergleichende Erdkunde der Sinaihalbinsel , von Palästina und Syrien, II,
303. Siehe auch Gildemeister, ZDPV. 1SS3, S. 5.
2) Recueil de voyages et de memoires V, 347.
3) Bei Lersh, S. 146, sind andere Beispiele genannt.
186
Das Had gehörte damals noch zur Stadt , die als sehr um-
fangreich und schön geschildert -wird. Aber 1 IS7 litt sie schwer
durch Saladin. der sie fast ganz zerstören Hess. Nun verödete
Tiberias allmählich , wie aiis einer Beschreibung des kurdischen
Fürsten und Schriftstellers Abulfkda hervorgeht, und der Bade-
ort zerfiel ebenfalls. Doch lagen noch zur Zeit von Burchard
(1283') und Mauxdeville (1336)2) die Thermen innerhalb der
Stadt. Bei arabischen Schriftstellern soll der Ort den Namen
llusseinia geführt haben nach einem gewissen Hussein, von dem
Aveiter nichts bekannt ist 3] . Wenn diese Angabe richtig ist, so
dürfte der Badeort den neuen Namen wohl um die Zeit erhalten
haben, wo er nach dem Verfalle der Stadt wieder seine Selbst-
ständigkeit erlangte. In neuerer Zeit trägt das Bad den Namen
el-hanunüm.
^^ ir übergehen die mancherlei Erwähnungen der Thermen
durch die Keisenden des 15., 16., 17. Jahrhunderts und bemer-
ken nur, dass nach den Angaben derselben es um das Badeleben
sehr armselig aussah. Genauere Mittheilungen begegnen uns
erst wieder in den beiden letzten Jahrhunderten. Nach einer
Notiz, die Relaxd erhielt ^ , sollen die Thermen 1710 in Folge
eines Erdbebens gestockt haben ; doch war dieser Zustand nur
vorübergehend, da bald danach andere Reisende (z. B. Hassel-
QUisT 1751) sie wieder benützt fanden. Am Anfang dieses Jahr-
hunderts geschah endlich ein Schritt seitens der Türken zur
Hebung des Bades. Der sonst durch seine Grausamkeit bekannte
Dschessär-Pascha Hess an der Hauptquelle ein Pjadehaus nahe
dem See errichten. Bürckhardt schildert das Gebäude ausführ-
lich, wie er es 1812 vorfand'^). Es enthielt zwei getrennte Ge-
mächer für beide Geschlechter. Das Männerbad war viereckio-
mit einem grossen steinernen Bassin (acht Fuss lang und breit
und drei Fuss tief), das von steinernen Bänken umgeben war.
Man blieb 10 ^Minuten im Wasser und ruhte dann eine Stunde
auf einer Bank. Daneben befand sich eine Kaffeestube, in der
t) Burchardus, ed. L.\urent G, 5.
2) The voyage and travel of Siv Maundeville, p. 14U.
3) Pinner, Conimentar des hieros. und bab. Talmud 115. Siehe Sepp
II, 1.50.
4) Palästina p. 703.
5 Bibliothek a. a. O. 11. 573,
187
auch Fremde wohnen konnten — die einzige ]3eqnemlickkeit,
welche dem 13esucher sich darbot, der allerdings umsonst baden
durfte. In der Hauptsaison (Juli) eilten zahlreiche Gäste aus
Syrien lierbei.
Heute wird diese Anstalt nur von Armen benutzt, da Ibra-
him Pascha 1S33 in der Nähe der Ha\iptquelle ein neues schöne-
res Gebäude für Wohlhabendere errichten Hess , welches sogar
Privatstuben mit weissen Marmorplatten besitzt i) . In der Mitte
befindet sich das öifentliche 13ad, ein grosses rundes Gemach mit
Marmorpflaster und verschiedenen Nischen. l>eide Gebäude
haben merkwürdigerweise das Erdbeben von 1S37 überdauert,
das sogar die Mauern der Stadt niederwarf, Avelche seitdem noch
trübseliger und schmutziger aussieht als zuvor. Sogar die liade-
stuben sind inzAvischen wieder verwahrlost'-). Was die Behand-
lung der Patienten anlangt , so unterscheidet sich dieselbe nicht
von der in allen andern türkischen Bädern herrschenden Me-
thode, deren Beschreibung hier füglich unterbleiben kann^j.
Blicken wir zurück auf die zahlreichen Zeugnisse aus so
verschiedenen geschichtlichen Perioden, die sich leicht noch ver-
doppeln Hessen, da hier nur der wichtigsten gedacht ist, so müs-
sen wir sagen: Es ist dies eins der wenigen Heilbäder^ Avelche
eine ununterbrochene Tradition von fast zAvei Jahr-
tausenden besitzen, und schon aus diesem Grunde dürften
jene Thermen Beachtung verdienen. Vielleicht schlägt auch für
dies Bad noch einmal die Stunde neuen AufscliAvungs. Eine
Eisenbahn von Damascus nach Tiberias hat bereits der Englän-
der Oliphant in Vorschlag gebracht. (Siehe ZDPV. 1581,
p. 135).
L'nser Weg führt weiter zu den gleichfalls vielgepriesenen
Quellen von Gadara, jetzt Lm Kes genannt, in der Schlucht
*\es, scherlat el-nienüclire. Wir betreten, nachdem Avir die Tief-
1) Eine Abbildung beider Anstalten findet sich bei Sepp II, 149. Ge-
naueres auch bei Hitter II, 303.
2) OiiELLi Keisebeschreibung, S. 253, und De Saulcy, Nuniismatique
de la terre sainte, p. 333. Der Besuch des Bades ist aber noch ein starker;
nach Selah Merill kommen immer noch Schaaren tlieils der Heilung,
theils des Vergnügens wegen.
3, Vgl. Neumanx a. a. O., S. 453 f.
ISS
ebene des Ghor verlassen haben, ein enges Thal, welches auf
beiden Seiten von mehr als 100 Fuss hohen, schwarzen Felswän-
den eingeschlossen ist. Zwischen den Felsen braust der Fluss
reissend dahin, an den mit Oleanderstrüuchen bedeckten Ufern
vorüber. Zuerst trifft man auf der Nordseite die heisseste der
Quellen, heute hammat esch-schech . »Quelle des Häuptlings« ge-
nannt : dann folgen thalaufwärts noch mehrere Thermen . theils
südlich, theils nördlich von dem Flussbett gelegen. Die Tempe-
ratur beträgt etwa 27 — 35° E. i : das Wasser ist schwefelhaftig.
Im ganzen sollen es zehn Quellen sein"-).
Auch an dieser Stelle befand sich in alter Zeit eine Ansie-
delung, welche trotz der Nähe von Gadara ihren eigenen Na-
men führte, der oft zu Verwechselungen mit dem Badeorte bei
Tiberias Anlass gab; sie hiess nämlich auch Hamath^). grie-
chisch 'Atxaiia oder 'EtxtjLaöa (vgl. Eusebius, Onom. ad vocem
Aiixai)]. Diese .Thermen erlangten eine besondere Bedeutung
durch die Nähe der umfangreichen . auf der südlichen Hügel-
reihe erbauten Hauptstadt der Dekapolis. Gadara Avar übrigens,
wie aus den Trümmern von Tempeln und Theatern hervorgeht
und auch von Josephus^ u.A. bezeugt wird, eine vorherrschend
heidnische Stadt, in welcher die Juden niemals im Stande waren,
dem socialen Leben den Stempel ihres Wesens aufzudrücken.
wie in Tiberias. So erzählen denn auch jüdische Schriftsteller
nicht viel über die Bäder von Gadara. und wir sind mehr auf
heidnische und christliche Berichte ausgewiesen.
Wann die Quellen gefasst und mit Anlagen versehen
wurden, ist auch hier ungewiss; jedenfalls geschah dies erst
einige Zeit nach Wiederherstellung der vorher lange verödeten
Stadt duich Pompejus (um 60 v. Chr.. Noch zu Strabo's Zeit
1 Nach Merill beträgt die Temperatur von fünf Quellen, die er be-
suchte, 115", lor, 92", 83" und 112° Fahr. Am grössten ist die Quelle von
1U3°. Vgl. Palestine Exploration Fund, Statements for l^TU (Modern Re-
searches in Palastine by Ilev. Selah Merill p. 14i;.
2) Auch über diese Quellen hofft die Redaction in der nächsten Zeit ge-
nauere Untersuchungen bringen zu können. Anm. d. Red.
3; Der Name ist aus dem A. T. nicht zu belegen, sondern aus dem Tal-
mud, und zwar in der Form sr-cn , vgl Neibauer , Fa geographie du Tal-
'""«l P- ^^- Anm. d. Red.
4 Ant. XVIL Jl. 4.
189
(ca. 20 V. Chr.) war an Stelle des nachmaligen ]>ades ein grosser
Sumpf. Er sagt nämlich ') : »iv t(i Paöapioi existiere ein uowo [xoy-
Or^iiov XiixvaTov«, nach dessen Genüsse die Thiere Nägel, Klauen
und llörner verlören. Wenn diese Stelle mit Hecht auf die Ther-
men bezogen wird, so lässt sich annehmen, dass man nachmals
der Stagnation des Wassers ein Ende bereitete und dad\irch erst
die Bäder recht benutzbar machte. Jedenfalls ist kein anderes
Gewässer im Gebiete von Gadara bekannt, auf welches sich die
Worte beziehen Hessen.
Genauere Mittheilungen erhalten wir erst spät. Josephus,
der die Stadt oft erwähnt , berichtet nichts von dem Bade, wor-
aus sich schliessen lässt, dass dasselbe nur langsam zur Blüthe
gelangte. Zur Zeit der Feststellung des Jerusalemischen Talmiid
aber waren die Quellen viel besucht. Wir ersehen aus den be-
züglichen Stellen, dass die Juden kein Bedenken trugen, trotz
der heidnischen Umgebung zu Amatha zu baden. So erzählt ein
Rabbi 2) : »Ich und mein Yater stiegen hinauf nach Hamath-Ga-
daia, und sie setzten uns kleine Eier vor«. Nach dieser Stelle
wird dort w^ohl wie in den römischen Bädern die Sitte geherrscht
haben, dass allerlei Gerichte den Badenden 3) angeboten wurden.
Aus jener Stelle ergiebt sich ferner, dass selbst Gesetzeslehrer
sich nicht scheuten, das Bad zu benutzen, wiewohl die Quellen
sogar mythologische Namen trugen. Wie man sich in solchen
Fällen rechtfertigte, zeigt ein Ausspruch eines Eabbi Gamaliel,
der ohne Scheu zu Akko ein der Aphrodite geweihtes Bad ge-
brauchte, weil er das Bad als die Hauptsache — die Benennung
aber als etwas Unwesentliches ansah ^j . Mit solcher Weitherzig-
keit contrastiert dagegen wdeder eigenthümlich die talmudische
Bestimmung über die Streitfrage, ob man am Sabbath von einem
Orte aus den anderen besuchen dürfe. Die Entscheidung lautete
hier^j: »Die Bewohner von Gadara dürfen wohl zu den Quellen
1; Lib. XVI.
2) LiGHTFOOT p. 225. (Hier. Schab. Fol. 5, 4;.
3) Nach Martialis (XII, 19) ass man Lattich, Eier und Seefigehe in den
Thermen. Nach Marx. V, 70 und Sexeca ep. 5G gab es Speisewirthschaften
um die Bäder her.
4) Mischna Aboda Sara III, 4. ISIidrasch Jalkut 278. (Nach Lersch
S. 15).
5) LiGnTFOOT p. 224. Erubin Fol. 23, 4.
190
herabsteigen, über nicht die des Dorfes zur Stadt hinaufgehen«.
Es ist dies übrigens die einzige Vorschrift der Rabbiner über den
Gebrauch der Bäder — ein BeAveis. dass sie hier nicht denselben
Einfluss hatten wie zu Tiberias.
\\'eiterhin ist eine an dies liad sich anknüpfende heidnische
Legende zu erwähnen — ein Ausdruck, der hier sich insofern
anwenden lässt. als ein heidnischer Gelehrter dabei im Vorder-
gründe steht, der allgemein als Wunderthäter verehrt ward. Es
ist dies der von Julian sehr geschätzte Xeuplatoniker Jamblichus
c. .350 n. Chr. . Sein gläubiger Anhänger Euxapils von Sar-
des \ erzählt uns von der Beschwörungsgabe des Meisters und
fügt hinzu . auf welchem Wege die Freunde davon überzeugt
wurden. Nachdem bereits eine seiner ^'oraussagungen einge-
troffen war, ohne dass die Zweifel völlig gehoben waren, ereig-
nete sich, so erzählt er, in den Thermen von Gadara eine Bege-
benheit, vor welcher alle Bedenken schwanden. Sie gingen in
Begleitung des hochverehrten Lehrers dahin und nahmen ein
Bad. Während des Badens wurden gelehrte Gespräche gehalten,
wie auch in Rom Redner. Philosophen und Dichter in den Ther-
men selbst disputierten und dictierten 2] ^ und dabei erhob sich
über die Benennung der Quellen eine Controverse. Jamblichus
erkundigte sich nach dem Namen von zwei kleinen, aber elegan-
ten Quellen, und erfuhr, man nenne sie Eros und Anteros; aber
ohne die Ursache zu kennen. Da berührte er das Wasser des
Quells , in dem er sass , und siehe, ein Knabe tauchte auf und
umarmte ihn wie einen Vater. Dasselbe Schauspiel wiederholte
:«ich an der zweiten Quelle. Danach Hess er die beiden Brüder
in ihr feuchtes Element zurückkehren. Die Freunde aber zwei-
felten nicht länger an des Meisters Wundergabe.
Diese Geschichte ist schon insofern interessant . als sie ein
eigenthümliches Licht wirft auf das Treiben jener romantischen
\ ertreter des in den Todeszuckungen liegenden Polytheismus,
1 Vita Jamblichi. Editio Antverpiana 156S, p. 25 f. Eunapius wird
von Lersch ;S. 12;{ in das 9. Jahrhundert versetzt, er lebte aber etwa
um 400.
2,1 SlET., Aug. c. s5. Plix., Ep. IX, 3(5. Hor.vt., Sat. I, 4, 75. M.\R-
OR.\FF (Badewesen und Badetechnik der Vergangenheit in der Sammlung ge-
meinverst. wissensch. Vorträge, 1881 , Heft 3S0, p. 10 nennt die Bäder die
antiken Casino's.
191
welche im Namen der riiilosophio alles aiif boten, den alten
Glauben am Leben zn erhalten. Es ergiebt sich aber auch dar-
aus, was oben schon angedeutet war, dass das Leben an dem
kleinen Badeort einen wesentlich heidnischen Charakter hatte,
da die Quellen nach Eros und seinem Bruder Anteros genannt
Avurden^). Den Namen Eros führten übrigens manche Quellen
im Alterthum. So finden sich in der Anthologia graeca zwei
Sinngedichte von Mariaxus auf eine Therme dieses Namens 2).
Nach dem einen entzündet Eros das Wasser mit der Fackel, da-
mit seine Mutter Aphrodite darin bade, und seit jener Zeit hat
die Quelle den Rosenduft behalten. Nach dem andern Gedicht
wollen die Nymphen die Fackel des schlummernden Gottes
löschen und entzünden damit das Wasser. Vielleicht darf man
aus jener Benennung schliessen, dass Eros besonders in Gadara
verehrt ward, umsomehr als zahlreiche Münzen dieser Stadt mit
dem Bilde der mit Aphrodite identischen syrischen Göttin Astarte
geschmückt sind. Hatten doch die Bäder bei den Römern meist
besondere Schutzgötter, deren Bilder angebracht waren 3J .
Über die Badeeinrichtungen finden sich einige Andeu-
tungen in der Erzählung : Jamblichus sass i-l tr; xpr,-Too? 7.7.77.
Tr,v uTripxXuoiv. Danach Avaren die Quellen jedenfalls gcfasst.
KfiTj-i; ist entweder der Boden des Bassins oder, wie das latei-
nische crepido, der erhabene Rand desselben. Da u-spxÄoai; die
Stelle bedeutet, von der aus die Badewanne unter Wasser ge-
setzt wird, so ist die letztere Auslegung vorzuziehen. Das Becken
war also mit einem Rand versehen und dürfte etwa ausgesehen
haben wie das Bassin in dem bei Lersch (Taf. II, Fig. 5) abge-
bildeten Baptisterium zu Pompeji. Bald darauf Averden schon
eigentliche Badehäuser erwähnt. Hieronymus berichtet dies im
Onomasticon unter Gadara : »balneis desuper aedificatis(f. Yiel-
1) Dass die Avichtigeren Quellen in Griechenland meist ihre Legenden
hatten, zeigt Bötticher in einem Aufsatz über Wasser und Feuer im Cultus
der Hellenen (Deutsche Revue, Heft 12, Sept. 18S0, S. 318 f.).
2) Vgl. die Anthologie A-on Jacobs S. <i2tr u. 627. Hier finden sich zahl-
reiche Epigramme auf Bäder , die vielfach ein trauriges Licht auf die sitt-
lichen Zustände zur Zeit ihrer Verfasser A\'erfen.
3) Vgl. Tertulltax ad Spect. c. S; Ambros. II adv. Syrum; bes. Pru-
DENTirs contra Syrum II, 444: Cur genium Ilomae mihi fingitis unum, cum
portis, domibus, thermis, stabulis soleatis assignare suos genios?
Ztschr. d. Pal.-Ver. Vll. ' -"^
192
leicht dienten diese Gebäude zugleich zur Aufnahme von Frem-
den wie in Hajae, wo im oberen Stock der Thermenhäuser Woh-
nuni^en zu haben waren ' ' . Daneben aber mögen einzelne liade-
gäste die Nacht in Zelten zugebracht haben, wie es heute noch
der Fall ist in dem merkwürdigen amerikanischen Bade Ocean
Grove, wo bescheidene Leute auf diese Weise Unterkunft
finden.
Der Zeit des Jamblichus gehört auch ein Badeabentheuer
an. das Epiphanius berichtet 2), dessen unerfreuliche Einzelhei-
ten nicht hierher gehören 3). Es sei nur erwähnt, was auf das
IJadeleben jener Tage sich bezieht. Der Kirchenvater erzählt,
dass alljährlich eine (festliche) Versammlung -avTJyupic) in jenen
Thennen stattfinde, welche den unvergleichlichen von Bajae nur
wenig nachständen. Er erblickt jedoch in diesen Zusammen-
künften eine Kriegslist des Teufels, der eilig, wo Gottes Wunder
geschehen seien, seine verderblichen Netze auswerfe. Bei den
Wundern denkt Epiphaniüs an die Heilung der Besessenen
(Math. S, 28 f.); seine Entrüstung über das Badeleben in Ga-
dara aber begreifen wir , wenn wir hören , dass Männer und
Frauen in schamlosester Weise daselbst gemeinsam badeten^) —
ein Zeichen tiefen sittlichen Verfalles ! Hadrian war denn auch
jener Unsitte streng entgegengetreten; aber sie hatte sich seit
Heliogobal wieder eingeschlichen, während im alten Rom
nicht einmal Vater und Sohn gemeinsam badeten^). Sogar Chri-
risten besuchten solche Bäder, obwohl schon die apostolischen
Constitutionen sie verboten c' und selbst nach dem völligen
1) Sexeca klagt (ep. 56) über den Lärm im untern Stock : supra ipsum
balneum habito. Cf. Cod. Just. VIII, 10, 1 und Dig. IX, 3, 5, § 1.
2, Haer. XXX, 4 f.
3; Ein Versehen von Sepp mag hier Berichtigung finden. Er verlegt die
Epiph. XXX, S genannten Grabhöhlen IloX'javoptoi nach Tiberias statt nach
Gadara II, lä'J;.
4j Leksch berichtet hierüber seltsamerweise das Gegentheil und versetzt
Eph'U. in das 8. Jahrliundert Ivielleicht Druckfehler). Vgl S. 123. Die Stelle
bei EpnMi. lautet: ,'AvopÖY'Jvov ixeloe "/.oüov-ai'. Dass man dazu beim Baden
meist völlig unbekleidet war, darüber siehe die Belege bei Lersch S. 110.
5; Val. Max. I, 2.
ß) Const. Ap. ,'A-;ooo7'jvov y'J"''^ "ioty, [j.t, Xo'jsoOuj'. TeRTULLIAN war
überhaupt gegen jede Thcihiahme am Badcleben (de poen. c. II;, während
die anderen Väter sich nicht principiell dagegen aussprechen.
193
Siege des Christenthums bestand diese Gewohnheit vielfach -svei-
ter trotz mancher Gegenmassregehi, so dass 692 durch das Trul-
Uaniim die Verbote erneuert werden mussten. Dazu waren es
noch angesehene Frauen und Männer in Würden , ja Kleriker
und Asketen, Avelche sich betheiligten ') . Allerdiugs sah es nicht
überall so schlimm aus, wie Mittheilungen des Aktoxinüs über
den Siloahquell in Jerusalem beweisen, worin die Trennung der
Geschlechter erwähnt ist^). In Gadara hat sicher die Nachbar-
schaft des diu-cli sittenlose Culte berüchtigten Syriens mitge-
wirkt. Dass übrigens die Juden es nicht besser machten, geht
eben aus der Erzählung des Epiphanius hervor, nach welcher der
Sohn eines angesehenen Israeliten (eines Patriarchen) in Beglei-
tung seines Mentors, der merkwürdiger Weise den Titel eines
Apostels führte , bei dieser Gelegenheit mit einer Christin zu-
sammentraf, welcher er dann lange vergeblich nachstellte.
Eine Beschreibung der Badeeinrichtungen findet sich
in dieser Geschichte nicht 3) ; doch gewinnt man den Eindruck,
dass der Ort im vierten Jahrhundert ausserordentlich besucht
war. Vermuthlich fanden auch Lustbarkeiten für die Gäste
statt, wie in Bajae, jener Herberge des Lasters^), wo auf den
Villen oft grossartige Feste gefeiert wurden. Es ist kaum als Zu-
fall zu beti achten, dass die Trümmer von einem der drei Theater
sich in nächster Nähe der Thermen befinden.
Während die letzten Berichte in jene Tage uns versetzen,
in welchen Christenthum und Heidenthum miteinander noch ums
Dasein kämpften, führt uns die nächste Mittheilung in eine Zeit,
in der die heidnische Legende mit den heidnischen Göttern längst
zu Grabe getragen war, während dagegen die christliche Legende
alle hervorragenden Stätten des gelobten Landes umwob. Ga-
1) Selbst in Deutschland kam ein gemeinsames Baden beider Geschlech-
ter im 15. Jahrhundert^ vor, wie z. B. PoGGio über Baden bei Zürich be-
richtet.
2) De locis sanctis c. XXIV.
3) Nur ein terminus technicus kommt vor; dr,rj wird alsTheil eines Bades
erwähnt. Nach Stephanus bedeutet dies den Rand des Beckens, also dasselbe
wie 7-pTjrt;.
4) Deversorium vitiorum nach Sexeca ep. 51. Er verlässt den Ort nach
einem Tage schon, weil ihn die Üppigkeit zum Besuche auserwählt habe. ^ gl.
den ganzen Brief.
13*
194
dura war inzwischen eine christliche Stadt geworden und Sitz
eines Bischofs ' . Die heidnischen Namen der Bäder sind ver-
schwunden — sie heissen jetzt dagegen Thermen des Elias.
wie man denn in dieser Zeit alle möglichen Localitäten, Flecken,
Kerge. Flüsse, Quellen nach Elias, Elisa und Moses und ande-
ren Männern des alten Testaments benannte. Als Berichterstatter
ist wieder Antonixus Maktyr zu nennen ^i. Er bietet die Notiz :
Gadara ("nach Cod. Vat. Gaddera^ quae et Gabaon (T dicitur",
und legt auch dem Flusse den gleichen Namen bei. Die Wasser
lagen am dritten Meilensteine von der Stadt aus gerechnet. Da-
selbst war ein Freradenhaus (Xenodochium) ad 'publicas delicias'.
Hier boten sich also dem Fremdling manche Annehmlichkeiten,
welche frommen Pilgern meist gratis zu theil wurden. So war es
wenigstens im Xenodochium St. Georgii, »in quo habent refu-
gium transeuntes et eremitae stipendia« •\ .
Besonders wichtig war das Bad damals für Aussätzige, die in
der Zeit des Antoninus sehr zahlreich gewiesen sein müssen . da
oft im Eeisebericht von ihnen die Rede ist. Die Heilmethode
war aber eine höchst eigenthümliche, auch ^^•irkten manche su-
perstitiöse Anschauungen mit. Die Patienten durften nur in der
Nacht die Thermen benutzen. Die ganze Nacht hindurch muss-
ten sie in einer grossen Wanne (solium) sitzen , die wohl nur für
den Gebrauch der Aussätzigen bestimmt war. Das Baden bei
Nacht war allerdings auch bei den Römern nicht selten, ja es
kommen Vermächtnisse vor , welche die Lieferung des zu ver-
wendenden Öles betreffen 4) . Dagegen finden sich auch Verord-
nungen gegen das Baden bei Nachtzeit ^j. Beleuchtung wurde
natürlich auch in Gadara angeAvandt; Antoninus berichtet, dass
die Kranken , wenn die bis zur Füllunsr der Wanne beschlösse-
neu Thüren (ostia) sich wieder öffneten, zur Abendstunde durch
1 TOBLER, Itinera Hier. Nr. XV. Notitia Antiochiae ac Jerosolymae
patriarchatuum (Saec. VI , p. 340.
2, Cap. VII.
3 Auch in Jerusalem war ein Ort, wo auf Anordnung der Kaiserin He-
lena Armen und Pilgern Brot gereicht wurde (Axt. M. c. XXVII). Unent-
geltliche Aufnahme fanden Pilger, Männer und Frauen, in einem Kloster am
Zion c. XXIII .
4) Lersch S. 10.
5 Lersch S. 105. Mahggraff S. 31.
195
den Porticiis eingelassen wurden, mit Leuchtern und Weihrauch
(cum himinaribus et incenso). Die Aussätzigen sahen im Zu-
stande der Betäubung (soporati), in den sie freilich unter solchen
Umständen leicht gerathen mussten, eine Vision, welche sie dann
mitzutheilen hatten. Die ganze Sache erklärt sich am leichtesten
als ein Niederschlag altheidnischer Anschauungen, nach welchen
die Deutungen der Träume beim Schlaf im Ileiligthum eines
Hades eine grosse liolle spielten'). Die nun folgende Stelle ist
nicht recht verständlich und auch nach dem ToBLER'schen Texte
schwer zu deuten. Sie lautet: ,Dum eam recitaverit (is qui cu-
randus est) , abstinentur ipse therme septem diebus, et intra Sep-
tem dies mundantur'. Danach hätte man also nach der Mitthei-
lung des Gesichtes die Bäder jedesmal sieben Tage dem allge-
meinen Gebrauch entzogen. Sollte nicht die Stelle vielmehr ur-
sprünglich so gelautet haben: Dum eam recitaverit, abstinetur'^)
ipse thermis Septem diebus et intra Septem dies mundatur, «er
enthält sich der Thermen sieben Tage lang und wird binnen sie-
ben Tagen rein«. Vtei der von Tobler selbst 3) zugestandenen
trostlosen Textescorruption diesesTtinerariums dürfte eine solche
Conjectur wohl gestattet sein.
Von dieser Zeit an hört man nichts mehr von dem Bade^;,
bis Seetzen am Anfang dieses Jahrhunderts die Ruinen der be-
nachbarten Stadt wieder auffand, und Burckhardt (IS 12 u. A.
dann auch die Quellen besuchten. Heute werden die Thermen
el-Jiamma genannt und stark besucht , obwohl die Hitze fast er-
stickend ist; es sind oft einige hundert Badegäste da, die viel-
fach aus Galiläa herüberkommen. Die Bäder bieten noch weni-
ger Comfort als die vonTiberias; ein Badehaus existiert gar nicht
mehr. Dagegen ist wenigstens eine Quelle mit einem grossen
1) Vgl. MAßOGRAFF S. 7.
2; Abstinetur im Sinne von «sich enthalten«, z. B. Columella 7. l(t, 5 :
Totus grex abstinetur potione et pabulo.
3] Itinera, Pi'ooemium p. XXVIII.
4; In dem von Tobler herausgegebenen Fragmentum, quod libro primo
Arculfi additum est (p. 238), findet sich eine Stelle, in welcher Gergissa mit
Gadara verwechselt wird und darum zu einer ausHiERONYMUS Onom. wörtlich
entlehnten Stelle hinzugefügt wird: »quia ibi calide erumpunt aquec I3er
Verf. war sicher nicht an Ort und Stelle gewesen und combinirt nur ver-
schiedene Berichte.
196
Hassin versehen . das nach. Mkkill 60 oder mehr Yards lang, 30
breit und 0 Fuss tief ist. In demselben befindet sich eine kleine,
mit Schilfrohr bedeckte sch-wimmende Insel. Auch an den ande-
ren Quellen finden sich Überreste früherer Einrichtungen. Dass
man das Bad schätzt, beweist der Umstand, dass der Grund, auf
dem es sich befindet, als neutral gilt •) , so dass hier Freunde und
Feinde friedlich zusammentreffen. Über die liedeutung dieser
Thermen sagt Mekill : »Wenn El Ilamma , Avie der Platz jetzt
heisst , wieder aufgebaut werden könnte , Avürde es nicht nur
einer der anziehendsten Versammlungsorte Syriens , sondern
auch einer der interessantesten der ganzen Welt werden«.
Uer Aiifenthalt der Badegäste dauert jetzt etwa 14 Tage. Die
Wirkungen des AVassers sind verschieden an den verschiede-
nen Quellen ; sie sind ähnlich wie in Tiberias, sollen aber noch
durchschlagender sein. Was die geologische Beschaffenheit des
Terrains anlangt, so ist dieselbe von Lynch untersucht worden-, .
Das letzte der bekannteren Heilbäder Palästina's ist Kallir-
rhoe «Schünbrunn« auf dem Ostufer des Todten Meeres, in der
Gegend des kleinen Flusses zerkä mdln. Für zwei Gruppen von
Thermen wird der Anspruch auf diesen stolzen Namen erhoben.
Auf der Nordseite des Flusses entspringen aus zwei Felsen, etwa
2o Minuten von einander entfernt, einige sehr heisse schwefelhal-
tige Quellen (42 — 45° E..), vier grosse und mehrere kleine, die
sich bald in den Fluss ergiessen, welcher in einer einsamen engen
Schlucht zum Todten Meere fliesst und noch an der Mündung
eine ansehnliche Temperatur (23° R.) aufweist. Aber auch eine
halbe Stunde südlich vom Ausflusse finden sich Avarme Quellen,
die einen Bach bilden, welcher unmittelbar in das Salzmeer läuft.
^^■iewohl die Meisten — auch Kkkstex, der 1S74 das Todte
Meer umwanderte ''\ — die nördlichen Quellen als die von Kal-
lirrhoe bezeichnet, so möchte ich doch an die südliche Keihe von
1 Vgl. Baedekeu's Palästina und Syrien'^ 297 und Mekill. a. a. Ü.
p. 111.
2 Ufficial Keport. p. 139.
'6\ Die Beschreibung des Flussthals und der daselbst befindlichen Ther-
men liefert Keu-STEN, ZDPV. II, S. 2üU; einen kürzeren Bericht über die
südlichen Quellen ebenda S. 221 (nach dem Bericht von H. Rotue .
197
Thermen denken. Zunächst schon darum, Aveil sich bei dem
Orte Kallirrhoc den Nachrichten zufolge eine bedeutende An-
siedhing befand , zu welcher in der engen Schlucht des zerkü
mdin kein Raum war, während am Meeresufer und auf den Ter-
rassen, in Avelche das Hochland von Moab hier abfällt '), es nicht
an Platz zu Anlagen fehlte. Ferner bemerken die alten »Schrift-
steller einstimmig , dass die Thermen von Kallirrhoe (unmittel-
bar) in das Todte Meer abfliessen ; die nördlichen Quellen strö-
men dagegen zuerst in den Zerka'^l. Josephus unterscheidet
übrigens auch die Thermen Kallirrhoe' s von anderen, welche
nördlich von Machaerus im Thale von IJaaras liegen 3) ; er deutet
mindestens mit keinem Worte an, dass beide identisch seien.
Zieht man alle diese Umstände in Betracht, so ergiebt sich, dass
man schon im Alterthura zwei Thermen auf der Ostseite des
Todten Meeres kannte, die nördlich gelegenen von liaaras oder
Haaru*) und die südlich gelegenen von Kallirrhoe oder Lisa
(Lasa) ^) .
Wenden wir den Blick zuerst auf die Quellen im Sü-
den! Infolge der einsamen Lage konnten diese Thermen nicht
die Bedeutung gewinnen wie die von Tiberias und Gadara; wenn
aber Hieronymus mit Recht Kallirrhoe mit dem Lasa identi-
ficirt, welches als Grenzstadt Kanaans Gen. 10, 19 genannt
ist ^') , so gab es schon in sehr alter Zeit eine Ansiedlung an der
Stelle, die dem Stamme Rüben gehörte"). Vermuthlich hat Ile-
rodes der Grosse, als er die Festung Machaerus herstellte und
zeitweise als Residenz benutzte, dem Orte den neuen Namen
1) ZDPV. II, S. 221.
2; Josephus, Bell. jud. I, 33, 5 (vgl. Ant. XVII, 6, 5): TaüTa os i%ziz\.
£•; TT,v 'AacfctXxiSa >.i[i.vT,v; ferner Hier, ad Gen. 10, 19: ,Quod Lasa sit, quae
nunc Callirrhoe, ubi aqiiae prorumpentes in mare mortuum defluunt'.
3) B. J. YII, 0, 3 (Neubauer hat aus Versehen VIII, 6, 3,.
4) Hier. Onom. ad vocem Beelmeon sagt: ,Hic Beelmeon trans Jorda-
nem. Est autem vicus usque nunc grandis juxta Baaru in Arabia, ubi aquas
call das sponte humus effert, cognomento Beelmaus, distans ab Hesbu^ milli-
bus noveni'. EUSEBIUS: BsE/.aicuv, [■/.ajtj.r^ jxeftaTY] rXr^zWi -o~j opo'j; twv i^epfAÖJv
•joaTojv. Baaras oder Baaru lag also in der Nähe von Beelmeon.
5) Hier, ad Gen. 10, 19.
6) Schwarz, das heilige Land 181 , führt noch einige jüdische Angaben
an, aus denen sich die Identität von Lasa und Kallirhoe ergiebt.
T; Numeri 32, 38.
198
nach tler von ihm geschätzten Quelle gegeben. Den Namen Kal-
lirrhoö trugen bekanntlich noch viele andere Quellen ; die be-
rühmteste unter ihnen Avur auf der Akropolis zu Athen. So hat
wohl der für griechisches Wesen interessirte Fürst auch sein
»Sdiönbrunna haben Avollen. Er hat auch sicher für eine ratio-
nelle Einrichtung an den Quellen gesorgt, da er ja anderwärts
zu Askalon. Caesarea und selbst in Machaerus mit vielen Kosten
künstliche liäder herrichten Hess. l)ass die Wasser von Kallir-
rhoe es werth waren, gefasst zu werden , beweisen die Lobeser-
hebungen des JosEPHUS, welcher sagt, dass sie neben ihrer uni-
versalen Brauchbarkeit (auv xf^ kc, -avr' apsTfj i auch trinkbar seien
L\nt. XYII. ü, 5). Sie haben dies mit den Thermen von Tibe-
rias gemein, denen sie auch sonst ähnlich zu sein scheinen. Auf-
fällig ist nur der Zusatz in der andern Stelle des Josephus (B. J.
I, 33), dass sie wegen ihrer Süssigkeit trinkbar seien. Es bezieht
sich dies wohl nicht auf alle Quellen, da kaum alle süss sein
dürften.
Wie sehr Herodes dieses Bad zu schätzen wusste , ergiebt
sich aus der Geschichte seiner letzten Krankheit ') . Trotz furcht-
barer Qualen sich an das Leben klammernd , liess er sich von
Jericho aus über den Jordan dahin bringen. Die Arzte begnüg-
ten sich aber nicht mit dem Gebrauche der Thermen , sondern
machten einen letzten Versuch mit dem dem Tode verfallenen
und doch dem Verhängniss widerstrebenden Tyrannen : sie Hessen
ihn ganz in eine Wanne mit warmem Ol setzen — eine Kxir. die
in der Kaiserzeit ziemlich beliebt war ^ , . Aber er sank plötzlich
in eine tiefe Ohnmacht , und w enn er auch infolge seiner zähen
Lebenskraft wieder erwachte, so verzweifelte er nun doch an
seiner Rettung und liess sich nach Jericho zurückbringen, wo er,
bis zuletzt mit Mordgedanken erfüllt, verschied. Nach ihm weilte
Antipas vielfach in Machaerus und gebrauchte gewiss auch oft
die Bäder mit seinem Hofe. Wie aus der Erzählung des Jose-
1 Nach MERU.L (p. 141 ist das von Herodes besuchte Bad Tell-Ham-
mäm, gegenüber von Jericho in der Schittim-Ebene. Seine Gründe sind nicht
angeführt ; vermuthlich dünkt es ihm unwalirscheinlich, dass ein Sterbender
eine so weite Strecke gesclileppt wurde, von Jericho bis zum Zerka; allein
JosEPnvs nennt ausdrücklich das Bad Kallirrhoe.
2, Lekscu S. 91.
199
PHUs hervorgeht, fehlte in Kallirrhoe nichts von dem, was das
Badeleben fordert.
Nach der Zerstörung vonMachaerus am Ende des jüdisclien
Aufstandes niusste der Besuch der Bäder bedeutend abnehmen ;
immerhin hören -wir aus der alten Zeit von ihrer Heilkraft noch
mancherlei. In den Tagen des Josephus gedenkt derselben noch
PLl^"lus, welcher schreibt '; : «Auf derselben Seite wie Machae-
rus; ist eine heisse Quelle von ziemlicher Heilkraft (modicae sa-
lubritatis), Kallirrhoe, welche den Kiihm ihrer Wasser schon
durch den Namen verkündigtu. Im zweiten Jahrhundert erwähnt
sie der Geograph Ptolemäus '-) , der ihre Lage genau fixirt hat
(31°, 10 Breite, 67°, 6 Länge), also auch an Ort und Stelle ge-
wesen ist. Es begegnen uns dann noch die oben angeführten
Stellen der jüdischen Schriftsteller, sowie des Onomasticon, aus
denen so viel zu entnehmen ist, dass bis zum Beginn des Mittel-
alters noch eine Ansiedlung Kallirrhoe existirte. Über das Bade-
leben findet sich dagegen keine Mittheilung mehr -vor. Allmäh-
lich ist der Ort völlig vom Erdboden verschwunden. Von neue-
ren Reisenden hat zuerst Seetzex (ISÜ7) wieder die Quellen be-
sucht 3). Neuestens ist Rothe (1S74) an der Stelle gewesen,
deren Umgebung er beschrieben hat. Danach giebt es mehrere
heisse Quellen , die nach dem Meere fliessen . abwechselnd mit
kalten. An Badeanlagen fehlt es ganz; doch legen Dattelbäume
noch Zeugniss davon ab, dass einmal menschliche Cultur hier
heimisch war. Genauere Untersuchungen über diese Thermen
sind noch nicht angestellt worden.
Ebenso einsam sieht es heute bei den nördlichen Quel-
len aus. Einst war es aber auch hier belebter. Das beweisen
noch die Reste der alten Römerstrassen, welche von Norden imd
Süden in den Thalkessel herabführen. Eine ziemlich genaue Be-
schreibung dieser Thermen bietet Josephus, Bell. jud. ^II. G. 3.
Eine Örtlichkeit (to-q;) des nördlich die Stadt Machaerus umge-
benden Thaies, sagt er. wird Baaras genannt ^^ . Ist damit eine
1 H. N. 5, IG.
2 Geogr. V, 15.
3; Die erste Nachricht darüber findet sich in ZACHsCorrespondenz ISÜS.
Band IS, 417 f. Genaueres in Seetzen's Reisen.
4) Der Name hängt, wie schon früher vermuthet ward {Seetzex IV, 379)
mit 'Vz zusammen, -weil Spuren unterirdischen Brandes vorliegen. Man Avird
200
Stadt gemeint ? Da Josephus dicimal nur von einem totto; redet
und da in dem äusserst engen Tliale kaum eine Ansiedlung mög-
lich -Nvar, so dürfte wohl anzunehmen sein, dass ein bestimmter
Theil des Thaies jenen Namen trug, etwa der Berg, an dem die
Quellen entspringen ') . Dafür spricht auch ein Vergleich des
Ünomasticon von Eusebius mit der Überarbeitung des Hierony-
MLs. Elsebius sagt, ISeelmeon liege nahe an dem Berge der
warmen Wasser, wälirend Hieroxymus dafür angiebt : »nahe von
Baaru in Arabien, wo der 15oden von sich warme Wasser hervor-
bringt'!. Danach scheint es also einen Berg dieses Namens gege-
ben zu haben. Neubauer meint nun 2), die Quelle von Baaras
(er nennt sie Baris), die er für Kallirrhoe hält, sei zugleich auch
mit jener Quelle von Biram identisch, welche im Talmud
neben Tiberias und Gadara erwähnt ist, und für Biram sei Baris
zu lesen. Allein dadurch wird die Verwirrung nur noch grösser.
Abgesehen von der fraglichen Correctur , kennt der Talmud ein
l^iram am Euphrat, das drei Quellen liat^); endlich beruht Nei ;-
BAUERS Aussage über Flammen, die man in der Nacht im Thale
aufsteigen sehe, auf einem völligen Missverstehen dessen, was
Josephus über die Winiderblumen Baaras berichtet, so dass auch
die ganze folgende Argumentation hinfällig ist.
Josephus schildert weiter auch die Beschaffenheit der
Quellen. Dieselben sind hinsichtlich des Geschmackes sehr
verschieden, einige sind bitter, andere lassen an Süssigkeit nichts
zu wünschen übrig. Daneben finden sich auch parallel laufende
kalte Wasser; was aber das Wunderbarste ist, man erblickt eine
nicht tiefe Höhle , die durch einen vorspringenden Felsen be-
deckt ist, über welchem gleichsam zwei Brüste hervorragen, von
denen die eine kaltes, die andere warmes Wasser darbietet.
Wenn man beide Wasser mischt, so giebt es ein angenehmes
Bad. heilsam bei Krankheiten, besonders bei Nervenleiden. Die
Mischung war offenbar darum nöthig, weil das Wasser der Ther-
auch durch diese Namen an die oben erwähnte Stelle des Henochbuches von
dem unterirdischen Feuerpfuhl u. s. -w. erinnert.
1 Auch RoBl.NSON (Physische Geographie S. 177) fasst das "\Voj:t löro;
in ähnlichem Sinne auf; er giebt es mit »Platz« wieder.
2 A. a. ü. p. :n').
.1 Genaueres bei Schwarz a. a. O. S. 275.
201
raen ohne dieselbe zu heiss geworden wäre; man darf aber wei-
ter ans dieser Bemerkung den Schluss ziehen , dass es an Bade-
einrichtungen an dieser Stelle nicht fehlte, liömische Münzen,
die man hier fand, beweisen gleichfalls, dass diese Thermen auf-
gesucht wurden. Auch hier mag Ilerodes der Grosse manchmal
gebadet haben.
In den neueren Berichten wird nun freilich nichts von kal-
ten Quellen im Zerka-Thale erwähnt, während Hothe mittheilt,
dass zwischen den südlichen Thermen auch kalte Bächlein
Üiessen. Ferner erzählte Seetzen's arabischer Diener ') seinem
Herrn, es finde sich bei den südlichen Quellen eine Felswand,
aus der drei Quellen hervorspnulelten , von denen die mittlere
kalt, die andern aber heiss seien. Es haben desshalb manche ge-
meint , die Beschreibung des Josephus auf diese Thermen be-
ziehen zu sollen. Allein dieser Schriftsteller sagt klar, dass das
Heilbad von Baaras im Thale nördlich, von Machaerus gelegen
war, so dass an die südlichen Thermen hier keincnfalls gedacht
werden kann.
Ich füge noch einige Mittheilungen über andere Qu ei-
len Paläst ina's hinzu, von denen wir weniger wissen und die
jedenfalls den genannten sich nicht vergleichen lassen. Immer-
hin haben die spärlichen, zum Theil legendenhaften Notizen
über den Gebrauch dies3r Wasser Werth , w'eil sie Beiträge zur
Kenntniss des palästinensischen Badelebens zu verschiedenen
Zeiten liefern.
Im 6. Jahrhundert werden die »Thermen des Moses«
erwähnt , w^elche oft mit Kallirrhoe verwechselt wurden , aber
offenbar nördlich vom Todten Meer zu suchen sind. Es liegen
zwei Berichte vor, von Theodostus^) und von xIntoxinus^j,
welche viel Ahnliches haben und auf dieselbe Localität sich zu
1) Reisen II, 368.
2 C.XIX. In ipsa Liviada Moises silicem de virga percussit et fluxerunt
aqua, que abundantius totam terram irrigant ; dactylorum incolatum majorem
habent. Ibi et Moises migravit a seculo. Et ibi aque calide sunt, ubi Moises
lavit et in ipsis aquis calidis leprosi mundantur.
3) Itincr. c. X.
202
beziehen scheinen. Aber nach Theodosius sollte man die Moses-
thermen bei Livias ^Julias) , also einige Meilen vom Todten
Meere, suclien, ^viihrend sie Aktoninus in die unmittelbare Nähe
desselben verlegt. Wenn man in den Worten des Theüuüsius:
et ibi aque calide sunt, ubi Moises lavit, et in ipsis aquis calidis
leprosi mundantur, das »et ibi« urgirt. so bleibt nichts übrig,
als zwei Thermen zu unterscheiden , welche die Legende glei-
chermassen mit Moses in Beziehung brachte, eine nördliche bei
Livias und eine südliche am Todten Meere. Die warmen Wasser
des Theodosius sind in diesem Falle zweifelsohne dieselben,
welche heute noch sprudeln an dem von Merill beschriebenen
Teil el-Hammam'). auf dem auch Ruinen sich befinden.
Dieser Hügel liegt nämlich östlich von Teil er-Käme , auf dem
nach der Annahme der meisten Forscher ^auch Mekill's) Livias
von llerodes Antipas erbaut wurde-). Da aber mit »et ibi« in bei-
den Keisebcrichten oft nur die ungefähre Lage bezeichnet ist, so
darf man die Worte wohl auch hier in diesem Sinne deuten, um-
somehr . als Theodosils «in i p s a Liviada« dem »et ibi« gegen-
übergestellt hat. Ist diese Auslegung richtig, so sind die beiden
Berichte zu vereinigen und die Thermen des Moses in der Nord-
ostecke des Todten Meeres zu suchen. Nun wird allerdings in
dieser Gegend eine warme Quelle nicht von neueren Reisenden
erwähnt, sondern nur ' Ain es-Suweime 3) , eine nicht heisse Quelle.
Aber in dieser Gegend müssen in alter Zeit Thermen gewesen
sein, wenn AjS'TONINIjs irgendwie Glauben verdient, der, wie es
scheint, an Ort und Stelle gewesen ist. Er selbst nennt den Ort,
in welchem oder bei welchem (in quo loco) die Mosesthermen
waren, jjSalamaida, ubi reman&erunt due semis tribus filiorum
Israel, priusquam transirent Jordanem«. Salamaida ist demnach
wohl identisch mit Ikth-Jesimot Num. 33, -iQ) oder Besimot
(Joseph. B. J. IV. 3, 6), nach Merill u. A. dem heutigen Su-
weime in der Nähe des Salzmeeres ^] . So führt denn auch diese
Ij Statements for 1879, p, 144.
2, Vgl. ZDPV. II, S. 3 (vgl. S. 246. D. Red.).
3y RoBlxsoN, phys. Geographie, S. 258.
4, Dieses Salamaida kann nicht mit dem im Hodoeporicon S. Willi-
UALDi c. XXVI erwähnten Ort identisch sein ; denn dieser lag bei Emesa, in
extremis (inibus Sjriae.
203
Bestimmung in die Nilhe des Ain es-Suweime i) . Nimmt man
dazu, dass zwischen dem Todten Meere und Hebron, worauf Herr
Prof. GuTHE mich aufmerksam gemacht hat, sich ein Wadi Ujiin
Müsa '^) heute noch findet, so dürfte die Frage als erledigt anzu-
sehen sein.
Während Theodosius nur die kurze Mittheilung macht, dass
auch Aussätzige in den Avarmen Wassern geheilt wurden, be-
schreibt Antoxinus die Heilmethode ausführlicher. Von der
Quelle sagt er zunächst, sie habe sehr süsses Wasser, welches
als Keinigungsmittel getrunken werde 3) und viele Krankheiten
heile. Es erinnert dies theils an das Lob des Josepuus über die
Wasser von Kallirrhoe, theils an die von Maimoxides erwähnten
Wirkungen der Bäder von Tiberias. Jene Quelle befindet sich
nicht weit vom Salzmeer, an oder in welchem im Monat Juli und
August und bis in den halben September den ganzen Tag lang
die Aussätzigen liegen ; am Abend aber baden sie in den Ther-
men des Moses selbst (in ipsis thermis) und finden zum Theil
durch die Gnade des Herrn Heilung.
Es ist sehr auffallend, dass von einer so wohlthätigen Quelle,
dazu nicht Aveit von Jericho, uns nicht mehr l^erichte vorliegen.
Man weiss aber, dass im 6. Jahrh. vielen Wassern Heilkräfte
zugeschrieben wurden, die in Wirklichkeit keine aussergewöhn-
lichen Eigenschaften besassen, sondern durch eine biblische Ke-
miniscenz oder auch nur durch eine Legende geheiligt erschienen;
daher ist es wohl möglich , dass auch der Werth der Moses-
thermen in jener Zeit mindestens Aveit überschätzt Avurde. Übri-
gens könnte auch jene Quelle inzAAischen versiegt sein, wie nach
Fraas (ZDFV. H, 113 f.) auf dem linken Jordanufer in der Nähe
von Jericho einige SchAvefelquellen Aersiegt sind ^ .
1) Am Schlüsse des Capitels Avird noch die Entfernung jenes Ortes, wo
Moses A-erschied, auf acht Meilen angegeben. Es ist aber nicht ganz klar, ob
der locus ille der Thermenort ist oder ob eine neue Localität bezeichnet
werden soll. Vergleicht man den Bericht des Theodosius, so -wiTd man ge-
neigt sein, sich für das Erstere zu entscheiden Jedenfalls steht auch diese
Distanzangabe nicht im Widerspruch mit der oben angenommenen Lage der
von AxTONiNUS erwähnten Thermen.
2 Einige Karten haben auch die 'Ujün oder 'Ajün Müsa selbst.
Anm. d. Red.
31 Für pro catarthico bei ToBLER ist doch wohl pro cathartico zu lesen.
4> Eine etwas salz'ge Quelle befindet sich nach SeetzexII, 374 zwischen
204
Die Stelle über das Salz raeer bedarf noch einer kurzen
Erliiutening. Es steht nämlich bei A>'TOXixus : .in quo mari ja-
cent leprosi". Man müsste danach an ein stundenlanges Haden
in dem Todten Meer denken, wenn nicht hinzugefügt wäre, in
dem Meer könne kein Mensch schwimmen. Darum nimmt Skpp
(I, S. 2S1) an. dass die Leute den Tag über an dem Meere lager-
ten, um Abends in den Thermen Genesung zu suchen. Man
könnte freilich einwenden. Antoxinus wolle nur die Möglichkeit
des eiffentlichen Schwimmens bestreiten, nicht aber die des
l^adens. wie denn der Pilger von Bordeaux sagt') : 'si quis ho-
miuum miserit se, ut natet, ipsa aqua eum versat" ; aber Axto-
xiNus fügt noch hinzu : quidquid in illvnl projectum fuerit, in
profundum demergitur^j, woraus man schliessen möchte, dass
man zu jener Zeit vor einem Baden im Todten Meere sich ge-
fürchtet habe. Eine sichere Entscheidung lässt sich nicht tref-
fen . da die Fassung der Worte : 'in quo mari toto die jacent
leprosi, ad vesperum autem lavantur in ipsis thermis Mosis",
wieder den Gedanken an ein Bad im salzigen Wasser des Todten
Meeres nahezulegen scheint. Dass man jedenfalls schon in alter
Zeit an eine Heilkraft dieses Wassers glaubte , beweist eine Er-
zählung des Galexus ^ , wonach ein Reicher aus Italien sich
Wasser aus dem Erdharzsee in Palästina besorgen liess. Ferner
berichtet Josephus'*), das Erdharz, dessen auch Antoxixus ge-
denkt 5) , sei nützlich zur Heilung von Menschenleibern und
werde vielen Arzeneien beigemischt. Der lange Aufenthalt
im Wasser würde durchaus nichts Auffälliges haben, da Ahn-
liches öfter berichtet wird. Zu Gadara sassen die Aussätzigen
die ganze Nacht in der Badewanne, eben zur Zeit des Antoni-
Nus. Über Tiberias berichtet Edrisi ausdrücklich, dass die Kran-
dem Bach Suweime und dem Wadi Hesbon — eine Viertelstunde nördlich von
Suweime.
1 ToüLEU, Itinera, p. l'J.
2, Diese Stelle sagt merkwürdigerweise buchstäblich das Gegentheil von
Jos., Bell. Jud. IV, S, 4.
3) SeppI, 681.
4, Beda, De locis sanctis c. XII hat diese Stelle wörtlich aufgenommen
5; ,Ad cujus litus l)itumen et stilplmr colligitur'. Jetzt ist es nicht so
leicht, Asphalt auf dem Ufer zu linden vgl. Seetzen II, 372) ; die Notiz des
Antomxvs findet aber ihre Bestätigung durch Joseph., Bell. Jud. IV, S, 4.
205
ken drei Tage daselbst im Wasser blieben. Vielleicht bestand
die gleiche Sitte zu Gadara auch in den Tagen des Epiphanius,
da er nur von einem Aufenthalte von ■wenigen Tagen redet.
Es ist hier -weiterhin des Teiches IJethesda zu gedenken.
Doch lassen -wir die theologischen und topographischen Contro-
versen am besten hier bei Seite , da dieselben so vielfach schon
behandelt sind und eine sehr ausführliche Besprechung erfordern
würden, und berücksichtigen nur die Mittheilungen über die
Ladeeinrichtungen, die -wir theils im Evangelium Jolumnis, theils
in andern Quellen empfangen. Nach Ev. Joh. c. 5 war der Teich
von fünf Säulengängen umgeben, welche dazu dienten, den Lei-
denden gegen das Wetter Schutz zu gewähren. Sie waren zu
diesem Zwecke wohl nach aussen hin mit einer Wand versehen.
\'ielleicht sollten sie zugleich denen, welche von auswärts kamen,
für die Zeit ihres Aufenthalts Obdach bieten, bis sie entweder
Genesung fanden oder an der Herstellung verzweifelnd sich wei-
ter bringen Hessen. Der Besuch dieser Quelle scheint zu Christi
Zeit ein sehr zahlreicher gewesen zu sein. Die Berichte der Pil-
ger, welche sich häufig mit Bethesda beschäftigen, haben aus-
schliesslich für die Topographie Interesse , Avährend die Balneo-
logie leer ausgeht; sie können daher füglich hier unbeachtet
bleiben. Nur eine Notiz, die öfter wiederkehrt, verdient hervor-
gehoben zu werden, nämlich, dass ein Doppelbassin sich an der
Stelle befand ; das eine Becken war vom Winterregen angefüllt,
das andere mit röthlichem Wasser gefärbt ^) . Nach den neueren
Untersuchungenistl^ethesda, welches man frühschon an verkehrter
Stelle suchte 2) , mit der intermittirenden Quelle Hammäm esch-
Schifä identisch, deren Wasser salzig schmeckt, übrigens nicht
zum Trinken, sondern nur zum Baden brauchbar ist 3] .
In Jerusalem ist ferner des Siloahteiches zu gedenken.
Allerdings ist das Wasser nicht heilkräftig; da es aber dafür an-
gesehen wurde und darum auch Badeanstalten daselbst sich in
früherer Zeit befanden, so darf jener Teich an dieser Stelle mit
1) Vgl. das Onom. des Eusebius und den Pilger von Bokdeaux , der
allerdings den Teich Bethsaida nennt, aber gewiss mit den »piscinae gemella-
res quinque porticus habentes« die Anlagen von Bethescla meint.
2; Auch die ,piscina natatoria, que quinque porticus habet', welche An-
TONINUS erwähnt, ist nicht der richtige Bethesdateich.
3) Sepp I, S. 272.
2UG
erwähnt werden. Die h. Schrift erzählt inis nichts von einer heson-
ileren Kraft des Wassers : dagegen vermuthete man dieselbe spä-
ter von christlicher Seite, weil Christus den Blindgehorenen zm-
/.o/.'ja3r'f>oa toij ^liAtootu- geschickt hat. sich darin zn waschen Ev.
.Toh. c. iV . Aus diesem Grunde verwandte man das Wasser im
^Mittelalter als Schutzmittel gegen die Blindheit. Übrigens hat-
ten auch die Juden bereits das Wasser bei Verdauungsbeschwer-
den gebraucht. Avie folgende Stelle beweist^) : ,Si contigit, ut sacer-
dotes multam carnem sanctam comederent, aquas ex Siloa bibe-
runt, quae concoctionera vehementer promoverunt'. Ferner
badeten im 16. Jahrhundert die Sarazenen in dem Teiche, um
den natürlichen Geruch zu mildern oder zu vertreiben 2) . Am
wichtigsten aber ist die Angabe des Antoni^tus, dass auch Aus-
sätzige daselbst Heilung fanden. Man hat also zu den verschie-
densten Zeiten dem Wasser aussergewöhnliche Wirkungen zuge-
schrieben. Dieser Glaube wurde begünstigt durch den Ge-
schmack des Wassers, der oftmals etwas Salziges hat 3) , was man
wohl als ein Zeichen der Heilkraft betrachtete, sowie durch eine
gewisse Unregelmässigkeit des Wasserstandes ^), welche in frühe-
ren Zeiten mysteriös erscheinen mochte.
In dieser Sache haben die Ausgrabungen von Prof. Guthk
ISSl endlich Licht geschafft ^j. Die älteste Anlage war nach ihm
ein von ihm selbst östlich von der späteren Anlage aufgefunde-
ner verschütteter Teich, dessen bereits die Siloahinschrift ge-
denkt, identisch mit dem Neh. 2, 14 erwähnten Königsteich. In
späterer Zeit wurde daselbst noch ein Überbau errichtet. Ob
jener Teich der Joh. c. 9 erwähnte und dieser Überbau der vom
Pilger von Bordeaux (Itinera hierosolymitona, ed. Titus Tobler,
p. 1 7 geschilderte quadriporticus ist, lässt Guthe unentschie-
den. Die Verschiedenheit des Wasserstandes im Siloahteich
hängt, wie jetzt niemand mehr bezweifelt , zusammen mit der
Periodicität der sog. Marienquelle, von welcher der Teich sein
I Hi:i:zoG, Realencyclop. XIV, S. 375 ,'Artikel Siloa von Leyrer;. Die
Stelle findet sich Ab. K. Nath. C. 34.
2) De Saligxac. T. X, ep. I.
3 Ausser neueren Reisebeschreibungen vgl. AVilhelm von Tyrvs
Vlil. 7.
4; Vgl. das Itin. Hier., sowie AxTOXlxrs Martyr c. XXIV.
ö; Siehe besonders ZDPV. V, S. 300 f. und 355 f.
207
Wasser erhält und die mit ihm durch einen Kanal verbunden ist,
in welchem die berühmte, auch in der ZDPV. viel besprochene
Inschrift ij^cfunden ward. Er hält es für wahrscheinlich, dass erst
nach der Zeit des Pilgers von Bordeaux, vielleicht zur Zeit der
Kaiserin Eudokia (im Anfang des 5. Jahrhunderts), eine zweite
Anlajo^e gemacht wurde, deren Antoninus gedenkt — eine Be-
hauptung, mit der er sich zu der Angabe des Nicephürus Cal-
LisTi (S. 30), wonach Helena einen schönen Bau an der Quelle
aufgeführt habe, in Widerspruch stellt. Diese zweite Anlage be-
stand aus einer Basilica, vor welcher eine piscina grandis sich
befand. Von diesem unmittelbar von der Quelle gespeisten (obe-
ren) Siloahteich unterscheidet er weiter die piscina grandis foras,
unter dem heutigen Jesaiabaum , welche der Pilger von Bor-
deaux erwähnt und die nach ihm mit dem vorexilischcn »Teich
der Leitung bei dem Garten des Königs« (Neh. 3, 15) identisch
ist. Als eine vierte Anlage, die mit der Siloahquelle zusammen-
hänge, bezeichnet er endlich die heutige birket il-hamrä, welche
Fabri (1483) und Andere natatoria Siloe nennen und die jetzt
noch unterer Siloahteich heisst. Für das Badeleben in Palä-
stina hat lediglich die von Antoninus beschriebene (2.) Anlage
Interesse. Über viele Stufen am Bogen eines alten Stadtthores
herabsteigend , sah er eine basilica volubilis , unter welcher der
Siloe hervorbrach. Diese Basilica hatte zwei marmorne Bassins,
zwischen welchen ein Schrankenverschluss sich befand. In der
einen Abtheilung badeten die Männer, in der andern die Weiber
um der Segnung willen (pro benedictione) ^).
Es war also seit der Zeit des Pilgers von Bordeaux über
1) Das Baden pro benedictione ist auch cap. IV erwähnt bei der
Beschreibung vonCana: ,in ipso fönte lavimus'. Man wird hier nicht die
Sitte zum Vergleich heranziehen dürfen, die Hände (und etwa auch die Füsse)
in einem in der Vorhalle der Kirche angebrachten Wasserbehälter zu waschen,
aus welcher sich wohl allmählich der Gebrauch des Weihwassers entAvickelte
(Herzog, Real. Encycl. Artikel Weihwasser von Steitz] ; denn es handelt
sich bei Antoninus unverkennbar um ein aussergewöhnliches Baden de.s
ganzen Körpers, dem man dann auchWerth für das religiöse Leben zuschrieb.
Dass die Wendung pro benedictione diesen Sinn hat , ergiebt sich auch dar-
aus, dass ein Trinken pro benedictione (cap. XXII; erwähnt ist. Es sind das
lauter verdienstliche Werke, Avelche nach der Anschauung jener Zeit nicht
unbelohnt blieben. Etwas anders Guthe : (man badete , »um der heilsamen
Kräfte des Wassers theilhaftig zu werden«.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VII.
14
208
dem Wasser eine luiuleliasilica ') erbaut worden, in welcher die
beiden Uassins sich befanden. Unter Kasilica ist jedenfalls eine
Kirche zu verstehen , da Antonikus das Wort immer in diesem
Sinn anwendet , während sonst allerdings oft Säulenhallen mit
Piscinen verbunden waren (vgl. Sid. Apoll. II, 2). Es ist be-
kannt, dass oftmals Thermen in Kirchen umgewandelt wurden,
wie jene Inschrift einer Muttergotteskirche bezeugt : «Quae fue-
rant thermae , nunc templum est virginis , auctor est pius ipse
pater , cedite deliciae' ^ . Aber neu ist in diesem Falle, dass die
Hiider weiter benutzt wurden. Die beiden Bassins waren ver-
muthlich unter dem Gotteshause angebracht. So war in Sichern
eine Kirche zur Zeit des Antonixüs , in welcher sogar vor den
Schranken des Altars der Brunnen gezeigt ward . aus welchem
Christus Wasser von der Samariterin sich erbat 3). — Es wurden
eben damals mehrfach Gotteshäuser unmittelbar über den durch
eine heilige Überlieferung geweihten Stellen errichtet^). Die
Jiasilica des Aktoxi^us diente wohl zugleich als Baptisterium,
da bei den Taufcapellen der Centralbau besonders beliebt war.
Während es sich bei den bisher erwähnten Waschungen am
Siloahquell um religiöse Acte handelte, welche an die Wa-
schungen der Israeliten und Muslimen erinnern, hören wir in
der Fortsetzung der Schilderimg des Antonixus, dass auch Aus-
sätzige geheilt wurden und dass überhaupt an diesen Wassern
vieles gerühmt Avard (in quibus aquis multa ostenduntur] . d.h.
dass sie wunderbare Kräfte besassen^). Auf Avelche Weise die
Aussätzigen behandelt wurden, wird hier nicht gesagt, ver-
muthlich war es ähnlich wie in Gadara, wo diese Patienten in
der Nacht die Baderäume benutzen durften.
1 Dass volubilis mit »rund« übersetzt ^verden kann, beweist die bei Du
Gange angeführte Stelle aus Axast.vsius in Greg. III , p. 22 : columnas sexa-
ginta volubiles. Vgl. auch Ovid ep. 20, 209 undCicero de univ. 31, 10. Guthe
lehnt es ab, den Ausdruck zu erklären,
2) Viele Beispiele noch bei Leksch S. 133; vgl. auch die Notiz beiAxT.
c. XXVII über die piscina natatoria ;das falsche Bethesda) , dass in einem der
fünf Porticus eine basilica der heiligen Maria sich befinde (c. XXVII).
3; Axt. c. VI. Auch hierher kamen Kranke zur Heilung.
4) Es kam vor , dass in solchen Fällen antike Labra als Taufsteine und
Badesessel als Bischofsstühle verwendet wurden. Makggraff S. 19.
5) Vgl. die ähnliche Wendung c. XXIII : ,De petra illa multe fiunt vir-
tutes' .
209
Endlich gedenkt Antoninus auch solcher Leute, welche nur
des Vergnügens wegen badeten. Diesen Avar der grosse
Teich 'i vor der gedeckten Halle (atriiim) beständig zugänglich,
der heutige obere Siloahteich. Hier konnten a\ich Nichtchristen
die "Wohlthat der Quelle geniessen. Es war auch Vorkehrung
getroffen, dass die Schwankungen des Wasserstandes dem liadcn
nicht hinderlich wurden. Denn Antoninus hebt ausdrücklich
hervor, dass das Volk beständig badete, während die Quelle
selbst nach seiner Darstellung nur »zu bestimmten Stunden viel
Wasser lieferte, die durch das Thal Gethsemane, das auch Josa-
phat heisst , bis zum Jordan strömen , an der Stelle, wo er in
das Salzmeer fliesst«. Andere Angaben dieser Pilgerschrift über
die Siloahquelle haben für den vorliegenden Zweck keine Be-
deutung. Die Anlagen, welche Antoxinus erwähnt, wurden
übrigens im Laufe der folgenden Jahrhunderte noch erweitert 2) ;
Albert von Aachen (1095 — 1121) erwähnt ein quadratisches
klosterartiges Gebäude, in dessen Mitte sich Avährend der Nacht
das Wasser des Bades sammelte. Fabri (1483) berichtet, dass
fromme Männer gleichsam ein Kloster über der Quelle errichtet
hätten. Der Teich wurde aber damals kaum mehr zum Baden
benutzt, da Fabri schreibt: Um den Quell ist ein Teich, gleich-
sam ein Bad. Wahrscheinlich machte schon der Zustand der
Anlagen den Gebrauch unmöglich. Nach Guthe wäre es noch
heute möglich, einen schönen Teich mit fliessendem Wasser für
die Bewohner Jerusalems an jener Stelle herzurichten.
Im Alterthum berühmt war schliesslich noch die Quelle
bei dem Ort ""Amwäs, der anfänglich Emmaus hiess und nach-
mals beim Wiederaufbau unter Alexander Severus Nikopolis ge-
nannt ward, nicht zu verwechseln mit dem Emmaus der Schrift
Luc. c. 23. Die Verwechslung fand aber frühe statt, und so knüpfte
sich eine Legende auch an jenes Wasser. Sozomenos berichtet
lim 5. Jahrb.), dass nicht imr Menschen, sondern auch andere
Geschöpfe Heilung von mancherlei Krankheiten gefunden hät-
ten, seit der Herr die Füsse daselbst gebadet habe 3) . Von Inter-
1) Die Piscinen waren oft von gewaltigem Umfang, so dass man sich im
Schwimmen darin üben konnte ; das Schwimmbassin in den Diocletianusther-
men z. B. bot 1700 qm. Wasserfläche. (Marggraff S. 15).
2) Guthe a. a. O. S. 364.
3, Historia tripartita V, 20.
14»
21 U
esse ist hier ausser derLeo;ende. welche bei Theophanes noch er-
weitert erscheint 1", die Notiz, dass das Wasser auch bei Thieren
antrL'wendet wurde. Es kam auch sonst im Alterthum öfter vor.
dass man hcilkrüftige Wasser in solcher Weise gebrauchte, so
die Quelle von Sipuntium in Italien -] . Heute ist noch eine gute
Quölle vorhanden, welche jedoch keine Therme ist. wie man
nach dem Namen des Ortes annehmen sollte. Dass übrigens die
Quelle von Emmaus auch bei den Juden berühmt war, beweist
ims eine Stelle aus Midrasch Koheleth Fol. 104, 23): »Rabbi
Elieser ging zu seiner Frau nach Emmaus, einem Orte voll vor-
züglichen Wassers, wo angenehm zu leben war«. Heute kommen
keine Badegäste mehr zu dieser Quelle , über deren Eigenschaf-
ten genaue Untersuchungen nicht vorliegen.
Von neueren Reisenden werden noch andere mineralische
Quellen erwähnt; allein, da über dieselben keine Zeugnisse aus
älterer Zeit vorliegen ■*) und sie auch heute nicht benutzt werden,
kann eine Aufzählung und Beschreibung derselben füglich unter-
bleiben. Hier kam es dem Verfasser nur darauf an . alle die
Berichte zusammenzustellen, welche für die Culturgeschichte
von gewissem, wenn auch bescheidenem Interesse sind.
1) Chronogr. p. 41. Nach ihm heilte der Quell alle Krankheiten der
Menschen und Thiere, wurde aber von Julianus verschüttet. Ähnlich auch
Wilhelm von Tykus (VII, 24).
2; Lersch S. 116.
3) WicHMAXNsnAisEX p. DCCCCLM.
4) Es wurden allerdings im Alterthum wahrscheinlich mehr Quellen ge-
braucht, da AjnnAXVS über Palästina sagt: ,In locis pluriniis aquae suapte
natura calentes emergunt ad usus aptae multiplicium medelarum'.
Tütlisclie Münzen aus Jerusalem.
Von D. Stickel in Jena.
Altjüdische Münzen scheinen, soweit öffentliche Mittheihin-
gen darüber Anskunft geben, in den Münzsammlungen Deutsch-
lands, das Berliner und Wiener Museum und die Privatsammlung
des Herrn Merzbachek etwa ausgenommen, nicht gar zahlreicli
vorhanden zu sein. Wenn auch J. C. Schläger, vormaliger Ober-
aufseher des Herzogl. Münzkabinets zu Gotha, in O. G. Tych-
sen's die Unächtheit der jüdischen Münzen S. 55 versichert, etwa
zwei bis drei hundert derartiger Münzen in den Händen gehabt
zu haben, so sind dochjetzt nach gefälliger Mittheilung des Hrn. 1).
Pertsch dort nur zwei in Silber, ein Schekel vom Jahre 2 und ein
halber Schekel vom J. 1 , und 1 8 Kupfermünzen zu finden. In dem
etwa 1000 orientalische Prägen enthaltenden Kabinet der Univer-
sität Rostock fajid Frähn, dessen handschriftlicher Katalog mir
vorliegt, zu seiner grossen Verwunderung von Münzen mit der
sogenannten samaritanischen Schrift ausser sieben Abgüssen und
Abdrücken in Gips und Sianiol, nur zwei Stücke, die er als acht
gelten lässt. GeAviss ein erstaunlicher »exilis et tenuis apparatus«
für das abentheuerliche Wagniss von O. G. Tychsek , alle jüdi-
schen Münzen als unächte zu erweisen. — Auch in den Verzeich-
nissen deutscher Münzhändler begegnet man nur selten einem
Angebot von dieser Münzklasse.
Um so erfreulicher und verdienstlicher ist es, dass Herr Hau-
rath Schick in Jerusalem seine hierfür besonders günstige Stel-
hmg benutzt hat und noch benutzt, um dergleichen Alterthums-
denkmäler, wie sie unter den Händen der l^odenarbeiter zu Tage
kommen, anziisammeln und vom Untergang zu retten, indem er
sie an deutsche Kabinette ablässt. Es kann nicht zweifelhaft
sein, dass es auf solche Weise gelingen wird, noch manche von
den vielen Lücken in der Münzreihe von den Makkabäern ab-
wärts auszufüllen und manches Problem zu lösen.
Auch das Jenaische Kabinet, eines der reichsten an ande-
ren . muslimischen Prägen , von jüdischen Münzen aber bis
dahin nur im Besitz von dreien, dankt dem Hrn. Schick eine
erwünschte Vermehrung. Wir glauben nichts Überflüssiges zu
thun, indem wir nachfolgendes Verzeichniss der zugekommenen
Stücke mit den Nximmern , unter denen sie in den von beiden
•212
Seiten mit Glas überzogenen Rahmen ausgestellt sind, vorlegen.
Allesammt sind Kupfermünzen.
Nr. 3. Zwei Exemplare aus dem vierten Jahre der
Befreiung Zions ("JV]: rbs?:ö) mit dem Kelch auf Adv. und
den beiden Etrog und Lulab aiif Kev. — De Saulcy, Recherches
sur la Xumism. Jiulaique S. 20. Nr. 9, Pl.I. 9, Lew, Geschichte
der .lud. Münz. iS. 44. Nr. 5, Merzbacher in l>erl. Ztschr. f.
Nmnism. 111. 186, Tab. IV. Nr. 136. IV, S. 364. — Man nimmt
an diesen Exemplaren recht deutlich wahr , dass sie in aneinan-
derhiingenden Schälchen mit schrägem Rand gegossen imd dann
voneinander abgehackt worden sind.
Nr. 4. Eine der Münzen mit dem doppelten Füllhorn,
zwischen dessen beiden Theilen ein Mohnstengel auf Rv. Der
Adv. bietet innerhalb eines Lorbeer- oder Olivenkranzes, über
welchem zwei Punkte, eine in der untersten, dritten Zeile un-
vollständige Inschrift ; die drei Elemente der obersten Zeile und
die sechs der zweiten sind wenig klar, nur ein n zu Anfang die-
ser Zeile ist deutlich, wonach "j: als gerade Striche folgen. Dies
genügt, um die Münze dem Johann Hyrkan I. 135 — 106 v. Chr.
zuzuAveisen. Mit der nur dreizeiligen Legende steht sie unter
den vielen Varietäten bei Merzbacher III, S. 194 den Nr. 19
und 29 am nächsten, macht aber durch das n zu Anfang der
zweiten Zeile noch eine neue Varietät.
Nr. 5. Zwei Exemplare der Münze mit dem Anker auf Adv.
und dem nur theil weise erhaltenen BAZIAEQZ AAEZAN-
APOV; auf Rv. der achtstrahlige Stern, zwischen dessen Strah-
len auf dem einen Exemplar keine Spuren einer Inschrift, auf
dem andern von der vollen Legende ;i-b-'an-'i-n-2-"in-i das :n,
die übrigen Elemente etAvas weniger deutlich, erkennbar sind. —
Die Münze gehört dem Jonathan Alexander I (Jannai) 105 — 78
V. Chr. als König und findet sich auch bei Merzhacher, in Ber-
lin imd Wien. S. Berl. Num. Ztschr. III, S. 200, Nr. 51"«.
Nr. 6. Adv. Im geperlten Kreise um den Anker BAC[d£(«;]
HPüJiOou]. Rv. Zwei Füllhörner mit Mohnkopf oder Granatapfel
(hxzAvischen. — VonHerodes d. Grossen, 40 — 4 v. Chr. — Saulcy
S. 130. PL VI. Nr. 5—7.
Nr. 7. Stark verriebenes Exemplar. Adv. Weintraube am
Stil, darüber HPÜfooo]. Rev. Helm mit Busch und Sturmbän-
deni, darunter [eONAPXOYJ. Nach Levy S. 73 f. und Saulcy
S. 134. PI. VII. 5— S dem llerodes Archelaus, 4 v. Chr. bis 6
n. Chr., gehörig.
Nr. 8. Zwei Exemplare, Selten. Adv. In Perlkreis eine
gebogene Ähre mit der Aufschrift KA I CA - POC — Rev. Palm-
baum mit herabhängenden Früchten, zu beiden Seiten des Stam-
mes L-Ar. Im 33. Jahre der actischen Ära war Judäa noch
nicht römische Provinz, weshalb Saulcy S. 138 AS 36 conjicirt,
als in welchem Jahre (6 n. Chr.) Coponius als der erste Procura-
213
tor des Kaisers Octavianus Augustus über Jiidäa bestellt Avar. —
Lew S. 76.
Nr. 9. Adv. Um den Lituus: TIBePI OY KAICAPOC,.
Kv. In einem Lorbeerkranze LIZ d. i. das 17. J. des Tiberius,
31 n. Chr. Die Münze ist sonach von Pontius Pilatus, zwei Jahre
vor Christi Kreuzigung, geschlagen. — Saulcy S. 14G, PI. IX.
Nr. G.
Nr. 10. 11. Zwei Münzen vom Prociirator Judäa's ^'alerius
Gratus zu Ehren der Mutter des Tiberius, Julia, geschlagen. Adv.
In einem Kranz dreizeilig TIB-KAI-CAP, kavim noch erkenn-
bar auf dem einen Ex. — llv. Auf Nr. 10 gerade aufrechtstehen-
der, auf Nr. 11 etwas nach rechts geneigter PalmzAveig. zu beiden
Seiten lOY-AlA, unten L-G auf Nr. 10, und zwar hiermit
recht deutlichem G, Avie auf dem Pariser Exemplare bei Saulcy
S. 143. Durch A'ergleichung mit dessen PI. VUI, Nr. 10 und
1 1 ergiebt sich, dass unsere Stücke aus den Jahren 5 und 1 1 des
Tiberius, dem 19. und 25. n. Chr. stammen. Levy S. 76.
Nr. 12. Adv. um die Figur eines Simpulum ohne Deckel
[TIBejPlOV KAICAPOC... Die folgende Jahreszahl — bei
Saulcy S. 144. PL IX. 1. 2 auf einigen Exemplaren IG des Ti-
berius (= 30 n. Chr., viertes Jahr der Beamtung des Pontius
Pilatus — ist hier undeutlich. — Rv. Drei an den Stilen ver-
bundene Ähren, darum [lOVAlA KAI'CAPOC (sc. \i.r^rr.p].
Nr. 13. Zwei Exemplare aus dem 6. J. (= 43 n. Chr.) des
Königs Agrippa I bald nach seinem Einzüge in Jerusalem. Adv.
Ein Sonnenschirm mit Franzen, darum BACIACfZC AT PITT A.
— Rv. Geperlter Rand. Drei aufrechtstehende Ähren. Links
und rechts L- S. Die einzige, aber in sehr vielen Exemplaren
vorhandene Münze dieses Königs der Juden. Saulcy S. 14S.
Levy S. SO.
Nr. 14. Zwei Exemplare aus dem 14. J. des Claudius (= 54
n. Chr.) vom Procurator Judäas Claudius Felix zu Ehren des
Kaisers und seiner letzten Gemahlin Agrippina geschlagen. Adv.
Zwei gekreiizte Ähren. Tl KAAYAIOC KAICAP FCPM.
Unten L lA. — Rv. In einem Kranz vierzeilig lOY - AIAAF-
Pinni - NA. — Saulcy S. 149. PI. IX. 10.
Nr. 15. Vier Exemplare aus dem 5. Jahre Nero's (= 59 n.
Chr.). dem letzten, in welchem Claudius Felix Landpfleger in
Judäa war. — Adv. Palmzweig. Umschrift: LG KAIC-APOC.
— Rv. In einem Kranz dreizeilig N€P-UUNO-C. Sailcy
S. 150. PL IX. Nr. 12—14.
Nr. 16. Noch eine Münze aus dem 14. Jahre des Kaisers
Claudius == 54 n. Chr.), welche der Landpfleger Claudius Felix
zu Ehren der beiden jungen Cäsaren Britanniens und Nero schla-
gen Hess. — Adv. Zwei gekreuzte Schilde und Speere. Um-
schrift, nur theilweise erhalten. NGPUU KAAV KAICAP. —
214
Kv. l'alme mit Früchten, oben BPIT KAI;L lA. Die Jahr-
/ahl uiuleutlic-h. Saulcy S. 150.
Nr. 17. Sieben Exemplare ans den Zeiten der Freiheit G(! bis
70 n. Chr. miter Eleasar b. Ananias) , dem Tempelhanptmann
beim Ausbruch des ersten Aufstands, welcher das tägliche Opfer
für den Kaiser Nero einstellen Hess, und Simon b. Gamaliel, der
an der Spitze de.^ Syncdriums stand und mit Simon, dem Fürsten
Israels, identiücirt wird. S. MERZiiACUEK in d. lierl. Ztschr. f.
Xumism. I, S. 227. — Die Silber münzen Eleasar-Simons von
Denargrösse weist Hr. v. Sallet a. a. O. V, S. 110 ff. dem Frei-
heitskampfe Barkochba's zu. — Unsere Kupfermünzen zeigen auf
Ailv. das zweihenkelige Gefass mit gerieftem Jiauch und die Le-
gende DTTO r:T23, auf einer (17*^) TClblC rCTD (nicht TSblT , wie bei
Saulcy S. 154 im Text, während das Bild PI. X. 2. 1 hat), auf
demRv. das Weinblatt mit der Umschrift )V1 niH. Befreiung
Zions. Vgl. Levy S. 100.
Das sind die von Hrn. Schick zugekommenen Stücke.
Noch gedenke ich der beiden schon vormals im hiesigen
Kabinet bewahrten Silbermünzen. Die eine (Nr. 1) trägt ganz
dasselbe Gepräge, den Kelch mit ytO S; weites Jahr darüber und
der Umschrift bxit^ bplU auf Adv., und dem Lulab mit D'^bTCTT^
mrilpri aufliev., wie auf den ältesten Makkabäermünzen. Sie
ist gegossen. Gänzlich abweichend aber von allen bis jetzt be-
kannten ist das Gewicht 10,77 Gramm. Ein Blick auf die Ge-
wichtstabelle von Mekzbacher in Berl. Ztschr. f. Num. Y, S. 173
zeigt eine gleich starke Differenz gegen den ganzen, wie gegen
den halben Schekel, und ist mir desshalb die Achtheit verdächtig.
— Die zweite Nr. IS) entspricht genau dem Bilde bei Saulcy PI.
XI, Nr. 4. auf Adv. die viersäulige Tempelhalle, in der Mitte
eine verschlossene Pforte, oben im Abschnitt Stern. Umschrift
py-'CTD. Auf Rv. ein Bündel verschiedener Zweige (1^1^), unten
daneben eine Cederfrucht (ainns). Umschrift abüll"' minb, der
Befreiung Jerusalems. ]3ie Münze ist gegossen. Das Ge-
wicht stimmt genau mit dem Schekel in München 13,08 Gr.
S. Merzbacher a. a. O. S. 173, zweite Z. von unten. — Nach
Sailcv S. 157. 161 ist es eine Prägung aus der Zeit des zweiten
jüdischen Aiifstandes unter Barcochba.
Beiträge zur Palüstiuakuude aus arabischen Uuelleii.
Von J. Gildemeister in lionn.
(Vgl. ZDPV. IV, p. 85 ff. VI, p. 1 ü:,
4. Mukaddasi.
(Schluss.)
Sachliches. Syrien ist ein Land gemässigten Klimas,
ausgenommen seine Mitte von der sc/uiräh bis zur hTila, die ein
Land der Hitze, des Indigo, der Banane und der Palme ist. Einst
sagte mir der Arzt Ghassän, als wir in Jericho waren : Du siehst
diese Vertiefung. Ich sagte : Ja. Er sagte : Diese erstreckt sich 5
nach dem kidschäz, dann geht sie nach devjamü?na, dann nach
' utnäu und hadschar , dann nach e/-/>ösra, dann naoXx- baghdüd,
dann steigt sie zur Linken Mosuls bis nach er-ruhha , und das
ist die Tiefebene der Hitze und der Palmen. Der kälteste Theil
ist halabakk und seine Umgegend; ein syrisches Sprichwort ''*
lautet : Man sagte zm- Kälte : Wo sollen Avir dich suchen l Sie
sagte : In der balkä ; »Und wenn wir dich dort nicht finden .'« »In
ba labakk ist mein Haus.« — Es ist ein gesegneter Landstrich, ein
Land der Wohlfeilheit, der Früchte und der Heiligen. Je weiter
es sich nach Kleinasien hin erhebt, werden Flüsse und Früchte lä
häufiger, die Luft kühler, und was niedrig liegt, hat vorzüg-
lichere und süssere Früchte und mehr Palmen. Ein schiffbarer
Fluss ist nicht darin. Man begegnet wenig Gelehrten, vielen
Schutzverwandten und Aussätzigen, die Prediger haben keinen
Werth ; die Samariter sitzen darin \onJilasfm (Ilamla) bis Tibe- -^
rias ; Magier und Säbier giebt es darin nicht.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VII. 15
216
Seelen. Den Grund bilden die Anhänger der Überein-
stimmung (der Genossen des Propheten) und der Sunna. wäh-
rend die Eimvühner von Tiberias , der Hälfte von nübuhis und
kudas und die Mehrzahl in \immän Schiiten sind. Die Mu'tazi-
5 Uten spielen keine Kolle und halten sich im Geheimen. In Jeru-
salem ist eine Partie Karräniiten ^-y , die dort Klöster und Lehr-
säle haben [C : sie beüeissigen sich der Keligionsphilosophie,
Rechtswissenschaft und Askese; unter ihnen ist Disput, aber ihr
Religionseifer ist wirklichl. Anhänger der juristischen Schulen
10 des Mälik und Dä^üd trifft man dort nicht, aber die von der des
Auzä'i haben einen Lehrsaal in Damask. doch ist die Praxis dort
die (ISO) der //ac/Z/-bekenner. Die Kechtsgelehrten sind Schä-
fi'^iten, aber selten ist ein Ilauptort oder Stadt, in der nicht ein
Hauafit wäre *und zuweilen sind die Kädi aus ihnen C : sie
15 haben in Jerusalem eine Menge Lehrsäle imd die Kädi Avaren
früher aus ihnen genommen, aber die Praxis ist heute die des
Westens (die mälikitische \ Und wenn jemand fragt: wesshalb
ist nicht gesagt worden: ))Die Praxis ist dort nach dem schäfi'iti-
schen System und die vornehmsten Gelehrten dort sind Schäfi'i-
20 ten 'a< so dient zur AntAvort : Dies ist die Rede eines , der kein
Unterscheidungsvermögen hat, weil die Manier Schätfis das laute
Aussprechen des bismilläh und das Stehen bei dem Morgenroth-
gebet — wür stehen aber nicht , ausser in der letzten Hälfte des
Ramadan bei dem Gebet mit ungleicher Verbeugungszahl —
25 und anderes ist, was die Syrer nicht anzuwenden pflegen und ab-
lehnen. Siehst du nicht, dass sie sich über ihren Prinzen malik ^'-^j,
nachdem er ihnen das laute Aussprechen des bismilläh anbefoh-
len , bei dem Käfür, dem Ichschidischen Mamluken . über ihn
beschwerten und seine Handlungsweise für anstössig hielten .^<
30 Jetzt ist die Praxis meist nach dem fätiraidischen System . von
dessen Gebräuchen wir bei dem Maghrib handeln werden.
Unter den Arten, den Koran zu lesen, ist die des Abu 'Amr
vorherrschend . ausser in Damask, in dessen Hauptmoschee nur
einer, der nach Ibn Ämir liest, vorbetet, und jene ist bei ihnen
35 vorgezogen und beliebt. Auch die Lesart des Kisä'i ist in der
88) Eine im dritten Jahrhundert entstandene Seete ; die die Körperlich-
keit Gottes in nicht gar zu grobem Sinne annimmt.
89) L). h. wahrscheinlich: den Statthalter von Damask.
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Provinz hekannt und sie wenden auch.' alle sieben an und be-
streben sich, sie genau festzuhalten. (Dagegen 31): Die Lesart
der Syrer ist die des Abdallah ibn Ämir).
Der Handel darin ist vortheilhaft. Aus Palästina ■werden
ausgeführt: Ol, getrocknete Feigen. Rosinen, Johannisbrod, 5
halbseidene Stoffe. Seife, Schurze. Von Jerusalem : Käse, Pauiu-
AvoUe. vortreffliche Hosinen von 'am«M und f/«r«. *Apfel, Pinien-
kerue, die ihres Gleichen nicht haben, Spiegel, Lampentüpfe'J"j,
Nadeln; von Jericho trefflicher Indigo, von sughar und baiaän
Indigo und Datteln [C: vorzügliche Apfel. Bananen, ein Ge- 10
•wachs in Form einer Gurke mit einer Schale , die von einer wie
Melonen weichen Frucht abgeschält wird . aber angenehmer
schmeckt; von .<t?^^7iar viele Datteln, Dattelhonig inid Indigo ;
von'awmäw Getreide, Schafe und Honig; von Tiberias Teppich-
stoffe, Papier, Kleiderstoffe, von X-af/a* Kleider mit Doppelein- ^^
schlag, hatisl^^) und Seile; von Tyrus Zucker, Glasperlen
(Schmelzglas?;, gedrehtes ^2] Glas und Fabrikate [C: und das
meiste, was in Basra fabricirt wird], von mciäb Mandelkerne,
von Z»aü«wReis, von Damask (181) Gepresstes'^-* , hafisl. Bro-
kat. Veilchenül geringerer Güte. Kupfergefässe, Papier, Nüsse, 20
getrocknete Feigen, Rosinen, xowhalah "^Baumwolle lC: getrock-
nete Feigen], Kleider, Kali und rothe Kreide, von halahakk ge-
presste Feigenkuchen. Ohne Gleichen sind die Pinienkerne, das
Ol aus unreifen Oliven, das Weissbrot und die Unterhosen von
Ramla und ebenso die Quitten, die Pinienkerne, die \iüuin- und 25
(/?7ra-Trauben, der Theriak, die Minze und die Rosenkränze von
Jerusalem.
In der Provinz Palästina finden sich 36 Producte, die in kei-
nem andern Lande zusammen sind, die sieben ersten nur in ihr
vorkommend, die sieben folgenden in andern Ländern selten, die 30
22 übrigen sämmtlich nur in ihr zusammen, obschon die meisten
auch in andern Ländern sich zusammenfinden. Es sind l. Pi-
nienkerne, 2. Quitten, 3. %/w<lw-Trauben , 4. f/?lra-Trauben,
90; So wörtlich. De Goeje: probabiliter candelabra, die aber doch nicht
so genannt werden konnten. Ist etwa an geschlossene schone Lampen in an-
tikem Stile zu denken? 91) Unbekanntes "Wort, auch gleich für einen
Ausfuhrgegenstand Damask's vorkommend; vermuthlich eine Art Zeug.
92j DüZY: polirtes, DE GoEJE: incisuris ornatum. 93; Gekeltertes; Ol
nach DE GoEJE.
15*
218
5. X:<7//"/r7-Priamnen. Ü. sibal-Foigen. 7. Damascixs-Feigen, S.Co-
lücassie. U. Sycomoren , 10. Johaniiisbrod . 11. Artischocken,
12. Jujuben. 1 3 . Zuckerrohr. 14. syrische Apfel. 15. frische l)at-
tehi. l(i. Olhiuime. IT.Citronen, IS. Indigo, 19. Ahmt, 20. Oran-
5 gen, 21. nahak. 22. Nüsse, 23. Maiulehi. 24. Spargel, 25. Bana-
nen. 26. Snmach, 27. Kohl, 2S. Trüffeln, 29. Lupinen, 30.
schwarze frühe Pflaunien tari^^ 31. Schnee. 32. Büffelniilch, 33.
Honigwaben, 34. 'äsmi-Trauben , 35. Dattelfeigeu. Was den
lilumenkohl betrifft, so giebt es anderswo dergleichen, nur class
10 er einen andern Geschmack hat. Auch giebt es Lattich, der aber
den gewöhnlichen Gemüsen beigezählt wird, ausser in el-Uh-
zcäz, wo er vortrefflich ist. Auch in Basra Aviid er vom Gemüse
imterschieden.
Hohlmasse. In Ranila sind kiifiz, waiba, maMUk imd
\?>kaila(hcha; 1 kaihidscha = c. 1 Y2 seit . 1 tnakkük = 3 kuiladscha,
1 icaiba = 2 mukkTik, 1 hafiz = 4 icaiba. Den Einwohnern von
Jerusalem ist eigenthümlich das mudj (modius) = 23 kafiz und
das kahb = '4 modius ; der makkTik wird nur bei Regierungsge-
wicht angewandt, üer modius von %(7ntnän ist 6 kailadscha^ der
"iO dortige kaf'iz = ^j^ kaikuhc/ia, und damit verkaufen sie Ol und
getrocknete Feigen. Der kaflz von Tyrus ist der modius von
Jerusalem, aber der dortige kaiUuhcha ein sa ^ und die ghirära
von Damask li;2 palästinische kaflz.
Gewichte). Die ritl (182) sind von hims bis zum dschifür
2.5 sechshundert 'd. h. sehr viele), unter sich sehr verschieden; das
schwerste ist das von \ikkä, das leichteste das von Damask. Die
Lnzen, ükijja^ sind von vierzig und einigen bis fünfzig, aber
überall hat das rit] 1 2 Unzen imd bloss das von kinnasrln 8 Un-
zen. Das Münzgewicht ist ungefähr eine Drachme, 60 Gran, das
:ioGran ein einziges Gerstenkorn, der dänik 10 Gran. Der Dinar
hat 24 klrät. das klrcU Si/o Gerstenkorn. (66: Der barid ist in
Syrien sechs Meilen).
Gebräuche. Die Syrer brennen in ihren Moscheen fort-
während Lampen, die an Ketten herabhangen, wie in Makka.
3.j In jedem Hauptort ist in der Hauptmoschee eine auf Säulen
ruhende Schatzkammer. Zwischen dem bedeckten Kaum und
dem H(jf sind Thore, ausser in Jericho. Kiesel sieht man nur in
dem Hof der llauptmoschee in Tiberias. Die Minarete sind vier-
eckitr 1111(1 (lif Mittelstücke der Dächer des überdachten Theiles
219
sind spitz. An clenTlioren der llauptraoscheen und in den Haza-
ren sind Latrinen. Zwischen je zwei Saläiu in den Xachtgebe-
ten des Kamadrm setzt man sich ; einige beobachten die um
eins ungleiche Zahl der Verbeugungen; diese ungleiche Zahl
war früher drei, aber in unserer Zeit hat Abu Ishäk el-marwazi '>'^) 5
befohlen, sie in Jerusalem aufzugeben. Wenn man sichzujeehiem
Nachtgebet anschickt, ruft ein Gebetsrufer : »Euer erbanue sich
Gottw : in Jerusalem beten sie sechs Nachtgebete. Die Prediger
dort sind Legendenerziihler. Die Hanafiten halten in der alm-
Moschee Litanei (f//Ar) -Sitzungen, wobei sie aus dem geschric- lo
benen Buch recitiren: ebenso die Karrämiten in ihren Klöstern.
Die Wächter pflegten das lä Uali nach dem Freitagsgebet zu
sagen. Die Rechtsgelehrten halten Sitzung zwischen den zwei
Gebeten und der Abendzeit ; auch die Koranleser haben Lehr-
stunden in den Hauptmoscheen. 15
Za den christlichen Festen, von denen die Muslimen Notiz
nehmen und durch die sie die Jahreszeiten bestimmen , gehören
Ostern, Neujahr, Pfingsten zur Zeit der Hitze , Geburtsfest zur
Zeit der Kälte und Barbärafest zur Regenzeit — es heisst
sprichwörtlich: »wenn das Barbärafest kommt, kann der Bau- üi
meister die Flöte spielen«, d.h. zu Haus sitzen — , die Kaienden
(1. Jan.) — es heisst sprichwörtlich: »kommen die Kaienden,
so ziehe man warme Kleider an (183) und halte sich daheim« — ,
das Kreuzesfest zur Zeit der Weinlese und das Fest von Lydda
zur Zeit der Saat. Ihre Monate sind die byzantinischen : erster 2.5
und zweiter tischrm^ erster und zweiter känim. schahhilf, idär. ni-
sän. ijjär, hazlrcm, tammüz, ab, ailül.
Selten sieht man einen Rechtsgelehrten, der eine Neuerung
macht, oder einen Muslim, der ein Secretairamt hat, ausser in
Tiberias, von wo fortwährend Schreiber kommen. Dort und in :u»
Ägypten sind die Secretaire eben Christen, weil die Muslimen
sich auf ihren Schnabel verlassen und nicht, gleich den Nicht-
araberu, sich um humanistische Bildung bekümmern. Als ich in
der Gesellschaft des Oberkädi in Bagdad war, schämte ich mich
über die Menge seiner Sprachfehler, aber sie betrachten das 3.5
nicht als Mangel. Die meisten Münzbeamten mid Färber,
Wechsler und Gerber sind Juden.
94) Berühmte Autorität der Schäfi'iten, erst inBaghdäd, dann in Ägyp-
ten, gest. 340 (951/2) Chr. ; kurz vorher wird dies fallen.
220
Fünf Diii^^e an fünf Orten des Islam sind gnt : der Kama-
dän in Makka . die Nacht der Vorlesung des Koran in der Mo-
schee el-a sä. die zwei Feste in Palermo, der Tag von "^Arafa in
Schiräz. der Freitag in Baghdäd. Ebenso ist die mittelste Nacht
5 des SchaM)än in Jerusalem und der Tag 'aschärä in Makka gut
d. h. wohl: besonders feierlich .
Die Svrer gehen stets in voller Tracht , jeder Gelehrte und
l'ngelehrte trägt Oberkleider, und im Sommer ziehen sie sich
nicht leichter an, nur haben sie Sandalen von einer Sohle. Ihre
10 Gräber sind gewölbt, sie gehen hinter der Bahre und tragen den
Leichnam mit dem Kopf voran; drei Tage lang gehen sie zu den
Grabstätten zur Verlesung des Korans hinaus , wenn einer ge-
storben ist. *Die Eegenmäntel C: die Wollkleider tragen sie
aufgeschlagen und die Schultertücher der Gelehrten; failasän)
löschneiden sie nicht rund aus. Die vornehmsten Tiichhändler in
Ramla haben ägyptische Esel mit Sätteln; Pferde reiten dort nur
Emire oder Häuptlinge. Die durraä (bis zur Herzgegend offe-
ner Kittel oder Weste tragen nur die Städter und die Secretaire.
die Kleidung der Dörfler in der Umgegend von Jerusalem und
20 Näbiilus ist bloss ein einziger hisä (als Mantel dienendes Stück
Wollenzeug' ohne Hosen. Sie haben Backöfen [funi], und die-
jenigen Dörfler, welche Backsteine tauh] machen, haben einen
kleinen Feuertopf immür) in der Erde, der mit Kieseln [hisa) be-
legt wird; um und über diesen wird Mist angezündet, und, wenn
25 er heiss ist, werden diejBrotlaibe auf die Kiesel gebreitet ■'^i . Dort
sind Köche von Linsen und haisZir (mit Butter u. a. gekochten
Bohnen ; sie braten und kochen gequollene l^ohnen in Ol, und
das wird mit Oliven verkaiift. Sie setzen Lupinen ein, die sie
viel essen, imd machen aus Johannisbrot einen Fruchtsaft mitif],
30 den sie Zv^iZ/a/V nennen, während das gleiche (184) aus Zucker
bei ihnen näfif heisst. Im Winter machen sie einen Pfannku-
chen zalähijja aus Teig, ohne ihn netzförmig zu legen ^^j. J)ie
meisten dieser Gebräuche sind auch in Ägypten , die wenigsten
in Irak und Mesopotamien.
95; Interessant ist, Kletns Schilderung ZDPV. III, 111 zu vergleichen.
9(V Warum im Winter? Fast liesse sich an s^wCix^! Stäi'ke für i\jJ^\ den-
ken, so dass jenes Glosse zu adschin Teig gewesen sei. Vgl. die von Dozv,
c
Su])))!. unter :^i^^ citirten Stellen.
221
Eisen- Gruben sind im Gel)ir^ von liairüt. In llalal) ist
}j\iter Rotlistein, in ' ammZin etwas geringerer. In Syrien sind
rothe lierge. deren leicht zu bearbeitende Masse rother Sand-
stein ist, und weisse I^erge. die Kreide genannt werden, von ge-
ringster Härte , womit Plafonds geweisst und Dächer bestrichen 5
werden. In Palästina sind lirüche von weissen Steinen, xmdbei
hait dschibril Marmorbrüche; in den Ghorgegenden Schwefel-
gruben u. dgl. Aus dem Todten Meer wird gebröckeltes : ?) Salz
verführt. Der beste Honig ist der von der Satureja in Jerusalem
und dem Oiehix^'^ ämiJat stammende. Die beste Lake (muria der 10
Römer) ist die in Jericho bereitete.
Die Heil ige ncap eilen haben wir in der Einleitung zu
der Provinz erwähnt, und wenn wir jihre Localitäten aufzählen
wollten, würde das Buch zu lang werden : die meisten sind ohne-
hin in Jerusalem, dann in Palästina, dann in urdunn. 15
Die Wasser dieser Provinz sind gut, ausser dem zu P)anias,
das abführt, und dem zu Tyrus , das stopft. Das zu haisün ist
schwer. Gott bewahre vor dem zu sughm% das von hait er-räm
ist schlecht, kein leichteres giebt es als das zu Jericho, das Was-
ser von Ramla ist verdaulich, das von Nabulus hart, *in dem 20
von Jerusalem und Damask ist mindeste Härte (C : das von
Damask und Jerusalem erfordert feste Speise) und ihre Luft
äusserst trocken.
Darin sind eine Menge Flüsse, welche sich in das Mittel-
ländische Meer ergiessen , mit Ausnahme des haradä , der den 25
untern Theil von Damask durchfliesst und die dortige Gegend
bewässert. Von ihm trennt sich ein Arm ab, der den obern Theil
der Hauptstadt umfliesst und dann sich in zwei Arme spaltet,
von denen der eine gegen die Wüste hin einen See bildet . der
andere abfällt und den Fluss Jordan trifft. Der Jordan kommt 30
hinter 1 lanias herab , bildet einen See /cadus gegenüber , fliesst
abwärts nach Tiberias und durch den See , dann in das Ghor
zum Tiragestürzten See, der sehr salzig, wild und übelriechend
ist; in ihm sind Berge (sie) und keine grossen Wellen. (23. C:
vom haradä geht nach Antiochien hin ein Arm aus , der sich in 35
das Mittelländische Meer ergiesst.) (19 : Der haradä, der Fluss
von urdunn, der maMüh (obere Orontes; und der Fluss von An-
tiochien untere ürontes; sind nicht schiffbar.) — Das Mittellän-
dische Meer erstreckt sich an Svriens Westseite, das Sinesische
222
berührt die südliche. Tyrus gegenüber liegt die Insel Cypern.
die zwölf Tagereisen gross sein soll ; sie besteht ganz aus bevöl-
kerten Städten und bietet den Muslimen reichlichen Vortheil
wegen der vielen Güter. Kleider und Geräthe, die davon ausge-
ö führt werden. Sie gehört dem, der gerade die Übermacht hat.
Man fährt zu ihr einen Tag und eine Nacht ; dann eben so viel
zum bvzautinischen Gebiet.
(185) Zu den Merkwürdigkeiten gehört in Jerusalem
eine grosse Höhle ausserhalb der Stadt, Ich hörte Gelehrte
losagen und las in Büchern, dass sie bis zu den Leuten Mosis'^^)
reiche, was nicht richtig ist, sie besteht vielmehr aus Steinbrü-
chen; in ihr sind Gänge und man geht mit Lichtern hinein. —
Zwischen Palästina und llidschäz sind die Steine, die auf die
Leute Lots geworfen wurden . an der Pilgerstrasse , gestreifte,
15 kleine und grosse. — InTiberias ist eine siedende Quelle, welche
den meisten Bädern gemeinschaftlich ist; zu jedem Bad geht ein
Strom von ihr und dessen Dampf erwärmt die Gebäude, so dass
man kein Feuerholz braucht. Im ersten Kaum ist kaltes Was-
ser, mit dem es in dem Masse gemischt Avird, dass man es zur
20 Reinigung gebrauchen kann, und ihre Latrinen Averden von die-
sem Wasser versorgt. — In diesem District ist ein heisses Was-
ser, v,e\ches el-haffif na heisst^^); wer sich darin drei Tage badet und
dann in anderem kalten Wasser sich badet und Aussatz, Wiui-
den oder Fisteln oder welche Krankheit sonst hat, wird mit Er-
2.5 laulmiss Gottes geheilt. Ich hörte die Tiberienser erwähnen,
dass ringsum Gebäude seien, für jede Krankheit eines, so dass
jeder, welcher diese Krankheit hatte und darin sich badete, ge-
sund wurde, bis zur Zeit des Aristoteles. Dieser forderte von dem
damaligen König die Zerstörung dieser Gebäude, damit man
3(j sich der Arzte nicht überhoben halte. Mir scheint das richtig,
weil jeder eintretende Kranke in das gesammte Wasser eintau-
chen muss, damit es dem Sitz seiner Krankheit entspreche. — Der
See von sughar ist sonderbar : der Jordan iind der Fluss der
scliarüh ergiessen sich darin , ohne eine Veränderung hervorzu-
35 bringen. Man sagt, dass man nicht so schnell darin untertauche
und dass Klystiere mit seinem Wasser Heilmittel gegen viele
97; Bis zu der auch im Koran erwähnten , von der Erde verschlungenen
Rotte Korah. De Goeje. 98) Gemeint ist Gadara.
223
Krankheiten seien. Im Monat Ab (August) [C : in der Mitte des-
selben] findet ein Fest statt, indem l'öbel und Kranke dahin
gehen. — 'Im Gebirg esch-acharZih ;C: im Landgebiet von maäb]
ist ebenfalls eine (180) heissc Quelle '-^''j . — Im ISommer föllt in
Palästina in jeder Naclit Thau. -wenn der Südwind weht, so dass 5
von ihm die Dachtraufen der Aksä fliessen. — Der abu rijüh von
Hinis ist ein Talisman, der für die Scorpionen gemacht ist; wer
Thon nimmt und daran drückt , genest durch Erlaubniss Gottes
vom Biss derselben ; die Wirksamkeit kommt von dem Abdruck,
nicht von dem Thon. — [C : Jerusalem hat einen Talisman i*^") lo
gegen Schlangenbiss in einer hinter dem Minbar befindlichen
Marmorplatte , auf der eine abgeriebene Inschrift ist : »Muham-
mad ist der Gesandte Gottesu, und eine andere: »Es ist kein
Gott, als Gott,«] — Zu den Merkwürdigkeiten gehören die Städte
Salomo's bdlahakk und tadmur , die Felsenkuppel , die Haupt- 15
moschee von Damask, die Häfen von Tyrus und Akka.
Die Stellung der Provinz ist ausgezeichnet. Es sind vier
Gliederungen: 1) die am Meer gelegene Ebene , bestehend aus
aufgehäuften zusammenhängenden Sandüächen , in denen cr-
rumla und die Uferstädte liegen, 2^ das Gebirg, voll Bäume. 2u
Dürfer, Quellen und Saatfelder, wo bait dschibr'd , Uijä^ nZtbuhis,
laddschim ^ kabul^ kadas ^ el-bika vi\n\. antcihija liegen, 3) die
Ghorgegenden, voll Dörfer, Flüsse, Palmen, Saatfelder. Indigo,
und darin waila^ iahük^ sugliar^ arlhä^ baisän. tubarijja ; C : lüädl
kanän]^ btinijäs, 4) der Rand der Wüste, hohe, kalte, im Niveau 25
der Wüste liegende Ijerge, voll Dörfer, Quellen, JJäume. Avorin
mdab, " amman, adriat, dimaschk, hims, tadmur. halab liegen.
Die eine Scheidewand bildenden Berge Ölberg. siddlkä, lubnän,
el-lukcmi und die Mitte des heiligen Landes liegen in dem die
Küste überragenden Gebirgszug i'^'i. 30
(188, 4) Ich hörte meinen Oheim Abdallah ihn esch-schawa
sagen : Ein Sultan wollte dair schamtvll, ein Dorf eine Parasange
von Jerusalem, in Besitz nehmen und sagte zu dessen ^'orsteher :
99) Da der in das Todte Meer fallende Fluss von scharäh nur der icüdi
'l-htisä sein kann, so werden diese zwischen scharäh und maäb gelegenen
heissen Quellen die an einem obern Zuüuss desselben befindlichen sein, über
die z. B. Ritter 1-1, 103U spricht. 100; Vgl. 'Ulaimi p. 113 oder 31
Sauv. lül) Ausgelassen ist ein langer Absatz über eine exegetisch-
juristische Frage, die unserm Zweck fremd ist.
224
Beschreibe mir dein Dorf. Dieser antwortete : Es ist nahe dem
Himmel, der Ebene fern, mit weni^ ahrüO^'^ nnd vielen Eichen
es erfordert Arbeit ohne viel Einkommen zu bringen, ghurr^^^]
und bittere Mandeln haben die Oberhand: säest du ein Jfubb
5 Scheffel , erntest du ein kahb , du hättest denn gelobt, vor-
treffliche Cistenien anzulegen 'f'^~ . ]^a sagte er: Geh, wir brau-
chen dein Dorf nicht.
Was die hohen Berge betrifft, so überragt der schon er-
wähnte Ölberg Jerusalem. — Der l^erg sicIcWäi ist zwischen siZr,
\i)ka(Jas. hämjas und saiclü^^^). Dort ist das Grab des siddlkä^^^),
der dabei eine Moschee hat. Zur Feier des mittelsten Tages des
Monats sc/tabcm versammelt sich hier viel Volk aus diesen Städ-
ten und ein Stellvertreter des Sultans ist dabei. Als ich an einem
Freitag in der Mitte des schabän einmal an diesem Orte war,
15 kam der Kadi Abu'lkäsim ihn el-abbäs zu mir \\m\ verlangte,
dass ich die Freitagspredigt hielte. In derselben forderte ich sie
auf. die Moschee zu erbauen , sie thaten es und erbauten auch
darin ein Minbar. Ich hörte sie behaupten, dass hinter dem Wild
herlaufende Hunde, wenn sie zu diesem Punkt gekommen sind,
20 stehen bleiben, und ähnliche Geschichten mehr. — Der lubmin,
der an diesen Berg stosst, ist voll von Bäumen und dem allge-
meinen Gebrauch preisgegebenen Früchten; es [C : sowie das
Gebirg el-dschaulän] hat schwache Quellen, an denen Personen
ein religiöses Leben führen, die sich Hütten aus Stroh [C : Rohr
25 und Halfagrasj gebaut haben und sich von solchen freien Früch-
ten nähren , soAvie durch Vertreiben davon und von anderem,
z. B. spanischem Rohr und Myrten, in die Städte sich einen
Nutzen schaffen ; aber ihre Zahl hat abgenommen. — Das schon
erwähnte Gebirg el-dschauJän liegt ihm in der Richtung nach
30 Damask gegenüber. An ihm traf ich den Abu Ishäk el-ballüti
(den Eichelesser oder Eichenhainbewohner) an der Spitze von
vierzig in Wolle gekleideten Männern , die zu ihrer Versamm-
102 Sonst nicht vorkommendes Wort. Will man das talmudische
■•j--rN, dessen Lesart unsicher ist, vergleichen, so wäre an eine Olivenart zu
denken. 103) Ebenfalls von unbekannter Bedeutung. 104) Nebi
Sannvil hat jetzt viel Wasser. ToBLER, Top. II, S7T. 1051 Diese Worte
sind in das Dschihän-numä 559, 11 übergegangen, daher nicht zu schlie.s.sen
ist, dass er auch im siebzehnten Jahrhundert so hiess. I(i6,i Nach Jäküt
Sohn des Propheten Sälih.
225
hing eine Moschee hatten. Ich fand in ihm einen gelehrten Ju-
risten von der Schule des Sufjän et-tauri und sah, dass sie sich
von Eicheln nährten , einer Frucht von der Grösse einer Dattel
[C: mit einer Schale] , bitter, die gespalten und [C : durch Legen
in Wasser] süss gemacht , dann [C : getrocknet und] gemahlen 5
-ward '07]. Dort ist -wilde Gerste, die man damit vermischte. —
Das Gehirg lukam (sie) ist unter den syrischen Gehirgen das be-
■wohnteste, grösste und an Früchten reichste (189). Heute ist
CS in der Hand der Armenier; Tarsus liegt jenseits desselben,
Antiochien diesseits. 10
Die Regierungsgewalt in Syrien gehört dem Herrscher
Ägyptens. Saif ed-daula [C : der Hamdanide] hatte sich des obe-
ren Theiles bemächtigt.
Die Abgaben [C : an der Küste und auf den Strassen] sind
leicht, "^mit Ausnahme derer, die auf den/emr/?^/»; (Handelsmaga- 15
zinen) liegen, denn diese sind abscheulich nach dem, Avas -wir
bei Jerusalem erwähnt haben. Die Regierungsauflagen sind
drückend : sie betragen ^vS. Idmiasrln und die " aimüm 360 000 Di-
nare, ?cwi urdunn 170 000, auf Palästina 259 000, auf Damaskus
400 000 und einige tausend Dinare. Im Buch des Ihn Churdä(J-20
bih'o'^j habe ich gelesen, die Grundsteuer von kinnasrm betrage
400 000, von liims 340 000, von urdunn 350 000, von Palästina
500 000 Dinare [C für alles von *an : Die Grundsteuer von Pa-
lästina beträgt 100 000, von Ums 340 000, vonDamaskus 400 000
und einige tausend, von i?;mwö!S?-m 400 000, von ^^rfZ^^;^w 350 000 25
Dinare. — Die Länge Syriens von dem madjan Schu%aibs bis zu
den tuglmr (nördlichen Gränzfestungen) beträgt 39 Tage ; die
Breite ist verschieden, weil der südliche Rand schmäler, der
nördliche breiter ist.]
Entfernungen. lO-J) (190). El-atßrib eine Tagereise von 30
Halab. — Jaüt auch tat] eine Station von Hims, eine halbe von
Baalbek. — Schamsin eine Station von Hims — von da nach
107) Von wohlschmeckenden Eicheln in dieser Gegend redet Sektzen I,
360 und früher Belox, Anv. 1555, p. 263. Vgl. hierzu ViRCnow, Ztschr. f.
Ethnologie XII, 18S0, p. (435). 108) Journ. As. 1865, V, 71 — 73 (448ff.)
ebenso. Nur stehen dabei die Angaben: }m))s nie mehr als ISO (»00, Damask
mit Zuthaten 140 000, urdunn nur die Hälfte obiger Summe und Palästina
auch nicht mehr. 109) Aus diesem Abschnitt sind (vgl. ZDPV. VI, il,
Not. 11) nur die bisher nicht genannten Orte ausgezogen.
220
härü. en-tiahk. el-kufajjlfa. Damaskus je eine Station — el-kasfal
zwei Stationen von salamijja. dann ed-dara^a zwei, von da zwei
nach er-ruf<üfa. von da eine halbe nach er-rahha — halt sarü
eine Station von Damaskus — el-kus\oa zwei Posten von Damas-
5 kus, dann dschäsim, f'ik je eine Station. — EJ-dschaschsch und
ka/(ü7illä je eine Station von Tiberias [i] — (191) taüsir je zwei
Posten von Baisan und Laddschün — kalansuioa je eine Station
zwischen Laddschün und Eamla — karjat el-ujTm zwei Statio-
nen von der Josephscisterne, dann eine bis JyarUn, dann eine bis
ItJ ain el-dscharr : diese Koute heisst tarik el-madüridscJi^ der Stu-
fenweg — madschdal sdhn^^^) je zwei Posten von Tyrus und von
Banias. — (192) Es-sukkaryj'a eine Station von Ramla —
kaüs (?) ^^^^) eine Station von Hebron und von Zoar — ez-za-
rlkä^^^' eine Station von Amman und von Adri'ät — el-kamsa
15 eine Station von Cäsarea und von Acco.
Aus anderen Capit ein des Buches.
(11) Der arabische Meerbusen hat gegen Ägypten hin zwei
Arme, welche sich an der Spitze von Hidschäz an einem Orte
tcirän scheiden. Die gefährlichsten Orte in den islamischen Län-
2ü dem sind dschuhailcm^ wo Pharao ertrank, und das ist das Meer
von Kolzum , auf dem die Schiffe vom bewohnten Lande zum
unbewohnten lavircn . und tarcin^ wo die von Ägypten und Sy-
rien her wehenden "Winde aufeinanderstossen und die Schilfe
untergehen. Sitte ist, Leute abzvischicken, welche den "NVind
25 beobachten ; w^enn dieser sich legt oder der günstige vorwal-
tet, segeln sie, sonst bleiben sie lange Zeit, bis die Hemmung
aufhört.
(24) liammäda , Dorf bei Kamla — (25) el-chcmka (Kloster)
nom. propr. des Karrämiten -Klosters in Jerusalem. — El-hadat,
30 Stadt in Kinnasrin — (26) ez-zarkä , Ort auf der Strasse nach
Damask — (28) bait karmä^ Dorf bei Jerusalem — (29) bait 'ai-
nUn. Dorf bei Jerusalem — (30) el-kastah Dorf an der Gränze
110) Der Text hat madsch slm. Van de Vklde giebt Reise I, IGT medsch-
del sclim, ebenso GuERIN , Gal. II, 267; dagegen die Map of W. P. mejdel
idim (daneben : khurhet selem), RouiNSONsiV«». Danach ist madschdal sicher,
die Vocalisation des zweiten "Worts ungewiss. llOl^j So nach DE GOEJE
die Handschriften. Wetzstein in Delitzsch Comm. z. Genesis. *. 1872,
p. .574, las kädiis. 111) So zweimal, aber wohl ez-zarkä zu lesen.
227
Syriens — el-laddscJnm, zwei Städte in Syrien — bämj'äs, Stadt,
aber bänäs, Fluss bei Damask.
Über falsche Traditionen. (46) In e/-chc/tasrh ht ein
Ort. wo die Kette Davids war, bei der die Entscheidungen
ergingen 1' 2). — Das Grab Adams ist nach einigen bei dem Grab 5
Abrahams, nach andern im üh; in Jerusalem behauptete einer,
(lass er es im Traum hinter dem ()lberg gesehen. — Juden mid
Christen sagen, das Grab Davids sei im sahjTin. — Einige be-
haupten, das Feuer Abrahams sei am dscliarmak gewesen. — Auf
dem Gipfel des Sinai ist ein Ölbaum , welcher der im Koran 10
"24. 35 als »weder östlich, noch westlich« bezeichnete sein soll;
dasselbe wird von einem andern auf dem ()lberg gesagt. — Ich
hörte Abu Ali el-hasan ihn abi bakr el-bannä sagen , das Grab
sei eine Platform, von der man sagte, dass sie das Grab eines der
Imame sei, bis ein Mann aus Choräsän gekommen sei und er- 15
zählt habe, er habe im Traum die Worte gehört : »Geh nach Jeru-
salem und mache ihnen kund, dass es des Patriarchen Joseph
Grab sei.« Der Sultan befahl, erzählte er, meinem Vater hinaus-
zugehen und ich begleitete ihn ; die Arbeiter gruben , bis sie zu
dem Holz der Bahre kamen, das ganz morsch war : fortwährend 20
sah ich bei unsern alten Weibern Späne davon , womit sie sich
von Ophthalmie zu heilen suchten.
Südliche Wüste. (193) Das dsc/nfär , das von Ägypten
aus am nächsten an Syrien stösst, hat zur Hauptstadt el-faramä
und zu Städten el-bahkära^ el-ioarräda, el- arisch; ^a?, häuf \\?ii 1h.
zur Hauptstadt Mlbais, zu Städten maschtül, dschurdschlr ^ ßiküs,
ghaifä. dahkü, tüna ^ barrlm^ el-kulzum. (195) El-fara77iä , an
der Küste des Mittelmeers , eine Parasange von ihm , bewohnt
und volkreich, mit einem Fort und schönen Bazaren , liegt in
einem Salzsumpf und hat salziges Wasser: ringsum sind Fang- 30
stellen für die Wachteln [sahcä] und guter Fischfang ; in ihr fin-
den sich eine x\nzahl entgegengesetzter Dinge [C : Producte bei-
der Provinzen] und viel Gutes. Es ist ein Vereinigungspunkt der
Strassen, wird oft erwähnt und blüht, aber hat salziges Wasser
und die Vögel erregen (chronische?) Krankheiten. (209. In 35
el-faramä findet sich die Wachtel [sumäm] ; wer davon isst, wird
112) Die nämlich auf dem Hof des Haram gewesen sein soll.
228
krauk.!'-' und seine Gelenke werden steif). *Diese Gegend be-
steht ganz aus gelbem ^^^ Sand; die in ihr liegenden Städte sind
oben genannt. Es giebt darin Strassen, Palmen und Ikunnen,
au jeder Poststation ist ein Laden. Nur spielt oft der Wind mit
5 dem Sand und bedeckt die Strasse; das Reisen darin ist be-
schwerlich. C: Die übrigen Städte des dschifär liegen im Lande,
haben Palmen und sind heiss, aber bewohnt. Mit dem aufgehäuf-
ten Sande spielt der Wind und bedeckt die Wege. Aber an
jeder Poststation ist ein Laden und ein Brunnen und jede Tage-
10 reise eine Stadt." (211. Im dschifär ist ein Talisman gegen den
Sand, dass er nicht Städte und Dörfer überwältige. Talismane
giebt es niir in Ägypten und Syrien, die Propheten sollen sie ge-
macht haben . doch habe ich dergleichen auch in Persien ge-
sehen.) — Bilbais ist eine grosse Stadt mit vielen Dörfern und
15 Saatfeldern, bewolmt; die Gebäude sind aus Lehm. — El-tnasch-
tül hat *viele [C : angeblich 360] Mühlen, von dort wird *der
meiste Proviant, bestehend in Mehl und Zwieback, nach Hi-
dschäz [C : das meiste Mehl nach Hidschäz und viel Weizen nach
Kolzum^ gebracht. In einer Zeit des Jahres zählte ich 3000 Ka-
20 meellasten jede Woche, lauter Kornfrüchte inid Mehl.
EJ-Jmlzmn ist eine alte Stadt am Ufer des sinesischen Mee-
res (196), trocken und trist, ohne Wasser und Gras, ohne Saat
und Milch, ohne Feuerung und IJäume, ohne Trauben und
Früchte. Wasser wird auf Schiffen zugeführt und anderes [viel-
25 leicht zu lesen : fauliges, C : salziges] schlechtes kommt auf Ka-
meelen von einem eine Poststation entfernten Ort suicais. Es
giebt ein Sprichwort : «der Proviant der Leute von el-hulzum
kommt von hilbais^ ihr Getränk von smvais, sie essen Bockfleisch
und brennen den Plafond des Hauses« ^i^). Sie ist einer der
30 Aborte der Welt. Das Wasser ihrer Bäder ist salzig, sie ist häss-
lich. ekelerregend, der Weg zu ihr beschwerlich , nur dass ihre
li:i, Wegen Num. 11,31 zu beachten. 114) Weissem Jäküt Kaz-
•wlnl, schönfarbigem Istachri Ibn Haukai. 115) »Müssen, wenn sie Feuer
machen wollen, Latten vom Plafond reissen« erklärt DE GoEJE, sachlich nicht
wahrscheinlich ; es geht aber auch desshalb nicht, weil der erforderliche Reim
auf — ais nicht herauskommt. Dürfte man eine provincielle Aussprache dais
für (Its annehmen, so Hesse sich lesen : min schii ab ed-dais, Binsenhalme, und
vergleichen, Avas Klunzinger, Ztschr. für Erdkunde 187S, S. 549, von dem
Brennmaterial von Kusair erzählt.
229
Moscheen gut sind und ansehnliche Paläste [\. 1. Quartiere und
nutzbringende Märkte darin sind. Sie ist ein Stapeli)latz für
Ägypten, ein Hafen für Hidschäz. ein Stützpunkt für die Pil-
gerkaravane. Wir kauften eines Tages für einen Dirham etwas
und brauchten dazu für einen Dirham Ikennmaterial. Diese Ge- 5
gend hat keine gtite Beschaffenheit, und ich sehe keinen Nutzen,
ihre übrigen Städte zu erwähnen.
(209) Der Berg sltiä ist dem Meer von Kolzum nahe. Man
geht zu ihm aus von einem Orte, Avelcher ..r-*"^ [el- .mn ^'^) heisst,
dem Orte, von wo Moses und die Israeliten aufbrachen und an 10
welchem zwölf Quellen mit mittelmässigem Wasser sind. zAvei
Tagereisen von dem Berge. In dem Gebirge list ein christliches
Kloster und viele Saatfelder: dort ist auch der im Koran als
«weder östlich noch westliclw bezeichnete Ölbaum, dessen Oliven
den Königen gebracht werden. 15
(209) Über das t'ih streitet man ; das richtige ist , dass es
ZAvischen Syrien und Ägypten liegt und etwa vierzig Parasangen
weit sich erstreckt. Es besteht aus Sand . Salzsümpfen und ro-
them Sandstein und hat Palmen und Quellen. Es stösst an das
dschifär und hinten (210) an den Sinai. Nach der Seite von2ü
Kolzum ist das rif die Gränze der Wüste und der Weg nach
Mekka führt hindurch. — (215. Orte zAvischen Kahira und Aila :)
el-dschuhb (der Brunnen) , el-bincaib . '''manzü ihn sadaha (249:
handaha), '^adschrüd, die Stadt (wohl Kolzum' . el-kurst, el-hafar.
(249: el-manziV). xcaiJa. (253) Die Eastorte zwischen Ägypten 25
und icaila erhalten Wasser durch Bewässerungsmaschinen.
(249) Weg von Eamla über es-suhkarijja eine Stat., et-tu-
lail zvrei Stat.. el-ghamr"^^' (253: el-(jhamr ein Wasser in wü-
ster Umgebung; in der Nähe ist ein Sand, der, wenn aufgegra-
ben, viel süsses Wasser liefert) zwei Stat. . aUa zwei Stationen. 30
Der Weg der scharUh führt von sughar in vier Stationen nach
waila. Beide Wege , obschon in Syrien, sind ein ^larsch durch
die wilde Wüste, und berühren die syrische Wüste.
(255) Ich ging von einem Küstenorte Nachmittags . im
116) Der Name, offenbar verderbt, soll das biblische Elim bezeichnen,
■vvohl aus der Bibel stammend und zur Zeit des Verfassers nicht mehr vorhan-
den. 117 Das von neueren Keisenden oft genannte wädT el-ghamr nord-
östlich von Petra.
230
Fasten bejjriffen , um die Wallfahrt ohne mitgenommenen Vor-
ratli zu machen, und als ich nach.' äkir kam, betete ich das Son-
nenunteigangsgebet und begab mich zum Gebet in eine Celle der
lIau])tmoschee. da ich das Fasten stets erst nach dem Unpaarge-
5 bet des Kamadän brach, und betete das Nachtgebet. Als mau
wegging, kam der Mnaddin und gab mir ]>rot und getrocknete
Feigen und einen Krug Wasser; ich hatte mir vorgenommen,
weder Schlauch noch Becher mitzuführen, und dachte , der mii
Speise versieht, wird auch Wasser senden. Ich speiste aufs
10 beste, worauf ich mir nicht Rechnung gemacht, und als ich das
!Morgengebet verrichtet, schlug ich den Weg nach es-suk/carijja
ein. Als ich zu Nacht gebetet, brachte ein Mann mir einen Laib
IJauernbrot (256) und einen Becher Wasser; ich ass und trank
und ging am andern Morgen, bis ich nach ras ez-zäwija (Gipfel
1 5 der Capelle {) kam , wo ich die Kleider, die ich anhatte, Ilausi-
rern gab und von ihnen einen härenen Kittel , abgetragene San-
dalen und ein altes Kopftuch erhielt. Ich ging bis zum Nach-
mittag ohne den Wunsch, ein Abendessen zu treffen. Da zeigte
sich mir eine Burg, auf die ich zuging, und als ich zum Thore
20 kam . fand ich dort einen Mann aus Jerusalem , der mich um-
annte. mir Aufnahme verschaffte und den Bewohnern sagte, wer
ich wäre. Er brachte mir verschiedene Speisen und einen Über-
wurf. Um die Morgenröthe machte ich mich von ihnen heimlich
weg und ging bis nach dem Nachmittage, wo mich Maghribiner
25 trafen, die mich für einen Spion erklärten ; als ich mit ihnen das
Abendgebet gehalten, entschuldigten sie sich und bewirtheten
mich . Am andern Tage ging ich bis el-kusaifa und sah dort kei-
nen l>ewohner, aber plötzlich nahten fünf Eeiter und führten
mich gegen meinen Willen zu ihrem Lagerplatz und bewirtheten
30 mich. Als^ich sah, dass ich keine Nacht ohne Einladung blieb
und dass Gott mich zurückAvies, begab ich mich nach meiner
Stadt und Aollzog die Wallfahrt in diesem Jahr mit Vorrath und
Bcitthier.
S y ri s c he Wüste. (248) Der einzige Fluss ist der azrak.
35 (252) Ihre Gränze läuft über ivaila, die Städte Lots, maab, 'am-
mün, adriät, die Landgebiete von Damask, tadmur imd sala-
inijja. bälis.
Bericht über neue Ersclieimmgeii auf dem (iebiete der
Palästiiialiteratiir 1883.
Von Prof. A. Socin in Tübingen.
Indem ich mich nun zum siebenten Male anschicke , den
Lesern unserer Zeitschrift die literarischen Pruducte des verflos-
senen Jahres vorzuführen, möchte ich , um der unausbleiblichen
Eintönigkeit solcher ]3erichte vorzubeugen, den \Yunsch äussern,
dass sich mit der Zeit jemand finden möge, der dieses Geschäft
an meiner Stelle übernähme. Nach meiner Überzeugung Avürde
ein solcher Wechsel, oder auch eine Theilung der Arbeit für unsere
Zeitschrift entschieden von Yortheil sein ; diese Erfahrung ist
ja öfters bei derartigen Übersichten gemacht worden.
Von unserem Vereine ist zu berichten , dass die Mitglieder- AUgemei-
zahl desselben sich so ziemlich in der gleichen Höhe hält, und ein
grösserer Aufschwung derselben leider nicht zu verspüren ist.
Was unsere Zeitschrift betrifft , so ist besonders zu erwähnen,
dass Herr Pfarrer em. Ph. Wulff i) sich der dankenswerthen
Mühe unterzogen hat, ein Register für die Jahrgänge 1 — V anzu-
fertigen, welches im Berichtsjahr als Appendix der Zeitschrift
erschienen ist. Noch sei hier um Entschuldigung gebeten wegen
des störenden Druckfehlers in der Überschrift meines vorjähri-
gen Berichtes 2) , — Die französische Gesellschaft des Orient Latin
hat den Druck des zweiten Bandes ihrer Archives noch nicht be-
endigt; verschiedene Ausschnitte desselben, welche die Jahres-
11 Register zu Band I— V der Zeitschrift des Deutschen Palästina- Ver-
eins, angefertigt von Dr. Philipp Wolff. Leipzig 18S3. 37 pp. S'\
2: A. Socin, Bericht über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pa-
lästinaliteratur 1882 (Druckfehler 1880): ZDPV. VI, p. 153—179.
Ztschr. d. Pal. -Vor. VII. 16
232
zahl 1SS3 tragen, sind uns dagegen bereits zugekommen. (Vgl.
Nr. it7 ; 132.' Auch von dem Jerusalemer Jalirlnich ist zu dem
ersten ^) noch kein zweiter Band erschienen ; sollte diese Unter
uc'lnnung bereits wieder ins ^Stocken gerathen sein ? Die eng-
lische Gesellschaft ^j hat. weil der Ferman in Constantinopel nicht
zu erlangen war, die Erforschung des Ostjordanlandes vorläufig
luiterbrochen und nur eine geologische Expedition ausgesandt.
Zu bemerken ist , dass sich die Engländer zum ersten Male nun
auch bemüssigt gesehen haben, einige literarische Notizen zu
veröffentlichen : aus meiner Übersicht über die Erscheinungen
des Jahres 1S80 ist ein magerer, durch viele Druckfehler und
Missverständnisse entstellter Auszug gemacht worden 5). Ein
Zeichen der Zeit ist, dass sich auch in Russland neuerdings eine
Palästinagesellschaft 6) gebildet hat, und zwar namentlich auf
Betreiben des verdienten Staatsrathes Hitrowo. — Eine neue
italienische Zeitschrift") scheint hauptsächlich kirchliche Inter-
essen zu verfolgen. — Als ein vortreffliches Hülfsmittel kann die
Bibliographie bezeichnet werden, welche in Kuhn' s neugegrün-
detem Literatur-]51att für orientalische Philologie^) erschienen
ist; hoffen wir, dass sich dieses Blatt als lebensfähig erweise.
Auch auf die vouPünjer herausgegebene Literaturübersicht 'J) sei
hier noch hingewiesen.
Je mehr die politischen Fragen ^o) in Bezug auf Palästina in
3) Vgl. ZDPV. VI, p. 155, Nr. 11. — Rec. von Guthe in ZDPV. VI,
p. 150—152; Quart. Statements 1883, p. 159—162.
4) Vgl. The meeting of the general committee: Quart. Statements 1883,
p. 121-125.
5) Socin, List of recent Palestine Literature : Quart. Statements 1883,
p. 11;j — IIG.
G Pravoslavnyj Palestinskij Sbornik. St. Petersburg 1883. 123 pp. 8».
Vgl. Polybiblion 1883 (37), p. 33; ThLBl. 1884, Nr. 7. Vgl- die Bespre-
chung am Schluss dieses Heftes. Anm. d. Red.)
7) Gerusalemme, Periodico dell' alleanza cristiana e organo della Palestina.
Genua JuU 1883; cit. : Das heil. Land, 1883, p. 129.
8; Literatur-Blatt für orientalische Philologie unter Mitwirkung von Dr.
Johannes Klatt in Berlin herausgegeben von Prof. Dr. Ernst Kuhn in Mün-
chen. I.Band. Leipzig (Schulze) 1883 — 4. Bibliographie p. 253 fg.
9} Theologischer Jahresbericht herausgegeben von Pünjer. 3. Band.
Leipzig 1884. Literatur zum Alten Testament von Karl Siegfried.
10) C. R. Conder, France and Syria: Fortnightly Review N. S. vol.
XXXIV, 1. Aug. 1883, p. 227— 243.' (Nach Kuhn's Lit. BL; nicht ges.).
233
den Vordergrund treten und in Deutschland die Frage bespro-
chen wird , ob für deutsche Colonisation ina Auslande Schritte Coionien.
gethan werden sollen, richtet sich auch die Aufmerksamkeit auf
Syrien und die in jenem Lande bereits bestehenden deutschen
Ansiedelungen. "Wiederum wirft Schick^') in daukenswerther
Weise einen Rückblick über die bisher in Palästina gemachten
Erfohrungen in Bezug a\if Colonisation 12) ; auch in der in unse-
rer Zeitschrift erschienenen Übersicht 1^) und in der Warte'*)
finden wir wieder manches Detail über die Colonien der Temp-
ler. Es wäre sehr zu wünschen, dass der Vorschlag, diese An-
siedelungen durch Kapital zu unterstützen, ausgeführt würde ^^j,
damit wenigstens gegenüber pessimistischen Anschauungen ^ß)
sich ergäbe , ob diese Art von Colonien lebensfähig seien. In
manchen Zeitungen war neulich davon die Rede , dass Preussen
sich bei Gelegenheit des Besuchs des Prinzen Friedrich Karl im
lieiligen Lande den Hafen von Caesarea habe abtreten lassen^");
dies scheint vollständig aus der Luft gegriffen zu sein. Bei Cae-
sarea sind dagegen neuerdings unangenehme Gäste, nämlich
muslimische Flüchtlinge aus Bosnien und der Herzegowina an-
gesiedelt worden; 5 Meilen entferntfindet sich auch eine tscherkes-
sische Niederlassung is] . Sehr fraglich ist , ob die im W^erden
bea-riff'enen, von den verschiedensten Seiten unterstützten israe-
litischen Ackerbaucolonieniö) eine Zukunft haben. Der An-
drang der Juden , welche nach Palästina reisen, scheint noch
11) Baurath C. Schick, Der gegenwärtige Stand der Colonisationsver-
suche in Palästina: üsterr. Monatsschrift f. d. Orient, 18S3, p. 20 — 31.
12) Syrian Colonization by Rev. W. Wriglit: Contemporary Review, Ja-
nuar 1883. (Nicht ges.).
13) Christoph Paulus, Die Tempelcolonien in Palästina: ZDPV. 1883,
VI, p. 31— 42.
14) Vgl. Warte des Tempels 1883, Nr. 17. 33. 34. — Über Sarona Nr. 10 ;
Haifa Nr. 22. — Vgl. auch Ausland 1883, Nr. 777; Schwäbischer Merkur,
Donnerstagisbeilage 1883, Nr. 57, p. 353.
15) Warte des Tempels 1883, Nr. 16.
lü) Vgl. ZDPV. VI, p. 154, Nr. 5. Th. Lange, Die Deutschen Colonien
in Syrien: Sammlung gemeinnütziger Vorträge 1882. 16 pp. 80.
17) Augustin Albouy, Cesaree dePalestine: La Terre Sainte 1883, p. 601
—603.
18) Vgl. Schwäbischer Merkur 9. Juli 1884, Nr. 161.
19j Vgl. über jüdische Colonien; Allg. Zeitung 1883, Nr. 253, Beil. p.
3718. — Über jüdische Einwanderer vgl. unten in Nr. 26 d. Ber.
16*
234
innner sehr bedeutend zu sein : es wird angegeben , dass vom
Mai bis November 1S82 trotz der .Schwierigkeiten, welche die
türkische Kegierung dieser Einwanderung in den Weg legte,
480 jüdische Familien. 3000 Seelen zählend, in Jafa gelandet
seien . \uu\ es entsteht die brennende Frage , Avovon diese leben
sollen. Auch in jüdischen Kreisen wird diese Bewegung vielfach
besprochen, wie einige »Schriften ^oj 2ij^ ^[q theilweise auch man-
ches Persönliche mitzutheilen scheinen-- . beweisen. — Ein klei-
ner Essay über Ackerbauverhältnisse in Palästina ist wohl hier
auch zu berücksichtigen ^^] .
Beformen. Auch in anderer Hinsicht hat man sich neulich mit Palästina
beschäftigt : von einer Seite, welche augenscheinlich nur sehr ge-
ringe Kenntniss von den Terrainverhältuissen hatte , wurde der
Vorschlag gemacht , dass an Stelle eines zweiten Suezcanals die
Ebene Jezreel bis zum Jordan thale durchstochen und hierauf eben-
falls ein Kanal durch die Araba nach Akaba gegraben werden solle.
Dagegen hat namentlich Schick 24] schlagend nachgewiesen, dass
die Kosten eines solchen Unternehmens viel grösser wären, als
sie von jenem Projectmachcr angeschlagen worden waren, dass
aber die ganze Ausführung, abgesehen von der Irrentabilität,
auch daran scheitere, dass ungeheure Bodenstrecken von Palä-
stina dadurch unter Wasser gesetzt und daher viele Entschä-
digungen zu zahlen sein würden. Immerhin ist die Frage, ob
20) A. Katz, Der Jude und das Land seiner Väter (hebr.^. Fürstenwalde
(Geelhaar) 1883, 38 pp. 8». — (Nach Kuhn's Lit. Bl. ; nicht gesehen.
21) ^xnil'i "i'^X C, Description de laPalestine, nature, dusol, mers,
cours d'eau, montagnes, vallees, climat, flore et faune, villes et villages , par
Eliezer her. Juda. Jerusalem 'inipr. Moise Salomon) o. I). 76 pp. SO. (Nach
Revue des etudcs juives; nicht gesehen.)
22j nlsran ^D1, Relation d'un voyage fait recemment par l'auteur en Pa-
lestine encompagnie de onze emigrants russes qui voulaient fonder unecolonie
agricole dans ce pays, et considerations sur la fondation de colonies agricoles
israelites en Palestine, par lehielBril. Ire partie Mayence jmpr. Bril, 236 pp.
80. (NachRevuedeset. juives VII (18S3) p. 288; nicht gesehen.)
23) Letters froni Galilee. I. II. Jewish agriculture: Blackwood's Edinb.
Mag. Sept. — Oct. 1883. Nr. 815; 816; Vol. 134, p. 367 — 378; 521—534;
vgl. auch III, Nov. Nr. 817, p. 597—609. (Nach Kuhn's Lit.Bl. ; nicht ges. .
24/ C. Schick , Der »Jordan-Canal« : Üsterr. Monatsschrift f. d. Orient
18S3, p. 143—146. — Vgl. Allg. Zeitung 1883 I.Beil. Nr. 200; 203; Globus
1883 (43), p. 367 ; J. Lit. Bl. 1883, Nr. 34—36.
235
nicht, falls das Project überhaupt aiisführbav wäre, das Klima
Palästinas durch den grossen See, welcher sich bilden würde,
wesentlich verändert und zwar verbessert würde. — Dagegen
scheint eine andere Unternehmung, welche bereits angebahnt
ist, viel durchführbarer zu sein : es handelt sich nämlich um den
Pau einer Eisenbahn von Akka nachDamascus^s)^ an welche sich
später Zweigbahnen anschliessen würden. Vorläufig ist sogar
bloss die Ausführung der Strecke Akka — Haifa — Dschisr el-Med-
schämi'^a (im Jordanthal) ins Auge gefasst und das Terrain ver-
messen worden. Falls diese Linie, deren^ Ausführung freilich
noch auf grosse Schwierigkeiten stossen kann , gebaut würde,
könnte damit die Getreideausfuhr aus dem Hauran — welche
immerhin stets bedeutend ist 26) — noch wesentlich gehoben
werden. Natürlich müsste auch der Hafen von Haifa dann ver-
bessert werden ; bereits äussern die dortigen Colonisten lebhaft
den AVunsch, dass auch deutsche Dampfschiffe die Ilhede be-
suchen möchten. — Was sonstige Eisenbahnunternelimungen
betrifft, so hat Cameron^^) in seinem Buch die Gegenden ge-
schildert, welche eine von Beirut nach Bagdad führende Bahn be-
rühren müsste; auch Schweiger-Lerchenfeld 2S) weist mit Recht
darauf hin, dass gegenüber dem Vorschlag einer Eufratbahn der
einer Tigrisbahn, welche doch durch bebaute Gegenden füh-
ren würde , der einzig vernünftige , aber so lange unausführbar
sei. bevor durchgehende Reformen von der Türkei an die Hand
genommen seien. So lange die Verbesserungen jedoch nur auf
dem Papier bleiben, hat das Erbauen von Eisenbahnen wenig
Zweck. Von jenen auf dem Papier sich ganz schön ausnehmen-
den Reformen wollen wir, weil die Sache auch Palästina angeht,
-die neue türkische Postordnung'-!') anführen; dieselbe ist sehr
25) Schumacher, Das Eisenbahnprojekt 'Acca i;Haifa;-Djisr elmedja-
mi'a Palästina: Warte d. T. 1SS3, Nr. 41. 42; und daraus in Neueste Nachr.
a. d. Morgenlande 1SS3, p. 130—144; vgl. Beil. zur A. Zeitung 1883, Nr. 25.
26) Haifa, Jahresbericht f. 1882: Deutsches Handelsarchiv 1883, p. 258.
27) V.L. Cameron, Notre future route de l'Inde , traduit de l'Anglais.
Paris (Hachette) 1883. 269 pp. 120. (Nach J. asiat. ; nicht gesehen.)
28) A. V. Schweiger-Lerchenfeld, Die Euphratthal-Bahn und kein Ende:
Österr. Monatsschr. f. d. Orient 1883, p. 45—51.
29) G. Sautter, Die neue türkische Postordnung: (')sterr. Monatschr. f.
d. Orient 1883, p. 9—13.
236
unvollkommen, ist aber vor allem auch dadurch interessant, dass
sie uns eine Unzahl von Missbräuchen aufdeckt.
sutiMik. Ausser dem bereits oben genannten Konsulatsberichte aus
Haifa sind noch einige andere ebenso interessante handelsstati-
stische Notizen 30j 3ij hervorzuheben; vor allem aber sei hier auf
den höchst eingehenden Artikel verwiesen, -welchen das Han-
delsarchiv über das Liwa von Jerusalem 32) gebracht hat. Diese
Arbeit verbreitet sich über Statistik (das Liwa Jerusalem hat
230000 Einwohner: davon fallen 77500 auf die Städte; im gan-
zen 1 SSO 00 Muslimen, 18400 Juden, 1 1500 griechische Ortho-
doxe, S720 Lateiner. 1555 Protestanten, alle Secten eingerech-
net) , EiuAvanderung, Strassenverkehr (die Pachtsumme der Jafa-
strasse 1170 türkische Liren) . Steuern (die Grundsteuer beträgt
8 vom Tausend und hat eingebracht 3,795, 168 Piaster, der Zehnte
von Ländereien hat in Naturalien 3,681,101 Piaster, an Baar
2,573,914 P. eingebracht; die Viehsteuer von Ziegen und Scha-
fen ä 3Y2 P. Gold: 1,056,104 P. ; die Militairsteuer ä 271/2 1'
perKaja 261,47SP. ; indirecte Steuern, Zölle, Regale 500,O00P.),
Schiffsverkehr, Einfuhr für 3,013,150 Fr.) und Ausfuhr (für
6,835.000 Fr.], Geldkurs, Anstalten u. s. w.
Ausgehend von der Überzeugung, dass für manche Leser
unserer Zeitschrift eine vergleichende Übersicht über die An-
stalten, welche von den verschiedenen Religionsgemeinschaften
in Palästina gegründet Morden sind und unterhalten werden, von
Interesse sei, ist im verflossenen Jahre zunächst ein competenter
Bericht über die protestantischen Bestrebungen erschienenes^.
An diesen schliessen sich weitere Notizen ebenfalls von Rei-
NICKE 34) , sowie die Jahresberichte des protestantischen Aussätzi-
genhauses in Jerusalem 35) , der Bericht des syrischen Waisenhau-
30) Tripolis 'Syrien , Jahresbericht für 18S1 : ])eutsches Handelsarchiv
1S83, p. 30:j— 304.
31; Saida, Jahresbericht für 1882: D. Handelsarchiv lbS3, p. 27<J— 2S(i.
32; Die wirthschaftlichen Verhältnisse Palästina's im Jahre 1882 : Deut-
sches Handelsarchiv 1883, p. 416—422. — Vgl. daraus Scliifts- und Handels-
verkehr; Warte des Tempels 1883, Nr. 34.
33; Reinicke, Die evangelische Mission in Palästina: ZDPV. VI, 1883,
p. 13—42.
34; Vgl. Neueste Nachr. a. d. Morgenlande 1883, p. 32; 71 ; 145.
35) Neueste Nachr. a. d. Morgenlande 1883, p. 85.
237
ses •'") , sowie die Nachricht, class von eiif^lischer Seite neuerdings
in Jerusalem eine hedcutende Augenklinik ^^j eingerichtet wor-
den ist. Seit dem Tode des Bischofs IJarclay 3*^), welcher seinem
Vorgänger Gobat^'^) bald gefolgt ist, wird die Frage viel be-
sprochen, ob die Doppelstelking eines protestantischen, englisch-
deutschen Bischofs in Jerusalem für die Zukunft überhaupt noch
practisch sei'") *') ; es scheint, dass von deutscher Seite der
dahin bezügliche Contract gekündigt ^werden soll. — Bis
unsere Zeitschrift als Gegenstück zu jenem Artikel Reixicke's
eine competente Schilderung der katholischen Anstalten brin-
gen wird (s. unten den Aufsatz von P. Schnabl in Wien. Die
Ked.), müssen die bezüglichen Berichte der Missions catho-
liques , Terre Sainte, des heiligen Landes u. s. w. nachgeschla-
gen Averden. Die katholische Mission *-) wacht eifrig darüber,
neue Sanctuarien zu erwerben und an denselben , wie zum Bei-
spiel neuerdings am Karmel und in dem traditionellen Cana Kir-
chen oder Kapellen zu errichten ■^^] ; hauptsächlich macht sie
36) Zweiundzwanzigster Jahresbei'icht des syrischen Waisenhauses zu Je-
rusalem. Vom Jahre 18S2. Basel (St. Chrischona) 1883, 15 pp. 80.
37j Quart. Statements 1883, p. 118.
38) Joseph Barclay , third Anglican bischop of Jerusalem : a missionary
biography. London (Partridge) 1883, 604 pp. 8".
39] Gobat, Evangel. Bischof in Jerusalem. Sein Leben u. Wirken meist
nach seinen eigenen Aufzeichnungen. Basel (Spittler) 1883. 550 pp. 80. —
Kcc. von Wolff in DLZ. 1884, Nr. 20.
40) W. H. Hechler, The Jerusalem bishopric : documents with transla-
tion. London (Trübner; 1883. 181 pp. SO. — Vgl. Saturday Keview 1883, II,
p. 365; DLZ. 1S84, Nr. 20; Allgemeine Zeitung 1884, Nr. 124; Academy
29. Sept. 1883, p. 211.
41) P. Cassel, Das Bisthum von Jerusalem. Nach einem Vortrag am 23.
Nov. 1882. Berlin Kühlj 1883. 19 pp. 80.
42, Vincenz, Patriarch von Jerusalem, Schreiben an den Schriftführer
des Vereins: Das heil. Land 1883, p. 41 — 45. — Nachrichten aus dem hei-
ligen Lande: Das heil. Land 1883, p. 127—134. — Bemerkungen über die
deutschen katholischen Missions-Anstalten in Palästina : Das heil. Land 18S3,
p. 103 — J07. — Die Missionsthätigkeit der Gesellschaft Jesu im Orient: Das
heil. Land 1883, p. 45—48.
43j Übersicht der in den letzten Jahrzehnten wiedergewonnenen Sanctua-
rien: Das heil. Land 1883, p. 64 — 69. — Agidius Gcissler, Nachrichten aus
Cana in Galilaea : Das heil. Land 1883, p. 57—64. — Die üpferstättc des
Propheten Elias auf dem Berge Carmel: Das heil. Land 1883, p. 201-210.
— Ducat, Une excursion ä la chapelle St. -Georges pres Beyrouth : Missions
23S
auch im Libanon xind in Beirut grosse Anstrengungen. Ganz
besonders ist ihre arabische Druckerei^-*) in Beirut berühmt;
neben manchen kirchlichen Werken liefert dieselbe vortreffliche
Schulbücher. Wörterbücher und anderes in vorzüglicher typogi-a-
phisdier Ausstattung. — Prof. Ooirr^^) in Leiden hat uns neu-
lich aufmerksam gemacht, dass die jüdische Wochenschrift von
K.MiMKii aucli viele Notizen über die Verhältnisse der Jiulen in
Palästina bringe; leider steht uns dieselbe nicht zu Gebote.
Ethno- Was Sitten und Gebräuche des Landes betrifft, so ist in
gnphie.
erster Linie der zweite Band der zweiten Auflage des in seiner
Art classischen W^erkes von Thomson ^c) zu nennen. Diesmal
begleiten wir den erfcihrenen Verfasser auf einer Reise durch den
Norden des Landes und lassen uns über die verschiedenartigsten
botanischen, landwirthschaftlichen und ethnographischen Ein-
zelheiten von ihm belehren. Allerdings bietet dieser zweite äusser-
lich zwar ebenfalls vortrefflich ausgestattete l^and gerade in die-
ser Hinsicht weniger als der erste . und es tritt in demselben der
etwas eng begrenzte Horizont des nur auf »Bibelerklärung« be-
dachten Missionars noch etwas ausgesprochener hervor. — Fil-
Liox^") ergeht sich in dem sehr populär gehaltenen Atlas von
Alterthümern, welchen er geliefert hat. auf sehr breit getretenen
Pfaden. Auch Löwy's*^) Bemerkungen über Höhlen, Gräber,
cathol. 3. Aug. 1S83. (XV. annee), p. 362— 5. (Nach Kuhn's Lit. Bl. ; nicht
gesehen).
44) Die Druckerei des Jesuiten-CoUegiums St. Joseph, der jetzigen Uni-
versität für den katholischen Orient in Beirut: Das heil. Land 1883, p. 168
—173.
45) Vgl. Theol. Tijdschrift 1884, p. 267.
46; Vgl. ZDPV. V, p.233, Nr. 97. The Land and the Book; or, biblical
illustrations drawn from the manners and custonis, the scenes and scenery of
the Holy Land. Central Palestine and Phoenicia. By William ISl. Thomson.
130 Illustrations and maps. London (P. Nelson and Sons) 1SS3. XXIV.
689 pp. 80.
47) Atlas archeologique de la Bible d'apres les meilleurs documents, soit
anciens, soit modernes et surtout d'apres les decouvertes les plus recentes fai-
tes dans la Palestine, la Syrie, la Phenicie, l'Egypte et TAssyrie destine ä fa-
ciliter l'intelligence des saintes ecritures par M. L. A. Fillion , pretre di
Sainte-Sulpice. Lyon Paris (Briday, Delhomme et Briguet) 1883. Vgl.
Theol. Quartalschrift 3. Heft 1883, p. 484.
48 Rev. A. Löwy, Unterground structures in Bible Land: Proceedinga
of the Society of biblical archaeology. Nov. 1882— Juni 18S3, p. 140—145.
239
Cisterneii u. ;i. bieten nichts Neues. Der A'erfasscr einer
kurzen JSkizze über die (allerdings stark heruntergekommenem
Beduinen Palästina's ^9) scheint leider das Buch von liuucK-
iiAKDT, »Bemerkungen über die Bediiinen imd Wahaljy« nicht
zu kennen: immerhin ergänzen seine Angaben, die allerdings
in sprachlicher Beziehung leider -wenig zuverlässig sind, jenes
classische Werk in einigen Punkten. Als Autor eines Auf-
satzes über die Belka-Beduinen -werden -wir ConderS") anzu-
sehen haben, da im Athenaeum darauf hinge-^iesen ist, dass der
betreffende Abschnitt in Conder's neuem Buche (vgl. Nr. 113)
bereits in Black-wood's Magazine erschienen sei.
Die dankenswerthen Mittheilungen Klein's^i) behandeln
diesmal namentlich die Hochzeitsfeierlichkeiten der Fellachen und
enthalten viel Neues. Eine Anfrage Budde's ^^) bezieht sich auf
die Trauergebräuche, welche heute noch in Palästina üblich sind.
Was den Gesang der Araber , -welcher so oft das Missfallen der
Palästinareisenden herausfordert, betrifft, so sind darüber bis
jetzt nur wenige Untersuchungen angestellt worden , und zwar
aus Mangel an zuverlässigem Material ; die sechs arabischen Me-
lodien, welche neulich veröffentlicht worden sind, bilden daher
einen nicht ganz zu verachtenden Beitrag zu diesen Studien ^-^j .
Zur Kenntniss der heutigen Sprache des Landes ist ausser einem
kurzen Artikel Huart's 54) das interessante Buch Landberg' s^^j
49) Über die Beduinen Palästina's. Von R. Ramjjendahl in Jerusalem :
Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik, 1883 (5.), p. 450—455;
515—521.
50; The Belka Arabs. By a Palestine-Explorer : Blackwood's Mag. Aug.
1883. Vol. 134, p. 171—189. (Nicht gesehen.)
51) F. A. Klein, Mittheilungen über Leben, Sitten und Gebräuche der
Fellachen in Palästina: ;Zweite Fortsetzung) 'ZDPV. VI, p. sl— 101. —
Vgl. Klein, Life, habits and customs of the Fellahin of Palestine: Quart.
Statements 1883, p. 41—48. (Nach ZDPV. IV.)
52) K. Budde, Die Hebräische Leichenkiage. Mittheihingen und An-
frage: ZDPV. VI, p. 180—194.
53] Cantiarabi: Das heil. Land 1883, p. 192—193.
54) Clement Huart , Notes sur quelques expressions du dialecte arabe de
Damas: Journal as., Jan. 1883, p. 48 — 82.
55; Proverbes et dictons du peuple arabe. Matcriaux pour servir äla con-
naissance des dialectes vulgaires , recueillis , traduits et annotes par Carlo
Landberg. Volume I. Proverbes et dictons de la province de Syrie. Section
de Sayda. Leyde (E. J. Brill) 1883. LI, 458 und 6 pp. S». — Rec von de
240
zu nennen ; dasselbe bietet neben seinem reichhaltigen linguisti-
schen Material auch manche sehr ■werthvolle ethnographische
Notizen. Manchen Reisenden wird der in neuer Auflage er-
schienene Dragoman Wolff's^ö) g^^te Dienste leisten können.
Arohäoio- — Von Einzelheiten ist anzuführen, dass Conder uns wieder
^*' eine Liste der eigenthümlichen Stamrazeichen der Heduinen vor-
gelegt haf*" ; er ist aber wohl darin viel zu Aveit gegangen, dass
er in einigen derselben alte Ikichstabenformen hat erkennen
wollen. Archaeologisch interessant ist auch die Sammlung von
Steinmetzzeichen 5^) , welche uns Coxder wieder mittheilt. Da-
gegen findet sich in Coxder's Aufzählung althebräischer In-
schriften ^^; nichts Neues ; auch die Gründe, mit welchen Sayce ^^)
den Siloahcanal auf Salomo zurückführen will, sind nichts we-
niger als überzeugend. Die Inschriften, welche Co>'DER im latei-
nischen Patriarchat in Jerusalem gefunden hat und welche aus
Medeba dorthin abgeliefert wurden ßi), gehören zu den Vorläu-
fern der eigentlichen moabitischen Thonwaaren ; Trym hat so-
fort eine derselben als alte Bekannte entdeckt. Man rufe sich
ins Gedächtniss, dass die Fälschungen, welche in Jerusalem auf-
tauchten, von dem schwieriger zu behandelnden Steinmaterial
später zu dem leichteren Thonmaterial übergingen; als auch
diese Alterthümer in Misscredit kamen, hat sich nun neuerdings
Goeje Jin Journal asiatique 1S83, I, p. 533; Academy 4. Aug. 1SS3, p. 81 ;
Z. f. Völkerpsychologie XIV, p. 434—460; Nordisk Revy 15. Dec. 1883, Sp.
2ü2; Beil. zur AUg.Z. 1883 Nr. 290, p. 4267; Ausland 25. Febr. 1884, p. 155;
Slocin) in LCB. 13. Oct. 1S83, Sp. 14S2.
56) Arabischer Dragoman. Grammatik, Wörterbuch, Redestücke der neu-
arabischen Sprache. Ein Handbuch für Reisende in Ägypten, Palästina und
Syrien, sowie für Studirende der arabischen Sprache. Von Dr. Philipp Wolft".
Dritte gänzlich umgearbeitete Auflage. Leipzig F. A. Brockhaus 1SS3. VI,
309 pp. 80. — Rec. in DLZ. 8. Dec. 18b3, S. 1725: Theol. Quartalschrift
1884. 1. p. 172.
57j C. R. Conder, Arab tribe marks (ausam) : Quart. Statements 1883,
p. 178—180.
58 CR. Conder, Meason's marks: Quart.'Statements 1883, p. 130— 133.
59) CR. Conder, Hebrew inscriptions : Quart. Statem. 1883, p. 170— 17-1.
60) A. H. Sayce, The Siloam inscription: Quart. Statements 1883,
p. 210—215.
Ül) C R. Conder, Supposed nabathean and himyaritic texts from Me-
deba: Quart. Statements 1883, p. 184 — 189. — Vgl. l'rym , Moabitisches;
ZDPV. VII, p. 78.
241
ein frecher Betrug ans Tageslicht gewagt, wobei die Fälscher als
Material eine alte Lederrolle benutzt haben. Merkwürdig ist,
dass dieses Schriftstück lant dem allerdings sehr raystenösen
Berichte ebenfalls aus Moab bezogen wurde; viel mehr Wahr-
scheinlichkeit hat die Vermuthung , dass es in Europa angefer-
tigt worden ist. Von kundigen Forschern ist auch in Deutsch-
land die Fälschung sofort entdeckt worden, bevor dieselbe in
England Staub aufzuwerfen begann ^'-) . — Zu den wissenschaft-
lichen Inschriftenforschungen möchten Coxder s Bemerkungen
über die Hama-Inschriften ^'^] kaum zii zählen sein ; in Betreff
derselben ist ein Artikel von 11 YLA^;I)s*'^) und eine längere liecen-
sion von Lenokmant^^) der Vollständigkeit wegen hier anzu-
führen. Mit Anerkennung ist dagegen die in manchen Punk-
ten gelungene Entzifferung der eigenthümlichen. östlich von
Damascus liegenden arabischen Denksteine durch Halevy''*')
zu erwähnen. Eine kurze Notiz in den Statements bezieht
sich auf griechische Inschriften in Dscherasch'^'j. Ungleich
wichtiger ist die sachkundige Entzifferung der grossen neuen
palmyrenischen Bilinguis , Avelche ein Handelsdecret des palmy-
rischen Senates enthält. De Vogüe •^"^j hat diese Inschrift mit ge-
G2) Fi'agmente einer Lederhandschrift enthaltend Mose's letzte Rede an
die Kindei' Israel, mitgetheilt vind geprüft von Lic. Hermann Guthe. Mit
einer autographischen Tafel. Leipzig Breitkopf und Härtel; 1S83. IV,
94 pp. 80. — Vgl. auch Quart. Statements 18S3, p. 195—209; Athenaeum
D.Aug. 1S&3, p. 178; Delitzsch in AUg. ev.-lulh. Kirchenzeitung 1883,
p. 844— 6; 869—71; 893—4; 914—6; Revue critique 1883, II, p. 196; La
Terre Sainte 1S83, p. 6().5 ; 635 ; Academy 25. Aug. 1883 ; Revue politique et
litteraire de la France et de l'etranger 29. Sept. 1883.
63) C. R. Conder, Hamath inscriptions: Quart. Statements 1883, p. 133
—4; 189—193.
64 W. Harry Rylands, The Aleppo inscription: Proc. of the soc. of
bibl. archaeol., Juni 1883, p. 146—9 (2 Tafeln).
65) Lenormant, Les inscription hittiques: Journal des Savants 1883,
p. 400—417.
66) J. Halevy, Essai sur les inscriptions du Safa. üuvrage couronne par
l'Institut en 1S78. Extrait du Journal as. 1882. 341 pp. 8'\ 5 Taf. — Vgl.
LCB. 1883, Sp. 803 (von Praetorius) ; Revue crit. 18^3, II, p. 12; 78.
67, R. B. Girdlestone , The inscriptions of Jeräsh ; Quart. Statements
1883, p. 107-108.
68) Vgl. ZDPV. VI,, p. 161, Nr. 64, wo zu verbessern: comptes rendus
1^83; Journal as. 1883. I, p. 231 — 245; p. 562 — 571; II, p. 149-183,
242
Mohnter Sicherheit gelesen ; andere Forscher haben zu dessen Ar-
beit einige nähere Erläuterungen geliefert. Hebräische und grie-
chische Inschriften aus OssuarienC9. sowie Siegelinschriften "ö)
hat Gaxneai neuerdings veröffentlicht und einige belangreiche
Bemerkungen daran geknüpft. Auch die übrigen archaeologischen
Arbeiten'';, welche dieser palästinakundige Gelehrte zu liefern
fortftihrt. sind sehr beachtensAverth ; dieselben beziehen sich auf
eine vom Olberg stammende Kelchschüssel mit Votivinschrift.
die neueren Funde in Emmaus-Xicopolis. zwei in Bethlehem ge-
fundene silberne Candelaber mit Inschrift aus dem XII. Jahrh.
und anderes mehr. Zu neugefundeneu Monumenten aus Edessa
lieferte Renan "2; einige Bemerkungen. Über einige neuere
Funde "3) waren Correspondenzen in unserer Zeitschrift mitge-
theilt. Eine Notiz Merkill's'*) bezieht sich auf einen merk-
würdigen grossen Mühlstein, welcher unweit Nimrin liegt.
senEcTif- l-'iiter den naturwissenschaftlichen Abhandlungen, welche
ten. die Landeskunde Palästinas behandeln, ist diesmal die in unse-
rer Zeitschrift erschienene Arbeit von Ascherson'^) hervorzu-
heben. Dieselbe stützt sich ausser auf Kersten's Sammlune
wesentlich auf das Buch von Barbey'^öj^ (welches übrigens
p. 549 ff. vgl. llubens Duval: 1883 (2) p. 537—539. Vgl. D. H. Müller in
O. Monatsschrift f. cl. Orient, 15. April X, p. 124—126. Ed. Sachau, Über
den Palmyrenischen vofjLo; -:£>.ojvt-/.o;: ZDMG. 37 (1S83;, p. 502-571.
69) Clermont Ganneau , Epigraphe« hebraiques et grecques sur des os-
suairesjuifs inedits: Revue archeol., Mai-Juni 1883, p. 257—276.
70). C. Clermont Ganneau, Sceaux et cachets israelites, pheniciens et Sy-
riens, suivis d'epigraphes pheniciennes inedites sur divers objets et de deux
entailles cypriotes : Journal asiatique 1SS3, I, p. 123—159. II, p. 149— 183.
— Auch separat: Paris (Leroux) 1883. 48 pp. et 2 pl,
71, Clermont Ganneau, Notes d'archeologie Orientale V: Revue critique
1883, II, p. 193—190.
72) M. E. Renan, Deux monuments epigraphiques d'Edesse: Journal
asiatique 1883, I, p. 246—251.
73 Aus Briefen: ZDPV. VI, p. 78—80. — Neue Funde in Nabulus:
ZDPV. VI, p. 230—232. — Vgl. auch Bericht des Pastor Lic. Dr. Reinicke
in Jerusalem: Neueste Nachr. a. d. Morgenlande 1883, p. 25—31.
74) Selah Merrill, I.arge miUestone on the Shittim piain : Quart. State-
ments 1S83, p. 230—238.
75, P. Ascherson, Barbey's Herborisation au Levant und Dr. Otto Ker-
sten's botanische Sammlungen aus Palästina: ZDPV. VI, p. 219—229.
TG, Fevrier— Mai 1880. Herborisations au Levant par C. et W. Barbey.
243
auch einiges Nichtbotanische enthält) ; die Notizen Spritzen-
hofer's""), welche ebenfalls Ascherson anführt, s^ind mir nicht
zu Gesicht gekommen. Wohl nur als erste Frucht der grossen
■wissenschaftlichen Reise Lortet's''*) dürfen wir die Jiearbei-
tinig der Fische nnd lieptilien betrachten , welche jener For-
scher in Syrien gefunden oder gesammelt hat, eine streng
wissenschaftliche Arbeit, die unsere Kenntniss wesentlich för-
dert. Der Aufsatz, welchen Rosen '''•^) besonders nach Ar-
vieux, Rrzewusky und Guarmani über das arabische Pferd ver-
öffentlicht hat, liest sich sehr hübsch; auch zerstreut er manche
alte Yorurtheile , zum ISeispiel in Retreff schriftlicher Stamm-
bäume von Pferden. Seine biblische Zoologie hat Wood*") in
neuer Auflage erscheinen lassen. Einige Notizen über den Pur-
pur ^i) und das Bitumen S2) sind ohne Belang; was die Geologie
betrifft, so ist von den Engländern neulich ein kurzer Rückblick
auf die bisherigen diesbezüglichen Leistungen geworfen wor-
den 83) , Nach einem Vortrag des Prof. Hüll aiis Dublin sind uns
die jetzigen iinsichten über die geologische Bildung des Todten
Meeres vorgelegt worden 84) . Auch einige Bemerkungen über die
geologischen Strata der Sinaihalbinsel §5) mögen an dieser Stelle
Egypte, Syrie et Mediterranee. Onze planches et une carte. Lausanne (Bri-
delj 1882. 183 pp. 40.-
TT G. C. Spritzenhofer, Beitrag zur Flora von Palästina: Sitzungsbe-
richte der k. k. zool. bot. Ges. in Wien 1881, p. 5—9.
T8) L. Lortet, Poissons et reptiles du lac de Tiberiade et de quelques
autres parties de la Syrie. (Extrait des Archives du Museum d'Histoire na-
turelle de Lyon t. III). Lyon (Henry Georg) 1883. 96 pp. gr. 4», mit 14 Ta-
feln.
T9) J. G. Rosen, Das arabische Pferd. Ein ethnologisch-historischer
Abriss: Wochenbl. d. Joh. Ord. BaUey Brandenburg 1883, Nr. 40. 41. 42.
SO) J. G. Wood, Bible animals; bcing a description of every living crea-
ture mentioned in the Scripture, from the ape to the coral. New ed. (Long-
mans) 18S3. 688 pp. 80. (Nach Kuhn's Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
81) La pourpre de Tyr: La Terre sainte 1883, p. 316—319.
82) The bitumen of Judea : Quart. Statements 1883, p. 242.
83) The Geology of Palestine : Quart. Statements 1883, p. 16(1— ITO.
84) Geologische Geschichte des Todten Meeres und des Jordan-Thaies;
Ausland 1883 (LVI), Nr. 19, p. 375— 3T6.
85) Contribution a l'histoire stratigraphique du relief du Sinai et specia-
lement de Tage des porphyrcs de cette contree. Note de M. l'abbö llabois-
son: Comptes rendus hebdom. des seances de l'Acad. des sciences. Paris 1SS3
(vol. 96), p. 282—285.
244
auigefühit werden. Als wirklieli Averthvoll möchten wir die stati-
stischen Tiitehi hervorheben, in welchen Chaplin*^) die Teni-
])eraturhühen. die Winde , die Kegen- und Thaumengen , die
Erdbeben, das Uberfliessen des liir Eijub, die Barometerhöhen
lind die Weizenpreise der Jahre 1S60 — 1SS2 nebeneinander stellt,
eine sehr gelungene und lehrreiche Arbeit , welche verdiente,
in unserer Zeitschrift mitgetheilt zu werden.
tieschitiite. Indem ich zur älteren Landesgeschichte Palästina's übergehe,
ist in erster Linie auf die neue Ausgabe von Schkader's^'') Buche
zu verweisen, in welchem die Ergebnisse der Keilinschriftenfor-
schung, so weit sie für die Erklärung des alten Testamentes von
Wichtigkeit sind, zusammengestellt sind. Auf der diesem Bande
beigegebenen Karte finden sich-auch die Städte Syriens, welche
in den Keilinschriften genannt sind, eingetragen. Bei weitem
die wichtigste Arbeit, welche über die ältere Geographie Palii-
stinas neulich erschienen ist, findet sich in dem schon früher
angeführten Buche von Eey ^*) . Dasselbe enthält eine vollstän-
dige mittelalterliche Geographie der Kreiizfahrerstaaten ; leider
fehlen dazu vorläufig noch die Karten. Nachdem der Verfaser
zuerst einige der starken Lautübergänge , welche bei der Über-
nahme der arabischen Eigennamen durch die Franken stattgefun-
den haben, durch Beispiele belegt hat, zählt er die Ortschaften
der einzelnen Grafschaften Edessa, Antiochien, Tripoli, sowie
der einzelnen Theile des Königreichs Jerusalem je in alphabe-
, tischer Reihenfolge , oft mit Beigabe von Detailbeschreibungen
und Plänen auf; ein sorgfältiges alphabetisches Register be-
schliesst das Ganze. Nicht weniger werthvoll sind die eingehen-
den kulturgeschichtlichen Schilderungen, welche den übrigen
Theil des Bandes füllen : in lebendiger und anziehender Weise
S6) Thomas Chaplin, Observations on ihe climate of Jerusalem : Quart.
Statements 1883, p. S— 40.
ST; E. Schrader, Die Keilinschriften und das Alte Testament. Zweite
umgearbeitete und sehr vermehrte Auflage. Giessen (Ricker) 1883. VII, 61Spp.
SO. (Mit einer Karte).
8S) Vgl. ZDPV. VI, p, 164. Nr. 85. E. Rey, Les colonies franques en
Syrie aus Xllmo et Xlllmo siecles. Paris (Alph. Picard; 1883. VI, IV,
537 pp. 80. — (Nach Kuhn's Lit. Bl.) reo. von Riant in Comptes rendus de
l'acad. des inscr. April— Juni 1883, p. 248; Polybibllon P. litt. Juli 1883,
K'/J, K. Herquet in DLZ. 10. Febr. 18S3, Sp. 237 u. a. m.
245
werden uns die verschiedenartigen Elemente der Jiewohuer Va-
lästina's. ihre militärischen, kirchlichen, intellectuellen , com-
raerziellen, industriellen und finanziellen Verhältnisse vor Aiigen
gestellt, — Ein Seitenstück zu diesem französischen Werke bil-
det der grossartig angelegte Versuch von Pkutz^'-'), die Kultin-
geschichte der Kreuzzüge nicht nur als ein abgeschlossenes liild,
sondern im Zusammenhang der allgemeinen Culturgeschichte zu
behandeln. Es steht unzweifelhaft fest, dass allerdings die Be-
wegiuig der Kreuzzüge mächtig dazu beigetragen hat , dass sich
die Kultur der neueren Zeit in Europa anbahnte ; dies hat Pkutz
in vielen Einzelheiten glänzend nachgewiesen ; Avir verweisen in
dieser Beziehung bloss auf seine erschöpfende Darstellung des
Bechtslebens in den Kreuzfahrerstaaten. Bei den hohen Zielen,
welche sich der geistreiche Verfasser gesteckt hat, liegt nun aber
auch die Gefahr nahe, dass manche Einzelheiten in dem Bilde
etwas verzeichnet sein könnten. Über die verschiedenen Ein^ven-
dungen, w^elche gegen die Anschauungen von Pkutz von Histo-
rikern in zahlreichen Kritiken erhoben worden sind , masse ich
mir freilich kein Urtheil an. Nur darauf erlavibe ich mir hinzu-
weisen, dass manche Äusserungen, welche sich bei Peutz über
die muslimische Religionsbildung , Staatskunst und dergleichen
finden, dafür sprechen, dass der Verfasser die arabische Cultur,
und darum auch ihre Einwirkung auf die Kreuzführer , sowie
mittelbar auf das Abendland ganz entschieden überschätzt. ' —
Neben diesen beiden Avichtigen Werken kommen nur noch
wenige, die Kreuzzüge betreffenden Schriften in Betracht: ein
Aufsatz nach Prutz 90) , ein Artikel von Herquetöi), den Johan-
niterorden betreffend, eine interessante Skizze desselben Verfas-
sers ^2] über den Grossmeister des Hospitalordens Gilbert Assalit
89) Hans Prutz, Kulturgeschichte der Kreu7!züge. Berlin (Mittler und
Sohn) 18S3. XXXI, 642 pp. 80. — Vgl. Mitth. a. d. hist. Lit. 1883, XII, 2;
Lit. Rundschau 1883, 5; Lit. Centralbl. 18^3, Nr. ll,Sp.350; Sybel's Hist.
Zeitschrift 1884, Nr. 4, p. 183; D. Lit. Zeitung 22. Sept. 1883, Sp. 1325;
bes. auch Kugler in G. G. A. 1883, p. 1025—1056.
90) Die Besitzungen des Johanniter-Ordens in Syrien und Palästina und
seine Finanzlage zu den Zeiten der Kreuzzüge : "VVochenbl. d. Joh. -Ordens
Balley Brandenburg 1883, Nr. 34 und 35.
91) Karl Herquet, Neues zur Geschichte des Johanniterordens in den
»Archives de 1' Orient Latin«: ZUPV. VI, p. 206—218.
92) K. Herquet, Der Grossmeister Gilbert Assalit vornehmlich den An-
21«;
'w<-lcher spätf-st^iih i. .). I Hi2 zur Itcj^ißruiiK kam . lii Iraiik-
rfich bcKchäfti^t «ich hf;hon(l<TH Dki.avii^lk lk Kot i.x'*''; mit den
»o üb«rauH nMf;h<;ii Arfiliivcn (Ich Jolianriiüirordons; aus (lr-?i Ar-
chivf^n von Malta hat er iJociimr-iitc , wolcli«; don 'J'f?Tri])(;l(jrdon
hotroff<;ii. lifTausj^r;(rf;>)C'n '"j. Nohon diesen wiKHensehaftlichen
Werken kommt wolil die neue Auflage de« Huchefi von A. de
Lm'OHTK^"'! nicht in |{f;traeht. Auf die liiKtonKchen Arbeiten
ülier die Kreu/züj^e"^) können wir hier, ho weit sie niclit j^eog^ra-
phiMche iJetaÜH enthalten, kaum näher einj^elien, — SclilieHHlich
maf( jedoch hier Hclion auf di<; interesHante kleine Ahhandlunff
hinj^ewienen «ein, in welcher IIiiVD^'j mit gewohnter Sachkenni
uim nac}iweiKt, daHH zwei italienisdie (Jonsuln, rlie von (ienua
und Venerlij^, wahrHclieinlich Kchoii irn XlV.Jahrh, hesonder«
zum Schutze d«,'r l'ilj^er in .Jerusalem Hassen, dass deren Vor-
hanri*;nHein von 1 1 1 '■'> — 1470 naclizuwfäKeri ist, dir; j^anze I'JTirich-
tunj^ aber ^osHr;n Wechseln unterworfen war.
Aiiftre 0«'/- IJriter den IJearbe-ituntren älterer tfcotfranliischeii Werke s< i
zunädiHt an die (.bersetzunj^ erinnert, w(;lehe OiLJUiMKiHrKii''""
von den Syrien betreff"<;nd<;n Abschnitten der Werke des Istachri
KchuldiKun^en den VVilhchn von 'l'yniH gcf^eriQhcr ; Wochcnhl. d. Joli. -Orden»
JJallcy UrandoMhurg ihH'.i, Nr. 17; IS; 11); 20; 21 ; 22.
!*;j, Jiciavilic l(; I'toulx, bcMarcliivcH, ia hlhliotb^que <:t 1<; trcnor do l'<jrdre
da Haint-Jcari de JoruHalcm a .Vlalto. J'uris (Tlirjrlri; iHH'.i, 2(i7 pp. H'>. — Itcc.
in Itcv. critüpifc ISS.'J, M , p. IJ.O^; in Lit. C. lU. 1SS3, Sp. H'.iO. Vgl. auch
Journal (\<:n Havant« ISS:», p. IIS; Comptc« rc-ndu« de l'Acad. dcH inHcr. et
\).l. IHS.'}, p, 2H1,
94y J, Jjolavillf; U: ItoiiU, iJocumcTil» concernant Ich Templier« extraitt
<Uin archivoH de .Malte. I'ariH 1SS2. S". Vgl. Journal de« Savant« 1SS3,
p. 41H. - Vgl. auch J, Ddavlilc J-c lloulx, 'IVoIh chartcH du XII'- Hiccie
conccrnanf, l'ordrc de Haint-Jeun de J/;ruHalem. CjAricK 1S81. 4". — Vgl. Jour-
nal dcH Savant« ISS.'}, p. 4 IS.
9.'») Vgl. ZI)I'V. V, p. 22;{, Nr. 2«, A. dcLaportc, Lch croisade« et le
payK latiri de J/jnjHalein. LirnogcH 'Ardant] 1SS3. 14;> pp. H'). (Nach Kuhn'l
L. 151, , niclif gcMclien.
!Miy Zum HciKpiel Itr-rrihard K.ugl<:r, .Neue Anaickten zur CicKcliicIite de»
zweiU!M KreuzzugH. 'lühingen 'Kuchj ISS.'J. (»{) pp. 4". VcrzeichniHH der
iJoctorcn w. m. w. im I)ecanatHJahre ISS2 — iHH'i),
^1 1 W, Heyd, I,eM conMulaf.H ^itabli« o.n 'l'erre Kainte au moyen-Age ])our
la protection de« p(i':rinH : AuHHchniU, auH Arcliiv. de l'Or. I<at. II, 1SS3.
0 pj). S".
'.»S, J. Cjild»»meiHt.er, Beiträge zur I'nUlHtinakunde auH arabischen (iuellon.
.'1. iKtttchri uik! Ihn lluukal • ZDI'V. VI, p. I 12.
•247
und Ihn Haukai Schriftstellem des X. .lalirh.) uns geliefert hat.
Hereavi's»'>>) Sefev Nameh soll nach einer Notiz der Revue cri-
tique in Indien neuerdings nach einem hisher unbekannten Ma-
nuscript. jedoeh \niter lienutzuug der Ausgabe Schefer's, litlui-
graphirt erschienen sein. A\ich in Aiulfbpa's '**") 'um 1300
grossem geographischen liuche. dessen von Reinaitd längst be-
begonnene i'bersctznng neulich durch Guyard vollendet -wurde,
findet sich ein Abschnitt, Avelcher Syrien behandelt: seit jene
Arbeit unternommen wurde, sind uns freilich wichtitrere arabi-
sehe Quellen zugänglich gemacht worden. Die Aiiszüge von äl-
teren Pilgerschriften, welche die Zeitschriften Das heilige
Land'*)!) und Terre Sainte i*^2) ]^{i^ ^^j^j wieder bringen, bean-
spruchen keinen selbständigen Werth. Überhaupt darf man den
Zuwachs . welchen die Pilgerliteratur neuerdings ertahren hat,
nicht für sehr erheblich halten . da Aveder ilie Bemerkxingen zur
Pilgerfahrt des Igumen Daxiel i^*3j ^ j^oeh die Herausgabe der
Reise von Philipp de Voisins i«-*) aus dem Jahre 1490 wesent-
lich Neues bieten dürften. Die kuv/en Notizen über einen
9ii Vgl. Kevue critiqiie 1SS3. p. 501. — Zu Herewi : ZDPV. V. p. 230,
Nr. 152.
lÜO Geographie d'Aboulf^da , traduite de l'arabe en francais et accom-
pagnce de notes par St. Guyard. II, 2. Paris (Maisonneuve) ISS3. 322 pp. 4".
(Nicht geaehcn.^ Vgl. Barbier de Meynard in Comptes rendiis de l'Acad. des
inscr. Oct.-Dec. 1SS3, XI, p. 597. ^Nach K.'s Lit. Bl.)
101) Laurant de St. Agnan , Statistique religieuse de la Terre Sainte en
808: La Terre sainte 1883, p. 329—338. (Nach De Kossi im Bulletino di
Arch. 1S05. p. 84; vgl. Tobler, Descr. Terrae sanctao p. 77; 355.)
102 L'abbt^ de Saint- Agnan, Les pelerins celebres. Los peregrinations
de Maitre Thietmar: La Terre Sainte 1SS3, p. 538 — 544. — De Saint-Agnan,
Le pelerinage de Kadziwil (1583) : La Terre Sainte 1883, p. 533 — 534. — Le
pelerinage de F.-C. du Rozel (1644): La Terre Sainte 18S3, p. 34G— 349. —
Voyage de Turpetin dans la Terre Sainte en 1715 et 1710: La Terre sainte
1883, p. 394—400; 425—429; 445—450; 408-472; 174—477; 494—504;
507—516.
103^ M. AVenc-vvitinow, Bemerkungen zur Geschichte der Heise des Igu-
men Daniel russisch^ : Journal des Minist, d. Volksaufklärung . Mai 1'^''3,
Bd. 227, Abth. 2, p. 1—13. (Nach Kuhns I,it. Bl. ; nicht gesehen.:
104) Voyage ä Jerusalem de Philippe de Voisins, seigneur de Montaut,
publik pour la societe liistorique de Gascogne par Ph. Tamizey de Larroque.
Paris (Champion^ Auch (Cocharaux freres) 1883. 60,pp. 80 (nicht gesehen.) —
Reo. von Emile Picot in Kev. crit. 17. März 1SS4, p. 222 ; von L. de Mas La-
trie in Bibl. de l'Ecole des chartes 1884, XLV, p. 102 (letzt, nach K.'s L. Bl.)
Ztschr. a. Pal.-Ver. VII. 17
•24 S
Kreuzzug der liiirger von Basel '"^] (im J. 125'9) und die Briefe,
welche die Jerusalemsfalirt des Herzogs Moritz von Sachsen 106)
betretfen. haben für die Palästinakunde keine Bedeutung. Auch
das Fragment einer Pilgerschrift . welches KorthI"' bekannt
gemacht hat. ist nicht von Belang. Ein Brief Mkkcatoks ^O"»).
welclier Palästina angeht, bietet dagegen wohl für die ältere
Kartographie einiges historische Interesse.
Karten. "Was die Kartographie betrifft , so handelt es sich nim zu-
nächst darum, die neuen Ergebnisse der topographischen Auf-
nahmen für weitere Kreise zu verwerthen. Darin geht natürlicli
der Meister unserer deutschen Kartographen , Kiepert 1^9 — in,
in seinen zahlreichen Publicationen mit gutem Beispiel voran.
Auch die Karten von Johnstox ^^- — '^^) basiren auf den Vermes-
sungen des Exploration Fund. Die Karten von Algermissen!'^
und von Thuillier '^■'') können wir nicht beurtheilen, da wir sie
105) Oskar Schwebel, Ein Kreuzzug der Bürger von Basel : Wochenbl.
d. Joh.-Ord. Balley Brandenburg, 1883, Nr. lü.
106j R. Köhricht und H. Meisner, Briefe, die Jerusalemfahrt des Her-
zogs Moritz von Sachsen betreuend: Neues Archiv f. sächs. Gesch. IV, 4.
(18S3;, p. 343— 346. (Nach ThLZ. ; nicht gesehen.,
107) Korth, Fragment einer Palästinapilgerschrift d. 15. Jahrb. : Anz. f.
d. Kunde der D. Vorzeit 1883 (30. B.), p. 316-318.
lOS, J. von Raemdonck, La geographie ancienne de la Palestine. Lettre
inedite de Gerard Mercator ä Andre Masius. Duisbourg 22. mai 15G7 : Acad.
d'archeol. de Belgique, Bulletin, See. Partie, XVI. Anvers 1883, p. 477—
512, 1 carl. (Nach Friederici; nicht gesehen.
1U9] H. Kiepert, Neue Wandkarte von Palästina in 8 Bll. 1:200,000.
5. Aufl. Berlin (D. Reimer; 18S3. Fol. M. 8. — Rec. in LOB. 19. Jan. 18S4,
Sp. 112 ; von A. KirchhofF in Z. f. d. Gymnasiahvesen Jan. XXXVIII, p. 53.
110) H.Kiepert, Neue Handkarte von Palästina. 1:800,000. 4. Aufl.
Chromolith. BerUn (Reimer) 1SS3. Fol. 60 Pf.— Rec. in LCB. 26.Jan.lSS4.
111, H.Kiepert, Volkssschul-Wandkarte von Palästina. 4 Bll. 1:300,000.
2. Aufl. Chromolith. Berlin (D. Reimer 1883. Fol. M. 4.
112) T. B. Johnston, Map of Palestine, reduced by arrangement with the
Comraittee of the Palestine Exploration Fund; embodying as much of the
Great Survey of Western Palestine. 1:714,649. Edinburg iJohnston) 1883.
(Nach Z. d. Ges. f. Erdk. ; nicht gesehen.)
113 Johnston's new map of Palestine, from the survey. With indexi
London 1883. 8».
114j J.L.Algermissen, Schuhvandkarte von Palästina zur Zeit Christi :
1:200,000. 4 Bl. Chromolith. Metz Lang, 1SS3. (Nicht gesehen.)
n:., L. Thuillier, Carte de la Palestine et du Liban. 1:500,000. Paris
(Hachette) 1883. (Nach Peterm.'s Mitth. ; nicht gesehen.)
240
nicht gesehen haben ; die Karten von Simon '"') und von A'igou-
REi'X-DouiLLARD 11') machen wohl als Schnlkarten keinen An-
spruch auf Avissenschaftlichen Werth.
A'on zusammenfassenden neueren Arbeiten über die Geo- ^"^""""?"'
tai-si-mle
graphie Palästina' s sei in erster Linie die fleissige und ffc-wis-,^)^^''''^^^"^/;,''
senhafte Arbeit von Schultz i^^) genannt; derselbe Gelehrte hat
auch bei anderer Gelegenheit Notizen über diesen Gegenstand
zusammengestellt ii'J). Allgemeineren Inhats, aber wohl mehr
populären Gehalts, sind ferner die Arbeiten von Tomkins '^oj xxnd
Gosse 121) . Die neueren Bemerkungen von Saunders122) über die
englische Kartenaufnahrae haben "svir nicht zu Gesicht bekom-
men. Von den die Karten begleitenden Memoirs ist im Laufe
des Berichtsjahres der die Topographie von Judaea umfassende
Theil ausgegeben worden ' 23) _ Wiederum werden wir der Reihe
116) Dr. M. Simon, Karte des alttestamentlichen Palästina, bearb. und
hrsg. von J. Straube. Lith. und color. Mit geogr. Notizen und einem deut-
schen und hebräischen Orts- Verzeichniss. 2. verb. Aufl. Berlin (Straube)
1883. 1 Bl. gr. 4. 30 Pf. — Rec. in Jüd. Lit. Bl. lö.Nov. 1883, p. 184. (Nach
K.'s Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
117) Vigoureux et Douillard, Carte de la Palestine pour l'etude de l'an-
cien et du nouveau Testament. Paris (Roger) 1883. (Nach Peterra.'s Mitth. ;
nicht gesehen.)
118) Fr. W. Schultz, Palästina: Real-Encyklopaedie für protestantische
Theologie und Kirche. Zweite Aufl.., beg. von Herzog und Plitt, fortgeführt
von A. Hauck. Elfter Band. Leipzig (Hinrichs) 1883, p. 720—804.
119) Handbuch der theologischen Wissenschaften in encyklopädischer
Darstellung , mit besonderer Rücksicht auf die Entwicklungsgeschichte der
einzelnen Disciplinen in Verbindung mit Cremer etc. hrg. von O. Zöckler.
L Hlbd. Nördlingen (Beck) 1883. F.W.Schultz, Geographie Palästinas
p. 198 — 216; ebd. Israelitische Alterthumskunde und Geschichte Israels.
120) H. G. Tomkins, Biblical proper names, personal and local: reprin-
ted from the Journal of the Victoria Institute. Vol. XVI (?) London 1882.
(Nach den Proceed. of the R. arch. soc. ; nicht gesehen.;
121; P. H. Gosse, Sacred streams, the ancient and modern history of the
Bible. With 44 engr. and map. New ed. London (Hodderj 1883. 435 pp. 8".
— (Nach Kuhn's Lit. Bl.; nicht gesehen.)
1 22; T. Saunders, Notes on the survey of Western Palestine : Transact.
oftheR. Soc. of Literature 2. ser. vol. XII, Nr. 3. (Nach Petcrm.'s Mitth.;
nicht gesehen.)
123) The survey of Western Palestine. Memoirs of the topography, oro-
graphy, hydrography and archaeology. By Capt. C. R. Conder and Capt. H.
H. Kitchener. Volume III. Sheets XVII— XXVI. Judaea. Edited with ad-
17*
25U
nach mit der Oiographie , Hydrographie und Topographie jedes
ein/ehien Kartenblattes bekannt gemacht ; daneben werden auch
die alten Ortslagen , die Wege nnd anderes , sowie auch die im
blande des Volkes umlaufenden Traditionen behandelt. Theil-
weise sind die Ortschaften von Conder im Jahre 1881 nochmals
besucht worden. Besonders dankenswcrth sind die vielen Pläne,
welche wir erhalten : Kisse von Kirchenruinen, Gräbern. Höhlen
und dergleichen ; wir heben daraus die Zeichnungen der neuge-
fundenen Kirche von 'Amwäs (nebst den Kapporten Ganneau's
und Guillemot's I , der Moschee von Hebron , der Ruinen von
Masada. sowie die Karte der Umgegend von Hebron (zu S. 352)
hervor. Auch manche Inschriften sind mitgetheilt; einzelne An-
sichten, wie die von el-Dschib (p.95), Nebi Samwil (zu p. 152),
Masada (zu p.420) und der Kirche von Ghazza zu p. 240 u. 242)
sind recht gut. Zu der Ansicht von «Shech Madhkur« p. 361)
haben wir beispielsweise zu bemerken, dass die Bezeichnung
dieser Örtlichkeit als Adullam den Glauben erweckt, als wäre
die Streitfrage in Betreff dieser Ortslage bereits gelöst. Als Ap-
pendix ist ein Bericht über Tyrus , einzelne Zusätze xmd eine
kleine Abhandlung Conder's über die verschiedenen Baustile aus
den Statements, denen überhaupt vieles entnommen ist, wieder
abgedruckt.
Das Neuste des vorigen Jahres war für England ein Buch,
in welchem Conder124) einem grösseren PubUcum die Ergeb-
nisse seiner letzten Expeditionen vorgelegt hat. Nach der nicht
gerade günstigen Besprechung, welche dieses Werk im Athe-
naeum erfahren hat, konnte ich mich nicht zur Anschaffung des-
selben entschliessen und muss daher aus secundären Quellen
hier über dasselbe Bericht erstatten. In dem ersten Theile be-
ditions by E. H. Palmer and Walter Besant for the committee of thePalestine
exploration Fund. London. I. Adam Streets, Adelphi. 1883. VII, 450 pp. 4«.
124) Claude Ileignier Conder. Heth and Moab. Explorations in Syria
in 18S1 and 1S82. Published for the Committee of the Palestine Exploration
Fund. London (Bentley) 1883. X, 436 pp. 80. 4Taf., 1 Karte; 14 sh. - Kec.
inAthenaeum 24. Nov. 1883, p. 663; Builder, 24. Nov. 1883, p. 676; Proc.
of the K. Geogr. Soc. Dec. 1883, p. 742; Brit. Quart. Rev. 1. Jan. 1884,
p.^ 17.5 ; Quart. Statements 1884, p. 15. 'Nach Kuhns Lit. Bl. . — Vgl. auch
L'abbe de Saint-Agnan , Monuments prehistoriques en Palestine: La Terre
Sainte 1883, p. 441-444. (Nach Conder.)
251
schreibt Conuer die Steinmonumente, welche sich im Ost jordan-
lande finden ; ausser den heinahe über die ganze Erde verbreite-
ten Menhirs, Dolmen, Steinkreisen, Cromlechs und Cairns kom-
men dort auch Scheibensteine (»diso stones«) vor. Dass diese
Steinmonumente jedoch mit der vorisraelitischen und israeli-
tischen IJevülkcrung auf die Weise , wie Coxder es vorschlägt,
in Verbindung zu bringen seien — die Menhirs sollen dem Baal
Peer (!) geweiht, die Dolmen Altäre gewesen sein — ist uns
höchst unwahrscheinlich. Dass sich von diesen Steinmonu-
menten im Cisjordanlande weniger Überreste vorfinden, erklärt
sich CoNDER daraus , dass die Israeliten diese heidnischen Reste
hier mehr zerstört hätten , statt einfach aus der dichteren Kesie-
dehing des Landes. Ein zweiter Abschnitt des Buches handelt von
Kadesch am Orontes und von Byblos ; ein dritter beschäftigt sich
mit der Frage über die Lage der alten -Städte Ramoth Gilead,
Penuel, Mahanaim, Mizpeh u. a. Ohne Zweifel findet sich unter
vielerlei Wust in Conder's Buch auch manche neue interessante
Angabe; schade, dass der Verfasser, seitdem er für den l'ale-
stine Exploration Fund arbeitet , nicht das Geringste zugelernt
hat! — Noch ist hier zu bemerken, dass Selah Merrill's '25)
Buch über das Ostjordanland bereits eine neue Auflage er-
lebt hat.
Schon wiederholt ist daraufhingewiesen worden, dass eine Topog»-
TT T 1 /-\ • plusche
erneute Lntersuchung der Ortsnamen Palästina's auch nach den ünter-
" suchungen.
englischen Aufnahmen geboten ist ; hoffen wir , dass Dr. Hakt-
MANN in Zukunft noch eine Reihe anderer Listen bearbeiten
wird , wie er neulich uns die topographische Übersicht über die
Ortschaften des Liwa Jerusalem in verbesserter Form in dan-
kenswerther Weise mitgetheilt hat '26) . Von Einzelheiten auf
dem Felde topographisch-archaeologischer Untersuchungen sind
zu nennen : Wetzstein's i27j Nachträge in Betreff von Jehuda
125; Vgl. ZUPV. V, p. 263 , Nr. 355. S. Merrill, East of the Jordan: a
record of travel and Observation in the Countries of Moab, Gilead, and Bashan
during the years 1875 — 77. With illustr. and a map. New edit. New York
1SS3. 80. (Nach Z. d. Ges. f. Erdk.; nicht gesehen. >
126) M. Hartmann, Die Ortschaften des Liwa Jerusalem in dem türki-
schen Staatskalender für Syrien auf das Jahr 12SS der Flucht ^1871] : ZDPV.
VI, p. 102—149.
127) Briefliche Bemerkungeu von Consul Dr. J. G. Wetzstein. Mitge-
252
ha-Jarden Jos. 19, 34), Sela', und seine Identification von Har-
bela so wäre Niini. 34, 11 zu lesen) mitHarmcl; Grü>'baum's i'^s)
liemerkmigen über Awerta, die Marienquelle, Het Hadildü und
den .Stein lla-To' im. ferner des nun in Ilaifa ansässigen Oli-
i'HANT '■-'■') Notizen über Felsengräber, die Identification des 'Ain
Dscbahid mit Ain Charod i^o) (Ps. 42. 7) ; etwa noch Nachrichten
von Lehrer Müller131 über die Verhältnisse der Muslimen in Beth-
lehem. Von Interesse ist der alte Bericht, welchen 11ian't132)
über den Befund der Patriarchengräber in Hebron uns mitge-
theilt hat; dadurch wird erwiesen, dass die Nachrichten der Ara-
ber über das Vorhandensein von Leichen resp. Mumien der
Patriarchen sich bestätigen. — Von einiger wissenschaftlicher
Bedeutung ist wohl auch das Buch der bekannten Frau Fixn ^^S).
Aus den Statements könnte hier noch anzuführen sein die Ent-
deckung eines Baptisteriums in Lätrün '■^■') ; mit der Identification
des neutestamentlichen Emmaus = Urtäs ^^^) werden sich noch viel
w eniger Leute einverstanden erklären, als mit der Annahme, dass
Kana an seinem traditionellen Platze in Kefr Kenna zu suchen
sei ^3^). Eine Menge solcher Einzelheiten, in Betreff deren grossen-
theilt von ü. E. Riehm : Zeitschrift für alttest. Wissenschaft 1883 (III),
p. 273— 27<J.
128 M. Grünbaum, Bemerkungen zu einigen früher in dieser Zeitschrift
erschienenen Aufsätzen : ZDPV. VI, p. 195 fg.
129 Laurence Oliphant, The slopes of Carmel: Quart. Statements 1883,
p. 120—121. Vgl. Cave Tombs in Galilee : Fortnightly RevieAV, 1. Juli 1883
vol. 34;, p. 13G — 145. Nicht gesehen.)
130, Theologisches Literatur-Blatt 1882, Sp. 356.
131) Brief des Lehrers E. Müller: N. Nachr. a. d. Morgenlande 1883,
p. 121.
132,' Invention de la Sepulture des Patriarches Abraham, Isaac et Jacob
a Hebron le 25. juin 1119. Par le comte Riant. Genes 1SS3. 13 pp. 4».
(Aus Archives de l'Orient Latin II, p. 411—421). Vgl. Quart. Statements
1883, p. 108—110; La Terre Sainte 1883 , p. 592—595. — Vgl. LCB. 1883,
Sp. 1091; Revue critique 1883, I, p. 119.
133) Mrs. Finn, A home in the Holy Land; a tale illustrating customs
and adventures in Modern Jerusalem. Iliustrated. New York 1SS2. (Nach
Z. d. Ges. f. Erdk.; nicht gesehen.)
134 Quart. Statements 1883, p. 118.
135, Mrs. Finn, Flmmaus identified : Quart. Statements 1883, p. 53
— 64.
136) W. T. Pilter, Where is Cana of Galilee : Quart. Statements 1883,
p. 143—148.
253
theils nichts Sicheres aviszumachen ist, wird von Coxdkk '37 — u2^
BiKCH i^'^)^^*) und andern ^'''i'^'') vor dem englischen Puhlicum
besprochen. Dasselbe Urtheil Avird auch eine Anzahl Unter-
suchungen treffen, welche von englischer Seite in Bezug auf die
Topographie von Jerusalem i*" — '^iij angestellt worden sind ; seihst
der Artikel vonSAYCE^^") berücksichtigt die einschlägigen frühe-
ren Arbeiten durchaiis nicht. Conder sucht das heilige Grab '^t;
neuerdings Avieder an einer Stelle »200 yards« w'estlich von der Je-
remiasgrotte. Nicht Aveit davon entfernt sind vor Kurzem durch
Zufall Kuinen eines grossen Gebäudes entdeckt worden, Avelches
wahrscheinlich eine mittelalterliche Stephanskirche ^^^j war; das
Sanctuarium ist in die Hände der Katholiken übergegangen.
137) CR. Conder, Notes: Quart. Statements 1883, p. 100—102; 13S
—139; 177— 17S.
13b) C. R. Conder: Quart. Statements 1883, p. 180—181.
139; C. R. Conder, Curious names in Galilee: Quart. Statements 1S83,
p. 125—130.
140) C. R. Conder, The north border of Zebuion: Quart. Statements
1883, p. 134—138.
141) C. R. Conder, The fortress of Canaan : Quart. Statements 1883,
p. 175—176.
142) C. R. Conder, Bethany and Bethsaida: Quart. Statements 1883,
p. 177.
143; W. F. Birch, Varieties : Quart. Statements 1883, p. 149—150.
144) W. F. Birch, The nameless city: Quart. Statements 1883, p.4S -52.
145) H. B. S.W. The nameless city, and Saul's journey to and from it :
Quart. Statements 1883, p. 156—157. — W. F. Birch p. 157— 15'J.
146) »Oxonian«, Note on the »key to Ezechiel's prophetic divisions«:
Quart. Statements 1883, p. 101— 105.
147; C. R. Conder. The city of David : Quart. Statements 1883, p. 194
—195.
148) W. F. Birch, The tomb of David in the city of David: Quart. Sta-
tements 1883, p. 150 — 154. The entrance of the tomb of David, ibid. p. 155.
149) W. F. Birch, Siloam and the pools : Quart. Statements 1833, p. 105
— 107.
150) A. H. Sayce, The topography of prae-exilic Jerusalem : Quart. Sta-
tements 1883, p. 215—223.
151) C. R. Conder, The holy sepulcre : Quart. Statements 1883, p. 69—
78; vgl. auch p. 148; Henry A. Harter.
152) Selah Merrill, The newly discovered church : Quart. Statements
1883, p. 238— 242. — Ruines de leglise Saint-Etienne ä Jerusalem: La Terra
Sainte 1833, p. 488; Dom Heidet (id.) p. 608—612; Das heilige Land 1883,
p. 161—168.
254
Nach ueuereu Nachrichten weiden in Jerusalem die in A'erfall
geratlienen muslimischen lleiligengräber mit Eifer restaurirt'^3);
auch ein Stück der Kingmauer des Haram esch-scherif ist ausge-
bessert worden. Über den Tempel Salomo's sollen Paillcux^**)
ein grosses Werk, Herrmann ^^5) eine Brochure herausgegeben
haben; mit Gründlichkeit hat Schürer ^^6) über den jüdischen
Tempel gehandelt. Ein altes Cimelium mit einem Bilde des Tem-
pels weist DE Rossi ^^^) der Zeit zwischen der zweiten Hälfte des
zweiten bis zur ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts zu; dasselbe
soll in den Archives de 1" Orient Latin polychrom bekannt gemacht
Averdeu. — Der Bericht, welchen Guthe '^^) über seine Ausgrabun-
gen in unserer Zeitschrift veröffentlicht hat, ist auch als besonde-
res Buch erschienen und von der fachmännischen Kritik durchweg
sehr günstig aufgenommen worden. Sandreczki^^'^) hat eine früher
von ihm erschienene Arbeit in verbesserter Form in unserer Zeit-
schrift herausgegeben und die richtige Schreibung der Legende
zum Plane des heutigen Jerusalem festgestellt. Die Topographie
Jerusalems ist neuerdings auch von einem »berühmten« Archaeo-
logen behandelt (und gefördert*) worden i^ojj ausserdem liegt
153 Vgl. Neueste Nachrichten a. d. Morgenlande 1883, p. 31 f.
154 Pailloux, Le Temple de Salomon. (Nach Athenaeum 6. Oet. 1883;
in der Bibliogr. t'rancaise nicht zu tinden.)
155) Hermann, Le temple de Jerusalem. Valenciennes (impr. Vve Prignet)
1883. 32 pp. 80. (Nach J. asiat. Jahresber. ; nicht gesehen.)
156; Schürer, Tempel Salomos : liiehm, Handwörterbuch des Biblischen
Alterturas, p. 1623-1645.
157; Insigne vetro rappresentante il tempio di Gerusalemme : De Kossi,
Bulletino di archaeologia christiana. Roma 1882, p. 137.
löS) Ausgrabungen bei Jerusalem im Auftrage des Deutschen Vereins
zur Erforschung Palästina's ausgeführt und beschrieben von Lic. Hermann
Guthe. Mit elf Tafeln. Lpzg. (Karl Bädeker) 1883. 305 pp. 80. Vgl. ThLBl.
IS. Jan. 1884, Sp. 19; Jüd. L. Bl. 1883, Nr. 49—51 ; Wochenblatt der Joh.-
Ord. Balley Br. 1883, Nr. 32; bes. Oort in Theologish Tijdschrift 18S4,
p. 261; 1-urrer in ThLZ. 1S84, Sp. 377; LCB. 2. Febr. 1SS4, Sp. 169; vgl.
auch Daheim, Jahrg. 2ü, p. 247.
159j S. Sandreczki, Die Namen der Plätze, Strassen, Gassen u. s. w. des
jetzigen Jerusalem: ZDPV. VI, p. 43 — 77.
16(1 Archäologische Beschreibung Jerusalems . . . vom berühmten Ar-
chäologen J.-S. Kolbe. Wien fKnöpfelmacher; 1883, XVI, 96 pp. 80. (Deut-
sche Ausgabe). Vgl. J. Loeb in Revue des etud. juives VII, 301. — "33 0
bN--x (dasselbe hebr.,1 . Wien (Knöpfelmacher] 1883, 156 pp. 80. Vgl. J.
liOeb in Uevue des etud. juives VII, 2S7.
255
über diesen Gegenstand ein populärer Artikel von Moniquet'^^)
vor. Die kleine Schrift von Eaton '^2) wird kaum Neues bieten.
Bevor wir uns anschicken, die neuere Touristenliteratur kurz ^'^'^^[3*^®
zusammenzustellen, Avollen wir hier noch der illustrirten Werke
über Palästina gedenken. Wie bereits früher in Betreff der ein-
zelnen Lieferungen des Ebers - GuTHE'schenj Unternehmens ^^Sj
hervorgehoben wurde, nimmt dieses Buch unter der Menge ähn-
licher Werke entschieden einen hohen Hang ein, da es sich el)enso
sehr durch schöne Bilder, als durch seinen gediegenen, auf den
neuesten Forschungen basirenden Text auszeichnet. Aon wis-
senschaftlichem Werthe sind ausser dem Plane von Jerusalem
besonders auch die zahlreichen , den ersten Band schliessenden
Anmerkungen. Dieser erste, im Verlauf des Berichtsjahres abge-
schlossene Band führt den Leser nach Jerusalem und an das Todte
Meer, dann durch Judaea, Samarien und Galilaea zinn Hermon;
hierauf nach Damascus, Palmyra und Baalbek ; schade, dass das
Ostjordanland nicht berücksichtigt ist! Auch die englische Vor-
lage des eben besprochenen Werkes liegt nun abgeschlossen
vor 164); neben der französischen Bearbeitung desselben durch
GuERiN erschien in Paris neulich auch ein billigeres, mit vielen,
theilweise aber recht mittelmässigen Illustrationen versehenes
Ifil) Moniquet, Jerusalem antique. La topographie : La Terre Sainte
18S3, p. 407— 408; 409—415; 429—432; 450—454.
162) S. J. M. Eaton , Jerusalem , the holy city. New York (Philipps)
1883. 88 pp. 240. — (NachK.'s Lit. Bl.; nicht gesehen.)
163) Vgl. ZDPV. VI, p. 169, Nr. 108. Palästina in Bild und Wort nebst
der Sinaihalbinsel und dem Lande Gosen. Nach dem Englischen herausgege-
ben von Georg Ebers und Hermann Guthe. Erster Band. Stuttgart u. Leip-
zig (Deutsche Verlags-Anstalt, vormals Eduard Hallberger; 1883. ' Vlll, 520
pp. gr. 40. — Kec. in ThLBl. 28. Sept. 1883, Sp, 307; 4. Jan. 1884, Sp. 3;
ThLZ. 15. Dec. 18S3, Sp. 577; Oesterr. Monatsschrift f. d. Orient 1883,
p. 78; 216; von A. Sfocin) in LCB. 7. Juni 1883, Sp. 809; D. Lit. Bl. 20.
Oct. 1883, Sp. 113; A. allen Welttheilen Jg. 15, H. 3 ; Deutsche Revue April
1884, IX, p. 128; Halte, was du hast VII, 333. (Die Kecensioneu theilweise
nach K.'s Lit. Bl.)
164) Picturesque Palestine , Sinai and Egypt. ; ed. by Charles AVilson,
assisted by the most eminent Palestine explores. London fVirtue:. New York
(Appleton) 1883. 2 vol. XX, 480; X, 475 pp. 4». — Kec. in Publishers' Cir-
cular 31. Dec. 1883 , p. 1439; Literary News (New York) 1884, Jan. V, 11.
— (Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
•250
Werk von de VauxI**^). Auch der Text macht mehr den Ein-
druck einer blossen Plauderei. Über Lortet's 'ß^ Reise wird im
nächsten Bericht noch einmal ausführlicher zu reden sein, da
seine Arbeit neuerdinjj^s als ein selbständiges PrachtAverk erschie-
nen ist. Das früher schon genannte Buch von Roberts ^^'; scheint
in Amerika eine Titelauflage erlebt zu haben.
Touristen- Unter die mehr populäre Reiseliteratur sind zu rechnen :
die englischen Reisebeschreibungen von Cuylor^^sj^ Wylle"^9),
AVallace '"0) und Mendeniiall ^'^i] ; auch das französische, einst
vielgelesene Buch von Bovet^^^j igt neuerdings in englischer
Sprache erschienen. Etwas zahlreicher sind die französischen
Werke; wir führen an die von de Wandelbourg i'^j^ Driou '"^),
1 65) La Palestine par le Baron de Vaux : ouvrage illustre par M. P.
Chardin et M. C. Maiiss. Paris (Leroux) 1883. VII, 327 pp. 80 avec 154 gra-
vures et carte. 20 frcs. Vgl. Barthelemy in Kevue des quest. histor. Jan. 1884;
Thedenot in Bulletin crit. 1. Jan. 1S84. 1883 ; Am. Edwards in Academy 1883,
2(». Sept. p. 218; "Revue archeol. Febr. 1884, p. 135.
166) Vgl. ZDPV. VI, p. 171, Nr. 120. Das heutige Syrien. Nach dem
Französischen des M. Lortet) : Globus 1883 (Bd. 43), p. 273—278; 289—296;
■M)b—:ill; 321—327; .{37—344; 353—358.
167J Vgl. ZDPV. VI. p. 171, Nr. 118. The Holy Land; after lithographs
by L. Haghe, from original drawings by D.Roberts; with bist, description
by G. Croly. Division 2, The Jordan and Bethlehem. New York (Cassell)
[1883. fol. 5, 43, 85 pp. — Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
168) From the Nile to Norway and homeward. By Theodore L. Cuylor,
Pastor of Lafayette Avenue Church, Brooklyn. New York (Robert Carter and
Brothers) 1882. 357 pp. 120. (Nach Bibliotheca Sacra 39, 1SS2, p. 400.)
109 J. A. Wylie, Over the Holy Land. London (Nisbet; IS83, 398 pp.
80. 7 sh. (j. Nicht gesehen.) — (Nach K.'s Lit. Bl.) rec. in "Westminster Re-
view Jan. 1884, p. 227; Brit. Quart. Review 1. April (18S4?) p. 439; Satur-
day Review 5. April 1884, p. 452.
170) A. Wallaee, The desert and the Holy Land. 2nd edit. London
(Simpkin 1882. 338 pp. 8«. 'Nach Z. d. Ges. f. Erdk. ; nicht gesehen.)
171) J. W. Mendenhall, Echoes from Palestine. New York (Philipps
andHunt) 1883. 4, 736 pp. 8o. With map and ill. Nach Kuhn's L.Bl. ; nicht
gesehen.)
172' Egypt, Palestine and Phoenicia by Felix Bovet. Translatod from
the eighth French edition by Canon Lyttelton. Three maps. London (Hodler
and StoughtJ 1883, 80. 9 8h. (Nach Athenaeum ; nicht gesehen. 1
173) Vgl. ZDPV. VI, p. 173, Nr. 131. A. H. de Wandelbourg, Etudes
et Souvenirs sur TOrient et ses missions; Palestine, Syrie et Arabie, visitees
avec Mgr. Valerga, patriarche de Jerusalem. Paris (Berche et Pralin) 1883.
2 vol. 342 und 388 pp. 8». (NachThLZ.; nicht gesehen.)
174; Vgl. ZDPV. I, p. 32 , Nr. 5. A. Driou, Jerusalem et la Terre
257
MüKANj) ''•'' , Roux 1^6), Alazari)!'"), Garnikr'"^;, Maii.lkt 1'»),
Chauvierre^'''^), Richard de Latour '^1), deDamas i"*-^), Poujou-
lat'*3). Eine. Beschreibung der grossen französischen Pilgerex-
pedition haben Lian ">■*) und Mourot^"-') geliefert; neue Aufla-
gen liegen von den Büchern von Curzon '^'»j und Beluze ^^''>, vor.
sainte, description des lieux saints illustres par las apötres. Liniüges (E. Ar-
dent et Cie.) 1883. 216 pp. 80. ("Wohl zweite Auflage ; nicht gesehen.)
175) Vgl. ZDPV. VI, p. 177, Nr. 169. Abbe Morand , La terre des pa-
triarches ou le sud de la Palestine. T. IL Hebron, Bersabee, Dcsert de Juda,
Masada, Engaddy, Tekoa. Lyon (Vitte et Perrussel; 18S3. XII, 32S pp. 120.
176) Roux, Pelerinage de Jerusalem, notes de voyage, impressions et Sou-
venirs 27 avril — 8 juin 1882. Besancon (Impr. Jacquin) 1883. 225 pp. IS«.
(Nach Friederici; nicht gesehen.)
177) L. Alazard, Souvenirs de mon pelerinage aux lieux saints (25 avril
— 10 juin 1882). Rodez (Carrere) 1883. IX, 416 pp. 8". (Nach Kuhn's Lit.
Bl. ; nicht gesehen.)
178) E. Garnier, Jerusalem et la Judee; Description de la Palestine ou
Terre sainte, precede de considerations sur l'histore de ce pays. Tours (Marne)
1883. 160 pp. 80 et grav. Bibliotheque de la jeunesse chretienne. (Nach
Kuhns Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
179) R. P. Maillet, Voyage au nord de la Terre-Sainte et retraite ä des
pretres orientaux : Les missions catholiques 1883, XV, Nr. 720, p. 133 — 137.
:Nach Peterm.'s Mitth. ; nicht gesehen.)
180) Patrice Chauvierre, Voyage en Orient. Tournay (Casterman) 1883.
327 pp. 80. (Nach Bibliographie de Belgique.)
181) Pelerinage en Terre sainte par Xavier-Richard de Latour. Limoges
impr. Boyer) 1883. 49 pp. 12«. (Bibliogr. de Fr. ; nicht gesehen.)
182) Vgl. ZDPV. VI, p. 172, Nr. 128. Voyage en Orient par le R. P.
dcDamas, de laCompagnie de Jesus. Jerusalem. Nouv. ed. Paris ampr.Goupy
et Jourdan; libr. Delhomme et Briguet) 1883. 514 pp. 18". — La Galilee
ibid. 279 pp. 18«. (Nach Bibliogr. de France ; nicht gesehen.)
183) Baptistin Poujoulat, Recits et Souvenirs dun voyage en Orient.
11. ed. Tours iMame) 1883. 286 pp. 12«. (Bibl. de la jeunesse chretienne). —
(Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
184j J.Lian, Jerusalem et la Terre sainte, histoire du premier pelerinage
de penitence de France aux saints lieux (28. avril — 8. juin 1882) Aignan (Gers,
Vauteur) 1883. 215 pp. 8«. (Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht gesehen.) — V. Mou-
rot, La Terre sainte et le pelerinage de penitence en 1 882. T. I. 408 pp. et
cartes. 80. (Nicht gesehen.)
185) Rob. Curzon, A visit to the monasteries in the Levant. (New ed.)
New York (Dodd) 1883. 20, 390 pp. 120. — (Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht ges.)
186; Les peregrlnations en Orient et en Occident de M. Beluze. 21. ed.
revue et corrigee par Louis-M.-J. Chaumont. T. 2: A travcrs l'Europe et
rOrient. (Impr. et libr. de Citeaux) 1883. 830 pp. 80. — (Nach K.'s Lit. Bl. ;
nicht gesehen.)
25S
Auch vuii einer italieuisclien Reiseskizze ^*') ist nachträglich zu
berichten. Unter den deutschen Schiklerungen von üaarts**^),
Gkeuokovius i***] , FaiikngruberI'^"], FkiedlI^i]^ Siering ^''^j^
Flascu ''-'3], Schur ^^^) und eines Anonymus ^'J^), welcher beson-
ders die katholischen Kirchen, unter Anderem auch die des Ost-
jordanlandes, besucht hat, findet sich wenig bedeutenderes.
Auch die hebräischen Keisebeschreibungen vonDEUXARD^'-*ö) und
Bachrach ^"J") , sowie die polnische von Smolikowski ^^^j sind hier
noch zu nennen.
Mittel- und Werfen Avir von Palästina aus einen Blick nach dem übrigen
Nordsyrien.
187; Giuseppe Sorio, viaggiatore vicentino, Lettera IV, Viaggio in Terra
Santa, publicato per nozze Ortolani-Fontana. Vicenza (Burato) 1881. 28 pp.
60. (Nicht gesehen.]
188) Vgl. ZÜPV. VI, p. 172, Nr. 125. V. Baarts , Abstecher ins Ge-
lobte Land ; Aus allen TVelttheilen XIV. 1883. p. 129; 161; 198; 233; 262.
(Nach Z. (L Ges. f. Erdk. ; nicht gesehen.)
189 Ferdinand Gregorovius , Von Kairo nach Jerusalem. Aus meinem
Tagebuch: Unsere Zeit 1SS3, p. 24 — 4-5.
190; J. Fahrngruber, AVanderungen durch Palästina. Ernstes und Hei-
teres zwanglos erzählt. Wörl'slleisebibliothek 1883. XV, 420 pp. 8». — Vgl
LCB. 1883, Sp. 1634.
191) F. A. Fried! , Eine Pilgerfahrt nach Palästina. Nördlingen Keischle)
1883. 87 pp. 80. (Nicht gesehen.;
192; Benef. Emil Siering, Pilgerfahrt der 5. Münchener Carawane nach
Jerusalem und Kern im Frühjahr 1883. 2. verb. Aufl. Küdesheim (Wiesba-
den, Moritz und Münzel) 1883. VIII, 176 pp. mit Holzschnitten. (Nicht ge-
sehen.)
193; F. M. Flasch, Ferienausflug nach Palästina. "Würzburg (Bucher.)
1883. 344 pp. 120. (Nicht gesehen. j
194) W. Schur, Das Morgenland. Wien 1883. Kec. in Jüd. Litt.-Bl.
17. April 1884, p. 68. — (Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
195; Eine Pilgerreise nach den heiligen Stätten (Forts.) : Das heil. Land
1883, p. 27—33; 134—155; 183—191.
196; cnpti Y~ii<z ro^, Reisebeschreibung im Orient, par E. Deunard.
Pressburg ;impr. Lowy et Alkalay, 1883. 83 pp. 80. (Nachlievue des etud.jui-
ves; nicht gesehen.)
197) nu;'.npn y^nh renn b. Reise nach dem heiligen Lande, unter-
nommen im Jahre 5642 '1882j, ökonomisch und charakteristisch beleuchtet
nebst kritischen Gesichtspunkten von Jacob Bachrach. Varsovia libr. Jacob
bapirstein;. 123 pp. 80. (Nach Revue des et. juives; nicht gesehen.)
19'>; Pavel Smolikowski, Listy o wschodzie. Lemberg jSeyfarth) 1883.
i>'J pp. 80. (Briefe aus dem Morgenlande). — (Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht ges.j
259
Syrien. Eine wichtige Mittheiliing von Prof. Kunze ''J^) in Tha-
rand bestimmt die Höhe von Damascus über dem Meere auf 730
Meter laut Beobachtungen von Lüttike in Damascus und Dr. Hann
in Beirut. Im Libanongebiet, dessen Grenzen kürzlich besprochen
worden sind 200) , sucht sich neuerdings namentlich der französische
Einfluss durch Unterstützung der Maronitcn wieder geltend zu
machen. Auf diesem Standpunkt steht auch das schon früher
angeführte, entschieden schAvache linch. von Frau d'Aaiau de
PioLANT^oi), (las theilweise gegen Lortet polemisirt. Einen neu-
lich erschienenen englischen Bericht über die politischen Verhält-
nisse des Libanon 202j habe ich nicht gelesen. Aiich der Eapport
von Guerin203)^ welcher neuerdings den Libanon bereist hat,
und die statistischen Angaben 204J sind mir nicht vor Augen ge-
kommen. Baart's205) hat einen Ausflug nach den Cedern und
Baalbek populär geschildert , ebenso Moyse d'Orleans^o^] ; auch
von Brugsch207) liegt ein Artikel über Baalbek vor, sowie der
Bericht eines Anonymus 208) über Mittelsyrien. Die farbenreiche
199) M. Kunze, Die Höhe von Damaskus über dem Meere : Verhandl.
der Ges. f. Erdk. zu Berlin 1883. X, p. 439—444.
200) LeLiban, ses Limites : L'Exploration XVI. 1883, Nr. 334. (Nach
Z. d. Ges. f. Erdkunde; nicht gesehen.)
201) Vgl. ZDPV. VI, p. 178, Nr. 17B. Au pays des Maronites par Mn'e
la Vtesse d'Aviau dePiolant. Libr. Oudin Paris, Poitiers 1882. XI, 186 pp. S«.
202) An English Resident's Politics in the Libanon: The fortnightly Re-
view, September 1883. (Nicht gesehen.)
203) V. Guerin, Rapport adresse ä M. le Ministre de Tinstruction pu-
blique sur sa mission scientifique dans le Liban. Paris (Levi) 1883. 28 pp. 80.
(Nach Bibl. de France; nicht gesehen.)
204) V. Guerin, Description et statistique des populations du Liban,
Maronites, Melkites, Grecs, Druzes, Matoualis : Bulletin de l'Acad. desinscr.
1883, p. 286—302. (Nicht gesehen.)
205) P. Baarts, Ein Ausflug nach den Zedern des Libanon : Wochenblatt
d. Joh.-Ord. Balley Brandenburg, 1883, Nr. 1 ; 2; 3. Ein Besuch in Baalbek
ebd. Nr. 13; 14.
206) Moyse d'Orleans, Notes de voyage. § 2 — 4. Antioche. § 5. Druscs
et Maronites: Miss, cathol. (Annee 15) 1883. Nr. 732; 734; 735; 739 — 741;
743 — 745. (Nach Kuhn's Lit. Bl.; nicht gesehen; nach Geogr. Mitth. auch
in Nr. 730.)
207) H. Brugsch, Baalbek: Westermann's Monats-Hefle Jg. 28, Bd. 55;
N. F. Bd. 5. Dez. 1883, p. 332—41. 6 111. mit Text. — (Nach K.'s Lit. Bl. ;
nicht gesehen.)
208) Relations d'Orient. Syrie, Egypte, Armenie. IV. Beyrouth , Da-
260
kleine Skizze über einen Ausflug nach dem Judendoif Dschobar
bei Damascus ■-"'-'/ und der beinahe allzu begeisterte Artikel über
die Hergscenerie des Libanon 2'") stammen wohl aus einer und
derselben Feder. Ducat"^") scheint seine Heise durch Palästina
von Beirut aus angetreten zu haben. Bei weitem das wichtigste
Buch, welches neuerdings unsere Kenntniss von Syrien erwei-
tert, ist die Reisebeschreibung Sachau's212^ deren Schwerpunkt
allerdings weiter östlich iu den Eufrat- und Tigrisländern liegt.
Doch finden sich auch über Palmyra und besonders die Ue-
gend südlich und südöstlich von Aleppo eine Reihe wichtiger
Forschungen in derselben. — Über die alte Geographie vonXord-
syrien hat Tomkins^'-^) einige Bemerkungen gemacht.
rMidiichan \yas schliesslich die südlich an Palästina angrenzenden
Pal. gren- _ _ _ "^ .
zende Län- Ly^mlgj. \)eti-ifft gQ liegen über dieselben einige neuere Berichte
der. ^ "
von Jelissejeav2i^)215j und Sophia Palmek-'ö) vor; auch das
mas, Bickfaia, Homs, Ghazir, Zahle Jan vier 1883). Paris (impr. Mouillot
30 pp. 80. (Nach Bibliogr. de France; nicht gesehen.)
209 Jewsat Jobar: Saturday Review, Xr. 1464, Vol. 56, 17. Nov. lSs;<,
p. 62'J— 30.
210) The Syrian Mountains: Saturday Review, Ni'. 1462, Vol. 56, 3. Nov.
1883, p. 560—1.
211, Ducat, Une excursion ä Ghazir: Missions catholiques, anuee 1?,
Nr. 751—3, 26. Oct. 2. 9. Nov. 1883, p. 507—9; 522—4; 537—40, 19 111. —
A travers la Palestine : ibid. Nr. 756 ; 30. Nov., p. 575—6. 1 IU. — Le village
du prophete Jonas: ibid. Nr. 760, 28. Dec, p. 621, 1 111. — (Nach K.'s Lit.
Bl. ; nicht gesehen.)
212; Eduard Sachau, Reise in Syrien und Mesopotamien. Mit 2 Karten
von Professor Heinrich Kiepert, 18 Abbildungen und 22 Lichtdruckbildern.
Leipzig (Brockhaus) 1883. X. 479 pp. S«. — Vgl. Socin in Beil. z. Allg.
Augsb. Z. 1883, Nr. 352; ferner (nach K.,s Lit. Bl.) in Geogr. Mittheilungen
XXIX, 460; Globus 1884 (XLV) p. 29-31; 38—42; 53—6; Saturday Re-
view 17. Nov. 1S83, p. 643; Proc. of the R. Geogr. Soc. Dec. 1883, p. 743;
LCB. 14. Juni 1S84, Sp. 848.
213) H. G. Tomkins, The ancient geography of northern Syria: Proc. of
ihe Soc. of Bibl. Archaeol. 9. Jan. 1883. p. 5S— 62. — (Nach K.'s Lit. Bl. ;
nicht gesehen.,
214; A. W. Jelissejew, An der Küste des rothen Meeres. Aus einer
Reise durch die Wüste von Sinai I — V (russ.,: Wjestnik Ewpopi 1883, Heft 6.
(Nach Kuhn's Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
215, A. Elissejew, Die Bewohner von Arabia-Petraea russisch). Peters-
burg 1883. 80. (Nach Geogr. Millh. ; nicht gesehen.)
216) Sophia M. Palmer, An adventure at Petra : Macmillan's Magazine,
Januar 1883. (Nach Z. d. Ges. f. l'h-dk. ; nicht gesehen.)
261
schon genannte Werk vonKAXDAKOFi''^'") können wir nun biblid-
graphisch etwas genauer anführen. Warren's Expedition, welche
durch die Ermordung Palmehs veranlasst war, hat schliesslich
auch noch wissenschaftliche Resultate''^''') geliefert; die Lebens-
beschreibung Palmeh's^I''), welche am Schlüsse namentlich auf
die Verhältnisse der Beduinen der Sinaihalbinsel Licht wirft, hat
rasch einige Auf lagen erlebt. Die zahlreichen liücher und Artikel,
uelche sich mit der Topographie des Exodus befassen, w-ollcn wir
hier nur kurz aufführen; ihre Verfasser heissen Fibld^^^), Baker
Green 221)^ Thayer222)j Lecointre223) ; Stanley 224)^ Weld225 ,
WHiTEEiousE22fi); auch ein anonym erschienenes l^uch liegt
217) Vgl. ZDPV. VI, p. 178, Nr. 180. N. Kandakoff, Reise nach dem
Sinai im J. 1881 (russ.j. Mit Karte. Odessa 1882. 160 pp. 80. (Nach Geogr.
Mittheil. ; nicht gesehen.)
218) C. Warren, Reconnaissance of Arabia Petraea made by the Palmer
Search Expedition. 1 : 633,600. — Reconnaissances sketch of a portion of
"Wady Sudr, Arabia Petraea. 1 : 63,360. Compiled for the Lord Commis-
sioners of the Admiralty. London 1883. (Nach Geogr. Mitth. ; nicht ges.)
219; Walter Besant, The life and achievements of Edw. Henry Palmer.
London ,Murray) 1883. 420 pp. 8°; 2. ed. ebd. 1883. 424 pp. 8"; 3. ed. ebd.
1883. IX, 430 pp. 80. 1. Port. — New York, Dulton. — (Nach Kuhn's Lit.
Bl. ; nicht gesehen.)
220) On the desert. With a brief review of recent events in Egypt. By
Henry M. Fiele! , D. D. New York (Charles Scribner's Sons) 1883. 330 pp.
120. 1- Kec. in Bibliotheca Sacra 1883, p. 393. Vgb (nach K.'s Lit. Bl.) In-
tern. Revue Mai Juni XIV, p. 442.
221) J. Baker Greene, The hebrew migration from Egypt, a historical ac-
count of the Exodus, based on a critical examination of the hebrew records
and traditions. London (Trübner) 1883. (Vgl. Peterm.'s Mittheil. 1883,
p. 116; nicht. gesehen.)
222) A. W. Thayer, The Hebrews and the Red Sea. With a map. An-
dover (Draper) 18S3. 140 pp. 120. (Nach Friederici; nicht gesehen; vgl.
Bibliotheca sacra April 1883, p. 393.)
223) Lecointre, La campagne de Moi'se pour la sortis de I'Egypte. Avec
preface de l'abbe Moigno, projet d'une entreprise ä la recherche de l'armee
de Pharaon engloutie dans la mer rouge et carte 'de l'isthme de Suez. Paris
(Gauthier Villarsj 1883. XVI, 111 pp. et carte. (Nach LOB. 1883, Sp. 428 ;
nicht gesehen.)
224) A. P. Stanley, Sinai and Palestine in connection with their history.
New ed. with maps and plans. London '(Murray) 1883. 620 pp. 8". — ^Nach
K.'s Lit. Bl.; nicht gesehen.)
225) A. G.Weld, The route of the Exodus : Expositor, Sept. 1883, p. 23
—40. — (Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
226) F. Cope Whitehouse , The route of the Exodus: Exod. XIII. 17—
2(32
vor 227). In den Statements '-^28^ ^„^j andern englischen Blät-
tern 22f»] sclieint die Discussiou über die Exodusfrage geradezu
Mode zu sein. — Neuerdings sind in Folge der englischen Aus-
gralnnigen die Untersuchimgen über die Lage der im alten
Testament genannten Städte Egyptens in Gang gekommen.
Namentlich kämpft Naville230) dafür, dass die von ihm aus-
gegrabenen Euinen Teil el-Mas-chüta für das alte Pithom-
Succoth zu halten seien: Lepsius^si) findet daselbst Ilamses. An
der Erörterung dieser Streitfragen betheiligten sich unter An-
deren 232j PooLE 233) ^ der ausscr gegen Lepsius' Theorie , auch
gegen die immer noch auftauchende jüdisch-arabische Identifi-
cation von Pithom mit Fayum ankämpft.
XIV, 4: The Expositor, December 1883, p. 448—57. — (Nach K.'s Lit. Bl.;
nicht gesehen.)
227) Handbook and wall map ofthe Exodus of the Israelites from Egypt
to Canaan. London Johnston) 1883. — (Nach K.'s Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
228] C. R. Conder; C. Pickering Clark ; F. Gell; C. M. W.; Dunbar J.
Heath, The Exodus; Quart. Statements 1883, p. 79—108. — A. G. Weld,
The route ofthe Exodus: ebd. p. 139—142. — Dunbar J. Heath, The Exo-
dus: ebd. p. 149. — Adam Clarke Smith; John Cyprian Rust; C. Pickering
Clarke, The route ofthe Exodus: ebd. p. 223— 23('i.
229) The route of Exodus : Spectator Dec. 1883. (Nicht gesehen.)
230) Ed. Naville, Pithom and Ilamses: The Academy 6. Oct. 18S3
p. 230.
231) R. Lepsius, Über die Lage von Pithom (Sukkoth) and Raemses
(Heroopolis) ; Zeitschr. f. ägypt. Spr. und Alt., 1883, H. 2, p. 41— j53.
(Nach Kuhn's Lit. Bl. ; nicht gesehen.)
232) L. Dickermann , On the site of Pithom : Amer. Or. Soc. Proc. at
Boston May 1883, p. IV— VL (Nach Kuhn's Lit. Bl. ; nicht gesehen.) —
Whitehouse, Pithom, Fayoum, Moeris : The Academy 17. Juli 1883, p. 34. —
Tomkins: ebd. 22. Sept. p. 198. — C. Monro : ebd. 29. Sept. p. 213. Vgl.
Athenaeum 1883, Nr. 2893, p. 450; Globus 1883, Nr. 17, p. 272. A. H.
Kellogg, The discovery of Pitthom-Succoth and the Exodus route : Presbyt.
Review, Vol. 4, Oct. 1883, Nr. 16, p. 838-845. — Les fouiUcs de Tell-el-
Maskhoutah : Polybiblion, P. litt., T. 38, Aug. 1883, p. 183-4. fAus dem
Journal officiel). — F. Cope Whitehouse , Researches in the Moeris-Basin :
Proceedings of the soc. of Bibl. Archaeol., Nov. 1882— Juni 18^;^, p. 169—171).
— Am besten orientiit über das Problem: Lauth , Zur Exodusfrage: Aus-
land Aug. 1884, p. 607 fg.
233) Stanley Lane-Poole , The discovery of Pithom-Succoth: British
Quart. Review Nr. 155, I.Juli, p. 108-119. (Nach Kuhn's Lit. Bl.; nicht
gesehen., — Vgl. The Academy 21. Juli 1883, p. 52; 22. Spt. 1883, p. 197.
Die röiniscli-katliolisclie Kirche iu Palästina.
Von Karl Schiiabl in Wien •) .
I. Geschichtliche Übersicht bis auf die Gegenwart.
Kein Land der Welt hat für die Christen eine erhabenere
Vergangenheit als Palästina. Darum ist auch das Auge der
Kirche diesem, dem heiligen , Lande fast stets mit einem regen
Blick, sei es der Sehnsucht, sei es der Fürsorge, zugewandt ge-
wesen, lind ihre Geschichte weiss uns von mächtigen Bewegun-
gen zu erzählen , durch die im Mittelalter das Band gerade ZAvi-
schen der abendländischen Christenheit und dem heiligen Lande
fest geknüpft wurde. An Beziehungen zwischen dem christlichen
Orient und dem christlichen Occident hat es freilich in der Kirche
seit den frühesten Zeiten nicht gefehlt. Schon die ersten Perio-
den der katholischen Kirche des heiligen Landes , soAvohl ihre
Urzeit vom Beginne der christlichen Ära bis ins vierte Jahrhun-
dert, als auch ihre Blüthe zeit von Konstantin bis zur Erobe-
rung des Islam im siebenten Jahrhundert, zeigen uns nicht bloss
die Fortschritte des von Osten nach Westen vordringenden Chri-
stenthuras, sondern auch bereits die Anfänge einer entgegenge-
V Obiger Artikel, dessen Verfasser längere Zeit Rector des österrei-
chischen Pilgerhauses in Jerusalem war und gegenwärtig Propstei-Coopera-
tor ander Votivkirche in Wien ist, gehört in die Reihe jener Artikel, die
ȟber den Personal- und Besitzstand der verschiedenen christlichen Konfes-
sionen und wenn möglich auch der jüdischen Gemeinden im heiligen I,ande
Auskunft geben« sollen. Vgl. ZDPV. VI, p, 13 Note. Für den interkonfes-
sionellen Charakter dieser Zeitschrift ist das Interesse an diesen Fragen
lediglich ein historisch -statistisches. Die Redaction.
Ztschv. a. Pal-.Ver. VII. 18
264
setzten, vom Abeudlande nach dem Moigenlande gerichteten Be-
wegung. Ich erinnere nur an die merkwürdige Gestalt des ge-
lehrten Priesters Hieronyraus , an seine Schüler und Schülerin-
nen. Es ist bekannt, wie in der darauf folgenden Periode der
Herrschaft des Islam bis zu den Kreuzzügen die Zahl der
Besucher des heiligen Landes aus dem Occidcnt in fortwährender
Zunahme begriffen ist, wie bereits Kaiser Karl der Grosse und
König Alfred von England grosse Summen zur Erbauung von
Klöstern . Herbergen und Krankenhäusern im heiligen Lande
anwiesen, ja der erstere sogar mit bewaffneter Macht zum Schutze
der Christen gegen die Muslimen einzuschreiten verhiess. Selbst
die Grausamkeiten des fatimidischen Chalifen Hakim schreckten
die Pilger von der beschwerlichen Keise nicht ab . und die auf
seinen Befehl erfolgte Zerstörung der Auferstehungskirche in
Jerusalem, verbunden mit der im Abendlande verbreiteten Furcht
vor dem Hereinbrechen des jüngsten Gerichts . veranlasste im
elften Jahrhundert die ersten grossen gemeinsamen Pilgerzüge
nach Palästina. Ihnen folgte am Ende des elften Jahrhunderts
der erste wirkliche Kreuzzug, mit dem die vierte Periode der
kirchlichen Geschichte des heiligen Landes beginnt, das Zeit-
alter der Kreuzzüge von 1099—1291. Da durch dasselbe
feste rechtliche Beziehungen der abendländischen katholischen
Kirche zu Palästina oder wenigstens zu den heiligen Stätten des
Landes geschaffen werden, so erscheint es angesichts unseres
Thema' s geboten, deren Entstehung und Geschichte bis auf
unsere Zeit etAvas genauer ins Auge zu fassen.
Älit der Eroberung Jerusalems am 15. Juli 1099 und der
daran sich schliessenden Gründung eines abendländischen llei-
ches in Palästina trat für die christlichen Verhältnisse des Lan-
des ein wichtiger Wendepunkt ein. Kurz vor der Frankenan-
kunft, in der grössten Bedrängniss durch die seit 1070 das Land
beherrschenden Seldschuken, war der griechische Patriarch Si-
meon von Jerusalem nach der Insel Cypern geflohen. Später, als
die Franken Herren des Landes w^aren, sandte derselbe Ge-
schenke (Pfauen, seltene Früchte, köstlichen Wein u. dgl.) an
Herzog Gottfried von Bouillon, nach damaliger Sitte zum Zei-
chen seiner Freundschaft und Zusammengehörigkeit. Daraus,
wie auch aus anderen Umständen, geht eine nicht zu gering an-
zuschlagende Thatsache für Beurtheilung der Zeitverhältnisse
265
hervor, dass nämlich, obwohl in Konstantinopel schon seit 1051
(las Schisma ansdrücklich erklärt -vVorden war. doch in der Jerii-
salemer Kirche die Trennung zwischen Rom nnd Konstantino])el
noch nicht als vollzogen angesehen Avurde. Die abendländischen
Eroberer besetzten aber sogleich den Patriarchenstuhl und die
übrigen Tiischofsstühle mit Franken und erklärten alle Kirchen
als fränkisches Eigenthum, wenn sie auch wohl den orienta-
lischen Christen theihveise ein Benützungsrecht der Gotteshäuser
zugestanden. Die Griechen wählten ihrerseits einen neuen Pa-
triarchen Namens Johannes III., nachdem Patriarch Simeon
schon 1099 auf Cypern gestorben war. Aber die gesammte neue
Kirchenordnung und namentlich der Besetzungsmodus der
Bischofsstühle missfielen den orientalischen Christen, so dass der
neue griechische Patriarch bald nach Konstantinopel ging. Ohne
Zweifel hat die Gründung des fränkischen Reiches und fränki-
schen Patriarchates in Jerusalem die beginnende Trennung bei-
der Kirchen nur befördert und zu vielen , seitdem stets wieder-
holten Streitigkeiten zwischen Griechen und Lateinern Anlass
gegeben. Wenn auch die Franken das Recht der Eroberer für
sich hatten, so wird doch diese Neuorganisirung der kirchlichen
Verhältnisse und die Besetzung aller Bischofsstühle mit Franken
nicht als ein besonderes Zeichen der Klugheit gelten können ;
denn sie hatte eine immer sich erweiternde Kluft zwischen der
fränkischen und der orientalischen Kirche zur Folge und ist eine
der üblen Ursachen geworden, w^elche leider das endliche Schei-
tern des wahrhaft grossartigen Unternehmens der Kreuzzüge her-
beiführten.
Unter der Herrschaft der Könige von Jerusalem ward der
Patriarchensprengel bedeutend erweitert. Der Patriarch von Je-
rusalem hatte nach dem Assisenbuch des Gerichtshofes des frän-
kischen Reiches (herausgegeben von Beugnot, Paris 1841) als
Suffragane fünf Erzbischöfe, nämlich in Tyrus, Cäsarea, Naza-
reth, Bostra und Rabbat-Petra, nebst den drei unmittelbar unter-
gebenen Bischöfen von St. Georg zu Lydda, von Bethlehem
und Hebron. Als Suffragane werden ferner sechs Abte und ein
Prior angeführt, nämlich die Augustiner-Äbte vom Berge Sion,
vom Tempel des Herrn auf Moriah und vom Olberg . die Bene-
diktiner-Äbte vom Kloster Maria Latina und Marienkloster im
Josaphatthale , der Prämonstratenser-Abt von St. Samuel und
18»
266
schliesslich der Prior der Chorherren vom heilij?en Grabe. Auch
die drei Äbtissinnen vom Kloster Unserer Frau (Johanniterinnen ,
von St. Anna und St. Lazarus ,beide Benediktinerinnen) sind als
Unter^^ebene bezeichnet. Ausserdem hatte er noch den Erzbi-
schof der Armenier, der sich im Königreiche Jerusalem aufhielt,
ferner den Erzbischof der Jacobiten und den Meister der Aus-
sätzigen von St. Lazarus zu seinen Suffraganen. Die drei grossen
Ritterorden -waren exerapt. Unter dem Erzbischofe von Tyrus
standen die Bischöfe von Beirut, Sidon , Paneas (Cäsarea Phi-
lipp!) tmd Akko; dem Erzbischof von Cäsarea war der Bischof
von Sebaste Samaria untergeben, und zum Erzbisthum Nazareth
gehörte der Bischof von Tiberias nebst dem Benediktiner-Prior
des Klosters auf dem Tabor. Für das Erzbisthum Bostra nennt
das Assisenbuch keine Suifragane, nur bei dem Erzbisthum Rab-
bat-Petra wird der Bischof von Pharan , der sich auf dem Berge
Sinai im Katharinenkloster aufhielt, als Suffragan bezeichnet.
Die zahlreichen Kirchen und Klöster der Kreuzfahrer zeigen uns
deutlich , welche Begeisterung für den l^estand der christlichen
Herrschaft die Franken damals beseelte. Noch heute ist die Zahl
der Ruinen dieser Bauten im heiligen Lande sehr gross und ge-
währt uns einen genauen Einblick in den Baustil und die Bau-
technik jener längst entschwundenen Zeit.
Die lateinischen Patriarchen, welche bis 11S7 ihren Sitz in
Jerusalem hatten, mussten in Folge der Eroberung Jerusalems
diirch Saladin nach Akko übersiedeln , und nach dem Falle Ak-
ko's im Jahre 1291 bestand nur mehr der Titel eines Patriarchen
von Jerusalem, welcher noch zu Anfang des 14. Jahrhunderts
seinen Sitz auf Cypem hatte. Li Jerusalem selbst nahm nach
Vertreibung der Franken im Jahre 1187 der Sultan die Schlüssel
der heiligen Grabeskirche und der übrigen Sanktiiarien an sich,
erhob ein Kopfgeld und entschied über die einzelnen Sanktua-
rien zu Gunsten dieser oder jener Nation. Damit beginnt wieder
eine Periode der muslimischen Herrschaft über Palästina,
während welcher vorerst die syrischen Christen mit ihren weni-
gen Priestern , dann aber die Franziskaner die alleinigen
Wächter der heiligen Stätten waren. Der Unsicherheit und
den Bedrängnissen der Vertreter der römisch-katholischen Kirche
im heiligen Lande , das bis 1517, bis zur Eroberung durch die
Türken unter Selim L. unter der Botmässigkeit der ägyptischen
207
Maraelukensultane stand, wurde erst in diesem Jahrhundert
durch die Erneuerung des lateinischen Patriarchats in Jerusalem
1S48 ein Ende gemacht, und damit für die neueste Entwickelung
der röiuisch-katholischen Kirche in Palästina die Bahn geöffnet.
Doch zunächst muss der Thätigkeit des Franziskaner-
ordens in Palästina vom 13. Jahrhundert an bis auf die Gegen-
wart gedacht Averden, und da diese mit der Frage des Besitzrech-
tes an den heiligen Stätten aufs engste verknüpft ist, so wird
ferner die jetzige Lage derselben passend gleich mit diesem
Abschnitt verbunden Averden.
Schon eher als die abendländischen Könige, Ritter und
Priester ihre letzte Besitzung im heiligen Lande aufgeben muss-
ten. erschien dort die demüthige Gestalt des heiligen Franziskus.
Als dieser Gottesmann seine geistlichen Kinder in das heilige
Land sandte — im Jahre 1219 geschah die erste Niederlassung
des Ordens in Akko — stellte er sie unter den Schutz der gött-
lichen ^'orsehung, damit diese sich derselben nach ihren heiligen
Absichten bediene. Aber er konnte ihrer Obhut nichts anver-
trauen, man hatte ihm eben nichts übergeben. In unermüdlicher
Geduld erlangten die Franziskaner allmählich von dem Wohl-
wollen eines Sultans ein Stückchen l^and am Berge Sion in Jeru-
salem, erbauten dort ein kleines Kloster neben dem Augustiner-
konvent und schlössen sich den Syrern bei dem Dienst am liei-
ligen Grabe an. Papst Gregor IX. bestimmte sie 1230 zu Wäch-
tern der heiligen Stätten, welches Amt sie nach Möglichkeit üb-
ten, indess Sultan Melik es-Saleh Ismä'^il Ibn Melik el-Ädil
ihren Besitz auf Sion im Jahre 1244 bestätigte. Bald brach eine
allgemeine Christen Verfolgung ans. Der Augustiner-Konvent
wurde vertrieben, desgleichen die minderen Brüder. Als aber
wieder ßuhe eintrat, kehrten die Franziskaner allein zurück nnd
nahmen die leer gewordenen Gebäude der Augustiner Chorher-
ren ein. Im Jahre 1333 erwarben sich die Brüder aiifs neue eine
Bestätigung von Seiten des Sultans betreffs ihres Besitzes, und
Robert von Anjou, König von Sicilien und Neapel, und seine
Gemahlin Sancia sollen zur Sicherung dieses Besitzes ungefähr
17 (?) Millionen Goldstücke dem ägyptischen Sultan im Jahre
1342 entrichtet haben. Dann übergab dieser Fürst des Abend-
landes , der auch den Titel eines Königs von Jerusalem führte,
die nun käuflich erworbenen heiligen Stätten dem heiligen Stuhl.
268
tler darauf seinerseits von neuem den Franziskanerorden zum
Wächter der lieiligen Orte bestimmte (Bulle Xuper carissimi
von Papst Clemens VI., Avignon 1342 . In diese Zeit fallt auch
die Kestaurirung der von den Augustinern erbauten Abendmahl-
saalskirche und die Errichtung eines Hospizes und Hospitales.
durch die Mittel der reichen Sophie von Florenz, einer grossen
Wühlthäterin des heiligen Landes.
Als jedoch König Peter 1. Lusignan von Cypern im Jahre
1365 Alexandrien belagerte, -wurden die Franziskaner auf Befehl
des Sultans ins Gefängniss geworfen, weil man sie für ^'erräther
und Spione hielt, und nur durch die energische Intervention der
Republik Venedig, die einen Gesandten nach Kaii'O schickte, au&
demselben befreit. Im Jahre 1489 wurden die Insassen des Jere-
miasklosters . an der Strasse zwischen Jafa und Jerusalem ge-
legen, neun Väter, an einem Tage ermordet. Als Herzog Doria
von Genua gegen die Türken einen siegreichen Seekrieg führte,
mussten die fränkischen Mönche am heiligen Grabe aufs neue
den Zorn des Sultans erfahren. Sie wurden im Davidsthurm zu
Jerusalem internirt und dann nach Damaskus abgeführt. Jetzt
wurden sie durch Franzi., König von Frankreich, befreit, der
zugleich einen Vertrag mit Sultan Soliman schloss, kraft dessen
gegen einen jährlichen Tribut von 14 Beuteln oder 7000 Piastern
die heiligen Stätten und das Recht ihrer Obhut der Krone Frank-
reichs zufallen sollten.
Schon lange hatten die muslimischen Imame und Gläubigen
daran Anstoss genommen , dass hart am Grabe Davids die frän-
kischen Mönche Avohnten und beteten. Sie ergriffen daher jede
Gelegenheit, den Franken den Aufenthalt im Abendmahlskloster
auf Sion zu vergällen und ihren ruhigen Besitz zu stören, bis es
ihnen endlich gelang , die Franziskaner durch die Behörden im
Jahre 1551 aus dem Sionskloster zu vertreiben. Die Mönche
Hessen sich nun innerhalb der Mauern Jerusalems nieder, wo sie
ein georgisches Kloster käuflich an sich brachten, das sie bis auf
den heutigen Tag besitzen, das St. Salvatorkloster.
Im Jahre 1555 restaurirte der Orden die heilige Grabeska-
pelle, 1557 bekam er das im Jahre 1365 verlorene Grabdenkmal
Mariens im Thale Josaphat zurück. Bald jedoch sahen sich die
Franziskaner neuen Schwierigkeiten betreffs der Behütung der
Grabeskirche gegenüber. Die für die Türken unglückliche See-
269
sclilacht bei Lepanto 1571 benutzten die schismatisclien Grie-
chen lind Armenier, um von dem Pascha und dem Kadi von Je-
rusalem Besitzrechte in der heiligen Grabeskirche zu erlangen,
und die Juden wussten sich vom Sultan Ahmed 1607 sogar die
Erlaubniss zur Demolirung des heiligen Grabes zu verschaffen,
die jedoch durch den venetianischen Gesandten in Konstantino-
pel verhindert wurde. Weiter verlangten die Griechen mit den
Armeniern 1611 auch noch das lleiligthum der Kirche zu Jieth-
lehem, die Geburtsgrotte; aber »Sultan Ahmed bestätigte nach
angestellter Untersuchung das JJesitzrecht der Franziskaner , die
man thörichterweise beschuldigt hatte , einen geheimen Gang
von liethlehem nach Jafa gegraben zu haben. Der Hatti-Scherif
Osman's II,, der 1620 dem französischen Gesandten de Harley-
Saucy eingehändigt wurde, erkennt an, dass die Kirche zu Beth-
lehem seit alter Zeit den Abendländern gehöre und dass deren
Besitztitel auf die Geburts statte Christi bis zu den arabischen
Königen zurückdatire , dass jedoch die Armenier und die ande-
ren christlichen Nationen (Griechen und Kopten) mit Zustim-
mung der Mönche in einem Theile der Kirche (nämlich im
Chore, wie schon Avährend der Frankenzeit) eine besondere Stätte
z\i ihren gottesdienstlichen Verrichtungen besässen.
Aus dem eben Gesagten ergiebt sich, dass die Franziskaner
jetzt genöthigt wurden, ihre Aufmerksamkeit gegen andere Geg-
ner als bisher zu richten. Während sie in den ersten Jahrhun-
derten nach den Kreuzzügen die Besitzrechte der römisch-katho-
lischen Kirche gegen die Willkür muslimischer Fürsten und Be-
amten vertheidigen mussten und bis zur Hingabe ihres Lebens
vertheidigt haben, so werden seit dem Ende des 16. Jahrhun-
derts die nicht mit Rom geeinten Griechen, die damals gar keine
Besitztitel aufweisen konnten, sondern nur Benutzungsrechte
hatten, ihre lebhaften Gegner. Sie benutzten die abendländischen
Wirren namentlich während des dreissigj ährigen Krieges und die
türkischen Angriffe gegen Westeuropa , um mit kluger Verwer-
thung der ieweiligen Verhältnisse und Personen die Franziska-
net aus ihren Rechten zu verdrängen. Inzwischen Avar auch der
Schutz der Franziskaner und der römisch-katholischen Reclite
in Palästina von einer anderen Macht in Europa übeniommen
worden. Im Mittelalter hatten die Republiken Venedig und Ge-
nua das Recht der katholischen Angelegenheiten am Mame-
270
lukenhofe zu Kairo vertreten. ^vUlireiid die deutscheu Kaiser sich
nur vorübergeheud \iiu den Rechtshestand der katholischen
Kirche im Orient kümmerten und sich mehr auf das Gebiet des
Ahuosenspendens beschränkten, worin^ sie Avohl Königliches ge-
leistet haben. Seit dem 16. Jahrhundert Mar dagegen Frank-
reich als An-\valt und Beschützer der heiligen Orte aufgetreten
mid Hess es an Verhandlungen darüber mit der Pforte nicht feh-
len. So erneuerte Ludwig XIV. 1673 durch einen Vertrag mit
derselben das Schutzrecht über das heilige Land und erwirkte in
Artikel 33 dieses A'ertrages die Bestätigung aller Besitzungen der
Franziskanermönche in und ausser Jerusalem.
Auch Kaiser Leopold L ergriff bei Schliessung des Karlo-
witzer Friedens im Jahre 1699 die Gelegenheit, in dem Friedens-
instrument den künftigen ruhigen Besitz der heiligen Orte sich
versprechen zu lassen, und der österreichische Gesandte in Kon-
stantinopel erlangte 1700 den Erlass eines Fermans. welcher den
Christen in Palästina die freie Ausübung ihrer Religion und den
Franziskanern ihre Besitzrechte bestätigte.
Trotzdem erneuerten die Griechen ihre ^'ersuche , an Ort
und Stelle , nämlich in Jerusalem und im heiligen Lande, selbst
Thatsachen zu schaffen, durch welche die Bestimmungen dieser
^'ertrage aufgehoben würden. Es half nichts , dass der franzö-
sische Gesandte bei der Pforte die Forderung erhob, es solle der
entzogene Besitz den Lateinern zurückgegeben werden. Seit dem
Jahre 1759 gingen die Griechen immer erfolgreicher vor und
wussten den Grosswesir Eaghib Pascha zu bewegen, dass er ihnen
den weitaus grösseren Theil der Grabeskirche , die Marienkirche
zu Bethlehem und einen der drei Schlüssel zur Geburtsgrutte
zusprach. Zuletzt benutzten sie die sehr günstige Gelegenheit
des Ikandes der Grabeskirche im Jahre ISOS, um durch Besor-
gung des Neubaues alleinige Eigenthümer des Gotteshauses zu
werden ^) .
1) Näheres über die einschlagenden Urkunden und Kechtsfragen bei
Eigen Boue , Question des lieux saints. Doch fehlt es zur Zeit noch an
einer zuverlässigen kritischen Darstellung dieser Verhältnisse. Vgl. ausser-
dem T. TOBLEK in den AVerken : Golgatha, Bethlehem, und Topographie von
Jerusalem I, 331 ff. Seine geschichtlichen Angaben stimmen nicht immer mit
den obigen überein. Anm. d. Kedactionj.
•271
Die bisherige Schutzmacht der römisch-katholischen Inter-
essen im Orient stand diesem Ereigniss gleichgültig gegenüber.
Wiihrend noch der französische Nationalconvent 1793 das
Schutzrecht nicht aufgab, ja einen gewissen Werth daraiif legte,
zog Napoleon I. in geringer Entfernung an Jerusalem vorüber
imd vergass es völlig, die französische Schutzherrschaft durch
seinen Gesandten Sebastiani in Konstantinopel mit dem nöthigen
Nachdruck ausüben zu lassen. Besonders zeigt jedoch der soge-
nannte »verkehrte Kreuzzug« des Jahres 1S40, durch den euro-
päische Mächte den Türken das heilige Land von Ägypten zu-
rückeroberten , wie gering das Interesse der Mächte des Abend-
landes für die Angelegenheiten der römisch-katholischen Kirche
in Palästina geworden war. Damals wäre die beste Gelegenheit
gewesen, die alten Besitzrechte erneuern zu lassen ; aber es ge-
schah nichts.
Längst war auch der Einfluss einer anderen europäischen
Macht auf Palästina mächtig geworden. Im Frieden von Kut-
schuk Kainardsche hatte sich llussland von der Pforte das \ei-
sprechen des Schutzes der christlichen Eeligion und der christ-
lichen Kirchen im heiligen Lande geben lassen, und Alexan-
der I. wurde von Napoleon I. in keiner Weise gehindert, die
russischen Verbindungen mit Palästina enger zu knüpfen. Die
Entstehung des Krimkrieges beweist hinlänglich, Avelchen Werth
Russland seiner Stellung im heiligen Lande beilegte, da ja unter
den Ursachen desselben das Verlangen nach dem Ih'otektorat
über die orientalischen Christen und nach der Auslieferung des
Schlüssels zur Grabeskirche nicht wenig ins Gewicht fiel. Wenn
auch der Pariser Friede 185G das von Russland erstrebte Resul-
tat nicht brachte, so übernahm doch seine Regierung immer
deutlicher die Traditionen der griechischen Kirche. Russlands
Stimme hat einen grossen Einfluss auf die Besetzung des grie-
chischen Patriarchats in Jerusalem , und bei der letzten Restau-
ration der grossen Kuppel über dem heiligen Grabe ISüS und
1869 hat Russland im Vereine mit Frankreich die erforderliche
Verständigung mit der Pforte herbeigeführt, ist als ]')auherr zu-
gelassen worden, tritt seitdem als Besitzer auf und muss in
Rechtsstreitigkeiten gehört werden. Die Plünderung der Ge-
burtsgrotte in Bethlehem 1873 sollte ebenfalls von den Griechen
zur Ausdehnung ihres Besitzes heiliger Stätten in Palästina
272
benutzt werden, aber Frankreich verfocht damals durch semen
Botschafter bei der hohen Pforte, den Grafen Melchior de Vo-
güe. den bekannten Palästinaforscher , die Rechte der Lateiner
Hl einer so energischen Kechtssprache , dass er mit Erfolg den
entgegenstehenden Bestrebungen gegenübertrat. Durch den
Berliner Kongress 1S7S, der sich zwar mit der Frage der hei-
ligen Stätten in Palästina nicht zu beschäftigen hatte, ist gleich-
wohl darüber die Bestimmiuig getroffen w'orden , dass einstwei-
len nichts untersucht und nichts geändert werden , dass alles in
dem jetzigen Status quo verbleiben solle.
Die heilige Grabeskirche oder richtiger nach orientalischer
Ausdrucksweise die Aviferstehungskirche : griechisch »Anastasis«,
in der arabischen Landessprache nketüset el-kijamev.) ist in recht-
licher Beziehung eine Simultankirche ganz eigener Art, wie es
keine zweite in der Christenheit giebt. Der Islam erkennt an,
dass die Kirche ein Eigenthum der gesammten Christenheit ist
^ich erinnere nur an den Ferman des Chalifen Omar), doch be-
ansprucht der Sultan als Landesherr nach türkischer Eechtsan-
schauung den Boden unter der Kirche , sowie die Luft über
derselben , und hat auf Grund dieser Anschauung und gewiss
auch, um von dem Eifer der Christen Nutzen zu ziehen, zu allen
Zeiten einen mehr oder minder schweren Eintrittstribut erhoben.
Seit der vorübergehenden ägyptischen Herrschaft unter Ibrahim
Pascha von 1832 bis 1840 sind die ehemals grossen Abgaben für
die Pilger abgeschaflFt, obwohl die Schlüssel zur Grabeskirche
noch bis zum heutigen Tage in den Händen der Muslimen sind.
Nur die drei Haupteigenthümer der Kirche , die drei privilegir-
ten christlichen Konfessionen in Jerusalem, nämlich die Lateiner
(im Oriente versteht man darunter immer die römisch-katholische
Kirche , die (schismatischen Griechen und die (schismatischen)
Armenier haben das Recht zu verlangen, dass die Pforten der
Kirche sich öffnen. Wer also Einlass in die Kirche begehrt,
rauss die Yermittelung einer der drei Konfessionen nachsuchen,
respektive sich an die Klostervorstände wenden , damit die tiir-
kischen Wächter die Thore öffnen *). Man unterscheidet drei
1) Diese Bestimmung scheint mehr in der Theorie als in der Praxis zu
bestehen. Wenigstens habe ich im Sommer 1881 die Grabeskirche besucht,
ohne auf dieselbe aufmerksam gemacht zu werden. Musste meinetwegen die
273
Arten von Aperturen. Die unbedeutendste, wobei ein Thortiii-
f/el und dieser auch nur zur Hälfte geöffnet Avird , dauert eine
lialbe Stunde und kostet nur einige Piaster. l>ei der mittleren
Apertur wird der eine ThorÜügel ganz , und zwar drei Stunden
lang geöffnet. Die Taxe beträgt schon fünf bis sechs Franken ;
ausserdem pflegen den Wächtern einige Schalen Kaffee gereicht
zu werden. Bei der grossen Apertur, die nur selten bei grossen
Feierlichkeiten stattfindet, werden beide Thorflügel vollständig
und fast für einen halben Tag geöffnet. Bei dieser Gelegenheit
erscheinen die Wächter in Festkleidern. Das Bachschisch be-
läuft sich schon auf wenigstens zwei Goldstücke Xapoleonsd'or).
Während der Winterszeit, bei grossem Pilgerverkehr, ist die
Kirche fast jeden Tag geöffnet, indess zur Sommerszeit oft tage-
lang geschlossen.
Ausser den schon erwähnten drei privilegirten Konfessionen
kommen noch drei unbedeutende in Betracht, nämlich die Kop-
ten, die syrischen Jakobiten, und endlich die Abessinier, welche
sämmtlich Anhänger des Monophysitismus sind. Auch sie haben
gewisse Rechte in der Grabeskirche , so dass sich heute iusge-
sammt sechs christliche Konfessionen in den Besitz der heiligen
Grabeskirche theilen. Man unterscheidet jedoch zwischen ge-
meinsamem Besitz, Einzelbesitz oder ausschliesslichem Besitz-
recht, und Benutzungsrecht zu Kultus Verrichtungen. Mit dem
Besitzrechte ist das Recht der Reparatur dem Grundsatze nach
verbunden ; die Ausübung desselben wird aber bei jenen Thei-
len, auf welche mehrere Konfessionen Anspruch haben oder
auch nur Anspruch machen, nicht selten verhindert. In solchen
Fällen tritt nun die Wichtigkeit der Franziskaner-Kustodie und
des Schutzrechtes des französischen Konsuls , als Vertreters der
französischen Regierung, deutlich hervor. Im Einzelnen gestal-
tet sich die Sache folgendermasscn : Wird in einem gemeinsa-
men Besitzraume, sei es in der heiligen Grabeskirche oder in der
Geburtskirche zu Bethlehem , ein Bild oder eine Tapete schad-
haft, ein Thürschloss unbrauchbar, oder möchte ein Spender eine
Thür besonders geöffnet werden, so wurde ich beim Hinausgehen allerdings
um ein Bachschisch ersucht, das ich auch ohne weiteres zahlte. Die Vormitte-
lung einer der drei oben genannten Konfessionen wurde nicht von mir gefor-
dert; ob vielleicht aus persönlicher Gefälligkeit gegen mich, vermag ich nicht
H. GUTIIE.
274
neue Lampe irgeudwu anbringeii, so dürfen solche an sich gering-
fiigige Ändenmgen oder Neuerungen nur nach gemeinsamem Ein-
vernehmen vorgenommen werden und zwar unter der liedinginig,
dass im wesentlichen die Einrichtung der betreffenden hei-
ligen .Stätte dieselbe bleibt wie früher. Die Änderungen dürfen
nur accidentielle sein und der Status quo ante muss vom franzö-
/ösischen Konsul nach der Besichtigung beglaubigt werden.
^^'ürden n\ni die Franziskaner-Kustoden solche Änderungen un-
beachtet lassen und der französische Konsul seines Schutzamtes
nicht walten, so könnten nach und nach vielleicht die Anrechte
der Lateiner aufs neue geschmälert werden.
Im gemeinsamen Besitz der genannten Konfessionen
sind folgende Theile der heiligen Grabeskirche : das heilige
Grab und die Grabkapelle, der Fussboden der Grabrotunde, die
Kiii)pel über derselben, der Salbungsstein, das Hauptportal, die
Kirchenzisterne, einige Nebenräume und Gänge. Den Grie-
chen gehört ausschliesslich zunächst der schönste und geräu-
migste Theil der Kirche, das Katholiken sammt dem Hagion mit
der zweitgrössten Kuppel darüber, ferner der nördliche und süd-
liche Kreu/arm der Kirche und die daran sich anschliessenden
drei Kapellen ; auf Golgatha die Kreuzigungskapelle und die
Adamskapelle : endlich der grösste Theil der unteren . mittleren
und obersten Kuppelgalerien. Den Lateinern, im speciellen
Sinne gesprochen den Franziskanern gehört ausschliesslich
auf Golgatha die Kreuzannagelungskapelle sammt dem Altare der
schmerzhaften Mutter in der Mitte und der ausserhalb Golaratha
angebauten Marienkapelle, ferner die Magdalenenkapelle , die
Erscheinungskapelle . die zugleich dem Franziskaner-Orden als
Chorkapelle dient und der einzige Ort ist, an dem das allerhei-
ligste Sakrament aufbewahrt Averden kann, ferner die Kreuzauf-
ündungskapelle und ein Theil der Kujjpelgalerien.
Die Armenier besitzen ausschliesslich nur einen Theil der
Kuppelgalerien und einige Nebenräume. Die Kopten, Syrer
und Abessini er besitzen je eine Kapelle. Eine zweite grössere
Kapelle, die architektonisch sehr merkwürdige sog. Helenakirche,
gehört ebenfalls den schwarzen Abessiniern, aber sie haben we-
gen ihrer Armuth gegen täglich gelieferte Viktualien das Be-
nutzungsrecht den Armeniern überlassen. Nur die drei privile-
girten Konfessionen haben das Recht, auch solche Stationen,
275
welche ihnen nicht gehören, in feierlicher Prozession zu besn-
chen und in l'aramenten zu incensiren. Die drei nicht privile-
girten Konfessionen haben dieses Kultus-Heniitzungsrecht nicht,
anch nicht das Recht zu feierlichen l'rozessionen, jedoch ist es
ihnen gestattet, sich an eine andere privilegirte Prozession anzu-
schliessen.
Diese jetzt bestehenden Rechtsverhältnisse in den erwähn-
ten Kirchen von Jerusalem nnd liethlehem sind als Thatsachen
zu betrachten, welche durch Zeit und Umstände herbeigeführt
wurden, und müssen einstweilen als solche berücksichtigt wer-
den. 8ie werden jedoch von den einzelnen Konfessionen gröss-
tentheils nicht als principiell rechtsgiltig anerkannt ; darum giebt
es nicht selten Anlass zum Streit darüber, namentlich zwischen
Griechen und Lateinern, Avobei die ersteren sich darauf zu be-
rufen pflegen, dass sie als Vertreter der orthodoxen Landeskirche
die natürlichen Eigenthümer der christlichen Gotteshäuser seien.
Auch weisen sie auf die türkischen Fermane hin, obwohl sie zu-
geben, dass dieselben jüngeren Datums sind als die den Katholi-
ken (Franziskanern) ausgestellten. Da aber der massgebende Theil
des griechischen Klerus von hellenischer Abkunft ist und nur
der Landklerus zu der eingeborenen Bevölkerung zählt, so ist
auch die Behauptung des Indigenates nicht über allen Wider-
spruch erhaben , zumal da es sich in dieser Beziehung mit den
Gliedern der römisch-katholischen Kirche ähnlich verhält.
Welchen Werth hat es nun für die katholische Kirche, im
Besitze der heiligen Stätten zu sein? Es ist gewiss ein idealer
Werth für den Christen, wenn jene Orte, die in mittelbarer oder
unmittelbarer Beziehung zu dem Welterlöser, seiner jungfräu-
lichen Mutter und den heihgen Aposteln standen, auf eine des
Christen thums würdige Weise verehrt Averden. Ferner war die
katholische Kirche einst allein im Besitze dieser Stätten und der
darüber sich erhebenden Gotteshäuser, und dieses historische,
freilich oft beschränkte, aber auch Avieder bestätigte Recht kann
sie nicht fahren lassen. Endlich liat der Besitz der heiligen Orte
auch einen besonderen praktischen Werth. Denn diejenige
Kirche, die in ihrem Besitze ist, bekommt in den Augen des
Volkes — Volk hier im weitesten Sinne des Wortes verstanden —
allgemeines Ansehen und erbringt dadurch zum Theil den Be-
weis der geschichtlichen Continuität mit der christlichen Vrzeit.
276
Diese drei Gründe bewirken, dass man auf die Kustodie , d. i.
auf die Wacht an den heiligen Stätten. Werth legt und legen
wird. Die Erlangung alles einstigen Besitzes der katholischen
Kirche freilich muss jedem näheren Kenner orientalischer Ange-
legenheiten, speciell dieser verwickelten Frage in Betreff der hei-
ligen Stätten, als unmöglich erscheinen.
II. Die gegenwärtigen Verhältnisse und
Institutionen.
Seit der Vertreibung der Kreuzfahrer aus Palästina und der
unbeschränkten Wiederherstellung der Herrschaft des Islam
konnte von einer Entfaltung der katholischen Missionsthätigkeit
Jahrliunderte laug keine Hede sein. Nur der ehrwürdige Orden
des heiligen Franziskus übte innerhalb der ihm angewiesenen
engen Grenzen unentwegt die Kustodie an den heiligen Stätten
und bei den verhältnissmässig sehr wenig eingebornen Katho-
liken die pfarrlichc und seelsorgliche Thätigkeit. Es gab wäh-
rend jener Zeit drei grössere katholische Gemeinden, nämlich
Jerusalem, l^ethlehem und Nazareth, und vier kleinere : Jafa am
Meere, Kamle. St. Johann und Akko. Da sich nun im 19. Jahr-
hundert die politischen und socialen Verhältnisse in Palästina
wesentlich zum Bessern wandten, so wurde der langgehegte und
ersehnte Winisch des heiligen Stuhles in Ausführung gebracht,
das seit den Kreuzzügen unterdrückte lateinische Patriarchat in
Jerusalem wieder zu errichten. Nachdem der päpstliche Prälat von
Agosto Foscolo auf die Titular-Patriarchalwürde Verzicht gelei-
stet hatte, ernannte Pius IX. in dem geheimen Consistorium vom
4. October 1S47 den Weltpriester Joseph ^ alerga aus Genua,
welcher sich viele Verdienste als Missionär in Syrien, Mesopota-
mien und Persien erworben hatte, zum wirklichen Patriarchen
von Jerusalem. Im Januar des Jahres 1848 zog der neue Pa-
triarch in die heilige Stadt ein , und damit hat die katholische
Missionsthätigkeit in Palästina ihre neueste Entwickelung begon-
nen. Ihre Ilauptzweige sind folgende : 1) die Kustodie der
heiligen Stätten. Sie erstreckt sich auf Erhaltung der Kir-
chengebäude über den heiligen Stätten , auf die Feier des Got-
tesdienstes, die Ikschützung der Gotteshäuser vor Verunehrung
277
und Rechtsverletzung; 2) die Hospitalität: geistige und
materielle Sorge für die Reisenden und Pilger, zumal der ärme-
ren Klassen; 3) die katholische Mission im eigentlichen
Sinne des Wortes , soAvohl die kirchliche organische Seelsorge
unter den eingebornen Katholiken, als auch die Verbreitung des
Christenthums unter den Andersgläubigen. Für diese Mission
sind im Stande zu halten: Pfarrkirchen, Wohnungen für den
Klerus (Patriarchalgebäude, Klöster. Missionshäuser). Seminare,
Schulen, Waisenhäuser, Armenhäuser und Spitäler.
Die Faktoren, welche dermalen im Dienste der katholischen
Kirche in Palästina arbeiten, sind folgende:
A. Der Weltklerus, an dessen Spitze der Pa-
triarch der Diöcese Pal ästina-Cypern. Die Diöcese er-
streckt sich auf das eigentliche heilige Land, nämlich auf das
einstige Judäa, Samaria, Galiläa und Peräa, und hat als Appen-
dix die Insel Cypern, AA'elche aber nur drei katholische Gemein-
den, Larnaca, Limasol und Nicosia, zählt, unter denen der Fran-
ziskaner-Orden die Seelsorge ausübt und nur ein Weltpriester als
Patriarchal-Vicar mit dem Sitz in Larnaca anwesend ist. Mehr
als vier Fünftel der heutigen halben Million l^ewohner Palästi-
na's bekennen sich zum Islam, so dass sich nur ungefähr 80 000
Seelen auf Juden und Christen der verschiedenen Confessionen
vertheilen. Man rechnet 25 000 Juden, davon die Hälfte in der
Stadt Jerusalem; 34 000 nicht unirte (schismatische Griechen;
1000 Armenier; 2000 Angehörige der verschiedenen protestan-
tischen Konfessionen und altorientalischen Sekten (Kopten, Ja-
kobiten und Abessinier) ; 18 000 Katholiken, davon 12 000 latei-
nischen und 6000 griechischen Ritus i).
Was die nationale Abstammung der Katholiken der Diöcese
Jerusalem betrifft, so sind sie theils Nachkommen der alten Sy-
rer, theils Abkömmlinge der Kreuzfahrer, die durch vereinzelte
Einwanderung aus Europa vermehrt wurden. Die einzelnen In-
stitutionen des Weltklerus sind nun :
1) Die Konkathedralkirche zum heiligsten Na-
1) Im angrenzenden Syrien ist die Anzahl der Katholiken eine ungleich
grössere, da allein die ganze katholische Nation der Maroniten 200 000 Seelen
zählt und dazu noch die griechisch -melkitische katholische Bevölkerung
kommt, die sehr bedeutend ist.
278
men Jesu^'. Ein dreischiffig gothischer Bau mit -wertlivollem
Hochaltar, der ein Geschenk Sr. Majestät des Kaisers Franz Jo-
sephs I. ist 2).
2) Das Patriarchalgebände neben der Kirche. Der
dermalige Patriarch Monsignore Yincenzo Eracco , geb. 1835 zu
Torazzo. Diöcese Albenga in Sardinien, hat seit 1*73 den Pa-
triarchenstuhl inne. An der Seite des Patriarchen sind acht
Domherren thätig, theils zum Dienst an der Kirche, theils in der
Diücesan- Verwaltung, theils als Professoren im Klerikal-Semi-
nar. Den Kanonikern ist bis jetzt noch keine fixe Präbende zu-
gewiesen, sie leben mit dem Patriarchen gemeinsam von den frei-
Avilligen Gaben der Missionsvereine in Europa.
3) Das Klerikal-Seminar. Die Zahl der Zöglinge be-
trägt durchschnittlich 24 unter sechs Professoren. Die Zöglinge
werden mit 1 1 Jahren aufgenommen. Es wird ihnen daher der
niedere humanistische vmd der höhere -philosophisch-theologi-
sche Unten-icht zu tlieil. Zur Winterszeit befinden 'sich die Se-
minaristen zu Jerusalem, im Sommer im Pfarrhofe des Dorfes
lietdschäla bei Jerusalem , Avelches Gebäude auch dem Patriar-
chen als Sommerresidenz dient.
4; ]M|issionspfarren. Ihre Zahl beträgt 20; davonkom-
men auf Judäa: Ketdschäla, Betsahür, Ramallah, et-Taijibe,
KafrMälik, 'Ain 'Arik, Dschifna, Bir ez-zet, Gaza; auf Samaria:
Näbulus (Sichem) , Räfidije , Zabäbde ; auf Galiläa : er-Rene,
Jäfa, Schefa-'Amr; aufPeräa: es-Salt, EfFeis, Ermemin. Me-
deba, Kerak. Ausserdem ist ein Weltpriester in Akko als Patri-
archalvikar angestellt, um die Interessen der katholischen Bevöl-
kerung bei der türkischen Regierung zu vertreten, und ein eigener
Kaplan im Frauenkloster zu Nazareth. An 14 Missionsstationen
sind Knabenschulen, an 1 1 Stationen Mädchenschulen errichtet.
Zu Xabulus und Ramallah ist mit der Pfarre ein kleines Pilger-
hospiz verbunden.
1, Die eigentliche Kathedralkirche ist der Grabesdom, welcher als einst-
weilige Simultankirche nicht immer für den Patriarchen zugänglich ist.
2; Im Grabesdom wird an drei Tagen des Jahres, Gründonnerstag, Oster-
fest und Frohnleichnam ein sehr kostbarer silberner Altar vor dem heiligen
Grabe errichtet zur Celebrirung des Hochamtes ; auch dieser Altar ist ein Ge-
schenk der erlauchten habsburgischen Dynastie, nämlich Karl's VI.
279
5) Das Waisenhaus zu Bethlehem, gegründet 1S64
vom Kanonikus Antonio JJelloni, mit 100 internen Zöglingen.
Die Elementarschule wird auch von 160 Externen hesucht.
Ausser dem Schulunterricht werden die Zöglinge auch in ver-
schiedenen Handwerken ausgebildet. In der Abendschule befin-
den sich 30; desgleichen auch 30 Jünglinge in dem sonntäglich
sich versammelnden Jünglingsvereine. Lehrkräfte: Direktor Ka-
nonikus A. Belloni mit fünf Priestern und mehreren Laienbrü-
dern von der St. Josephs-Kongregation als Werkmeistern und vier
Klosterfrauen von der St. Josephs-Kongregation zur Besorgung
des Hauswesens.
6) Ackerbaukolonie und Ackerbauschule zu Bet-
Dschimäl, ebenfalls vom Kanonikus Belloni gegründet, als Er-
gänzung des vorhergenannten Institutes. Das Kolonialgebiet,
das theils von einigen katholischen Familien, theils von den
50 Zöglingen der Anstalt bebaut wird, beträgt 12 Kilometer im
Umfange oder 900 Hektar Fläche, welcher Grundkomplex um
eine ganz unbedeutende Summe von den arabischen Fellachen
(Bauern) erstanden wurde. Es sind aber erst etwas über 200
Hektar kultivirt, davon 157 Hektar Getreidefeld, 30 Hektar Oli-
venpflanzung, 7 Hektar verschiedene Fruchtbäume, 3 Hektar
Gemüsegarten , 1 Hektar Weingarten. Mit jedem Jahre werden
die Kulturen erweitert. Direktionspersonal der Kolonie und
Schule sind zwei Weltpriester, mehrere Laienbrüder . fünf Öko-
nomen und vier Laienschwestern.
Der Personal-Status des gesammten Diöcesan-Weltklerus
lautet also auf 46 Priester; davon sind 24 Europäer, 22 Einge-
borne.
B. DerFranziskanerorden. Die Franziskaner-Ordens-
provinz unter dem Titel »Kustodie des heiligen Landesa erstreckt
sich auf Palästina, Cypern, Lnterägypten, Syrien und Südar-
menien. In dieser grossen Ordenspro\inz besitzt der Orden 43
Häuser mit den zugehörenden Kirchen und Kapellen und zählt
350 Mitglieder (Priester und Laienbrüder). Auf das heihge Land
im eigentlichen Sinne kommen aber nur 1 1 Häuser mit Kirchen
und Kapellen und der entsprechenden Mitgliederanzahl.
Au folgenden Orten üben die Patres Franziskaner die Ku-
stodie heiliger Stätten: 1. zu Jerusalem: a) am heiUgen Grabe
selbst nur participirend mit den akatholischen Konfessionen;
Ztschr. d. Pal.-Ver. VII. 19
2S0
b) selbstständig aber sind sie im Besitze von fünf Kapellen in der
Grabeskirche . inid zwar der Golgatha-, Mater dolorosa-, Mag-
dalena-. Maria-Erscheinimgs- und Kreuzauffindnngs-Kapelle i) ;
c) in der Agoniegrottenkapelle, seit 1392 im ausschliesslichen
Besitze des Franziskanerordens mit dem Garten Gethsemane
(MarmoiTelief von Torricelli, dem' Lehrer Canova's) ; d) in der
Geisselungskapelle, erbaut von Herzog Maximilian von Baiern
183S. 2) Zu Bethlehem: a) in der Geburtsgrottenkapelle selbst
nur participirend mit den akatholischen Konfessionen ; b) die
daran sich schliessenden Höhlenkapellen mit den Joseph-, Paula-,
Eustochium-, Hieronymus-, unschuldigen Kinder-Altären sind im
ausschliessHchen Besitze der Franziskaner ; c) in der sogenann-
ten Milchgrottenkapelle. 3 Zu St. Johann f Ain Kärim) : a) in
der Geburtskirche des heiligen Johannes des Täufers ; b) in
der Maria-Heimsuchungskapelle. 4) Zu Emmaus (el-Kubebe) in
der Abendmahlskirche, erbaut von der Marquise Nicolay aus
Paris 7 1S68. 5; Zu Jafa am Meere in der Peterskirche. 6) Zu
Ramie in der Josephs- und Nicodemuskirche. 7) Zu Nazareth:
a) in der Verkündigungskirche und b) in zwei Kapellen : Mensa
Christi und Werkstätte St. Josephs ; c) in der Marienkapelle am
Berge des Schreckens; dj in der Jakobskapelle zu Jafa bei Naza-
reth. 8) Auf dem Tabor in der Verklärungskapelle. 9) Zu Tibe-
rias in der Peterskirche, im Jahre 1846 restaurirt. 10) Restaurirt
Avurden in jüngster Zeit die Kapellen zu Kafr Kenna, zu Nain
und die Annakapelle zu Sepphoris. 11) In 'Akka ; dieser Ort, in
der Bibel nur selten erwähnt, hat für den Orden als erste Nie-
derlassung (1219) im heiligen Lande Wichtigkeit.
Nur an vier Orten, nämlich zu Jerusalem 1) das Salvator-
kloster und 2) das heil. Grabkloster, zu Bethlehem, St. Johann
und Nazareth besitzt der Orden eigentliche Klöster, an den
übrigen nur kleine Residenzen von zwei oder drei Vätern und
zwei Laienbrüdern. Mit acht Ordenskirchen ist zugleich die
pfarrliche Seelsorge verbunden, nämlich mit der Kloster-
kirche St. Salvator zu Jerusalem (Neubau durch die Munificenz
Sr. Majestät des Kaisers von Österreich Franz Joseph I. ermög-
licht), zu Bethlehem, der Neubau ebenfalls hauptsächlich durch
1] Hier Marmoraltar mit eherner Statue der Kaiserin Helena, gewidmet
vom österr. Erzherzog Ferdinand Maximilian 1855.
281
die Gabe des österreichischen Kaisers möglich gemacht — liier
die grösste katholische Pfarre in Palästina mit 3400 Seelen — /n
St. Johann, zu Jafa, Ramie, Nazareth, "^Akka und Kafr Kenna.
Mit diesen Pfarren ist eine ausgedehnte Armenpflege verbunden
und an allen Ordensniederlassungen Avird Hospitalität für die
abendländischen Pilger geübt. An vier Orten werden die Volks-
schulen von Ordensmitgliedern selbst geleitet oder wenigstens
durch Zuschüsse unterstützt. Für Heranbildung auch eines ein-
heimischen Ordensklerus besitzt der Orden eine niedere und
höhere Ordenslehranstalt. Im Salvatorkloster zu Jerusalem, wo
die verschiedenen Handwerke von Laienbrüdem zum Nutzen
des Ordens geübt werden, und auch eine Buchdruckerei ein-
gerichtet ist , wird auch Eingebomen Arbeit und Erwerb ver-
schafft.
Wenn von der kirchlichen Behörde die Erlaubniss gegeben
wird , eine Kirche oder eine Kapelle an einem Orte zu erbauen,
der seit langer Zeit als Stätte einer Begebenheit aus der heiligen
Geschichte genannt wird, so genehmigt die Kirche zunächst nur
den religiösen Cultus des göttlichen Heilandes, an den der gläu-
bige Christ durch das mit diesem Orte verknüpfte Ereigniss er-
innert wird. Die historische Authentie der Stätte hängt von
der mehr oder minder starken Beweiskraft der archäologisch-to-
pographischen und historisch-traditionellen Argumente ab. Wenn
an mehreren Cultusstätten Gedenktafeln angebracht sind mit den
Worten »hie«, d. i. hier, und »hoc loco«, d. i. an diesem Orte, so
soll dadurch nicht der Ort des betreffenden Ereignisses mit ma-
thematischer Genauigkeit angegeben , sondern es soll gewisser-
massen die Aufmerksamkeit des Besuchers auf das Ereigniss
gelenkt werden, zu dessen Gedächtniss das Kirchengebäude
errichtet worden ist.
C. Der Karmeliterorden. Auf dem westlichen, steil
ins Meer sich senkenden Gipfel des Karmel ist die Stätte des
ältesten Karmelklosters der Welt, der Wiege des Ordens. Oft-
mals im Laufe der Jahrhunderte zerstört , stammt das heutige
imposante Gebäude aus den Jahren 1S27 — 1830, in denen es
durch die unermüdliche Thätigkeit des Bruders Giovanni Bat-
tista da Frascati von Grund aus restaurirt wurde. In der schö-
nen, freundlichen Kuppelkirche, die von den Klostermauem ur
schlössen ist, befindet sich die Grotte des Propheten Elias
19*
und
•282
der Madonnenaltar, eine der ersten marianischen Kultusstiitten
in der christlichen Welt. ^Ungefähr 20 Ordensmitglieder verrich-
ten den Dienst in der Kirche und üben in den freundlichen Klo-
sterriiumen, von denen ein Theil zu Fremdenzimmern hergerich-
tet ist, die altbewährte Hospitalität. Am Fusse des Berges in der
Hafenstadt Haifa ist dem Orden die pfarrliche Seelsorge über-
tragen. In jüngster Zeit wurde zwei Stunden weit vom Kloster
am östlichen Gebirgsabhange über der Stelle des einstigen Opfer-
altares des Propheten Elias eine Kapelle errichtet, damit von
nun an dort das Opfer des neuen Testamentes gefeiert werde.
D, Die Institute des hochwürdigen P. Alphons
Maria Ratisbonne. Alphons Maria Ratisbonne, geboren den
1. Mai 1814 zu Strassburg, entstammte einer sehr angesehenen
jüdischen Familie, w^urde im Jahre 1842 zu Rom getauft imd
empfing im Jahre 1847 in Frankreich die heilige Priesterweihe.
Im Jahre 1843 schon gründete er mit seinem älteren Bruder
Theodor, welcher nach absolvirten Rechtsstudien sich der Theo-
logie zuwandte, im Jahre 1830 getauft, später auch zum Priester
geweiht Avurde und 1884 starb, eine Frauen-Congregation unter
dem Namen »Congregation des Soeurs de Xotre Dame de Sion«
zur Bekehrung der Juden. Diese neue Kongregation, welche
bald vom I'apste Pius IX. die kanonische Bestätigung erhielt imd
jetzt 14 Häuser zählt, wurde im Jahre 1856 nach Jerusalem ver-
setzt. Nachdem die Nonnen einige Jahre ein gemiethetes Haus
bewohnt hatten . wurde der Eccehorao-Bogen käuflich von den
Muslimen erworben Tund nebenan in den Jahren 1863 — 1868
Kirche und Kloster in grossartigem Style errichtet. Ein Theil
dieses dreigUedrigen Bogens wurde in das neue Kirchengebäude
mit einbezogen und bildet jetzt den Hochaltar. Im Eccehomo-
Kloster befinden sich 25 Nonnen, deren Zeit sich in Sühngebet
und Arbeit theilt. Die letztere umfasst Erziehung der weiblichen
Jugend und Pflege der Armen , besonders durch A'erabreichung
von Medikamenten. Im Internate mit ganz unentgeltlicher Ver-
pflegung sind 86 katholische Zöglinge, im Externate 100 aus
muslimischen, jüdischen und griechischen (nicht unirten) Fami-
lien . Unterricht in allen Elementargegenständen und besonders
m weiblichen Handarbeiten. Unterrichtssprache ist theils die
arabische, theils die französische; im Mädchenexternate besteht |
auch eine deutsche Klasse.
283
p]iu zAveites Fraiienkloster der Sionsnonnen besteht in St.
Johann 7 zwei Stunden Avestlicli von Jerusalem. Den nächsten
Anlass zu dieser Niederlassung gaben die C^hristenmassacres in
Syrien im Jahre 1860, durch die viele syrische katholische Kin-
der Waisen wurden. Da der Kaum im Eccehomo-Kloster zu
ihrer Aufnahme nicht ausreichte, baute man neue Häuser in St.
Johann, die durch ihre Lage in frischer Luft und im Grünen
auch als Sanatorium für kranke und der Erholung bedüftige
Nonnen und Zöglinge dienen. Die permanente Zahl der Nonnen
in diesem Kloster ist 10, die der internen Zöglinge 50, der ex-
ternen 25. — Mit diesen zwei Klöstern ist auch der Verein für
christliche Jungfrauen und Mütter , die allsonntäglich ihre reli-
giösen Versammlungen haben, verbunden.
Die dritte Gründung des P. Alphons M. Ratisbonne ist die
Knabenerziehungs- und Unterrichts-Anstalt St. Peter bei Jeru-
salem. Lokaldirektor ist ein Luxemburger Weltpriester, Don
Zephyrinus Biever, an seiner Seite stehen noch zwei Priester
und acht Lehrer. Die Zahl der in die junge Anstalt Aufgenom-
menen beträgt 40 interne imd mehrere externe Zöglinge. Nebst
dem Elementarunterrichte wird ihnen von mehreren Werkmei-
stern Anleitung zu einem Handwerke gegeben. Das Kloster in
St. Johann hat bereits ausgedehnten Grundbesitz, bestehend in
Olivenpflanzungen, Wein- und Gemüsegärten, die unter Leitung
zweier tüchtiger europäischer Ökonomen von mehreren Einge-
bomen, für welche diese Arbeit als Bodenkulturschule dient, be-
arbeitet werden. Desgleichen besitzt P. Ratisbonne am Olberge
bei Jerusalem ein grösseres, zum Theil bebautes Grundstück.
E. Die Brüder der christlichen Schulen. Diese
hochverdienten Schulmänner wurden erst im Jahre 1S77 nach
Palästina berufen und wirken jetzt in Jerusalem (200 Schüler
verschiedener Konfessionen , Jafa, Haifa (und demnächst auch
in Nazareth) sehr vortheilhaft zur Hebung des allgemeinen
Volksunterrichts .
F. Frauencongregationen zur Erziehung der
weiblichen Jugend, zur Krankenpflege und zum
betrachtenden Gebet. 1) Die Schwestern von der Erschei-
nung des heiligen Joseph (Mutterhaus in Marseille, gegründet
1820) besitzen im heiligen Lande sechs Häuser, nämhch zu Je-
284
nisalem. Bethlehem. Jafa. Kanile. Ramallah und JJet-Dschäla. er-
theilen allgemeinen Volksunterricht und haben auch einige
Zöglinge in vollständiger Verpflegung. In Jerusalem und Jafa ist
dieser C'ongregation die Krankenpflege in den Spitälern über-
geben.
2) Die Frauen von Nazareth, gegründet im Jahre 1S22 zu
Lyon . besitzen im heiligen Lande vier Häuser, nämlich zu Na-
zareth . Schefä-Amr, Haifa und ''Akka. Ihr Hauptkloster ist
jedoch zu Beirut in Syrien. Ausser dem Schulunterrichte leiten
sie auch marianische Jungfrauen- und Mütter-Congregationen.
3) Die Genossenschaft der Schwestern vom Rosenkranz,
von Kanonikus Joseph Tannus in Jerusalem gegründet. Ein re-
ligiöser A'erein. welcher gemeinschaftliches Leben führt zum
Zwecke geordneter Arbeit. Diese neue Gründung zählt bereits
15 Mitglieder.
4j Karmeliterinnenklöster: a) das Paternosterkloster am Öl-
berge bei Jemsalem. Im Jahre 1868 kaufte die Fürstin Aureha
Latour d'Auvergne, Herzogin von Bouillon, ein grosses Grund-
stück am ülberge, das jenen Ort einschliesst, wo nach der christ-
lichen Überlieferung der Herr seine Jünger das Vater Unser
lehrte. Es wurde eine Kirche mittlerer Grösse erbaut mit einem
prächtigen gothischen Kreuzgange als Vorhalle, an dessen Wän-
den auf emaillirten Thontafeln das Vater Unser in 32 Sprachen
geschrieben steht. Rückwärts an die Kirche schliesst sich das
Karmeliterinuenkloster, dessen Bau im Jahre 1875 begonnen und
1879 vollendet wurde. Die Paternosterkirche ist durch Schen-
kung von Seiten der Gründerin in den Besitz Frankreichs ge-
kommen; das Kloster hingegen ist Eigenthum des Ordens. Zum
Kirchendienst ist ein eigener Kaplan mit separatem Wohnhause
angestellt. Im Umkreise dieser christlichen Besitzung ist auch
die jetzt neu hergestellte unterirdische ('redokapelle. Dieses
Karmelkloster ist der Mittelpunkt einer in Frankreich und Bel-
gien sehr verbreiteten Gebetskongregation des »immerwährenden
Paternoster«, b) Das zweite Karmelkloster befindet sich zu Beth-
lehem und wurde von Fräulein Bertha de St. Criq-Dartigaux aus
Südfrankreich im Jahre 1877 gegründet. Den Gottesdienst an
der Klosterkirche versieht die Priesterkongregation du Sacr6
C^oeur von Bethharram in Frankreich, welche neben dem Kar-
285
melkloster ihr erstes Haus im heilif^en Lande errichtet hat. c) Ein
drittes Karmelkloster soll noch in Nazareth gegründet werden.
Das oben genannte Fräulein hat auch die Davidsgrotte zu
Bethlehem und die Ruinen der altchristlichen Kirche zu 'Amwäs
(Nikopolis) an der Strasse nach Jafa käuflich an sich gebracht
und gedenkt dieselbe stylgemäss restauriren zu lassen.
5) Als kleinere Privat-Erziehungsanstalten für die weibliche
Jugend -wären noch anzuführen : a) die deutsche Schule und Er-
ziehungsanstalt des Fräulein Theresia Saxe aus Westphalen mit
80 Zöglingen und b) die Kleinkinderbewahranstalt der Madame
Colomb aus Frankreich für 20 Kinder, beide in Jerusalem.
G. Der Dominikanerorden. Derselbe hat durch Ver-
mittlung des P. Matthäus Lecomte die jüngst aufgefundenen
Ruinen der Stephanskirche zu Jerusalem käuflich erworben,
wird sie stylentsprechend restauriren und nebenan seine erste
Niederlassung im heiligen Lande gründen i) .
H. Institute zur Krankenpflege. 1) Das St. Lud-
wigsspital mit 40 Betten in Jerusalem, neu erbaut vom französi-
schen Grafen Piellat, wird von der französischen Regierung mit
einem Jahresbeiträge von 12 000 Frank unterstützt.
2) Das Spital zu Jafa mit 30 Betten, von einem katholischen
Kaufmanne in Lyon erbaut. Die Krankenpflege ist den St. Jo-
sephs-Schwestern anvertraut. An beiden Spitälern sind europäi-
sche Arzte angestellt.
3) Der Franziskanerorden beauftragt seine zwei Kloster-
ärzte (Laienbrüder) in Jerusalem imd Jafa, die kranken Armen
zu besuchen, und theilt aus seiner Apotheke die Medikamente
den Dürftigen aus.
4) In den zwei Klöstern der Zionsnonnen (Notre Dame de
Sion) werden täglich an ambulante Kranke ohne Unterschied der
Nation und Religion Arzneien vertheilt.
5) Die barmherzigen Brüder haben im Jahre 1882 in Naza-
reth ein Spital eröffnet.
6) Der Johanniter-Ritterordcn , welcher zu Tantur an der
Strasse von Jerusalem nach Bethlehem ein grosses Grundstück
1) Über diese Stätte und ihre Geschichte liegt ein Aufsatz des Herrn AD.
Frei der Redaction vor, der in der nächsten Zeit veröffentlicht werden soll.
Anm. d. Ited.
286
mit Kulturen besitzt, errichtete im Jahre lS7ü ein Krankenhaus,
Avelches besonders für den Nutzen der Landbevölkerung berech-
net ist. An der dortigen Kapelle, die dem heiligen Johanne»
dem Täufer geweiht, ist ein eigener Kapellan angestellt, welchem
nebst dem Gottesdienste die Aufsicht über dag Spital anver-
traut ist.
J. Die Katholiken der orientalischen Riten und
ihre Anstalten, l) Die katholischen Armenier sind im hei-
ligen Lande nur durch wenige Familien vertreten und besitzen
an der vierten Leidensstation «Die heilige Maria begegnet ihrem
göttlichen Sohneu eine Kapelle. Schon zur Zeit der Kreuzzüge
bestand hier eine Marienkapelle ^Madonna dello Spasmo, Ohn-
machtsmarienkirche), welche im Laufe der Zeit theils zerstört,
theils verfallen ist. Diese Ruinen nun erwarben vor mehreren
Jahren die Armenier und gestalteten sie in eine ansehnliche
Kapelle um. Ein armenischer Priester, welcher im lateinischen
Patriarchate wohnt, versieht den Gottesdienst. — Maroniten aus
Syrien leben nur vereinzelt in Palästina.
2) Die katholischen Griechen in Palästina, welche an Zahl
ungefähr 4000 sein mögen, stehen unter der Jurisdiction des
griechischen Bischofs in Akka. , welcher dem griechisch-melki-
tischen Patriarchen von Antiochien , der seine Residenz in Da-
mascus hat. untergeordnet ist. Melkiten, d. i. die kaiserlich (kö-
niglich) Gesinnten, heissen die katholischen Griechen im Orient
seit den Zeiten des Concils zu Chalcedon (451) bis auf heute,
weil sie das Edikt des Kaisers Marcian zu Gunsten dieses Con-
cils unbedingt angenommen haben , im Gegensatze zu den Mo-
nophysiten, den Gegnern des Concils. Die Melkiten, deren Zahl
sich auf 80,000 belaufen mag, vertheilen sich auf folgende Kir-
chensprengel: das Patriarchat Antiochia, das Erzbisthum Da-
mascus, dessen Administrator jedesmal der Patriarch von Antio-
chia ist, die Erzbisthümer Tyrus und Aleppo, die Bisthüraer
Sidon, Beirut, Tripolis, 'Akka, Heliopolis, Höms, Zachle und
Bosra. Die katholischen Griechen besitzen im heiligen Lande
1) in Galiläa drei Pfarren : 'Akka, Xazareth undTiberias; ausser-
dem leben in mehreren Gemeinden zerstreut einzelne Griechen.
2) In Jerusalem: a) eine Pfarrkirche mit zwei Priestern; b) die
A'eronikakapelle an der sechsten Leidensstation, kürzlich erst
restaurirt.
287
Diese Katholiken sind ihrer Nation nach iSyrer; Griechen
werden sie nur genannt -wegen ihres griechiscli-chrysostomi-
schen llitus mit theils griechischer, theils arabischer Hturgischer
Sprache. Obwohl Nation nnd Iveligion im Orient sehr enge ver-
bunden sind, müssen doch Nation, kirchliche Hierarchie, Ritus,
litm-gische Sprache genau unterschieden werden, wenn die der-
maligen Völkergruppen charakterisirt werden sollen. So heisst
in ganz Palästina und Syrien der orthodoxe (von Kom getrennte)
Grieche merkwürdigerweise Rümani oderRümi, d. i. »Römer«.
Diese Bezeichnung kommt daher, dass der Grieche in Konstan-
tinopel, welches einst Neurom hiess , sein hierarchisches Ober-
haupt in dem ökumenischen Patriarchen am Phanar hat. J)ie
griechische Nation ist in Palästina schwach vertreten : nur hie
und da wird man einen »Jünäni«, d. i. einen Jonier, entdecken.
Obwohl die Melkiten Syrer sind, nennen sie sich nicht so; son-
dern nur jene Volksgruppe, w^elche das Syrische als liturgische
Sprache besitzt und römisch-katholisch ist, wird mit dem Namen
Syrer bezeichnet. Der Monophysit in Syrien, dessen liturgische
Sprache ebenfalls das Syrische ist, heisst dort »ja'kübi«. d. i.
»Jakobit«, von Jacob Baradai, dem Edessener Bischof im 6. Jahr-
hundert und Beförderer des Eutychianismus. Diese orienta-
hschen Inversionen könnten noch fortgesetzt werden. Sie mögen
aber als eine kleine Probe dafür genügen , wie leicht europäi-
sche Büchergelehrsamkeit mit den thatsächlichen orientalischen
Verhältnissen in Widerspruch geräth.
Eine für die orientalische Kirche liöchst bedeutungsvolle
Gründung ist die Eröffnung des Collegiums der afrikanischen
Priestercongregation aus Algier an jder Annakirche zu Jerusa-
lem. Dort, an dem Wohnort der Heiligen Joachim und Anna,
wo nach einer alten orientalischen Tiberlieferung die iinbe-
Üeckte Jungfrau das Licht der Welt erblickt haben soll , erhob
sich schon seit den ältesten Zeiten ein Gotteshaxis. Saladin
räumte im Jahre 1190 seinen Korangelehrten die Annakirche
als Akademie ein , was heute noch eine sehr gut erhaltene ara-
bische Inschrift aus dem 12. Jahrhundert über dem Kirchenpor-
tal besagt. Mit dem Verfall arabischer Herrschaft verfiel auch
die Hochschule, und als ein wüstes, leeres Gebäude stand jene
merkwürdige christliche Kirche mehrere Jahrhunderte lang da,
bis endlich der Pariser Friede im Jahre 1856 jenes Monument
288
christlicher Zeit für christliche Arbeit nieder zugänglich machte.
Napoleon III. verlangte und erhielt von .Sultan Ahdul-Medschid
die Kirche. Auf ausdrücklichen Befehl des Kaisers wurde mit
örtentlichen Mitteln die Kirche vom Grabesdombaumeister M,
Mauss genau nach der alten Anlage restaurirt und steht nun als
ein sehr interessantes und merkwürdiges Gebäude vor den Be-
suchern Jerusalems. Nach jahrelangen "S'erhandlungen mit ver-
schiedenen Ordensgenossenschaften wurde endlich 1878 dieses
Gotteshaus der afrikanischen Congregation übergeben. Diese
bekannte Congregation, gegründet vom Kardinal-Erzbischof La-
vigerie von Algier, errichtete nun hier eine Yorbereitungsstation
für die Missionäre und eine Erziehungsanstalt für den griechisch-
katholischen Klerus. Um die Kirche herum, an Stelle der Rui-
nen der ehemaligen Benediktinerabtei, wurden neue Gebäude er-
richtet, die sich auf das naheliegende — käuflich erworbene —
Terrain des Bethesdateiches erstrecken. Weitere Ausgrabun-
gen werden hoffentlich über diese Localität, an welche die Tra-
dition die Heilung des Kranken Ev. Johannes Cap. 5 verlegt,
Licht verbreiten.
K. Das österreichische Pilgerhaus in Jerusa-
lem. Mit der stets wachsenden Zahl der Pilger wuchs auch in
diesem Jahrhundert das Bedürfniss nach Pilgerherbergen, und
dadurch Avurde die erste Anregung zur Gründung eines eigenen
österreichischen Pilgerhauses gegeben. Fürsterzbischof Vincenz
Eduard Milde von Wien sprach zuerst die Absicht aus, in Jeru-
salem, falls er durch fromme Gaben hinreichend unterstützt
würde, ein österreichisches Pilgerhaus zu gründen. Dieser Ge-
danke wurde mit Freuden begrüsst . und nach einigen Jahren
war für die zum Baue nothwendigen Geldmittel gesorgt. Aber
noch blieben andere mannigfaltige Hindernisse zu beseitigen,
und bevor dieses .gelungen war , rief der Herr den Erzbischof
Milde aus diesem Leben ab. Sein Nachfolger, Kardinal Fürst-
erzbischof Joseph Othmar von Kauscher , führte den Plan des
Verstorbenen aus. Durch die Vermittlung der kaiserlichen Re-
gierung erwirkte er die Einwilligung des Sultans zum Ankaufe
eines Baugrundes. Nachdem der Grosswesir der hohen Pforte
die nöthigen Befehle an den Gouverneur von Jerusalem erlassen
hatte, ward im Jahre 1855 von zAvei türkischen Eifendis ein pas-
sender Baugrund — an der heutigen via dolorosa unweit des
289
Ecchomo-Bogens — gekauft , und der Kauf dxirch eine gericht-
liche Urkunde sichergestelh. Auf dem 1100 Quadratklafter mes-
senden Grundstück -ward im Jahre IS 56 unter Leitung des Wie-
ner Architekten Endlicher [y 1859 in Jeriisalem) der Bau des
österreichischen Hospizes am 17. Juni begonnen. Jedoch konnte
der Grundstein erst am 31. December 1S56 durch den österrei-
chischen Generalconsul Graf Pizzamano gelegt werden , da sich
bei den Vorarbeiten zur Fundamentirung zeigte , dass das Bau-
terrain 20 — 30 Fuss tief mit Schutt bedeckt Avar. Bei der Weg-
räumung desselben gerieth man auf ein viereckiges Gewölbe mit
Mosaikboden, auf korinthische Kapitale und Bruchstücke von
verde antico. Tiefer noch kamen Felsenkammern zum Vorschein ;
aus dem Felsen gehauene Pfeiler und ein paar Säulen bildeten
ein Viereck zur Stütze der Decke. Diese Unterräume, die theils
Gräber, theils Zwinger i) waren, wurden zu Cisternen hergerich-
tet. Am 20. Oktober 1858 fand die Legung des Schlusssteines
statt. Das im Rundbogenstyl ausgeführte Gebäude nimmt eine
Länge von 50 Meter und eine Breite von 25 Meter ein. Ein
sechssäuliger , die Steinterrasse tragender Portikus bildet den
Eingang. Das Innere des Hauses wird der ganzen Länge nach
von einem vier Meter breiten Korridor durchschnitten. Rechts
und links befinden sich die Zimmer für die Pilger und das Ver-
waltungspersonal in durchaus gleicher Länge (sechs Meter) und
entsprechender Breite. Die Hauskapelle hat mit der Apsis eine
Länge von 14 Meter, sechs Meter Breite und 10 Meter Höhe.
Der Prachtaltar, welcher nach dem Entwurf des Architekten
Ferstl in Wien aus rothem salzburger Marmor bei Hauser in
Wien angefertigt wurde , trägt ein Gemälde von Kupelwieser.
das »die heilige Familie, heimkehrend von Jerusalem nach Na-
zareth« darstellt. Eine Madonnenstatue am Seitenaltar stammt
aus Mayer's Atelier in München. Unter den liturgischen Para-
menten und Gefässen befindet sich ein werthvolles Messkleid
und ein Kelch, von Sr. Majestät Franz Joseph I. gespendet; auch
die übrigen Gegenstände stammen meistens von Wohlthätern.
Das Gebäude hat nur ein Stockwerk , stellt sich aber wegen des
acht Meter hohen Unterbaues, der nebst bewohnbaren Räumlich-
keiten zunächst Küche, Speisekammer, Werkstätte inid dann
1) Vielleicht auch Wohnunoren. Anm. d. Ked.
290
im Halbsoiiterrain die Kellerräume mit Weinpresse enthält, wie
auch wegen der 2Su Meter langen steinernen UmfassTingsmaneni
mit zwei Thoren höchst imposant dar. In den Hofränmen sind
Gartenanlagcn hergerichtet, theils für Gemüse, theils für Blu-
men. Nach orientalischer Bauweise ist das Haus mit einem
flachen Dache gedeckt . von dem aus sich eine prächtige Rund-
sicht den Besuchern darbietet.
Da das österreichische Pilgerhaus einen kirchlichen Charak-
ter hat, so steht es unter dem Protektorat des jeweiligen Fürst-
erzbischofs von Wien, welcher zugleich oberste Verwaltungsbe-
hörde für diese Anstalt ist. Nach Vollendung des Baues blieb
es eine Zeitlang ungewiss . ob das Hospiz dem Franziskaner-
orden oder Weltpriestern übergeben werden sollte. Endlich ent-
schied man sich aus triftigen Gründen, die Hausverwaltung
selbstständigen Weltpriestern zu übergeben. Dieser Bestimmimg
ist auch gedacht in dem am 27. Juli 1862 vom heiligen Stuhle
gewährten Indulte zur Errichtung einer Hauskapelle mit immer-
währender Messlicenz für die dort auAvesenden »sacerdotes sae-
culares«. Am 19. März 1863 wurde Kapelle und Haus vom Pa-
triarchen Valerga im Beisein officieller Persönlickeiten einge-
weiht.
Zur Bewerbung um die Stelle eines llektors im österreichi-
schen Pilgerhause sind alle Weltpriester der österreichisch-un-
garischen Monarchie berechtigt; das Erneuerungsrecht steht
dem jeweiligen Erzbischofe von Wien zu. Vom Jahre 1863 bis
jetzt wurden folgende Priester zu Rektoren, resp. Vicerektoren
ernannt imd mit der Verwaltung des Hauses betraut: Eduard
Kroll aus der Diöcese St. Polten. Johann Nussbaumer aus Salz-
burg. Dr. Hermann Zschokke aus Wien. Albert von Hörmann
aus Brixen. Anton Weceia aus Wien. Franz Hrovat aus Lai-
bach. Stephau Rosenberger aus Wien. Ignaz Fischer aus Wien.
Georg Gatt aus Brixen. Karl Schnabl aus Wien. Johann Fahni-
gruber aus St. Polten. Franz Costa aus Trient.
Die Pflichten der Rektoren beziehen sich zunächst auf die
Sorge für die Erhaltimg und die Bedürfnisse des Hauses imd für
das materielle und geistige Wohl der Pilger. Zu dem Zwecke
sollen sie auch nach Bedürfniss in der mit weiterehenden Privi-
legien versehenen Hauskapelle religiöse Vorträge an Sonntagen
unrl zur Osterzeit geistliche Exercitien halten. Sehr oft stellt
291
sich die Nothwendigkeit heraus , den Pilgern , die den verscliie-
densten Bihlungsstufen angehören, katechetischen Unterriclit zu
ertheilen, damit sie mit Verständniss und Erhaumig die heiligen
Orte hesuchen und die heiligen Sakramente empfangen können.
Als oberster Grundsatz betreffs der Aufnahme der Tilger
gilt die Anordnung des Kardinals Rauscher , die auch in deui
Schreiben des Kardinals an den österreichischen Episkopat im
Jahre 1 863 ausgedrückt ist, nach welcher ausser den österreichi-
schen Katholiken auch Katholiken aiis den «deutschen Bundes-
staaten« aufgenommen werden können. So wird auch noch jetzt
verfahren, nur dass an Stelle der ehemaligen »deutschen Biui-
desstaaten« der Umfang des Deutschen Reiches in Betracht ge-
zogen Avird. Da aber, wie im Oriente überall, Wohlthätigkeits-
anstalten einen mehr allgemeinen Charakter tragen, so können
auch ausnahmsw'eise und sind auch bisher in einzelnen Fällen
Christen anderer Konfession aufgenommen W'Orden. Nur haben
sich alle Pilger der Hausregel zu fügen. Pilger aus den ärmeren
Klassen werden bis zu 14 Tagen umsonst verpflegt, so dass sie
Zeit genug haben , inn mit lluhe und Sammlung die heiligen
Stätten in und um Jerusalem besuchen zu können. Zu dem
Zwecke erhalten sie die nöthigen Auskünfte. Die Pilger aus den
bemittelten Ständen leisten in der Regel für die Verpflegung
eine entsprechende "S^ergütung. Seit der Eröffnung des Pilger-
hauses am 19. März 1863 bis Ende 1882 haben laut der fortlau-
fend geführten Pilgerregister 262U Pilger Aufnahme und Verpfle-
gung erhalten. Die geringste Pilgerzahl zeigt das Jahr 187 7.
nämlich nur 38, Avährend das Jahr 1882 die höchste Ziffer, näm-
lich 219 Pilger aufweist. Unter den Pilgrimen sind fast alle
Stände, vom Kaiser bis zum Bettler, vertreten. Als eine Ergän-
zung des österreichischen Pilgerhauses kann das deutsche
Handwerkerhaus und das polnische Pilgerhaus betrachtet wer-
den , wo solche Pilger , welche Arbeit suchen und auch bekom-
men, einen längeren Unterstand finden.
Wie immer die social-politischen Verhältnisse im Laufe der
Zeit in Jerusalem sich gestalten w^erden, das österreichische Pil-
gerhaus, um einen Ausspruch des berühmten deutschen Palästina-
forschers Dr. TiTus ToBLER zu gebrauchen, wird stets ein gross-
artiges Denkmal der Liebe der Österreicher zum Heilande und
zum Ileiliglande sein.
292
Alle diese katholischen Institute , Kirchen, Klöster, Schu-
len u. s. Av. . von denen manche schon eine sehr ehrwürdige
Vergangenheit aufweisen, andere erst in der Entwicklung
begritfen sind, werden dtirch die Liebesgaben der abendlän-
dischen Katholiken erhalten ; sie bringen christliche Kultur
ins Morgenland, indem sie für das geistige und materielle Wohl
der Einwohner arbeiten und als Endziel die Verbreitung der
christlichen Wahrheit zur Ehre Gottes im Auge haben.
Verzeieliniss der bewolmten Ortschaften der
Kaimakämlje Gaza.
Von G. Gatt in Gaza.
Nr.
Name
Aussprache
Lage von Gaza
aus
1
U*o>J QLi>
chänjTmes
4 St. südlich
2
"^W- ^^^
heni shele
31/2 St. südl.
3
j^US -j^
der el-halah
3 St. südl.
4
iJl*^
dschahaljä
3/4St.nördl.
5
LJL> Ki_^
nazlet dschabälj'ü
1 St. nördl.
6
L^^ c^^^j
het lühjä
iViSt.nördl.
7
^yL> ^^^
bet hänim
11/2 St. nördl.
8
5^0
^
dimre
13/4 St. nördl.
9
der sned
2 St. nördl.
10
^/
herhjä
2 V2 St. nördl.
11
Ls-^ C^-aJ
het dschardschä
2 1/2 St. nördl.
12
3.J.J
harbara
3 St. nördl.
13
LU-1
naljii
31/2 St. nördl.
14
S_j__j.:S\il
el-dschora
4 St. nördl.
15
xc^j^
el-dschlje
3 St. nördl.
16
(Jo'LAii>b5i
el-achscis
4 St. nördl.
17
oU^t
el-aschräf
4 St. nördl.
18
Jjiui
el-medschdel
4 St. nördl.
19
x«L4>:>-
hamäme
41/4 St. nördl.
20
LTll^^
dschüles
4 St. nördl.
294
Nr.
Name
1
Aussprache
Lage von Gaza
aus
•21
1
1
i^^ daräs
6 St. nördl.
22
c>^Jk^\
esdüd
6 St. 11.
23
^^^
hascht t
71/2 St. 11.
24
l-afra
8 St. n.
25
,UiS
el-moghär
8V2 '*^t. 11.
26
L>y^.
jehnü
8 St. 11.
11
H;
zernükä
8 1/2 St. n.
28
».A^aÜ)!
el-kuhebe
9 St. 11.
29
> •
harl'ä
6V2 St. 11.
30
^X\ ^l[^^\
el-hafänl el-gharh'i
6 1/2 St. 11.
31
L.fV^-' Lf"^^"'
el-hatäni-esch-scherki
6V2 St. 11.
32
;J-':^
jasur
6V2 St. 11.
33
X^4~M>Ii
el-mesmlje
7>/2 St. 11.
34
\ÄaI3aww2
kasfine
7 St. 11.
35
U«^j^' JJ'
teil et-turmvs
7 St. 11.
36
*-ijJCw(
et-Une
71/2 St. 11.
37
'^*J^>
dschiljci
8V2 St. 11.
^8
XÖlXj^
ed-dnehhe
8 St. 11.
39
»->»^ -^:l».-w
saicüfir " aude
51/2 St. n.
40
iÜii'LA»4S jf;i\y**-
sawäfir el-masalka
51/2 St. 11.
41
wäSjJi --^5^«^
saiväfir el-ioakf.
51/2 St. 11.
42
lÄr c>-o
het '^ ajfä
5 St. n.
43
*-^
kaukahe
4 St. n.
44
L^ ^.^
het tlmä
4 St. n.
45
oJi-Jl=»
hxleikät
4 St. n.
46
J^y
hrer
3 St. n.
47
sumsum
2 1/2 St. 11.
48
lXjS^U
nedsched
2 St. n.
49
. ^^^
Imdsch
2 St. n.-östl.
50
o'^^j^' o'y
'aräk es-sweidän
6 St. 11.
51
^jyijl' / ä'_E
arak el-menscJüJe
6 St. n.
295
Nr.
Name
Aussprache
52
^>>-'L^i
el-fäJTi(hcJie
53
_jA**:^l
el-dsclmseir
54
^.^♦a3
sumel
55
L;c>
hattci
56
a-^*^
halln
57
/ «iuX>.£
^abdes
58
•• >
karätije
J.age von Gaza
aus
6 St. nördl.
6V2 St. n.
7 St. n.
6V2 St. n.
7 St. n.
67-2 St. n.
6 St. n.
Bemerkungen. Die unter Nr. 1 — 14 angeführten Ort-
schaften gehören zum Distrikte chänjTmes^ die unter Nr. 15 — 2 2
genannten Dörfer bilden den Distrikt el-medschdel , die unter
Nr. 23 — 49 erwähnten werden zu Gaza gerechnet, während die
unter Nr. 50 — 58 verzeichneten Orte einen Theil des Distriktes
bei dschihrln bilden. Diese althergebrachte Eintheilung in Di-
strikte hat jedoch heutzutage keine praktische Bedeutung mehr,
da das ganze Gerichts- und Verwaltungswesen in Gaza concen-
trirt ist. Die Behörden theilen dermalen die verzeichneten Ort-
schaften in eine östliche und westliche Reihe. Die ersten 28 Dör-
fer gehören zur westlichen Reihe, die letzten 30 dagegen zur
östlichen.
Die bedeutendsten Dörfer der Kaimakämije Gaza sind el-
medschdel^ chän jTmes, falüdsche^ esdüd nniS. j'ebiiä . El-medschdel
ist ein Handelsplatz für Getreide, hat einen Sük sammt Wochen-
markt am Freitag, liefert gutes Ol und versorgt ebenso wie el-
dschdra Jerusalem mit Fischen. Chlm jimes ist das südlichste
Dorf Syriens gegen Ägypten , hat ebenfalls einen Sük, aber kei-
nen Wochenmarkt. Als Grenzstation hat cliZinjünes immer eine
kleine Besatzung. Seine grösste MerkAvürdigkeit ist das nun
allerdings sehr verfallene Kastell, die Kala, welche inZDP^^zu
wiederholten Malen als eigene Lokalität bezeichnet worden ist.
Hoffentlich Avird dieses Gespenst von nun an nicht mehr erschei-
nen. Esdüd ist Mittelstation zwischen Jafa und Gaza, hat einen
allerdings zerfallenen Chan und seit neuester Zeit eine Dampf-
mühle. Sollte es die Regierung dahin bringen, im Lande der
Philister eine etwas grössere Kraft zu entfalten , so haben clian
Ztschr._cl. Pal.-Ver. VII. 20
29 ti
jünes. el-meihchdel \n\A ßilüdsche Aussicht, Miidinjen oder Kai-
makamijeu zu Averdeii.
Der fl-hulah besitzt grossen WasserreicLthum und viele,
allerdings sehr verwahrloste Gärten mit Brunnen nebst einem
l'almenhain. Dschabüljü und nazlet chchuhtilja liegen ganz ver-
steckt in den Baumgärten von Gaza; ersteres hat ehi Minaret
und letzteres ist , wie der Name sagt und die Tradition bezeugt,
eine Gründung von chcJtahülJü in unmittelbarer Nähe desselben
auf derselben Ebene. Das halb versandete hei lüJijä liefert eine
grosse Menge vortrefflicher Äpfel. Bei der -sw«/ führt eine neue-
stens restaurirte Brücke über den Wadi Sumsum; die Brücken
von esdüd \xi\i\. j'ehyiä sind auch neuestens restaurirt worden. Bar-
bara liefert weisse Trauben mit grossen Beeren. Die Bewohner
von el-dscliora und el-medschdel arbeiten fortwährend an der Eut-
steinung von Askalon. Vor einem Jahre fanden sie eine Statue
und zertrümmerten sie sogleich . damit sie nicht in die Hände
der Regierung falle. Damals entdeckte man auch eine aus meh-
reren Figuren bestehende .Sculptur-Arbeit von minderer Bedeu-
tung, wie es scheint. Die Kegierrmg nahm den Fund in Augen-
schein, that aber seitdem nichts mehr in dieser Angelegenheit.
El-achms und el-aacliraf sind ausser zur Erntezeit beinahe uube-
w ohnt. Mesmtje ist eine lialtestation auf dem AVege von Gaza
nach Jerusalem und umgekehrt. Dschiljä ist ein erst seit neue-
ster Zeit wieder bewohntes Dorf bei ed-dnehhe. Stonel heisst auch
barakat el-chaUl, weil es zum Wakf der Moschee in Hebron ge-
hört. Sawäflr el-wakf \\e\s,&t auch sawäflr el-mahtaa.
Dem Wortlaute nach bedeutet cUän jünes Chan des Jonas,
der el-balah Dattelkloster, nazle Gründung, dschöra Grube, lafra
Tropfen, ÄT^^^^e Kuppelchen, teil et-turmus Wolfsbohnenhügel.
kaukabe ^iexw. a iwin um ^esa.in, aräk Höhlen, dsc/iuseir lirnck-
k'in. Die mit dem Artikel versehenen Ortsnamen werden auch
ohne denselben gebraucht; die übrigen nehmen ihn nicht au.
Der Beisatz von medschdel ist unbekannt. Die JSeelenzahl wurde
nicht berücksichtigt, weil die bisherigen Angaben offenbar viel
zu niedrig sind und weil dermalen eine A'olkszählung nach euro-
päischer Weise vorgenommen wird. Hei Zusammenstellung des
A'erzcichnisses wurde die Ortsliste der Kegierung zu Grunde ge-
legt; dazu kamen Erkmidigungen und eigene Anschauung. A on
den .')S verzeichneten Ortschaften habe ich 25 selbst besucht.
297
15 wenigstens gesehen, dagegen Ib weder besucht noch gesehen,
aber oft davon gehört.
In dem Ortschaftenverzeichniss . redigirt von Prof. Socin
(Zl)r\ . II, p. 135 ff.), whd nicht ersichtlich gemacht, dass die
oben erwähnten neun Ortschaften des Distriktes bet dschibrln
zum Kreise Gaza gehören ; dieser Umstand scheint auch den Kai-
tographen inirrthum geführt zu haben. Abu sinceireh. ahu aohar.
''arab safrlje. ' arab söbar und arab suweirke sind nicht Ortschaf-
ten, sondern Beduinenlager ; «'aklik« existirt nirgends, üie Be-
hörden schreiben konstant iaj'äwl, nicht bafänije', indessen könnte
letzteres doch etwas für sich haben. Statt »sTidünn ist sweidän zu
schreiben und statt Hlschism : dschuseir, statt ^^'abdis« : abdes und
statt »dschrdisu: dschüles, statt yErnghTir^c moghcir. Nebi rübin ist
luibewohnt, kaTa das Kastell von chcmjünes.
Dr. Hartmann' s unhaltbare Erklärung des Ausdrucks nazle
(vgl. ZDPV. VI. p. 129 ff.) ist schon berichtigt w^orden; nel-
dschürm ist keineswegs zu schreiben, sondern entweder el-dschöra
oder el-dschaura. Bet daräs ist nicht identisch mit abu smoeireh ;
■osikrlr^^ oder vielmehr siikreir ist unbewohnt; ^IfZiiu ist keine be-
wohnte Ortschaft ; y>let'inen sagt man nicht, wohl aber eltlne und
et-tlne ; kubebe hat in der Kegel den Beisatz el-gharblje nicht.
»Beit Dirdis« zAvischen Gaza und Imdscli , »Beit Tima« bei
dimre und «Yazür« bei el-medschdel. welche Ortschaften auf der
Karte van de Velde's verzeichnet stehen, existiren nicht. Nazle
ist nicht Majumas und »Teil 'Ajür« nicht Anthedon; »Kefr Hetteh«
bei der el-balah ist kein bewohnter Ort; »Kadüm und Saber«
ebenfalls nicht.
Auf den Karten zum Ortschaftenverzeichniss in ZDPW II
ist. wie schon bemerkt, die Grenze des Kreises Gaza gegen He-
bron und Kamle falsch gezogen. Statt IF'. each-schcrt a sollte es
heissen W. (jhazze ; esch-schei-f a heisst der Mittellauf desselben.
Der el-balah liegt südlich davon. Gierin, dessen Angaben sonst
ziemlich richtig sind. exwdXint fcdüdsche zweimal, als ob es zwei
Orte dieses Namens gäbe.
In dem obitjen Verzeichnisse wurden die Ortschaften der
westlichen Reihe von Süden nach Norden angeführt, die der
östlichen dagegen von Norden nach Süden ; dabei wurden jedoch
die zum Distrikt Bet Dschibrin gehörigen ausgeschieden und ans
Ende gesetzt.
20»
298
In Majuniai- Avurdeu bei achtzig grosse irdene Krüge nach
Art der gesendeten Zeichnung ' ausgegraben : fünfzig davon un-
verletzt.
Gaza, den 3«'. März 1SS4.
Nachschrift der Redaction. Die obige Namenliste ist
genau nach dem Manuscripte des Herrn Verfassers wiedergege-
ben, d.h. es ist auch an der Transcription der Namen nichts
geändert Avorden. Da Herr Gatt offenbar die Namen und ihre
Aussprache so geben will, wie sie an Ort und Stelle üblich sind,
schien es mir das Beste zu sein . von jeder redactionellen Ände-
rung in der Transcription abzusehen. Doch bemerke ich . dass
man nach der arabischen Namensform von Nr. 52 die Aussprache
tl-fZilmhchi nicht cl-jZäud&che und Nr. 5S die Aussprache karä-
1\f(i statt karäilje fordern sollte. H. Güthe.
Vgl. ZDPV. VII. p. 7. Die Redaction.
Die orthodoxe Palästina-Gesellschaft in Rnssland.
Mittheiliingen von H. Gllthe.
Durch die Güte Sr. Excellenz des Herrn Staatsraths JJ. lli-
TROwo in Petersburg ist Anfang September 1SS3 ein stattliches,
prächtig ausgestattetes Heft von 123 Seiten in gr. 8"^ in meine
Hände gekommen, das über die Anfänge eines russischen Palä-
stina-Vereins genauere Kunde giebt. Dasselbe führt den Titel:
Bericht der orthodoxen Palästina-Gesellschaft über das Jahr
1882/83 (Petersburg 1883) und enthält ausser dem in russischer
Sprache geschriebenen Text noch 6 grosse in Farbendruck aus-
geführte Tafeln, auf die ich unten zurückkommen werde. Der
Text umfasst folgende Mittheilungen:
1) Bericht der orthodoxen Palästina- Gesellschaft, gelesen
von dem Schriftführer M. P. Stefano w in der Sitzung vom 2.
Decbr. 1882. S. 1—7.
2) Eeligiöse Bedeutung des heiligen Landes. Kode gehalten
von dem Vice-Präsidenten T. J, Philippow in der Sitzung vom
2. Decbr. 1882, S. 9—30.
3) Bericht der orthodoxen Palästina-Gesellschaft, gelesen
von dem Schriftführer M. P. Stepanoav in der Sitzung vom 14.
März 1883, S. 31—38.
4) Die Aufgaben der -wissenschaftlichen Erforschung des
heiligen Landes . Rede , gehalten von dem Staatsrath Präsident
B. N. HiTROwo in der Sitzung vom 14. März 1883. S. 39— 6u.
5) Bericht der orthodoxen Palästina-Gesellschaft über das
Jahr 1882/83, gelesen von dem Schriftführer M. P. Stkpaxow
in der Jahressitziing vom 26. April 1883, S. 61 — 76.
6) Statuten der orthodoxen Palästina-Gesellschaft. S. 77 — 90.
7) Abbildung des Allerhöchst bestätigten Ordens der ortho-
doxen Palästina-Gesellschaft für die Ehrenmiti^lieder (Tafel in
30(1
Farbendruck mit zugehöriger Erklärimg. An die J^hrenmitglie-
der wird das Abzeichen in Gokl. an die wirklichen Mitglieder in
Silber, an die arbeitenden Mitglieder in Bronze verliehen).
Sj Anfnif zur Förderung der Zwecke der Gesellschaft. S.9lf.
9) Verzeichnis? der Beamten der orthodoxen l\^lästina-Ge-
sellschaft, S. 93 f.
10; Liste der Mitglieder der orth. 1*.-Ges. seit dem 1. Mai
1SS2, S. 93— lOS.
11) Kechnimg der orth. I^al.-Ges. vom 21 Mai 1SS2 bis
1. März 1SS3, S. 109—112.
12) Yerzeichniss der Mitgliederbeiträge und Geldspenden,
eingegangen vom 21. Mai 1882 bis 1. März 18S3. S. 113—123.
Nach diesen Mittheilungen, deren für diese Zeilen wenig-
stens genügende Kenntniss ich der gütigen Hülfe meines hiesi-
gen Collegen. des Herrn Dr. R. Scholvin, verdanke, verehrt die
orthodoxe Palästina-Gesellschaft als ihre Gründer 42 Personen,
an der Spitze Ihre k. Hoheiten die Grossfürsten Sergei Alexan-
drowitsch und Michail Michailowitsch. Ich nenne ferner Philip-
])ow. Hitrowo. Wasiljewsky : Kobeko, Stepanow, Lermontow,
Mansurow, Troizky als die Namen derjenigen Personen, denen
hauptsächlich die Leitung der Gesellschaft anvertraut ist. Am
2 1 . Mai 1882 ist sie an die Öffentlichkeit getreten mu\ zählte Ende
April 1883 bereits insgesammt, in allen Abtheilungen. 405 Mit-
glieder, darunter S. M. den Kaiser und L M. die Kaiserin so-vvie
10 Grossfürsten und Fürstendes russischen Hofes, ferner 102
Geistliche, vom Metropoliten abAvärts bis zimi Diakon. Sie zer-
fällt in drei Abtheilungen , deren erste )^gelehrte Arbeiten und
Forschungen« verfolgt, deren zweite sich »der Unterstützung der
orthodoxen IMlger« widmet. Avährend die dritte sich die »Pflege
des orthodoxen Glaubens im heiligen Lande« zur Aufgabe ge-
stellt hat. Die Beitretenden bestimmen. Avelchen dieser drei Ab-
theilungen sie angehören wollen. Die oberste Leitung ist eine
einheitliche und wird von dem Präsidenten und einem Rath aus-
geübt. Das Präsidium führt gegenwärtig der Grossfürst Sergei
Alexandrowitsch ; dem Rathe gehören 2 andere Präsidenten
iPhilippow und Hitrowo), 3 Mitglieder der Gesellschaft, die
Präsidenten der 3 Abtheilungen, der Kassirer und 2 Schriftfüh-
rer an. ])ie Gesellschaft theilt sich in Ehrenmitglieder, wirkliche
oder ordentliche Mitglieder und arbeitende Mitglieder. Die
301
Ehienniiti^liedschaft kann entweder an verdiente Gelehrte ver-
liehen oder durch Zahlung von 5000 Ruhel erworben werden.
Wirkliche (ordentliche) Mitglieder, deren Zahl vorläufig auf 200
beschränkt ist, verpflichten sich zu einem jährlichen Beitrag von
25 Rubel oder werden durch eine einmalige Gabe von 500 Rubel
lebenslängliche Mitglieder. Für die arbeitenden Mitglieder be-
laufen sich die entsprechenden Zahlungen auf 10 und 2 00 Rubel.
Die Thätigkeit der Gesellschaft umfasst folgende Aufgaben :
Stellung von Preisfragen , Ausrüstung von Expeditionen nach
Palästina und Untersuchungen^an Ort iind Stelle, Vorträge in den
Versammlungen der Gesellschaft, Herausgabe von Abhandlun-
gen, periodischen Schriften und Sammelwerken Sbornik), Unter-
stützung der. Pilger, Leitung von Pilgerkarawanen, Bau von
Hospizen und Krankenhäusern in dem h. Lande. Ferner »ver-
sieht die Gesellschaft die Funktionen der Palästina-Commissio-
nen im AusAvärtigen Amt xmd bemüht sich im Einklang mit den
russischen [Missionen und dem russischen Konsulat in Palästina
zu arbeiten«. Die Gesellschaft erwirbt ihre Mittel durch die ein-
maligen und jährlichen Beiträge der Mitglieder, durch Sammlun-
gen in Kirchen und anderen öffentlichen Orten, durch die Er-
träge von Sammelbüchern, durch Geschenke wohlthätiger Geber
für allgemeine und besondere Zwecke, und endlich durch den
Gewinn aus geschäftlichen Unternehmungen, wie Druck-
werke etc.
Die orthodoxe Palästinagesellschaft verfügt , wie sich nach
den obigen Angaben leicht vermuthen lässt, über bedeutende
Mittel. Li dem Gabenverzeichniss sind Beiträge von 200 und
500 Rubel gar nicht selten, ja einige Male finden sich Tausende.
Die Gesammteinnahme bis zum 1. März 1S83 beträgt 48,403
Rubel S4 Kop. Freilich bedarf die Gesellschaft für ihre mannich-
faltigen Zwecke auch um so grösserer Mittel. Li dem ersten
Jahre hat die Avissenschaftliche Abtheilung der Gesellschaft mehr
als die beiden übrigen verausgabt. Während «für die Pflege des
orthodoxen Glaubens im h. Lande« 1650 Rubel für Renovation
von Gotteshäusern und für Schulen), »für die Unterstützung
russischer Pilger« 1 59 R. 07 Kop. unter den Ausgaben verzeich-
net stehen, beträgt der Aufwand »^für gelehrte Forschungen«
4132 R. 02 Kop. Das meiste Geld hat freihch Nr. IV der Aus-
gaben verschlungen : i^ Abzeichen . Diplome . Heiligenschränke
302
und Sammelbüchsen für die Sammlunjj: von Beiträgen«, nämlich
72S5 Rubel 50 Kop.. fast die Hälfte der gesammten Ausgabe,
die sich auf 15.u59K.99K. beziffert. Die Rechnung schliesst mit
einem Vberschuss von 33.343 R. S5 K. ab.
Die obigen Mittheilungen zeigen femer. dass der Verein
mit seinen wissenschaftlichen Zwecken die national-kirchlichen
aufs engste verbunden hat. Die Aufgaben, die in Deutschland
und England getrennt verfolgt werden, insofern z. H. in Deutsch-
land der evangelische Jerusalemsverein in Berlin und der katho-
lische Verein vom heiligen Grabe in Köln ihre kirchlichen
Zwecke schiedlich und friedlich neben den wissenschaftlichen
unseres Palästina-Vereins besorgen. — ja Avie es scheint in ge-
wissem Grade sogar die Pflichten des Staates vgl, S. 78. Nr. 9
des russischen Berichtes und meine Angabe auf S. 103] hat der
russische Verein neben einander auf seine Fahne geschrieben.
Die Bereinigung dieser wohl verwandten, aber nach unseren Er-
fahrungen besser zu trennenden Dinge erscheint in der That in
Russland, avo die Kirche aufs engste an den Staat geknüpft ist
und im Volksleben noch immer die dominirende Stellung inne
hat. eher möglich als in einem anderen Lande. Ob nun jede der
drei Abtheilungen . ob besonders die wissenschaftlichen For-
schungen — das interessirt uns am meisten — dadurch keine
Trübung erfahren und zu vollkommen freier Bewegung kommen,
wird sich in der Zukunft zeigen. Der russische Verein bedarf
dazu vor allen Dingen in l'alästina Männer von |allseitiger Bil-
dung und grosser praktischer Erfahrung. Sonst könnte der eine
Zweck leicht über dem andern geschädigt werden. In Jerusalem
besitzt der russische Verein an dem wegen seiner Begabung, Ge-
lehrsamkeit und Liebenswürdigkeit allgemein geachteten Archi-
mandriten Amomn ^ augenblicklich freilich einen für diese man-
nichfaltigen Aufgaben in hohem Grade geeigneten Vertreter.
Aber es wird nicht leicht sein , solche Männer in grösserer An-
zahl zu finden.
Der Bericht des ersten Schriftführers, des Herrn M. P.
Stepanoav, S. 61 — 76. giebt von den ersten wissenschaftlichen
Unternehmungen des Vereins genauere Kunde. Herr Professor
1 Herr AXTOXIX ist ebenso wie Herr Staatsrath HiTROwo auch Mitglied
unseres Vereins.
303
A. A. Zagarelli. der den Lesern unserer Zeitschrift durch die
gütigst übernommene Entzifferung einer georgisclien Inschrift
bekannt geworden ist [\g\. ZDPV. I^'. 222 f.), hat nach grusini-
schen (georgischen) Schriftwerken und Alterthümern auf dem
Sinai und in Palästina geforscht. Auf dem Sinai fand er 91
grusinische Handschriften patristischen Inhalts, von denen
-vier auf Papyrus geschrieben sind und als das älteste be-
kannte Denkmal dieser Sprache bezeichnet werden. Die For-
schungen dieses Gelehrten in Palästina waren zur Zeit der
Abfassung des Berichtes noch nicht zum Abschluss gekom-
men. Femer hat der Verein in Jerusalem auf einem \on der
russischen Regierung im Jahre 1859 angekauften Platze, der
südöstlich von der Grabeskirche , zwischen der Chan ez-Zet ge-
nannten Strasse luid dem Haupteingang zur Grabeskirche gele-
gen ist, seit dem 7. März 1882 Ausgrabungen vornehmen lassen,
die der schon genannte Archimandrit Antonin, Vorsteher der
russischen Mission in Jerusalem, geleitet hat. Vor dem Beginn
der Ausgrabungen sind durch Herrn Baurath C. Schick genaue
Pläne aufgenommen worden, die die orthodoxe Palästina-Gesell-
schaft als Anhang ihres ersten Jahresberichtes veröffentlicht hat ;
durch dieselben ist also die bisherige Beschaffenheit des Platzes
fixirt worden. Da mir der Bericht über die Ergebnisse der Aus-
grabungen noch nicht vorliegt, so kann ich nur nach einem Briefe
des Herrn Staatsrath Hitrowo mittheilen, dass namentlich zwei
Funde zu genauer Prüfung anregen. Man ist nämlich »auf grosse
Reste altjüdischer Mauerwerke« gestossen, die »vielleicht Aus-
kui^ft über die Richtung der zweiten Jerusalemmauer geben
werdcD«. Ferner ist ein interessantes byzantinisches Thor zum
Vorschein gekommen , aber von der Konstantinischen Basilika
haben sich keine Spuren gefunden. »Sind sie mit der Zeit ver-
schwunden oder sollen wir vermuthen, dass alle vorhandenen
Versuche zu ihrer Reconstruction nach der ungenauen Beschrei-
bung von Eusebius unrichtig sind'Af So fragt Herr Hitro wo. Der
von den Russen erworbene Platz deckt sich aber mit dem Räume,
auf dem die Basilika des Konstantin gesucht zu werden pflegt.
nur zum Theil, so dass das völlige Verschwinden aller Reste der-
selben durch das in dieser Beziehung negative Ergebniss der nis-
sischen Arbeiten doch noch nicht ganz bewiesen ist. Freilich
sind die Säulenstümpfe, die sich aus dem Aufstieg am westlichen
304
Rande des Chan ez-Zet erheben und gewöhnlich als Reste vom
Säulenschmiick des Basilikaportales betrachtet werden, ohne die
wünschenswerthe Ergänzung in ihrer bisherigen seltsamen Iso-
lirtmg geblieben. — Von grosser Wichtigkeit wäre es, wenn an
dieser Stelle deutliche Spuren der sog. zweiten Mauer (des Jose-
phus) durch die Ausgrabungen des russischen Vereines zu Tage
gekommen wären. Bisher war nur eine ziemlich hochliegende
Schicht von alten Steinen in einem Holzmagazin neben dem
Chan ez-Zet sichtbar. Sie ist bereits von mehreren Seiten auf
die vielgesuchte zweite Mauer gedeutet worden. Doch ehe man
nicht ihre Fortsetzung seitwärts und namentlich in die Tiefe
hinab genauer festgestellt hat, fehlen die sichern Stützen für jene
Deutung. Ob dieses gelungen ist, lässt sich aus den vorliegenden
Tafeln Schick s nicht erkennen ; das Avird erst der in Aussicht
gestellte Bericht über die Ausgrabungen mit seinen Beilagen
lehren .
Herr Hitrowo theilt mir ferner gütigst mit, dass zwei grie-
chische Pilgerschriften auf Kosten der Gesellschaft neu heraus-
gegeben werden sollen; nämlich der bereits bekannte Epiphaxius
c. 1170 nach Tobler Bibliogr. 17) auf Grund eines in Moskau
gefundenen Codex und ein bisher nicht bekannter Meletios aus
dem Ende des 11. Jahrhunderts. Es harrt gcAviss in den russi-
schen Bibliotheken noch manche ältere Pilgerschrift ihrem Ent-
decker entgegen , deren Veröffentlichung um so nützlicher zu
werden verspricht, als wir die durch sie mitvertretenen palästi-
nensischen Traditionen der morgenländischen Christen nament-
lich vor den Kreuzzügen wenig kennen. ]3urch eine tüchtige
Herausgabe derselben wird sich die orthodoxe Palästina-Gesell-
schaft sehr verdient machen. Und in dem heiligen Lande selbst
ist noch so viel zu untersuchen und zu erforschen, dass die eine
Gesellschaft in der freundlichen, gewissenhaft imteniommenen
('oncurrenz einer andern keine Gefahr für sich selber zu er-
blicken hat. Wir begrüssen daher die »orthodoxe Palästina-Ge-
sellschaft« mit Freuden als eine neue Genossin an der For-
schungsarbeit in jenem Lande und wünschen ihren wissenschaft-
lichen Unternehmungen das beste Gedeihen.
Nachschrift. Am 15. Oct. d. J. kam mir eine zweite
Sendung von Drucksachen der orthodoxen Palästina-Gesellschaft
305
zu. -wiederuin von einem IJriefe des Herrn Hitkowo begleitet.
Dieselbe setzt mich in |den Stand, die im Jahre 1883 erschiene-
nen DruckAverke der ^rnssischen Gesellschaft vollständig zu
nennen und damit die Angaben Prof. Socin's in dem oben ver-
öffentlichten Literaturbericht über 1883 zu ergänzen. Die von
der orthodoxen Palästina-Gesellschaft herausgegebenen Druck-
sachen erscheinen entweder als besondere Schriften mit dem
Vermerke »herausgegeben v. d. orthod. P.-Ges.« oder als Hefte
des Pravoslavnyj Palestinskij Sbornik, dos »orthodoxen Palästina-
Sammelwerkes«, das die Gesellschaft veröffentlicht. Von diesem
letzteren ist 1883 Pand I, Heft 1—3 und Pd. II, Heft 1 erschie-
nen, die folgenden Inhalt haben: 1) P. N. Hitroavo, Der ortho-
doxe Glaube im Heil. Lande. 2) Derselbe, Der Pilger von Por-
deaux, 3) M. A. Wenewitinow , Reise des russischen Igumen
Daniel 1106—1108 n. Chr. Erste Hälfte. XXII," 96 S. —II, l)
A. W. Jelissejew, Reise nach dem Sinai im Jahre 1881. 197 S.
Bd. I, Heft 1 und 2 habe ich nicht erhalten und vermag daher
über ihren Inhalt nichts Näheres anzugeben. Pd. I, Heft 3 ist
die erste, mit Penutzung von 70 Handschriften erfolgte kriti-
sche Ausgabe der Pilgerschrift Daniel's. Es ist schade, dass sie
nicht bereits Prof. Leskien vorgelegen hat. als er die deutsche
rbersetzung für unsere Zeitschrift (VII, 17 ff.) anfertigte. So-
bald diese kritische Ausgabe vollendet ist, wird jedoch Prof.
Leskien eine Vergleichung seiner Übersetzung mit dem neuen
Texte vornehmen und das Ergebniss in unserer Zeitschrift mit-
theilen. — Zu diesen Schriften kommt für 1883 noch der oben
besprochene Pericht über das Jahr 1882/83. Die hier erwähnten
Drucksachen sind sämmtlich in dem gleichen Format (gr.S") und
in der gleichen schönen Ausstattung erschienen, t'ber die Schrif-
ten aus dem Jahre 1884, besonders über die Ergebnisse der Aus-
grabungen, die noch im Laufe dieses Jahres veröffentlicht Aver-
den sollen, behalte ich mir Aveitere Mittheilungen vor. Ich
schliesse mit dem Ausdruck meines lebhaften Dankes für die
bisherigen Sendungen Sr. Excellenz des Herrn Staatsrathes Hi-
TROAVO.
22. November 1884. H. Guthe.
Correspoudeuzeu.
Syna mons. Für seine Ansicht über die Lage des Si-
nai führt Tischendorf «Ans dem heihgen Lande« eine Notiz
ans Antoninns Burdigalensis an . -welche Ebeks in seinem »Durch
Gosen zum Sinaic S. "411 der ersten Auflage bespricht. »Beim
dritten Meilenstein erhebt sich der Berg Syna. wo sich eine
Quelle beündet. in welcher ein Weib . wenn es in ihr badet,
guter Hoifnung wird«i). Da die Stelle bei Ebers in der zweiten
Auflage (S. 42 2 f. ISSl) unverändert wiederholt ist, sei hier eine
Bleistiftbemerkung abgedruckt, welche sich im Exemplar der
Stuttgarter Bibliothek zu den Worten »beim dritten Meilenstein«
auf S. 411 der ersten Auflage von Ebers findet: »Von Caesa-
rea Palaestinae. j. ez-Zaineh am Südwestfuss des
Carmel. Dies Syna hat mit dem Sinai nichts zu
schaffen«. Einsender hat weder Tischexdorf noch Antoninns
Burdig. zur Hand, denkt aber diese von unbekannter Hand
herrührende Randbemerkung werde das Richtige getroffen haben
und hofft durch ihre Veröffentlichung der Aveitern Fortpflanzung
eines schlimmen Fehlers zu steuern , ohne damit dem andern
eben so schlimmen Vorschub leisten zu wollen, in Büchern öffent-
licher Bibliotheken, auch nur mit Blei, Randbemerkungen, und
seien es die richtigsten, zu machen.
E. Nestle.
1) Die Notiz stammt nicht aus einem "Antoninns Burdigalensis«, der
überhaupt nicht existirt , sondern aus dem bekannten Pilger von Bordeaux.
Das Itinerarium des Antoninns Augustus hat sie gar nicht. Der mons Syna
wird erwähnt in der Koute von Caesarea Palästinae über Maximianopolis. Scy-
thopolis, Neapolis nach Jerusalem. Das »ez-Zaineh« der Bleistiftbemerkung
ist räthselhaft; vielleicht ist es das Umm ez-Zenät der neueren Karten. Doch
kennt GvEiilN Samarie II, 245, worauf mich Prof. Gii.demeister aufmerk-
sam macht , am Fuss des Karmel eine Ortslage »Zeineh«. Der mons Syna
kann nach der Entfernung von Caesarea nicht damit zusammenfallen.
GUTHE.
307
Zu dem Aufsatze des Herrn Professor Dr. Prutz, »die Be-
sitzungen des Johanuiterordens in Palästina und Syrien« (ZDPV.
IV, 157 ff. möchte ich mir zwei Berichtigungen erlauben. Auf
S. 183, Z. 7 Avird das SchlossMargat, das heutige kal'at el-markab
auf einen ]>erg etwa halbwegs zwischen Tortosa und Dschebeil
verlegt. Dies beruht auf einer Verwechselung von dschehli und
(hchebeil Bybios , vor der schon Ritter, Vergleichende Erd-
kunde XVII, 892 im Jahre 1854 gewarnt hat. Kai' cd el-markah
liegt nördlich von Tortosa, zwischen diesem und dschehli. — Bo-
kebeis. ebend. Z. 19, ist auch heute noch in der ganzen Gegend
unter diesem Namen bekannt , uiid habe ich es allenthalben auf
meinem letzten Ausflug ins Nusairier-Gebirge (1881) so nennen
hören. Übrigens findet es sich sogar auf der mangelhaften und
in dem Wenigen, was sie bietet, unzuverlässigen Karte von Hey
unter dem Namen Kalaat Kobeis. An eine Zusammenstellung
mit el-Quobeyat dieser Karte ist nicht zu denken.
M. Hartmann.
Latrün und 'Am was. Beide Namen fehlen sowohl in
dem nach einer Jerusalemer Liste (JL in ZDPV. II, p. 135 ff.
von SociN, als auch in dem nach dem Staatskalender für Syrien
vom J. 1288 (SS) in ZDPV. VI, p. 102 fl". von mir veröffentlich-
ten Verzeichniss der Ortschaften des Liwa Jerusalem. Der er-
stere steckt jedoch soAvohl in JL als in SS. der letztere wahrschein-
lich wenigstens in SS.
Nr. 1 1 des Distriktes er-ramle in SS ist trwan geschrieben,
könnte also etwa tarwan gelesen werden: ich trug dafür ZDPV.
VI. p. 140 arglos das tarafcit Socins II, p. 162 ein. Es giebt
aber weder ein taricän noch ein iarafUt im Liwa Jerusalem. In
beiden steckt Q»j-b^ afrün mit Weglassung des Artikels für
q.^Ip^I [eralrüHj^ dessen Anfangs-Alif sich bei der flüchtigen
Schrift des Türken zwischen die beiden letzten Buchstaben ge-
schoben hat. Das hat auch Selim Schihäde richtig erkannt, der
308
atär eliulhar Beirut 1SS2' p. 19S s. v. atrüii das iii SS zu farwäti
bemerkte wieclergiebt [ .
Die Niimensform afrUn, bezAv. mit Artikel eV afrün findet
sich Jäküt s. V. atrün und Raudatain II. SS. Jäküt hat daneben
atturmi.
Nach Herrn Prof. Nöldeke in ZDPV. VII. 141 Ündet sich
jedoch noch die Form Q.i^ijt en-natrun bei Bahaeddin passim,
Raudatain passim und Dm Athir 11, 361: 12, 47 f., und kommt
der Name des Ortes in Näsiri Chosrau's Reisebuch 19 in der ver-
stümmelten Form Qj.j'».i> vor. Nöldeke schliesst daraus, dass
der Name ursprünglich Natrün gelautet habe und auf die Wurzel
NTR zurückgehe: in Q^-i> könne ^»^.jb (mit pers. o für h)
wiedergefunden werden .
Die Schreibung q»^^>^^ kann nicht in Betracht kommen;
atmn bezw. eVatrun ist durch die Übereinstimmung der in Orts-
namen so treuen arabischen Überlieferung mid der darauf be-
ruhenden heutigen Schreibung mit Jäküt und Rand. 1. 1. ge-
sichert. Zu der Ausstossung des Hamza in latrün für al' atrün
vo-1. vulgäres marrit luclira für marr?t aVuchra »ein anderes Mal«,
auwil bauwil für auwal bi'auAval »zu allererst« u. v. a. Beisp. q»/^;^^
ist ein gewöhnlicher Schreibfehler, der sich, wie so viele, aus
einer Handschrift, aus einem Werke in die späteren vererbt hat.
Das ist jedenfalls viel Avahrscheinlicher . als dass sich ein Nun
in der Schreibung oder gar in der Aussprache verloren haben
sollte.
Das -jj-Jl^ Chosrau's aber erklärt sich viel leichter aus einer
Verstümmelungvon^j».!:: denn aus einer solchen von Q.ylj. ^ er-
wechselungen der Gruppe ^ oder L^- mit _b und umgekehrt
sind in der Schrift nicht selten. Ich verweise nur auf den, auch
sonst für dergleichen Kunststücke sehr lehrreichen Fall VI, p. 14S
unten : . Lä^L? für oLäJi=>. Nachdem der Abschreiber einmal aus
1, Auch den Fehler, dass es drei Stunden von dem Hauptorte des Krei-
ses, Jafa, entfernt sei; drei Stunden beträgt seine Entfernung von er-llamle;
die Zahl über dem Namen in SS bezieht sich also hier nicht auf die Entfer-
nung von der Kreisstadt s. VI, p. 10:i;, sondern auf die vom Hauptort der
Nähije: das gilt auch für einige andere Namen des Distriktes er-Kamle in
SS; bei anderen ist richtig die Entfernung von der Kreisstadt angegeben,
z. B. Nr. 1 : 'äkir 4V2 Stunden.
309
dem J_' von ^..^ ein Li» gemacht, machte er sich aus dem Gan-
zen ein ihm Ijekanntes Wort, »Dame«; zurecht.
Das furicn. das er vorfand , stimmt mit dem auch von Jäküt
gegehenen ..ji^Ü. Dies ist die ursprüngliche Form; afrün ist
daraus durch den Yorschlagsvokal entstanden . den besonders die
syrische Vulgärsprache mit ihrer dem Aramäischen entlehnten
vokallosen Aussprache eines ursprünglich vokalisirten ersten
Konsonanten vor einem zweiten vokalisirten so sehr liebt (z. B.
meist deutlich: umräd für muräd, itfa"al für tafa"al u. v. m.j.
Der Name turün. forun kommt mehrfach vor; über seine
Entstehung und ursprüngliche F>edeutung s. Rey, Colonies fran-
ques en iSyrie p. 300 ^j ; vgl. auch Wilh. Tyr. XI cap, 5, wonach
ein früher Tibenin genannter Ort »quoniam in monte erat excelso
admodum et cacuminato« von Hugo de Sancto Aldemar den
Namen Toronum erhielt, und Notice sur la carte etc. in Hist.
occid. I p. XXXYII.
Die Schwierigkeit freilich, dass der Name torü7i., der fränki-
schen Ursprungs ist. wahrscheinlich schon bei dem älteren C'hos-
rau vorkommt, bleibt noch zu beseitigen.
Amwäs findet sich, Avie es scheint, in JL Socix's nicht,
auch kein Name, der irgendwie damit zusammengestellt werden
könnte. In SS möchte ich das ^y.lA>o>, Nr. 10 der näliije ellidd,
für daraus verstümmelt halten. Die Verweisung auf Nr. 17S von
JL VI p. 138 ist ein Druckfehler.
l^eirut. 11. August 1884.
M. H.\KTMANN.
1) Das dort erwähnte Dorf tonm in der 'avik-Ehewe liegt genauer halb-
wegs zwischen der Karasu- und der Muradpascha- Brücke, doch ein wenig ab-
seits von der Strasse.
310
Berichtigungen und Nachträge.
Das Grossherzogliche orientalische Münzkabinet zu Jena enthält nicht,
wie im vorigen Hefte der Zeitschr. S. 211 steht »etwa lUOO«, sondernzehn-
tausend orientalische Prägen.
Jena, 12. November 1884. D. Stickel.
In meiner Übersetzung des Mukaddasi S. 218 dieses Bandes Zeile 24 f.
ist zu lesen : Die ritt »haben sechshundert Drachmen , sind aber
unter sich« etc.. statt: sind. . . . sechshundert d. h. sehr viele), unter sich etc.
Bonn, 1. Decbr. 18S4. J. Gildemeister.
Meinem Bericht über die Institute des hochwürdigen P. Alphons Maria
Ratisbonne S. 282 f. dieses Bandes habe ich nachzutragen, dass derselbe am
ü. Mai d. J. in St. Johann Ain Kärim bei Jerusalem gestorben ist.
"Wien, 1h. Novbr. 1884. K. Schn.\bl.
Druck von Brfitkopf Ä- Härtel in Leipzig.
li.il'l .1 U.MilMlK-nIVilnstiiia Vcr.-i.is H,l,\i: llcitl.
T.ilVl l
»^rKpK Anstalt von
WA^npr h Dobi*«. Lpfptit
Leipzi'^ in Cntmnission bpiK.Bndf>l(or
Zeitackrift d-Deulscheii.PiLliigtma-Vei-gma Bd. VII. Haft 2
Zur Zeit sehr. dD P Vereins \T1,S 119ff
yojch einem Äbklcvts eh dßs Dr ^f. ff. Moi-dtm(Lnn. aeze.iohnet.
T«faE
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ToNMMoyNCoy
GeograLph-Anstalt von
Leipzig inCoDUnissioiitei K.BHedpkpr,
^ ^ 188-..
Wagr^JT fDetfs.T.eipin^.
m
Zeitschrift
des
Ueiitsclieii PalacNtiiia-Vcreiiis.
Herausgegeben
von dem geschäftsführenden Ausschuss
unter dei' verautwortlicheii Redactioii
von
Prol\ Lic. Hermaiiu Giithe.
Band VIII.
Mit dreizehn Tafeln und mehreren Holzschnitten.
-•»■»•-
Leipzig 1885
in Commission bei K. Bsetlekcr,
Inhalt
des achten Bandes der Zeitschrirt des Denlsehen
Palästina -Vereins.
Seite
Nachrichten über Angelegenheiten des Deutschen Vereins zur
l'irfurschung Palästina'« 1
Personalnaclirichten und geschäftliche Mittheilungen 111. XXVll. XXIX
llechenschaftsbericht über das Vereinsjahr 1884 Vll
Auszug aus der Rechnung über Einnahme und Ausgabe der
Kasse des Deutschen Palästina- Vereins 1884 XII
Verzeichniss der vom 27. April 1884 bis zum 28. Mai 1885 für
die Palästina -Bibliothek eingegangenen Bücher, Zeitschrif-
ten u. s. w XIV
Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder des Deutschen Vereins zur
Erforschung Palästina's XVII
Zur neueren Geschichte Jerusalems. Von 1843—1884. Ein Über-
blick von Dr. Ph. Wolf, Stadtpfarrer a. I) 1
] )ie antiken Städte und Ortschaften im läbanongebiete. Von A'.
Fiirrcr in Zürich If«
Neu aufgedeckte Felszisternen und Felsgemächer in Jerusalem. Von
C. Schick in Jerusalem , 42
Neu entdecktes Columbarium am Berge des bösen Rathes bei Jeru-
salem. Von C. Schick in Jerusalem !••
Die neu entdeckte Stephanskirchc bei Jerusalem. Von Pfarrer A.
Frei in Ebnat (St. Gallen) 5(1
Felsengräber in Dschebata. Von G. Schumacher in Haifa .... H(»
Industrielles aus Gaza. Von G. Gatt in Gaza '!'■•
Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beiträge zurKenntniss der aber-
gläubischen Gebräuche in Syrien« (Zl)PV. VII, 79 fi'.). Von
M, GrUnhaum in München ^t>
Die Lage von Taricheae. Von Superintendent F. Spiess in Gross-
rudestcdt 'J5
IV Inhalt.
Si>ite
Die Stadt iSalaniias'* bci'Antonimis Placcntinus. Von J. Gildemei-
stcr u\\\onn 100
Dur EinHnssder Gcbirgswaldungen im nördlichen Palästina auf die
Vermehrung der wässerigen Niederschläge daselbst von Dr. Leo
Anderliml KU
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. Von J.
Gildemeister in Bonn 117
Ein Brief des Hohenpriesters der Samaritaner Ja'kub ihn Harun.
Mitgetheilt von Prof. jB. itrtw^z.srZi in Tübingen il',1
Reste eines alten armenischen Klosters auf dem Olberg und die da-
selbst aufgefundenen Inschriften. Von Domkapitular \)x.liivss
in llottenburg a/N 155
Über die angebliche Aufdeckung der Eudokia-(Stephan8-)Kirche.
Von Domkapitular Dr. 7itVss in llottenburg aN I(i2
Neu aufgedeckteFelsengräbcr bei der Grabeskirche in Jerusalem.
Von Baurath C. Schick in Jerusalem 171
Die Jerusalemfahrt des Friedrich Eckher von Käpfing und Karl
Grimming auf Niederrain (lö25) im Auszuge mitgetheilt von
Reinhold Röhricht und Heinrich Meisner 17-1
Technische Ausdrücke der Töpferei und AVeberei in Gaza. Von
G. Gatt in Gaza 17«)
H. Clay l'^umbull's Kadesh Barnea. Nach dem Englischen mitge-
theilt und besprochen von Prof. H. Guthe in Leipzig .... i?^2
Die zweite Mauer Jerusalems und die Bauten Constantins am hei-
ligen Grabe. Nach russischen Berichten und mit Originalbei-
trägen C. Schick' s herausgegeben von Prof. //. Guthe in
Leipzig 245
Bericht über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Palästina-
literatur 1884. Von Prof. A. Socin in Tübingen 288
Correspondeiizen .65. 146. 242. 333
Bücheranzeigen : 3Ioritz Engel, die Lösung der Paradiesesfrage. —
Oort, Atlas voor l)ijbelsche en kerkelijke geschiedenis. . . . 233. 338
Mittheilung des geschäftsführenden Ausschusses 244
Zu Seite
Tafel I : Felscisternen und Fclsgemächer bei Jerusalem. Untersucht,
gemessen und gezeichnet von C. Schick in Jerusalem 1884 (Li-
thogra])hie) 42 ff.
Tafel II : Columbarium am Berge des bösen Käthes bei Jerusalem.
Unters., gem. und gez. von C.Schick in Jerusalem 1884 (Litho-
grajibie) 4(5 ff.
Tifel HI: Felsengräber in Dschebata. Aufgenommen und gez. von
G. Schumacher in Haifa (Lithographie). 60 S.
Inhalt. \
Zu Snit.'
Tafel IV . Armenische Inschriften vom Olberfije bei Jerusalem, im
Sommer 1881 copirt von ff. 6r'«^/(e (Lithographie) 155 11".
Tafel V : Neu aufgedeckte Felsengräber bei der Grabeskirche in
Jerusalem. Unters., aufgen. und gez. von C. Schick in Jeru-
salem ;Lithogr. i 171 H'.
Tafel VI : Die Ausgrabungen der russischen Palästinagesellschaft
im Osten der Grabeskirche in Jerusalem 1883. Nach russischen
Quellen gezeichnet von ff Guthe {lAxho^x.] 215 ff.
Tafel VII; Plan der heiligen Grabeskirche undUmgebung. Unters.,
gem. und gez. von C. Sehick in Jerusalem 18S5 (Farbendruck) 259 ff.
Tafel VIII : Plan der nördlichen Hälfte von Jerusalem mit Angabe
der ]., 2., 3. und jetzigen Stadtmauer. Aufgen. und gez. von
C. Sr/i/cÄ- 1S83— 1885 (Farbendruck)
Tafel IX : Die Burg an der zweiten Mauer Jerusalems und ihre Um-
gebung. Entworfen und gez. von C <Sc/u'f7i; 1883 (Lithogr.) . . «
Tafel X : Profil und Durchschnitt der Burg an der zweiten Mauer
Jerusalems und ihrer Umgebung. Entw. u. gez. von C. Schick
1^83 (Lithogr.) »
Tafel XI : Die Bauten Constantins am heiligen Grabe. Auf alten
Fundamenten rekonstruirt von C. Schick 1883 (Lithogr. Über-
druck) »
Tafel XII : Längendurchschnitt der Anastasis und Basilika. Re-
konstruirt von C. Schick 1883 (Lithogr.) »
Tafel XIII: Querdurchschnitt der Constantinischen Basilika. Ke-
konstruirt von C. Schick 1883 (Lithogr.) »
Holzschnitte 51- <*33. 336
PersoiLilnachrichteii und geschäftliche Mittheilaiigeu.
Als Mits^lieder sind dem Vereine beigetreten :
Frei, A., Pfarrer in Ebnat, Canton St. Gallen.
Hagberg. Hermann, Pastor in Falun, Schweden.
Sienhouse, Rev. Dr. Thomas, in London.
Vereine :
Deutsch-israelitiscber Gemeindebund in Berlin.
Jüdischer Ijesezirkel in Fürth (Kabbiner Dr. Neubürger^' .
Dnrcb den Tod verlor der Verein die Mitglieder :
Abbot, Ezra, Professor in Cambridge (Nordamerika) .
Sieveh'ng, Dr. jur. Herrn., in Hamburg.
Herr G. Schumacher in Haifa hat der Redaction über seine mit
Unterstützung des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästina' s
unternommene Reise in den Dschölän unter dem 22. October 1SS4
folgende vorläufige Mittheilungen gemacht :
»Am 22. August verliess ich Haifa, um meine Arbeit zu beginnen.
Es begleiteten mich zwei Messgehülfen (eingeschulte Eingeborene),
zwei Soldaten, ein Mukäri. ein Koch . ein im Photographiren "nicht
unerfahrener Freund, sowie ein jüngerer Assistent. An den betreffen-
den Orten wählte ich stets landeskundige Eingeborene, die mir die
Ortsnamen nennen und über andere wissenswerthe Ding? Aufschluss
geben konnten. Zuvor jedoch pflegte ich mit dem Schech des betref-
fenden Ortes eine Recognoscirung des \imliegenden Terrains vorzu-
nehmen und mir seine zufälligen Bemerkungen zu notiren. die ich mit
denen der anderen Begleiter vom Dorfe verglich.
IV Personaluachrichten und geschäftliche Mittheilungen.
Au Tiberias auschliessend, mass und berechnete ich eine Breite
des Sees, nahm das Üstul'er auf, bestimmte die Höhe von Fik durch
verschiedene Messungen, bereiste Kai at el-Hösn und dann Fik selbst.
Nachdem ich hier die Basis für meine Aufnahme gemessen, control-
lirt und orientirt hatte, begann ich mit Aufnahme des Terrains nörd-
licli und südlich von Hk bis Kafr Härib und bis an den Jarmük,
wandte mich dann östlich bis zumKukkäd und folgte diesem stromauf-
wärts bis an die untere (südliche) Brücke. Dann besuchte ich
nacheinander den Teil el-Farras, dessen Krater ich genau aufnahm,
den Nebi Akäschi bei Bredscha und begab mich darauf nach Kune-
tra. Von hier aus bestieg ich den höchsten der Hügel, den Teil
AbuVXedda, dessen gewaltigen Krater ich ebenfalls aufnahm, ging
dann nördlich am Teil 'Aräm und Teil Barram vorüber auf die Tulül
Muchfi, die Schecha und den Teil el-ahmar bis an die Birket er-Räm,
die ich gleichfalls aufnahm. Doch konnte ich die Umgebungen dersel-
ben nicht näher durchforschen; hierzu sollte ein Geologe von Fach
gegenwärtig sein , der die sehr interessante Gebirgsformation genau
untersuchen könnte. Zum Teil Abul-Xedda zurückgekehrt, wandte
ich mich südlich gegen den Teil el-Chanzir und Teil Abu Jusef, dann
westlich zu der nach dem Jordan abfallenden Hochebene, durchsuchte
die Ruinen und gelangte bis an die östlichen Abhänge des Hüle-Sees
und des oberen Jordan , konnte jedoch nicht in die Ebene selbst hin-
absteigen, wenn ich den Anschluss an Fik in sicherer Weise erreichen
wollte. Ich durchsuchte nun den Wädi Dschoramäja und entdeckte
dort grosse Dolmenfelder. Von den interessanten Ruinen dieser Ge-
gend fertigte ich Skizzen an. Über den Teil el-Muntär reiste ich nach
El äl und nahm den Wädi es-Samak mit Sküfije etc. auf. In El'äl
photographirte ich Figuren eines Sarkophags, erwarb einen Venus-
kopf (?) aus Basalt — der übrige Theil der Statue war ebenfalls ver-
käuflich — und wandte mich dann nach Fik, um dort meine Reise
abzuschliessen.
Wir begannen unsere Arbeit mit Sonnenaufgang , unterbrachen
sie Mittags auf etwa eine Stunde und endeten sie mit Sonnenunter-
gang. Die Temperatur war angenehm. Nachmittags wehten stets
kühle Westwinde, und Nachts schwankte die Temperatur zwischen 10
und 150 Cels. — Ich habe eine Menge Ruinen und Namen fixirt, die
bisher kaum genannt worden sind. Auch ergab sich, dass die Wasser-
betten der vorhandenen Karten vielfach falsch eingetragen worden
sind. Die Inschriften, die ich fand, waren meist griechische ; in Skü-
Personalnachrichten und geschäftliche Mittheilungen. V
fije und FIk entdeckte ich auch aramäische , von denen icl» Ab-
klatsche anfertigte. Unglücklicher "Weise aber fiel das l'ferd, das diu
Blechbüchse mit den Abklatschen trag, beim Überschreiten des Jordan
in den Fluss , so dass dieselben aufgeweicht und erheblich beschädigt
wurden. Es thut mir dies um so mehr leid, als ich viel Zeit darauf
verwandt hatte . diese Inschriften abzuklatsclien, und um iliretwillen
in Winkel und Höhlen gekrochen war. die nach Aussage der Einge-
borenen noch kein Europäer vor mir betreten hatte«.
Eine zweite Reise in den Dschölän unternahm Herr Schumacher
am 7. December 1884. Während derselben wurde ihm eine Ortslage
mit unbedeutenden Ruinen Namens Selükije 1 Stunde nordöstlich von
El'^äl gezeigt. Dieser Name ist offenbar das alte Seleucia in Gaulani-
tis bei Josephus Antiq. XIII. 15, 3. Bell. jud. II. 20, (> etc. Jedoch
fasst Herr Schumacher diesen Fund etwas vorsichtig auf. Ferner
entdeckte er einige bisher unbekannte ürtslagen auf der Ebene el-Ba-
til.ia in der Nähe des Jordans und fand in Im el-Kanätir im Gebiet
des Wadi es-Samak einige interessante Alterthümer.
Herr Schumacher ist gegenwärtig damit beschäftigt, eine Karte
des von ihm bereisten Gebietes anzufertigen. Die Redaction hofft,
diese Karte nebst den übrigen Ergebnissen der Reise des Herrn
Schumacher noch in diesem Jahrgang der Zeitschrift veröffentlichen
zu können.
Vor kurzem hat die orthodoxe Palästina-Gesellschaft in Russ-
land den Bericht über die Ausgrabungen im Osten der Kirche des
heiligen Grabes in Jerusalem herausgegeben. Es liegt demselben
eine grosse Anzahl von Plänen und photographischer Ansichten bei.
In Verbindung damit hat Baurath C. Schick seine langjährigen Beob-
achtungen über den Lauf der sogenannten zweiten Mauer veröffent-
licht. Vielleicht wird es möglich sein , schon im nächsten Hefte die-
ser Zeitschrift nähere Mittheilungen über diese neuesten Forschungen
in Jerusalem zu machen.
I Geschlossen 25. März 1885].
Die Keiljictioii.
Nachrichten
über
Angelegenlieiteu des Deutschen Vereins
zur
Erforschung Palästina's.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VIII.
Rechenschaftsbericht üher das Vereiusjahr 1884.
Die Verhandlungen über das »Deutsche Palästina-
Museum« in Jerusalem , über die ich im vorigen Rechenschafts-
bericht (ZDPV. VII, S. VII ff.) nähere Mittheilungen machte, haben
im vergangenen Jahre wenn auch nicht eine Lösung, so doch ein
vorläufiges Ende gefunden.
Der geschäftsführende Ausschuss sah sich durch die Nachricht
von dem Verkauf des Museums an Herrn ScHKEiiLER in Jerusalem
vor die Thatsaehen gestellt , dass eine Anzahl von Gegenständen,
die erst in Folge meiner Arbeiten bei Jerusalem dem Museum ein-
verleibt waren und zweifellos dem DPV gehörten, sowie auch die
von Herrn Dr. O. Kersten in Berlin neuerdings, im Vertrauen auf
das Fortbestehen des »Deutschen Palästina -Museums« gestiftete
werthvolle Pflanzensammlung (vgl. ZDPV. VI, S. 226 ff. VU, S.Vm),
an Herrn Schneller mit verkauft und dass die von mir zur Er-
haltung des Museums gemachten und von dem DPV auf Rechnung
übernommenen Auslagen bei dem Verkauf als ein dem Deutschen
Verein in Jerusalem gehörender Werth betrachtet worden waren,
ohne dass eine Entschädigung des DPV in Aussicht stand.
Um zunächst das Eigenthumsrecht des DPV auf gewisse dem
Museum einverleibte Gegenstände zu wahren, habe ich am 23. Mai
1884 ein Verzeichniss derselben an Hei-rn Schneller gesandt und
zugleich die Frage an ihn gerichtet, ob er das Eigenthumsrecht des
DPV auf die bezeichneten Gegenstände anerkenne und ob er ge-
neigt sei, dieselben bis auf weiteres für den DPV aufzubewahren.
Herr Schneller Hess mir durch seinen Sohn, Herrn Pfarrer
Schneller in Bethlehem, unter dem 24. September 18S4 antworten,
dass er selbstverständlich auf das Eigenthum des DPV keinen An-
spruch erhebe, dass er die betreffenden Sachen mit den Gegenständen
seiner eigenen Sammlung in gleiche Pflege genommen habe und
VIII
dass er jederzeit bereit sei, dem DPV alles, was als dessen Eigen-
thum ermittelt werden könne , zur Verfügung zu stellen. Jedoch
könne er nicht die Verantwortlichkeit dafür übernehmen , dass die
Sachen noch vollständig und intakt da seien, wie ich sie in meinem
Verzeichnisse erwähnt hätte , und müsse den "Wunsch aussprechen,
dass das Eigenthum des DPV doch möglichst bald ausgeschieden
werde, weil bei dem stetigen Wachsthum seiner eigenen Sammlung
die Ausscheidung immer schwieriger werde. Am 27. November
IS84 dankte ich Herrn Schneller sen. im Namen des DPV für
seine freundlichen Zusagen und erneuerte" die Bitte, diebetreffenden
Gegenstände für die nächste Zukunft in den Räumen seiner eigenen
Sammlung aufbewahren zu wollen. — Wenn sich auch bezüglich
des von mir übersandten Verzeichnisses einige Differenzen ergeben
haben , so sind dieselben , namentlich gegenüber den obigen Er-
klärungen des Herrn Scknelleb. von geringer Bedeutung. Es
kann demnach diese Seite der Angelegenheit als in befriedigender
"Weise erledigt betrachtet werden.
Früher schon, als ich mich an Herrn Schneller wandte,
hatte ich versucht, die Rechte des DPV auf Ersatz der zum Besten
des Museums gemachten Auslagen (vgl. den vorigen Rechenschafts-
bericht ZDPV VII, S. IX) zu wahren. In demselben Sinne wurde
unter dem 19. September 1884 im Namen des geschäftsführenden
Ausschusses der Vorstand des Deutschen Vereins in Jeru-
salem um Auskunft ersucht, unter welchem Rechtstitel die dem
Deutschen Palästina- Vereine zugehörigen Bestandtheile des Museums
mitverkauft und darnach Frcs. 217,40 als «"Ueberschuss aus dem
Erlös des Museums« im 8. Jahresbericht des Deutsehen Vereins
aufgeführt werden konnten. Die vom 24. October 1884 datirte
Antwort konnte hinsichtlich des Hauptpunktes, der Rechtsfrage, als
eine völlig befriedigende nicht erachtet werden. Da sie jedoch
sichtlich von dem "Wunsche eingegeben war , eine friedliche Bei-
legung der Differenz herbeizuführen ; da ferner durch das freiwillige
Entgegenkommen des Herrn Schneller die Interessen des Palästina-
Vereins bereits gewahrt erschienen, so entschloss sich der geschäfts-
führende Ausschuss — besonders auch aus Rücksicht gegen die im
Deutschen Verein befindlichen Mitglieder des DPV — von einer
weiteren Verfolgung der Angelegenheit Abstand zu nehmen.
So ist der Gedanke, schon jetzt ein Palästina-Museum in Jeru-
salem auf Kosten des DPV zu erwerben und zu unterhalten, nicht
IX
zur Ausführung gekommen. Derselbe wird aucl» niclit eher wieder
aufgenommen werden können, als bis der DPV solche Räume in
Jerusalem erlangt hat, die dauernd für die Unterhaltung eines
Palästina-Museums benutzt werden können. Es ist zu hoffen, dass
durch den geplanten Neubau auf dem Muristän auch für diesen
Zw'eck geeignete Räumlichkeiten beschafft Averden.
Unter den Unternehmungen, die im Jahre 1884 der DPV
unterstützt hat, ist zunächst der Reise des Herrn Professor Dr. W.
A, Neumann aus Wien zu gedenken. Seine Forschungen in Palästina
von Ende Februar bis Mitte April erstreckten sich hauptsächlich
auf Tiberias und Umgegend, auf den südlichen Theil des Dschölän
und auf die nördlichen Ausläufer des Dschebel Adschlün zwischen
Edrä'^t und Umm Kes. Obgleich Herr Professor Dr. W. A. Neuman^
nur einen geringen Theil der ihm vom DPV zur Verfügung ge-
stellten Mittel in Anspruch nahm, ist er doch mit grosser Hingebung
für die Zwecke des Vereins in Palästina thätig gewesen, wie ein
ausführliches während seiner Rückkehr an den Unterzeichneten ge-
richtetes und den Mitgliedern des geschäftsführenden Ausschusses
vorgelegtes Schreiben bewies. Auch hat er den Anlass zu einer
anderen Forschungsarbeit gegeben, die ebenfalls im vergangenen
Jahre, wie ich sogleich erwähnen werde, in Angriff genommen
wurde.
Die Reise des Herrn Ad. Frei (jetzt Pfarrers in Ebnat.
St. Gallen) vom Februar bis Juni 18S4 betraf der Hauptsache nach
zwei Forschungsgebiete , ein südliches , welches Jerusalem und das
Ostjordanland umfasst, und ein nördliches, nämlich die Ufer des
Sees Tiberias. Als erste Frucht seiner Reise und seiner Studien
ist in der ZDPV bereits der Aufsatz über die neu entdeckte
Stephanskirche in Jerusalem veröffentlicht worden. Ob Herr Professor
Dr. W. A. Neumann und Herr Pfarrer Ad. Fkei ihre Forschungen
an den Ufern des Sees Tiberias gemeinsam oder getrennt veröffent-
lichen werden, ist in Erwägung gezogen, bisher aber noch nicht
entschieden worden. Leider hat Herr Pfarrer Ad. Frei nach seiner
Rückkehr mehrere Wochen krank gelegen.
Das wichtigste Unternehmen , mit dem der Ausschuss sich im
vergangenen Jahr zu beschäftigen hatte, war ein Anerbieten des
Herrn Ingenieur G. Schumacher in Haifa, mit Unterstützung des
DPV Messungen im Dschölän vorzunehmen und eine Karte des
Landes zwischen dem Jarmük im S. und der Birket er-Riim im X.
X
anzufertigen. Das Verdienst, die Anregung zu diesem Plan gegeben
zu haben, gebührt Herrn Professor Dr. "NV. A. Neumann, der bei
seinem Aufenthalte in Haifa mit Herrn Ingenieur G. Schumacher
bekannt ^\■^lrde. Längere Verhandlungen zwischen den Mitgliedern
des Ausschusses und des weiteren Comite's einerseits und mit
Herrn Schumacher andererseits führten zu dem gelegentlich der
Generalversammlung in Dessau am 2. Oktober 18S4 gefassten Be-
schluss, Herrn Schumacher's Anerbieten definitiv anzunehmen und
ihm die gewünschte Unterstützung im Betrage von 2000 Jl zu be-
willigen. Man darf mit Spannung den Ergebnissen dieser Forschungen
entgegensehen.
Auch an dieser Stelle sei erwähnt, dass die Geschäfte der
Vereinsleitung seit dem Ende des vergangenen Jahres zwischen
den Mitgliedern des geschäftsführenden Ausschusses so getheilt sind,
dass die Professoren Kauxzsch und Socin in Tübingen die Sekre-
tariatsgeschäfte übernommen haben, die lledaction der Zeitschrift
und die Verwaltung der Palästinabibliothek dagegen in den Händen
des Unterzeichneten geblieben sind.
Es sei mir gestattet, im Namen des Ausschusses hier die
Wichtigkeit des Beschlusses der dritten Generalversammlung des
DPV betreffend die Zahlung der rückständigen Jahres-
beiträge sowie der Jahresbeiträge überhaupt, zu betonen.
Auf Antrag des HeiTn Dr. O. Kersten wurde beschlossen, »dass
vor der laut § 13 der Statuten vorgeschriebenen Einziehung durch
die Post an die säumigen Mitglieder direct, nicht als Beilage zur
Zeitschrift eine gedruckte Mahnung in unverschlossenem Brief-
umschlage gesandt werde« (vgl. ZDPV VII, S. XXVII f.) Dieser
Beschluss hat nach § 9 unserer Statuten für die gesammte Gesell-
schaft bindende Kraft. Für die Ausführung dieses Beschlusses ist
der Grundsatz angenommen , dass der Beitrag für das laufende
Rechnungsjahr als fällig gilt, sobald das erste Heft, resp. das erste
Doppelheft des entsprechenden Jahrganges der Zeitschrift in die
Hände der Vereinsmitglieder gelangt ist. Im Falle nicht erfolgter
Zahlung werden die Mitglieder von dem Kassirer des Vereins durch
eine besondere Aufforderung um Berichtigung ihres fälligen Bei-
trages ersucht werden. Ist derselbe bis zum 1. Juli des laufenden
Rechnungsjahres nicht eingegangen, so wird er nach § 13 der
Statuten durch die Post oder, wo solches nicht zulässig, auf anderem
Wege eingezogen werden (vgl. ZDPV VII, S. XXIX f.).
XI
Der Zuwachs der Palästina -Bibliothek während do^t Jahres
18S4 findet sich theils in Bd. VII, S. XIV fi'. , theils in Bd. Vlll,
3. XIV if. verzeichnet. Besondere Erwähnung verdient, dass das
grosse englische Werk über die Aufnahme des "Westjordanlandes,
sowie die Bände der Statements jetzt vollständig in unserer Biblio-
thek vorhanden sind. Allen denen, die durch Zusendungen den
Bestand unserer Bibliothek vermehrt haben, sei an dieser Stelle der
wärmste Dank des Vereins ausgesprochen. — Ich schliesse mit dem
Ausdruck des lebhaften Dankes an die Herren Professor Dr. .1.
Gildemeister in Bonn und Pfarrer Dr. C. Furueii in Zürich, die
auch für das Jahr 1884 die Jahresrechnung des Vereins mit .ge-
wohnter Sorgfalt geprüft haben.
Leipzig, 17. Mai 1885.
Für den Ausschuss :
H. GUTHE.
Auszug aus der Kecliuuug über Einnahme und
Eiuuahmeu.
Jl 3017. 62 .^ Cassen-Bestand vom Jahre 1883.
M 405. 10 ^ Rückständige Jahresbeiträge von 1879—1883.
- 3357. 53 - Laufende Jahresbeiträge pro 1884.
- 98. 50 - für 3 Jahrg. I, 2 Jahrg. IL IIL 1 Jahrg. IV. V.
2 Jahrg. W. und 1 Jahrg. V. Heft 4.
- 743. 60 - für 4 Jahrg. I, 5 Jahrg. II, 4 Jahrg. III,
4 Jahrg. IV, 9 Jahrg. V, 8 Jahrg. VI,
59 Jahrg. VII und 5 einzelne Hefte durch
- 4604. 73 - den Buchhandel abgesetzt.
Jl 5. — ^ von Jul. Isenbeck in Wiesbaden durch Pfarrer
L. Conrady in Miltenberg für den Expedi-
tionsfonds.
1. — - für 1 Kärtchen: Das Land zwischen Jerusalem
G. — - und dem Todten Meer.
Jl 45. — ä^ für getrennte Coupons von 5 Stück Z% Säch-
sische Rente ä 300 Jl. v. October 1883 —
October 1884.
30. — - desgleichen von 1 Stück Z% Sächsische Rente
75. ä 1000 .//. pro 18S4.
16. 90 - Gutschrift an Zinsen für vor dem Zahlungs-Termin gezahlte
Rechnungen.
Ji 7720. 25 ^ Summa der Einnahmen,
- 5896. 47 - - der Ausgaben.
.// Xhl-S. 78 3^ Bestand baar.
An Vermögen besitzt der Verein ferner :
Jt 840. — ^ \ Stück '6% Sächsische Rente ä 1000 Jl zum
Cours von 84, — .
- 1260. — - 5 Stück "6% Sächsische Rente ä 300 Jl zum
Jl 2100. — ^ Cours von 84,—.
Ausserdem sind noch ca. Jl 1000. — an Jahresbeiträgen
rückständig.
Die Jahresrechnung des Palästina- Vereins für 1884 ist nach
Bonn, 1. April 1885.
Ausgabe der Kasse des DPV. im Jahre 1884.
Ausgaben.
Jl 1477. 79 ^ für Druck, Litho5i;ruphie etc. der Zeitschrift Band VII und
von Accidentien.
59. 65 - - Buchbinder- Arbeiten.
Honorar, als :
Jl 500. — ^ für Redaction der Zeitschrift von 1884.
- S30. 16 - - 330. 16 - - Beiträge zur Zeitschrift.
150. — - für Cassaführunp: an den Buchhalter.
249. 39 - - Porti, Absclireibekosten etc.
- 3106. 25 - - Reiseunterstützungen.
15. 20 - - Zeichnungen ausgegrabener Gegenstände.
8. 23 - - Packpapier etc. zur Versendung der Zeitschrift.
Ji 5896. 47 3p Summa. der Avisgaben.
Karl Baedeker, d. Z. Kassirer.
eingehender Prüfung durchaus richtig befunden worden.
J. Gildemeister.
K. FURRER.
Terzeiclmiss der vom 27. April 1884 bis zum 28. Mai 1885
für die Palästiua-Bibliotliek eiugegaugeueu Bücher,
Zeitschriften u. s. w.
Von den HeiTen Verfassern:
209. Vogel, Aucjusi, Nach Kanaan. Tagebuch einer Reise durch Aeiiypten,
Palästina und GriechenUind. Mit vier Plänen, Gütersloh, C. Bertels-
mann. 18S5.
210. Ludolphi de Sudheim de itinere terre sancte et descriptionem terra
sancte edidit G. A. Neumann. Paris, E. Leroux 1884. (Extrait des Ar-
chives de l'Orient latin. Tome II, 2, 1883. p. 305—377.)
Durch Herrn P. Seinicke in Jerusalem (Jetzt Professor in Wittenberg) :
211. Dreiundz-wanzigster Jahresbericht des syrischen "Waisenhauses in Jeru-
salem vom Jahr 1883. Druck von C. W. Mayer in Schorndorf. Jeru-
salem, Waisenhaus (ohne Jahr).
212. Bericht über das Aussätzigen- Asyl in Jerusalem für das Jahr 1883.
Druck von Fr. Lindenbein in Herrnhut. Datirt: Berthelsdorf bei
Herrnhut, März 1884).
Von den Redactionen:
213/214. Oesterreichische Monatsschrift für den Orient. Herausgegeben von
dem orientalischen Museum in Wien. Red. von A. von Scula. Zehnter
Jahrgang. Nr. 5—12. Mai — Dezember 1884. Wien 1884. 4.— Elfter
Jahrgang. Nr. 1 — 5. Jänner — Mai 1SS5. Wien 1885. 4.
215/216. Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande. Neue Folge. Heraus-
gegeben von Lic. C. Hoffnumn. 28. Jahrgang. Heft 2 — Ü. Berlin 1S84.
8. — 29. Jahrgang. Heft 1 u. 2. Berlin 1885. 8.
217/218. Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie, herausgegeben von
J. I. Kettler. Band IV, Heft 2—0. Wien 1883. Gr. 8. — Band V,
Heft 1 u. 2. Gotha 1884. Gr. 8.
219/220. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Red.
von Prof. Dr. E. Windisch. Band 38. Mit 4 Tafeln. Leipzig 1S84.
8. — Band 39, Heft 1. Leipzig 1885. 8.
221/222. Revue archeologique (Antiquite et moyen äge). Public sous la
direction de 3IM. Alex. Bertrand et G. Perrot. Troisieme Serie. 2^
annee. Mars — Decembre 1884. Paris, 1883. 8. — Troisieme serie.
3c annee. Janvier — Avril 1885. Paris. 1884. 8.
223/224. Warte des Tempels. Wochenblatt zur Belehrung über die wich-
tigsten Fragen unserer Zeit. Herausgegeben von Chr. Hoffmann und
Chr. Paulus. Stuttgart 1884. Nr. 18—52. 4. — 1885, Nr. 1—22.
XV
225/226. Wochenblatt der Johanniter-Ordens-Ballcy Braiuleiiburf;. 2Ö. Jahr-
gang. Nr. 17—52. Berlin 1884. 4. — 2Ü. Jahrgang. Nr. 1— 2U. Berlin
1885. 4.
Von dem Verein für Erdkunde in Halle:
227. Mittheilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle a. S. 1884. Halle
a. S., Tausch & Grosse. 1884. 8.
Von der Geographischen Gesellschaft in Bremen :
228. Deutsche Geographische Blätter. Herausgegeben von der Deutschen
Geographischen Gesellschaft in Bremen. Band VH. Bremen 1h84. 8.
221). Catalog der Argentinischen Ausstellung, veranstaltet von der Geogra-
phischen Gesellschaft in Bremen im Tivoli- Saale. Mai — Juni 1884.
Mit Uebersichts-Karte von Argentinien. (Anlage zu Heft 2, Baml VII
der Deutschen Geographischen Blätter.) 2. Auflage. Bremen 1884.
G. A. v. Halem. 8.
Von dem Verein für Erdkunde in Leipzig :
230. Mittheilungen des Vereins für Erdkunde zu Leipzig. 1 88:3. Abteilung I,
mit drei Karten. Abteilung II, mit einer Karte. Leipzig, Duncker &:
Humblot. 1884. 8.
Von der Geographischen Gesellschaft (für Thüringen) zu Jena:
231. Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft (für Thüringen) zu Jena.
Herausgegeben von G. Kurze und Dr. F. Regel. Band III, Heft 1 — 4.
Jena, G. Fischer 1884. 8.
Von der Societe de Geographie in Paris:
232/233. Bulletin de la Societe de Geographie. Septieme serie. Tome V.
ler_4e Trimestre 1884. Paris 18S4. S. — Tome VI. l"Trimestre 1885.
Paris 1885. 8.
234/235. Compte rendu des seances de la commission centrale. Seance du
18. Avril 1884. — Seance du 8 Mai 1885. Paris. 8.
Voti dem Verein vom heiligen Grube in Cöln :
236/237. Das heilige Land. Organ des Vereins vom heiligen Grabe. 28. Jahr-
gang, Heft 1—6. 1884. Cöln 1884. 8.— 29. Jahrgang, Heft 1. Cöln
1885. 8.
Von der Geographischen Gesellschaft in Bern :
238. VI. Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft von Bern. 1883/'1S84.
Redigirt von G. Reymond-le Brun. Bern, Paul Haller. 1884. 8.
Von dem Verein für Erdkunde in 3Ietz:
239. VI.— VII. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz für 1883 —
1884. Metz, G. Scriba. 1885. 8.
Von der k. k. Geographischen Gesellschaft in If'ien:
240. Mittheilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft in Wien. 1884.
Herausgeg. vom Redactions- und Vortrags-Comite. Redacteur : I'. c.
Haardt. XXVII. Band (der neuen Folge XVII). Wien. Ed. Hölzel.
1884. 8.
XVI
Von (hin Palestine Exploration Fund:
241/242. Quarterly Statement 1880, July. 1881, April, July , October.
4 Hefte 8.
Durch die Redaction der ZDPV:
243/244. Missionsblad frän Palästina 'Herausgeber: KA\^e\\?L\\ Herman Hag-
berg in Falun . Jahrgang 1SS4. Nr. 4—12. Falun 1^84. S. — Jahrgang
188'5, Nr. 1. Kristiania 1885.
245. Jahresbericht des Keal - Progj-mnasiums zu Oldesloe. Ostern 1884.
Inhalt: 1) Dalmanutha. Geographisch- linguistische Untersuchung zu
Marc. 8, 10 und Matth. 15, 39. Von Ur. Martin Schultze. 2) Schul-
nachrichten. Von demselben. 1884. Progr. Nr. 271. Druck von
J. Schüthe in Oldesloe.
Durch Ankauf:
246/252. The memoirs of the survey of "Western Palestine. General editors:
Prof. E. H. Falmer, M. A., and Walter Besant, M. A.
Vol. I — III: Memoirs written to accompany the sheets of the Map.
By Captains Conder and Kitchener, R. E. Galilaea. Samaria. Judaea.
Vol. IV: The Name Lists in Arabic and English. Edited by Prof.
E. H. Palmer.
Vol. V: Special Papers on the Archaeology, Topography, etc. of the
Country. Reprinted from the Quarterly Statement.
Vol. VI: Jerusalem. (A complete account of the Excavations and
Researches in Jerusalem from 1866 to the present time.: With a Port-
folio of Fifty Plates. By Col. Sir Charles Warren and Capt. Claude
Reignier Conder.
Vol. VII : The Flora and Fauna of Palestine. Richly illustrated.
By the Rev. Canon Tristram.
(Die grosse englische Karte ist schon 18S1 gekauft worden.;
253/255. Quarterly Statement for 1882, Heft 1—4. 1883. Heft 1—4. 1884,
Heft 1—4. b.
Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder des Deutscheu Tereius
zur Erforschuug Palästiua's.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser und König von Pkeussen.
Seine Majestät der König von Württemberg.
Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des Deutschen
Reichs und von Preussen.
Alstein, Fr., Lehrer in Lüneburg.
Antonin, Archimandrit in Jerusalem.
Arndt, Dr. Theodor, Prediger an der St. Petrikirche in Berlin.
Ascherso7i, Dr. P., Professor in Berlin.
Auerbach, Dr. Z., llabbiner in Halberstadt.
Auning, Pastor in Sesswegen, Livland.
Bam-ts, Pastor in Kösslitz bei Weissenfeis.
Baedeker, K., in Leipzig.
Ball, Dr., Ober-Consistorialrath in Coblenz.
Barrelet, J., Pastor in Sagne, Neuchätel.
Bassermann, Dr. H., Professor in Heidelberg.
Baethcke, Pfarrer in Schwarzhausen (Thüringen) .
Bättig, Niki., Vikar in Kriens, Canton Luzern.
V. Baudissin, Graf, Dr. W., Professor in Marburg.
Baur, J., Pfarrer in Dietershof en bei Klosterwald.
Baur, Dr. G., Consistorialrath u. Professor in Leipzig.
Behm, Dr. phil. Heinr., Pastor in SchlieflFenberg Mecklenburg .
Be/irmann, Hauptpastor an St. Michaelis in Hamburg.
xvm
Berliner . Dr. A., Docent am Rabbinerseminar in Berlin.
Berthe.au, Dr. E., Geh. Reg.-Rath u. Professor in Göttingen.
Bertheau, Carl, Pastor an St. Michaelis in Hamburg.
Bibliotheken :
der Akademie von Neuchätel .Schweiz), Dr. Domeier.
de l'ecole des langues orientales Vivantes in Paris (Ch. Sehe/er).
der Hochschule für die Wissenschaft des Judenthums in Berlin,
Prof. Dr. Lazarus.
der Synagogengemeinde in Breslau,
der israel. Cultusgemeinde in Wien,
des Rabbiner-Seminars in Berlin, Dr. A. Berliner.
Gymnasialbibliothek in Ehingen.
in Rottweil.
Königliche Bibliothek in Berlin.
Königliche öffentliche Bibliothek in Stuttgart.
des evangelisch-lutherischen Landes-Consistoriums in Dresden,
des Königlichen Lyceum Hosianum in Braunsberg (Ostpreussen).
Landesbibliothek in Wiesbaden.
Library Union Theological Seminary in New York.
Ministerialbibliothek in Schaffhausen, C. A. Bächtold, Pfarrer.
Öffentliche Bibliothek in Basel, Dr. L. Sieber.
- in Leyden, Holland,
des evangelischen Seminars in Tübingen.
Stadtbibliothek in Frankfurt a/Main, Dr. Haueisen.
in Hamburg, Dr. Isler.
in Mainz, Dr. Velke.
Universitätsbibliothek in Amsterdam.
- in Bonn.
- in Dorpat.
- in Erlangen.
- in Giessen.
- in Halle.
- in Leipzig,
in Marburg.
- in Prag.
- in Strassburg i. E.
- in Tübingen.
- in Utrecht.
XIX
BicJcell, Dr. G., Professor in Innsbruck.
Boe/il, Dr. E., Professor in Wien.
Bourgeois, Dr. G., Pastor in Le Creuzot, Frankreich.
Brüll, Dr. Adolf, in Frankfurt a/M.
Bri'mnotv, Rudolf E., cand. phil. in Vevey.
Biidde, Dr. C, Professor in Bonn.
Burckhardt-Zahn, Ed., Kaufmann in Basel.
Cassel, Dr. tli. P., Professor und Pastor in Berlin.
Chaplin, Dr. med. Thom., in Jerusalem.
Chapuis, Dr. F., Professor in Lausanne.
Christmann ^1 Vicedirector in Beirut.
Chwolson, Dr. Dan., wirkl. Staatsrath und Professor in St. Petersburg.
Clausen, Consistorial-Rath in Brügge bei Bordesholm (Holstein) .
Ballon, Consistorial-Rath in St. Petersburg.
Delitzsch, Dr. Franz, Professor in Leipzig.
Dieckmcmn, R., Pastor in Beggerow bei Demmin.
Dillmanti, Dr. A., Professor in Berlin.
Duisbery, W., in Jerusalem.
Ebers, Dr. G., Professor in Leipzig.
EcJcardt, Karl, evang. Pfarrer in Prag.
Ehinger-Hetisler, Alph., in Basel.
Einszier, Dr. med. A., Stadtarzt in Jerusalem.
Euting, Prof. Dr. /., Oberbibliothekar in Strassburg i. E.
Fahrngruber , Johann, bischöflicher Secretär in St. Polten, Nieder-
üsterreich.
Fag, F. R., Pfarrer in Crefeld.
Fehr, Dr. Fredrik, Pastor primarius in Stockholm,
Fell, Dr. Win., Gymnasiallehrerin Cöln.
Fleischer, Dr. H. L., geh. Hofrath u. Professor in Leipzig.
Förstemann, Dr., Oberbibliothekar in Leipzig.
Fraas, Dr. O., Professor in Stuttgart.
Frank, Dr., Rabbiner in Cöln.
Frei, A., Pfarrer in Ebnat, Canton St. Gallen (Schweiz).
Frenkel, Dr. E., Gymn. -Oberlehrer in Dresden.
Fromme, Pastor in Wersabe (Post Sandstedt bei Bremen) .
Frutiger ^ Comp., J., in Jerusalem.
Furrer, Dr. K., Pfarrer in Zürich.
Gatt, G., kathol. Missionar in Gaza.
Gautier, Dr. Luden, Professor in Lausanne.
XX
r. Georqii, Dr.. Prälat in Tübingen.
Geyser, N., Pastor in Gruiten hei Haan. Reg. -Bez. Düsseldorf.
Gildemeister, Dr. /. , Professor in Bonn.
Giitsburg, Dr., in Chertsey England].
Ginsburff, Rev'^ Dr., in London.
Gladrow, Zahnarzt in Beirut.
de Goeje, Dr. M., Professor in Leyden.
Goldziher, Dr. /., Docent an der Universität in Budapest.
Goldinami, Samuel, Cantor in Gr. Kanizsa, Ungarn.
Gosche, Dr. R., Professor in Halle.
Grigor, A. B. 3/., in Glasgow.
Grossmann, Lic. Dr., Superintendent in Grimma.
Grünhaum, Dr. M., in ]München.
Grünert, Dr. Max, Docent in Prag.
Grundt, Dr. F. J., Oherlehrer in Dresden.
Gunning , J. H., Dr. theol., ref. Pred. in Bennebroek hei Haarlem
(Holland) .
■ Guthe, Lic. H., Professor in Leipzig.
Hagherg, Herman, Pastor in Falun, Schweden.
Hagenmeyer, ev. Pfarrer in Ziegelhausen bei Heidelberg.
Hagerup, H., Buchhändler in Kopenhagen.
Halberstamm, S. J. , in Bielitz, Österreich.
Halevy, J., Professor in Paris
Harkavy, Prof. Dr. Alb., Bibliothekar an der k. öfFentl. Bibliothek in
St. Petersburg.
Hartmann, Dr., Kanzler des kais. deutschen Consulats in Beirut.
Heinrici, Dr., Professor in Marburg.
Helle, Dr. Fr. W., in Ossegg bei Teplitz.
Herqtiet, Dr., Staatsarchivar in Aurich.
Hertz, H., in Winnington Hall, Northwich, Cheshire.
Heucke, Pastor in Schwerin i. M.
Heussler, G., Pfarrer in Basel.
Hildesheimer , Dr. /. , Seminardirector in Berlin.
Hildesheimer , Dr. H., in Berlin.
Hildesheimer, A., in Halberstadt.
Hildesheimer, Levi, in Odessa.
Himpel, Dr. F., Professor in Tübingen.
V. Hitrowo, B., kais. russ. wirkl. Staatsrath in Petersburg.
XXI
Ilnjpmnnn. Lic. C, Supovintondont in Fvannndorf Ikm Ziillclunv.
R.-Bez. Stettin.
lloffmann, Christoph, Vorsteher des Tempels in Jerusalem.
Hoß'mann, Dr. G., Professor in Kiel.
Hollenberg, /. , Gj^mnasial-Oberlehrer in Bielefeld.
Hommel, Dr. Fritz, Professor in München.
Hoernle, Dr. A. F. Rudolf, Oßg. Principal Madrasah Calciilta.
IlUs, Sfefa?!. ■/.. Z. auf Reisen.
Joffe, Sarrmcl, Commerzienrath in Posen.
Jäger, Louis, Bxichhändler in Basel.
Kaffnn. Dr. /. . Professor in Berlin.
Kaim, Dr. phil. F., in London (?).
Kalmus, Julius, in Berlin.
Kaempf, Dr. 8. J., Professor in Pra^j.
Kamphausen, Dr. A., Professor in Bonn.
Kappes, Kaufmann in Beirut.
Kautzsch, Dr. E., Professor in Tübingen.
Kersten, Dr. phil. Otto, in Berlin.
Kiepert. Dr. H., Professor in Berlin.
Kiepert, Dr. phil. R., in Berlin.
Kind, Dr. A., Diakonus in Jena.
Kinter, P. Maurus, O. S. B., Stiftsarchivar in Raigern hei Brunn.
Kinzler, Adolph, Pfarrer im Missionshaus in Basel.
Klaiher, Dekan in Göppingen, Württemberg.
Kleiyi, Stadtpfarrer in Pforzheim.
Klein, Rev. F. A., in Cairo.
Knher-Gnbat, P. J. F., in Basel.
Koch, A. W., Hofprediger in Sofia.
Kögel, Dr., Oberhofprediger in Berlin.
Köhler, Dr. A., Professor in Ei-langen.
Kol, E., Bankier in Utrecht.
König, Dr. /. , Professor in Freiburg i. P)r.
König, Lic. Dr. E., Oberlehrer u. Docent a. d. Universität in Leipzig.
Körten, l'farrer in Rölsdorf bei Düren.
Kr äfft, Dr., Professor in Bonn.
Krähe, Dr. phil. Ed., Stadtschulratli in Halle a/S.
Krehl, Dr. L., Geheimer Hof-Rath, i'rofessor und ()lirrlii1.1intlicU:ii
in Ticipzig.
Krenkel, Dr. Max, in Dresden.
Ztsdir. a. Pal.-Ver. VIII. b
XXII
lüigler, Dr. B., Professor in Tübingen.
Kiiper, Dr., Consistorialrath in Stettin.
de Lagardc. Dr. /'., Professor in Göttingen
r. Landherg, Dr. Carlo Graf, in Stuttgart.
Landgraff, Dr. 77/.. in Heidelberg {?).
Lange, Regienmgs- und Baurath in Cassel.
Lnoy, Dr. /., in Breslau.
Legding. Superintendent in Geversdorf a/d. Oste (Hannover).
Legrer, Pfarrer, l'lochingon (Württemberg i .
Lindner, Dr. //;•., Docent an der Universität in Leipzig.
Lnrange, Dr. med., in Beirut.
liortet . Dr. Ad., Doyen de la faculte de medicino et de pliarniacie in
Lyon.
Lntz, Dr. Wilhelm, Professor in Wien.
Loytved, königl. dänischer Vice-Consul in Beirut.
Lütge. H., Pastor in Amsterdam.
Jj'iltieke, Viee-Consul des deutschen Reiches in Damascus.
LJiltke, M., Oberpfarrer in Schkeuditz bei Halle a/S.
Märcher, Franz, Seminarlehrer in Alt-Döbern bei Cottbus.
Marti, Karl, Lic. theol., Pfarrer in Muttenz (Kanton Baselland).
Mehnert, O., in Dresden.
Menzel, Dr. A., Professor in Bonn.
Merx^ Dr. A., Professor in Heidelberg.
Michaelis, Adolf, Rittergutsbesitzer zu Gross-Reichen bei Liegnitz.
Miescher, E., Pfarrer in St. Gallen.
V. Moltke, Graf, Exe, Feldmarschall in Berlin.
Mond, Ludwig, in Winnington Hall, Northwich, ('heshire.
Mühlau, Dr. F., kais. russ. Staatsrath, Professor in Dorpat.
Müller, Dr. A., Professor in Königsberg i. Pr.
V. Münchhansen, Freiherr, kais. deutscher (Konsul in Kiew.
Mnnk, E., Rabbinatsassessor in Altona.
Napier, Jf. IL, Rev. in liondon.
Nestle, Dr. E., Gymnasial-i^-ofessor in Ulm a/D.
Neumann, Dr. IV. A., Professor in Wien.
Neg, Kaufmann in Beirut.
Nöldeke. Dr. 77,.. Professor in Strassburg i. V,.
Nowack, Dr., l'rofessor in Strassburg i. E.
Oort, Dr. //., l'rofessor in Leiden.
r. Orelli, Dr. C, Professor in Basel.
xxin
V. Orlcnbcnj, K., (J ymiuisiulk'lii-ci- iu Ncrdun, ll;iiiiu)vi;r.
Osgood, Howard, Professor in New- York.
Vidm, August, Professor am Gymnasium in MantilK-iin.
Palmer, F., Vorsteher der englischen Zionsschuh- in .Icnisah-iii.
Paulus, Dr. /. G. P/i., Pfarrer in Cleversulzbach Itci Ncuenstudt ,
Württemberg.
Paulus, Dr. med. Franz, in Stuttgart.
Pei7i, Pastor in Beirut.
Philippi, Dr. F., Professor in Kostock.
P/ioiiüs , Archidiakonus in Mitylene.
Pick, Dr. B., Rev. in Alleghcny, Pa.
Prahl, H., Pastor in Mögeltondern.
Prcisivc9-k, S., Pfarrer an St. Alban in Basel.
Pryvi, Dr. E., Professor in Bonn.
Rahencr, M. S., Director in Jassy, Rumänien.
Ruiniss, Julius, Professor und Pfarrer in Zircz, Ungarn.
Reinicke, Lic. Dr., Professor am evangelischen Prediger -Seminar in
Wittenberg.
Reiiz, Dr., kaiserl. deutscher Consul in Jerusalem.
Reusch, Dr. F'. H., Professor in Bonn.
Rcuss, Dr. E., Professor in Strassburg i. E.
Richter, Dr. /. P., in London.
Rie/mi, Dr. E., Professor in Halle a/S.
Riess, Dr. R., Domkapitular in Rottenburg a. N.
Riggenbach, Dr. /. , Professor in Basel.
Ritter, Gustav, Pastor in Hamburg.
Röhricht, Dr. R., Professor in Berlin.
Röpe, H., Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg.
Rösch, G.. Pfarrer in Hermaringen im Brenzthal, ^Vg.
V. Rosen, Baron V., Professor in St. Petersburg.
V. Roth, Dr. R., Professor in Tübingen.
Rothe, H., Seminarlehrer in Cammin. Pommern.
Rothstein, Lic. Dr., in Halle a/S.
Ruetschi. Dr. R.. Decan u. Professor in Bern.
Rgssel, Lic. Dr. V. , Überlehrer und Professor a. d. Iniversitat in
Leipzig.
Sachse. Dr. G.. Gymnasial-Oborlehrer in Posen.
Sandberger, F., Dekan in Tübingen.
Sandel, Theodor, Architect in Jerusalem.
XXIV
Samlreczki, Dr. med., in Jt'iusalcm.
Sandrecz/ii, Dr. C. , in Passaii.
Sarusin- Bifichoß', Theodur, Kaufmann in Basel.
Sarasin-Stehim . lind., Kaufmann in Basel.
Sattler, Dr. E., Privatier in Fhmtern b/Zürich.
Schach, Lehnsgraf zu Schackenburg bei Mögeltondern.
Sc/ianz, Dr. F., Professor in Tübingen.
Sehe/er, Ch., membre de Tlnstitut in Paris.
Schegg, Dr. F., Professor in München.
Schick, Conr., königl. Württemberg. Baurath in Jerusalem.
Schlottmaim. Dr. C , Professor in Halle a/S.
Sch7nuUer, Dekan O., Pfarrer in Derendingen, Württemberg.
Schnabl, K., Propstei-Cooperator an der Votivkirchc in Wien.
Schnedermami , Lic. Dr. Georg, in Basel.
Schöneche. L., Kaufmann in Jerusalem.
Schröder, Dr. E., Professor in Berlin.
Schrameier, Dr. W., in Berlin.
Schroeder, Dr. F., kaiserl. deutscher Konsul in Beirut.
Schröder Dr. Carl Friedrich, Pfarrer a. D. in Cannstatt.
Schröder, Dr. phil. C, Grossherzogl. Bibliothekar in »Schwerin.
Schulte, Dr. Franz, Domcapitular in Paderborn.
Schultz, Dr. Fr. W., Professor in Breslau.
Schürer, Dr. E., Professor in Giessen.
Schwarz, G., Director der deutschen Schule in Beirut.
Seebass, Dr. phil. Otto, in Dessau.
Seil, 0., Diaconus in Leipzig.
Seil, Richard, Pfarrvikar in iStepfershausen bei Meiningen.
Siegfried, Dr. K., Prof. in Jena.
Sieveking, Dr. med. Wilhelm, in Hamburg.
Sigrist- Weber, C, Kaufmann in Beirut.
Stnend, Lic. Dr. Rud., Professor in Basel.
Socin, Dr. A.. Professor in Tübingen.
Sommer, Dr. /. G., Professor in Königsberg.
Spaich, Pfarrer in Degenfeld bei Schwab. -Gmünd.
Sprenger, Dr. A., in Heidelberg.
Stade, Dr. B., Professor in Giessen.
Stachelin, Dr. E., Pfarrer in Basel.
S taiger, Missionar in Beirut.
Steck, R., Professor der Tlicologie in Bern.
XXV
Shlf'vnavn, Dr. 7i. , l'iitlL'ysui- in IJascl.
Steinvr, Dr. IL, rrofessor in Zürich.
Stvnykin, Reichsanwalt in L(3i[)zi^^
Stenhuuse, llev. Dr. T/iumas, in liOiuloii.
Sternickel, Arthur, in Biala bei liicslil/, (l)sterr. Schlesien) .
Sttckcl, Dr. /. G., Professor in Jena.
Sluckmeyer, Dr. /. , Antistes und Professor in Basel.
Strack, Dr. Herrn. L., Professor in Berlin.
Strauss, Dr. F. A., Hofprediger in Potsdam.
Sülze, Dr. E., Pastor in Dresden-Neustadt.
Si/rsock, Dragoman des kaiserl. deutschen Cpnsulats in Beirut.
Tliomscn, Pastor in Sterup, Schleswig-Holstein.
Thorhecke, Dr. //., Professor in Heidelberg.
V. Ustinotv, Baron Plato, in Jafa.
Vuleton, Dr. /. /. P., Amersfoort, Niederlande.
Vereine :
Alliance israel. universelle in Paris.
Capitel-Leseverein von Gunzenhausen (Bayern), Pfarrer Stähliu.
Deutscher Verein in Jafa.
Deutsch-Israelitischer Gemeindebund in Berlin.
Jüdischer Lesezirkel in Fürth, Rabbiner Dr. Neuhürger.
Lesegesellschaft »zur Harmonie« in Frankfurt a/M., Ad. Barr.
Palestine Exploration Fund in London.
Pastoral-Gesellschaft, Anhalt-Dessauische, Archidiacunus Hesse
in Dessau.
Tübinger Diöcesan-Verein, Dekan Sandherger in Tübingen.
Vischcr-Heusler, Dr. W., Professor in Basel.
Vogel, A., Pfarrer in Hohen-Reinkendorf b. Tantow, Pommern.
Volck, Dr. W., kais. russ. Staatsrath und Professor in Dorpat.
Vtdlletimier, Dr. H., Professor in Lausanne.
Wackernagel, W., Rev. Prof. in Allentown, Pennsylvaiiini.
Wagner hf Dehes, Geographische Anstalt in Leipzig.
Waldmeyer, Missionar in Beirut.
Walther, Jules^ Pasteur in Avenches, Schweiz.
Weiss, Dr. H., Prof. theol. in Tübingen.
Wellhausen, Dr. /. , Professor in Marburg.
Werner, H., Helfer in Nürtingen, Württemberg.
XXVI
Weser, Lic. //., Tastor in Berlin.
JVei/ri(7i. Pastor in Arrasch, Livland.
Wihun, Charles W., Major 11. E. in London.
Witte, Landgerichtsdirektor in Breslau.
Wulff, Dr. Ph., Stadtpfarrer a. D., in Tübingen.
Wolters, Rev. Th. F., in Jerusalem.
Ifriff/it, Dr. W., Professor in Cambridge, England.
Zander, Gymn. -Oberlehrer in Gütersloh.
Zeller, Rev. /. , in Cannstatt.
von Zteten-iSc/iwerin, Graf zu Janow bei Clempenow, Kreis Anclam.
Zimmei-mann, Dr. C. in Basel.
Geschlossen am 23. Juni 1S85.
Die Rcdactiuu.
Persoiialiijiclnicliteii und geschiiniiclic MililMiliiii-ni.
Als Mitiflioder sind dem Veroino beigefroton :
Evang-oliseh-lulliorisdies I-.andes-Oonsistovium in Dresden.
Hertz, IL, in Winninfi:ton Hall bei Norllnvic.li, Knj^land.
Mond, Ludivig, » » » »
Sec/iass, Dr. pliil. Otto, in Dessau.
Durch den Tod verlor der Vorein das Mitglied :
Seine Königliche Hoheit den Fürsten Anton von Hohenzoli.kkn-
8lG MARINGEN.
Die Mitglieder des geschäftsführenden Ausschusses, Herr Dr.
0. Kersten in Berlin und Professor^. Guthe in Leipzig, haben im
Einverständniss mit den übrigen Ausschussmitgliedern am 12. M:lr/,
d. J. der physikalisch - mathematischen Klasse der königlich preus-
sischen Akademie der Wissenschaften in l^erlin »den Plan einer
geologischen Untersuchung des südöstlichen Hermon und des Landes
im Osten des oberen Jordanlaufes, namentlich der Landschaft Dschö-
län« vorgelegt und daran die Bitte geknüpft, die zu dieser Unter-
suchung erforderlichen Mittel zu bewilligen. Die genannte Klasse der
königlich preussischen Akademie der Wissenschaften hat durch Bc-
schluss vom IG. April dieser Bitte in höchst erfreulicher Weise ent-
sprochen, indem sie den von Seiten der Antragsteller für diese For-
schungsreise vorgeschlagenen Geologen, Herrn Dr. Fritz Noctliug,
Privatdocent an der Universität in Königsberg, mit der »geologischen
Untersuchung des östlichen Hermon - Gebirges beauftragt und dem-
selben die veranschlagte Kostensumme von 5000 Jl bewilligt« hat.
Herrn Professor Dr. O. Fraas in Stuttgart gebührt das Verdienst,
diesen l'lan angeregt zu haben. Bei den Verhandhingen über die ersli'
XXVITT
Unterstützuno: von Seiten des Deiitsclien Palästina -Vereins an Herrn
Ingenieur G. Schitmachpr in Ilaifa zum Zweck der Vermessung des
Dschdlrm (vergl. ZDPV. VII, S. XXIX) empfahl Herr Prof. Fmax
die Gegend von Medschdel esch-Schems am Hormon einer besonderen
Beachtung, da eine dort zu Tage tretende Juraspalte von hohem geo-
logischen Interesse sei. Für die damals in Frage stehende Reise des
Herrn G . Schumacher musste freilich schon wegen der Kürze der Zeit
diese Anregung fruchtlos bleiben. Doch da l^exx Schumacher in seinem
vorläufigen kurzen Bericht vom 22. Oct. 1884 'vgl. S. IV diese?
Bandes) selbst den Wunsch aussprach, dass auch der Dschölän von
einem Geologen untersucht werden möge, so griffen die oben genannten
Mitglieder des geschäftsführenden Ausschusses den von Herrn Prof.
Fraas angeregten Plan zu Anfang dieses Jahres wieder auf.
Der geschäftsführende Ausschuss des DPV hat seinerseits be-
schlossen, kraft der ihm durch Beschluss der dritten Generalversamm-
lung in Dessau für Geldbewilligungen ertheilten Vollmacht die For-
schungsreise des Herrn Dr. Fritz Noetling von Seiten des Palästina-
Vereins in der Weise zu unterstützen, dass er aus der Kasse des Vereins
einerseits Herrn Dr. Noetling 500 ,// als Beitrag zu den Reisekostei
verwilligte, andererseits die Entschädigung des Herrn G. Schumarhet
in Haifa für die Begleitung des Herrn Dr. Noetling in einer später zv
bestimmenden Höhe übernahm.
Herr Dr. Noetling ist am 1 . Mai von Triest abgefahren und beab-
sichtigte, am 18. Mai gemeinsam mit Herrn Schumacher die Heise vor
Haifa aus zunächst in den Dschölän und dann auf den Hermon an-
zutreten.
Am 22. Juni erhielt die Redaction von Herrn Baurath C. Schiel
in Jerusalem sieben sehr werthvolle Pläne über den Lauf der zweiter
Mauer des alten Jerusalems, über die Bauten Constantins am h. Grabe
sowie über die jetzige Grabeskirche. Dieselben werden mit erläu-
terndem Text und mit einem Bericht über die russischen Ausgrabunger
im Jahre 1883 gegen Ende dieses Jahres in der ZDPV. veröffentlichi
werden.
Die Beilage zu Heft 2 dieses Bandes verdankt die Redaction dei
Güte und Opferwilligkeit des Herrn Prof. Dr./. Gildemeister in Bonn.
[Geschlossen 2)^ Juni 1885].
Die Reilaetion.
Persoiialuach richten und geschiiftliche Mittheiluiigeii.
Als Mitglieder sind dem Vereine beigetreten,;
Seine Hoheit der Fürst Leopold von Hohenzollern.
Post, George E., in Beirut.
Sieveking, Dr. jur. K., in Hamburg.
Durch den Tod verlor der Verein die Mitglieder :
Hoffnimm, Chr., Vorsteher der Tempelgemeinden in Jerusalem.
Schegg, Dr. P., Professor in München.
Über die gemeinschaftlich von Herrn Dr. Koetling und Herrn
G. Schumacher nach dem Dschölän unternommene Reise und über die
allein von dem erstgenannten Herrn ausgeführten Forschungen am
Hermon theile ich aus Briefen dieser Herren Folgendes mit. Hen-
Schumacher schreibt unter dem 30. Juni 1885:
»Nach einer ziemlich anstrengenden [am 18. Mai angetretenen]
Reise sind wir am 28. Juni wohlbehalten in Haifa wieder angelangt.
Die Hitze war in Folge später Siroccowinde bisweilen geradezu sen-
gend. Unsere Reise dehnte sich über den ganzen Dschölän aus. Ich
controlirte vielfach meine früheren Messungen und erweiterte diesel-
ben auf die Umgebung von Birket Räm. Von da zogen wir wieder
südlich , indem ich die Abhänge am oberen Jordan und am Ilfde-Scc
ergänzte. Die für den Palästina-Verein herzustellende Karte wird
also das ganze Gebiet des eigentlichen Dschölän, d. h. vom Rukkäd
im O. bis an die Abhänge des Jordan im W. und vom Birket Räm im
N. bis an den Jarmük im S. umfassen. Die Sumpfgegend des Hüle-
Sees sowie die Marschen des .beren Jordan bis an die höher gelege-
nen Abhäno-e musste ich indessen unerledigt lassen, da dieselben
XXX Personalnachrichten und geschäftliche Mittheilungen.
ebenso uninteressant als zeitraubend sind : auch steht das Wasser
noch allenthalben in jener Niederung«,
Herr Dr. Noetling schreibt unter dem 29. Juni 1885 aus Haifa:
»Was die Ergebnisse der Dschölän-Reise anlangt, so bin ich da-
mit zufrieden und wiederum nicht zufrieden. Nicht zufrieden, weil
das paläontologische Ergebniss ein gar dürftiges ist; sehr zufrieden
aber, weil ich eine schöne geologische Karte aufgenommen habe und
weil es mir gelungen ist, positive Beweise für das Alter der vulka-
nischen Eruptionen beizubringen. Dieselben sind nämlich viel jün-
ger, als man bisher glaubte ; ja der jüngste Lavastrom des Rukkäd-
thales durchfloss dasselbe zu einer Zeit, in welcher möglicher Weise
schon Menschen in der Gegend wohnten. Diese Frage wird durch die
Auffassung einer Geröllschiclit , der Ablagerung des uralten Hiero-
max , der vor der Eruption im Thale floss , entschieden ; in Europa
würde man dieselbe als Diluvium , wenn nicht gar als Alt- Alluvium
auffassen , mithin Perioden zuzählen , während welcher bereits Men-
schen existirten.
»Die Unterlage der Lava bildet ein weites Plateau, das völlig aus
versteinerungslosen Kreidekalken zusammengesetzt ist. Interessant
war der Nachweis, dass die heissen Quellen früher viel weiter ver-
breitet waren als dieselben jetzt sind. So lange die Quellen heiss
sind, setzen sich aus denselben Niederschläge von kohlensaurem Kalk
ab , wie man bei el-Hammi deutlich beobachten kann. Solche Quell-
absätze fand ich nun in mächtiger Ausbildung sowohl im Wadi Arab
als auch im Wadi Zahar, wo heute nur kalte Quellen sprudeln. Man
muss daher annehmen, dass eine allmähliche Abkühlung der Quellen
stattfindet.
»Sehr wesentlich ist auch die von mir gemachte Entdeckung einer
Fauna in den Schichten, welche das Jordanthal erfüllen. Lartet hatte
darin vergeblich nach Fossilien gesucht ; ich fand aber in Geröllbän-
ken sowohl am Ufer des Sees von Tiberias als auch am Ufer des Hie-
romax eine Fauna, die mit der heute im See lebenden Fauna eine
auffallende Übereinstimmung zeigt, was somit auf ein ebenfalls jun-
ges Alter der betreffenden Ablagerungen deuten würde«.
Ferner aus Beirut, 21. August ISS 5. »Meine Keise habe ich
jetzt vollendet und meine Untersuchungen abgeschlossen. Anfang Juli
ritt ich, wieder von Haifa aus, mit fünf Pferden und zwei Begleitern
zunächst nach Ilattin, von da nach Safed, um bei Bänijäs den Hermon
zu erreichen. Bänijäs ist ein ungcsundor Ort; denn hart am Rande der
Personalnachrichten und geschäftliche Mittheilungen. xxxi
ITüle-Niederung o;elegen, empfängt es deren gütigen Dünste aus crKter
Hand. Sofort überfiel mich auch das Fieber , an dem ich zwei Tage
darniedcrlag ; doch halfen mir einige Dosen C^liinin. Von Hanijiis
ging es weiter nach IJasbcja, wo ich eine heftige Begegnung mit dem
dortigen Kaimakäm hatte, der meine Sammlungen visitiren , meine
Instrumente confisciren und mich nach Beirut bringen lassen wollte.
Nur meinem entschiedenen Auftreten gelang es, dies Unheil, das
einen gänzlichen Misserfolg meiner Reise bedeutet haben würde, alj-
zuwenden. Von Hasbcja unternahm ich die höchst anstrengende Be-
steigung des Hermon, die einen 14stündigen Ritt erforderte, und be-
gab mich dann über Rascheja nach Damaskus, wo ich wieder Fieber
bekam, und weiter über Katana nach Medschdel esch-Schems. Dieses
Dorf ist einer der ungesundesten Orte , welche ich auf meiner ganzen
Reise angetroffen habe, und dazu von einer Bevölkerung bewohnt, die
an Unverschämtheit und Geldgier alle bisher von mir besuchten Ara-
ber übertrifi't. Medschdel esch-Schems verdient seinen Namen in des
Wortes übelster Bedeutung. Am S. -Abhang des Hermon gelegen, ist
es durch den hohen Kamm des Gebirges von jedem frischen Luftzug
abgeschnitten, dagegen aber den Strahlen der Sonne den ganzen Tag
über ausgesetzt, so dass kurz vor Mittag die Hitze geradezu unerträglich
wird (31° im Zimmer) . Dabei weit und breit kein Baum, kein Strauch,
kein Schatten, nichts als öde weisse Kalkfelsen, die das Sonnenlicht
in kaum erträglicher Weise reflektiren. Erst gegen Mittag erhebt sich
der Westwind , scheinbar erfrischend , aber er bringt die giftigen
Dünste der Hüle-Niederung mit sich, die sich des Abends in dicke
weisse Wolken geballt gegen O. wälzen. Der Aufenthalt an diesem
Orte brachte mir ein ganz heftiges Fieber. Da ich des Tages zicmlicli
fieberfrei war, so arbeitete ich, so viel nur irgend möglich war, wäh-
rend ich die Nächte schlaflos und unter heftigen Schmerzen ver-
brachte. Chinin half mir nichts, da ich es nicht vertragen konnte.
Diese Lebensweise ertrug ich bei schlechter Verpflegung zehn Tage
lang , am eilften Tage wurde ich ohnmächtig in meine Wohnung ge-
tragen und lag dort bewusstlos zwei Tage lang. Dank aber meiner
kräftigen Constitution, vielleicht auch der nachdrücklichen Anwendung
von Eis kam ich wieder empor, obgleich sämmtliche »sachverständige«
Bewohner des Ortes meine Genesung bereits aufgegeben hatten, und
beeilte mich nun, diese unheimliche Stätte sobald als möglich zu ver-
lassen, zumal da meine Untersuchungen glücklich beendet waren.
Über Nabatije begab ich mich nachSaida. wo ich mich in der frischen
XXXII
Personalnachrichten und geschäftliche Mittheiluno;en.
Seeluft bald erholte. Hier beschloss ich, die noch übrige Zeit zu geo-
logischen Untersuchungen im Libanon zu verwenden. Ich besuchte
nacheinander 'Abeih, Hakel und Sahel 'Alma und traf gestern
(20. August) in Beirut ein.
»Im Hermon habe ich den Jura von Medschdel esch-Schems sehr
genau studirt, eine grosse Sammlung von Fossilien desselben angelegt
und eine genaue geologische Karte der Umgebung von Medschdel an-
o-efertigt. Der bis dahin so räthselhafte Jurafleck wird nach diesen
Untersuchungen vollkommen klar und deutlich erscheinen. Eine geo-
logische Karte des Hermon aufzunehmen, war mir nicht möglich ; die
topographische Grundlage ist leider so falsch , dass sie sich als ganz
werthlos erwies. Dagegen werde ich eine annähernd genaue Skizze
des geologischen Baues des Hermon mittheilen können. — Nach
meiner Auffassung dürfte die Sandsteinformation [Fraas] nicht dem
Cenoman, sondern dem Hippuritenkalk , also dem Turon , ange-
hören. Ebenso gelang es mir festzustellen, dass die Fischschiefer
von Hakel und Sahel "^Alma gleiches Niveau (Alter) besitzen und
nichts anderes als die Lokalfauna eines weitverbreiteten, Bitumen
führenden Horizontes darstellen, dessen Bitumen in einzelnen Or-
ten, wie Dschebel ed-Dahr und am Todten Meer, sich zu As-
phalt concentrirt hat, und dass dieser Horizont dem Unter-Senon an-
gehört. — Ferner habe ich eine Untersuchung des Karmelgebirges
vorgenommen, die auch manche interessante geologische Beobachtun-
gen geliefert hat«.
Am 26. November und 10. December empfing die Redaction von
Herrn G. Schumacher in Haifa eine grosse, sehr schön ausgeführte
Karte des Dschölän und einen dieselbe erläuternden Bericht mit vielen
Zeichnungen, Photographieen und Plänen. Beides wird im Jahr 1 SSG
veröffentlicht werden.
[Geschlossen am 22. December 1885],
Die Itedactioii.
Zur neueren Geschichte Jerusalems.
Von 1843 — 1884.
Ein Überblick von Dr. Ph. Wolif, Stadtpfarrer a. D.
Vorwort. Der nachfolgenden geschichtlichen Darstellung lie-
gen zunächst Jerusalemer Briefe zu Grunde, die an mich gerichtet
worden und welche von mir theilweise da und dort, zumal in der A.
Allgemeinen Zeitung veröffentlicht worden sind. Meine Correspon-
denz mit Jerusalem hat mit der Errichtung des preussischen Consu-
lats ^! oder mit dem Einzug des ersten preussischen Consuls daselbst,
des Dr. Ernst Gustav Schultz, im Jahr 1843 begonnen. Nach dem
leider schon im Jahr 1851, am 22. October, dort erfolgten Hingang
meines unvergesslichen Freundes 2) habe ich diese Correspondenz mit
andern Jerusalemsbewohnern bis auf den heutigen Tag fortsetzen dür-
fen. Sie umfasst also mehr als vierzig Jahre und zählt gegen hundert
Nummern. Für's andere habe ich bei dieser Darstellung aus den
Wahrnehmungen und Erlebnissen meiner zwei Pilgerfahrten, im Som-
mer des Jahres 1847 und in dem Winter von 1869 — 1870, geschöpft.
Dazu kommen als dritte Quelle in verschiedenen Zeitschriften zer-
streute Abhandlungen, sowie Notizen, weiche ich aus schriftlichen
und mündlichen Berichten entnehmen durfte.
1) Über die Consulate in Jerusalem s. ])r. T. Toblek's »Denkblätter aus
Jerusalem«, St. Gallen und Constanz 1S53, S. 391 — 395. Zu den dort erwähn-
ten Consuln sind im Jahr 1 858 und 1859 ein spanischer und ein amerikanischer
und im Jahr 1865 auch ein mexicanischer gekommen, s. »Ausland« 1806,
S. 546.
2) S. den Necrolog in der »Königsberger Zeitung« 1853, Beil. Nr. 66, und
daraus in meinem »Jerusalem«, I.Auflage (von 1857), S. 204— 214.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VIII. 1
0 y\'o\ff,
1. Der UmscliAvung in den Verhältnissen Jeru-
salems ist mit der Einführung der europäischen Consulate er-
folgt. E. Robinson hat auch der Errichtung des anglo-preussi-
schen lUsthums bedeutenden EinÜuss zugeschrieben (s. darüber
seine »neuem biblischen Forschungen«, lierlin 1S57. S. 211 .
Den ersten C'onsuln -waren übrigens nicht viele Rechte einge-
räumt. Dmften sie doch nicht einmal ein Haus kaufen oder
erbaiien. Sic mussten Miethwohuungen beziehen. Als sich dem
preussischen Consul eine günstige Gelegenheit darbot, ein Haus
mit Garten zu erwerben, war er genöthigt, den Kauf anstatt auf
seinen oder der preussischen Regierung Namen, auf den Namen
eines Eingebornen einschreiben zu lassen. Dieser Eingeborae
■svar der Mufti der Schafe'^iten, Schech Assad EfFendi^ . der spä-
ter -während der Anwesenheit des preussischen Kronprinzen in
der heiligen Stadt mit einem preussischen Ordenskreuz geziert
-worden ist 2^. Ebensowenig hatte ein Consul, gleich andern Euro-
1 Schech Assad Effendi war der erste Gelegenheitsdichter Jerusalems,
von dem die meisten Beglückwünschungsgedichte für die heimgekehrten
Mekkapilger über den Hausthüren im muslimischen Quartier herrühren.
Derselbe hat auch Herrn H. Brockhaus vor seinem Abschied von Jerusalem
mit einem poetischen Erguss bedacht. Dieses Gedicht ist mit einer deutschen
Übersetzung und einer interessanten Einleitung von Dr. Rosen »als Hand-
schrift'« in der Brockhaus'schen Officin zu einem sehr schönen Abdruck ge-
kommen.
2) Das Gefühl seiner Befriedigung hierüber hat derselbe in dem Doppel-
vers ausgesprochen :
Auf meiner Brust ist erschienen von Friedrich dem Gewaltigen
Ein Nischan der Verherrlichung hellglänzend.
Meine Brust hat sich daher erhoben und ist dem Himmel nahegekommen,
Und der Nischan an ihr gleicht dem Siebengestirn —
£1.4-». ^Xi>-» !^ Ai ^, Axii
S. meine «Flugblätter aus Jerusalem vom Nov.undDec. 1869«, Stuttgart 1870,
S. 27f. Auf die an ihn, als er einmal mit einerBrille erschien, gerichtete Frage,
ob er auch .schwachsehend geworden sei, citirte er als Antwort den Vers:
Zur neueren Geschichte Jerusalems. 3
päerii, das Recht, den Haiamplatz zu betreten oder in die darauf
befindlichen Moscheen einzutreten. Wohl aber war ihnen gestat-
tet , KaAvassen in orientalischem Kostüm (in Arnautenkleidung)
zu halten, -welche ihnen bei jedem Gang durch die Stadt in gra-
vitätischer Weise voranschritten, einen hohen silberbeschlagenen
Stab, gleich dem eines Regimentstarabours, bei jedem Schritt auf
die Erde stossend. l^ei diesen Gängen Murden die Consuln von
den Begegnenden, welche zur Rechten oder zur Linken aus-
wichen und stehen blieben, in ehrfurchtsvoller Weise, die rechte
Hand auf die Brust und weiter hinauf auf die Stirne legend,
begrüsst.
Dr. Schultz hatte in seiner Schrift »Jerusalem. Eine Vor-
lesung« (Berlin 1845) bemerkt, dass das Leben in Jerusalem ein
sehr mühsames und beschwerliches sei. Um eine Probe von den
Beschwerden der Häuslichkeit zu geben, hat er sich da (auf S. 14)
vernehmen lassen : »In Jerusalem kaufen Sie den Weizen für ihre
Haushaltung, Sie setzen arabische Weiber um den Weizenhaufen
und lassen die Kerner lesen, die voller kleiner Steinchen und an-
derem ungeniessbaren Zubehör sind; dann geht er in die Mühle,
und wenn Sie wissen, ob Sie wieder erhalten was Ihnen zukommt,
so lassen Sie den Teig in ihrem Hause kneten und formen und
schicken ihn schliesslich nach dem Ofen, wenn Sie zu neuer Un-
beqxiemlichkeit keinen im Hause haben, und wenn das Brot dann
wohlgebacken auf Ihren Tisch kommt , so seien Sie zufrieden,
dass Sie so leicht und glimpflich durchgekommen sind«. In einem
Brief vom 13. Januar 1847 hat Schultz geschrieben : »Jerusalem
hat sich, seit ich meine Vorlesung geschrieben, sehr rasch zum
Bessern verändert. Von allen häuslichen 15eschwerden, die dort
erwähnt sind, ist keine Spur mehr. Es giebt jetzt hier zwei Häu-
ser, Avo Fremde ein ganz gutes Unterkommen finden; Wohnung.
Kost und Bedienung erhält man darin für 10 — 12 Fr. täglich.
Wer längere Zeit darin wohnen wollte , würde sich billiger ein-
richten können«. Die bessere jener Locanden war die eines Herrn
Salbo (s. meine «Reise in das Gelobte Land«, Stuttgart 1S49.
S. 103). Der erste Bäcker, der für Europäer einen Brotladen er-
O Fragender nach der Blindheit.
Bei mir ist die Hälfte der Erfahrung davon.
Der Treffliche lebt noch, aber schon lange ganz erblindet.
4 Wolff,
richtete, war ein Jude. Die erste Feinbäckerei ward im Jahr 186S
von einem iSabbathhalter aus dem Rheinland. Namens Lenthokl,
etablirt.
Wie der erste preussische Consul für die l^ereitung seines
lirotes selbst hat besorgt sein müssen, so auch für die Bereitung
seines Weines. Er hat von den Fellachen der Umgegend die
Trauben gekauft , hat sich grosse irdene Töpfe angeschafft und
einer seiner Diener hat den Saft der Trauben darein gebracht.
Der Aufl)ewahrungsort des neuen Weines war eines der untern
Zimmer. Die ersten Keller wurden viel später auf Veranlassung
eines deutschen Handelshauses gegraben. Dieses Haus hat die
ersten Fässer aus Deutschland herbeigeschafft. Im Jahr 1847 be-
standen nur Schnapsbuden, welche von Griechen gehalten wur-
den. In ähnlicher Weise Avie mit der Bereitung von Brot und
Wein hat es sich in der ersten Zeit des Aufenthalts des preussi-
schen Consuls zu Jerusalem auch mit der Bereitung des Tabaks
verhalten. Schultz kaufte sich von Bauern Tabaksblätter; einer
seiner Diener bekam den Auftrag, dieselben klein zu schneiden.
2. W^as für die Reinlichkeit und zur Verbesse-
rung in der Stadt geschehen ist. Nach einem Briefe vom
22. Dec. 1858 ist von den europäischen Einwohnern der Stadt,
den Franken, ein Reinlichkeitsverein gegründet worden, dem der
l'ascha sich freundlich angeschlossen hat. Dieser Verein hat sein
Auge zunächst auf die Entfernung der Cadaver grosser Thiere
aus den Strassen der Stadt, sowie die Hinwegschaffung der Ger-
berei auf dem Johanniterplatz und des in der Nähe davon gelege-
nen jüdischen Schlachtplatzes gerichtet. Bis zur Gründung die-
ses A'ereins war die Sorge der Strassenreinigung lediglich den zu
diesem Geschäft sehr brauchbaren Strassenhunden überlassen
gewesen. Dieselben leisteten das Möglichste. In etlichen Tagen
ward von ihnen zum Beispiel ein in den Strassen verendetes Ka-
meel, die gröbsten Knochen ausgenommen, aufgezehrt. Der üble
Geruch, der von der durch Muslimen betriebenen Gerberei,
sowie von dem jüdischen Schlachtplatze ausging, war, zumal in
der regenlosen Zeit, entsetzlicher Art. Den im Medschlis gegen
die Verlegung dieses Schlachtplatzes protestirenden muslimischen
Rathsherren , Avelche meinten , dass man diesen Platz zur
Schmach der Juden belassen müsse, Aveil er ihnen einst von
einem muslimischen Heiligen angewiesen worden sei, hat der
Zur neueren Geschichte Jerusalems. 5
Pascha entgegnet : man könne nicht gegen alle Neuerungen und
"S'erbesserungen sem ; Noah sei auch ein Heiliger gewesen, aber
desswegen fahre man jetzt doch nicht mehr auf Archen, sondern auf
Dampfschiifen. Zu einer weiteren und grösseren lleinigung der
Stadt im Jahr 1859 hat ein angekündigter liesuch des Sultans
A'eranlassung gegeben. Es wurde da nicht bloss die Hinweg-
schafFung aller Thiergerippe und jeglichen ünraths angeordnet,
sondern es wurde da auch der Befehl ertheilt, dass die Fronten
aller Häuser herzustellen, alle schadhaften Stellen an denselben
auszubessern und die Thüren frisch anzustreichen seien. Im Jahr
1SG4 wurde eine förmliche Strassencorrection in der Stadt vorge-
nommen, liehufs der Erweiterung der Strassen wurden alle vor-
stehenden Steinbänke, Läden u. s. f. weggebrochen. Der Anfang
dazu geschah in der Christenstrasse. Als die Reihe an die mus-
limischen Quartiere kam . trat eine Stockung ein . aber schliess-
lich mussten auch die Muslimen sich eutschliessen, die anbefoh-
lene CoiTection auf ihre Kosten zu übernehmen. Im Jahr 1SG6
hat Sir Moses Montefiore dem Pascha eine ansehnliche Summe
für Strassenreinigung einhändigen lassen. Im Jahr 1S67 hat
Kurschid Pascha den Befehl gegeben, dass die Strassen alle
Taffe zu kehren seien. Sein Nachfolger Zarif Pascha hat auch
für eine bessere Beleuchtung der Stadt Sorge getragen.
3. Die Fahrstrasse von Jafa nach Jerusalem.
Während es keine Schwierigkeit hatte, von Jafa nach er-Ramle und
von da nachBab el-Wäd amFusse des Gebirges zu gelangen, war
der Weg von da an über das Gebirge ein nahezu halsbreche-
rischer. Die Reitpferde hatten geradezu die Aufgabe, grosse Fel-
senplatten hinunter zu rutschen. Vom Pferde zu steigen und das
Pferd zu führen, wäre eine gewagte Sache gewesen. Dass auch
nach dem Einzug der europäischen Consuln noch Jahre verflos-
sen sind, bis es zur Erbauung einer Kunststrasse gekommen ist.
hatte darin seinen Grund . dass sich nacheinander verschiedene
europäische Regierungen um die Concession zur Erbauung einer
solchen beworben haben und keine dieselbe erlangen konnte,
•weil die türkische Regierung immer durch diese oder jene euro-
päische Regierung von der Ertheilung einer solchen abgehalten
worden ist. Nachdem das Bedürfniss einer neuen Strasse ein zu
laut schreiendes geworden war, haben sich schliesslich im Jahr
1S66 die Türken entschlossen, den Bau auf ihre Kosten ausfüh-
6 Wolff,
reu zu lassen. Derselbe kam nicht hoch zu stehen, da die Bauern
der jfanzen Umgegend Frohndienst zu leisten hatten und da alle
kostspieligen Ilauten, wie die von Durchlassen u. dgl. unterlas-
sen worden sind. Die Oberleitung bei diesem Strassenbau führte
der italienische Architect Fierotti. Zum Schutze derselben wur-
den türkische Soldaten bestellt, für deren Unterkunft eine Anzahl
schwarz angestrichener Thürme, mit engen Schiessscharten und
von gezackten Mauerzinnen umgeben, erbaut wurde. Die Strasse
kam im Jahr 1S6S in Gebrauch. Als im Jahr 1S69 der Besuch
des österreichischen Kaisers und des preussischen Kronprinzen
erwartet wurde , sind in aller Eile wieder durch frohndienende
Fellachen die nöthigsten Correctionen ausgeführt worden. Bei
einer späteren Strassencorrection hatte der deutsche Ingenieur
Sandel die Leitung, Die heutige Strasse ist höchstens als eine
leidliche zu bezeichnen. Der erste, der ein Fuhrwerk auf dersel-
ben eingeführt hat , w^ar der Amerikaner Floyd von der Colonie
in Jafa. Er hat sich für eine Fahrt zwei Pfd. St., nach Umständen
zwei Napoleons bezahlen lassen. Später haben Genossen der
deutschen Tempelgemeinde in Sarona bei Jafa das Fahrwesen
übernommen gegen ein Fahrgeld von 15 Fr. Jetzt betheiligen
sich an demselben als ernste Concurrenten Juden und Araber ^) .
Es mag hier bemerkt werden, dass der Erbauung dieser
ersten grossem Kunststrasse in Palästina im Jahr 1SG2 die Er-
bauung einer kleinern, nemlich der von Jerusalem nach dem
griechischen Kreuzkloster vorangegangen ist.
Nach neueren Nachrichten denkt die türkische Regierung
daran, nun auch eine Fahrstrasse nach Hebron herzustellen,
4, Die Neubauten. In den Jahren 1856 bis 1866 sind
nicht weniger als 24 Neubauten öffentlicher Gebäude, zumal
von Kirchen, Klöstern, Wohlthätigkeitsanstalten u, dgl. ausge-
führt worden. Sie finden sich sämmtlich in einem Artikel des
Auslandes von 1866, S. 546 f., und daraus in meinem »Sieben
Artikel aus Jerusalem«, Stuttgart 1869, S. 93 — 97, aufgeführt.
Aus denselben sind besonders hervorzuheben :
Die grosse und prächtige Kirche der heil. Dreieinigkeit, zu
welcher im Jahr 1860 am Geburtstage des Kaisers Alexander II.
I Neuerdings haben sich die konkurrirenden Fuhrherren zu einer Fahr-
gesellschaft vereinigt. Anm. d. Red.
Zur neueren Geschichte Jerusalems. 7
der Grundstein gelegt Avorden ist. Diese Kirclie bildet, kann
man sagen, das Ceutnim des mächtigen Kussenbaues vor dem
Jafathore, der den Fremden von der Ferne wie ein grosser Cen-
tralbahnhüf erscheint. In diesem Riissenbau befindet sich ein
Aiifnahmehaus für Männer mit 5 1 Zimmern , ein solches für
Weiber mit 72 Zimmern, ein Haus der geistlichen Mission mit
Wohnungen für einen Erzbischof und seinen A'icar, für Priester-
mönche, Diaconen, Sänger; im untern Stock desselben ist eine
Kirche, welche tausend Personen fasst, und eine zweite für 350, ein
l^ibliotheksaal, ein Magazin; Aveiter enthält dieser Stock 20 Zim-
mer für reisende Mönche und eine grosse Yorraths- und Geräthe-
kammer. Das Aufnahmehaus für Keisende höheren Kanges ent-
hält 10 Zimmer für einzelne Personen und zwei für je drei. In
dem Hospital befinden sich Wohnungen für den Arzt und den
Apotheker, ein Zimmer für die barmherzigen Schwestern, ein
Laboratorium, eine Materialienkammer, ein Operationszimmer,
eine Weisszeugkammer, zwei grosse Krankenzimmer. Dr. Toi;-
LER hat in einem Briefe über die Reise-Eindrücke seiner vier-
ten Jerusalemsfahrt in Betreif des Russenbaues die Bemerkung
gemacht : «da wird man von der Überzeugung durchdrungen,
dass die Russen Geld haben für eine grosse Idee, für Belebung
des religiösen Gefühls ausserhalb der Gränzen des weiten
Reiches«. Die ersten Kosten des Baues betrugen drei Millionen
Rubel, die in sehr kurzer Zeit gesammelt waren.
Das österreichische Hospiz nördlich von der Via dolorosa,
das über 300,000 Gulden gekostet hat. Die Legung des Schluss-
steins an diesem Gebäude hat am 20. October 1858 stattgefun-
den. Über die Zeit der Anwesenheit des Kaisers von Osterreich
in Jerusalem im November 1S69, der dort Avohnte, war ein
Thronsessel darin aufgeschlagen (s. meine Flugblätter S. 21).
Unter den Bauten , welche vom Jahre 1867 an ausgeführt
wurden, steht oben an der Neubau der grossen Kuppel der Hei-
liggrabkirche. Dieser Bau hat nicht weniger als zwei Decennien
die Geister bewegt (s. den Artikel im Ausland von 1S64 »Warum
es zu dem Neubau der grossen Kuppel der Grabkirche nicht
kommt«, S. 1223 f. i. Dem Streite zwischen den Häuptern der
zwei orthodoxen Kirchen, welche sich nicht vereinigen konnten,
hat auf Anregung des Grossfürsten Constantin, welcher den ge-
fahrdrohenden Schaden der alten Kuppel mit eigenen Augen
\\ alirgouomiueu . der russische Kaiser im A'oreiii mit dem Kaiser
der Franzosen ein Ende gemacht. Diese beiden Kaiser haben
sich zu dem Neubau auf ihre Kosten vereinigt, wofür ihnen übri-
gens keineswegs ein Dank zu Theil geworden ist . vielmehr das
Gegentheil s. Das heil. Land, Organ des Vereins zum heil. Grab
lieft 2 von 1868). Das Protocoll, welches die Vollendung der
neuen Kuppel, der Vereinbarung vom 5. September 1862 ge-
mäss, bestätigt, ist am 26. September 1868 von dem Gouverneur
von Jerusalem, sowie den Consuhi von Frankreich und Eusslan^
unterzeichnet worden. Die neue prächtige Kuppel ist ein wenig
höher als die alte war ; sie ist durch einen besondern Überbau,
eine Art Laterne, so bedeckt, dass nie Kegen hereindringen kann.
Avohl aber Licht und Luft. Zum Material dazu wurde Schmiede-
eisen gewählt. Ausserhalb der Kuppel führt eine Treppe auf die
Spitze. Der Anblick der an ihrem obern Theil in Strahlenfoim
reich vergoldeten Kuppel mit dem darauf aufgepflanzten, gleich-
falls fein und reich vergoldeten Kreuz bei morgendlicher und
abendlicher Sonnenbeleuchtung ist ein majestätischer, wel-
chen man bei dem emporragenden liau fast von jeder obeni
Ilausterrasse aus geniessen kann. (Eine genauere Beschreibung
dieser Kuppel findet sich in der A. Allgem. Zeitung von 1867,
S. 3507 f. und in meinem »Sieben Artikel« S. 97 — 99). J)er Lei-
ter des ganzen Baues , der drei Jahre in Anspruch genommen
hat. ist von Anfang bis zu Ende der Deutschrusse Herr Eppinger
gewesen.
Von weiteren Neubauten mache ich . unter ^'erweisung auf
die in den Flugblättern S. 20 f. angeführten, hier namhaft:
Das den Namen »Jesushilfe« führende Asyl für die Aussätzi-
gen . südlich von dem Wege , der nach dem Kreuzkloster führt
(s. darüber Ausland von 1867, S. 647, und Flugblätter S. 25).
Zu bemerken ist hier, dass im Jahre 1876 die türkische Regierung
für die Aussätzigen in der Nähe des Nehemia- Brunnens auf
einer Felsenterrasse des Berges ein Haus mit vier Zimmern
hat bauen lassen \nid dass auf dem ehemaligen Platz der sog.
Hütten der Aussätzigen am Zionsthor jetzt der Wochen- und
^'iehmarkt gehalten wird.
Das grosse ])iaconissenhaus Talitha Kumi (nach Markus 5,
41) am sanften Abhang der westlich von der Strasse nach Jafa
sich erhebenden Anhöhe , eine Erziehungsanstalt für Mädchen.
Zur neueren Gescchichte Jerusalems. 9
Das von Baurath C. Schick um \ingetahr ()U,0(ju Gulden erbaute
Gebäude ist am 27. Januar 1S6S eingeweiht •worden (s. meine
»Sieben Artikel« S. 94, Flugblätter S. 23).
Die römische Patriarchalkirche im nordwestlichen Theil der
Stadt auf dem höchsten imd schönsten Platz derselben. Nach
einem sachkundigen Augenzeugen hat diese Kirche schlechte
architektonische Verhältnisse und keinen reinen Styl. Das Ur-
theil eines andern lautet : »der wohlgelungene gothische Hau lobt
seinen Meister«. Die Kosten dieses Baues wurden aus den bei
der "N'erwaltung des Ordens vom heil. Grab erzielten Ersparnissen
bestritten (s. Das heil. Land. Heft 5 von 1S67 .
Die Eccehomokirche . vom Pater Maria Eatisbonne ausge-
führt. Sie ist mit dem Kloster der Zionsschwestern verbunden.
Die Hälfte des denkwürdigen Pogens ist in die Kirche einge-
schlossen.
Die St. Annakirche aus der byzantinischen Epoche oder der
der christl. Kaiser (s. Rosen's Artikel »Monumentales aus Jeru-
salem« im Johanniter-Wochenblatt von 1S61, Nr. 25fF.l. Die
Kestaurationsarbeiten dieses vom Sultan dem Kaiser der Franzo-
sen abgetretenen Heiligthums haben über zehn Jahre in An-
spruch genommen und hunderttausende von Franken gekostet.
Das syrische Knabenwaisenhaus, von Schneller aus Wür-
temberg im Jahre 1S60 gegründet. Es war früher ein kleines
Gebäude, das Schneller zu eigenem Gebrauch gebaut hat. das
erste ausserhalb der Stadt errichtete.
Die Gartenwohnung des griechischen Geistlichen Antimos,
eine Hauptzierde der Vorstadt.
Das Montefiore'sche Armenhaus mit fünfzig angemessenen
Wohnungen für arme Juden.
Das bischöfliche Schulhaus für Knaben, von Bischof Gobat
gegründet. Durch einen geräumigen und trefflich angelegten
Garten der Anstalt kommt man auf den Gottesacker der Prote-
stanten.
Das über dem angeblichen Paternosterplatz auf dem ()lberg
erbaute Sanctuarium, eine Kapelle im Style des Campo santo von
Pisa von der Fürstin Latour d'Auvergne im Jahre ISüS erbaut
(s. darüber mein »Jerusalem' dritte Auflage von 1S72, S. 43).
Die arabisch - protestantische St. Paulskirche in romani-
schem Styl in der Nähe des RussenbaTies auf einem schönen,
10 Wolff.
freien Platz, von wo aus man die schönste Aussicht nach dem
Moabitergebirge hat. Oben rings um die vier Mauern der Kirche
geht . nach Art der Inschriften in dem Felsendom, ein etwa an-
derthalb Fuss breiter Fries herum mit den Seligpreisungen der
Bergpredigt in schöner arabischer Schrift, blau auf weissem
Grunde, was originell und ganz orientalisch aussieht. Zu beiden
Seiten und an der Front der Kirche sind Akazien-, Palmen- und
Cypressenbäume gepflanzt. Die Einweihung der Kirche hat am
29. November 1S74 stattgefunden. Die Oberleitung des Bauwe-
sens war von Anfang bis zu Ende dem Geistlichen der Gemeinde,
Herrn F. A. Klein jetzt in Cairo\ anvertraut gewesen. Die
Kosten beliefen sich auf 4000 Pfund St. (Genaueres s. im christl.
Kunstblatt 1S75, Xr. 12, S. 177 ff., woselbst sich auch eine An-
sicht der Kirche findet.)
Die deutsch-evangelische Kapelle auf der Trümraerstätte des
Johanniterplatzes . an deren Stelle sich künftig der evangelische
Dom nach dem Plane des ]^auraths und Professors Adler in Ber-
lin erheben soll. Genaueres über diese Trümmerstätte s. im
christl. Kunstblatt 1S71, S. 1 — 4.)
Die eine Art von Vorstadt bildenden Häuser der deutschen
Tempelgemeinde im Rephaim-Thale mit einem geräumigen Ver-
sammlungshause der Gemeinde.
Ich stelle hier noch nach der Zeitfolge die Spitäler Jerusa-
lems aus der Neuzeit nach einem Artikel Rosen's im Wochen-
blatt der Johanniter von lS6i. Nr. 25 ff., zusammen.
Ein Spital für alttestamentliche Juden aus dem Jahre 1S42.
Ein durch Pastor Fliedner im Jahre 1850 ins Leben gerufe-
nes, »das preussische Krankenhaus«, unbestritten das populärste.
Ein von französischen Josephsschwestem bedientes katho-
lisches vom Jahr 1853, »Patriarchats«- oder »St. Ludwig's-Spital«
benannt.
Ein Pothschild'sches Spital von 1853.
Ein palastähnliches russisches von 1859. In dieser Anstalt
weht nach Roskx ein Hauch beinahe peinlicher Ordnung und
Regelmässigkeit.
Zu diesen Spitälern ist im Jahre 1875 das durch Dr. San-
dreczky gegründete Kinderhospital und im Jahre 187G das Jo-
hanniterhaus des Grafen Caboga in der Nähe von Bethlehem mit
Zur neueren Geschichte Jerusalems. t 1
einer Augaiklinik gekommen. Diese Klinik wird von einem
Jerusalemer Arzt besorgt.
Vax erwähnen ist hier auch noch, dass vor etlichen Jahren
eine grosse Kestauration an der Kubbet es-Sachra Felsendom)
vorgenommen worden ist. Hei diesem Restaurationswerk hatte
ein Staatsrath von Konstantinopel die Oberleitung; unter ihm
stand als technischer Dirigent ein Armenier, auch aus Konstan-
tinopel. Die Arbeiter waren sowohl Armenier von dort, als auch
Araber aus der Nachbarschaft. Wex Streitfragen wurde der Stadt-
baumeister David Bulus Effendi, ein Katholik, und der protestan-
tische Haurath C. Schick zu Eathe gezogen']. Ferner: dass in
Folge des bedeutenden Umfangs, den die Vorstadt vor dem Jafa-
thore gewonnen hat, oder Avegen des starken Verkehrs zwischen
der Neustadt und der Altstadt das Jafathor, das zu gewissen Bet-
stunden des Tages und bei Nacht immer geschlossen war , nun-
mehr immer offen steht und dass sich in neuester Zeit l^aiige-
sellschaften gebildet haben, von denen ausserhalb der Stadt ca-
sernenartige Häuser gebaut werden.
5. Neue Erscheinungen. Eine der bedeutendsten und
für die Christen besonders erfreuliche Neuerung ist, dass in der
heiligen Stadt nun auch Glockengeläute zu hören ist. Nachdem
im Jahre 1857 der Thurm des griechischen Kreuzklosters mit
einer Glocke versehen worden, ist im Jahre 1866 zwischen zwei
kleineren Glocken eine nahezu fünf Fuss im Durchmesser hal-
tende und ebenso viel Fviss hohe Glocke in der obersten Etage
des altehrwürdigen, seiner Spitze beraubten Glockenthurmes der
Grabkirche aufgehängt worden. Zwei neuere, auch grössere
Glocken schmücken die grosse russische Kirche vor dem Jafa-
thore. Die grosse Glocke in der Grabkirche kann übrigens nicht
in Bewegung gesetzt werden, weil es an Raum fehlt; ihr Schwen-
gel wird durch ein paar Männer vermittelst eines Strickes hin
imd her geschlagen.
Zu den neueren Erscheinvingen gehören weiter :
Die im Jahre 1858 auf Kosten des Sir Moses Montefiore
hergestellte Windmühle , wozu später eine zweite im Kreuzklo-
1) Auch eine Restauration gewisser Theile der Ringmauer des Haram
wurde 18S2 in Angriff genommen. Anm. d. Ked.
12 ^Volff,
ster gekommen ist. Eine Dampfmühle besitzt Jerusalem erst
seit 1S77.
Die östeneichische und französische Postanstalt, von wel-
cher die erstere mit dem Triester Lloyd, die andere mit der Mar-
seillerDampfschitFfahrt zusammenhängt, und eine russische Post,
welche mit russischen Dampfschiffen correspondirt.
Europäisch eingerichtete Gasthöfe. Der erste war das Me-
diterranean-IIotel des Herrn Hauser, das bald in die Hände des
Proselyten Hornsteiu überging, Herr de Saulcy hat demselhen
in seiner Voyage en Terre Sainte I, 95 ein Ehrendenkmal ge-
setzt. Ein zweites, das Damascus-Hotel, ist von einem Khein-
länder, Herrn Thiel, gegründet worden. Als drittes kam zu die-
sen das Hotel Univers des Griechen Constantin Bao, [Ferner:
Feil's Hotel vor dem Jafathor, Cook's Logirhaus. Die Red.].
Neben diesen Gasthöfen bestehen als neue Pilgerherbergen das
preussische Hospiz des Johanniterordens und das österreichische
Hospiz. Das erstere gewährte, nach einer Notiz des Joh. -Wochen-
blattes von 1S72, S. 54, im Jahre 1871 75 Personen 780 Tage
gastliche Unterkunft. Davon gehörten den höheren Ständen 42
Personen an, die übrigen Gäste waren meist deutsche Hand-
werksgesellen, welche unentgeltlich 372 Tage verpflegt wurden.
Das Telegraphenbureau aus dem Jahre 1SG5 mit [der Über-
schrift : mahall kubid el-makZitih,
Drei, von einem Juden, einem Griechen imd einem Arme-
nier errichtete Apotheken, wo man ohne llecept bekommen kann,
was man Avill';.
Weinwirthschaften im Judenquartier und AVeinhandlungen
von Deutschen, auch eine Bierbrauerei.
Zu den neueren Erscheinungen gehört auch :
Dass im Winter 1SG9 auf 1870 die Gemahlin des Pascha
Theegesellschaften eingeführt hat. Es waren zu denselben, die
jeden Donnerstag Abend stattfanden, Christenfrauen aus den
höheren Ständen eingeladen.
Dass unter der schönen , hohen Pinie [möhar] auf der den
Namen Aartn esch-schech (Weinberg des Herrn] tragenden Stätte
zwischen dem Damaskusthor und der Nordostecke der Stadt
1; Dazu die deutsche A])otheke der Tempelkolonie in Jerusalem.
Anm. d. Ked.
Zur neueren Geschichte Jerusalems. 13
Kaffeegesellschaften gehalten werden. Den Anfang damit hat im
Jahre 1860 Consul Rosen gemacht (s. Ausland 1S60, S.73;i, und
1S61, S. 7G3]. Von Reisenden höheren Ranges wurde diese
Stätte auch als Zeltlager-Stätte benutzt.
Dass ira Sommer Zeltwohmnigen in der Nähe von Lifta zur
Sommerfrische bezogen werden. Consul Rosen hat in einem
Sommer auch einmal eine Zeltwohnung bei Hebron aufge-
schlagen.
Dass sich im Jahre 1873 ein deutscher Verein gebildet hat.
Der erste Jahresbericht darüber, in der »Huchdruckerei des heil.
Landes« gedruckt, erschien 1875, der achte, die Jahre 1880 bis
83 umfassende, erschien 1883 zu Basel bei C. F. Spittler. Der
ZAveck dieses Vereins ist gegenseitige Unterhaltung und Heieh-
rung. Der Inhalt der Jahresberichte findet sich angegeben in
der aiisserordeutl. Beilage zur Allg. Zeitung S. 178 und der ge-
wöhnl. Beilage S. 4923 von 1875, den Beilagen S. 394 und 5334
von 1877, S. 4729 von 1878, dem Hauptblatte S. 4622 von 1879
\md den Beilagen S. 5254 von 1880 und 5278 von 1883 i).
Dass die vornehmen arabischen Frauen auf Pariser Stiefelet-
ten einhergehen und dass auch die muslimischen Männer höhe-
ren Standes nun abendländische Fussbekleidung tragen.
Dass die Kawassen in Militärkleidung nach preussischcm
Muster gesteckt worden sind-j, und dass die der Consuln nicht
mehr Bahn machend ihren Herren voranschreiten, sondern hin-
terdrein gehen.
Dass an die Stelle des Rauchens aus den langen Pfeifen [ka-
sahe) und den Wasserpfeifen [narg'de] fast allgemein das Cigar-
renrauchen getreten ist.
Dass man auf der Strasse nach Bethlehem einer Chaise mit
dem Pascha begegnen kann.
Dass im Jahre 187 5 das von aussen zugemauert gewesene
Herodesthor, das Sähirathor, geöffnet worden ist.
Dass während der Zeit des russisch-türkischen Krieges auf
den russischen Bauten die deutsche Flagge geweht hat, und dass
1) Die Jerusalemer Tempelgemeinde hat daneben JSS2 einen »Freien
deutschen Verein« gebildet. Anm. d. lled.
2) Soviel ich mich erinnere, herrschte im Jahre 1S81 durchweg die ältere
Sitte wieder vor. GUTHE.
14
Wulff,
in diesem Jahre eine deutsche Kriegsflotte bei Jafa erschienen
ist, nachdem sich das Jahr vorher schon ein deutsches Kanonen-
boot dort gezeigt hatte.
(i. Entwürfe nnd Pläne. Nachdem im Jahre 1SG2 von
'einem Engländer ein erster ^'ersucll zur Herstellung einer neuen
"Wasserleitung gemacht worden, hat im Jahre 1564 eine englische
Gesellschaft mit dem Grafen Shaftesbury an der Spitze eine
solche herzustellen versucht der Kostenanschlag betrug 22,000
Pfund St. . aber es blieb bei dem Entwurf. So hat auch die von
dem Baurath C. Schick im Winter 1S69 auf 7 0 dem Pascha ge-
machte ^'orlage zur Versehung der Stadt mit Wasser keine Aus-
führung gefunden.
Im Jahre 1S67 hat ISasif Pascha an der Herstellung einer
Strasse von Jerusalem nach dem Jordan und an eine Über-
brückung dieses Flusses gedacht, aber es blieb bei dem Ge-
danken' .
So sind auch die verschiedenen Eisenbahnprojecte für eine
Bahn von Jerusalem nach Jafa. wie die des Dr.ZiMPEL (s. dessen
Schrift : ))Strassenverbindung des Mittelländischen mit dem Tod-
ten Meere und Damascus über Jerusalem und Damascus«.
Frankfurt a. M. 1S65 nicht weiter als bis zu Vorarbeiten ge-
diehen .
Der Plan, die Stadt mit einem bessern Pflaster zu versehen,
wartet auch immer noch auf die Ausführung.
Der in diesem Jahre von dem Pascha gefasste Plan . das jü-
dische Gebirge wieder zu einem waldreichen zu machen , was es
einst gewesen, wird ohne Zweifel aiich nur ein Plan bleiben.
Nachdem der Pascha das Ausroden der Wurzeln des vorzeitlichen
reichen Auswuchses, der sogenannten Kerämi, verboten, hat er
es wieder erlaubt.
Bemerkt mag hier noch werden, dass, als im Jahre 1S07 auf
das Paschalik Jervisalem drei Millionen Piaster Haussteuer gelegt
worden sind. Jerusalem als heilige Stadt von dieser Steuer aus-
genommen worden ist.
Hat Dr. T. Tobler 1S65 in seinen «Briefen aus Süd und
Oäto (A.A.Zeitung Nr. 357 die, eine grosse Hoff'nung bergende.
1^ Nach Xr. 9 der Warte des Tempels von d. J. ist die Brücke neu erbaut
und durch Kauf Pascha am 17. Februar unter grosser Feierlichkeit dem Ver-
kehr übergeben ■worden.
Zur neueren Geschitlite Jerusalems. 15
Äusserung thun können : A'ov dreissig Jahren weilten mit mir
in Jerusalem ein amerikanischer Missionar, ein von Mehemed
Ali angestellter italienischer Arzt, ein sogenannter liaron Müller,
ein deutscher Gärtner und ein französischer Tambourmajor, und
jetzt — -welche Menge von Franken, welches Capital ihrer geisti-
gen Thätigkeit ! Der friedliche Kreuzzug hat begonnen. Jerusa-
lem muss unser -werden«: wie viel mehr Avird man sich, nach
A'erfluss von weiteren zwanzig Jahren . der weitgehenden II <jtf-
nung hingeben dürfen, dass die geistige Herrschaft über Jerusa-
lem einst uns zufallen werde.
5. September IS 84.
Die antiken Städte und Ortschaften im
Libanongebiete.
Yon K. Furrer in Zürich.
Wir bieten mit dieser Studie eine vollständige tJbersicht
über die antiken Städte und Ortschaften des Libanongebietes, in-
dem wir unsere neugewonnenen Resultate mit den bereits von
andern Forschern errungenen zu einem Ganzen verarbeiteten. Es
war, wie ein Blick auf die bisherigen Karten zeigt, noch manches
festzustellen oder zu verbessern , luid Avir hoffen mit unserer Ar-
beit die historisch-geographische Kunde des Libanongebietes, so
weit sie die Geschichte von der ägyptischen bis zur byzantini-
schen Zeit betrifft, in Avesentlichen Punkten gefordert zu haben.
Jene älteste Vorstadt der Phönizier, Arathu, haben wir
nach Analogie von Tyrus wohl nicht auf der Insel Kuäd , auf
welcher nach assyrischen und griechischen Zeugen Aradus lag,
zu suchen, sondern nordöstlich von der Insel an der Stelle des
späteren Antaradus, dem jetzigen Tartüs, 29 km nördlich von der
Mündung des Nähr el-Kebir Eleutherus). Von Thutmes III.
wurden ihre reichen Pflanzungen in der Dschüni-Ebene verwü-
stet, ja in wiederholten Feldzügen traf sein Zorn ihr Gebiet i).
Als die Cheta Hilfstruppen gegen Kamses II. sammelten, lieferte
auch Arathu sein Contingent2). Zur Zeit von Ramses III. musste
das Volk von Arathu der Macht nordischer Heerschaaren sich
beugen 3 . Solche Erfahrungen mochten die Arvadim *] hewegen,
1; Brugsch, Gef5chichte Ägyptens 30S f. 341.
2) Brugsch a. a. Ü. 491. 502. 504. 3) Brugsch 598.
4) So werden die Bürger von Aradus Gen. 10, 18. Chron. I. 1, lü ge-
nannt.
Furrer, Antike Städte etc. im Libanungebiete. 17
auf der kleinen Insel liiiäd ') ihre Zuflucht zu nehmen. Was
Strabo von dieser Insel sagt , gilt schon für eine Aveit frühere
Zeit. «Es ist ein meerumspülter Felsen, ungefähr sieben Stadien
(c. 1300m im Umfange, voll von Bauwerken. Man -wohnt da-
selbst in vielstöckigen Häusern«. ()fters gedenken assyrische Ur-
kunden der Stadt Arvada (oder Aruada) . Tiglathpileser I. be-
nutzte aradische Schiffe, um aufs hohe Meer hinauszufahren-^).
Arvada lag ))mitten imMeere(f, als Assurnasiii)al ums Jahr 876
V. Chr. auch von ihr Tribut bezog. Vergeblich suchte der König
dieser Stadt 200 Jahre später das assyrische Joch abzuschütteln.
Er musste seine Tochter in den Harem Assurbanipals geben und
des überherrn »Füsse küssen« ^; . Der Prophet Ezechikl (ums
Jahr 5 SO) erwähnt, dass die liewohner von Arvad die Ituder-
knechte von Tyrus gewesen seien und Arvaditer hätten auch die
Mauern dieser Stadt schirmen helfen ^j . Noch Strabo rühmt den
Eifer der Aradier für das Seewesen^). Besonderer Blüthe er-
freute sich Aradus in der Seleucidenzeit ; besass sie doch das
Asylrecht und galt als dritte Stadt des Seleucidenreiches, zu dem
sie in allen Wechselfällen treu sich hielt ^). Wie Strabo^) be-
richtet, besassen die Inselaradier die gegenüberliegende Küsten-
ebene bei Paltus (jetzt Beide), Balanäa (jetzt Bänijäs) und
Camus (jetzt Karnün'') im Norden und Simyra (3 km nördlich
vom Eleutherus) im Süden. Dazu gehörte auch die ostsüdöstlich
gegenüberliegende Stadt Marathus, jetzt Amrit, ein lluinen-
haufe, der dem vorüberfliessenden Bach den Namen gegeben. Schon
zu Strabo's Zeit zerstört , setzt heute noch die Stätte Amrit
durch die Grossartigkeit ihrer Ruinen in Erstaunen '>») . Neben
Marathus lag Enydra^Oj, nach Rekan etwas nördlich von Amrit,
1) Ruäd ist 11 km von Antaradus entfernt, 21/2 km von der Küste.
2) Delitzsch, Wo lag das Paradies? 281.
3) Duncker, Geschichte des Alterth. & II, 384. Schrader, Die Keilin-
schriften und das alte Testament-, 104 f.
4) Ez. 27, 8. 11. 5 Strabo IG, 2, 14.
6) Droysen, Geschichte des Hellenisnuis- III, 256. 321. 38U. 394.
7; Strabo IG, 2, 12.
8) Forbiger, Alte Geogr. II, CG" verwechselt Carnus mit Antaradus.
Plinius 5, 2o erwähnt Carne. Der Stadt Antaradus gedenken Ptolemäus 5,
14. Itin. Ant., Itin. Burdig.
U: Kenan, Mission en Phenicie 59 — 102.
10] Strabo a. a. O.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VIII. 2
* c Furrer,
da. wo sich eiu künstlicher Hü^el am linken Ufer des Nähr
Ghamke erhebt, nicht 'Ain Haije unmittelbar bei den Kuinen von
Marathus ').
Der Ort Sumra hat in -svenig veränderter Form (Zamir, Si-
mir. Simvra; seinen Namen durch Jahrtausende erhalten. Aber
■wie ist die Herrhchkeit der Stadt . deren Besiegung einst Thut-
mes III.. Sargon und andere Grosskönige unter ihre Ruhmes-
thaten zählten, längst versunken ! 2 .
Südlich vomEleutherus war die erste bedeutendere Stadt der
Phönizier 'Arka. deren Burg auf steilem Felsen hoch über dem
rechten Ufer des Nähr el- Arka thronte. Dem Sturme von Thut-
mes III. konnte die stolze Feste nicht widerstehen 3) . Sie wird
in asspischen ^^ und israelitischen Berichten erwähnt. Ebenso
gedenken ihrer die klassischen Geographen ^] . Schon zur Zeit
der Antonine hiess sie Caesarea ad Libanum und war schon vor
Alexander Severus. der hier geboren wurde, römische Colonie**].
Im Talmud lesen wir, dass in ' Arkat Lebana eine Riesenceder ge-
standen habe ') .
Elf Kilometer südwestlich von Teil 'Arka liegt am linken
Ufer des Nähr Berid. nahe der Mündung, der einsame Chan
Ard-Arthüsi. an Stelle des alten Orthosia. das Strabo. Plimus,
Ptolemäus südlich auf Simvra folgen lassen^. Einst floh der
Feind der Makkabäer. Tryphon. von Dora nach Orthosia 'V Die
Stadt wird auch im Talmud erwähnt 10, .
An den beiden Ufern des Nähr Kadischa . 1 4 km südlich
von Orthosia, liegt Tripolis [jetzt Taräbulüs). eineStadt, welche
die Sidoiüer. Tyrer und Aradier gemeinsam gegründet haben
1 Renan a. a. 0. 19. 21.
2; Vgl. Brugsch a. a. O. 309. 328. Maspero, Geschichte der morgen-
ländischen Völker im Alterthume 204. 391. 393. 437. Schrader a. a. O. 105.
Genes. 10, IS (Zemari, ein Sohn Cauaans;. Strabo 16, 2, 12. Ptolem. 5, 14.
Plin. 5, 19.
3; Brugsch a. a. 0. 324.
4) Delitzsch a. a. O. 2S2. Schrader a. a. O. 104. Genes. 10, 17.
1. Chron. I. 1, 15. 5j Vgl. Forbiger a. a. O. 672.
6) S. die Nachweise bei Forbiger a. a. O.
7) Neubauer, Geogr. du Talmud 299.
8) A. a. O. 9 Makk. I. 15, 37.
10) Neubauer a. a. O. 303 f.
Antike Städte etc. im Libanong;ebiete. 19
sollen^), um an Bundesversaramhint^en hier zu tairon. Einst
war es eine »feste Städte , <hu-cli SehiltYalnt und Handel . sowie
durch eine fruchtbare Uniii^ebung ausgezeichnet 2' . In ihren
Hafen lief die Flotte ein , mit deren Hilfe Demetrius den Antio-
chus Eupator überwand ^) .
Wandern wir die Küstenstrasse entlang, so treffen wir etwa
8 km südsüdwestlich von Tripolis el-Kalraön, das alte Kala-
mos, dessen z. B. Pülybius und Punius gedenken^).
Etwa 14 km östlich von el-Kalmön gelangen wir zu einem
ansehnlichen Dorfe Namens Zagharta, an dessen nördlichem Saume
der Nähr Eascha'in vorüberströmt. Dasselbe steht wohl auf dem
Platze des alten Gigarta, eines Käubernestes, das von Pompe-
jus zerstört wurde ^) .
Nur fünf km südsüdwestlich von Kalmön liegt am südlichen
Anfang eines dreigipfligen Vorgebirges das durch mannigfache
Spuren des Alterthums ausgezeichnete Dorf Enfe ^) . Einst stand
hier die Stadt Tri er es ^), die Antiochus der Grosse auf seinem
Feldzuge gegen Ptolemäus Philopator zerstörte, die aber noch
in römischer Zeit einen Hafen besass und als Station auf dem Wege
nach Jerusalem auch vom Bordeaux-pilger und von Antomnus
Martyr besucht wurde. Kurz ehe letzterer hieher kam. hatte
ein Erdbeben die Stadt heimgesucht *).
Dem Vorgebirge von Enfe liegt Ras esch-Schakka gegen-
über, das von den Alten vielgenannte Theouprosopon'-'j, des-
sen Feste ernst Porapejus zerstörte ^^) .
1) Strabo 16, 2, 15. Plin. 5, 17. Steph. Byz. s. v.
2) Dionysius periegetes V. 914. 3) Makk. II. 14, 1.
4) Polyb. 5, 68. Plin. 5, 17.
5) Strabo 16, 2, 18. Plinius führt Gigarta allerdings zwischen Botrys
und Trieres an; aber seine Reihenfolge ist anerkanntermassen ungenau.
KtuiAT] RiYotpTa in der Notit. eccl. bei Pveland, Palästina 216.
' 6) Renan a. a. O. 143 f. 7) Von der Form des Vorgebirges mag
der Name TpffjpT];, «dreifach ausgerüstet«, herkommen.
8) Polyb. 5, 68. Plin. 5, 19. Strabo 16, 2, 15. Hieroclis synecdemus.
Scylax c. 104 (er schreibt Teres). Itiner. Burdig. 14. Anton. Mart. 92 edd.
Tobler et Molinier).
9) Theouprosopon, »Gottes Angesicht«. Renan a. a. O. 145 bemerkt:
Peut-etre aussi est-ce une traduction de pene-Baal, »face de Baal«, epithete
constante de Rabbath Tanith dans les inscriptions carthaginoises. Le mon de
cap »Madonne« (so heisseu es die Franken) serait-il un echo du mon Rabbath?
10] Strabo 16, 2, 18.
2*
0(1 Furrer,
.Siiillich von Käs esch-Schakka folgen in ungleichen Distan-
zen zunächst Botrys ijetzt liatrün'), nahe dem linken Ufer des
Nähr el-Dschüz. dann das altberühmte By blos, von den Ägyp-
tern Kapuna. den Phöniziern und Israeliten Gebal-), von den As-
svreni Guubli, von den Arabern Dschebeil genannt. Eine »heilige
.Stadt'( heisst Byblos schon in einem ägyptischen Reiseberichte
des 14. Jahrhunderts v. Chr. 3) . Pap. Anastasi I unter Ram-
ses II. D. Ked. . Dem Adonis heilig nennt sie Strabo^j , eine
Stiftmig des Kronos Stephanus Byzaminus^). Die Frauen von
Byblos beweinten den Adonis , -wenn der eine Stunde entfernte,
vom Heiligthum Apheka'' im Hochgebirge kommende Nähr
Ibrahim Adonis) vom Blute des Gottes geröthet war ") . Die spä-
tere Stadt Byblos liegt südlich von Nähr Fartuse und nördlich
vom Nähr Feidär, die ältere südlicher. Beim Vorgebirge Ma'a-
miltein, welches das steile Nordufer der Dschüni-Bai abschliesst,
begann unsers Erachtens die von Strabo erwähnte wLeiter« (cli-
max'";, und an ihr, einem ungewöhnlich schönen Gestade, wo
die anmuthigen Formen der Landschaft von dem reichen Pflan-
zengrün einen erhöhten Reiz empfangen, haben wir Paläbyblos'^)
und wohl auch das Gebal der Israeliten, die der Gibliter als
Steinmetzen, Holzfäller und Schiflljauer gedenken '<') , zu suchen.
Auch was Strabo von Byblos sagt, gilt richtiger für Paläbyblos,
nämlich, dass es auf der Höhe gelegen habe unfern dem Meere i') .
Um die Dschüni-Bai herum führte die uralte Völkerstrasse
nach dem Passe des Nähr el-Kelb (Lykus). Noch haben sich an
diesem Passe drei Felsentafeln erhalten , auf denen Ramses IL
1) Polyb. 5, 68. Strabo 16, 2, 18. Steph. s. v. Plin. 5, 20.
2 Das älteste Byblos , das in den ägyptischen Urkunden und im A. T.
erwähnt wird, lag übrigens weiter nach Süden, s. unten.
3 Kecords of the Fast II. 110. 4; Strabo 16,2, 18.
5, Steph. Byz. s. v. , er nennt sie mit Unrecht die älteste Stadt Phöni-
eiens.
6 Euseb. vita Const. 3, 55. Sozom. hist. eccles. 2, 5. Bei Jos. 13, 4
ist wohl an dieses Aphek zu denken, während kaum bei Jos. 19, 30. Rieht.
1, 31. 7) Kenan a. a. O. 263. S) Strabo 16, 2, 18.
9) Strabo 16, 2, 19. Plin. 5, 17.
10; Kon. I. 5, 18. Ez. 27, 9. Das Land der Gibliter Jos. 13, 5 würde
dann den Bezirk des Libanon bezeichnen , der von der Dschüni-Bai ostwärts
zur Kammhöhe des Gebirges sich erstreckt.
11) Über die Alterthümer von Dschebeil vgl. Ilenan 152. 281.
Antike Städte etc. im Libanongebiete. 21
sein siegreiches Vordringen verewigte. In einer andern Urkunde
aus seiner Zeit wird der Feste Galipu Erwähmmg gcthan ■). die
wir eben hier zu svichen haben. Viele Jahrliunderte später sucli-
ten die Ägypter umsonst den Kelb-Pass gegen Antiochus den
Grossen zu sperren '^) .
Wir überschreiten den Nähr Beirut (M a g o ras, und kommen
zur römischen Colonie Felix Julia •') . Ein grosser Pinienhain
schützt im Südwesten die Gärten der Stadt gegen den andringen-
den Meeressand. Seit fernen Jahrtausenden mag ein solcher
Hain hier gestanden haben ^j und die Stadt ihm den alten Namen
Beryto s (Beirut) danken ■'''). Namensähnlichkeit Hess manche
Forscher die Küstenstadt mit dem biblischen Binnenort Berothai
verwechseln. Wie mächtig ist Beirut noch gewachsen seit den
Tagen, da Stepha?vUS Byz. von ihr rühmen konnte, sie sei aus
einer kleinen Stadt eine grosse geworden 0) .
Von Beirut aus gesehen erhebt sich in stolzer Majestät
Dschebel Sannin, zu dem man über das Dorf Brumm äna aufstei-
gen kann, hoch ob dem Wädi Salima. Sannin und Brummäna
erinnern uns aber an die ituräischen Räubercastelle Sinnas und
Borroma, deren Strabo erwähnt^). Sie haben ohne Zweifel auf
einem westlichen Ausläiifer des Sannin, und zwar das zweite an
der Stelle des heutigen Dorfes Brummäna, gelegen.
Zwölf römische Meilen (c. 3'/2 Stunden) südlich von Bery-
tos traf der Bordeauxpilger (333 n. Chr.) die Stadt Heldua.
Dort finden wir heute den Chan el-Chulda. Einst mochte der
Ort bessere Zeiten gesehen haben , Avenn wir ihn mit dem E 1 ä a
des Philo von Byblos und dem Elais des Dionysius Periegetes
identificieren dürfen *) .
1) Brugsch a. a. O. 515. Duncker a. a. 0. 143.
2) Polyb. 5, 68. 3) Plin. 5, 17.
4) Birotha wird schon im Reisebericht aus Ramses II. Zeit erwähnt, vgl.
Brugsch a. a. O. 55G.
5) Berytos von berösch, das nicht bloss Cypresse, sondern auch Pinie be-
deutet. Stephanus Byz. s. v. leitet den Namen von [ir,o pxs) »Brunnen^ ab.
6) Unter Caracalla nahm die Stadt den Beinamen Antoniniana an. Berytos
wird von den Alten häufig erwähnt, vgl. die Belegstellen bei Forbiger
a. a. O. 668. 7) Strabo 16, 2, 18.
8) Philo bei Steph. Byz. s.v. Elaia. Renan a. a. O. 526 vermuthet, es sei
an dieser Stelle Eldia zu lesen. Richtiger scheint uns die Lesart Elais (Acc.
Elaida), die mit Dionys.Per. und Eustathius (§ 910) übereinstimmt.
•22 Furrer,
Als nächste Station nennt derselbe alte Pilger Porphy-
rion. Da dieselbe acht römische Meilen c. 2^ o Stunden] von
lieldua entfernt lag, so musste er vorher den von Polybius und
Stkabo er-wähnten Fluss Tamyras (jetzt Dämüri) und das Vor-
gebirge gleichen Namens passieren. BeiNebiJünus. avo noch zahl-
reiche Spuren einer bedeutenden Stadt des Alterthums sich fin-
den-), erreichte er die Station. Von hier bis zur Scala Tyrio-
runi jetzt Käs en-Xäkiiral dehnte sich nach dem Talmud 3, der
Fang der Purpurschnecke aus. Polybius berichtet, dass südlich
vun Dämür eine schroffe, steile Anhöhe bis zum Saume des Mee-
res sich erstrecke , -welche nur auf schwierigem und mühsamem
Wege überschritten werden könne. In der That senkt sich nörd-
lich von Nebi Jünus ein Ausläufer des Gebirges zum Meere, über
den ein schwieriger, zum Theil in Fels gehauener Pass hinführt.
Dieser Pass von Porphyrion Avurde von Antiochus dem Grossen
forciert. Darauf konnten sich die Feinde auch bis Platanos nicht
mehr halten, und die Strasse lag für den König bis nach Sidon
offen ^}. Nach der Schilderung des Polybius muss Platanos^] in
der Nähe von Poi^ibyrion sich befunden haben, und zwar an
einem Engpass. Im Norden vom Nähr el- Awali dehnen die
Berge ihre Wurzeln bis zum Meere hin aus^^ . Dort, und zwar
wohl beim Vorgebirge er-Rumele, wo sich Trümmer phönizischer
Monumente und einer grossen Necropole erhalten haben, ist die
Stätte von Platanus zu suchen").
Wer von Berytos nach Sidon wanderte, musste, wie Ptole-
1, Polyb. 5, 6S heisst der Fluss Aaaojpa;. Strabo 16, 2, 22.
2 Renan a. a. O. 511—514. Die Trümmerstätte Nebi Jünus ist von dem
südlicher liegenden Käs Xebi Jünus oder Ras Dschedre zu unterscheiden.
3; Gem. Schabbath bei Reland a. a. O. 050. 4 Polyb. a. a. O.
5 So schreibt auch Steph. Byz. s. v. Josephus, Archäol. xVl. 11, 25.
Platane. Er nennt es ein Dorf der Sidonier. f. Robinson, Palästina III, 711.
T; Die Lage von Porphyrion ist durch Polybius und das Itiner. Burdig.
sehr bestimmt angezeigt. Gleichwohl wurde Porphyrion häufig mit Haifa ver-
wechselt. Warum das geschehen konnte , wurde bisher nicht erklärt. Das
Räthsel löst sich aber sehr einfach. Kaiser Justinian baute in Porphyrion
eine^ Kirche |zu Ehren der Maria. Unter demselben Kaiser aber kaufte ein
gewisser Evangelus in Cäsarea ein am Meere liegendes Dorf xü)[j.r^v üof-
'fjptwvci. Letzteres ist offenbar mit Haifa identisch. Als dann das bischöf-
liche Porphyrion in Trümmer gesunken war, Haifa aber aufblühte, ging die
Bislhumswürde auf Haifa-Porphyrion über. Procop. de aedif. 5, 9. Hist. ar-
cana .30.
Antike Städte etc. im Libanongebiete. 23
maus') berichtet, den Fluss Leo kreuzen. Strauo gedenkt des
letztern nicht, wohl aber^mchlet er, dass zwischen iJerytos und
Sidon der Fhiss Tamyras, der Hain d e s Ä s k u 1 a p und L e o n -
tonpolis Hege'-). Von Antoninus M. vernehmen wir, dass bei
Sidon ein Fluss As clepius ströme, während Diünysius Perieg.
und seine römischen Übersetzer von dem anmuthigen Bostrenus
reden , der bei Sidon seine klaren Wogen vorübertreibe ^j . Aus
all' diesen Angaben darf man schliessen , dass Leo, Asklepius,
Bostrenus denselben Fluss, nämlich den Nähr el- Awali, bezeich-
nen. Am »Löwenfluss« lag aber sonder Zweifel auch die »Löwen-
stadt« (Leonton- oder Leontospolis), beim Asclepius- (Äskulap-)
Fluss der Hain gleichen Namens. Vielleicht war es ein Plata-
nenhain , von welchem das Kastell Platanus seinen Namen em-
pfangen. Jedenfalls haben Avir Leontonpolis bei er-Rumele zu
suchen. Sollte es nicht mit Platanus identisch sein, so müssten
wir letzteres auf das Vorgebirge Dschedre verlegen.
Vom Nähr el- Awali führte ein Kanal , der theilweise noch
erhalten ist , Wasser nach Sidon. Ein Blick auf die Lage dieser
Stadt lässt ihr frühes Aufblühen wohl begreifen : hat doch die
Natur dort selbst durch Inseln und Halbinseln der Bildung von
schützenden Hafen und sicheren Wohnsitzen vorgearbeitet, und
ist doch die Strandebene , Avelche nach drei Seiten hin die Stadt
umkränzt, mit reicher Vegetation gesegnet ! Wohl ist dieser Gar-
ten Sidons durchschnittlich nur eine Viertelstunde breit : es zieht
sich aber freundliches , wiewohl spärliches Grün auch an den
sanft aufsteigenden benachbarten Höhen empor. Die Bäche
Kamle im Norden und Barghüt und Sanik im Süden helfen die
Ebene einen Theil des Jahres hindurch bewässern. Heutzutage
könnte man die Stadt nicht mehr die »grosse« heissen, wie sie im
1) Ptolem. 5, 15.
2) Strabo 16, 2, 22. Plin. 5, 19 verlegt Leontosoppidum nördlich von
Berytos. Der Text bei Skylax (s. Reland a. a. O 432; ist verdorben. »As-
clepios mit dem Löwen« nannten die Griechen den phönicischen Gott Esch-
mun, vgl. Tiele in Revue de l'hist. des religions 3, 199.
3) Dionys. per. 912 f.; vgl. Keland a. a. O. 437 f. Bostrenus erinnert an
Astrenoe, deren Geliebter nach Damascius Eschmun war (vgl. Tiele a. a. O.
200). Der Käme würde dann auf den Tempel des Eschmun und der Astarte
daselbst hindeuten. In der geographia synoptike des Nikophorus lesen wir:
Sicöjva fjTt; ■/,aT0i7.£ttat eTil toi? 'jootci toü BoSTf^rjVoO, d^' o'j '/.eil Boaroa ci'jty]
T) 7:6X11; X£f£TG(t.
«)^ Furrer,
A. T. genannt wird' . Doch ist es immer noch ein ansehnlicher
Ort. dessen Weichbikl viele Palmen, Haine von Orangen-. Fei-
lten-, Öl-, Maulbeer-. Aprikosen- und Bananenbäumen zieren.
Sidon hatte in den Augen der Israeliten und Hellenen ein so
grosses Ansehen , dass sie in ihren älteren t berlieferungen sehr
oft den ganzen Stamm der Phönizier einfach Sidonier nannten-;.
Innerhalb der idealen Grenzen des Stammes Asser fallend'^),
■wurde sie doch nie von den Israeliten erobert^). Dagegen unter-
lag sie dem Sturme Asarhaddons um's Jahr 670 ^j. Fünfzig Jahre
früher hatte sie sich -svillig der Herrschaft von Salmanassar IV.
gefügt^^. Umsonst trotzte sie 593 v. Chr. dem Könige Nebukad-
nezar^). Seit den Zeiten des ersten Hiram von Tyrus war Sidon
allmählich auf die zweite Stelle unter den phönizischen Städten
herabgesunken. Doch unter persischer Oberherrschaft erscheint
es wieder als die erste Stadt Phöniziens imd ihre Könige haben
den Vorrang vor denen von Tyrus '^l . Nachdem es aber 351 v.
Chr. von Artaxerxes Ochus erobert und zerstört worden, erhob es
sich nur noch als Stadt mittleren Hanges aus der Asche '■*) . Man
rühmte in römischer Zeit Sidons Glasfabrikation '^j.
Nach Strabo liegt zwischen Sidon und Tyrus eine kleine
Stadt Ornithonpolis 11). Zu dieser Angabe stimmt Skylax.
Plinius 12 zählt von S. nach N. an der Küste die Städte Tyrus,
Sarepta, Ornithon, Sidon auf. Darnach dürften wir Ornithonpo-
1) Jos. 11, 8. 19, 28. In assyr. Urkunden wird ein Gross-Sidon und ein
Klein-Sidon namhaft gemacht, s. Schrader a. a. 0. 103. 291.
2) Genes. 10, 15. 49, 13. Jos. 13, Ü. Rieht. 3, 3. 18, 7. Die Sept.
zu Levit. 3, 7 und Jos. 23, 2. 12. Ilias 6, 290 f. 23, 743 f. Od. 4, 84. Ö18.
15, 115. 424. Im Siegesberichte von Thutmes III. wird Zor Tyrus), nicht Si-
don erwähnt ; wohl aber gedenkt der Stadt Ziduna derReisebericht aus Ram-
868 II. Zeit. Vgl. Brugsch a. a. ü. 324. 339.
3) Jos. 19, 2S. 4) Rieht. 1, 31. 3, 3.
5; Delitzsch a. a. 0. 283. unter den in assyr. Urkunden erwähnten
Nachbarorten Sidons ist vielleicht Kundi auf 'Ain Kün am "WädiKefra, Bit-
ziiti auf Zeta am mittleren Zaharüni zu beziehen.
6j Duncker a. a. O. II, 322. 7) Duncker a. a. O. 514.
8) Duncker a. a. O. IV, 3ü7 f. Herod. 3, 19. 5, 104. HO. 7, 96.
9, Forbiger a. a. O. 669.
10) Plin. 5.17. Pomp. Mel. 1,12. Im N. T. wird öfters das an Galiläa an-
gränzende Gebiet als Gegend von Tyrus und Sidon bezeichnet Mrk. 3, S. 7,
24. Mtth. l.j, 21. Paulus berührte Sidon auf seiner Reise nach Rom.
Apg. 27, 3. 11) Strabo 16, 2, 14. 12j Plin. 5, 17.
Antike Städte etc. im Libanongebiete. 25
li.s nicht für den gleichen Ort -wie Sarepta halten — wollte man
nicht etwa mit Renan veimuthen, dass Zorphat (Sarepta) durch
Umstellung Zophrat gesprochen und dann als «Vogelstadtic (Zip-
l)arta) gedeutet worden wäre ^) . Hat man sich aber an den über-
lieferten Text des Plinius zu halten 2], so würde Ornitlionpolis
wohl am besten der vom Hükdeaux-pilger erwähnten Station Ad
Nonum, dem heutigen "^Adlün, entsprechen'^;. Dort befand sich
einst eine Stadt, bei deren Nordthore man das RelieHiild eines im
Käfig gehaltenen Vogels gefunden^). Dieses Bild könnte eine
Anspielung auf den Namen der Stadt sein.
Nicht so unsicher wie die Lage von Ornitlionpolis ist die von
Sarepta, da der Name dieser Stadt als »Sarfandu sich erhal-
ten hat. Etwa 35 km südlich von Sidon liegt am Ilügelabhang
über der Strandebene ein Dorf Sarfand. Letzteres nimmt indess
nicht die Stelle der alten Sidonierstadt ein-^), sondern diese ist auf
dem Vorgebirge gleichen Namens zu suchen 6), Am Hügelab-
hang aber mochte der Wein gedeihen, dessen Trefflichkeit Aveit-
liin gerühmt wurde ^) .
Mit dem Fluss Litäni, dem Strabo keinen Namen gegeben,
den aber die ägyptischen Urkunden wiederholt unter dem Namen
Natsana erwähnen, schliesst das eigentliche Libanongebiet.
Doch wollen Avir, über diese Grenze ausgreifend , auch noch die
einst berühmteste Phönizierstadt erwähnen, nämlich Tyrus.
»Zweihundert Stadien , nicht mehr« , sagt Strabo , »liegt Tyrus
von Sidon, nach letzterer die grösste und älteste Stadt Phöni-
ziens. Die Dichter zwar haben Sidon mehr gefeiert, und Homer
1) Renan a. a. O. 556. Er vermuthet, dass es bei Plinius ursprünglich
geheissen : Sarepta seu üi-nithonpolis. Wenn Skylax letztere eine Stadt der
Sidonier nennt, so ist damit für ihre Lage nichts bestimmt, da er z. B. auch
Dora so bezeichnet.
2) Auf des Plinius Reihenfolge ist , wie oben schon bemerkt , kein
Verlass.
3) Strabo 16, 2, 24: Aie/si tyj; ^toovo; Yj T6po; oj TrXsfoy; töiv otav.osicuv
CTaotojv. 'Ev TU) [Asxa^'j roXiyviov 'OpvlS}ujv roAi? Xs^oi^ivT] • elta 7:p6;T6p(o r.ozo.-
(jio; (der Litäni) d;iTjO£v. In der Mitte zwischen Sidon und Tyrua liegt Sarepta,
das Strabo nicht erwähnt. 'Adlün liegt Tyrus näher. 4) Renan a. a. O. 656.
5) Ob. 20. Kön. L 17, 9. Luk. 4, 26. Jos. Archäol. YIII. 13, 2.
6) Renan a. a. O. 655 f.
7) Sid. Apoll, carm. 17, 16. Fulg. Mythol. 2, 15, vgl. ferner Reland
a. a. O. 185 f. Der Stadt Zareptha gedenkt schon der ägypt. Reisebericht,
s. üben.
2(3 Furrer,
thut von Tyrus gar keine Erwähnung, aber die nach Libyen und
•Spanien bis über die »Säulen« hinaus entsendeten Kolonien rüh-
men Tyrus mehr. Dieses ist fast ganz eine Insel und eben so ge-
baut Avie Aradus. Es hängt mit dem festen Lande durch einen
Damm zusammen, av eichen Alexander während der Belagenmg
aufwerfen Hess. Es hat zwei Häfen, einen geschlossenen und
einen offenen , den sie den ägyptischen nennen. Die Häuser
sollen daselbst viele Stockwerke haben, sogar noch mehr als in
Kom. Zum Aufenthalt ist die Stadt wegen der Menge der Fär-
bereien unangenehm« ^) . So schildert Strabo das Tyrus seiner
Zeit. Es ist aber diess nicht die Stadt, deren die ägyptischen
Denkmäler der 18. und 19. Dynastie gedenken-), sondern diese
lag 30 Stadien 3) (etwas mehr als eine Stunde) südlich von der-
selben auf dem Festlande. In dieser Entfernung treffen wir eine
reiche Quelle (jetzt Eäs el-Ain geheissen), deren Wasser durch
eine noch in Trümmern vorhandene Leitung nach Inseltyrus ge-
fülirt wurde. Doch nicht bei der Quelle selbst, sondern auf dem
unmittelbar benachbarten Hügel er-Easchidije haben wir Palä-
tyrus zu suchen^).
In Tyrus hat sich das reichste Leben der Phönizier concen-
trirt, und zwar in Inseltyrus , das seinen Aufschwung dem Zeit-
genossen Salomo's, dem Könige Hiram, verdankte. Er Hess die
Insel durch Aufschüttungen vergrössern und schützte die ganze
Stadt, deren Umfang nur 22 Stadien betrug, durch gewaltige,
hart am Meere aufsteigende Mauern^). Wann die ersten Ansied-
lungen auf der Insel stattgefunden und wie weit Inseltyrus als
Tochter von Sidon 6] betrachtet werden kann , lässt sich nicht
mehr entscheiden. Assyrische und später babylonische Oberher-
herrschaft anerkennend, haben doch die Inseltyrer den langen
Belagerungen von Salmanassar IV. und Nebukadnezar ^) erfolg-
reichen Widerstand geleistet. Erst durch Alexander wurde ihre
Macht gänzlich gebrochen ^] . Doch schwangen sie sich wieder
1) Strabo Hl, 2, 23. 24.
2 Brugsch a. a. O. .'124. 339. Die Ägypter nennen die Stadt Zor , wie
die Israeliten.
3) Strabo ItJ, 2, 24. 4) Guerin, Galilee II. 203.
5) Duncker a. a. O. If. 200 f. 0) Jes. 23, 11.
7, Duncker a. a. O. II, 322. 525 f.
S; Droysen, Gesch. d. Hellenismus I. 1, 2S4 f.
Antike Städte etc. im Libanongehiete. 27
zum Wohlstand und einer gewissen, von den Ivömcin respectir-
ten Freiheit anf ).
Zur Zeit des Propheten Hosea im 8. Jahrhundert und noch
mehr in den Tagen Ezechiel's ;ini G. Jahrli.) niuss Tyrus eine
glänzende Stadt gewesen sein , weit herrlicher als Stkajjo sie
kannte"^ . Als Jesus in Galiläa wirkte, hatte Tyrus wie Sidon hei
den Juden den Ruf einer lasterhaften Stadt'') ; doch hildete sich
hier früh eine Christengemeinde, die auch Paulus besuchte*).
Die Nachforschungen Gukrin's'') haben bewiesen, dass Ty-
rus einst eine nördliche und eine südliche Khede besass, die ge-
ilen den von West kommenden Wogenschwall durch Fels und
Mauer geschützt waren. Der nördliche Hafen war grösser als die
dortigen über dem Wasserspiegel noch sichtbaren Molotrümmer
vermuthen lassen. Ein von SSW. nach NNO. gehender MolO'
begränzte den südlichen Hafen.
Für die ideale Anschauung der Israeliten lag das ganze Li-
banongebiet innerhalb der Nordgrenze ihres Keiches^). Aus-
gehend vom »grossen Meere«, berührte letztere zunächst Hetlon^
das jetzige Heitela, einen Ort, der fast zwei Stunden von der
Küste entfernt, zwischen dem Nähr el-Kebir und dem Nähr
'Akkär gelegen ist, strich darauf am Berge Hör, offenbar dem
nördlichen Ausläufer des Libanon , vorüber, dem Thal des Nähr
el-Kebir folgend, und erreichte dann das Plateau des Orontes.
Hier nahm sie vorerst eine nordöstliche Richtung J)bis zum Kom-
men nach Hamathu, d. h. bis zum heutigen Restan, dem alten
Arethusa, wo einst Syria secunda'], später das Fürstenthum
Antiochia sich abgrenzte, und heute die Grenze zwischen dem
1) Strabo a. a. O. 2) Hos. 9, 13. Ez. 27.
3) Matth. 11, 21. 15, 21. Mark. T, 24. Luk. G, 17. 10, 13.
4i Apg. 21, 3—7.
5) Guerin a. a. O. 181 f. Über die Geschichte von Tyrus vgl. ausser
den Bibellexica die klare Übersicht bei Guerin a. a. O. 209—231. Guerin
berücksichtigt indess die hierogly^ihischen und keilinschriftlichen Nachrichten
nicht.
6) Num. 34, 9 f. Ez. 47, 15 f.
7) Stephanus Byzant. und Hieroclis synecdemus berichten, dass zu ihrer
Zeit [im 6. Jahrh. n. Chr.) Arethusa zu Syrien, Emesa zur Phoenice Libane-
sia gehörte.. Nach der Notit. patriarch. aus demselben Jahrh. war Arethusa
dem Erzblsthum Apamea und nicht dem von Emesa untergeordnet , während,
bei Ptol. 5, 15 Emesa dem Bezirk Apamene einverleibt ist.
23 Furrer,
Ilamath- und Hömsgebiet sich durchzieht i). In der Nähe von
Kestan nämlich beginnt das eigentliche liaraaththal. das eine fast
hundert Meter tiefe Furche im weiten Hauptthal bildet. Das
»Kommen nach Hamath^« . ein Ausdruck , der als Grenzbezeich-
nung so oft im A. T. erwähnt wird- , hatte demnach einen viel
engern liegritf als gewöhnlich angenommen wird, liei Restan
überschritt die Grenze den Fluss und zog sich ostsüdöstlich nach
Siphron. dem jetzigen Safräne. einer östlich vom Orontes^) ge-
legenen Ortschaft. Von hier aus wandte sie sich südsüdöstlich
nach Zedad. dem heutigen Christendorf Sadad^ . lief dann ost-
nordöstlich auf Hawran zu. Haurina nennen die Keilinschrifteii
diesen Ort ^ , Averia oder Aveira Ptolemäus '') . Euria das Ver-
zeichniss der alten Bisthümer' . Hawarin seine jetzigen Bewoh-
ner. Noch trägt er Spuren einstiger Bisthumsherrlichkeit. Nur
noch 17 km gerade aus östlich, und die Nordgrenze endigte
bei Hazar 'Enan. indem sie hier mit der Ostgrenze zusam-
mentraf. Dieses Hazar 'Enan Quellenhof können wir nämlich
nur in Karjaten suchen, von dem Ritter berichtet^) : »Kariaten
gehört zu den in der syrischen Wüste Meit auseinanderliegenden,
oasengleichen, fruchtbaren Stellen, wo noch gutes "Wasser vor-
handen und gute Weintrauben gedeihen. Aber es ist zugleich
auch der letzte Wohnort gegen die Wüste, von wo man 24 Stun-
den ohne Wasser bis Palmyra vorzurücken hat". Nach Sachai
1, K. Ritter, Erdkunde XVII, 1028 f.
2, Num. 13, 22. 34, S. Jos. 13, 5. Rieht. 3, 3. König. I. 8, 65 u. s. w.
3; K. Ritter a. a. O. 1029. Von Restan aus liegt Safräne ostsüdöstlich,
von Teil Bisi aus nordöstlich.
4) Num. 34, 8 -wird die Richtung der Gränze nach Zedad angegeben , im
folgenden Vers die Gränze vom Hamathgebiet an durch die Punkte Siphron
und Hazar Enan genauer bestimmt. Über Sadad vgl. K. Ritter a. a. O. 1391.
1443 fg. Man könnte vermuthen , dass Deleda der Tabula Renting, mit .">adad
identisch sei , insofern S dem römischen Ohre wie D tönte und 1 ein einfacher
Schreibfehler wäre. Doch giebt es heute noch ein Teil 'Eda in der syrischen
"Wüste, 3.5 km ostsüdöstlich vonHama, freilich zu der Distanzangabe der
Tabula nicht stimmend. Eher mag Zedad dem Adada bei Ptolem. 5, 1.5 und
bei Nütitia Dignit. imp. entsprechen.
5 Delitzsch a. a. O. 296. 6) Ptolem. 5, 15.
7, Notitia Antiochiae et Jerosolymae Patriarchatuum edd. Tobler et Mu-
linier 335. Ueber das jetzige Hawarin vgl. Sachau, Reise in Syrien und Me-
sopotamien 1883, 52 f. Sj A. a. 0. 1458.
Antike Städte etc. im Libanongebiete. 29
tritt eine halbe Stiinde südlich von Karjaten eine Quelle, Iläs el-
*Ain, zu Tage und bildet einen IJach, der in zwei Armen an bei-
den Seiten des Dorfes vorbeifliesst und sich dann bald in die
Stepi)e verliert ^] .
Die Ostgrenze begann nach Ezechiel^) zwischen Hawran
imd Damaskus ; Xxim. 34, 10 heisst es genauer: «Market euch zur
Ostgrenze von Hazar Enan nach Sepham«. Wenn dann freilich
nach der gewöhnlichen Lesart der Befehl Aveiter lautet : »Und die
Grenze gehe von Sepham herab nach Kibla östlich von Ain«, so
fühlen wir uns vollständig im Dunkeln, da uns Sepham gänzlich
imbekannt ist^) und Ribla am Orontes von Hazar Enan aus
westnordwestlich liegt. Entweder hatte der Verfasser keine klare
Vorstellung von der gegenseitigen Lage dieser Ortschaften, oder
wir haben , was uns viel wahrscheinlicher dünkt, anzunehmen,
dass ein altes Sepham etwa an Stelle des heutigen ^\tni, 46 km
südsüdwestlich von Karjaten, sich befunden habe. Harbel aber
— denn so, nicht ßibla, steht Num. 34, 11 geschrieben ^j — ist
das heutige 'Arbin , 5 km nordöstlich von Damaskus und nur
1 km östlich von dem perennirenden Bache entfernt, der von Hel-
bön herkommt. 'Arbin von Harbel ist ähnlicher Bildung wie
Beitin von Bethel. Ezechiel^j macht zwischen Hetlon \ind Ze-
dad noch drei Städte namhaft, deren Gebiete die Grenzlinie be-
rührten, nämlich Hamath, Berotha, Samareim''). wovon
die erstere am mittleren Orontes lag , die zweite, jetzt Bereitän
(s. unten), in der Bekä', die dritte, jetzt Schaumerije, östlich vom
Kades-See. Zwischen dem Hamath- und dem Damaskusgebiete,
angrenzend an den Hauranbezirk, fand sich der Grenzort Hazar
1 A. a. O. 31. ;Man hat Hazar Enan mit Putea von Ptolem. 5, 15, Cen-
tura Putea der Tab. Peuting. identificiren wollen. Doch bleibt diess blosse
Vermuthung. Das Asaaran der Keilinschriften möchte noch eher mit Hazar
Enan identisch sein, s. Delitzsch a. a. O. 290. Nach der Notitia Patriarcha-
tuum a. a. O.J war einst Karjaten unter dem Namen Karatea ein Bischofssitz.
2 Ez. 47, 18.
3) Die Keilinschriften kennen ein Baali-Sapuna (Delitzsch a. a. O. 277),
das vielleicht dem bibl. Sepham entspricht, die Notitia Patriarch, aus dem
0. Jahrh. einen Ort Sophira, doch diesen, wie es scheint, in der Nachbarschaft
von Samosata, wohl Teil Sef 1 St. westlich von Harran.
4 Sept. 'Apßr,).ä. 5) Ez. 47, IG.
ti; Samareim nach den Sept., im hebr. Text Sibraim.
30 Furrer,
Tichon. das mittlere Hazar im Westen von Hazar Enan und
östlich von Zedad. üarnach kann es Avohl kein anderer Ort als
Maliin, 2^2 ^^^ südlich von Hawarin. gewesen sein.
Diesen Grenzorten lassen wir die übrigen Städte am nörd-
lichen Saume und im Osten des Libanon folgen.
Gehen Avir den Nähr el-Kebir entlang ostwärts bis zur
Grenze der Küstenebene und wenden wir uns von da nordwärts,
so gelangen wir in etwa drei Stunden zur intermittirenden Quelle
Fauwar ed-Der, dem S ab b at h f lu s s der Alten i) . Dort befand
sich schon zu Thutmes III. Zeit eine Ortschaft Schabatun^],
und es stationirten daselbst auch einst die Truppen von Ram-
ses II. •^j. Näher der am See von Höms (Emesa) gelegenen Feste
traf man. wie das Epos von Pentaur meldet, die Stadt Ar na ma^)
(jetzt Harbana, zwei Stunden westlich vom Höms-See).
Um den Höms-See (früher auch von den Arabern Kades-See
genannt) herum lagen mehrere Städte, die in assyrischen Urkun-
den genannt werden : Aribua, jetzt Rebia; Arganaa, jetzt
Ardschün; Adiennu. jetzt et-Tin (?) ; Bargaa, jetzt el-
Burdsch (?) ^) . Etwa 1 6 Stunden ostwärts vom See auf der Strasse
von Höms nach Polmyra lag Karnini. jetzt Karnein '^).
Nur eine Stunde südlich vom See erhebt sich ein Hügel, Teil
Nebi Min-Dhu geheissen, weithin dieOrontesebene beherrschend
und gross genug, um eine für die Verhältnisse des Alterthums
bedeutende Stadt zu tragen. Am linken Ufer des Orontes gela-
gert, wird er nördlich vom Flüsschen el-Mukadije umsäumt, von
dem aus einst Menschenhand einen Wassergraben westlich vom
Hügel nach dem grösseren Fluss gezogen, damit der Hügel ganz
zur Insel würde. Auf dem Haupte dieses Hügels thronte sehr
li Jos. Bell. jud. VII. 5, 1. Plin. :il, 11.
2) Brugsch a. a. O. 332.
3) Brugsch a. a. 0. 496.
4) Brugsch a. a. 0. 49ij. Arnama wird auch im Vertrag Ramses II. mit
den Cheta erwähnt. Brugsch 523.
5; Delitzsch a. a. O. 274 f. Wir machen bei den Arabern sehr häufig
die Beobachtung, dass sie überkommene Eigennamen so lange umwandeln,
bis dieselben zu arabischen Appellativen geworden sind. Es kann sich daher
in scheinbar ganz durchsichtigen arabischen Ausdrücken ein uralter, nicht
arabischer Eigenname erhalten haben.
0, Delitzsch a. a. O. 278.
Antike Städte etc. im Libanongebiete. 31
■wahrscheinlich die Feste Tachis, die einst den mächtigen Pha-
raonen Thutnies III. und Amenhotep IL kühnen Widerstand /ii
leisten gewagt') hatte und auch in der späteren Geschichte
des alten Ägyptens noch von Bedeutung -svar 2) . Mag es übrigens
auch nur eine Vermuthung bleiben, dass wir hier Tachis zu
suchen haben, so dürfen -wir dagegen mit Sicherheit in den Rui-
nen von Teil Nebi Min-Dhu die Überreste der seleucidischen
Laodicea Aviedererkennen 3) .■] Unter dem Namen Laodicea ad
Libanon wird die Stadt von Griechen und Römern, soAvie auch auf
Münzen erwähnt ^] . Auf der l'eutingerschen Tafel und bei Pto-
lemäus heisst sie Laodicea scabiosa^). Sie war nach diesem
Geographen Hauptort eines gleichnamigen Districts , in christ-
Ucher Zeit ein Bischofssitz (vgl. N. 4). Etwas mehr als zwei
Stunden südlich von Laodicea treffen wir hart am rechten Ufer
des Orontes den von Griechen und Römern nicht, aber von der
Bibel«] oft erwähnten Ort Rible (Ribla). Ribla") lag nach ihr im
Lande Hamath an der Heerstrasse, welche von Babylon nach
Palästina führt. Dort »dehnt sich weit und breit eine gewaltige
Ebene aus nach allen Richtungen, ausser nach Südwesten« ^) .
Auf Rible folgt südwärts Parade i so s, welches Robinson
in alt el-Dschüsije^), Palmbr bei Kamu'at el-Harmul ^*') sucht.
Letzteres ist ein quadratisches, in drei Stockwerken sich auf-
bauendes und pyramidenförmig abschliessendes Monument . das
ganz vereinzelt auf erhabenem Rücken steht und weithin nach
allen Seiten sichtbar ist. Auf den Paraden des untersten Stock-
werks , zu dem man auf fünf Stufen aufsteigt , sind Bären, Hir-
sche, Hunde, ein Wildschwein und einige nicht mehr deutlich
1) Brugsch a. a. O. 339. 388 f.
2) Brugsch 340. 556.
3) llobinson, Neuere biblische Forschungen 722— 724. Sachau, Heise
in Syrien und Mesopotamien 58 f.
4) Polyb. 5, 45. Strabo IG, 2, 18. Hieroclis Synecdem., Itiner. Anton.
Plin. 5, 19.' De Saulcy, Numismatique de la Terre sainte 3—5. Le Quien,
Oriens christianus II. 841 f.
5) Auf der Tafel Laudicia scabiosa. Ptol. 5, lU: Sxaßiujoa Aaooiy.aia.
6) Kön. II. 23, 33. 25, 6. 2U. 21. Jer. 39, 5. 52, 10.
7) Robinson a. a. O. 708 f.
8) llobinson a. a. O. 708 f..
9) llobinson a. a. O. 725 f.
10) Palmer in Quart. Statements 1871, 113.
32 Furrer,
erkennbare Figuren in Kelief dargestellt. Palmer behauptet,
Paradeisos bedeute") Jagdpark«, und das Denkmal mit Jagdsce-
nen weise eben auf Paradeisos hin. Für alt el-Dschüsije spricht,
dass ausgedehnte Kuinen daselbst sich finden, und dass der Ort
südsüdöstlich Laodicea gegenüber liegt Avie Paradeisos nach
Ptolemäus, -während Kamu'at el-Harmal südsüdAvestlich^).
In ägyptischen Urkunden -wird eine Stadt An au gas oft er-
wähnt ^^ und als benachbarte Orte Jenu^am und H er enkaru^).
In dem grossen Kriege gegen Pamses II. sammelten die Cheta
Truppen von Arathu Arad), Karkisch (jetzt Dschirdschije am
linken Ufer des Orontes, Arethusa gegenüber) , Dardan (jetzt
Abu Darda, ebenfalls am linken Ufer des Orontes, nördlich von
Dschirdschije i, von Kadesch (am gleichnamigen See gelegen^)
und auch von Anaugas. Da nun die übrigen genannten Orte alle
in der Nähe des Kades-See's liegen und zum Gebiete des oberen
Orontes gehören , so ist jedenfalls Anaugas nicht mit dem bei
Gaza in Südpalästina liegenden Jenysus zu identifiziren, sondern
es scheint der Name Anaugas in der verstümmelten Form el-
Dschüsije erhalten zu sein. DiePuinen in altDschüsije sind nicht
saracenischen Ursprunges-^). Ist el-Dschüsije Anaugas, dann
dürfen -wir in Junin. das -wie Dschüsije am Ostabhang des obern
Orontesthales liegt, Jenu'amund inKara auf dem Plateau östlich
des Antilibanus llcrenkaru -wieder erkennen. Dass die Vorsilben
alter Namen im Arabischen oft abgeworfen wurden, dafür haben
wir hinlängliche Zeugnisse ; man erinnere sich an Zib für Ach-
sib, an Hüm für Nahum in Tell-Hüm, an Estabül für Aristobu-
lias u. s. w. Die drei genannten Orte wurden von Thutmes III.
1) Ptol. 5, 14. Die Worte Strabo's (IG, 2, 19) : »'OpovTo-j -rjdiv al ttXt)-
oiov TOJ T£ Atßävo'j y.cü ToO riapaoeioou vm toü AI'^utz-wj xeiyo'j; repi tyjv
AT:ot|i.£cuv Y'?i"' £i"i" scheinen für Paradeisos an Stelle von Kamu'at el-Harmul
zu sprechen , da letzteres der Hauptquelle des Orontes sehr nahe liegt. —
Über Paradeisos vgl. noch Steph. Byz. s. v. Plin. 5, 23. Mit Paradeisos ist
wohl Triparadeisos bei Diodor 18, 29 identisch.
2; Brugsch a. a. O. 2ß9. 303. 315. 319. 329. 492. 501 f.
3; Brugsch a. a. O. 492. Ed. Meyer, Geschichte des Alterthums I, 263.
4) Zur Lage von Kadesch vgl. zu Brugsch, Geographische Inschriften II,
20 f. neuerdings Conder in Quarterly Statements for ISSl und 1S&2. Ebersund
Guthe, Palästina II, 4. 445. Anm. d. Ked.
5i Kobinson, N. bihl. Forsch. 710.
Antike Städte etc. im Libanongebiete. 33
dem Gotte Amoii geweiht. In der Nähe von el-I)schüsijc haben
Avir auch die von Strabo erwähnte ägyptische Mauer zu suchen *) .
Wie die Ägypter ihr eigenes Land nach Osten durcli eine Mauer ab-
schlössen, so haben sie offenbar einst das obere Orontesthal, d. i.
die nördliche Kekii' durch eine Mauer gegen Einfälle nordischer
N'ölker zu schützen versucht. Gründliche Forschung in jener
Gegend möchte wohl noch manche ägyptische Alterthümer zu
Tage fördern . vielleicht auch die Reste der alten Mauer wieder
entdecken..
Von Kamu at el-Harmul gelangen wir dem Orontes nach
aufwärts in ungefähr 3 '/2 Stunden nach der Einmündung des an-
tilibanotischen Wädi Fike. Nahe derselben, am rechten Ufer
des Wädi, lagern die Hütten des Dorfes Zabün. Z|oba hiess
einst der Ort, als er noch zur Residenz des Königs von Aram-
Zoba diente, dessen Reich im Norden an das Königreich Ha-
rn ath grenzte -) .
In der Mitte zwischen Laodicea und Heliopolis (Ba'albek),
von beiden Städten 32 röm. Meilen entfernt, lag nach dem Iti-
nerarium des Antoninus der Ort Lybon, Mit Recht hat man
denselben im heutigen Lebwe (etwa 51/2 Stunden nördlich von
Ba'albek) wieder erkannt 3) . Trifft auch die Entfernung nicht zu,
so spricht für diese Identification doch die Gleichheit des Na-
mens. Die reiche, herrliche Quelle bei Lebwe mochte früh zu
x\nsiedlungen auf jener Stätte veranlassen.
Die berühmteste von den Städten der Beka war Heliopolis,
das heutige Ba'albek. Von Strabo, Ptolemäus, Macrobius und
andern Griechen und Römern erwähnt^), wird es dagegen in
der Bibel nirgends mit Sicherheit genannt; denn nur eine un-
wahrscheinliche Yermuthung hat es mit dem biblischen Ba al-
Gad, das eher an Stelle des späteren Caesarea Philippi^' zu
suchen ist, oder mit Ba*^al Ilermon^) oder Ba'^alath") identificirt .
1) Strabo a. a. O.
2) Sam. I. 14, 47. Sam. II. S, 39 f. 10, 6— S. Chron. [I. 18, 3. De-
litzsch a. a. O. 280 identificirt Zoba mit dem assyr. Subit ^Subutu).
3 Robinson a. a. O. 093 f. Er corrigirt: Laudicia-Lybo 42 m. p. —
Heliupoli — 22.
4) Forbiger a. a. O. G52.
5) Jos. 11, 17. 12, 7. 1.3, 5. 6) Höh. L. 8, 11.
7) König. I. 9, 18. Ba'alath lag nach Thenius zu der Stelle eher im
Süden Palästina's.
Ztschr. d.Pal.-Ver. VIII. 3
34 Furrer.
Tibchat, auch Tebach und fehlerhaft Betach geschrie-
ben ^j, jetzt Taijibe, lag an einem der obersten linken Zuflüsse des
Litäni, am Wädi llidschrebän ; eine halbe Stunde südlicher 13 e-
r o t h a - . jetzt 15ereitän. Hoch über der malerischen Schlucht Wädi
Jafufe, c. 31/2 Stunden von Berotha entfernt, treffen wir den Ort
Kuna, das biblische Knn^) (Chun , das Conna der römischen
Zeit^y. Tibchat, Berotha und Kun gehörten zum Reich Aram-
Zoba.
»Der Marsyas«, sagt Polybius, »liegt zwischen Libanon und
Antilibanon und •v\ird von ihnen immer mehr eingeengt; dazu
kommt, dass an der Stelle, wo er am engsten ist, der Raum
durch Sümpfe und Teiche verengt wird . in denen •wohlriechen-
des Schilf wächst. Diesen Engpass beherrscht auf der einen
Seite Gerrha, auf der andern Brochoi, zwischen ihnen ist ein
schmaler Weg«''). Der >Jame Gerrha ist noch in 'Ain Dscharr
(gewöhnlich 'Andschar geschrieben erhalten. Die Sümpfe und
Teiche, welche die Strasse nach Süden wie nach Osten fast ver-
sperrten, stammten von den reichen Quellen daselbst. Jetzt noch
•wird die grösste derselben gleich beim Ausbruch aus dem Felsen
zu einem grossen Teiche aufgestaut. Massenhafte Trümmer He-
gen dort herum«]. Es -war ein wichtiger Platz; kreuzten sich
doch dort die Strassen von Nord nach Süd und von Ost nach
West. Man begreift, dass seiner Zeit Antiochus dem Grossen
am Besitze dieses Knotenpunktes, der so leicht vertheidigt wer-
den konnte, viel gelegen sein musste. Zwischen Laodicea und
Gerrha-Brochoi lagen nach Polyhius") verschiedene andere
Städte, und es brauchte das Heer des Antiochus mehrere Tage-
märsche, um diese Strecke zu durchmessen.
Als Pompejus von Norden her durch Cölesyrien zog, kam er,
1) Sam. II. 8, 8 und Thenius zu der Stelle. Chron. I. 18, 8. Tebach
ist -74 Stunden von Ba albek entfernt.
2) Sam. IL 8, 8. Ez. 47, IG. 3; Chron. I. 18, 8.
4) Vgl. Itinerar. Anton, und Notitia Dignitatum. Das Itin. Ant. giebt
die Lage Conna's unrichtig an, nämlich 32 röm. Meilen nördlich von Helio-
polis entfernt. Diese Position nimmt nach einer Angabe des Itin. selbst
Lybo ein. Anstatt Heliopoli, Conna, Laudicia muss die Reihenfolge sein :
Conna, Heliopoli, Laudicia.
5) l'olyb. .5. 45. 4(1. (;i. 6, Kobinson a. a. 0. (J45— 051.
7) Poivbius a. a. O.
Antike Städte etc. ifii Jäbanongolnete. 35
•wie JosEPHUS berichtet \, zuerst luich Ileliopolis und dann nach
Chalcis »unter dem Libanon«'^ . -welches damals im besitze des
rtülemäus Mennaei sich befand 3 . Im Jahre 11 n. Chr. wurde
Chalcis vom Kaiser Claudius dem lierodes (dem Ihuder von Ile-
rodes Agrippa I.) geschenkt und im Jahre 48 der Herrschaft des
Jüngern Agrippa einverleibt-* , nach vier Jahren ihm aber wieder
entzogen^). lloBi>'Soxß) glaubt, dass die Festungsmauern von
'Andschar diesem Chalcis entsprechen. Da Aiidschar auf dem
Wege von Ileliopolis nach Damaskus lag, also an der Strasse,
die seiner Zeit Fompejus zog, da das Fürstenhaus von Chalcis
wenigstens für eine ge-\visse Zeit zugleich Abila am Barada be-
sessen zu haben scheint , so ist man versucht , der Vermuthung
lloBiNSONS beizupflichten. Der Talmud erwähnt Chalcis neben
Beth-Zabde^ das dem heutigen Kafr Zabiul (eine Stunde nörd-
lich von 'Andschar; entspricht '^). Vi"dve nun Chalcis mit And-
schar identisch , so müsste dieser Ort seit den Tagen des Füly-
Bius seinen Namen gewechselt haben. Willkürliche Namensän-
derungen von Ortschaften kommen allerdings in der griechisch-
römischen Zeit öfters vor. Gleichwohl schliessen wir uns lieber
der Ansicht Droysen's'^^ an, der Chalcis in Zahle am Ostfusse
des Libanon am Nähr Burdoni wiederfinden will. Wir müssen
dann nicht zu der immerhin gewagten Vermuthung eines Na-
menswechsels unsere Zuflucht nehmen und werden der Angabe
des JosEPHUs gerecht, dass Chalcis unter dem Libanon gelegen.
Ja, es möchte der Name Chalcis durch Umstellung sich in Zahle
erhalten haben. Die feste Lage, der Wasserreichthum , die
Schönheit und Fruchtbarkeit der Umgebung machten Zahle zur
Fürstenresidenz würdig.
Zu Phoenicia prima gehörte auch die Ecclesia Rachleno-
rum'J), welche wir ohne Zweifel in Kachle am Nordfusse des
1) Jos. Archäol. XIV. 3, 2. '
2, Jos. a. a. O. XIV. 7, 4. Jüd. Krieg! 9, 2.
3; Dieser Ptolemäus besass vielleicht auch Abila am Barada, vgl. Ko-
binson a. a. O. 629.
4) Jos., Archäol. XIX. 5, 1 ; 8. 1. XX. 1. 3. Jüd. Krieg II. 12. 1.
5) Jos., Archäol. XX. 7, 1. 6; Robinson a. a. 0. 047 f.
7) Neubauer, Geogr. du Talmud 296.
8) Droysen a. a. O. III. 2, 6. 100.
9) Le Quien, oriens Christian. II. S31 f.
3*
36
Furrer,
Hermon zu suchen haben* . Von andern antiken Städten in
der Bekä' haben wir keine Kunde 2).
Betrachten -wir die im Alterthum genannten Ortschaften im
Osten des Antilibanon und folgen dabei den Karawanenstrassen
von Norden nach Süden, so treffen wir etwa 13 Stunden südlich
von Eraesa |Höms) den Ort K a r a ^ . O c u r a r a nennt ihn die
Peutingersche Tafel, während er in den altgriechischen Bisthums-
verzeichnissen Renocora , Conochora , Konokola geschrieben
wird^ . Bedeutender, weil in reicherer, fruchtbarer Umgebung,
mag zu allen Zeiten das 3' 2 Stunden südlicher gelegene Ja-
brüd^l gCAvesen sein. Die beiden J>ergreihen, welche das Thal
von Jabrüd bilden, sind gleich einem Siebe mit unzähligen Ein-
gängen zu Höhlen durchbrochen. I^etztere dienten einst als
Wohnungen oder als Grabstätten ^'j . Von Jabrüd brauchen wir
ebenfalls 37ä Stunden, bis wir zu Ma'^lüla gelangen, das man mit
Magluda des Bisthumsverzeichnisses identificirt hat. Der Ort,
malerisch zwischen drei kahle Felsberge eingekettet, erfreut sich
r Über Kachle vgl. Quarterly Stat. I. 199. Daselbst berichtet War-
ren: The lower temple. which was once a very handsome structure, is now
very dil'ficult to examine, because it has had an apse stuck on to the easlern
end; and the archltrave of the original entablature appears to have been used
to form door jambs for the west end of the altered building. The impression
I have is, that it originally was a temple with entrance to east, and after-
wards turned into a church with entrance to Avest.
2 Stcphanus Byz. s. v. nennt auch eine ApoUonia -to) r?]v -/.oO.tjv l'j-
piav, welcher Oi-t wohl identisch ist mit dem zum District Apamea gehörigen
Apollonia des Strabo 16, 2, 10. "Wenn letzterer die Städte Kassiana, Megara,
ApoUonia in süd-nördlicher Reihenfolge aufzählt, dann entspricht unsers
Erachtens Kassiana dem heutigen Hass, Megara dem heutigen Maarret en-
No'män und Apollonia dem heutigen el-Bära.
3) Ritter a. a. O. 1561 f. Kara entspricht, wie wir gesehen, wahrschein-
lich dem ägyptischen Heren-Karu, ist aber Avohl auch mit der Stadt Karkar
der assyrischen Denkmale identisch, s. Delitzsch a. a. O. 275.
4) Itinera hierosolym. etc. ed. Tobler und Molinier I, 336. Das franzö-
sisch geschriebene Verzeichniss aus dem 12. Jahrhundert hat den Namen zu
Ronoquorre verdorben, s. Itineraires a Jerusalem, ed. Michelant et Raynaud
19. Vgl. Le Quien, Oriens christ. II, S47— S49.
5 Ptolem. 5, 15 ; ferner als Bischofssitz erwähnt in den genannten Ver-
zeichnissen. Ptolemäus rechnet laßpouoa zum Gebiet von Laodicea. Jabrüd
erscheint in der Form Jaabrudu schon auf Keilinschriften , s. Delitzsch a. a.
O. 2S0.
6) Ritter a. a. O. 207.
Antike Städte etc. im Libanongebiete. 37
rauschender Wasser und herrlich grüner Gürten ' . In Dschuhb
Adin, l'/o Stunden südsiidwestUch von Malüla, will man die
Peutingersche Station A d ra e d e r a wieder erkennen 2 . Diese
lag 26 röm. Meilen von Damaskus entfernt und kann desshalb
bei ^\din sich befunden haben, zumal für letzteren Ort auch die
Entfernung zwischen Admedera und Ocurara. welche die Tafel
zu 25 röm. Meilen angiebt, zutrifft. In der Mitte dieser beiden
Stationen, d. i. 10 röm. Meilen nördlich von Admedera und 15
röm. Meilen südlich von Ocurara. also beim jetzigen liuclui. traf
mau die Station Adarin.
Nicht als römischer ^yachtposten . wohl aber wegen seines
vorzüglichen ^Yeines war Heibon, das im fruchtbaren, wasser-
reichen Thale gleichen Namens liegt, bei Juden und Heiden
berühmt ^} , Mit Wein von Heibon und Wolle zahlten die Damas-
cener die Waaren von Tyrus^', und Wein aus Chalybon (Hei-
bon) tranken die persischen Könige^). In etwa 3^ 0 Stunden er-
reicht man von Damaskus aus diesen weinberühmten Ort.
YonKarjaten ist in südsüdwestlicher Richtung Dscherüd, das
Gero da des Itinerariums Anton. Aug.. die ecclesia Coradorum
der byzantinischen Zeit^), 11 Stunden entfernt. Geroda liegt in
einem Thale, von Gärten umgeben, von einem Bache durch-
strömt. Eine alte , nach persischem Muster gebaute Wasserlei-
tung geht nördlich am Dscherüdthale vorüber nach Osten. Nach
dem erwähnten Itinerarium erreichte man von Geroda auf dem
Wege nach Damaskus beim 16. Meilensteine The Isea, einen
auch im offiziellen Amtsverzeichniss 6) der römischen Kaiserzeit
erwähnten Ort. Eine Strecke von 24 Meilen lag zwischen Thel-
sea und Damaskus. Diesen Distanzangaben entspricht, wenn
auch keineswegs genau, der Ort el-Maksüra nordöstlich von Da-
maskus. Einige Stunden östlich von el-Maksüra erheben sich
drei Hügel, die den Namen Telesawa tragen. Es ist der Name
1) Ritter a. a. O. 266.
2) Mit grösserer Sicherheit kann man 'Adin mit dem Bit- Adln der Keil-
inschriften identificiren. Delitzsch a. a. O. 279. Waddington und andere
identificiren Admedera mit Dmer, das auch el-Maksüra heisst. In diesem Fall
müsste man allerdings eine grosse Verwirrung in den Ortsangaben der peu-
ting. Tafel annehmen.
3) Ez. 27, 18. Auch die Keilinschriften gedenken dieses Ortes. 3. De-
litzsch a. a. O. 281.
4) Strabo 15, 3, 22. 5 LeQuien a. a. O. 851. 6 Notitia dignit.
38 Furrer,
Thelsea in arabisirter Form. Vielleicht wurde der Ort -wegen
dieser Hügel . die in seinem nächsten Horizonte stehen , so ge-
nannt.
Unter den Orten des palrayrenischen Gebietes nennt Pxo-
LEMÄi;;; ' auch A dach a. -wohl das heutige el-'Ade, 46 km ost-
nordöstlich von Dscherüd. auf der Strasse nach Palmvra. ferner
Atera, das heutige Adhra, 21km nordöstlich von Damaskus, avo
die Wüste beginnt.
Nach späterer jüdischer Ansicht soll König Salomo die Stadt
Th a dmo r (heute Tudmur genannt) erbaut haben. Der Text der
Künigsbücher weiss davon nichts, sondern nennt dafür eine
Stadt Thamar im Steppenlande des südlichen Judäa '-) . Josephus
dagegen berichtet in Übereinstimmung mit der Chronik. Salomo
habe Palmvra, hebr. Thadmor. gegründet, eine sehr grosse Stadt
vom Euphrat eine Tagereise entfernt, sechs von Babylon, zwei
vom obern Syrien. Die Stadt liege in dieser Entfernung, weil
zwischeninne nirgends Wasser sich finde, wohl aber in Pal-
myra3 . In der That liegt zwischen Karjaten Hazar'Enan; und
Palmyra ein 85 km breiter Strich öden Landes, in dem nur eine
einzige Quelle 'Ain Wu'al abseits vom Karawanenwege vor-
kommt. Ein starker Pacli schwefligen, aber klaren Wassers
durchrinnt die Palmyra-Oase, zu der von Westen ein enges Fels-
thal leitet , die aber nach Osten gegen die unabsehbare Wüste
sich abgrenzt, während sie im Norden und Süden von niedrigen
Hügeln abgeschlossen wird. Der Ursprung von Thadmor liegt
im Dunkeln und ihre höchste Hlüthe . der bald gänzliche Ver-
ödung folgte, fällt erst in die spätere römische Kaiserzeit^K
Während die Stille der Wüsteneinsamkeit seit vielen Jahr-
liunderten über der einstigen Herrlichkeit Palmyras waltet, hat
sich dagegen Damaskus durch den Wandel der Jahrtausende als
grosse, mächtige Stadt erhalten. Dank dem Fluss, der Aman a^)
1, Ptol. 5, 15. Adhra scheint mit dem Zach, l», 1 erwähnten Chadrach
(Sept. 'Adrachj , dem assyr. Hatari-Ka s. Schrader a. a. 0. 453;, dem äg.
Atera (ß. die Listen von Thutmes III. ^ identisch zu sein.
2; "Vgl. Thenius zu König. I. 9, IS,
3; Jos. Archäol. VIII. «i, 1.
4) Vgl. Thenius zu Kon. I. 9, 16. Bertheau zu Chr. II. S, 4. K. Rit-
ter a. a. O. 1406—1537. Burton und Drake a. a. O. I. 22 f. Bädeker (So-
cin,, Reisehandbuch 2, 424. 437. 5; Kön. II. 5. 12.
Antike Städte etc. im Libanongelnete. 39
von den Israeliten, Chry sorrhoas ') von den Grieclicn, 15arada
von den Arabern genannt wird und tnit nnversieglicher "\Vasscr-
fülle nahe dem Wiistenrande die Umgebnng von Damaskus zu
einem Garten voll paradiesischer Schönheit und Fruchtbarkeit
gestaltet. Fast 700 m über dem Meere liegend, spürt Damaskus
im Winter die Rauheit des Steppenklima's; doch die Gluth des
Sommers kühlen die rauschenden Wasser, die dichten, weit aus-
gedehnten Obstbaumhaine. Damaskus wird in den Siegesurkun-
den so"\vohl der ägyptischen 2) , als auch der assyrischen Könige ^j
genannt. Auch die Israeliten wissen nichts Anderes, als dass
Damaskus eine uralte Stadt, die einst von Kolonisten aus Kir im
nördlichen Syrien (bei den Griechen Kyrrhos, jetzt Khoros, circa
sieben deutsche Meilen nordwestlich von Arpad, c. 10 d. Meilen
von Aleppo entfernt) war gegründet worden, aber schon zu Abra-
hams Zeit bestand^] . Von David unterworfen, machte sich die
Stadt schon unter seinem Nachfolger frei und blieb fortan ein
gefährlicher Nachbar für Israel, wovon die Königsbücher Vieles
zu berichten wissen ^) . Noch ehe Samaria fiel , unterlag Damas-
kus dem Zorne Assyriens 6) ; doch scheint letzteres niemals ganz
verödet gewesen zu sein. Der (ältere) Sacharja^), sowie Jere-
MiA^) rufen demselben neues Weh zu. Auch Ezechiel kennt
Damaskus als Handelsstadt ■') . Lange Jahre blieb von der Zeit
dieses Propheten ab die Geschichte von Damaskus im Dunkel.
Nach dem Zerfall des Seleucidenreiches, erzählt Nöldeke i») , um
85 V. Chr. ward Aretas (Häritat;, einer der Nabatäerkönige,
welche ein weites Gebiet südlich und östlich von Palästina be-
herrschten, von den Einwohnern von Damaskus zum König be-
rufen"). Auf griechischen Münzen nennt er sich Philhellen.
1) Ptol.5, 15. Plin.5, 16. Steph. Byz. nennt den Fluss Bardines. Diese
gräcisirte Form von Barada existirte also damals schon wie der Name Axios,
(1. i. 'Asi für den Orontes 'vgl. A-ctastuv twv -oo: tiö A^Üo auf Münzen und
bei Sozomenos hist. eccl. 6, 15. Im Talmud 'Asia, s. Neubauer, Geogr. du
Talmud 309).
2) Brugsch, Gesch. Ägyptens 331.
3) Delitzsch a. a. 0. 280 f. Schrader a. a. O. 138 f. 209 f.
4) Arnos 9, 7. Genes. 1-1, 15. 15, 3.
5) Vgl. die Bibellexika. 6) Kön. IL 16, 9.
7) Sach. 9, 1. 8) Jer. 49, 23—27.
9» Ez. 27, 18. 10) In Schenkels Bibellexikon s. v.
11) Jos. Archäol. XIII. 15, 2. Jüd. Krieg I. 4, 8.
40 Furrer,
Ob^vohl die Römer bald darauf diese Gegenden unterwarfen.
Hessen sie den Nabatäer doch als Vasallenfürsten , sogar in Da-
maskus. Der Statthalter des Königs Aretas (wahrscheinlich des
Aretas. welcher den Beinamen Aneas hatte • und sehr lange re-
gierte) lauerte dem Apostel Paulus in Damaskus auf'-'.
In der Nähe dieser Stadt , und zwar nördlich von ihr . lag
Choba. Bis dorthin verfolgte nach Genes. 14. 15 Abraham den
König Kedor-Laumer und seine Schaaren. Choba heisst jetzt
Kabun^; und ist ein grosses Dorf, hinter welchem die erste Ter-
rasse des Antilibanon aufsteigt.
Wemi Avir von Damaskus aus den Barada entlang stromauf-
wärts wandern, so gelangen Avir in etwa fünf Stunden nach Nebi
Abil, einem muslimischen Heiligthum, das auf steilen Felsen
hoch über dem rechten Ufer des Flusses thront. Dieses Heilig-
thum nimmt die Stelle von einer alten Residenz ein. nämlich von
Abila »des Lysanias«, um welche sich zeitweise ein Für-
stenthum von nicht mehr zu bestimmender Ausdehnung grup-
pirtC; die Landschaft Abilene^). Dieses Abila erwähnt schon
PoLYBius^), femer Josephus*^') und Ptolemäus'). Nach dem
Itinerar. Anton, lag es IS röm. Meilen also etwas über fünf
Stunden) von Damaskus entfernt. Durch die Gunst des Kaisers
Claudius kam Abilene unter die Botmässigkeit von Agrippa I.
und Agrippa II. ^), während die Landschaft früher einem sonst
nicht Aveiter bekannten Lysanias gehört zu haben scheint-').
Münzen berichten uns von einer Stadt Leukas am Chrysor-
rhoas. die besonders zur Zeit des Claudius geblüht haben muss,
1, Jos. Arch. XVI. 9, 4. 2, Kor. II. 11, .32.
3) Kabün von Choba, wie heut. Zabün von Zoba. Dass im Semitischen
der Übergang von weicheren zu härteren Gutturalen und umgekehrt häufig ist,
dafür vgl. die Lexika. Beispiele in Galiläa : Chosa, jetzt Kosa; Gabara, jetzt
Kabra; Chelba, jetzt Kelban. [Dieser Satz triff't wohl für das Aramäische zu,
für die semitischen Sprachen im allgemeinen jedoch nicht. Anm. d. Red.].
4) Luk. 3, 1. 5) Polyb. 5, 7, 2.
6, Jos. Arch. XIX. 5, 1.
7j Ptol. 5, 15. Auch in der Tabula Peuting. und im Synekdemus des
Hierocles und von Stephanus Byz. erwähnt.
8) Jos. Arch. XIX. 5, 1. XX. 7, 1. Jüd. Kriege II. 11, 5. 12, 8.
9, Vgl. Kneucker in Schenkels Bibellexikon, s. Abilene. Dieser Lysanias
ist nicht zu verwechseln mit dem Lysanias, des Ptolemäus Sohn, der zuChal-
cis residirte.
Antike Städte etc. im Libanongebiete. 41
da auf denselben die Bewohner sich ('laudier nennen und einifj^e
Münzen auch Kopf und Inschrift des Claudius zei<^en. DkS.mi.cy
hat auf Abila gerathen, das allerdings zur Zeit des Claudius mehr
als früher oder später in den geschichtlichen ^'ordergrun(l getre-
ten war. Doch wird Abila in keiner andern Urkunde mit dem
Namen Leukas genannt. Auch die Inschrift auf der Abila ge-
genüberliegenden Felswand, welche der Nachwelt einen Strassen-
bau aus der Zeit der Antonine k\ind thut , hat nur den Namen
Abila.
Endlich den Grenzen der engern israelitischen Ileimath uns
nähernd, kommen wir auf den untern Ostabhang des liermon.
unweit nördlich von den Quellen des Nähr el-'Awadsch (Nähr
Djennäni^) zum Dorfe Hine. das Ptolemäus tmter dem Namen
I n a erwähnt und zur Dekapolis rechnet 2; .
1) Des Pharphar Kön. II. 5, 12, s. o.
2j Ptol. 5, 15.
Neu aufgedeckte Felseisterueu uud Felsgemäclier
in Jerusalem.
Von ('. Schick in Jerusalem.
Hierzu Tafel I .
Geht man vom Quartier der Armenier oder von dem soge-
nannten Zionsthor innerhalb der Stadt ostwärts, so überschreitet
man zuerst einen freien Platz, auf dem früher die Hütten der
Aussätzigen standen und jetzt jeden Freitag Viehmarkt gehalten
wird , und gelangt dann zu einem ausgedehnten Schutthaufen,
der ein kleines Haus trägt, das ursprünglich für einen Wächter
bestimmt war, nun aber an Juden als Werkstätte vermiethet ist.
Der Weg führt in östlicher Kichtung abwärts weiter zu einer
Gruppe von neuen Häusern, den israelitischen Armen- und Pil-
gerwohnungen, die aus Stiftungen \nid Beiträgen von Israeliten
Deutschlands. Österreichs und Hollands im Kasernenstyl erbaut
sind und meist miteinander zusammenhängen. Die Umgebung
dieser Häuser, die von etwa fünfzig Familien, ausser der wech-
selnden Zahl der Pilger und Eeisenden, bewohnt werden, wird
häufig der »Deutsche Platz« genannt. Da für diese Zahl der Be-
wohner das Wasser der vorhandenen Cisterne nicht mehr aus-
reichte , so übernahm der Baron von Rothschild in Frank-
furt a. M. , der mehrere dieser Häuser, darunter ein durch
gefälligere Architektur und seine Grösse hervorragendes, hat er-
bauen lassen, die Anlage einer grossen, neuen Cisterne, die
ihren Platz hinter dem niedrigsten, unweit oberhalb des »Mist-
thores" gelegenen Hause der soeben erwähnten Gruppe von Ge-
bäuden erhalten sollte. Dasselbe ist vor ungefähr zehn Jahren
Schick, Neu aufgedeckte Felscisternen etc. in Jerusalem. 43
gebaut, enthält jetzt u. a. eine Synagoge und ist von der Stadt-
mauer nur durch die Strasse getrennt (vgl. Tafel I, Nr. 2). Um
die Grundmauer auf den Felsen aufsetzen zu können, musste hei
dem IJau des Hauses eine G bis 7 m mächtige Schuttlage durch-
graben und sehr viel Erde weggeräumt werden, wie aus der Zeich-
nung ersichtlich ist. Die Lage der Felsschichten , auf die man
dabei stiess , war ziemlich stark nach dem Tyropöonthale zu ge-
neigt.
Die Wegräumung des Schuttes war auch wieder die erste
Arbeit , die für Herrichtung der neuen Cisteme gethan werden
musste. Der Felsboden wurde in einer Tiefe von 4 bis 8 m an-
getroffen, aber nicht als eine zusammenhängende, geneigte
Fläche, sondern überall zu runden und eckigen Höhlen und Tie-
fen bearbeitet. Auf dem blossgelegten Eaume von etwas mehr
als 100 Dm fanden sich sechs in den Felsen gehauene Cisternen
mid die Reste einer einstigen FelsAvohnung, die früher über-
Avölbt gewesen war. Namentlich die Durchschnitte 3 und 4 der
Tafel I zeigen , wie der Felsen mehrfach senkrecht abwärts be-
hauen worden ist; auch der Plan Nr. 1 der Tafel lässt die Grund-
linien dieser tief gearbeiteten Felsgemächer erkennen. Die
ausgesparten AVände des natürlichen Gesteins, durch die Cister-
nen und Gemächer von einander getrennt werden, haben durch-
schnittlich keine grössere Dicke als 1 m. Zwei Cisternen, a und
e, haben eine runde, flaschenartige Form , wie sie häufig in Pa-
lästina vorkommt. Zwei andere, h und c, sind in schräger llich-
tung höhlenartig in das Gestein gehauen; der Eingang führt von
der Seite her auf Felsenstufen bis zu dem Poden hinab, so dass
man von der Treppe aus ihr Wasser allmählich bis auf den letz-
ten Rest ausschöpfen konnte. Abgesehen von zwei erst in neue-
rer Zeit bei den »Königsgräbern« aufgedeckten Cisternen kom-
men solche Wasserbehälter in der Umgegend von Jerusalem nicht
vor; doch ist anzunehmen, dass ähnliche im Laufe der Zeit durch
Steinbrüche zerstört worden sind. Dagegen habe ich solche
Cisternen bei Hebron gesehen und namentlich häufig jenseits des
Jordans , wo sie bisweilen so gross sind , dass die Thiere zur
Tränke die Stufen hinabgetrieben werden und unmittelbar aus
der Cisteme selbst trinken können, ohne dass das Wasser vorher
geschöpft zu werden braucht. Der fünfte Pehälter. d . hat eine
viereckige Form mit viereckigem Mundloch; der sechste, /,
44 Schick,
dagegen ungefähr die eines Dreiecks und ist von Anfang an
durch ein Gewölbe geschlossen gewesen, das aber im Jahre 1SS3.
wo die Arbeit für die neu herzustellende Cisterne begann, einge-
stürzt vorgefunden wurde. Später ist einmal eineMauer durch die-
sen IJehälter gezogen worden, vermuthlich um festen Grund für
ein darüber aufzuführendes Gebäude zu gewinnen, das in-
zwischen schon längst wieder der \'ernichtung anheimgefallen
ist. An der Südseite dieser Cisterne wurde durch Wegnahme
eines Steines aus der festen Schuttmasse eine Öffnung {k auf
Nr. 1 und Nr. 4 der Tafel) entdeckt, die in einen noch jetzt
überwölbten höhlenartigen Kaum hineinführt , der . so -siel sich
bei dem Schein eines hineingehaltenen Lichtes erkennen Hess,
nichts von Bedeutung zu enthalten und ziemlich leer zu sein
schien. Da es gefährlich war, die Öffnung so weit zu vergrösseni.
dass man in das angränzende Gewölbe hinübergelangen konnte,
so musste ich eine genauere Untersuchung desselben unterlassen.
Zwischen diesen fast wie im Halbkreis angelegten Cisternen
fand sich zunächst eine aus zwei Felsgemächern, einem oberen
und einem unteren, bestehende Wohnung (^i^). Ihre Wände sind
nicht mit Cement bekleidet und haben einige Nischen [h], in die
man wie in offene Wandschränke kleine Gegenstände hinein-
stellen konnte: daher können diese Räume nicht Wasserbehäl-
ter gcAvesen sein. Vom oberen Eaume führte in einer Ecke eine
(")ffnung in den unteren, der wahrscheinlich nur als Magazin oder
als Keller gedient hat und durch eine Wölbung in der auf Nr. 4
der Tafel I bezeichneten Höhe gedeckt gewesen sein muss. Wie
hoch die Decke des oberen Raumes sich erhob, lässt sich gegen-
wärtig nicht mehr mit Sicherheit bestimmen; ich habe sie auf
Nr. 4 der Tafel nach Vermuthung eingetragen. Sie muss ebenso
wie die Tliür und etwa auch ein Fenster des Raumes nothwendig
gemauert gewesen sein. Aber es haben sich keine Spuren mehr
von dieser Ausstattung des Zimmers erhalten. Ferner war auch
einst der übrige, von den senkrecht behauenen Felswänden um-
schlossene Raum zwischen den Cisternen zu Zimmern eingerich-
tet, worauf noch einige Mauerspuren hier und da hinweisen.
Ich zweifle nicht, dass solche Bearbeitungen des Felsens zu
Wohnzimmern in ein hohes Alterthum zurückreichen. ])a man
auch an anderen Orten der Stadt dieselben Erscheinungen wahr-
genommen liat , sei es, dass man durch den Schutt grub, um
Neu aufgedeckte Felscisternen etc. in Jerusalem. 45
Fundamente /u legen , sei es , dass Kcllerräurae in dem Felsen
angelegt -wurden , so kann wolil der Schluss als sicher gelten,
dass der Felsboden unter der jetzigen Stadt und ihren Schuttla-
gen in alter Zeit überall so bearbeitet und ausgehöhlt worden ist.
Einiges mag schon von den ersten uns bekannten Ansiedlern
dieser Städte, den Jebusitern, herrühren, anderes von den Israe-
liten , die in der Herstellung ihrer Häuser anfangs gewiss nicht
anders verfuhren als jene. Es ist das eine ausserordentlich spar-
same l^enutzung des Bodens , bei der viele Menschen auf gerin-
gem Plächcnraum ihr Unterkommen fanden. Man richtete sich
anfangs unter der Oberfläche des Felsens sein allerdings sehr
bescheidenes , aber dauerhaftes Heim ein ; erst später begann
man über dem Felsboden z\i bauen im eigentlichen Sinne des
Wortes. Für die Vorstellung, die wir uns von dem alten Jeru-
salem zu machen haben, ist diese Beobachtung von nicht gerin-
ger Wichtigkeit ^) .
Die Anlage der neuen Cisterne wird in diesem Jahre unter
meiner Leitung vollendet. Ihre Herstellung war ohne eine starke
Veränderung der vorgefundenen Beschaffenheit des Felsbodens
unmöglich. Um einen sicheren, wasserfesten Boden zu erzielen,
mussten grosse Theile des Felsens weggebrochen werden, so dass
die einzelnen Cisternen theilweise in Zusammenhang gekommen
sind. Zwei Pfeiler (/ und tn) sind neu gebaut und mit den Seiten-
mauern durch Kreuzgewölbe verbunden, die jetzt die Decke des
grossen Wasserbehälters bilden.
Jerusalem, 8. April 18S4.
1) Wahrscheinlich haben die aus Babel zurückgekehrten Exulanten aus
Mangel an eigentlichen Häusern auch solche Felsgemächer wieder in Ge-
brauch genommen. Es -würde wenigstens diese Annahme sehr gut zu der
Nachricht passen, die wir Neh. 7, 4 lesen: »Die Stadt war M'eit ausgedehnt
und gross, aber es gab nur Menig Leute darin und keine gebauten Häuser«.
Anm. der Redaction.
Neu entdecktes Columbarium am Berge des bösen
Ratlies bei Jerusalem.
Von C. Schick in Jerusalem.
(Hierzu Tafel II,.
Im ersten Jahrgang der Zeitschrift des Deutschen Palästina-
A'ereins Seite 1 1 fF. habe ich über neu aufgefundene Felsengrä-
ber berichtet und zur Orientirung einen «Situationsplan« beige-
geben. Nun sind im Laufe des Sommers 1&&4 zwei neue Häuser
am nördlichen Abhang des Berges des bösen Käthes von Mus-
limen gebaut worden. Auf der Spitze des gedachten Berges liegt
eine Ruinenstätte, die Der Abu Tör genannt wird, und auf ge-
dachtem Situationsplan auch angegeben ist. Gleich unterhalb
dieser lluinenstätte gegen die Stadt zu steht das grössere der
beiden neuen Häuser, das kleinere weiter unten, ungefähr in der
Mitte zwischen ersterem und der "Wasserleitung. Als der Eigen-
thümer des unteren Hauses den wenigen Schutt abräumte und
Fundamente für die Mauern grub, stiess er auf einen Felsen-
gang, der mit Erde angefüllt war; er grub weiter, in der Hoff-
nung, eine Cisterne zu finden, fand aber dann ein interessantes
Columbarium, das auf Tafel H im Plan und Durchschnitt
dargestellt ist. Zur Erläuterung der Zeichnung bemerke ich
Folgendes :
Der nach N. sich öffnende Eingang ist 1,70 m hoch, 1,10 m
breit und ganz in den Felsen gehauen. Der Boden desselben
steigt nach innen etwas an; er wird auf eine kurze Strecke durch
fünf (juergelegte grosse Steine gebildet. Als einer derselben weg-
genommen Avurde. fand sich eine Grube von 3,30 m Tiefe, 1 m
Schick, Neu entdecktes Columbarium etc. bei Jerusalem. 47
]}rcite und 2.20 m Länge. Sie ist ebenfalls ganz in den Felsen ge-
hauen und hat Avahr.scheinlich, als C-ollektiv-Giab. zur Aufnahme
von Leichnamen gedient. Der Gang mündet in einen vierecki-
gen, 5 m weiten, in Felsen gehauenen Kaum . der ursprünglich
eine Felsendecke gehabt hat. Später aber ist dieselbe entweder
eingestürzt oder weggebrochen worden, so dass der Raum jetzt,
seitdem man die ihn füllende Erde fortgeschafft hat, oben offen
ist. Jedoch ist diese ()ifnung oben im Umfang kleiner als der
lioden des Gemachs unten, wie das auch in den Zeichninigen
angedeutet ist. Ringsum an den Wänden sind eine grosse An-
zahl kleiner Nischen in den Felsen eingehauen; ich zählte
10 Reihen von unten nach oben mit ungefähr je zwölf Nischen,
die schachbrettartig zu einander geordnet sind (vgl. den Durch-
schnitt;. Jede Nische ist 0,20 breit, ebenso hoch und tief. Der
Raum von einer zur andern beträgt sowohl in horizontaler als
auch in vertikaler Richtung 0,24 bis 0.25 m. Dadurch ist er-
reicht worden, dass jede einzelne Nische von der andern stets
d\irch festes Gestein gesondert blieb. Die Felswände sind mit
einem festen Mörtel bcAvorfen, avif diesen die Umrisse der Nischen
mit einer Kohle und einem eisernen Stift aufgezeichnet mid da-
nach eingehauen worden. Man sieht nämlich an mehreren Stel-
len noch Linien . die von einem eisernen Stift herrühren . und
auch Reste von schwarzen Strichen. Die Nischen müssen einge-
hauen Avorden sein, nachdem die Felsdecke weggenommen wor-
den war; denn auch an der Bruchstelle sind ringsum noch solche
in ziemlicher Anzahl wahrzunehmen.
Räthselhaft blieben mir vier kreuzförmig gesetzte, 0,50 m
dicke Mauern aus grossen und schön behauenen Steinen zu
durchschnittlich fünf Lagen übereinander, so dass sie über die
Hälfte der Höhe des Gemachs, nicht bis zur früheren Decke,
hinaufreichten. Da die Mauern sich nicht wirklich berühren
oder kreuzen, so lassen sie in der Mitte einen leeren Raum,
aus dem der Zugang zu den vier Abtheilungen freisteht. Diese
Mauern sind offenbar später, nach dem Einhauen der Nischen,
eingesetzt worden; denn wie die Zeichnung des Planes zeigt,
verdecken sie eine Anzahl Nischen.
Ornamente oder Schriftzeichen oder Zahlen konnte ich nir-
gends entdecken, weder an den Nischen und deren "Wänden
noch an den Steinen der Mauern. Die Nischen waren durch-
lg Schick,
creheiuls leer; auch wurde ikeine Spur von Urnen oder Fläsch-
chen oder irgend etwas der Art weder in denselben noch in der
Erde gefunden.
Der Eigenthiinier hat die Mauern bereits herausgenommen;
er will die Nischen sämmtlich zumauern, mit einem Gewölbe
oben das Gemach wieder bedecken und so eine Cisterne daraus
machen. Eigenthümer ist der Besitzer des oberen neuen Hauses,
die Feldmauer (s. Durchschnitt! ist zugleich Gränzmauer des
Eigenthums. Der Gang unten wird dann auch zugemauert, und
der Felsenschacht eine Cisterne für das untere Haus werden.
Ich habe mit meinem Berichte gewartet, weil ich hoffte, es werde
sich noch einiges andere finden, aber die Leute haben die Arbeit
vor der Hand stehen lassen.
Meine Vermuthung ist , dass diese Anlage ursprünglich ge-.
wohnliche Felsengräber enthielt , wie sie bei Jerusalem und ge-
rade am Berge des bösen Rathes sich häufig voi-finden, dass die-
selben später theilweise ausgebrochen, theilweise vermauert, auch
die Decke weggethan, das Ganze mit einem guten Mörtel ausge-
strichen und dann nach der oben beschriebenen Weise die Nischen
eingehauen worden sind , um zur Aufnahme von kleinen l'rnen
oder andern Aschengefässen zu dienen. Der Raum war oben
entweder ganz offen oder mit einem künstlichen Dach bedeckt,
auf jeden Fall der offene Schacht mit einer Brustlehne oder nied-
rigen Mauer umgeben. Als dann diese Art der Bestattung nicht
mehr Sitte war, wurden die Mauern eingesetzt, um die unver-
sehrten Leichname dort unterzubringen. Oder sollte nun der
Ort zu einem ganz andern Zwecke dienen? Doch vermag ich
einen solchen nicht zu errathen und glaube vielmehr, dass
hier immer eine Begräbnissstätte gewesen ist. Solche Kreuz-
mauern habe ich eben auch schon an verschiedenen andern Or-
ten bei Gräbern gesehen, z. B. auf dem Olberge, in Mirt und
andern Plätzen. Die Leichname wurden von oben herab einge-
senkt, nicht etwa durch den Eingang hineingebracht. Dieser —
oder der leere Raum in der Mitte — scheint mir nur dazu ge-
dient zu haben, dass ein Mann hinuntergehen konnte, um die
richtige Lage der Leichname , von denen der obere von dem je
unteren immer nur durch eine Schicht Erde getrennt wurde, zu
bewerkstelligen. Nach Bedarf konnten die ^Mauern erhöht wer-
den, was aber wohl hier nie geschehen ist.
Neu entdecktes Columbarivim etc. bei Jerusalem. .{{)
Hei liet-Saliur, eine kleine halbe Stunde unterhalb Jerusa-
lems am siidliehen Gehänge des Kidronthale.s fdort Wad en-Nar
oder Fenerthal genannt), befindet sich unter den vielen dortigen
Felsengräbern ein, Avas die Anordnung der Nischen betrifft, ganz
ähnliches Colnmbarium ; dasselbe hat aber weder Mauerwerk , noch
ist es eben so vollständig offen wie dieses. Dr. Tohlkh fand
ähnliche bei Het-Dschibrin, die er in seiner »Dritten Wanderung«
S. 131 beschreibt. Während aber die Nischen in Het-Dschibrin
und in Het Saluir oben rundlich sind, sind sie am Herge des bösen
liathes viereckig ! Dann spricht Toulek von einer Art Leiste am
untern Rande derselben ; hier in Jerusalem finden sich solche
nicht. Ferner erwähnt Tüblbk eines in der Mitte der Kammer
ausgesparten Felsens und denkt dabei an einen Altar; hier ist
kein solcher, aber dafür das oben beschriebene Mauerwerk. Auch
in Het-Dschibrin ist oben eine Öffnung, durch die das Licht nach
unten einströmt. Eine ähnliche , aber etwas kleinere Höhle be-
findet sich im Westen von Jerusalem. Dieselbe hat ringsum
solche kleine, in den Felsen gehauene Nischen, die aber nicht so
dicht zusammengestellt sind, oben in der Decke eine grosse
Lichtöffnung und unten auch einen seitlichen Eingang. In der
Nähe derselben fand Herr Schneller mehrere Gräber.
Auf Grund dieser Funde drängt sich die Frage auf, ob zu
irgend einer Zeit diese Art der Todtenbestattung — Heiset/ung
der Asche in kleinen Nischen — allgemein war ( Gder wurde sie
bloss von Fremden — etwa den wirklichen Römern, die im Laiule
wohnten ■ — vollzogen.' Ich bin zu der letzteren Annahme ge-
neigt, möchte jedoch zunächst durch diese Mittheilungen zur
Hesprechung dieser Sache angeregt haben.
Jerusalem, 8. Decbr, 1884.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VHI.
Hie neu entdeckte Stepliaüskirche bei Jerusalem.
A'on Pfarrer A. Frei in Ebnat (St. Gallen .
(Mit einem Holzschnitt).
Ungefähr 350 m von dem Damasknsthore Jernsalems ent-
fernt, anf der rechten Seite der heutigen Nabulusstrasse, befin-
den sich, durch eine provisorische Mauer aus lose aufeinand erge-
schichteten Steinen dem Blicke fast entzogen, ausgedehnte Rui-
nen. In den letzten Jahren wurden dieselben blossgelegt,
nachdem sie Jahrhunderte unter der schützenden Hülle eines
Schutthügels gelegen hatten, welcher bis in die neueste Zeit durch
Ablagerung solchen Materials Zuwachs erhielt.
Dringt man von Norden in den ziemlich abgeschlossenen
Raum ein, so gewahrt man zunächst vier sich aneinanderschlies-
sende Gewölbe, die, 23 m lang, von Osten nach Westen gerich-
tet sind, während die l^reite S bis 9 m beträgt i). Tn den unteni
1 Es war mir nicht möglich, die Strecken selbst zu messen. Seit einiger
Zeit sind die Ruinen weniger leicht zugänglich, und ich musste froh sein, von
dem ständigen Aufseher die etwas genauere Besichtigung mit einem Trinkgeld
erkaufen zu können. Der Dominikaner , welcher die Restaurationsarbeiten
leitet, zeigte sich durchaus nicht geneigt, über die gemachten Funde Auf-
schluss zu geben. Bloss so viel vernahm ich von ihm, dass man dem in den
Fundamenten deutlich genug vorliegenden Plane folgen und unter Verwen-
dung des noch Vorhandenen das Alte erneuern wolle, wie es auch bei der St.
Annakirche geschehen ist. Ich benutze daher für Massangaben einen Artikel
von S. Merill, der in den Quart. Statem. des PEF. 1S83, 238 — 242 erschienen
ist. Seine Beschreibung stimmt übrigens vuUkommcn mit meinen Beobach-
tungen überein. I-eider kann ich fast nichts Neues hinzufügen, da die Arbeit
seit Ende 1SS.'5 ruht, dafür aber an einer andern Stelle des von den Lateinern
erworbenen T-andcomplexes aufgenommen wurde.
Frei, Dienen entdeckte Stephauskiixhe bei Jerusalem.
51
Tartieen zeii^en sie hübsche (jiuuler, die Decken (hitJ:c^eii, in kur-
zem Stücken noch hei dreien vorhanden , bestehen ans kleinen,
unregehnässigen Steinen, welche von einem sehr reichlich ver-
wendeten Mörtel zusammengehalten werden. An den Wänden
bemerkt man Stücke von Cementirung.
Wenige Schritte südlicher liegen die aufgedeckten Über-
reste einer Kirche von bescheidenen Dimensionen. Sie besitzt
die gleiche Längenrichtung wie die genannten Gewölbe. Ihre
Mauern sind zwar bis auf geringe Höhe verschwunden . desto
besser hat sich aber der Grund erhalten. Schon vor der Schwelle
des gegen die Strasse gewendeten Eingangs fällt ein Theil eines
schönen Flattenbodens auf; die griechische Inschrift — ihr Ort
ist auf dem nebenstehenden Holzschnitt mit a bezeichnet —
welche in g^rossen. aber theilweise ausgetretenen Lettern ein
Stück bedeckt, konnte bis jetzt nicht gelesen werden. Lieut.
Mantell hält sie für vollständig, jedoch sehr abgekürzt '). S. Mh-
RiLL sieht in ihr den Schluss einer auf einer andern Platte begin-
nenden Inschrift"-) . Dass wir nur ein Bruchstück vor uns haben,
dürfte das Wahrscheinlichere sein. Der Boden des Kirchenschif-
fes selbst zeichnet sich durch seine saubere Bedeckung aus.
welche in trefflich erhaltenen Kalksteinplatten besteht. In der
Mittellinie desselben, etwa 5 m vom Eingang entfernt, erhebt
sich ein c. l m hoher, dünner Säulenstumpf [h des Holzschnit-
tes)^ der von einem unregelmässig zugestutzten ehemaligen Ca-
pital gekrönt wird. Er hat wohl ursprünglich ein Becken mit
1) Quart. Statem. 1S82, 120.
2) A. a. O. 1SS3, 241 und 242.
52 ^'^*'
Tauf- oder Weihwasser getragen. An der südliclien Laugseite
bemerkt man ein Karnies mit verblassten Malereien. Die Ge-
stalten. Christus und seine Jünger, sind in den Umrissen noch
deutlich zu erkennen. Nahe dabei befindet sich die()ttnung einer
Cisteme c des Holzschnittes i . Eine Quermauer trennte den be-
schriebenen, 7,50 m breiten Raum von den hintern Theilen des
Gebäudes. Zwischen ihr und dem Eingange liegen I4m, zwischen
den Langseiten 7,G4 m. Sie lässt in der Mitte eine Lücke,
durch die man auf einigen Stufen in einen etwas höhern Raum
irelauürt, welcher die Stelle des Uuerschiffes einnimmt und un-
mittelbar vor der wieder um ein paar Stufen erhabenen Apsis
sich ausdehnt. Dieses QuerschifF besitzt bloss 2.74 m in der
Liinge, die Apsis, einen etwas gedrückten Halbkreis bildend.
4,72 m und 5,05 m in der Breite. Heide sind ebenfalls mit Plat-
ten gepflastert. In der Mitte der letztgenannten bezeichnet ein
otfen gebliebenes Rechteck [d] unzweifelhaft die Stelle, wo der
Altar stand. Das noch steheiule Mauerwerk weist an seinem
Mörtelstrich einen Kranz roher A'erzierungen in braunrother
Farbe auf.
Ein Ausgang führte bei der Apsis zunächst in einen schma-
len Zwischenraum hinter ihr ; denn in einem Abstände von circa
1 m erhob sich eine der östlichen Mauer der Kirche parallele
Wand. Heide zeigten sehr schöne, wohlerhaltene Steine, wie
nach dem Abbruche noch zu sehen ist. Um den Hoden zu
reinigen , räumte man sie Aveg und stiess wieder auf ein schönes
l'Üaster von Platten (e), welches aber zu demjenigen der Kirche
eine schiefe Lage hat. Auch eine Cisternenöffnung ^f] fand sich
an der südlichen Mauer dieses Hintergebäudes. Von dem Rücken
der Apsis aus gemessen dehnt es sich bis zu 15 m nach Osten.
— In derselben Richtung folgte, 6 m lang, ein Mosaikboden g] ,
der heute zum grössten Theil weggenommen ist. Südlich schliesst
sich eine unterirdische Kammer daran [h] . In ihrer, das umlie-
gende Terrain etwa 1 m überragenden Decke sind sechs quadra-
tische ÖfFnvmgen, eine siebente entstand durch Einsturz. Durch
sie erblickt man auf dem Grunde Moder und Gebein, An der
nordöstlichen Ecke des Platzes, der mit Mosaik gepflastert war,
ist ein Grab in felsigen Hoden gehöhlt, zu Avelchem mittelst eini-
ger Stxifen ein sehr enger Eingang (/j von der Form eines läng-
lichen Rechtecks führt. Die ostwestliche Länge wird auf 3,04 m,
Die neu entdeckte Stephanskirche bei Jerusalem. 53
dielJrcite ;uif 2.74in aiifjfegebeu '). Nördlich von dem Grabe zielit
sich ein aus dem Felsen f^^ehaueuer ("anal (/■ , über ' ., m tief, zu-
nächst nach Osten, sprintet dann plötzlich im rechten Winkel lie-
gen Norden ab, um nach kurzer Strecke -wieder die vorige llich-
tung anzunehmen und unter dem noch unbeseitigten liest des
.Schutthügels zu verschwinden. Die Ränder des Canals sind et-
was eingesenkt und dienten zur Aufnahme entsprechender A'or-
sprünge an den Decksteinen, deren einer, ziemlich stark gewölbt,
noch an seinem ursprünglichen Platze liegt. P^ine kleinere C^e-
mentwasserleitung tritt, mehr südlich, in einer Höhe von nahezu
2 m aus der Schuttwand heraus und w'endet sich dann nach Nor-
den, indem sie nur noch eine Seitenwand behält, welche gleich-
sam an das lose Terrain angeklebt erscheint. Ferner liegen
einige Säulenstücke [1} in der Nähe, mitunter solche von gewal-
tigem Umfang. Hinter den Gewölben, hart am erwähnten
Schuttabhang, steht ein kleiner beschädigter Steintrog. \'on an-
dern Trögen aus Cement sind wenigstens noch die untern Par-
tieen vorhanden. Auch Spuren von Bassins werden bemerkt.
So viel über die Beschaffenheit der Lokalität.
Woher mm stammen die geschilderten Überreste.' Am mei-
sten Interesse erweckt die Kirche, und sie ist es auch, welche für
die Gewinnimg eines Resultates den Ausschlag geben kann.
Dass sie einer verhältnissmässig Jüngern Zeit angehört, diesen
Eindruck gewinnt man sofort Capt. Conder versetzt sie, ohne
irgend welche Zweifel zu hegen , in die Ära der Kreuzfahrer und
vermuthet. sie sei mit der Asnerie verbunden gewesen, jenem
Gebäude, das anfangs die Esel der Johanniter beherbergte, nach-
her von den Saracenen den christlichen Pilgern als Absteige-
quartier angewiesen wurde. 1873 entdeckte man nordwestlich
von dem Hügel der Jeremiasgrotte mehrere Mauerläufe, Spuren
von Pfeilern, eine Cisterne und Krippen. Ein gefundenes Stein-
metzzeichen, sowie die Bearbeitung der Quader wies auf die
Kreuzfahrerzeit hin, und jene Krippen schienen vollends zu dem
Schlüsse zu berechtigen , dass an diesem Platze die Asnerie ge-
standen habe -; . Obgleich sie mm in den Pilgerberichten ein
1) Bretter und Steine beschwerten bei meinem Besuche die Eingangsöff-
nung, so dass es mir nicht möglich war , in die Grabkamiüer selbst zu gelan-
gen. Über die Details s. Quart. Statem. 1883, 240.
2; ZDPV. II, 105.
r)4 Frei,
grosses Gebäude genannt >vird , ist eine Ausdehnung bis /u den
tiben beschriebenen Ixuinen. d. h. nahezu 20U m im liöchsten
Grade unwahrscheinlich. Zudem erwähnen jene nirgends einer
Kirche oder Kapelle , die bei der Asnerie sich befunden hätte.
!Sie sprechen überhaupt nur von einer einzigen Kirche, die in
der Nähe des nördlichen Thores gelegen Avar, von derjenigen des
Märtyrers Stephanus.
His dahin -wurde St. Stephan allgemein westlich von der
heutigen iSabulusstrasse gesucht, und es schien sogar, dass ein
dort gefundenes Grab dasjenige ihrer Erbauerin, der byzantini-
schen Kaiserin Eudokia, sein könnte, -welche sich darin beisetzen
liess ^j . Nördlich von dieser Stelle , an dem Felshöcker hinter
den Judenhäusern gesammelte Steine mit JHldwerk wurden
gleichfalls mit der Kirche in Verbindung gebracht - . liei diesen
Annahmen identificirt man von vornherein die heutige Xabulus-
strasse mit der alten , und -weil die Berichte übereinstimmend
melden, der Bau sei rechter Hand gewesen, -wenn man zur Stadt
ging, so kann er unter jener Voraussetzung allerdings nicht an-
derswo gesucht werden. Allein dieselbe steht nicht unurastöss-
lich fest, und die Möglichkeit bleibt offen, dass wir bei jener
neulich entdeckten Kirche den Platz von St. Stephan haben.
Zwar scheinen die nähern Angaben über ihre Entfernung
von der Stadt, resp. vomNordthov zu der im Eingang mitgetheil-
ten wenig zu passen. Aktüninus Martyr rechnet den Abstand
bloss einen Pfeilschuss-'), Evagrius nicht ganz ein Stadium^).
NiKKriioKLsCALLiSTi desgleichen '') . S.'(wui>f dagegen zwei- oder
dreimal so weit, als eine Armbrust schiesse '• . Wir haben es aber
hier offenbar mit sehr ungefähren Schätzungen zw thun , welche
daher die Frage nicht entscheiden können. Wären jene Distan-
zen genau, so ist die Nachricht des Alhp:ktus Aqukksis nicht zu
begreifen , dass ein Theil des Kreuzheeres sich bei der Kirche
des h. Stephanus, also unmittelbar vor der Mauer und den Ge-
schossen der Feinde noch erreichbar, gelagert hätte ').
Hinter den in Untersuchung stehenden Kuinen ferner zieht
sich in einigem Abstand ein wenig gebrauchter Weg, der eine
1 Quart. Statem. 187Ü, 9. 2) ZÜPV. II a. a.O.
3) Ant. Man. cap. 25. 4 Evagr. I, 22.
5) Nikeph. Call. XIV, 50. 6] Säwulf cap. ^5.
7) Alb. A-iu. V, 4ii. VI, 9.
Die neu entdeckte Ste))han3kircht' V>ei Jenisaloni. 55
Strecke weit mit .Steinen besetzt ist, ^oj^^en die Köni^s^räber hin.
Man wird Avohl eine alte Strasse darin sehen dürfen. Und w ohin
könnte sie anders geführt haben, als zu dem einzigen Thore auf
der Nordseite der Stadt , zu dem heutigen Damaskusthorc ' l'iii
aber dieses zu erreichen, musste sie nothwendig zwischen der
vermutheten Asnerie und der neu entdeckten Kirche durchgehen,
so dass letztere rechts zu liegen kam. Jenes rückwärts liegende
Terrain überragt nirgends den höchst gelegenen Punkt der heu-
tigen Strasse, welche insofern gegenüber der alten nichts voraus
hat. Diese würde dann ungefähr dieselbe kleine Ausbiegung
nach Osten gemacht haben, wie die jetzige nach AVesten. In der
Gegend der Königsgräber, beim Hinabstieg in den Wädi el-
Dschöz, vereinigten sich wohl die zwei Richtungen wieder.
Wenn es von der Stephanskirche heisst , sie habe auf einer
Anhöhe gelegen i), so passt dies für unsernOrt ganz wohl ; senkt
sich doch der Boden bis zum Damaskusthore 13 m.
Die J5emerkung Willebrand' s, dass man von ihr aus die
Stadt gut betrachten konnte'^), ist für unsern etwas entferntem
Punkt richtiger als für einen nahe der Mauer gelegenen.
Noch besseren Anhalt wird uns aber die dort gefundene
Kirche selbst liefern. Da sie nach Lage und iVussehen olt'enbar
der jüngste Theil der Kuinen ist , bleibt zu fragen, welches Ge-
bäude Zille tzt auf diesem Platze gestanden habe, den wir nach
dem Gesagten vorläufig als den der Stephanskirche betrachten
wollen. Das späteste Zeugniss giebt Ernoul um 1 187 3). Bevor
Saladin die Stadt belagerte, sagt er, hätten die Christen St, Ste-
phan niedergerissen , weil sie nahe der Mauer lag *^ . Er bedient
sich des Ausdrucks »movistier« und auch der um wenige Jahre
ältere PiiOKAS nennt ein »monasterion« des Protomartyrs •'' , was
auf ein Kloster hinzuweisen scheint. Jene Bemerkung über die
Distanz ist nur relativ zu verstehen (s.o.). Dass ein ziemlich frei
1) Theodericus cap. 20. 2) Willebrand II, ti.
3) Willebrand könnte den Schein erwecken, als ob zu seiner Zeit . d. h.
1212, eine Kirche stand ; indessen bedeutet dort das sicui adhuc apparet, dass
man ihr einstiges Vorhandensein noch an den Trümmern sehe , wie der Zu-
sammenhang beweist. Im Folgenden heisst es ja , dass auf ihrer Stätte die
Ksel des Sultans weiden.
4) Ernoul, la Citez de Iherasalem cap. 15.
5) Phokas, cap. 15 am Ende.
5«; ^'rei.
liejrender jjrösserer Hau aus strategischen Rücksichten dieses
Schicksal hatte, ist begreiflich. Auffallen muss nur die im glei-
chen Zusaninienhang erwähnte A'erschonung der Asnerie. welche
nach unserer Darstellung ja noch näher der Stadt lag. Indessen
mag hier jene Massregel um so entbehrlicher gewesen sein, als
sie sich an den Jeremiashügel lehnte \nul /Aidem in jener Zeit
noch als das diente. Avas ihr Name besagt, mithin ein minder
wichtiger lian war.
"Wir müssen also die Ruinen am Nabulusweg als diejenigen
eines Klosters und die Kirche als Klosterkirche betrachten. In
der That mögen die hinter der letzteren liegenden Räimie jene
}^estimm\ing gehabt haben.
Diese Gebäude existirten nur kurze Zeit, was einerseits schon
die schönen Steine anzeigen , welchen die folgenden Jahrhun-
derte dank dem schützenden Schutt nicht den Stempel des Alters
aufdrückten, anderseits geschichtliche Zeugnisse. Um die Zeit
des ersten Kreuzzuges nennt nämlich Säwulf bloss die Trüm-
mer einer Stephanskirche ^;, aber kein damals gebrauchtes Got-
teshaus , Albkktus Aquensis hingegen ein Oratorium St. Ste-
])hani2 . Darf man diesen Ausdruck streng nehmen, so weist er
auf eine kleinere Kirche, welche z\i jener Zeit im Gebranch war.
A'ielleicht ist es diejenige, mit deren Resten wir zu thun haben.
An diese hätte sich dann bald heniach das Klostergebäude ange-
schlossen. Möglich ist auch, dass ein noch bescheidenerer Üet-
ort zwischen den Ruinen unter jener liezeichnung verstanden
werden muss. an dessen Stelle etwas später jene Kirche trat. Fast
möchte man das Letztere annehmen , wenn man aus dem Com-
memoratorium von circa 810 die Notiz berücksichtigt, dass in
St. Stephan bloss zwei Kleriker und 15 Aussätzige 3) gewesen
1) Säwulf cap. 35.
2; Alb. Aqu. V, 4(i; VI, 9.
3) Es fragt sich, ob jene Kranken in einem dem Kirchlein angeschlosse-
nen Gebäude sich aufhielten, oder von ihm getrennt wohnten. Die örtliche
Trennung ist wahrscheinlicher. Dagegen hängt jene Anstalt wohl seit Eudo-
kia's Zeiten insofern mit St. Stephan zusammen, als die Kaiserin auch ein sehr
geräumiges Aussätzigenhaus gründete. In der fränkischen Periode begegnen
wir, nicht weit westlich vom Nordthor, einem an die Mauer stossenden liCpro-
senhaus. Auch das frühere mag daselbst gewesen sein. S. Tobler , Descript.
terrae sanctae pag. ;i72.
Die neu entdeckte IStephanskirclie bei Jerusalem. 07
seien. In diesem Falle Aviirde sich die Ditt'eien/ der zwei lie-
richterstatter durch die an sich wahrscheinliche Annahme lösen,
der kleine Bau sei während der Belagerung von 1099 ruinirt wen-
den, und SÄwuLF, darum 1102 reiste, hahe ihn desslmll» nicht
gesellen. Hat er aber schon länger nicht mehr bestanden und ist
somit das Oratorium als die letzte Kirche zu betrachten, so be-
nutzte Albkrtus Aquensis in der Schilderung des \'ergangenen
die jüngeren Lokalverhältnisse, welche ihm bei der Abfassung
seiner Beschreibung vorlagen. Da diese von 1095 — 1120 reicht.
Hesse sich ein ziemlich genaues Datum für unsere Kirche gewin-
nen. Sie müsste nach 1102 und vor 1120 erbaut worden sein.
Gehen wir in der Zeit weiter zurück, auch hinter das Com-
memoratorium, so kommen wir auf den ersten Bau. den der Kai-
serin Eudokia , welcher ein durch Schönheit und Grösse ausge-
zeichnetes Werk gewesen sein soll. Säwulf glaubte dessen
Überreste zu sehen, und das ist sehr wahrscheinlich. Das von
zwei Klerikern bediente Stephanskirchlein konnte keine bedeu-
tenden Trümmer hinterlassen. Dass aber nach der Zerstörung,
welche durch die Perser oder unter Omar stattfand , bis zu des
Reisenden Zeit ein grosses Gotteshaus errichtet wurde, davon
besitzt man keine Nachricht. Aus der obigen Beschreibung der
Funde dürfte klar geworden sein , dass ein älterer Bau, welcher
nicht mit der vorhandenen Kirche in Zusammenhang stand , zu
Grunde liegt. Besonders spricht dafür das anders gerichtete
Pflaster hinter ihrer Apsis, der Mosaikboden, auch das Grab und
die wenigen Säulenstücke, welche nur einem stattlichen Werke
angehört haben können. Nichts scheint mir der Annahme zu
widersprechen, dass dies Reste jener Eudokiakirche sind. Es
mögen ihrer noch mehr im Schutte niheu. Die tieferliegenden
Partieen wurden gewiss schon bei der Zerstöning selbst stellen-
weise in Trümmer begraben, und im Laufe der Zeit lagerte sich
noch mehr Schutt darauf, welchem Umstände wir jene Über-
bleibsel verdanken. W^as auf der Oberfläche lag, wird bei andern
Arbeiten Aerwendung gefunden haben, das Letzte wohl für die
zweite Kirche und das Kloster, die man auf dem nunmehr etwas
erhöhten Terrain errichtete.
Nach der Niederreissung dieser Gebäude zu Saladins Zeit
's. o.) scheint nichts mehr an jenem Platze, wenigstens nicht
über der Kirche, gebaut worden zu sein.
5S
Frei,
Kine sclnvierige Frage bleibt noch /u entscheiden : der Vr-
^J)rung der Gewölbe. Ihre soliden Stützmauern weisen auf ältere
Zeit. Da sie in der ersten Kirche keinen Kaum finden, werden
sie dem Kloster angeluht liaben , sind aber auch da ihrer Form
und lieschaftenheit halber etwas auffällig. Man möchte sie fast
fiir Keller oder Ställe halten. Wegen der ungleichen Construc-
tion vermuthe ich, dass man nach der Zerstörung die Wölbun-
gen llüchtig wiederherstellte, um die Käume noch für Thiere be-
nutzen zu können, mag dies nun von den F'ranken. nachdem sie
wieder in den liesitz der Stadt gekommen waren . oder von den
Savacenen geschehen sein. 13ie im Hintergrund gefundenen
Tröge sprechen dafür. Eine neue Beleuchtung erhielte dadurch
WiLLEKRAXD. Denn wenn er es beklagt, dass aus einem Gottes-^
hause ein Stall geworden sei, avo die Esel des Sultans zusammen-
getrieben werden' , so ist nicht mehr mit Toblek anzunehmen,
er habe irrthümlich den ehemaligen Stall der Johanniter an Stelle
der kirchlichen Gebäude gesetzt 2, um so weniger, als ja ihre
Trümmer ihm vor Augen lagen. Aus seiner Erzählung geht im
weitern hervor, dass auch Pilger dort zu herbergen gezwungen
Avurden. TreiFlich stimmt hierzu der Name des Platzes, welcher
bei dem A'olke bis in die neueste Zeit Chan el-frendsch hiess.
Freilich kann die A erwechslung mit der Asnerie sehr wohl dabei
zu Grunde liegen. Immerhin erhielt sich die Tradition treu, dass
dort ein fränkisches Gebäude gestanden. Aus dem Fanatismus
der Türken . zumal in früherer Zeit, lässt sich leicht erklären,
Avarum sie die Stätte für Schutt- und Mistablagerungen be-
nutzten.
Entschieden der älteste Theil der Funde ist der Felskanal,
dem noch ein Wort gewidmet sei. obschon er ausserhalb unserer
Aufgabe liegt. Die ansehnliche Wasserleitung führte Avohl in die
Stadt , so dass fortgesetzte Arbeit bald eine südliche Ablenkung
derselben finden würde. Es scheint mir, wir haben hier ein Stück
jener Leitung vor uns, welche östlicli vom Damaskusthor entdeckt
und bis unter das Zionsschwesternliaus, ja unter den Tempel-
platz verfolgt Avurde. Man glaubt, sie reiche mindestens in die
herodianische Zeit hinauf 3].
1, Willehrand II, 5.
2} Tobler, Topogr. von Jerus. II, 187. 3j Quart. Statem. 1872, 47 ff.
Die neu entdeckte Stephanskirche bei Jerusalem. 59
Ausgelioiul von der Thatsache . dasss die Ste])liaiiskirclic' die
einzige ist , welche vor dem Nordthore sich befaml und durch
Vergleichiinjj^ mit den l'ilgerschiiften, durch llin/,u/.iehuug ihrer
unterstützenden und Abwehr der scheinbar widerstreitenden Mo-
mente glaube ich den AVahrschcinlichkeitsbeweis geliefert zu
haben , dass uns von den jüngsten Ausgrabungen der Platz der
Stephanskirche, ja diese selbst gezeigt w\nde. \'ieles zwar bleibt
noch zu lösen übrig, namentlich hat die Kunstgeschichte sowohl
hinsichtlich des Hauwerks, als der Wandmalerei ein Wort mitzu-
sprechen. Doch Avie immer ihr Urtheil ausfallen mag. so kann es
jenes Hau])tresultat nicht nmstürzen.
Felsengräber in Dscliehata.
Von (j. Scliuhinaelier in Haifa.
Hierzu Tafel III .
liefreundete Eingeborne hatten mir im Laufe des Sommers
mitgetheilt , dass die Fellachen in Dschebäta und *^Ain el-beda
beim Suchen nach JJausteiuen auf unterirdische Bauten gestossen
seien. Es ward mir jedoch erst gegen Ende des Jahres möglich,
die Ausgrabungen an Ort und Styelle zu besichtigen. Folgendes
mag zur Erläuterung meiner bei diesem Hesuch angefertigten
Aufnahmen vgl. Tafel III) dienen. Dschebäta und 'Ain el-beda
sind kleine Fellachendörfer am Nordrande der Jesreelebene. Im
Süden derselben fällt die Ebene merklich ab, während im Nord-
osten die Höhen vonNazareth langsam ansteigen. Dschebäta liegt
einige Kilometer südlich von dem bekannten Sammünije (Simo-
nias und etwa 10 Kilom. südwestl. von Nazareth. Von beiden
Dörfern aus bietet sich eine prächtige Fernsicht auf die weite
Jesreelebene mit den durch wechselndes Grün sich von einander
abhebenden , einem grossen Schachbrett ähnlichen , zahllosen
Parzellen dar. Ein ansehnlicher Theil dieser Ebene war einst
Hesitzthum der jetzt verarmten Dörfler, welche sich heute in
einem von arabischen Wucherern abhängigen Verhältnisse befin-
den. Das Erscheinen von Chawadschat ;Herreni war den Ein-
geborenen nicht gerade glückverheissend, da sie nicht ohne
Grund von Herrenbesuchen nur neue Quälereien erwarten. Unser
Fragen nach Alterthümeni beruhigte sie jedoch bald. 'Ain el-beda.
»die weisse Quelle«'], weist nichts Alterthümliches von Interesse
1 1 In der Vulgärsprache lässt der Araber bei der Bezeichnung von Quel-
len, Seen, Teichen u. dg). fa.st durclnveg vor dem Substantiv im Nominativ
den Artikel weg, daher z. H.'Ain el-böda. 'Ain el-nüilha , Bahr el-mije, an-
statt el- Ain el-beda etc.
Schuhmacher, Felsengräber in Dschebata. (j\
auf: die von einem reiclien urabiscliL'n lluiulelsliaus angekaufte
Quelle im Süden des Dorfes bewässert einij^e neu angelegte Gär-
ten , sammelt sich dann in einem Simi]>fe \nid Hiesst träge thal-
ab-vvärts. Diesen stagnirenden Gewässern entsteigen aber fieberer-
zeugende Miasmen, von denen die Dorfbewohner viel zu leiden
haben. Auf dem kleinen rundlichen Hügel, der sich im Norden
des Dorfes erhebt, linden sich Spuren von liuinen; eine Menge
ansehnlicher behauener Steine liegen zerstreut umher, während
andere eben ausgegraben werden. Keiner derselben lässt jedoch
Gesimsgliederungen oder Ornamente erkennen; es muss wohl
der ]ioden noch mehr umgegraben werden, bis Gebäudetheile
zum A'orschein kommen, wie es in Dschebäta der Fall gewe-
sen ist.
Von den Funden, die in Dschebäta, einen Kilometer weiter
östlich gelegen, gemacht worden wären, wusste man uns in Ain
el-beda bereits Erstaunliches zu berichten. In der That ist der
Abhan'g, welcher die alte Ortslage bezeichnet, dicht mit alten
Bausteinen besäet; 1 bis 3 m tiefe Schachte lieferten gewaltige
Bausteine, welche, theils durch Gesimse gegliedert, theils sauber
glatt, vierkantig bearbeitet sind. ]3egeben Avir uns zunächst zu
der blossgelegten grösseren Grabanlage , so fällt uns schon im
Gehen der dumpfe Ton auf, welcher durch das Betreten eines
Hohlraumes hervorgerufen wird. An einer gemauerten . beque-
men Treppe von 1,70m Weite angelangt, lassen wir uns zuerst auf
eine 90 cm unter der Erdoberfläche gelegene Felsenplatte hinab uiul
steigen sodann auf neun Stufen in eine Tiefe von weiteren 2,00 m
hinab. Zu beiden Seiten haben wir Mauerwerk, das jedoch nur
Bekleidung des anstehenden Felsens ist, der nach oben von einer
50 bis 60 cm dicken Humusschicht bedeckt wird. Die Treppe
führt in einen quadratischen Vorplatz von gleicher Breite (l , 70 m) ,
der nach oben offen , an den Seiten jedoch sorgfältig durch
Mauerwerk umschlossen ist; an seiner Südseite beflndet sich
eine niedrige Öffnung [a] von 1,40 m Höhe und 70 cm AVeite,
deren Schwelle HO cm über unserem Standpunkte liegt. Durch
diese Thüre, die keine Spuren irgendwelchen Verschlusses zeigt,
gelangt man in einen grösseren, durch ein Tonnengewölbe gedeck-
ten Raum von 2,40m Breite und 3, 00m Tiefe, in dessen Ostwand eine
Nische (/) von 00 cm Weite, SO cm Höhe und 1,S0 m Tiefe ein-
gegraben ist. Der Boden ist mit Bausteinfragmenten und Schutt
^2 Schuhmacher,
bedeckt. cUiher die Höhe des Gewölbescheitels vom Hoden 2.ü0m
nicht als die ursprüngliche anzusehen ist. Das Gewölbe ist voll-
ständig erhalten und nicht im geringsten baufällig; die Farbe
der Steine ist die der umgebenden Formation , ohne dass eine
1 Beeinflussung durch die feiichte Luft im Innern wahrgenommen
werden könnte. Wieder im Süden dieses Gemaches findet sich
eineThüre(^ ohne Verschluss von 90 cm Höhe und 70 cm Weite.
Dieser niedrige CJang von 1,95 m Länge führt uns in ein zweites
dunkles Gemach ohne Ausmauerung, das eine Breite von 3,15 m,
eine Länge von 3,65 m und eine Höhe von 2,10 m hat. Dieser
Raum ist oben geradlinig abgeschlossen , seine Wände bildet
ringsum der nackte Felsen. Im O. sehen wir eine Nische [2) von
75 cm Weite, 60 cm Höhe und l.SO m Tiefe, und im S. zwei
solche 3 und 4j von denselben Dimensionen. Während nun
diese drei Gräber wie auch dasjenige des zuerst betretenen Rau-
mes rechtwinklig zur betreffenden Wandung in den Felsen ein-
getrieben sind, bemerken wir im Vi. ein solches (5), dessen
Längsrichtung parallel mit der Wandung läuft. Sämmtliche
Nischen sind ca. 30 cm über dem IJodenschutt erhaben. Grab /,
2, 3 und 4 sind Schiebgräber, Nr. 5 dagegen ein Trog- oder
Einleggrab , da es gleich einem Trog mit natürlicher Wölbung
darüber in den Felsen eingehauen ist. Der Schech des Dorfes
liehauptet . es sei in diesem Einleggrab ein Sarg mit Knochen
vorgefunden worden; ein unbekannter Priester Chüri) habe je-
doch denselben fortgeholt. Dieser Vorgang ist zu bedauern, da
entweder der Sarg selbst oder sein Inhalt leicht Aufschluss über
das Alter der Anlage hätte geben können. Die verstümmelte
Wandung des Grabes dürfte die Aussage desSchechs bewahrhei-
ten, und es bleibt nur zu hoffen . dass die geraubten Überreste
über kurz oder ^ang zum Vorschein kommen.
Die Hauzeit dieser Grabanlage wird schwer zu ermitteln
sein; doch theile ich einige weitere Heraerkungen über die C'on-
structionsweise des Ganzen mit. Das Tonnengewölbe ist ein Voll-
bogen, aus konisch behauenen Steinen von 30 bis 60 cm Länge und
25 bis 30 cm Schichtenhöhe construirt. Eine Schlusssteinschicht
läuft durch den Scheitel liin. Am Kämpfer tritt die Käm])fer-
mauerum 5 cm gegen den Hogenanfänger vor (s. Schnitt ^5) . Wäh-
lend die Gewölbeleibung und Kämj)fermauer eine Durchführung
der horizontalen und eine regelrechte Ubergreifung der vertica-
Felsengräber in Dschebäta. 63
len Fuf>eulinie zeii^oii. folii^t die Stiriun;iut'r dicseni Geset/c nicht
streui^e, sondern zeigt eine willkürliche Unterltreclunig in den
fugenlinien ,s. Schnitt AB. Die IJausteine des Gewölhes waren
durch Mörtel verhunden, welcher ziemlich »fett« (weiss; war \nid
als Beimengung feine Theile des Hausteines — in Ermangelung
von Sand — enthielt. Die Fugenweite heträgt (i his 1 ii mm. Die
nnulhügigen Öffnungen a und b zeigen im Scheitel einen Schluss-
stein. Der Treppenraum ist durch ein massigeres Mauerwerk
umschlossen. Hier betragen die Schichtenhöhen 30,5 bis 4 5 cm,
und die Längen der Bausteine wechseln von 60 bis SO cm. Der
Fugenverband ist ein regelmässiger und wurde ebenfalls mittelst
Mörtel bewerkstelligt; auffallend weit sind die Fugenötfnungen.
nämlich 14 bis 32 mm. Der^'ürplatz vor dem Eingang zum Mau-
soleum zeigt Spuren eines ziemlich vermoderten Verputzes : der
Mörtel steht überhaupt in keinem Vergleich zu demjenigen, wel-
chen man in den Bauten der Küste Palästinas antrifft; dort bie-
tet eben der quarzhaltige Meersand ein vortreffliches Bindemittel.
Der Felsen endlich , in den die Gräber getrieben sind und
welcher zugleich den Baustein lieferte, ist der in dieser Gegend
wie auch auf dem Gebirge Nazareth domiuirende weiche, aber
wetterbeständige körnige Kalkstein mit Kalkspathadern, im Volks-
munde, weil ziemlich feuerfest, Näri genannt. Von fugengeränder-
ten Quadern ist keine Spur zu entdecken, vielmehr sind die Hau-
steine durchweg glatt behauen. — DieLängsaxe des Grundrisses
ist genau von Nord nach Süd orientirt.
Fünfzig Meter westlich von diesem Felsengrabe stieg ich
durch eine 95 cm im Geviert messende, in den J'elsen gehauene
Öffnung in eine Aushöhlung des Hodens hinab, die jedoch noch
nicht genügend erweitert worden war, um eine vollkommene
Übersicht der ganzen Anlage erhalten zu können. Ich fand
nur einige Säulenfragmente (s. Fig. /) und einen gemauerten
Gang von 1 m Weite und ^m Tiefe, der nach einem westlich ge-
legenen Gelass führen muss. Zweifelsohne befindet sich auch
hier eine Grabkammer. Die Säulenfragmente sowie der koni-
sche Stein Fig. 2), welcher vor meinen Augen an das Tageslicht
befördert wiirde , zeigen keineswegs eine kunstvolle , sondern
eine ziemlich rohe und unverstandene Nachahmung griechischer
oder römischer Vorbilder. Ganz in der Nähe dieses Steines lag
ein zweiter i Fig. 3) , welcher an seiner Oberfläche ein halb ver-
(54 Schuhmacher, Felsengräber in Dsehebäta.
wittertes Ornament, von wenig geübter Hand gemeisselt, zeigte;
nacL seiner Keinignng kam ein jüdisches Flächenornament,
der siebenarmige Leuchter mit der Halljahrsposaune, zum Vor-
schein. Ich nehme Avenigstens an. dass ursprünglich sieben
Arme eingemeisselt waren, obschon jetzt nur fünf derselben ent-
deckt werden können ^i. Der zugehörige Stein , ebenfalls Näri,
misst 40 : 6U cm. Hiemach könnte man geneigt sein, diese Reste
auf einstige jüdische Einwohner des Ortes zurückzuführen.
Ob diese Erklärung auch für die zuerst beschriebene Grabanlage
zu gelten hat, möchte ich bezweifeln. Ich bin vielmehr geneigt,
dieselbe in eine neuere Zeit, in das 12. oder 13. Jahrhundert, zu
verlegen, denen, wenn ich mich recht erinnere, auch die Anlage
der Höhlen und Felsengräber des U o Stunden westlich gele-
genen Schech Abrek zugeschrieben wird.
Neben diesen L'berresten von Gebäudetheilen fällt ein auf-
rechtstehender Näri-Stein von 2 m Höhe. 73 cm Breite und
55 cm Tiefe auf. welcher in der ganzen vertikalen Ausdehnung
eine Rinne und eine kürzere Einkerbung an den anstossenden
Seiten zeigt. Uer kolossale Stein diente wohl einst als Theil
einer Öl- oder Weinpresse : sein anderer Theil ist nicht sichtbar
und scheint festgemauert zu sein (s. Figur 4).
Gehen wir vonDschebäta östlich nachMudschedil. am Wege
nach Nazareth gelegen . so fallen uns auch hier die vielen 01-
oder Weinpresseu auf. deren eine zu einem Kalkofen umgewan-
delt ist, sowie die behauenen Stellen auf den platten Felspartieen
der an Dschebäta angrenzenden Hügel. Dichtes Gestrüpp ver-
hindert den Durchreisenden indess, nähere Untersuchungen an-
stellen zu können; da jedoch die Fellachen Dschebata's, durch
Hachschisch ermuthigt. das W^eitergraben an den bezeichneten
Stellen versprachen, lässt sich hoffen, dass Avir in liälde mehr
Einsicht in die Vergangenheit dieser Grenzorte der Jesreelebene
erlangen.
Haifa, den 10. December 1884.
Ij Es wird bei den fünf Armen sein Bewenden haben. Denn der Talmud
verbietet, den heiligen siebenarmigen Leuchter nachzubilden; wohl aber ge-
stattet er, fünf-, sechs- oder achtarmige Leuchter anzufertigen. Vgl. Kiehm,
Handwörterbuch unter T-euchter ; Literatur bei A^'iner, Kealwörterbuch.
Die lied.
Correspoudeiizeii.
Unter dem S.Januar 1885 sandte Herr G. Schumacuek in
Haifa eine Zeichnung und zwei l'hotographien, die die drei Sei-
ten der bereits in hd. VII, 136 fF. besprochenen und auf Tafel III
desselben Bandes wiedergegebenen Dreifussbasis von Nabulus
darstellten. Da eine nochmalige Keproduction überflüssig er-
scheint , so theile ich nur aus dem Briefe des genannten Herni
dasjenige mit, wodurch die früheren Mittheilungen in dieser
ZS. vervollständigt werden.
»Der Kaimakäm von Haifa, der in Stambul Ehre ein-
legen möchte , erwarb den Stein und Hess ihn mit vieler Mühe
durch einen Eingeborenen hierher transportiren, von avo er heute
nach Konstantinopel verschifft Averden soll. Die Bearbeitung des
Steines verräth hohen Kunstsinn; leider sind jedoch die Köpfe
und andere Glieder der Figuren stark verstümmelt, so dass man
die Linien der Hanptglieder der betr. Körper niir undeutlich er-
kennen kann. Nur ein Arm einer weiblichen Figur ist noch wohl
erhalten, und dieser ist durch und durch edel gefonnt : auch an
den Füssen einiger Figuren lässt sich dasselbe Avahrnehmen. Lei-
der ist keine Figur ganz erhalten. Das Material ist ISIarmor, frei-
lich nicht ganz reiner , aber immerhin Marmor von der bessern
Sorte Die Höhe des Steines beträgt 1,03 m. Die Grund-
fläche entspricht einem gleichseitigen Dreieck , dessen Seiten
O.OO m lang sind. Der Stein verjüngt sich nach oben um 3 cm.
Ausser diesem Stein hat der hiesige Kaimakam auch zAvei
Statuen aus Marmor in Nabulus erworben, die schon vor länge-
rer Zeit gefunden Avurden. Beiden fehlt der Kopf; die eine ist
1,48 m, die andere U,6Ü m hoch«. (Diese kleinere ist nach Stnu-
macher's Zeichnung die ZDPV. VI, 232 erAvähnte Artemisstatue) .
Herr Schumacher hatte ferner die Güte, mir unter d. 5. De-
cember 1884 eine Nummer der arabischen Zeitung Hadikat el-
Achbär vom 18. Muharram 1302, d. i. 25/26. Novbr. 1884 zu
Ztschr. d. Pal.-Ver. VUI. 5
ßß Correspoudenzeu.
übersenden. Dieselbe — in Beinit gedruckt — enthält eine Nach-
richt über die Entdeckung unterirdischer uder wenigstens im
Felsgestein angelegter Wohnungen im Wädi Müsa östlich vom
Jordan. Da der arabische Gewährsmann ausdrücklich sagt ; im
Liwä der Belkä, so wird nicht an Wädi Müsa = Petra, sondern
an den Wädi "^Üjün Müsa in der Helkä zu denken sein. Ohne
eine Gewähr für die Zuverlässigkeit dieser Meldung übernehmen
zu wollen, theile ich dieselbe im Wortlaut nach der Übersetzung
mit, die Prof. Dr. X. Ryssel gütigst für die Leser der Zeitschrift
angefertigt hat.
»Von unserem C'orrespondenten in der lielkä ist ein Brief
an uns eingetroffen , in welchem davon die Kede ist . dass man
gegenwärtig an dem bekannten Orte, im Wädi Müsä — im Liwä
der l^elkä — einen IJerg von ungefähr 50 Minuten Länge und
einer Höhe von 350 Ellen entdeckt hat. der aus einem einzigen
Felsen besteht und in dessen Innerem sich ein Gang befindet,
welcher von der Spitze bis zur Sohle geführt , 7 bis S Ellen breit
und in einer aussergewöhnlichen Art und Weise angelegt ist. Im
Innern des Berges finden sich nun Räume zu verschiedenen
Zwecken und von verschiedener Beschaffenheit und 2 oder 3
Zimmer, welche genau nach den Regeln der Architektur und in
ganz bestimmter Anordnung und Richtung angelegt sind. An
der Thür, welche aus jedem Zimmer herausführt, befinden sich
LÖAven, welche gleichfalls genau nach den Regeln der Architek-
tur angebracht sind ; dieselben stehen auf S oder 9 Säulen, die
von der Sohle des Felsens ausgehen . und ragen darüber hervor.
Diese seltsamen Facaden sind mit fremdartiger Malerei und Bas-
reliefs geschmückt, ebenso auch die Thür eines jeden dieser Ge-
mächer mit zahlreichen Schriftzügen und vielen verschiedenarti-
gen Blumen , so dass dies dem Blicke wunderbar erscheint und
den Geist in Staunen versetzt. Wer den Blick auf diese wunder-
baren Monumente richtet , wird unzweifelhaft den Eindruck er-
halten, als ob diese Anlage soeben erst von ihren l^aumeisteni,
unmittelbar nach ihrer Vollendung, verlassen worden sei. Ausser-
dem erblickt man hier die Wasserbrunnen . welche in dem be-
kannten Koranverse »und siehe, Mose bat um Wasser u. s. w.«
(2, 57, vgl. auch 7. 161; erwähnt werden; und es muss dies
sicherlich Staunen und Bewunderung hervorrufen, da es ja in
diesem wohlbekannten A'ers klar ausgesprochen ist. dass sich die
Correspondcnzeu. , ß7
zwölf Quellen hier an einem Felsen befinden. Auch ist das
Wasser, welches hier hervorquillt, überaus lieblich und süss
und erquickend. So sind diese -wunderbaren, erstaunlichen Mo-
numente unzweifelhaft derart . dass sie jeden Menschen in ^'er-
wimderung und gewaltiges Erstaunen versetzen und alles ül)er-
treffen, was der menschliche Geist sich vorz\istellen vermag^«.
Herr 13r. O. von Lkmm in l'etersburg bespricht in einem
Briefe vom 22. Jan./3. Febr. 18S5 die ZDPV. VII, l[\) tt'. von
Dr. J. H. MoKDTMANN Veröffentlichte Inschrift. Er konstatirt
zunächst, dass die Inschrift nicht griechisch, sondern, Avie mir
schon früher Prof. Gildembister und Clermont-Ganneau gleich-
zeitig mitgetheilt hatten, »koptisch und zwar sahidisch« ist, und
fährt dann fort:
»Es ist dies eine ganz gewöhnliche Grabschrift, wie
man sie in verschiedenen Museen vorfindet; dieselben sind fast
ohne Ausnahme nach einem bestimmten Schema verfasst. Die
betreffende Inschrift ist nun folgendermassen zu lesen :
[neijui'x^ nigH[p[e
[njenneyjue«. e-roy
piÄ. ÜH coy
•roit üiULO'y ücoy
■xoyK nüujip
»Vater, Sohn (und) heiliger Geist, habt Erbarmen mit der Seele.
Maria habe Erbarmen) mit der Sophia , welche entschlief am
2 Osten Mechinc
Etwas eigenthümlich ist hier die Stellung des Wortes Maria
nach dem »habt Erbarmen mit der Seele«, da gewöhnlich erst der
Vater, der Sohn und der heilige Geist und gleich darauf die übri-
gen Heiligen, die angerufen werden, namentlich aufgeführt wer-
den, worauf dann die gewöhnliche Phrase Ä.pio'yjiev juü -vcv^h^h
n . . . »habt Erbarmen mit der Seele des . . . ^oder der, m folgt
der Name . Die Übersetzuntr »habt Erbarmen mit der Seele der
Maria und (= n?ii der Sophia» bleibt hier «usgeschlossen. weil
.08 Correspondenzen.
das Veibuiu n-r«.cIi'xon im Singular steht. Statt Hxiov muss
es ILuoc heisseu; das erste Wort der letzten Zeile kann ich nach
der Publication nur 's.oyv. lesen, was jedoch fehlerhaft für •^toytuT
= 20 steht. Überliaupt Avimmeln diese Grabschriften fast immer
von Fehlern, jüujip ist die sahid. Form für boheirisch «.ex»p,
griech. Msyip, \jx-ixx5, der 6. Monat des ägypt. Jahres. Man ver-
gleiche zu dieser Inschrift beispielsweise die Inschrift British
Museum 404, publ. von Eevillout in den Melanges d'archcolo-
gie eg5'i)tienne et assyrienne III, p. 55:
']' ITIlU'l nujH
pe nenn*, e
icpHJUiie(.c
nes.con c^ifiewAiuiit
TTfioy-re . . . nÄ.jii*.q
*..JUHn
^>Pere, Fils, Saint-Esprit ! — Abbe Jercmie ! Abbe Enoch! Mon
frere Phebamon s'est repose le vingt-six de pachons. Dieu (soit)
avec lui! Amen!«
Und ferner eine Turiner Grabschrift, publ. von Stekk, Ägypt.
Zeitschrift 1878, p. 25:
■f* nnoyve n nxcocy n
oyitev xxix ley^rH^^H Ain[juijiw
KA^pioc enijuiew5(^e neKiuV
Ji-jrÄ.qcxvro« xijuioq n coy
AAHiir*.q-re ajl iretor
^^k.ulue u. s. w.
Stern übersetzt : .Gott der Herren , der heiligen Apostel, habe
Erbarmen mit der Seele des seligen Epimachus Pekot, welcher
entschlief am 14. des Monats Pavni« u. s. w.«
G.
Industrielles aus (laza.
Von 0. Gatt in Gaza.
Die Industrie ist im Oriente bekanntlieh nicht recht im
Schwünge, -wesshalb es kaum der Mühe werth erscheint, die in-
dustriellen Leistungen der Orientalen näher zu erörtern. Da je-
doch derartige Berichte, wenigstens was Palästina anlangt, nicht
ohne Interesse sind, so mögen hier einige Bemerkungen über die
Industrie in Gaza folgen. Nur Seifensiederei , Weberei und
Töpferei verdienen erwähnt zu werden.
Die Töpferei ist im Oriente überhaupt, namentlich aber
im heiligen Lande, von viel grösserer Bedeutung als in Europa ;
denn dieselbe hat die Aufgabe, beinahe alle zur Aufnahme von
Flüssigkeiten erforderlichen Gefässe herzustellen, und wird
überdies noch beim Bauwesen bedeutend in Anspruch genom-
men. Mangel an Holz und die Hitze des Klimas gestatten näm-
lich nicht, die dazu nöthigen Geräthe aus Holz anzufertigen.
Wasser, Wein, Öl, Essig, Milch, Schmalz u. dergleichen werden
gewöhnlich in irdenen Geschirren aufbewahrt, die, w^enn sie von
der Feuchtigkeit einmal ordentlich gesättigt sind , nur Avenig
mehr einsaugen und dazu noch die Flüssigkeit auf niedriger
Temperatur erhalten. Nur zum Transporte grösserer Quantitäten
bedient man sich meistens der Schläuche. Flaschen werden erst
seit neuerer Zeit mehr zur Aufliewahrung von Wein, Branntwein
und Medikamenten verwendet. Nicht bloss die Brüstung der
Terrassen, sondern auch die Kuppeln und Gewölbe der oberen
Räume werden in Gaza meistens aus Thonröhren hergestellt, da
sie leichter und billiger sind als Steine. So Avar es wohl schon
in alten Zeiten ; denn alte Ortslagen pflegen mehr oder Aveniger
Ztschr. d. Pal.-Ver. Vm. G
70
Gatt,
mit Scherben bestreut zu sein. Unter diesen Umständen ist es
nicht zu verwundern, -wenn sich die Töpferei in Gaza. er-Kamle,
Hebron und andern Städten Palästina's einer ziemlichen Blüthe
erfreut.
In Gaza biklen die Töpfereien ein eigenes Quartier von be-
deutender Ausdehnung am westlichen Abhänge der oberen Stadt,
nördlich von der Strasse, die zum Meere hinausführt. Die An-
zahl derselben beläuft sich ungefähr auf 16 Werkstätten mit je
drei Öfen und je vier Kadern. Lehm und Wasser kann sich der
Töpfer in Gaza leicht und billig verschaffen, ebenso das Stroh-
häcksel zur Feuerung. Der Lehm wird zuerst neben der Werk-
statt von Steinen und anderen fremdartigen Bestandtheilen ge-
reinigt, darauf in einer Grube im Inneren der Werkstatt gekne-
tet und in Gährung versetzt, dann neben der Werkstatt zum
Trocknen ausgebreitet und dann wieder in der Werkstatt zur Ar-
beit bereit gemacht. Bei der Arbeit selbst genügen dem Töpfer
in Gaza Hände, Füsse und ein Ilad. Letzteres ist eigentlich ein
Doppelrad, Avelches beinahe senkrecht in einem Loche befestigt
ist. Der Arbeiter sitzt daneben auf dem Boden , treibt mit den
Füssen die untere Radscheibe , welche viel grösser ist als die
obere, und formt mit den Händen auf der oberen Radscheibe den
Lehm zu grossen und kleinen Geschirren. Mehr als zwei oder
drei Räder stehen in Gaza nicht nebeneinander. Kinder tragen
den Lehm herbei und stellen die halb oder ganz geformten Ge-
schirre in der Werkstatt zum Trocknen auf. Die Geschirre wer-
den nämlich anfangs nur in der itnteren Hälfte vollendet, was
man dieselben »öffnen« heisst : die obere Hälfte wird erst nach
einigen Tagen in Angriff genommen. Der Grund davon ist sehr
einfach. Will nämlich der Töpfer die obere Hälfte fertig machen,
so muss er das Geschirr mit der schon vollendeten Hälfte am
Rade ansetzen; dies kann aber erst dann geschehen, wenn das
GeschiiT durch Trocknen härter geworden. Die Geschirre wer-
den alle auf dem Boden der Werkstatt zum Trocknen aufgestellt;
dieselbe ist desshalb sehr ausgedehnt, aber so niedrig, dass man
darin kaum aufrecht stehen kann; mehrere kleine Offnungen,
die man wohl nicht Fenster nennen kann, befördern den Luftzug.
Sind die Geschirre hinreichend trocken, so werden sie in den
Ofen gestellt. Denselben baut sich der Töpfer selbst aus Steinen
und gebrannten Ziegeln ; er besteht aus einer oberen und unteren
Industrielles aus Gaza. '' 71
Abtheilung; , die durch ein mit riuideu Lüchern verselienes Ge-
wölbe von einander geschieden sind. Die obere Abtheihmg. in
welche die Geschirre gestellt werden, hat zwei Otthungen. eine
thürartige an der Seite und eine runde oben. Ueide worden ge-
schlossen, wenn gefeuert wird, die untere luftdicht, die obere
aber nur mit Stroh oder einer Schüssel . welche den Ranch ent-
weichen lässt. üie untere Abtheilung hat nur einen thürartigen
Zugang und eine Vorhalle zur Aufbe"svahrung des Strohhäcksels.
Während des Feuerns sitzt ein Mann am unteren Eingange imd
wirft fort und fort Strohhäcksel oder Reisig in die untere Abthei-
hmg; dieses dauert mit Unterbrechungen fünf bis sechs Tage.
A\'enn mehrere Öfen zu gleicher Zeit in Thätigkeit sind, qualmt
es wie in manchen Fabrikstädten Europas. Die Ofen sind oval,
stehen nur auf einer Seite frei und sind kleiner als Kalköfen.
Die natürliche Farbe der Geschirre ist röthlichgelb, wie man
dergleichen in Jafa und Jerusalem sehen kann. Die in Gaza
fabricirten Geschirre sind aber alle grauschwarz ; daran kann man
dieselben leicht erkennen. Diese Färbung wird auf ganz einfache
AVeise dadurch erzielt, dass man zuletzt mit Kameel- oder Schaf-
Mist feuert. Diese geschwärzten Geschirre sind offenbar dauer-
hafter als die gelben und sind darum sehr gesucht. Das Glasi-
ren verstehen die Gazenser Töpfer nicht; dagegen ist es ge-
bräuchlich, kleine Trinkgeschirre mehr oder minder zierlich
mit Ockerfarbe zu überstreichen.
Nach Vollendung des Feuerns giesst der Töpfer einige Krüge
Wasser in den Ofen und nimmt dann die Geschirre mit beweg-
tem Herzen heraus ; denn ZAvei Wochen lang hat er daran gear-
beitet, und srar manches Werk seiner Hände kommt zerbrochen
ans Tageslicht.
Die Gazenser Töpfer verfertigen Trinkkrüge aller Art
[scherbe; küz^ pl. kUzäti), Wasserkrüge, wie sie im Orient die
Frauen auf dem Kopfe tragen [dscharra. pl. dschariir; asslie .
[?Red.] grosse Krüge [zii\ pl.si/är), Schüsseln von verschiedener
Grösse [leken. \AJekäu\ Kanalröhren \ind Ik-unnenkrüge (kädF/ü.
^\. kmvädJs), Mauer- und Gewölbe-Röhren ledschüm , kleine
Lampen [sirüdsch] und dergleichen. Die fertigen Geschirre wer-
den im Freien aufgeschichtet, in der Stadt verkauft oder zu Was-
ser und zu Lande exportirt. Eine grosse Menge von Geschirren
beziehen die Beduinen und die Fellachen des Philisterlandes;
72 Gatt,
die Kameeltreiber liefern die Gazenser Waaren nach Jerusalem,
wo sie in der Regel vor dem Jafa-Thore aufgestapelt werden, und
in andere Städte des heiligen Landes bis nach "^Akka. Barken,
welche "NVaaren nach Gaza liefern, nehmen in der Regel daselbst
eine Ladung Geschirre ein. Wären die Verkehrsverhältnisse et-
was besser, so würde die Töpferei in Gaza noch grösseren Auf-
schwung nehmen; denn billiger werden Thonwaaren Avohl kaum
irgendwo hergestellt als in Gaza. Ein gewöhnlicher Trinkkrug
kostet zwei bis drei Pfennige , ein gewöhnlicher Wasserknig
10 bis 12 Pfennige; 12,000 Gewölberöhren wurden um 190 Fran-
ken geliefert. Begreiflicherweise können die Töpfer nicht viel da-
bei gewinnen, trotzdem dass Frauen und Töchter in der Regel
umsonst arbeiten. Lnter den Töpfeni findet man daher wenig
Wohlhabende, aber auch keine Nothleidenden.
Die Fabrikation wird nicht handwerksmässig, sondern fami-
lienweise betrieben, d. h. der Töpfer nimmt keine Gesellen in
Dienst, sondern arbeitet nur mit seinen Angehörigen. Unter
diesen umständen kann keiner das Geschäft im grossen betreiben
und jeder Arbeit finden. Die beim Bauwesen erforderlichen
Thonwaaren werden nur auf Bestellung fabricirt und nicht ex-
portirt; die übrigen Thonwaaren kaufen die Geschirrhändler,
bei denen man mehr Wohlstand findet als bei den Fabrikanten.
Einer derselben soll sich ein Vermögen von 30,000 Franken er-
worben haben, was man ihm aber nicht ansieht.
Ein europäischer Töpfer, der das Glasiren versteht, würde
in Gaza ohne Zweifel sein Fortkommen finden; denn die Be-
wohner bedürfen doch auch einiger glasirter Geschirre und müs-
sen darum dieselben von auswärts beziehen.
Sehr verwandt mit der Töpferei ist die Ziegelbrennerei, doch
wird dieselbe in Gaza ganz tmd gar nicht betrieben. Wenn man
nach dem Grunde fragt, so heisst es immer : es rentirt sich nicht.
Es scheint aber sonderbar, dass in einer so steinarmen und lehm-
reichen Gegend, wo es noch viel zu bauen giebt, das Ziegelbren-
nen sich nicht rentiren sollte. Die Gazenser Maurer verstehen
eben nicht mit Ziegeln zu arbeiten und wissen darum auch nicht
die ^ ortheile eines Ziegelbaues zu berechnen. Die Umgebung
von Gaza ist zwar keineswegs so steinarm, wie man glaubt; denn
man findet mehrere Steinbrüche in der Nähe der Stadt. Allein
die hiesigen Bruchsteine sind nicht hinreichend solid und darum
Industrielles aus Gaza. 73
zur Herstellung von soliden Bauten mit mehreren Stockwerken
nicht geeignet. Man muss desshalb von Ascalon, Chaläsa und
andern zerstörten Orten Steine herbeischaffen, und zwar zu hohen
Preisen. Unter diesen Umständen müsste sich die Ziegelbien-
nerei in Gaza -wohl rentiren, da alle Erfordernisse, etwa Brenn-
material abgerechnet, leicht und billig zu beschaffen sind. Frei-
lich müsste nothwendigerweise ein europäischer Maurermei-
ster mit Ziegelbauten den Anfang machen ; dann würden auch
die Eingebornen , die jeder Neuerung mit gespannter Aufmerk-
samkeit nachspüren , die Vortheile derselben einsehen \ind sich
damit befreunden.
Die Weberei macht sich zwar in Gaza äusserlich weniger
bemerkbar als die Töpferei , ist jedoch nicht minder bedeutend
als diese. Die Werkstätten der Weber finden sich zerstreut in
der oberen und in der unteren Stadt, welche gewöhnlich es-aad-
schdije heisst. Was die obere Stadt anlangt, so findet man die
meisten Webereien in jenem Stadttheile, welcher härat beni "amr
heisst, hinter dem Serail; in der unteren Stadt findet man eine
Strasse, welche ihrer ganzen Länge nach an beiden Seiten mit
Weber- Werkstätten besetzt ist.
Die Einrichtung der Webereien ist so ziemlich überall die-
selbe. Will der Gazenser Weber irgendwo seinen Webestuhl
aufschlagen , so sucht er sich einen Avenigstens vier Meter hohen
Raum, treibt vier Pfähle, richtiger wohl Prügel, in den P>oden
hinein, so dass sie ungefähr den Raum eines Quadratmeters be-
grenzen, und macht eine Vertiefung in diesen Raum, so dass er
mit ausgestreckten Füssen an der der Wand zugekehrten Seite
dieses Raumes bequem auf dem Boden sitzen kann. Darauf wird
in die der Wand näheren zwei Prügel beinahe auf ebener Erde
ein viereckiger Balken eingelassen, um welchen die fertige Lein-
wand herumgewickelt wird. Endlich verbindet er die zwei Holz-
prügel rechts und links oben durch je ein horizontal auf densel-
ben befestigtes Stück Holz, an welchem die eigentliche Webe-
Maschinerie angebracht wird. Ob die Holzstücke gerade oder
krumm, dick oder dünn sind, darnach fragt er nicht viel: es ge-
nügt, wenn sie stark genug sind. Der Zettel oder der Aufzug
wird nicht am Webestuhle um eine Walze herumgewickelt —
das wäre für den Gazenser Weber viel zu complicirt — derselbe
gebraucht dafür eine andere Vorrichtung. Er treibt nämlich.
74 Ciatt,
sich sreo'eiiüber. einen halben Meter von seinem Webestuhle ent-
fenit. zwei feste Klötze in den Boden hinein; in diese -wird eine
kleine, fein abgerundete Welle so eingelassen, dass sie sich mit
Leichtigkeit dreht. Der Aufzug geht unter dieser Welle durch
und wird au der einen oder andern Wand der Werkstatt mehr
oder minder hoch befestigt. In vielen Werkstätten wird gerade
über dem Weber noch eine zweite, der ersten ganz ähnliche Welle
befestigt . und zwar so hoch als möglich. Der Aufzug wird so
über dem ganzen Webestuhl ausgespannt und hängt noch an der
Wand herunter. Ist er lang, so wird der Rest einfach zusam-
mengewickelt. Genügt dessen Schwere nicht, um die gehörige
Spannung zu bewirken, so wird noch ein Stein daran gebunden.
Der Weber kann so einen mehr als 10 Meter langen Zettel ver-
arbeiten, ohne denselben um eine Welle herumwickeln zu müs-
sen. Der zur Herstellung des Zettels erforderliche Haspel ist
nicht sehr gross. Zur Herstellung der Einschlagsspulen bedient
sich der Gazenser Weber eines Rades und eines horizontal und
vertikal gestellten Haspels. Diese Arbeit verrichten gewöhnlich
Knaben auf der Strasse. Vertikal gestellte Haspel habe ich sonst
nirgends gesehen. So sitzt der Weber den ganzen Tag in seiner
Grube und arbeitet übrigens ganz w^ie es die Weber auch in Eu-
ropa machen. Ein Bischen Licht, das durch die Thüre oder
durch ein Fenster dringt, genügt ihm bei seiner mechanischen
Arbeit. Man findet meistens 2, 3, 4, 5, 6 und noch mehr
Webestühle in einer Werkstatt.
Die Gazenser Weber arbeiten in Leinwand, Wolle und
Baumwolle. Obige Maschinerie findet man nur bei den Lein-
wandwebern in hürat beni amr. In Wollwebereien findet man
eine einfachere und in Baumwollwebereien eine complicirtere
Maschinerie. Der Wollweber, welcher den Stoff zu den bekann-
ten gestreiften Mänteln yabtlje\ liefert, treibt vier dicke, aber kurze
Holzprügel in den Boden. An den zwei vorderen Prügeln be-
festigt er einen viereckigen Balken, wie der Leinwandweber, und
wickelt den fertigen Stofi' vim denselben herum; an den zwei hin-
teren Prügeln, welche beim Leinwandweber freistehen, befestigt
er ebenfalls einen starken viereckigen Balken, lässt den Aufzug
unter demselben durchgehen und spannt ihn über den ^V'ebe-
stuhl wie der Leinwandweber vermittelst einer oben in der Mauer
befestigten drehbaren Welle. Die Werkstätten der W^ollweber
Industrielles aus Gaza. 75
sind kleiner und niedriger als die übrigen. Die von ihnen gefer-
titrten Stoffe sind mehr als 1 m breit, -während die Leinwand-
weber nur ^2 i^ breite Stoffe liefern. Die Wollweber nehmen
Zwirn zum Aufzug iind Wolle zum Einschlag.
Die Banmwolhvcber , Avelche vielfarbige Stoffe von Ellen-
breite liefern, errichten ihren Webestiihl vollständig über der
Erde und sitzen auch nicht auf dem Boden , sondern auf einem
Brette. Der Webestuhl ist ebenfalls an vier im Quadrat aufge-
stellten Holzprügeln befestigt. Dabei wird der Aufzug in ein-
zelnen Abtheilungen dem Webestuhl gegenüber an Kollen be-
festigt, die an einer an der Wand befestigten Stange hängen.
Das herabhängende Ende wird mit ebenso vielen Steinen be-
schwert, als farbige Abtheilungen vorhanden sind. Diese
Steinbatterien sind so abgegriffen, dass man sagen kann, sie
haben schon Jahrhunderte lang gedient. Kückwärts am Webe-
stuhle wird der Aufzug vermittelst eines mit Schnüren am Boden
befestigten Stabes niedergehalten. Die gewöhnlichen Farben
sind roth. und schwarz, manchmal blau und gelb, aber nie weiss.
Aus diesen Stoffen fertigen sich die Fellachenweiber namentlich
in Bethlehem ihre Festtagskleider.
Die Spnlenvorrichtung zum Einschlag ist überall dieselbe,
nämlich ein an einem Holzgestelle befestigtes dünnes Eisen,
w-elches mit einem horizontalen Haspel (statt eines Rades) ge-
trieben wird. Daneben steht der vertikale Haspel, mit der
Achse in Holz oder Stein eingelassen ; derselbe ist unten breit,
oben schmal und dreht sich um die Achse, welche oben spitz
endet. Dieses sonderbare Haspelwerk leistet allerdings die er-
forderlichen Dienste , ist aber übrigens eine jämmerlich zusam-
mengenagelte Pfuscherei. Als Spulen dienen Rohrabschnitte.
Die Zahl der Webereien beläuft sich im ganzen wenigstens
auf 100 mit 2- bis 300 Webestühlen; die meisten verfertigen
Stoff für gestreifte Mäntel, etwa der dritte Theil liefert Leinwand
und nur Avenige Banmwollenstoffe. Die Arbeit wird wie bei den
Töpfern familienweise betrieben. Wolle findet sich in Gaza in
Überfluss, aber Baumwolle und Flachs muss aus Ägypten bezo-
gen Averden.
Die Wollspinnerei besorgen die Gazenser Weiber nach
alter Manier mit der Spindel — ein Spinnrad giebt es in Gaza
nicht. Das Geräth besteht aus ZAvei kleinen Bn-ettchen mit
76 Gatt,
Haiulhaben : die Frauen tragen dieselben manchmal auf dem
Kopfe, spinnen mit der Hand und schwatzen dabei nach
ihrer Art.
Die Walkerei der Wolle ist auch originell. Ist eine grössere
Quantität AVoUe vorhanden, so Avird sie auf einem Esel zum
Meere hinausgeschickt; ein Mann mit einer Keule folgt. Die
Wolle -wird nun ins Meer hineingelegt, etwas zusammengebun-
den und dem Wellenschlage ausgesetzt , nebenbei aber mit der
Keule tüchtig durchgeblUut . Ileniach wird die Wolle wieder
dem Esel aufgeladen und zin* Stadt zurückgebracht. Kleinere
Quantitäten werden auf ähnliche Weise in den Brunnenteichen
gewalkt.
Die Weber verdienen ohne Zweifel auch nicht mehr als die
Töpfer. Erstere haben jedoch den Vortheil, dass ihre Waare viel
leichter transportabel ist; allein die europäische Industrie, welche
allerlei Kleidungsstoffe zu Spottpreisen liefert, ist ein beachtens-
werther Concurrent.
Da also in Gaza auch Leinwandweberei getrieben wird . so
wäre es interessant zu wissen, ob der Flachs daselbst gedeiht oder
nicht. Die Eingebornen kennen den Flachsbau nicht; ich ver-
suchte es einmal, und der Flachs wurde beinahe mannshoch. Da
jedoch hier niemand dessen A'erarbeitung versteht, so gab ich
die Sache wieder auf. 13aumwolle würde auch bestens gedeihen,
allein dergleichen gehört nicht in den althergebrachten Kram der
Gazenser Fellachen. Flachs- und Baumwollenkultur würden
ohne Zweifel der Weberei in Gaza einen neuen Aufschwung:
geben und noch einige Hunderte von Webestühlen ins Dasein
rufen.
In den Woll- und Haumwollwebereien findet man noch eine
ausserordentlich einfache \'orrichtung zur Herstellung des Auf-
zuges. Der Weber treibt nämlich ein für alle Mal an den beiden
Enden der Langseite seiner Werkstatt je eine Reihe von unge-
fähr 10 Ilolznägeln in die Mauer hinehi; an diesen Nägeln,
welche etwa 20 cm vorstehen, wird der Zettel hergestellt, ohne
Störung der Arbeit.
Was Weberei und Töpferei anlangt, überflügelt meines
Wissens Gaza alle Städte Palästina's, wird aber betreffs der
Weberei von vielen Städten Syriens bedeutend übertroffen. Be-
züglich der Seifensiederei jedoch kann Gaza mit er-Ramle,
Industrielles aus Gaza. 77
Lydda und Nabulus den Vergleich nicht aushalten, wohl al)er
mit anderen Städten des heiligen Landes. Töpferei und Weberei
sind Sache der minder Bemittelten . Seifensiederei können nur
solche treiben, die wenigstens über einige Hunderte von Gold-
stücken verfügen. In Gaza giebt es dermalen drei Seifensiede-
reien : Masbanet el-Mufti oder el-]iassale (der Besitzer war ehe-
mals österr. Consularagent . Masbanet el-Madbak (der Besitzer
war ehemals preuss. Consularagent . und Masbanet Abu Scha'a-
bän. Alle drei befinden sich in der oberen Stadt; die ersteren
beiden im Christen quartier neben der griechischen Kirche, letz-
tere in der harat ed-deredsch ; Masbanet el-Mufti, ein geräumiges
Bauwerk von hohem Alter, ist Wakf und befindet sich im Be-
triebe des Bassale; Masbanet el-Madbak, ein vor ein paar Jahr-
zehnten hergestelltes solides Bauwerk mit einer hübschen Fa-
cade aus Chaläsa-Steinen. ist Eigenthum des genannten Christen.
Masbanet Abu Scha'abän ist ein altes, aussen mit Chaläsa-Stei-
nen verkleidetes, aber durch einen Sprung entstelltes Gebäude
und Eigenthum des genannten Muslimen.
Die innere Einrichtung der Seifensiedereien ist so ziemlich
überall dieselbe. Die Hauptsache ist ein grosser, fest einge-
mauerter kupferner Kessel [ködra]^ der wenigstens 2- bis 300
Krüge ()1 fasst ; unter demselben tief in der Erde befindet sich
der Ofen, äusserlich nicht bemerkbar. Der Kessel hat einen
Aufbau von Mauerwerk in Form eines Cylinders von drei bis
vier Meter Durchmesser und Höhe. Dem Feuer ist nur der unten
eingemauerte kupferne Kessel ausgesetzt. Als Brennmaterial ge-
braucht man nur dschift. d. h. die beim Pressen übrig bleibende
Masse der zerstossenen Olivenkerne, die gut heizen. Neben dem
Kessel auf gleicher Höhe mit dem oberen Rande desselben wird
eine Art Bassin in Form eines Parallelogramms aus gehauenen
Steinen hergestellt. Oben an den beiden Langseiten werden zu
ebner Erde 8 bis 10 steinerne Tröge in Form von kleinen Qua-
draten hergestellt, denen unten ebensoviele steinerne Becken
entsprechen. An der dem Kessel zugewandten Seite wird unten
ein grösseres Becken hergestellt, in welches das unbrauchbare
Wasser abfliesst, an der gegenüberliegenden Seite aber ein klei-
nes Becken für frisches Wasser. Dazu kommt noch eine Cistenie
zur Aufl)ewahrung des Öles . eine andere zur Ansammlung des
Regenwassers, das dem Quellwasser vorgezogen wird. Endlich
78 G^"'
hiaufht man ein paar Winkel zur Aufbewahrnng des Kalkes und
der Kali- Asche.
Kali-Asche wird von den Beduinen. Kalk von den Fellachen
des Gebirges Juda geliefert. Das Ol liefern die Be-\vohner von
Gaza. el-Medschdel und andern Dörfern des Philisterlandes.
Auch die Fellachen des Gebirges Juda bringen manchmal ()1
zxim Verkaufe nach Gaza, sogar von Bet-Dschälä. 01-Pressen
primitivster Art finden sich wohl in den meisten Dörfern, die
Olivenhaine besitzen; man nennt dieselben ir/f/fZ, pl. hudüd. Euro-
päische Ölpressen findet man im Lande der Philister nicht. Zur
Seifensiederei braucht man natürlich kein feines Ol ; die von den
Fellachen gelieferte Waare ist aber auch eine grüne, dickflüssige,
undurchsichtige Masse , die kaum den Namen Ol verdient. In-
dessen muss man doch zugeben . dass wenigstens die Bewohner
von el-Medschdel es verstehen, ein feines, reines, wohlschmecken-
des Öl herzustellen, das dem europäischen nur wenig nachsteht;
dies wird natürlich zu andern Zwecken verwendet.
Bei der Fabrikation können nur etwa 4500 Kilo auf einmal
hergestellt werden, da der Kessel eine grössere Quantität nicht
fasst. Bei Beginn der Arbeit füllt man die erwähnten Tröge mit
Kalk und Kali-Asche und übergiesst sie mit Wasser, welches
dann in das unten befindliche Becken abfliesst. Das abgeflossene
Wasser wird dann wieder aufgeschüttet , und dieser Process so
oft wiederholt, bis die Masse hinreichend gesättigt ist. Dieselbe
wird dann in den Kessel gegossen und in Siedhitze versetzt. Dar-
auf giesst man 200 bis 225 Krüge Öl in den Kessel und feuert
S bis 10 Tage lang, bis die Seife zum Vorschein kommt. Die-
selbe wird dann abgeschöpft, auf dem Boden zum Trocknen aus-
gebreitet, in kleine Stücke geschnitten, mit einer Marke versehen
und ins Magazin gethan. Dieser ganze Process heisst tabcha,
»eine Siedung«. Die Hefe [chamlre] bleibt nach jeder tahcha im
Kessel. Die wSiedung« wird so lange wiederholt, als eben Mate-
rial vorhanden ist. Zuerst verarbeitet natürlich der Eigenthümer
der Seifensiederei seinen Vorrath; hernach befriedigt er seine
Kunden. Dabei liefert er Kalk und Kali-Asche und besorgt die
Arbeit, die Kunden aber müssen das Öl liefern. Als Entgelt er-
hält der Seifensiedereibesitzer Procenttheile von der Seife. Der
Rest wird den Kunden verabfolgt. Wer allein keine tahcha zu-
sammenbringt, kann sich einem anderen zugesellen. Die Arbeit
Industrielles aus Gaza. 79
selbst verrichten Üiegende Baiulen von Siichverstiindigcn nnter
Anführung eines Meisters, der den Namen reijes (== re 'is. Die
Red. führt. Dieselben wandern von einer Seifensiederei zur
andern, avo es eben Arbeit giebt; sie sind Muslimen; als Lohn
erhalten sie nicht Geld, sondern Procenttheile von der Seife,
welche sie dann verkaufen.
Die beste Zeit zur Seifenfabrikation ist der Winter, avo die
Glühofenhitze durch die Temperatur etwas paralysirt wird. Man
beginnt gewöhnlich zu Weihnachten , wenn ein gehöriger Vor-
rath von Öl vorhanden ist ; zu Ostern ist gewöhnlich alles schon
fertig. Die Hauptsache ist die Olivenernte. Fällt sie gut aus, so
triebt es in den Seifensiedereien reichlich Arbeit; fällt sie aber
schlecht aus, so geht es darin sehr Hau her. Im Sommer werden
die Seifensiedereien als Getreidemagazine benützt. Eine Seifen-
siederei kann monatlich nicht mehr als vier tahcha verarbei-
ten, somit monatlich nur 17,000 Kilo Seife liefern, und alle
drei zusammen etwa 51,000 Kilo; würden sie das ganze Jahr
hindurch arbeiten, so könnten sie Avohl 012,000 Kilo Seife pro-
duciren. In Wirklichkeit aber arbeiten sie nur drei bis vier Mo-
nate lang, liefern also ungefähr 200,000 Kilo Seife, welche ein
Kapital von 100,000 Franken repräsentiren. Ein günstiges Re-
sultat hängt hauptsächlich von der Güte des Kali und von der
Tüchtigkeit der Arbeiter ab. Im günstigsten Falle kann eine
tahcha in sechs Tagen fertig werden; im ungünstigsten Falle
dauert es aber 30 Tage.
Die Seife ging früher zu Lande nach Ägypten, jetzt aber zu
Meer meistens über Jafa. Ein Theil wird in Ägypten verbraucht,
der grösste Theil aber wanderte früher in den Sudan. In Gaza
Avird wie im Oriente überhaupt nur ordinäre Seife fabricirt. Der
Aufschwung der Seifenfabrikation hängt in Gaza vom Auf-
schwung der Olbaunikultur ab. Vor der Hand ist von dergleichen
nicht die Rede.
Gaza, den 14. Dec. 1SS4.
Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beiträge zur
Kenntniss der abergläubischen Gebräuche in
Syrien« (ZDPV. YU, 79 ff.).
Von M. Grünbaum in München.
1) Zu S. 81. Nr. 2. Sollte dem hier gegebenen Rathe nicht
eine Sach- oder Wortähnlichkeit zu Grunde liegen? Die Wolfs-
hohne heisst üo'mus, im Talmud DTOnri, DTOlin (Buxtorf col.
2653). Dass dieselbe sehr bitter sei, ersieht man aus den von^
Buxtorf angeführten Stellen, sowie aus dem Muhit al-Muhit
(p. hf, Z. 2 V. u.), -woselbst es heisst, dass sie mehr als Arznei
diene ; das Zeitwort tarmasa bedeutet »davonlaufen«, auch »Un-
frieden stiften«. — was alles dem Begriffe »Prügel« nicht ferne
steht. Eine gewisse Sachähnlichkeit liegt wohl auch zu Grunde,
wenn es bei Grimm üeutsche Mythologie * III , 437, Nr. 81)
heisst: Wer Essig ansetzt, muss sauer dazu schauen.
2) Zu S. 85, Nr. 25. Dass das Krähen der Henne von
schlimmer Vorbedeutung sei, wird auch bei Grimm (a.a.O. 437,
Nr. 83; 474, Nr. 1055; 486, Nr. 23) mehrfach erwähnt. An
einem anderen Orte (ZDMG. XXXI, 339, Note 74) habe ich
verschiedene Stellen — die sich aber noch sehr vermehren liessen
— angeführt, aus denen die Aveite Verbreitung dieser Vorstellung
ersichtlich ist, und zugleich die Vermutinnig ausgesprochen, dass
das Ominöse darin bestehe, dass das Krähen der Henne die Herr-
schaft der Frau über den Mann bedeute. Vielleicht beruht das
a\if einer thatsächlichen Wahrnehmxing; denn in Aristoteles
Thierkunde 'Hist. an. IX, c.49. ed. Auijkrt-Wimmer 323 heisst
es : Wenn die Hennen über die llälnie gesiegt haben, so fangen
sie an, da? Krähen der Hähne nachzuahmen. Die Anwendinig
Grünbaum. Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beiträge etc. Sl
des Spruches auf schriftstellernde Frauen — wie in der von mir
aus Wenricü angeführten Stelle — findet sich eben so bei Chau-
uiN Description de la Perse, ed. Langles V, 138), der ein in
demselben Sinne gebrauchtes und sehr verbreitetes Sprichwort
anführt : Si la poule veut chanter comme le coq, il lui faut couper
le gosier.
3) Zu S. 86, Nr. 33. Bei Kazwini (I, vi) heisst es bei der
Aufzählung der Monate der syrischen Christen unter kZimm et-
tänl (Januar): Am 6. dieses Monats ist das Epiphanienfest; sie
sagen, es sei eine Stunde an diesem Tage, in Avelcher die salzi-
gen Wasser süss werden. Bei der Aufzählung der Monate der
Araber heisst es (I, vi) unter Ramadan, dass in der ersten Nacht
dieses Monats die Pforten des Paradieses geöffnet werden . und
dass in einer andern Nacht desselben die Schicksalsnacht [Icilat
el-kadr) sei; in welcher Nacht aber, darüber herrschen ver-
schiedene Meinungen.
4) Zu S. 87, Nr. 38. Bei Berggren und Bocthor s. v. pa-
pillon, sowie bei Humbert (p. 70) heisst der Schmetterling auch
Mschära; letzteres hat ausserdem die Bedeutung ofrohe Bot-
schaft, gute Nachricht«. Mit dieser zweiten Bedeutvmg steht es
vielleicht in Zusammenhang, dass man den Schmetterling als
Vorboten einer solchen betrachtet. Dass derselbe überhaupt be-
liebt sei, lässt sich daraus schliessen, dass er in Phil. Wolff's
Dragoman 3 260 auch »Vogel des Paradieses« genannt wird.
5) Zu S.87, Nr. 40. In der Bibel (Ps. 102, 7 kommt der Aus-
druck mnnn cid vor, an einer andern Stelle (Jes. 34, U) wird
der vlITUDi als ein die Einöden bewohnender Vogel erwähnt i). Bei
Damiri — den Bochart (Hieroz. ed. Lond. II, 273) anführt —
heisst die Eule ^\j^\ l\ (S. 284 ff. fuhrt Bochart Stellen griechi-
chischer und römischer Autoren an, in denen der Uhu als omi-
nöser Vogel vorkommt) . Auch Kazwini sagt (I, f .a) , dass die
Eule die Einsamkeit liebe und in Ruinen hause, und dass ihr Er-
scheinen als schlimmes Vorzeichen angesehen werde. Es ist also
auch natürlich, dass, wenn die Eule sich auf einem Gebäude
hören lässt, dieses als Vorzeichen der baldigen Zerstörung des-
selben betrachtet wird.
6) Zu S. 90, Nr. 64. Unter den sog. pythagoräischen Sym-
1) Beide Namen sind mehrfach mit »Eule« übersetzt worden. Die Red.
S2
Grünbaum.
holen wird auch angefühlt, man solle das Feuer nicht mit einem
Schwerte schüren — Flup txa/aipa \ir, r/a/.S'Jiiv (F. C. Orelli,
0])usc. Graec. vet. sententiosa et moralia G2. Xr.S; 64, Nr. 16;;
anderswo iEkasmi Adagia ed. Basil. 1520 , 16; ed. Francof. 1646.
93) lautet der Spruch: Hop -iotJo«) jir, axa/.öusiv.
7' Zu S. 93. Nr. Sl. Unter den »Dicta Muhammedis« in
Arnold's arabischer Chrestomathie 21. Nr. ST; wird auch er-
wähnt : Die Engel betreten kein Haus , in dem sich Bilder be-
finden.
S} Zu Nr. S2. Das hier Mitgetheilte steht wahrscheinlich
in Zusammenhang mit dem unter Nr. 177 erwähnten Talisman.
Die Zahlen SG42 finden sich nämlich auch am Schlüsse eines
arabischen Briefes in De Sacy's Chrestomathie arabe FII. W^ö) . De
Sacy bemerkt hierzu 'p. 364, Nr. HO), diese vier Zahlen, die
man oft auf Briefumschläge schreibe . seien eine Art Talisman ;
über den Ursprung dieses Gebrauchs sei ihm mündlich Folgen-
des mitgetheilt worden ; Badüh war der Name eines sehr from-
men Kaufmanns im Hidschäz. der in allem. Avas er unternahm,
sehr glücklich war, so dass z. B. die Briefe und "NVaaren. die er
absandte, stets glücklich an ihre Adresse gelangten. Die übrigen
Kaufleute, die keineswegs so glücklich Avaren, gebrauchten nach
seinem Tode seinen Namen als Inschrift für ihre Sendungen, in
der A'oraussetzung, gleiches Glück zu haben wie der ursprüng-
liche Träger des Namens; nur gebrauchten sie statt badu// die
entsprechenden Zahlen Alff. De Sacy fügt hinzu, dass er für die
Wahrheit dieser Tradition nicht bürge. Reinaup Description
des monuments musulmans du cabinet de Mr. le Duc de Blacas
11, 240) giebt die Abbildung eines ebenfalls als Talisman dienen-
den Pentagon's Pentalphas), unter welchem sich wiederum das
Wort badnJi findet. Nach Anführung der Erklärung De Sacy's sagt
E-ei>'aud, der Urs])rung dieses badüh sei unbekannt ; so viel aber
sei gewiss, dass dasselbe als mächtiger Talisman gelte, besonders
mit Bezug auf Sendungen und a\if alles . was zu Lande und zu
Wasser Unfällen ausgesetzt sei. An einer andern Stelle (p. 252)
findet sich die Abbildung eines anderen Talismans : es ist das
ein magisches Quadrat, enthaltend die Zahlen 1 — 9. die so ver-
theilt sind, dass jede Zahlenreihe — von rechts nach links , oder
von oben nach initen, Avie auch in den Diagonalen — die Zahl 15
ergiebt vgl. die Darstellung auf der folg. S.).
Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beiträge etc.
83
In dem bereits oben erwähnten Aufsatze derZDMG. (p. 339,
Nr. 73^ habe ich die Vermuthung ansjres^piochen . dass die Zahl
Alf f, in Buchstaben
c-
-.0^,
die Eckfelder dieses Quadrats seien
4
9
5
2
3
7
1
6
1
8
1 '
(8642), also gleichsam die charakteristische Abkürzung eines an-
dern Talismans. Daraus -würde es sich dann auch erklären, -vvess-
halb in dem von de Sacy mitgetheilten l^>riefe und sonst noch
statt der Buchstaben Zahlen gebraucht werden. Ferner habe ich
eine Stelle aus Schmölders (Essai sur les ecoles philos.p. ol und
80) angeführt, aus welcher ersichtlich ist, dass Ghazz.\li das-
selbe Quadrat erwähnt , das als Talisman gebraucht wurde, um
das Gebären zu erleichtern. Es ist das dasselbe Quadrat wie das
S. 108, Nr. 177 mitgetheilte, nur dass bei letzterem Buchstaben
mit gleichem Zahlenwerthe wie in dem Quadrate bei Keinaud ge-
braucht werden. Reinald erwähnt übrigens p. 2 54) noch ein ande-
res, bei denParsi gebräuchliches Quadrat, das ebenfalls als Talis-
man angewandt werde, um das Gebären zu erleichtern; das mit
9 Feldern, mit der Zahl 5 in der Mitte und dessen Zahlenreihe stets
= 15, wird auch von Dieterici (Die Propädeutik der Araber im
10. Jahrh. p. 44) als Talisman erwähnt^),
9) Zu S. 96, Nr. 99. Unter den pythagoräischen Symbolen
wird auch erwähnt, man solle bei Lampenlicht nicht in den Spie-
gel sehen: UarA Au/vov [xy; saoitTpi'l^ou (J. C. Orelli 66. Nr. 29.
Erasmi adagia ed. Francof. 773). Auch im Pend-Nameh ed.
De Sacy p. \\\] findet sich die Ermahnung, des Nachts nicht in
1) Dieterici bemerkt hierzu , dass damit die Nativität erleichtert werde.
In dem in demselben Buche befindlichen Verzeichnisse der Ausdrücke wird
allerdings »^"i^ mit Nativität erklärt, da.ssell)e Wort bedeutet aber auch Ge-
burt, Niederkunft , und so liegt es näher, anzunehmen, dass eine Erleichte-
rung der Geburt gemeint sei.
o^ Grünbaum,
den Spiegel zu sehen; in Zixgkrle's Sitten und Bräuche des
tvroler Volkes p. 3S heisst es: Wenn man des Nachts in den
Spiegel sieht, so schaut der Teufel heraus, und ebenso bei Grimm
a. a. O. 43S, Nr. 104.
10 Zu S. 97, Nr. 104. Das hier, soAvie das unter Nr. 126
Mitgetheilte ist namentlich desshalb merk-\vürdig. weil — im Ge-
gensatze zur gewöhnlichen Anschauung — die linke Seite Ange-
nehmes , die rechte Seite Unangenehmes bedeutet. In Shake-
spear's Hindustani - Wörterbuch 3 15S, wird änkh pharakni mit
»to feel a pulsation in the eye« erklärt; dazu wird bemerkt,
dass das Pulsiren im rechten Auge bei einem Manne von guter,
das des linken Auges von übler Vorbedeutung sei, während bei
einer Frau umgekehrt das Pulsiren des linken Auges Gutes, das
des rechten Übles bedeute. Dasselbe kommt aber auch noch
ausserdem vor Petersburger Wörterbuch 1 , 296. VI, 924), wie
sich denn überhaupt nachweisen lässt, dass der Vorrang der rech-
ten Seite vor der linken nicht so allgemein ist, wie man anzu-
nehmen geneigt ist. Die linke Hand (denn von den Händen geht
ja doch Avohl zunächst die Bestimmung von Rechts und Links
aus) ist jedenfalls dem Herzen — oder dem Herzschlag — näher
als die rechte ; sie ist aber auch , wenigstens nach orientalischer
Anschauung, schon deshalb die Vornehmere, weil sie nichts ar-
beitet und sich von der Rechten bedienen lässt; die rechte Hand
ist ein sudra.
11) Zu S. 98, Nr. 114—117. Dass bei den Juden des
Orients M'eit mehr Aberglaube herrscht, als das je bei den euro-
päischen Juden der Fall war , ersieht man schon aus dem , was
J. Safir in seiner — TtEC ]2X betitelten — Reisebeschreibung
fl , 59) erwähnt , sowie aus den Mittheilungen in Luncz' Jeru-
salem (Jahrg. I, 28 fF. des hebräischen Theils). So ist denn auch
das unter Nr. 114 — 117 Vorkommende, sowie Anderes dieser
Art im Abendlande ganz unbekannt.
12) Zu S. 99, Nr. 118. In den Pirke R. Eliezer (c. 29) und
daraus im Jalkut Hos. § 15 wird das Mal. 3, 1 vorkommende
rmsn "isbic (jjEngel des Bundes«) auf den Propheten Elias (der
Vs. 23 ausdrücklich genannt wird) bezogen; ferner heisst es,
Gott habe gesagt, dass bei jeder Besclineidung — eine solche
wird nach dem biblischen Ausdruck Gen. 17. 10. 11. 13) stets
»Bund der Beschneidung« T^'^'C. r'^"2 genannt — für Elias in
Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beiträge etc. 85
seiner Eigenschaft als Engel des Pmndcs ein Ehrensitz errichtet
werden solle. AuchimSohar Kahbala donndata II, Gl heisst es,
dass der Prophet Elias bei jeder lieschneidung ge^fenwartif^ sei
und ihm desshalb ein Ehrenthron bereit gehalten werden müsse.
In der That herrscht allgemein der Gebrauch, dass derjenige,
welcher die Beschneidung vollzieht, in einer lienediction Elias,
den r^iisn Isb'C, als Beistand anruft. Ferner heisst es im Com-
mentar des Bechaj (Bachja; zuExod. 11,7 !ed. Yen. 1546, f. 74) :
Unsere Lehrer — ihr Andenken sei gesegnet — haben gesagt :
Wenn die Hunde heulen : D"'pyi:: D"^2bD) , so [ist das ein Anzei-
chen, dass der Todesengel in die .Stadt kommt (oder gekommen
ist' ; wenn sie sich freuen (D^pmiU D'^ibD , so bedeutet das, dass
Elias kommt. Es ist hiermit eine Talmudstelle gemeint Baba
Kamma 60^), woselbst es heisst: Wenn die Hunde traurig sind
I'^DIl; , so kommt der Todesengel; spielen sie aber (n"'pmC12), so
kommt Elias in die Stadt. In diesen Stellen wird also Elias
einerseits mit der Beschneidung, andererseits mit den frohen
Hunden in Verbindung gebracht. Daraus ist denn Avahrschein-
lich das unter Nr. 118 Erwähnte entstanden, und zwar, wie das
bei dergleichen Volkssagen gewöhnlich der Fall ist , unter Um-
gestaltung der ursprünglichen Fassung, wozu wahrscheinlich auch
das die Baalspriester Betreffende gehört ; es liegt nämlich näher
anzunehmen, dass man ursprünglich die Prophezeihung des Elias
über Isebel und die Erfüllung derselben (Kön.I. 21, 23, Kön.II.
9 , 34) im Sinne gehabt , wobei allerdings die Hunde erwähnt
werden.
Zu bemerken ist übrigens , dass der Sohar und die kabba-
listischen Schriften (zu denen man auch Bachja zählen kann)
überhaupt bei den Juden des Orients noch jetzt in hohem An-
sehen stehen.
1 3) Zu Nr. 121. Bei der Aufzählung der Eigenschaften des
Carneol (akik bemerkt Kazwini (I, ^^\\ : Manche sagen auch,
dass der — beim Feilen oder Poliren al)fallende — Staub dessel-
ben das Auge und das Herz stärke und ein Mittel gegen das
Herzklopfen sei. Ferner heisst es (p. CfC) , mit Bezug auf den
jjiJäÄj, Aristoteles ^ i sage, es sei das ein Stein, der in steter Bewe-
1 ; Kazwini führt hier sehr oft Aristoteles an , ebenso Teifaschi, der aus-
serdem (p. f und sonst) des Aristoteles Buch über die Steine erwähnt. Es ist
Ztschr. a. Pal.-Ver. VIII. 7
gg Grünbaum,
guiig sei. bis man ihn l>erührt (also i^leiclisain stets wach, nie
ruhend . und der auch das Herzklopfen und ähnliche Zustände
aufhören mache. Auch der ^Ä^j» genannte Edelstein stillt das
Herzklopfen p. ffo). namentlich aber gehört es nach Aristoteles
mit zu den Eigenschaften der Perle (.«AJI) , dass sie von Herz-
klopfen befreit, sowie von Furcht und Schrecken, welche aus der
Melancholie (s^\öy*>j\ »j^j!) entstehen i'p. J'l'f). Auch in Ahmed
Teifaschis Schiift über die Edelsteine wird dasselbe mit densel-
ben Worten von der Perle [j^j^^) gesagt (ed. Rainer p. 1). Ebenso
gehört es mit zu den vielen schätzbaren Eigenschaften des Gol-
des, die Kazwini aufzählt (p. J'.l). dass dasselbe, nach Ibn Sina,
ein gutes Mittel gegen Herzklopfen und Herzleiden über-
haupt ist.
In diesen und in andern ähnlichen Stellen wird zwischen
einem Manne und einer Frau kein Unterschied gemacht, auch ist
in der Regel von einem Schmuck keine Rede. Es ist nun aber
allerdings sehr einleuchtend, dass der Carneol das Herzklopfen
heile , w^enn er von einer Frau als Schmuck getragen wird ; das
dürfte namentlich dann der Fall sein, wenn das Herzklopfen da-
her entstanden, dass eine andere Frau einen solchen Schmuck
besitzt,
14 Zu Nr. 122. Da bei den sympathetischen Mitteln das
Similia similibus eine grosse Rolle spielt, so liegt es nahe anzu-
nehmen, dass es l^ezug auf die rothe Farbe des Rubins hat, wenn
man demselben die Eigenschaft zuschreibt, das Nasenbluten zu
stillen. Allein in den angeführten Schriften wird dieselbe Eigen-
schaft bei verschiedenen Edelsteinen erwähnt. Der henfesch
(Amethyst! stillt das Nasenbluten (Teifaschi p, H), ebenso die
Pel'lmuschel, 6taf/r{/' (Kazwini p. i^Clj. Y)ex jalmt (Hyacinth, Ru-
bin , von dem es, je nach der Farbe, fünf verschiedene Arten
giebt, stillt das Bluten überhaupt Teifaschi p. 1), dasselbe gilt
vom Carneol Teifaschi p. t^'f, Kazwini p. I't*'!). vom Smaragd
(Teif. p. !o, K. p. r^v) und von der Koralle Teif. p. fv, K. p. fll*
und p. J-^A .
das ein dem Aristoteles zugeschriebenes Buch, das in arabischer Sprache voiv
banden ist. (Fabricius, Bibl. gr. 1. III, c. 7, p. 192 (ed. 1705). Wenrich,
])e auctor. graecor. versionibus etc. p. 13.5. Jourdain, Traductions d'Ari-
stote, 168, :jU(), :U7 ff.;.
Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beiträge etc. 87
15) Zu 8. lUU, Nr. 129. Auch in Lln( /.' Jerusalem (p. 27)
wird erwähnt , dass man aus dem Hause einer Wöchnerin —
während der ersten Woche — nichts ausleiht, dass man aber
insbesondere kein Feuer aus demselben holt. BeiGuniM p. 451,
Nr. 538) ist unter den im Erzgebirge herrschenden abergläu-
bischen Gebräuchen auch der . dass man aus dem Hause der
Wöchnerin Feuer, Salz und Brot nicht weggiebt.
16 Zu S. 101, Nr. 134. üass die Katze sich putzt, ist
bei Grimm (p. 437, Nr. 80) eines der Anzeichen, dass Gäste
kommen.
17) Zu S. 102, Nr. 141. Ebenso bei Grimm (Nr. 94 5^ .
18) Zu S. 106, Nr. 166. «Der Herr Assessor niest drauf,
dass es wahr ist«, sagte — nach den »Fliegenden Ijlättern« — ein
Angeklagter vor Gericht , als er die an ihn gestellte Frage be-
antwortet hatte , und unmittelbar darauf ein Mitglied des Ge-
richtshofes nieste. Dieser Glaube ist also eben so verbreitet wie
der beim Niesen ausgesprochene Wunsch, 'der auch in jüdischen
Schriften erwähnt wird (Buxtorf s.v. IDi?, i^moS, col. 153).
19) Zu S. 107, Nr. 173. Im Talmud (Horajoth 13'') werden
fünf Dinge aufgezählt, welche bewirken, dass man das Gelernte
wieder vergisst ; darunter ist: Wer das isst, wovon bereits eine
Katze oder eine Maus gegessen. Ferner werden zehn Dinge auf-
gezählt , welche das Lernen (das Verständniss des vom Lehren-
den Vorgetragenen nach Raschi's Erklärung] erschweren; dar-
unter ist : Wer zwischen zwei Frauen oder zwei Kameelen hin-
durchgeht ; nach Einiger Meinung hat auch das Lesen von Grab-
inschriften dieselbe Wirkung. Dass das Lesen der Inschriften
auf Gräbern das Gedächtniss schwäche, erwähnt auch Grimm
(Nr. 834), zugleich unter Hinweisung auf Cicero's Cato maj. 21,
wo dasselbe gesagt werde.
20) Zu S. 108, Nr. 178. Im Talmud (Berachoth 55'') heisst
es: Wenn jemand in eine Stadt kommt und Furcht vor dem
bösen Blicke hat, so verschränke er beide Hände in der Art, dass
er je den Daumen der einen Hand in die andere Hand steckt
(wobei er noch einen Spruch zu sagen hat) ; fürchtet er aber den
schädlichen Einiluss seines eigenen Blickes, so sehe er auf seinen
linken Nasenflügel.
21 Zu S. 109, Nr. 1S4. Das hier Mitgetheilte hat wahr-
scheinlich Bezug auf die »Tage der alten Frauu — ijjäm el-
OQ Grünbaum,
\i(hchT(z — wie die drei letzten Tage des Fehniar zusammen mit
den vier ersten Tagen des März genannt werden. '(Diese ijjäm
el-a(hchüz kommen mehrfach vor. Bei Kazavixi (I. w) bilden die
drei Tage vom 26. — 28. des Monats schebüt den Anfang, die vier
ersten Tage des darauf folgenden adür den Schluss derselben.
Als Grund dieser Benennung Avird angegeben . es habe dereinst
eine weissagende Frau — kZüiina — der Araber ihnen prophe-
zeit, dass am Schlüsse des Winters eine furchtbare Kälte eintre-
ten werde. Sie hatte aber das Schicksal der Cassandra insofern,
als die Leute ihr nicht glaubten , was sie aber später tief zu be-
reuen Ursache hatten — denn die Prophezeihung ging in Erfül-
lung. Mit Bezug hierauf wurden dann die Tage am Ausgange
des Winters ijjüm eJ-adscJtUz genannt. An einer andern Stelle
(I, \Y] sagt Kazavixi, die sieben letzten Tage des Monats sc/tau-
?m/ würden ijjäm el-adschüz genannt; es sei das die Zeit, in
welcher Gott die 'Aditen vertilgte, und diese Benennung rühre
daher, weil eine alte Frau , die von den ' Aditen allein am Leben
blieb, sie alljährlich um diese Zeit beweinte.
Zu Sur. 69, 6. 7 — in welcher Stelle von dem furchtbaren
Sturm die Rede ist, der sieben Nächte und acht Tage hindurch
wüthete und der die *^Aditen vertilgte — bemerkt Beidaani (II,
p. ("öl*, Z. Aj, es seien das die ijjäni el-adschüz gewesen, so ge-
nannt, entweder weil es am »Ende des Winters« j-LäxcJ! i.i^'^rl war,
oder auch mit Bezug auf eine alte Frau von den 'Aditen, die
ganz zuletzt, am achten Tage, vom Sturmwind hingerafft wurde.
Bei Hariri ;p. fio) werden die Tage Sin und Sinnabr er-
wähnt; dazu wird im ('ommentar bemerkt, es seien das die zwei
ersten Tage der sieben ijjä'm el-adschüz . die zu »Ende des Win-
ters«- (f-ljiL^l j-?^ (c*) eintreten und desshalb so genannt werden.
Es sind das, wie Scherischi sagt, die vier letzten Tage des Februar
und die drei ersten Tage des März. In der Note z. St. ;II, p. 131)
wird bemerkt, dass in dem von Libri in seiner Histoire des scien-
ces mathem. en Italic (I, 410. II, 511. IV, 491) veröffentlichten
Kalender diese Tage Dies vetulae genannt werden.
Hei Mas'udi iIII, 410) werden ebenfalls diese sieben Tage
erwähnt und (wie auch bei Kazavixi und im Commentar zu Ha-
RiRi) die einzelnen Namen derselben angegeben. In der Note z.
St. wird auf IIyde's Commentar zu den Tafeln des Olugbeg
(p. 61) verwiesen.
Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beiträge etc.
89
Kei HösT (Nachrichten von Marokos p. 253) heisst es, die
drei letzten Tage des Februar z\isanimen mit den vier ersten
Tagen des März seien eine Abtheilung des Jahres , die /iiwnn —
d. h. unheilvolle Zeit — genannt werde {/nimm ist auch der in
der erwähnten Koränstelle S. 69, 7 gebrauchte Ausdruck), und
in Avelcher die Altemanneskälte anfange (adschüz bedeutet be-
kanntlich auch »alter Manu«) .
Im Türkischen heissen diese sieben Tage herd el- adschüz,
was Eedhouse mit Old Avomans-cold , Zenker mit Altweiber-
winter also ein Pendant zum Altweibersommer wiedergiebt.
In VON Hahn's albanesischen Studien (I, 155) heisst es:
»Der 29. — 3 I.März und der 1. April heissen TzlJdv.zTz, die Alten;
bis dahin hält man sich nicht sicher vor dem Winter. Wenn er
sich aber an diesen Tagen fühlbar macht, so wird die Schuld den
alten Weibern zugeschrieben — also Altweiber- AVinter statt -Som-
mer. Den Grund wusste niemand anzugeben«. Ohne Zweifel
aber sind es wiederum die {/jätn el- adschüz , die hier in anderer
Form wiederkehren.
Eine Personification einzelner jVIonate und Jahrestage, sowie
darauf sich beziehende Sprüche kommen auch häufig im Abend-
lande vor. Wahrscheinlich cursiren auch mit Bezug auf die ij-
jUm el- adschüz verschiedene Volkssagen, in denen die alte Frau
in veränderter Gestalt vorkommt; eine dieser Sagen liegt nun
wohl dem unter Nr. 184 Mitgetheilten zu Grunde.
22) Zu Nr. 189. In Ouseley's Oriental collections (I, 385
und II, 99) wird ein in hebräischer Schrift geschriebener i; Ta-
lisman mitgetheilt , der ausser der Inschrift noch folgendes Qua-
drat in hebräischen Buchstaben) enthält:
4
14 15
1
9
7
6
12
5
11
10
1
8 !
1
■ 16
i
2 3
13 '
1) Ob es in der That a Jewish Talisman sei, wie es bei Ouseley heisst,
dürfte doch fraglich sein. Gegen diese Annahme spricht schon der Schluss-
90
Grünbauna,
Es ist das also ein manisches Quadrat, insofern als alle Zah-
len von 1 — 16 in der Art vertheilt sind, dass die Summe einer
jeden Reihe, auch die der Diagonalen, = 34 ist. Dasselbe Qua-
drat Avird auch in der bereits oben erwähnten Stelle Dieterici's
fDie Propädeutik der Araber im 10. Jahrh. p. 43 mitgetheilt.
An einer andern Stelle derOriental Collections (II, 341) wird
ein anderer Talisman erwähnt, der aus zwei ineinander ver-
schlungenen Quadraten besteht; die daraus entstehenden 8 Drei-
ecke enthalten wiederum die Zahlen von 1 — 9, während 5 in der
Mitte der Figur ist. Es ist das also — nur in anderer Gestalt —
das oben erwähnte magische Quadrat mit 9 Feldern und der
Summe 1 5 , denn 4 + 9 + 2 = 2 + 7 + 6 = 6 +1+S =
S + 3 + 4 = 4 + 5 + 6 = 9 + 5+ l=2 + 5 + S = 7+5'
+ 3 = 15.
Diese Figur — heisst es ferner — die man als eine sehr heilige
betrachtet, wird Zohal (Saturn) genannt, auch mit Bezug darauf,
dass der Zahlenwerth der Buchstaben von Zohal (Xs^\) =45 ist.
V. Bohlen (Das alte Indien II, 226) erwähnt ebenfalls diese
weit verbreitete, als Talisman dienende Figur, indem er zu-
gleich bemerkt, dass die Araber damit den Einfluss des Saturn
bannen, dessen Buchstaben, 7 + S + 30, die Zahl 45 ergeben.
Mit Bezug auf die talismanischen Quadrate, die nicht immer
magische Quadrate sind, sondern zuweilen aus Combinationen
von Buchstabenpaaren bestehen, sagt Reinaud (a. a. O. II, 251),
satz "-r'
.^1.
, womit doch nur der Xame Jesus gemeint sein kann ;
wollte man annehmen, der Satz bedeute: Er helfe um seines Namens willen
nach Ps. 106, 8), so müsste es ""t""'' heissen. Ein jüdischer Verfertiger des
Talisman hätte wohl auch statt der Umschrift Magnitudine dierum saturatus
Heber die Ori-ginalfassung Ps. 91, 16 gebraucht: ■n""^:rx 1Z''2^ ""^X.
Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beitrüge etc. 9 1
dass sie geAvöhnlich den Planeten geweilit seien, das (Quadrat, mit
9 Feldern dem Saturn, das mit S soll wahrscheinlich IG heissen)
dem Jupiter, und dass manche sogar den Erzengeln 'Izrail, Mi-
kail , Dsehibril und Israfil (von diesen vier Engeln handelt aus-
führlich Kazwini I, o1 ff.) gewidmet seien.
23) Zu S. 111, Nr. 193. Plinius (VII, 13) spricht in sehr
starken Ausdrücken von dem verderblichen Einflüsse', den men-
struirende Erauen auf Pflanzen , Früchte, Bienenstöcke u.dgl.
ausüben. j WiNER, welcher (Reallexikon s. v. lleinigkeit, II, 3 IG)
diese Stelle anführt, bemerkt hierzu : «Die grössere , fast giftige
Schärfe solchen Blutes erklären die Ärzte von dem heissen Klima
des Orients«. Ferner wird, nach Jükg, die — unwahre — Mei-
nung angeführt, dass menstruirende Frauen durch ihren Eintritt
in Wein- oder Bierkeller das Umschlagen oder Verderben dieser
Getränke bewirken. In der von Mas'udi (Pariser Ausg. III, 336)
berichteten Erzählung^) von den vier Brüdern, die aus den hin-
terlassenen Spuren eines von ihnen nie gesehenen Kamels auf
mehrere Merkmale desselben schliessen, geben diese ihren Scharf-
sinn auch darin kund, dass sie über die ihnen vorgesetzten Spei-
sen verschiedene, sich später als richtig erweisende Bemerkun-
gen machen. V. Hammer-Purgstall führt noch eine andere
Version derselben an. Hier sagt einer der Brüder, eine der
Mehlspeisen sei von einem menstruirenden Frauenzimmer zu-
bereitet worden ; er schliesst das aus dem Umstände , dass die
Milch in derselben geronnen sei. Hammer-Purgstall fügt
hinzu," dass dieser Glaube an den schädlichen Einfluss der Men-
struation auf Backwerke und dgl, im Oriente ziemlich allgemein
verbreitet sei.
24) Zu Nr. 197. Es ist vielleicht nicht überflüssig, hier das
anzuführen, was Gagnier nach arabischen Autoren von Muha-
med berichtet (laVie deMahomet III, 275) : Sa salive etait douce
et savoureuse comme de l'eau assaisonnee de sei ... . Elle etait
si nourissante, qu'on en aurait pu donner aux petits enfants ä la
mamelle au lieu de lait.
25) Zu Nr. 198. Wie aus Buxtorf s. v. rr^b^b (col. 1140)
1) Dieser auch sonst bekannten Erzählung (vgl. Note z. St. p.452. Journ.
asiat. 1838, Mars, p. 251. V. Hammer-Purgstall, Geschichte der schönen
Redekünste Persiens p. 308j ganz ähnlich ist eine Erzählung im Talmud
(San-hedrin lü4=i) und im Midrasch (Echa 1, T.
92 Grünbaum,
zu ersehen, fürchtete man auch im A])endlande den verderb-
lichen Eiutiuss der Lilith auf Wöchnerinnen und Kinder. Aus-
führlicher als bei Buxtorf findet sich ein solches Amulet mit
denselben Namen wie bei Buxtorf. aber noch mit allerlei selt-
samen Figuren . denen zum Theil diese Namen eingeschrieben
sind, auch in dem kabbalistischen Ihiche Kaziel f. 49*^ (der
Druckort ist nicht angegeben) . In der That war es in früherer
Zeit iSitte . derartige Amulete an die Vorhänge am Bette der
Wöchnerin anzuheften; jetzt kommt dergleichen wohl nur noch
hie und da auf dem Lande vor. Übrigens ist Lilith als eine den
Kindern nachstellende Dämonin — ebenso wie die phantasti-
schen i*i:d:d. P"lbDi:)2D u.s.w. — späteren Ursprungs ; im Talmud
kommt sie in dieser Eigenschaft nicht vor.
26) Zu S. 113, Nr. 207. Es ist eine talmudische Maxime,
(Moed Katau S^), die auch im Midrasch Berescliith R. sect. 70
zu Gen. 29, 27) vorkommt, dass man eine Freude nicht mit
einer andern vereinigen (oder vermengen soll (pD"iyi3 'J'^S
nrrCTL'n nmcTT), also z. B. während der Woche eines Festes keine
Hochzeit halten soll. Es ist wahrscheinlich in weiterer Anwen-
dung dieses Grundsatzes, dass in jüdischen Kreisen die Sitte
hen'scht, wo möglich nicht zwei Trauungen an einem und dem-
selben Tage vornehmen zu lassen und überhaupt das Zusamen-
treffen zweier Familienfeste zu vermeiden. "S'ermuthlich liegt
aber auch liier ein ähnlicher Gedanke zii Grunde wie dem. was
S. 112. Nr. 199 erwähnt wird. Ein Übermass des Glückes macht
den Menschen ängstlich; er fürchtet, wenn auch nicht den Neid
der Götter , so doch den Neid — den bösen Blick — der Men-
schen, der in seiner Art ebenso verderblich ist.
27) Zu Nr. 209. BeiKAZWiNi (I, w. VpLCK, Calendar. Syr.
p. 5) heisst es, am 23. Tage des Monats Nisan sei das Fest von
DerEijüb ; von letzterem heisst es an einer andern Stelle (II, (r"t^,
es sei das ein Ort in der Nähe von Damaskus : dort habe Hiob
gewohnt und dort auch sei die Quelle, die hervorsprudelte, als
er auf Gottes Geheiss auf den Boden stampfte (Sur. 38, 40 ff.);
in einem dort befindlichen Felsen sei sein Grab '). Ferner heisst es
bei Kazwini (I, va), am 3. des Monats Ajjar sei der Gedächtniss-
1, Vgl. hierzu J. G. Wetzstein, Uag Jobs-Kloster in Hauran und die
Jobs-Sage bei Delitzsch, Das Buch Job. Die lled.
Einige Parallelen zu dem Aufsatze »Beiträge etc. 93
tag des Propheten Eijül). Da nun die Karwoche gewöhnlich
auf dieselbe Zeit fällt, so hat man wohl desshalb den Mittwoch
derselben als eine Art Gedächtnisstag für Hiob gewählt.
28) Zu S. 115, Nr. 227. Im Abendlande ist es bekanntlich ein
weit verbreiteter Glaube, dass Schwalben und Störche Glück
bringen (sogar der niederdeutsche Name des Storches, vergl. Wj;i-
GAND und Lexkr unter Adebär, wird in diesem Sinne erklärt) .
Es kann also nicht auffallend sein, wenn im Orient (wo der
Storch ahu sdd »Vater des Glückes« heisst, s. Wulff ])rago-
man3 27S u. Gartenlaube 1878, Nr. 42, p. 704) die Wachtel ein
glückbringender Vogel ist. Vielleicht aber liegt auch hier wie-
derum eine Wortähnlichkeit zu Grunde. Die Wachtel heisst so-
wohl sicmäni wie auch sahvä (Koran 2, 54), welche beide Benen-
nungen Kazwini (I, fll) anführt; an einer andern Stelle, an wel-
cher gesagt wird, dass am 28. Ab Manna tmd Wachteln in Syrien
fallen (1, vi), wählt er das im Koran gebrauchte sahvä Lj^^Lm),
Neben letzterem Worte existirt im Neuarabischen noch die Form
sahva (öjJIa«). Beide Wörter bedeuten aber auch Trost, Glück
und so liegt schon im Namen der Wachtel etwas Glückver-
heissendes. Kazwini bemerkt zugleich, es sei das der Vogel,
welchen Gott den Israeliten in der Wüste schickte; vielleicht
hat dieser Umstand mit dazu beigetragen, die Wachtel als
Glücks vogel zu betrachten.
29] Zu Nr. 231. Bei Host (a. a. O. p. 302) heisst es, es
werde für sehr verdienstlich gehalten, eine Eidechse zu tödten.
Als nämlich Abraham verbrannt werden sollte, brachte jemand
Holz zum Feuer herbei, und dieser wurde zur Strafe in eine Ei-
dechse verwandelt 1) . In Weil's biblischen Legenden (p. 75) wird
erzählt : »Da suchten alle Geschöpfe der Erde das Feuer (in das
man Abraham geworfen hatte) zu löschen, nur die Eidechse blies
es an; sie ward auch zur Strafe stumm seit jenem Tage«.
30) Zu S. 116, Nr. 232. So wie man die pythagoärischen
1) So wird nämlich — wie Host hinzufügt — im Buche desMalik b. Anas
erzählt, das dort in hohem Ansehen steht. An einer andern Stelle fp. 234; wird
der Inhalt der einzelnen Capitel dieses Buches mitgetheilt, woraus ersichtlich
ist, dass im ganzen genommen hier dieselben Gegenstände behandelt werden,
wie in Bochari's Traditionssammlung. Einen handschriftlichen Auszug aus
dieser Schrift des Malik b. Anas besitzt die k. Hof- und Staatsbibliothek in
München. (Vgl. Aumer's Katalog p. 22, Nr. lüiJ^.
94 Grünbaum, Einige Parallelen zu dem Aufsatze «Beiträge etc.
Svrabole schon auf die verschiedenste Weise zxi deuten versucht
hat so lag wohl auch im allgemeinen dem einen und dem ande-
ren Spruche aus dem Gebiete des Aberglaubens ursprünglich ein
o-anz anderer Sinn zu Grunde, "wie das z. B. wahrscheinlich bei
dem oben erwähnten ominösen Krähen der Henne der Fall ist.
Auch sonst hat sich wohl zuweilen das, was ursprünglich ein
Volks-s^-itz war, später zu einem abergläubischen Dogma umge-
staltet. Auch bei dem unter Nr. 232 Mitgetheilten lässt sich ein
ähnlicher Ursprung voraussetzen. Swift sagt einmal, es sei nicht
genug, dass ein Frauenzimmer einen Mann fessle, sie müsse ihn
auch festhalten können, damit er nicht Avieder davon fliege. Eine
verheirathete Frau ist — oder war — jedenfalls im Besitze dieser
Kunst ; ist sie aber ausserdem noch eine solche Yirtuosin im
Flöhefangen , dass sie dieselben nicht nur fängt, sondern auch
festhält, dass sie nicht wieder davon hüpfen, so beweist das. dass
sie sehr klug und pfiffig ist und strategische Anlagen besitzt, also
auch ihren Mann zu lenken versteht.
Das hier Mitgetheilte ist aber schon desshalb merkwürdig,
weil man daraus ersieht — wie übrigens auch aus Nr. 78, S. 92
— dass auch im Oriente die Pantoffelherrschaft nichts Seltenes
ist. Aber es finden sich auch sonst Beispiele, dass der Mann —
und zwar im tireigentlichen Sinne des Wortes — unter dem Pan-
toffel steht. So erzählt Yambery Bilder aus dem Morgenlande
p. 22) von einem niederen Beamten in Constantinopel. der gegen
Ende des Monats, wenn der Gehalt auf die Neige ging, von den
vier Pantofi"eln seiner vier Frauen bearbeitet wurde. Hier waren
es also vier, während man in Eiu-opa höchstens unter einem
Pantoffel steht. Und so kommt denn auch d£r Pantoffel als Sym-
bol vor, wie z. B. in dem von Socin (Arab. Sprichwörter xmd
Redensarten Nr. 198) angeführten Spruch: »Meine Grossmutter
ist nicht gekommen, sondern sie hat einen ihrer Pantoffel ge-
schickt«.
Die Lage von Tariclieae.
Von Superintendent F. Spiess in Grossrudestedt.
Unter den im Neuen Testamente nicht erwähnten Uferorten
des Sees Genezareth spielt keiner eine wichtigere Holle in den
galiläischen Ereignissen des jüdischen Aufstandes als Tariclieae.
Freilich theilt derselbe zugleich auch das Schicksal fast aller
Localitäten jener Gegend, dass man ihn nämlich in sehr verschie-
denen Lagen nachweisen zu dürfen gemeint hat. Nicht weniger
als vier Punkte werden für Taricheae in Anspruch genommen.
H. Kiepert auf seiner Karte von Galiläa in Bädeker's Palästina
und Syrien 2 identificirt dasselbe mit Chan Minje ; Socin im Texte
des genannten Buches 268 (vgl. 233) und FurrerI) verlegen es
nach der Gegend von el-Medschdel ; de Saulcy findet es 3 bis 4
Kilometer nördlich vom Südende des Sees bei Kedes ; die meisten
endlich (Menke im Bibelatlas ; Riess in seinem Atlas ; Caspari,
chronolog. geograph. Einleitung in das Leben Jesu 68; Kiepert,
Atlas antiquus; Guerin, Galilee I, 275; Macgregor, Kob Koy
408. 413; auch noch die Engländer nach den neuesten Aufnah-
men in An Introduction to the Survey of West. Palest. Lond.
1881, 151) wollen es in dem unmittelbar am Südende des Sees
und am Ausflusse des Jordan gelegenen Kerak wieder erken-
nen. Versuchen wir im folgenden eine Entscheidung zwischen
diesen verschiedenen Ansichten zu geben.
Zunächst möge erwähnt werden , dass die Schreibweise des
Namens bei Josephus nicht immer die gleiche ist. Die Alter-
thümer und die Geschichte des jüdischen Krieges bieten stets
r ZDPV. II, 56 f. Anmerkung der Kedaction.
96 Spiess,
tUeFormTapi/sai: dagegen schreibt die «Vita« des Josephus meist
Tap'./aTai, und nur an einigen wenigen Stellen tritt uns hier
der .Singular Ta&'./aia entgegen.
Zuerst finden wir ein Taricheae erwähnt , als Cassius um 52
V. Chr. von Tjtus her ins jüdische Land einfällt. Er erobert den
Ort und macht bei dieser Gelegenheit an 30,000 Gefangene (Ant.
XIV. 7, 3). Danach bleibt Taricheae ein volles Jahrhundert hin-
durch unerwähnt, bis es etwa 54 oder 55 n. Chr. von Nero nebst
Tiberias dem Reiche Agrippa's II. hinzugefügt wird (Ant. XX. 8,
4; Bell. jud. II. 13, 2). In diesem Unterthänigkeitsverhältnisse
trifft es der Ausbruch des Aufstandes , dem es sich alsbald weit
entschiedener als Tiberias anschliesst. Taricheae muss damals kein
gerade unbedeutender Ort gewesen sein; es wird meist als Stadt
und einmal nur als Dorf (Vita 74) bezeichnet; es hatte einen
Hippodrom 'Bell. jud. II. 21. 3; Vita 26. 27" und von den 23o
Kähnen, welche Josephus gegen das abgefallene Tiberias sammeln
Hess, gehörte wahrscheinlich ein grosser Theil der Einwohnerschaft
an (Bell. jud. II. 21, 8. 9; Vita 32—34. Bell. jud. III. 10, 1.
Auch ein öffentliches Gefängniss befand sich hier. Die Zahlen
freilich, die Josephus von den Einwohnern (gegen 40,000 Bell,
jud. II. 21, 4\ von den bei der Eroberung der Stadt und den auf
diese folgenden Kämpfen auf dem See Umgekommenen (6500
Bell. jud. III. 10, 9), sowie endlich von den die Einnahme über-
lebenden Gefangenen (41,200 Bell. jud. III. 10, 10) anführt, tra-
gen den Stempel der bewussten oder unbewussten Übertreibung
so deutlich an sich, dass auf dieselben auch nicht das mindeste
zu geben ist. Es mag sonach die Bedeutung des Platzes für Jo-
sephus immerhin "weniger in seiner Grösse , als in seiner centra-
len Lage zwischen den aufständischen Gebieten an beiden Ufern
des Sees, in der Nähe des letzteren selbst, der für alle Fälle einen
letzten Fluchtweg bot, und endlich in der Möglichkeit zu finden
gewesen sein, von hier aus das stets zwischen den Parteien hin
und her schwankende Tiberias zu beobachten und im Zaume zu
halten, nöthigenfalls auch ihm leicht die Verbindung mit dem
übrigen Galiläa abzuschneiden.
Darum befindet sich denn auch Taricheae unter den von Jo-
sephus befestigten Punkten Niedergaliläa's (Bell. jud. II. 20. 6;
^ ita 37), doch ist es nicht so stark Avie Tiberias. da von den vor-
handenen Mitteln nur ein liest für dasselbe übrig blieb . so dass
Die Lage von Taricheae. 97
auch die Seeseite der »Stadt ohncMancr p^elassen -wurde, und liier
gerade bei der endlichen Eroberung Titus durch das seichte
AVasser eindringen konnte Bell. jixd. III. 10, 1. 5; vgl. Vita
32, wo allerdings gesagt ist, dass Taricheae vor Tiberias be-
festigt worden sei) . GleichAvohl ^vird es das Haupt- und Stand-
(juartier des Feldherrn. Hierher flieht er , so oft in Tiberias die
römische Partei die Oberhand bekommt (Vita 18; Bell. jud. II.
21, S. 9; Vita 32 bis 34) ; von hier aus bemächtigt er sich der ab-
trünnigen Stadt wieder ; hier hat er die Niederlage für die Beute
und die Zuflxichtstätte für die zu ihm abgefallenen Fremden
Bell.jud.II, 21, 3; Vita 26. 31; vgl. auch Vita 30. 35. 54. 73).
Als er in den Kämpfen um Julias am Jordaneinflusse in den See
durch einen Sturz mit dem Pferde zu Schaden gekommen ist,
wird er nach Taricheae zurückgebracht (Vita 72).
Wo lag nun dasselbe? Wir haben bereits angedeutet, dass
es unmittelbar am Ufer des Sees zu suchen ist. Die Bestimmung,
dass ihm Gamala am andern Ufer gegenüber liegt (l?ell. jud. IV.
1, 1), giebt bei der Unbestimmtheit des Ausdrucks und beider
noch nicht zweifellos ausgemachten Situation jener Stadt keinen
Ausschlag. Dagegen erfahren wir ausdrücklich, dass Taricheae
30 Stadien von Tiberias entfernt gewesen sei (Vita 32). Auf
eine ziemliche Nähe von Tiberias deuten auch noch andere Um-
stände, z. B. dass Josephus die letztere Stadt von dort aus schon
in der ersten Morgenstunde erreicht f Vita 54) . Mit jener Entfer-
nungsangabe aber scheint die Ansicht, welche Taricheae an die
Stelle von Chan Minje versetzt, vollständig ausgeschlossen zu
sein , da die Entfernung zwischen diesem Punkte und Tiberias
etwa 55 Stadien beträgt, und wir dem Josephus bei seiner ge-
nauen Bekanntschaft mit der Gegend einen solchen Irrthum ge-
wiss nicht zutrauen dürfen.
Allerdings kann man, da bei jener Bemerkung über den Ab-
stand von Tiberias und Taricheae die Richtung nicht angegeben
ist, für einen Augenblick noch zweifeln, ob es im Süden oder im
Norden zu suchen sei . und in der That haben die meisten, wie
oben bemerkt , sich für die südliche Lage in der Nähe des Jor-
danausflusses entschieden. Dabei mag freilich nicht unerwähnt
bleiben, dass die Entfernung bis Kedes mit ca. 30 Stadien im-
merhin annehmbarer erscheinen dürfte, als das 40 Stadien ent-
fernte Kerak, während für dieses ein gewisser Anklang im Namen
C|g Spiess,
zu si)iechen scheint. Allein auch diese beiden Annahmen sind
mit den Berichten des Josephus völlig unvereinbar. Als nämlich
nach der Eroberung- des übrigen Galiläa nur noch Tiberias und
Taricheae zu unterwerfen sind, zieht Vespasian sein Heer in Scy-
thopolis zusammen und rückt gegen ersteren Platz vor. Die na-
türliche Strasse führte dabei sicher nicht über die Avestlichen,
zum Theil schroffen Höhen , sondern im Thale des Jordan auf-
wärts und am Westufer des Sees hin. ]Sun lagert Vespasian,
ehe er Tiberias erreicht, 30 Stadien von demselben entfernt an
einem Orte , wo ihn die Aufruhrer leicht sehen konnten ; das
müsste nach der obigen Annahme nahe bei Taricheae gewesen
sein ; es wäre aber , auch wenn keine weitere Angabe gemacht
würde, völlig undenkbar, dass die Kömer an der näheren, gleich-
falls zu erobernden Stadt vorüber, zuerst zur entferntem gezogen
wären. Doch wird Taricheae hier nirgends erwähnt, sondern viel-
mehr der Ort des Lagers Sennabris genannt, und dieses ist durch
die englischen Aufnahmen in einer Ortslage «Sinn en-Nabrah«
dicht bei Kerak nachgewiesen (Bell. jud. HI. 9, 7).
Beim Anmärsche des römischen Heeres fliehen die Aufstän-
dischen aus Tiberias, und zwar nach Taricheae (Bell. jud. HL
9, 8). Auch das wäre unmöglich, oder Avenigstens sehr schwie-
rig, wenn letztere Stadt südwärts, also mehr oder minder in der
Marschlinie der Römer gelegen hätte, dagegen leicht und natür-
lich im umgekehrten Falle, imd so sehen wir uns denn mit Noth-
wendigkeit in die nördliche Umgegend von Tiberias verwiesen.
Demgemäss nimmt Vespasian, nachdem er diese Stadt ge-
wonnen, seinen Weg weiterund lagert in einem besonders festen
Lager zwischen jenem Platze und Taricheae, wohin die letzten
Schaaren aller Aufrührer zusammengeströmt sind; ein Theil der-
selben steht in der Ebene vor der Stadt. Diese Ebene aber kann
nur auf der einen Seite sich erstreckt haben, da Josephus aus-
drücklich berichtet, dass Taricheae ebenso wie Tiberias am Fusse
eines Berges gelegen habe (uTiojpisio;) , und zwar muss dieser Berg
ziemlich nahe an die Stadt herangetreten sein, da die der Stadt
gegenüberliegende Höhe von 2000 römischen Bogenschützen be-
setzt wird, welche die Besatzung der Mauer beschäftigen sollen,
während Titus zum Gefechte in die Ebene vorrückt IJell. jud.
HL 10, 1 — h). Diese ganze Schilderung der Örtlichkeit passt
aber vortrefflich auf die Lage von el-Medschdel, das, am Fusse
Die Lage von Taricheae. 99
eines steilen Kergahsturzes liegend, auf der Nordscite an die
Ebene Genezareth stösst, nnd da die Entfernung dieses Ortes
von demalten, etwas südlicher als das gegenwärtige gelegenen
Tiberias genau zutrifft, so bleibt kein Zweifel, dass allein die
Annahme von Furrer und Socix die richtige ist. Sie macht es
uns auch mehr erklärlich als die Verlegung von Taricheae nach
Chan Minjc; dass man den verwundeten Josephus zunächst nach
dem Dorfe Kscpapvioji-r^ und erst in der folgenden Nacht nach dem
entfernteren Taricheae brachte.
Wir haben in der vorstehenden Ausführung einen neuen
Beweis dafür, dass in vielen Fällen die genaue Erwägung der
Angaben des Josephus, zusammengehalten mit den topographi-
schen Forschungen , ein sicheres Resultat ergiebt, und dass gar
manche vielverhandelte Differenz nur darin ihren Ursprung hat,
dass man Josephus nicht genügend berücksichtigte. Unser oben
gewonnenes Ergebniss über die Lage Taricheae' s bringt uns frei-
lich in Collision mit der von den meisten getheilten Ansicht,
dass el-Medschdel das neutestamentliche Magdala sei , und wir
vermögen keine Ausgleichung zu geben , da die Auskunft eines
Doppelnamens bei dem Mangel jeder Andeutung kaum annehm-
bar erscheinen dürfte. Vielleicht ist die Annahme möglich, dass
Magdala in unmittelbarster Nähe von Taricheae gelegen habe,
und dass nur das erstere sich bis auf die Gegenwart erhalten hat,
obschon sich nicht verkennen lässt, dass eben gerade nur die
Lage des heutigen el-Meschdel der Schilderung von Taricheae
entspricht.
Die Stadt Salamias bei Aiitoiiinus Placeiitiuus.
Aon J. Gildemeister in Bonn.
Man ist bisher in Verlegenheit gewesen , den von Antonin
c. X genannten, sonst nirgends erwähnten Ort Salamias oder,
wie der älteste Codex, der St. Galler, schreibt, Salmias unter-
zubringen, wo die drittehalb Stämme entlassen und in dessen
Nähe sogenannte Thermen des Moses seien. Vgl. Tobler zu
dieser Stelle und ZDPV. Yll, 202. Tiieguosius § 65 kennt heisse
Quellen des Moses bei Livias und nennt dies als den Ort, wo
Moses aus der Welt gegangen.
Neuerdings ist in einer Handschrift zu Arezzo die bisher
unbekannte Pilgerreise einer ungenannten Lateinerin aus den
Jahren 365 bis 370 zu Tage gekommen, aus der ihr Entdecker
F. G. Gammurini einen Auszug veröifentlicht hat (I misteri e
gl'inni di St. Ilario ed una perigrinazione ai luoghi sante. Rom.
1884. 8", pp.27), in dem S. 12 gesagt wird, die Israeliten hätten
sich bei Livias, einer Stadt in der Ebene, gelagert (Num. 32, 48)
und hier Moses den Stämmen seinen Segen (üeut. 33) ertheilt;
der von ihm benannte Quell befinde sich sechs Meilen von da
am Fusse eines weiter einwärts zum Nebo hin gelegenen lierges.
Sicher spricht dieser liericht von demselben Orte wie An-
TONiNus und Theodosius. Die Entlassung der drittehalb Stämme
vor dem tibergang über den Jordan deckt sich mit der Segnung
der Stämme bei dem Abschiede Mosis, und die Mosesquelle wird
genauer in Beziehung auf die Stadt topographisch bestimmt. Von
Mosesquellen ist in dieser nämlichen Gegend noch heute die
Rede. Seetzen II, 324.
Es kann also kein Zweifel sein, dassANXoNiNus Livias meint,
und der Name Salamias mussaus einer Verderbniss stammen. Aus
-LMIADA ergiebt sich LIVIADA als das Ursprünghche ; das
S entstand Avohl durch Verdo])pelung aus einer älteren Lesart,
bei der das jetzt durch quae vocatur getrennte civitaS unmittel-
bar vorherging. Der Name Salamias kann daher verschAvindeu.
Der Einfluss der Gebirgswalduiigeii im uördliclieii
Palästina auf die Vermelinmg der wässerigen
Niederschläge daselbst.
Von Dr. Leo Aiiderliiid.
Die volkswirthschaftlich bedeutungsvolle Frage, ob die Be-
waldung der Gebirge einen Einfluss auf die Vermehrung der
Regenmenge in denselben und deren Umgebung äussert, hat
wissenschaftlich seither noch nicht entschieden werden können ^ .
In Deutschland insbesondere bereitet der Entscheidung dieser
Frage der Umstand unüberwindliche Schwierigkeiten , dass dort
unbewaldete Gebirge von grösserem Umfange gänzlich fehlen, so
dass vergleichende Beobachtungen ül)er die Höhe der wässerigen
Niederschläge in bewaldeten und unbewaldeten Gebirgen nicht
möglich sind. Ein in dieser Beziehung günstiges Land ist Pa-
lästina. Wir finden hier ausgedehnte unbewaldete und bewal-
dete Gebirge, und zufällig Avurden auch an zwei Orten, in Jeru-
salem und Nazareth, deren einer in Gebirgen der ersteren Art, der
andere nahe bei Gebirgen der zweiten Art liegt, Beobachtinigen
über die Regenhöhe angestellt. Ich habe nun die Frage unter
Benutzung der Ergebnisse dieser l^eobachtungen und der Ergeb-
1) Die Bedeutung dieser Frage speciell für Palästina erhellt unter ande-
rem daraus, dass, wenn hier zur Zeit der sogenannten Spätregen , d. h. zur
Zeit des Körner ansatzes des Getreides 'im April, Anfang Mai), nur wenige
Centimeter liegen zu wenig fallen, eine vollständige Missernte eintreten kann.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VIII. 8
102 Anderlind,
iiisse meiner Forschmigen über die Waldverhältnisse in Palästina
untersucht \n\d gefunden, dass die Gebirgs waldun gen
Nordpalästina's die Regenmenge daselbst -wahr-
scheinlich nicht unerheblich vermehren.
Sollte man meiner Beweisführung Mängel nachweisen und
dieselbe nicht als völlig beweiskräftig erachten können . so wür-
den immerhin die Angaben üV>er die Höhe der Niederschläge in
Palästina das Interesse der Leser dieser Zeitschrift in Anspruch
nehmen. Ausserdem stellt meine Waldbeschreibung ein bleiben-
des Bild der gegenwärtigen Waldverhältnisse des westjordani-
schen Palästina" s dar.
Die meteorologischen Beobachtungen in Jerusalem verdankt
man dem englischen Arzte Herrn Dr. med. Chaplin, der sie
unter der Überschrift wObservations on the climate of Jerusalem«
in den Quarterly Statements des »Palestine exploration fund« vom
Jahre 1S&3. Januarheft S. 8 bis 40. veröffentlichte, die meteoro-
logischen Beobachtungen zu Nazareth dem im Dienste der eng-
lischen Mission stehenden armenischen Arzte Herrn Dr. med.
Vartax. Dieser gestattete mir in rühmenswerther Weise die Be-
nutzung der Originalaufzeichnungcn. Während die Beobachtun-
gen CiiAPLrN's sich über den 22jährigen Zeitraum von 1S60/61
bis 1881/S2 erstrecken, umfassen diejenigen Vartak's nur den
10jährigen Zeitraum von 1869/70 bis 1878/79. Dann war Var-
TAX leider genöthigt. seine Aufzeichnungen zu unterbrechen.
Erst seit kurzem hat er sie wieder fortsetzen können. Der hin-
sichtlich der Jerusalemer und Nazarether Regenbeobachtungen
vergleichbare Zeitraum ist sonach zwar nur ein zehnjähriger, in-
dess erscheint mir ein solcher ausreichend, um die gewonnenen
Beobachtungsergebnisse bei gleichbleibenden Waldverhältnissen
als etwas für die Zukunft im wesentlichen Feststehendes ansehen
zu können. Die beiden folgenden Übersichten enthalten die Er-
gebnisse der Beobachtungen über die Höhe der Niederschläge in
Jerusalem und Nazareth für den zehnjährigen Zeitraum 1869/70
bis 1878/79. Die in den Originalarbeiten in englischen Zollen
angegebenen Masse habe ich in Centimeter umgerechnet.
Der Einfluss der Gebirgswaldungen im nördlichen Palästina etc. 1()3
Jerusalem.
Regenzeit. Regenhöhe.
Umfasst die Regen-
fälle aiitVeisenden Centimeter
Monate Septbr. bis
Mai einschliesslich.
1869/70 . . 31,85
1870,71 . . 48,63
1871/72 . . 46,94
1872/73 . . 48,09
1873/74 . . 100,36
1874/75 . . 67,59
1875/76 . . 41.87
1876/77 . . 34,80
1877/78 . . 109,05
1878/79 . . 40,89
Jahresmittel d. lOjäh-
rigen Zeitraumes 57,01
Nazareth.
Regenzeit. Regenhöhe.
Umfasst die Regen -
fälle aufweisenden Centimer
Monate Septbr. bis
Juni einschlies.slich.
1869/ 7 U
1870/71
1871/72
1872/73
1873/74
1874/75
1875/76
1876/77
1877/78
1878/79
41,22
55.96
68,25
37,44
84,90
77.34
40,59
74,43
89,61
41,94
Jahresmittel d. lojäh-
rigen Zeitraumes 01.17
Die Niederschlagshöhe beträgt im Jahresdurchschnitte zu
Jerusalem 57.01 Centim., in Nazareth 61,17 Centim., übertrifft
mithin an letzterem Orte diejenige in Jerusalem um 4.10 Cen-
tim. ').
Dieser Unterschied in der Regenmenge zu Gunsten Naza-
reths erklärt sich meines Erachtens durch den Unterschied in
derBcAvaldung des südlichen und nördlichen Palästina's diesseits
des Jordans. Nach meinen bezüglichen während eines nahezu
halbjährigen Aufenthaltes in Palästina gemachten Beobachtun-
gen ist die Gegend von Jerusalem weit und breit so
gut wie waldkahl, ein grosser Theil der Gebirge
bei Nazareth dagegen mit ansehnlichen Waldungen
bedeckt.
1) Zur Vergleichung mache ich hier Angaben über die Regenhöhe eini-
ger anderer Orte. Die Ziffern .bedeuten den Jahresdurchschnitt aus mehr als
zehnjährigen Beobachtungen. Für Kairo jedoch vermochte ich nur den Mit-
telwerth für den fünfjährigen Zeitraum von 1857—1861 anzugeben. Es be-
ziffert sich die Niederschlagshöhe in Athen auf 40,9, Ivonstantinopel 70,4.
"Wien 44,7, Berlin 52,1, London 58,9, Paris 50,2, Madrid 38,0. RomSo,0, Pa-
lermo 59,1, Kairo 3,4 Centimeter.
8*
lOj Anderlind.
Was zuuächsl die Waldverhältnisse der Gegend von Jeru-
salem betrifft, so kommt nach Osten Wald nur in dem jenseits
des Jordans gelegenen sogenannten Ostjordanlande vor; die näch-
sten ^^'aldungen finden sich etwa 45 Kilometer'] östlich von Je-
rusalem bei es-Salt. Auf noch grössere Entfernungen hin ist die
Gegend von Jerusalem waldleer in der Kichtung nach Nor-
den. Hier stösst mau auf beachtenswerthe Waldmassen erst un-
gefähr 75 Kilometer nordnordwestlich von Jerusalem im Gebirge
Ephraim bei Umm el-Fahm und in dem nordwestlich an dieses
sich anschliessenden Karmelgebirge. Westlich von Jerusalem,
nach dem mittelländischen Meere hin, giebt es nur an zwei Stel-
len Waldwuchs, der die Bezeichnung als Wald verdient. Das
eine der beiden AVäldchen liegt etwa 16 Kilom. westlich von Je-
rusalem i.nid umfasst nach meiner Schätzung ungefähr 1 ly'o Hek-
tar. Das andere grössere, eine kleine Strecke westlich von erste-
rem, etwa IS Kilom. Avestlich von Jerusalem, zwei Kilom. nord-
östlich vom Dorfe Bet Mahsir auf dem Gipfel des Berges Aschami
gelegen, nimmt etwa fünf Hektar ein. Die fast ausschliesslich
aus der Seestrandskiefer Pinus halepensis, von den Arabern, wie
die Pinie {"Pinus Pinea' , Snöbar genannt) zusammengesetzten
Haine haben überwiegend Altholz aufzuweisen. Der kleinere ist
ziemlich gut geschlossen, der grössere, Avelcher ein Bethaus und
eine ]>egräbnissstätte der Muslimen einschliesst, zeigt viele Lücken,
auf derNordostseite jedoch guten Schluss und urwaldartiges Aus-
sehen. Die Erhaltung dieser Wäldchen verdanken wir dem Um-
stände, dass sie den Muslimen als heilige Haine gelten und dess-
halb von Menschenhand nicht berührt werden dürfen. Was auf
dem Gebirge Juda westlich, südwestlich, in der Richtung
nach Hebron und Berseba, und südlich von Jerusalem sonst
noch an Waldwuchs vorhanden, ist im wesentlichen nichts als
etwas niederwaldartiges, lückiges Gestrüpj) , welches hauptsäch-
lich besteht aus der Kermeseiche Quercus coccifera. arabisch
Sindijän , dem Erdbeerbaum 'Arbutus unedo und Arb. An-
drachne, arab. Kekab , der Wildpistazie (Pistacia lentiscus) , dem
wilden Johannisbrotbaum 'Ceratoria siliqua, arab. Charrüb; nicht
sehr häufig), der Terebinthe .Pistacia Terebinthus, arab. Butm.;
1 Hierunter sind in meinem Artikel stets Luftliniekilometer zu ver-
stehen.
Der Einfluss der Gebirgswaldungen im nördlichen Palästina etc. 1 (i5
nicht sehr häufig und der »Seestrandskiofer . Avelchu jeduch nxir
noch etwa 5 Kilom. südwestlich von .Salomos Teichen nahe hei
IJet Zakärja (dem Sacharjashause^ vereinzelt in jüngeren Exem-
plaren vorkommt. Und selbst dieses Gesträuch wird, wenn sich
die äiisseren Verhältnisse für seine Erhaltung nicht günstiger ge-
stalten, in nicht zu ferner Zeit völlig verschwunden sein, da man
dasselbe trotz behördlichen Verbotes allmählich rodet , um es
theils als Brennholz, theils nach erfolgter Verkohlung als Kohle,
theils (die Seestrandskiefer) als Weihnachtsbaum nach Jerusalem
abzusetzen. Südöstlich von Jerusalem in der Richtung nach
dem Todten Meere ist das Land völlig waldleer. Bloss am Tod-
ten jMeere und nahe demselben sind einige Partien Schirmaka-
zien (arab. Sejäl , Stechginsterstauden (arab. Retem; gefunden
worden ^] .
Sonach erscheint meine Behauptung, dass es weit und breit
von Jerusalem Wald so gut wie nicht gebe, begründet. Im gan-
zen südlichen und mittleren Avestjordanischen Palästina von hei-
seba bis nördlich an eine gerade Linie, welche man sich vom
Meere etwa über Dschenin nach dem Jordan gezogen denkt,
findet sich ausser den beiden winzigen Seestrandskiefernhainen
bei Bet Mahsir kein die Bezeichnung als Wald rechtfertigender
Baumwuchs.
Im Gegensatze zu Jenisalem ist die etwa 103 Kilom. nörd-
lich von Jerusalem auf dem galiläischen Berglande gelegene
regenreichere Stadt Nazareth fast auf allen Seiten von ansehn-
lichen und zum Theile vollkommenen Waldungen umgeben.
Hier sind durch günstige Umstände , vornehmlich wohl infolge
der strengen Massnahmen der türkischen Verwaltungsbehörden
zu Nazareth und 'Akka, welche nicht nur die Ausfuhr von Holz
imd Kohle zu Schiff und die Benutzung der Wälder seitens der
Landesbewohner über gewisse Grenzen hinaus verboten haben,
sondern diesen Verboten im allgemeinen auch Beachtung zu \-er-
schaffen wissen 2;, seit dem Ende der Judenherrschaft, xniter
1) Kersten , Umwanderung des Todten Meeres in Zeitschrift des Deut-
schen Palästinavereins II (1879) 215 fF.
2; Leider kann ich dieses Lob nicht auch der Verwaltungsbehörde des
Kreises Sfir (Tyrus) spenden. Nach Angabe des österreichischen Konsular-
agenten Jos. Miklasiewicz in Safed führt man aus den in diesem Kreise bei
[Oß Anderlind,
welcher verschiedenen Anzeichen zufolge im westjordimischen
I'aliistina aller Wald zerstört worden zu sein scheint, wieder
Waldungen von lielang entstanden. Nur südlich und südöstlich
vonXazareth fehlt Waldwuchs gänzlich. Im Osten des Ortes zieht
sich ein schmaler Streifen Waldes hin. Grosse Waldmassen lie-
gen nördlich, westlich und südwestlich von Nazareth.
Man kann diesen Ort als in der Nähe von zwei Waldgebie-
ten, einem nahen und einem fernen, gelegen bezeichnen.
Nazareth liegt auf der südlichen Abtheilung des galiläischen
Gebirges, welche nordwestlich von der Ebene Sebulon (d. i. el-
IJattüf. Anm. der Iled.), südlich von der Ebene Esdrelon und
deren nördlichen Verzweigung, dem Hirethale. östlich vom See
Cxenezareth begrenzt wird und nach Norden durch einen den
See von der Ebene Sebulon trennenden Gebirgsschaft, den Kam
Hattin , mit dem nördlichen Haupttheile des galiläischen Gebir-
ges in Verbindung steht.
Auf der so umschriebenen Gebirgsabtheilung bis zum Karn
Hattin befindet sich das nahe Waldgebiet. Der östliche
Theil desselben ist der oben bereits erwähnte schmale Wald-
streifen. Seine Länge von Norden nach Süden beträgt etwa
12 Kilometer, seine durchschnittliche Breite von Westen nach
Osten etwa 4Kilom. Seine nächsten Partien, in gerader östlicher
Richtung, mögen etwa 4 Kilom. , die entferntesten in nordöst-
licher Richtung etwa 10 Kilom.. in südöstlicher etwa 12 Kilom.
von Nazareth entfernt liegen. ])er Streifen besteht aus dem
Walde des auf der südlichen Seite sehr schwach , auf der west-
lichen und östlichen Seite stark lückig, auf der Nord- und Nord-
ostseite nahezu voll bestandenen Berges Tabor und des nördlich
daran grenzenden tiefer gelegenen Gebirgslandes. Die Waldform
des Tabors ist auf der Nord- und Ostseite als eine hochwaldar-
tige, auf der Süd- und Westseite als eine niederwaldartige anzu-
sprechen. Die herrschenden Holzarten auf der Nord- und Ost-
seite sind die Kermeseiche und die Knopperneiche Quercus ae-
gilops'). Eine der stärksten Kermeseichen hatte in Brusthöhe
Isfina und Tibmn gelegenen "Waldungen eine grosse Menge Holzkohle nach
Ägypten aus.
1 Die Araber in Galiläa nennen diese Eiche gewöhnlich »Bailüt«, solche
Exem])lare jedoch, welche die rothbraunen, nicht selten mittelbirnengros8en
Der Einfluss der Gebirgswaldungen im nördlichen Palästina etc. 107
einen Dtirchmesser von 07 C'entim., eine der stärksten Knoj)-
penieichen einen solchen von 51 Centim. , während die Hölie
jener etwa 10, dieser etwa 6 Meter betrug. Unterj^eordncte
Holzarten in Banmform auf diesen beiden Seiten (U-s Herfj:es sind
der wihle Johannisbrotbaum, in Buschform Phillyrea media', arab.
Asshembläs[^Red.]), der Storaxbaum (Styrax officinalis), einsehr
kknnblättriger SchAvarzdom 'ein baumartig gewachsenes Exem-
plar mass kniehoch 20 Ctm. im Durchmesser und ein Weiss-
dorn Crataegus monogyna). Auf der niederwaldartig bewalde-
ten Süd- und Westseite finden sich vorwiegend dieKermeseiche,
Wildpistazie, der wilde Johannisbrotbaum (mehr in liaum- als
Huschform), spärlich die Knopperneiche, die beiden Dornen und
der Storaxbaum. Das nördlich an den Tabor grenzende Waldland
ist mit einem hauptsächlich aus der Knopperneiche und einer ge-
ringen Anzahl Kermeseichen zusammengesetzten Art llutewald
bestockt, dessen nicht geschlossen stehende Stämme alljährlich
oder in längeren Zeiträumen behufs Gewinnung von Holz einer
Schneidelung unterzogen werden.
Was den westlichen The il des nahen Wald gebie-
te s betrifft, so liegen die nächsten W^aldungen desselben etwa
3 Kilom. westlich von Nazareth. Das Waldgebiet umfasst von
hier an westlich nahezu das ganze zwischeji den Ebenen Sebulon
imd Esdrelon liegende Gebirge. Die Länge dieses Waldgebietes
in der Richtung von Osten nach Westen beträgt etwa 17 Kilom.,
die durchschnittliche Breite von Süden nach Norden etwa 6 bis
7 Kilom, Auf dem von Nazareth über Bet Lahm nach Haifa
führenden sogenannten Winterwege reitet man gegen drei Stun-
den zwischen bewaldeten Hängen und durch Waldbestände hin.
Letztere bestehen der Betriebsart nach zu einem grossen Theile
aus Niederwald, welcher namentlich aus der Kermeseiche, der
Phillyrea media, dann der Knopperneiche , dem Erdbeerbaume,
Knoppern tragen, »'Afs«. Im nördlichen Syrien dagegen, wie bei Baalbek,
Antiochien, bezeichnet man diese Eichenart überhaupt stets als «'Afs«. »Bal-
lüt« heissen übrigens bei den Fellachen in Syrien, z. B. in der Nähe von Bei-
rut, auch die Eicheln der Kermeseiche Quercus coccifera;.
1) Dieser und einige andere in diesem Artikel angeführte Holzsträucher
wurden in rühmenswerther "Weise von dem Apotheker Herrn Dr. Sickenber-
ger in Kairo , einem ausgezeichneten Kenner der orientalischen Flora , be-
stimmt.
■jjiv Anderlind,
der Terebinthe und dem nur sehr selten vorkommenden Judas-
baume Cercis siliquastrum zusammengesetzt ist. zu einem
erheblichen Theile aus hutewaldartigem Hochwalde (JSchueidel-
M aide und zu einem kleinen Theile aus ziemlich gut geschlosse-
nem Hochwalde. Hute- Avie Hochwald werden von der Knoj)-
])enieiche dargestellt.
Wie das nahe, so zerfällt auch das ferne Wald gebiet in
zwei Theile. einen grossen , jenseits der Ebene Sebulon gelege-
nen, nördlichen und einen kleineren, jenseits der Ebene Esdre-
lon gelegenen, südwestlichen Theil.
Die nächsten Bestände des grossen nördlichen Tjhei-
les des fernen Waldgebietes sind von .Nazareth in nörd-
licher und nordwestlicher llichtung etwa lu — 11 Kilometer ent-
fernt. Von Süden nach Norden erstreckt sich das Waldgebiet
ungefähr 55 bis 6 U Kilom. weit. Die nördliche Grenze desselben
liegt sonach etwa 65 bis 70 Kilom. von Nazareth. Die durch-
schnittliche Breite von Osten nach Westen beträgt etwa 25 Ki-
lom. Begrenzt ist es im Süden durch den westlich vom See Ge-
nezareth sich erhebenden Bergzug des Karn Hattin und die Ebene
Sebulon, westlich von der Ebene 'Akka. dem Mittelmeere und
der Ebene von Sür (Tyrus' . Nördlich und östlich kann man sich
das Waldgebiet begrenzt denken durch eine Linie . welche öst-
lich von Tyrus. am Gebirgsrande beginnend, über die Orte Käna,
Tibnin, Safed nach dem Bergzuge des Karn Hattin läuft und am
östlichen Ende der Ebene Sebulon endigt. JJer Waldform nach
gehören die vorhandenen Bestände theils dem hutewaldartigen
Hochwalde (Schneidelwalde' , theils dem Niederwalde an. Die
Holzarten bei beiden Waldformen unterscheiden sich nicht we-
sentlich von den Holzarten , welche die gleichen Betriel)sarten
des nahen Waldgebietes aufweisen. Wie beim nahen, so be-
deckt der Hutewald auch beim fernen Waldgebiete vorzugs-
weise die Platten und sanften Hänge des Gebirges, während der
Niederwald die steilen und schroffen Hänge einnimmt. Hute-
wald findet sich haiiptsächlich auf dem galiläischen Gebirge
zwischen der Ebene Sebulon, welche etwa 17 Kilom. südlich
von 'Akka in die Ebene 'Akka ausläuft, und dem etwa 15 Kilom,
nördlich von der Stadt 'Akka ins Meer mündenden Wadi el-Karn.
Im übrigen Theile des Waldgebietes zeigt sich übei-sviegend Nie-
derwald, in ansehnlichen Massen besonders an den steilen Nord-
Der Einfluss der Gebirgswaldungeii im nördlichen Palästina etc. 109
hängen, stellenweise selbst an den Südlüingen des die nördliche
Grenze der Ebene Sebnlon bildenden Gebirgsznges, ferner auf
der Westseite des Dscherniakgebirges namentlich bei den Dur-
fern Bet Dschenn nnd Harfisch, nnd im Gel)irge südöstlich von
Tyriis bei den Dörfern Käna und Tibnin i) . In einem Theile der
Niederwälder, hier häufiger, dort seltener, sind Oberständer vor-
handen, welche stets aus der Knopperneiche bestehen.
Der kleinere, südwestliche Theil des fernen
Waldgebietes wird von den Waldungen gebildet, welche die
auf der Nordostseite von der Ebene Esdrelon , auf der Südwest-
seite von der Ebene Saron begrenzten, von Nordwesten nach Süd-
osten verlaufenden beiden Gebirgszüge, den Karmel und das
Ephraimgebirge ; in einer Ausdehnung von ungefähr 40 bis 45 Ki-
lom. bestocken. Dieses Waldgebiet hängt jedoch nicht ununter-
brochen zusammen, sondern zeigt im nordAvestlichen Theile des
Gebirges Ephraim eine bemerkenswerthe Lücke. Letzteres ist
von dem Punkte an, wo es an den Karmel anschliesst. etwa 2U
Kilom. südöstlich von Haifa, in der Richtung nach Südosten auf
einer Strecke von etwa 10 bis 12 Kilom. völlig waldleer und meist
landAvirthschaftlich bebaut. Danach kann man zwischen einem
Karmelwaldgebiete und einem Waldgebiete des Ge-
birges Ephraim unterscheiden.
Das erstere umfasst beinahe den ganzen Karmel. welcher
nur an seinem nordwestlichen Ende in der Umgebung des Karme-
literklosters und am Südostabhange seines südöstlichen Endes in
der Nähe der Opferstätte (des zu dem vorher genannten Kloster ge-
hörigen kleinen neuen Klosters el-Mahraka) , sowie an einzelnen
Hängen der Südwestseite auf kleinen Strecken gar nicht oder
doch nur dürftig bewaldet ist, und hat eine Länge von etwa 22
Kilom. bei einer Breite von 6 bis 8 Kilometern,
Das in der Umgebung, vornehmlich südöstlich des grossen
Dorfes Umm el-Fahm gelegene Waldgebiet des Gebirges
Ephraim dehnt sich von Nordwesten nach Südosten ungefähr
1) Die westlich und nordwestlich von Safed vorkommenden AValdungen
habe ich nicht selbst gesehen. Ich beschreibe sie daher nach den Mittheilun-
gen, welche mir darüber der österreichische Konsularagent. Herr Jos. Mi-
klasiewicz in Safed, dem ich auch die freundlichste Aufnahme in seinem Hause
verdanke, in anerkennenswerthester Weise gemacht hat.
IJQ Anderlind,
10 bis 12 Kilom. und von Osten nach Westen etwa 10 bis 15Ki-
lom. ans. In letztgenannter Richtung erstreckt es sich bis zu den
in der Gegend von Tantura-Cäsarea weit ins Land vorgedrunge-
nen Meeressanddiinen der Ebene Saron.
Die Karmel Waldungen setzen sich zum grösseren Theile
aus NiederwakUnigen, zum kleineren Theile aus Hochwaldungen
zusammen. Die Niederwälder werden gebildet von der Kennes-
eiche , der Knopperneiche , welche hier besonders schöne und
grosse Knoppern trügt, Phillyrea media, dem Erdbeerbaum, der
Wildpistazie, dem Avilden Johannisbrotbaiime , der Terebinthe,
dem Storaxbaume , der die Höhe von einem Meter und darüber
erreichenden Cistrose Cistus-, dem Stechginster, Lorbeerbäume
(bei der Opferstätte) etc. Dazwischen stehen, besonders häufig
in der Gegend der Opferstätte, Knopperneichen als Oberständer.
Diese erreichen bisweilen beträchtliche Dimensionen. Eine an
dem lückig bestandenen Hange südöstlich der Opferstätte wur-
zelnde Knopperneiche hatte eine H öhe von circa 1 5 Metern und
in Brusthöhe einen Umfang von 4.55 Metern. Ein grosser Theil
der Niederwaldungen zeigt ziemlich guten bis sehr guten Schluss.
Auf dem mittleren Theile des Gebirges und zwar vorzüglich auf
den Hochlagen, insbesondere auf dem Rücken, ist die Form der
Waldungen eine hochwaldartige. Hier kommt die Seestrandskie-
fer in erwähnenswerther Ausbreitung vor. Ich traf sie südöstlich
vom Karmeliterkloster zuerst etwa drei Kilom. von letzterem.
Auf bedeutenden Strecken ist sie die herrschende Holzart, frei-
lich bei einem Alter von meist nicht über 10 — 12 Jahren. Völlig
geschlossene alte Kiefernbestände scheinen aiif dem Karmel
ganz zu fehlen. Ich fand nur an dem steilen Süd- und Nord-
hange einer westlich nach dem Meere auslaufenden Schlucht,
etwa sechs Kilom. südöstlich vom Karmeliterkloster, neben an-
derem spärlichen Waldwuchs ungefähr hundert ältere 20 — 35jäh-
rige Seestrandskiefern vor, von denen eine, wohl die stärkste
unter ihnen , eine Höhe von etwa sieben Metern und in Brust-
höhe einen Durchmesser von 35 Centim. hatte. Als untergeord-
nete Holzarten bemerkte ich in den jungen Seestrandskiefern-
beständen namentlich die Kermeseiche, Phillyrea media, die
Cistrose, den Avilden .Johannisbrotbaum, die Terebinthe, den
Stechginster und wilden Olivenbaum sehr selten) .
Die Waldungen des Gebirges Ephraim sind theils
Der Einfluss der Gebirgswaldungen im nördlichen Palästina etc. j | 1
Nieclerwaldimgen, theils hutewaldartige Hoch-waldungen. Erstere,
hauptsächlich südöstlich von Umm el-Fahm gelegen nnd stellen-
weise sehr dicht, fast undurchdringlich, bestehen im wesentlichen
ausderlvnopperneiche, derKerraeseiche, Phillyrea media und dem
Storaxbaume. Da und dort ragen aus den Niederwäldern ein-
zelne Oberständer (Knopperneichen) empor. Die hutewaldarti-
gen, von der Knopperneiche dargestellten Hochwaldungen
stocken zum Theile auf dem lierglande nordnordwestlich, zum
Theile südöstlich und südlich von Umm el-Fahra, und zum Theile
südwestlich und westlich von diesem Orte auf dem allmählich
nach den Meeressanddünen in der Ebene Saron abfallenden
Theile des Gebirges.
Von Nazareth sind sowohl die Karmelwaldungen , wie die-
jenigen des Gebirges Ephraim an den Stellen, wo sie am näch-
sten zur Stadt liegen, etAva 17 — IS Kilom., an den Punkten, wo
sie am weitesten von der Stadt abliegen, nicht über 35 Kilom.
entfernt.
Einen günstigen Standpunkt für Gewinnung eines Uber-
bhckes über einen grossen Theil der vorstehend beschriebenen
Waldgebiete bildet die Terrasse des auf der südöstlichen End-
spitze des Karmels gelegenen Klosters el-Mahraka. Von hier aus
sah ich zunächst ringsum einen Theil der im allgemeinen gerade
in dieser Gegend, insbesondere in "westlicher und nordwestlicher
Richtung, prachtvollen Bestände des Karmels, gen Südwesten
einen Theil der Waldungen des Gebirges Ephraim, nördlich, jen-
seits der Ebene Esdrelon , grosse Waldmassen auf dem galiläi-
schen Gebirge zwischen 'Akka und Nazareth, östlich eine Partie
der Waldungen des von dieser Stelle aus halbkugelförmig er-
scheinenden Tabor. Einen Augenblick schien es, dass die Freude,
Avelche mir die Betrachtung des verhältnissmässig grossartigen
und schönen Waldbildes bereitete , getrübt werden sollte. In
westlicher Richtung nahm ich an zwei Stellen aus den Wäldern
emporsteigende Rauchsäulen wahr, Avelche von zerstörenden
Waldbränden herrühren konnten. Zum Glück erwies sich meine
Besorgniss als unbegründet. Nur stille Meiler qualmten dort.
Man verkohlt das Holz im nördlichen Palästina nicht wie im Ge-
birge Juda in ausgemauerten Gruben, sondern durchgängig nach
deutscher Art in oberirdischen Meilern.
Über den Flächeninhalt der vorstehend beschrie-
\ |o Anderlind.
benen Walclge biete vermag ich, da sie nicht vermessen sind,
genaue Angaben natürlich nicht zu machen. Selbst nur an-
nähernd richtige Angaben auf Grund einer Schätzung sind
schwer zu gewinnen. Indess habe ich auch auf die Gefahr hin,
der Kühnheit geziehen zu werden . -versucht, den Flächeninhalt
der Waldgebiete . dann der in diesen vorhandenen Waldungen,
ferner der Volhvaldungen einzuschätzen und danach das Verhält-
niss der Flächen der Vollwaldungcn zu der Landesiiäche zu be-
rechnen, und führe das Ergebniss meiner Schätzung und l^erech-
n\ing hier an.
Es umfassen die beschriebenen Waldgebiete, ein-
schliesslich der darin enthaltenen unbewaldeten Flächen. 1.5S0
Quadratkilometer oder 158,000 Hekt., die darin vorkommenden
wirklichen Waldflächen, das heisst die mit vollkommenen
oder unvollkommenen Waldbeständen bedeckten Flächen. 580
Quadratkilom. oder 58,000 Hekt. , die Vollwaldungen, das
heisst die Flächen, welche sich ergeben, wenn man die zu einem
grossen Theile nicht voll bestandenen wirklichen Waldflächen
sich auf voll bestandenen Niederwald , beziehungsweise Hoch-
wald zurückgeführt denkt, 258 Quadratkilom. oder 25,800 Hekt..
wovon 194 Quadratkilom. oder 19,400 Hekt. als Y ollnieder-
waldungen und 64 Quadratkilom. oder 6400 Hekt. als Voll-
hochwaldungen gelten können. Ich habe bei dieser
Schätzung angenommen , dass die Niederwaldungen durch-
schnittlich zur Hälfte voll bestockt seien, dass ein Hutewald nur
ein Drittel von der Stammzahl eines Hochwaldes gleicher
Flächengrösse enthalte, und dass daher in der Dichtheit der he-
stockung erst drei Flächeneinheiten Hutewald gleich zu erachten
seien einer Flächeneinheit vollen Hochwaldes.
Dürfte man annehmen als Grenzen von Galiläa im AVesten
das mittelländische Meer, im Osten den Jordan und die von die-
sem durchströmten beiden Seen Merom und Genezareth, im Nor-
den eine gerade Linie, welche vom mittelländischen Meere über
Tibnin zum Jordan, im Süden eine gerade Linie, welche von
dem genannten Meere über Dschenin zum Jordan geht, so be-
trüge die Landesfläche Galiläa's ungefähr 4320 Quadratkilom.
oder 432,000 Hekt. Galiläa in dieser Ausdehnung umschliesst
somit sämmtliche oben beschriebene Waldgebiete. \ind es be-
trägt von der gesammten Landesfläche die wirkliche
Der Einfluss der Gebirgswaldungen im nördlichen Palästina etc. 1 j :\
Waldfläche J3,48%, die Flüche der gesammten Voll-
Avaldungen 5,97 7o, und zwar die der Volliiiederwal-
(lungen 4.49% und die der Vollhoch Waldungen i,4S"/o.
Man ersieht aus dieser Darstellung, dass Nazareth in der
Nähe ansehnlicher Waldungen gelegen ist. Letztere werden die
sie umgebende Luft stark abkühlen. Treffen dann die feucht-
warmen, über das mittelländische Meer kommenden Südwest-,
West- und Nordwestwinde auf diese stark abgekühlten Luft-
schichten, so muss eine Verdichtung der in jenen Luftströmen
enthaltenen Wasserbläschen zu liegen iSchneCi erfolgen. In die-
sem Sinne können Niederschläge in Nazareth um so leichter ein-
treten, als weitaus die grössten Waldmassen südwestlich, west-
lich und nordwestlich von diesem Orte sich vorfinden, so dass
die Meereswinde, welche nur von diesen Richtungen kommen
können, stets auf die durch die Waldungen abgekühlten Luft-
schichten stossen müssen.
üb den Waldungen insofern ein Antheil an der Vermehrung
der Regenmenge zufällt, dass auf bewaldeten Flächen unzweifel-
haft eine grössere, unter Umständen vielleicht sich zu Nieder-
schlägen verdichtende Wassermenge verdampft, als auf wald-
kahlen Flächen, möge dahin gestellt bleiben.
In der LTmgegend von Jerusalem dagegen giebt es nach obi-
ger Waldbeschreibung Wälder so gut wie nicht. Die Luft in den
waldleeren Gebirgen bei Jerusalem wird sich bei der Annahme,
dass dieselben gleiche Höhe wie die bei Nazareth haben , auch
nicht so stark abkühlen und eine Verdichtung der in den feucht-
warmen Meereswinden enthaltenen Wasserdämpfe zu Regen
nicht in dem reichlichen Masse stattfinden als in Nazareth.
Übertrifft , w^ie oben nachgewiesen wurde , die Regenhöhe
Nazareths diejenige Jerusalems um 4,16 Centimeter, so ist dies
um so bedeutungsvoller, als man, wenn beide Orte in weiter Um-
gebung unbewaldet wären , das umgekehrte Ergebniss erwarten
müsste, dass Jerusalem eine grössere Regenmenge aufweisen
werde als Nazareth. Jerusalem liegt nämlich höher als Nazareth,
und die Gebirgsmassen, welche nordwestlich, westlich und süd-
westlich von Jerusalem lagern (das Gebirge Juda), sind compak-
ter, massiger und höher als die Gebirge bei Nazareth. Die com-
pakten, massigen, hohen Gebirge aber bewirken, weil sie die sie
umgebenden Luftschichten stärker abkühlen, reichlichere Nieder-
114
Anderlind,
schlüge als die von Aveiten Ebenen durchbrochenen schmiileren.
niedrigeren Gebirge ' . Die Höhe Jerusalems über dem Mittel-
meere beläuft sich auf 740 — SOO Meter (Tempelplatz 743, Berg
Zion 76S. nordwestliche Ecke der Stadtmauer beim Hotel Feil
7S4 Meter . Die höchsten Punkte auf dem Gebirge Juda in nord-
westlicher, westlicher und südwestlicher Richtung erreichen un-
gefähr 900 Meter, ISazareth dagegen liegt nur 26G,4 Meter über
dem Mittelmeere und die höchsten Berge in nächster Nähe von
Nazareth ' 1 — 3 Kilom.) sind nicht über 400 Met. hoch, während
der Karmel. das höchste Gebirge, südwestlich, Avestlich und
nordwestlich zwischen Nazareth und dem Meere nur bis 507 Met.
ansteigt.
Nebenbei will ich hier noch darauf aufmerksam machen,
dass die Schwankungen in der jährlichen Niederschlagsmenge
durch die Bewaldung der Gebirge abgeschwächt zu werden schei-
nen. In Jerusalem betragen nämlich die Schwankungen zwischen
dem regenärmsten Jahre (1869/70: 31,S5 Centim.) und dem regen-
reichsten (1877/78: 109,05Centim.) 77,20 Ctm.. in Nazareth da-
gegen (1872/73: 37,44 Ctm., 1877/78: 89,61 Ctm. bloss 52.17
Ctm., also 25,03 Ctm. weniger.
Äussern sonach wahrscheinlich schon Wälder Aon der Aus-
dehnung und Beschaffenheit der im nördlichen Palästina vorkom-
menden einen Einlluss auf die Vermehrung der Regenmenge; so
müsste dies in noch bedeutenderem Masse der Fall sein . wenn
Waldflächen vorhanden wären, die einen grösseren Theil, etwa
25^0 ^is 30''/o von der Landesfläche ausmachten, die ferner voll
und statt mit den wenig zweckmässigen Nieder- und Hutewäl-
dern. mit Doppelwäldern bestanden wären, das heisst Hoch-
wäldern, welche ausser einem geschlosseneu Oberbestande noch
1, Den Einfluss der Höhenlage des in der Nähe des Meeres gelegenen
Berglandes auf die Vermehrung der Niederschläge daselbst erkennt mau zum
Beispiele daraus, dass die Regenhöhe in der auf dem Gebirge Juda gelegenen
Stadt Jerusalem durchschnittlich jährlich 11 Centm. mehr beträgt als in der
etwa 55 Kilom. westnordwestlich von Jerusalem am Meeresstrande gelegenen
Stadt Jafa. Für letztere habe ich bei dieser Vergleichung dank der Güte des
Lehrers Herrn Gerhardt Duck in Jerusalem die Ergebnisse der meteorologi-
schen Beobachtungen benutzen können , welche dieser bei seinem früheren
Aufenthalte in Jafa während des fünfjährigen Zeitraumes von 1873/74 bis
1877/78 daselbst angestellt hat.
Der Einfluss der Gebirgswaldungen im nördlichen Palästina etc. 1 1 5
einen aus schatteneitragenden Holzarten etwa dem Jolmnnis-
brotbaum, der Wallnuss. vielleicht auch dem AistsUulenbaunie
[Ficus Bengaleusis', der im Ezbekije-Garten zu Kairo vortrefflich
gedeiht) bestehenden Unterbestand enthielten. .Sorgte man in
Palästina und Syrien für eine Bewaldung in diesem Sinne, bei
welcher auch die Festlegung des an vielen Stellen zwischen Gaza
und Beirut immer weiter um sich greifenden, sogar die Orte As-
kalon und l^eirut (von der Südwest- und Westseite her) mit Xvr-
schüttung bedrohenden Flugsandes zu bewirken wäre, dann
würde der günstige Einfluss, den eine zweckmässige Bewaldung
auf die Interessen eines Volkes ausüben kann , sich in vollem
Masse auch in Palästina und Syrien bemerkbar machen. Die
Länder würden regenreicher werden , die Quellen und Bäche in
der trockenen Jahreszeit reichlicher und nachhaltiger fliessen,
der AVasserstand der Flüsse während des ganzen Jahres sich
gleichmässiger gestalten, so dass eine Minderung der Über-
schwemmungen, dann auch der Versumpfungen und der durch
diese verursachten Malaria einträte. Ferner würden die frucht-
baren Gelände an den Meeresküsten vor Versandung bewahrt
bleiben , die schroffen Unterschiede zwischen Tag- und Nacht-
temperatur . welche dermalen so häufig schwere Krankheiten,
wie Dyssenterie, Augenkrankheiten, hervorrufen, sich abschwä-
chen und die Geldeinnahmen der Waldbesitzer, deren weitaus
bedeutendster in diesen Ländern der Staat ist. bei verständiger
Bewirthschaftung der Forsten sich sehr beträchtlich vermehren.
Zur Erreichung dieses Zieles wäre freilich der Erlass eines
guten Forstpolizeigesetzes und die Einführung einer tüchtigen
Forstdiensteinrichtung unerlässlich. Dabei könnten die Einrich-
timgen Deutschlands , insbesondere die Forstpolizeigesetze und
Forstdienstorganisationen Preussens und Sachsens, die in keinem
Lande der Welt an Güte sich übertroffen finden, als Anhalt
dienen .
Bei solcher Sachlage empfiehlt es sich insbesondere dringend
für die türkische Regierung, die ja gegenwärtig sichtlich auf vie-
len Gebieten der Volkswdrthschaft die anerkennenswerthesten
Anfänge zum Vorschreiten macht, in Bezug auf den gei)lanten
Eisenbahnbau von Haifa und 'Akka nach Damaskus die Wälder-
zerstörung verhütende Bestimmungen zu treffen. Ich höre, dass
den Unternehmern der Eisenbahn die Benutzung der Wälder
116 Anderlind, DerEinfluss d. Gebirgswaldungen im nordl. Palästina etc
Palästina's, namentlich auch des üstjorclanlandes, welches nach
allem, was ich hierüber gelesen, von mehreren Augenzeugen ver-
nommen und, freilich nur aus der Ferne, selbst gesehen habe,
noch erheblich grössere und voUkommnere Waldungen aufzuwei-
sen hat als das nördliche Palästina, für Eisenbahnzwecke gestat-
tet Avorden sein soll. So erspriesslich für die Volks wirthschaft
Palästina's und Syriens ich diesen Eisenbahnbau halte und so
lebhaft ich dessen Ausführung befürworten möchte, so sehr wün-
sche ich, dass dies ohne Zerstörung von Wäldern geschehen
möge. Diess lässt sich leicht ermöglichen. Man verpflichtet die
Eisenbahnunternehmer in der Konzession zum Bahnbau, die ab-
getriebenen Waldflächen nach den Regeln eines guten Wald-
baues wieder anzubauen und wenigstens fünf Jahre lang für In-
standhaltung der Kulturen durch Nachbesserung zu sorgen.
Kairo, den ß. April 18S5.
Beiträge zur Palästiiiakimde ans arabischen Quellen.
Von J. Gildemeister in Jionn.
(Vgl. ZDPV. IV, p. 85 ff. VI. p. 1 ff. VII, p. 43 ff. 215 ff
5. Idrisi'),
Aus dem fünften Abschnitt des dritten Klima 1
(Jaul). I 330). Das Meer von el-Jculzum ist, Avie oben gesagt ^ ,
1) Ich'LSi's Geographie, bekanntlich 1154 für den König Koger von Sici-
lien veri'asst, ist unter den arabischen bis jetzt die von Abendländern für
Palästina am meisten befragte gewesen, wesshalb nöthig erschien, den ganzen
Abschnitt im Zusammenhange zu geben, obschon einiges, das nördliche Sy-
rien behandelnde oder einige Itinerare hätten au-sgelassen werden können.
Eine neue Übersetzung ist wegen der vielen Fehler der vorhandenen Bedürf-
niss, der arabische Text aber lag bis jetzt weder vollständig noch .sicher
im Druck vor. Es ist de Goeje's stets bereite Hülfe, welche durch Mitthei-
lung einer mit sämmtlichen Handschriften coUationirten Abschrift des Pariser
Codex A die Übersetzung ermöglichte. Es kamen später noch für das vierte
Klima durch Neubauer's Gefälligkeit die Varianten des Oxforder Codex C
hinzu ; D enthält diesen Theil nicht. Die vier Handschriften sind in der Vor-
rede zu Dozy's und de Goeje's Description de l'Afrique etc. par Idrisi Leyde
186G, p. XXII charakterisirt und zerfallen in zwei Classen, eine bessere, ge-
bildet durch B, den Pariser Cod. 892 Suppl., und D, den Üxforder Cod. Sb\
des Catalogs, und eine minder gute, bestehend aus C, Oxf. 887, geschrieben
nach Ulli 906, nach Dozy 860, und A, Par. 89;i Sup))l. Dazu kommt der in
Rom 1592 gedruckte, durch Ausla.s3ungen z. Th. wohl zufällig verstümmelte
Auszug, der das eine oder andere Mal eine gute Lesart bietet (K;. Ein kri-
tisches Hülfsmittel geringes "VVerthes ist noch Ibn el-wardi (schrieb S22 =
Chr. 1419; Ausgaben von Köhler 1766, Hylaxder 1784 — 182:{ und Cairo
— dritte? — 1289), der den Abschnitt über Syrien mit geringen Ausnahmen
(p. 161 , 1 — 7 KÖHLER, Lob Syriens, es habe 30 Festungen, darunter die
Ztschr. (l. Pal.-Ver. VHL -^
IIS Gildemeister,
migetahr dreissig Tagereisen lang und seine grosste Breite hat
das Mass von drei Tagesfahrten; (Jaub. 331) dann wird es fort-
■während enger, bis aou dem einen Ufer das andere sichtbar ist ;
die breiteste Stelle ist 3^. wo el-kiilzwn\\c<T\.. Es erscheint -wie ein
5 Fluss ; es finden sich darin hohe Berge oberhalb des Wassers inid
sichtbare und verborgene Klippen und Felsbänke ^;, zwischen
stärkste Karak; 172, S bis 174, 4 Moschee von Damask; 176, ü bis 177, b Ein-
theilung Syriens aus dem/AtZ des Ibn Abd rabl)ih III, 360; tS4, 14 ff. Halab
undHamäh) wörtlich ausldrisi excerpirt und vielleicht ein paar in den Hand-
schriften ausgefallene "Worte bewahrt hat. Aber dieser Apparat reicht nicht
aus, einen völlig genügenden Text herzustellen : da die Handschriften oft in
gleichen Fehlem übereinstimmen 'z. B. gleich anfangs S. 119. 14 srhs oder adbs
für suwais; andere Beispiele bieten die Noten), so stammen sie sämmtlich aus
einer schon fehlerhaften Urhandschrift, und man bleibt bei son.st unbekann-
ten Namen oft zweifelhaft, ob und wie zu emendiren sei. Von dem hier gege-
benen Abschnitt hat Kosexmüllek Analecta arabica III Lpz. 1S2S, 4" den
angeblich vollständigen Text mit einer Übersetzung herausgegeben. Er hatte
aus dem üxforder cod. C ausser einer Collation eine, jedoch keineswegs voll-
ständige Durchzeichnung der im römischen Auszug fehlenden Stellen , die er
aber vielfach nicht richtig gelesen und verstanden hat ; ebenso ist seine auf
Sionita beruhende Übersetzung voll grober Fehler. Besser, aber namentlich
bei Eigennamen, jedoch vielfach auch sonst eben so ungenügend ist Jau-
BERTs aus dem cod. A. verglichen mit B, verfertigte Übersetzung, Par. IS.'iÖ,
über die Dozy und de Güeje a. a. O. in der Vorrede des Nöthige ausgeführt
haben. In einzelnen Fällen sind in den folgenden Noten irre führende Feh-
ler aus beiden kurz erwähnt worden. Da Jaubert so viel citirt worden ist,
so mussten seine Seitenzahlen und ebenso auch die von HosenmÜller's Te.\t
angegeben werden. Über Idrisi's Werk und Person ist jetzt die beste Aus--
kunft in der Vorrede von Amarls und C. Sciiiaparelli's schöner Ausgabe
seines Italiens, Rom 1883 , 40 (Lincei) zu finden. Von seinen Quellen liegt
nunmehr Ibn Haukai vor und die aus ihm genommenen Stellen sind durch
Anführungszeichen und Angabe in den Noten bemerklich gemacht ; auch der
nicht so wörtliche Gel)rauch 11)n Churdädbih's Avar nachzuweisen. Was er
namentlich über christliche Dinge sagt , beruhte gewiss auf mündlichen Be-
richten der von Koger zu Erkundigungen au.sgesandten oder gebrauchten
Personen, da er selbst nicht nach Palästina gekommen ist. Nützlich würde
eine Abzeichnung der Karte sein , zu deren Eriäuterung IdrisT schrieb : man
vergesse nicht . dass solche Ausdrücke wie »ihm gegenüber liegt« sich auf die
Karte beziehen. — Die fett gedruckten Randziffern verweisen
auf die Seiten des arabischen Textes, der als Beilage die-
sem Hefte der ZDPV. beigegeben wird.
2; I S. 5 Jaub. — lünige der nächsten Sätze aus Ibn Haukai S. 36 des
"^f ''^"^^- •^, So alle Handschriften. 4, käla , ein sonst
nicht vorkommendes Wort, ist vielleicht romanisch ecueil, scoglio, und .sikrda
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. | 1 'j
denen man die Wege der Schiffe kennen nuis« ; nnr die Lootsen
und Mcevknndigen iind im Steuern darauf Geschickten, die seine
Hahnen kennen und sich an seine Durchfahrten und Umwege
wagen, dringen hinein. Man schifft auf diesem Meere bloss am
Tak^e ; in der Nacht fährt niemand wegen der schwierigen Wege, r^
gewundenen liahnen und zahlreichen Gefahren.
El-hdzum bestand aus zwei Städten^ . welche jetzt fast ganz
wüst sind, weil sich die f5edninen ihrer bemächtigten und die Habe
der Einwohner plünderten und weil diese fortdauernd bedrängt
sind, so dass ihre Blüthe gering geworden ist. die dahin Reisen- lo
den sich fürchten, ihre Handelswege abgeschnitten sind, das
^'ermögen ihrer Bewohner verschwunden ist und ihre Unterhalts-
mittel beschränkt sind. Letztere trinken aus der Quelle von el-
smcais . einer austrocknenden Quelle mitten im Sand, deren
Wasser salzig ist und von dem Trinkenden nicht leicht hinunter 1.5
gebracht wird.
Zwischen el-kulzum und misr sind 90 Meilen, von el-huhum
nach el-faramä gegen Norden sieben Stationen, und z^^■ar
zwischen dem kulzumer und dem syrischen Meere. Das Zwischen-
liegende heisst der Tih-District . in dem die Israeliten zur Zeit 20
Mosis umherirrten. In el-kulzum werden die auf diesem Meere
fahrenden Schiffe gebaut, deren Bau sinnreich ist. Er besteht 2
darin, dass der Kiel auf dem Lande in der Breite niedergelegt
-oird und dann die Planken an ihn angesetzt werden, so dass sie
fest anhangen, bis sie genau ineinander passen. (Jaub. 332) Dann 2.5
werden sie mit Palmfasern und PalmAverg genäht und zwischen
ihnen mit festhaltenden Substanzen Verbindung hergestellt. Und
wenn dies alles fertig ist , wird es kalfatert mit Fischthran und
feinem Pech. Die Schiffsböden sind in ihrem Bau breit und flach,
damit sie grosse Lasten tragen und nicht an Klippen zerschellen. :<u
Von el-kulzum am Ufer bis nach/f/rä;^ Ahron s**; sind 40 Mei-
len. Die Stadt y«rrtw liegt im Hintergrunde eines Busens. Es ist
eine kleine Stadt, welche einige Araber dieser Gegend besuchen.
Fürün gegenüber ist eine Stelle, die vom Meere ausgebuchtet ist,
zu schreiben. 5; Die zwei Städte, die Ibn el-wardl S. 2S Cairo,
S. 7(> Hylander übernommen hat, haben Veranlassung zu Erörterungen ge-
geben. S. QuATREMERE, Mem. sur l'Eg. I, IT^i ff. 'Ji »Ahrons« fehlt
in B.
9*
1 20 Gildemeister,
und au ilirem Straude ist ein Berg von hartem Stein. Das Was-
ser dringt unaufkörlich ein und wirbelt, und sein Hefalireu ist,
wenn der Wind darin weht, gefährlich. Niemand kann ausser
mit Mühe und Xoth darüber weg, und oft ist, wer hineingerieth,
öumKekomraen, sofern nicht Gott wehrte. In dem, was erzählt
wird, kommt vor, dass Pharao in diesem Meere ertrank.
Von dort bis zum Berge et-tür, der in der Nähe des Meeres
ist imd sich ihm parallel hinzieht, zwischen ihm und dem Berge,
ist ein begangener W^eg. Der Berg ist hoch . man besteigt ihn
10 auf Stufen, und auf seiner Spitze ist ein Andachtsort mit einem
austrocknenden Wasserbrunneu , woraus die dort Auf- und .\b-
steigenden trinken.
Von dem Tür nach cl-mai^daf, einer schönen, sandigen
Stelle mit klarem Wasser, an der Ferien gefischt werden. Von
1.5 hier nach sc/tarm el-bait. einem Hafen ohne Trinkwasser, von da
nach Scharm el-hir ^ einem Hafen ohne TrinkAvasser , von dort
nach ras ahi muhammad'] ^ einem Hafen ohne Trinkwasser, der
die Spitze der " akaha des Gebirgszuges) von aila bildet. Aila
ist eine kleine Stadt, die die Araber besuchen und wo sie ver-
2u kehren *j
^ (JiUib. 337. Ros. 2) jPalästina ist der erste Theil Syriens
von Westen her und sein Gebiet ist vier Tagereisen von rafali bis
el-laddsclnin lang und zwei won Jäfä bis rtliü breit. Das Land der
Leute Lot's. der stinkende See und das Gebirge esch-sc/iarä/t sind
25 dazu geschlagen und bilden administrativ einen Theil davon bis
zum Gebiet von aila. Das Land der Leute Lot's, der stinkende
See und zughar bis nach haisün und Tiberias hin heissen das
ghaur, weil sie ( J. 338) eine Ebene zwischen zwei Bergen bilden.
Alle Gewässer Syriens lliessen dahin ab««) und vereinigen sich,
30 so dass sie einen wasserreichen 'ö) Fluss bilden, der vom See von
Tiberias anfängt und die ül)rigen Flüsse aufnimmt , Avie den
Fluss el-jarmük. J^5 "j, die Flüsse von baisän und was von den
7) Ras abl muhammad haben CDR. Die acharm können aber nur die
jenseits des Vorgebirges gelegenen sein. S Das dazwischen ste-
hende war auszulassen. 9) Aus Ihn I.laukal 111, lo bis 14, oben
ZDPV. VI, 1, 21 ff. 10) Daher der Fluss »Zakhar« bei Sionita,
Helaxd, Rosexmüi.ler. 1 1 d-hadd, oder wie man aussprechen
will, sonst nirgends. Gemeint ist wohl der Jabbok als der grösste Fluss. Viel-
leicht ist das AVort verstümmelt.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 121
Districten ma'ähh. den lieiij^eii von Jovnsaleni. von Jlebion nnd
ebenso von wäiwfes kommt ; alles» die?; vereinigt ;< ich. liis es in
den See von zughar oder den von.Sodom nnd Gomorrlui fallt, den
beiden von Gott versenkten .Städten der Leute Lots, deren Stelle
zu einem stinkenden See ■svurde. Er heisst auch das todte Meer. S
weil darin kein athmendes Wesen . weder Fisch noch Thier. ist
noch sonst etwas, das in sonstigen stehenden oder fliessenden Ge-
wässern existirt. Sein Wasser istheiss, von widrigem Geruch.
Auf ihm giebt es kleine Schiffe, in denen man in dieser Gegend
reist und Getreide und Datteln verschiedener Art von zuf/har und l<»
ed-dära (?) ^^) nach Jericho und den übrigen Ghaurgegenden ver-
verführt werden. Die Länge des Sees ist sechzig, die Breite zwölf
Meilen,
Von rihä nach ziKjhar zwei Tage, von da nach dem Gebirge
esch-scharäh .... und von diesem bis zum Ende desselben zwei 15
Tat^e. Von riJm bis Jerusalem eine Station, von Jerusalem nach
""ammän und der halkä zwei Tage ^''^).
(J. 339) Das genannte rihU gehört nebst '^amatii und huimn
zu den ansehnlichsten Gefilden des ghaur. Das häufigste Pro-
duct des Ghaurlandes ist Indigo i^) und die Einwohner sind "^o
braun oder fast schwarz. — ;^^^^^) ist eine kleine Stadt Palästi- 4
na's ; ihr Wasser ist (R. 3) heiss [A : (immer fiiessendj und ihre
Luft ungesund. — Die Stadt haisän ist sehr klein ; dort sind viele
Palmen und es wächst hier das Rohr sämän^'' . wovon die sä-
12) Der nächst anklingende und zur Lage passende Name wäre derau,
der Name des Wadi von Karak (z. B. Socin-Baed.2 ISlj, der bei Iuby Ausg.
von 1S68, p. 1U9 El Dara gesprochen wird. 13) Es folgt: »von
er-randu nach kaisüripa eine starke Station«, welche "Worte von unten 122, 10
hierher gerathen sind. Die M'iederholung scheint im römischen Text einen
grössern Ausfall veranlasst zu haben. 14, RosenmClli-;h findet
hier Myrobalanen und Balsam. 15) Kann el-dschi ausgesprochen
werden. RosENMÜLLER hält es für das bekannte Eidschi bei Petra (Fata
-öXt- TT, risTpa -ar>av.£iij.£vr, Onom.?;, aber dies ist sicher weder ungesund
noch mit heissen Quellen versehen. Auch nach dem Zusammenhang ist an
einen Ort im Ghor zu denken; soll eine Vermuthung gewagt werden, so
könnte rnan jc-*>'=^^ el-/iasä lesen und sich erinnern, dass im obern Theil des
l.Iasä- oder Ahsäbaches heisse Quellen sind Ikby, 2'J. Mai, S. 137 der Ausg.
von lS(is. Seetzen I, 427, Burckhardt 674); Idrisis Ort wäre dann im
unteren Theile zu suchen. Iti RosenmüLLER macht daraus »gelbe
»Sesamtinctur«.
]22 GUdemeister,
mäm-^lRtten gemacht werden: diese PÜanze Mird nirgends an-
derswo als hier gefnnden iind im übrigen Syrien ist nichts da-
von '" .
Die Bewässerung Palästina' s geschieht durch liegen und
ö Giesshäche; es hat Avenig l^äume. Sein Gebiet hat schöne Ebe-
nen und "ist das fruchtbarste Land Syriens« ^^). Die zwei Haupt-
städte Syriens (sie) sind er-ra/nla und darauf Jerusalem. Er-ramhi
ist eine schöne , bevölkerte Stadt mit Bazaren und Handel und
Ein- und Ausfuhr. Von da hx^Jüfü, welches am Meere liegt, ist
luein halber Tag. von ßamla bis nähulus ein Tag. von Ramla bis
haisZmjja eine starke Station. — nJS'äbulus ist die Stadt der Sa-
mariter«. Hier ist der Brunnen, den Jakob gegraben und an
dem der Herr Christus sass und von der Samariterin Wasser zum
Trinken verlangte; darüber ist jetzt eine schöne Kirche. »Die
lö Bewohner von Jerusalem glauben, dass es ausser dort nirgends
Samariter gebe« ^'^) . — »Die letzte Stadt Palästina's nach dem
(hchifür und der Strasse nach Ägypten hin ist rjhazzafi 20] , und
zwischen beiden 21) sind 30 Meilen. — (J. 340). Von Jilasün
Ramla) nach \tsJxalUn ist eine starke Station, zwischen ^ aslalän
20 und ghazza etwa ■2m Meilen; es ist jetzt durch die rwm Euro-
päer) cultivirt. Der Hafen von ghazza ist tedä^'^] und von ml-
mäs (?) nach' askaiän gegen Osten sind 20 Meilen. — y>El- aflsch,
eine Stadt, die zwei Hauptmoscheen und zerstreute Gebäude
hatte; ihr Boden ist vorherrschend Sand, sie hat Frucht-
25 bäiime und eine Menge Früchte und liegt in der Nähe des Mee-
res« 2^ . — ))Die Strasse von er-ramla nach j'ubnü ^e\ne halbe Station,
von daj nach /asf/ü^;? auf dem Festlande eine Station, von jazdüd
nach dem erwähnten ghazza eine Station, von ghazza nach rafah,
einer blühenden Stadt, eine Station, von da nach el- arisch eine
1"; Da nach Mukaddasi 162, 1. ZDPV. VII 155, 5 dieses Rohr vornäm-
lich im I.Tüla -See Avuchs, was der Natur der Sache nach ■wahrscheinlich, .so ist
im Te.xte Idrisi's eine Lücke anzunehmen. IS, Aus Ihn Ilaukal
111, 17; oben VI, S. 2, 35. 1 9) Au,s Ibn Haukai 1 1 3, 5. (j ; olDen 4,
21. 24. 20. Aus demselben 113, G. 7; oben 4, 27. Jaubert »dans
une autre ville situee ä 30 milles de Ghazza sur le chemin de l'Egypte on
trouve des Samaritains» hat die Worte ganz missverstanden und Juvxboll,
Comment. in hist. gentis Samar. lS4(i, p. 41 irre geführt. 21 Undeut-
lich, da hier^7rts/i« aus dem vorherigen als er-ramla genommen ist. 22; oder
üdä (T, , Anthedon, s. ZDPV. VII, 5 ft'.. 140 ff. 23, Aus Ibn Ilau-
kal 95, 3. 4 des Te.xtes.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. ] O^»
Station, von da nach el-tcarräda ^ einem lialtuplat/, iiahu dem
Meere 'Ibn Hank: ähnlicher Art], eine Station, von da iiacl» el-
faramü, einer Stadt am Meere, dem See von Tinnis henachharf .
eine Station« ■^^j . — " AskulZm ist eine schöne Stadt mit ])oiii)cl- 5
niaiier, mit Hazaren. Aber sie hat aussen keine Gärten und dort 5
ist kein lianm. Der König von Jerusalem eroberte sie mit frän-
kischen und anderen Heeren im Jahr 548 (1153/4) und sie ist jetzt
in ihren Händen; 'askalcm wird zum Lande Palästina gerechnet.
Ihm (dem Lande P?) gegenüber liegen «zwei ansehnliche Ge-
genden el-dschihrd und esch-scJiarZih ; die Hauptstadt des ersteren in
lieisst (J. 341) . . . . , des letzteren adruh. Sie sind äusserst
productenreich (11.4) und haben viel Ol-, Mandel-, Feigen-,
Granatenbäume und Weinstöcke« '^^] . Die Gesammtheit ihrer
P>ewohner sind Kais 2'^). — Südöstlich davon 'von Pal.) ist das
Dorf miita; von dort 2") nach \(mmün geht man zwischen zwei 15
Reihen eines Berges, der el-müdschih heisst; es ist ein grosser
Wadi mit tiefem Boden, zwischen diesen beiden Eeihen laufend,
die von einander nur in dem Masse abstehen, dass ZAvei an den
Rändern Stehende (miteinander vernehmlich sprechen können,
obschon der Abstieg sechs Meilen und der Aufstieg ebensoviel 2o
beträgt.
Von '^ashalcm am Meere , das Avir erwähnt, sind bis zum er-
sten Fort el-mahüz am Meere 25 Meilen; gegenüber landeinwärts
liegen klim zwidsch^d (?) vmd hait dscJiihrll . zwei Etappen, wo
man Rast macht; dann zum zweiten el-mähüz 25 Meilen und 25
von hier nachyrT/ä, dem Hafen von Jerusalem, das zwei kleine
Stationen davon liegt, .... -^) .
Bait el-makdis ist eine ansehnliche, vor Alters gebaute,
ewige Stadt, die Aelia hiess, auf einem Gebirge, so dass man
von allen Seiten zu ihr hinaufsteigt. Sie hat ihre Längenausdeh- 30
nung von West nach Ost. An der Westseite ist das Mihräb-Thor,
das, an welchem die Kuppel Davids ist, an der Ostseite das der
■24) Aus Ibn Haukai 'J4, 16 — 95, 2. 95, 8. 9 etwas verstümmelt; auch
fehlt die Station d-hakküra. 25 Aus Ibn Haukal li:<. 11 — i:?;
oben 5, 9—11. Die Handschriften haben für den ausgelassenen Namen
darüh, därab ; andere Entstellungen s. dort. 26) Rosexmüller ;
»Ihr Boden besteht aus Pech« ! 27) Könnte hier bei Erwähnung
von Ma'äb ausgefallen sein? Vgl. Abulf. 297 , der den Mndschib zwischen
Ma'äb und 'Amman setzt. 2bj Eine Zahlangabe scheint zu fehlen.
124 Gildemeister,
Harmherzigkeit . das verschlossen ist und nur von Palmsountaff
6 Fest der Ölzweige, zu Palmsonntag geöffnet wird. An der süd-
lichen Seite ist das Thor sahjün und an der nördlichen das der
Kahensäule '^ amüd el-ghurüh. (J. 342) Wenn man durch das
5 westliche. dasMihräh-Thor. eintritt, geht man gegen Osten durch
die Nehenstrasse einer Hauptstrasse zu der grossen Kirche, die
die Auferstehungskirche und bei den Muslimen kmnüma heisst;
das ist die, zu der von allen Ländern der rüm. die im Osten und
Westen der Erde sind, gewallfahrtetwird^i' . Man betritt sie durch
10 ein Thor an der Westseite und findet sich innerhalb einer Kup-
pel, die die ganze Kirche umfasst und zu den Weltwundern ge-
hört; die Kirche ist tiefer als dies Thor und man kann zu
ihr nicht von dieser Seite hinabsteigen. Sie hat an der Nordseite
ein Thor, durch das man zu dem untern Theile der Kirche auf
lödreissig Stufen hinabsteigt, das Thor St. Maria genannt, und
liinabgestiegen trifft man das hochheilige Grab. Es hat zwei
Thüren und über sich eine gewölbte Kuppel (R. 5) von solider
Hauart. fester Fügung und eleganter Verzierung, Von diesen
beiden Thüren ist die eine nördlich, dem St. Mariathor gegen-
20 über, die andere südliche heisst die der Kreuzigung und an dieser
ist der Glockenthurm ■*'^-; der Kirche. Ihr gegenüber ist eine sehr
grosse Kirche, in welcher die römischen Franken Messe halten.
Im Osten dieser Kirche , etwas weniges nach Süden hin'^i . ist
das Gefängniss . in dem der Herr Christus gefangen war . und
25 die Kreuzigungsstelle. — Die grosse Kuppel ist rund, gegen den
Himmel geöffnet; rings iim sie sind die Propheten, der Herr
C^hristus, seine Mutter Maria und Johannes der Täufer abgebil-
det. Über dem heiligen Grabe sind von den am Orte aufgehäng-
ten Lampen speciell drei goldene.
29^ Die bei Ibn el-wardi S. 180 KÖHLER, 30 Cair. zugefügten Worte
»und in der die Grabstellen der Franken d. h. der fränkischen Könige, sind«,
sind gewiss im Texte Idrisi's ausgefallen. 30] In .LU-^i^ s'-*^
der Handschriften steckt campanarium. Der Thurm ist also früher, als l>K
VüGÜE. P^glises 207, ihn aus architectonischen Gründen ansetzt. In den Tag
hinein übersetzen Sioxita und der ihn abschreibende Rosexmülleu frons
und Jaubert peristyle und leiten dadurch andere , wie Tobler , Golgatha
p. 2'J, und DE VogÜe, Eglises3S3, der gleich noch einige gardiens hinein-
phantasirt, irre. 31; Jaubert , mit Verwechselung zweier arabi-
scher Verba: en descendant par une pente douce. Daher Tobler, Golg. 333.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 125
Wenn mau aus dieser giüs>teu Kivclic liciaiis und nach
Osten geht, trilt't man das heiÜLre Jlaus, (la> (J. 34-3) Sahjnu»
baute und das z\ir Zeit des Reiches der .Iiulen ein W'allfalirts- 7
heihgthura Avar. Dann wurde es ihnen entrissen und sie (hiraus
vertrieben, bis der Islam kam, unter dessen Herrschaft es als die i
Moschee el-aksa hoch verehrt ward. Auf der ganzen Erde giebt
es keine umfangreichere Moschee, als nur die v(tn C'ordova in
Spanien. Man sagt, dass der überdachte Theil der II auptmoschee
von (!ordova grösser ist als der der Aksä. aber der Hof dieser ist
grösser als der Hof jener. Die Moschee cl-alm bildet ein ^'ier- 1"
eck, 200 Klafter lang und ISO breit. Die Hälfte derselben, wo
derMihräb ist, ist mit Steingewölben und vielen Säulen in Reihen
überdacht . die andere Hälfte ist ein unbedeckter Hof. In der
Mitte der Hauptmoschee ist eine grosse Kuppel, die die Felsen-
kuppel heisst. ausgelegt mit vergoldeten Mosaiksteinen und schö- lä
neu Kunstarbeiten vom Ran der miislimischen Chalifen , und in
der Mitte ist der Fels, der der schwebende genannt wird, ein wie
eine Plattform ^-i) erhöhter Stein in der Mitte der Kuppel. Seine
eine Ecke erhebt sich von der Erde eine halbe Manneshöhe
oder mehr, die andere ist dem Hoden gleich, die Länge kommt 20
der Breite nahe . indem er zehn und einige Ellen im Qiuulrat
hat. Inner- und unterhalb desselben steigt man in ein Küh-
lungsgewölbe , einem dunklen Räume gleich . hinab , dessen
Länge zehn, dessen Breite fünf Ellen und dessen Höhe etwas
mehr wie eine Mannshöhe beträgt. Man geht in diesen Raum 25
nur mit Licht, das ihn erhellt, hinein. Die Kuppel hat vier
Thore; das westliche liegt dem Altare gegenüber . auf dem die
Kinder Israel (ß. 6) opferten ; ( J. 344) in der Nähe des östlichen
ist die Kirche, welche das Allerheiligste hiess. geringen l'mfan-
ges ; das südliche Thor ist dem überdachten Räume gegenüber. 30
der den Muslimen zum F)etort diente. Seit die rnm die Stadt er-
oberten und sie in ihrem Besitz bis auf die Zeit unserer Abfas-
sung: dieses Buches blieb . haben sie den überdachten Theil der
Moschee zu Zimmern gemacht, die der Orden der Templer, d.h.
so viel als der Diener des Hauses Gottes, bewohnt. Das nörd-^^
liehe Thor ist gegenüber einem schönen, mit F);iumen aller Art
32) Alle Handschriften haben »wie ein Schild«. Obiges nach Ibn Haukul
112, 2 vp. '•'>, 9j und Anderen.
jOß Gildemeister,
^»bepriaiizteii Garten, den mit schönster Kirnst gemeisselte Mar-
moisaulen umgeben ; am Ende desselben ist ein Salon zu Mahl-
zeiten fiir die Priester und Ordinirten.
Will man aus dieser Moschee gegen Osten hinausgehen, so
5 gelangt man zu dem , "wie bemerkt , verschlossenen Thore der
Harmherzigkeit; in der Nähe desselben ist ein anderes offenes
Thor , b(ib el-asbcit , Thor der Stämme , durch welches Aus- und
Eingang stattfindet. Aus diesem gekommen geht man ungefähr
das Mass eines Pfeilschusses und findet eine grosse, sehr schöne
1" Kirche unter dem Namen der Herrin Maria; der Ort heisst el-
dschusmZuiiJJa und dort ist ihr Grab am untern Kande^-* des 01-
bergs, imgefähr eine Meile vom Thore der Stämme. Am Aufstieg
zu diesem Berge ist eine grosse , schöne , solid gebaute Kirche,
die Patemosterkirche , luid oben auf dem Berge eine andere
15 schöne und verehrte Kirche, in welcher Männer und Frauen ein-
geschlossen sind, um Gottes Lohn zu verdienen.
Im Osten dieses Berges, etwas nach Süden, ist das Grab des
Lazarus, den der Herr Christus erweckte, und zwei ^Meilen vom
Ölberge das Dorf, (J. 345) aus dem die Eselin zum Gebrauch
•>() des Herrn Christus bei seinem Einzüge in Jerusalem geholt ward ;
dies ist jetzt verv.'iistet und ohne Bewohner. Bei dem Grabe des
Lazarus fängt der Weg zum Jordanthale an, zwischen dem und
Jerusalem eine Tagereise Entfernung ist. Bevor er zum Jordan-
thale kommt, ist die vorerwähnte Stadt arlha^ drei Meilen von
2.5 dem Thale ; an diesem ist eine grosse Kirche auf den Namen
des St. Johannes , die griechische Mönche bewohnen. Das Jor-
danthal geht vom See von Tiberias aus und fällt in den See von
Sodom und Gomorrha ; südlich von ihm ist eine zusammenhän-
gende Wüste.
.30 Wer südlich von Jerusalem aus dem Thore sahjTm einen
OSteinwui-f weit geht (R. 7). findet die Kirche von sahjün, eine
ansehnliche, feste Kirche; in ihr ist das Obergemach, in dem der
HeiT Christus mit den Jüngern ass, und darin die Tischplatte 3*)
noch bis jetzt vorhanden. Hier ist eine Festversammlung am
33) Die Lesarten der fünf Handschriften führen auf hihusr. 34) »Die
vom Himmel herabgesendet ward« setzt Ihn el-wardi S. 1S2 Kühler, 31 Cair.
hinzu. Also die ausSur. .5, 112, verquickt mit dem Marmortisch, den S.\EwrLF,
Kecueil de la Soc. de Geogr. IV, S4ti, um 1102 sah.
Beiträge zur PaLästinakunde aus arabischen Quellen. I 27
grünen Donnerstag. Vor dem Thore sahjün steigt man zn einer
Schlncht hinab , welche ivüdl dschahati/nan lieisst ; an der Seite
derselben liegt eine Kirche auf den Namen des l'etnis inid in
der Schlucht ist die Quelle von mkcäu, in welcher der Herr Chri-
stus den armen Blinden heilte, der vorher keine Augen hatte. r>
Von dieser Quelle nach Süden liegt das Feld, auf welchem die
Fremden begraben wurden, das der Herr zu diesem Zwecke ge-
katift hatte. In der Nähe sind viele in Fels gehauene Wohnun-
gen , in denen sich Männer zum Gottesdienste eingeschlossen
haben. lo
Bau lahm ist der Ort, wo der Herr Christus geboren ward,
sechs Meilen von Jerusalem. In der Mitte des Weges ist das
Grab der Kahel, der Mutter Josephs und Benjamins, der Söhne
Jakobs, ein Grab, auf dem zwölf Steine sind und über dem eine
aus Stein gewölbte Kuppel ist. (J. 346) Bethlehem hat an der 15
Geburtsstelle eine schöne Kirche von fester Bauart und solidem
Grunde, geräumig, äusserst geschmückt, so dass unter allen
Kirchen keine an Bau ihr gleich ist ; sie liegt auf einer Boden-
stufe und hat im Westen ein Thor. Darin sind die elegantesten
Säulen und in der Nordecke des Chores [haikal] ist die Höhle. 20
in der der Herr Christus geboren ist, und zwar unter demselben,
und innerhalb der Höhle die Krippe, in der er gefunden ward.
Von Bethlehem ausgehend, sieht man östHch die Kirche der
Engel, welche den Hirten die Geburt des Herrn Christus verkün-
deten. — Von hait lahm bis zur Moschee Abrahams im Süden 25
sind etwa 18 Meilen; es ist ein stadtmässiges Dorf, »in dessen
Moschee die Gräber Abrahams, Isaaks und Jakobs und jedem
Grabe gegenüber die Gräber ihrer Frauen liegen. Die Stadt liegt
in einer Bodensenkung zwischen dicht mit Bäumen besetzten
Bergen , nämlich ()1- , Feigen- , Sycomorenbäumen und vielen 3o
Früchten« ^^) .
Im Norden Jerusalems ist kein Gebäude. Von dort uörd-io
hch nach der Stadt nähulus sind zwei Tage . von nUhdm nach
er-ramla eine starke Tagereise , ebensoviel von Jerusalem nach
er-ramla (R. 8). Von Jerusalem nach 'ammän und der halkar^
zwei Tage und ein Theil eines Tages. Von Jerusalem nach Ti-
35) Auslbn Haukai 113, 1—4; oben 4, 12—20.
1 2 s Gildemeister,
berias siiul neunzig Meilen . von Tiberias nach Kamla drei »Sta-
tiunen.
Tiberias is^t die grösste und Hauptstadt des urdtuin. ^'un
ihr nach sTir sind zwei starke Tagereisen, nach dem Abstieg aflk
5 ein Theil eines Tages . ebensoviel nach baisän. Von ihr nach
'amatä 3^' ; der Hauptstadt des Ghaur . . . . , zum Ende des w-
chtfm-gehieies . . . . (J. 347) und von hier nach einem Orte, der
el-dschamiht'^'' heisst. ein Tag. A'on Tiberias nach '^akkä zvcex
kleine Tage, Es (Tiberias) ist eine ansehnliche Stadt an einem
10 hohen Berge, lang gestreckt bei geringer Breite. Es ist fast zwei
Meilen lang und unter ihm östlich liegt ein See mit mittelmässig
gutem Wasser, zwölf Meilen lang und eben so breit. Auf ihm
fahren Schiffe, mit denen die Producte zur Stadt gebracht wer-
den: sie hat eine feste Mauer; in ihr werden allerbeste Matten
15 von 5äw?«w-Binsen gemacht, deren gleiche selten in einem andern
der bekannten Länder gearbeitet werden. In dieser Stadt sind
Bäder, zu deren Erwärmung man kein Feuer braucht und die im
Winter und Sommer heiss sind. Dazu gehört das ed-damäkir-
Bad. ein grosses, in dessen salzigem Wasser am Ausgangspunkte
2ü Böcklein \ind Hühner abgebrüht und Eier gesotten werden kön-
nen, femer das el-liilii'-Vi-eiiS.. kleiner als jenes, mit heissem und
nicht salzigem Wasser. Dies heisse Wasser vertheilt sich in die
benachbarten Häuser , man wäscht sich damit und gebraucht es
sonst. Ferner gehört dazu das Bad, das el-7n\ndsch2ida heisst.
25 In keinem Bade auser dem »kleinem Bade« wird Feuer angezün-
det; dies erbaute ein muslimischer Prinz in seinem Palaste, um
es mit seiner Familie, Kindern und Gefolge zu benutzen; nach
seinem Tode wurde es dem öffentlichen Gebrauche übergeben ;
Ilsein Wasser allein wird mit Feuer erwärmt. Südlich davon sind
30 viele heisse Quellen, wie die m\uv?ikk2i~in-Q\\Q\\e und die esch-
scJiaraf-Q\\e\\a . und andere . zu denen das Quellwasser seit un-
denklicher Zeit heiss fliesst. (J. 348) \o\\ allen Gegenden kommen
die Kranken. Gelähmte 3'^] . Paralytische, Brustkranke, A'erwun-
'M\] So C und darauf führen die übrigen Lesarten, nur dass D ein unver-
ständliches •^'^*:^ hat. 37y B el-dschahila. 3S, Nacli
C'onjectur. Die Handschriften : »genestelte« ; diese werden aber nicht durch
Bäder geheilt.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. I 2'.»
(lete, Hautkranke, bleiben in ihnen drei Taffe im Walser und
werden mit Gottes Hülfe gesund.
Zu den Küstenstädten l'alilstina's gehören 'ashilhn, arsuf.
jäfTi, alle an Umfang, IJeschatfenheit und Zuständen der Ein-
wohner ungefähr gleich, dabei wohlgebaut, fest und gut eulti- •">
virt. Dort giebt es Ölbäume, während der Heben sehr viele sind.
Jiifä besonders ist eine Seestadt, der Hafen des drei kleine »Sta-
tionen entfernten Jerusalem , 1 2 Meilen von Karala. KaisUnJjo
ist ein grosser Ort mit bevölkerter A'orstadt und starker Befesti-
gung. Von jTifä nach JmisäriJJa sind 30 Meilen, nacli nübulun lo
eine Station, nach er-ramla zwei kleine Stationen, nach der Stadt
haifü am Meere zwei Tage; haifä liegt unter dem Vorgebirge
des karmal-^'-' . das in das Meer vorspringt, und an dem ein zum
Ankern von Flotten guter Ankeiidatz ist; die Stadt ist ein Ha-
fen für das drei leichte Stationen entfernte Tiberias. Von haifä ^^
nach \ikka ist eine Station von 30 Meilen auf dem Landwege,
auf dem Meere eine directe Entfernung von 18 Meilen, — '^ Akka
ist eine grosse Stadt mit weitem Territorium, vielen Gehöften
und einem schönen und sichern Ankerplatz ; die Einwohner sind
gemischt. Von Tiberias ist sie zwei Tage; von ihr zur Festung 2u
ez-zib , einer schönen Festung am Ufer des Meeres, 12 Meilen;
von dort zu den tiawiiklr, drei weissen (J. 349), hohen, am Ufer
emporragenden Bergen , etwa 1 8 Meilen, von der Mitte der na-
waklr bis zur Stadt el-iskcmdarijja fünf Meilen, von dort bis zur
Stadt sTir 15 Meilen. SUr ist eine schöne Stadt am Ufer des 2.5
Meeres, Ankerplatz imd Auslaufsort für die Schiffe, ein fester, alterl2
Ort. Das Meer umgiebt sie von drei Seiten; sie hat eine grosse
Vorstadt, in der gute Glas- und ThouAvaaren verfertigt werden,
ebenso arbeitet man dort weisse Kleider , die nach allen Gegen-
den hin verführt werden ; alles ist von ausgezeichneter Qualität 30
und Arbeit und hohem Preise, selten wird ähnliches in den um-
liegenden Städten gemacht. Klima und Wasser Rand-
note in C vom Jahre 1370 Chr.: Die Stadt mr ist heute
zerstört , aber gleichsam pausirend , Bewohner aufzunehmen ;
sie verdient wegen ihrer Festigkeit wieder cultivirt zu werden, :<.i
da der Feind saidä, beherrscht^";, aber die Könige kümmern sich
39j Hier hat allein R die richtige Lesart. 4u Da seit 121)1
Saida stets unter ägyptischer Herrschaft stand, kann dies nur so verstanden
1 30 Gildemeister,
nicht um Landescultur.j Von sUr nach Tiberias smd zwei grosse
Tagereisen und nach adlUn^^). einem festen Schlosse am Meere
von hier nach sarfand, einer schönen liurg. 20 Meilen.
von dort nach ««/f/« 10 Meilen. Zwischen sar und sarfand fällt
5 der Fluss llta^'- . der seine Quelle im Gebirge hat. ins Meer. Von
sür nach Damask sind vier Tage.
Die Stadt Damask gehört zu den ansehnlichsten (R. 9). wohl-
gelegensten . rücksichtlich des Klima gleichmässigsten. an Bo-
den vorzüglichsten, bewässertsten. mit Früchten und Producten
10 im allgemeinen am besten versehenen, an Geld reichsten, mit
Militär behaftetsten und durch prächtige Gebäude ausgezeichnet-
sten ()rtlichkeiten Syriens; sie hat Berge. soAvie Saatfelder die
e]-ghTita heissen. (J. 350) Letztere ist zwei Stationen lang und
eine breit: es giebt darin Weiler wie Städte, z. B. el-mizza, dä-
Ibrajjä^'^ , barzä^* . harasta, haukaha?. halcis^^\, kafar sTisiJJa. halt
el-ahrü l ■"'^), wo eine der Damascenischen fast ähnliche Haupt-
moschee ist. Vor dem westlichen Thor von Damask liegt das
wäc??"/-Äa««/5af7Äc//(Veilchen-wadi , zwölf Meilen lang, drei breit,
ijanz bepflanzt mit allen Arten von Fruchtbäumen. Jeder dieser
20 ^^'eiler ist von tausend bis zweitausend Männern bewohnt, mehr
oder weniger. Die gJnifa besteht ebenfalls aus lauter Bäumen
und Flüssen . ihre Gewässer theilen sich und durchfliesseu die
Gärten und "Wohnungen. Es sind darin Fruchtarten, die
sich nicht aufzählen lassen, und mit denen nichts A'ergleichung
25 aushält an Menge. Wohlfeilheit und Güte. Damask ist in seinen
Umgebungen das anmutliigste unter den Ländern Gottes.
13 Die die glnita durchfliessenden Gewässer gehen aus von
am el-f'tdscha auf dem höchsten Theile des Gebirges, \o\\ wel-
chem schon das Wasser wie ein grosser Fluss mit furchtbarem
30 Geräusch und grossem weithin hörbaren Lärm herabkommt.
werden , dass es im Machtgebiete des Feindes und ihm zu leichter Eroberung
preisgegeben war. Dies passt aber nur auf die Zeit der Seekriege zwischen
Cypern und Ägypten 1365—72. 41. Kudäma hat noch die ur-
sprüngliche Form \idmni. 42, Alle fünf Handschriften bieten
lanta. 43 RüsexmCller und Jaubert nach BIl «und ihr Gebiet«.
44) Mss. hardä, fardü : über das ä in solchen Wörtern s. Jäküt I. 565. 4.
45 ob haläf? ein kaukah haben v. Kremer , Mittelsyrien 17S und Kobin-
SON III, 901 im "Wädi'l-adscham. 40) Varianten: el-ahicä, el-huwä;
doch nicht hnit lihjä ?
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 1 3 t
Man sieht das Herahkommen des Wassers hei dem Dorfe UhU^'']^
und bis er zur Stadt kommt, zweigen sich von ihm die in ihr
vielgenannten Flüsse ah. i\.ex Jazld . der laitra, der baradä, der
kafiät el-mizza . der hcinüs . der Jaä*.*'» , der jatic/i/:ür^'\ . der
'üclija^^). Dieser Fluss ist nicht trinkhar. weil an ihm die Koth- 5
auslaufe der Stadt und der Schmutz ihrer Spülwasser und klei-
ner Kanäle sind. Der Fluss durchfliesst die Mitte der Stadt, und
über ihm ist eine Brücke, auf der die Menschen passiren. Ahn-
lich gehen von den übrigen erwähnten Wädi Hinnen aus . die
durch die Stadt fliessen und zu den Häusern, l^ädern. Bazaren lo
und Gärten führen.
(J. 351) In ihr ist die Hauptmoschee, die auf der Erde ihres
Gleichen nicht hat an Bauart, an schöner Beschaifenheit. solider
P'ügung. fester Wölbung, wunderbaren Zeichnungen, elegantem,
durch vergoldete Mosaik, geglättete Fliesen, polirten Marmor i.i
hervorgebrachten Flimmer. Sie liegt in einem Quartier, das e1-
mi'zäb heisst. Wer von der Seite des Thores dschairün kommt,
steigt zn ihr auf einer grossen , breiten Marmortreppe von unge-
fähr dreissig Stufen hinauf; wer vom Thor el-harld und dem
grünen Ausfallsthore ^^j und dem Schlosse der s-, , und 2(i
dem goldenen Steine und dem Thor el-farad'is kommt, tritt auf
ebener Erde ohne Stufen ein. Darin sind wunderbare Merkwür-
digkeiten, z. B. »die Umfassungsmauer und die Kuppel über dem
Mihräb bei der Maksüra. von denen man sagt, dass sie vom Bau
der Sabier herrühren imd deren Gebetsplatz enthalten haben. 2.5
Dann kam sie in die Hände der Griechen . die darin feierlichen
Gottesdienst hielten; hierauf gehörte sie den Königen der Götzen-
diener und wurde ihnen Ort für ihre Götzen. (R. 10) Dann kam
sie an die Juden , und in dieser Zeit wurde Johannes . der Sohn
des Zacharias, getödtet und sein Haupt an dem Thore der Mo- 30
47 i Alle vier Hdschr. ^^y 48 So die zwei besten Hdschr. ;
eine der minder guten al-kanmcät , welcher Arm allerdings hierher gehörte.
49) Wo sonst? 50) So alle. Hädschl Khalfa hat xüdi/a, was auf
düralia führen könnte, wie DimischkT 1!)S "206 einen dieser Flüsse nennt,
mit der Schreibung wie bei Ibn Jubair 253 und sonst. 51) Ob Neben-
thor des Palastes «/-(•/;«(/?•« des grünen i? Andere Lesart: von der grünen
Kuppel. 52; Nicht zu enträthselndes "Wort, in allen vier Hand-
schriften verschieden, wozu Rosenml'LLKR und J.WBERT noch zwei willkühr-
liche oder verlesene Formen fügen.
132 Gildemeister.
sehee, das bäh (hchairTm heisst. aiififesteckt. IJarmif bemiichtiy:-
14 teil sich ihrer die Christen und hielten sie fest, und sie ward ein
liesitz in ihren Händen (J. 352) und sie verwandelten sie in eine
Kirche, in der sie ihren Gottesdienst hielten. Endlich eroberten
5 sie die Muslimen und benutzten sie als Hauptmoschee. Der
Chalif el-Walid baute sie aus, pflasterte ihren lioden mit Mar-
mor lind vergoldete die Schlusssteine und der.'') Capitäler der
Säulen, und überzog den Mihräb mit Gold, lej<te die ganze Um-
fassungsmauer mit nachgemachten Edelsteinen aus und versah
10. den ganzen Rand des Plafonds, wie er die vier Seiten der Mauer
umgab, mit Inschriften von schönster Kunst und elegantesten
Zügen. Man sagt, dass er oberhalb des Plafonds Pleibedeckun-
gen von fester Verbindung und solider Arbeit gelegt habe. Das
Wasser fliesst zu der Moschee in Hleiröhren und wenn sie gespült
15 werden muss, wird dem Wasser Öffnung gegeben und es spült
den ganzen Hof auf die leichteste Weise. Man sagt, dass Walid
auf den Bau dieser Hauptmoschee die ganze Grundsteuer Syriens
zwei Jahre lang verwendet habe« ■'' 'j .
Damask ist eine neugebaute Stadt ; an einer Stelle in ihr stand
2u fi'üher vor dem Islam eine Stadt el-dschZihija , auf der Damask
gebaut ist. Sie hat verschiedene Thore : das Thor el-dschZthiJa —
der vor ihm gelegene bebaute Landstrich hat sechs Meilen Länge
bei drei Meilen Breite, alles Baumwuchs imd Cultur, von fünf
Flüssen durchzogen — das bäh taumüj das büb es-saläma, das
25 bab el-furädls. gegenüber dem dair murrän^ und das kleine Thor.
Damask vereinigt allerlei Arten von schönen Sachen , von
Fabrikaten , von Seidenstoffen (J. 353) , wie halbseidene und
schöne, kostbare, bewundernswerth gearbeitete Brokate ohne
Gleichen , welche von da in alle Städte verführt und womit alle
3u Gegenden und Hauptstädte in der Nähe und Ferne von dort aus
versorgt werden. Ihre Fabrikate in all diesem sind wunderbar;
ihr Brokat gleicht dem elegantesten byzantinischen und kommt
den Stoffen von dastuwä nahe , wetteifert mit den Arbeiten von
Ispahan und übertrifft die Arbeiten der Webereien von Nisapur
Ah sowohl in den ansehnlichen einfarbigen Seidenstoffen, als in den
eleganten Stoffen von Tennis. Ihre Stickereien umfassen alle
Arten von kostbaren Kleidern und alle schönen Sachen, so dass
58) Aus Ibn Haukai ll.i, 4— lü; oben S. ti, 2Ü— 7, Vi.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 133
keine Art sie aufwiegt und kein (jleiches neben ihnen lie-stelu-n
kann. Im Innern hat Damask an seinen Wasserläufen viele
Mühlen; Weizen und alle Arten von Früchten sind dort in grosser 15
Menge. Süssigkeiten wie in ihr Averden anderswo nicht gefun-
den und sind von unbeschreibliclier Menge, Duft und Güte. Die 5
Eimvohner leben ununterbrochen billig. Die Arbeiten werden
gut bezahlt, die Waaren bringen Gewinn. Es gehört zu den vor-
züglichsten und schönsten Orten Syriens.
Von hier nach bdlabakk gegen Osten (sie) sind zwei Statio-
nen. Dies ist eine feste Stadt am Abhänge eines IJerges; um sie lo
ist eine starke Steinmauer zwanzig Spannen dick; Wasser durch-
iliesst sie und wird in viele Häuser geleitet, und an diesem Fhisse
sind Mühlen. Sie hat zahlreiche Producte und reichliche Ern-
ten, Vberfluss an Früchten und Delicatessen, viel Weinstöcke
und Bäume, wohlfeile Lebensmittel und Preise (R. 11). Darin 15
sind von der genannten merkwürdigen Bauart Monumente, die
erwähnt werden müssen wegen ihrer Höhe und soliden Structur ;
namentlich sind darin die zwei Aviinderbar gebauten J. 354)
Theater, das grosse und kleine. Jenes soll zu Salomo's Zeit ge-
baut sein, bietet eine wunderbare Ansicht, hat Steine zehn Ellen 2i»
mehr oder weniger lang und ist zum Theil auf Säulen von über-
wältigendem Anblick erbaut. Das kleine ist grösstentheils zer-
stört, sein Schönstes dahingegangen und von ihm bloss eine
stehende Mauer geblieben , deren Länge zwanzig , deren Höhe
über der Erde zehn Ellen beträgt und in der nur sieben Steine 25
sind, ein Stein unten, zwei auf ihm und über diesen vier
Steine. In der Stadt sind allerlei merkwürdige Bauten.
Von Damask nach hairüt sind zwei starke Tagereisen und
ebensoviel nach saidü. Von Damask nach adnät, d. h. el-bata-
nijja, vier Stationen, nach mihulus sechs nach Westen hin, nach 30
aträhulus fünf Stationen. — Saidü, am Mittelmeere gelegen, hat
eine Steinmauer , Avelche auf eine Frau in der vorislamischen
Zeit zurückgeführt wird, eine grosse Stadt mit belebten Bazaren.
wohlfeilen Preisen, umgeben von Gärten und Bäumen, mit viel
Wasser und weiten Districten. Sie hat vier an den Libanon an- 35
stossende Gebiete, eins, welches das von dschazzin heisst. inicj
welchem der durch seine Fruchtbarkeit und seine vielen Früchte
bekannte wüdi' l-hr '?] fliesst, das ansehnliche Gebiet von es-
Ztschr. d. Pal.-Ver. Vm. 10
J34 Gildemeister,
mirba. das von kafarkllä und das von er-räm'i [9 . . einem Flusse,
der die Berge durclifliesst und ins Meer fällt ^^. Diese vier Bezirke
umfassen 600 und einige Gehöfte. Die Einwohner (nämlich von
Sidon) trinken das (J. 355) von dem Gebirge in einem Kanäle
5 kommende Wasser. An der Stadt saidä ist ihre bekannte
Quelle ^5j 50) , Im Frühling nämlich erscheinen darin Fisch-
chen gerade einen Zoll lang, theils männliche, theils -weibliche,
durch bestimmte Kennzeichen unterschieden, die. wenn die
Begattungszeit kommt, getischt und getrocknet werden. Bedarf
1(1 man sie, wird einer zerrieben und mit Wasser genommen, und
bewirkt bei den Männern heftigen Trieb, den sie nach Belieben
befriedigen können, ohne dadurch Erschlaffung oder Entkräftung
zu erleiden. Diese Fische sind klein, (R. 12) der Eidechse Gecko
ähnlich und haben kleine verborgene ^'order- und Hinterfüsse ;
15 wir haben sie mehr als einmal gesehen.
Von saidä nach el-dsclüja. einem Fort am Meere, acht Mei-
len, von dort zu dem Fort el-halamlm am Meere fünf Meilen, das
an einer sehr breiten Brücke über einen Wadi gebaut und sehr
stark ist und in der Biegung eines Meerbusens liegt. A'on dort
20 bis zum Fort ew-wrt'w««, das einer kleinen Stadt gleicht . sieben
Meilen. Eti-7iuima ist eine schöne Stadt, in deren Umgegend
meist Johannisbrotbäume Machsen. die an Grösse und Güte in
keinem Culturdistricte der Erde ihresgleichen haben und von dort
nach Syrien und Ägypten ausgeführt werden. Auf sie wird vorzugs-
25 weise der Name syrisches Johannisbrot angewendet, obschon
dasselbe in Syrien häufig und gut ist, nur in en-na^ima am häu-
figsten und besten. Von dem Fort en-nZi'ima bis hairTd sind
24 Meilen. Die Stadt hairüt liegt ebenfalls am Ufer des Meeres,
gross, Aveit und hat eine Steinmauer. In ihrer Nähe ist ein
30 Berg mit einer Grube gutes und leicht auszuhauendes Eisens,
das in Menge gewonnen und in die syrischen Städte ausgeführt
54) Die Namen sind in den Mss. entstellt, doch sind drei nach den heu-
tigen Namen (v. de Velde, Mem. p. S9 — 93, mit Sicherheit zu schreiben,
während die der beiden Flüsse dahin gestellt bleiben müssen.
55) Diese Notiz, jedoch ausführlicher, citirt bei Ibu el-Baitär, Leclerc
Notices et Extr. XXV. 1, 290: So.vtheimek II, 55; de Sacv zu Abdollatif
KiO. Aehnliches bei Dimischlvi 117 il51,. öll; Andere Lesart : ihre
Quelle, nach der sie benannt ist.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 135
wird. Im Süden hat sie einen Wald von Pinien, der sich l)is zninl7
Libanon erstreckt nnd 12 Meilen im Qnadrat misst. Die Einwoh-
ner trinken lirunnenwasser. Nach Damaskus sind zwei Ta;^e-
reisen.
Von hairüt nach dem Fort el-tmxzdilsijja''') sind aclit Meilen. :>
(J. 356) von diesem zum nähr el-kalb. einer kleinen Festung am
Meere, sechs Meilen, von da \\qx Meilen nach (hr/uoii/a. einem
grossen Fort am Meere, dessen Einwohner jakobitische ('bristen
sind, von dort 1 U Meilen bis zur Einbuchtung saläm . einem
»rossen Busen, von da nach mülmz dscJmhail . einem festen lü
Schloss, dann drei Meilen nach der Mündung des nähr ibrählm
und von diesem Fluss fünf Meilen nach dschubail, einer schönen
Stadt am Meere mit fester Steinmauer, mit weitem District. l^)äu-
men, Früchten und Reben, aber ohne fliessendes Wasser; die
Einwohner trinken Brunnenwasser. Sie hat einen Anker- und 15
Schiffstationsplatz .
Von dschuhail am Meere hin nach hatrün. einer schönen
Festung , sind 1 0 Meilen , von dort zum cmf el-hadschar (Stein-
nase) am Meere fünf Meilen , von dessen Fort aus acht Meilen
zum syrischen atrabidus. Dies ist eine grosse Stadt (R. 13) mit 20
fester Steinmauer; es hat Landgebiete, Districte und ansehn-
liche Gehöfte, viele Ölbäume, Reben, Zuckerrohr, Fruchtarten,
sonstige Producte und starken Fremdenverkehr. Das Meer um-
giebt sie von drei Seiten, sie ist eine Schutzfestung Syriens, man
bringt zu ihr, was zu Waaren dient, allerlei Reichthümer und 25
Handelsgegenstände. Zu ihr gehören, als in ihr Gebiet fallend,
mehrere wohlbewohnte Forts und Citadellen, z, B. das erwähnte
anf el-hadschar ^ das Fort el-kälamTin, das Fort abnl-'adas und
arfUsiJa^^]. Sie hat von bekannten Hauptdörfern vier, nämlich 1 8
esch-schaßka ly , ez-zaitTmyja [f] , er-ruibijja '"■'], el-ha dal und '60
amijün. (J. 357) Ölbäume und alle Früchte hat sie mehr als
irgend eine andere Stadt. Südlich in vier Meilen Entfenumg liegt
ein Fort, das Ihn Sindschil der Franke baute und von wo er Tri-
polis eroberte. Es ist sehr fest, zwischen zwei Wadi gelegen.
Tripolis gegenüber liegen vier Inseln in einer Reihe, die dem
57) AR el-miirüd ist/Ja. 5S; Orthosia: die Handschriften «r-
müsija. 59) Varianten: scJiak'ifa, schanikijja. schäm a; zanhürijja;
äribijja.
10*
136 Gildemeister,
Lande nächste heisst die Narcisseninsel , die klein nnd unbe-
wohnt ist. dann folgt die Säuleninsel, dann die Mönchsinsel,
dann die Insel arda/cün.
17 Kandnote in C: Die Einwohner von Tripolis sind zum
5 Gebirge übergesiedelt und haben etwa vier Meilen vom Meere
eine Stadt gleichen Namens erbaut. Von der alten ist nur ihre
bis heute noch frequentirte Haxiptmoschee geblieben, die die
'Umarische heisst. Ich hielt mich in ihr einige Tage auf, als wir
an der Küste in Station lagen. Die Übersiedelung der Einwohner
10 geschah aus Furcht vor dem verworfenen Feinde. Sie hat keine
Mauer, ausser einem kleinen Stück nach dem Meere hin. welches
der Emir mtdschd S6S unter dem Sultan Scha'bän erbaute **^'.
Von Tripolis längs dem Ufer nach ras el-hisn., einer kleinen,
gut bevölkerten Stadt an der Spitze eines Golfes ; die-
l.iser, dessen Länge in directcr Linie 15, der Umweg am Ufer
30 Meilen ist, heisst der Golf von 'irka. In Mitte desselben sind
drei Forts , ungefähr gleich gross ; das Tripolis nächste heisst
lütünis^^), das zweite hahlja^'^), an einem Fluss. welcher der von
hahija genannt wird , das dritte Taubenschloss, hisn el-hamüm ;
20 sie sind einander ganz nahe. — Von dem Busen nach Urka. einer
cultivirten schönen Stadt am Abhänge eines Berges von gerhi-
ger Höhe ; in der Mitte ist ein Schloss auf einem hohen Hügel ;
es hat eine grosse Vorstadt, ist wohlbevölkert und hat viel Han-
del. Die Einwohner sind reich, das Trinkwasser wird ihnen mit
2ö einem Kanäle zugeführt aus ihrem Flusse, der immer fiiesst und
in der Nähe ist. Es hat viele Gärten, Früchte, Zuckerrohr und
60) Die Zahl ist entschieden falsch und muss 768 heissen. Im neunten
Jahrhundert gab es keinen Sultan Scha'bän, vielmehr regierte dieser 764 bis
77S. IJer Name des Emir ist kein solcher ; es wird mandschak heissen müssen
und gemeint ist verniuthlich der 777 (Weil IV, .522. Ibn Habib bei AVeyers
Orient. II, 439; gestorbene Saif ed-din Mandschak, der schon 757 — 759 Statt-
halter von Tripolis gewesen war und 757 dort mit den Franken gekämpft hatte
VVeyeus p. 40:i;. Später 769 i:j67) wiederholten diese den Angriff auf Tri-
polis (Weyers 420). 61) So B. Die andern lükürüs, irmürüs, lu-
icaidarüs; man möchte darin ein örtlich deplacirtes 'EXe'jSego; erkennen,
Auffallenderweise hat statt des.sen Hädschi Khalfa 5S9, 22, der doch diese
Stelle Idrisi's benutzt, Owxjys. Kosexmüli.er und Schultz bei Kitter 17,
80S wollen Leonurus. Aber was für ein Xame sollte das sein ? Oder kann BuR-
c.\RUS fll, 20) mons leopardorum darin stecken? ^j^*,yi^ ij^*ö.i_^.
62 B bäbtja, worin der Name Bibnin Robinson N. Forsch. 759 stecken kann.
Andere Lesarten h'iutna, hünimija u. dgl. Etwa häbnijja-l
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 1 37
Miihlt'u am genannten Flusse. Es ist drei Meilen vom Meere ent-
fernt, (las .Schloss ist gross, die Lebensart der Einwohner hillig.
reichlich. Gebaut wird mit Kalk und Mörtel; es hat viel (iutes,
Hirns ist eine schöne Stadt auf ebenem Boden (J.358), wohl^^
bevölkert, von den Reisenden mit Waaren und Gütern aller Art '^
besucht. Ihre Hazare sind bedeutend, die Genuss(iuellen ihrer
Einwohner ständig, ihr Wohlstand reichlich (R. l-t), ihr Charak-
ter sanft. Die Frauen sind schön und haben gute Hautfarbe. Die
Einwohner trinken Wasser, das durch einen Kanal ''^j von einem
in der Richtung nach Damask eine Station entfernten Dorfe bei"'"') K'
dschUsi/a herkommt. Der Fluss Orontes, der auch der inaklTib ge-
nannt wird, fliesst einen Pfeil wurf oder etwas mehr an ihrem
Thore vorbei: sie haben an ihm ununterbrochene Dörfer, Gärten,
Bäume und Kanäle, von woher die Früchte zur Stadt gebracht
werden. Während der islamischen Zeit gehörte sie zu den Städ- 15
ten. die die meisten Weingärten besassen, aber die Mehrzahl ist
untergegangen 6^) . Ihr Boden ist zu Saaten und Gewinn von
Getreide gut, ihr Klima gleichmässiger als sonst das der syri-
schen Städte. Sie ist durch einen Talisman beschützt, so dass
Schlangen und Scorpionen in ihr nicht vorkommen ; so wde diese 20
an das Thor der Stadt gebracht werden, sterben sie sogleich. In
der Mitte ist auf einer hohen Kuppel eine kupferne Statue in
Gestalt eines Reiters, die mit dem Winde umgetrieben wird ; in
der Mauer der Kuppel ist ein Stein mit dem r>ilde eines Scor-
pions ; Avenn ein Gestochener oder Gebissener Thon an diesem 25
Steine abdruckt und dann auf den Biss legt , so wird er auf der
Stelle geheilt. Alle ihre Gassen und Wege sind mit hartem
Stein belegt. Ihr Ackerbau ist gesegnet und viel, die Saat hat
an wenigem Regen und Bew^ässerung genug. Sie hat eine Haupt-
moschee, die zu den grössten Syriens gehört. 30
[Randnote in C: Ausgefallen ist die Erwähnung der
Stadt hamüh. einer schönen Stadt am "äst, eine Station von hiyns.
einer der an guten Dingen reichen Städte. Zwischen ihr und haloh
Hegen sarmm und waWm, jenes eine bevölkerte, an guten Dingen
reiche Stadt, dies eine reiche Stadt mit wohlhabenden EiuAvoh- 35
63) Hieraus macht JArsERT und danach KiTTEU IT, 997 einen Fluss.
bai*) Andere Lesart ohne »bei«. 64 Diese Worte haben RlXlEU
17, 1010 zu einem unbedachten Schlüsse verleitet.
1 38 Gildemeister,
neru und guten Dingen. Sie führt nach allen syrischen Landen
eine Masse Pistazienkerne aus, wie sie auf der ganzen Erde nicht
gewonnen werden; ebenso werden ihre Feigen nach ganz »Syrien
und Ägypten gebracht, und ich kenne keinen , der Ähnliches in
5 ihrer Art gesehen haben wollte.]
Von hims nach halah sind fünf, nach antarsüs am Meere
zwei Stationen. Der Weg von ' irka nach antarsüs am Ufer führt
20von 'irla (J. 359) zum Schlosse sc/ia.ndsch safidsch:^), dann nach
der Stadt antarsüs, die im Hintergrunde eines grossen, meist von
10 Hergen umgebenen Meerbusens liegt; letzterer misst in gerader
Linie 15 Meilen. Antarsüs ist eine kleine Stadt am Ufer mit
festen Mauern. In ihrer Nähe im Meere ist die grosse Insel
(R. 15) arwUcL auf der sich eine grosse, bewohnte, festgeba\ite,
hohe, befestigte Kirche mit eisernen Thoren, einer Citadelle
15 gleich, befindet.
[Zusatz in C: Die Stadt arwäd ist eine Insel gegenüber
der Stadt marakija am Ufer, zwischen beiden sind etwa zwei Bo-
genschüsse. Diese Stadt ward den Franken zur Zeit des Näsir
ihn Kaläwün Chr. 1302] entrissen; sie ist heute unbewohnt und
20 ebenso die Stadt marakija. Deren Einwohner sind in das Gebirge
ausgewandert aus Furcht vor den Franken, sie ist jetzt leer und
wüst, doch sind ihre Häuser und Paläste noch vorhanden und
ebenso die Zuckerpresse, die ausserhalb im Osten liegt.]
Von antarsüs in südlicher Kichtung des Festlandes bis zu
25 dem oben auf dem Gebirge liegenden hisn al-chatcübl sind 1 5 Mei-
len. Dies ist ein festes Schloss der Assassinen, die vom Islam ab-
gefallen sind und weder Oifenbaruug noch Auferstehung nach
dem Tode glauben. Sie seien verfl\icht um ihrer Lehre willen.
Antarsüs ist der Hafen von hims. Von hims nach Damask sind
30 fünf Stationen und ebensoviel von atrübulus nach Damask.
Der Weg von Damask nach Jatrib ^^) geht von Damask zu
einer Station an einem kleinen Fluss [Randnote in C: sie
heisst el-hmca am Flusse el-aivadsch , ein Ort auf einem Hügel
westlich vom Fluss , während östlich von ihr ein Chan zur Her-
35 berge der Reisenden liegt; der Fluss heisst el-dtcadsch und er-
giesst seinen Überfiuss in den See der Ghüta von Damask\ Von
05) Diese lloute, die bis Tabük später verlassen ward, aus Ibn Churdäd-
bih p. 114 510,, doch lag dessen Text schon dem Idrisl verderbt vor.
Beiträge zur Paliistinakunde aus arabischen Quellen. 130
dort nach 1veJ> eine Station, von dort nach (Jät m<niüzU. einem
bevölkerten Dorfe, von da nacli r,y^ eine .Station, nach el-hala-
nijja eine Station, nach iC^o, einem bevölkerten J^ort'e, eine Stu-
tion, von dort nach der Stadt tuhTik w. s. w. 21
(J. 360) Von Damask bis er-rakka sind niifrefilhr Ib Sta- •'>
tionen.
Der Name Syrien begreift eine Mehrheit .von Ländern und
Districten. z. B. das Land Paliistina, zu dem gehören die Ter-
rassen (?) von Jerusalem , die Districte^c) 'amatväs, ludd^ Juhnit,
Jäfä^ kaisUriJJa^ näbulus^ sahasüja^'askalün^ [Ä^Vjfm] "') , (/hazza, \0
bait dschibrin. AVeiter südlich sind keine Städte, dort ist die
Wüste et-tlh, das Land, in welchem die Israeliten 40 Jahre irr-
ten, ohne eine Stadt zu betreten oder in ein Haus einzukehren,
ohne ein Kleid zu wechseln, ohne ihrer Länge etwas hinzuzu-
fügen. Die Länge dieser Wüste ist ungefähr sechs Tagereisen. 15
Im Osten stösst an Palästina der District el-urdunn, dessen
grosseste Stadt Tiberias ist und zu dem gehören el-ladduchün., der
District der Samariter, d. i. iiübidus, baimn, ar'ihä^ zughar^
'amatä, Ijabis, dschadar, äbü, süsij'a, (J. 361), 'akka, näsira, sür.
Östlich davon liegt das Land Damask , zu dessen Districten die 20
ghüfa gehört, das Land balabakk, das bika , (R. 16) die Region
des Libanon, die Districte dschUni/a^^), afrabulus, dschubail. bai-
rüt, saidä, el-batanijja, dschul''"), dschaidän, zcihirä, el-balhä^
dschibrin des ghör'^), die Districte von mciüb'^], \on' ammUn,
von esch-scharäh, busrä, el-dschübija. Ostlich stösst daran die 25
Wüste , südlich davon ist das Land der samäicali und das Land
Md^'s. An das Land von Damaskus stösst das Land der 'rt?cä«/m22
öö) Diese Aufzählungen wesentlich aus Ihn Churdädbih p. 73. 72 451.
45u;, aber mit Verschiedenheit im einzelnen, die auf den schlechten Zustand
des Textes dieses Letzteren zurückgehen kann. 07) Ibn el-wardi
p. 169 KöUL. fügt passend und wohl ursprünglich hittin ein, das auch ein
District bei Askalon und Ghazza war. Kaisaräni p. 43 DE JONC. Qu.\TRE-
MEKE Maml. II 2, 91 ult. 68) Aus Ibn Churd. 72; die Lesart
der Handschriften hüla müsste den Artikel haben. 69 Dies, ob-
schon auch bei Ibn el-wardi ist nichts. Ibn Churd. hat das kaum zu vermis-
sende haurän. 70) Ibn Ch. hat »das Aussenland der halkri und
die Umgebungen des ,7Äa?<r«, beides nicht sehr passend, obgleich mit Idrisl's
Lesarten auch nichts anzufangen ist. 71) Statt »Districte von mu'äh»
bei Ibn Churd. haben die Handschriften knfartäh , das gar nicht hergehört.
1 4o Gildemeister,
lind das Land von kinnas7'in. die Avir in Beziehung auf ihre Orte
bei der Karte des vierten Klima erwähnen werden.
Damask ist Pol und Centruni für die Städte von Syrien (von
dem man die Entfernungen berechnet . Von da nach bdla-
hbakk sind zwei, nach hims fünf, nach Tiberias vier, nach aträbti-
h(s fünf, nach dem Ende der (jhuta , wo sie an die Wüste stösst,
eine, nach haind zwei, nach saidä zwei, nach achi'üt, d. i. el-
hatcüiijja. vier, nach el-dschaulün zwei Tagereisen. Die Länge Sy-
riens, von malafja angefangen bis rafah : der Weg von malatja
10 nach manhidsch ist vier Tagereisen, von da nach halah zwei,
(J. 3()2) von da nach hims fünf, von da nach Damask fünf, von
da nach Tiberias vier, von da nach er-ramla drei, von da nach
rafalt zwei Tage, was 35 Tage '2) ausmacht.
15 Aus dem fünften Abschnitt des vierten Klima.
(J. II 130) An "3 der Meeresküste liegt antarsüs. an Umfang
klein, mit belebten Bazaren und gangbaren Waaren. \o\\ da
nach der Festung el-marhah. auf einem von allen Seiten isolirten
Berge, acht Meilen. Von dort nach der Stadt bulimjcis (J. 131),
20 die vier Meilen vom Meer abliegt, acht Meilen; diese ist eine
kleine, blühende Stadt, in der viel gute Dinge von Baum- und
23 Kornfrüchten gefunden werden. Zehn Meilen von da liegt dscha-
bala. eine kleine, schöne, gut bevölkerte Stadt an einem fliessen-
den Wadi, die viel Producte hat. Von da 10 Meilen nach el-lü-
25 dikijja , einer bevölkerten und mit Producten und Gütern wohl-
versehenen Stadt am Meeresufer. Sie hat einen guten Hafen, wo
die einlaufenden Schiff'e und Barken ankern können. \o\\ da
18 Meilen nach el-/iaj'bäda~*), einer wohlbevölkerten Festung,
productenreich, mit Handwerken und Culturen. A'on dort nach
30 der Festung es-suxoaidijja 1 5 Meilen. Am Meere liegend , ist
diese der Hafen des 12 Meilen entfernten An tiochien ; bei ihr fällt
der Fluss von Antiochien , der ^7sl , in das Meer. — Antiochien
ist eine an gutem Ort und günstiger Stelle "•*'*) gelegene Stadt, und
nach Damask giebt es keine von innen imd aussen anmuthigere.
72) Nur 25. 73) Ausgelassen ist der Anfang und der Ab-
schnitt über Cj-pern. 74 Bei Kudäma h^rjüila : mxin-nbx bei
Parchi 42» Z. 12 Edelmann. 74i>i Im Text fehlt das Wort el-buk\t.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 141
Sie hat viel Wasser, das über ihre Hazare iind Strassen. Schlös-
ser und Gassen vertheilt ist . und eine sie und ihre Gärten um-
gebende Mauer von 12 Meilen Länge; die Mauer ist Avunderbar
stark und befestigt, besteht aus Stein und uingiebt nieiit bloss
sie, sondern auch einen sie beherrschenden IJerg. Innerhalb der ri
Mauer sind Mühlen, Lustgärten, Gärten für Gemüse und alle
Lebensmittel. Sie hat belebte Hazare, glänzende Gebäude, leicht
verkäufliche Fabrikate, gewinnreichen Handel, viel Gutes und
zu Tage liegenden Wohlstand. Es werden dort vorzügliche ein-
farbige Seidenstoffe, sowie 'attäbi (Moire), dastmvul ., isfahünl \u
u. dgl. verfertigt. Sie liegt an dem Flusse el-maldTih , auch el-
urunt genannt, der seinen Ursprung im Gebiet von Damask nahe
der Poststrasse hat (J. 132), bei Ithm. hamah und scliaizar vorbei-
fliesst und nach Autiochien kommt an der Nordseite der Stadt:
dann umkreist er dieselbe im Norden, läuft nach Süden und fällt 15
im Süden von es-suwaidijja ins Meer. — Von hier bis zuml^erge
ras el-chanzlr. auf welchem ein grosses Kloster liegt. 20 Meilen;
hier stossen Armenien und Syrien zusammen. Dann gerade Ki
Meilen von dieser Festung bis zur Festung rüsTis unter dem an '24
einem Flusse gelegenen ras el-chanzlr. Von dort 1 5 Meilen nach 20
der am Ufer des Meeres liegenden starken Festung et-ünüt . wo
das Pinienholz gehauen wird, das man nach allen syrischen
Landen verführt. Von da nach der Festung el-mutakkah in einer
schönen Thalebene acht Meilen, von da nach der Halbinsel
^_c:>.Jt 10 Meilen, von da zur Festung el-midaicican''^) 15 Meilen. 2.5
dann nach Korykos 25 Meilen, dann nach Korykos'Oj. einer
Festung am Meere , von wo man die Höhen ('?) ") von Cypeni
sieht, 13 Meilen.
Wir wenden uns zurück und sagen: Von Antiochien
nach adana nordwärts drei Stationen , von Antiochien nach is- 30
kandarTma^ einer Festung am Meere , wo Palmen, viele Saaten,
Erträge und Producte sind, 45 Meilen, von hier nach hajjüs eine
kleine Station, von da nach el-misslsa eine Station . im ganzen
von iskanderüna nach el-misslsa 40 Meilen. (J. 133) Deren grie-
75) Das alte IIovaUt^ ? 76, So die Handschriften, unmöglich ;
es wird in einem Falle: »Vorgebirg Korykos« zu lesen sein, das nach den Alten
100 Stadien, also gerade 13 arabische Meilen von der Stadt ablag. 77, Vor-
her gebrauchte Idrisl in der gleichen Phrase das Wort dschibä/, Berge.
)42 Gildemeister,
chischer Name istMami!>tra. Ef-tnisstsa besteht aus zwei Städten
am Ufer des Flusses dschaihün, zwischen denen eine Brücke von
Steinen ist ; die eine heisst el-missisa , die andere kafarhajja .
beide haben nnunterl)rochene Saatfelder iind Gärten. Der dsc/iai-
5 /tU/i kommt ans dem byzantinischen Gebiet, bis er el-miss'isa imd
dann das Laudgebiet der Festung el-mulmcican erreicht, und fällt
zwölf Meilen von el-missisa ins Meer. Zwischen el-miss'isa und
'ain zarha ist eine Station , letzteres ist ein Ort, der dem ghaur
ähnelt , mit vielen Früchten , durchgängig schön und an guten
lü Dingen reich. — Adana ist eine ansehnliche, bevölkerte Stadt,
mit Jiazaren, Fabriken und Verkehr; sie liegt am Westufer des
Flusses sailian , der kleiner ist als der dscJiaihün , und über den
eine sehr lange Brücke von bewunderungswürdigem Bau führt;
seine Quelle hat er im byzantinischen Gebiete. Von adana nach
Ib el-missisa ist eine Station, von hier nach 'ain zarba eine und von
hier nach Antiochien zwei. Von adana nach tarasüs ist eine
25 schwache Station. Tarsus ist eine grosse Stadt mit zwei Stein-
mauern, mit vielem Handel, Cultur und grossem Productenreich-
thum. Zwischen ihr und der byzantinischen Grenze sind Berge,
20 ( J. 134:) die sich vom el-lukküm abzweigen , wie eine Barriere
ZAvischen zwei Gränzsteinen. Vom Meere liegt sie 12 Meilen
ab und dort ist aulüsch^ ihr Hafen u. s. w. ''**).
(J. 135) Wir wenden uns zurück und sagen, dass. wie vorher
bemerkt , Antiochien eine ansehnliche Stadt ist. ])er Weg von
25 ihr nach er-rakka geht an lialah vorbei. 40 Meilen sind bis
kinnasrln, einer Stadt, nach der der Regierungsbezirk genannt
ist und die selbst so heisst. Sie hatte eine feste Mauer, die in
der Zeit, als Husain getödtet wurde von Seiten Jazid's, des Sohnes
des Mu äwija, zerstört ward, so dass nur Keste davon geblieben
30 sind. Sie hat ein festes Schloss und Märkte und Arbeiter (sie)
und liegt am kutvaik, dem Flusse von halab , der auf seinem
Laufe nach kinnasrln gelangt und dann im Sumpf verscliAvindet.
Von kinnasrln nach ^jalab sind 20 Meilen (J. 136). Halab ist der
Regierungssitz , eine volkreiche Stadt auf der grossen Strasse
•i.D nach Irak , Persien und den Ostländern , die eine Mauer von
weissen Steinen hat. Der kuwaik fliesst an ihrem Thore vorbei
und ist ein kiemer Fluss ohne viel Wasser, das von ihm in einem
78) Folgt das hier auszulassende Koutier nach Constantint-pel.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 143
Kanal in die Stadt kommt und in die Strassen, iJazan,' und IJüu-
ser geführt wird; es dient zum Trinken und zu sonstifrem tic-
brauche. Der Fluss kommt von einem Dorfe s'mUh, sechs Meilt-n
von diihik. dann fliesst er 18 Meilen nach halah, dann Ib Meilen
nach kinnasrm , dann 1 2 Meilen zum marchch el-ahmar , dann ^
verschwindet er im Simipf; von seiner Quelle bis zu diesem
Punkte sind 42 Meilen. In der Citadelle von halah ist eine gute
Wasserquelle.
Von halab nach er-rakka sind zwei Wege "'J) , einer von halah
nach en-nitüra, dann nach chusUf, dann nach hZdis^ dausar, cv- H)
rakka in der Mitte der dijär mudar und von Reisenden viel be-
sucht, Ort für Waaren. eine schöne Stadt im Osten des Euphrat-<>
mit Märkten, Handel, Fabriken, wohlhabenden Einwohnern,
Haiiptstadt der ^{/'är mudar ^ bei den Griechen bälänikus^^) ge-
nannt, zu der die Städte hädscharivim. harrän^ er-ruhii, sarüdschlö
(J. 137), sumaisät^ ras 'aiu, kcifartUtä, tallmauzan, ez-zawübl [?] ,
naslbiu, adarma^ er-rusüfa gehören. — Weg von er-rakka nach
hims: er-rusctfa^ 24 Meilen, es sind Schlösser, die die Umajjaden
bauten; ringsum sind Wohnplätze und bewohnte Dörfer. Es
sind Bazare dort, wo man kauft und verkauft, nimmt und gieht. "21)
Von dort nach el-marügha^^) am Rande der Wüste 24 Meilen,
eine wohlbevölkerte Festung, in deren Gebiet die Araber Ein-
fälle machen. Von dort nach el-kastal 36 Meilen, dann nach
salamja 30 Meilen, am Rande der Wüste, eine stadtähnliche
kleine, bevölkerte Festung. Von dort nach hims eine Station 25
oder 24 Meilen ^2).
(J. 138) Malatja ist eine befestigte Stadt und war früher
gross; aber die Byzantiner eroberten es mehrmals, entstellten
seine Schönheiten und plünderten seinen Wohlstand. Von da
sind 51 Meilen nach 5^m«^6•(/^, das am Euphrat liegt , über ihm;io
emporragend, und eine feste Citadelle hat, im Osten des Lukkäm,
umgeben von vielen Bergen, auf denen Mandeln, Wein imd alle
Sommer- und Winterfrüchte dem Gebrauche preisgegeben und
ohne Eigenthümer wachsen. Zwischen ihr und malatja ist eine
kleine Stadt, /«>wmawswr, schön und besucht^^bj^ mit einem Land- . 35
79 Diese Routen und Aufzählungen nach Ihn Churd. p. 70. 84 (448. 4tisi.
80) Callinicus. 81) Zu lesen: az-zeriia oder cd-dara a 82) Die längere
Stelle über den ganzen Lauf des Euphrat ist ausgelassen. 82b) „laschhüd-?
144 Gildemeister,
gebiet iiud Dörfern . mit vielem Procluctenreichtum und Getrei-
deernten. Sie ist von sinnaisäf eine Station, d. i. 21 Meilen, und
von maJatJa 30 Meilen entfernt, von wo es nach zabafra 15 Mei-
len sind.
5 Aon manhichch nach maJafJa sind fünf, nach sumaisät zwei
Tage. Es ist eine grosse Stadt, eine starke Station vom Euphrat,
mit zwei Mauern, von den (J. 139) Griechen gebaut. Es hat be-
lebte Bazare . ständigen Handel . verfügbare Reichthümer . be-
27trächtliche Ernten und reichlichen Lebensunterhalt. In ihrer
lOXähe ist die kleine blühende Stadt sandsclia. in deren Nähe eine
von Haustein gebaute , fest gewölbte . schön gearbeitete Brücke
ist. welche die von sandscha heisst. Sie gehört zu dem Wunder-
barsten, was man sehen kann von den grössten Ih'ücken . da sie
die ganze Breite des Euphrat einnimmt. Diese Brücke heisst die
15 Brücke von manhidsch'^^).
Von manhidsch bis mar asch sind drei Tage . nämlich bis el-
hadat zwei und dann bis 7narasch ein Tag. Ebenso von man-
hidsch bis halah drei Stationen, zwei bis kürus und dann eine bis
halab. Kwus ist eine Festung auf einem Berge, der mit dem.
20 hikkäm zusammenhängt. — Aon maiibidsch nach malatja sind
fünf Stationen . von manhidsch nach sumaisät drei Tage , nach
anderen zwei; von sumaisät nach liisn wawswr eine grosse Station,
von hier nach el-hadat eine grosse Tagereise. — Von halah nach
hims sind fünfTage. nach ma'^arra. das zum Gebiete von kimias-
•2^rm gehört, ein starker Tag. Es heis^^t ma ar rat en-numxin. ist
gross, bevölkert, hat viele Gebäude und Bazare. aber weder es
selbst noch die Umgegend hat fliessendes Wasser und Quellen ;
der Boden ist vorherrschend Sand und die Einwohner trinken
Regenwasser. (J. 140). Es hat viel Gutes. Ölbäume, Reben,
30 Feigen-, Pistazien-, Nuss- und andere Bäume.
El-hadat und mar asch sind zwei an Grösse gleiche Städte,
mit festen Maueni und Bazaren; man bringt Waaren und Ge-
brauchsgegenstände dahin .
Von Antiochien nach el-4skandarTma sind 40 Meilen, nach
3.5 der Festung haghräs nord^värts am Wege nach den Grenzfestun-
gen 12 ; hier ist eine Cathedrale und viel Einwohnerschaft. Eben
83; AVenn der Text in Ordnung ist, so sind hier die beiden Brücken zu-
sammengeworfen.
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. 14.")
so ist aulüsch eine starke Festiino; an der Küste. Zwischen hugh-
riis und el-iskandaruna sind neun Meilen. Diese Festungen folji^i'ii
auf es-suwaidijja an der Küste: dann nach el-iskandarana^ bajjTis,
et-ünat^ cl-mutahl;ah ^ Fliiss von el-tnisfisa, Fhiss von adana.
famsTis. alle diese liegen in derKeihe am Ufer. Won el-ts/iaudar/i/fa h
nach hajjäs ist eine schwache Station, von hajjäs zu Lande nach28
el-MrüniJJa 15 Meilen, von hajjäs nach el-misslsa eine starke
Station, von hier nach ^ain zarha eine und nach adana eine Sta-
tion, von adana nach tarams eine Station , von tarasüs nach el-
dschauzät zwei Stationen^-*). 10
(J. lH) El hZirüniJJa ist ein kleines Fort an einem der
Zweige des Lukkäm, das Härün er-raschid baute.
84) Die Entfernungen ebenso bei Jäküt 1 , 927 ; doch scheint der Text
nicht überall in Ordnung.
Correspondenzeii.
Herr haurath C. Schick in Jerusalem schreibt mir in einem
Kriefe vom Februar dieses Jahres:
«Ich möchte Ihnen und damit zugleich dem ganzen Deut-
schen Palästina-Vereine mittheilen, dass nun das ^Holz-] Modell
des alten Tempelplatzes in Jerusalem, an dem ich seit acht Jah-
ren gearbeitet und zu dem ich seit meiner Jugendzeit Studien
y:emacht habe, von mir vollendet Avorden ist. Ich habe es schon
mehreren liesuchern gezeigt und erklärt . aber in der Hoffnung,
dass sich vielleicht ein Kaufliebhaber finden möchte, wünsche
ich, dass meine Arbeit in möglichst ■weiten Kreisen bekannt
Averde. Das Modell stellt ein Vierfaches dar. Erstens zeio-t es
die natürliche Gestalt des Berges in Stufenlinien, die um je fünf
Fuss ansteigen und mit brauner Farbe bezeichnet sind. Alle iu
den Felsen eingehauenen Cisternen sind in dem Boden getreu
nach der Wirklichkeit dargestellt. Die Fundamente der späteren
Bauten, ebenso Avie die Unterlage in Holz ausgeführt, sind aufge-
nagelt und mit Aveisser Farbe bestrichen, so dass klar übersehen
Averden kann, in Avelcher Weise und in Avelcher Ausdehnung die
Obei-fläche des Berges überbaut Avurde. ZAveitens können darauf
gestellt Averden die Bauten Salomo's, d. h. der Tempel und die zum
Palast des Salomo gehörenden Gebäude, ferner die Aon Nehemia
nach dem Exil Avieder hergestellte Stadtmauer mit dem Schaf-
thore und den Thürmen Mea und Hananeel. der Saal an der
Ecke, das lloss-. Gerichts- und Gefängnissthor. Die dritte
Gestalt des Modells bringt die durch Herodes A'ollzogene ErAvei-
terung des heiligen Platzes zur Anschauinig. soA^■ie die A^on ihm
aufgeführten Bauten, Tempel, Antonia n. s, aa". Auch kann
daran gezeigt Averden . Avie die Makkabäer den Berg abgegraben
haben und AAie der Gang der Belagerung und Zerstörung durch
Titus gcAvesen ist. Da die Beschaffenheit des heiligen Platzes
in den nachfolgenden Jahrhundeiten zu Avenig bekannt ist, so
habe ich als A'ierte und letzte Gestalt des Modells sogleich die
Darstelhnig des gegenAvärtigen Haram esch-Scherif darauf fol-
gen lassen. Die Moscheen. Gebetsplätze. Schulen, Bäume etc.,
Correspoudenzen. j47
auch die nächste Umgebung des Platzes ist in Holz getreu wie-
dergegeben Avorden.
Bei der Anfertigung dieses Modells leitete mich eine dop-
pelte Absicht. Einerseits wollte ich durch ein genaues Nachbil-
den der in den geschichtlichen Nachrichten uns beschriebenen
Bauten und besonders durch ein genaues Anpassen derselben an
ihren Grund und Boden zur Hebung aller dabei sich ergebenden
ScliAvierigkeiten gelangen, andererseits gedachte ich vielleicht
an der Hand dieses Modells Vorlesungen über die Geschichte
des Tempelplatzes und sehier Gebäude zu halten. Das Erste ist
mir gelungen, aber der Ausführung des Zweiten stehen verschie-
dene ScliAvierigkeiten, wie mein Alter und meine Anstellung im
Dienste der Mission, im Wege. Daher bin ich jetzt bereit, das
Modell käuflich abzutreten«.
Herr Lehrer Fr. Lange in Haifa hatte die Güte, mir Anfang
dieses Jahres drei Photographien eines Fisches zu senden, der
dort vom Meere an den Strand geworfen worden war. Derselbe
»mass — so schreibt Herr Lange — von Flügelspitze zu Flügel-
spitze 87 cm. von der Spitze des fleischigen, fast lederartigen
Schnabels bis an die Schwanzwurzel 59 cm; der Schwanz selbst,
der an der Wurzel 10 mm dick war und sich bis auf 1 mm zu-
spitzte, war 105 cm lang, die Breite des Kopfes betrug 13 cm«.
Nach der mir freundlichst ertheilten Auskunft des Herrn Pro-
fessor Dr. LEucKARTund seines Assistenten, Hrn. Dr. R. Schmidt-
lein, ist dieses Seethier Myliobatis aquila Cuvier. »Es gehört in
die Gruppe der sogenannten Adlerrochen und hat eine sehr weite
geographische "N'erbreitung. indem es vom Mittelmeer bis Austra-
lien vorkommt«.
Herr Professor Gildemeister schreibt aus Bonn unter deiu
31. Mai:
»In der Beschreibung der Reise des AntokinusPlacentinus
c. 570 cap. 4 erzählt der Verfasser, er habe die Namen seiner
Eltern an den accubitus geschrieben, der zu dem Hochzeitsmahle
zu Kana gedient habe.
Im Athenaeum 1885, S. 479, theilt Hr. Spyrid. Lamuros
mit , dass bei Ausgrabungen der französischen Schule zu Athen
(die französischen Berichte sind noch nicht hierher gelangt in
Elatea ein Marmorblock gefunden sei. der neben einer dem sech-
]4S Correspondenzen.
sten oder siebenten Jahrhundert zuzuweisenden Inschrift: »dies
sei der Stein aus Kana, woselbst das Weinwunder geschehen« in
einer Ecke eine andere in kleiner Schrift enthalte , von der nur
noch die Worte y.ai rrz artoo: aou 'Avtiovivoo lesbar seien.
Man sieht die Absicht auch aus dem nach itou gezwängt an-
gefügten 'AvTiuvi'vo'j. Demgemäss ist der Stein — auch wie es
scheint unter Zustimmung Le 1>lants — für jenen später nicht
mehr zu Kana erwähnten accubitus gehalten. Das Unterrichts-
ministerium zu Athen wolle, heisst es, eine eigne Commission zu
einer Untersuchung absenden.
Uass das Itinerarium nicht von Axtomnus, sondern von
einem Reisegefährten desselben verfasst sei, haben schon Frühere
gesehen und wird nächstens noch genauer nachgewiesen werden;
nicht A>'ToxiNus, sondern der Begleiter hat die Namen seiner
Eltern angeschrieben. Der Verfertiger der Inschrift kannte nur
den fehlerhaften Text der bisherigen Ausgaben und hielt mit den
Neueren den A>"tox"inus für den A'erfasser der Reisebeschrei-
bung« .
Über den räthselhaften arabischen Namen, der in dem Auf-
satze des Herrn Dr. Andehlind S. 107 der Fhillyrea media gege-
ben Avird, hatte ich Herrn Professor P. Aschersox in Berlin um
Auskunft gebeten. Derselbe schreibt mir aus l^ierlin unter dem
19. Mai Folgendes:
j)Früher als ich glaubte bin ich in der Lage , Ihnen meine
Ansicht über den j^Asshembläs« vorzulegen. Zunächst kann
ich Ihnen jetzt den richtigen Namen der Phillyrea media
in Nordpalästina angeben, und zwar ist dies Ihr eigenstes A'er-
dienst, indem Sie mir Zweige dieser Pflanze vom Berge Ta-
bor mit dem Namen berzä mitgebracht haben. — In dem zwei-
ten Theil des Namens »Asshembläs« erkenne ich den Namen
der Myrte, die in Nordpalästina (in Jerusalem heisst sie wie in
Ägypten mersin) »Myrtenbeere« habb el-äs genannt wird, gerade
wie die Kresse »Kressensame« /«/Z»Z» er-rischäd\ vgl. unser Lor-
beer. Ein langes ä wird von den Bewohnern Mittelsyriens wie
ii ausgesprochen, und so wird habb el-äs ^ wenn die erste Sylbe
verschluckt wird, zu bliis. In dem Anfang des off'enbar falsch
gehörten Namens steckt vielleicht ein ism »Name«, oder der Füh-
rer hat, wie Herr Dr. Wetzstein meint, beide Bezeichnungen,
(IS und habb el-äs, hintereinander genannt. Der Gewährsmann
des Reisenden wollte entweder die Ähnlichkeit mit der Myrte
hervorheben (die in der That, obwohl die Pflanze nahe mit dem
Ölbaum verwandt ist, nicht gering erscheint^ oder er hat geradezu
Phillyrea für Myrtus gehalten«. Guthe.
Ein Brief des Holienpriesters der Samaritaiier Ja kub
ibii Harun.
Mitgetheilt von Prof. E. Kaiitzsch in Tübingen.
Im Octüber 1861 schrieb Dr. Rosen , damals preussischer
Consul in Jerusalem, an Professor Fleischer in Leipzig (ZDMG.
1864 , 589) über den damaligen Priester der Samaritaner, den
Kähin Amram : »Leider wird mit ihm der Rest der einheimischen
samaritanischen Gelehrsamkeit zu Grabe getragen, da sein Neffe
Jakiib ein oberflächlicher, dem Studium abholder Mensch ist, der
mit dem Oheim nichts als den Bettelsinn gemein hat(f. Das waren
die Erwartungen, mit denen sich Schreiber dieses im März 1876
in Gesellschaft von Prof. v. Orelli zu Nabnlus um die persön-
liche Bekanntschaft des unterdess zur hohenpriesterlichen Würde
gelangten Ja' kub bemühte. Immerhin fand ich mich angenehm
enttäuscht, als ich in dem damals 35jährigen Kähin einen Mann
von edlem jüdischen Typus nnd würdevoller äusserer Haltiing
kennen lernte. In seiner äusserst bescheidenen Wohnung herrschte
eine Sauberkeit, die von der Praxis seiner muslimischen Mitbür-
ger in Nabulus sehr vortheilhaft abstach. Dass er nicht mehr
über eine eigentlich gelehrte Bildung verfügt, war trotz der Vo-
lubilität, mit der er uns ein Capitel aus dem samaritanischen
Pentateuch vorlas, leicht zu merken. Doch Avar er sogleich bereit,
uns seinen Namen mit samaritanischen ^j Buchstaben (transcri-
1; Der Typus dieser Schrift unterscheidet sich, wie auch der des unten
folgenden Briefes, bei den meisten Buchstaben sehr stark von dem in unseren
Drucken (z. B. in Petermaxn's Porta Samaritana) verwendeten; dagegen hat
er Ähnlichkeit mit dem Typus der samaritanischen Handschriften, von denen
Rosen in ZDMG. XVIII, 5S2 ff. Proben mittheilt.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VlII. 11
150 Kautzsch.
birt: | vpr, • rc2Tn • 2Dr misn ♦ "insn • "jins? "n • npy^ • -^rs . d.i.
ich bin Jakob, der Sohn Aaions, der Priester, in der Stadt Sichern,
zu dieser Zeit) ins Notizbuch zu schreiben , darunter die arabi-
sche Übersetzung : li ^Jjj :\voA.< ,t J^'^\ ,.,»>lP .-j' v_Jkäxj 'j!
Bei der Beschäftigung mit dem Artikel ))Samaritaner« für
Herzog's Eealencyklopädie (IJd. XIII, :U0 ff.) kam ich auf den
Gedanken, im Anschhiss an frühere Versuche dieser Art den
jetzigen Hohenpriester um Auskunft über einige Dinge, die seine
Gemeinde und deren Glauben betreffen, anzugehen. Herr Prof.
Strack in Berlin hatte die Güte , dem Kähin bei seiner Anwe-
senheit in Nabulus im Frühjahr ISSl die bezüglichen Fragen
(nach der jetzigen Statistik der Gemeinde, der Gerichtsbarkeit
derselben und nach der jetzt unter ihnen geltenden Erklärung
des Messiasnamens Taheb vorzulegen. Die Verheissung eines
Bachschisch -Avenn ich nicht irre, von vier Franken) that die ge-
wünschte Wirkung, und so kam denn folgender, auf ein einziges
dünnes Blatt geschriebener Brief in meine Hände. Die Beifü-
gung der arabischen Übersetzung , bei deren Entzifferung mir
Prof. SocI^' mit seiner Meisterschaft im Lesen verzwickter arabi-
scher Cursivschrift zu Hülfe kam , war auf meine Bitte erfolgt.
Selbstverständlich gebe ich die samaritanische Schrift in der Um-
schreibung in hebräische Quadratschrift.
1. Statistik der samarit. Gemeinde in Nabulus.
8yU.i! ^ ^y^ lÄp ia'^-i'arn bo cisd') ht, dies ist die
Summe sämmtlicher Samaritaner : a"'r:S Männer 53, D^TU:! und
Weiber 4 G, a'iT^bil und Knaben 3G, Bibinm (sie! im arabischen
Text steht dafür ouij und Jungfrauen 16; sU.z>- Gesammtzahl:
tue: D^TCism -;ni?T mx^ -in« (sie!) = ISl Seelen.
Daraus ergiebt sich, dass sich die Gemeinde seit 1853, wo
Petp;rmaxn genau 122 zählte, um 29 Seelen vermehrt hat, dass
aber der Weibermangel, der der Gemeinde längst schwere Sorge
bereitet (vergl. meine Notiz in Herzogs KE. lid.XIII, 347) noch
1) Gemeint ist wohl 'C^lz und zwar nach Ausweis des parallelen ^
im Sinn vtm «Summe«; s. dasselbe Wort in Nr. 2, Z. 3 für »Gemeinde und
Gemeinschaft«.
Ein Brief des Hohenpriesters der Samaritaner etc. 1 ;, \
immer fortdauert und in nicht zu ferner Zeit ein Zusammen-
schmelzen der Samaritaner auf wenige Familien in A\issiclii
stellt.
2. Der Gerichtsstand der .Samaritaner.
br\-pr\ bD i^by ii2ip^ a^nr^n vjstcj ^^j -j^^ ^tjjj^t 0^,5 ^«.jj •.,-.-
by iDit2tTri2 bDi pDn DD^n D^bt* mry^ Tr-»«! ir^x "j^n n^nbic zm
n-nn- -^b
CJ^ ly^'V. '^^^jr^'' l*.'?-^^ ^'^*"^"5 ^_5"^ J^ Q-* 3-^^L*Jt j.üC>( Jo»
-j^-3 --Ä^J L5-^"'b l*-r-^ 0>^- ^-^^' (Jt^■^^'' ^jS>lSc\ ^\] j.U^l Jvj
{j^i C^^^i j^ '^^'3 J**^ ^' (j^^ j»'-^^ iJ5*y- ^-'"^ '-^^ (*^*-^-*
))Und alle rechtlichen Entscheidmigen der Samaritaner in
Betreff irgend einer Sache und (in Betreff von) Erhtheilungen
liegen in der Hand ihres Hohenpriesters; und wenn jemand
(arah. Text: sich erfrecht und) zu den Richtern der Heiden (ar.
Text : zum Religionsgesetz und der Entscheidung anderer Rich-
ter) geht, so erhebt sich gegen ihn die ganze Gemeinde und ver-
stösst ihn aus ihrer Gemeinschaft ; und darnach bereut er. was
er gethan hat. Und w^enn unter ihnen zwischen Mann und
Mann ein Streit (ar. T. : d. h. ein Raiifhandel) entstanden ist.
so stiftet der Priester Friede zwischen ihnen (ar. T. : so wird
durch ihn Friede zwischen ihnen gemacht) und alle unsere Ent-
scheidungen [finden statt] nach dem Gebot der Tora« (ar. T. : und
er entscheidet zwischen ihnen nach (u. s. w.).
1) p fehlt im Text; wahrscheinlich irrte der Kahin beim Abschreiben
vom Coneept auf das in samaritanischer Schrift fast identische iz des nächsten
Wortes ab.
2) Aram. ^ra (nnxs) nach, statt hebr. )z "'-ns.
3) n",!! ^n aram. für hebr. ii^n CX (wofür freilich nr-n CS stehen
T~ : ' " TT*
sollte).
11*
152 Kautzsch,
3 . Über das Wort T a h e b .
-— r3 -^5y ]Ta"'^) r.b irs ^rs 'zin >; bbro s^n nrn nbio
z^ryn ■'mi 3) -irs nrn rbr^ : --rz zr^ns« nipr znb =7« ^22
»Das Wort Talieb bezieht sich auf den Propheten, über wel-
chen uns unser Herr in der Tora [5 Mos. 18, IS] gesagt hat:
»einen Propheten Avill ich ^ihnen erwecken aus der Mitte ihrer
Brüder, wie dich«. Und das Wort Taheb [bedeiitet den"', welcher
die Völker den Weg des Giiten lehren und sie auf einen Weg
bringen wird, so dass sie sich bekehren in Betreff ihrer Sünden,
die ganze Welt , und werden »Umkehrende^ , rein von allem
Bösen.
(J-» .i.jl [j.jj.Xjj »P.!:!^ ^s. |yt>.j» IjjfcÄj» öw\.:>l^ •'»Jij— ^ L-aasj^
j.^^ *.]Lcl c\)ji_5 ,^v.Ui) ^jSC^ ,^! Snn iClääij! »J^Pj ^j), -.i; JJ'
«^ I j .. ... . ^ (S^^ -^ v..^ ^
^)Das Wort ^äV6 bedeutet im Hebräischen den Propheten,
der uns verheissen ist, über welchen er uns Kunde gegeben hat
in der Tora im Buch des Auszugs, im 2n. Kajiitel desselben 9).
1) Samarit. Orthographie für N"r:n.
2) Samar. !maran; , «unser Herr«.
3) Mit samar. Endung (jori, für hebr. n"--.
4) Mit samar. Suffix (ön oder ün) für hebr. r"2ib'^i
5) Für rnx; der Fehler ist veranlasst durch samar. mn una.
T-;
6) Mit samar. Suffix (s. Note 4) für hebr. :r'N-n.
7) Für hebr. =""~:.
8) Nach dem AVortlaut, Avie ihn der Kahin im hebr. Text richtig citirt,
sollte es heissen a-^ »ihnen« und *~pj.3») »ihrer Brüder«.
9j Vergl. über dieses Citat den Schluss des arab. Textes.
Ein Brief des Hohenpriesters der Samaritaner etc. 153
Und dieses Wort bedeutet den, welcher die Welt rechtleitct ;uit
den Weg des Guten, d. h. der Wahrheit, so dass sie ein Wvjjr
(eine Religion, resp. lleligionsgemeinde; vergl. ■/; ooo;, Act. ;t.
2 al.) -werden und sich bekehren und umkehren von ihrer Sünde
luid rein -werden von allem Bösen. Und dieses Wort 2r\r, bedeu-
tet »der die Menschen Hekehrendew. Und Gott weiss die ^^'ahr-
heit. Und was den Ausspruch Gottes des Erhabenen an die Ge-
meinde im Buche des Auszvigs betrifft : »fürwahr einen l'ropheten
will ich euch erwecken aus der Zahl eurer Brüder«, so findet sich
derselbe nicht im Codex der Juden i ; und er wird ein zweites
Mal wiederholt im Buch der «Wiederholung der Gesetzgebung«
Mose's im 18. Kapitel.
Nach dem etwas confusen hebr. Text könnte man schliessen.
der Messias heisse taheb , weil die Menschen durch ihn trdv'^bim
j)umkelirende« werden. Der arabische Text zeigt jedoch deutlich,
dass nnn transitiv als «der Bekehrer« erklärt werden soll , und
dies dürfte der anderen Erklärung von Snn als Partie, intrans.
(rediens) vorzuziehen sein.
4. Nachschrift.
^ > C ^ • • ^-^^ ^ ■ ^ ~ (^~ ^ o •■
jAAi c>.ÄXs *Xai^av ^i/.3jL *.xji.Ai2i» o^».-*v K-ü^Lj; .-_£ -jj'c^
0^3C^M*,A \i\ LP^ ic'^'^^' ^^^ iii.*-'^^ vi?-?" («.^J.A^^-' ä._>»2; J^^^^
sf :\x^ j\ö\ rf 5 DDrn ■'V^n irün p-s
Herrn Master Kautzsch , dessen Leben (Gott; verlängern
möge. Bei meinem Zusammensein mit Dr. Stkack hat mir der-
selbe drei Fragen Ew. Wohlgeboren mitgetheilt und mir
Euren Gruss gebracht, und ich war sehr erfreiit und habe Ew.
1) Im Samaritan. Pentateuch steht der Ausspruch ---■: znr z"~x s-i:
Üti'nx bereits in dem langen Zusatz zu Ex. 20, 21.
2) Für 0;y>!
I 54 Kautzsch, Ein Brief der Hohenpriester der Samaritaner etc.
Wohlgeboren die Antwort auf die Fragen geschrieben gemäss
dem, was er mir mitgetheilt hat , und siehe , ich bin mit Ver-
ffnüsren zu iedom Dienst bereit, den Ihr mir gebieten werdet.
Mein Griiss Ew. Wohlgeboren imd Allen, die Euer schöner
Wohnsitz birgt.
Ja'küb, Sohn Härüns, der Oberpriester in der Stadt Nä-
bulüs hebr. : Jakob, Sohn Aarous, der Priester der Le vif) in
Sichern). Am 24. Adar des Jahres 84.
1) d. h. der Priester aus dem Stamme Levi; der Kahin folgt damit dem
Sprachgebrauch des Deuteronomium 17, 9 al ). Die direct von Aaron sich
herleitende Linie der samarit. Hohenpriester starb-im Jahre 165S aus.
Reste eines alten armenischen Klosters auf dein
Ölberg nnd die daselbst anfgefuiidciien
Inschriften.
Von Domkapitnlar Dr. Riess in Rottenburg a N.
(Hierzu Tafel IV).
Gelegentlich der Landesvermessmig des west-jordanischen
Gebiets von Palästina dnrch den englischen Palestine Explora-
tion-Fiind in den J. 1870 und 1874 sind unter anderen aus dem
Alterthum stammenden Überresten in der Umgebung Jerusalems
auch solche auf der Höhe des Ölbergs in dem südlich von der
Kubbe des Schecli Selmän el-Färsi gelegenen sog. Russenhaus
aufoefunden worden, welche nach der in The Survev of Palestine,
Jerusalem 1884, S. 401 enthaltenen Mittheilung ein besonderes
Interesse beanspruchen. Nach dem englischen l^ericht ist die
Fundstelle in dem erwähnten Russenhaus und dessen nächster
Umgebung, welches s. Z. als eine der trigonometrischen Statio-
nen bei der Vermessung gedient hat. In der Halle dieses Hauses
wurde ein aus Steinen hübsch eingelegter l^oden (tesselated pa-
vement) gefunden, mit Darstellungen von Thieren. Fischen,
Früchten, geometrischen Figuren u. s. w. nebst einer Tnschnft
in alt-armenischen Charakteren. Östlich von der in den Garten
führenden Thüre und dicht am Hause findet sich eine alte Fols-
kammer, deren Deckengewölbe aus neuerer Zeit stammt; dieselbe
misst 23' 4" und 13' 8" engl, und enthält 16 Sarkophage oder
Gräber, die in vier Gruppen, je zu vier mit Zwischendurchgän-
gen, aufgestellt sind und mit Platten gedeckt waren, von welchen
drei noch kaum unterscheidbare Inschriften zeigten. Nördlich
von dieser Felskammer fanden sich Grundmauern eines Gebäu-
156 Riess,
des. augenscheinlich einer Kapelle, mit Pfeileni von 2' im Qua-
drat und in S' Distanz voneinander gestellt. Die Nachgrabun-
gen, die hier auf 3 S' Länge vorgenommen wurden. Hessen er-
kennen, dass der Hoden des nur sehr Avenig von der Ostrichtung
ab-oeichenden Baues ebenfalls mit einem Mosaikpflaster versehen
war. Südöstlich von dieser Kapelle zeigte sich eine Höhle und
vor derselben eine gewölbte Kammer, auf deren l^oden eine die
ganze Fläche bedeckende und in ähnlichen Charakteren wie die
oben bezeichneten, aus gut gefügten Steinwürfeln hergestellte
Insclmft aufgefunden wurde. Die hinter der Kammer befindliche
Höhle ist roh gearbeitet und mit Gebeinen angefüllt : gemauerte
Abtheilungen, ähnlich den Grabnischen oder Sarkophagen von
ungewöhnlicher Grösse waren längs der Wände angebracht. Der
englische Bericht, dem wir vorstehende Daten entnehmen, äussert
sich schliesslich nur dahin, dass diese Reste wahrscheinlich
einem mittelalterlichen Kloster angehört haben mögen.
Ein näherer Aufschluss über das Alter und die nähere Be-
stimmung der gefundenen Baureste durfte zunächst aus der Ent-
zifterung der Inschriften selbst erwartet werden, welche dem
englischen Berichte nicht beigegeben ist. Im Begriffe, die er-
wähnten, in Survey of Palestine enthaltenen Abschriften auch in
der ZD^^^ mit Beigabe der Transcription und Übersetzung zur
Mitthoilung zu bringen, empfingen Mir von Prof. Guthe die
Nachricht, dass die in den englischen Memoirs enthaltenen In-
schriften dieselben sind, welche von ihm im Jahre ISSl persön-
lich an Ort und Stelle kopirt worden seien. Derselbe hatte die
Freundlichkeit . uns diese seine Kopieen zur ^'ergleichung mit
den englischen Abschriften mitzutheilen. Es stellte sich hiebei
heraus, dass die von Guthe genommenen Kopieen viel sorg-
fältiger und genauer gemacht waren als die in den englischen
Memoirs gegebenen Abschriften, infolge dessen einzelne Zweifel
in Betreff der Transcription , sowie der Übersetzung, welche die
englische Kopie zu lösen übrig Hess, durch die von Guthe ge-
nommenen Abschriften mit Sicherheit gehoben werden konnten.
Es empfiehlt sich demnach von selbst, wenn wir bei vorliegender
Mittheihuig von der durch M. lk Comte genommenen Kopie ab-
sehen und diejenige Guthe's zu Grunde legen, welchem Avir
ausser den erwähnten zwei Inschriften noch eine weitere dritte
an dem gleichen Orte dem Russeuhaus auf dem ()lberg gefim-
Keste eines alten armenischen Klosters auf dem (")lber^' etc. ir>7
deiie Inschrift nebst einigen Kopieen von annenisehen Chiivak-
teren auf Hruchstücken verdanken •] .
Nach dem ürtheil des der armenischen Sclirift und Spraclie
kundigen Herrn Dr. Vetter, Pfarrer in Weiler . dem der \'er-
fasser von den Inschriften Mittheihnig machte, dcutni innner-
hin die in Uncialschrift geschriebenen Charaktere, die grosse
ÄhnHchkeit einiger Zeichen mit den griechischen, sowie der
Mangel der Interpunktion auf einen Ursprung Avenigstens aus
dem ü. bis lü. Jahrlmndert. Die von demselben freundlichst
mitgetheilto Übersetzung geben wir in Nachstehendem wieder.
1. Inscription auf dem Mosaikboden des Kussenhauses.
Ays di e eranelvo (h) [=yeranelvoh] shushannan mavr (= mor)
artavanah hori zhe.
»Dies ist der Leichnam der seligen Susanna, der Mutter des
Artavan. Hori 18« (= den 18. Tag des Monats Hori 2 .
1) Aus meinen Notizen vom Jahre 1881 füge ich Folgendes hinzu : Die
Inschrift 1 läuft am nördlichen Rande des schönen Mosaikbodens in dem luf-
tigen Saal (Halle) des sogenannten russischen Hauses. Ihre Länge beträgt
2,yG m, die Höhe der einzelnen Buchstaben 8 cm. Die Buchstaben soMie die
Verzierungen am Anfang und am Ende sind in sch-\varzen Steinen ausgeführt,
deren Farbe sich mit der Zeit in dunkelgrau verwandelt hat. An den Thieren
(Ente, Lamm, Fisch, Hahn), Früchten (Trauben, Limonen) , Blättern und
sonstigen Ornamenten findet mau die Farben roth, gelb und braun. Die In-
schrift läuft direct von W. nach O., parallel mit der Längsrichtung des Hau-
ses. Unter diesem Saale ist eine Grabkammer mit angeblich 24 Gräbern, von
denen jedoch nur sechs durch eine seitliche (jffnung gesehen werden können.
— Die Inschrift 2 ist 1 m lang, 72 cm hoch. Die Buchstaben sind roth, nur die
Punkte in denselben und in den Beistrichen (Z. 2. 3. 6. 7 sind schwarz. Auch
die die Inschrift umgebenden, in geraden und gewundenen Linien ausgeführ-
ten Ornamente zeigen nur schwarze und rothe Steine. Eine Nachbildung
dieser Inschrift befindet sich in dem armenischen Patriarchat. — Inschrift 3 ist
1,19 m lang und 49 cm breit, hat schwarze Buchstaben zwischen rothen Grenz-
linien. Sie befindet sich zwischen dem grosssen Thor und dem Hause — wenn
ich nicht irre , nur mit wenig Erde bedeckt. Östlich daneben fand ich eine
Vertiefung mit Bewurf, der ein ähnliches rohes Ornament von gebrochenen
Linien trug, wie es an der Inkäsche genannten Ortlichkeit unweit des rassi-
schen Hauses (s. ZDPV. III, 25Uj vorkommt. Vielleicht ist auch dort eine ar-
menische Niederlassung aus der gleichen Zeit wie die oben besprochene ge-
wesen. — Die unter Nr. 4 und 5 wiedergegebenen Inschriftenfragmente habe
ich von den Decksteinen der Gräber abgeschrieben, die sich, 1(5 an Zahl, in
der von Herrn Dr. IviEss erwähnten Felskammer (S. 155) vorfinden. GuTUE.
2) Hori heisst der zweite Monat des alt-armen. Jahres. Es möchte nahe
158 ^^'«ss,
2. Inscription. Mosaikboden der Gewölbekammer vor der
Höhle.
Barechavs == barechös imelow
ar ats (== Abkürzung für astwats z'surb = ez-surb) e-
sayi ev = yev zeraneli
harss = harses es ^^yes) walan a-
rari wasn tholov- (= tholu-)
thean melatz z^hi- = ez-lii-)
shatakarans = anesj zays.
»Zu Fürsprechern habend
bei Gott den heiligen E-
sayi und die seligen
Väter, habe ich, Walan,
errichtet zur Nachlassung
der Sünden dieses Denkmal«.
3. Inschrift!; :
Wasn alavthitz (= alöthitz) ev (= yev, phr-
kuthean thevah a-
basov (= abasu) ev ^= yev i movrAv Lk !] an (= murwan) .
»Zum Gebet und zur Er-
lösung des Theuas (.'j
Abas (= Abtes ^ — sonst abbayi^ und Murwan (?)«.
Auf Grund dieser Inschriften darf mit Sicherheit angenom-
men werden, dass der beschriebene Komplex von IJaulichkeiten
^Oratorium nebst Grabstätten) einer vormals von Armeniern be-
wohnten klösterhclien Anlage entstammt, aus einer Zeit. Melche
liegen, den Gebrauch dieses alten Namens anstatt der später üblichen römisch-
griechischen Monatsbezeichnungen für die Datirung der Inschrift zu verwer-
then. Leider aber lässt sich ein bestimmter Zeitpunkt , von dem an die ein-
heimischen Monatsnamen durch die abendländischen definitiv verdrängt wor-
den wären, nicht feststellen. So gebraucht z. B. Johannes IV (Katholikos
TIS — 729j in seiner berühmten Sjnodalrede den Monatsnamen Hunwar Jan.),
während noch die Historiker Aristakes von Lastiwert im 11. und Wardan
im 13. Jahrh. altarmenischer Monatsnamen sich bedienen.
1, "Bei Vergleichung der drei Inschriften drängt sich mir die Beobachtung
auf, dass Nr. 3 einen anderen Charakter aufweist als 1 und 2. Ob jedoch
diese Differenzen auf früheren oder späteren Ursprung hinweisen, möchte ich
nicht wagen zu entscheiden; so 9 (zweitletzter Buchstabe inLin. 2) gegenüber
von 3 in Nr. 1 u. 2 ; ferner P gegenüber von F in Nr. 2«. Dr. VetteR.
Reste eines alten armenischen Klosters auf dem cMberg etc. i;,»)
nicht erst in die fränkische Herrschaft, sondL-m in die- Zeit vor
derselben zurückweist. Es bedarf kaum der Erwälinun^, wie
sich seit der ältesten christlichen Zeit namentlich die Armenier,
sowohl einzeln, als auch in kleineren und grösseren Gesellschaf-
ten, an dem seit dem vierten Jahrhundert in Aufnahme gekom-
menen Besuche der heiligen Orte in Palästina lebhaft betheilig-
ten; auch ist bekannt, wie ausser den Cappadociern und Syrern
von Seite der Armenier ein namhaftes Kontingent zu den ersten
mönchischen [Ansiedelungen im Eremus der heil. Stadt gestellt
wurde. In ähnlicher Weise wie es von andern Landsmannschaf-
ten , wie den Iberern , Lazen , den Bessi , Byzantinern, Tyrern
und Jerusalemern (Alioten) u. a. geschah, Avurden auch von den
Armeniern frühzeitig eigene Konvente errichtet, in welchen zu-
gleich die die heiligen Orte besuchenden Landsleute vorüber-
gehend Aufnahme und Pflege in Erkrankungsfällen fanden. Was
sodann speciell die mönchischen Ansiedelungen auf dem C)lberg
betrifft, so erinnern wir nur an Abbas Innocentius, der in der
2. Hälfte des 4 . Jahrhunderts auf dem Olberg einer mönchischen
Genossenschaft vorstand , daselbst auch eine Kirche baute inid
während dreier Jahre den Palladius, später l^ischof von Heleno-
polis auf Cypern , zu seinen Schülern zählte M . Es ist dies wohl
dieselbe Anlage, welche von Procopius Caes.-j als Monasterium
Tou 'AcpsXsiou (Innocentii) erwähnt wird und von dem er berichtet,
dass in demselben eine Brunnenanlage (c/psap) durch Justinian
eingerichtet worden. Gegen Ende des 6. und Anfang des 7.
Jahrh. finden wir auf dem Ölberg das Kloster des Abramius,
dessen Hegumene in jener Zeit der Reihe nach Abbas Eudoxius,
Abramius (Magnus), und nachdem derselbe die Leitung des mit
der Theotokos-Kirche (Maria Nova) in Jerusalem verbundenen
Klosters übernommen hatte, Abbas Johannes Cyzicus waren 3) . In
diese Zeit fällt auch das von Kaiser Justinian auf dem Ölberg er-
richtete Monasterium S. Mariae^), und aus der 2. Hälfte des ü.
Jahrh. kann Antonin Mart. c. XVI berichten: In monte Oliveti
vidimus multitudinem inclusorum virorum et mulierum.
1) Pallad. Hist. laus. c. 103.
2) Procop. De aedif. Justin, c. 5.
3) Joh. Moschus Prat. spir. 187.
4) Procop. De aedif. c. V.
lOü Riess,
Trotz der wiederholt harten und bhitigen Verfolgungen, so-
wie der Verwüstung und Zerstörung, welche jene Niederlassun-
gen in der Folgezeit durch die Einfälle der Perser und der Sara-
zenen, insbesondere aber im Laufe der arabischen Herrschaft zu
erdulden hatten . hielten sich doch viele derselben mit zäher
Lebenskraft bis in die spätere Zeit aufrecht. Namentlich ver-
dankten sie solche Erhaltung auch dem wirksamen Schutz und
der Unterstützung, die ihnen s. Z. Karl der Gr. angedeihen
liess, nachdem er unter Zustimmung Harun alKaschid's von dem
Patriarchen in Jerusalem die Schlüssel des Heiligen Grabes und
der Calvaria, sowie die Schlüssel der heiligen Stadt und des 01-
berges empfangen und die Schutzherrschaft über die heiligen
Stätten übernommen hatte. Um diese Zeit befand sich die Avohl
schon länger bestehende Congregatio monachorum peregrinorum
Romanorum auf dem Olberg , welche sich infolge der A'erdäch-
tigung und des Vorwurfs der Häresie, die sie wegen des Beisatzes
»Filioque« im apostolischen Symbolum von Seite der griechischen
Mönche, namentlich aus dem Kloster des Sabas, erduldete, ge-
nöthigt sah, bei Papst Leo und dem Kaiser Karl d. Gr. Schutz
zu suchen. Einen besonders schätzensAverthen Beitrag zur Stati-
stik der klösterlichen Anlagen auf dem Olberg empfangen wir
zugleich in dem aus der Zeit Karls des Gr. selbst stammenden
Commemoratorium De casis Hei et monasteriis. Dasselbe er-
wähnt nicht weniger als 27 monachi inclusi (einzeln lebende
Mönche verschiedener Nationalität auf dem Olberg. worunter
zwei Armenier ; sodann »in Bisanteo« in der Nähe des Olberges
ein Kloster des heiligen Petrus und Paulus mit 35 Mönchen, und
ein von sechs armenischen Mönchen bewohntes Kloster ad S. Jo-
hannem. Da obige auf der Höhe des Olberges gefundenen arme-
nischen Inschriften nach dem Charakter der Schrift der Zeit des
9. und 10. Jahrh. angehören, so liegt die Vermuthung und
Wahrscheinlichkeit nahe , dass eben an dem Orte ihrer Auffin-
dung das im Commemoratorium erwähnte Armenier-Kloster ad
S. Johannem gestanden und sich noch bis in die Zeit des Be-
ginns der fränkischen Herrschaft erhalten haben möge.
Schliesslich fügen wir noch bei, dass die aus Bruchstücken
entnommenen Kopieen des Herrn Prof. Guthe (Nr. 4 und 5 a, b, c)
gleichfalls alt-armenische Charaktere aufweisen ; indessen lässt
sich nur bei Nr. 4 aus der griechischen Schrift 0(?)r(Xr]
Reste eines alten armenischen Klosters auf dem Olherg etc. j (jl
vermiithen, dass das Bruchstück zu einer Grabschrift f^e-
hörte.
Nr. 4. (0?)rf/t7j 0
thayr i (!)
Nr. 5. a. mar (?) i (?)
b. gog-iw.
c. d (?) s (?) shan.
über die augebliche Aufdeckimg der Eudokia-
(Stepliaiis-,lürclie.
Von Domkapitular Dr. Riess in Rottenburg a/X.
Zu den von Herrn Pfarrer A. Frei in ZDPV. Band Till,
S. 80 iF. gemachten Mittheilungen, »Die neu entdeckte Stephans-
kirche in Jerusalem« . nach welchen derselbe sehr geneigt ist. in
der im J. 1882 aufgefundenen und von Dom Heidet (bei St. Pe-
ter) angekauften Ruinenstelle im N. des Stephansthores die Bau-
stelle für die von der Kaiserin Eudokia erbauten Stephanskirche
zu erkennen, wie solches unbedenklich von den Herren Dom
Heidet, P. M.Lecomte und H. Guillemot angenommen wird'),
erlaube ich mir einige Bemerkungen zu machen, welche dazu
dienen dürften, einerseits die Ansicht des Herrn Frei durch wei-
tere Zeugnisse zu bestätigen, dass wir in jenen Resten allerdings
die zur Zeit der fränkischen Herrschaft existirende Kirche ad
S. Stephanum oder vielmehr Oratorium nebst Klostergebäulich-
keiten erkennen müssen, dass aber andererseits ein Grund nicht
vorliegt, die s. Z. von der Eudokia errichtete Kirche an die-
selbe Stelle zu versetzen.
Was ziinächst letzteren Punkt betrifft, so lässt sich die Ver-
muthung des Herrn Guillemot. dass das bisher aufgedeckte
Oratorium etwa das südliche Seitenschiff der vormaligen grossen
und prächtigen Kirche der Eudokia sei, aus den über die ausge-
grabenen Grundmauern bisher veröffentlichten Skizzen 2 ( in keiner
Ij Das Heilige Land. Organ des Vereins vom heiligen Grabe. 1883,
S. 161 ff.
2) Survey of Pal. Jerus. p. 387.
Kiess, Über die angebl. Aufdeckung der Eudokia-iStephans-jKirche. liy.i
Weise begründen, nnd deuten sowohl die in der Inigebnnir
des Oratovinms gefundenen lieste, als auch die i-'unchimente der
im N. derselben sich von W. nach ü. erstreckenden Gewölbe
auf eine ursprünglich freie Anlage und nicht auf die \erwendung
älterer Grundmauern einer vormaligen grossartig angelegten
Kirche hin. Das Kirchlein von 7,40 m lireite und mit Einschluss
der Apsis von 20,70 m Länge stellt sich als ein ursprünglicher
Hau dar. Der ^'ürhof desselben, auf dessen lioden eine unleser-
liche griechische Inschrift sich fand, sowie die von der Apsis
aus zugängliche kleine Seitenkammer zur Hechten weist mehr auf
griechischen als fränkischen Ursprung. Derselbe hat eine gi'osse
Ähnlichkeit mit den Oratorien und Kirchen . Avelche sich mehr-
fach in den aus alter griechisch-christlicher Zeit stammenden
Klosteranlageii in der Umgebung der Stadt befinden, wogegen
die übrigen Anlagen (Gewölbe, Steinplattenbelag, Quader mit
Steinmetzzeichen etc.) aus der Zeit der Restauration durch die
Franken stammen mögen. Wenn hiebei Fkei (a. a. O. S. 57)
für das Vorhandensein eines älteren liaues besonders auf »das an-
ders gerichtete Pflaster« in dem liaum hinter der Apsis hinweist.
so tritt solche schiefe Richtung der Fugen in der von ihm gege-
benen Skizze allerdings auffällig ins Auge. Indessen verschwin-
det dieselbe, wenn wir annehmen dürfen, dass der in Survey of
Pal. Jerus. a. a. (). gegebene, wohl genauere, auf A'ermessung
beruhende Situationsplan der richtige ist, welcher jenen Raum
nicht als Rechteck , sondern als Rhomboid wiedergiebt. in wel-
chem die oblongen Steinplatten ganz entsprechend parallel der
Nord- und Südseite des rhomboidischen Gemaches gerichtet er-
scheinen.
Insbesondere glauben wir ein grösseres, wir möchten sagen
ein in vorliegender Frage Ausschlag gebendes Gewicht auf die
ims erhaltenen Angaben über die Entfernung der Eudokiakirche
und der fränkischen Stephanskirche legen zu müssen. Axtoxin
Martyr, Evagrius und Nikephorus Calhsti, welche unzweifel-
haft nur die Eudokiakirche ^im Auge haben konnten , gaben die
Entfernung auf »einen Pfeilschuss« , auf »ungefähr Ein Stadium«
und auf »nicht ganz Ein Stadium« an; wogegen S.äwulf die von
den Franken »als Ort der Steinigung des heiligen Stephanus« vor-
gefundene Ruinenstelle auf die Entferninig »von zwei oder drei
Ballisten-Stein würfe«, somit sicherlich auf eine grössere und der
1 (j4 Riess,
neu aufgedeckten Riiinenstelle Avohl entsprechende Entfennuii^
schätzt. Haben -wir es aiich hier nur mit ungefähren Schätzun-
gen zu thun , so enthalten doch diese xVngaben einen so bedeu-
tenden positiven und genügend grossen Unterschied , dass der-
selbe die Deutung auf einen und denselben Ort nicht zulässt.
"Wenn von Frei fa. a. O. S. 54) bemerkt ■svird, dass die nur un-
gefähre und nicht genaue beiderseitige Angabe der Entfernung
auch aus dem Berichte des Albertus Aquexsis hervorgehe, nach
welchem ein Theil des Kreuzfahrerheeres sich bei der Kirche des
heiligen Stephanus gelagert habe, eine Massregel, die kaiim
glaublich erscheine , wenn die von den Kreuzfaluern vorgefun-
dene Kirche so unmittelbar vor den Mauern der Stadt und von
den Geschossen der Belagerten erreichbar gelegen gewesen wäre, so
ist zu erwidern, dass dieses Bedenken allerdings berechtigt wäre,
wenn wir annehmen müssten, dass das fränkische Heer an der
Stelle der Eudokia- Stephans- Kirche (in der Entfernung von c.
einem Stadium) sich gelagert hätte. Schlugen sie aber ihr Lager
an einem andern, zw^ei bis drei Ballistensteinwürfe (nach Säwulf)
von der Mauer entfernten »Ort der Steinigung des Stephanus« auf,
so fanden sie sich in genügend ferner und in einer zum Theil
durch den Jeremiahügel geschützten Lage, und die mit Säwulf
harmonirende Nachricht des Albertus Aquensis. welche von
Raymond von Agiles Hist. Francorum) bestätigt wird, bleibt
unbeirrt neben den Berichten über die Lage und Entfernung der
Eudokiakirche aus dem 6. und 7. Jahrhundert bestehen.
Sind wir nach dem bisherigen veranlasst, entschieden die
Anschauung zu vertreten, dass die von der Kaiserin Eudokia er-
baute und am 15. Jan. 460, vier Monate vor ihrem Tode einge-
weihte Stephanskirche, mit welcher Avie mit den meisten Kirchen
in Jerusalem zu jener Zeit ein Monasterium verbunden war. dem
Stephansthor näher gelegen sein musste, als die neu aufgedeckte
Ruinenstelle, und dass die von den Kreuzfahrern vorgefundene
Trümmerstätte einer Stephanskirche an Stelle jener erschlossenen
Ruine gelegen war, so lassen sich die weiter sich aufdrängenden
Fragen : «Wann wurde die Eudokiakirche vollständig in Trüm-
mer gelegt ?(( »Warimi wurde sie in späterer Zeit, wenn auch in
bescheidenerem Umfange, nicht an gleicher Stelle wieder aufge-
baut ((( »Aus w clcher Zeit stammt wohl die erste Anlage der von
den Kreuzfahrern in Ruinen gefundenen und w'eiter vom
über die angebl. Aufdeckung der Eiulükia-(Stephans- Kirche. ] 00
Statltthor abgelegenen kleinen StepUanskirche ^. Diese Fragen
lassen sich beim Mangel an sicheren historischen Nachrichten
allerdings nnr mit A'ermnthnngen beantworten.
Als der Wahrscheinlichkeit am nächsten stehend erscheint
uns die Annahme, dass der grossartige l'.au der Endokiakirche.
deren Käumlichkeiten eine grössere Versannulung als die hei-
lige Grabeskirche zu fassen vermochte , beim Einfalle der Perser
614 n. Chr. verwüstet nnd wenn auch alsbald wieder nf)th<liirttig
restaurirt, so doch während der dreijährigen Belagerung und
EinSchliessung der heiHgen Stadt durch die Araber vor der Ka-
pitulation unter Chalif Omar (634 — 637) vollständig niedergelegt
wurde. Es ist ferner anzunehmen, dass die Griechen in der fid-
genden Zeit der arabischen Herrschaft weder die Mittel hatten
noch aus strategischen Gründen von den Arabern die Erlaubniss
7Aim Wiederaufbau der Kirche an der dicht vor den Mauern <k^r
Stadt gelegenen alten Stelle erhielten; dass ihnen aber gestattet
und ermöglicht w^ar, an der Aveiter entfernten Stelle, liinter dem
Jeremiashügel und somit in nicht grosser Entfernung von der
Stelle der Endokiakirche eine dem Andenken des ersten Blutzeu-
gen gewidmete bescheidene Kirche mit einer kleinen klöster-
lichen Anlage zu errichten, auf welche die Tradition von der
Todesstätte des hochverehrten Blutzeugen übertragen wurde und
zu deren Herstellung möglicherweise die Trümmer der älteren
Endokiakirche verwendet wurden. Ob solches schon im Laufe
des 7. Jahrh., in der Zeit Arculf's geschehen, welcher im J. 670
die heilige Stadt besuchte, muss, abgesehen von der ungünstigen
kirchlich-politischen Lage, in welcher sich nach dem Tode des
Patriarchen Sophronius die Griechen nnd syrischen C'hristen
mehrere Dezennien lang bei der Verwaisung des Patriarchal-
stuhls befanden, um so mehr bezweifelt Averden, als Akculf von
einer Kirche oder Oratorium des heiligen Stephanus nichts er-
wähnt, sondern nur berichtet, dass »S. Stephanus« ausserhalb der
heiligen Stadt gesteinigt Avorden und dass ein Felsstein, auf dem
er den Todesstreich empfing, in der Sionskirche aufbeAvahrt
werde. Ebenso Avird von BernardusMou. c. XII. c.s7(i n. Chr.)
eine gegen Süden a^ou der Sionskirche gelegene Ecclesia S. Si-
meonsis erAvähnt, neben Avelcher gegen Osten eine dem heili-
gen Stephanus zu Ehren gebaute Kirche lag, »an Avelchem Ort der
Ztschr. d. Pal.-A^er. VIII. 12
1 ÜÜ I^iess,
lieilige Stephauus gesteinigt Avorden sein sollx. Fasst man die
zwischen den beiden letzteren Berichten v. J. ü70 und S70) lie-
gende Notiz des Commemoratoiiuin De casis Dei ans der Zeit
Karl's des Gr. ins Ange, ■svelches »in S. Stepliano. nbi sepultns
fuit«. zwei Kleriker xind 15 Leprosen aufführt, so werden wir auch
diese Angabe in Übereinstimmung mit Akculf und I^ernakdus
auf eine auf Sion gelegene kirchliche Einrichtung beziehen müs-
sen, nnd es könnte sonach scheinen, dass wir jeder historischeu
Nachricht aus der vorfriinkischen Zeit ermangeln . welche eine
Andeutung gäbe, dass an der von den Kreuzfahrern vorgefunde-
nen Ruinenstelle eine Ecclesia oder Oratorium gestanden habe.
Indessen entbehren wir nicht gänzlich eines derartigen Hin-
weises und glauben wir denselben aus dem bemerkten Comme-
moratorium selbst schöpfen zu können , welches ausser der er-
wähnten Anstalt ad S.Stephanum ))mit ZAvei Klerikern und 15 Le-
prosen« unter den übrigen Casis Dei eine Kirche ad S. Stephanum
aufführt , an welcher sich nicht weniger als drei Priester befan-
den. Zweifelhaft könnte nur bleiben, welche der beiden im Com-
memoratorium erwähnten kirchlichen Gebäude, »ad IS. Stepha-
num« genannt, auf die vor dem Nordthor der Stadt aufgedeckte
Kuinenstelle zu beziehen wäre. Unseres Erachtens werden wir
die Anstalt mit den zwei Klerikern und 1 5 Leprosen eher auf den
in jener Zeit ebenfalls ausserhalb der Stadt gegen Süden gelege-
nen Sion . dagegen die Ecclesia ad S. Stephanum mit drei Prie-
stern an die heutige Fundstelle, als die Vorgängerin des von den
Franken angetroffenen Oratoriums zu versetzen haben, da nicht
anzunehmen ist , dass eine zugleich für Pflege von Aussätzigen
bestimmte Anstalt in nächster Nähe einer der gangbarsten und
besuchtesten Strassen vor dem Nordthore der Stadt geduldet
worden wäre, Avährend solche auf dem mit sonstigen bürgerlichen
Wohnungen nicht besetzten Sion, somit an dieser mehr abge-
sonderten Stelle, ein Bedenken nicht erregen konnte.
So spricht denn die grösste Wahrscheinlichkeit dafür, dass
es die Ecclesia S. Stephani des Commemoratorium war, die von
den Saracenen in Trümmer gelegt wurde und den Lagerort des
fränkischen Heeres bezeichnet. Als die Zeit ihrer ersten Anlage
darf zugleich das 8. Jahrhundert l)ezeichnet werden. Wir be-
merkten oben die Möglichkeit einer Verwendung von Materialien
über die angebl. Aufdeckung der Eudukia- Stephans-iKirche. 1 (
I /
aus der zerstörten Eudükiukirche für den Aufhau der spateren
EcclesiaS. Stephan! im Laufe des b. Jalirhunderts. Das.s .sieh incU.'s-
sen bis zu dieser Zeit solche Trümmer zur \'er\venduny: seit dem
J. 637 erhalten hatten, ist im Hinblick auf die Nähe der .Stadt,
für welche jene Trümmer eine bequeme und reichliche Gelej^en-
heit der Verwendung zu Neubauten darboten, kaum anzunehmen,
und dürfen die aus der fränkischen Zeit stammenden Berichte
über die Reste einer Stephanskirche sämmtlich nur auf die
spätere, Aveiter nonlostlich abgelegene Kirche bezogen werden.
^^'enn aucli von den betr. Berichterstattern, wie SÄwuLi", Al-
BKKTus Aquensis, welcli' letzterer von einem Oratorium inmitten
der Überreste »der alten Basilica« redet, diese Keste als die einer
einst prächtigen und grossen Kirche bezeichnet werden, so ist
dies erklärlich durch deren irrige Annahme, dass eben an dieser
Stelle auch die Eudokia- (Stephans- Kirche gestanden habe.
Müssen wir nach dem Bisherigen die Identität der Eudokia-
kirche mit der in Rede stehenden lluinenstelle nicht nur als eine
gewagte, sondern als eine unbegründete und- mit dem Lokalbe-
funde wie mit den Berichten in keiner Weise übereinstimmende
erkennen , so darf der Nachweis über die Identität der lluinen-
stelle mit der wohl aus dem S. Jahrh. stammenden und von den
Kreuzfahrern in Besitz genommenen Ecclesia (oder Oratorium)
S. Stephani als gesichert erachtet werden , und möchten wir zu
dem von Frei beigebrachten Nachweis einiges beifügen. Avas dazu
dienen kann, denselben zu vervollständigen und zu verstärken.
Aus dem von Frei nach der Anschauung genommenen Flau
und dessen Erklärung (a. a. O. S. 52), soAvie aus dem auf \'er-
messung beruhenden und in Survey of Pal. Jerus. S. 387 mitge-
theilten Plan erfahren Avir , dass eine Quermauer den circa 1 3 m
langen und 7,4 m breiten, das sog. Schiff der Kirche darstellen-
den Raum von dem hinter demselben gelegenen Theil des Baues
trennte. Diese Quermauer von circa 0,-5 m Stärke hatte nach
Frei's Plan in der Mitte, nach dem Plan von Survey of Pal.
ausserdem auch auf beiden Seiten. Lücken (offene Stellen) , durch
die man auf einigen Stufen in einen höher gelegenen, mit dem
Schiffe gleichbreiten und circa 2,74 m tiefen Raum gelangt,
welcher die Stelle eines Querschiffes einnimmt, an den sich
die wieder ein paar Stufen hoher gelegene Apsis , einen etwas
gedrückten Halbkreis bildend, anschliesst.
12-
16S • l^i<^ss,
Aut'tiillig erscheint die bedeutende Erhöhung des auf »meh-
reren Stufen« zugänglichen, als Querschiff bezeichneten Raumes,
Es lässt sich daraus erkennen, dass wir es hier nicht mit einem
Querschitf in sonstigem architektonischen Sinn zu thxui haben,
-sondern mit einem für einen besondern Zweck reservirten Kaum;
mit einem in der alten griechischen Kirche häufig an diesem
Theil angebrachten sogenannten 3-/;y.o; sepes) , womit die Grie-
chen die Stelle eines mit einem Gitter umschlossenen Götterbil-
.des oder einer Grabstätte bezeichneten; ein Ausdruck, der von
JHesychius und Suidas bezeichnet Avird als «locus septus ac mu-
nitus cancellis^c, und welcher von Evagrius, Hist. eccl. II. 3 in
der Beschreibung der Kirche der heiligen Euphemia zu Chalce-
don angewendet wird, wenn er von dem or^v.oc 3ij7:ps,j-/;; redet,
womit diese Kirche gegen Osten abschloss, eine Art »tuniulus. in
quo sanctae Martyris reliquiae jacent in arca quadam oblonga re-
conditae, qviam nonnulli Makra Maxpav) vocant, ex argento pul-
cherrime fabricata«. Mit dem gleichen Ausdruck ar^v.öc bezeich-
net Leontiüs mon. (Ende des 8. Jahrh.) in seiner Vita S. Ste-
phani thaumaturgi c. 99 (Acta SS. Bollakd. III, Juli den mit
einem Gitter umgebenen heiligen Fels in der Kubbet es-Sachra,
wo er von einem Magarites aus Ägypten berichtet, der bei seiner
Ankunft in Jerusalem den 2-/;7.C(V twv lApajiicuv besucht habe,
aber später zum Christenthum übergetreten sei.
Dass wir es an dem so auffälligen, erhöhten Theil der auf-
gedeckten Kirche Avirklich mit einem sogenannten 3r,y.o; i tuniu-
lus septus) zu thun haben, könnte mir A'ermuthung bleiben,
wenn wir jeder Nachricht über das Aussehen des Inneren der
betreffenden Stephanskirche aus der Zeit der Kreuzfahrer ent-
behrten. Indessen bietet uns eine solche Theodoricus De locis
sanctis 1172 n. Chr.) in genügender ^V"eise. Derselbe führt uns,
bei dem sogenannten Turris David aus der Stadt tretend, an der
Nordwestecke der Stadtmauer vorbei, in deren Nähe die Kirche
und reinliche, wohlbestellte Wohnungen für die Aussätzigen
lagen. Ging man an diesen, sodann an der grossen, den Hospi-
talrittern gehörigen Cisterne vorüber, so hatte man, das Nord-
thor der Stadt zur Hechten lassend , die »auf einer Anhöhe gele-
gene Kirche des heiligen Stephanus vor sich, Avelcher aus diesem
Thore geführt, von den Juden gesteinigt, daselbst den Himmel
sich öffnen sah«. Und nun fährt er in der weiteren Jieschreibung
über die angebl. Aufdeckung der Eudokia-Stephans- Kirche. ] G'J
dieser Kirche fort: «Es findet sich aber inmitten der Kirclic ein
auf Stufen erhöhter, mit eisernem Gitter abgeschhjssener Kaum,
in dessen Mitte der ehrwürdio-e Altar uiul die Nisclie sich fiiuk't.
wo dessen SteinigTing und die Erötihunsj: (les Himmels statt Lje-
funden. vüiese Kirche«, fügt er bei, »steht unter der Aufsicht des
Abtes der Maria in Latina« ') . Wir haben hier unverkennbar den
erwünschten Aufschluss über die Bedeutung der auftuUig hohen
Lage des betreffenden Theiles der Ruinenstelle. Derselbe wurde
von den Franken als Ort der Steinigung des Erzraärtyrers ver-
ehrt, und dürfen wir sicher annehmen, dass dieser Theil der
Kirche nicht vollständig eingcAvölbt gewesen, sondern als »locus
apertionis coeli « in ähnlicher ^Yeise wie bei der Himmelfahrts-
kirche auf dem ülberg offen gelassen wurde.
Fassen wir zum Schluss das Resultat vorstehender Ausfüh-
rung zusammen, so ergiebt sich, dass die von den Franzosen an-
gekaufte und erschlossene Ruinenstelle eine ursprünglich von
den Griechen errichtete Kirche mit einer damit verbundenen
kleineren Klosteranlage war. welche aus der Zeit nach 640, etwa
aus dem S. Jahrb. stammte und im J. 1099 in Trümmer gelegt
wurde : dass die Wiederherstellung der Kirche oder des Orato-
riums nach dem alten Plane der Griechen und anknüpfend an
die Tradition derselben unter Erweiterung der klösterlichen
Baulichkeiten von den Kreuzfahrern alsbald unternommen wurde
und in der Zeit, als Hegumen Dakiel (circa 1112 n. Chr.) 2) die
Stadt besuchte , im ganzen vollendet war ; dass vor der Belage-
rung der Stadt durch Saladin diese Baulichkeiten von den nun-
mehr belagerten Christen niedergerissen und in der Folge nicht
wieder ihrer alten Bestimmung zurückgeführt, sondern als Ställe
für den Sultan und als Absteigequartier für die christlichen
Wallfahrer benutzt wurden, wie letzteres noch von den Pilgern
WiLBRAXD und Thietmar aus den Jahren 1211 und 1217 berich-
tet wird . seit welcher Zeit uns keine Berichte mehr über diesen
1] Est autem in ipsa ecclesia media locus gradibus elatus, pariete ferreo
septus, ubi locus lapidationis ejus fuit et coeli super eum apertionis. Haec
ecclesia abbati S. Mariae in Latina subjacet.
2) Hagexmeyee, (Ekkehardi Hierosolymita, setzt den Besuch Daniels
in die Zeit 1106—1107 und Wexewitixow hat diese Datirung anerkannt.
Die Redaction.
170 Ri«?ss. über die angebl. Aufdeckung der Eudokia- Stephans- Kirche.
Ort bekannt sind. Es ersieht sich aber anch, wie die aufge-
deckte Stelle Aveder nach den Berichten über die Lage der von
Eudokia erbauten .Stephanskirche noch nach dem liefund der
Euinenstelle eine Deutung auf letztere zulässt und dass die in^-
tendirte Restauration nur als eine Wiederherstellung der grie-
chisch-fränkischen Stephanskirche , nicht aber der vormaligen
Eudokiakirche bezeichnet Averden kann.
Neu aufgedeckte relseiigräber liei der (iralicskiiclie
in JeniBalem.
^*on l>auratli C. Schick in Jerusalem.
(Hierzu Tafel V).
Bekanntlich finden sich einige Felsengräber in der Wnud
der grossen Eotunde über dem heiligen Grabe, westlich von dem-
selben. Die Tradition hat sie dem Nikodemns und dem Joseph
von Arimathia zugeschrieben. Mehrfach sind dieselben als ein
Argument zu Gunsten der Echtheit des heiligen Grabes verwendet
worden , sofern sie das Vorhandensein von jüdischen Felsen-
gräbern in dieser Gegend überhaupt beweisen, mithin die Lage
des Grabes Christi an der heute gezeigten iStätte als möglich dur-
thun. Aber die Gegner erblicken in diesen Gräbern nur Nach-
ahmungen jüdischer Vorbilder, leiten sie also aus späterer Zeit
ab und berufen sich dafür auf die Massverhältnisse (vgl. Toblkk.
Golgatha S. 354 ff.). In der That sind diese Gräber so beschaf-
fen, dass man an ihrer Echtheit zweifeln kann. Sie lassen sich
daher nicht als triftiges Argument für die Echtheit des heiligen
Grabes benutzen und sind auch von unparteiischen Forschern
nicht ernstlich in IJetracht gezogen Avorden. Um so merkwürdi-
ger ist, dassCapitänCoNDER, ohne genügenden Anhalt zu haben,
in ihnen die Gräber einiger jüdischer Könige erkennen will.
Unter den Gebäuden, die bekanntlich die Grabeskirche ringsum
einfassen, ist das koptische Kloster an ihrer Nordostseite sowohl
wegen seiner Ausdehnung als auch ^vegen mancher alter IJau-
reste, die es in sich birgt, eines der wichtigsten. So befindet sidi
theilweise unter demselben die grosse Helenacisterne . deren
Wasser wohl nie versiegt, aber weil die Zufühnnigen nicht rein
gehalten werden, nicht recht gut ist und nicht getrunken werden
] 72 Schick,
kann. Daher fasste der Vorsteher der Kopten den Plan, eine
andere neue Cisterne unter dem Kloster anzulegen , und Hess zu
dem Zweck an einem ihm geeignet erscheinenden Orte grahen.
Dahei stiess man bald auf einen liand des dort anstehenden Fel-
sens, grub vor demselben in die Tiefe abwärts, bis man den Fels-
boden erreicht hatte, und entdeckte nun seitlich eine thürartige
()ffnung Tafel V. ä . die in eine in den Felsen gehauene Grab-
kammer führte.
Nachdem ich davon gehört hatte, begab ich mich an Ort und
Stelle, um die Sache genauer zu untersuchen, nahm die nöthigen
Messungen vor und entwarf danach die beifolgenden Zeichnun-
gen 's. Tafel V;. zu deren Erläuterung ich Folgendes bemerke.
Der geleerte Raum erstreckt sich bis zu einer Tiefe von 4 m
unter dem bisherigen lioden und ist auf drei Seiten, im S., W.
und N., vollständig von Mauern eingeschlossen, auf denen die
Pfeiler und Säulen des Oberbaues stehen, während er auf der
vierten Seite , im O., zum grössten Theil durch Felsen abge-
schlossen wird. Zwischen diesen Grenzen beträgt die Länge des
Baumes etwa 6 m. die Breite an 3 m. Die thürartige Öffnung a
führt in eine Grabkammer von 2 m Breite , Länge und Höhe.
Sie ist noch ganz gut erhalten, hat aber Aveder »Schieb- noch
Troggräber«, sondern zwei »Bankgräber« an den Seiten 's. Tafel V,
Grundriss und Durchschnitt der Linie CD) . Eine zweite Thür,
der ersten gerade gegenüberliegend, führt in eine kleinere Grab-
kammer, die rechts und links ebenfalls Steinbänke hat, dazu eine
dritte Querbank im Osten, durch welche die ersten beiden ver-
bunden werden (Tafel V, Grundriss und Durchschnitt ^jB) . Der
Felsen ist überall weiss und durchaus trocken. An dem Rande
des Felsens ausserhalb dieser Felsgemächer erkennt man noch
Reste von anderen Zwischenwandungen. Daravis ergiebt sich,
dass ursprünglich noch eine oder mehrere solcher Grabkammern
hier vorhanden Avaren. Sie sind wahrscheinlich in der Zeit, als
die Mauern aufgeführt Avurden. weggebrochen Avorden, A'ermuth-
lich in der Zeit der Kreuzfahrer. Der Umstand, dass die Mauern
aus der Tiefe aufgeführt siud , obgleich die ursprüngliche Ober-
fläche des Felsens hier so hoch lag, lässt sich eben nur durch die
Annahme erklären, dass der zuerst ausgehöhlte Felsen später gänz-
lich AA-eggebrochen Avurde, so dass eine vollständige Lücke in der
Oberfläche des Felsens entstand. — Die Z Avischen Avandungen
Neu aufgedeckte Felsengräber bei der Grabeskirche in Jerusalem. 1 7:5
sind auffallend dünn gehalten. Die Sänle 1 steht jjferade üher cU-r
ersten Grahkammer, anf ihrer Felsendccke. Ich hin üher/cu^'t.
dass, wenn die östliche Mauer durchhrochen würde, hinter der-
selben noch andere ähnliche Gräber zu finden wären. \\'eiter
vermuthe ich, dass von S. her eine Treppe /u diesen Felsenirrä-
hern herabführte. Sie liegen nämlich dem sogenannten "Gofäng-
nisse Christi« in der Grabeskirche auffallend nahe; der Hoden
dieser Kapelle, etwas niedriger als der der übrigen Kirche, be-
steht bereits aus Felsen : von dort mm sind vermuthlich diese
Gräber durch eine Treppe zugänglich gewesen.
Ohne Zweifel haben wir in diesen Gräbern eine jüdische An-
lage vor uns; denn eben solche Bänke finden sich in den sogenann-
ten Königsgräbern vor dem Daraaskusthore, und ferner sprechen
die dünnen Zwischenwandungen für ein gewisses Alter der Grab-
kammern. Hätten Christen dieselben augelegt, so hätten sie die
Wandungen sicherlich dicker gelassen, da sie ja Gebäude dar-
ül)er errichtet haben. Um derselben Rücksicht willen hätten sie
auch die Grabkammern zweifellos anders orientirt, nicht so, dass
ihre Längsrichtung etwa der Diagonale der |Grabeskirche ent-
spricht.
Durch diese Entdeckung ist demnach die wichtige Thatsache
festgestellt, dass zur jüdischen Zeit wirklich Gräber in
dieser Gegend gewesen sind. Mithin kann auch der Kaths-
herr Joseph von Arimathia das seinige hier haben aushauen las-
sen Matth. 27, 57 ff. Luc. 23, 50 f.).
Die Kopten sind durch die Auffindung dieser Gräber stutzig
geworden und lassen vor der Hand die Arbeit liegen. Der Ge-
danke, eine Cisterne an dieser Stelle anzulegen, gefällt ihnen
nicht mehr. Mein Führer sagte, sie eigne sich wohl mehr zur
Anlage einer Kirche oder zu einer Anachoretenwohmmg. Damit
die Seitenmauern des vohi Schutt geleerten Eaumes dem schwe-
ren Druck von oben nicht weichen , haben die Kopten die ^•on
einer Thür durchbrochene Quermauer 10 gezogen.
Jerusalem. 2. Juni 1S85.
Die Jenisalemfalirt des Friedrich Ecklier yoii Käpfing
und Karl (jrimmiug auf ^lederraiii (1625)
im Auszüge mitgetheilt
von
Keiuhold Röbriclit und Heinrich Meisuer.
In dem Familienarchiv des Königl. Barr. Oberamtsrichters
a. D. Herrn S. von Schab in München findet sich ein uns unbe-
kannt gebHebenes Mannscript, welches den Titel führt : »Kela-
tion nnd kurze Beschreibimg der Wallfahrt zvi dem heiligen Grab
nach Jerusalem und Berg Synay 1625 Jar.. durch meinen H.
A'ettern Friedrich Egkherrn von und zu Käpfing, Ihr. Hochfürst-
lich. Durchlaucht Erzherzogs Leopoldi zu Osterreich p.Rath und
Kämmerer, dan nach Carolo Grimming zum Niedern Kain iso
diese Keiss beschrieben) besehen imd durch die Genaden Gottes
zu erwünschten Endt gebracht -worden«. In PREy, hochfürstl.
Freising. Hofkammerdirekt. und -wirkl. geh. Rath nachgel.
historiogr. Man. von Joh. Franz Freih. von Eckher, Bischofen
zu Freising I (p. 33) wird noch gemeldet, dass Friedrich Eckher
von Käpfing, welcher bald nach dem Tode seiner Ehegattin Ma-
ria Salome 1620 in Folge eines Gelübdes in den Priesterstand
getreten war, im Jahre 1625 mit Karl von Grimming seiner
Schwester Sohne , eine Fahrt nach dem heiligen Lande angetre-
ten, auf derselben ihn vollständig frei gehalten, nach seiner
glücklichen Heimkehr das Kloster Loretto bei Landshut gestiftet
habe, über dessen Thüre noch sein Wappen sich findet, und
nachdem er 1626 in dem Kapuzinerkloster zu Donauwörth als
l>ruder eingekleidet worden Avar, unter dem Namen Honorius zu
Röhricht u. Meisner, Die Jerusalemfahrt des Friedrich Eckher etc. 1 "5
Kürzingen in Franken gestorben sei. Mit seinem 1(;I2 gelutre-
iien Solni Georg Friedricli ist sein Geschlecht erloschen. Über
den Verfasser unseres Herichtes findet sich bei Mi ckmnus, Stcin-
inatogr. Iü72 Ulli, 64 die Nachricht, dass er der .Sohn des Jo-
hannes Ludwig von Grimniing zu Nieder-Kain im Lungau; w;ir
und von dessen Gemahlin Arguta Eckerin von Kiiijfing; diesellte
Quelle nennt auch unseren Autor »equesS. Sepulchri". Die beiden
Linien von Grimming auf Nieder-liain und Stall in Kärntheu
vereinigten sich später im Erbgange, und da die 1S4 l verewigte
Mutter des Herrn S. von Schal) aus der letztgenannten Linie
stammte, so kam dieses Manuscript in seine Familien acten.
Dasselbe besteht aus 71 Blättern in 4», jede Seite hat 14 — l.'j
Zeilen; die Schrift ist sehr klar und leserlich. Die Reisebe-
schreibung ist in die Form eines Tagebuches gekleidet: zu jedem
Tage vom 11. März 1625 bis zum 27. Februar 1626 sind kurze
Notizen eingetragen. Bei dem sehr summarischen Charakter die-
ser Aufzeichnungen schien eine vollständige Mittheilung des
Textes nicht geboten; wir haben uns begnügt, das nur hervor-
zuheben, was ausser der Route und dem allgemeinen Verlauf der
Keise von Interesse sein muss, Avie z. B. einige Namen, kleine
persönliche Erlebnisse. Die Geschichte der Traditionen und die
Topographie erhält durch unseren Text keine Erweiterung.
Zu erwähnen ist , dass bereits Herr Professor Dr. W. A.
Neumann in der Tübinger Theologischen Quartalschrift 1S6S,
S. 327 und danach in ZDPV. 1S81, S. 237 auf diese Pilgerfahrt
aufmerksam gemacht hat. Eine Handschrift der GiUMMiNG'schen
Reisebeschreibung hat sich nämlich in dem Benedictinerkloster
Admont in Steiermark, einem Breydenbach angeheftet, er-
halten .
Zum Schluss sprechen wir Herrn S. von Schab an ötfent-
licher Stelle noch den aufrichtigsten Dank dafür aus, dass er uns
auf den Rath des Herrn Redacteurs dieser Zeitschrift die Be-
nutzung des genannten Manuscripts, und zwar in höchst liberaler
Weise, möglich machte und die oben verwertheten Nachrichten
über die beiden Jerusalemfahrcr gütigst zusandte ; die so gewon-
nenen neuen Materialien werden , wenn auch in ihrem Umfange
bescheiden, sicher der Palästinographie von einigem Nutzen sein.
\ 'Q Röhricht und Meisner.
Die Keiseiuleu brechen am 11. März 1G25 von K;i])finw a\if
inid gehen über Geisenhausen. von da in Begleitung des Andreas
Mayr bis Teisning. wo sie bei Horgentsreiter einkehren, dann
über Otting. Tittmoning nach Salzburg, wo der Statthalter von
Passaii. Schwendy, sie zu Gästen einladet, und erreichen über
Golling. Mauterndorf. Spittal. ^ illach. Pontebba. Venzone, Ge-
mona. St. Daniele. Sacile. Treviso, Mestre. wo sie. wie es Pilger-
brauch war. ihre Pferde zurücklassen, am 26. März Venedig.
Da sie hier hören, dass das Pilgerschiff, welches gewöhnlich am
Frohnleichnamsfeste abfuhr, schon seit über 20 Jahren über-
haupt nicht mehr abgeht, wählen sie ein holländisches Schiff zur
Überfahrt und segeln in Hegleitung von drei Kapiizinern, welche
die Infantin aus Brüssel nach Jerusalem schickte, am 1 7 . April
ab und landen am T.Mai in Alexandrien ; hier müssen sie nach
strenger Untersuchung in der Mauth von 100 Goldstücken je
eins als Abgabe geben . werden aber vom französischen Consul.
welcher sie zu Gaste ladet, und dem venetianischen Vicecons\d
Simon deTimma ausserordentlich freundlich aufgenommen. Am
1 2 . Mai verlassen sie Alexandrien und fahren über Kosette. wo
der venetianische Viceconsul Hernardini Spineli sie beherbergt,
nach Cairo und finden dort durch den venetianischen Consul
Girolamo Foscarini in dem fondaco zwei Monate lang kostenfreie
Unterkunft. Am 21. Mai besuchen sie den Mosesbrunnen, am
25. das Sinaikloster und erhalten beim Abschiede von den Mön-
chen Kaumwolle zum Andenken . in welche Heiligthümer aller
Art eingewickelt gewesen waren; am 2. Juni sind sie in Suez,
am 6. wieder in Cairo. am 17. bei den Pyramiden. Weil, Avie
der Schreiber berichtet, alle Kameele — über 40000 ! — für die
grosse Mekka-Karawane in Beschlag genommen sind, müssen die
Pilger bis zum 29. Juli warten, wo sie endlich mit sechs Franzis-
kanern aus Messina und einem französischen Priester (im Gan-
zen hatte die Karawane 300 Kameele, von denen sechs den Pil-
gern gehörten) aufbrechen können. Sie gelangen über Pilbais,
Saleliije nach Kathia , wo sie durch die Mauthbeamten streng
untersucht werden und sich pro Ko])f durch ein Hachschisch
von IS Piastern vor Weiterungen schützen; in el- Arisch müssen
sie wieder 31/2 Piaster zahlen, erreichen dann über Chan Junus
Gaza . werden aber hier angehalten . weil sie einen ganz neuen
Weg nach Syrien eingeschlagen hätten , um den Zoll in Jafa.
Die Jerusalemfahrt des Friedrich Eckher von Käpfing etc.
/ I
acht Venetianische Zechinen , zn sparen , und sollen desshalb
3UU riaster, ja später sogar lUOO Zechinen Strafe zahlen. In
dieser Noth schicken sie eine Estatfette an den Guardian nach
Jerusalem, worauf Pater Jacob, Guardian von Xa/.areth, erscheint
und den Filtern die Weiterreise dadurch ermöj<licht, dass die-
selben dein Pascha 600 Kronen und einen seidenen Rock, sehieu
Offizieren 300 Kronen zahlen, also pro Kopf 90 Kronen. Über
Asdod ziehen sie nun ruhig weiter nach Kamle und treffen am
20. Aug. in Jerusalem ein, wo sie für den Einlass in das heilige
Grab jeder 11 ungarische Ducaten zahlen müssen, und am 23.
Aug. nachts Karl von Grimming den Eitterschlag erhält. Nach-
dem sie auch l^ethlehem besucht, wo sie den Pater Johann Sies:-
mund Findtier aus Flättsch in Tyrol treffen, der schon einige
Jahre im heiligen Lande weilte, ziehen sie über Sebaste, Naza-
reth, Accon, Tyrus nach Sidon, von avo sie nach Constantinopel
segeln wollten , aber auf die Nachricht, dass dort die Pest herr-
sche und eine Janitscharenrevolte ausgebrochen sei, nach Malta
zu fahren beschliessen, Sie accordiren mit Francesco llaveli,
dem Capitän eines nach Marseille bestimmten Schiffes, müssen
aber vor ihrer Einschiffung jeder einzelne 5 Kronen Mauth zah-
len. Am 7. September gehen sie an Bord. Die Verpflegung giebt
ihnen Veranlassung zu bitteren Klagen; nur zw^eimal -wöchentlich
erhalten sie ein Stück gesalzenes Fleisch , sonst nur Stockfisch
und pro Person eine, resp. ly^ Sardelle, selten Käse, aber mo-
drigen Schiffszwieback und ranzigen Wein. Am 30. September
kommen sie nach Malta, sollen aber, weil die Pest in der Le-
vante herrscht, nicht an's Land gehen dürfen. Indessen gelingt
es ihnen durch Vermittlung eines deutschen Maltesers, Hans
Heinrich von Closen, nach 12tägiger Quarantäne, die 40, minde-
stens aber 24 Tage zii dauern pflegte, zu landen, erhalten sogar
Aiidienz bei dem Grossmeister und die Erlaubniss, sich die Stadt
anzusehen. Bei einem Bankett des Baillif von Andelau, welcher
das Marschallsamt inne hatte , treffen sie von deutschen Rittern
einen Herrn von Stein und einen Herrn von Westhausen. In
der Nacht des 19.0ctober segeln sie nach Syracus ab, dann über
Taormina nach Messina und Neapel , wo gerade der Vicekönig
eine Generalmusterung über GOOO Reiter und IS 000 Mann Fuss-
volk hielt. Von da erreichen sie am 18. November Rom. am
12. December Venedig, hören aber hier mit Schrecken, dass bei
17S Köhricht u. Meisner, Die Jerusalemfahrt des Friedrich Eckher etc.
Mahiiuucca das maltesische .Schitt". welclieiu sie ihre im helHufou
Lande gesammelten lieliquien nnd ihr Gepäck anvertrant hatten,
mit zwei Pferden des Grosscomthurs , eines Herrn von Kosen-
bach, untergegangen sei. Aber da das Meer dort nicht tief -war,
■wird das Meiste von der Fracht gerettet, freilich dabei auch
manches gestohlen.
Einem auf dem Meere ■während des Sturmes abgelegten
Gelübde zufolge tritt Grimming mit seinem fetter eine Wall-
fahrt nach Maria Einsiedeln an. das sie über den 8t. Gotthardt-
pass glücklich erreichen, kehren dann über denselben und Mai-
land nach Venedig zurück und gelangen über Spilembergo, 8t.
Daniele, A'enzone, Malborgeth. Villach, 8t. Michael. Hadstadt
wieder gesund nach Salzburg zurück.
Tediiiische Ausdrücke der Töpferei imd AVeberei
in Gaza.
Von G. Gatt in Gaza ' i .
Fächlira b;j.i>li die Töpferei (als Weikstätte) ; fächün i^,j.i*l3
<!mxTö^iex',fochchm'J^.i irdene Geschirre ; ^»2 |jJbLehm; me-
stah ^.l2^x der Reinigungsplatz; madsc/tbal ,}.^<a das Knetlocli;
bei ed-dü/ab ^,^lr^j\ ,.i>^j das Radloch; 77iedd (wahrscheinlich
cL\ax. von pj>» setzen, der Untersatz^ die untere Radscheibe ;
ras ^_^J^ (der Kopf) die obere Radscheibe; kalb ^^\:6 [{Hexz) die
Holzwelle in der Mitte zwischen dem oberen und unteren
Rade ; ka'^de sAäs der Sitz am Rade ; tannür , ,^ der Feuerofen :
kubbe x^i die runde Öffnung im Gewölbe des Ofens, durch welche
der Rauch entweicht ; bäb et-tafrigh ij^sÄJ^ ^\i die mittlere Öff-
nung am Feuerofen , durch welche die Geschirre herausgenom-
men werden; bet en-när .\j.l\ ^c:^^ die untere Abtheiiung des
Feuerofens : bäb en-när .\^\ ^-jlj die untere ()ffnung, an welcher
gefeuert wird; bfmdsc/ia liehst die Vorhalle des Brennofens, viel-
leicht X>"Ü..J.
Die irdenen Geschirre, die in Gaza verfertiget werden,
heissen : serädsch „L^ die kleine Thonlampe; /o/y«, vielleicht IJCäi ,
thönerne Krugdeckel; zibdlje ^jl\j\ Buttcrschüsselchen (die
1 Von dem geehrten Herrn Verfasser als Nachtrag zu seinem Aufsatze:
»Industrielles aus Gaza« Bd. VIII, S. TU ff. eingesandt. Anm. d. Kedaction.
IbO Gatt,
kleinste Art von Schüsseln] ; kaschküle iw^xxi.i Schüssel ^mittlerer
Grösse , hken ^\J Schüssel von grossem Umfange) ; scherhe io.ui:
langhalsiger Trinkkrng ohne Henkel, ohne Trinkvöhre und ohne
Schnabel ; hrlk / ij.j der gewölmliche Trinkkrug mit zwei Hen-
keln und Trinkröhre; korräs, -wahrscheinlich (_w(.i^, der Wasser-
krug der Muker Mukäri) mit zwei Henkeln ohne Trinkröhre;
mahlahe 'i.X:> Milchkrug, länglich mit zwei Henkeln ohne Schna-
bel und ohne Röhre ; hüz -^ Wasser- und Milchkrug mit einem
Henkel und Giesschnabel ; dscharra "5.> der gewöhnliche Was-
serkrug. den die Frauen auf dem Kopfe tragen; \islye iUJL*£ Ho-
nigkrug) der kleine Wasserkrug, den die Mädchen auf dem
Kopfe tragen; der Henkel heisst icuden^ eigentlich uden ^^ö! das
Ohr; die Trinkröhre iaiM;^ vielleicht t^xj oder -jjLj; tand&chara
'i.^S^ der Kochtopf; kedre ä.iAs der kleine bauchige Topf; slr
(vielleicht .**v) der grosse, manchmal mehr als meterhohe Krug ; kü-
diis (_v,. J j' derflaschenartige Brunnenkrug ; kastal (vielleicht JJ2,«o )
die Kanalröhre ; dscJtäme vielleicht xxL;>) die Gewölberöhre u. s.w.
Die Seifensiedereien sind dermalen geschlossen, daher kann
ich heute deren technische Ausdrücke nicht bringen.
üie Weberei als Handwerk heisst hijcike »6 Ls>; der Weber
haJJZik, nassädsch ti5Lc>, ^LJJ; die Werkstatt desselben einfach
dukan qL5j> ; der ganze Weberei- Apparat heisst ?iaul J^ ; der
Aufzug inasdl ^^J^^a ; sada ^^Xm heisst zetteln und mesdä ^^A,«,^
ist die Zettel- Vorrichtung ; der Einschlag heisst lohme x^ ; das
'O 5
Schiffchen makük tdyC/c; dajf' ^J> das x\nschlagbrett ; metica
(^jJa^ der vordere Weberbaum, um den der fertige Stoff herum-
gewickelt wird ; )ür .aJ heisst die Vorrichtung , welche den Zet-
tel auf- nnd niederhebt; faras ^j^.h heisst der horizontale Stab,
welcher diese Vorrichtung trägt; dawasüt '::j\.^»^ heissen die Tritte
im Erdloche, welche diese Vorrichtung in l^eAvegung setzen ; der
horizontale Haspel heisst einfach dülah wv-»>^ ; der verticale mo-
kahhe äxJCo; die grosse Spule mekahh ^^Xx; die Spindel mecjhzal
\
Technische Ausdrücke der Töpferei und Weberei in Gazx. 1 §1
Jii,^; das Gespinst (/^tazel i\:£; die vier Pflücke, welche im IJoden
stecken, heisscn ff ho räz •,..£; der hintere Weherhanm heisst 7«o-
Jiülhife xäLO; die Welle im Hoden hei T^einwandwchern heisst
if-tahtäni^ die ohere üher dem Weher e/-/ö/<////. Was für ein Nenn-
wort dahei zu verstehen sei, wissen die Leute nicht. Die ohere
Welle heisst auch dsc/iäser , vielleicht ,*.L>. Die Spule, welche
ins Schiffchen gelegt wird, heisst mcisüra 3jj.w^U ; das Eisen , um
das sie sich dreht, icutik; der Wollweher heisst sauv:äf; der Sei-
denste ffw eher 7?ar7n; surrütlje Kaj\.av heisst ein fertiges Stück von
Seide. Ist es von Baumwolle, so heisst es drmä , dlmäj w^.J>,
£w*j3. Ein um den Wehebaum herumgewickeltes fertiges Ge-
webe überhaupt heisst mefäj (^L-ax. Die Steine, womit die En-
den des Aufzuges beim Baumwollweben beschwert werden,
heissen atJxZil JwäÜ. Der Stab, welcher den Aufzug niederhält,
wird dschahsch J^^^:>' genannt. Der in die Mauer hineingetrie-
bene Pflock, welcher bei Woll- und Loinwandwebern den Auf-
ziiy; festhält, heisst mtiradd ö.^.
Ztschr. d.Pa'..-Ver. VIII. ^3
H. Clay TriimbiiirB Kadesli Baruea.
Nach dem Englischen mitgetheilt und besprochen von
Prof. H. Guthe in Leipzig.
Zu den Geheimnissen . die die Wüste südlich von Palästina
dem Avissbegierigen Forscher hartnäckig vorenthielt, hat lano-e
Zeit hindurch die Lage von Kades Barnea gehört. Zu Anfang
dieses Jahrhunderts hat ein kühner Reisender den Schleier zum
ersten Mal etwas gehoben, ohne dass er darum wusste. Unter
seinen Nachfolgern , die absichtlich den Schleier weiter lüften
wollten, ist nur einer so glücklich gewesen, wirklich an das Ziel
zu gelangen. Den letzten , der die schwer zugängliche Gegend
gesehen hat , hat mehr das Glück , das er freilich geschickt zu
benutzen verstand, als ein vorher überlegter Plan an den vielbe-
sprochenen Ort geführt. Der Amerikanern. Clay Trümbull D.D.
hat uns seine Reise im J. 1881 durch die Wüste zwischen Kai at en-
Nachl und Hebron genau erzählt und seine l^eobachtungen durch
sorgfältige Studien für die biblische Geographie zu verwerthen
gesucht. Das umfangreiche und schön ausgestattete Puch führt
den Titel : Kadesh-Parnea, its importance and probable site with
the Story of a hunt for it including studies of the route of the
Exodus and the southern boundary of the Holy Land (New York
Charles Scribner's Sons 1884. 4 78 S. gr. S". Mit zwei Karten
und mehreren Abbildungen. ^ 5). Wie der geehrte Herr ^'erfas-
ser selbst im Titel andeutet, ist es auch ihm noch nicht gelun-
gen, den das Geheimniss deckenden Schleier dauernd \ind ganz
zu heben. Er hat jedoch mehr gesehen als alle seine Vorgänger.
Daher benutze ich gern die von dem Herrn ^>rf. mir freund-
lichst ertheilte Erlaubniss. die Leser unserer Zeitschrift mit den
Guthe, H. Clay TrumbuU's Kadesh Barnea. 1S3
von ihm vollzogenen Heobachtungen bekannt zu niachen. Ich
tlieile im Folgenden den wichtigsten Theil seines Keiseherichtes
in freier, aber getrenerÜbersetznng mit. schicke derselben einige
1 Bemerkungen über den bisherigen Stand der Frage voraus und
schliesse mit einer kurzen Besprechung der von Trumbili, vor-
getragenen Ergebnisse und Vorschlage.
Es war U. J. Seetzkn. der am 30. März IbUT auf seiner von
Hebron über Gaza nach dem Sinai gerichteten Reise, nachdem
er in der Nähe eines Wädi el-'Ain, wahrscheinlich des Wädi Ain
el-Kaderät, einigen 'Azäzime-Arabern begegnet war. ein Haches,
trockenes Thal betrat, das ihm als "Wädi »el-Kdeis« bezeichnet
Avurdei). Er notirte gewissenhaft den Namen, ohne jedoch seine
Entdeckung zu verwerthen. und da seine Reisen erst lange nach
seinem Tode herausgegeben wurden, blieb dieselbe zunächst ein
Geheimniss. John Rowlands. ein englischer Geistlicher, reiste
im Jahre 1S42 mit Canon Williams, damals Kaplan des Bischofs
Alexander von Jerusalem , von Hebron südwärts bis zum Wadi
el-Marra. Hier hörten die Reisenden von dem sie geleitenden
Schech der Tijäha-Beduinen den Namen Kades, der sie sofort an
das alttestamentliche Kades Barnea erinnerte. Sie konnten da-
mals ihre Forschungen nicht weiter ausdehnen, und so unternahm
Rowlands gemeinsam mit dem Architecten Johns, der in jenen
Jahren die englische Kirche in Jerusalem baute , bald nachher
eine neue Reise, um die Gegend von Kades zu finden. Er begab
sich von Gaza aus, geleitet von einigen Teräbin-Arabern. in das
Gebiet der *^Azäzime und fand in der That einen nackten Fels-
rücken , unter dem eine Quelle hervorkam . deren Wasser nach
einigen raschen Sprüngen über das Gestein in westlicher Rich-
tung abfloss und sich 3 — 400 Yards weiter im Sande verlor.
Diese Entdeckung theilte Ro-wlands sofort brieflich seinem
Freunde Canon G. Williams mit. und dieser liess das Schreiben
in seinem bekannten Buche The Holy City I, 4S7 ff. abdrucken.
Darin meldete Rowlands ausserdem . dass die beiden anderen
Lokalitäten . Kaderät und Kaseme . westlich von Kades in der
11 Kcisen durch Syrien etc. licrausgep:eben von Fu. Kki'se. Berlin l"^ö4 —
1S59. Bd. III, 4S. Über Wadi el-'Ain s. ItüiuxsoN, Palästina I, :n4. Auch
V. Bertov will 1S38 den Namen »Kadesia« gehört haben, vgl. dazu RoBl.v -
sex a. a. 0. III, 771.
13*
1sj4 Guthe,
Ixichtuiig nach demWädi el-' Arisch gelegen seien. Diese beiden
Namen waren schon von Robinson mitgetheilt worden : jedoch
hatte Robinson nur die letztere Stelle selbst besucht';. Row-
LANDS dagegen hat die Lage der so bezeichneten Orte sich von
seinem Kades aus otlenbar nur bejchreiben lassen.
Diese Entdeckung RowLANDs" wurde durch Winer in seinem
Realwörterbuch =^ I, 641 ^1S47} und durch Tuen in einer sorgfäl-
tigen Abhandlung zu Genesis Cap. 14 2 anerkannt und für die
BestimmxmLT der Laa:e von Kades Baniea verwerthet. Vorher
hatte jedoch schon Robinson 3, *^Ain el-Webe als die wahrschein-
liche La^re des alten Kades bezeichnet inid hielt nun seine Mei-
nung mit Nachdruck aufrecht ^ . Rowlands gilt ihm als ein
phantastischer, leichtgläubiger und daher unzuverlässiger Mann.
Die Entdeckuno^ selbst sucht er durch die Annahme zu beseiti-
gen, dass Rowlands' Kades identisch sei mit '^Ain el-Kaderät,
dass der Name Kades überhaupt nur einem Missverständnisse
Rowlands' seine Existenz verdanke, indem er vermöge seiner
geringen Kenntnis? des Arabischen aus Kaderät ein Kades ge-
o
macht habe. Robinsons Ansehen bewog viele Engländer und
Amerikaner, die Entdeckung Rowlands' nicht weiter zu beach-
ten. Dagegen fand sie unter den deutschen Gelehrten viele Yer-
theidiger ^ .
Eine Entscheidung dieses gelehrten Streites konnte natür-
lich nur auf Grund neuer Forschungen in jener wenig besuchten
und Avenig bekannten Gegend erfolgen. Man erwartete dieselbe
von der Reise, die Tyrwhitt Drake '7 IST 4) und Prof. E. H.
Palmer (7 1SS2 im Auftrage des Palestine Exploration Fund
durch die "Wüste et-Tih von Kafat en-Nachl nach Hebron und
von Hebron nach Petra 1SG9 — 7u unternahmen. Palmer fand in
der That ein »Wädy Gadis« mit einer Quelle gleichen Namens
zwischen dem Wadi Lussäii (S.) und und dem "NVädi Muweilih
^N.^ und hält diese Gegend^ besonders eine Ebene, in welche
1 1 Vgl. KoBi.NSO.N Palästina I, 514 f.
2 Vgl. Tucn'3 Commentai- über die Genesis'- ilSTl , S. 257 ff. Aus
ZDMG. I, 1Ü1-11J4,.
3, Palästina III, 1.3S ff.
4, Bibllutheca Sacra VI lS4t) , 377— 3';1.
5j Z. B. FuiES in Studien und Kritikon 1S54, 5Ü— 'Ju ; KlRTZ, Ewald,
Keil, Delitzsch, Kxobel, Mexke u. A.
H. Clav Trumbull s Kadesh Barnea. \<s'}
niehvero von 0. nach W. streichende 'lliäler münden, für die
Wüste von Kades. »Dr. Rowlands war der erste, welcher die
Identität von 'Ain Gadis mit Kades vermuthet hat. Er hezieht
aber den Namen fälschlich anf 'Ain el-Gndeirät. einifj;c Meilen
nördlicher, imd scheint diesen Ort gar nicht besucht zn hahen.
Das 'Ain Gadis, welches wir auffanden, besteht aus drei (Quellen
oder vielmehr seichten Dümpeln. Avelche die Araber themäil
nennen; einer derselben tritt in der Regenzeit aus und wird zu
einem Wasserstrom. Es liegt etwa 310 34' N. H. und 40^ n'("). L..
drei Meilen jenseits der Wasserscheide des Ihales, in dem Iheil
der früher undurchforschten Hochebene der Azäzimeli-Ik'rtje.
Avo diese plötzlich zu einem niedrigen Niveau herabsinkt und
otfner und leichter zugänglich in der Richtung von 'Akabah aus
ist, wie wir bei einer späteren Wanderung fanden« i . Wer mit
dieser Beschreibung den Bericht Roavlands' 2) vergleicht . kann
sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie sich unmöglich auf
densell)en Ort beziehen — oder der eine muss sich einer wun-
derlichen Übertreibung schuldig gemacht haben. Palmer nimmt
auch wohl desshalb die Ansicht Rübixson's wieder auf, dass
RoAV LANDS den Namen fälschlich auf 'Ain el-Kaderät beziehe.
Der erste Nachfolger Palmer's Avar der Amerikaner Samuel
C. Bartlett. Auch er suchte 'Ain Kades und erlangte endlich
von dem ihn geleitenden Schech SulemäU; dass er ihn zu dieser
Stätte führte. Was Bartlett sah. entsprach ebenfalls durchaus
nicht dem Berichte Roaalands'; er erklärte ihn daher für über-
trieben und unzuverlässig. Ja, er stellte die Existenz von Ain
1) E. H. Palmer, Der Schauplatz der vierzigjährigen AVüstemvande-
rung Israels (1876) S. 269 f. Eie im Text angegebene Fixirung des Ortes
stimmt übrigens nicht mit der beigegebenen Karte überein.
■2j Ich setze die Avichtigste Stelle desselben hierher : »The Rock is a large
Single mass, ora small hill, of solid rock, a spur of tlie mountain to the north
ofit rising immediately aboA-e it. It is the only visible naked rock in the
Avholedistritt. Thestream, Avhen it reaches the Channel, turns westAvard, and.
after running about three er four hundred yards , loses itself in the sand.
I have not seen such a lovely sight anyAvhere eise in the Avhole desert — .<uch
a copious and lovely stream .... The Avaters of Kades, called Ain Kades
lie to the east of the highest part of Jebel Halal , towards its northern ex-
tremity, about tAvelve miles (or four and a-half hours by camel to the E. S. E.
of Moilähhi. I think it must be something like due south from Khalasa«. Bei
Trvmbull S. -214.
186 Guthe,
el-Kaderät geradezu in Abrede ; denn er habe das Thal gründlich
untersucht und nnr mehrere Ansammlungen von Wasser, eine
wirkliche Quelle aber überhaupt nicht gefunden. Bartlett's An-
gaben steigerten nur die bisherige -^'erwirrung. Mau fragte nun
verlegen : Es giebt also nicht drei . auch nicht zwei; überhaujjt
keine eigentliche Quelle in jener Gegend zwischen Kal'at en-
Nachl und Hebron.' Die Namen 'Ain el-Kaderät und 'Ain el-
Kaseme haben sich die früheren Reisenden von den Beduinen
nur aufliinden lassen ? Bartlbtt konnte um so grössere Glaub-
würdigkeit für seinen l^ericht verlangen, da Schech Sulemän,
der einstige Führer E. H. Palmek's, ihm anvertraut hatte, dass
er diesen absichtlich von den so lange gesuchten
Brunnen fern gehalten habe!!^).
Professor Dr. Ph. Schaff und Rev. F. VI. Holland erlang-
ten überhaupt kein Resultat avif ihren Reisen in jener Gegend.
Der erstere berichtet, dass der Schech der Tijäha-Araber seine
Gesellschaft überhaupt nicht von Kal'at en-Nachl nach Bersaba
und Hebron habe reisen lassen (1877), während der letztere, als
er IS 78 zum fünften Mal die Wüste am Sinai betrat, unverrich-
teter Sache umkehren musste , theils Avegeu ungewöhnlicher
Dürre, theils weil die Gegend durch beständige Angriöe der öst-
lich wohnenden Araber lebhaft beunruhigt wurde.
Die Aviederholten Nachforschungen seit Rowlands' Besuch
im Jahre 1S42 hatten demnach mehr und mehr zu einem nega-
tiven Resultate geführt. Gewiss trägt Rowlaxds' kurzer Bericht,
im Enthusiasmus des Entdeckens geschrieben und später nicht
ergänzt , einen Theil der Schuld an der Erfolglosigkeit der auf
seinen Anlass hin unternommenen Reisen. Aber es w^ar offenbar
willkührlich, wenn derselbe von vielen Seiten so gering geschätzt
wurde. Schon Dr. W. M. Thomson hatte auf einen andern Um-
stand hingewiesen, der möglicher Weise die Erfolglosigkeit alles
Suchens verursache : j)When I was at Mr. Rowlands's ]Muweilih,
I made diligent inquiries about Kadesh; but both our own Arabs
and other Bedawin we met in the neighborhood were either abso-
lutely ignorant of such a place, under any possiblepronuuciation
of the name , or they puri)osely concealed their knowledge of
1 Bartletts Buch hat den Titel : Froni E^rypt to Palestine. New York
1879. Da ich es nicht gesehen habe, so muss icli nach Tkumblll berichten.
H. Clay Tniiiihuir.s Kadcsh Barnea. 187
it«'). Trumbull hatte sich, bevor er ISSl seine Reise aiitnit,
über den Stand der Frage anscheinend namentlich nach liAin-
LKTT genau unterrichtet , obwohl nicht der Zweck , Studien zu
treiben, sondern eine unfreiwillige Zeit der Müsse ihn in die
Wüste lockte. Der Abschnitt , in welchem er die interessanten
Erlebnisse seiner Reise erzählt, trägt die Überschrift : »Kadesh
Barnea: story of a hunt for it« (S. 235 — 299). Die einleitenden
Kapitel fasse ich in ein kurzes Referat zusammen.
Die Besitz- und Herrschaftsverhältnisse der Sinaihalbinsel
sind folgende : Die südliche Spitze, das Dreieck des Hochgebir-
ges, durchziehen die töicara (von tTü\ tör , die sich in mehrere
Stämme oder Clans mit besonderen Namen gliedern, jedoch ein
gemeinsames Oberhaupt, den Schech el-Hiläd. anerkennen. Sie
sind gutartig und zuverlässig, auch geschickt. Die Grenze ihres
Gebietes nach N . bildet die grosse Pilgerstrasse von Suez nach
'Akaba.
Ihre nördlichen Nachbarn sind die üjüha (von et-üh, der be-
kannten Wüste) . Diese grenzen östlich an die heioäf , die bis
zum Golf von *^ Akaba wohnen ; nordöstlich an die hatvefüt und an
die \tlaiüin ; westlich und nordwestlich dagegen an die terübln^
deren Heimath etwa zwischen Suez und Gaza liegt. Die tij'üha^
hexccif und tercihin sind eng verbündet, daher insgesammt zahl-
reicher als jede andere Gruppe der benachbarten Araber. ]^ie
üjüha nehmen auf Grund der centralen Lage ihres Gebietes das
Recht in Anspruch, jeden Reisenden, der dasselbe betritt, selbst
die von dem Chediw ausgesandte Pilgerkarawane auf der Pilger-
strasse, gegen Zahlung zu geleiten. Sie sind roher und w'eniger
zuverlässig als die towara; auf Raub auszugehen, ist ihre Lieb-
lingsbeschäftigung.
Nördlich von dem Gebiet der üjäha imd hewät wohnen die
'azäzime, abgeschlossen gegen alle Anderen in den Bergen, die
ihren Namen tragen. Sie sind einer der ärgsten und verkom-
mensten arabischen Stämme, unglaublich misstrauisch nicht
allein gegen die «Christen«, wie sie alle Europäer und Amerika-
ner nennen, sondern auch argwöhnisch gegen die /ijäha, wenn
diese Fremde von der verhassten Rasse an ihrer Grenze vorüber-
führen 2). In ihrem Gebiet liegt 'Ain Kadis. Daraus, dass sie
1) The Land and the Book '-^I (ISSl), 2UU.
2; Vgl. Palmer a. a. O. 225. 315 ff. 329.
ISS Guthe,
selbst den lleiseuden aufs sorgfältigste den Weg zu dieser Quelle
verheimlichen inid den üjZüui es nicht gestatten. Fremde dort-
hin zu führen, erklärt sich die seltsame Erscheinung, dass diese
»Stätte seit Generationen für Wanderer unerreichbar gewesen ist,
obwohl sie von der iStrasse zwischen dem Sinai und Hebron nur
wenig nach Osten zu abliegt. Koavlands sah die Quelle. Aveil die
terübln von Gaza aus ihn führten und diese gutartigen Leute
nicht nur mit den t'iJüJta und noch enger mit den toicaru verbün-
det sind, sondern sogar mit den argwöhnischen und zanksüchti-
gen '^azüzime auf einem so guten Fusse stehen, dass sie bisweilen
auf dem Gebiet der letzteren ihr Vieh zur W^eide treiben. Die
üJaJia dagegen leben mit den "azäzime in Fehde und sind mei-
stens von ihrem Gebiet ausgeschlossen; daher mögen viele von
ihnen mit dem Namen und der Lage von "^Ain Kadis wirklich
nicht bekannt sein, während die andern, die darüber Bescheid
wissen , auf Befragen Unkenntniss vorgeben oder unwahre Ant-
worten sagen oder eine beliebige Wasserstätte als 'Ain Kadis
bezeichnen.
Bis nach Karat en-Nachl war Tkumbull von den towara
geleitet worden. Da er sich hier bereits auf dem Gebiete der
üjähu befand, so konnte er nur unter ihrem Schutze die Heise
fortsetzen. Für die Abschliessung des Contractes ergaben sich
unerwarteter Weise sehr günstige Umstände. Der eigentliche
Schech der Üjcüui , Muslih , ein unfreundlicher , verschlossener
und hinterlistiger Mann^), w^ar krank und kaum im Stande ge-
wesen, die Botschaft des Schechs Müsa der towara^ Avelche ihm
die Ankunft der Karawane meldete , in der üblichen Weise
dadurch zu erwidern, dass er Tkumbull in der Wüste entgegen-
kam. Er konnte nicht daran denken, selbst das Geleit nach Hebron
zu übernehmen. Sein jüngerer Bruder, Sulemän, ein Mann von
glänzendem Äussern und feinen, aber listigen Manieren 2), war auf
einem Raubzuge l)egriffen. Wahrscheinlich würde Schech Mus-
lih darauf bestanden hciben, dass Trümbull die Rückkehr seines
Jhuders abwarten solle , wenn er nicht in einer Lage gewe-
sen Aväre, die ihm fremde Hülfe wünschenswerth erscheinen
liess. Nämlich ein jüngerer Schech der t'tjühu. Husen. ein Ver-
1) Palmeu a. a. O. to.i fi.
2 P.\L.Mi;u a. ii. O. 2.5t; ff.
H. Clay Trumbull s Kadesh Barnea. 1 §0
wandter Miislih's. Avar mit einigen Genossen von den türkischen
Behörden wegen einer von seinem Stamme begangenen Käuberei
als Geissei eingezogen nnd wurde in Jerusalem gefangen gehal-
ten. Muslih Avar nun mit väterlicher Sorge auf die Befreiung
seines eingesperrten Verwandten bedacht, und da er durch TituM-
kull's arabischen Dragoman einen fantastisch übertriebenen ]W-
gritf von der Stellung, dem Ansehen und dem Eintluss Tkim-
bull's erhalten hatte, so glaubte er nichts Besseres für Husen
thun zu können, als wenn er die Fürbitte des um sicheres Geleit
nachsuchenden Reisenden für ihn gewänne. Er versicherte, dass
die Anklagen gegen Husen grundlos seien, er versprach ihm eine
ansehnliche Belohnung, er war bereit, ihm einen stattlichen ara-
bischen Hengst zu schenken . wenn Trumbull sich nur für die
Freilassung Husen's verwenden wolle.
Da Trumbull zusagte, sich in Jerusalem der Sache Husen's
anzunehmen, ohne sich jedoch durch Versprechungen oder Ge-
schenke binden zu lassen, so schien es dem Schech Muslih selbst
wünschenswerth , die Reise Trumbull's zu beschleunigen. Er
erklärte sich nach einigem AViderstande auch bereit, die Kara-
wane den gefährlicheren Weg nach Hebron , statt nach Gaza
durch das Gebiet der befreundeten icräb'iu, ziehen zu lassen.
Sein Sohn Hamd, ein gutmüthiger Bursche von IS Jahren, sollte
den Befehl führen. Ibrahim, ein Sohn Sulemän's, wurde ihm an
die Seite gestellt. Die Rolle des eigentlichen Führers übernahm
ein gewisser *^Aude, ein geschickter und bis zur Verschmitztheit
kluger Mensch, der auf Schritt und Tritt mit den "Wüstenpfaden
sowie auch mit den Gefahren einer Reise durch das Gebiet der
gefürchteten 'azäzime vertraut war. Nachdem der Contract feier-
lich abgeschlossen war, brach die Karawane, bestehend aus
15 Personen und 15 Kameelen, am Montag den 2S. März ISSl
Morgens 7 Uhr von Kal'at en-Nachl auf. Trumbull hatte die
Reise gemeinschaftlich mit einem Mediciner G. H. Wattles
und dem Rev. A. M. Dulles unternommen. Als Altester der
ganzen Schaar, besonders in Anbetracht seines grossen Bartes,
wurde er als »Vater der Familie« bezeichnet. Schech Muslih
übergab ihm seinen Sohn mit den Worten : »Er war mein Sohn,
jetzt ist er Dein Sohn; sei ihm ein guter Vater!« Dann ermahnte
er denselben, seinem »neuen Vater« gehorsatn und gefällig
zu sein.
190 Guthe.
Am Schliiss der zweiten Tagereise (29. März) befand sich
die Gesellschaft im Wadi Dschenir, -wenigstens 60 engl.) Meilen
in der Luftlinie von Kalat en-Xachl entfernt, östlich von dem
Wädi esch-Scherä'if , und hatte bereits das südöstliche liolhverk
des ^cr^(72;me- Hochlandes, den Dschebel 'Arä'if en-Xäka, zur
rechten Hand passirt.
Ich gebe nun dem Reisenden selbst das Wort :
Spät Abends , nachdem wir gegessen , luden wir unsern Dra-
goman und unsere beiden jungen Schechs vor unser Speisezelt, um
mit ihnen die Reiseroute des folgenden Tages zu besprechen. Sie
Sassen oder vielmehr hockten nach orientalischer Sitte vor uns auf
der Erde, während wir dicht vor ihnen auf Feldstühlen sassen. Dort
brachte ich zum ersten Male das Gespräch auf unsere Absichten,
*^Ain Kadis zu besuchen.
Ich ging von der Meinung aus, dass Baktlext richtig ange-
nommen hatte , dass ihm von Schech Sulcmän das wirkliche 'Ain
Kadis gezeigt worden sei , und war desshalb des Glaubens, dass
es nicht weit von unserm jetzigen Aufenthalte liege. Als ich er-
fuhr , dass der Dschebel Muweilih nur wenige Stunden nördlich von
uns liege, und bedachte, dass sowohl Kowlaxds als auch Baktlett
von ihm aus ihre Nachforschimg begonnen hatten, fragte ich, ob
wir uns nicht morgen von \inserm Wege jenseit dieses Berges seit-
wärts wenden könnten, um nach Ain Kadis zu gelangen. Zu
meiner Überraschung schien weder mein Dragoman noch einer der
jungen Schechs die geringste Kenntniss von diesem Orte zu haben.
Ich verlangte daher, dass Aude, unser Führer, geholt werden solle.
Er erschien und war unwissender als die andern. Als ich ihn
über verschiedene Örtlichkeiten , die er nothwendiger Weise gut
kennen musste, ausfragte, entging mir nicht, dass die anscheinende
Unwissenheit eines so bewanderten Führers unmöglich Wahrheit
sein konnte. Ich zweifelte nicht, dass er eine Rolle spielte, wäh- "
rend die Unwissenheit der Anderen thatsächlich war , und verlor
daher die Geduld mit ihm. Dadurch gewann ich unbewusst einen
neuen Yortheil : wäre ich geduldig geblieben , so hätte ich nichts
N'eues zu erzählen. Ohne besonders zu überlegen, wählte ich in-
stinctmässig den rechten Weg, um die Wahrheit von einem wider-
willigen arabischen Gewährsmann zu erfahren.
Ein Araber weiss von dem eigentlichen Werth der Reisebücher
nichts; daher schlägt er ihn entweder zu hoch oder zu gering an.
Zunächst hält er es für ausgemacht, dass niemand von seinem
Lande etwas weiss, wenn er es nicht früher schon besucht hat.
Beweist man ihm aber , dass man betreffs der Sache, über die er
Unwissenheit geheuchelt oder gar gelogen hat, sehr wohl unterrich-
tet ist, so giebt er es bald auf, den anderen weiter zu täuschen,
H. Clay Trumbull's Xadesh IJanica. 191
besonders wenn er ihn mit christlichen Büchern ausgerüstet sieht ;
er ist dann bereit, alles zu sagen was er weiss. Ferner ist er
ausserordentlich empfindlich auf den Ruhm , seine Heimath genau
zu kennen ; denn ein Araber denkt gerade so wie ein amerikani-
scher Indianer, dass keine Unwissenheit so schimpflich ist wie die,
die Fährten und Landmarken der von ihm bewohnten Gegend nicht
zu kennen.
»Nun gut«, sagte ich ungeduldig, »das Schlimmste ist, dass
ich Dein Land besser kenne als Uu selbst. Wir sollten die Plätze
wechseln; statt dass ich Dir Bachschisch gebe, damit Du mir das
Land zeigst, solltest du mir Bachschisch geben , damit ich Dir es
zeige«.
Ich hatte rasch und heftig gesprochen , und die Araber hatten
sicherlich den Sinn meiner Worte aus meiner höhnischen Miene
schon errathen, ehe noch der überraschte Dragoman sie eilig über-
setzte. Die unschuldigen jungen Schöchs und der schlaue Aude
sahen mich erstaunt an und waren begierig, nähere Aufklärung zu
erhalten.
»Morgen früh brechen wir nach 'Ain Muweilih auf. Jenseits
desselben wenden wir uns rechts vom Wege ab. In dieser Rich-
tung steigen wir ungefähr eine Stunde abwärts und kommen dann
zu einem, zwei, drei Brunnen. Weiterhin wachsen Binsen und
Schilf. Noch etwas weiter finden wir mehr Brunnen, und dort ist
Kades. Wenn Du es nicht weisst. so weiss ich es. Für ein Bach-
schisch will ich es Dir zeigen«.
Als ihnen diese kleine Rede übersetzt war, sahen die drei
Männer in heller Verwunderung zu mir auf ; dann staunten sie den
Dragoman und schliesslich einer den andern an. Nach einer kleinen
Weile sprachen sie untereinander in leisem, ernsthaftem Tone. Nach
und nach wurden sie in ihrem Gespräch wärmer, bis sie sich an den
Dragoman wandten und eine lebhafte Unterredung mit ihm führ-
ten. Endlich sagte dieser zu mir: »Mister Trom-bul, ich sage Dir
jetzt die Wahrheit, auf Ehre. Sie sagen mir jetzt die Wahrheit,
beim Koran«. Er war muslimischer Prediger und hatte sie auf ihren
Glauben verpflichtet. »Sie kennen den Ort, den Du beschrieben
hast , aber nicht unter demselben Namen , sie nennen ihn nicht
Kadis (f.
»So, sie kennen ihn?« fragte ich, als ob ich noch zweifelte.
»Und wie nennen sie ihn denn?«
»Sie nennen ihn Kaseme ! «
Bei dieser unerwarteten Antwort, welche ich für wahr halten
musste, blitzte in meinem Kopfe der Gedanke auf, dass der ver-
schmitzte Sulemän meinem amerikanischen Vorgänger, dessen Be-
schreibung ich gefolgt war, Kaseme als Kadis bezeichnet hatte, und
sofort schlug ich einen anderen Weg ein.
»Aber wissen sie, wo Kadis ist, wenn sie jenen Ort nicht
1 92 Guthe,
dafür halten?« fragte ich. als ob ich sie in der Kcnntniss ihres
eigenen Landes noch prüfen wollte.
Die beiden jungen Schechs wiissten es nicht, wohl aber "^Aude.
Er hatte als Knabe in jener Gegend gelebt und sie weit und breit
durchstreift. Er gab die Richtung von Kades an und beschrieb den
Weg dorthin. Die Entfernung sollte eine kurze Tagereise betra-
gen. Darauf fragte ich ihn. ob er jemals "^Ain Kaderät gesehen,
worauf er antwortete, dass er vor 20 Jahren einmal dort gewesi
sei. Auf weiteres Befragen nannte er auch die Entfernung zwische-.i
den einzelnen Quellen. Ich zweifelte jetzt nicht mehr an der "Wahr-
heit seiner Aussage, da er offenbar glaubte, dass ich viel von sei-
nem Lande wisse, und er mir jetzt beweisen wollte, dass er eben
so viel wisse als ich.
Um Mitternacht war das Käthsel gelost : ich hatte erfahren,
wo die drei Brunnen sich befanden und wie sie zu erreichen waren.
Aber doch war es nur meine persönliche Überzeugung : ich konnte
niemandem einen Beweis dafür liefern. Ich musste daher selbst die
Quellen besuchen. Aude sagte, dass daran nicht zu denken sei:
denn Kadis liege im Azäzime-Lande , und die "^ Azäzime würden
jeden berauben und ermorden, der jene Gegend beträte. Es wäre
schon gefährlich genug für die Tijäha. an der Grenze des 'Azäzime-
Landes entlang zu ziehen. Sich direkt in Feindesland zu wagen,
sei unmöglich. Ich müsse so viel wie möglich von der Lage der
Brunnen zu erfahren suchen, aber die Hoffnung aufgeben, sie zu
sehen. Mit diesem schlechten Tröste für mich hatte unsere Be-
sprechung an jenem Abend ein Ende.
Ich fand keinen Schlaf in der folgenden Xacht. Die Aufklä-
rung eines geographischen Geheimnisses konnte ich fast greifen,
sollte ich es mir entschlüpfen lassen? Xoch kein Fremder hatte die
drei in Frage stehenden Brunnen besucht, es war sogar an ihrer
Existenz gezweifelt worden. Kaderät hatte kein Reisender gesehen,
Kadis nur Einer während vieler Jahrhunderte . und seitdem waren
40 Jahre verflossen! .... Wenn ich jetzt alle drei Brunnen aufsu-
chen, ihre Lage zueinander vmd ihre Beschaffenheit aufzeichnen
konnte, welchen Dienst würde ich damit der Bibelforschung gelei-
stet haben! Hatte ich ein Recht, solche Gelegenheit wegen per-
sönlicher Gefahren vorübergehen zu lassen?
Und war überhaupt die wirkliche Gefahr so gross? Meine drei-
jährige reiche Erfahrung im Felddienst während unseres amerikani-
schen Bürgerkrieges hatte mich gelehrt, dass die wirklichen Gefah-
ren des Spähens im Feindesland oft viel geringer waren als man
sich vorher gedacht hatte. Auch war ich überzeugt , dass unsere
furchtsamen jungen Schechs und vielleicht selbst der Aviderspenstigc
Führer von dem vorgeschlagenen Abstecher mehr Gefahren erwarte-
ten, als wir je bei dem Wagniss erleben würden. Ausserdem hatte
ich bis dahin noch nicht den Eindruck bekommen, dass die Wüsten-
beduinen sehr zu fürchten seien ; ich hatte bemerkt, dass die einzige
H. Clay T.-umbull s Kadfsh Biiniea. l'j'J
Feuerwatle der gewöhnlichen Beduinen das lange Gewehr mit glattem
Lauf und Feuersteinverschluss zu sein pflegte, gar nicht selten auch
ohne Verschluss, und noch niemals hatte ich einen Araber das
treffen sehen, wonach er geschossen hatte. Auch scheint jeder Ara-
ber zu glauben, dass seines Feindes Waffen viel mehr zu fürchten
sind als seine eigenen. Die Gefahr des Blutvergiessens kam bei
einem solchen Ritt, wie ich ihn wünschte, kaum in Betracht, und
auf eine Ausplünderung wollte ich es gern um einer solchen .Sache
willen ankommen lassen !
Bei Tagesanbruch war mein Entschluss gefasst. Ich ging eilends
zum Zelte unseres Dragomans, um ihm mitzutheilen, dass ich jene
drei Brunnen sehen wolle, ungeachtet aller Hindernisse.
Unser Dragoman , Muhammed Ahmed Hidaja aus Alexandrien,
ein eingeborner Ägypter, von maurischer Herkunft, mehrfacher Haus-
besitzer, auch Inhaber eines kaufmännischen Geschäfts, betrieb das
Reisen aas alter Liebhaberei und setzte seinen Stolz darein, wenn
ssine Dienste von den Herrschaften, die er geleitet hatte, in den
Reisebeschreibungen lobend erwähnt wurden. Er hatte mich schon
mehr als einmal gebeten, seinen Namen auch in mein Buch zu
setzen. Darum trat ich jetzt vor ihn mit dem Versprechen, seiner
Dienste in meinem Buche zu gedenken, wenn er mir dazu verhel-
fen wolle, dass ich *^Ain Kadis und 'Ain el-Kaderät besuchen könne.
Das rührte ihn. »Schreibe Muhammed Ahmed Effendi Hidaja, Sei-
denbazar S , Alexandrien«.' , sagte er und wiederholte : wSeidenba-
zar S«. Er fragte sofort, auf welche Bedingungen hin er mit den
jungen Schechs und ihren Begleitern verhandeln solle , worauf ich
ihm sagte, dass ich jedes Abkommen, das er träfe, anerkennen
würde, da ich ihm blindlings vertraue. Er war völlig gewonnen
und sicherte mir zu, das Geschäft bald beendet zu haben.
Aber der Dragoman hatte keine leichte Aufgabe , die jungen
Schechs und'Aude zu seiner Ansicht von der Sache zu bekehren. Ihnen
war es gleichgültig, ob sie in ein Buch kamen oder nicht, und
nach einem kühnen Ritt in das Azäzime-Gebiet trugen sie kein
Verlangen. Doch gelang es dem Ansehen unseres Dragomans —
er war muslimischer Prediger — und seinem Enthusiasmus , Aude
und Ibrahim zu gewinnen. Nur Hamd verharrte in einer kindi-
schen Hartnäckigkeit. Erst als der Dragoman ihn an die Mahnung
seines Vaters erinnerte, alles zu thun was in seiner Macht stände,
um mir diese Reise zu erleichtern und mir gefällig zu sein , wil-
ligte auch er ein , so dass die Einzelheiten des neuen Abkommens
verhandelt werden konnten .
Ei war nicht daran zu denken, die ganze Karawane in das
'Azäzime-Gebiet mitzunehmen. Die Lastkameele mussten entweder
warten, wo sie waren, oder langsam auf dem eingeschlagenen Wege
weiter ziehen . während die Dromedare und ihre Reiter nach der
neuen Richtung aufbrachen. Aber nach dem arabischen Grundsatze
des Antheils Aller am guten Glück sollte jeder von der Karawane
1 94 Guthe,
sein Bachschisch erhalten, mochte er mitgehen oder bleiben. Die-
jenigen, welche an dem Zuge theilnahmen , bekamen besondere
Vergütung. Ich übernahm die Verantwortlichkeit für ein späteres
Eintreffen in Hebron, als in dem ersten Contract vorgesehen war,
und versprach, jeden Verlust, der ihnen durch Plünderung von
Seiten der ^Azäzime erwüchse, zu ersetzen.
Erst um 7 Uhr 25 Minuten i Mittwoch den 3U. März] befand
sich unsere Gesellschaft frisch auf dem Wege ostwärts von unserm
Lagerplatze im Wädi Dscherür. Ausser uns drei Reisenden bestand
die Gesellschaft aus dem Dragoman, den beiden jungen Schechs,
dem Führer Aude und einem dunkeln , abessinischen Sclaven des
Schechs Muslili , acht Personen mit vier Dromedaren. Der Rest
der Karawane war unserm j^Aufwärter« Muhammed, einem intelli-
genten und unternehmenden Ägypter, übergeben worden. Sein Auf-
trag ging dahin, eine kurze Tagereise nordwärts zu machen und
dort unsere Rückkehr zu erwarten.
"Wir rückten wacker in östlicher Richtung ungefähr 2 ^|^ Stunden
vor und durchschnitten die Wädi Säsab , Sa ide und Samrah ; alle
drei Thäler laufen nach Süden, das letztere biegt sich nach Westen.
Fest ausgetretene Kameelspuren durchzogen sie. Bis jetzt hatten wir
noch keinen Hügel überschritten, da die Thäler nur durch sandige
Rücken getrennt wurden. Aber wir waren an der Südseite einer
Bergkette hingezogen , die eine einzelne hervorragende Spitze von
eigenthümlicher Gestalt umgab, wie eine Reihe hellgrüner farbiger
Terrassen einen massigen Kegel. Vielleicht war es der Dschebel
Aneigah Palmer's. möglicherweise auch sein Dschebel Meraifig —
ich vermag es nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
Als wir am Rande eines vierten, ebenfalls nach S. gerichteten
Thaies, Namens Wädschat , entlang ritten, näherten wir uns einer
niedrigen Hügelreihe, die sich von NW. nach SO. zog. Wir er-
stiegen dieselbe, indem wir uns etwas nordöstlich und dann wieder
östlich hielten , und blickten in eine weite, bis zu dem östlichen
Fuss der Hügel sich ausdehnende Ebene hinab. Die Hügelreihe
trägt den Namen Dschebel el-Hauwäde, die Ebene ist der Wädi Ka-
dis. Mit einem Ausruf des Entzückens genossen wir den ersten
Anblick der grossen, geheiligten Lagerstätte der Israeliten. Unsere
freudige Erregung war zu stark, als dass wir bei dem Abstieg in
das Thal (IOY2 Uhr Vormittags] an besondere Gefahren gedacht
hätten. — Dschebel el-IIauwä(le war für mich ein neuer Name ; als
ich nach meiner Rückkehr in London Professor Palmkk davon
sagte, kannte er ihn ebenfalls nicht. Er deutete ihn als »Berg der
Cisternen« .
Unten im Wädi Kadis entdeckten wir zuerst gar keine bekann-
ten Landmarken. Wir waren in einer neuen Gegend, abseits von
der gewohnten Strasse der Tijäha, in der Festung der "^Azüzime.
Die kleine Zahl unserer Gesellschaft schien das Schweigen und die
Einsamkeit der Wüste zu erhöhen. Dieser Eindruck machte die
H. Clav Trumbull's Kadesh Barnca. \\)j
Araber unruhig. Der junge Hamd fragte sieli , oh er überhaupt
klug gehandelt habe, den Willen seines Vaters und die Traditionen
seines Volkes zu verlassen.
Ich war von meinem Kameele gestiegen und liatte seitwärts
einige Reste alter Bausteine geprüft, auf die mein Auge gefallen
war. Als ich zur Gesellschaft zurückkehrte, waren Hamd und seine
Begleiter im Begriff, zu der grösseren Karawane zurückzukehren.
Es hatte sie ein Schrecken erfasst, wie ihn die alten Israeliten in
diesem Thale gehabt haben mochten, als sie sich für Heuschrecken
hielten im Vergleich zu den 'Azäzime-Riesen ihrer Tage und schrieen :
jAVarum führt uns der Herr in dies Land, dass wir durchs Schwert
fallen? .... Lasset uns wieder in Ägypten ziehen« ! (Num. 14, 1 ff. .
Ich musste meine ganze Energie und Festigkeit aufbieten, um die
furchtsamen Araber zu beruhigen und sie wieder vorwärts zu bringen.
Die Furcht unserer Beduinen war allerdings nicht ganz ohne Grund.
Wenn wir uns auf das Gebiet der "^Azäzime ohne ihre Einwilligung
wagten , so setzten wir uns der Gefahr aus , all unsere Habe zu
verlieren. Die Araber hätten damit nicht einen Raub nach ihrer
Anschauung vollzogen, sondern nur eine Steuer von uns erhoben.
»Unser ist die "Wüste, und jeder, der sie durchzieht, muss uns
Tribut zahlen^. Das ist der Anspruch, den die Araber geltend
machen. Brüder, d. i. »Stammesgenossen« zu berauben, ist frei-
lich in der Sinai-Wüste seltener als in den besten civilisirten Ge-
meinschaften 1 . Aber es sind ganz verschiedene Dinge für den Be-
duinen, das Stehlen unter den Stammesgenossen zu vermeiden und
von Fremden einen Tribut zu erheben oder Feinden Beute abzuneh-
men. Jeder Beduine hält sich für einen berechtigten Steuereinneh-
mer, wenn er einem Fremden innerhalb der Grenzen seines Stam-
mes begegnet, und ebenso fühlt er sich berufen, für seinen Stamm
zu sprechen und zu handeln . wenn er mit einem Feinde seines
Stammes irgendwo zusammentrifft. Das ist durchaus nicht Gesetz-
losigkeit.
Von diesen Gesichtspunkten aus mussten wir unsere Lage im
Wädi Kadis betrachten, wenn wir uns nicht täuschen wollten.
Durch unsern Contract mit Schech Mu.slili war der ganze Tijäha-
Stamm zu unserm Schutz verpflichtet, bis wir sicher in Hebron
waren; jetzt beschworen wir einen Conflict mit den 'Azäzime her-
auf, die mit den Tijüha in Feindschaft lebten. Mochte ich mich
auch bereit erklärt haben , für jeden Verlust oder Schaden aufzu-
kommen , die jungen Schechs fühlten sich doch für unsere Sicher-
heit verantwortlich, so lange wir im Schutz ihres Stammes waren.
Sie fürchteten ein Zusammentreffen mit den misstrauischen und
streitsüchtigen Azäzime ebenso um ihrer selbst wie um unsertwil-
len, weil daraus eine Blutfehde zwischen den Stämmen entstehen,
oder im günstigsten Falle gegen die Tijäha die Beschuldigung erhoben
1) Vgl. Palmkr a. a. (). 179. GuTllE.
196 ^•^'^^^^•
werden konnte, die Gesetze der Gastfreundschaft verletzt zu haben,
insofern unter ihrer Führung Fremde beraubt oder beschädigt wor-
den seien.
Unser Dragoman rieth im Fall eines Zusammentreffens mit
den 'Azäzime Widerstand überhaupt nicht zu versuchen: »AVenn
sie Deinen Rock verlangen, so gieb ihn hin und so mache es mit
allem«. Das war für mich ein neuer Sinn der biblischen "Worte,
die den Verzicht auf "Widerstand bei einer friedlichen Sendung em-
pfehlen : AVer Dir den Mantel nimmt, dem wehre nicht auch den
Rock; wer Dich bittet, dem gieb; und wer Dir das Deine nimmt,
da fordere es nicht wieder« ^Luk. 6, 29. 3U^ . Wären wir den
'AzHzime an jenem Tage begegnet und ihnen mit Gewalt entgegen-
getreten, so wäre das nicht tapfer, sondern brutal gewesen. Es w'äre
mehr der Widerstand eines Schmugglers gegen Steuerbeamte, als
die Vertheidigung eines Wanderers gegen Wegelagerer gewesen.
Ernster war die Gefahr eines blutigen Zusammenstosses , der |
wir ausgesetzt waren, weil die Tijäha das Gebiet der ihnen un-
freundlich gesinnten 'Azäzime betreten hatten. Die Erfahrungen
früherer Reisenden, z. B. Palmek's, zeigen, dass solche Gefahren
wirklich keine eingebildeten sind'). Holland sah sich 1S7 7 genö-
thigt, wegen der Feindseligkeiten unter den arabischen Stämmen
umzukehren, und Ed-svard L. Wilsox aus Philadelphia, der nach
mir, von meinem Dragoman und den Teräbin-Arabern geleitet, das
*Azäzime-Gebiet bei Berseba betreten wollte, wurde mit Ungestüm
zurückgetrieben. Im ganzen muss ich daher sagen, dass die jun-
gen Schechs die Gefahren unseres Unternehmens besser zu würdigen
wussten als wir, die von ihnen geleitet wurden. Aber wir küm-
merten uns nicht um Gefahren und zogen weiter.
Wädi Kadis ist eine ausgedehnte, mehrere (engl.; Meilen weite
und von Hügeln umschlossene Ebene mit unregelmässiger Boden-
fiäche. Nach der Aussage 'Aude's ist sie eine kurze Tagereise lang
von Westen nach Osten, oder von Nordwest nach Südost, Sie ist
sicherlich gross genug, um als Lagerplatz für Kedor Laomor"s Heer
oder für das ganze Israel gedient zu haben. Im Osten liegt der
Dschebel Kadis, im Südosten der Dschebel )>Mu'arrb(( oder «Mua-
rib« ; südlich und südwestlich der Dschebel el-Hauwäde, nördlich
Ras »Fasuah« oder »Fasooah«, nordwestlich der »Dschebel Mawweeqa
oder Miawaykahc So habe ich diese Namen nach der Aussprache
unserer Araber verstanden und erwähne sie, damit sie für spätere
Reisende als Merkmale der Gegend dienen können. Von den Ber-
gen war nur Dschebel Kadis auf einer Karte verzeichnet, aber un-
genau.
^Mitten durch den Wädi Kadis zieht sich ein breites Wasser-
bett, das durch seine grosse Fruchtbarkeit merkwürdig gegen die
öde Umgebung absticht. Schöne Felder von Weizen und Gerste
1 A. a. O. 301 f. G.
H. Clay Trumhull's Kadesh liarnca. f 07
bedecken einen gi-ossen Theil desselben. Da es von den Regen-
fjüssen des "Winters noch Feucht war, so musste der Same des jetzt
wachsenden Getreides ausj^estreut worden sein, während das Was-
ser noch den Boden bedeckte. Es waren auch künstliche Krli()lmn-
gen vorhanden, Avelche den liegen für die Bewässerung n>il/bar
machen sollten. "Wir sahen ein grosses Kornmagazin, das in dem
Boden ausgegraben und durch angehäufte Erde bedeckt war, etwa
nach Art der ägyptischen Kornspeicher, die man auf den Grabge-
mälden der Pharaonen sieht. Die Obcrschwelle an der Thür dieses
Kornspeichers bildete ein grosser Baumstamm, grösser, als man ihn
heutzutage in der Wüste finden kann.
Wir kamen dann an einer offenen Grube oder trockenen
Cisterne vorbei, die 10 oder 12 (engl.) Fuss im Durchmesser hatte
und reichlich 6 Fuss tief sein mochte. Die Wände bestanden aus
Steinmauern, der Rand oben war durch einen Erdwall geschützt.
A\if ihrem Boden waren Spuren von Feuer. Sie glich weder einem
Kornspeicher noch einer gewöhnlichen arabischen Cisterne. Unsere
Araber machten die unklare Angabe, es sei das Denkmal einer
Stammesfehde. Als ich die Notizen über diese Cisterne und den
Kornspeicher machte , wiisste ich nicht, dass Dschebel el-Hauwäde
»Berg der Cisternentc bedeutet; ebensowenig wusste Professor Pal-
mer etwas von ihrer Existenz, als er mir den Namen erklärte.
Längs der unteren Hügel der nördlichen Bergreihe fanden wir
Haufen und Kreise von Steinen , welche kaum etwas anderes als
Überbleibsel von Wohnungen aus prähistorischer Zeit sein konn-
ten. Bald nach dem Beginn unserer Thalwanderung hatten wir ein
Stück eines marmornen Säulenschaftes bemerkt, der ziemlich alt zu
sein schien. Er war drei (engl.) Fuss lang und hatte 91/2 Zoll im
Durchmesser; eigenthümliche Ringe erinnerten an die Säulen, welche
Palmer bei el- Audsche nicht Aveit nördlich von hier erwähnt und
mit den Worten beschreibt : »sie sind mit Ringen umgeben und
sehen aus, als ob sie gedreht wären« ^l. Nicht weit davon lag ein
vierkantiger, behauener Marmorblock, der als Basis für einen solchen
Säulenschaft gedient haben mochte.
Als wir ostwärts zogen, bemerkten wir viele Reste von niedri-
gen Mauern, die sich über den Erdboden hinzogen. Sie sind auch von
RoBiNSOx und Palmer in dieser Gegend beobachtet und als die
Grenzen der früher angebauten Felder erklärt worden 2) . An vie-
len Stellen waren die Bergabhänge zum Anbau geebnet ; wieder
lagen viele Steine umher , w^elche einstmals zu baulichen Zwecken
gedient haben mochten. So traten uns übei-all deutliche Anzeichen
entgegen, dass eine zahlreiche Bevölkerung hier in früheren Zeiten
gelebt und für ihren Unterhalt Sorge getragen hatte.
1) Palmer a. a. O. 2SÖ. G.
2j Robinson Palästina I 315 f. Palmer a. a.O. 275 f. G.
Ztschr. d. P.al.-Ver. VIIL 14
198 G"the,
Um 12 Uhr, also anderthalb Stunden später, als wir den
Abhang des Dschebel el-Hauwäde herabgezogen waren, erreichten
wir eine Reihe Sandhügel, die den fruchtbaren Theil des Thaies
abzuschlicssen schienen. Vor uns dehnte sich eine rauhe, mit Stei-
nen bedeckte Ebene aus , der gewöhnlichen Wüste ähnlich , die
aber noch immer Wädi Kadis genannt wurde.
Die Mittagshitze war sehr gross. Die Araber hatten sich für
unsere Tagereise nicht mit Wasser versehen und daher aus der
Lederflasche unsers Dragomans ihren Durst stillen müssen. Un-
glücklicher Weise war diese unterwegs leck geworden und ihr In-
halt ausgelaufen. Das Wasser hinter uns war weit entfernt, und
vor uns, jenseit der Ebene, die wir durchzogen, glänzten die blen-
denden Kalkhügel uns entgegen und verriethen nicht die mindeste
Spur eines Wasserlaufs. Unsere Lage begann misslich zu werden.
Aude blieb freilich sehr sicher in seiner Behauptung, dass wir
uns direkt auf die Brunnen zu bewegten. Dennoch konnte auch
ich mich der Besorgniss der jungen Schechs nicht erwehren und
fing an leise zu zweifeln, ob Aude die Gegend wohl wirklich sicher
kenne und uns treulich führe.
In solcher Stimmung begriff ich wohl das Hadern des Volkes
Israel mit Mose (Xum. 2U, 1 — 5; : «Warum habt ihr die Gemeinde
des Herrn in diese Wüste gebracht, dass wir hier sterben mit un-
serm Vieh, und warum habt ihr uns aus Ägypten geführt an die-
sen bösen Ort, da man nicht säen kann, da weder Feigen noch
Weinstöcke noch Granatäpfel sind und ist dazu kein Wasser zu
trinken '?('
Aber wir hielten aus und immer auf das Ziel los. Um 1^2 Uhr
nach fast dreistündigem llitt in dem Thale machten wir plötzlich
eine scharfe Wendung nach rechts, an einem kaum bemerkten Win-
kel der niedrigen Kalksteinhügel, auf die unser Weg gerichtet ge-
wesen war — da lagen die lange gesuchten Brunnen von Kadis vor
unsern Augen.
Es war ein wundervoller Anblick ! Aus dem dürren und öden
Gebiet der brennenden Wüste waren wir wie durch einen Zauber
in eine prächtig grüne Oase versetzt, wie man sie in dieser Gegend
gar nicht erwarten, ja kaum begreifen konnte. Ein Ilasenteppich
bedeckte den Boden. Feigenbäume, deren Früchte fast zum Essen
reif waren , standen längs der schützenden Südwand des Hügels.
Sträucher und Blumen waren in grosser ]SIenge und Mannigfaltig-
keit vorhanden. Fliessendes Wasser murmelte unter dem wogenden
Grase. AVir hatten nichts Ähnliches gesehen, seitdem wir Wadi
Ferän verlassen hatten ; ja die Landschaft dort Aveist keinen einzel-
nen Punkt auf, der auf gleicher Ausdehnung so viel Lieblichkeit
einschliesst.
Wenn wir von den mit Erde bedeckten Kalksteinhügeln an
dem nordöstlichen Rande dieses malerischen Winkels zurücktraten,
so erblickten wir «the large single mass or a small hill of solid rock«,
H. Clay TrumbuU's K.ulesh IJarnca. 199
den Rowr,\NT)S für den Felsen ansah, den Moses schlu}?, »damit er
sein Wasser gebe«. Unterhalb dieses rauhen Ausläufers der nord-
östlichen Bergkette kam der jetzt so reichliche Strom hervor.
Das AVasser floss zuerst in einen runden Brunnen . dessen
AVände von unten auf durch alte abgenutzte Kalksteinblöcke gebil-
det wurden. Ein marmorner Wassertrog stand nahe bei dem Brun-
nen, er war wohl besser behauen als die Tröge in Bersaba, aber
doch nur ein Erzeugniss von primitiver Kunst. Das Mundloch des
Brunnens hatte nur ungefähr drei 'engl.) Fuss Lichtweite, und das
Wasser stand vier Fuss unter dem Rande. Etwas westlich und
tiefer gelegen befand sich der zweite Brunnen, ebenso wie der erste
gemauert, aber mit einem grösseren Durchmesser ; daneben wieder
ein marmorner Wassertrog. Ein teichartiger Behälter, der grösser
war als die beiden Brunnen und einer Steineinfassung entbehrte,
war offenbar der wichtigste Tränkort. Er lag in geringer Entfernung
südwestlich von dem zweiten Brunnen und wird wahrscheinlich, wie
diese, von dem unterirdischen Wasservorrath gespeist, nämlich von
den Quellen unter dem Felsen. Rings um den Teich wie auch um
die Brunnen war der Dünger von Kameelen und Ziegen — wie
eine Ablagerung aus Jahrhunderten — niedergetreten und mit dem
Kalksteinstaube zu einem festen Pflaster zusammengestampft. Ein
anderer, noch grösserer Teich weiter abwärts empfing sein Wasser
durch einen Bach , der von dem oberen Teiche in seinem engen
Bette hinabrauschte und -sprang. Noch jenseits desselben nach
Westen hin murmelte das AVasser unter dem Grase weiter, wie wir
bei unserer Ankunft beobachtet hatten, und verlor sich endlich in
dem durstigen Wädi, der den Zutritt zu dieser Oase gewährt i).
Das Wasser selbst war merkwürdig rein und süss und mit keinem
andern zu vergleichen, das wir seit unserer Abreise vom Nil getrun-
ken hatten.
Diese Oase, namentlich ihr Reichthum an Blumen, Gras und
Kräutern, erinnerte an Gegenden Neuenglands. Nichts derglei-
chen hatten wir auf der Sinaihalbinsel bisher gesehen. Die Bienen
summten und die Vögel flatterten von Baum zu Baum. Grosse
Ameisenhaufen, aus grünem Grassamen anstatt aus Sand, waren über
die Fläche zerstreut. Bei unserer Ankunft hatten wir ein Kanin-
chen aufgeschreckt und Lerchen und Wachteln gesehen. Es war
wirklich kaum zu glauben , dass wir in der Wüste oder dicht da-
neben sein sollten. Nach unserem Ritt über den trockenen Sand in
der brennenden Mittagssonne war die entzückende Ruhe auf diesem
Fleck Erde doppelt erfrischend. Das Wasser selbst war für uns
li Indem ich diese Schilderung nach meinen an Ort uud Stelle rasch ge-
machten Notizen niederschreibe, steigen mir allerdings noch einige Fragen
auf, namentlich betreffs der Entfernung und der Lage der Brunnen und Teiche
zueinander. In diesem Punkt berichte ich so genau wie miiglich nach meiner
Erinnerung.
14»
200 Guthe,
kaum ein geringerer Segen als für die Israeliten, denen es auf
Moses Befehl aus dem Felsen entgegenströmte. Wir setzten uns
in den ■wohlthuenden Schatten eines Hügels nicht weit von den
Brunnen und genossen unser Frühstück . während die Musik des
Baches, der Bienen und Vögel lieblich in unser Ohr schallte. Auch
unsere Araber schienen den beruhigenden Einfluss der Umgebung
zu fühlen und alle Furcht vor den Azäzime verloren zu haben, ob-
wohl die von ihnen drohende Gefahr jetzt wahrscheinlich am gröss-
ten war. Nach einer kurzen Kühe auf dem Hasen entkleideten sie
sich alle und nahmen in dem unteren grösseren Teiche ein fri-
sches Bad.
Eins war gewiss: Alles, was Roavlaxds von dieser Oase be-
richtet hatte, wurde vollkommen durch die Thatsachen bestätigt.
Sein Enthusiasmus und seine lebhafte Einbildungskraft hatten ihm
durchaus nicht die Farben zu dem Bilde der Landschaft, die jetzt
vor uns lag. geliefert. Die Spötteleien, die sich andere Reisende
über das Erzeugniss seiner glühenden Phantasie erlaubt hatten, waren
lediglich ihrem eigenen Mangel an Kenntniss — und an Milde ent-
sprungen. Der Name der Oase, gegen den Robinson und Andere
so starke Zw^eifel erhoben , lautet kadis ^J^^Xi ; so hat ihn mein
gescheidter arabischer Dragoman für mich arabisch aufgeschrieben.
Er entspricht dem hebräischen Kades.
Eine gute Stunde währte unsere Rast in jener reizenden, zau-
berhalten Stille. Mit zögernder Unlust brachen wir auf, um unsere
Forschungen fortzusetzen. Als unser Dragoman sein Kameel be-
steigen wollte, sprang das widerspenstige Thier auf und lief davon,
als ob die Azäzime hinter ihm her wären , so dass das Geschirr
aus dem Frühstückskorbe nach rechts und links auf den Boden flog.
Xur mit Mühe wurde das Kameel wieder eingefangen, und der gut-
müthige Dragoman tröstete sich über seine zerbrochenen Teller mit
dem Gedanken , in welches Erstaunen sie die benachbarten Azä-
zime versetzen würden.
Um drei Uhr zogen wir westwärts in das offene Thal hinab,
das wir gekommen waren. Unser Ziel war Ain el-Kaderät, der
Brunnen, den Rowlaxds für Ain Kadis gehalten haben soll. Nach
20 Minuten bogen wir rechts ab und hielten uns nordwestlich.
Diese Richtung hatten wir 40 Minuten beibehalten, als wir uns
scharf nach Norden wandten, einen Berg hinan, der uns gegen-
über lag.
Es war vier Uhr nachmittags. Kaum hatten wir zu steigen
begonnen, als das scharfe Auge Audes in der Ferne eine Kara-
wane entdeckte, die über den hohen Pass vor uns sich bewegte.
'>Dschemel'< Kameele), »Azäzime!« Diese "Worte wanderten rasch
von Mund zu Mund, und all' die Befürchtungen Hamd's und seiner
Begleiter kehrten in voller Stärke zurück. Als ich zur Höhe hin-
aufsah, konnte ich nichts Lebendiges erblicken und dachte, es läge
ein Irrthum vor. Aber nein! Aude's Augen hatten ihn nicht
II. Clav TrumbuU's Kadesh Barnea. 2<(1
getäuscht. Wir erkannten bald alle, dass sich uns ein Zu^ von
Kameelen, viel grösser als der unsrige, nilherte, obgleich die Ka-
meele noch nicht grösser erschienen als Doggen, und ich sie nach
dem ersten Eindrucke nur für Ziegen halten konnte.
Unsere Araber machten bange Gesichter. Sie baten uns. an-
gesichts des Zusammentreffens doch enge Fühlung zu halten. An
aufmunternden Worten Hessen wir es nicht fehlen, zumal wir nicht
alle Befürchtungen unserer Escorte theilen konnten. Allmählich
näherten sich die beiden Züge einander. Der uns entgegenkom-
mende zählte 15 Kameele, darunter zwei junge, und eine gleiche
Anzahl Ziegen, acht Azäzime-Männer, also gerade so viel als wir,
und ungefähr ebensoviel Frauen und Kinder. Aber einige der
Männer waren alt , und die Gesellschaft war im ganzen mehr
beladen als unsere und hatte mehr zu verlieren. Die Männer hat-
ten offenbar keine Lust , einen Streit hervorzurufen ; anscheinend
fürchteten sie sich mehr vor unsern Arabern, als diese vor ihnen,
wenn das überhaupt möglich war. Kein Blut wurde vergossen,
kein Schlag geführt, kein Raub begangen. Die Azäzime und Ti-
jäha hielten ihren Athem an, als sie aneinander vorüberzogen. Offen-
bar waren beide Theile sehr erleichtert, als sie einander unversehrt
aus den Augen verloren.
Der hohe Gebirgspass vor uns wurde Xakb Häwi genannt : es
ist anscheinend derselbe Name, der dem wohlbekannten Passe west-
lich von der Ebene er-E,älia vor dem Sinai eignet ^ . Wir stiegen
den directen Weg aus dem Wädi Kadis nach Norden hinan und
widerlegten so thatsächlieh den Einwand, den namentlich Robinson
gegen die Identifikation dieser Stätte mit Kades Barnea erhoben hat,
dass man von dort keinen Berg hinansteigen müsse, um nach Hebron
zu gelangen. Wir fanden vielmehr das Terrain in bester t'berein-
stimmung mit den Angaben des A. T. Num. 13, 17. 21. 22. 14,
40. 44. Es ist dort vielleicht derselbe Gebirgsweg gemeint, den
wir jetzt aus dem Wädi Kadis hinaufzogen.
Fast eine Stunde lang dauerte das Steigen. Als wir den Xakb
passirt hatten, kamen wir an einen sanft abfallenden Abhang, den
'Aude Wadi Umm "^ Aschin nannte. Auf dem Felsen neben der
Strasse fanden sich zahlreiche Inschriften, deren Buchstaben jenen
im Wadi el-Mukatteb in der Nähe des Dschebel Serbäl ähnlich
w'aren^'.
Viele Anzeichen, wie Steinmauern und Reste von primitiven
Gebäuden lehrten , dass die Gegend einst bewohnt war, und die
Kameelspuren zeigten deutlich, dass diese alte Strasse, »der Weg der
1) Dieser heisst genau : Nakb el-Hawä. Gutiie.
2 Vgl. über diese Inschriften Lew in ZDMG. XIV 1861 363 ff. NÖL-
DEKE abend. XVII :lS(i3 703 ff. XIX, H3T ff. 'riUMnVLL fasst sie ak Beweis
von "Wallfahrten auf und bringt das Grab der Mirjam (Num. 20. 1 mit ihnen
in Verbindung:. Gc'THE.
'ö
202 Guthe.
Kundschafter« Xum. 21, 1 . auch heute noch regelmässig benutzt
wird .
Um 5 Uhr 15 Min. stiegen wir den Wädi '^Ain el-Kaderät hinab.
Dieses Thal glich dem Wädi Ferän mehr als irgend eines, das wir
seit unseren Wanderungen auf der eigentlichen Sinai-Halbinsel ge-
sehen hatten, selbst in der Grösse. Büsche und Bäume wuchsen
in gleicher Üppigkeit. Ein Tarfabaum hatte einen Stamm von
vier engl.) Fuss Umfang; Tauben, Wachteln und Schnepfen gab
es in grosser Zahl. In das Hauptthal, das von Westen nach Osten
läuft, mündeten mehrere Seitenthäler ein, die zwischen den Hügeln
im X. und XO. herabkamen. Eins dieser Thäler führte uns Aude
hinan, in dem Glauben, dass dort die Brunnen zu finden seien.
Allerdings schien es so, als ob in diesem Seiten thale Brunnen
sein müssten ; denn die Vegetation war dort reich und kräftig; aber
wir suchten sie bis ans Ende des Thaies vergeblich. "^Aude Avar
offenbar sehr enttäuscht ; es verwirrte und erregte ihn, dass sein
Gedächtniss ihn im Stiche gelassen hatte. Er war der Einzige von
uns, der je diese Gegend gesehen hatte, aber vor vielen Jahren!
Die jungen Schechs und alle Übrigen hatten sich vollständig auf
seine Führung verlassen. Als er offen eingestand, den Weg ver-
loren zu haben, gerieth die Gesellschaft wieder in Schrecken. Ich
konnte bei dieser Gelegenheit die Beobachtung machen , mit wie
geringem Hecht die Beduinen als kaltblütige und kecke Wüstenrei-
sende angesehen werden. Lady Anne Blunt sagt ^) sehr richtig von
ihnen: »Ihre Fähigkeit, den Weg durch die Wüste zu finden, ist
stark übertrieben worden : die Beduinen kennen natürlich ihren
eigenen, oft sehr grossen District sehr gut; aber sobald sie ihn ver-
lassen, sind sie fast hülflos«.
Unsere Situation war in der That wenig tröstlich, selbst nicht
für einen Mann von ruhigem Blute und starken Xerven. Die Xacht
nahte mit raschen Schritten. AVir waren in einem feindlichen Lande
und wussten uns nicht hinauszufinden. Wir hatten keine Lebens-
mittel und kein Wasser. Unsere Escorte und unser Führer waren
von Schrecken gelähmt, unser Dragoman in Verzweiflung. Da that
Muth Xoth und von unserer Seite noch Mühe, Muth einzuflössen.
Meine alten Kriegserfahrungen kamen mir jetzt zu gute. Auch ge-
dachten wir an das 40tägige Fasten des Dr. Tanner, der kurz vor
meinem Abschiede von der Heimath so glücklich sein Vorhaben zu
Ende geführt hatte. Wir schöpften Muth aus der Erinnerung an
seine Ausdauer und sagten den Arabern in entschlossenem Tone auf-
munternde Worte. Ich gab den Rath , wir möchten übernachten,
wo wir wären, wenn Aude den Weg nicht weiter kenne, anstatt
blindlings in der Dunkelheit umherzutappen : dann hätten wir am
Morgen den vollen Tag vor uns, um den Weg in das offene Land
mit seinen bekannten Merkzeichen zu finden. Oder wenn sich Aude
1) Bedouin tribes of the Euphrates ^New York 1S79) 389.
H. Clav Trumlnill'a Kadcsh Barnea. 203
vor dem Verlöschen des Tageslichtes noch nach einigen bekannten Zügen
der Gegend umsehen wolle, so würden wir ihm hoffnungsvoll folgen,
bis die völlige Dunkelheit eintrete. Da er sich für das letztere ent-
schied, so zogen wir in westlicher Richtung weiter. In einer halben
Stunde waren wir in einem andern Seitcnthal, das von X. herab-
kam, sich aber bald nach Nordosten wandte. Da versicherte uns
ein Freudenruf Aude's, dass er den Weg wieder gefunden habe.
Dort, wo wir dieses Seitenthal betreten hatten, waren uns auf
einer Hügelspitze zu unserer Rechten die Reste eines massiven Stein-
baues aufgefallen, der allen andern Ruinen, die wir während un-
serer Reise gesehen hatten, ganz ungleich war. Die rohen Stein-
haufen und Kreise, denen wir überall im Laufe des Tages begegnet
waren, fehlten auch hier nicht;, aber sie waren ungleich roher als
dieses Bauwerk, das aus ungeheuren, sorgfältig behauenen Stein-
blöcken bestand, die gleichmässig und zwar doppelt gelegt waren,
so dass die zweite Schicht unmittelbar innerhalb der ersten sich be-
fand. Der Bau v.ar rechtwinklig, mass ungefähr 70 zu 75 'engl.)
Fuss und umschloss einen offenen Hof. Seine doppelten Wände
erheben sich ungefähr sechs Fuss über den Boden.
Sowohl hier als auch in dem ersten Seitenthale und in dem
Landstriche , der zwischen beiden liegt , fanden wir genug solche
Reste, die mit der hebräischen Bezeichnung liin, pisn (Umzäu-
nung, Gehege) in Verbindung gebracht werden können ^) . Die Xo-
maden , die sie gebaut haben , wollten damit einen Schutz für ihr
Lager herstellen. Dtr. 2, 23 erzählt von den Avim, dass sie in
solchen «Ringen« bis nach Gaza hin gewohnt hätten. Sie könnten
in dieser Gegend eine wichtige Landmarke sein, wenn dieselben
Zustände, die ihre Anlage nöthig machten, wiederkehren und ihre
Erneuerung fordern würden.
Die Zeichen der Fruchtbarkeit waren in diesem Seitenthal viel
grösser als in dem Hauptthale. Gras, Büsche und Bäume standen
in kräftigem Wüchse, der mit jedem Schritte, den wir vorwärts
drangen, üppiger wurde. Eine dornenlose Akazie, Sejäl von den
Arabern genannt, übertraf an Umfang jeden derartigen Baum, den
wir gesehen hatten. Er hatte einen doppelten Stamm ; der eine
mq,ss sechs (engl.) Fuss im Umfang, der andere ^^j^- Seine Zweige
beschatteten einen Umkreis von fast 250 Fuss, wie wir durch Ab-
schreiten feststellten. Bald hörten wir das Geräusch fiiessenden
und rauschenden Wassers. Zwischen den Hügeln zeigte sich zu
unsern Füssen ein Fluss, 15 bis 20 Ellen breit, dessen Wasser von
Schilf und Kalmus umsäumt wurde. Wir zogen an seinem süd-
lichen Ufer in östlicher Richtung. Von dem murmelnden Tone des
schnellen Flusses konnten wir das Rauschen eines Wasserfalls immer
bestimmter unterscheiden. Je näher wir der Quelle kamen, desto
enger und steiler wurden die Ufer des Flusses. Wir suchten unsern
i; Vgl. Palmer a. a. O. 247 f. 266. Gltiie.
20 1 Guthe,
"Weg aufwärts durch dichtes Gebüsch, bis wir endlich das hohe
Ufer des Quellbeckens selbst erreichten. Dort sahen wir 12 bis
14 (engl.) Fuss unter uns einen Teich, in den sich ein starker
Strom, von dem östlichen Bergabhang sieben oder acht Fuss hin-
ablallend, ergoss. Der Bergabhang war mit Grün bedeckt. Der
Strom schien plötzlich daraus hervorzukommen, fünf bis sechs Fuss
unter unserm Standpunkte. Die dichte Vegetation liess uns nicht
erkennen, ob der Fluss direct aus einer Öffnung des Berges ent-
sprang oder durch einen verdeckten Kanal von weiter östlich lie-
genden Quellen herkam; doch anscheinend war das erstere der Fall.
Wogender Kalmus, vier bis fünf Fuss hoch, stand am Ufer des
Teiches, wie auch an dem Fluss unterhalb desselben.
Unser Dragoman verglich die Quelle enthusiastisch mit der von
Bänijäs am Ursprung des Jordan. Es war in der That eine pracht-
volle Quelle an der Grenze der Wüste. Ihr Name *^Ain el-Kaderät
(öLaus [sie!]) »Quelle der Allmacht« oder »Quelle der Macht Gottes«
erscheint nicht unpassend angesichts der Gewalt ^ mit der sie so
plötzlich hervorbricht, wie auf das Wort dessen, der »das Trockene
wiederum wasserreich macht und im dürren Lande Wasserquellen«
(Ps. 107, 35). Kein Wunder, dass diese Quelle ein wichtiger
Punkt in der Grenze des Landes war, welches Gott seinem Volke
gelobt hatte als ein »Land, darinnen Bäche und Brunnen und Seen
sind, die an den Bergen und in den Auen fliessen« ;Deutr, S, 7 .
Rein als Quelle betrachtet war Ain el-Kaderät bedeutender als Ain
Kadis, obgleich das von der letzteren bewässerte und durch Hügel
eingeschlossene Thal sich durch seine Weite auszeichnete und zu
einer geschützten Lagerstätte vorzüglich geeignet war. Vielleicht
wäre noch zu erwähnen, dass wir die Dattelpalmen, von denen
Seetzen erzählt, nicht gesehen haben. Sie können jedoch an einer
andern Stelle gestanden haben oder inzwischen bereits verschwun-
den sein.
Mit besonderer Befriedigung betrachteten wir dieses bedeutende
Wasserbecken, das kein Reisender der neueren Zeit besucht hat.
Seexzen und Robinson, Roavlands, Bonak, Palmek und Andere
haben von ihm gehört und danach berichtet ; aber keiner von ihnen
konnte sich rühmen, die Quelle selbst gesehen zu haben. Ja BaEt-
lett war zuletzt zu dem Schluss gekommen, dass Wädi el- Ain,
das Quellthal, ein Thal ohne Quelle sei. Diesen Punkt nun vor
unseren Augen zu haben, entschädigte uns vollkommen für alle Ge-
fahr und Mühe , die wir auf dem Wege dahin zu ertragen gehabt
hatten. Wir wünschten uns gegenseitig Glück und Muliammed Ah-
med erhielt aufs neue das Versprechen, dass er in das Buch kom-
men solle — »Seiden-Bazar S« u. s. w.
Aber ehe wir unsere Neugierde völlig befriedigt und die Quelle
mit ilirer Umgebung betrachtet hatten , überfiel uns plötzlich die
mondlose Nacht : denn in der Wüste giebt es keine Dämmerung.
H. Clay TrumbuU's Kadesh Barnca. 205
Unsere Kameele waren an der Mündung des Seitenthaies gelassen,
zu ihnen mussten wir zurück. Es war nicht leicht, durch den
grossen Kalmus, durch das dichte und dornige Gebüsch den Weg
über den rauhen I5oden zu bahnen. Natürlich war die Dunkelheit
bei dem grünen Boden unter uns viel grösser als in der Wüste,
wo die Kalkfläche eine sternenklare Nacht verhältnissmässig hell
macht. AVir stolperten alle mehr oder weniger, und der Dragoman
fiel so schlimm, dass wir schon fürchteten, dort mit ihm über
Nacht bleiben zu müssen. Die Araber wurden wieder unruhig und
ängstlich. Den lauten Schrei einer Eule hielt einer für den Schall
einer menschlichen Stimme: der seltsame Schrei vermehrte die Un-
heimlicheit des Ortes und der Stunde.
Mit einem gewissen Gefühl der Erleichterung begrüssten wir
daher unsere Kameele und schwankten auf ihrem Höcker nach ge-
wohnter Weise wieder vor- und rückwärts. Aber die nächsten paar
Stunden wurden für uns alle recht mühevoll und bange. Um 7 Uhr
kehrten wir Ain el-Kaderät den Rücken. Unser Tag hatte schon
14 Stunden gedauert, beinahe 12 Stunden waren seit dem Verlas-
sen unsers Lagers vergangen, und die nervöse Anspannung seit dem
Aufbruche war sehr gross gewesen. Die Nacht war ebenso kalt
wie dunkel. Unsere Bewegungen mussten mindestens langsam und
unsicher sein. Aude kannte im grossen und ganzen die Richtung
nach der Karawanenstrasse, auf der unser Kameelzug sich bewegt
hatte ; da wir aber nicht gerade wussten , wo der Zug zur Nacht
blieb , so war es keineswegs eine leichte Aufgabe , im Dunkeln
zwischen den Hügeln hindurch und über die Thäler hinweg mit
einiger Sicherheit die Richtung innezuhalten. Wir mussten wider-
holt im Zick-Zack gehen , um manche der trennenden Schluchten
zu kreuzen, und verloren mehr als einmal die Fährte. Als wir
in der Dunkelheit jener beirrenden Nacht den engen und schlecht
erkennbaren Pfad an einem rauhen Abhänge entlang stolperten mit
der beständigen Gefahr, rechts oder links auf unbemerkte Hinder-
nisse zu stossen, fanden wir in dem Gebete des orientalischen l'sal-
misten eine neue Bedeutung : » Erhalte meinen Gang auf deinen
Fussteigen, dass meine Tritte nicht gleiten« (Ps. 17, 5).
Wie spähten wir in der Dunkelheit nach einem Zeichen des
ersehnten Lagers! Einmal erblickten wir den Schein der weissen
Zelte gerade vor uns, freudig eilten wir auf sie zu, aber plötzlich
verwandelten sie sich in einen Kalkfelsen. Ihr Verschwinden machte
die Nacht dunkler und den Weg rauher als je, bis in einem plötz-
lich am fernen Horizonte aufblitzenden Lichte eine neue Hoffnung
vor uns auftauchte. Aber nach einem Augenblick war auch der
Schein schon vorüber ! Jetzt wieder ein Leuchten in derselben Rich-
tung 1 Und als wir mit unsern Augen das Dunkel zu durchbohren
suchten, entdeckten wir ein kleines, aber stetiges Licht. Das Lager
war gerade vor uns. Unser treuer Wärter Muhammed hatte nach
der Seite, von welcher er uns erwartete, eine Laterne ausgehängt
206 Guthe,
und dann und wann Pulver abgebrannt in der Hoffnung, dass unser
Auge dadurch gefesselt würde. Er war ebenso erleichtert durch
'O"- '.»".Vm.V.ll QV
unsere jauchzende Antwort auf seine Signale , als wir durch den
Anblick seines Leuchtfeuers ; denn er war um uns fast besorgter
gewesen als wir selbst, da seine Einbildimgskraft sich unsere Ge-
fahren grösser und anhaltender gedacht hatte, als wir sie wirklich
erlebt hatten.
Noch nie war uns ein Lager in der Wüste so willkommen ge-
wesen . als unseres im "NVädi es-Seräm , wo wir jenen Abend um
10 Uhr nach unserem langen und aufreibenden Tage eintrafen. Dort
gab es in echt orientalischer "Weise frohe Gesichter und Glück-
wünsche von allen Seiten. Wir fanden sicherlich ein viel herzliche-
res Willkommen bei unserer Rückkehr von der Erforschung Kades'.
als es den alten Kundschaftern bei ihrer Rückkehr aus Kanaan zu
Theil wurde.
Zwei der drei Brunnen, über welche man so lange gestritten,
hatte ich nun besucht. Da der dritte, Ain el-Kaseme, schon oft
untersucht und beschrieben war, so mochte es unnütz scheinen,
wenn aiich ich mich nach ihm umsah. Doch da die Frage, ob zwei
oder drei Brunnen, lange eine offene gewesen, so hielt ich es für
wünschenswerth, diesen Punkt endgültig dadurch zu erledigen, das>
ich selbst auch den dritten besuchte. Dazu bestimmte ich den fol-
genden Morgen, Donnerstag, 31. März.
Wadi Kaserne lag bereits hinter uns ; denn unsere Lastthiere
hatten den Eingang dieses Thaies auf dem Wege nach Wädi es-
Seräm passirt, während wir Ain Kadis suchten. Es wurde dess-
halb beschlossen , dass das Gepäck noch einmal langsam voraus-
ziehen solle, während wir, die gestrige Gesellschaft, nach Kaserne
umkehrten. Nach einem frühen Frühstück machten wir uns aul
den Weg nach Süden und schlugen einen Weg etwas östlich von
jenem ein, den unser Gepäck auf dem Wege nach Norden zog. Im
Wädi Sabh bemerkten wir an den Abhängen nicht nur jene Über-
bleibsel eines Urvolkes, Steinhaufen und Wohnungen, wie wir sie
schon mehrmals erwähnt haben, sondern auch unzählige gutgemachte
Haufen von Steinen , die mit der äussersten Regelmässigkeit am
Rande der Felsenklippen lagern und immer gegen Osten liegen.
»Als Gräber sind sie zu klein«, sagt Palmer ^) »und zu weit von ein-
ander getrennt, um als Wälle gedient zu haben. Was können sie
also sein? Ich vermuthe, sie stehen in irgend einem Zusammenhang
mit dem Baaldienst ; die Altäre des Sonnengottes waren, wie diese
hier, an erhöhten Stellen und, natürlich wie diese, nach Osten ge-
wandt«.
In fast zwei Stunden kamen wir nach AVädi Kaserne mit sei-
nen bekannten Brunnen. Robinson 2] nennt diese Brunnen »mehrere
Gruben mit bläulichem , salzigem Wasser ; sie waren einige Fus8
I) Palmer a. a. 0. 274. G. 2) Palästina I, 314. G.
H. Clay Truml)uU's Kadesh Barnea. 0(17
tief in ein Bett von blauem Thon gegraben und mit einer Fülle dicker
Binsen und einer üppigen Vegetation umgeben«. Palmku ') sagt:
j)Es sind keine tiefen Brunnen oder eigentlichen (Quellen, sondern
ein paar themäil, d. i. seichte Lachen; ihre Lage ist durch ein
düster aussehendes Schilfdickicht kenntlich«. Bautlext. der diese
Brunnen für Ain Kadis hielt, beschreibt sie ausführlicher und en-
thusiastischer ; doch widerspricht sein Bericht den Thatsachen nicht,
obwohl er die Bedeutung dieser Tränkstätte zu hoch anschlägt. Kr
fand in diesem Thale «den grössten Wasservorrath zwischen Karat
en-Nachl und Bersaba«. Er erwähnt erstens »drei Gruben in dem
sandigen Boden, jede etwa von sieben (engl.) Fuss im Durchmesser,
welche bis zur Tiefe von zwei Fuss Wasser enthalten. Rings um diese
finden sich kleine Löcher , etwa zwei Fuss im Durchmesser , die
auch Wasser haben. Einige Ruthen östlich hinter einem mit Schilf
und Binsen verwachsenen Sumpf sind mehrere kleine Lachen mit
stehendem Wasser zu überschreiten. An diesem Punkte springt
nach rechts von der südlichen Thalwand ein felsiger Ausläufer nach
Nordwesten vor, aus dem Wasser in massiger Menge kommt und
über eine Reihe von stufenartigen Absätzen in das Thal hinabfliesst.
Jenseits des sumpfigen Grundes dehnt sich eine etwas höhere Fläche
sandigen Bodens aus , in dem ich ziemlich weit voneinander neun
grössere und zwei kleinere Gruben ofi'en fand. In den meisten
war das Wasser durch Kameele getrübt worden: jedoch überall, wo
der Grund fest und rein war, war auch das Wasser rein und klar.
Ohne Frage hätte man auch an anderen Stellen des Sandbodens
mit Erfolg nach Wasser graben können«.
Diese Beschreibung Bartlett's kann ich vollkommen bestä-
tigen. Ich hatte ja ihren Werth schon vorher erprobt, da meine
aus ihr entnommene Schilderung dieses Ortes die Araber glauben
gemacht hatte, dass ich ihr Land besser kenne als sie.
Wenn nun auch diese Wassergruben lange nicht die Wich-
tigkeit der beiden anderen Quellen haben, so scheinen sie mir doch
für die Grenze des alten Israel von Bedeutung gewesen zu sein.
Denn Kaseme wird dem Azmon an der alten Südgrenze des Landes
der Verheissung entsprechen. Die Targume geben nämlich Azmon
Num. 34, 4 f. mit Kesäm oder Kesäm wieder (DOp, DCj?) . Karkaa
(Jos. 15, 3), das zwischen Adar und Azmon erwähnt wird, ist in
dem weiten Wasserbecken wieder zu erkennen, das nach Bartlett
noch eine (engl.) Meile über die Wassergruben von Kaseme hinaus-
geht, auf allen Seiten von zusammenhängenden Hügelreihen um-
schlossen ist und im Osten an einer noch höheren, von Norden
nach Süden laufenden Bergkette endigt. Er fügt hinzu, dass »die
nördlich begrenzenden Höhen am östlichen Ende des Thaies jedoch
aufhören und somit eine Verbindung mit dem Wädi el- Ain offen
lassen«.
1) A. n. O. 275. G.
20S Guthe,
Von diesem t'bergang des "Wädi Kaserne an seinem östlichen
oder nordöstlichen Ende in den "Wädi 'Ain el-Kaderät sagten mir
ebenfalls meine Araber. Er passt sehr gut zu der Beschreibung
der Südgrenze Judäas . die von Kades Barnea nach Hezron führte
und weiter nach Adar = Kaderät, dann von Kaderät einen Umweg
durch den Einschnitt in der Bergwand nach Karkaa machte und
nach Azmon oder Kaserne ging. Über den Bach Egyptens, den Wadi
el- Arisch, wandte sie sich zum mittelländischen Meere.
Ferner muss beachtet werden, dass die Araber Palmek in die-
sem Thale Ruinen zeigten, welche nach ihrer Aussage «die Grenzen
des Besitzes der alten Christen« seien, wie die Beduinen die alten
Einwohner ihres Landes nennen. Als ich meinen Dragoman um
die Bedeutung von »Kaseme« fragte , war seine Antwort : )AVenn
ein Mann seinen ganzen Besitz an seine Söhne vertheilt , so giebt
er allen einen gleichen Antheil. Das bedeutet Kaseme«. Dieses
Thal bietet offenbar eine natürliche Grenzlinie für jede Vertheilung
des zu beiden Seiten liegenden Landes.
Da ich nach Kaseme nicht direct von Kaderät gekommen war,
konnte ich über die Lage des einen Ortes zum andern nicht sicher
sein. Ich glaubte damals, Kaderät liege weiter nördlich als Kaseme,
und berichtete danach auch in der ersten Meldung meiner Reise.
Aber ein längeres Studium von Karten und Reisebüchern und die
Erinnerung an meinen eigenen Weg führte zu der Überzeugung,
dass Ain el-Kaderät östlich oder vielleicht etwas südöstlich von
Ain Kaseme liegen muss , wie aus der biblischen Erzählung zu
schliessen ist. Aude war sicher, dass weder von "Wadi Kaseme
noch von Wadi Kaderät ein Ausgang nach dem Wadi Kadis exi-
stire .
Hier schliesst der Bericht Trumbull' s über die drei "Wasser-
orte ab. Die Karawane wandte sich von "^Ain el-Kaseme nach
N., jedoch nicht auf dem gewöhnlichen Wege, sondern "^Aude
führte sie auf einem nordwestlichen Umwege durch ein mit wo-
genden Kornfeldern bedecktes Thal mit Namen Wädi «Rahha-
beh« oder »Eayhobeh«, lediglich in der Absicht, um ein ihm ge-
hörendes Gerstenfeld bei dieser Gelegenheit zu besichtigen. Der
übrige Theil des Weges ist bekannt und kann daher hier über-
gangen werden. Nur einer neuen Lüge 'Aude's, die Trumbull
erzählt, möge hier noch gedacht werden. Als die Karawane an
el- Audsche herankam, fragte Trumbull, wie weit der Weg nach
dem Wädi Birein sei. 'Aude erwiderte, er habe niemals von
diesem Orte gehört. Trumbull fragte wiederholt, er erhielt stets
dieselbe natürlich und ungekünstelt gegebene Antwort. Der
H. Clay Trumbull's Kaclesh Harnea. OOO
Dragoman fragte jeden Araber derKeihe nach, aber der eine war
so dumm "vvie der andere. Trumbull war überzeugt, dass die
Leute wieder logen, wie am Dienstag Abend, wiewohl der Dra-
goman es für unglaublich hielt. Am Abend endlich klärte sich
die Sache auf. Die Araber erzählten mit triumphirender Miene
demDragoman, dass sie Wadi Birein sehr wohl kannten, aber
gefürchtet hätten, dass Trumbull auch diesen Ort noch besuchen
wolle. Da sie an dem einen Abstecher genug gehabt hätten, so
hätte 'Aude sie angewiesen, Unwissenheit zu heuclieln. ISie freu-
ten sich, dieses Mal ihre Kolle glücklich durchgeführt zu haben.
Indem ich mich nun dazu wende, die von Trumbull vorge-
tragenen Ergebnisse und Vorschläge zu besprechen, muss ich
die allgemeine Bemerkung vorausschicken, dass Trumbull s Be-
nutzung der alttestamentlichen Berichte der jetzigen wissen-
schaftlichen Auffassung derselben durchaus widerspricht. Er ist
ganz und gar in dem Inspirationsdogma befangen, er hält den
Pentateuch für ein Werk des Mose, das Avährend der Wüsten-
wanderung verfasst sei u. s. w. Er musste daher nothwendig den
Fehler begehen, die geographischen Fragen stets mit den histo-
rischen zu vermengen, da er überall — wenigstens vom Exodus
an — Berichte eines Augenzeugen vor sich zu haben glaubt und
keine Veranlassung erkennt, zwischen dem Bericht über die
Sache und der Sache selbst zu scheiden. Ferner verhält er sich
den Ergebnissen der Literarkritik gegenüber völlig ablehnend
und treibt die Kunst des Harmonisirens und Umdeutens ^ mit
grossem Eifer; verschiedene, durch Anschauung mid Alter von
einander getrennte Quellen der Erzählung im Pentateuch bez.
Hexateuch giebt es für ihn nicht.
Obgleich nun dieses unwissenschaftliche ^'erfahren durch-
i aus nicht geeignet ist, Trujvlbull's Erörterungen der Berücksich-
j tigung zu empfehlen , so zeichnet sich seine Arbeit durch zwei
Eigenschaften doch vortheilhaft aus. Sie zeugt nämlich von
I einer ausserordentlich scharfen Beobachtung des bereisten Lan-
des irud lässt ein nüchternes, gegen die «Tradition« und andere
Autoritäten selbständiges Urtheil des V( rf. in geographischen
1) So soll die Angabe, dass die "Kinder Israel die Agj-pter beraubt haben
(Excel. .■}, 22. 12, 35 f. Elohist), dahin verstanden werden, dass die abziehen-
den Israeliten nach orientalischer Sitte ein Bachschisch von den Ägyptern er-
beten und auch erhalten haben. Vgrl. 384 ff.
2 1 0 Guthe,
Dillgen erkennen. Dadurch gewinnt seine Beweisführung trotz
ihrer Breite eine gewisse Frische und vermag auch auf den , der
die dogmatischen "N'orstelhmgen des Verf. nicht theilt, eine nicht
geringe Anziehung auszuüben.
Aus den obigen Gründen ist es mir aber unmöglich , mich
im Folgendem dem Gange seiner Darstellung anzuschliessen.
Ich werde vielmehr, was mir werthvoll erscheint, hervorheben,
dasselbe jedoch stets nur in dem Zusammenhang der be-
treffenden Quellschrift des Hexateuch betrachten, alle
geschichtlichen Fragen (Zeit, Personen, Dauer des Auszugs und
der Wüstenwandervmg) völlig bei Seite lassen und nur erwägen,
welche geographischen A'erhältnisse die A'erfasser der Quellen
im Auge gehabt haben. Dabei wird sich Gelegenheit bieten,
Trumbull's Ansichten mehrfach zu berichtigen oder weiter zu
führen. Ich benenne die Quellen des Hexateuch nach J. Well-
hausen (Jehowistisches Buch , bestehend aus Jahwist und Elo-
hist, Deuteronomist; Priestercodex, abgekürzt: JE, J, E,
Dst, PC).
Der Jahwist in Num. 20, Ib, ausserdem Dtr. 1, 46 und Jud.
11. 16 f. bieten die Nachricht, dass Israel lange Zeit in Kades
gewohnt habe. Diese Angabe setzt voraus, dass der Schriftsteller
oder die hier zu Wort kommende Tradition diesen an der Süd-
grenze des Landes Kanaan gelegenen und daher der Bevölkerung
wohl bekannten Ort als geeignet zu einem längeren Aufenthalt
für eine grössere Volksmenge erachtet hat. Dazu gehört, dass
der Ort einen genügenden Wasservorrath besass , dass er einen
geschützten Lagerplatz und grosse Weideplätze darbot und viel-
leicht auch, dass in seiner Nähe gesäet und geerntet werden
konnte ; denn trotz des Manna Averden die Israeliten, auch ehe
sie im Lande der Amoriter sesshaft wurden, dem Ackerbau nicht
ganz fremd gewesen sein , ebensowenig wie die heute an den
Grenzen des Kulturlandes umherziehenden Nomaden Syriens.
Diesen Erfordernissen entspricht die von TruiMBUll beschriebene
Umgebung von 'Ain Kadis und 'Ain el-Kaderät, soviel wir jetzt
wissen, auf der ganzen Strecke zwischen dem Dreieck der Sinai-
halbinsel und der Grenze des alten Kanaan einzig und allein.
Ferner lässt uns der Wasserreichthum von 'Ain Kadis erst ver-
stehen, mit welchem Rechte die Erzählung in Num. 20 (und
Exod. 17?) die Öffnung der Quelle durch Mose hervor-
H. Clay Trumhull's Kadesh Baniea. 21 1
hebt'). Schon diese Umstände sprechen dafür, dass Itow la.nj)s
und Trumbull s 'Ain Kadis wirklich das Kades liarnea des
A. T. ist.
Auch der Name begünstigt diese Annalinie. Walirond
Seetzen Wadi el-Kdeis und ähnlich Koavlands »Kaddase« oder
»Kuddäse«. in deutscher Transcription Kades, schreiben, hebt
Trumbull die Aussprache »Qadees« , d. i. kaclls (ohne Artikel
hervor. Vielleicht kommen beide Aussprachen neben einander
vor: RowLANDS hörte den Namen von den terühln^ Seetzen wohl
von den heni ^it'ije, Trumbull von den üjäha, ebenso Palmer,
der »Gadis« schreibt. Wetzstein 2), der den Artikel (soSeetzex)
wohl mit Recht bezweifelt, erkennt in Kdeis, Kudes die Demi-
nutivform von Kodes Jos. 15, 23, will aber hadls = Kades nicht
gelten lassen, da nach Analogie von hebr. bas = arab. J^>J| viel-
mehr kädls zu erwarten sei. Diese Analogie ist allerdings rich-
tig, aber vielleicht ist die Aussprache kadis aus der daneben be-
zeugten kades durch Verdünnung des contrahirten Diphthongen
€ zu t entstanden, wie die heutigen Syrier /elf neben kef sagen,
und der Name dann von der Vulgärsprache als eine lUldung nach
dex Form fall, die sich in Ortsnamen häufig findet, aufgefasst
worden. Der Wechsel des hebräischen kades in arabisches hadts
scheint mir wenigstens die Identität der beiden Namen nicht
ausznschliessen.
Entspricht nun die Lage von 'Ain Kadis den Merkmalen,
die die übrigen Nachrichten des A. T. fordern? Dieser Frage hat
Trumbull sehr ausführliche Erörterungen gewidmet und auf
Grund derselben die Frage mit Recht bejaht. Nach meiner Auf-
fassung fallen folgende Punkte ins Gewicht :
1) Nach dem Jahwisten Num. 13, 26, ferner nach Dtr. l,
20 — 24, sowie nach Jos. 14, 7 (Dst) und Num. 32, 8 JE werden
von Kades Barnea die Kundschafter ausgesandt ; denn es lag an
der Grenze des Perglandes der Amoriter Dtr. 1, 20, d.h. des den
Israeliten gelobten Landes Kanaan. Nach dem Jah\\-isten Num.
20, 14 werden von Kades, einer Stadt \'\'^V] an der äussersten
Grenze Edoms (Num. 20, 16), Koten an den König von Edom
l; S. DiLLMAXX, Exod. u. Levit. 17S ff. WELLHAr.SEN. Jahrb. f. deut-
sche Theol. XXI, 549. 577.
2) Bei Delitzsch, Genesis* 574 ff.
2 1 2 Guthe,
gesandt; ebenso Jucl. 11. 16 t". Daher niuss Kacles an der Grenze
zwischen Israel und Edom gelegen haben. Kades Bamea Avird
ferner von Ezechiel 47, 19. 48, 2S nnd vom Priestercodex Num
34. 4 und Jos. 15. 3 als südlicher Grenzort Israels oder des Stam-
mes Juda aufgeführt. Trumbull betont mit vollem Recht, dass
es sich hier nm* um eine natürliche Grenzlinie handeln kann,
und macht (zum Theil im Anschluss an Palmer) daraiif aufmerk-
sam, dass die natürliche Gliederung der Sinaihalbinsel die Ge-
stalt eines Keils oder Dreiecks wiederholt aufweist (S. 123 f.i.
Die Halbinsel selbst ist keilförmig. Die Wüste et-Tih springt ge-
gen S. keilförmig in das Sinaigebirge vor. Das Plateau der Azä-
zime-Berge, der Dschebel Makräh , drängt sich fast in gleicher
Weise gegen et-Tih vor, wie dieses gegen den Sinai. Die vierte
Parallele zu den genannten drei natürlichen Grenzlinien wird
durch Wadi el-Fikra im O. und Wadi el- 'Arisch im W. mit Ka-
des an der südlichsten Spitze gebildet. Mit diesen durch die
Beobachtung des Bodens gewonnenen Winken stimmen die Hin-
weise des A. T. wohl überein. Nach Ezech. 47, 19. 48, 28 muss
Kades östlich vom Bach Ägyptens = Wadi el- Arisch und west-
lich von Thamar, das Eusebius an die Strasse von Hebron nach
Aila verlegt . die sicherlich über einen der Pässe am Wadi el-
Fikra führte, gelegen haben, etwa in der Mitte zwischen beiden;
das trifft auf "^Ain Kadis. — Die vom Priestercodex beschriebene
Südgrenze verläuft selbstverständlich zwischen dem Südende des
Todten Meeres und der Mündung des W. el- Arisch im allge-
meinen von O. nach W., d. h. nicht etwa, wie Robinson wollte,
über die südwärts in der *^Araba gelegene Quelle el-Webe = Ka-
des BarneaV, sondern vom Todten Meere ab westlich oder genauer
südwestlich im W. el-Fikra aufwärts. Trumbull will den Auf-
stieg Akrabbira nicht im Nakb es-Öufä, sondern in dem west-
licheren Xakb el-Jemen erkennen, da Num. 34, 4 eine Wendung
der Grenze südwärts von ihm hervorgehoben Averde und dem
Nakb el-Jemen gegenüber am nordwestlichen Fuss des Dschebel
Madara ein Thal von S. her einmünde. Die Grenze geht hinüber
nach Zin Num. 34, 4. Jos. 15, 3 in der Richtung auf Kades
Barnea, d. i. "^Ain Kadis. Auf welche Punkte Trumbull dann
Hezron, Addar, Karkaa und Azmon bezieht, ergiebt sich aus dem
oben S. 203 und 207 f. Gesagten. Seine Ansicht scheint mit deu
Angaben des A. T. vereinbar; zum Theil hat aber dieser Schein
11. Clay Trumbulls Kadush Barnea. 213
gewiss seineu Grund duiin, dass wir die hetri'ti'endc (Jugend in
der Ivichtimg von O. nach W. noch zu wenig kennen, du die
Reisenden ausser Trumbull gewühnlicli nur ihre Seiten in der
Richtung von N. nach S. oder umgekehrt durchschnitten luibin.
Die Zusammenstelhmg von Azmon mit'Ain el-Kaserae hat alk'r-
dings durch DCp der Targume zu Num. :M, 1 f. einen gewissen
Anspruch auf Beachtung , umsoweniger jedoch der Ankhtng des
Namens Addar an Kaderät (Trumbull 2'JO ; denn Kaderat oder
Kaderät ist der Name eines die dortige Gegend bewohnenden
Stammes der Araber'), nach welchem wahrscheinHch die Quelle
genannt ist und nicht umgekehrt, wie Tru^fjull meint (S. 221).
— Die Grenze Edoms bis zu der erwähnten Linie über W. el-
Fikra nach ^\in Kadis vorzurücken, wird auf keinen Widerspruch
stossen. Dagegen hat mich der Versuch Trumbull's, zwischen
Land Seir und Berg Seir zu unterscheiden inid ersteres südöst-
lich von Bersaba und nördlich vom W. el-Fikra, also inner-
halb der Grenzen des israelitischen Landes zu suchen
(S. 83 ff.), durchaus nicht überzeugt. Die Südgrenze Israels
schied in ihrer östlichen Hälfte gegen Edom, darin stimmen alle
Quellen des Hexateuch überein, und Seir gehörte zu Edom, nicht
zu Israel.
2) Zwei Berge werden im A. T. mit der Grenze Edoms ver-
knüpft, nämlich vom Priestercodex der Berg Hör Num. 20, 22 f.
(33, 37), vom Deuteronomisten der »glatte Berg p5nn "inn , der
nach Seir ansteigt« Jos. 11, 17. 12, 7. Schon Knobkl-) hat auf
den Irrthum der Tradition, die seit Josephus denDschebelHärün
bei Petra für den Berg Hör ausgiebt, aufmerksam gemacht.
Trumbull beweist S. 127 — 139 ausführlich, dass »revelation and
reason« zugleich gegen diese Tradition zeugen, also aus ihr nichts
für eine östliche Lage vonKades Barnea gefolgert werden könne,
und findet in dem Dschebel Madara, »einem runden, einzeln
stehenden Berge«''), an der Südseite des W. el-Fikra den Herg
Hör wieder. Man wird ihm Recht geben, wenn er mit Knokkl
die Tradition zurückweist und den liergHor an die Grenze Edums
gegen Israel setzt; sein positiver Vorschlag hat jedoch vorläufig
1) Robinson III, 1S2 Kudeirät. Palmlu a. a. 0. 275. :VM Gudeirät.
Trumbull umschreibt Qadayrat, gegen die arabischen Buchstaben vgl. oben
2Ü4. 2) Zu Num. 20, 22 ff. '^) Palmer a. a. O. 322.
Ztschr. d. Pal.-Ver. Vin. 15
214 Guthe
keinen höheren Werth . als Avenn Knobel in dem Dschebel
Madara »den glatten V>evg<f erkennt ') . Auf die lautliche Ver-
wandtschaft von Madara mit Mosera Dtr. 10, 6 hätte sich Trum-
BüLL nicht berufen sollen: denn sie ist in Wirklichkeit nicht
vorhanden. Der »glatte Berg« soll nach Trumbull S. 'J7 der
nördliche Abhang des W.el-Fikra. der zum »Lande Seir« (s. oben)
hinaufführt, sein. Allein so 'gewiss ein »Land Seirtf innerhalb
der Grenzen Kanaans nicht existirt hat. so gewiss ist Jos. 11, 17.
12, 7 von einem «Ansteigen« die Rede, das aus dem Gebiet
Israels nach Seir hinausführt.
3) Trumbull geht davon aus, dass nach Nura. 23, 26 und
20, 1. 27, 14. Dtr. 32, 51 Kades Barnea sowohl in der Wüste
Paran als auch in der Wüste Zin gelegen habe. Zu der ersten
irrigen Annahme ist Trumbull dadurch verleitet worden, dass
er die Berichte des Pentateuch ^ nicht zu scheiden versteht. Der
Jahwist lässt allerdings die Kundschafter von Kades l^arnea aus-
gehen (s. oben) ; nach dem Priestercodex dagegen werden sie
von der Wüste Paran (Xum. 10, 12. 12. 16b. 13, 3) ausgesandt,
beginnen ihre Thätigkeit mit der Wüste Zin im S.. endigen bei
Rehob im N. und kehren darauf nach der Wüste Paran zurück
(13, 21. 26; »nach Kades« V. 26 kann nicht dem Priestercodex
antjehören, da nach ihm das Volk erst über die Wüste Zin Num.
20, la nach Kades gelangt, vgl. Num. 20. 22). Der Priesterco-
dex unterscheidet also zwischen Paran und Kades, indem er
zwischen beide die Wüste Zin setzt : es kann demnach die Lage
der Wüste Paran hier auf sich beruhen. Hingegen ist der Name
Zin — entweder ausdrücklich als Bezeichnung einer Wüste oder
anscheinend als Bezeichnung eines Ortes — vom Priestercodex
wiederholt in Verbindumr mit Kades erwähnt worden Num. 27.
14 (= Dtr. 32, 51 . Num. 34, 3 f. vgl. Jos. 15, 3 und Num.
33, 36 wird (die Wüste.' Zin mit Kades geradezu identi-
ficirt 'offenbar gegen Num. 27, 14). Da die Kundschafter
Num. 13, 21 ihre Thätigkeit mit der Wüste Zin beginnen, so
scheint der Priestercodex sie zum Gebiet Israels gerechnet zu
haben, als südliches Grenzland, das zugleich östlich an Edom
1) Zu Jos. 15, 3.
2, Vgl. Kayser, Das vorexilische Buch dei* Urgeschichte Israels S. Sl ff.
Welluausen, Jahrb. f. d. Theol. XXI, 57u f. 576 ft'.
H. Clav Trum1)ull's Kadesh Barnea. 21 ü
Stiess 'Num. 34, 3 . Ungefähr wird >ich daher das heutige l'Ia-
teau der'Azäzime, in dessen südAvestlicheraTheile AuiKadi^. ge-
legen ist, mit der Wüste Zin decken Trumuull .S. 70,. Nur
darf nicht übersehen Averden, dass Avir die Grenzen dieses Pla-
teaus nach O, hin fast gar nicht kennen.'
4) Der Elohist berichtet in Gen. 2u. 1. dass Abraham zwi-
schen Kades und Schur in Gerar gewohnt habe. Trimbull er-
kennt, wie es jetzt allgemein geschieht, in Schur die Gegend des
heutigen el-Dschifär östlich vom unteren Nildelta (S. 44 — .5S .
In jener Angabe muss Schur demnach den westHchen. Kades den
östlichen Punkt von Gerar aus bezeichnen. A'ersteht man Gerar
von der Stätte Chirbet Umm el-Dscherür südöstlich von Gaza,
so verliert jene Angabe jeden Sinn. Allein Chirbet Umm el-
Dscherär ist eine Appellativbezeichnung, die dem Orte wegen
seines Reichthums an grossen Scherben gegeben wird*) und
deren Anklang an Gerär rein zufällig ist. Trumbull erneuert
daher S . 61 ff. mit Nachdruck die Beziehung von Gerar auf den
Wadi Dscherür südlich vom Dschebel (und ""Ain) Muweilih. In
der That wird dadurch Gen. 20, 1 vollkommen verständlich:
denn Kades = 'Ain Kadis liegt östlich vom W. Dscherür. Es
scheint mir keinem Zweifel zu unterliegen , dass nicht nur das
»Thal Gerara (TilJ bn: Gen. 26. 17; von der Gegend des heutigen
Dscherür (oder Dscherär zu verstehen ist , wozu Thomson hin-
neigt"-), sondern auch die übrigen Stellen des A. T. . in denen
von einem Orte Gerar die Eede zu sein scheint (Gen. 10. 9. 26.
1. 6. 26. Chron. IL 14, 12).
Die Polemik Trumbull' s gegen die Meinung Robixson's,
dass *Ain el-Webe in der 'Araba die Lage von Kades bezeichne,
glaube ich übergehen zu können, um so mehr, als Dillmanx^)
sie mit vollem Recht als abgethan bezeichnet hat. "NVetzsteix's
^'erschlag, das kädüs des Mukaddasi als Kades Barnea zu be-
trachten und dasKedes Jos. 15, 23 auf "^ Ain Kudes zu beziehen-*),
wird von Trumbull S. 205 kurz zurückgewiesen. Wenn ich auch
seinen Einwand nicht zu billigen vermag, so scheint mir ^^ ktz-
stein's scharfsinnige und gelehrte Untersuchung dennoch nicht
1) Vgl. Thomson, The Land and the Book^ I, 198 f.
2) A. a. O. 199. Thomson führt nur die Aussprache Dscherär an.
3) Zu Genesis 14, 7. 4) In Delitzsch Genesis * S. 574 ff.
15*
216 Guthe,
das Kichtige getroffen zu haben, da kZtdüs zu weit nach O. lieijt,
um mit Kades Karnea verglichen zu werden . und ferner dmxh-
aus nicht den Anforderungen entspricht, die man nach den >5e-
richten desA.T. an die Beschaffenheit dieser Stätte stellen muss,
während "^Ain Kadis diesen in vollkommenem Maasse genügt. Ob
der Ort Kedes Jos. 15, 23 wirklich eine andere Stätte bezeichnet
als 'Ain Kadis oder nur eine irrthümliche Aussprache desselben
Namens ist 1), muss dahingestellt bleiben. Erwähnung verdient
noch, dass Trumbull Sela*", »den Felsen«, Jud. 1, 36 nach Num.
20,-8. 10 f. von Kades Barnea verstanden wissen will. Da durch
diese Annahme die Grenzbezeichnung Jud. 1 , 30 ihren einzig
möglichen Sinn erhält und zugleich die spätere Verwechselung
von Petra (Sela') mit Kades begreiflich wird, so halte ich diese
Deutung einer grösseren Beachtung werth, als sie bisher gefun-
den hat. Auffallend ist es , dass Trumkull nicht deutliche Spu-
ren eines Ortes in der Nähe der Quelle entdeckt hat. Ich
schliesse das Capitel über Kades damit, dass ich die umfang-
reiche Benutzung der älteren und neueren Literatur über die Lage
dieses Ortes durch Trumbull hervorhebe.
Viel Sorgfalt hat TruMBULL darauf verwendet, die im A. T.
erwähnten Wege oder Strassen der Sinaihalbinsel und ihrer Um-
gebung festzustellen. Hieran ist in der That mehr gelegen, als
man nach dem ersten Eindruck meinen möchte. »Die natürlichen
Wege einer Gegend sind Gottes grosse Landmarken. Sie sind
durch die Vorgänge der Schöpfung bestimmt worden und bleiben
verhältnissmässig in allem Wechsel der Jahrhunderte dieselben.
Die Wege der Eroberung und die Bahn der Civilisation sind im
voraus durch die natürlichen Strassen , denen ihre Bewegungen
folgen mussten, bezeichnet; die Geschichte zeigt uns dort ihre
Spuren« (S. 74;. Ausserdem ist es eine lehrreiche Eigenthüm-
keit aller Quellen des Hexateuch mit Ausnahme des Prie-
ster codex, dass sie die Lage eines entfernteren Ortes oder die
Richtung eines Marsches nach der wohlbekannten, durch die
Terrainverhältnisse gebotenen und allgemein begangenen Strasse
beschreiben. In das Gebiet der Sinaihalbinsel im weiteren Sinne
fallen folgende Strassen :
1) Die Strasse nach Schur Gen. 16, 7. 2) Die Strasse nach
I; Vgl. die alten Übersetzun<?en. Ket.axd. Pal. ed. Traj. GUS.
H. Clav Tiiimbull.s Kadesli Banioa. 217
(lern Lande der Philister E\od. i:'.. 17. :Vj J)ie .Strasse uaeli der
Würste, nach dem llothen Meere (oder: die Wüstenstrasse nach
dem Kothen Meere) Ci^D-DD "i3"!^n Tf"i" Exod. i:<. Ib. I Dir
Strasse nach dem Rothen Meere Num. 11. 2.'). 21. 1. J)tr. 1, lo.
2, 1 . 5 Die Strasse nach dem Gebirge (Berghuide) Seir Dtr.
1, 2. G) Die Strasse nach dem Gebirge (Hcrghinde) der Amoriter
Dtr. l. H>. 7) Die »Strasse der Kundschafter« Num. 21, 1 ist bc-
kanntUch eine zweifelhafte Übersetzung und ihre IJestinununj^
daher nicht möglich.
Die erste Strasse lief südlicher als die zweite; denn sie wird
Gen. IG, 14 in die Nähe von Kades verlegt \nul ihre Kiclitung
auch sonst mit den südlichen Grenzgebieten Kanaans in Verbin-
dung gebracht (Sam.I. 15. 7. 27, 8). Trumuiill macht S. 349 f.
darauf aufmerksam , dass Rev. F. W. IIüll.vxu auf seiner fünf-
ten Reise durch diese Gegenden im J. 1 S 7 8 bestimmte Spuren dieser
Strasse gefunden habe. Derselbe erfuhr nämlich während seiner
Forschungen nach Kades, dass eine alte Strasse durch die Wüste
in der Richtung nach Isma'ilije führe. Er untersuchte dieselbe
luid fand , dass sie eine Fortsetzung der Karawanenstrasse von
Hebron und Kersaba sei, den Dschebel Jelek. der auf .unseren
Karten zu Aveit nördlich gesetzt werde, links (d.i. südlich' liegen
lasse, den Dschebel »Mugharah«. einen durch I^runnen und alte
Ruinen merkwürdigen Bergrücken, überschreite, dann nach
Westen sich biege [lief sie vorher südwestlich? G.] und über ein
wellenförmiges Plateau mit vielen Sandanhäufungen Isma'ilije er-
reiche ') .
Die Strasse nach dem Lande der PhiHster läuft, wie Trum-
bull nach Brl'GSCh, Ebers u. A. annimmt, an der Küste des
l; Trumbull citirt Keport of the British Association for the Advaiice-
mentofSciencelSTS,622fF. HoLL.\XD'g Tod (1 SSI; habe ausführlichere Mitthei-
luugen verhindert. Ich finde einen kurzen Bericht H0LL.4XD's in Proceedings
of the royal geogr. society vol. XXII (1877/78) London 1S7S, S. 455 f. und
theile daraus die betr. Sätze mit : »From this point (nämlich »Ain Gadeis« =
'Ain el-Kaseme) I discovered and traced out an ancient road running due
Avest to Ismailia through a mountainous tract that had , I believe. been prev-
iously unexplored. At Jebel Mugrah [sie!] I found very extensive trace? of
former cultivation and ruins of primitive dwellings and tombs , besidcs large
quantities of fiint flakes and arrow heads. The importance of the road to Is-
mailia was shown by similar remains and by the cliaracter and nuniber of the
wells".
0 I -5 Guthe,
mittelländischen Meeres hin vgl. auch die Tabula Peutinge-
riana; . Sie hat -wahrscheinlich die Landenge von Sucs in dersel-
ben Gegend durchschnitten, die heute noch die Karawanen von
Ägypten und Syrien passiren, nämlich bei Kantarat el-Chazne
oder Gisr el-Kanätir, wohin ürugsch neuerdings die auf ägyp-
tischen Denkmälern des mittleren Reichs genannte Festung Zarxi
verlegt! .
Die fünfte und sechste Strasse, um diese beiden vorweg zu
nehmen, liefen jedenfalls im Innern der Sinaihalbinsel. Da der
Berg Horeb nicht bestimmt Averden kann, lässt sich aus Dtr. i . 2
nur so viel mit Sicherheit entnehmen, dass die dort genannte
Strasse von irgend einem Punkte im W. oder SW. zu dem Berg-
lande Seir im W. der "^Araba und südlich vom W. el-Fikra)
führte. Trumbull ist wohl auf der rechten Spur, wenn er diese
Strasse in der Osthälfte der Wüste et-Tih sucht und zwar am
östlichen Rande des Dschebel Makräh, oberhalb des Abfalls der
Höhen in das breite Thal der 'Araba. Hierzu ist wieder eine Be-
obachtung des schon genannten F. W. Holland zu vergleichen ^j .
Er fand 1S78, dass Dschebel Makräh und Dschebel Dscheräfe im
SO. der *^Azäzime-Berge nicht einen zusammenhängenden Rücken
bilden, sondern durch ein Thal getrennt sind, in dem eine Strasse
hinaufführt 3) . Sie ist dem Berglande von Seir so nah, dass sie
Avohl von ihm den Namen erhalten haben könnte. Zur Zeit der
Könige von Juda war sie in Folge der Handelsverbindungen mit
Aila in Jerusalem gewiss bekannt. Dass die Israeliten diese
Strasse Avährend der Wüstenwanderung betreten hätten, steht
übrigens nirgends im A. Testament zu lesen. Da Trumbull die-
ses irrthümlich voraussetzt, so hält er es für möglich , dass von
dieser Seite her auch die «Strasse nach dem Berglande der Amori-
ter« hinaufführte. Schwerlich wird er darin Recht haben. Diese
letztere ging wahrscheinlich, was Trumbull auch als erste Mög-
lichkeit erwähnt, in nördlicher [oder nordöstlicher] Richtung
auf den Dschebel Muweilih zu und trat dort in das Bergland der
Amoriter ein^). Übrigens hat Trumbull nicht Recht , wenn er
1, Brugsch, Pithom und Ramses in d. deutchen Revue (18S4) IX, 1,
S. 350 ff. 2) Journal of Vict. Instit. XIV, 2—11 'mir nicht zugänglich).
3) Vgl. auch Palmer a. a. 0. 325. 326 f.
4 Vgl. über die aus dem Sinaigebirge nach X. führenden Wege RoBLV-
SON, Palästina I, 123 ff. 327 ff. 43S ff.
H. Clay TrumbuH's Kadesh Barnea. 210
wie viele Andere die Lage des Herges lioreh uls gesicheii )ir-
trachtet.
Die dritte und vierte Strasse (8. 217; ist nach Trumhull eine
und dieselbe und zwar »der Weg, der von Ägypten aus durcli die
Wüste von der Spitze des Meerbusens von Sues nach der Spitze
des Meerbusens von ^\kaba führte. Sie entspricht der heutigen
Filgerstrasse von Ägypten nach Mekka« (S. 352). Diese licstim-
mung schien mir anfangs richtig zu sein, jetzt halte ich sie je-
doch entschieden für unrichtig. \\\Jam sm/ erkenne auch ich das
RotheMeer; allein die Annahme Tkumuull's, dass sich dieJJreite
der Landenge von Sucs in historischer Zeit nicht veriindert
habe, kann nach den neuesten Untersuchungen, die TiiuMituLL
freilich zum Theil noch nicht benutzen konnte, nicht mehr auf-
recht erhalten werden. Durch sie ist auch ein anderes Urtheil
über den Lauf der Exod. 13, 18 erwähnten Strasse bedingt.
Wenden wir uns daher zunächst zu diesen neuesten Forschungen
über den Isthmus von Sues.
Die Ausgrabungen, die der Ägyptologe Ed. Xavillk im
Frühjahr 1883 im Auftrag des j)Egypt Exploration Fund« bei
Teil el-Maschüta ausgeführt hat i), lehren, dass dort ein von
Ramses II. erbautes Heiligthum des Tum, des grossen Gottes
von Thuku oder Thuket, stand . Dieses Heiligthum im L a n d e
Thuku ^Thuket j hiess Pithom. Eine ebenfalls dort gefundene
Tafel des Ptolemäus Philadelphus (280 — 247) berichtet, dass
dieser König »den grossen östlichen Kanal Ägyptens« angelegt,
dass er bei Kemuerma (Timsäh-See l) eine Stadt zu Ehren seiner
Schwester und Gemahlin (Arsinoe IL) gebaut, dass von dort
Schiffe ins Rothe Meer und an die Negerküste gefahren seien,
um die Schätze jenes Landes und namentlich Elephanten für den
König zu holen. Eine lateinische Inschrift giebt unter einander
die Namen Eropolis und Ero Castra, eine andere lateinische In-
schrift aus dem Jahre 306 oder 307 n.Chr. bestimmt die Entfer-
nung von Ero nach Clusma (Klysma) auf neun römische Meilen.
\ Ed. Naville, The store-city of Pithom and the route of the Exodus.
London, Trübner & Co. 1885. Zur Kritik vgl. Athenaeum 18S5, Nr. 2994.
Academy 1885, Nr. 681. Brugsch, Israel in Ägypten in Deutsche Kevue
VIII (1883), 4, S. 48ff. Das Zweifelhafte, z. B. Pikeheret = Pihachiroth
Exod. 14, 2. 9, lasse ich auf sich beruhen. Naville kümmert sich um die
verschiedenen Quellen des Exodus nicht.
220 Guthe,
Die Deutung dieser Funde kann kaum streitig sein. Pithom
ist das Srs der Hebräer in Exod. 1.11 (LXX FliüojtjL. risiUtu;
koptisch Petöm). das natoujxoc des Herodot ^11, 158). Es Avar die
Hauptstadt des 8. Nomos von Unterägypten. Thuku oder Thu-
ket ■«ar nach dem Papyrus Anastasi VI. ein durch die Festung
des Königs Menephtha geschütztes Grenzland mit der von Seen
und Wcidehmd umgebenen Stadt Pithom. Später ging dieser
Name auf eine Stadt über, und zwar -wird sie nach Brugsch')
auf einer Nomosliste ans der Ptolemäerzeit als die Metropolis des
Gaiibezirks unter der Bezeichnung Thekot aufgeführt. Naville
hat ihre lieste rings um den heiligen Ort Pithom gefunden. Da
der Wechsel eines ägyptischen th mit griechischem ^ (hebrä-
ischem ü] mehrfach bezeugt ist, so ist Thuku, Thuket mit dem
riSD Exod. 12, 37. 13, 20 des Priestercodex zusammenzustellen.
Pithom hiess bei den Griechen Heroopolis, bei den Lateinern Ero.
Ero castra. Nach dem Zeugniss der griechischen und lateini-
schen Schriftsteller 2) lag Heroopolis an dem äussersten Winkel
(jxu)r6c) des arabischen Busens ; Arsinoe unweit dieser Stadt
ebenfalls am Meerbusen oder nach Diodor I, 85 am Ausflusse
des von Ptoleraäus erbauten Kanals; Ptolemäus setzt Klysma
an denselben Meerbusen, und zwar südlich von Arsinoe. Heroo-
polis (Ero Castra) ist durch Naville' s Entdeckung nach dem
heutigen Teil el-Maschüta verwiesen. Arsinoe, dessen Lage nur
unbestimmt angegeben wird, setzt Naville an die Stätte des heu-
tigen el-Magfar, Klysma endlich nach dem heutigen Nefische —
neun römische Meilen von Teil el-Maschüta. Bei dem letzten
Ansatz scheint er die Angabe des Ptolemäus übersehen zu haben.
Wie dem auch sein mag, jedenfalls stimmen die Nachrichten der
Griechen und Lateiner mit der Tafel des Ptolemäus Philadeli)hus
darin überein, dass Heroopolis und Arsinoe für Seeschiff'e unmit-
telbar zugänglich und am Meere gelegen waren, und die Fixi-
rung von Heroopolis durch Naville — um von Klysma abzu-
sehen — - nothigt uns zu der überraschenden Annahme, dass der
Meerbusen mindestens bis zum Anfang unserer Zeitrechnung
1) Brugsch, Israel in Ägypten in Deutsche Revue VIII (1883), 4, 48 tt'.
2) Vgl. J. M. ScHLElDEX, Landenge von Sues (1858) 111 ff. Parthey,
Zur Erdkunde des alten Ägyptens in Abhandlungen der k. Akademie der
Wissenschaften zu Berlin 1858. S. .509 ff. Zu Herodot II, 15S vj?l. Ku-ILLE
a. a. 0. 2y f.
H. Clav TnimbuU'rf Kadesh Buniua. 221
(Stkabo) den heutigen Birket Timsuh erreicht hat. Di.' Iheite
der Landenge war also damals und früher etwa gerade »im die
Hälfte geringer als sie jetzt ist. Dieses Ergebuiss — so darf
man es nach den inschriftlichen Funden bezeichnen — ist
freilich mit der Angabe des Herodot und Anderer, dass die kür-
zeste Strasse vom mittelländischen Meere in das Erythräische
oder Rothe Meer 1000 Stadien = 25 deutsche Meilen betrage,
schwer zu vereinigen. Andere Schwierigkeiten machen die Mei-
lenzahlen im Itinerarium Antonini Aug. bei Thou oder Thohu.
das nach Lepsius mit l'ithom identisch sein soll (dagegen Na-
viLLE a.a.O. 30 f.). Leichter erledigt sich die Angabe des
Strabo XVIL 1, 25, dass der bei Arsinoc mündende Kanal durch
die -i7po(i xaÄoujxivai Xi|a-vat, die sogenannten liitterseen, geführt
habe. Lag nämlich Arsinoe neben Heroopolis an der Spitze des
arabischen Meerbusens , so müssen die dem Strabo bekannten
Bitterseen , die nach der Anlage des Kanals von Süsswasser an-
gefüllt und fischreich geworden seien, auf der von dem Kanal
durchschnittenen Strecke, d. h. zwischen Bubastis (lierodot II,
158j und Heroopolis oder Arsinoe, d. i. Teil el-Maschuta oder
el-Magfar gesucht werden. Der Name der Bitterseen wäre dann
im Lauf der Jahrhunderte ebenso wie vielleicht Klysma = el-
Kulzum dem Rückzuge des Meeres nach S. gefolgt.
Es ist gewiss von Literesse, dasUrtheil eines Geologen über
diese merkwürdige Veränderung der Landenge von Sucs zu ver-
nehmen. Ehe ich jedoch dieses einreihe, möchte ich noch eine
andere Veränderung auf der nördlichen Hälfte der Landenge von
Sues erwähnen. Hier hat nämlich neuerdings Bki gsch eine be-
deutende, weit ausgedehnte Stadtanlage des mittleren ägyp-
tischen Reiches mit Befestigungen nachzuweisen versucht '^ . Die
Stadt Ramses (A-nachtu), die (Haupt)stadt des Nordlandes, am
Schi-Hur {= liJT'Ü Jos. 13, 3), dem östlichen Grenzkanal neben
dem nntern Lauf des pelusischen Nilarmes gelegen , von Ram-
ses H. gegründet, wird in den Nomenlisten aus der Zeit der Grie-
chen und Römer unter der Bezeichnung »(Haupt stadt des Nord-
landes« Avieder erwähnt, nm das Gebiet einer grossen unterägyp-
tischen Stadt zu bezeichnen, deren eigentliche Namen Sambahud
und P-a-n-amun (Lisel des Amon) lauteten. Sambahud (Samma-
1 Pithom und Ramses in der Deutschen Revue a. a ().
222 Guthe,
hiit, Sanihiit' erkennt Bkugsch in dem heutigen Teil Semüt östlich
vom JSucskanal -oieder nnd setzt daher in die vonLEPSiuslSCß als
bedeutendes Ruinenfeld \^ erkannte Gegend zwischen Teil Semüt
und Bir IHrg zwei Stunden südlich von den Euinenhügeln des
alten Pelusium die )^grosse Stadt des Nordens« an. Das wäre das
neben Pithom Exod. 1, 11 genannte Ramses des Elohisten, auch
das Ramses des Priestercodex Exod. 12,37, das zweifellos ebenso
wie Sukkoth von einer Stadt nicht von einem Lande) zu ver-
stehen ist. Mir Avill es fast scheinen, als ob die weitgreifende
Combinationsgabe des gelehrten Ägyptologen zu viel Kultur
des alten Ägyptens in die heutige Wüste versetze ; namentlich
ist mir die Stellung der Festung Zaru neben den übrigen Na-
men nicht klar gCAVorden. Jedoch genügt für den Zweck , den
diese Zeilen im Auge haben , völlig der HiuAveis darauf, dass
die Stadt Pelusium einst bei dem heutigen Kafat et-Tine sich
ausgebreitet hat und dass schon aus diesem Grunde die An-
nahme unumgänglich ist, dass der nach ihr benannte Nilarm
und seine Kanäle einst den nordöstlichen Winkel zwischen dem
Sueskanal und dem Mittelm,eere durch ihre Wasser befruchtet
haben müssen. Diese Gegend ist jetzt aber verödet und mit
Sanddünen bedeckt. Auch diese Veränderung hat sich also in
historischer Zeit vollzogen.
Theodor Fuchs, Custos am k. k. Hof-Mineralienkabinet in
Wien, hat im März 1876 die Landenge von Sues ihrer ganzen
Breite nach durch Avandert und seine Beobachtungen in einer Ab-
handlung j)Die geologische Beschaffenheit der Landenge von
Suez« veröffentlicht 2; . Er begann seine Untersuchungen auf der
schmalen, niedrigen Landzunge, die Port Said trägt, und fand,
dass diese ihrer ganzen Natur und Constitution nach vollständig
mit dem Lido von Venedig übereinstimmt. Das ganze niedrige
Deltaland von Port Sa'^id bis el-Ferdän gilt ihm als eine ganz
junge Landbildung, welche ausschliesslich dem Mittelmeere an-
gehöre. Er hebt die auffallende Erscheinung hervor, «dass bis el-
Kantara nur selten lichte Sande vorkommen , das Terrain viel-
1, Zeitschrift für ägypt. Sprache und Alterthumskunde 1806, 31 f.: «eine^
der grössten an Ausdehnung , die sich mit Ausnahme von Theben nachwei-
sen lassen«.
2) Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Ma-
them.-naturw. Classe. Bd. :JS Wien 1S7S II, 20 ff.
H. Clay Trumbuirs Kadcsh Barnea. 22:i
mehi\ mao^ es mehr sandig oder mehr thonig ^eiu, ganz allgemi-in
eine dunkle Färhnng zeigt, wek-he sicli auf weite Strecken l»is
zu einem dunklen, tintenartigen IJlauschwarz steigert, wie ein
solches ganz allgemein den Absätzen des Nils eigen ist, so dass
wir bei der ersten Durchfahrt durch den Kanal überzeugt waren,
eine fluviatile Marschbildung, etwa die Absätze eines alten Nil-
armes vor uns zu haben, doch stellte es sich später heraus, dass
selbst dieses tiefschwarze Terrain ausschliessHch Meeresconchv-
lien, wie Cardium edule, Cerithium vulgatum , Murex truuculus
u. dgl. m. enthält, und dass überhaupt auf der ganzen Strecke
vom Beginne des Kanales bis Kantara sich nirgends der EinÜuss
von Süsswasser bemerkbar macht«. Jedoch bricht bei der Station
el-Kantara das bis dahin herrschend gewesene schwarze Terrain
fast plötzlich ab. Die Ufer des Kanales bestehen von hier bis zu
den Sümpfen von Balläh aus scharfem, lichtgelbem Sand, der
von marinen Conchylien nur noch Cardium edule imd kleine
Austernscherben enthält, während daneben vereinzelte Exemplare
von Lanistes und Corbicula (Süsswasserfauna) auftreten.
Fuchs betrachtet nach dem Vorgange Anderer die SchAvelle
el-Gisr und die Umgebung des Timsäh-Sees als eine fluviatile
Süsswasserbildung. Fossilien werden hier selten gefiniden ; doch
stimmen die bei Rhamses [= Teil el-Maschuta' gefundenen Süss-
wasserconchylien mit den noch gegenwärtig im Nil lebenden
überein. Dagegen enthält die Fauna in den Gewässern des Tim-
säh-Sees ausschliesslich solche Arten, welche gegenwärtig noch
im Rothen Meere leben und theilweise diesem Meere eigenthüm-
lich sind, und stellt somit eine Einwanderung aus dem Rothen
Meere dar, was um so merkwürdiger ist , als die Füllung des
(nach Fuchs vorher trockenen) Sees ') zuerst von der Seite des
Mittelmeeres erfolgte.
Unter den Süsswasserbildungen in der Umgebmig des Tim-
säh-Sees erwähnt Fuchs das Plateau von «Toussoum« (Tusün)
am südlichen Abhang des Sees. Am westlichen Fusse desselben
1 Dieses ist nicht genau. Der Timsäh-See wurde vor dem Bau des Les-
seps'schen Kanales durch grosse, allerdings sehr selten vorkommende >Cil-
überschwemmungen vollständig gefüllt, hatte aber gewöhnlich nur in seinem
nördlichen Theile Wasser, dessen Spiegel in Folge der Verdunstung tief unter
dem des Mittelländischen Meeres lag. ScHi.ElDEX, Landenge von Sues 1S.5S
4 nach Lesseps, Percement de l'Isthme de Sues III, 1 ff.
224 Guthe,
»findet sich, beiläufig bis zu einer Höhe von -1 m ansteiifend. eine
Sandablagerung, welche oftenbar aus einer früheren Zeit her-
stammt, und welche in ausserordentlicher Menge dieselben C'on-
chylien enthält, welche gegenwärtig wieder im See leben, woi-
aus hervorgeht, dass der Timsäh-See vor seiner Austrocknung
bereits einmal dieselbe Fauna enthielt wie diejenige, welche sich
gegeuAvärtig wieder in ihm angesiedelt hat«.
Bei dem sogenannten Serapeum fanden sich in dem ausge-
hobenen Material an der östlichen Kanalseite grosse Brocken
eines groben, harten Sandsteins, die von Steinkernen und Ab-
drücken von Bivalven erfüllt waren. Fuchs erkennt darin eine
ganz junge lUldung. Aveil die vorkommenden Arten ausschliess-
lich solche sind, die heute noch im Rothen Meere, in den Bitter-
seen und dem Timsäh-See leben. Da nun daneben in dem losen
Sande eine grosse Menge von Süsswasserconchylien vorkommen,
so ist auch hier die Existenz von zwei verschiedenen Schichten,
einer marinen und einer Süsswasserschicht, erwiesen. Die gegen-
seitige Lagerung derselben konnte nicht mit voller Sicherheit
festgestellt werden, doch glaubt Fuchs aus dem jetzigen Befund
schliessen zu können, dass die marine Schicht urs])rünglich
unter der Süsswasserbildung gelagert hat.
Die höheren Terrassen in der Umgebung der Bitterseen, die
vor Grabung des Kanals völlig trocken waren, zeigen an einigen
Pxnikten noch einen Einfluss süsser Seewässer, vorwiegend ent-
halten sie jedoch eine ziemlich artenreiche Fauna von rein mari-
timem Charakter, die dem Kothen Meer, nicht dem Mittelmeer
angehört , wenn auch einige Formen bisher in den Gewässeiii
des ersteren noch nicht nachgewiesen sind. Fuchs glaubt daher
in diesen Ablagerungen alte gehobene Strandterrassen des Rothen
Meeres erkennen zu müssen. Westlich von den Bitterseen, auf
dem Plateau Kabret. treten in Gesellschaft einer Menge von echt
marinen Conchylien in grosser Häufigkeit Etheria semilunata,
Si)atha nilotica und andere Süsswasserformen auf, »wodurch ge-
wissermassen eine Vermittlung zwischen den reinen Süsswasser-
plateaus der Umgebung des Timsäh-Sees und denjenigen von
rein marinem Charakter hergestellt wird, welche bei den l^itter-
seen beginnend, sich von hier bis gegen Suez zu erstrecken«.
Das flacli-wellige Hügelland zwischen jenen höheren Terrassen
und dem Wasser der IMtterseen zeigt eine Fauna, die ausschliess-
H. Clay Trumliull's Kadesh Harnea. 00
SZö
lieh aus den im Timsah-See lebenden Arten besteht. Diosolbcn
finden sich auch in den Bitterseen selbst.
»Das Land südlich von den Bitterseen ist in jeder Bezieluint;
nur eine Fortsetzung des bisher sj-eschilderten und zeigt einen
ganz übereinstimmenden äusseren Bau«. Das Vorhandensein von
Miociinschichten am 8chalüf stellt Fuciis gegen Fraas entschie-
den in Abrede , erklärt es jedoch für noch immerhin möglich,
»dass im Schalüf unter den jungen oberflächlichen Ablagerungen
bei der Aushebung des Kanales einzelne Klippen von Miocängo
stein angefahren worden wären, oberflächlich ist von densellx'n
jedoch nichts zu sehen und können dieselben auch niemals die
Rolle einer Barriere zwischen dem Rothen und Mittelländi-
schen Meere gespielt haben«. Das flache, niedrige Terrain von
Schalüf bis Sues ist »eine vollständig recente Landbildung«, die
Ebene von Sues »eine noch gegenwärtig in Fortbildung begriffene,
recente Landbildung«. Das ganze niedere Terrassenland, welches
den Isthmus von der Schwelle von Gisr bis gegen Sues zusam-
mensetzt, lässt sich nur der jüngsten Pliocän- oder der Quater-
närzeit zuzählen. Fuchs entscheidet sich für das letztere. Er
stellt auch die Möglichkeit hin , dass die Depression der Bitter-
seen vielleicht noch in historischer Zeit mit dem Rothon Meere
in Verbindung stand.
So weit das Urtheil dieses Geologen , der zuletzt den Isth-
mus von Sues genauer untersucht hat.
Fuciis hat sich bei seiner Arbeit nicht durch irgend welche auf
geschichtliche Nachrichten gegründete Ansichten über eine
frühere Gestalt der Landenge leiten lassen , sondern ihm ist es
ganz allein darauf angekommen, in Rücksicht auf die Verschie-
denheit der Mittelmeerfauna und der Fauna des Rothen Meeres
das geologische Alter des Isthmus von Sues zu untersuchen. Um
80 werthvoller ist es, wenn seine l^eobachtungen den Nachrich-
ten des Alterthums oder der Entdeckung Naville's betreffs der
ehemaligen Beschaffenheit der Landenge entgegenkommen. Es
handelt sich jedoch diesen gegenüber nicht um die ganze Land-
enge, sondern nur um zwei Funkte, nämlich 1) um die ehema-
lige Ausdehnung des Nildelta's im NO. und 2) um die ehemalige
Ausdehnung des Rothen Meeres in der südl. Hälfte des Isthmus.
Das schwarze Marschland, das Fuciis von Port Sa'id l)is el-
Kantara verfolgt hat. ist zweifellos ein Absatz des pelusischen
226 Guthe,
Xilarms und der ihu auf der Ostseite umgebenden Kanäle. Die-
ser östlichste Xilarm entsprach einer Linie von dem heutigen
Teil Defenne nach Karat et-Tine am Mittelmeer', die sein
"Wasser verbreitenden Kanäle konnten die nahe Stätte von el-
Kantara leicht erreichen. Wenn FrcHS dieses Marschland wegen
der dort gefundenen Fauna für eine Ablagerung des Mittelmee-
res hält , trotz des ersten entgegengesetzten Eindrucks . so ent-
scheidet sein Urtheil durchaus nicht gegen meine Auffassung
der Sache , vielmehr lassen sich die Meerescouchylien auf eine
sehr einfache Weise dadurch erklären, dass an der östlichsten
Ecke des Deltas, ebenso v,ie im heutigen Manzala-See, nothwen-
dig eine Vermischung von Süsswasser und Meerwasser, folglich
auch der beiderseitigen Fauna eintreten musste. sobald der
menschliche Fleiss diese Strecken nicht mehr sorgsam der Be-
fruchtung durch Süsswasser zugänglich erhielt und die gegen
das Eindringen des Meeres etwa schützenden Dämme verfallen
Hess, oder sobald die das Delta absperrende Barre dem Andrang
der Wellen nachgab und eine Senkung des nördlichen Deltaran-
des das bisherige Kulturland dem verödenden Einfluss des Mee-
res öffnete. Beides, das Zurückweichen der menschlichen Kul-
tur und das A'ordringen des Meeres, kann auch gleichzeitig, sich
gegenseitig bedingend, eingetreten sein. Dass die Conchylien
der Mittelmeerfainia dem Untersuchenden zuerst entgegentreten,
ist selbstverständlich. Ich halte es aber für zweifellos, dass der
tiefer Grabende die Spuren der Süsswasserbildung unter den obe-
ren Erdschichten zwischen Port Sa'^id und el-Kantara ebenso
sicher finden wird . wie man den alten Meeresboden unter dem
Alluvium des Nildelta festgestellt hat. Die Annahme einer Sen-
kung des östlichsten Deltawinkels steht in voller Übereinstim-
mung mit der durch Fraas u. A. festgestellten Senkung der Del-
taküste überhaupt. Daher halte ich es für genügend gesichert, wenn
ich die jetzige Kanalstation el-Kantara als die südliche Grenze
des früheren Nildelta im O. bezeichne und den ganzen durch
el-Kantara und Karat et-Tine nach O. hin begrenzten ^^'inkel
als einstiges, durch Festungswerke geschütztes Kulturland der
alten Ägypter betrachte. Die Reconstruktion des pelusischen
Nilarms, wie sie Schleiden und Pauthey versucht lia-
1 Vgl. M. J. ScHLElDEN a. a. O. 51 f.
H. Clav Trumbull 3 Kadesh liarnea. 227
ben'), kommt dieser Amiahme in erwünschter Weise entf^egen.
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Laufe der Jahrhun-
derte die Gegenwirkungen des abfliessenden Nils und des andrin-
genden Meeres in ihrer Stärke mehrfach gewechselt haben
werden - .
Zu den Mittheilungen . die Fuciis über die südliche Hälfte
der Landenge macht, glaube ich zunächst einige ]ieriehtig\ni-
gen hinzufügen zu müssen 3). Wenn bei der Station Khamses im
W. Tumilät gelegentlich der Grabung des 7 m tief einschneiden-
den Süsswasserkanales eine grosse Menge Conchylien solcher
Arten gefunden worden sind, die mit den noch gegeuAvärtig im
Nil lebenden übereinstimmen . so beweist dieser Umstand zwei-
fellos, dass man sich dort im Gebiet eines alten Wasserlaufes
befindet, der vom Nil gespeist wurde. Man ist aber durchaus
nicht berechtigt, diese Fossilien auf die etwa S m höhere Boden-
schw eile el-Gisr zu übertragen und nach ihnen die Bildung der-
selben zu bestimmen , Avie Fuchs es auf der beigegebenen Karte
gethan hat. Übrigens kann die Entstehung der kleinen Plateaus,
die den Timsäh-See im O., N. und W. umgeben, hier ganz bei
Seite bleiben, da sie mit der von mir ins Auge gefassten Aufgabe
nichts zu thun hat. Wichtiger ist, dass Fuchs nichts davon ge-
jwusst zu haben scheint, dass auch der Timsäh-See vor dem Bau
|des Sueskanales bei einem hohen Stande des Nils von dessen
jWassern angefüllt worden ist, und dass ihm — dies ist besonders
jzu beachten — die sich daraus ergebende richtige Erklärung der
[südlich vom See beobachteten Reste einer Süsswasserfauna nelien
den deutlichen Spuren einer Meerwasserbildung entgangen ist.
Am westlichen Fusse des Plateaus von Tusün entdeckt Fuchs
eine marine Bildung, die in ausserordentlicher Menge dieselben
iConchylien enthält, welche gegenwärtig wieder im See leben,
|und schliesst daraus, dass der Timsäh-See vor seiner Austrock-
nung bereits einmal dieselbe Fauna enthielt wie diejenige, welche
sich gegenwärtig in ihm angesiedelt hat — d. h. die Fauna des
1) M. J. ScHLEiDEX a. a. O. Parthey, Zur Erdkunde des alten Äg}-])-
tens a. a. O.
2, Vgl. einige dahin gehörende Nachrichten bei Schleiden 22 fl'. 9^ f.
Strabo I. 3, 17. QuATKEMiaiE, Mem. geogr. et histor. sur lEgyptel, (i:!— 71.
3! Betreif.s der folgenden Deutung des thatsächlichen Befundes erfreue ich
inich der vollen Übereinstimmung mit meinem Coli. Hrn. Prof. Dr. H. Credxer.
00s Guthe,
Hotheii Meeres. Dieselben Conchylien findet Fuchs weiter süd-
lidi bis zum Busen von Sues, aber in der Gegend des Serapeuui
und auf dem «Plateau Kabret« westlich von den JÜtterseen zui^leicli
eine grosse Menge von Siisswasserconchylien, deren Vorkommen
er nur feststellt, aber nicht erklärt. Ist nun der Timsäh-8ee zu
irgend einer Zeit vom Wasser des Rothen Meeres erfüllt gewesen
und hat sich dieses dann südwärts zurückgezogen, so konnte es
nicht fehlen, dass der hochstehende Nil, durch den Wädi Tumi-
Ifit hindurch vordringend, den sich leerenden oder bereits bi-
auf einen geringen Rest geleerten Timsäh-See mit Süsswasser füllte
und seine mitgeführten Schalthiere u. dgl., todt oder lebend, in
und an dem Kecken des Sees ablaarerte oder auch, der natürlichen
Bodensenkung folgend , dieselben weiter südwärts — wo Fuchs
.sie gefunden hat — ablagerte, soweit eben die Kraft des "Wassers
sie trug. So erklären sich die verschiedenen Bildungen neben
oder über einander ohne alle Schwierigkeiten, und Fuchs wird
sicher Recht haben, wenn er die Süsswasserablagerungen im
Aushub des Kanals neben demSerapeum als die jüngere P»ildung
ansieht, die dem älteren Meeresboden aufliegt. Die «steilen
Wände« , mit denen das Plateau in der Umgebung des Timsäh-
Sees gegen denselben abbricht (S. 29), sind eben die alten Ufer
des »arabischen Meeres« oder des »heroopolitanischen Meerbu-
sens", der sich hier einst in einer birnenförmigen ErAveiterung
dem WadiTumilät entgegenstreckte, so dass dieses die Bedeutinig
einer natürlichen Strasse aus dem Nildelta nach dem östlichen
Meere erhielt.
So stimmen die geologischen Eigenthümlichkeiten der süd-
lichen Hälfte des Isthmus vollkommen mit dem Aufschluss über-
ein , den uns die Entdeckungen Naville's gegeben haben , und
da alle dortigen Bildungen »der jüngsten Pliocän- oder Uuater-
närzeit« /iuartärzeit i angehören , d. h. derjenigen geologischen L
Periode, in der wir jetzt leben, so ist auch von geologischen Ge- |
Sichtspunkten aus kein Einwand gegen die Zeit zu erheben, bis
zu welcher nach N.wiij.e's Entdeckung das Rothe Meer den
Ausgang des W. Tumilät bespült hat. Gewiss hat sich schon im
.Vlterthum der Rückgang des Meeres oder die Hebung des l^odens
bemerkbar gemacht , und die gleichartige Wirkung dieser Vor-'
gänge wird es gewesen sein, welche nach einander die Gründung
von .\rsinoe und Klysma) neben dem westlicheren Heroopolis, der
H. Clay Trumbulls Kadesh Barnea. 229
ältesten IlafenstatU des )varal)ischen Meeres«, veranlasst hat.
Man -wird sich Avohl bemüht haben , dnrch Baggerungen die alte
Fahrstrasse noch eine Zeit lang offen zu halten. Aber auf die
Dauer genügten solche Massregeln nicht; man sah sich vielmehr
genöthigt, dem llückzuge des Meeres sprungweise zu folgen. Ob
wir über die einzelnen Stationen dieses merkwürdigen A^organ-
ges jemals noch Genaueres erfahren werden, steht dahin. Schon
jetzt aber können wir zwei bis drei Grenzen des »arabischen
Meerbusens« mit einiger GcAvissheit vermuthen. Die erste er-
streckte sich westlich bis Teil el-Maschüta in das heutige W.Tu-
milät hinein, die zweite bis el-Magfar, wenn nämiich Arsinoe
von Naville richtig angesetzt worden ist , die dritte etwa bis in
die Gegend von Xelische. Mit der dritten Station war der lange
Arm, den der Meerbusen in das Land hinein gestreckt hatte, ver-
schwunden ; seine Stätte wurde nach und nach durch Süsswas-
serbildungeai des Nils bedeckt und erhöht. Das Ende des Meer-
busens hatte jetzt eine breitere , birnenförmige Gestalt erhalten
und mag sich nach W. etwa bis zur heutigen Curve des Süsswas-
serkanals ausgedehnt haben. Die Verbindung zwischen demTim-
säh-See und den Bitterseen hat Avohl schon frühzeitig nur einem
schmalen Kanäle geglichen, dessen Wasser die tiefste Terrain-
furche bedeckte.
Kehren wir nun nach dieser etwas langen Abschweifung
zu dem Gegenstand, von dem Avir ausgegangen waren, nämlich
die »Wüstenstrassenach dem Rothen Meere« zu bestimmen (S . 2 1 9) ,
zurück. Es liegt auf der Hand, dass diese Bezeichnung eine
zweifache Richtung angeben kann, da das Rothe Meer an zwei
Stellen weit in das Land hineinreicht und an zwei Stellen von
dem Landverkehr erreicht werden kann , nämlich westlich und
östlich von der Wüste et-Tih. Der Zusammenhang hat zu ent-
scheiden, welche Richtung gemeint ist. Der Elohist stellt nun
Exod. 13, 17 f. der Strasse nach dem Lande der Philister die
Wüstenstrasse nach dem Rothen Meere gegenüber. Da der
Schauplatz der Erzählung noch Ägypten ist, so hat er zweifellos
den westlichen Meerbusen (von Heroopolis) im Auge , und da er
erst Exod. 14 die Israeliten auf die östliche Seite gelangen lässt,
so muss sich Exod. 13, 18 noch auf die westliche Seite des Meer-
busens beziehen. Der von ihm in V. 17 f. ausgedrückte Gegen-
satz besagt demnach : die Israeliten sind vom Lande Gosen nicht
Ztschr. d.Pal.-Ver. VIII. 16
03() Guthe,
auf die nach NO., sondern auf die nach S. führende Strasse, in
die westhch vom alten heroopoUtanischen Golfe gelegene
Wüste ^vgl. 14. 3 gewiesen ^vorden. Anders verhält es sich mit
den parallelen Stellen Nura. 14, 25. 21, 4b und Dtr. 1, 40. 2, 1,
die sich paarweise wie Befehl und Ausführung verbinden. Da der
Ort , den die Israeliten verlassen, die Gegend von Kades und
das Ziel, das sie vorhaben, die Umgehung des Landes Edom ist,
so kann hier nur an den östlichen Busen des Rothen Meeres (bei
Akabai gedacht und »die Strasse nach dem Rothen Meere«, die
hier genannt ist . nur in der Richtung von Kades nach 'Akaba
gesucht werden, entweder westlich oder östlich denDschebelMa-
kräh umgehend. Vielleicht fiel diese Strasse theilweise mit den
unter 5; und 6 genannten S.21S zusammen. Jedenfalls ist klar,
dass »die Wüstenstrasse nach dem Rothen Meerew Exod. 13, IS
völlig verschieden ist von der »Strasse nach dem Rothen Meere«
in Xum. 14. 25 etc. Übrigens entspricht der in beiden Fällen
gewählte Ausdruck genavi der Situation.
Die von Tkumbull angenommene Identität der 4. und 5.
Strasse, sowie ihre Deutung auf die jetzige Pilgerstrasse von Sues
nach 'Akaba beruht also auf einem irrigen Verständniss des A. T.
und auf der falschen Voraussetzung, dass die Landenge von Sues
im Alterthum dieselbe Beschaffenheit gehabt habe wie jetzt. Die
Entdeckungen Naville's. die Trumbull noch nicht verwerthen
konnte, haben die letztere als irrig erwiesen. Aus diesem Fehler
kann daher Trumbull kein Vorwurf gemacht werden. Der erste
Irrthum hängt aber aufs engste damit zusammen, dass Trumbull
in der »special study« The route of the Exodus, die den Schluss
seines Buches bildet (S. 325 — 431 , wieder der herkömmhchen,
mit mehrfachen Fehlern verknüpften Art . dieses »Problem« zu
behandeln, gefolgt ist. Die Vorfragen, die zunächst zu stellen
und zu erledigen sind, werden unterschätzt oder bei Seite ge-
schoben, z. B, ob die geschichtlichen Annahmen, von denen die
Berichte des A. T. ausgehen, richtig sind oder nicht, ob die l^c-
richte des A, T. über den Auszug einheitlich sind oder nicht,
und wenn letzteres der Fall . ob sie unter sich übereinstimmen
oder ob sie verschiedene Wege im Auge haben. Es ist ferner
unrichtig, ja verhängnissvoll für den Gang der ganzen Unter-
suchung, wenn man gewisse, allerdings sehr verbreitete Annah-
men ohne weiteres als gesichert betrachtet, z.B. dass der Dsche-
H. Clay Trumbull's Kadesh Barnea. 231
bei Miisä oder der Dschebel Scrbal der Berg der Gesetzgebung-
sei. Man frage doch erst die einzelnen Quellen, ob sie wirklich
so weit nach dem S. in das Gebirge der Halbinsel hin einweisen.
Noth wendig ist. dass man zunächst die einzelnen Quellen
für sich betrachtet. Hierbei verwirrt man die Aufgabe, wenn
man vonNum. 33 ausgeht; denn dieses Stück ist, was schon eine
nur oberflächliche ^'ergleichnng mit den anderen Quellen leh-
ren kann, eine durch eigene Zugaben des Verfassers vermehrte
^'erknüpfung der vom jehowistischen Buch und vom Priesterco-
dex gebotenen Nachrichten. Dazu kommt, dass gerade dieses
Verzeichniss von etwa 40 Stationen, unter denen sich 6 — S un-
gefähr bestimmen lassen . am deutlichsten zeigt . wie wenig wir
im Stande sind oder überhaupt im Stande sein werden . die hier
berichtete Route des wandernden Volkes nachzuweisen. Man
muss sich vielmehr einerseits an die Nachrichten des jehowisti-
schen Buches, andererseits an die des Priestercodex halten. Da
nun in diesen auf der Strecke von Ägypten bis Kades nur drei
gleich benannte Stationen vorkommen, nämlich Elim (Exod. 15,
27 u. IG, 1). Eephidim (Exod. 17. 1 u. 17. 8 und Kades (Num.
13, 26 u. 20, 22), so bleibt es doch sehr zweifelhaft, ob beide
Quellen denselben Weg im Auge haben. Auch kommt in Be-
tracht, dass im jehowistischen Buche von dem Schilfmeere
(?1'D"3^ , dagegen im Priestercodex nur vom Meere schlechthin
(Mittelmeer? die Rede ist^). sowie ferner, dass Kades im jehowi-
stischen Buche . namentlich bei dem Jahwisten , eine andere
Stellung und Bedeutung hat als im Priestercodex. Daneben zeigt
der Priestercodex auch in diesem Theile seiner Erzählung das
Bestreben , möglichst genau in der Ortsbestimmung zu verfah-
ren, während die übrigen Quellen sich oft nur begnügen, durch
Angabe der Strasse die Richtung des Zuges zu bezeichnen vgl.
Exod. 14. 2. 9 mit Exod. 13, 17 f. und oben S. 216).
Ferner hat die üntersuchiing es erst zu e r w e i s e n , in wel-
chem Grade den Verfassern der Quellen eine Kenntniss der von
ihnen genannten Orte eigen gewesen ist. In dieser Beziehung
scheinen mir die neueren Forschungen nun meistens zu Gunsten
1) Vgl. DiLLMAMM , Exod. u. Levit. S. 143. Die bekannten Theorien
von ScilLElDEX und Bkugsch haben offenbar an den Stationen des Priester-
Cüdex eine geAvisse Stütze.
16*
030 Guthe. H. Clav Trumbull's Kadesh Barnca.
der alttestamentlichen Berichterstatter zu sprechen. Der Elohist
namentlich zeigt sich in der Geschichte von Joseph bekannt mit
ä<r>ptischen AVorten und Verhähnissen ; der Fund Naville's
macht sehr wahrscheinHch , dass derselbe Erzähler Exod. 1, 11
Pithom = Heroopolis im Auge gehabt hat, und seine Angaben
betreffs des Weges der Israeliten Exod. 13, 17 f. erklären sich
ohne Schwierigkeit (S. 229 f.) . Auch die genaue Ortsbestimmung des
Priestercodex in Exod. 14, 2. 9 lässt wohl vermxithen, dass
der Verf. entweder durch Erkundigung oder durch Augenschein
mit der von ihm gemeinten Gegend sich vertraut gemacht hatte.
Aber wenn wir lesen »vor Pihachiroth zwischen Migdol und dem
Meere vor Baal Zephon dem Meere gegenüber« und damit Ezech.
29, 10. 30, 6 betreflfs der [nördlichen) Lage von Migdol verglei-
chen, so schwindet alle Berechtigung, diese Ortsbestimmung des
Priestercodex mit den Angaben des jehowistischen Buches Exod.
13, 17 f. 15. 22. die mehr südlich weisen, zu verbinden und beide
als identisch oder gleichAverthig zu betrachten , wie es auch Ed.
Naville wieder gethan hat •).
Trotz dieser Fehler, auf die hinzuweisen ich mir gestattet
habe , spreche ich zum Schluss gern meine Anerkennung aus,
dass Trumbull's Reise und noch mehr Xaville's Arbeiten das
sachliche Verständniss der auf die betreffenden Punkte bezogenen
Erzählungen des A. T. wesentlich gefördert haben. Man wird es
dalier nur mit Freude begrüssen können , wenn durch weitere
Forschungen und Ausgrabungen imsere bisherigen Kenntnisse
bereichert oder auch berichtigt werden. Kades und Pithom er-
scheinen jetzt wenigstens in dem Grade gesichert, dass sie als
A usgangspunkte für erneute Untersuchungen dienen können . Wer ||
aber dieser Sache in Zukunft dienen will, wird seinen Zweck nicht
erreichen, ohne dass er sich eine gründliche Kenntniss der Quel-
lenscheidung des Hexateuch angeeignet hat, und wird seine Ar-
beiten der Annahme um so mehr empfehlen, wenn er sie aus der
A'erbindung mit geschichtlichen Theorien über den Auszug Is-
raels aus Ägypten zu lösen und sie rein als geographische oder
topographische Thatsachen darzustellen vermag.
1) Die ausführliche Kritik Dillmaxn's über N.wille's Schrift in den
Sitzunfsber. d. k. pr. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 30. Juli 1S85 S. S89—
Syb ist mir erst bei der Cori'ectur des Obigen zu Gesicht gekommen.
Bücheranzeigen,
Die Lösung der Paradiesesfrage von Moritz Engel. Mit einer
Kurte. Motto: ))Der Stein, den die Bauleute verworfen hahcn, ist
ZU771 Eckstein getcorden .'« Psalm 118. 22. Leipzig. Otto
ScJmltze. 1S85.
»Es giebt Entdeckmigen von neuen Thatsaclien. die ein gan-
zes System von hergebrachten Ansichten völlig umstossen oder
■wenigstens grundpvesentlich berichtigen; je mehr sie das thun,
je Avirksamer sie Dunkelheiten erhellen, Widersprüche auflösen
und den Schein aufdecken, von dem sich alle täuschen Hessen,
um so grösser ist die innere GcAvähr ihrer Wahrheit, um so
schneller überzeugen sie«. So richtig im wesentlichen diese Be-
merkung des Verfassers obiger Schrift ist , so Avenig können Avir
seiner in dem darauf folgenden Satze ausgesprochenen tberzeu-
gung beipflichten: «Die Auffindung des Gartens in Eden sammt
seinen vier Flüssen und ihren Umländern« — d. h. Avie sie der
Verfasser in seinem Buche darzulegen meint — »äst die Ent-
deckung einer solchen neuen Thatsache«.
Denn Aveder erhellen sich nach seiner neuen Hypothese die
Dunkelheiten, noch lösen sich die Widersprüche des geographi-
schen Theiles der Paradiesesbeschreibung Gen. 2. 10 — 14, Avelchen
Engel in seinem Motto als den Eckstein, als «den Stein, der alles
zusammenhält oder das Ganze stützt«, bezeichnet. Es ist eine
völlig grundlose Prätention, Avenn diirch seine Schrift erAviesen
sein soll, dass sich »alles, bis auf jede Einzelheit, in der Wirklich-
keit genau so verhält, Avie es in dem geographischen Theile an-
gegeben ist«.
Bei der Hypothese des Verfassers am Avenigsten. Sie baut
sich auf unerwiesenen Prämissen auf: auf der Gleichsetzung
234
Bücheranzeisjen.
der sft'ographischen Namen des Paradiesesberichtes mit geogra-
pliischen Objecten . -welche nie jene oder auch nur ähnliche
Namen getragen haben . und unter Zurückweisung des allein
massgebenden Bestimmungsmomentes, des Sprachgebrauches.
•n-ie er in den verschiedenen liücheni des Alten Testamentes vor-
liegt. Dass das Bild, welches sich bei sorgfältiger Berücksichti-
gung des biblischen Gebrauches einiger der in Gen. 2, 10 — !4
enthaltenen geographischen Namen ergiebt. überhaupt nicht zu
»einer bestimmbaren geographisch-geschichtlichen "Wirklichkeit«
führt, kommt hierbei nicht in l>etracht. Denn ehe der Naclnveis
ireführt werden kann . dass sich die einzelnen Theile der Para-
diesesbeschreibung zu keinem einheitlichen, geographisch fixir-
baren Begriffe zusammenfügen und also eine ganz genau be-
stimmte Landschaft nicht gemeint sein kann, muss erst im ein-
zelnen nachgewiesen werden, welche geographischen Objecte
mit den Namen in Gen. 2, 10 — 14 immer oder meist bezeichnet
werden .
Der Verfasser schlägt aber den umgekehi-fen Weg ein. Wie
er selbst in dem Vorworte sagt . ging er von bestimmten hydro-
graphischen Verhältnissen aus, die seiner Ansicht nach genau den
in der Paradiesesbeschreibung geschilderten entsprechen , und
suchte nun mit allen Mitteln darzuthun, dass in der That mit
den topographischen Notizen in Gen. 2. 10 — 14 keine andere als
die von ihm durch jiErleiichtung und Eingebung« gefundene Ge-
gend und deren specielle Verhältnisse geschildert und für die
israelitischen Leser deutlich erkennbar wiedergegeben seien. Da
er nun weder in seiner philologischen Schulung noch in streng
wissenschaftlicher Methode der «geographisch -geschichtlichen«
Forschung einen Zaum für seine kühnen Combinationen hatte,
so konnte es nicht fehlen . dass er gründlich sich täuschen
musste.
Zum Erweise dieser unserer Behauptungen führen Avir zu-
nächst die Gesammtheit der Eesultate des Verfassers , unter
l bergehung alles nicht zur Sache Gehörigen, den Leseni der
ZDPV. vor, indem wir zumeist den Verfasser selbst reden lassen;
sodann legen wir im einzelnen dar , Avie es kam , dass er zu so
verfehlten Resultaten kommen konnte und musste.
Der Verfasser identificirt »Eden, worin das Paradies«, mit
derHarra. d. h. der Avelligeu Ebene. Avelche acht Stunden von
Biicheranzeigen. 235
der Ostabdacluing des Ha\irangel)iroos beginnt und nis zu dem
über !I00 Meter sieh erhebenden Höhenzuge Dahr el-]>errie sich
erstreckt, der von Pahnyra im Norden in fast gerader Richtung
von Nord nach Süd bis über den Wadi Sirhan hinstreicht. Zur
Unterscheidung von anderen Harragebieten nennt Jaqi'it diese
Harra die Harra desRadschil, d. i. des von der Südostabdachung
des Ilauran bis zum Dschdf sich erstreckenden Wadi er-Kadschil.
Diese Lage von Eden stimmt mit der Angabe , dass es ostwärts
2~|>'a V.Sj von Palästina, dem Standorte des Erzählers, lag; auch
weise die Angabe in V. 5a auf die Harra hin, sofern der dort ge-
nannte Dornstrauch siah nur in der Wüste wachse, die von Pa-
lästina ostwärts liegende Wüste aber eben die svrische Wüste sei.
Auch die Ableitung des Wortes Eden spreche nicht dagegen,
denn "{^V bezeichne nicht »Wonneland«, sondern sei abzuleiten
vom arabischen Zeitwort '^ adana, »augefüllt-, voll-, fixirt sein, au
der Stelle haften, bleiben«, auch «die Erde düngen«; die Harra
heisse also "^^V ? sofern sie «das unveränderlich bleibende Land«
ist, das )'augefüllf, gleichsam gedüngt ist von dem Steinauswurf
der Vulkane« (S. 77 f.).
In diese Harra ist nun eine Oase eingebettet: eine Ebene,
3i;2 Stunden lang und 2'/.2 Stunden breit, die in einer Thalsenkuug
liegt und zvi dem grossen Yulkangebiete, fürAvelches Wetzstein
den Namen »Osttrachon« eingeführt hat, eine centrale Lage hat.
Nach Norden, Osten und Süden von den Steinfeldern der Harra
— wie im Westen von dem A'ulkauplateau es-Safä — umsäumt,
ist sie selbst steinfrei und überaus fruchtbar, da sich die ^'ulkan-
steine, von denen sie einst ebenfalls bedeckt geAvesen ist, all-
mählich in ihre Bestandtheile aufgelöst haben.
Diese Oase ist der Garten in Eden. Denn »das Verhältniss
der Bewässerung der Oase, sowie ihres Gewässers zu den vier in
die Oase einmündenden Flüssen ist genau dasselbe. Avie das Ver-
hältniss der Bewässerung des Gartens und seines Gewässers zu
den vier D"''ll."55"^ V. 10«: Die vier Flüsse kommen von der Harra
her, die sie paarweise durchfliessen, und sie treten aus derselben
unmittelbar in die Oase ein, die ihre Abflussstelle ist, und über-
schwemmen Jahr aus Jahr ein nach den ersten Frühregen, im
Monat December, ihre Fluren wochenlang; alsdann scheidet sich
das vereinigte GoAvässer darinnen aus , und zwar in eine Senk-
stelle am nordöstlichen Ende der Oase, wo es sich zu einem kleinen
93(', Bücheranzeigen.
See absondert, der in der heisseu Jahreszeit verdunstet und kei-
nen Namen hat S. 79 f.] . Dies stimmt zu dem Inhalte von Y. In
nach der Übersetzung- , die der Verfasser giebt (S. 60, und aus-
führlich als die einzig richtige zu erweisen sucht (S. 42 — 59 :
«Und Gewässer ist heraustretend aus Eden, zu tränken den Gar-
ten, und darinnen wird es sich ausscheiden und es ist zugehörig
gewesen einer A'ierheit von Quellbächen«.
Diese Oase, das fruchtbarste Land in Syrien, ist theils
Weideland , theils Saatgefilde, worauf ihr gegeuAvärtiger Name
Ruhbe, d. i. weites, üppiges Saatfeld, hinweist. Wenn es aber
heisst, dass der Garten in Eden »bewacht werden soll« (V. 15),
so bezieht sich dies darauf, dass es in der Nähe der Oase Rulibe
zwei schwache und gefährliche Stellen giebt , von wo aus t her-
falle leicht ausführbar sind, die also stets bewacht Averden müs-
sen. Die den Garten östlich umlagernden Kerubim (3, 24) sind
die sechs östlich von der Oase liegenden Vulkane, von deren
Steinauswurf die ganze Harra bedeckt ist; und zwar sind Vulkane
in Thätigkeit, feuerspeiende gemeint, worauf die hinzugefügten
Worte »[die Kerubim] und die Flamme des kollernden (oder rol-
lenden , sich wälzenden) Feuers« hinweisen und wie auch der
Name Kerubim »die Dunkeln, die Schwarzen«, der etymologisch
auf 'oreh, »der Rabe«, zurückzuführen ist, beweist] (S. 92 ff.) . Aber
auch die Notiz 3, 21 enthält ein »wiedererkennbares Glied in der
Reihe der Urzustände^ die andeutungsweise vorgeführt werden« ;
denn wirklich Avird in der dem Paradies zunächst gelegenen
Gegend Thierfellbekleidung getragen, indem die in der nord-
wärts von der Ruhbe, etwa 1 3 Stunden entfernt gelegenen Kies-
Avüste Avohnenden Gazellenjäger, der Stamm der Sieb, sich in
Gazellenfelle kleiden (S. 96f.). Die Gazellenfellkleidung, welche
die Bewohner der grossen KiesAVÜste des Landes Hamäd vor je-
dermann kenntlich macht, ist aber das Kainsmal der Kainiten.
die keine anderen sind als eben diese BeAvohner der Kieswüstc,
in welcher das Land Nod zu erkennen ist (S. 99 f.). Wenn aber
der Garten in Eden als der Ursitz der hebräischen Urfamilie hin-
gestellt ist, so liegt jener Überlieferung die geschichtliche Wahr-
heit zu Grunde, dass Nordarabien das Stammland der Urhebräer
ist, Avomit übereinstimmt, dass die Oase Ruhbe in der Harra des
Radschil ein nordarabischer Landestheil ist.
Nachdem der Verfasser so alle Parallelen ZAvischen dem
Bücheranzeigen. 237
Garten in Eden und der Oase Kuhlie in der Harra darj^eleo-t hat
(S. 73 — 144), geht er zur Bestimmung der vier ParadiesesHüsse
über (S. 145 — 188). Der Pischon ist der Fhiss Tes, -Nvelcher
nordüsthch vom Dahr el-lierrie herkommt und vom Perge iScs
an der üstseite des Safa entUmg nach der üase Kuhbe fiiesst, an
deren Nordostspitze er aus der Harra heraus- und in die üase ein-
tritt. Das vom Pischon umflossene Land Havila ist darnach das
ganze A'ulkanhügelland des Safä, an dessen Aussenseite der Tes
13 Stunden lang vorüberüiesst. Mit dem Safa ist aber nicht das
eigentliche Safa, dessen Lavawall ixnmittelbar an die Oase Rulibe
angrenzt, sondern das nördlich davon gelegene Yulkanhügelland
gemeint, welches von der syrischen Bevölkerung Diret et-Tulül.
»Bezirk der Hügel«, aber auch mit dem allgemeinen Namen es-Safä
(auchTulüles-Safa) benannt wird. Wenn nun als Erzeugnisse des
Landes Havila Gold, Bdolach und der Schohamstein erwähnt wer-
den, so stimmt auch dies mit den Produkten von es-Safä überein.
Denn dort findet sich nicht nur an manchen Punkten eine wde Gold
schimmernde Erde, sondern auch sichere Spuren, dass einst ]>erg-
bau auf Gold dort getrieben wurde ; da's Bdolach ist das Produkt
des Mimosenbaumes Tholh oder Talh , Avie schon der Name he
= hen-tolacli »Produkt des Tolach-Baumes« besasjt; der Tolach-
bäum aber findet sich zwar jetzt nicht mehr in dem Safä, kann
aber früher dort gestanden haben, da auch in der Harra von
Cheibar hier und daTolah- oder Gummiakazienbäume wachsen;
und der Schoham wird der gelblich grüne oder etwas dunklere
Olivin sein, denn Wetzstein fand an einigen Stellen des kleine-
ren Safä an den Lavawänden smaragdartig funkelnd einige
grössere Stücke von Olivin.
Der zAveite Paradiesesfiuss Gihon ist Gumär. welcher weit
aus Südosten gleichfalls vom Dahr el-Berrie herkommt und etwa
12 Stunden von der Kuhbe die Harra durchbricht, aus welcher
er in die Oase Ruhbe eintritt. Aufwärts von der Stelle, wo er
die Harra durchbricht, heisst der Fluss el-Makati*" bis zu seinem
Ursprünge, der noch gegen 50 Standen entfernt ist. Auf seinem
geradeaus von Süd nach Nord gerichteten Oberlaufe nimmt der
Makati' eine Anzahl Bäche auf, die sämmtlich vom Dahr el-Ber-
rie herkommen : zuerst, also am südlichsten, den Wadi Dumeda.
dann die beiden EuAvcschidät, die in geringer Entfernung von
einander in direkt westlicher Richtung ihm zufliessen , und
23S Bücheranzeigen.
zuletzt den Wacli er-Ixiasch. Während dieses von Süd nach
Xnrd gerichteten Oherlanfes hiklet der Makati' eine doppelte
Grenzlinie : sein "NVestufer umschlingt den östlichen Theil der
Harra vmd grenzt sie auf dieser Seite ab, sein Ostufer aber geht
aussen herum um das Land er-Ruweschidat und er-Riasch, \^el-
ehes seinen Doppelnamen von seinen Flüssen hat. Dieses Land
ist identisch mit dem »Lande Kusch, um das der Gilion aussen
herumgeht«.
Der dritte Paradiesesfluss Hiddekel ist der ostwärts vom
Ilauran kommende Wadi el-Garz, der von Westen her die Lava-
decke der Harra durchbricht und dann, indem sein östlicher Lauf
zu einem nordöstlichen scharf sich zuspitzt, aus der Harra her-
aus in die Oase Ruhbe eintritt. Das Assur, an dessen Ostgrenze
der Hiddekel- Garz fliesst, ist darnach Hauran und zwar dieHau-
ran-Ebene [Sahl Hauran, Ilauiän im engeren Sinne), welche wie-
derum mit Basan identisch ist, dessen Name , wie das arabische
betene, eine steinlose Ebene mit reicher Weide bedeutet.
Der vierte Paradiesesfluss Erat, welcher ohne jede nähere
Ikstimmung bleibt , ist der Wadi es-Sam; die einfache Angabe
seines Namens genügt , weil er der einzige Eluss ist , der ausser
den drei näher gekennzeichneten Elüssen der Oase Ruhbe zu-
fliesst. Er ist der grösste von den vier Elüssen der Rulibe und
empfängt den Namen Wadi es-Sam, nachdem er in die Harra ein-
getreten ist, von Avo er nach ZAvanzigstündigem Laufe in die Oase
liuhbe ausmündet ; vorher heisst er Wadi 'Owcrid oder *^Ain el-
Gene, weil er von den öenat kommt, dem südlichsten Gebirgs-
zuge des Hauran.
Der Verfasser schliesst seine Untersuchung mit dem Ke-
wusstsein, «die 39 Merkmale, welche als Erfordernisse der Lösung
der Paradiesesfrage aufzustellen waren«, aufgezeigt zu haben, so
dass «kein unaufgeklärter Rest, nichts Ungewisses oder Zweifel-
haftes zurückbleibt, sondern alles, was nach der urkundlichen
Beschreibung da sein soll, in der Wirklichkeit vorhanden und
als vorhanden erwiesen ist«. So hat er »das biblische Sphinx-
räthsel gelöst« (S. 190 f.); und darum war er auch berechtigt,
"gegenüber achtzig vergeblichen Lösungsversuchen seine Schrift
»Die Lösung der Paradiesesfrage« zu benennen, da sie ja leistet,
was sie verspricht (S. IX).
Sehen wir nun von diesen Prätentionen des von seiner Hy-
Bücheranzeigen. 239
pothese überzeugten Scliriftstellcrs ab. so ergiebt sich allerdings ein
anderes Eesultat. Eine Verständigung mit dem Urheber dieser
neuesten Hypothese ist freilich für alle diejenigen von vornher-
ein ausgeschlossen, -welche wie Referent der Meinung sind, dass
sich die Paradiesesgegend des Herichtes in Gen. 2, 10 — 14 über-
haupt geographisch nicht fixiren lasse, weil dies infolge der feh-
lerhaften geographischen Aorstellungcn, von denen der Verfasser
des Derichtes ausgeht, einfach unmöglich ist.
Aber auch diejenigen, welche mit Engel der Ansicht sind,
dass der Verfasser eine bestimmte , ihm — mehr oder weniger
genau — bekannte Gegend im Auge gehabt habe, werden sich von
seiner Hypothese nicht überzeugen lassen. Denn es ist, trotz aller
Deklamationen Exgel's über das fälschlicher Weise 20 Jahrhun-
derte lang festgehaltene Dogma, zweifelsohne ein Unding , die
Thatsache zu negligiren, dass Ti'^E an allen Stellen, wo es im
Alten Testamente vorkommt, Bezeichnung des Euphrat ist. Hier-
durch ist aber auch die Identificirung des Hiddekel mit dem Ti-
gris gesichert, ganz abgesehen noch von den anderen Beweismo-
menten, Avelche hierfür in Betracht kommen.
Doch sind auch alle anderen Behauptungen über die Bestim-
mungsmomente des Paradieses in Gen. 2, 10 — 14 nicht minder
willkürlich und verfehlt. Es wird freilich schwer halten, den
Verfasser davon zu überzeugen, dass sämmtliche 39 Beweis-
punkte vor einer unbefangenen, nicht durch subjective Annah-
men geblendeten Beurtheilung nicht Stich halten, wie sich ja die
ganze Hypothese und ihre Vertheidigung nur aus einem Mangel
streng wissenschaftlicher Schulung erklären lässt.
Zunächst rücksichtlich der Exegese. Hier fehlt es sowohl
an grammatischer Sicherheit, als an Beherrschung der Methode
in der Behandlung lexikalischer Fragen. Wer nbiinn ')''"^S"b3
übersetzt : »das ganze Land , das Havila« und das Perfectum
b ^V^\^ V. 10, als Gegensatz zvi dem futurisch zu fassenden "IIE"^
wird sich ausscheiden«, übersetzt »und ist zugehörig gewesen«,
versteht die hebräische Ausdrucksweise nicht hinreichend, um
auf Grund grammatischer Erörterungen neue sachliche Aufstel-
lungen zu wagen. Schlimmer noch wird bei dieser Kunst, den
inn des hebräischen Ausdrucks zu biegen und zu strecken, wie
s zu Gunsten der Hypothese wünschenswerth erscheint, mit dem
Wortschatze des Hebräischen verfahren : in: bedeute als singu-
OS
240 Bücheranzeigen.
larisches Mengewort »Gewässercf, dies beweise die Stelle Jon. 2, 4
)idu warfst mich in die Tiefe, mitten ins Meer, und Nahar umgab
mich«, zumal da V. 6 für denselben l^egritf D^'C stehe (S. 53);
ferner wird dem Nennwort niH an vielen Stellen (und auch
Gen. 3, 24) die Bedeutung »Feuer« zugesprochen . denn Jes. 66,
16 heisse es ja: «durch Feuer richtet Jehova und durch sein
Schwert mit allem Fleisch« (S. 92). Auch die ganze Behandlung
der Fraa:e , ob I'iirSI »^Flussanfänge« oder «Quellflüsse« bedeuten
CT / . T ~
müsse, zeigt, dass der Verfasser mit seinem logischen Schematis-
mus ') auch über sprachliche Erscheinungen — wie die Bedeutungs-
abwandlunsren einzelner Wörter — aburtheilt. die nun einmal nicht
nach den Gesetzen einer starren logischen Schablone sich voll-
ziehen. Von seiner etymologischen Methode werden aber fol-
gende zwei Beispiele genügen: S. 123 »Sem, der Ahnherr, ist
ein Symbol und bedeutet das Eigenthums- oder Stajnmeszeichen«
(wesm) ; S. 104 . . wda der Name Lemek. als »starker Jüngling«
gedeutet, keinerlei erträglichen Sinn giebt, ... so entsteht die
Vermuthung, dass der Name Lemek umgcAvandelt worden sei
aus dem Worte Melek durch Versetzung seiner beiden ersten
Konsonanten«, wie die beni Nebajoth eigentlich die beniBnajoth,
die Bewohner des Zw'i sehen gebirges, sind.
Zu dieser Gabe, den Inhalt in Betracht kommender Stellen
durch exegetische Künste nach seinem Willen sich zurecht zu
legen, kommt nun als noch verhängnissvollere Gabe eine über-
aus reiche und freischaltende Phantasie hinzvi, die den liest phi-
lologischer Zuverlässigkeit und objectiver Erwägung über den
Haufen Avirft. Dafür neben den zahlreichen oben gegebenen
Proben nur noch ein Beispiel. S. 94 heisst es: »Die Kerubim
sind aber nicht ausschliesslich Wetter-, Sturm oder A'ulkan-
wolke. Als Wächter vor dem Garten sind und bedeuten sie auch
die Vulkane selbst, welche »den Wolkenschimi«, die A'ulkan-
wolke, erst verursachen. Im Salomonischen Tempel, sowohl im
Mittelraum als im Allerheiligsten, gab es an den Wänden rings-
1; Vun diesem logischen Schematismus bietet ein sprechendes Beispiel
folgende Kritik eines harmlosen Satzes bei "Wetzstein: »Die Stelle, wo die
zwei Flüsse sich theilen , heisst capita fluvioruni", wozu Exgel bemerkt :
». . . Ein Theilungspunkt kann nicht capita, sondern caput heissen. Sodann ;
nicht zwei Flüsse theilen sich, sondern ein Fluss theilt sich an der betreffen-
den Stelle in zAvei Flüsse«.
Bücheranzeigen. 24 1
herum Reliel'1)ilder von Kerubim, abwechsulml mit r.ilmbilumen
und offenen Blumenkelchen (wörtlich : durchbrochene von Blumen).
Diese beiden Bildwerke scheinen Deutzeichen der Kerubim gewe-
sen zu sein und lassen sich ohne Künstelei so auslegen : »Die Palme
mit ihren langhinausgestreckten und hcrabhiiugcnden Zweigen,
die wie ein Schirm sich ausbreiten nach beiden Seiten, ist das Sinn-
bild der vulkanischen Wolke , deren AhnUchkeit mit einer Pinie
von Augenzeugen stets besonders hervorgehoben wird ; die offe-
nen Blumenkelche aber sind ein Sinnbild der Vulkankrater«.
Sapienti sat!
Muss man so alles , was auf die Hypothese selbst und ihren
Erweis Bezug hat, entschieden zurückweisen, so kann man doch
anerkennen , dass sich manches Interessante und Lehrreiche in
der Schrift vorfindet. Denn der Verfasser giebt in ihr eine ge-
naue, auf die Ileiseberichte von Graham , Wetzstein und Bur-
ton gegründete Beschreibung der Harra, ihrer Oase lluhbe,
sowie aller topographischen Verhältnisse dieses entlegenen Land-
strichs und der Lebensweise und Sitten der jene Gegenden be-
wohnenden Stämme. Eine Averthvolle P)eigabe ist die nach
Wetzstein und Kiepert von Carl Graf bearbeitete Karte des
Harra-Districtes (von 35^ 40' bis 400 20' östlicher Länge von
Greenwich und von SP 40' bis 34^ 20' nördlicher Breite), welche
in dem geographischen Institut von Ed. Gabler zu Leipzig-Neu-
stadt ausgeführt ist. Überhaupt ist die Ausstattung der Schrift
eine gute und der Druck correctw
Um so mehr muss man bedauern , dass das Ziel der ganzen
Arbeit ein so verfehltes ist und dass alle Resultate derselben
I nicht annehmbar sind. Aber nicht einmal das Verdienst hat
Engel, auf hydrographische Verhältnisse aufmerksam gemacht
zu haben, die etwa dem Verfasser, weil sie ihm genau bekannt
waren, vor Augen geschwebt haben könnten, als er das Bild des
Gottesgartens und seiner vier Flüsse entwarf. Denn wenn auch
die vier Flüsse der Oase Ruhbe in einen See münden, so ist
derselbe doch keineswegs ein in: , der sich beim Austritte aus
dem Gottesgarten in vier Stromanfänge, also in vier gesonderte
Flüsse, theilt.
Leipzig. V. Ryssel.
Correspoudenzeu.
Herr Professor J. Gildemeister schreibt clor Redaction :
Das vielgesuchtc Gamala lag nach der bekannten Stelle des
JosEPHUS B. J.4. 1 /rarichea gegenüber jenseits des Sees«. Diese
\no'abe ist strict zu nehmen und es kann nicht gerade sehr weit,
im Hinterlande des Sees, gelegen haben, da sonst eben so gut
die Lage nach einem andern Punkte, z. B. Tiberias, hätte be-
stimmt werden können oder vielmehr nach gar keinem ; die Wahl
des Ausdnicks lässt fast schliessen . dass es von Tarichea aus
sichtbar Avar. Es lag auf einem nach Süden hin vom Gebirge sich
abzweigenden Berg- oder Felsrücken, von drei Seiten sehr steil
in das Thal abfallend, also am Zusammenfluss zweier AVädi.
Eine nach vom und hinten sich senkende, also die ganze Breite
des Rückens einnehmende Erhöhung in der Mitte gab dem Gan-
zen das Ansehn eines Kameeis. Im Süden war die besonders
steil abfallende Akra. Innerhalb der Mauern Avar eine Quelle,
mit der die Stadt abschloss.
Dem heutigen Medschdel. dem alten Tarichea. gerade gegen-
über mündet bei Kersa der Wädi Samak , bei dessen oberen Zu-
flüssen die Festung zu suchen wäre. Die April-Statements (1S85,
S. S2 — 92) bringen Notizen über eine flüchtige Reise, welche Hr.
Oliphant im Januar d. J. in diese Gegend gemacht und mit
einer Situationskarte erläutert hat. DerGrundriss (auf das Profil
fällt kein Licht] und die Beschreibung lehren uns eine gute deut-
sche Meile vom See eine Localität kennen , welche . ohne dass
der Verfasser diese Combination gemacht hat, der l^eschreibung
des JosEPHUs Punkt für Punkt entspricht. Es findet sich die von
Nord nach Süd von dem oberen Plateau sich abzweigende Fels-
zunge, »das Vorgebirge«, mit Ruinen einer bedeutenden Stadt
zwischen zwei Wädi, deren Wände steile Abstürze bilden. Die Süd-
spitze trägt die Trümmer des noch heute so genannten, auf un-
seni Karten eingezeichneten Kasr Bardäwil . das zwar in keiner
mittelalterlichen Schrift erwähnt scheint, aber dessen Neubau
in der Nähe einer strategischen Hauptstrasse durch Balduin bei
seinen transjordanischen Untersuchungen vollkommen wahr-
scheinlich ist; es würde der Akra entsprechen. Am nördhchen
Correspondenzen. 2^3
Abhang sprudelt eine reichliche, einen Teich füllende Quelle,
unmittelbar bei den Kesten bedeutender antiker Bauwerke.
Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, dass dieser
Ort ujid JosEriiiTs' Gamala identisch sind. Möglicherweise hat
sich auch der Name noch spät erhalten. Nicht zwar in dem von
Seetzen erkundeten, aber seitdem nicht wieder erwähnten »zer-
störten Dorf« Dschemle, denn dies lag vom See nicht eine Meile,
sondern «eine Tagereise« (I, 321) entfernt und vonFik nicht nörd-
lich, sondern »vier Stunden nordöstlich« (I, 353). Bei Idrisi (oben
S. 128; Text S. 10) liest man den unauffindbaren Ort el-dscha-
mila, und zwar als Zusatz zu den älteren, von Idrisi übernom-
menen Distanzangaben Istachri p. 6G, 16. Ibn Haukai p. 126,
15 des Textes. Dass hiermit, Avor auf mich Hr. Dr. Führer auf-
merksam machte, Gamala gemeint sein könne, ist höchst wahr-
scheinlich. Bei dem Textzustand steht nichts entgegen, el-dsc/ia-
mala zu verbessern, wovon eine Spur sich in der allerdings un-
syntactischen und mangelhaften Lesart des Cod. A (Note c zu
S. 10 des Textes) erhalten haben könnte. Die Distanz, ein Tag
vonTiberias (denn so, nicht von amatä aus, ist nunmehr zu ver-
stehen) passt völlig zu der des etwas näher gelegenen flk, die
auf einen Tag oder weniger angesetzt wird.
Bonn, 25. Juli 1SS5. J. Gildemeister.
Herr G. Gatt schreibt aus Gaza, Juni 1885:
»Der Mufti von Gaza besitzt einen Garten im Gebiete von
Anthedon , welcher Thedat genannt wird. Der Name Majumas
existirt noch in der Form Maimas. Von der grossen Moschee aus
führt ein geräumiger Tunnel gegen das Meer hin, w'ie mir Augen-
zeugen versichern. Östliich vom Muntär wurde in einem Grabe
eine kupferne Kiste mit allerlei Ornamenten gefunden. Südlich
von der Stadt ausserhalb der alten Stadtmauer , doch ganz nahe
derselben , werden eben Neubauten aufgeführt ; dabei hat man
4 m tiefen Schutt, darunter röthlichen Sand und massive Reste
alter Bauten gefunden; also haben auch dort ehemals Gebäude
gestanden. — Am 11. und 12. Juni hat es heuer ausnahmsweise
stark geregnet. — Zu dem Kapitel »Aberglaub ena bemerke ich :
»Wenn der Lehrer einen Biiben geschlagen hat. so kommt die
Mutter und beräuchert die Stelle der Execution\ damit der ge-
schlagene Bube nicht das Fieber bekomme«.
Mittheilims des geschäftsführeudeu Ausscliusses.
Das diesjährige Juli-Heft der Statements des English Palestine
Exploration Fund enthielt ein Beiblatt mit der Ankündigung : »The
Land of Jaulan. By C. Schumacher, C. E. , with numerous plans,
maps, drawings and sketches, and an introduction by Laurence Oli-
phant(f. Diese Ankündigung war für die Mitglieder des geschäftsfüh-
renden Ausschusses eine auffallende Überraschung, da Herr Schu-
MACHEK in Haifa dem Deutschen Palästina- Verein eine Karte des Lan-
des Dschölän zwischen Birket er-Räm nördlich, dem Tiberias-See und
dem Jordan westlich , dem Rukkäd östlich und dem Jarmük südlich
mit erläuterndem Bericht in Aussicht gestellt hatte. Der geschäftsfüh-
rende Aiisschuss wandte sich daher sowohl an den Sekretär des Eng-
lish Palestine Exploration Fund, Sir W. Besaxt in London, als auch,
an Herrn G. Schumacher in Haifa, um eine Erklärung jenes Titels zu
erhalten.
Ein Brief des Herrn Schumacher vom 3. August d. J. brachte
dem geschäftsführenden Ausschusse die willkommene Gewissheit, dass
Herr Schumacher die mit dem DPV. getroffene Verabredung genau
inne gehalten habe und eine Karte liefern werde, die genau das obeni
bezeichnete und von Anfang an ins Auge gefasste Gebiet darstellt. j
Der geschäftsführende Aiisschuss hat darauf seinerseits den Hern
Sekretär des PEF., Sir W. BESA^-T, ersucht, eine Änderung des irre-
führenden und unberechtigten Titels eintreten zu lassen, und von dem-
selben eine zusagende Antwort erhalten.
Zu seiner Freude sieht sich daher der geschäftsführende Aus-
schuss in der angenehmen Lage erklären zu können, dass sich das Ver-
halten des Herrn Schi^macher als ein vollkommen tadelloses heraus-
gestellt und dass derselbe dadurch den Deutschen Palästina-Verein zt
lebhaftem Danke verpflichtet hat.
Im Auftrage :
Leipzig, 29. September 1885. H. Guthe.
Die zweite Mauer Jerusalems uud die Bauten
Coustantius am heiligen Grabe.
Nach russischen Berichten und mit Originalbeitrilgen C. Scliick's
herausgegeben von
Professor H. Outhe in Leipzig.
(Hierzu Tafel VI— XIIP.
Den langjährigen, sorgfältig an Ort niul Stelle vollzogenen
Untersuchungen und Beobachtungen des Herrn Kaurath C. Schick
ist es gelungen , die für die Topographie des alten Jerusalem so
wichtige Frage nach dem Lauf der zweiten Mauer im Wesent-
lichen zu lösen. Derselbe hat mit seinen darauf bezüglichen Er-
gebnissen zugleich seine Ansichten über die Beschaffenheit der
Grabesstätte zur Zeit Christi und über die Gestalt der 300 Jahre
später von Constantin dort errichteten Bauten zur Darstellung
gebracht. Die Verbindung dieser- Gegenstände, die an und für
sich kaum zu umgehen ist, war insbesondere dadurch veranlasst,
dass von der russischen Palästina- Gesellschaft im
Jahre 1883 auf einem Platze im O. der Grabeskirche Ausgrabun-
gen vorgenommen wurden, deren Funde, für sich allein unver-
ständlich , nur innerhalb eines ausgedehnteren Gesichtskreises
gedeutet werden konnten. Es wird daher das Verstau dniss der
von Schick vorgelegten Darstellung in geeigneter Weise beför-
dern, wenn ich auch hier, dem Hergang der Dinge folgend, mit
den russischen Ausgrabungen beginne. Zuvor jedoch
muss ich noch einige Worte über das Material, das mir vorliegt,
und über meinen Antheil an dessen Verarbeitung sagen.
Die erste vollständige Veröffentlichung der von Schick ge-
wonnenen Erkenntnissebefindet sich in dem von der russischen
Ztsclir. d. Pal. -Ver. VIII. 17
211'
Guthe.
raliistiuagesellschaft herausgegebenen Pravoslavnyj Pa-
lei^tinskij .Sbornik lid. III. Heft 1 (Petersburg 1SS4). begleitet
von IS lithographirten Tafeln (darunter 1 4 Zeichnungen Schick's)
inul 28 Photolithographien. Dieses schön ausgestattete Heft ent-
hält ausser einem einleitenden »Vorwort« S. I — XTP »Mitthei-
lungen des Archiniandriten Antonin« über die unter seiner Auf-
sieht vollzogenen Ausgi'abungen auf dem ))russischen Platz« im
(). der Grabeskirche S. 1 — 30, vermehrt durch Auszüge aus eini-
iren Briefen desselben S.31 — 38. sodann »erklärende Notizen von
Schick zu den von ihm aufgestellten Plänen und Durchschnitten
(aus dem Deutschen übersetzt a S. 39 — 56, darauf »Ausgrabun-
gen auf dem russischen Platz in der Nähe der Auferstehungs-
kirche. Referat, gelesen von W. N.Hitkoavg in der Sitzung vom
22. März 1884« S. 57 — 80 und endlich »Beilagen« S. 81 — 140,
nämlich russische Übersetzungen von Quellen und Aussprüchen
der bisherigen Forscher betreffs der zweiten Mauer etc. Schon
ehe dieses Heft durch die Güte Sr. Excellenz des Herrn Staats-
rathes von Hitrowo in meine Hände gekommen Avar. hatte der-
selbe mir das deutsche Original der ScHiCK'schen »Bemerkungen
zu den Plänen mid Aufrissen« (im Sbornik S. 39 — 56) übersandt.
Der darüber angeknüpfte Briefwechsel brachte mir von Staats-
rath HiTKOAVG die bereitwilligst ertheilte Erlaubniss , die Publi-
kation des russischen A ereins nach Belieben benutzen zu dürfen,
und von Baurath Schick die Zusage . mir Originalzeichnungeu
zur Verfügung stellen zxi wollen. Von den sieben Plänen und
Diuchschnitten, die ich am 22. Juni d. J. erhielt (vgl. Tafel VII
— XIII), ist Tafel IX vollständig neu , die übrigen, namentlich
VII, ATII. XII, auf Grund späterer Beobachtungen in einigen
Stücken geändert. Sowie nun diese Tafeln gleichsam eine zweite,
vermehrte und verbesserte Auflage der ersten, im Palestinskij
Sbornik veröffentlichten Zeichnungen Schick's darstellen, so
zeigt auch der von Schick ihnen beigegebene Text in mehrfacher
Hinsicht einen durch fortgesetzte Beobachtungen und neue Ent-
deckungen bewirkten Fortschritt gegenüber seiner ersten Nieder-
schrift. Während die letztere aus dem Jahre 1SS3 herrührt, ist
die jüngste für Tafel ATII und den Text verwerthete Nachricht am
ö.Oct. 1SS5 in Jerusalem geschrieben. Die A erbindung und An-
ordnung dieser von Schick stammenden BegleitAvorte ist der An-
theil, der mir als Herausgeber an denselben zukommt. Ich habe
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Ikiuteu Cunstantins am h. Grabe. 247
es mir angelegen sein lassen , »Schick's Meinungen rein und un-
verkürzt zum Ausdruck zu bringen.
I. Die Ausgrabungen auf dem russischen Platz im Frühjahr 1883').
Der russische Platz , dessen Ausdehnung und Lage in der
östlichen Umgebung der Grabeskirchc aus Tafel VH ersichtlich
ist. "wurde im Jahr 1&5S durch die russische Keurierunfr vom abes-
sinischen Kloster erworben, um dort die Gebäude der russischen
Mission, die durch einen Erzbischof geleitet werden sollte, zu
errichten. Die spätere Erwerbung und liebauung des grossen
Grundstückes vor dem Jafathore hatte zur Folge, dass der l'latz
]ieben der Grabeskirche unbenutzt liegen blieb. Doch wurden
mehrmals Untersuchungen dort vorgenommen. Der französische
Ingenieur PiEROTTi erhielt 1860 von der russischen Regierung den
Auftrag, den Platz zu reinigen , und stiess dabei auf Mauerreste
von hohem Alter. De Vogüe Hess 1861 mit Erlaubniss des rus-
sischen Konsulates auf eigene Rechnung graben und fand ausser
weiteren Mauerstücken von hohem Alter die Reste eines Tho-
res2!. Die Arbeiten, die Ch. W. Wilson (1864), Gl. R. Gom)ek
(1872) und Clermont Ganneau (1874) ebendort unternahmen,
brachten nichts wesentlich Neues zu Tage ^) . Was bis dahin an
und auf diesem Platze bemerkt und entdeckt worden war, um-
fasste folgende Reste aus dem Alterthum : 1) Die zuerst von dem
preussischen Konsul Dr. E, G. Schultz bemerkten Säulen-
stümpfe an der westlichen Seite der Strasse Chan ez-Zet.
2; Einen von demselben Gelehrten bemerkten Pilaster aus schö-
nen Steinen und von guter Arbeit, der dicht südlich neben den
erwähnten Säulenstümpfen aus einer anscheinend alten Malier
hervortritt *j. 3) Alte Mauerreste an dem Winkel der auf Tafel ^ I
mit (/ und ?/ bezeichneten Steinschichten sowie die Mauer ic.
1) Nach Pravoslavnyj Palestinskij Sbornik III, 1, S. I — XII. 1 — So.
2) Vgl. DE VoGÜK, Les egli^BS de la Terre Sainte 1^9. Le temple de Je-
rusalem 117 — 120. PiEROTTl, Topographie ancienne et moderne de Jerusalem
(Lausanne 1864] 160.
3) Ordnanee Survey of Jerusalem 117 — 120. Quarterly Statements lS7;j,
18f. Survey of Western Palestine, Memoirs: Jerusalem 251 — 254.
4) E.G. Schilt/, Jerusalem (1845) S. 00. Wiujam.s, The holy Cityll,
250 ff. Vgl, auch Sepp, Jerusalem und das h. liand- I. 226 ff.
17*
04 g Guthe,
4) Die Kiiinen des Thores Tafel \l. HI. ö) Einige Steinschich-
ten an verschiedenen Orten des Platzes.
Der Grossfürst Sergej Alexandrowitsch Avidmete während
seiner Anwesenheit in Jerusalem 1881 auch dem Zustande dieses
Platzes seine Aufmerksamkeit und forderte 1882 die russische
Paliistinagesellschaft auf, denselben vollständig vom Schutt be-
freien zu lassen . indem er zugleich die nöthigen Mittel für die
Ausgrabungen schenkte. Im Auftrage der Palästinagesellschaft
Hess der Archimandrit AxTONiN in Jerusalem am 7. März 1883*)
die Arbeit beginnen und beendigte sie im Juli desselben Jahres.
Die ausgegrabene Erde wurde auf Eseln vor das Damaskusthor
hinausgeschafft.
AxTOXix theilt in seinem l^ericht den ganzen Platz in vier
Theile: In der Mitte ein längliches Viereck mit den quadra-
tischen Pfeilern q und r und mit dicken Steinplatten an seinem
östlichen Rande y als den Resten eines alten Pflasters (Tafel VI,
A] ; an der Nordseite ein länglicher, unregelmässig gestalteter
Raum, im N. durch eine hohe, schlecht geschichtete Wand von
der Strasse der Kopten getrennt (Tafel \I, B, C, D); an der
Südseite ein fast quadratischer Theil, im W. und S. durch kleine
Mauern eines sehr späten und theilweise ganz neuen Baues be-
grenzt, im O. an das bereits erwähnte Thorgebäude stossend
Tafel VI, E ; an der Ostseite, den genannten Theilen vorgelagert
und niedriger als diese, ein länglicher, von S. nach N. sich aus-
dehnenderRaum. mit dem Thorgebäiule J// an seiner SW.-Ecke,
einem kellerartigen Raum G am nördlichen Ende und der alten
Mauer w an seiner Ostgrenze , die schon mehrfach als ein Rest
der zweiten Stadtmauer betrachtet worden ist (Tafel VI, F) .
In dem nördlichen Raum zeigte sich überall der Felsen
in einer Tiefe von 0,70 — l m unter dem Schutt, mit geringer
Steigung nach W., nach der Grabeskirche zu. Die schon früher
sichtbaren, demselben Mauerlauf angehörenden Stücke a.h.c
und d wurden bis auf den Felsen biosgelegt und dabei drei Off-
nungen entdeckt (e, y, g]^ von denen" e und ^ wahrscheinlich spä-
ter durchgebrochen worden sind , f dagegen eine ursprüngliche I
Thür sein mag, da die Mauer an ihrer Südseite pilasterförmig
vorspringt. Die Steine liegen noch in 2 — 4 Schichten überein-
1 , Hiernach ist meine irrige Angabe in ZDPV. VII, 303 zu ändern.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die IJautcn Cunstanlins am h. (irabe. 249
ander, sind ^ut erhalten und messen 0,90 — I,bO in in der Lün^e
und 0,90 — 1,20 ra in der Breite. 8ie stehen also an Grösse den
Steinen am Haram esch-Schcrif nach , hahen dafj;egen grosse
Ähnlichkeit mit den Steinen des Haram in Hebron , namentlich
die des Mauerstückes d. Die Front der Mauerstücke ist nach S.
gewandt. Unter dem Schutt kam weiter nördlicli die niedrige,
wohl gleichmässig geschichtete, aber doch augenscheinlich späte
Mauer h zum \'orschein, bedeutend dünner als die Reste (/, b, c,
d unwl nicht wie diese auf dem Felsen , sondern auf dem Schutt
erbaut. Die sie durchschneidende Öffnung i zeigte dieselbe Art
und Anlage wie die wohl einer verschwundenen Quermauer an-
gehörige Öffnung /-. Dagegen ruht die Mauer / wieder auf dem
Felsen und kann ebenfalls ihres Materials wegen auf ein hohes
Alter Anspruch erheben. Niu' sind die angel)auten Bogenkon-
solen, denen ein gleiches Paar an der gegenüberliegenden Mauer
[aa entspricht, um vieles jünger, da einzelne Spuren an den
Wänden noch erkennen lassen, dass die Bogen der gothischen
Bauart angehörten. Es fanden sich im Schutt wohl Fragmente
von Marmorplatten, doch nicht als eigentliche Keste eines Fuss-
bodens; sie können ebensogut zur Bekleidung der zerstörten
Mauern gedient haben. Auch in C konnte eine Pflasterung des
Bodens nicht nachgeAviesen Averden ; dagegen wairde ein läng-
liches , unschön verziertes Kapital aus röthlichem Gestein und
einige Fragmente kleinerer , aber zierlich gearbeiteter Kapitale
aus weissem Marmor gefunden. Als man die hohen Erdmassen
aus der westlichen, mit D bezeichneten Fortsetzung des Raumes
C fortschaffte , zeigte sich der Rest eines schönen , regelmässig
gebauten Piedestals und in seiner Linie ein Pflaster von Marmor-
platten , die 4 cm dick waren und wie im Feuer zersprungen er-
schienen. Auf diesen Platten standen die hohen Mauern der im
W, und S. anstossenden abessinischen Gebäude. Der unter den
Platten anstehende, jedoch um 9 cm vertiefte Felsen setzt sich
übrigens bis zur nahen unterirdischen Kreuzfindungskapelle
(s. Tafel VII) fort. Jenes Piedestal blieb völlig verbindungslos.
Aktonin vermuthet, es habe hier eine andere Abtheilung alter
Gebäude begonnen, doch fand er auch im Innern der sorgfaltig
untersuchten Kreuzfindungskapelle nichts, was auf eine A'erbin-
dung von dort her hingewiesen hätte.
Die das mittlere Viereck A am Westrande begrenzende
.)r,() Guthe,
Mauer m zeigt durch ihr Äusseres unverkennbar, class sie oft
umo-ebaut Avorden ist; in verschiedener Höhe sind .Spuren von
Thüren und Fenstern sichtbar; grosse mit Huckehi versehene
Steine Avechsehi mit kleinen Fehlsteinen. Besonders bemerkens-
werth sind drei Bogenkonsolen [n]. von denen die mittlere be-
deutend breiter ist als die zwei äusseren inid die offenbar einst
ein Gewölbe getragen haben. — Zunächst wurde der durch den
güthischen Bogen o zugängliche Kaum zwischen der Mauer (( und
dem abessinischen Gebäude geleert. Ein den Bogen fortsetzen-
des gleichartiges Gewölbe überdeckt denselben ; da es sich nach
innen zu allmählich erhöht, so hat es ursprünglich die Decke
einer ansteigenden Treppe gebildet, die in das Innere des zuge-
hörigen Gebäudes hinaufführte. Diese Treppe wurde erst abge-
brochen, nachdem der Gang dem russischen Gebiete einverleibt
Avar. Sowohl die Thür als auch der Gang haben mit den Mauern
a. b. c, f/ und Z gar keine bauliche Verwandtschaft ; wohl aber hat
die alte Mauer / den Plan des anstossenden neueren Gebäudes
bedino-t. — Der Felsen wurde neben der Mauer m in einer Tiefe
von 1,40 m gefunden ; er war mit dünnen, unregelmässigen und
sehr beschädigten Platten bedeckt. In der Nähe kam ein runder,
mit rothem Cement bekleideter Wasserbehälter, dessen Tiefe
1,10 m und Durchmesser 1,70 m betrug, zum Vorschein (Tafel
VI, p) mit einem zuführenden Kanal, der fast unmittelbar unter
dem Pflaster verlief und selbst mit kleinen Platten bedeckt war,
etwa 25 cm tief und breit. Seine Spuren verloren sich im Schutt.
Solche Anlagen, bemerkt Axtonix, pflegen mit Cisternen zusam-
menzuhängen ; sie sollen nämlich das Wasser von der Erdober-
fläche sammeln und es , nachdem sein Schmutz sich auf ihrem
Boden als Schlamm abgesetzt hat, der benachbarten Cisterne zu-
führen. Die Arbeiten lieferten sonst nichts von Bedeutung auf
diesem mittleren Viereck zu Tage.
Der fast quadratische Theil E im S. war mehr als 2 m hoch
mit Schutt bedeckt. Unter demselben fanden sich Reste eines
Pflasters mit dicken Platten, die in dem niedrigeren Niveau dea
östlichen Platzes i^ lagen. Unter diesem Pflaster läuft der grosse
Kanal 6-, der unter dem griechischen Abrahamskloster beginnt,
den russischen Platz an der östlichen Seite durchschneidet und
etwa 12 m jenseits desselben in die Stadtkloake mündet. Frist
nicht ganz 3 m tief und so breit, dass ein Mensch hindurchgehen }
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am li. (jrabe. 251
kann. l>is zu zwei Drittel der Höhe ist er in den Felsen oinge-
liauen , das oberste Drittel besteht aus schlechtem Mauerwerk.
Die dicken und breiten Platten, die ilni bedecken, ^^ind meist
zerschlagen. Der Ursprung der kleinen Kanäle an der N. -.Seite
Hess sich nicht mehr feststellen. Die angrenzenden Mauern zei-
gen verschiedene, aber jedenfalls keine alterthiimliche Mauart.
Die Untersuchung des Thorgebäudes HI auf der Grenze der
Theilpliitze E und F führte zu dem wichtigsten Abschnitt der
Ausgrabungen. Das Thorgebüude hat nach W. eine etwa (j m
lange Front, einschliesslich des Durchganges — des einzigen,
der noch erhalten ist — von etw^a 2,70 m Lichtweite. Die nord-
westliche Ecke wird durch eine lOfache .Steinschicht gebildet
und von einem hohen und schönen korinthischen Kapital ge-
krönt. An der linken Seite des Durchgangs (von W. heri zählt
man sechs Steinschichten ; dann folgt ein kleineres Kapital von rein
byzantinischer, kubischer Form, das den Rundbogen trägt. Ge-
genüber ruht — oder richtiger ruhte — derselbe auf einer die
rechte Seite des Durchgangs (von W.her) bezeichnenden Säule
t, die jetzt nämlich nicht mehr durch den Druck des Hogens,
sondern durch die spät gebaute Quermauer u an ihrer Stelle auf-
recht erhalten wird. Wie die völlige Reinigung des Durchgan-
ges ergab, besteht die Basis der Säule aus dünnem und schlech-
tem Sandstein, der stark verwittert und roh bearbeitet ist wie die
Säule selbst. Neben derselben und einem seitwärts liegenden
Säulenfragment stiessen die Arbeiter auf einen anderen roh be-
hauenen Säulenfuss von etwas festerem Gestein, der unverhält-
nissmässig gross und mit einem kunstlos ausgeführten Kreuz
verziert war. Es schien so , als ob der alte schadhafte Fuss der
Säule durch diesen neuen hätte ersetzt w^erden sollen . Da auch
das (geplatzte) Kapital der Säule unfertig und unschön, ihr
Kreuzornament roh und nachlässig gearbeitet ist, so fehlt diesem
Theile des Thorgebäudes durchaus die Schönheit und Regel-
mässiijkeit, die die nordwestliche Ecke desselben auszeichnen.
Da Antonin annahm , dass das Ganze ursprünglich ein Doppel-
thor gewesen sei, von dem sich jetzt nur die nördliche Hälfte er-
halten habe, so Hess er nach dem Zimmer /r durchbrechen und
die Mauer u nach den Spuren eines südlichen Bogens untersu-
chen. Allein es fanden sich nur dicke Platten auf dem Felsbo-
den . die einem zweiten Pfeiler allerdings wohl zur Basis haben
-);,-) Gutlie,
tlieiieii können, und eine Menge Thonscherben. Lampen etc. —
Die Nordseite des Tliorgebüudes ist nicht ganz 4 ni lang und
enthält abgesehen von der bereits beschriebenen NW. -Ecke nur
noch sechs Lagen von Steinen, die et%va in der Mitte einen tliür-
artigen . bisher verschütteten Durchgang offen lassen. Hinter
*e>
diesem Kuinenwinkel Avar nämlich im Laufe der Zeit ein Keller,
ein Wohnziunner und eine Bäckerei eingerichtet worden. An-
tonin Hess deren Mauern abbrechen, so dass das Thorgebäude
jetzt freisteht und angenehm in die Augen fällt. Die grösste
Höhe an der NW. -Ecke beträgt 7,40 m. Die Umgebung ist mit
Platten gepflastert, die auf dem Felsen ruhen.
Betrefls der schon früher bekannten (in einer Holzhandlung
versteckten alten Mauer «• wurde festgestellt, dass sie auf dem
Felsen ruht und sich in sechs nicht eben hohen Steinlagen etwas
mehr als 1 m über denselben erhebt. Der aus ungeheuren
Blöcken bestehende Pfeiler x steht völlig isolirt da ; in seinen un-
tersten Theilen zeigt er dieselben Eigenthümlichkeiten wie die
Pfeiler q und r und mag auch einst wie diese als Stütze für Ge-
wöll)ebauten gedient haben. Der das mittlere Viereck A abgren-
zende hohe Rand ij besteht aus ungeheuren Platten von einhei-
mischem Gestein und gehört augenscheinlich dem System der
Pfeiler q und r und der Konsolen n an, da seine Linie weder mit
dem Lauf der alten Mauer aß, noch mit der Richtung des Thor-
gebäudes /// zusammenfällt. In z erkannte Antonin die unte-
ren Reste einer schlecht gebauten, ziemlich schmalen Treppe,
die zu dem Platze A hinaufführte.
Die Untersuchung des kellerartigen Magazins G, das von
dem dasselbe bisher benutzenden Holzhändler geräumt wurde,
ergab die interessantesten Entdeckungen. Dieser von S. nach
N. 1 1,50 m lange und von O. nach W. 0 m breite Raum war von
einer Wölbung überdeckt, die sich ursprünglich auf die Mauern
aa und hh stützte. Vor nicht langer Zeit fiel nun der westliche
Theil dieses Gewölbes in der ganzen Länge des Magazins ein.
musste aber, weil der Aufgang zu den Gebäuden der Kopten und
zu der Helena-Cisterne über dasselbe führt , nothwendig wieder
hergestellt werden. Daher wurde, um den noch übrigen Theil
des Gewölbes zu stützen, die Mauer cc aufgeführt, die das Maga-
zin um ein Bedeutendes verkleinerte. Die östliche Grenzmauer
hh besteht aus grossen, rechtwinkelig behauenen Steinen, die
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am li. Grabe. 25^
offenbar atis einem älteren Hauwerk entnommen und sorglos
übereinander geschichtet sind, pjine breite Thür gewährt zwischen
den mit l und 2 iTafel \l bezeichneten, stark verletzten Säu-
lenstümpfen ans Granit von dem Chan ez-Zet her Eingang. "Nor
derselben führt eine Treppe auf das Dach des russischen Maga-
zins imd zu den koptischen Gebäuden, an der mehrere Huden
liegen. Die zweite derselben (von N. aus) enthält einen
schmucken Pilaster {^) aus demselben Material, das zu der
Mauer Ob verwendet worden ist, von deren hier besonders grossen
Steinen umgeben. Daneben ragt noch ein 1.50 m langer und
0,50 m breiter Stein, wie eine ]3ank, aus dem Boden hervor, der
vielleicht einst den oberen Theil des Pilasters gebildet hat.
Ebenso wie dieser sind auch die Säulenstümpfe 1 und 2 jetzt in
die nachlässig geschichtete Mauer bb aufgenommen. Da nun
diese Mauer weder älter als die Säulen noch auch gleichzeitig
mit ihnen sein kann , so bleibt niir übrig, sie als jünger anzu-
sehen.
Die Wegräumung des Schuttes ergab, dass das Plattenpfla-
ster des Raumes F und des Magazins G in gleichem Niveau lag.
Die in letzterem gefundenen Platten hatten eine Grösse von
0,7U m und mehr; viele waren zerschlagen, viele fehlten. Unter
ihnen zeigte sich wie auf F der Felsen. Während die Wand dd
auf diesen Platten ruhte, steht die Mauer cc auf Schutt von 1 m
Höhe, der wahrscheinlich durch den oben erwähnten Einsturz
des Gewölbes hier angehäuft worden ist. Der südliche Theil des
Magazins lag noch bei dem Beginn der Arbeiten tiefer und war
durch eine Treppe von drei (oder vier) Stufen mit dem um die Schutt-
lage erhöhten Theil desselben verbunden. Als diese Stufen, aus
Steinen verschiedener Grösse und ohne Mörtel zusammengelegt,
am 10. Juni gehoben wurden, kam statt einer erwarteten Platte
des Fussbodens die breite ScliAvelle einer einstigen Thür zun\
A'orschein , bestehend aus zwei sehr abgeriebenen und ausgetre-
nen Steinen. Eine an den inneren Ecken abgerundete längliche
Vertiefung bezeichnete deutlich die Flucht der ab- und zubeweg-
ten Thorflügel; zu beiden Enden Avaren die eingehauenen . in
ihrer Grösse etAvas verschiedenen Nuten zu sehen, in denen sich
einst die unteren Zapfen der Thürffügel bewegt hatten. In der
Mitte der Schwelle, w^o die beiden Steine aneinander stossen.
kam ein durch Eisen stark ausgefressenes Loch zum Vorschein.
.)- 1 Gulhe,
dessen urspiünK^iche Füini freilich sehr verletzt, aber doch noch
als viereckio" zu erkennen war. Offenbar hatte einst der eiserne
Rieo-el der Thür in dasselbe ^efasst. Daneben Avurde noch ein
anderes , mehr längliches Loch bemerkt , das vielleicht nur den
Rieo-el des einen Thortlügels hat festhalten sollen. Auch das zuerst
erwähnte befindet sich nicht genau in der Mitte der für die Thür-
zapfen bestimmten Nuten. Auffallend ist. dass alle diese zurlJe-
festiwuno- der Thiirfiiigel dienenden Nuten nicht tiefer als 2 cm
sind. Die Weite der Thür oder des Thores beträgt 2,58 m. Die
Thürtiügel öffneten sich nach S. Die Zugehörigkeit dieses Tho-
res zu den umgebenden alten Mauern ee und to ist zweifellos.
Denn einerseits liegt die Thür genau in der Frontlinie des Stückes
ee. das wiederum von den Mauerresten d und aa untrennbar ist,
und andererseits erheben sich unmittelbar neben der Schwelle
uno-eheure, von der Feuchtigkeit zerfressene Steine, die, in der-
selben Breite mit der Mauer ee geschichtet, den östlichen Pfeiler
der Thür darstellen und unmittelbare lierührung mit der Mauer
Zuhaben. Diese letztere wurde endlich bis zum Beginn der l.äOm
höheren Wand hh verfolgt; doch konnte nicht festgestellt wer-
den, ob sie hier wirklich aufliört oder ob sie sich innerhalb
derselben . gleichsam als ihr Kern , hinter den unordentlich ge- .
schichteten Aussensteinen derselben noch fortsetzt. Sie kehrt ihre
Front nach O. und ist bis jetzt in einer Länge von 10 m er-
forscht 1) .
Antonin weist die gefundenen Keste folgenden Perioden
zu. Die auf dem Felsen ruhenden Mauerstücke a, 6, c, d, l, aa,
ee, w und vielleicht auch x betrachtet er als althebräische Bau-
werke. Das Thorgebäude /// und die Säulen 1 , 2 nebst dem
Pilaster^" schreibt er den Byzantinern, die Pfeiler q und r, die
Konsolen w, den erhöhten Hand y mit der Treppe z, sowie die
Keste h und Je den Lateinern, d. h. dem Mittelalter zu. Die
Mauern Z, «, b, c. d und aa fasst er als die südlichen Keste eines
grösseren alten Gebäudes auf, dessen nördliche Mauern jenseits
der Koptengasse zu suchen seien. Er vermuthet näher in dem
Gebäude einen Palast oder einen Thurm aus sehr alter Zeit, etwa
den Thunn Hananel, und will die nahen Thorreste mit ihm in
Verbindung bringen , da er gewichtige Bedenken fühlt, sie als
I) HiTROWO giebt ihre Länge S. 66 auf 6 Saschen, d. i. 12,811 m an.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 2") 5
ein Stadtthor zu deuten. Namentlich hält es Anton in mit Recht
für undenkbar, dass die Flügel eines Stadtthores sich nach aussen
geöffnet haben sollen, was man in diesem Falle annehmen
müsste. Doch macht er zAxgleich gegen sich selbst den Einwand,
dass man nach der jetzt noch üblichen Einrichtung eines orien-
talischen Stadtthores , das eben zwei durch einen rechtAvinkelig
gebrochenen Gang verbundene Thüren hat, vielleicht einen zwei-
ten Ausgang, südlicher als die gefundene Schwelle und im rech-
ten Winkel zu ihr gelegen, vermuthen könnte, \uu\ will iu dem
^Vürfel X den Eckpfeiler zweier Bogen erkennen, von denen der
eine nach der Mauer ee, der andere nach der Mauer iv gespannt
liabe; unter einem derselben sei dann die zweite nach innen
>ich öffnende Thür gewesen. Freilich giebt Antonin selbst
Aviederum zu . dass von einer zweiten Schwelle sich noch keine
Spur gefunden habe. Mit diesem Schwanken hängt Antonins
Zweifel darüber zusammen, ob die Mauer tc als die zweite Stadt-
mauer zu bestimmen ist oder nicht. In ersterem Falle möchte er
die Schwelle doch als Best eines alten Stadtthores (porta judicia-
ria !*) auffassen und in den Mauern ee und aa, welche letztere sich
in dem anstossenden Holzschuppen L noch Aveiter nach N. ver-
folgen lässt; die zweite Stadtmauer erkennen. — Den Pilaster^^'
setzt Antonin mit den Säulenresten 1 und 2, zu denen nord^värts
noch zwei andere (3 u. 4) in gleichem Abstände unter sich und von
dem ersten Paar gerechnet werden müssen , in Verbindung und
betrachtet ihn, indem er jene als Reste der bekannten Propyläen
des EusEBius in dem grossen liau des Constantin über der Gra-
besstätte Jesu ansieht , als den südlichen Eckpfeiler des Säulen-
baues. Dem würde sowohl seine isolirte Stellung als auch der
Umstand entsprechen , dass sich nördlich von ihm keine Spuren
einer alten Mauer (vgl. oben S. 253) finden, da hier die durch
Architrave oder Bogen verbundenen Säulen eine offene Halle bil-
deten. Als diese verfiel . baute man zur Stütze der Säulen die
Mauer bb, so dass zwischen dieser und der Mauer aa ein schma-
ler Durchgang in der Länge von 30 m entstand, der in der altara-
bischen oder fränkischen Periode durch ein Gewölbe überdeckt
Avurde, das sich noch in dem Holzschuppen L erhalten hat. aber
in dem russischen Magazin G vor einiger Zeit eingestürzt ist. —
Auch das Thorgebäude HI soll nach Antoxin zu dem constan-
tinischen Propyläenbau gehören und cntAveder das Hauptthor.
25(3 Guthe,
durch welches man in westUcher Richtung zu der Grabesstätte
o-elant^te. oder das südlichste der drei Thore sein. Er vergleicht
seine Bauart mit einem durch eine Säule in zwei Theile getheil-
ten byzantinischen Doppelfenster oder mit der Anlage des golde-
nen Thores am Haramesch-Scherif. ergänzt also den heutigen Rest
zu einem Doppelbogen, dessen südliche Hälfte gegenwärtig ver-
schwunden sei. ^■ielleicht ist ein ähnlicher Bogen als Eingang zu
einer parallelen, im N. der Grabeskirche laufenden Strasse noch
unter den koptischen Gebäuden verborgen. Doch hält es Anto-
MN für wahrscheinlicher, dass die Erbauer der Propyläen den
Ilaupteingang in den S. der neuen christlichen Stadtanlage leg-
ten und dort das heute nur zur Hälfte erhaltene Doppelthor (viel-
leicht an der Stelle eines alten Stadtthores ?) erbauten, indem sie
die alte grosse Mauer im O. [aa, ee) vermieden. Die Mauer tc ist
theilweise gerettet worden durch die in ihrer linie erbauten
Propyläen, indem sie zum linken Flügel eines grossartigen Por-
tikus gemacht wurde , theilweise aber musste sie verschwinden,
weil man das neue christliche Thor von der Stadt, genauer von
dem Bazar aus, frei legen wollte. — Die Pfeiler q und r verbin-
det Antonin mit den Bogenkonsolenw und erkennt darin die Reste
eines Gewölbebaues, »eines gedeckten Portikus«, der den erhöh-
ten Platz A umfasst, sich vielleicht auch jenseits der abessinischen
Mauer m fortgesetzt habe und vonO. her durch eine in dem Rest
;: erhaltene Treppe zugänglich gewesen sei. Auch in der Umge-
bunff des Pfeilers x will Antonin die Spuren von späten Bogen
O ...
erkannt haben , die von demselben nach vier Seiten hin ausgin-
geii, — Auf die Bogenansätze an der W.- und O. -Mauer des
Raumes B stützt Antonin endlich die Vermuthung . dass auch
hier einst ein Gewölbe zur Zeit der Franken oder noch später
vorhanden gewesen sei.
Unter den übrigen Funden, Kapitälstücken, Münzen. Lam-
pen, erwähne ich eine zerbrochene Steinplatte mit einer kaiser-
lich römischen Inschrift, die unter einander die Buchstaben ent-
hält {?H|r.. 1) . Auf einer alten Mauer haben sich auch Reste von
semitischen Buchstaben gefunden.
Für die Bodengestaltung ist von Wichtigkeit, dass die Grie-
1] Vgl. Cl. Ganneau in Quarterly Statements 18S4, 194.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 257
chen bei dem Bau ihres südlich angrenzenden Hospizes (1882/83)
10 m tief graben mussten, ehe sie den Felsen erreichten, wäh-
rend die Arbeiter aiif dem russischen l^latze das natürliche Ge-
stein durchschnittlich in einer Tiefe von 1,50 m unter der 01)er-
fiäche vorfanden. Der Felsen erhebt sich innerhalb des russischen
Platzes von O. nach W. um etwa 2 m.
HiTROWO versucht das Thorgebäude anders als Antomx zu
rekonstruiren ; er fasst das grosse Kapital an der NW. -Ecke als
den südlichen Stützpunkt eines grossen mittleren Durchganges
auf, dem sich nach N. noch ein kleinerer, dem heute erhaltenen
südlichen entsprechender Bogen angeschlossen habe, und denkt
sich demnach die ursprüngliche Gestalt desselben als einen drei-
thorigen römischen Triumphbogen. — Die Spuren von gothischen
Wölbungen in und neben dem Räume B erklärt Hitrowo als
Reste des bis zu Anfang des 15. Jahrhunderts existirenden Bene-
diktinerklosters der lateinischen Gottesmutter und meint, dass
die Treppe bei o einst wahrscheinlich aiis den Klostergebäuden
in die Kirche der lateinischen Gottesmutter geführt habe.
Man muss die russische Palästina-Gesellschaft zu diesen
im zweiten Jahre ihres Bestehens ausgeführten erfolgreichen Ar-
beiten aufs beste beglückwünschen. Wenn auch noch ein klei-
ner Theil des russischen Platzes im S. unerforscht geblieben ist,
so sind doch die jetzt vollständig freigelegten Reste sowohl ihrer
Lage als auch ihrer Beschaffenheit wegen schon von hervorra-
gender Wichtigkeit. Freilich ist es ganz unmöglich, dieselben
innerhalb der engen Grenzen des russischen Platzes zu deuten;
um so gelegener kommen die Pläne, dvirch die Baurath Schick die
in Folge der russischen Funde aufs neue angeregten Furagen mit
Hülfe seiner langjährigen 13eobachtungen zu lösen sucht. Ehe
ich nun ihm selbst das Wort gebe , will ich noch kurz über die
anderen Drucksachen der russischen Palästina-Gesellschaft aus
dem Jahre 1884 berichten i).
]3and II, Heft 2 enthält die Reisen des heiligen Saba, Erz-
bischofs von Serbien, [in das heilige Land], herausgegeben von
dem Archimandriten Leonip, deren erste 1225 — 1230, deren
1) Vgl. meinen Bericht über das Jahr 1883 in ZDPV. VII, 299 ff. Herr
Staatsrath Hitrowo hat mir nachträglich auch Bd. 1, 1 und 2 der Gesell-
schaftsschriften gütigst übersandt.
•j^s, Giithe,
zweite 1233 — 1237 angesetzt -wird; Heft 3 die Keise des Gost'
Kaufmann.') Wasilij 1465/66 ; von limssa durch Kleinasien \ind
??vrien über Damaskus und Kamle nach Kairo, von da über Jeru-
salem und Antiochien durch Kleinasien nach lirussa zurück],
ebenfalls von dem Archimaudriten Leonid herausgegeben.
Hand III. Heft 1 enthält diejenigen Aufsätze . nach denen ich
üben referirt habe, mit den Plänen etc. in einer besonderen
Mappe. In dem zAveiten Heft des 3. IJandes hndet sich die «Ait,-
vrai; Aavir/. |jLT,~po7:oAiTou 'Ecpsoou xai -sptooo; Ttuv A-j'iwv 'Io-üdv
herausgegeben, ins Russische übersetzt und erläutert von Ga-
briel Destums«. Der griechische Text iS. 1 — 23 ist nach einer
Kopie des in der St. Marcus-Bibliothek in Venedig befindlichen
Codex herausgegeben, nach dem schon früher Mixgarelli eine
in Graeci Codices manuscripti apud Nanios patricios Venetos as-
servati (Bononiae 1784. 4" aufgenommene Ausgabe besorgte
(S. VI f. der Vorrede). Die Keise, -weder bei Tobler, Bibliogra-
phie etc., noch bei Röhricht und Meisner, Deutsche Pilger-
reisen etc. erwähnt, wurde im Auftrage des konstantinopolita-
nischen Patriarchen Maximos (III.) zwischen 1493 und 1499 nach
den drei östlichen Patriarchaten luiternommen ; der Bericht über
dieselbe wird von dem Herausgeber als Avichtig bezeichnet. Zu
diesen Heften des Pravoslavnyj Palestinskij Sbornik 1SS4 kommt
ein »Bericht der orthodoxen Palästina-Gesellschaft über das Jahr
lS83yS4« (Petersburg ISS 4) ISöSS., der ausser mehreren Rechen-
schaftsberichten, geschäftlichen Mittheilungen etc. einen A'ortrag
von Prof. A. A. Zagarelli über »Grusinische Denkmäler im h.
Lande und auf dem Sinai« und den ebenfalls in Sbornik III. 1,
S. 57 ff. abgedruckten Vortrag W. N. Hitroavo's über die »Aus-
grabungen auf dem russischen Platz in der Nähe der Aufer-
stehungskirche« enthält. Endlich ist mit Unterstützung des
Grossfürsten Paul Alexandrowitsch die Herausgabe einer um-
fangreichen Pilgerschrift begomien worden, von der im Jahre
1SS4 14 Lieferungen erschienen sind: jjPilgerfahrten des W. Gr.
Barskij nach den heiligen Stätten des Orients von 1723 bis 1747.
Nach der Originalhandschrift von der orthodoxen Palästina-Ge-
sellschaft herausgegeben unter derRedaction vonN. Barsukow«.
Jede Liefenmg ist mit mehreren Photolithographien versehen,
die die von dem Verfasser besuchten Orte darstellen; auch in
den Text sind hin und wieder Abbihhnigen eingereiht. Die »Pil-
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantina am h. Grabe. 259
gorf ahrteiiw des liaiskij -werden dadurch zu einem selir lehrreichen
und originellen liilderhuch ül)er die heiligen .Stätten des Orients
in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts und verdienen
wegen der schönen Ausstattung geradey,u ein l'rachtwerk genannt
zu Averdcn, dessen llerausgahe der russischen Palästina-Gesell-
schaft zur Ehre gereicht. Hoffentlich Averde ich später die Leser
derZDFV. mit dem Inhalt desselben genauer bekannt machen
und damit zugleich einen Theil meiner Dankesschuld für die
grosse Freundlichkeit des Herrn Staatsrath HiTRowt). der mir
bisher die Publikationen der russischen Palästina-Gesellschaft in
lie\)enswürdigster Weise zugesandt hat. abtragen können.
II. Das Stadtviertel der Grabeskirche, der Lauf der zweiten Mauer
Jerusalems und die Bauten Constantins am heiligen Grabe.
Erläuterungen zu Tafel VII— XIII
von Baurath C. Schick in Jerusalem.
Sehr viele Forscher, darunter die scharfsinnigsten Köpfe,
haben die Fragen der Topographie des alten Jerusalem zu lösen
versucht. Wex von ihren Darstellungen Kenntniss nimmt, em-
pfindet zunächst nicht den angenehmen Eindruck einer Aufklä-
rung, sondern sieht sich in ein fast unentwirrbares Chaos von
widersprechenden Gedanken und Behauptungen getrieben. Erst
allmählich, je genauer man das Einzelne prüft und die betreffen-
den Ortlichkeiten aus eigener Anschauung kennen lernt, gewinnt
man eine instinctmässige eigene Überzeugung und ein klares
Bild von den einstigen Verhältnissen, So ist es mir ergangen
und so ergeht es gewiss vielen Anderen.
In diesem Widerstreit der Meinungen spielte die Frage über
dieAchtheit des heiligen Grabes eine hervorragende liolle. und in
ihre Erörterung musste wiederum der Lauf der sogenannten
zweiten Mauer mit Nothwendigkeit hereingezogen werden. Wer
das heilige Grab als acht ansah, suchte den Lauf dieser INIauer so
zu bestimmen, dass jenes ausserhalb derselben zu liegen kam.
Als Beweise pflegte man alte Reste auf dem Muristän und die
200 Guthe,
noch aufrecht stehenden Säulen am Chan ez-Zet anzuführen.
Aber die Ahräinnung des Mnristän hat dargethan. dass dort nie-
mals eine Stadtmauer geAvesen ist. Weiter berief man sich auf
die augenscheinlich alten Mauerstücke und auf den Thorbogen,
die durch die ersten Ausgrabungen auf dem russischen Platze«
im O. der Grabeskirche, genauer des abessinischen Hofes . zu
Tage gekommen Maren, indem man jene als Reste der zweiten
Mauer bezeichnete . diesen als den liest eines alten Stadtthores
erklärte Dr. Sp:pp . Aber auch diese Behauptungen waren leicht
widerlegt. Der gedachte Bogen kann seiner IJeschaifenheit nach
nie ein Stadtthor gewesen sein . und die Keste der alten Mauern
kehren ihre Stirn gegen die Stadt zu, stehen also für eine Stadt-
maiier geradezu verkehrt. Sepp sagt daher, sie seien der Verstär-
kung wegen nach aussen mit kleineren Steinen gefüttert worden,
andere dagegen, die grossen Steine seien von der Aussenseite
fortgenommen worden und dgl. m. Aber alle diese Ausflüchte
sind werthlos , weil die Mauerreste ihre ursprüngliche Dicke
haben. Die Thatsache, dass sie verkehrt dastehen, blieb räthsel-
haft. Auch ich habe lange vergeblich nach einer Erklärung der-
selben gesucht.
Erst die im Sommer 1S83 von der russischen Palästina-Ge-
sellschaft vollzogenen x\usgrabungen haben mir Licht in das selt-
same Dunkel dieser Ruinen gebracht. Man fand die stark ausge-
tretene Unterschwelle eines Stadtthores, das mit den alten Mauer-
resten in Verbindung stand und auch wie diese verkehrt erschien,
insofern sich einst die Thürflügel gegen die Seite des heiligen
Grabes hin, nicht nach dem Innern der befestigten Stadt zu. ge-
öffnet haben. Der Thorbogen erwies sich dagegen als völlig iso-
lirt gegen die Mauerreste und scheint ursprünglich byzantinisch,
jedoch in einer viel späterenZeit — nach einer Zerstörung etwa —
erneuert worden zu sein, während jene Reste off"enbar aus der
Blüthezeit des Volkes Israel herrühren. Unter der Wölbung des
Bogens wurde ein grosser, nach O. geneigter AJizugskanal ent-
deckt; dies kann zur Bestätigung der Annahme dienen, dass der
Bogen einst einen Weg, eine Strasse überspannt hat. MerkAvür-
diger Weise wurde auf dem ganzen Platze keine Cisteme gefun-
den, wohl aber festgestellt, dass der Felsen sich im westlichen
Theile desselben um 2 m erhöht und senkrecht niedergehauene
Ränder hat. Der Felsen ausserhalb der alten Mauerreste um
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 2GI
2 m höher als innerhalb derselben — schien das nicht "wieder
verkehrt zu sein oder wenigstens gegen die einfachsten Kegeln
der liefestigungskunst zu Verstössen i Denn die blossgelegten
Mauern sindjcdcnfalls Überbleibsel irgend^velcher alter Festungs-
werke, Die übrigen Funde Avarfen kein Licht auf diese eigen-
thümlichen Verhältnisse; die sonstigen Mauerreste sind aus so
verschiedenen Zeiten und so oft umgebaut, dass eine sichere Deu-
tung derselben unmöglich ist. An dem Eingangsgewölbe [näm-
lich zu G Tafel VI] lassen sich z. B. sechs verschiedene Bauzei-
ten unterscheiden ; es ist eben zerstört und wieder gebaut wor-
den in mehrfachem Wechsel, bis der gegen Avärtige Verfall ein-
trat. Vieles stammt zweifellos aus der muslimischen Zeit und hat
für die Erkenntniss der alten Beschaffenheit dieser Stätte keinen
Werth. Ich fasste daher hauptsächlich nur die wirklich alten
Keste ins Auge und überlegte , Avelche Stelle im alten Jerusalem
und in den Bauten des Constantin ihnen anzuweisen sei. Nach
langer vergeblicher Mühe und erst nachdem ich die ganze Um-
gebung genau untersucht hatte, trat ein immer deutlicher wer-
dendes Bild von der Anlage und dem Lauf der zweiten Mauer
sowie von den Bauten Constantins am heiligen Grabe vor meine
Seele, das ich in den beigegebenen Zeichnungen dargestellt habe.
Ehe ich jedoch dieses selbst ausführe , wird es von Nutzen sein,
das von mir in Betracht gezogene Terrain, soweit es mir bekannt
ist, zu beschreiben.
1. Das Stadtviertel der Grabeskirche.
Tafel VII stellt grösstentheils nur das Erdgeschoss oder die
unteren Räume des die Grabeskirche einschliessenden Stadtvier-
tels dar, soweit sie bekannt sind. Mit Hülfe dieser unteren Mauer-
züge kann man sich aber auch die oberen Räume leicht vorstel-
len, da in der Regel doch immer Mauer auf Mauer steht. Eine
besondere Aufmerksamkeit erfordert die verschiedene Höhen-
lage der einzelnen Gebäude.
Gehen wir zunächst von der Mitte, von der Kirche des hei-
ligen Grabes selbst aus. Die Rotunde mit dem heiligen Grabe
und den angrenzenden Kammern, der Platz der Lateiner im N.,
der Armenier im S., die Umgebung des Salbungssteins, die
Adamskapelle mit der Wohnung des griechischen Archimandri-
Ztschr. d. Pal.-Ver. VIII. 18
2(32 Guthe,
ten. der Eiiudgang mit den drei Kapellen der Dornenkrone, der
Kleidcrvertheiliing und des Longiniis. das Gefängniss Christi so-
wie der benachbarte, den Griechen gehörige nördliche Kaum lie-
gen sämmtlich in der gleichen Ebene. Ein -oenig höher erhebt
sich die griechische Kirche mit der "Weltmitte und dem Chor,
sowie die lateinische Marienkapelle und die Klausuren. Von
diesem allgemeinen Niveau der Kirche führt aus dem Rundgange
nach O. eine lange Treppe abwärts in die Helenakapelle, von hier
eine zweite in gleicher Richtung wiederum abwärts in dieKreuz-
findungskapelle, die ursprünglich eine Cisterne gewesen sein
wird .
Was die Umgebung der Kirche anlangt, so befinden sich der
freie Hof im S. sowie die Kapellen der vierzig Märtyrer (über
dieser erhebt sich der alte Glockenthurm , der Maria Magdalena
und des Jakobus an seiner W. -Seite . ferner der Eingang zum
Abraharaskloster, die armenische Jakobskapelle, die Michaelka-
pelle der Abessinier (Kopten', die Kapelle der ägyptischen Ma-
ria und die aufwärts führende Treppe zur lateinischen Marien-
oder Schmerzenskapelle an seiner O.- Seite in gleicher Ebene.
Unter dem Hofe sind eine Anzahl Gewölbe , die jetzt als Kloake
dienen. Ihre östlichen Pfeiler sind gemauert, nur die langen
westlichen sind aus dem Felsen gehauen, und noch weiter nach
AV. nähert sich das natürliche Gestein den Fliessen des Hofes
bis auf wenige Zoll. Im S. des Hofes führen drei Stufen zur
Gasse hinauf, aus deren Rande einige Säulenstümpfe hervorra-
gen, die wahr:^cheinlich von einer einstigen Halle herrühren.
Die Gasse setzt sich jenseits der kleinen Thür nach O. in glei-
chem Niveau fort ; auch das neue griechische Gebäude mit den
Ruinen des iiissischen Platzes an ihrer Nordseite und der Muri-
stan an ihrer Südseite liegen ziemlich in der gleichen Ebene.
Zu dem Markt [sük] im O. geht es etwas bergab. Während die süd-
liche Hälfte der Strasse Chan ez-Zet das Niveau des Marktes beibe-
hält, fällt ihre nördliche Hälfte ziemlich stark ab, so dass man
von der Ecke bei dem Johanniterhospiz und der porta judiciaria
die Härat el-Chänkä wieder ziemlich steil hinaufsteigen muss.
An der Südseite dieser Strasse erhebt sich die Kirche des h. Ka-
ralombos, dahinter das gleichnamige Pilgerhaus und Kloster, zu
denen weiter westlich von der genannten Strasse aus zwischen
einigen Nebengebäuden (Läden etc. der Eingang führt. DieGe-
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 263
bände des Hofes, zu dem man ehvas ansteigt, liegen ungefähr
in derselben Ebene; seine vier Cisternen sind sämmtlich im
Schutt aufgeraauert , -während ringsum der Felsen ganz nahe
unter der Oberfläche ansteht und die ganz in Felsen gehauene
Helenacisterne , deren Wasser von einem zuerst südlich, dann
westlich gerichteten, bedeckten Gange durch ein (jetzt verschlos-
senes) Schöpfloch erreicht werden kann, nur wenige Meter vom
Hofe entfernt ist. An die beschriebene griechische Gebäude-
gruppe schliessen sich westlich einige Läden, eine Ölmühle ''ein
besonders alter Bau, der mit der Grabeskirche nie in^'erbindun^
gestanden hat und die muslimische 'Chänkä«, das Pilgerhaus des
Saladin. Man ist jetzt in der Strasse so viel gestiegen, dass man
sich auf dem Boden und dem Hofe der Chänkä ebenso hoch be-
findet wie die gewölbten Decken der Klausuren neben der latei-
nischen Kapelle der Erscheinung Maria" s sind.
Die von der Härat el-Chänkä südlich abbiegende Strasse im
AV. der Grabeskirche verläuft ziemlich eben, mit einem nur ge-
ringen Gefälle nach S. Der Fussboden der Läden zu beiden Sei-
ten liegt eben so hoch wie das Niveau der Strasse , dagegen be-
deutend höher als der Fussboden der Grabeskirche, so dass z. B.
derMachsan el-Belik über die Kapelle der Syrer bis an die Rück-
wand der Rotunde hineingreift. Weiter nach S. ist eine kleine
Moschee, daran schliesst sich die griechische Klostermühle. Der
Eingang von der Strasse führt zuerst eben, dann wenig abwärts
in eine Anzahl Gemächer und in die Kirche der h. Thekla. An
der von der Patriarchenstrasse nach O. abzweigenden Gasse be-
finden sich südlich zunächst einige Läden , in denen Devotalien
verkauft zuwerden pflegen; daneben führt eineThürin gleichem
Niveau in die Moschee Omar's, vor der nach N. zwei Läden und
ein Garten mit mehreren Bäumen liegen. Die Gasse wird nach
einer kurzen nördlichen Biegung durch eine lange Treppe fort-
gesetzt, die nach O. abwärts führt und an dem freien Platze vor
dem Ha\;ptportale der Kirche mündet. Diesem gegenüber erhebt
sich das griechische Gethsemanekloster. das meist auf sehr alten,
mächtigen Mauerresten erbaut ist. die sich noch ziemlich weit
nach O. fortsetzen und dort einst als die Fundamente der Xord-
inauer des Johanniterhospitals gedient haben.
Ein zweiter Umgang soll uns mit einigen Anlagen theils
IS»
204 G"^^^'
unter dem Boden, theils über demselben genauer bekannt machen.
Treten ■wir auf ebener Erde in das Abraluimskloster östlich am
Vorhof der Grabeskirche ein, so führt die eine Treppe in das
obere Stockwerk hinauf, die andere Treppe (nordwärts; in die
Keller und Magazine hinab, deren Boden viel tiefer liegt als der
Yorhof. den wir verlassen haben. Das grosse Magazin, das sich
unter der einstigen Apostelkirche befindet und an seiner S. -Seite
eine ungemein dicke Mauer hat , setzt sich in ziemlich gleichen
Dimensionen unter dem abessinischen Kloster fort, dem dieser
Kaum als Kloake dient. Auch hier findet sich im S. die gewal-
tig dicke Mauer, jenseits welcher wieder Keller und eine ge-
mauerte Cisterne unter dem neuen griechischen Gebäude liegen.
Nach N. zu nimmt wieder eine gemauerte Cisterne den Boden
unter dem abessinischen Kloster ein; dann folgt die unterirdi-
sche Helenakapelle, darauf zwei den Kopten gehörige Cisternen
'die eine theilweise unter einer Gasse, die andere unter einem
Gebäude), darauf die zurFelsencisterne der Helena führende, im
oberen Theil gemauerte Treppe, endlich noch eine Cisterne ; alle
diese Wasserbehälter sind ebenso wie die schon oben erwähnten
im Karalomboskloster in den Schutt hineingebaut. Dasselbe gilt
von der Cisterne im Johanniterordenshospiz, w^ährend sich etwa
18 m nach OSO. entfernt unter dem Garten des früheren deut-
schen Konsulats eine in den Fels gehauene befindet. Der Unter-
grund neben der Treppe des Hospizes besteht aus einer mäch-
tigen Schuttlage ; denn für die Fundamente der Gebäude an der
N. -Seite der Strasse musste sehr tief gegraben werden, bis man
auf den Felsen stiess. Meine JJeobachtungen in dieser Gegend
konnte ich weiter ausdehnen, als ich vor etwa zehn Jahren wie-
derholt mit der Verlegung der Abtritte in der Grabeskirche unter
das koptische Kloster zii thun hatte. Der Abzugskanal, der etwa
140 m lang ostwärts bis zur alten Stadtkloake läuft, musste da-
mals unter dem koptischen Kloster und eine bedeutende Strecke
weiter durch den lebenden Felsen gehauen, konnte aber dann,
da der Felsen neben der Kirche des h.Karalombos plötzlich auf-
hörte , durch Schutt und Erde w'eitergeführt werden. Wo die
Gasse der porta judiciaria östlich gegenüber überdeckt ist, hob
sich jedoch ebenso plötzlich der Felsen wieder bis auf wenige
Zoll unter dem Strassenpflaster, so dass der Kanal wieder durch
das natürliche Gestein gehaiien werden musste. Dieser Wech-
Die ZAveite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 265
sei zwischen Schutt und Felshoden trat hei der ^yciterfühvung
des Kanals noch einmal ein.
Wir hegehen uns nun in die südliche Hälfte der Gasse Chan
ez-Ztt. Zwischen den Läden vor dem. russischen Platz stehen
die hekannnten drei Säulen . die l'berreste der Propyläen des
Konstantin. Eine vierte, die ich seihst noch gesehen, ist ver-
schwunden, seitdem durch die Mauer eineThür gehrochen wurde,
um in dem hinter derßelhen hefindlichcn Gewölbe ein llolzmaga-
zin anzulegen. Für denselben Zweck wurde das Gewölbe auch
din-ch eine Quermauer von dem nördlichen Theil abgeschlossen,
der jetzt eine grosse Kloake bildet. Der Boden dieser liäurae
sowie der Läden und des vorderen Theiles des russischen Platzes
liegt ziemlich in derselben Ebene, während dieser letztere in der
L'mgebung der beiden alten Pfeiler und wohl auch der Unter-
grund der koptischen Gebäiule einige Meter über der Strasse em-
porragt (vgl. die Durchschnitte Tafel X u.XII). Vor den Säulen
führt eine Freitreppe auf das Dach des den Russen gehörenden
Gewölbes, über dessen Nordende der Weg sich theilt. Der eine
geht abwärts nach N. über das oben erwähnte Holzraagazin und
die Kloake hinweg, vermittelt durch mehrere Thüren den Zu-
gang zu den Zimmern des koptischen Gebäudes und endet nörd-
lich an dem sogenannten Dar Isaak Be, dem jetzigen Arnien-
hause der Lateiner. Der letzte der koptischen Räume im N. ist
ein sehr langes , von O. nach W. sich ausdehnendes niedriges
Tonnengewölbe, an dessen Ende sich das Schöpf loch der Hele-
nacisterne befindet. Ein ähnliches, ebenso langes Tonnenge-
wölbe läuft demselben nördlich parallel ; es gehört zum Dar Isaak
Be und stützt sich im N. auf eine ungemein dicke Mauer, die
zugleich die Grenze gegen die Gebäude des griechischen Kara-
lombosklosters bildet. Der Boden dieser beiden Gewölbe ist et-
was tiefer als der Hof des genannten Klosters , so dass der von
dort zum (verschlossenen Schöpfloch der Helenacisterne füh-
rende schmale Gang^) theilweise hoher liegt. Der andere Weg
führt längs der russischen Mauer nach W., biegt sich nach N.
und führt stark abwärts geneigt zvim Eingang des lateinischen
Armenhauses (Dar Isaak Be) . Hier Mcndet er sich Mieder nach
-W. und endet vor drei Thüren. deren eine uns südwärts in den
1) Er ist erst in neuerer Zeit eingerichtet.
200 Guthe,
Hof der Abessiuier über der Helenakapelle' und in ihr Kloster
bringt, deren zweite nordwärts den Zugang zur Treppe in die
Helenacisterne erötfnet. und deren dritte geradeaus in eine
^"orhalle des koptischen Klosters führt, wo man noch alte Reste
und Säulen an ihrem ursprünglichen Orte vorfindet. An der N.-
Seite bemerken wir zwei Thüren ; wir treten durch die westliche
ein und gelangen in den Ixest eines alten Kreuzganges , in dem
noch sieben Säulen stehen. Unter diesem Kaume hat man neuer-
dings die Felsengräber gefunden, über die ich im vorigen Hefte
dieser ZS. S. 171 f. berichtet habe. Einige Zimmer des koptischen
Klosters dehnen sich über das Gefängniss Christi und die Lon-
ginuskapelle aus. — Auch vom Dar Isaak Be kann das Wasser
der Helenacisterne erreicht werden, nämlich durch ein Schöpf-
loch, dessen Öifnung sich genau über dem am westlichen Ende
des koptischen Tonnengewölbes gelegenen befindet, so dass bei
gleichzeitigem Wasserschöpfen die Eimer leicht aneinander
stossen oder ihre Stricke sich verwickeln i) ,
2. Der Lauf der zweiten Mauer Jerusalems.
Dem aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein, dass
ich in dem vorigen Abschnitt eine grosse Anzahl dicht nebenein-
ander liegender Vertiefungen im Felsengrunde unter und neben
der Grabeskirche nachgewiesen habe. Dieselben sind nicht als
natürliche Lücken des Gesteins aufzufassen, sondern sind künst-
lich und mit Absicht angelegt, da die Eänder hüben und drüben
meist steil abgeschnitten sind, da scharfe, fast rechtwinkelige Bie-
gungen uns entgegentreten, die sich in der Umgebung, wie man
es von einer natürlichen Bihlungsform doch erwarten müsste,
nicht wiederholen, und endlich die Höhe des natürlichen Gesteint
zu beiden Seiten der Vertiefungen die gleiche ist, daher solchen
schroff'en, verhältnissmässig doch niedrigen Einschnitt gar nicht
veraiuthen lässt vgl. die Durchschnitte Tafel X. XH. XHI).
Diese künstlichen Vertiefungen konnte ich nun nach und nach
i; Diese Bemerkungen werden für den hier verfolgten Zweck genügen.
Man beachte noch, dass alle alten Reste auf Tafel VII durch Schraffirung her-
vorgehoben sind. Sollten ergänzende Mittheilungen gewünscht werden, sa
bin ich gern zu weiterer Auskunft erbötig.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 2ö7
zu einem zusaramenhüngenilen Graben verbinden , dessen I^anf
ich auf Tafel VII durch besondere Linien hervorgehoben liabe.
Ich erkenne in ihm einen ehemaligen Stadtgraben und zwar sei-
ner Lage und llichtung nach den zur zweiten Mauer Jerusalems
gehörigen Festungsgraben.
Diese Auffassung muss sich dadurcli als richtig erweisen,
dass sich auf dem inneren (der Stadt zugekehrten) Kande des
Grabens Reste der zweiten Mauer vorfinden. Diese Erwartung
hat mich in der That nicht getäuscht, wie ich zunächst für die
Umgebung der Grabeskirche zeigen will. Vor der Cisterne im
Garten des früheren deutschen Konsulats (s. oben) erstreckt sich
von W. nach O. eine 4 m hohe, senkrecht abgehauene Felswand,
die jetzt die Nordmauer des Gartens trägt. In der gleichen Kich-
tung nach O. Aveiter fand ich in einem türkischen Hause eine
sehr dicke Mauer, die wegen des ihr genau entsprechenden Lau-
fes des Grabens als ein Rest der zweiten Stadtmauer aufzufassen
ist. Die Nordmauer im unteren Stockwerk des Armenhauses der
Lateiner, Dar Isaak Be, steht auf dem inneren Felsenrande des
Grabens, ist mehr als 2 m dick und erstreckt sich nach W. noch
etwas über das Schöpfloch der Helenacisterne hinaus, wo aber
das alte Mauerwerk plötzlich abbricht. Südlich von der Helena-
cisterne finden sich freilich keine Spuren einer alten Stadtmauer.
Bei näherer Überlegung muss dieser Umstand vollkommen be-
greiflich erscheinen, weil die Mauer dem heiligen Grabe gegen-
über bei dem Bau der constantinischen Basilika nothwendig ab-
getragen werden musste. Wo dagegen der Bereich der constan-
tinischen Bauten aufhört, habe ich wieder alte Reste gefunden,
die auf die zweite Mauer zurückzuführen sind. Nämlich die Süd-
wand des Abrahamsklosters ist noch heute 4 m dick und erhält,
wie die neuerdings wegen des Neubaues ') ausgeführten Nachgra-
bungen gezeigt haben, alte und grosse Steine. Über den Lauf
der zweiten Mauer in der Umgebung der Grabeskirche kann dem-
nach kein Zweifel mehr obwalten.
Wie ist aber der Befund auf dem russischen Platze zu erklä-
11 Es ist mir nicht recht klar, welche Stelle Schick hier meint. Die Süd-
wand des Abrahamsklosters steht zum grössten Theil über dem alten Stadt-
graben und hat nicht die Richtung, die die alte Stadtmauer hier haben müsste.
(tVTUE.
26S Guthe,
reu '. Westlich neben der dort entdeckten Thorschwelle stossen
ZAvei Manerlilufe wie die Schenkel eines Winkels zusammen ; der
eine ist hente noch nach X, zu verfolgen bis zu der oben erwähn-
ten dicken Mauer im Dar Isaak lic. der andere reicht heute nur
noch über die Hälfte der Strecke westlich bis zu dem Stadtgra-
ben, hat sich aber wahrscheinlich einst bis zu der auch hier den
Rand desselben krönenden Stadtmauer erstreckt. So erhalten
wir ein längliches, theils durch Stadtgraben und Stadtmauer,
theils nur durch Mauern eingeschlossenes Viereck, das eine Burg,
eine Akra, gewesen zu sein scheint. Jerusalem hatte mehrere
solcher Kurgen, die Akra genannt wurden , deren eine ich hier,
auf dieser dominirenden Stätte neben der Grabeskirche, ansetze,
wo schon Robinson , Wilson und Wahren die nach ihrer Mei-
nung einzige Akra Jerusalems verzeichnet haben. Solche Hurgen
waren grosse, viereckige feste Gebäude , die durch ähnliche
Aussen werke, Avie sie die jetzige (/itadelle hat, vertheidigt wer-
den konnten. Sie waren in der Regel zugleich die Regierungs-
sitze der Statthalter und umfassten daher Höfe , wo Gericht ge-
halten werden konnte , wo sich die Parteien versammelten und
die Soldaten sich aufliielten. Von diesen Gedanken aus habe
ich die auf dem russischen Platz gefundenen alten Reste zu dem
auf Tafel IX und X dargestellten Bilde verbunden. Der eigent-
liche, grössere Vorhof im S. zerfällt in zwei Theile, einen niedri-
geren, über den ein Weg von O. nach AV. aus der Stadt hinaus-
führte, und einen höheren, durch Stufen zugänglichen, der mit
grossen Steinplatten gepflastert war. Diese Terrasse war ein
»Hochpflasteru, ein »Forum«, und grenzte gegen W. an eine Ge-
richtshalle, wo amtliche Geschäfte abgewickelt und Volksange-
legenheiten besorgt wurden. Unter dem nördlich benachbarten
Thurme (mit Fallgitter) öffnete sich der Haupteingang zur Burg,
der zunächst wieder in einen geschützten Hof führte, von dem
das Bollwerk nach aussen hin vertheidigt ■werden konnte. Inner-
halb dieses freien Raumes befanden sich auch die Schöpf löcher
der in den Felsen gehauenen Cisternen, während man innerhalb
der eigentlichen Burg solche Anlagen entweder aus Rücksichten!
der Bequemlichkeit oder der Gesundheit vermieden hatte. Nachl
der Stadtseite zu bedurfte es eines solchen , den Zwecken der
Vertheidigung dienenden Umganges nicht. Das Thor über der
jetzt gefundenen Schwelle führte von der östlichen Stadt und
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 269
dem Markt in die l^urg und zwar zunächst in den doppelten A'or-
hof, ül)er diesen hinüber zu einem eigentlichen, nach W. sich
öffnenden Stadtthor, das ich als Ephraimsthor bezeichne. Einige
Stufen theils innerhalb, theils ausserhalb des Thores führten in
den Stadtgraben hinab, ^vährend an der anderen Seite der Weg
etwa auf einer Rampe hinaufstieg. Mit Hülfe dieser Annahmen
gelingt es . die Funde auf dem russischen Platz in "N'erbindung
mit dem Lauf der zweiten Mauer zu deuten.
Auf Tafel YIII habe ich nicht nur den Lauf der zweiten
Mauer, sondern auch die ganze nördliche Hälfte der alten Stadt
Jerusalem zu rekonstruiren versucht. Der Tempelplatz 1) in seiner
Ausdehnung zur Zeit Salomo's, 2) in seiner Erweiterung durch
Ilerodes nebst der Burg Antonia ist in einfacher grauer Schraffi-
rung dargestellt. Die Nordgrenze des salomonischen Tempelbe-
zirks lasse ich mit dem Nordende der heutigen Plattform zusam-
menfallen. Die Erweiterungen des Herodes sind aus der Le-
gende des Planes ersichtlich , ebenso die Stellen , die ich den
Thoren des Tempelplatzes und den Gebäuden ausserhalb der
SW. -Seite zuweise. Die zweite Mauer, Avie Nehemia sie wieder
herstellte, ist in schwarz aufgetragen. Ich nehme das verschüt-
tete Mauerstück ausserhalb der jetzigen Ostmauer des Haram
esch-Scherif in sie auf und lasse sie bei dem jetzigen Salomons-
thron in den Raum des gegenwärtigen heiligen Platzes eintreten.
Dort stand der »Saal an der Ecke« Neh. 12, 39 und das ebend.
erwähnte Kerkerthor, zu welchem man aus dem jetzt verschütte-
ten Seitenthal des Kidron hinaufging. Einen anderen Zugang
zur Stadt aus demselben Seitenthal bot das Schafthor Neh. 3, 1,
das seit den Erweiterungen des Herodes unter der Oberfläche
des Tempelplatzes begraben liegt. An der Stelle der späteren
Antonia und der heutigen Kaserne standen die Thürme Mea und
Hananel Neh. 3, 1. 12, 39). In der iNIulde des Tyropöonthales
befand sich das Fischthor Neh. 3, 3. 12, 39, an der Stätte des
heutigen Johanniterhospizes das alte Thor a. a. O. Die dortige
Strassenkreuzung liegt über dem ehemaligen Stadtgraben, das
Thor setze ich daher südlich von derselben an und fasse das alte
Gemäuer an der N.-Seite der Kreuzung als den Rest eines Ge-
bäudes, nach welchem dieser Ausgang eigentlich »Thor des ;der)
alten . . . . « hiess. Die burgartige Ecke der ]Mauer entspricht
dem «Stuhl des Landpflegers«f Neh. 3, 7 und ist ebenfalls unter
270 Guthe,
dem »mittleren Tliurm der nördlichen Mauer« des Josephus Bell,
jud. V. 7, 4 zu verstehen. Nach Neh. 12, 39 folgt das Thor
Ephraim, das nach Kün. II. 14. 13 vom Eckthor 400 Ellen ent-
fernt war. Die Mauer war dort erbaut , wo der Boden sich nach
S. und SO. zu senken beginnt; sie ist im Mittelalter in die Nord-
mauer des Johanniterhospitals aufgenommen worden und in ihren
Resten noch heute dort erhalten vgl. oben S. 2^3], Neh. 3, 8
folgt die Erwähnung der breiten Mauer, die einen vorläufigen
Anschluss der zweiten Mauer an die erste gebildet haben mag.
Sie wurde »breit« genannt , weil sie dammartig war und die öst-
liche Einfassung des früher noch längeren Hiskiateiches bil-
dete*). Nun werden Neh. 3, 9 — 11 viele Bauleute genannt,
ohne dass ihre Werke angegeben und das Eckthor genannt
würde, das doch hier gelegen haben muss ; denn die Kön. II.
14, 13 (Chron. II. 25, 23) angegebene Entfernung vom Ephraim-
thor kann nur nach W. gemessen werden, weil die breite Mauer
nach Neh. 12, 3S westlich vom Thor Ephraim sich befimden hat.
Dass das fragliche Thor an einer Ecke gelegen hat, beweist ausser
seinem Namen auch Chron. II. 26, 9 : »Usia baute Thürme zu
Jerusalem am Eckthor und am Thalthor und an anderen
Ecken«. 400 jüdische Ellen sind ungefähr 190 m. In dieser
Entfernung vom Thor Ephraim nach W. und 42 m von der N W.-
Ecke des Hiskiateiches nach N. ragt an der Biegung der Gasse
altes Mauerwerk aus dem Boden, dort erblicke ich die Stelle des
Eckthores. Neh. 3, 11 befind,en wir uns aber bereits bei dem
heutigen Davidsthurm , der mit dem Phasael des Herodes und
dem Ofenthurm Neh. 3, 11. 12, 38 identisch ist. Daher beziehe
ich die Arbeit der Neh. 3, 9 — 11 genannten Bauleute auf die
Strecke zwischen dem heutigen Davidsthurm und dem Anschluss
der breiten an die zweite Mauer.
1) Anmerkung des Herausgebers : So bestimmt Schick in den Mit-
theilungen vom 10. Juni ISSö und auf Tafel VIII die breite Mauer. Indem
aus Petersburg mir zugesandten Text vom Jahre 1SS3 schwankt dagegen
Schick zwischen zwei Ansätzen. Das eine Mal erklärt er die breite Mauer
für die erste, vom heutigen Kastell Citadelle] sich ostwärts bis an die west-
liche Halle des Tempels erstreckende Umwallung der Stadt, das andere Mal
lässt er sie mit der zweiten Mauer zwischen dem Thore Ephraim und dem
Kckthore zusammenfallen. Vgl. meine Bemerkungen am Schluss der ganzen
Darstellung. GuTHE.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am li. Grabe. 27 1
Während ich früher der Meinung -war, dass die zweite Mauer
sich etwas östlich vom Davidsthurni mit der ersten verbunden
habe und dass desshalb etwa vor der NW, -Ecke der Kesidenz
des anglikanischen liischofs das Thor Gennath zu suchen sei,
bin ich im Sommer d. J. eines anderen belehrt worden. Im Juni
1885 wurde nämlich wegen der neuen Strassenpfiasterung die
Gasse, die zwischen den Geschäftshäusern der Herren Duisberg
und Frutiger im O. und dem von einer Mauer umgebenen leereu
Platz des griechischen Patriarchates im Vi. nordwärts hinauf-
führt, bedeutend erniedrigt und zugleich ein Abzugskanal unter
derselben angelegt. Im Boden fand man Reste einer Mauer
mit grossen Steinen , die zweifellos die Innenseite derselben bil-
deten. Da ich nun bisher angenommen hatte, dass das Geschäfts-
haus von Duisberg und Frutiger auf der zweiten Mauer stehe,
so rausste ich unter der Gasse die Aussenseite derselben erwar-
ten und fühlte mich durch die Wahrnehmung des Gegentheils
enttäuscht. Die Steine Avurden damals zerschlagen und wegge-
schafft. Im August d, J. schritt nun der griechische Patriarch
zur Ausführung eines schon von seinem Vorgänger Kyrillos ge-
fassten Planes, nämlich auf dem oben erwähnten Platze ein von
mir entworfenes grosses Gebäude zu errichten, in dessen Erdge-
schoss einBazar von 30 Läden und in dessen oberen Stockwerken
ein Hotel mit 50 Zimmern eingerichtet Averden sollte. Als man
die Fundamente grub , stiess man genau dem Eingang von Fru-
tiger & Cie. gegenüber, 4,50 m von demselben entfernt, auf ganz
unzAveideutige Reste einer Stadtmauer, und zwar auf ihre nach
W. gekehrte Aussenseite. Am 4. September Avurden sie auf
eine lange Strecke hin blosgelegt und zeigten von unten her gut
gearbeitete, fugengeränderte Steine mit rohen, bauchartigen
Flächen, darüber eine Lage glatt gehauener Steine, die denen am
Klageplatz nur nicht in der Grösse gleichkamen und denen des
DaAidsthurraes am ähnlichsten Avaren. Ihre Höhe betrug gegen
1,50 m. Die Mauer Avar so fest, dass die Arbeiter sie für Felsen
hielten. Als später auch auf der Avestlichen Seite des Platzes ge-
graben Avurde, stiess man erst in einer Tiefe von 10 m auf festen
Grund, ohne irgendAvelche Mauerreste zu finden. Offenbar hat
also diese Seite des Platzes bereits ausserhalb der zAveiten Stadt-
mauer gelegen. Verlängert man nun die Linien der soeben er-
Avähnten Mauerstücke, deren erstes die Innenseite, deren zAveites
.f-ty Gulhe,
die Aussenseite darstellt . nach S.. so ergiebt sich, dass hier die
zweite Mauer in einer Dicke von ungefähr 3 m auf die Mitte des
Da^"idsthurmes oder zunächst auf die Ostmauer des nördlichen
Vorbaues zulief, der jetzt zum Theil auf der alten Stadtmauer
ruht. Meine frühere Annahme \, dass der Davidsthurm der Pha-
sael des Herodes sei, Avird dadurch insofern bestätigt, als jetzt
die Verbindung desselben mit der z av e i t e n Mauer so gut Avie
nacho-CAviesen jst , der Ilippikus aber für die dritte Mauer als
Auso-angspunkt diente und daher AA-estlicher gelegen haben muss.
Er entspricht dem Thurme unmittelbar südlich neben dem heu-
tio'en Jafathor^ und die Mauer, die heute den Südrand des Burg-
grabens bildet, entspricht dem Stück der ersten Mauer, Avelche:^
den Hippikus mit dem Phasael A^erband. Das Thor Gennath. hi
der alten Mauer gelegen (Josephus ß. J. V. 4, 2j, setze ich in die
Nähe des Phasael, AAestlich A^or dem mir AAahrscheinlichen An-
schluss der zAAciten an die erste Mauer. Oder die zAveite Mauer
verband sich durch eine östliche Biegung mit der ersten; dann
Avürde das Thor Gennath vielleicht östlich A'on dem Phasael ge-
legen haben. — Vom Hippikus zog sich die alte Mauer in das
Thal hinab zum Thalthor, das nach seiner dortigen Lage benannt
Avar und mit seinen Befestigungen als ein VorAverk für die höher
liegenden Thürme diente. Der Weg führte von demselben un-
terirdisch. AA-ie noch heute in Kerak, zur Stadt hinauf und folgte
dann der Richtung des heutigen Burggrabens.
Tafel VIII bringt ausserdem die AbAA-eichungen der dritten
Mauer von dem Lauf der heutigen Stadtmauer in ihrem AACSt-
lichen Theile zur Anscha\uing. Auch hier bin ich in meiner Re-
konstruktion den Spuren des alten Stadtgrabens gefolgt 2).
Tafel IX und X zeigen im Grundriss und im Durchschnitt
die Lage Golgotha's und des heiligen Grabes ausserhalb der
zAveiten Mauer, mithin ausserhalb des Gebietes, das Jerusalem
zur Zeit Christi einnahm Job. 19. 17. Matth. 27, 32. Ilebr. 13.
1 2) . Der Hügel Golgotha erhob sich demnach unmittelbar neben
dem Stadtgraben und dem Thore Ephraim gegenüber, «nahe bei
der Stadt« (Joh. 19, 20 ; gcAviss gingen dort viele Menschen vor-
1; S. ZDPV. I, 226 fr. Der Davidsthurm in Jerusalem.
2) Vgl. ZDPV. I, 15 ff., Avo ich den alten Stadtgraben im NAV. nachge-
wiesen habe.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 273
Über (vgl. Matth. 27, 39. Mrc. 15, 29). Ich habe den Schraer-
zensAveg auf beiden Tafehi durch kleine Kreuze angegeben. Er
begann bei der Antonia und führte nach einer südwestlichen Hie-
gung durch den Thalgrund, imweit des alten Fischthores. Durch
dieses Thor kam Simon von Kyrenc in die Stadt hinein, der ge-
zAvungen Avurde , Jesu das Kreuz nachzutragen. Atis dem Thale
setzte sich der Weg in Avestlicher Richtung, die heutige "^Akabet
et-Tekje hinauf, fort, lenkte vom Markte, dem jetzigen Chan ez-
Zet, zu der oben beschriebenen Burg neben der zweiten Mauer um
(vgl. Tafel IX), überschritt die neugefundene Schwelle auf dem
»russischen Platze« , durchschritt die Wachthalle auf der Stelle
des jetzigen Thorbogens und führte durch das Thor Ephraim
nach der Golgotha genannten Höhe hinaus. — Dass in der Ge-
gend der heute gezeigten Grabesstätte wirklich altjüdische Grä-
ber angelegt zu werden pflegten, habe ich durch meine Mitthei-
lung in ZDPV. VIII, 171 ff. erwiesen. Es konnte also auch der
Kathsherr Joseph von Arimathia hier ein Grab in seinem Garten
haben aushauen lassen.
3. Die Bauten Constantins am heiligen Grabe.
Durch die Eroberung Jerusalems 70 nach Chr. w^urde die
ZAveite Mauer stark zerstört und der Stadtgraben vor derselben
mit einer grossen Menge Schutt angefüllt. Erst der Kaiser Con-
stantin Hess an der Stätte dieser Ruinen neue grosse Bauten auf-
führen , die der Bischof Eusebius von Cäsarea als Augenzeuge
beschrieben hat^). Er beginnt bei seiner Beschreibung im W.,
am Grabe Christi, rückt nach O. vor und endet bei den Propy-
läen am Markte. Die heilige Höhle wurde nach Eusebius aufs
glänzendste geschmückt und mit Säulen umstellt. An der öst-
lichen Seite dieser Anlage, der «Anastasis(f (Auferstehung , wurde
unter freiem Himmel ein geräumiger Platz angelegt, mit geschlif-
fenen Steinen gepflastert und auf drei Seiten mit Säulenhallen
umgeben. An der vierten, der O. -Seite, erhob sich die Basilika,
ein grossartiger Bau von gewaltiger Höhe und bedeutender Länge
wie Breite. Der Boden und die Mauern waren im Innern mit
bunten Marmorplatten belegt; die Aussenseite der Wände be-
1) Vita Constantini III, c. 33—40.
274 Guthe.
?tand aus polirten und sorgfältig gefügten Steinen. Das Dach
war nach aussen mit Blei gedeckt . nach innen dagegen fein ge-
täfelt und mit glänzendem Golde überzogen. Das Hauptschift"
hatte rechts und links je zwei Seitenschifle, deren Säulen theils
unter, theils über 'der Erde standen und deren Decken ebenfalls
mit Gold verziert waren. Während die Seitenschiffe sich auf fein
gearbeitete Pfeiler stützten , wurde das Mittelschiff von mächti-
gen Säulen getragen. Drei nach O. gerichtete Thore gewährten
den Gläubigen Zutritt. Ihnen gegenüber ragte der krönende
Theil des Ganzen, das Hemisphärion. empor, das von zwölf Säu-
len — nach der Zahl der zwölf Apostel — umstellt war und die •
Höhe der Basilika erreichte. Unter diesem Kuppelbau — denn
eine Kuppel ist ein eigentliches Hemisphärion — stand wohl der
Altar, der freilich als selbstverständlich nicht erwähnt ist. An
die beiden Langseiten der Basilika grenzten Vorhöfe und an
diese Säulenhallen. Im O. neben dem Markte waren endlich die
prächtig ausgeführten Propyläen . die den eigentlichen Eingang
von dieser Seite her bildeten.
ToBLER u. A. sind der Meinung, dass Eusebius dort, wo er
das Hemisphärion erwähnt, auf die Höhle zurückgehe und die
sie umgebende Rotunde die Anastasis) beschreibe ; aber sicher-
lich mit Unrecht. Vielmehr nehmen Williams u. A. richtig an,
dass das Hemisphärion zur Basilika gehört habe, die als das
Hauptgebäude auch nothwendig einer Krönung bedurfte. Wenn
auch die abendländischen Basiliken keine Kuppel haben, so feh-
len doch solche den orientalischen nicht ^] oder sind sogar, wie
bei der Hagia Sophia in Konstantinopel , in der Mehrzahl vor-
handen. Schon Lewin 2' hat darauf hingewiesen . dass man sich
bei der Rekonstruktion des alten Baues von den charakteristi-
schen Eigenthümlichkeiten des gegenwärtigen Baues müsse lei-
ten lassen . da bei den Erneuerungen stets die alten Ideen beibe-
halten worden seien. So schliesse ich aus der jetzigen Anlage,
dass auch der ursprüngliche ]3au zwei Kuppeln und einen Rund-
gang hinter dem Altare gehabt hat. Dagegen ist der grosse Platz
zwischen der Anastasis imd der Basilika auf ein Geringes zusam-
mengeschrumpft, da man beim Neubau nach einer eingetretenen
1] S. [Otte?; Geschichte der Baukunst Leipzig 1860) 96.
2) The siege of Jerusalem London lSG3j 377.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 275
Zerstömng die Basilika immer mehr nach W. einrückte, so dass
ihr jetzt das Katholikon entspricht. 1)k Vogük, .Sepp u. A. irren
gerade darin, dass sie den Worten des Eusehius schnurstracks
entgegen den grossen Hof an die (). -Seite verlegen.
Von dieser Auffassung aus und in steter Rücksicht auf die
alten Reste habe ich die auf Tafel XI dargestellte Rekonstruk-
tion des »Martyriums« , wie der ganze liau auch genannt wird,
unternommen. Man wird leicht bemerken , dass der Bau auffal-
lender Weise eine gebrochene Achse hat. Doch kommen in alten
Gebäuden ungleiche Winkel imd desshalb wechselnde Achsen
gar nicht selten vor, zumal da hier die vorhandenen Reste der
alten Stadtmauer benutzt wurden und diese ja ungleiche Winkel
haben (vgl. auch die Masse des Felsendoms).
In der Anastasis haben wir noch den ursprünglichen äusse-
ren Halbkreis mit drei Apsen. Auch die Säulenstellung wird von
der jetzigen Anordnung der Pfeiler nicht sehr verschieden gewe-
sen sein. Ich nehme an, dass sich ursprünglich vier Paar Pfeiler,
durch je drei Säulen getrennt, gegenüber gestanden haben. Das
ergiebt 20 Stützpunkte, während heute nur 18 vorhanden sind;
aber es lässt sich nicht verkennen, dass an den Pfeilern der süd-
lichen und nördlichen Apse Veränderungen vorgenommen wor-
den sind. Daher glaubte ich in der Rekonstruktion die Symme-
trie herstellen zu dürfen. Die Höhe der Kuppel habe ich nach
dem jetzigen Bau bemessen. Die Grabkapelle ist nach deVogüe
gezeichnet.
Die zwei Flügel der westlichen Säulenhalle des Hofes fallen
auf Stützpunkte (Pfeiler) der heutigen Kirche ; die feste Mauer
des südlichen entspricht der W. -Mauer der Grabeskirche und der
S. -Mauer des Glockenthurmes, während ich den nördlichen auf
die lateinische Kapelle der Erscheinung Maria's gesetzt und nach
N. verlängert habe. Der freie Platz misst durchschnittlich 40 m
zu 45 m, also 1800 m im Quadrat. Das Atrium der ältesten Pe-
terskirche in Rom war 2600 m im Quadrat.
Der fünfschiffigen Basilika gebe ich eine Länge von 65 m
und eine Breite von 45^/4 m; sie deckt also einen Raum von
3000 m im Quadrat. Die erste Peterskirche in Rom hatte auch
fünf Schiffe , nahm aber einen noch grösseren Raum ein. Dort
standen 23 Säulen in einer Reihe, die Säulen des Mittelschiffes
waren 1 1 m hoch. d.h. ein Drittel der ganzen Höhe des Gebäudes,
276 Guthe,
uuJ die Weite des Mittelschiffes betrug 24 m. Ich habe für die
Basilika in Jerusalem die Weite des Mittelschiffes zu 20 m ange-
nommen, je 17 Säulen in eine Keihe gestellt, ihre etwas geringer
bemessene Höhe auch als ein Drittel der Höhe des ganzen Ge-
bäudes betrachtet und danach dasselbe in den Durchschnitten
Tafel XII und XIII etwa ebenso hoch wie die Kuppel über dem
Katholikon angesetzt. Die räthselhaften Säulen unter der Erde,
die vielen Gelehrten, z. B. auch Tobler, ganz unverständlich
geblieben sind, bildeten ein unteres Stockwerk in dem tiefen
Raum des alten Stadtgrabens ;vgl. die Durchschnitte) . Nach der
alten Tradition sollen die Kreuze von Golgotha in den Stadtgra-
ben geworfen sein ') ; daher bin ich der Meinung, dass man die
Kreuze in der Helenakapelle gefunden hat, dass aber die heutige
Kapelle der Kreuzfindung ursprünglich eine Cisterne war, deren
Wand bei dem Bau der Basilika durchbrochen wurde , um eine
noch tiefer liegende Stätte zu erhalten. Über dem Orte der
Kreuzfindung Avird sich innerhalb der Basilika eine Kapelle er-
erhoben haben, ähnlich der heutigen.
Die Schiffe der Basilika habe ich nach den jetzigen Mauer-
zügen abgetheilt. Die östliche Aussenmauer fällt auf die alte
Wand der Russen und Kopten (d. i. die Ostmauer der Bing Ta-
fel IX) , die südliche auf die durch die russischen Ausgrabungen
völlig freigelegten Reste , die nördliche auf die entsprechende
Mauer des Tonnengewölbes der Kopten neben dem Dar Isaak Be
^s. oben S. 265 , die westliche habe ich nach festen, auf dem
Felsen ruhenden Mauern der heutigen Grabeskirche angesetzt.
Auch die inneren Abtheilungen der Schiffe fallen mit jetzigen,
Mauern zusammen; schon de Vogüe hat in der NW^.-Ecke des
abessinischen Hofes einen alten Rest der Basilika selbst erkannt
und als solchen abgebildet - , ihn aber irrthümlicher Weise dem
Atrium zngetheilt, Avährend er dem Winkel des Mittelschiffs
dort, wo dasselbe an die Vorhalle stiess, entspricht. Die Pfeiler-
stellung des nördlichen Seitenschiffes fällt auf die S. -Mauer des
koptischen Klosters und weiter nach O. auf Unterbauten des Dar
Isaak Be, die des südlichen Seitenschiffes auf Reste , die durch
die russischen Ausgrabungen zu Tage gefördert sind. Nach
1 So noch Marinls Saxutl'S und Fabri bei Tobler, Golgotha S. 309.
2; Les Eglises de la Terre Sainte Paris 1S60; 126.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantius am h. Grabe. 277
diesen Spuren habe ich die Zwischen vilnmc der Pfeiler für das
Ganze berechnet.
Die drei Eingangstliüren werden von vieh-ii Forschern im ().
bei den Proi)yläen angesetzt. Aber diese AnMalimc widerspricht
sowohl dem gegenwärtigen Hefund, als auch der Hesclireibung
des EusEiuus, insofern dieser das Ilemisphilrion, den Ilanpttheil
des ganzen Baues, an die O. -Seite verlegt, und diesem, der auch
den Altar nach meiner Meinung enthielt, die llaupteingänge
nicht wohl nahe sein konnten, sondern ihm vielmehr gegenüber
liegen raussten. Wenn Eusebius von den drei Thoren sagt, dass
sie nach Sonnenaufgang gelegen seien, so ist diese Angabe
wahrscheinlich von der Seite des heiligen Grabes aus zu ver-
stehen. Auf dem «grossen Hofect zwischen der Anastasis und der
Basilika trafen die Andächtigen zusammen. Wer aus den süd-
lichen und westlichen Stadttheilen herbeieilte, trat dort ein, wo
noch heute der Haupteingang ist; wer aber von dem östlichen
Stadttheil aus die Basilika besuchen wollte, ging durch eines
der Thore am Markt zu den Vorhöfen, die sich rechts und links
zwischen den Längsmauern der Basilika und je einem äusseren
Portikus ausdehnten, und gelangte von diesen auf den grossen
Hof. Die beiden oberen Pfeilerreste auf dem »russischen Platzetc
sehe ich als Überbleibsel des südlichen Portikus an ; nach ihnen
habe ich den Abstand zwischen den Pfeilern der Portikus über-
haupt bestimmt. Die Anordnung der Dächer der Basilika und
der Seitenhallen ergiebt sich aus den Durchschnitten.
Für die Rekonstruktion der Propyläen habe ich den Pilaster
am russischen Magazin ^) als Eckpfeiler betrachtet und nach den
benachbarten Säulenresten den Abstand der einzelnen Säulen
berechnet. Der Mitte der Basilika gegenüber war wohl der
Hauptbogen ; neben ihm nehme ich an jeder Seite noch fünf
Bogen an. Ob dies das Richtige trifft, muss dahingestellt bleiben,
bis die jetzt durch Läden und Werkstätten verdeckte Fortsetzung
der betreffenden Wand genauer untersucht werden kann. Trat
man zwischen den Sävüen ein, so befand man sich auf einem un-
bedeckten, schön gepflasterten Platz, der rechts und links durch
eine Halle abgeschlossen wurde, aus der man nach N. und S. ins
Freie hinaus und seitwärts auf Stufen in die schon erwähnten
1) Vgl. oben S. 253. 255. • GuTHE.
Ztschr. d. Pal.-Ver. VUI. 19
.-)-7c Guthe,
^■o^hüte gelangen konnte. Wer im 8. nicht die Treppe seitwärts
wählte, kam gerade aus weiter in eine Thorhalle, die von S. einen
Wc'' aus der Stadt her aufnahm und sich nach W. auf eine Gasse
öffnete, die etwa dort mündete, wo heute der llaupteingang zur
Graheskirche ist. In dieser Gasse waren Kaufläden und Ge-
schäftsstellen für die Bedürfnisse der Pilger, wie sie hei Wall-
fahrtsorten von jeher eingerichtet zu werden pflegten.
III. Bemerkungen des Herausgebers.
Ich darf mich wohl der Hoflnung hingehen, dass es mir we-
der Herr Baurath Schick noch die Vertreter der russischen Pa-
lästinagesellschaft verargen werden, w^enn ich als der Heraus-
geher ihrer Arbeiten in einer deutschen Zeitschrift einige
Bemerkungen hinzufüge, die sich mir hei der Beschäftigung mit
denselben aufgedrängt haben. Grundlegend und darum am
wichtigsten ist die Bestimmung des Laufs der zweiten Mauer.
Die Merkmale, nach denen Schick sie vollzieht, erschei-
nen durch mehrere Umstände gesichert: durch die offenbar
künstliche Anlage des Grabens im natürlichen Gestein, durch
die mehrfach gefundenen Mauerreste auf dem inneren Rande,
durch die genau entsprechende ^'erbindung von Graben und
Mauer in der dritten Umwallung der Stadt. Was die Darstellung
des Mauerlaufs auf Tafel MIl anlangt , so wäre es richtiger und
lehrreicher gewesen, wenn Schick die noch vorhandenen alten
Reste und die nur auf ^'ermuthung beruhenden Stücke der
Mauer in augenfälliger Weise unterschieden hätte, üoch ersetzt
Tafel YII diesen Mangel wenigstens für die Umgebung der Gra-
beskirche.
Die Verbindung der verschiedenen Reste auf und neben dem
russischen Platze zu einem burgartigen Gebäude /lafel IX und
Xj ist geschickt und scharfsinnig vollzogen; doch die Burg als
eine Akra zu bezeichnen, ist iiTeführend. Denn Josephus kennt
offenbar nur eine x\kra in Jerusalem; es ist also willkührlich,
die Stadt mit einer zweiten Akra zu bereichern. Da die Akra des
Josephus auch nicht an der Stelle der Schick' sehen Burg gelegen
hat, so ist der Name Akra von dieser Stätte rücksichtslos zu
streichen, damit die böse \'erwirrung in der Topographie Jeru-
Die zweite Mauer Jerusalems u, die Bauten Constantins am h. Grabe. 279
salems nicht neue Nahrung erhalte. Die Ihir^ seihst kann ohne
diesen Namen bestehen, und ihre Beziehimg auf Neh. 3, 7 und
Josephus B. j. V. 7, 4 ist ausserdem viel ansprechender, als ihre
Henennuuf? Akra'). Yermuthlich ist auch Schick an dersel-
ben nicht viel gelegen.
Schick verlegt in die zweite Mauer ausser dem Kerkerthore
fünf Thore ; von diesen glaube ich zwei der ersten Mauer zuwei-
sen zu müssen. Nämlich das Thor Ephraim und das Eckthor
werden schon Kön. II. 14, 13 gelegentlich der Kegierung des
Amazja erwähnt, d. h. etwa 70 Jahre früher als Hiskia, dem
Chron. II. 32, 5 der Bau der »anderen Mauer draussen«, d. i. der
zweiten Mauer des Josephus, zugeschrieben wird. Also haben
sie der ersten (alten) Mauer angehört und zwar, wie aus dem
Namen Thor Ephraim zu entnehmen ist, ihrem nördlichen Laufe
zwischen der heutigen Citadelle und dem Haram esch-Scherif.
Daraus erklärt sich zunächst, dass weder das eine noch das an-
dere Thor in dem Berichte Neh. 3 genannt ist. da dieser allein
von der äusseren , der zweiten Mauer handelt. Obwohl nun das
Thor Ephraim in dem Bericht über den Weg des zweiten, nörd-
lich ziehenden Dankchores Neh. 12, 38 f. genannt ist, so hat
dieser das Thor selbst doch nicht berührt, sondern ist oberhalb
desselben [b by'a) vorbeigezogen. Als solche Thore, die der Zug
wirklich berührt [b^], werden Neh. 12, 39 genau dieselben ge-
nannt, die in dem Bericht Neh. 3, 1 ff. zwischen dem Kerker-
thor und dem Ofenthurm aufgeführt werden , nämlich , um von
W. ^vom Ofenthurm; zu beginnen, das alte Thor^ , das Fisch-
thor und das Schafthor, und diese müssen die drei Thore der
zweiten Nord-) Mauer Jerusalems gewesen sein.
So dunkel auch der Anfang der l^eschreibung Neh. 12, 38 f.
erscheint, so wird doch mit Sicherheit angenommen werden
können, dass die Aufzählung der Punkte Ofenthurm, breite
Mauer, Thor Ephraim von W. nach O. gemeint ist. Das Thor
Ephraim setze ich etwa dort an, wo sich heute in der Mitte z wi-
ll Dass »der Stuhl des Landpflegers« eine Örtlichkeit Jerusalems bezeich-
net, ist doch wahrscheinlich. Vgl. Keii. zu Neh. li, 7.
2) Ich behalte der Kürze wegen diesen Namen bei, da wir die richtige
und vollständige Benennung nicht kennen. ScuiLTZ, Thexius undBERTUEAU
ergänzen »Stadt«, Hupfeld undAiiNOLD »Mauer«, Hitzig »Teich». Die ersten
beiden Ergänzungen treffen jedenfalls das Richtige nicht.
19»
280 Guthe,
scheu der C'itadelle und dem Haram esch-Selieiif die Haupt-
strassen von W. nach O. und von 8. nach N. kreuzen, als den
llau])tausgang des alten Jerusalem nach dem Gebiete von
Ephraim. Die Nachricht Kün. II. 14. 1."^ bestimmt die Entfer-
nung zwischen ihm und dem Eckthor auf 400 Ellen oder, die
Elle zu 0.45 m gerechnet, auf 180 m. Messen wir nun nach O.
hin, so bringen uns 180 m bereits an den steilen Kand des Tyro-
pöonthales. Dort hat aber schwerlich ein Thor gelegen, weil wir
vielmehr auf oder neben der Thalsohle eine Hauptstrasse anneh-
men müssen, die im S. durch das Quellthor, das mit dem Thor
zwischen den beiden Mauern zusammenfallen wird Kön. IL 25,
4), in die Stadt eintrat, in dem Mittelthore Kön. II. 23, 8) die
alte Nord- Mauer unweit des Tempelplatzes, in dem Fischthore
die zweite Mauer und in dem heutigen Damaskusthore die dritte
Mauer durchschnitt. Ferner hat der König Joas von Israel die
grosse Ikesche neben dem Thor Ephraim Kön. II. 14, 13) doch
gewiss da brechen lassen, wo das Stadtgebiet von Natur leicht
zugänglich war, und dieses ist nicht östlich von jeuer Strassen-
kreuzung der Fall, wo das Seitenthal des Tyropöon schon tiefer
geworden ist und wie ein natürlicher Graben die alte Mauer
schützte, sondern westlich von demselben, wo das Plateau des
SW. -Hügels durch einen nur w'enig gesenkten Sattel mit dem
hohen Rücken der Wasserscheide zusammenhängt ^j. Wenn wir
daher die 400 Ellen = ISO m vom Thor Ephraim aus nach W.
messen, so gelangen wir in die Gegend zwischen demlliskiateich
lind der Residenz des anglikanischen Bischofs ; hier muss also
wahrscheinlich das Eckthor angesetzt und eine Ecke der alten
Mauer nach S. oder SW. angenommen werden. Freilich kennen
wir heute noch keine alten Reste, auf Grund deren wir eine Ecke
der alten Mauer hier, im O. der Citadelle, ansetzen könnten. Ja
es wird sogar gewöhnlich angenommen, dass die alte Mauer von
dem von mir für das Thor Ephraim bestimmten Fimkte in einer
wesentlich geraden Linie nach dem Fhasaelthurme gelaufen sei.
Gründe sind dafür eigentlich nicht vorhanden , im Gegentheil
sprechen manche Anzeichen, wenn man genau prüft, dagegen.
JosEPHUs sagt ausdrücklich, dass die dreiThürmeHippikus, Pha-
sael und Mariamne auf der alten Mauer gestanden hätten (B. J.
1, Vergl. Taf. I der Terrainkarten von C. Zimmermann.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die liaulen Constantins am h. Grabe. 281
V. 4, 3 f.). Schick erkennt mm den Maviarane-Tluirrn in einem
Thnrm der heutigen Citadelle, der südlich von dem jetzigen Ein-
gang gelegen ist ; dann muss aber auch der Lauf der alten Mauer
iiher diesen Thurm, nicht nord-vvärts an ihm vorbei, gezogen
werden. Nach dieser auf Beobachtung gegründeten Annahme
ist also weiter östlich eine Ecke in der alten Mauer und daneben
ein Thor, das nach NW. auf die Hohe hinausführte, zwischen
dem Thurme Phasael \md dem Thor Ephraim [a. o.) gar nicht so
unwahrscheinlich. Ferner weist eine Angabe des A. T. darauf
hin , dass die Befestigungen am Orte der heutigen Citadelle all-
mählich und zwar nach dem ersten Bau der Ringmauer aufge-
führt Avurdcn. Usia baxit »Thürme auf dem Eckthor, auf dem
Thalthor und auf dem Knick« oder Winkel) Chron. IL 26, 9,
d. i. an oder neben der heutigen Citadelle \1. A'ielleicht ist der
N\y. -Abhang des SW. -Hügels ursprünglich (von Salomo nur
durch eine einfache Mauer geschützt und erst mit der Zeit durch
mehrere etwas vorgeschobene Bollwerke stärker befestigt worden.
Die salomonische Mauer zog vielleicht an der inneren .Seite der
jetzigen Citadelle vorüber und veränderte in einiger Entfernung
südlich vom Hiskiateiche die nördliche (nordöstliche) Kichtung
in eine (rein) östliche. Diese Biegung war vielleicht »die Ecke«
des alten Jerusalem, deren Wichtigkeit aus dem daneben befind-
lichen Thor und aus der nach NW. offenen, wenigstens von der
Natur ungeschützten Lage der Stadt begreiflich wird. ])ürfen
wir Sacharja 14, 10 »das Thor der Ecken« auch von dieser Stelle
der Stadtmauer verstehen, so scheint dort die ausdrückliche An-
gabe enthalten zu sein, dass dieses Thor (vgl. Jer. 3t, 38) zur
Zeit des Verf. nicht mehr bestanden hat ; denn es heisst dort :
»vom Thore Benjamins bis zum Orte des früheren Thores, bis
zum Thore der Ecken«. Auch die Veränderungen und Neubau-
ten des Herodes an dieser Stelle sind aus Josepfius Bell. jud. A'.
4, 3 f. bekannt. Man muss daher auch mit der Möglichkeit rech-
nen , dass die ursprüngliche Linie der alten Mauer in der Nähe
der Citadelle später verändert worden und die »Ecke« des zuletzt
besprochenen Thores uns unwiederbringlich verloren gegan-
gen ist.
1) Hiermit berichtige ich zugleich die irrige, von Schick oben S. 270
verwandte Übersetzung dieser Stelle.
2§2 Guthe,
Auf irgend einen Ausgang in der zweiten Mauer rauss jeden-
falls auch das Thor Benjamin Jer.37, 13. 38, 7. Sach. 14, 10 be-
zogen werden. Weil es dem Thore der Ecken Eckthore? Sach.
14, 10 gegenübergestellt wird und an der Stelle des Thurmes
Hananel in Jer. 31, 3b erscheint, so möchte man es möglichst
weit nach O. ansetzen; auch muss es in der Richtung des Weges
nach Anathoth gelegen haben Jer. 37. 13. Da es Neh. 3 und
1 2 nicht genannt wird, so wird »Thor Benjamin« nur ein anderer
Name für einen der dort erwähnten Ausgänge sein, vielleicht für
das Schafthor. Denn nach Neh. 3 und 12 muss es bei drei Tho-
ren der zweiten Mauer , abgesehen von dem Kerkerthore , vor-
läufig verbleiben, und auf Grund von Kön. II. 14, 13 gehören
Thor Ephraim und Eckthor der alten Mauer an. Der Umstand,
dass unter dem heutigen Thorbogen HI (Tafel VI) ein unterirdi-
scher Kanal sich hinzieht, ist doch kein genügender Beweis, um
dort einen Stadtausgang im Alterthum zu fordern. Gegen
Schick s Ansatz der drei übrig bleibenden Thore in der zweiten
Mauer wird sich kaum etwas Gewichtiges einwenden lassen.
Schick's schon oben erwähntes Schwanken, ob die »breite
Mauer« zur alten oder zur zweiten Mauer zu ziehen oder zwischen
beiden Mauern anzusetzen ist, begreift sich sehr wohl aus der
Unklarheit und Kürze der betreffenden Stellen des A.T. In Neh.
3, 8 macht es der Zusammenhang doch sehr wahrscheinlich, dass
auch das letzte Glied des A erses eine Thätigkeit der bei dem Bau
Beschäftigten bezeichnet. Daher passen die Übersetzungen »un-
berührt lassen« oder »stehen lassen« (letzteres von den l^abylo-
niern gemeint ^ offenbar nicht ') . Buxtorf hat mit Rücksicht auf
den talmudischen Sprachgebrauch »wiederherstellen« vorgeschla-
gen-j. und kürzlich hat D. H. Müller zur Erklärung eines him-
jarischen, ebenfalls auf J^auten bezogenen liy das hebräische
HTS' Neh. 3, 8 in gleichem Sinne verwerthet •*) , während J. H.
MoKDTMANis' das liimjarische 213? mit »vollenden« übersetzt^ .
Der Ausdruck der Mischna n^'^T^'a »pavimentum, Pflaster« liegt
ly In den Kommentaren von BEKTHE.\r und Keil zu Neh. 3, 8.
2) S. Lexicon chaldaicum s. v. "Z'V.
3) Sabäische Glossen in der österreichischen Monatsschrift für d. Orien
1885 Nr. 10. S. 22tJ. Müller betrachtet als Wurzel v-^^-
4) ZDMG. XXXIX, 230. Vgl. auch J. H. Moudtmann und D. H. Mül-
ler, Sabäische Denkmäler 90.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 283
in jeder Hinsicht zur Vergleichung mit Neil. 3, 8 am nächsten;
man Avird dadurch auf die Übersetzung gefülnt. : »sie pflasterten
Jerusalem bis zur breiten Mauera. Dieselbe genügt einerseits der
Forderung des Zusammenhangs, dass eine bauliche Thiitigkeit
bezeichnet wird, andererseits dem Wortlaut des Versgliedes, der
nicht die Kingmauer, sondern die .Stadt Jerusalem selbst als Ge-
gegenstand derselben bezeichnet. Dieser letztere Umstand, der
auch abgesehen von jener Übersetzung ins Gewicht fällt, ver-
weist »die breite Mauer«, da Nememia von der zweiten Mauer aus
berichtet, in das angrenzende Stadtgebiet. Südlich oder südwest-
lich von dem alten Thore V, 6 kennen wir aber in einiger Nähe
keine andere Mauer als die alte Nordmauer Jerusalems , die an
dem durch die natürliche Lage nicht geschützten Orte westlich
vom Thor Ephraim (s. oben) nach der Zerstörung durch Joas
vielleicht um so breiter und stärker wieder hergestellt worden
war (vgl. JosEPHUs, Antiquit. IX. 10, 3). Nach Neh. 12. 38 zog
der zweite Dankchor nur »bis zur breiten Mauer«, d. h. er be-
trat sie selbst nicht, sondern Hess sie rechter Hand oder ostwärts
liegen , indem er den Lauf der wiederhergestellten Mauer j)ober-
halb des Thores Ephraim« in der Richtung auf das alte Thor etc.
abschritt. So kommt auch diese Stelle der Annahme entgegen,
dass die breite Mauer zwischen dem heutigen Davidsthurme imd
der oben bezeichneten Stelle des Thores Ephraim gestanden hat.
Da der Anschluss der zweiten Mauer an die alte Mauer nach
den jüngsten Mittheilungen Schicks kaum noch einem Zweifel
unterliegt, so ist der Ansatz des Gennaththores nahe westlich
neben dem Davidsthurme gewiss zu billigen. Hätte dasselbe öst-
lich vom Davidsthurm gelegen , so Avürde Josephus die zweite
Mauer gewiss nicht von diesem Thor , sondern von dem Phasael
haben beginnen lassen.
Der Lauf der zweiten Mauer erscheint demnach durch
Schick's Beobachtungen der Hauptsache nach festgestellt. Dass
wir aber für die Einzelheiten, z. 1>. für dieFixirung der inis über-
lieferten Namen, noch immer auf Yermuthinigen angewiesen
sind und zum grossen Theil auch bleiben werden , zeigt sowohl
eine genaue Prüfung der Tafeln VHl und IX für sich allein, als
auch eine Vergleichung der von Schick vorgelegten Ansichten
mit meinen obigen Hemerkungen , zu denen ich mich besonders
desshalb veranlasst gesehen habe, weil durch die Kenntnissnahnie
<)C4 Guthe,
iiud Hearbeituiig des gesammteu Materiales der für G.Dhoysen's
All'j-enieiueu historischen Handatlas von mir gezeichnete Plan
des alten Jerusalem (Karte 4) in einigen, freilich nur unterge-
oidneten Punkten berichtigt wird. Ich konnte damals den Lauf
der zweiten Mauer auf demselben nur an der Hand des ersten
von Schick stammenden Manuskriptes ^ohne Zeichnungen)
aus dem Jahre 1S83 ^vgl. oben S. 246y eintragen, da mir das be-
tretfendeHeft des russischen Sbomik noch nicht zugegangen war
und wichtige Ergänzungen von Schick erst in diesem Jahre hin-
zugefügt worden sind.
Die russischen Berichterstatter und Baurath Schick zeigen
sich einig in der Meinung, dass die Echtheit des heiligen Grabes
jetzt über allen Zweifel erhaben sei. Allein so steht die Sache
doch nicht. Es ist zunächst nur bewiesen worden . dass die seit
Constantin verehrte Grabesstätte wirklich ausserhalb des Stadt-
gebietes liegt, wie es zu Jesu Zeiten war, und dass sich in ihrer
Gegend auch andere Felsengräber finden, die wahrscheinlich aus
der jüdischen Zeit stammen. Es können also hinfort gegen die
Echtheit der Grabesstätte nicht mehr solche Einwände erhoben
werden, welche diesen Thatsachen nicht ßechnung tragen, oder
mit anderen Worten, die Möglichkeit, dass das heilige Grab echt
ist, steht ausser Zweifel. Aber positive Beweise dafür, dass ge-
rade an der seit Constantin verehrten Stätte und an keiner ande-
ren das Grab Jesu gewesen ist, besitzen wir nicht. Denn Euse-
Bius, dessen Darstellung als Bericht eines Zeitgenossen inid
Augenzeugen zuerst befragt werden muss, hat seine Angaben mit
so vielen rhetorischen Wendungen verflochten , dass es sehr
schwerfällt, die einfache geschichtliche Wahrheit daraus zu er-
kennen. Wenn er in seiner eigenen Darstellung (de vita Cou-
stantini IH, 26) und in dem l^riefe Constantins an den Bischof
Makarius (ebd. IH, 30) hervorhebt, dass das Zeichen des Leidens
Christi lange Zeit hindurch vergessen gewesen sei inid die Wie-
derfindung desselben alle menschliche Vernunft übersteige, so
stellt er doch damit in Abrede, dass sich die Kenntuiss der Gra-
besstätte Jesu durch mündliche Tradition besonders der Bischöfe
Jerusalems von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzt habe.
Die Mittel, die wir jetzt zur l^eurtheilung dieser Frage aus der
Erforschung des Bodens gewonnen haben, hat man mindestens
damals auch besessen : man kannte den Lauf der zweiten Mauer
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 285
und wusste, dass alte Gräber in der dortij^en Gegend vorhanden
waren. Esistsehr wahrsclieinlich, dass man sich auch damals durcli
diese Merkmale hat leiten lassen; aber wir können aus der Dar-
stellung des EusEJJius die Frage weder verneiuen noch bejahen,
ob die lieauftragten des (Konstantin damals das wirkliche Grab
Jesu oder irgend ein anderes ausgegraben haben.
Aus diesen Bedenken, die ich durchaus nicht wegen irgend
eines Vornrtheils , sondern lediglich um der Avissenschaftlichen
Wahrheit willen hier wiederhole, folgt weiter, dass auch üher die
wahre Richtung der via dolorosa nichts Sicheres gesagt werden
kann. Es bleibt nicht nur ihr Endpunkt, das h. Grab, sondern
auch ihr Ausgangspunkt, das Ilichthaus, unsicher. Hierzu be-
merkt Herr Staatsrath von Hitrowo in einem an mich gerichte-
ten Briefe vom 3. Juni d. J. Folgendes:
))Der Ort des Prätoriums des Pilatus ist uns unbekannt, die
jetzt dafür gezeigte Stätte geniesst erst seit dem 12. Jahrhundert
diese Ehre. Die älteste Überlieferung vom 4. bis z\im 12. Jahr-
hundert suchte es im S. der Grabeskirche. Offenbar ist diese
Überlieferung von grossen Ruinen an den betreffenden Stätten
abhängig gewesen. Man nahm an, dass Pilatus in einem grossen
Palast gewohnt habe ; man fand an jenen Stellen Ruinen eines
ansehnlichen Gebäudes und gründete darauf den Schluss, dass
er wirklich dort gewohnt habe. In der neueren Zeit hat man
nach anderen Gründen gesucht. Die römischen Prokuratoren
pflegten ihren Sitz in den Wohnungen der früheren Herrscher
aufzuschlagen. In Jerusalem gab es deren zwei, den Palast des
Herodes und den der Hasmonäer. Der erstere lag am Orte der
heutigen Citadelle. der zweite neben der alten Mauer, beide im
S. der Grabeskirche. In welchem von diesen beiden der Prokn-
rator Pilatus damals gewohnt hat, wissen wir nicht. Daraus,
dass Festus während des Aufstandes in dem Palast des Herodes
gewohnt hat, folgt noch nicht, dass auch Pilatus seinen Sitz dort
aufschlug. Durch die neuesten Forschinigen ist nun eine dritte
Burg aufgetaucht, wo der Prokurator seinen Sitz gehabt haben
kann. Sie war lange Zeit den Blicken entzogen, Aveil sie in die
Basilika des Constantin aufgenommen und später unter ihren
Ruinen verschüttet war. Doch scheint mir, dass der Abt Daniel
(1106 — 1107' die Ruinen dieser Burg initer dem Namen Präto-
2§6 Guthe,
rium erwähnt. Nach der neuen Ausgabe S. 27 *) weist Daniel
das Prätorium nahe östHch neben die Auferstehungskirche, wo man
Jesus den Soldaten [überlieferte und wo Pilatus sich die Hände
wusch. Ebeudort ist das jüdische Gefängniss, aus dem Petrus
befreit wurde, und der wüste Hof des Judas. Ein wenig weiter
nach O. ist der Ort, wo Jesus die lilutflüssige heilte, die Grube
und das Haus des Jeremias etc. ; wieder weiter östlich dann das
Haus der Heiligen Joachim und Anna, das dem Orte der heuti-
gen St. Annenkirche entspricht. Hieraus ergiebt sich, dass Da-
yn:\. das Prätorium bedeutend südlicher ansetzt als das heutige
liegt. Erst später als Daniel reiste, nämlich nachdem die latei-
nische Geistlichkeit sich auf dem viereckigen Haram völlig ein-
gerichtet hatte, seit der Mitte des 12. Jahrhunderts breitet sich
die Legende von dem heutigen Prätorium aus. AYenn man
Schicks Pläne von jener Burg zur Hand nimmt, so kann man
sich den ganzen letzten Tag des Lebens Jesu nach dem Bericht
der Evangelien ohne Anstoss vortreiflich vergegenwärtigen, ob-
gleich Schick bei der Rekonstruktion seiner Akra gar nicht das
Prätorium des Pilatus ins Auge gefasst hat. Von einem sicheren
Beweis kann freilich nicht die Rede sein, aber die Wahrschein-
lichkeit spricht dafür, dass dort und nicht an einem anderen Orte
das Prätorium des Pilatus gestanden hat«.
HiTROAVo sucht auch das Thorgebäude, in welchem er den
Rest eines dreithorigen Triumphbogens erkennt (s. oben S.257),
mit der via dolorosa in Verbindung zu bringen , indem er aus
dem heutigen Eccehomo-Bogen schliesst, dass die Überlieferung
von der Existenz eines solchen Triumphbogens über der via dolorosa
gewusst habe. Als der alte Bogen neben der Basilika HI Tafel
\1) zerstört worden sei, habe man sich nach einem zweiten um-
gesehen, einen solchen in dem Eccehomo-Bogen gefunden , und
daher sei die Überlieferung auch betreffs des Prätoriums in die
dortige Gegend gewandert. Wie also heute nördlich vom Haram
esch-Scherif liogen und Prätorium einander benachbart seien, so
sei es auch einst im O. der Auferstehinigskirche gewesen.
Da der Raum es augenblicklich nicht gestattet , die Erörte-
rung dieser Frage aufzunehmen, so beschränke ich mich auf die
Hemerkung, dass doch schon der Pilger von Bordeaux das
1, Vgl. die Übersetzung Leskien's in ZDPV. VII, 28.
Die zweite Mauer Jerusalems u. die Bauten Constantins am h. Grabe. 2S7
Piätonutii des Pilatus in den Osten derGiabeskirclie verlegt und
zwar unten in das Thal, also weder an die von IIitkowo vorge-
schlagene Stelle noch an den Ort der einstigen Antonia. Zwei-
fellos werden die russischen Ausgral)\nigen , die Pläne Schick's
und auch die niitgetheilten Gedanken IIitkowü's zu erneuten
Verhandlungen über die durch sie angeregten Fragen Anlass
geben und ich hoffe, dass an ihnen auch solche Theil nehmen,
die über Schick s Rekonstruktionen der coustantinischen Basi-
lika ein sachkundiges Urtheil zu fällen vermögen. Pur diesen
Zweck scheint es mir freilich wünschenswerth, wenn Schick
seine Konstruktionen etwas näher erläutern würde, so dass die
Gründe derselben klarer hervortreten. So ist z. U. aus den vor-
gelegten Plänen nicht ersichtlich , ob die kleine Nische an der
Ostwand der Basilika wirklich nach vorgefundenen Konstruk-
tionsresten gezeichnet oder von Schick lediglich aus Gründen der
Symmetrie angesetzt worden ist. Ferner bemerkt Schick (s. oben
S. 276), dass aitf dem russischen Platze Reste von der Pfeiler-
stellung des südlichen Seitenschiffes der Basilika vorhanden
seien ; der russische Bericht schAveigt jedoch darüber. Was den
Thorbogen betrifft , so lassen die von der russischen Palästina-
Gesellschaft herausgegebenen Bilder desselben das Ganze als
Flickwerk erscheinen, sofern weder das grosse Eckkapitäl noch
das kleinere, die eine Seite des Bogens tragende Kapital den
Abschluss eines wirklichen oder imitirten Pfeilers bildet. De
YoGiJE dagegen zeichnet in Le temple de Jerusalem p. 119 nur
unter dem grossen Eckkapitäl eine wirkliche Pfeilerbildung. Ein
solcher Umstand ist doch für die Beurtheilung des ganzen Restes
nicht unwesentlich. Gewiss wird Herr Baurath Schk k die Güte
haben, auch diesen Zweifel zu heben. Endlich würde derselbe
mir und gewiss vielen anderen einen Dienst erweisen , wenn er
die Gründe für seine Ansetzung des Thalthores mittheilen und
auch angeben wollte , ob er die Winkel und Ecken der alten
Mauer zwischen der Citadelle und dem Haram esch-Scherif auf
Grund alter Reste oder sonstiger Beobachtungen gezeichnet hat.
Bemerkung zu Tafel XI: Die doppelte Schraffirung bezeichnet alte
Reste, die einfache Schraffirung nur rekonstruirtes Mauerwerk. Ausserdem
ist die Schraffiruns- der Tafel VII im Unterdrucke zu erkennen.
Bericht über neue Ersclieiiiuugeii auf dem Gebiete der
Paliistiualiteratur 1884.
Von Prof. A. Socin in Tübingen.
Wenn es gestattet ist, aus dem Verhältnisse, wie sieh die
Palästinahteratur heutzutage auf die verschiedenen Völker Euro-
pa's vertheilt, Schlüsse zu ziehen, so drängt sich zunächst
die Beobachtung auf, dass auf der einen Seite die katholische
Bewegung, von Frankreich geleitet, ihren Einfluss geltend zu
machen sucht, auf der andern Seite jedoch auch die griechische
Kirche, unter der Führung Russlands, alle Hebel in Bewegung
setzt, um sich ihren Antheil an Palästina zu sichern. Religiöse
und politische Interessen sind im Orient, M'ie die Lage der Dinge
nun einmal besteht, nie ganz zu trennen, und es liegt in der Na-
tur der Sache, dass die übergrosse Mehrheit der Bücher, Brochu-
ren und Artikel, welche über das heilige Land erscheinen, kirch-
lichen Bedürfnissen entgegenkommt; literarische Producte.
welche unbekümmert um diese letzteren die Wissenschaft för-
dern, gehören bekanntlich auf diesem Gebiete zu den Seltenhei-
ten. Um so erfreulicher ist es, dass auch in Russland die wissen-
schaftliche Erforschung Palästina s mit regem Eifer in Angrift'
genommen M^orden ist ; Aufschluss giebt darüber Guthe's i) Ar-
tikel, welcher in xmserer Zeitschrift erschienen ist und mich wei-
terer Berichterstattung überhebt. Unter den neueren von franzö-
sischer Seite ausgehenden Forschungen ist in erster Linie auf
den höchst wichtigen zweiten Band der Archives de l'Orient La-
^p"'ie^"' tin^i zu verweisen. Leider ist die zu demselben gehörige Jiiblio-
]) Die orthodoxe Palästina-Gesellschaft in lUissland. VonH. Guthe:
ZDPV. VII, p. 299—305.
2j Archives de lOrient Latin, publies sous le patronage de laSociete de
l'Orient Latin. Paris Xeroux) lbS4. XIV, 464, 560 pp. 8».
Socin, Bericht ü. neue Erscheinung, a, d. Gebiete d. Palästinalit. 18S4. 289
graphie bis jetzt noch nicht im l^uchhandel erschienen. Indessen
hat mir Graf Riant mit gewohnter Liebenswürdigkeit die C.'or-
recturbogen dieser lirochnre zukommen lassen und mich dadurch
in den Stand gesetzt, diese I*ublication für meiuen diesjährigen
Bericht zu verwerthen. Die staunenswerthe Ausführlichkeit die-
ser liibliographie legt den Gedanken nahe, ob neben derselben
unsere Übersichten überhaupt noch einen Zweck haben und wei-
ter geführt zu werden verdienen. Lediglich die Rücksicht dar-
auf, dass es bei unserer Behandlungsweise möglich ist, einiger-
massen die wissenschaftlichen Veröffentlichungen auszuscheiden
und unter diesen letzteren wieder für unsere Leser die wichtiy-e-
ren hervorzuheben, spricht für die Beibehaltung des bisherigen
Gebrauches. Dagegen erhob sich nun die Frage, ob sämmtliche
Palästina betreffenden Artikel , welche in der französischen Bi-
bliographie für die Jahre 188 1 — 1883 sowie den Nachträgen zur
Literatur der Jahre 1878 — 1880 aufgeführt sind, der blossen
äusseren Vollständigkeit wegen in unsere l^erichte aufzunehmen,
beziehungsweise jetzt noch nachzutragen seien. Sowohl innere
als äussere Gründe bewogen uns, bloss eine Auswahl zu treffen.
Im Grossen und Ganzen wurden ausgelassen die Artikel aus
Zeitungen und rein religiösen Zeitschriften (z. B, TeiTe Sainte,
Missions catholiques, Sioiv); namentlich manche der in russischer
Sprache erschienenen. Die Titel sämmtlicher russischer Arbeiten
habe ich der Kürze und Genauigkeit wegen in der französischen
Übersetzung herübergenommen, wie sie in der Bibliographie des
Orient Latin (Bibl. O. L.) vorliegt. Nicht nur in Betreff mancher
Artikel , sondern auch der Listen von Recensionon einzelner in
unserer Zeitschrift früher schon genannten Bücher verweise ich
den Leser, welcher absolute A'ollständigkeit wünscht, auf jene
französische Arbeit. — Einzelne bibliographische Angaben schei-
nen auch in einer englischen Zeitschrift erschienen zu sein ^j .
Was meine ^) letztjährige Übersicht betrifft, so war Goldziuer^)
3) William H. Sewell, Travels in the Holy Land: Notes and Querries,
26. März; 14. Mai; 6. 13. 20. Aug. 1881. (Bibl. O. L.; nicht gesehen.)
4) A. Socin, Bericht über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Palästinaliteratur 1883: ZDPV. VII, p. 2:n— 262.
5) ZDPV. I, p. 46, Nr. 6 lies K. d. I). M. 1878 st. 1877. - ZÜPV. VII,
p. 247, Z. 3 lies Herewi's Kitäb alzijarat (st. Sefer Nameh und streiche die
zweite Hälfe von 99. — ZDPV. VII , p. 258, Z. 4 Schur's Buch ist in hebrä-
ischer Sprache abgefasst.
290 Socin, •
so freundlic-h. brieflich einijje lierichtigungen einzusenden, l'ber
den .Stand nud die Unternehumngen unserer sowie der englischen
und französischen Gesellschaften gehen die Geschäftsberichte ß) ')
Aufschluss.
Politik. Wir beginnen unsere Umschau in gewohnter Weise mit
einem raschen Überblick über die gegenwärtige liage Palästina's.
Eine hier nachziitragende Abhandlung von Chirol *») beschäftigt
sich mit der Politik Frankreichs Syrien gegenüber. Eine Abhand-
lung über italienische Interessen in Syrien-' ist als wichtig be-
zeichnet worden ; wahrscheinlich berührt dieselbe jedoch, wie auch
ein ähnlicher russischer Artikel i''), hauptsächlich kirchliche Fra-
gen. ])asselbe gilt wohl von dem Ikiche de Solignac's *i) über die
Franzosen in Palästina. Über spanische Ansprüche auf die hei-
ligen Orte Palästina's ist ein Buch i2j erschienen, das im An-
hang 23 Actenstücke (vom J. 1342 — 1772) enthält. Einige längere
Coionien. und kürzere Notizen überColonisation und Auswanderung haben
Wright13|^ Johnson 1*) und Bulach i^) geliefert; speciell über
6) Meeting of general Committee: Quart. Statements 1884, p. 150 — 159.
7) Societe pour la publication de textes relatifs ä l'histoire et ä la geo-
graphie de Vürient Latin, VIIL' seance generale, YII*-' rapport du secretaire-
tresorier (2b. mai 1'583 . Geneve (Fick) 18S3. 27 pp. 80. — id. IXi^ seance,
Vllle rapport (11. juin ISS 4). Geneve (Fick) 20 pp. 80.
8] M. Val. Chirol, French diplomacy in Syria : Fortnightly Review, April
1SS2, p. 427— 43S; über.s. in Revue britannique , Juni 1SS2, p. 509—522.
(Bibl. 0. L. ; nicht gesehen.
9) Giuseppe Grabinski , Gli interessi religiosi e gli interessi italiani in
Palestina ed in Siria : Rassegna nazionale 1883, XIV, p. 3 — 37; 343 — 384;
18S4, XVII, p. 02— 92. Bibl.O.L.; nicht gesehen.
10; G.Mourkos, Lesinterets delaRussie en Palestine ; Journal (russisch)
de Moscou 18S2, Nr.348— 350. Separatabdr. Moskau 1882. 8«. (Bibl.O.L.;
nicht gesehen.)
11, A. de Solignac, Les Francais en Palestine. Limoges [E. Ardant &
Co.) 18S4. 239 pp. 8". (Nach ThLBl. ; nicht gesehen.
12) Antonio Vazquez y Lopez Amor, Examen historico-Iegal del
derecho de natronato de Espäna sobre los Lugares di Tierra Santa. Madrid
1881. 214 pp. &o. iBibl. O. L. ; nicht gesehen.
13) Rev. W. Wright, Syrian Colonisation : Contemporary Review 1883,
XLIII, p. 122 — 140. fBibl. O. L. ; nicht gesehen.)
14) J. Augustus Johnson, The colonisation of Palestine: Century Ma-
gaz.. Juni 1SS2, p. 293— 296. (Bibl. Ü. L. ; nicht gesehen.)
15, Fr. Bulach, Auswanderung nach Syrien : AVeltpost 1882, II, p. 42;
Üsterr. Monatschr. f. d. Or. 1882, VIII, p. 2S-29. (Bibl. 0. L. ; nichtges.^
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 1884. 291
die deutschen Coloiiieu neben Langp:; •") auch dk Camhouhg'").
Ausserdem sei auf einige Zeitungsartikel'^) und die vonlticuAiiD
Lksser redigirte ('olonialzeituiig, das Organ des Deulsclien
Colonialvereins, verwiesen. Die bereits im vorigen lierichte er-
wähnte Nachricht, Deutschland habe sich in Caesarea festge-
setzt, scheint auf einer Verwechslung von Deutschen und .Slaven
zu beruhen '"). Aus der deutschen Colonie in Haifa-", hört man
die gewohnten Klagen über die türkische liegierung und über
Geldmangel ; dazu ist nun noch ein leidiger Streit mit den Mön-
chen des Karmelklosters aTisgebrochen^'). Dass jüdische (Kolo-
nien ■^■^) auf dem Boden Palästina's Aussicht haben zu gedeihen,
möchten wir, obwohl jetzt sehr viel darüber verhandelt wird"^^' —
30), immer noch bezweifeln; allerdings steigt die Zahl der jüdi-
1(3) Vgl. ZDPV. VI, p. 154, Nr. 5; nach Bibl. 0. L. id. in Leipziger
Weltpost Nov. 1S81; I, p. 121 — 124. — Th. H. Lange, Die deutschen Temp-
ler-Kolonien in Syrien: Aus allen Welttheilen 18S4, XV, p. 368 — 371. (Nach
Geogr. Mittheil.; nicht gesehen.)
17) Baron de Cambourg , La colonisation allemande en Palestine: Ex-
ploration, 27. Juli 1883, XVI, p. 241—242. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.,
18) Die deutschen Terapelcolonien in Palästina : Schwab. Merkur 30. Oct.
1884, Nr. 258. — Allgemeine Zeitung 22. JuU 1884, Nr. 202, p.2%1. — Vgl.
auch La Terre Sainte 1884, Nr. 211, p. 821.
19) Vgl. ZDPV. VII, p. 233, Nr. 13. La Terre Sainte 1884, Nr. 221,
p. 974. O(liphant) in Quart. Statements 1884, p. 147 — 149. Schwäbischer
Merkur 1884, Nr. 161.
20) F. S., Etwas über die äussere Existenz der Kolonie Haifa: Warte
1^84. Nr. 40.
21) Die Streitigkeiten am Berge Karmel ; Schwäbischer Merkur 1SS4,
Nr. 126; 130. Beil.
22) Th. H. Lange , Ein Besuch auf Mikwe Israel : Leipziger AVeltpost
1882, II, p. 142—144. (Bibl. 0. L. ; nicht gesehen.)— Vgl. Warte 1>>84,
Nr. 12; 14.
23) La Terre de gloire: Haschachar idie Morgenröthe) 18S0 — 1882, IX.
Jahr. Nr. 1—12; X. Jahr. Nr. 1 ; 2 ; 3 ; 4 ; Ü; 7 ; 8 ; 9; 11 ; 12. Hebr. ; Bibl.
O. L. ; nicht gesehen.)
24) M. L. Lilienblum, Israel et la Palestine : Haschachar, Ibbl, X. Jahr.
Nr. 8. — La Palestine comme question juive: L' Aurora (russisch ?j Nr. 41 — 42.
(Bibl. O. L.: nicht gesehen.)
25) De la colonisation de la Palestine : Memoires juifs, 1881, Nr. 7 — 10
(russisch; Bibl. ü. L. ; nicht gesehen.)
26) Die Colonisation in Palästina: Allgem. Zeit, des Judenthums 1882,
XLVI, Nr. 13 (vgL AUg. Z. 1882, Nr. 86). (BibL O. L. ; nicht gesehen.
27) Zur Colonisation Palästina's: Der Israelit, 1. und 8. März; 2. April
.-)qo Socin,
sii-hen Einwohner wenigstens in Jerusalem stets noch bedeutend.
Wichtige statistische Nachrichten über Handelsverhältnisse fin-
den sich Aviederum im deutschen Handelsarchiv '^i ; ebenso liegen
italienische lierichte vor^^j^ Xeulich war auch von der Bildung
eines Vereins für Handel, Gewerbe und Ackerbau '^ in Palästina
die Rede. Während das unsinnige Canalproject^^) glücklich be-
graben ist, scheint nun die Ausführung der von Haifa ausgehen-
den Eisenbahn 3^) wirklich bevorzustehen. Was den Strassenbau
betriöt . so hört man. dass zwar die Jafastrasse wieder zerfällt,
dass jedoch südlich von Jerusalem eine Strasse gebaut wird^'^)
und auch im äussersten Norden von Syrien eine Fahrstrasse von
Alexandrette nach Aleppo geplant ist 3"). Hervorzuheben ist
ferner, dass Eauf Pascha neuerdings eine gute hölzerne Brücke
16S3, Nr. ISr 20; 27, p. 281— 284; 317—318; 449—451. (Bibl.O.L.; nicht
gesehen.)
28; Vom Central-Comite für den Bau der israelitischen Armen- und Pil-
gerwohnungen in Jerusalem; Der Israelit, 4. Jan. 18S3, Nr. 2, p. IS — 19.
'Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
29) La colonisation juive en Palestine : Exploration 31. März; 7. April;
19. Mai 1882; XIII, p. 640; 673—674; 890; 11. Aug. 1882, XIV, p. 379;
3. Mai 1883, XV, p. 703—704; 21. Dec. 18S3, XVII, p. 92. (Bibl. O. L.;
nicht gesehen.)
30) Cav. Veneziani, Le colonie rumene in Palestina : Mose , Antologia
Israel., Dec. 1883, VI, p. 441—443. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
31) Beirut, Consulatsbericht für das Jahr 1882: Deutsches Handels-Ar-
chiv 1884, p. 14—31. — Haifa, Konsulatsbericht für 1883: ibid. p..3(;7-36S.
— Alexandrette, Konsulatsbericht für 1883 : ibid. p. 706 — 707.
32) G. Mina, Movimento del porto di Giaffa : Bolletino consolare, Febr.
1883. — id., II pellegrinaggio in Palestina nel 1882: ibid. Juni 1883. — Vgl.
O. Missir, Rapporto commerciale su Gerusalemme: ibid. Dec. 1881. (Bibl. 0.
L. ; nicht gesehen.)
33) Vgl. Warte 1884, Nr. 3.
34) H. Martin, Le canal de Palestine: Exploration 17. Aug. 1883, p. 332
—334 ; vgl. 31. Aug. p. 423 ; 21. Sept. p. 517. — Projetto di un canale per il
Mar Morto: BoUett. della Soc. Geogr. ital. 1883, VIII, p. 690. (Bibl. O. L.;
nicht gesehen.) — Vgl. auch Der Palästina-Kanal: Neueste Nachr. a. d. Mor-
genlande 1884, p. 40 — 48.
35; W. A. Neumann , Palästina's zukünftige Eisenbahnen : üsterr. Mo-
natsschr. f. d. Orient 1884, p. 144—146. — G. Schumacher, Die erste Eisen-
bahn in Syrien-Palästina: Deutsche Bauzeitung 3. Mai 1884 (18), Nr. 36,
p. 212 — 4. :Mit Karte. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.
36) Vgl. Warte Oct. 1884, Nr. 49. •
37) Vgl. 31, Konsulatsbericht von Alexandrette.
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. ISSl. 293
Über den Jordan hat herstellen lassen. Was die l'.odcneiil-
tur38) angeht, so machen \vir besonders aiifcincn Artikel Andkk-
lind's^S') aufmerksam, in welchem dieser Fachmann nns die Ar-
beiterverhältnisse im Cisjordanlande eingehend schildert und
auch über Arbeitslöhne, Fraueuarbeit und dergleichen er-
schöpfenden Aufschlnss giebt. Einzelne Angaben über Obstzucht,
Weinbau und Hienenzucht finden sich in Artikeln v(iiiMkukili,^"|,
JiERNER^' und Andern •»"■^l 43); Pierrotti^^j hat die Hewässerun^
des Landes geschildert. Auch für Palästina wäre die stricte
Durchführung des Tabakmonopols -'s) von Bedeutung.
Was die Lage der in Palästina lebenden Protestanten l)e- Kirchliches,
trifft, so verdient Erwähnung, dass die mm auch in französischer
und englischer Übersetzung erschienene Lebensbeschreibung des
Bischofs GoBAT^^j manche Documenta und Angaben über Mis-
sionsbestrebungen und kirchliche A'erhältnisse enthält. Ob die
bisherige Einrichtung , nach welcher das Bisthum in Jerusalem
von l'reussen und England gemeinschaftlich unterhalten wird,
38) S. Lourier, La possession territoriale et lagriculture en Palestine:
L'Aurore 1881, Nr. 46 (russisch; Bibl. ü. L. ; nicht gesehen.)
39) Leo Anderlind, Über die ländlichen Arbeiter in Palästina: Der Ar-
beiterfreund, herausg. von V.Böhmer und li. Gneist. 22. Jahrg. Berlin 1884,
p. 195—213.
4U) Selah Merrill, Fruit culture in Palestine: United States Consular Re-
ports. Washington 1884, Nr. 4."), p 51. (Nach Geogr. Mittheil. ; nicht ges.)
41 ) J. Berner, Der Weinbau auf dem Gebirge Juda : Deutsche Kolonial-
zeitung J884, Nr. 21, p. 42S — 430. (Nach Geogr. Mittheil. ; nicht gesehen.)
42) Les Oranges en Syrie: Exploration 13. üct.lSSl, XII, p.698. (Bibl.
0. L. ; nicht gesehen.)
43) Vgl. Warte 1884, Nr. 38.
44) Ermete Pierotti, Le acque ed i lavori idraulici della Palestina : Mose,
Antologia Israel, Dec. 1880, III, p. 427— 429; Jan. 1881, IV, p. 22—25.
(Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
45) J. Freih. von Schwegel, Das türkische Tabakmonopol: üsterr. Mo-
natsschr. f. d. Orient 1S84, p. 65—73.
46) Vgl. ZDPV. VII, p. 237, Nr. 39. Kec. von Thiersch in Allg. con-
serv. Monatsschrift 1884, p. 438; von Strack in ThLBl. 1SS4, Nr. 37. —
Französisch u. d. Titel: Samuel Gobat, missionaire en Abyssinie et eveque ä
Jerusalem, sa vie et son oeuvre, traduit librement de l'AUemandpar Aug. Kol-
lier. Bäle (Spittler) 1885. VI, 438 pp. 80. — Englisch u. d. T. : Samuel Go-
bat, bishop of Jerusalem, bis life and work. A biographical sketch , drawn
ohiefly from his own Journals. With preface by the Earl of Shaftesbury.
With portraits and illustrations. London (Nisbet) 1884. XII, 401 pp. 8«.
Ztschr. d.Pal.-Ver. VIII. 20
294
Socin,
beibehalten werden soll, ist noch nicht entschieden ; hiev und
da werden Stimmen ^^) laut, welche darauf hinweisen, dass der
liischof bisher zu sehr von England abhäniji^ gewesen sei. —
Wiederum liegen Jahresberichte über die protestantischen Ge-
meinden *^) und Anstalten 4'.»— 5i) vor. Über die Lage der katho-
lischen Kirche hat uns Schxabl52j eine dankenswerthe Skizze ge-
liefert. Aus den in der Zeitschrift «Das heilige Land« erschienenen
Artikeln heben wir diesmal einen allgemeineren l^ericht^'), einen
Aufsatz über Katisbonne ^i, , Übersichten über die Lage der grie-
chisch-unirten s^; und der syrisch-unirten ^6) Kirchen hervor;
nachträglich mögen Notizen über die Thätigkeit der Franziska-
ner ^'l und der Jesuiten ^V hier noch genannt werden; auch ein
Jahrbuch^''; liegt vor. In Deutschland ist ein Palästina-Verein "^^^l
47) Strack, Das anglikanische Bisthum in Jerusalem : Neue Preussische
(Kreuz-i Zeitung lS8i, Beil. zu Nr. 209 6. Sept.). 210 [1. Sept.); Nr. 211
(9. Sept.), Nr. 226 (26. Sept.).
4S) Jahresbericht des Pastor Lic. Dr. Reinicke in Jerusalem : Neueste
Nachr. a. d. Morgenlande 1884, p. 27—34. — Brief des Pastor Lic. Dr. Rei-
nicke : ibid. p. 271. — )H. Weser, Eine neue)Missionsstation in)Hebron: ibid.
p. 111—119. — Mittheilungen aus Privatbriefen der Gattin des Evangelisten
Bschara Canaan in Betschala: ibid. p. 95 — lOS.
49, Bericht über das Aussätzigen-Asyl in Jerusalem für das Jahr 1883:
Neueste Nachr. a. d. Morgenlande 1884, p. 50 — 60.
50) Dr. M. Sandreczky, Jahresbericht über das Kinderhospital Marien-
stift. 1S84.
51) Das Syrian Protestant College in Beirut: Wochenblatt der Johanui-
ter-Ordens Balley Brandenburg lfc84, p. 81 — 82.
52) Die römisch-katholische Kirche in Palästina. Von Karl Schnabl in
Wien: ZDPV. VII, p. 203—292.
53) Nachrichten aus dem heiligen Lande und aus Syrien : Das heilige
Land 18S4, p. 104—112.
54) Maria Alphons Ratisbonne : Das heilige Land 18S4, p. 89 ff.
55 Die griechisch-unirte Kirche im Orient. Schreiben des Patriarchen
Gregorius Jussef: Das heilige Land 1S84, p. 136—141; vgl. 220—227.
56) Status der syrisch-unirten Kirche im Orient ; Status der armenisch-
uuirten Kirche im Orient: Das heilige Land 1884, p. 169 — 172.
57) Le R. P. Yictor-BernarJin de Rouen, La Custodie franciscaine de
Terre-Sainte. Paris Leve; 18b2. '62^. iBibl. O. L. ; nicht gesehen.)
58) Les missions de la compagnie de Jesus en Syrie , Egypte et Armenie
(Carte) : Miss, cathol. 22. Dec. 1882 ; ital. : Terra Santa 1 . Juni ; 1. Juli; 1. Aug.
1883. (Bibl. O. L.; nicht gesehen.)
59, Annuaire illustre de terre sainte pour Tan de gräce 18S5. Public sou8
la direction de Mr. L. B. missionaire apostolique de Terre Sainte , Chanoine
Bericht über neue -Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palüstinalit. 18S4. 20")
gegründet -worden, welcher für die JStärkuiig deutschen katho-
lischen Wesens im heiligen Lande eintreten soll. Was die Lage
der russischen Kirche betrifft, so erfahren -wir darüber einiges
durch HiTROWo '• ') .
Aus dem Gebiete der Sittenkunde sind ausser einem mir KtV">:
i;rui>ui!<i'neB.
nicht zugänglich gewordenen Huche über das Leben mul Treiben
der Juden ^2] zunächst die eigenthümlichen Sammlungen von
AhELA^^) anzuführen, welche sich auf abergläubische Ansichten
und Sitten beziehen und in merkwürdiger Weise mit dem Volks-
ghuiben anderer Völker übereinstimmen. Ahnlichen Lihalts sind
wohl die von Renan besprochenenMittheilungen Durighello's^^) .
Eine historische Übersicht über die liäder und das Badeleben
in Palästina hat uns DECHENT''ä) vorgelegt. Nachzutragen ist,
dass Wetzstein in den letzten Jahren einigemale in den Sitzun-
gen der ethnographischen Gesellschaft in Berlin das AVort er-
griffen und aus dem Schatze seiner reichen Kenntnisse dieses und
jenes erörtert hat: war erfahren daraus einiges Neue über Wesm***')
(Stammeszeichen) , besonders Interessantes über Töpferei ''") , über
arabische Stämme ''^) (speciell Avas ihre Tapferkeit betrifft), über
du Saint-Sepulcre. 'i^' annee. (Nicht gesehen.) — Vgl. Das heilige Land
18S4, p. 228 — 236 Personalstand des lateinischen Patriai-chats.
6Ü; Der neugegründete »Palästina- Verein der Katholiken Deutschlands« :
Das heilige Land 1884, p. 195—205.
61) B. Khitrovo, Conferences sur l'etat des orthodoxes en Terre-Sainte :
Nouv. temps (russisch) 1880, Nr. 1470. — id., Le budget du patriarcat grec de
Jerusalem. St. Petersburg 1883. 80 (privatim gedr.) ; vgl. Reponse au budget
du patriarcat de Jerusalem: l'Orient (russisch) 1883, Nr. 273. Alles nach
Bibl. O. L.; nicht gesehen.)
62) S. Montagu Samuel, Jewish life in the East. London (C. KeganPaul
1881. 200 pp. 120. (Bibl. O, L. ; nicht gesehen.
63) Beiträge zur Kenntniss abergläubischer Gebräuche in Syrien. Von
Eijüb Abela, Viceconsul des deutschen Reiches in Saida : ZDPV. VH, p. 79
—118.
64) E. Renan, Recueil des superstitions en ccurs en Saida par Edmund
Durighello: Rev. des soc. savantes, 1882, 7e s. , VI, p. 311. Bibl. O. L. ;
nicht gesehen.;
65) Heilbäder und Badeleben in Palästina. Von Dr. H. Dechent in
Frankfurt a/M. : ZDPV. VII, p. 173—210.
66) Vgl. ZDPV. I, p. 29, Nr. 7. — Verhandlungen der Berliner Gesell-
schaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 1877, p. 14 f.
67) Ibid. Berlin 1882, p. 464—470.
68) Ibid. 1879, p. 388—401.
20»
mer.
296 Socin,
(las ^'el•hältuiss des niütterlichen Oheims zum Neffeu 'J'J ii. clergl.;
öfter sind an diese Excurse interessante sprachliche Erörterun-
ifen geknüpft. Gildemeister '^ hat die von Sepp bestrittene
Hedeutung des "Wortes manära durch Zeugen eudgiltig festge-
stellt. — Zu dem in Kom im Entstehen begriffenen Palästina-
Museum hat der Keisende Graf Carlo Landberg bedeutende
Sammlungen geliefert ''^) .
Aiterthü- In arcliäologischer lieziehung von erster Wichtigkeit ist
das Erscheinen des dritten Bandes von Perrot s'^) grossartig
angelegter Kunstgeschichte des Alterthums, in welchem p. 481
— 921 die Keste phönicischer und cyprischer Kunst vorge-
führt werden ; wir werden bei Anlass der zu erwartenden
deutschen Übersetzung auf dieses Werk wieder zurückkom-
men. Lber Bronceäxte, welche in Syrien gefunden worden
sind, haben Heuzey und Bertrand ''2) berichtet; über Mühl-
steine liegt eine Notiz von Conder"^) vor. Aus der Recovery
ist ein archäologischer Aufsatz Chester's'^*) neu abgedruckt
worden. Ganneau'^^) fordert unter Hinweisung auf die Samm-
lungen von London (British Museum und South-Kensington
Museum) dazu auf, eifriger als bisher den Alterthümern in Palä-
69) "Wetzstein, Über deu Glauben der Araber, dass der Neffe dem müt-
terlichen Oheim nachgerathe : ibid. 1880, p. 244 — 251.
70/ Die sogenannte Manära in Tyrus. Von J. Gildemeister in Bonn :
ZDPV. VII, p. 74-77.
70») G. A. Colini., Cronaca del Museo Preistorico-Etnografico di Roma
(1884.1): Boll. d. See. geogr. ital. ser. 2, Vol. 9, Jan. 1884, p. 80—85;
652 — 656. (Nach Lit. Bl. f. er. I'hil. ; nicht gesehen.)
71) G. Perrot et C. Chipiez, Histoire de l'art dans l'antiquite. Tome 3.
Phenicie, Chypre, AsieMineure. Paris (Hachette) 1884. 928 pp.avec 452 gra-
vures et 10 planches. — Auch ins Englische übers, v. W.Armstrong, History
of Art in Phv-Bnicia and its dependencies. 2 vol. (Chepman and Hall.).
72) Heuzey et AI. Bertrand, Kemarques sur des haches en bronzc pro-
venant de Syrie et d'autres analogues rapportees duCaucase : Bull, de la Soc.
des Antiq. de France 1883, p. 157. :Bibl. Ü. L. ; nicht gesehen.)
73j C. li. C'onder), Disc stones : Quart. Statements 1884, p. 20.
74) Greville Chester, On the pottery and glass found in the excavations:
Memoirs (siehe Nr. 275), p. 533 — 542.
75) Ch. Clermont Ganneau, Antiquities of Palestine in London (reprodu-
ced from the Times) : Quart. Statements 18S4, p. 222—230. — Id., Genuine
and false inscriptions in Palestine (reprinted from the Times) : ibid. p. 89
— lOÜ.
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 1884. 297
stiua nachzuforschen ; er selbst hat bekanntlich eine Menjj^e Sta-
tuetten oder Basreliefs, Vasen, Lampen, Ossnarien, Gemmen, In-
schriften u. (lergl. gesammelt, deren Katalog er uns vorlegt "0).
Auch über neuere Funde hat er Bericht erstattet ^^) ; seine Be-
merkungen in der Revue criti(|ue beziehen sich meistens auf ver-
schiedene Inschriften"*). Unter Anderem hat er auch neuent-
deckte griechische Inschriften aus dem Ilauran veröfientlicht '■' .
Über die jetzt in Constantinopel befindliche Tempelstele und
über griechische Inschriften aus dem Hauran hat uns neben Gan-
NEAu MoRDTMANN soj Mittheilungeu gemacht; verschiedene phöni-
cische und nabatäische Inschriften hat Schröder^') vorgelegt.
Von PoGNON 82) ist im Wadi Brissa bei Ilermel im Libanon ein
Denkmal Nebukadnezars entdeckt worden. Über das A'erhält-
niss der Ilamat-Inschriften zu ägyptischen weiss Conder*^) einige
Bemerkungen zu machen.
Über gefälschte und ächte hebräische Alterthümer finde ich
einen Artikel von CosauiK *^j angeführt. Die älteren Abhandlun-
76) Mission en Palestine et en Ph^nicie entreprise an 1881 par M. Ch.
Clermont Ganneau. Cinquieme rapport (Extrait des Archives des missions
scientifiques et litteraires. Troisieme Serie. Tomeonzieme). Paris (Impr. na-
tionale) 1884, p. 51 — 146 (mit 12 Tafeln und sonstigen Abbild.).
77) Ch. Clermont Ganneau , Archaeological discoveries in the Holy Land
and Syria in 1883 (reprinted from the Times : Quart. Statements 1884,
p. 187—195.
78) Clermont Ganneau, Notes d'archeologie Orientale: Revue critique
1884, II, p. 263-268.
79) Clermont Ganneau, Inscriptions grecques inedites du Hauran et des
regions adjacentes: Rev. archeol. Nov. — Dec. 1SS4, p. 260 — 28ü [mit 4 p.
Tafeln).
80) Beiträge zur Inschriftenkunde Syriens. Von Dr. J. H. Mordtmann in
Con.stantinopel: ZDPV. VII, p. 119— 126.
81) Epigraphisches aus Syrien. Von Dr. P. Schröder (mit 2 Tafeln;:
ZDMG. 38 (1S84 , p, 530—534.
82) Ch. Clermont Ganneau , Two inscriptions of King Nebuchadnezzar
on Lebanon (Reprinted from the »Times« of December 29tl», 18S3;: Quart.
Statements 1884, p. 85—88. Vgl. Compt. r. de l'Acad. des I. et B. L, 1883.
(Paris 1884), p. 412—414.
83) C. R. C(onder), Hamathite and Egyptian: Quart. Statements 1>>^4,
p. 18—19.
84) Em. Cüsquin , Vraies et fausses antiquites hebra'iques : Le Francais
12. Jan. 1S84. (Nach Lit. Bl. f. or. Ph. ; nicht gesehen.)
99S Socin,
gen über Inschrifteu in Jerusalem, speciell die Siloahiiisclirift*^),
an deren Angaben sich noch immer die Discussion über das
Maass der jüdischen Elle ^^] fortspinut, sind . leider in unverän-
derter Form, in die Memoirs hinübergenommen worden. Einige
hübsche liemerkungen über Makkabäer-Münzen verdanken -wir
Stickel^'). Ganneaü^^J hat neuerdings wieder eine jüdische
Grabinschrift aus Jafa veröffentlicht. — Die wichtigste aramä-
ische Inschrift, welche in neuester Zeit gefunden worden ist. ist
die von Teimä^'*, in Xordarabien; sie beweist, dass aramäischer
Einäuss viele Jahrhunderte vor dem Beginn unserer Aera bis nach
Arabien hineinreichte. Die aus dem Nachlass Doughty's^'^; und
Huber's'*^) veröffentlichten Inschriften aus Nordarabien machen
uns nur um so begieriger auf die bevorstehende Veröffentlichung
der von Euti>g gemachten Erbeutungen . Auf syrischem Boden ist
vor allem die Inschrift aus Dmer^^j yon Wichtigkeit, sowäe auch
85) Ancient inscriptions at Jerusalem: Memoirs (siehe Nr. 275), p. 422
— 42S.
86) S. Beswick, The Siloam inscription: Quart. Statements 1884, p. 255
—257.
87, Jüdische Münzen aus Jerusalem. Von D. Stickel in Jena: ZDPV.
Vn, p. 211— 214; 310.
88) Clermont Ganneau, Hebrew Epitaph of Youdan , sun of Rabbi Tar-
phon , from the Necropolis of Joppa : Proceedings of the .socIety of Bibl. Ar-
chaeology Nov. 1883 — Mai 18S4. Vol. VI.
89) Altaramäische Inschriften aus Teima von Th. Nöldeke. Mit zwei Ta-
feln : Sitzungsberichte der kön. preussischen Akademie der Wissenschaften
in Berlin 1884, p. 813 — 820. Rec. von D. Müller in Österr. Monatsschrift für
den Orient 18'^4 , p. 209; vgl. Halevy, Revue des etudes juives 1SS4, IX,
p. 1—20.
90 Ch. M. Doughty , Documents epigraphiques recueillis dans le Nord
de l'Arabie : Memoires de TAcad. des Inscriptions 1884. Separat: Parisdmpr.
pat. 1884. (j.i pp. LVII Tafeln 4'J (nicht gesehen,. Rec. von D. H. Müller in
Österr. Monatsschrift f. d. Orient 1884, p. 278; von Praetorius in Lit. Bl. f.
or. Phil. 1885, p. 386; Halevy 1. 1. unter Nr. 89.
91) Inscriptions recueillis dans lArabie centrale 1878 — 1882 par Charles
Huber: Bulletin de la Societe de geographie. Paris 1884 Septieme serie,
■> tomej, p. 289 — 292 (mit 11 Seiten Tafeln,. — Phil. Berger, Inscriptions
nabatennes de Medain Salih: Comptes rendus de l'Acad. des J., serie 4, t. 12,
Juli— Sept. 1884, p. 377—393. (Separat: Paris 1884: 10 pp., 2 pl.). Vgl.
D. H. Müller in Österr. Monatsschrift f. d. Or. 15. Jan. 1885, p. 21.
92, Eine Nabatäische Inschrift aus pmer. Mitgetheilt von E. Sachau
mit Tafel,: ZDMG. 1884, (38). p. 535—542.
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 1SS4. 299
die Inschriften von Karjaten '-^3) , von denen wenigstens zwei älter
als das neunte nachchristliche Jahrhundert sind. Auch über j)ahnv-
renische Inschriften liefet Neues vor '^^''i , Dk Yogük '•'^j hat über eine
Inschrift von IJaalbek gehandelt. In Ascalon'-'^) ist eine arabische
Inschrift ans dem Jahre 155 der Flucht gefunden worden. Acht
Monumente aus der Kreuzfahrerzeit hat Gannkau""' erläutert.
Welche schöne Funde in Palästina zu machen sind, hat neulich
wiederum die Dreifussbasis aus Nabuhis"") bewiesen. .Schade,
(lass durch die strengen Verordnungen der türkischen Kegie-
rung''^) die Ausgrabungen und die Verwerthung derselben so sehr
erscliAvert Avorden sind.
Der zu den Memoirs der englischen Karte gehörige Band, Natnrge-
welcher hauptsächlich die Naturgeschichte '•>-*) enthält , ist nach
meiner Ansicht einer der am wenigsten befriedigenden des gan-
zen grossen Werkes ; denn mau findet darin durchaus nicht, wie
man erwarten dürfte, eine physikalische Beschreibung von
Palästina. Sehr hübsch sind zwar einzelne colorirte Bilder von
Thieren, jedoch sind die Beschreibungen zum mindesten inso-
93) Syrische Inschriften aus Karjeten. Mitgetheilt von E. Sachau mit
Tafel) : ZDMG. 1884, (38), p. 543—545.
93=^! J. H. Mordtmann, Bemerkungen zu den Palmyrenischen Inschriften:
ZDMG. 1884 (38j, p. 584—589. — Zu ZDPV. VII, p. 241, Nr. 68 vgl. bes.
Palmyra, eine archäologische Untersuchung vom Fürsten S. Abamelek-Laza-
rew. St. Petersburg 1884. 84 pp. fol. , mit 8 Ansichten von Palmyra und
5 Inschriftentafeln (nicht gesehen) ; vgl. die Recension und weitere Litera-
turangaben' von D. H. Müller in Österr. Monatsschr. f. d. Or. 1SS5, p. 43.
— S. Landauer , Über die von Euting in Palmyra gefundene Synagogen-
Inschrift: Sitzungsber. der k. preuss. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1884,
XXXIX, 31. Juli, p. 933— 934. (Mit 2 Tafein).
94) M. de Vogüe, Inscription de Baalbek: Bull, de la Soc. des antiq. de
Fr.. 1883, p. 122. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
95) Rev. archeol. 1884, II, p. 103.
96; Clermont Ganneau, Nouveaux monuments des croises, recueillis en
Terre Sainte: Archives de l'Orient Latin II (1884 , p. 457 — 464 mit drei
Tafeln).
97) Die Dreifussbasis von Nabulus. Vonlh. Schreiber in Leipzig (mit
Tafel) : ZDPV. VII, p. 136—139. Vgl. Revue archeol. 1884, II, p. 99.
98) Reglement sur les antiquites sanetionne par irade imperial : Revue ar-
cheol. 1884, I, p. 336—345.
99) The survey of Western Palestine. The Fauna and Flora of Palestine.
By H. B. Tristram. Published by theCommittee of the Palestine Exploration
Fund. 1S84. XXII, 455 pp. 40. L. 3, 3 sh.
300 Socin,
■weit verfehlt . als der grösste Theil der hebräischen und arabi-
schen Namen durch Druck- oder Schreibfehler entstellt ist. Statt
der Aufzählung der Pflanzen , meist nach I^oissier, wäre eine
Charakteristik der palästinensischen Flora zweckentsprechender
gewesen. Die geologische Übersicht in der Von-ede des Werkes
ist sehr knapp gehalten. Dagegen ist nun allerdings anzuerken-
nen, dass die englische Gesellschaft in neuester Zeit eine Expe-
dition zur Erforschung Palästina's in geologischer Beziehung
ausgesandt hat ; bereits liegen von Hüll i^**) , dem Anführer der-
selben , einige , theilweise auch geographisch interessante Be-
richte vor. Eine Notiz über die chemische Beschaff"enheit des
Wassers des Todten Meeres ist in einem russischen Journal,
vielleicht nach neuen Untersuchungen, erschienen^"'). Aon dem
grossen Hauptwerke über die Flora des Orients, der Flora orien-
talis des leider nun verstorbenen Genfers BoissrER'02j^ sei ausser
dem im Laufe des Berichtsjahres erschienenen Bande nachträglich
noch ein früherer angeführt. Neben solchen Werken ersten Ran-
ges kommen Bücher wie das von GRiXDOx'^^aj kaum in Be-
tracht. Dagegen darf hier auch auf einige Bemerkungen AVetz-
STEix'si'^äj über das Vorkommen von Trüff'eln in Syrien hinge-
100) Vgl. Nr. 312. Hüll, Abstract of observations obtained by the scien-
tific expedition sent out to Arabia Petraea and "Western Palestine by theCom-
mittee of the Palestine Exploration Fund in 18S3: Quart. Statements 1884,
p. 160 — 171. — Vgl. auch Hüll, Physieal history of the Dead Sea, the Jordan
Valley and Palestine: TheNature, 29. März 1883. 3ibl. 0. L. ; nicht ge-
sehen). — Nach Bibl. O. L. ist der in ZDPV. VII, p. 243 , Nr. 83 erwähnte
Artikel ein Auszug aus AV. H. Hudleston, Geology of Palestine ^mit III. und
Karte) aus Address to the Geologists association, 3. Nov. 1882, Proceedings
VIII, p. 1—53.
101 Ivanow, Analyse de l'eau de la Mer Morte: Journal des mines, 1880,
p. 18(5—192 fPtussisch; Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
102) Flora Orientalis sive enumeratio plantarum in Oriente a Graecia et
Aegypto ad Indiae fines hucusque observatarum auctore Edmond Boissier.
Volumen quartum. Corolliflorae et Monochlamydeae. Genevae et Basileae
(Georg; 1879, 1270 pp. S'K — Volumen quintum. Monocotyledoneae , Gym-
nospermae, Acotyledoneae vasculares. ibid. 1884, 868 pp. 80.
102») Leo H. Grindon , Scripture Botany. London Pitman). — Rec. in
Saturday Review 29. März 1884, p. 425. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht
gesehen.)
103) Sitzungsberichte des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg
XXll, p. 126 ff.
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinulit. ls^4. ;J0 1
wiesen werden. Die IJibliscluMi Natnr^cscliichtcn von Kin/,-
ler'oi) nnd Fillion lo**) sollen wohl den /wecken des Schulun-
terrichts dienen; oh das Huch von liowKER 'o'') ül)er die M)^o.\
der Bibel auf wissenschaftlicher Grundlage beruht, vermag ich
nicht zu beurtheilen. Meteorologische Heobachtungen hat in letz-
ter Zeit Dück'"*^) in Jerusalem gemacht.
Z\ir Geschichte übergehend, können wir zunächst E. Geschichte.
Meyer's^o^) Geschichte des Alterthums als eine sehr brauch-
bare Übersicht empfehlen, da sich der Verfasser derselben in
allen Quellenfragen bewandert, wenn auch bisweilen in der Kri-
tik etwas allzu kühn erweist. In welcher Sprache eine in l^eirut
erschienene Geschichte von Syrien lo^) abgefasst ist, haben wir
nicht erfahren können ; auch die alte Geschichte von Sayce i"")
ist uns nicht zu Gesicht gekommen. Zur Urgeschichte Syriens
ist ein kurzer Aufsatz von PelagaudI^o) zu vergleichen. Das
Üuch von W. WrightI") über die Hethiter ist, nach den Kriti-
104) Pfr. Ad. Kinzler, Biblische Naturgeschichte. Hrsg. von dem Cal-
wer Verlagsverein. 6. verb. Aufl. Mit 60 kolor. Abb. auf 4 Bildertaf. und
Holzschnitten. Calw ( Vereinsbuchh.) 1884. VHI, 307 pp. 8". (Nicht ge-
sehen.)
104a) L. Cl. Fillion, Atlas d'histoire naturelle de la Bible , dapres les
monuments anciens et les meilleures sources modernes et contemporaines, de-
stine ä faciliter l'intelligence des saintes ecritures. Paris etLyon (Delhomme;
1S84. VII, 112 p. 112 pl. 40. — Rec. in Polybiblion März 1885, p. 219; etc.
(Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
105) J. Bowkers Birds of the Bible. lOf. ^genannt imAthenaeum G. Dec.
1884).
106) Warte 1884, Nr. 14.
107) Geschichte des Alterthums von Eduard Meyer. Erster Band. Ge-
schichte des Orients bis zur Begründung des Perserreichs. Stuttgart iCotta^
1884. XX, 647 pp. 8o. (Vgl. die Rec. von A. Bauer in Gott. G. Anz. 18b4,
p. 1000).
108) Elias Matar, Histoire de laSyrie. Beyrouth 1881. 120. (Bibl. 0. L.;
nicht gesehen.)
109; A. H. Sayce, The ancient empires of the east. New York ;C. Scrib-
ner's Sons) 1884. XXII, 301 pp. 12«. (Nach ThLZ. ; nicht gesehen..
110) Pelagaud, La prehistoire en Syrie : Compte-rendu de la LXIX^
Session de l'Ass.fr.pour l'avancement des sciences ä Reims, 1880 (Paris ISSl,
p. 848—857. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.
111) Wm. Wright, The empire' of the Hittites. With decipherment of
hittite inscriptions by A. H. Sayce, a hittite map by Ch. Wilson and Conder.
and a complete set of hittite inscriptions, revised by ^^^ H. Rylands. London
302 Socin,
ken zu urtheilen, verfiiilit und von sehr einseitigem Standpunkt
geschrieben , wie auch sein Aufsatz über die Hethiter im alten
Testament 1^^). Das dritte Heft von Staüb's'^^) Geschichte Isra-
els ist von grosser Wichtigkeit, da uns in demselben besonders
auch die salomonischen liauten und zwar mit Plänen vorgeführt
werden. — Betreffs der nachchristlichen Zeit ist zu erwähnen,
dass Gregoroviüs'^^j die Gründung der Aelia Capitolina in das
Jahr 130 setzt. Der neu erschienene 15and der Historiens des
cruisades^'^j enthält besonders Auszüge aus der Chronik von
Aleppo vonKemäl ed-din 7 060 d. FL), die timcadir (Seltenhei-
ten aus dem Leben des Saläh ed-din von Behä ed-din, Auszüge
aus Ihn Gubair (geb. 540 d. FL) ; ferner aus der Geschichte des
Ibn jMujesser schrieb zwischen 676 und 690), aus den nugiim
ez-zähire des Abul-Mahäsin 7 815 d.Fl.) und aus dem mirät ez-
zemcin des Sibt ibn el-Gauzi (7 654 d. FL). Sehr viele histo-
rische Arbeiten finden sich in dem zweiten Bande der Archives
de rOrient Latin ; vor allem sind Riant'sII^)^^") übersichtliche
Aufsätze über handschriftliche Materialien zu nennen . sodann
eine Abhandlung desselben Autors, welche namentlich auch den
Einfluss der Franken in Jerusalem vor den Kreuzzügen beleuch-
iNisbet) 18S4. XXI, 200 pp. 8». — Vgl. Athenaeum 4. April 1885, p. 435 ; Aca-
demy 1884, 6. Dec. , p. 378; 13. Dec. , p. 397; 20. Dec. , p. 415; 27. Dec,
p. 435 et al.
112) Rev. W. Wright, The Hittites and theBible: Brit. Quart. Rev.,
Juli 1882, p. 53—78. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
113) Bernhard Stade, Geschichte des Volkes Israel. Dritte Lieferung
(87. Abtheilung von AV. Onckens Allgemeine Geschichte in Einzeldarstellun-
gen). Berlin (Grote) 1884, p. 305—464.
114i F. Gregorovius, Die Gründung der römischen Colonie Aelia Capi-
tolina: Sitzungsber. der K. Bayer. Akad. d. Wi^:. ; Phil. -bist. Klasse, 1883,
p. 477—508.
115, Recueil des historiens des croisades , publies par les soins de Taca-
demie des inscriptions et helles lettres. Historiens orientaux. T. 3 texte et
traduction. Paris Impr. nationale, 1SS4. II, 7'J9 pp. fol.
116) Comtelliant, Inventairesommaire des manuscrits relatifsäl'histoire
et ii la geographie de l'Orient Latin: Archives de l'Oricnt Latin II (1884),
p. 131—204; II, 510—512.
1 1 7] Comte Riant , Inventaire des materiaux rassembles par les Bene-
dictins auXVIlI« sieclepourlapublication des Historiens des croisades : Archi-
ves de l'Orient Latin II (18S4j, p. 105—130.
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 1884. 303
tetiis). HeydsI'») Aufsatz über das Consulaiwesen ist schon
im letzten Berichte erwähnt Avorden. K()iiriciit und Ray-
naud'^o) haben einen interessanten Text nach zwei Handschrif-
ten herausgegeben, P. Meyer 121) Fragmente eines die .Schhicht
von 109S behandehiden Liedes aus dem l'>iidc des XII. oder dem
Beginn des XIII. Jahrhunderts. Das vulgärarabisclie Gedicht
von Gabriel bar Kalai '-2) ist eine der letzten Klagen (loöO)
über den Fall der Kreuzfahrerstaaten. Ausser diesen Arbeiten
findet sich in dem Bande II, p. 1 — 303) eine grosse Menge von
Documenten und Briefen, welche wir nicht im einzelnen aufzäh-
len können. Von wissenschaftlichen Abhandlungen sind noch
zu nennen ein Aufsatz Rey's '23)^ eine Dissertation über Konig
Balduin I. ^-■^), eine Studie Röhricut's ^25) ü^er die letzten Zeiten
des Königreichs Jerusalem und die Herausgabe von Fragmenten
des Liedes über die Zerstörung von Akka (1291) i26j^ ^Vie weit
die illustrirte Culturgeschichte der Kreuzzüge von Henne am
118) La donation de Hugues, Marquis de Toscane, au Saint-Sepulcre et
les etablissements latins de Jerusalem au X^ siecle, par le Comte Riant. Ex-
trait des memoires de FAcademie des inscriptions et belles-lettres. Tome
XXXI, 2epartie fp. 151—195). Paris ilmpr. nationale) 1S84. 4ypp. 4«. — Kec.
in Lit. C.-Bl. 24. Jan. 1885, Sp. 141.
119) Vgl. ZDPV. VII, p. 246, Nr. 97. Aus: Archives de l'Orient Latin II
(1884), p. 355—363; (512).
120) R. Röhricht und G. Raynaud, Annales de Terre Sainte : Archives
de rOrient Latin II (18S4) , II, p. 427—461.
121) P. Meyer, Fragments d'une Chanson d'Antioche en provencal: Ar-
chives de rOrient Latin II (1884) II, p. 467—509.
122) R.Röhricht, Gabriel bar Kala'i, eveque de Nicosie. Poeme sur la
chüte de Tripoli (27. avril 1289) : Archives de TOrient Latin II (1884),
p. 462 — 3. Discours sur Tripoli et sur ce qu'y firent les Musulmans. Tra-
duit par J. Guidi, ibid. p. 464 — 466.
123) G. Rey, Note sur le fief du comte Josselin en Syrie: Bull, de la
Soc. des ant. de Fr. 1880 (XLI), p. 72—75. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
124) A. "Wollf, König Balduin I. von Jerusalem. Inaug. Dissertation.
Königsberg 188-1. 82 pp. 8». (Nach ThLZ. ; nicht gesehen.
125) Reinhold Röhricht, Etudes sur les derniers temps du royaume de
Jerusalem (suite) : Archives de l'Orient Latin II ^1884), p. 365 — 410.
126) Anton Schönbach , Fragmente des Gedichtes über die Zerstörung
von Accon. Mittheil, aus altdeutschen Handschriften III: Sitzungsberichte
der Kais. K. Akad. der Wissensch. zu Wien 1881 (XCVII) , p. 783—792.
304 Socin,
Rhyn'-' imd das handelsgeschichtliche Werk von Mitrovic ^28)
auf Avisseiischaftliclier Grundlage ruhen, entzieht sich meiner
Beurtheihnig ; ein Aufsatz von Uaarts ^'^'■>) über Syrien zur Zeit
der Kreuzzüge ist an und für sich populär gehalten. Aus der
neueren Zeit mag ein Werk angeführt werden, welches die
Kämpfe Ägyptens und der Pforte in Syrien schildert i30j^ sowie
zwei andere, welche die Ereignisse des Jahres 18G0 behan-
deln > 3 i)i 3 laj.
Pilger- Unter dem Vorsitz von C W. Wilson, mit W. Besant als
Schriften. •••tiiitt-»!- ti-i '• < • >
Secretair, ist in England die »lalestme rilgrims text society« ^'^-]
ans Werk gegangen, eine Reihe älterer Beschreibungen und Be-
richte über Palästina zu übersetzen und mit Anmerkungen her-
auszugeben; auch aus byzantinischen und arabischen Historikern
sollen später Stellen, welche für die Geographie Palästina s wich-
tig sind, in Übersetzung mitgetheilt werden. Nach diesem Pro
S]>ect scheint aber das neue Unternehmen hauptsächlich darauf
gerichtet zu sein, sprachunkundigen Leuten die betreffenden
Texte leichter zugänglich zu machen ; an eine CoUation der
Handschriften , welche für viele der älteren Pilgerschriften
so überaus wichtig ist, scheint nicht gedacht zu werden, wie
127) Die Kreuzzüge und die Kultur ihrer Zeit. Von Dr. Otto Henne am
Hhyn. Leipzig (Bach) 1884. XII, 498 pp. fol. Nicht gesehen.)
128) Bartolomeo Mitrovic, II commercio medio-evale dell' Italia col Le-
vante. I. Epoca anteriore alle crociate ; II. Epoca delle crociate. Trieste
1S81— 1882, 2 vol. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
129) P. Baarts, Syrien zur Zeit der Kreuzzüge : Wochenblatt der Joha-
niter-Ordens Balley Brandenburg 1884, p. 259—262; 265—2(58.
i;:10, Baron Augustus Jochmus , The Syrian war and the decline of the
Ottoman erapire, 1840 — 1S48, hrg. von Dr. G.M. Thomas. Berlin Cohn) 1883.
2 vol. 80. (1 Portrait, 2 Karten). (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
131) L. Le Saint, Expedition de Syrie en 1860. Liraoges (Barbou) 1881.
190 pp. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
131^1 Perpetuü Dionigi Damonte, Abdel-Kader, ossia stragi del Libano e
di Damasco nel 1860. Racconto storico, con ill. Torino (impr. nel Collegio
degli Artiglanelli) 1884. 160 pp. 40. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht ges.)
132) Vgl. Quart. Statements 1884, p. 106. Palegtine Pilgrims" Text So-
ciety. Nr. I. Of the Holy Places visited by Antoninus Martyr. Translated by
Aubrey Steward and annoted by Col. Sir C. AV. AVilson. R. E. (Published
for the subscribers only). (Nicht gesehen.) Rec. von Alex. B. Mc. Gregor in
the Academy 7. Febr. 1885, p. 63. Athenaeum Nr. 2938; 16. Febr. 1884,
p. 217.
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 1884. 305
ja auch in dem erschienenen Fascikel alle hibliof^raphischen
Angaben fehlen. — In der Hibliothek der Fraternita in Arezzo
hat Gammukkini 1^3) eine Handschrift gefunden, welche Hruch-
stücke der Keiseerinnerungen einer wohl aus Gallien gebürtigen
Dame enthält. Diese ist. wie Koiilkr ':'») meint, nach dem Jahre
363 durch Ägypten nach dem .Sinai gereist, liat hierauf den
Berg Nebo und das Vaterland iliobs besucht und sich dann nach
Edessa begeben. Auf der Hinreise nach Ägypten hat sie wohl
das cisjordanische Palästina durchwandert; leider fehlt gerade
die Beschreibung dieser Reise in der Handschrift. Einige Noti-
zen aus Sophronius hat Bouvy'^öj zusammengestellt. In den Ar-
chives sind zwei kurze armenische Berichte '30j mitgetheilt wor-
den , von denen der eine , von Anastasius aus dem siebenten
Jahrhundert, ein Verzeichniss von etwa siebzig armenischen
Klöstern enthält ; (der andere stammt von Nicolas , Bischof von
Acquirmanu aus dem Ende des 15. Jahrh.). Über St. Willil)ald
liegt ein Programm von BrücklI^'') vor. In gewohnter Art hat
Gildemeister die im Jahre 985/6 von Mukaddasi i3Sj verfasste
Beschreibung Syriens bearbeitet. Die Reise des russischen Abtes
Daniel hat uns Leskien ^3*^) nach NorofFs Ausgabe übersetzt.
133) G. F. Gamurrini, I misteri e gl'inni di S. Ilario vescovo di Poitiecs
ed una peregrinazione al luoghi santi nel quarto secolo scoperti in un anti-
chissimo codice. (Estratto dal periodico studi e documenti di storia e diritto
anno V — lSS4j. Roma iTipographie della pace di F. Cuggioni) 1884. 27 pp. 40.
134) C. Kohler, Note sur un manuscrit de la bibliotheque d'Arezzo : Bi-
bliotheque de l'ecole des chartes. Paris 1884 (XLV), p. 141—151.
135) Edm. A. Bouvy, Sophrone le sophiste et Damas avant la conquete
musulmane: La Croix 1880, 1, p. 62 — 65. — Id., Sophrone le pölerin et les
monasteres de Palestine (mit Karte) : ibid. 1880, I, p. 217— 222. (Bibl. O. L. ;
nicht gesehen.)
136) Leonce Alishan , Deux descriptions armeniennes des Lieux Saints
de Palestine : Archives de l'Orient Latin II (1884), II, p. 394—403.
i;57i Hodoeporicon S.-Willibaldi oder S. Willibald's Pilgerreise, ge-
schrieben von der Heidenheimer Nonne, übersetzt und erläutert von Jakob
Brückl. Programm des K. Gymnasiums zu Eichstätt, 1880—1881. Eichstiitt
(Stillkrauth) 1881. IXXX, 78 pp. S«. (Nicht gesehen.)
138) Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. Von J. Gil-
demeister. 4. Mukaddasi: ZDPV. VII, p. 143—172; 215—230.
139) Die Pilgerfahrt des russischen Abtes Daniel ins heilige Land IIK«
— 1115. Aus dem Kussischen übersetzt von A. Leskien: ZDPV. VII, p. 17
—64. — Nach Bibl. O. L. enthält der ZDPV. VII, p. 247, Nr. 103 genannte
306
Socin.
Auf IUchmaxn'sI^") Arbeit über die Pilgerfahrt Albrechts von
Jiraudeiiburg (1159) macht uns die Bibl. des 0. L. aufmerksam.
Die Schrift von Kalkoff '^i) enthält unter Anderem einige De-
tails über die Reise Wolfgers von Passau (1198). Schefer142j
hat sich mit einer militärischen Schrift aus der Zeit des Melik
ed-Dahir beschäftigt, welche hauptsächlich Egypten betrifft; es
werden jedoch darin auch die Wege geschildert, welche eine
Armee z\irückzulegen hätte, um von Gaza nach Ägypten zu
gelangen. Eine genuesische Schiffskarte aus dem Anfang des
14. Jahrh. hat Paoli**^^) veröffentlicht. In dem Portulan des
Genuesen A isconti^''^^ aus dem Jahre 13 IS findet sich neben
Anderem besonders auch eine Beschreibung der Häfen Syriens.
Yule hat die Reise des Odericü de Pordenoke ^^s) (ungef. 1320)
und gemeinschaftlich mit Nicholson die Fragen, welche sich an
Johann v. Maundeville's ^*^) Reisebeschreibung knüpfen, behan-
delt ; eine dänische Ausgabe der letzteren hat Lorenzen ^*'^) ver-
Artikel : une nouvelle donnee sur le manuscrit de Floristchev. — Zu Daniel
vgl. auch A. J. Ponomarev, L'igoumene Daniel et son pelerinage en Terre
Sainte: Le pelerin (russisch) 1880, Nr. 12. (Bibl. O. L.; nicht gesehen.)
140; Bachmann, über eine Beschreibung des Zuges des Markgrafen Al-
brecht von Brandenburg zum Heiligen Grabe im K. Kreisarchiv zu Nürn-
berg: Correspoudenzblatt der d. Archive, 1878—1880, I, p. 257—258. (Bibl.
0. L. ; nicht gesehen.)
141) Paul Kalkotf, Wolfger von Passau, 1191 — 1204. Eine Untersuchung
über den historischen Werth seiner Keiserechnungen nebst einem Beitrag zur
Waltherchronologie. Weimar (H. Böhlau; 1882. VIII, 142 pp. 80. (Bibl.O.L.;
nicht gesehen.)
142) Charles Schefer , Etüde sur la Devise des chemins de Babiloine :
Archives de VOrient Latin II (1884), p. 89—101.
143) C.Paoli, Una carta nautica genovese del 1311 : Arch.stor. ital. 1881,
4. Serie. VH, p. 381— 3S4. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
144) E. G. Rey, Les periples des cotes de Syrie et de la Petite Armenie:
Archives de l'Orient Latin II (1884), p. 207—330. Mit Karte.
145; H. Yule, II beato Oderico di Pordenone ed i suoi viaggi. Londra
F. Richardt) 1881. S pp. b^. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
146) H. Yule and E. B. Nicholson, Jehan de Mandeville: Encyclopasdia
Britannica 9. ed. 1883, XV, p. 472— 475. Vgl. E. B. Nicholson," Mande-
ville's Travels : Academy 12. Febr. 1881, p. 119.
147) Mandevilles Rejse paa Dansk fra XV<Je Ärhundrede efter Haand-
skriften udgiven af M. Lorenzen. Kjöbenhavn (S. L. Möller), 1881—1882.
LXXI, 225 pp. 120. (Bibl.O.L.; nicht gesehen.) •.
Bericht über neue Erscheinungen auf d, Gebiete d. Palästinalit. 1&84. "307
anstaltet. Neumann i^^^i hat nachgewiesen, dass die Notahiha
de Terra Sancta Auszüge des Nicolaus vonHude aus einer nach
dem Jahre 1350 gemachten CompiLation sind, deren erster Thci
identisch ist mit dem Hber de itinere Terrae Sanctae von Ludolf
Sudheim, und deren zweiter Theil ein Werk ist wie dasvonEnnen
in der Zeitschrift Orient und Occidcnt I. 4 1!); 02 7) veröffentlichte.
Eine ursprünglich slavonische Besch.reibung'"* der heiligen Stätten
in Jerusalem aus dem 14. Jahrh. ist auch in serbischer Sprache
erhalten. Eine Untersuchung über die Heise des Ignatius von
Smolensk 150) (1389) hat Arseniev geliefert ; Riant hat die latei-
nischen Reisenotizen des Thomas Brigg 151), welcher im Jahre
1392 den Thomas von Swinburne begleitete, veröffentlicht. Über
Palästinapilger aus der Picardie hat Graf Marsy '■''2) gehandelt.
Zu Coxrady's Rheinischen Pilgerschrift eni53j müssen noch einige
Avichtigere Recensionen hier angeführt werden, ebenso zu der im
letzten Berichte genannten Reisebeschreibung des Philipp de
VoisiNsi54j. Aus dem 15. Jahrh. liegt ferner eine Reisebeschrei-
148) W. A. Neumann, Ludolphu.s de Sudheim, De itinere Terrae Sanctae :
Archives de l'Orient Latin II (1884) II, p. 305—377.'
149) Recit sur les lieux saints qui sont ä Jerusalem J. Martinov S. J.,
Le recueil de Widdin 1360, manuscrit de la bibl. de Gand (russisch). St. Pe-
tersburg 1882. 40: Monum. d'ancienne litterature (russisch) Nr. XIV, p.l7 —
28 . Bibl. O.L. ; nicht gesehen.) — J. Martinov, liecits sur les Lieux Saints
de Jerusalem, traduit d'un texte slavon du XIV^ siecle : Archives de lOrient
Latin II (1884) II, p. 389—393.
150) S. V. Arseniev, Enquete sur le voyage du moine Ignace de Smo-
lensk ä Constantinople et ä Jerusalem au XIV^ siecle : Recueil de l'Inst. ar-
cheol. russe, 1883, Nr. 3. (Bibl. O. L.; nicht gesehen.;
151) Comte Riant, Vuyage en Terre Sainte d'un maire de Bordeaux au
XlVe siecle: Archives de l'Orient II (1884) II, p. 378-388. — Vgl. La Terre
Sainte 1884, Nr. 222—224.
152) Comte de Marsy, Les pelerins picards ä Jerusalem, 1. note, XlVe
— XVIe siecles: La Picardie, Nov. 1881, p.500— 51S. Separatabd. 24pp. Bibl.
0. L. ; nicht gesehen.)
153) Vgl. ZDPV. VI, p. 162, Nr. 75. — Rec. von Karl Herquet in ZDPV.
VII, p. 65—73; von Meisner in Sybels Hist. Z. 1SS4, (5), p. 361 ; in N. An-
zeiger für Bibliograjjhie von Petzholdt 1882, p. 37S.
154) Vgl. ZDPV. VII, p. 247, Nr. 104. Nach Bibl. Ü. L. rec. von Riant
in C. r. de l'Acad. des I. et B. L. 8. Febr. 1884, p. 157 ; Polybiblion März
1884; Rev. hist. März— April 1884, p. 464 ; Revue des quest. hist. I.April
1884, p. 633; Journal des Savants Juli 1884, p, 409 u. a.
308 ^«""'
bunsj des Königs Erich von Dänemark i^^) vor. Von den Glie-
dern der aus Nürnberg stammenden Familie Kieter ist Hans
Kieter um 13S4. Peter Rieter um 1436, Sebaldt Rieter i. J. 1464
nach Palästina gereist ; die ausführlichste Beschreibung hat Se-
bald Rieter junior. Avelcher mit Tucher reiste, hinterlassen:
eine schöne Ausgabe dieser Reisen haben Röhkicht und Meis-
XER ^^'^: veranstaltet. Eine anonyme Reisebeschreibung aus dem
Jahre 1460 hat HenriciI^") verööentliclit; über die Pilgerfahrt
Stollberg's hat Lemcke ^^s) gehandelt ; auch über Joos va>' Ghi-
STELE 15'') liegt Neueres vor. Die schwierige Aufgabe, die
Beschreibung Thex'aud's zu verofientlichen, hat ScheferI^oj
mittelst seiner bekannten Belesenheit und Sachkenntniss ge-
löst; doch bietet dieses Werk weniger Neues für die Landes-
kunde Palästina's, als für die Kenntuiss der Lage Ägyptens vor
der türkischen Eroberung. Die Ausgabe der Pilgerfahrt Torkin-
Tox's^ö^j können wir leider nicht aus eigener Lecture beurthei-
len. Auch Nickl's Aufsatz über die Pilgerfahrt Otto Hein-
155, W. Mollerup, Kong Erik af Pommern Udenlandsreise, 1423 — 1425 :
Hist. Tidsskrift 1S82 ; V. Serie, III, p. 713—743. Bibl. O. L. ; nicht ges.)
156, Das Keisebuch der Familie Rieter, herausgegeben von Keinhold
Röhricht und Heinrich Meisner. Gedruckt für den literarischen Verein in
Stuttgart. Tübingen 1884. 160 pp. 8«. Vgl. AUgem. Z. 19. April 1885.
157; Ernst Henrici, Beschreibung einer Reise von Venedig nach Bei-
ruth (1460,: Zeitschrift für deutsches Alterth. 1S81, p. 59—70; p. 182—188.
(Bibl. O. L.)
158] Lemcke, Pelerinage de Stolberg, 1461 : Zeitschr. des Harz- Vereins,
1881, XIII, p. 484—488. (Bibl. 0. L. ; nicht gesehen.)
159j Le voyage en Orient de Josse van ühistele : Rev. generale (de Bru-
xellesj, 1S83, XXXVII, p. 723-764; XXXVIH, p. 46-71 ; 193-210. (Bibl.
0. L. ; nicht gesehen.)
160) Le Voyage d'outremer (Egypte, Mont Sinay, Palestine) de Jean The-
naud, Garditn du couvent des Cordeliers d'Angouleme suivi de la relation de
l'ambassade de Domeiiico Trevisan aupres du Soudan d'Egypte 1512 publie
et annote par Ch. Schefer. Paris (Leroux) 1884. XC, 297 pp. 8» (25 frcs.).
Auch unter dem Titel: Recueil de voyages et de documents pour servir ä l'hi-
stoire de la geographie depuis le XIII^ jusqu'ä la fin du XVIe siecle. — Rec.
von Picot in Rev. crit. 1885, I, p. 272.
lOlj The oldest Diarie of Englysshe Travel: being the hitherto un-
published narrative of the pilgrimage of Sir Rieh. Torkington to Jerusalem in
]:,\1. Ed. by W. J. Loftie. London (Field and Tuer) o. D. 1884) XXXVH,
72 pp. lüo. — Rec. inSaturdayRev.8. Märzl884, p. 325, Athenaeum 23. Febr.,
p. 249a; von B. H. Cowper in Academy I, 15; 29. März 1884, p. 150; 157; 255..
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Paläslinalit. ISS J. ;io9
rich's1C2j haben Avir nicht fjeschen ; ebensowenif^ ist uns die
Kevue internationale /uu^iin<<lifh , in a\ elcher über die Keise des
Ignaz von LoyolaIö^) berichtet war. Aus der JJibliof^rapliie des
Orient Latin erfahren wir den Titel der von Gonnkt veröffent-
lichten Keisebeschreibung des Akens Willkmsz "", aus Del ft.
Gkmn'65) hat neulich auf ein in Saint Michiel befindliches Ma-
nuscript hingewiesen, das eine ungedruckte 15eschreil)ung der
Reise von Loupvant enthält. Der Neudruck der hochinteressan-
ten Reise Varthema's 166] ist hier ebenfalls anzuführen, Aveil die-
ser Reisende, wenn er auch nicht Palästina berührt hat, doch
nach Damascus gekommen und auf der grossen Pilgerstrasse nach
Mekka gezogen ist. Gegen Ende des 16. Jahrh. sind zwei Zür-
cher 16") und einSicilianer 1^8) nach Palästina gefahren; auch sonst
liegt noch allerlei vor '•''') . Zu dem Neudruck von Adricomio's '^o)
Von A. W. Tuer ib. 8. März 1884, p. 170; von W. J. Loftie ib. 22.März 1'<S4,
p. 206. Harpers Monthly Mag. März LXVIII,, p. 643 ff. Nach Lit. Bl. f.
or. Phil. ; nicht gesehen.)
162) Niki, Les pelerinages du comte Othon-Henri en Palestine d'apres
le Journal de ce prince, 1521 : Neuenburger Kollektaneen Blatt, 1882, XL VI
pp. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
163) Le voyage de Saint Ignace de Loyola ä Jerusalem. ByEmilio Caste-
lar, de l'Acad. espagnole: Revue internationale t. 11, Nr. 2, 10. April 1884,
p. 145—168.
164) Arent Willemsz tot Dalft, Bedevaart naar Jerusalem volbracht en
beschreven in het jaar 1525, med. van C. J. Gönnet (mit Tafeln): Bijdragen
voor de Gesch. van het Bisdom van Haarlem 1882, XI, p. 1 — 382. — Sepa-
ratabdr. Haarlem 1884. 8o, mit Einleitung LXXXVII pp. (Bibl. O.L. ; nicht
gesehen.)
165) E. Genin, Voyage ä Jerusalem de Nicolas Loupvant en 1531 : Bibl.
de l'ecole des Chartes 1883, XLIV, p. 262—263; cf. 1884, XLV, p. 564— 56S.
166) Varthema, Viaggio in Oriente (secolo XVI: : riproduzione della edi-
zione di Venezia 1535 ; preceduta da un articolo di E.Masi, con cenno biogra-
fico deir autore. Bologna (tip. frat. Merlani; 1884. XX, 100 pp. fol. ;Nach
ThLZ; nicht gesehen.)
167) Warhafte reisz gen Venedig und Jerusallcm besehen durch Petter
Füszly und Heinrich Ziegler, Anno 1553. Mitgetheilt von Dr. H. E. und H.
H. : Zürcher Taschenbuch 1884, p. 136—193. (Nicht gesehen.)
168) Francesco de Messina, minore osservante, Viaggio in Terra Santa
1583, pubbl. da V. de Giovanni: Nuove effemeridi Siciliane 1881, p. 57 —
86. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
169) Un Touriste en Orient auXVI® siecle, d'apres les etudes du savant
allemand Dr. Kapner, sur un manuscrit du XVI« siecle du musde national de
Prague: Echo 1879, Nr. 38. (russisch; Bibl. 0. L. ; nicht gesehen.)
Ztschr. d. Pal.-Ver. VIII. 21
3 1 0 Socin,
l'lau von Jerusalem zu Christi Zeit muss auf die liibliographie
des O. L. , in welcher noch verschiedene dahin bezügliche
Schriften angeführt sind , verwiesen werden. Derselben J>iblio-
graphie verdanken wir die Titel der Reisebeschreibung Jonas
DES Kleinen i''^), eines Pilgerfahrers von Kallgudi'^^j ^ einer
Notiz über die Reise Celestis (zwischen d. J. 1672 u. 1712) i'^aj
und einer Reisebeschreibung zweier russischen Mönche aus dem
1 S. Jahrhundert i^^). Diese lange Übersicht schliessen wir mit dem
Hinweis auf ein Buch über den Feldzug der Franzosen in .Ägypten
und Syrien ^"^) und ein Reisewerk, Avelches erst neulich erschie-
nen ist, dessen Verfasser jedoch bereits vor vierzig Jahren Palä-
stina gestreift hat i^^) .
Karten. Was die Kartographie betrifft, so ist das wichtigste von den
im Laufe des Berichtsjahres erschienenen Werken unstreitig der
170) Gerusalemme e suoi dintorni ai tempi di Gesü Christo. Mappa e
descrizione istorica di Cristiano Adricomio , ristampata nel volgarizzamento
toscano di Francesco Baldelli, cortonese, del secolo XVI, colla giunta d'uiia
trattazione sul sepolcro e transito della ss. Vergine del canonico L. Grassi.
Genova (Tip. arcivesovile) 18S2. VIII, 168 pp. 8^. ^1 Plan von Jerus.). (Bibl.
O. L. ; nicht gesehen.)
171) Jonas le Petit, diacre de la Sainte Trinite, Voyage ä Jerusalem et ä
Constantinople 1648— 1652; publie par larchimandrite Leonide , St. Peters-
burg ISS2. IV, 28 pp. 80; Monuments d'ancienne litterat., publ. par la so-
ciete des bibliophiles de St. Petersbourg. Nr. 16. (Russisch; Bibl. O. L. ;
nicht gesehen.,
172) Arsene Kalloudi, Guide des saints lieux de la ville de Jerusalem
traduit du grec en slavon par Euthyme 1686, publie par larchimandrite Leo-
nide. St. Petersburg 1883 II, 62 pp. 8«.: Monuments d'ancienne litterat.,
publ. par la soc. des bibliophiles de St. Petersbourg. (Russisch; Bibl. O.L. ;
nicht gesehen.)
172»; Chr. CornelioDesimoni, Nuove descrizioni di viaggi in Terra Santa :
Giornale Liguistico, 1882, p. 178—179. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
173) Sylvestre et Nicodeme, Description du voyage des moines Sylvestre
et Nicodeme du couvent de S. Nicolas de Rikhlov, ä Constantinople et Jeru-
salem en 1722: Travaux de l'acad. eccles. de Kiev, 1883. (Russisch; Bibl.
O. L. ; nicht gesehen.)
174) Les Fran9ais enEgypte, ou Souvenirs des campagnes dEgypte et
de Syrie par un officier del'expedition; recueillis et mis en ordre par J. J. E.
Roy. 10. ed. Tours (Marne) 1884. 240 pp. 80. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht
gesehen.)
175) A Land Marcli from England to Ceylon Forty Years ago, through
Dalmatia, Montenegro, Turkey, Asia Minor, Syrie, Palestine, Assyria, Per-
I
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. l'alästinulit. isM. ;{ 1 1
Bibelatlas von OortI^gj, i^ Amerika ist eine Karte von
Schneiderin«^), Schuhvandkarten sind von Schade»"] und
Bamberg iN^j, eine Reliefkarte von .Stumm-Khkinhach "«)^ eine
Karte von Palästina zu Christi Zeit von le Camus i^o) ver-
öfFentliclit ^vorden; auch auf ein Kelief, welches Palästina in
jener früheren Zeit darstellt, sei hiemit aufmerksam gemacht '*').
Kikpert's1«2] Karte der asiatischen Türkei j^ewährt eine treff-
liche Übersicht über ein grosses Stück von Vorderasien.
Was die allgemeinen Beschreibungen Palästina's und die
Berichte neuerer Reisender betrifft, so erlaube ich mir, dieselben
diesmal unter einer und derselben Rubrik und zwar nach den
Sprachen, in denen sie verfasst sind, geordnet aufzuzählen.
sia, Afghanistan, Scinde, and India, of which 7000 Miles on Horseback. By
Edward Ledwich Mitford. 2 vols. Allen &. Co. — (Als neu angezeigt in The
Athenaeum 2. Aug. 1884, p. 137 ; nicht gesehen.)
176) H. Oort, Atlas voor bijbelsche en kerkelijke geschiedenis. In 54
groote en kleine kaartenmetbeschrijvendentekst. Groningen (Woltersj 1*584.
IV, 40 pp. XL Karten. [Vgl. die Anzeige am Ende dieses Bandes der Zeit-
schrift d. DPV. D. Eed.]
176») Map of Egypt, the Sinaitic Peninsula and the Promised Land , to-
gether with »Companion«. Ed. by Rev. Louds H. Schneider. Compiled and
delineated by Max Franke. Washington (Franke and Schneider) 1884. (Nach
Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
177) Th. Schade, Schulwandkarte von Palästina. 6 Bl. Chromolith. Glo-
gau (Flemming) 1884. (Nach Geogr. Mittheil. ; nicht gesehen.)
17S) K. Bamberg, Schulwandkarte von Palästina im biblischen Zeital-
ter. 1:250 000. 9 Bl. Mit Begleitwort von G.Cordes. 11 pp. 80. Berlin
(Chun) 1884. (Nicht gesehen.)
179) J. H. Stumm-Kheinbach (Rheinpreussen). Reliefkarte von Palä-
stina. 1:315 000. 60 Mark.
180) Abbe le Camus, Carte de la Palestine au temps de Jesus Christ
d'apres les travaux topographiqvies les plus recents. Paris Poussielgue 1SS4.
(Nach Geogr. Mittheil. ; nicht gesehen.)
181) G. Woldermann's Relief von Palästina zur Zeit Christi. 1 : 600 000,
im Rahmen 56 -f- 65 Ctm. 12 Mk. Verlag von Franz Duncker in Leipzig.
VgL ThLBl. 5. Sept. 1884, Sp. 288.
182j Nouvelle carte generale des provinces asiatiques de l'empire ütto-
man (sans l'Arabie) dressee par Henri Kiepert. 6 feuilles. 1 : 1,500 000 avec
une feuille separee indiquant la division administrative. Berlin (Reimer) 1884.
— Rec. vonLeMonnier in Mittheil. d. K. K. geogr. Gesellschaft in Wien 18S4,
p. 479..
21*
Ii 1 2 Socin,
Deni>ohf Ein Aufsatz über die Localkiinde der JJibel ist von Genz i*2aj
pliäi^tma.' verfasst. Die neue Auflage der von Zöckler herausgegebenen En-
cyclopädie enthält auch eine Übersicht der Geographie. Archäolo-
gie und Geschichte Palästina's von Schultz i**3j, X)ie Jahreszahl
1884 trägt der zweite Hand von Ebers und GütheI^^j^ welcher
uns durch den Libanon , der Küste entlang südwärts , sodann
durch Philistaea nach dem Sinai und dem Lande Gosen führt.
Ein reich ausgestattetes Praclitwerk ist die von Brugsch und
Garmer'^^) beschriebene Keise l^rinz Eriedrich Karl's, ein Sei-
tenstück zu der Palästinafahrt des österreichischen Kronprin-
zen'^''). Von deutschen Arbeiten sind ausserdem Schriften von
Louise Preusser "^"), Martinger i^s)^ Baumgarten '^9), Wal-
182=1) H. Genz, Uie Lokalkenntniss der Bibel. Anklam 1884. (Leipzig,
Buchh. d. Vereinshauses) IV, 39 pp. 80. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht ges.)
183; Vgl. ZDPV. VII, p. 249, Nr. 119. Handbuch der theologischen
"Wissenschaften in encyclopädischer Darstellung mit besonderer Berücksich-
tigung der einzelnen Disciplinen her. von Otto Zöckler. 2. sorgfältig durch-
gesehene, theihveise neu bearbeitete Auflage. 1. Bd., I.Heft. Nördlingen
(Beck) 1884. — Vgl. Nestle in ThLZ. 1885, Sp. 81.
184) Vgl. ZDPV. VII, p. 2.55, Nr. 163. Palästina in Bild und Wort
nebst der Sinaihalbinsel und dem Lande Gosen. Nach dem Englischen her-
ausgegeben von Georg Ebers und Hermann Guthe. Zweiter Band. Stuttgart
und Leipzig (Deutsche Verlags-Anstalt, vormals Eduard Hallberger) 1884.
474 pp. gr. 40. — Vgl. u. A. auch W. A. Neumann in ü.sterr. Monatsschr. f.
d. Or. Ib84, p. 21—24.
185; H. Brugsch Pascha und von Garnier, Prinz Friedrich Karl im Mor-
genlande. Frankfurt a/0. (Trowitzsch) 1884. (Nicht gesehen.; Vgl.Lit. CBl.,
27. Sept. 1884, Sp. 1383.
1S() Rudolf, Kronprinz von Osterreich, eine Orientrei.se. lUustrirt nach
Original-Zeichnungen von Fr. v. Pausinger mit 37 Radirungen von F. Klaus
und lOU Holzschnitten von F. W. Bader. Wien (Hof- und Staatsdr.) 1884(? .
180 pp. fol. (Nicht gesehen.) Vgl. Allg. Z. 1884, Nr. 141, 145 (Beibl.;. Vgl.
ZDPV. V, p. 251, Nr. 229. Orientreise des Kronprinzen Rudolf. Wien
Bondy; 1881. (Dazu Österr. Monatsschrift f. d. Or. lbS2, VII, p. llü— 112.
(Nach Bibl. O. L.). — Über eine franz. Ausgabe vgl. Terrc Sainte 1884, Nr.
214, p. 871. — Eine englische Ausgabe ist ersch. u. d. T. : Travels in the
East, including a visit to Egypt and the Holy Land. By liis Imp. and R.
Highness the Crown Prince Rudolph. London (Bently & Son, ; vgl. Acad.
10. Jan. 1885, p. 22; Athenaeum Ü. Dec. 1884, p. 728.
187] Louise Preusser und Gräfin Olga zu Eulenburg, Nach Ägypten
und dem heiligen Land. Tagebuchblatter. Mit 24 Abb. in Lichtdr. Dresden
(Naumann 1884. IV, 205 pp. 80. — Rec. in Ausland, 20. April 1885, p. 320.
(Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palustinalit. 1884. ;}] ;;
THER^^^l und ein SchuUnich von Fuüiinmkykh1"o*) anzuführen:
dass die Tagebuchblätter v. Ohelli'sI*-'') bereits eine dritte, nach-
gebesserte Auflage erlebt haben, spricht dafür, dass das 15ucli
ausserordentlich zahlreiche Leser findet. — Die in dänischer
Sprache erschienene Heise von A. Stolz !'•'■-; ist wohl l'ber-
setznng eines deutschen Werkes. Ans dem Norden mögen sonst
Schriften von Mtincii^'-'^'^) , Wirsen '-'^i und Spada^*^') hier ge-
nannt sein; nachzutragen ist eine zusammenfassende hollän-
dische Beschreibung Palästina's von Douglas '•'^) und eine liei-
sebeschreibung von van Wufften-Palthe i^ß) .
Dem grossen englischen Survey des Cisjordanlandes ist lei- Knpiische
• • 1 Ol 1 T> • • 1-» 1 1 • 1 Werke über
der, wie m der Saturday Keview mit Kecht betont ist, das ver- Palästina.
lS8j I,. Martinger, Aus Ägypten und Palästina. Erlebnisse einer Pilger-
reise. Prien (?) 1883. VIII, 290 pp. 80. (Bibl. 0. L. ; nicht gesehen.)
189) Dr. Joh. Baumgarten. Der Orient. Ein Spaziergang durch die
niuhamedanische und die indische Welt. Ethnographische Charakterbilder,
Sittenscenen, Jagdsport. Stuttgart (Rieger) 1882. VIII, 350 pp. 80. [Nicht
gesehen. )
190) Kud. Walther, Eine Pilgerfahrt in das gelobte Eand. Vorgetra-
gen im deutsch-österr. Alpenverein zu Konstanz. Frauenfeld Huber, 1 88-1.
80 pp. 80. (Aus Thurgauer Zeitung). — (Nach Lit. Bl. f. or.Phil. ; nicht ges.)
190^) Imm. Frohnmeyer, biblische Geographie für Schulen und Fami-
lien. 10. völlig umgearb. Aufl. Mit Holzschn. und 1 Karte. Calw u. Stutt-
gart (Vereinsbuchhandlung) 1883. VIII, 35ß pp. 80. Rec. in Theol. Lit. Bl.
12. Sept. 1884, Sp. 292. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.)
191) Durch's Heilige Land. Tagebuchblätter von C von Orelli: Dritte
Auflage. Mit einer Karte von Palästina und sieben Ansichten. Basel (C. F.
Spittler) XIV, 290 pp. 80.
192) A. Stolz, Pveise i det H. Land, Aegypten og en Deal af det sydlige
Europa: Nordiske Kirketidende 1881. Separatabdr. 272 pp. SO. (Bibl. O.L.;
nicht gesehen.)
192a) j, St. Munch, Minder fra en Jerusalemsfaard. Christiania Mai-
ling) 1884. 118 pp. 80; 14 lU. 1 Karte. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht ges.i
193) C. D. af Wirsen, Fran Bethlehem lil Golgatha med bilder af B.
Plockhorst. Stockholm (Fahlcrantz) 1882. 185 pp. 40. (Bibl. O. L.; nicht
gesehen.)
194) Spada, Stroftäg i Orienten. Stockholm ^Ü. L. Lams) 1881. 292 pp.
80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
195) C. M. A. Douglas, Palestina. Oudheid-land- en volkenkundige be-
schrijving van het Heilige Land. Assen Gebr. Born, 1881, 2 vol. 80. ^29
Stiche und 3 Karten). (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
196, M. vanWuflten-Palthe, Reis naar het Oosten. ZwoUe (J. Z. Tijl;
1878. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
^514 Socin,
sprochene Kegister bis jetzt nickt beigefügt worden i^'). Zu dem
«^'anzen Werke sind noch einige Bemerkungen von Trelawney
SAUXDERs'y'^). CoNDER i'jy) 2t>o) und WiLSON-0') nachzutragen; die
gewonneneu Kesultate Averden hin \ind wieder zusammengefasst.
Freilich werden in solchen Büchern, die theil weise für Schulen
niederer und höherer Art verfasst werden, öfter Ergebnisse der
neueren Forschungen vorgetragen, die wir nicht als solche kön-
nen gelten lassen; vielleicht darf ich von den mir bekannt ge-
wordeneu Fibeln von Condek 2"2) und Henderson "-"3) auch auf den
Inhalt anderer schliessen2o^^205^2oc^206aj_ Auch von den Büchern
von Porter ^O') und Mackay 20») ist kaum zu erwarten , dass sie
197y The Survey of "Western Palestine : Saturday Review 1884. II, p. 218.
198; Trelawney Saunders, Notes on the Survey of Western Palestine,
executed for the Palestine Exploration Fund : Trans, of the R. Soc. of Liter.,
1881, 2. ser., XII, p. 707—722. Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
19'J; Conder , The trigonometrical survey of Palestine : Proceed. of the r.
Soc. of Edinburgh, 1879— 1S80, X, p. 379— 397. (Bibl. O.L. ; nicht gesehen./
200; CR. Conder, Ancient Palestine and modern explorations : Contem-
porary Review, Dec. 1884, vol. 4ü, p. 856—69. Auch: Living Age 17. Jan.
1885, p. 131. (Xach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.)
201) C.W.Wilson, Recent biblical research in Palestine, Syria, and
Asia minor. (A paper read at the Reading Church Congress , Oetober 3rd,
1883; : Quart. Statements 1884, p. 44—50.
202 A primer of Bible Geography founded on the latest explorations. By
C. R. Conder. London Sunday School Union; 0. D. 182 pp. 8».
203 Handbooks for Bible Classes and private students ed. by Dods and
Whyte. Palestine. Its historical geography, with topographical index, and
maps. By Rev. Archibald Henderson. Edinburgh Clark . o. D. 221 pp. SO.
204) H. P. Smith , An outline of scripture geography. Cincinnati Elm
Street Printing Company) 1884. IV, 39 pp. 80. (Nach ThLZ. ; nicht gesehen.)
205) MargarethaShekleton, Biblical geography in a nutshell. Edinburgh
(Gemmell; ; London (Simpkin) 1884. 162 pp. 8«. 1 map. (Nach Or. Lit. Bl. ;
nicht gesehen.)
206 Helps to the study of the Bible with a general index, a dictionary of
proper names, a concordance and a series of maps. Oxford (0. D.) VII,
578 pp. 80. (Nicht gesehen.;
206») J. L. Hurlbut, Manual of biblical geography. a text book on Bible
history, containig maps, plans .... with an introd. by J. H. Vincent. Chicago
(Rand) 1884. 158 pp. 8°. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil!; nicht gesehen.)
207) J. L. Porter, Illustrations of Bible prophecy and history, from per-
sonal travels in Palestine. Dublin 1883. 48 pp. 120. Bibl. O. L. ; nicht ge-
sehen.)
208) A. B. Mackay, The conquest of Canaan. Lectures on the first twelve
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 18S1. ;; |r>
die Wissenschaft fördern ; das Biblische Wörterbuch von Smith-"»)
dafj^egon , welches in Amerika neu fredruckt worden ist, geniesst
wenigstens in den Ländern englischer Zunge bekanntlich (Miicn
grossen Ruf. Was Illustrationswerke betrifl't, so bietet das Leben
Jesu von Fakrar-'*') eine grosse Menge tretfliclier lUlder aus
Palästina. Was der berühmte Gordon -i"') über das heilige Land
zu berichten weiss, ist so sehr mit mystischen Ideen durchzogen,
dass es hier kaum anzuführen ist. Ob das Handbuch von Play-
fair'^") Avirklich bis an die üstküste des Mittelmeeres reicht,
kann ich kaum entscheiden. Englische Keisebilder liegen vor
von JoNEs2i2), Mrs. Stanley Clarke213)^ Hale21'1), Knox^is),
Harriman 2ir.) , Campbell 217), Field218)j McKenzie^i»), Ma-
chapters of the boük of Josua. London Hodder) 18S4. 412 pp. 8". (Nach
ThLZ. ; nicht gesehen.)
209' W. Smith, Dictionary of the Bible, comprising its antiquities , bio-
graphy, geography, natural history and literature, with the latest rcsearches
and references to the revised Version of the New Testament. Revised and edi-
ted by F. N. and M. A. Peloubet. Philadelphia [Porter & Coates) 18S4. II,
818 pp. 120. — Id., A dictionary of the Bible abridged from the
original edition. Philadelphia (The Penn Publishing Company) 1884. 1020 pp.
60. iU. (Nach Lit. El. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
210) The life of Christ by Frederic AV. Farrar. With Original Illustra-
tions. London, Paris and New York (Cassell, Petter, Galpin & Co., o. D.
XXIV, 770 pp. 80, (Nicht gesehen, j
210^) Charles Georg Gordon, ReÜections in Palestine. 18S3. London
(Macmillan) 1884. X, 124 pp. 80. 2 Kart. — New York fMacmillan). — Vgl.
Saturday Review 3. Mai 1884, p. 579; Quart. Review 1. Juli, p. 230. Nach
Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
211) R. L. Playfair, Handbook to the mediterranean , itscities, coasts
andisland. I. 2. ed. London (Murray) 1882. 586 pp. 120. (Bibl. 0. L. ; nicht
gesehen.)
212) H. Jones, Past and Present in the East. With engravings by E.
AVhymper. London (Rel. Tract. Soc.) 1881. 40. (Bibl. O. L.; nicht gesehen.)
213) M>'S' Stanley Clarke, From the deck of a yacht. London (Reming-
ton) 1882. 134 pp. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen
214) E. E. and S. Haie, A family'?; flight over Egypt andSyria. Boston
1882. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
215) T. W. Knox, Boy travellers in the far East. Part 4. Adventures
of two youths in a journey to Egypt and the Holy Land. New York, 1882. RO.
(Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
216) W. Harriman, Travels and observations in the Orient and a hasty
flight in thecountries of Europe. Boston, 1883. III, 300 pp. 12o. (Bibl. O.
L. ; nicht gesehen.)
3ir, Socin,
CLEOD^'»*), SEWELL21'jb) ^ BaRONESS DE COSSON 2t9cJ uiul KlEIN 219^) .
neue Auflagen von den bekannten Büchern von Dixox 21 aej^ Stan-
ley 2'«^] imd Isabel Burton 2i9gj^ der Frau des berühmten Rei-
senden . -welche neben Unbedeutendem a\ich manches Interes-
sante von ihrem Aufenthalt in Syrien zu erzählen weiss.
Franzosi- Der Bibliographie des Orient Latin haben wir es meisten-
nberPaiü- tlieüs ZU Verdanken, wenn wir von französischer Palästinalitera-
tur diesmal eine grössere Anzahl von Titeln vorlegen können
als gewöhnlich. Von Guerin's 220) Syrie. welches Werk demEbers-
21" J. K. Campbell, Through Egyj^t, Palestine and Syria. London
^Part^idgej 1SS4. 22S pp. 8^. (Nach ThLZ. ; nicht gesehen.)
218 H.M. Field, Among the holy hüls. New York (Scribnerj 1884 (1883).
III , 2 1;{ pp. map. liec. in Literary News Febr. V , 44 (from the Chicago
Tribüne, ; S. M. Hopkins in Presbyt. Review, April V , p. 359. — Vgl.
ZDPV. VII, p.2r)l, Nr. 220. H. M. Field, On the desirt : a narrative of tra-
vel from Egypt through the Avilderness of Syria to Palestine. A^'ith 16 ill.
London (Nelson) 1884. 272 pp. 80. Rec. in Brit. Quart. Review, I.Jan. 1885,
p. 197. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.)
219; A. McKenzie, Of the Holy Land: Andover Review, März 1884,
p. 244 — 253. Nach ThLZ. ; nicht gesehen.,
219^) Normon Macleod, Halt-hours in the holy land : travels in Egypt,
Palestine, Syria. -London (Isbister; 1884. 344 pp. 120. (Halt-hour-library) . —
Rec. in Quart. Review 1. Oct. 1SS4, p. 47. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht
gesehen.;
219b) Wm. H. Sewell, Travels in the holy land and countries adjoining,
1788— 1884 (?). (Cont. from 6th S. VII, 224). (Notes and Querries, 6th S. X,
Dec. 6, 1884, p. 444—5. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.)
219'-; Baroness El. de Cosson, A modern pilgrimage to the holy land:
TheMonth 1884, Juli— Sept. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil; nicht gesehen.j
219^) Rev. Klein, A modern pilgrimage to the holy land: TheMonth 1884,
Nov. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
219e) W. H. Uixon, The holy land. New edit. With 12 ill. and nume-
rous woodcuts. London (Bickers) 1884. 420 pp. S«. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil, ;
nicht gesehen.)
219f) Stanley, Sinai and Palestine in connection with their history. New
ed. 1883. — Rec.inBibl. Sacra Oct. 1S84, p.838. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.;
nicht gesehen.)
219") Isabel Burton, The inner life of Syria, Palestine and the Holy Land.
New and cheaper ed. London (Paul) 1884. 520 pp. SO. sh. 6. (Nach Lit. Bl.
f. or.Phil. ; nicht gesehen.j
220/ Victor Guerin, La Terre sainte (deuxieme partie, ; Liban, Phenicie,
Palestine occidentale et meridionale, Petra, Sinai. Egypte. Paris (Plön 1884j
510 pp. 4". 19 pl.; 300grav., 3 cartes. — Rec. von Vi,senot in Polybiblion
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 1884. ;;i
)i i
Gxithe'sclien liiiche entspricht, ist der zweite l^aiid crschieiieu.
Das Lob, welches schon früher der grossen Arbeit Loktkts-'^',
gespendet worden ist, können wir nur nochmals wicderliolen : so-
wohl lUnstrationeu als Text, letzterer namentlich anch wegen der
darin enthaltenen naturwissenschaftlichen Beobachtungen, ver-
dienen die höchste Anerkennung. Wissenschaftlichen Ciehaltes ist
auch der neue liand von Eliskk Reclus' 22.!) allgemeiner Erdbe-
schreibung; die Geographie Syriens und des Sinai ist darin von
S. 685 — 82 5 behandelt ; doch hätte der Autor seinen Qxiellen gegen-
über bisweilen etwas vorsichtiger sein dürfen. Dass von Frank-
reich ans so häufig wissenschaftliche Expeditionen nach Syrien
aiif Staatskosten veranstaltet werden, dürfte man sich in Deutsch-
land zum Muster nehmen 223j. Einige kurze Bemerkungen von
Fo^^TPERTUIS '^-^) mögen hier bloss der Vollständigkeit des Ijc-
richtes wiegen angeführt Averden. Im Gegensatze zu dem
Buche LuBOMiRSKi's"---^) sind die meisten neueren französischen
P. litt. 18S3, Dec. p. 452 ; A. Loth in l'Univers 22. Dec. ; Missions catholiques
28. Dec. XV, 622: Gaz. des beaux-arts 1884, 1. Jan. p. 92—4; Le Blanc in
bibliographie cathol. Febr. ; Dublin Review, April p. 473. (Nach Lit. Bl. f. or.
Philol. ; nicht gesehen.)
221) Vgl. ZDPV. VII, p. 256, Nr. 166. La Syrie d'aujourdhui. Voya-
ges dans laPhenicie, leLiban et lä Judee 1875 — 1880 par leDr. Lortet. Doyen
de la faculte de medicine de Lyon. Ouvrage contenant 364 gravures, une
carte de la Palestine et huit autres cartes. Paris fHachette) 1884, 675 pp.
fol. — Eec. von Rye in Proc. R. Geogr. Soc. Febr. VI. 9!) ; Saturday Review,
2. Febr. p. 164; 29. März p. 415 fg.; Lucien in Revue marit. et col. Mai
LXXXI. 504. (Die Rec. nach Lit.Bl. f. or. Phil.,. Vgl. besonders A. Socinlin
ThLZ. 1884, Sp. 473. (Bibl. O. L. p. 3.)
222) Nouvelle geographie universelle. La Terre et les hommes. Par
Elisee Reclus. IX. L'asie anterieure, contenant 5 cartes en couleur tirees ä
part, 155 cartes dans le texte et 85 vues et types graves sur bais. Paris
(Hachette) 1884.
223) Pelagaud, Une mission scientifique en Syrie: Nouv. revue, Sept.—
Üct. 1881, XII, p. 724—754; Nov.-Dec. 1881, XJTI , p. 31— 62. Bibl. ()
L. ; nicht gesehen.]
224) Ad.-F. de Fontpertuis, La Syrie contemporaine. Ses populations,
ses villes et sa Situation: Economiste francais 1884, 2. Febr., p. 129 — 131.
(Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
225) Prince Lubomirski, Jerusalem, ün incredule en Terre Saintc. Paris
(Calmann Levy, 1882. XXXIV, 332 pp. 16'). Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
— Der Titel des ZDPV. VI, p. 158, Nr. 40 genannten Werkes, welches je-
doch nach den Kritiken gar nicht in das Gebiet der Palästinakunde gehört.
31S
Socin.
Keisebeschreibungeu Pilgeiberichte; eine Menge solcher finden
sich aiich in Zeitschriften wie le Pelerin . Missions catholiques
u. a. In erster Linie mögen hier die Publicationen aufgezählt
werden, welche nicht speciell religiösen Charakter zu tragen
scheinen , nämlich das aus dem Englischen übersetzte Buch
von Jenner Thomas 226), die Werke von Leroux227)^ Tardy^^s),
Amodru22'J), Gabriel Charmes 2^0]^ d'AvENEL23i), Gal232) ^nd
d'ÜRSEL233). j)ie anderen hier noch zu nennenden Autoren haben
meist vor unserem Berichtsjahre geschrieben: im Jahre IS7S:
Letremble 23^; ; 1879: Eschemann 235) ; isSl: Garnier 236 . Ma-
o
lautet vollständiger: Prince J. I.ubomirski. Autour de Jerusalem. Le cliri-
stianisme et la societe. Paris ;C. LevV; 1SS4. IV, 288 pp. 80. — 'Rec. in Satur-
day Review 1. Dec. 1883, p. 713; Revue intern. Dec. I, 147; A. deGubernatis
in Nuova Antologia 1884. 15. Jan. p. 348. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht
gesehen.
226) Thomas Jenner, Palestine et Liban. Recit d'un voyage ä travers la
Judee, la Samarie, la Galilee et la Syrie, trad. de l'anglais par M^He L. de P.,
Neuchätel (Delachaux et Niestle) 1883. 288 pp. 120. Bibl. O. L. ; nicht ge-
sehen.)
2271 A. Leroux, Esquisses sur l'Orient. Paris (Dentu; 1882. 291 pp. ISO.
(Theilweise auch in den Annales de la Soc. acad. de Nantes 1860. 0. serie er-
schienen). (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
228 J. Tardy, En Orient : Egypte, Palestine, Syrie, Turquie et Grece,
notes de voyage. Mäcon fimp. Protat freres) 1884. lOS pp. 120. (NachThLZ.)
229 F. Amodru, Visites aux lieux saints dans l'ordre des faits evan-
geliques 2 vol. Paris Xecoffre) 1884. XX, 712, 803 pp. 120. (Nach ThLZ.;
nicht gesehen.)
230 Gabriel Charmes, Voyage en Palestine — impressions et Souvenirs.
Paris C.Levy) 1SS4. Vlll, 336 pp. 80. (Nicht gesehen.)
231) J. d'Avenel, Orient et Occident. Recits suivis d'impressions de
voyage et denouvelles. Paris (V.Palme) 1883. 2 vol. ISO. (Bibl. O. L. ; nicht
gesehen.)
232) J.B. Gal, Voyage en Egypte, Palestine, Phenicie et dans l'Archipel.
Aoste (Typ. Duc) 1881. 2 vol. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
233) Comte A. d'Ursel, Un mois en Palestine : Rev. generale (Bruxelles)
1682. XLVIII, p. 539— 560. (Bibl. 0. L.; nicht gesehen.)
234] Abbe Letremble , Jerusalem, la Terre Sainte et le Liban, ou les
recits dun pelerin , 2^ ed., Tournai (Ca.sterman) 1878. 460 pp. 80 (1 plan de
Jerusalem, 1 carte). Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
235) Abbe Eschemann, Souvenirs d'un voyage en Terre Sainte en
1871. Fribourg (en Suisse 1S79. 16". (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
230) Abbd L. F. Garnier , Extrait de mon pelerinage aux Lieux Saints.
Paris (Palme) 1881. 180. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 1884. 319
RI02"); 1882: BuNOT238)^ liARmKll23ü)^ l)ESTUAt:2'0)^ DK l/Kl'I-
N0IS2»1), MaRIE-AiS[TOINe242)^ ToUPIX2J:1|^ MaHQUISK DK \lLLK-
keuve-Arifat2«) und ein Anonymus 2^5) ; 1883: CifAPUT^'tJ;, La-
FAYE247); 1884: liELL0c2»Sj und PouTMANs2»s*a) . Densel])en Cha-
rakter wie die Werke der eben genannten Autoren tragen wolil die
neueren Palästinabeschieibungen in spanischer .Sprache, nänilicli
237) Mario (Melle Marie Trolliet), Jerusalem et Nazareth. De Nazareth
ä Beyrouth : Revue de la Suisse cath., April — Aug. 1S81. Vermehrt u. d. T. :
Souvenirs de Terre Sainte : Gazette du Valais, Mai -Juli 1885; auch separat
Sion 1885. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
238) Abbe Bunot, Un pelerinage ä Jerusalem. Souvenirs de Terre Sainte.
Evreux Imp. de l'Eure) 1882. 309 pp. 8«. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
239) Abbe A. Barbier, Lettres d'un pelerin sur la Terre Sainte, 2'" ed.
Paris (Berche et Tralinj 1882. 2 vol. XIX, 300; 384 pp. 120. Bibl. 0. L. ;
nicht gesehen.)
240) Abbe Destrac, Mon pelerinage de peuitence ä Jerusalem. Lettres
a un ami. Nerac 1882. IV, 39 pp. 8o. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
241) Comte H. de l'Epinois , Le pelerinage de penitence ä Jerusalem.
Paris (Palme) 1882. 32 pp. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
242) R. P. Mai'ie-Antoine, Souvenir du pelerinage de penitence ä Jeru-
salem en 1882. S. Dizier (Briquet) ; Paris (Haton) 1882. 48 pp. 32Q. (Bibl.
O. li. ; nicht gesehen.)
243) Abbe H. C. Toupin, Pelerinage populaire de penitence au.\ SS.
Lieux, du 25 avril au 8juinl882. Impressions et Souvenirs. Mouteliraar
(Bourron) 1882. 94 pp. 8°. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
244' Marquise de Villeneuve-Arifat , Sentiments inspires par le peleri-
nage de penitence ä Jerusalem. Paris (E. Wattelier) o. D. (1882). 168 pp. 120.
(Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
245) Le livre du pelerin. Pelerinage populaire de penitence h Jerusalem.
Paris (bureaux du Pelerin) 1882. IX, 343 pp. [cartes et plan). (Bibl. O. L. ;
nicht gesehen.)
246) T. Chaput, Lettres sur le pelerinage en Terre Sainte (7 mars— 18
avril 1883). Bourges fPigelet et Tardy) 1883. XII, 239 pp. 120. (planches).
(Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
247) R. P. L. Lafaye, Lettre ä un ami sur le grand pelerinage ä Jerusa-
lem accompli en avril et mai 1882. Chäteauroux (A. Majestd) 1883. 71 pp.
18^'. (BibLO. L.; nicht gesehen.)
248! J. F. Belloc , Toujours Jerusalem , Souvenirs d'un voyage eu Terre
sainte. Rennes ,impr. le Roy fils), Paris (Palme, 1884. II, 277 pp. 8". iNicht
gesehen.)
248») A. M. Portmans , Pelerinage en Terre Sainte: Revue cath. (Lou-
vain) 15. oct., 15. nov., 15. dec. 1884. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht ges.)
320 S*^«'^'^'
die Bücher von Ginard 2^'' , Polo y Peyrolox 250)^ Reoyo 251), Mo-
v»ria über LixiERO^Wj . — Bei den Italienern ist die Reihe der >Scluiften und
""' Artikel etwas bunter : unter den Schilderungen von Eeisen und Aus-
flügen -^3 — 257 1 finden wir auch Artikel von dem greisen imd durch
seine Wohlthätigkeit berühmten Moxtefiore ^ss) und eine Samm-
lung von Ansichten aus dem heil. Lande ^^''j , Auch die russischen
Arbeiten entziehen sich unserer Beurtheilung : am ehesten wäre
noch von der Arbeit Selenoi's ^RO) zu erwarten , dass sie wissen-
schaftlicheren Gehaltes sei; dagegen steht in den x\rtikeln von
DiKKER -f'' undMoRDOVTCHEv -62) uud den Schriften von A. E. 263] ^
249) R. Ginard de la Rosa, Tragedias de mar y tierra. Recuerdos y nar-
raciones de Oriente. Madrid Faguineto; ISSl. 28" pp, 80. (Bibl, O. L. ;
nicht gesehen.)
2ö0; D. Manuel Polo y Peyrolon, Guia de Tierre Santa y relato de la
peregrinacion general espanola ä los Santos Lugares enoctobrede ISSl. Palma
(Tip. catolica 1882. 420 pp. 120. ;Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
251; Don Narcisso Perez Reoyo, Viaje ä Egipto, Palestina y otros pai-
ses del Oriente. Lugo Soto Freire 1S82— 1883. 3 vol. 408; 408; 408 pp. So.
(40 Kupfer und Holzschn. im Text). (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
252) A. Romero Moliniero , Jerusalem y Xazaret , recuerdos de viaje.
Paris (Bouret) 1SS4. ISO pp. ISO. ;Xach ThLZ. ; nicht gesehen.)
253, Contessa Ida del Carretto, Oriente ed Occidente, viaggi ed impres-
sioni. Napoli Lanciano) 1882. 340 pp. 120. (Bibl. O.L.; nicht gesehen.)
254, Sigoli, Viaggio in Terra Santa. Firenze 1883. 12o. Bibl. O. L. ;
nicht gesehen.)
255; Theoph. Gay, La terra del Christo. Viaggio in Oriente. N. ed. Fi-
renze 1881. 80. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
25G; Undecima carovana italiana in Terra Santa. Firenze 1881. 80.
(Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
257; Peri, Tre giorni a cavallo in Palestina: Rivista Europea. Juni 1881,
XXIV, p. 824— S42. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
255, Mose Montefiore, Relazione del suo settimo pellegrinaggio in Terra
Santa: Mo^ie, Antologia Israel. 1S82, V, MaibisDec. ; 1SS3, VI, Jan. — Juni:
Aug.; Oct. ; Nov. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
259) Ricordo di Palestina, album di 63 vedute di Palestina con una de-
scrizione in francese ed in italiano ed una carta geografica. Firenze 1881. SO.
(Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
260; A. Selenoi, Description geographique du territoire de la Syrie:
Recueil de materiaux geogr., topogr. et stallst, sur l'Asie (russisch Nr. 3.
St. Petersburg 1883. 120. (Privatim gedr.). (Bibl. O. L.; nicht gesehen.)
2G1) P.lJikker. T^a Palestine contemporaine, etude geographique. Trad.
en russe par A. AV. Odessa 1SS2. 26 pp. 8". Bibl. O. L. : nicht gesehen.;
262, D. de Mordovtchev, Voyage ä Jerusalem: Revue historique (rus-
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. I8s.j. ;j21
Paisius26'«) , DuKOv265)^ JoAKNiDES 20«) ^iirspr. gvicchisch", , des
Prinzen Viasemsky^g^j ^x^j des Archimandriten Pauj.^o^) wohl
kaum viel Neues. Eine hebräische Ucschreibung von Palüstina2«'J)
ist uns ebenfalls bloss dem Titel nach bekannt geworden.
Bevor wir unsere Wanderung durch das Land beginnen, Jerusalem,
wollen wir zuerst die neueren Untersuchungen über Jerusa-
lem-'") ins Auge fassen. Eine »archäologische Karte« von Jeru-
salem 2"i) ist hier nachzutragen; grosse Stereoramen2"2) der heiligen
Stadt werden neuerdings vielfach ausgestellt. Den Namen Jeru-
salem erklärt Grill 273) mit »Gründung des Gottes des Friedens,
sische) 1S81, Nr. 10, p. 250-298; Nr. 11, p. 457—530. Separat 12:3 pp. 80.
(Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
b. 263) A. E. (Moine), Souvenir de mes impressions pendant le pelerinage
aux Sanctuaires de l'Orient. Moscou ISSo. 222 pp. 8«. (Russisch; Bibl. O.
L. ; nicht gesehen.)
264) Pai'sius, pretre du couvent de Sarovsk, Journal d'un voyage aux
Lieux Saints d'Orient. Kasan 1881. 140 pp. 8«. (Russisch ; Bibl. O. L. ;
nicht gesehen.)
265) ArchipretreDukov, Notes et Souvenirs d'un peleinn aux saints lieux
du mont Athos et en Palestine. 2. ed. Kharkov 1SS2. 24.3 pp. 8". (Rus.sisch;
Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
266j Benjamin Joannides, Pelerinage a la S*» Betlchem et ses environs,
trad. du grec en russe 2. ed. Moskau 1882. IV, :55 pp. 16ö. Bibl. O. L. ;
nicht gesehen.]
267j Prince Pierre Viasemsky, Voyage en Orient 1849 — 1S50. St. Pe-
tersburg 1883. 160. (Russisch; Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
268) Archimandrite Paul, Courte description dun voyage ä la sainte
ville de Jerusalem et autres saints lieux: Lecture salut. (Russisch.) 1882 —
1883. Separatabdr. Moskau 1883. 103 pp. So. Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
269) ^Nniri V1X 'D Description de la Palestine, nature du sol, mers,
cours d'eau, montagnes . . . p. Eliezer ben Juda. Jerusalem fimpr. J. M. Sa-
lomon) 1884. (61, 76 pp. 80. Hebräisch?) Vgl. J. Loeb in Revue des etudes
juives VIII, 285. (Nach Lit. Bl. für or. Phil.; nicht gesehen.)
270) Selah Merrill, Discoveries at Jerusalem. Aletter: American Anti-
quarian, vol. 6, Nr. 1 , Jan. 1884, p. 46—52. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ;
nicht gesehen.)
271) Carte archeologique de Jerusalem: Bull, de la Soc. Geogr. de
France, 1880, p. 587. (IJibl. O. L.; nicht gesehen.)
272; Kurze Beschreibung der beiden geographischen Stereoramas des
biblischen Jerusalems zur Zeit Christi und des heutigen Jerusalems, sowie der
Stiftshütte in der Wüste. Berlin (Otto Dreyer) 1883. 16 pp. SO. (Bibl.O. L.;
nicht gesehen.)
273) J. Grill, Beiträge zur hebräischen Wort- und Namenerklärung.
322 Socin,
lleilsu. Als die wichtigste Publicatioii , welche im Laufe des
I)erichtsjahres über Jerusalem erschienen ist, darf unstreitig der
letzte liand der englischen Memoirs 2'^) , welchem eine grosse
Mappe mit fünfzig Plänen '-"s) beigegeben ist, bezeichnet werden.
Wenn dieses Werk auch nichts eigentlich Neues enthält, so ist
es doch bequem, die englischen Forschungen über die heilige
Stadt nun in einem liande vor sich zu haben. Wir finden darin
unter Anderem die Abhandlung Coxdek's über die architectoni-
sche Geschichte von Jerusalem (p. 5 — 85) und die ausführliche
Darstellung aller Ausgrabungen und Untersuchungen einschliess-
lich der Forschungen Ganxeau's (p. 117 — 341); die Untersu-
chungen über die Umgebung Jerusalems (p. 345 — 421), ebenso
einen Plan von Jerusalem mit einer Liste der Benennungen
(p. 344 — 5 . — Allgemeinere Arbeiten über Jerusalem haben
Mich AiLovsKi 276), ein Anonymus 2'6a) und Vipper2'") geliefert.
Eine früher übersehene Notiz von Guerin2'8) ist unbedeutend.
In Bezug auf die Zion-Akra-Frage hat Gatt 279) besonders
die Stellung von Klaiber und Riess zu erschüttern gesucht; uns
I. Über Entstehung und Bedeutung des Namens Jerusalem: Z. f. d. alttest.
"NVissensch. 1S84, (IV) p. 103— 14S.
274J The Survey of Western Paleatine. Jerusalem. By Col. Sir Charles
Warren and Capt. Claude Reignier Condcr. Published for the Committee of
the Palestine Exploration Fund. London 1SS4. VII, 542 pp. 4o. With lUu-
strations and Portfolio. L. 5, 5 s.
275) Plans, Elevations, Sections, etc. shewing the results of the Exca-
vations at Jerusalem, 1867 — 70 executed for the Committee of the Palestine
Exploration Fund by Captain Charles Warren, R. E. assisted by Serjeant H.
Birtles, Corp. R. Turner, C. Ellis, J. Duncan, D. Mackenzie, J. A. Hanson,
J. Cock. [Plates 1—50.] Einband-Titel : Palestine Exploration Fund.
Jerusalem Excavations 1884.
270, W. J. Mikhailovski , archipretre, La sainte ville de Jerusalem.
St. Petersburg 1882 (2. Ausg. 1883). V, lu4 pp. Ißo. (Russisch; Bibl. O.L.;
nicht gesehen.)
276»; Fuhrer in der heiligen Stadt Jerusalem. St. Petersburg 1884. (Rus-
sisch ; nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.)
277) J. Vipper, Jerusalem et ses environs. Moskau 1881. 8o. .Russisch;
Bibl. O. L. ; nicht gesehen.
278) Victor Guerin, Les trois temples de Jerusalem: Comptea rend. de
l'Acad. desL et B. L. 1881, IX, p. 193—194.
279; Zur Zion-Akra-Frage. Von Georg Gatt, apost. Miss, und kath.
Pfarrer in Gaza: Theologische Quartalschrift 1884, (66). p. 34—84.
Bericht über neue Erscheinungen aufd. (iebiete d. Palüstinalit. l'^M. ;J23
liat er freilich nicht überzeugt. In den Artikehi. in wek'lien
neuerdings in England die ältere Topograpliie .lerusalenis
und besonders auch die Lage des Zion behandelt worden ist.
lässt sich öfters die Kenntnissnahme einschlägiger deutscher
Untersuchungen vermissen; an diesen Discussionen haben sich
SAYCE-i^";, CoxNDER'i^i) undRiHCn2^2) betheiligt. Ein altes Glas-
stück, auf welchem der Tempel von Jerusalem abgebildet ist,
wurde in den Archives abgebildet 2^3] . Eine Untersuchuno- ül)er
den alten Tempel hat Lindbekg 28^1 geliefert; 8atti,kk ■-''4"i führt
uns das Jerusalem des Josephus mit Plänen vor. Die Schrift von
King 2^5) über den Tempelhügel ist populärer Natur, wie jeden-
falls auch eine Arbeit Sciinabl's 286]. Adler's287) Aufsätze über
280) A. H. Sayce, Prae-exilic Jerusalem: Quart. Statements 1SS4,
p. 171—175. — Id., The site of Zion: ibid. p. 248—250.
281) C. R. Conder, Jerusalem of the Kings: Quart. Statements 1SS4,
p. 20 — 29. — Einen älteren Artikel von Conder führe ich nach Bibl. ü. L.
an: The topography of Jerusalem: Proceedings of the r. Soc. of Edinburgh
1879—1880, X, p. 474—495.
282; W. F. Birch, Notes on prae-exilic Jerusalem : Quart. Statements
1884, p. 70 — 75. — Id., The waters of Shiloah or the aqueduct) that go
softly, Jesaia VIII, 6: ibid. p. 75—77. — Id., The city of David and Jose-
phus: ibid. p. 77 — 82. — Id., The city and tomb of David on Acra, com-
monly calledOphel : ibid. p. 196 — 198. — Id., Note on Josephus and theLXX :
ibid. p. 198.
283) Vgl. ZDPV. VII, p. 254, Nr. 157. J. B. de Rossi, Verre represen-
tant le temple de Jerusalem : Archives de l'Orient Latin II (1884) p. 439 — 455.
(Mit chromolithogr. Abbildg.).
284 N. Lindberg, Templet i Jerusalem ogForsoningsdagen hosJöderne.
Kolding 1881. 116 pp. 80. (3 pl.). (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
284a) Max Vinc. Sattler, Geschichte der Stadt Jerusalem und ihrer merk-
würdigsten Gebäude, nach den Berichten d. jüd. Geschichtsschreibers Flav-
ius Josephus. Mit 3 Plänen zu den Tempeln und 1 sep. zu beziehenden
Kunstblatt in Lichtdr., »die Stadt Jerusalem zur Zeit Christi darstellend«'.
München iPiloty; 1884. 34 pp. 80. Rec. in Deutsche Revue, JunilS85. p.378.
(Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.)
285) Recent Discoveries on the Temple Hill at Jerusalem. By the Rev. J.
King. AVith map, plans and illustr. liOndon (Religious Tract. Society) 1S84.
IV, 191 pp. 80. (By-paths of Bible Knowledge IV^. Vgl. Saturday Review
24. Mai 1884, p. 690; Academy 14. Juni 1884, p. 419; Quart. Review 8. Juli
1884, p. 235. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.)
286) KarlSchnabl, Der Berg Moriah. Historisches und Archäologisches :
Die alte und neue "Welt. Einsiedeln, (Benziger), 1881. (Bibl. ü. L. ; nicht ge-
sehen.)
324 Socin,
die Baukunst in Jerusalem bieten eine nicht uninteressante t'ber-
sieht a\is der Feder eines Fachmanns. Gegen Conder's '-^*) Theorie,
dass das heiHge Grab bei der Jeremiasgrotte zu suchen sei, wird
vielfach Widerspruch erlioben'^-' , besonders seitdem diirch neu-
licli vorgenommene Ausgrabvnigen der Lauf der zweiten Mauer
festgestellt worden zu sein scheint ^-'Oj. Aus der Fülle russischer
Artikel, welche die Bibliographie des O. L. anführt. AvoUen wir
bloss zwei ausheben, welche sich auf die Grabeskirche bezie-
]ien2''i 2'J2 . Das Grab Schebna's will Flecker '-''3) suchen; ob
seine Erklärung der betreffenden Stelle bei Jesaia Anklang tin-
det, wollen wir dahingestellt sein lassen. Geringen Werth haben
wohl auch einige neuere Entdeckungen, von welchen in derTerre
Sainte die Rede ist 294). GuERix's^öä) Versuch, in den kiihür el-
niidUk die Grabstätten jüdischer Könige nachzuweisen, muss als
verfehlt betrachtet werden. Über die Ebene von Rephaim hat
Hoffmann 2ytJ) einen Vortrag gehalten.
Special- \^q{ ^{gi- Fbcrsiclit über die mehr speciellen Arbeiten auf
arbeiten. >■
2S7) F. Adler, Die Baukunst von Jerusalem : Centralblatt d. Bauverwal-
tung, Jg. 4, Nr. 5: 6, '2., 9. Febr.; 1S84, p. 39—41; 53— G.
2S8j C. R. Conder, The Holy Sepulcre : Memoirs Jerusalem p. 429 — 435.
289; Abbe Duchesne, Xouvelle theorie anglaise sur le S. Sepulcre: An-
nales de philos. ehret., Juli— Aug. 1883, VIII, p. 334; 451—456. Bibl. 0.
L. : nicht gesehen.)
290: Moniquet, Authenticite du Saint Sepulcre: La Terre Sainte 1884,
Nr. 223, p. 1Ü04— 1014; Nr. 224, p. 1030—1032; Nr. 225, p. 1052; Nr. 226,
p. 1054—1076.
291] J. Olesnitchki, La nuit de Paques ä Jerusalem: Lecture du Dim.
;ru8sisch) 1881 , Nr, 15 ; Journ. du dioc. de Tver 1881 , Nr. 9. (Bibl. O. L. ;
nicht gesehen.)
292; J. Tokmakov, La tradition du feu sacre du S. Sepulcre : Lectures
de la soc. des amat. de l'instr. religieuse, 1882, Nr. 3. (Russisch; Bibl. O.
L. ; nicht gesehen.)
293) E. Flecker, The sepulchre of Shebna, Isaiah XXII: Quart. Sta-
tements 1884, p. 178—181.
294j Decouvertes k Jerusalem. 1. L'ecole de la sainte vierge; 2. L'eglise
de Saint Pierre aux liens: La Terre Sainte 1884, Nr. 218, p. 925—935; Das
heilige Land 1884, p. 149-151.
295 Victor Guerin, Les tombeaux des rois ä Jerusalem, les Kobour el-
Molouk : Comptes rend, de lAcad. des I. et B. Lettres 1881, IX, p. 188— 190.
296 Über die I>age der Ebene Kephaim. Vortrag von Dr. J. )Hofi'niann,
gehalten im freien deutschen Verein: Warte 1884, Nr. 44.
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palästinalit. 1^S4. 32.')
dem Gebiete der Palästinakunde erlaube icli mir diesnuil mit
den Palästina südlich angrenzenden Ländern /ii bejriimen. Von
grosser Wichtigkeit für die Geographie Arabiens ist die Keise-
beschreibung und Karte Doughty's '■^»') ; auch die Keise des im
vorigen Jahre ermordeten Huber 298) hat reiche wissenschaftliche
Resultate ergeben, wie schon ein einziger Hlick auf seine Karte
zeigt. Als Ergänzung zu der Arbeit Huber's dürfen wir nun die
Schilderung seines Begleiters Eutixg^!*'-») erwarten. — Aus Ägyp-
ten liegt nun hauptsächlich der ganze Bericht der Ausgrabungen
Naville's^oo] vor, die B rüg sei i zu interessanten Bemerkungen
veranlasst haben'*«'). Hull^os) plaidirt dafür, dass zur Zeit des
Exotlus ■■^02») eine ununterbrochene Verbindung zwischen dem mit-
telländischen und dem rothen Meere existirt habe ; Trumbull ^osj
und andere sind geneigt, das Zoar der (nach imserer Ansicht ver-
dorbenen) Stelle Genesis XIII, 10 als Zor, Zar. Zal. d. h. als
die Benennung des Grenzlandes des östlichen Unterägyptens
aufzufassen 3«^) . Was die Brochure von Möbius ^^s) enthält, weiss
297) Ch. M. Doughty, Travels in NW.-Arabia and Nejd : Proceedings
of the R. Geogr. Society. London 1884, VI, Nr. 7, p. 382— 399. Mit Karte.
(Nach Geogr. Mitth. ; nicht gesehen.)
298) Voyage dans l'Arabie centrale, Hamäd, .^ammar.Qacim, Hedjäz par
Charles Huber 1878 — 82: Bulletin de la Societe de geograj^hie 18S4, p. 304
—363; 468—530. (Mit Karte.)
299) Eutings Reise in Central- Arabien . Globus 1884, XLVI, Nr. 7,
p. 107.
300) The Store-City of Pithora, and the Route of the Exodus. By Edou-
ard Naville. (With thirteen plates and two maps. London (Trübner 1884.
(Nicht gesehen.) — Vgl. Theol. Lit. Bl. 27. März 1885, Sp. 120. — Vgl. Na-
ville, Pithom-Heroopolis : Academy 22. März 1884, p. 210.— R. S. Poole, Pi-
thom: ibid. 24. Mai 1884, p. 375.
301) H. Brugsch, Israel in Ägypten: Deutsche Revue (1883) VIU, 4,
p. 48 ff. — Id., Pithom und Ramses: ibid. (1884) IX, 1, p. 335 ff.
302) Edward HuU, On the relation of land and sea in the isthmua of Suez
at the time of the Exodus : Quart. Statements 1884, p. 137 — 141.
302a) Vgl. auch Lauth, Zur Exodusfrage, Ausland 3. Aug. 1884, p. 607
— 612. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
303) H. Clay Trumbull , »As thou comest unto Zoar« : Quart. State-
ments 1884, p. 250—255.
304) Egyptology and the Bihle. fAn Address by the Rev. Henry
George Tomkins at the Reading Church Congress): Quart. Statements 18^4,
p. 54 — 57.
305) Hugo Möbius, Die Kinder Israels nie in Ägypten. Populär-wiss.
Ztschr. a. Pal.-Ver. VIII. 22
326
Socin,
ich nicht. Bezüglich des Sinai ist Baker Greene's^oü' Artikel
durchaus unbedeutend; über Pentecost's 307) Buch kann ich kein
Unheil fällen. Ein Artikel von Kapterev^os) über die Unter-
stützung, welche die Russen dem Sinaikloster haben angedeihen
lassen . bietet vielleicht einiges Interessante. Die Notizen über
die letzte Reise des Rev. Holland ^cö) nach dem Sinai sind von
einem hübschen Specialkärtchen eines Theiles des Negeb und
des Tih begleitet. Trumbull's ^i") weitläufige Reisebeschrei-
bung enthält wenig mehr als die Bestätigung, dass das früher
von RowLAXDS entdeckte und schwer zugängliche "^Ain Kadis
wirklich existirt; dass hier Kades Barnea zu suchen sei, ist
von ihm mindestens sehr wahrscheinlich gemacht. Hull^h) ist
es nicht gelungen , nach ' Ain Kadis zu gelangen ; dagegen bie-
ten die vorläufigen Berichte über seine Expedition 3i2) manches
Studie über die Lage des bibl. Landes Mizraim. Ilmenau Schröter) 1884,
17 pp. 80. — Vgl. ThLB. 1884, p. 94.
306) J.Baker Greene, The route ofthe Exodus: Quart. Statements 1884,
p. 230—237.
307) G.F.Pentecost, Out of Egypt. : Bible readings on the book of Exo-
dus. New York (Funk & Wagnalls, 'l884. VII, 214 pp. 120. :Nach ThLZ. ;
nicht gesehen.'
308) N. Kapterev, La bienfaisance russe pour le couvent du Sinai aus
XVI, XVII et XVIII. siecles: Lectures de la Soc. des amat. de Tinstr. reli-
gieuse 1881, Xr. 10 — 11. Russisch; Bibl. O. L. ; nicht gesehen.;
3U9, C. "W. "\V., Notes to accompany a map of the late Ilev. F. W. Hol-
land's journey from Nukhl to Ain Kadeis, Jebel Magrah, and Ismailia:
Quart. Statements 18S4, p. 4 — 1.5.
:il0i H. C. Trumbull, Kadesh-Barnea : its importance and probable site,
with the Story of a hunt for it : including studies on the route of the exodus
and the southern boundary ofthe Holy Land. New York (C. Scribner's Sons)
1884, 478 pp. 80. With illustrations and maps. — Rec. von J. P. Taylor in
Andover Review Febr. 1884; C. A. Briggs in Presbyterian Review April
1884; Literary News Febr. 1884; Saturday Review 17. Mai 1884, p. 650;
Academy 23. Febr. 1884, p. 136; Bibliotheca sacra Juli 1884; von Guthein
ThLZ. 14. Juni 1884, Sp.285. — Vgl. auch Clay Trumbull, Fresh News from
Kadesh : Quart. Statements 1884, p. 175 — 178.
311) Edward Hüll, Note on Kadesh Barnea: Quart. Statements 1884,
p. 257—258.
312) Narrative of an expedition through Arabia Petraaea, the valley of the
Arabah, and western Palestine. By Professor HuU : Quart. Statements 1884,
p. 114—1:^0. — Vgl. auch Prof. Hull's Letters: ibid. p. 107—113. — Letter
from Captain Kitcheuer: ibid. p. 136 — 137. — Major Kitchener's Report:
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Ucbictc d. l'alüstinalit. issl. ',\0~
Neue imd Wichtige. ('()1,mi,lk3I3) schwärmt nainenthch liir die
Idee des Jordankanals; er scheint mehr aus Vergnügen am Sport,
als mit wissenschaftlichen ZAvecken gereist zu sein.
lievor wir daran gehen , weitere Einzelheiten üher die Geo-
graphie Palästinas anzuführen, hahen wir darauf aufmerksam zu
machen, dass in dem ohen genannten Band der Memoirs^^'^; eine
Keihe älterer Berichte abgedruckt worden ist, so üher die Ebene
von Philistaea, Askalon , über einen Besuch von 'Ain Dschidi
(1867), über eine Expedition nach dem üstjordanland 1SG7),
über AyünMüsa (1869), über das Jordan thal, deuLibanon u.a.m.
Allgemeiner Natur ist auch eine Skizze von CJoli.ks '•^^^^ Eür eine
Keihe einzelner russischer Artikel, besonders von Fomexko. ver-
weise ich der Kürze M'egen auf die Bibliograi)hie des Orient La-
.tin (p. 41). Ein Chirbet Kan'an in Südpalästina bringt Tom-
KiNS^iß) etwas rasch mit einem in den ägyptischen Listen genann-
ten Orte zusammen. Werthvoll ist das genaue Verzeichniss der
bewohnten Ortschaften des Ijezirkes von Gaza, welches uns
Gatt"*!^) eingesandt hat, ebenso seine Bemerkungen über
Gaza und Umgegend 3i8) ; Gildbmkister und Nöldeke liefer-
ten einige Berichtigungen 3^9) dazu. Möchten doch manche der
in Palästina ansässigen Mitglieder unserer Gesellschaft uns mit
ähnlichen Mittheilungen erfreuen wie Gatt ! Durch Philistaea
ibid. p. 202 — 221. — G. Armstrong. The section of the Wady Arabah : ibid.
p. 221.
313) The accursed land, or first Steps on the water-way of Edom. By
Lieut. Col. H. Colville. London (Sampson Law & Co.) 1S84. (Nicht ge-
sehen.) — Rec. von G. Hooper in Academy 21. Febr. 1SS.5, p. 127; Athe-
naeum 8. Nov. 1884, p. 586; von Rye in Proc. of the K. Geogr. Soc. VL
p. 746.
314) Nr. 275.
315) W. Morris Colles, Palestine west of the Jordan : British Quart. Kev.
Nr. 157, 1. Jan. 1884, p. 53—83. (Nicht gesehen.)
316) H. G. Tomkins , The fortress of Canaan : Quart. Statements 1884.
p. 57—61.
317) Verzeichniss der bewohnten Ortschaften der KaimakämTje Gaza.
Von G. Gatt in Gaza: ZDPV. VII, p. 293—298.
318) Bemerkungen über Gaza und seine Umgebung. Von G. Gatt in
Gaza: ZDPV. VII, p. 1—14.
319) Bemerkungen über Anthedon und Muntar. Von Th. Nöldeke und
J. Gildemeister: ZDPV. VII, p. 142.
22»
32S Socin,
ist Griffix^-ö) gereist. Grätz^-i) will beweisen, dass das Innere
von Jamnia bTI 2'\2 i^eheissen und das talmudische En Toi) bei
Lydda gelegen habe. Riants^22) i^^ letzten Bericht genannte
Abhandlung über die Patriarchengräber in Hebron müssen wir
hier nochmals aufführen; über die Höhle Machpela liegen ausser-
dem noch einige andere Artikel vor ^23]^ j)^^ Weg von Jafa nach
Jerusalem schildert Potts '^-*) . Hartmann ^25] hat einige sach-
kundige 13emerkungen über die oft verderbte Schreibung des
Namens Latrun geliefert. Über die Lage von Emmaus haben ausser
Alleau ^-'' und JJassi '^-''j neulich wieder Mearns 328) und Hender-
son329 geschrieben, der auf die von Finn befürwortete Identifica-
tion mit Artas zurückkommt; andere haben sich mit Recht dage-
gen ausgesprochen. Über das aus der byzantinischen und aus der
Kreuzfahrerzeit stammende Gebäude, welches neulich in ^\ra-
wäs330j ausgegraben wurde, hat uns Schick 33i] einen Bericht und
320; Griffin, A visit toPhilistia : Fortnightly Review, Januar 1884. Nicht
geRehen.)
321) Grätz, Historische und topographische Streifzüge. 1. Jamnia. 3. En-
Tab, die Kalenderstadt : Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des
Judenthums 1)584 33,, p. 529-533; 544—551.
322): Vgl. ZDPV. YII, p. 252, Nr. 132. Aus: Archives de l'Orient Latin
II (1884), I. p. 411—421. Vgl. Compt. rend. de l'Academie des J. et B. L
1883. (Paris 1884), p. 26-35.
323) La sepulture d' Abraham: La Turquie 28. Juni 1882 ; wieder abgedr.
in Exploration 1SS2, XIV, p. 231—232. Bibl. O. L. ; nicht gesehen.) — Der
gegenwärtige Zustand der )Höhle )Machpelah : Jüd. Lit. El. 27. Dec. 1883,
Nr. 52, p. 205 — 206. (BibL O. L. ; nicht gesehen.) — )Makpela, la tomba dei
patriarchi in )Hebron: Archivio di lett. bibl. ed. Orient. Anno 6; Jan. 1884,
Nr. 1, p. 23—32. (Nach L. BL f. or. Phil.; nicht gesehen.)
324) A. Potts, From Jaffa to Jerusalem: Bull, de la Soc. roy. de Geogr.
d'Anvers. 1884, VIII, Nr. 5, p. 315—351. (Nach Geogr. Mittheil. ; nicht ges.)
325; Correspondenzen : ZDPV. VII, p. 307.
326) Mgr. Th. Alleau, Les deux Emmaüs: Miss, cathol., 22. Juli 1881,
p. 345 — 346. Bibl. O. L.; nicht gesehen.)
327; Alessandro Bassi, Emaus, citä della Palestina. Torino (Imp. Bel-
lardi e Appiotti, 1884. 93 pp. 80. (Bibliogr. Ital.)
328; P.Mearns, The site of Emmaus: Quart. Statements 1884, p. 83—85.
329) Arch. Henderson ; A. Kennion, Emmaus: Quart. Statements 1884,
p. 243—248.
330) Capitaine Guillemot , Emmaus-Amoas (dessins) : Missions cathol.
3. Märzl8S2, XIV. p. 103—106. — Julien Durand, Les fouilles d'Amoas
(Syrie) : Bullet, monum. 1882. X, p. 381 — 383. (BibL O. L.; nicht gesehen.)
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete d. Palüstinalit, 1SSI. :{2l>
Pläne vorgelegt. Nachliethlcliera haben uns Ghundt ^^2) und ,j,.;v-
SEN 332a) geführt; die dortige Hasilika hat Sandkl 333j in einem von
ihm verfertigten Modell nach ihrer ältesten Form her/Aistellen ver-
sucht. Gregorovius334) hat seiucnKitt nach dem Todten Meer in
seiner bekannten drastischen Weise geschildert; einige Bemerkun-
gen Tksson's^^"») beziehen sich auf die Hauten des Klosters Mar
Saba. Marti336) i^at das Thal Zeboim T. Sam. 1 :< , \b mit dem
trädi ahu (Jahit der englischen Karte identiticirt. Dkkknboi UG^^?
führt den NachAveis, dass der eiserne Uerg, Avelcher bei.Iosephus,
Bell. jud. IV. 8, 2 genannt ist, auch in der Mischna und ande-
ren jüdischen Schriften vorkomme inid am Todten Meere zu
suchen sei. Schick's^ssj Unternehmen, die Grenzlinie zwischen
Juda und Benjamin zu verfolgen, beweist aufs Neue, wie schwer
es ist, in Bezug auf die alte Geographie zu abschliessenden Re-
sultaten zu gelangen. Die Lösung verschiedener derartiger Pro-
bleme wird in den Statements immer wieder versucht33'Jj>*40j j
331) Das altchristliche Taufhaus neben der Kirche in'Amwäs. Von C.
Schick in Jerusalem : ZDPV. VII, p. 15—16. (Mit Tafel.)
332) Grundt, Von Jerusalem nach Bethlehem : Jahresber. der Lausitzer
Prediger-Gesellsch. 1880. 6. Mitth. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
332») S. H. Jensen, Fra Jerusalem til Bethlehem: Luthersk-Ugeskrift.
Bd. 16, Nr. 4—7; 1884. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.
333) Vgl. Christi. Kunstblatt 1884, p. 176.
334) Ferd. Gregorovius, Ritt nach dem Todten Meer. Aus meinem Tage-
buche: Unsere Zeit 1884, 1, p. 81—99.
335) L. de Tesson, De quelques singularites architecturales : Soc. ar-
cheol. d'Avranches 1882, V, p. 38 — 48; theilw. in Rev. de l'art ehret., Jan.
1S83, p. 1U6. (Bibl. O. L.; nicht gesehen.)
336) Das Thal Zeboim, Sam. I. 13, 18. Von Lic. Karl Marti: ZDPV.
VII, p. 125—130.
337) J. Derenbourg, La montagne de fer : Revue des etudes juives VIII
1884), p. 275—6.
338) C.Schick, Grenzlinie zwischen Juda und Benjamin : Neueste Nachr.
a. d. Morgenlande 1884, p. 60—70. — C. Schick, Boundary between Judah
and Benjamin: Quart. Statements 1884, p. 181 — 1^7.
339) H. B. S. W., The nameless city, and Saul's journey to and from it:
Quart. Statements 1884, p. 51 — 54; id.: ibid. p. 144; id.. Pillar or Garni-
son: ibid. p. 143 — 4.
340) C. R. C(onder), Notes from the April Quarterly Statement: Quart.
Statements 1884, p. 240—241; id., Notes from the July Quarterly State-
ment: ibid. p. 241 — 243; id., Pillar or Garnison: ibid. p. 30.
330 Socin,
so verleg;! mm Birch^^i) schliesslich Adiillam wieder in die Höhle
Chareitim. Filter ^42) hat über Aphek und Beth-Dao-on »-e-
schrieben. Auch über die Lage von Bethsaida^*3) und Caper-
naum^^-*) wird noch immer gestritten, ebenso über Aenon^^s).
Über Nabiilus und Garizim hat uns Grünbaum ^^g) einige Bemer-
kungen geliefert. Schultze34') hat zu erweisen versucht, dass
der Name Dalmanutha aus dem syrischen »dlmnvta = de ta
aioT^ Marc. VIII, lu. vgl. mit Matth. XV, 39) entstanden sei
unter Auslassung des Namens Magadü, Magadan, welches
östlich vom Tiberias-See liege. Lievix 34S) plaidirt wohl für den
Thabor als Schauplatz der Transfiguration. Oliphant liefert uns
von seinem Standquartier aus 349) eine Menge nicht uninter-
essanter Details über den Karmel und die auf demselben befind-
lichen Kuinenstätten^^oa^ ]Sfach dem Sanctuaire du mont Carmel
hat Schumacher 350) einige Notizen über das Kloster und den da-
selbst gegründeten Orden zusammengestellt; auch sonst noch lie-
341) W. F. B(irch), Hiding-places in Canaan : Quart. Statements 1884,
p. 61—70.
342; W. T. Filter, Aphek and Beth-Üagon : The Expositor, April 1884,
p. 3U3— 311. (NachThLZ.; nicht gesehen.)
343) Kev. Lyman Abbot, The site of Bethsaida : The Americ. Antiquar.
1881, in, p. 234—235. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
344) S. Graves, The site of Capernaum : The Americ. Antiquar. , Jan.
1881, ni, p. 117—121. — J. Emerson, The site of Capernaum (mit Tafeln) :
ibid. 1881, IV, p. 53—61. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
345) W. A. Stevens, Aenon near to Salem (Jos. III, 23) : Journal of the
Society of biblical literature and exegesis 188:$, Juni — Dec. p; 128—141.
(Nach ThLZ. ; nicht gesehen.)
346) Nachträgliches zuNabulus und Garizim. Von M. Grünbaum ; ZDPV.
VII, p. 131—135.
347) Dalmanutha. Geographisch-linguistische Untersuchung zu Marc, 8,
10 und Matth. 15, 39. Von Dr. Martin Schultze : Jahresbericht des Realgym-
nasium zu Oldesloe. Ostern 1SS4. 3 pp. 4».
348) Lievin de Hamme, Le Tabor et la transfiguration du Sauveur: Re-
vue de sc. eccles. Mai 1881, p. 384—397. (Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
349; Life in a Druse village ; Blackwood's Edinb. Mag. Dec. 1884. (vol.
136) p. 708— 15; Febr. 1885. (vol. 137, p. 232—44. (Auch in Living age,
10. Jan., 28. Febr. (vol. 164) p.84; 566. (Nach L.Oüphant). (Nach Lit. Bl. f.
or. Phil. ; nicht gesehen.)
349a) I.aurence üliphant, The khurbets of Carmel : Quart. Statements
1864, p. 30-44.
ibOj Das Karmelkloster bei Haifa : Warte 1884, Nr. 20.
Bericht über neue Erscheinungen auf d. Gebiete |d. Palästinalit. 1S84. 331
gen einige Schilderungen des Kännel vor^^'). Nestl?:''^^) ^virft
die Frage auf, ob Syna nions des IJordeaux-Filgers nicht beim
Karmel zu suchen sei. l'ber das Dschaulan-Ciobiet •'■••') werden
wir nun durch Schumactiek bald Ausführlicheres erfahren ;
einen Ausiiug nach dem Hain-;in hat MouiTZ^i-«) gemacht.
SelahMerkill3^*^) -will bei Josephus, Hell, jud, VI, 1 statt Ga-
dara: Gabara lesen und nachweisen, dass es einen Platz Namens
Gabara , iind einen, Namens Gabaroth gab. In einem Excurse
zu Psalm 6S theilt Wetzstein 355) eine Keihe wichtiger Notizen
über das Basangebirge, denDschebel Msch und den Hermon mit.
Über die Schlussfolgerungen. Avelche Wetzstein zieht, mögen
die Exegeten urtheilen. — Über die Phönicier hat Schultz *55a|
einen zusammenfassenden Artikel geliefert; von de BERTOu's355bj
^Arbeit über Tyrus ist eine Fortsetzung erschienen.
Aus Syrien ist diesmal sehr wenig zu berichten. Nachträg-
lich ist ein Brief Guerin's ^^o] aus dem Libanon hier anzuführen ;
seine im letzten Bericht erwähnte Statistik ^57^ beziffert die Ein-
wohnerzahl des Libanon auf 360 000 Seelen. Die Beisebilder der
|P' 351) Jaime Bruzelius, En idyll frän berget Karmel. Stockholm 1881. 12''.
Bibl. O. L. ; nicht gesehen.) — Le Carmel, Souvenirs d'un pelerinage: La
Terre Sainte 1884, Nr. 221, p. 971. — Vgl. auch Kautzsch , Karmel: Ersch
und Gruber's Encyclopädie Sect. 2; Th. U, 1883, p. 83—84.
352) Correspöndenz. Syna Mons. Von E. Nestle : ZDPV. VII, p. 306.
P 353) Laurence Oliphant, Notes on the Jaulän : Quart. Statements 1884,
p. 167—171.
354) Aus einem Briefe von Dr. Bernhard Moritz : Z. der D. Morg. Ges.
1884 (38), p. 458-9.
354a) Selah Merrill, A puzzle inJosephus: two Gadaras or one?: Quart.
Statements 1884, p. 237—241,
355) Über die Gebirgsnamen in Psalm T.XVIII, 16. Von Consul Dr. Joh.
Gottfried Wetzstein: Zeitschrift für kirchl. Wissenschaft 1884 (III), p. 113
—127.
355a) Fr. W. Schultz, Sidon, Sidonier, Phönizier : Ilealcncyclo])ädie für
Protest. Theol. und Kirche 2. Bd. 14. Lpzg. 1884, p. 192—213.
355I'; Vgl. ZDPV. V, p. 264, Nr. 361. F. de Bertou, La topographie de
Tjt: d'apres les derniers explorateurs : Memoires presentes par divers savants
al'acad. des inscr., ser. 1. t. 9. partie 2. Paris 1884, p. 275—309. (Nach Lit.
Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
356) Victor Guerin, Lettre du Liban. 31. aoüt 1882 : Exploration 5. Oct.
1882, XIV, p. 653—656. Bibl. O. L. ; nicht gesehen.)
357) VgL ZDPV. VII, p.259, Nr. 204. Lies: Comptes rendus de lAcad.
des J. et B. L. 1883 (Paris 1884).
332 Socin, Bericht über neue Erschein, auf d. Gebiete d. Paliistinalit. 1884.
liaioniu von Hoiinhorst ■^^^) scheinen stark enthiisiastisch gefärht
zu sein und wenig Neues zu bieten; letzteres darf man auch von
Cil\ssignet'8 '■^^^^) Souvenirs voraussetzen. In JietrefF vonKalat el-
niarkah ist eine Notiz von Hartälaxn ^m) zu beachten. DoGNEE^eo^
und Müller 36tj haben über architectonische Beobachtungen Be-
richt erstattet. In Verbindung mit den merkwürdigen alten Ge-
bäuden von Sednaja 362^ (nördlich von Damascus) ist die neulich
veröffentlichte Legende wohl nicht unAvichtig. Die von Cox-
j)gRb{;3^ vorgeschlagenen Identificationen von Ortschaften Mittel-
syriens sind theilweise gewaltsam. Über die Grenzen Syriens
führt uns ein Aufsatz über die Amanuspässe ^^^] .
358) Reisebilder aus dem Libanon. Von Baronin H. von Hohnhorst.
Mit 3 Lichtdruck- und 5 Holzschnitt-Tafeln. Braunschweig (J. H. Meyer) 1884.
n, 312 pp. SO. Mitlllustr. — llec. von Wünsch in Mittheil. d. K. K. Geogr.
Gesellschaft in Wien 1884, p. 46.5.
3583] Chassignet, Souvenirs du Liban (Discours de receptioU;. Nancy
(imp. Berger-Levrault) 1884, 34 pp. 80. (Extrait des Memoires de l'Acad. de
Stanislas 1883). (Nach Lit. Bl. f. or. Phil.; nicht gesehen.)
359) ZDPV. VII, p. 307.
360, Eugene Dognee, Le Liban, Conference faite au Congres des archi-
tectes de Paris, 1878: Congres intern, des architectes. Paris (Imp. nat.) 1881,
p. 289—301. (Bibl. 0. L.; nicht gesehen.)
361; Die Ruinen von Baalbeck und Paimyra. Nach einem Vortrage des
Herrn H. Müller zu Bremen : Deutsche Bauzeitung, Jg. 18, Nr. 14; lü. Febr.
1884. p. 78—9. (Nach Lit. Bl. f. or. Phil. ; nicht gesehen.)
362; Gaston Raynaud, Le miracle de Sardenay , poeme du XIII*' siecle :
Romania 1882, XI, p. 519—537 ; 1885, XIV, p. 82—93. Tir. ä part 36, 37 pp.
363) C. R.Conder), Hittite Geography : Quart. Statements 1884, p. 19— 20.
364) G. Marmier, Les routes de l'Amanus: Gazette archeologique 1884
annee 9) Nr. 2, p. 43—50. Mit Karte. (Nach L. Bl. f. or. Phil. ; nicht ges.)
Correspoudeiizeii.
»Zu meinem Aufsatz über »Felsengräber in Dschebatu« in
ZDPV. VIII, 60 fF. finde ich eine Anmerkung der gescliätzten
Kedaction, -welche sich auf die Abbildung eines jüdischen sieben-
armigen Leuchters bezieht und das A'orkommcn einer solchen
Abbildung in Frage stellt. Zur factischen Erwiderung hierauf
bitte ich Sie, die folgenden Skizzen von siebenarmigen Leucli-
tern, -welche sich als Relief- und Flächenornamente auf alten iiau-
steinen vorfinden und Avelche ich bei Gelegenheit einer meiner
Keisen ins Ostjordanland copirte, gefälligst veröffentlichen zu
mm.
► Flcächenornanient einer Basaltsäule
in Fik.
Reliefornament an einem
Thürsturz in Fik.
- --*
70 cm
Reliefornament an einem Thürsturz Flächenornament an einem Thürsturz in
in el-Ahmedije. el-Ahmedije.
■wollen. Eines dieser Ornamente auf einer Säule von liasalt trägt
eine verwitterte hebräische Inschrift, die übrigen entbehren jeder
•>o, Correspondenzen.
Schriftzeichen. Die Keliefornamexite sind mit bedeutend mehr
Soi-o-falt ausgeführt als die Flächenornamente. Der neunarmige
Leuchter von el-Ahracdije scheint mir einzig in seinem A^orkom-
men zu sein . Avährend ich ausser den angeführten noch siehen-
armige , hübsch verzierte Leuchter in Nawa im Hörän vorfand,
welche andernorts zur Abbildung gelangen werden.
Trotz der Bestimmung des Talmud, welcher die Nachbil-
dung des heiligen siebenarmigen Leuchters verbietet, hat die-
selbe also dennoch stattgefunden, und es fragt sich nun, ob dieser
Umstand auf ein höheres Alter jener Ornamente als das des Tal-
mud oder — was weniger wahrscheinlich ist — auf eine Nicht-
beachtung seiner Vorschrift schliessen lässt. Im erstgenannten
Falle dürften diese Ornamente über das Alter der betreffenden
Bauten einigen Aufschluss gebenu.
Haifa, den 30. Juni 1885.
Schumacher.
Bemerkung der Redaction: Durch jene Anmerkung
ZDPV. YIII, 64 wollte ich hauptsächlich darauf aufmerksam
machen, dass man nicht genöthigt ist, dem Vorbilde des heiligen
siebenarmigen Leuchters zu Liebe jede andere weniger Arme zei-
gende Darstellung, wie die von Dschebäta, zu einer siebenarmi-
gen zu ergänzen. Die dankenswerthen Zeichnungen des Herrn
ScHUiMACJiER bringen selbst eine neue Form, nämlich die mit
neun Armen, hinzu und beweisen somit, dass man sich durchaus
nicht auf das siebenarmige Muster beschränkt hat. — Das er-
wähnte Verbot des Talmud findet sich Gemara Rosch Haschana fol.
25undAbodaZaraf. 43. Nachdem die Nachbildung des Tempels
oder eines Theils desselben oder seiner Geräthe verboten ist,
heisst es weiter : »Jedoch darf man einen Leuchter mit fünf, sechs
oder acht Armen machen , nur keinen mit sieben Armen . auch
Avenn nicht Gold, sondern andere Metalle dazu verwendet werden.
11. Jose Ben Jehuda hat gelehrt, dass auch Holz nicht dazu ver-
wendet werden dürfe, wie das die Hasmonäer gethan hätten«.
Die Nachbildung des siebenarmigen Leuchters hat freihch trotz
dieses Verbotes stattgefunden; das zeigen nicht nur die obigen
Darstellungen, sondern auch die jüdischen Gräber und Sarko-
phage. Vgl. z. B. die schöne Grabinschrift bei Madden, Coins of
Correspondenzen. 3;j5
theJews (The international Niimismata. Orientulia\'<)l. II. 1881)
36 nnd das gut ausgeführte Keliefornameut aus Tiberias hei dk
Saulcy, Voyage autour de la Mer morte PI. XIA'I. \)\r. tahnu-
dische Vorschrift ist aber zur Uatirung dieser Ornaiuente nicht
geeignet. Einerseits ist ihr eigenes Alter unbestiinnibar, atidcrcr-
seits scheint sie von rein theoretischer Art und ihre praktisclie
Durchführung entweder unmöglich oder gar nicht beabsichtigt
gewesen zu sein. Schon E. A. Schulzk hat 1775 in seiner Aus-
gabe von Reland, De spoliis templi hierusolyrnitani üli darauf
hingewiesen, dass die Juden noch heute siebenarraige Leuchter
an ihren Festtagen gebrauchen , um dabei des heiligen Leuch-
ters zu gedenken. Wie weit diese Sitte verbreitet ist, vermag ich
freilich nicht zii beurtheilen. Doch spricht die grosse lieliebtheit
dieses Ornamentes auf zweifellos jüdischen Denkmälern wohl
dafür, dass jene talmiidische Vorschrift auf die hier in Frage
stehende Nachbildung nicht angew^endet worden ist. Merkwür-
digerweise — dies ist auch für die folgende Correspondenz von
Interesse — findet sich der fünfarmige und siebenarmige Leuchter
auch auf Münzen mit arabischer Legende, wie de Vogüe in der
Revue numismatique 1860, 291 und PI. XIII, 7. S nachgewiesen
hat. S. auchMADDEN, History of Jewish Coinage (London 1864)
231. De Vogüe ist der Meinung, dass diese Stücke aus der Zeit
zwischen der arabischen Eroberung und der ersten Münzausgabe
des Chalifen 'Abd el-Melik stammen und mit jenem Ornament
ausgestattet worden sind, »pour faire allusion aux Souvenirs ju-
daiques«. Maudex schliesst daher mit ihnen die jüdische Mün-
zengeschichte, H. GuTllE.
Herr Dr. Fritz Noetling hat der Eedaction folgenden
»Beitrag zur Entstehungsgeschichte missverstande-
ner Ornamente« eingesandt:
Bei meiner Reise von Haifa nach dem Hermon war ich ge-
nöthigt, das kleine Städtchen Safed zu passiren. Gleich beim
Eintritt in den Ort fiel mir eine cigenthümliche A'erzierung an
den Häusern auf, wie ich sie in keiner andern bisher von mir
besuchten Ortschaft beobachtet hatte. Über den Fenstern und
über den Thüren, zuweilen auch längs des ganzen Hauses liegt
330 Correspondenzen.
luit weisser Farbe gestrichen ein horizontaler Balken, auf wel-
chem senkrecht gerichtet eine beliebige Zahl kürzerer Striche
standen, etwa wie die Zinken eines Eechens (Fig. 1) .
Uli
I-is. 1.
D*
Icli würde diesem Ornamente w^eiter keine liedentung bei-
gelegt haben, w^enn es mir nicht gelungen wäre, dessen Ent-
stehung zu verfolgen, die eigenthümlich gemig ist, um beschrie-
ben zu werden ; denn sie wirft ein charakteristisches Streiflicht
auf solche Ornamente, welche aus der Missdeutung unbekannter
ISilder hervorgegangen sind.
Safed ist zum grössten Theil von Juden verschiedenster Ab-
stammung bewohnt , die vielfach , sei es aus Frömmigkeit oder
zum Schmuck ihrer Häuser, eine rohe Zeichnung des fünfar-
migen Leuchters in weisser Farbe auf den Aussenwänden an-
bringen (Fig. 2) .
1 » . I Es fiel mir nun auf, dass an zahlreichen Häusern,
\^^ welche von Insassen unzweifelhaft muslimischen
Glaubens bewohnt waren, die gleiche Zeichnung,
Fig. 2. allerdings in etwas modificirter Weise, angebracht
war. Es waren die beiden Halbkreise des Leuchters
zu einer Linie verschmolzen , die dann gewöhnlich horizontal
oder leicht gekrümmt war. Auf dieser Linie standen fünf senk-
rechte kürzere Linien , von welchen die mittelste sich über die
Horizontallinie nach unten verlängerte (Fig. 3).
Da ich mir einerseits nicht denken konnte, dass die
J Muslimen ein specifisch jüdisches Ornament, dessen
l^edeutung ihnen bekannt sein mochte, ohne weiteres
Fig. 3. copirt hätten, und doch der etwas veränderten, aber
überall gleichartigen Form eine gewisse Bedeutung
innezuwohnen schien, so erkundigte ieh mich nach derselben.
Da wurde mir denn die überall gleichlautende, aber über-
raschende Antwort zu Theil, das sei »die Hand des Fro-
j) h e t e n « .
Von der »Hand des Propheten« zum Ornament Fig. 1 war dem-
nach nur noch ein Schritt, der Maler brauchte nur den senkrechten
Correspondenzen. 3 157
Strich unterhalb clerllorizontalliiiie wegziihissen, und es entstand
das rechenarti<i,c Ornament, welclies dann wiederum in belie-
biger ^yeise vergrössert Averden konnte.
Der jüdische fünfarmige licuchter hat somit diircli die »Hand
des Propheten« den Vorwurf zu einem allerdings einfachen Orna-
mente geliefert, dessen Entstehung olnie Ik'kanntscliaft mit dem
letzterwähnten Zwischengliede eine riithselhafte bleiben würde.
Beirut. 21. August 18S5
»'
Fkitz Noetling.
Aus Briefen des Herrn Baurath C. Schick in Jerusalem:
10. Juni 1885. »Man beabsichtigt die Stadt neu zu pflastern
und nimmt zu diesem Zwecke hier und dort Nivellirungen des
Bodens vor. Dabei kommen gewöhnlich alte Keste zum Vor-
schein , über die ich später , w'enn die Sache weiter vorgerückt
ist, berichten werde. — Herr Sandel hat sein Modell der alten
Kirche in Bethlehem nach Berlin verkauft.« — 29. Juli 1885,
»Oberhalb Gethsemane soll jetzt eine russische Kirche gebaut
werden , zu der die Pläne bereits angekommen sind. — Der
Pascha von Näbulus hat Streit mit den Beduinen jenseits des
Jordans bekommen. Es war nämlich ein Schech derselben wegen
Geldangelegenheiten in Näbulus gefangen gesetzt werden. Die
Beduinen forderten seine Befreiung; da er aber nicht frei ge-
lassen w'urde, so erhoben sie sich gegen die türkische Begiernng,
die ihrerseits 5000 Mann Soldaten von Damaskus aus gegen sie
entsandte.« — 25. August 1885. »In der Nähe des neuen fran-
zösischen Hospitals (der Kal'at Dschälüd gegenüber) , etwas
nordöstlich von demselben, bauen die Franzosen jetzt ein Pilger-
haus. Das neue Aussätzigenhaus in der Rephaimebene westlich
von der Tempelkolonie schreitet rasch vorwärts und soll vor dem
Winter noch unter Dach gebracht werden. Das bisherige in der
Nähe des Mämilla-Teiches wird dann entbehrlich werden und
zum Verkauf kommen«.
Bücheranzeigen.
Oort, Dr. H.. Atlas voor hijhclsche en kerkelijke gescMedenis.
In 54 groote en kleine kaurten met beschrijvendcu tekst. Te Gro-
ningen hij J. B. Wolters 1884. 40 S. 40 Tafeln, gr. 8.
Die ersten 22, resp. 23 Karten erläutern die Geschichte
Israels und der Juden , die folgenden die Geschichte des Chri-
sten thums bis zur Gegenwart, mit besonderer llücksicht auf die
Niederlande (K. XXXI. XXXIII — XXXIX). Zwei Karten,
nämlich XIII : die Juden in der Zerstreuung zur Zeit des Antio-
chus Epiphanes, und XXIII: der Osten in dem ersten Jahrhun-
dert nach Chr., bilden in lehrreicher und anregender Weise den
Übergang von dem einen Thema zum anderen. Für die Leser
dieser ZS. ist die Behandlung des ersten Thema" s von besonderer
Wichtigkeit, und sie verdient ferner aus dem Grunde die vorwie-
gende Aufmerksamkeit, weil hauptsächlich in ihr die eigene, von
älteren Vorlagen unabhängige Arbeit des Verf. niedergelegt ist.
Wie zu erwarten war, hat O. seine Darstellung von den traditio-
nellen Annahmen frei gehalten; er verzichtet darauf, den Zug
der Israeliten aus Ägypten durch die Wüste nach Kanaan auf die
Karte einzutragen (S. 5 f.) und setzt die Vertheilung des Landes
nach Jos. 13 — 19 nicht an den Anfang der Geschichte des ^'ol-
kes in Kanaan. Vielmehr suchte er aus Gen. 49 und Ilicht. 5
ein Bild der ersten Besiedelung des Landes durch die Israeliten
Zugewinnen (S. 5 — 7 und Karte III. Seine Darstellung gleicht
der von Stade in seiner Geschichte Israels und dem Unterzeich-
neten in G. Droysen's historischen Handatlas gegebenen fast
ganz, soweit sie den N. des Landes betrifft, zeigt aber im S. nicht
geringe Abweichungen, die zum Theil darin ihren Grund haben,
dass O. diese Karte auf die »Zeit des Barak und der Debora« be-
liücheranzcigen. ;};}f)
bcliränkt. Er nimmt wegen Hiebt. 5 an, dass .Inda und ISimoon
zu dieser Zeit noch in der Wüste l^aran bei Kades Avobnten und
von dem «Hause Josepbs« durch die Awwiter, Amoriter, Amale-
kiter, Horiter und Edomiter getrennt Avaron. Erst die lolgenib-
Karte IV »Palästina zur Zeit Saul's« zeigt uns Juda bei Ik'tbk'-
hem. Kaleb bei Hebron, noch südlicher die Keniter, Jerachmee-
liter und Simeon, ähnlich wie die Karte .Stade' s und die des
Unterzeichneten , die beide allgemeiner die Zeit vor Entstehung
des A^olkskönigthums vor Augen haben. O. scheint damit aus-
zuschliessen, dass die Judäer je über den Jordan bei Jericho oder
an einer anderen Stelle nach Kanaan gezogen sind, wie die nörd-
lichen Stämme. Meiner Meinung nach mit Recht; sie werden
von S. aus vorgedrungen sein und von S. her Fühlung mit dem
eigentlichen Israel gewonnen haben. Ebenso wie der Text zu
Karte III enthält auch der Text zu IV — VI (Saul, Salomo, Ahab)
viele treffliche Bemerkungen zur Geschichte Israels. Die Anga-
ben der Völkertafel Gen. 10 sind zu einer Karte (IX) über »Is-
raels Gesichtskreis und Weltvorstellung 600 v.Chr.« verwerthet.
Die Vorstellung O.'s von dem vorexilischen Jerusalem vermag
ich jedoch nicht als richtig anzuerkennen. Er vermeidet aller-
dings den Fehler, sich die alte Stadt als gross und prächtig vor-
zustellen, scheint mir darüber aber in den entgegengesetzten
Fehler verfallen zu sein. Karte XX nämlich beschränkt die vor-
exilische Stadt auf den Kaum zwischen Tyropöon- und Kidron-
thal vom Siloahteich im S. bis zur Stätte der Antoniaburg im N.
Folgender Satz giebt näheren Aufschluss : »Das alte Jebus lag
demnach auf dem S. -Punkt des O. -Hügels; David nahm es ein,
beziog die Burg und nannte sie Davidstadt; sie lag auf demZion.
2. Sam. 5, G — 9« (S. 25). O. erklärt also diese Stelle mittelst der
Gleichung Burg Zion = Jebus = Jerusalem. Aber sowohl
Sam. II. 5 als alle anderen für diese Frage in Betracht kommen-
den Stellen des A. T. sprechen gegen diese Annahme. Jerusa-
lem hiess schon bei den Kanaan item der bis auf Salomo's
Zeit offene ^Kön. I. 9, 15) Ort auf dem SW. -Hügel, und Burg
Zion war die Feste der Jebusiter auf dem SO. -Hügel. Jebus nur
Rieht. 19, lOf.undChron. I. 11, 4 f.) ist wahrscheinlich nur eine
gelehrte, aber irrige Rückbildung aus Jebim oder ein irrig auf
Jerusalem bezogener Name. Eine weitere Bespreclnnig dieser
allerdings vollkommen neuen Rekonstruktion des alten Jerusalem
340
Bücheranzeisen.
c-*-
ist an dieser Stelle unth\inlich. Doch möchte ich O. noch darauf
aufmerksam machen, dass eine quer über den SO. -Hügel lau-
fende Mauer (K. XX) für einen Kenner des Terrains sehr un-
wahrscheinlich ist. — Die Karten sind nicht immer genau und
gleichmässig gezeichnet, das Terrain ist durchweg zu skizzenhaft
gehalten; auch sind z. K. auf K. IT »Natürliche Bodengestal-
tung« mehrere alte Fehler wieder gemacht worden , trotzdem die
grosse englische Karte von 1SS2 benutzt -wurde. Man vgl. nur
damit die dem ersten Bande von Ebkiis und Guthe Palästina in
h. und W. beigegebene Karte, die unter den kleinen neueren
Karten die beste Terrainzeichnung darbietet. Die Seeküste
zwischen Akko und Ekron war doch zu Saul's Zeit schwerlich
israelitisch (K. IV). Auffallender Weise ist »Akrabittene« auf
K. XII an die SW. -Seite des Todten Meeres gesetzt. Der Name
Safed kommt schon früher als in der Zeit der Kreuzzüge vor
(S. 24). Auf K. XXVIII vermisst man einen Plan Jerusalems
während des lateinischen Königreichs, der zugleich auch über
die Lage der Grabeskirche die jetzt ganz fehlende Auskunft
geben könnte. — Ungeachtet dieser Mängel, die vielleicht zum
Theil dem Lithographen zur Last fallen, giebt der OoRx'sche
Atlas eine treffliche Anleitung zum A'erständniss der Geschichte
Israels und kann desshalb allen , denen es darum zu thun ist,
warm empfohlen werden.
Leipzig. H. Guthe.
Berichtigungen.
Auf Seite 174 dieses Bandes Z. 8 lies »mich« statt nach.
Auf S. 175 Z. 6 lies Argula statt Arguta.
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Boiliige zu der Zeitselirift
des
Dcutsclien Palacstina -\'oroIna.
H(l. VIII. 1885.
Idrisi's
Palaestina und Syrien
im
arabischen Text
herausgegeben voii J. Gildomoister.
GEDRUCKT BEI CAllL ÜEOEGI IN BONN.
)*A
a nescio an verba quae Jaubertus hie praebet: Mar'ash ab
al-Harünia diei itinere abesse, mea culpa exciderint ; in C carte
non lecfuntur.
-ö'
Errata. P. i^ v. 1 9 lege: [Uä^. :<JL>-y) oa-oi] ^c^^, l\. P, 1
not. h lege: Pt ,l.üi*s. P. it* v. 4 leffe: ^JLi/!.
A Cod. bibl. nat. Paris., Suppl. 893, scriptus a. 7-14 (134 3 — 4)
in Hispania. — B Cod. eiusdein bibl., Suppl. 892. — C Cod.
bibl. Bodl. 887 (Poe. 375), scriptus Kähirae a. 860 (1456)
auctore Dozyo, sed auctore Urio, cui accedendum puto, a. 960
(1501 ineunte Martio). — Cod. D eiusdem bibl. 884 (Grav.
4 2), a quo clima quartum abest. — De bis codd. egerunt
Dozy et De Goeje Afrique p. XXI.
R Editio Romana anni 159 2.
E variis lectionibus paueae, quae inutiles viderentur, oraissae
sunt. Nee ubique, cui codici quae assignanda esset lectio, certe
diei potuit, unde ex silentio nihil velim colligi.
Alia quaedam ad eriticen speetantia supplenda sunt ex eodem
capite in vernaculaui converso in Annalium societatis ad exj)loran-
dam Palaestinam conditae voluraine VIII.
ö.ajLo näjJw« _>. A,:>iÄ*« Ä^JtA» l,j.jJU5 ixXA-!. (»j'ij^» i^^'ö CJ^Lcj
Kä^LasJ! .<^w^:s- a Aäxji Ä^Jui» , 4,^>iÄi^ _^u sm^a ä_-aÄä LijJij ä,*i2:5^Cy«
.buÄäJi ..1-7 .c Q^ .-^^j! s^i i— ^^t (J-» i^^j^j. iL>".Ä<.^ sUxiflj v_i_ÄJ'
8 Ka-iJw J.1 l'^J) ^NAX^ Q-l» ^wXU' ij»*^. J»*^ÄÄ J»*> (i»e .^AiS»
10 f^S^ j^J OAr^ iX! ,_fcAi^ O*^"^ '^^ ^-t^-t^ Ä.l>>^ ^_j.AaÄ>3 ^•j*2>
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_».^^ UjL) ,Jsc (^-^: idjji j^l^ (J^^i '^J^ jj-^ ^i^^^ e'^'jlAML>5
a CR te!5ijÄ5'_j b Sequitur itinerarium Constantinopolitanum
hie omittendum c om. BC d C ^^P^ e A qIawL?»^ f B^-ylJOl;
C -AixJ j er AB l->*aäa« 1 C vjlXäxj h C -«.Awj i B (väaxj k A
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C!*^^ J-^5 •^t^'» j-'-^= KAs^4.i- oUaXJ! ^^=' J.i (.n^-j'j 05*^^ i^-?
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q sie Ihn K)iurd., codd. aJj-^ i" Ibn Khurd., codd. Jj.:?- s B \.9\h\
AD t/lb 1, Ihn Klnird. , ^iJi ^IL^. ULJI J^Lb,"; ' u B .,j.x>
V Ibn Khurd., codd. v^Lb Ji5 » w A '.^-oj» ; B L*a:3. ; C ä-^axi!.?
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J,i>Ü ,.,Li> LilaS.^. .aäJI ,i,c J.J ,ivc aL ^5 -- *r:"^t ^ Ac (sie)
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Ux^3 g sie B et Kudania; C? i^*'«-^ ; AR ^^Äav^ h 1'. leg. iwÄ^^
i addidi k D? »^io ^aj^X^o
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f^C Aas g om. AR; al.V li DR J^^.^ ^ i D oUc k a" ^jÜ^
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J.cl A^^^ L^ir ^^"il ^ ^^J. j?j,^c ~^\ c l\:S\^IL> ^^^^11
Uaj» ,j^jJ"ä! (1 o^ ^-^ '<*-^jäj oÄJl ^^Lil Jo^^; ^1 8^j^
5 O'^- l_c*^*"^' ^S* >^flA«.xi Q, ^.x^l üxljjj ^.^äL^ ^Äv^vw« .^1 J\Xj
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