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Full text of "Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde"

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r 


iv*o  < 


Zeitsclirift 


des 


Vereins  für  hessische  Geschichte 
und  Landeskunde. 


-Ö^^Hs'-«- 


Neue  Folge.    Sechszehnler  Band. 

(Per  gnnzeii  Folge  XXVI.  Dand.) 


Kassel. 


Im  l'ommissiousvoiiano  von  A.  Fn-ysi-liinUl, 

IIuf-RncliliandhiuK. 


'*..i.* 


-H  6  ^  '-^  aBINHM|^UMMMITT' 


Piuck  von  L.  Doli  in  Kassel. 


Inhalt. 

Seite 
I.  Die  Heirath  Jolanta's  von  Lothringen  mit  Wilhelm. 

Landgrafen  von  Hessen.     Von  Carl  v.  Stamford.  1 

II.  Inventarium   der    Artillerie   Landgraf  Philipps    des 

GrossmUthigen.     Von  Joseph  Seh  wank.                 .         22 
111.  Die  Jerusalemfahrten   der  Grafen    Philipp,    Ludwig 
(1484)  und  Reinhard  von  Hanau  (1550).    Von  K  e  i  n- 
hold  Köhiicht 85 

IV.  Die  Antithesis  Christi  et  Papae  in  der  Schlosskirche 

zu  Schmalkalden.     Von  Otto  Gerland.      .      .  189 

V.  Beiträge  zur  Geschichte  der  Schiffiahrt  in  Hessen, 
besonders  auf  der  Fulda.     Von  Hugo  Brunner.  .       202 

VI.  Aus  den  letzten  Tagen  des  Königreichs  Westphalen. 

Von  Arthur  Kloinschmidt 244 

VIT.  Ein  Process  vor  dem  peinlichen  Halsgerichte  (1636 

— 1641).     Von  Carl  V.  Stamford 285 

VIII.  Die    Theilnahme    des    KurfUrsten    Wilhelm   I.    von 

Hessen  am  Oesterrcichischen  Krieg  1809.  Von  Willi 

Varges 316 

IX    Aus  alten  Geschossregistern.    Von  Gustav  Siegel.      344 


-  l-'t.-t'S-r-i:'--i 


Die  Heirath  Jolanta's  von    Lothringen 
mit  Wilhelm,  Landgrafen  von  Hessen. 

Aus  dem  Franzüsisc-ließ  übcitrAguii 

von 

Carl    von    Statnford. 


Vorbemerkung. 

|-;jie  riiivcrtiitäts-  luid  Ljuuh'fsbibliotlu'k  za  Strassbnrg 
4fntliiilt  die  von  der  ultin-thuuisforscht^ndeu  Gewell- 
solmft  zu  Niincy  luTausgegebene  Zeitschrift  Recueil  de 
f(vfui/u'ith  ftur  Fhistoire  de  Loitiu'nc.  vim  wrichftr  nur 
120  l'^Xfinplan*  abgt^zo^e»  wiTflcii ;  in  dein  Jnhrgangp 
von  IHöö  bii(|i-f  si<-h ;  Dift-oiira  di'a  reretnonJt'S  et  unirea 
rftofics  qiii  tie  pas^sh-vitl  a  In  conduidf  de  Mndaute  Yohiud 
de  LorratHC  rf  an  festin  dvs  nojKrs  d'rlle  et  de  Gut'l- 
Itinuif,  liiiidtfrni'e  d(  IküHfiK  *it  /'an  MCCCCXCV/I. 
Htnaasgfbi'r  dt'V  Scbiift  int  Hvrr  Henri  L<>page,  WRlcher 
sjit«  in  ciniM'  alten  Sainuduiig  ..Libtjr  »nnninin"  entJeekte. 
Der    Verfu68<T    dns    Dist<iur.s     ist    uubi-kaunt.       L(;page 

K     K.  XVI.  »J  1 


stellt  die  Vermutung  hin,  es  könne  ein  Secretär  Her- 
zog Rene''s  11.  von  Lothringen  gewesen  st-in,  welchen 
der  Herzog  in  der  Begleitung  seiner  Schwi'Siter  mit- 
pandte,  um  diiR  hei  der  Reise  und  den  Festlichkeiten 
Vorgefallene  iiufzuzi'iclmen.  Lt*page  hemerkt  weiter, 
Jpan  Lud,  wt'lcher  noch  im  Jjilire  150()  jenes  Amt  he- 
gleitet hahe,  möge  der  Berichterstatter  gewesen  sein. 

Die  l'rinzessin  .lolanta  war  Tochter  von  Kerry  11. 
Grafen  von  Vaudemont  und  Jolanta  von  Anjou.  Tochter 
Rcne's  I.  von  Lothringen:  ihr  älterer  Brndi-r  war  Rene  11., 
Herzog  von  Lothringen,  welcher  die  .Xnsprüche  des 
Hause.s  Anjou  auf  das  Königreich  Neapel  fortsetzte, 
nachdem  selbst  König  Karl  Vlll.  von  Frankreich  mit 
seinem  Eroberungszuge  nach  Neapel  gescheitert  w-ar. 

Da  das  offenbar  von  einem  Augenzeugen  abgefasste 
Schriftstück  einen  Beitrag  zur  hessischen  (ieschichte 
und  ein  Bild  der  Zeit  gewährt,  erscheint  es  nicht  ohne 
Interesse.  Eine  angenehme  Pflicht  ist  es  für  mich,  der 
Freundlichkeit  zu  gedenken,  mit  welcher  die  Beamten 
der  Universitätjä-  und  Landesbibliothek  zu  Stra.ssburg 
mir,  einem  Fremden,  entgegen  kamen,  wobei  ich  ins- 
besondere mich  Herrn  Dr.  Schmidt  verpflichtet  fühle. 
Der  Gefälligkeit  des  Herrn  Professors  Dr  Gröber  der 
Universität  verdanke  ich  die  Erklärung  mehrerer  alt- 
französischer,  aus  der  Sprache  verschwundener  .Vusdrücke. 

Der  Bericht  lautet  in  möglich  getreuer  l'eber- 
setzung  wie  folgt. 

L 

Im  Jahre  der  Gnade  1497.  am  Dienstage  dem 
17.  Tage  des  Monats  October.  als  der  Kr»nig  und  die 
Königin*)    mit    Madamoyselle   sich    zu   Pont-a-Mousson 


♦i  Der    Herzog   und  die   Herzogin  von  Lothringen,  welche 
noch  den  Köriigüttitel  von  Neapel  führten.  (Anm.  des  Herausgeber».; 


befanden,  reisten  sie  von  dort  ab  iim  nach  .Sierck  zu 
ziehen,  nämlit-h  der  Könjir  und  die  Königin  mit  einem 
Th(^jle  des  Adels  auf  dem  Wege  von  Gorxe.  von  da  nach 
Moyenvre.  dann  nach  Sierck  und  Madamoyselle,  mit 
mehreren  des  Landes  und  einer  grossen  Zahl  vom  Adel, 
bestiegen  die  Sdiiffe,  widche  auf  dem  Flusse  Mezelle 
vorbereitet  warten,  und  zogen  vom  genannten  Pont  nach 
Metz.  Das  Ah»Midessen  wurde  in  dem  Gasthause  Messire 
l'ierre  üaudoche"».  genannt  Passeternps,  eingenommen, 
danaili  logirte  sie  bei  Messire  Phelij>^>e  von  Rugecourt 
in  Reinem  Hanse,  genannt  Wuyde  houtailie,  sich  ein; 
und  vor  dem  bezeichneten  Ahende.ssen  hoten  die  Oberen 
der  genannten  Stadt  Miidamovselle  einen  silbernen  ver- 
goldeten Becher  dar,  für  welchen  ihnen  gedankt  wurde. 
Am  Mittun  eben  den  18.  Tag  «les  genannten 
Mimats.  hörte  Madanioy.selle  die  Slesse  in  der  Abtei  St, 
Vincent,  nach  welcher  die  Herren  von  der  grossen  Kirche 
ihr  einen  sehr  .schauen  Hecber  von  Crlstal  verehrten, 
dtT  zierlich  mit  vergoldetem  Silber  gefasst  war.  wofür 
ihnen  gedankt  wurde;  hierauf  wurde  in  dem  genannten 
Klosb-r  das  Mittagsmahl  gehalten,  nach  welchem  sie  in 
di»'  bereitgi'haltenen  Schiffe  sicli  begaJ>en,  vom  Adel 
begleitet,  und  nach  Thionville  fuhren,  wo  Madanioyselle 
mehn^re  Get'ilsse  mit  Wtiii  von  den  Oberen  und  Bürgern 
der  Stadt  dargehraelit  wurden, 

Donnerstag  den  If).  Tag  reisten  sie  von  Thion- 
ville ab  und  kamen  nach  Sierck ;  an  diesem  Tage  langten 
auch  der  König  und  die  Königin  daselbst  au  und  der 
Aufenthalt  dauerte  Freitag,  Samstag,  Sonntag  und  Mon- 
tag, sowohl  um  die  Grafen  und  vornehmen  Herren  zu 
erwarten,  welche  aus  Dent^ichlaiHi  nach  genanntem  Orte 
kamen,  als  auch  um  di»^  noch  notwendigeji  Vorberei- 
tungen zu  treffen. 

Dienstag  den  24.  Tag  des  Octobers,  nachdem 
allet«  wie  gesagt  ist  ausgefülirt  war,  führten  der  Kijnig  und 


die  Königin  Madamoysellf  zu  d^n  .Schiffen  und  als  der 
Abschied  mit  viel  Thränen  und  Schluchzen  genommen 
war.  bestieg  Madamoyselle  ihr  Schiff  mit  dmi  Htjrren 
Grafen  von  Salm.  Hitsch.  Saarwerden,  Kheingraf  und 
von  Thierstein,  den  Herren  Bastarden  von  Calabre.  von 
Yandemont,  von  Anjou  und  von  Geldern  und  mehreren 
andern  Edelleuten  nebst  einer  grossen  Zahl  von  Damen 
und  Damoysellen,  welche  zur  Begleitung  bis  Coblenz 
abgeordnet  waren,  im  Ganzen  etwa  400  Personen, 
welche  sich  auf  mehreren  Schiffen  befanden.  Die  Küche 
und  die  Dienerschaft  hatten  das  ihrige,  die  Kanoniere 
und  die  Geschütze  (artilliez)  in  einem  anderen  begrüsstt^n 
die  Städte  und  Festungen,  aus  denen  beim  gewohnten 
Schalle  ihrer  Orgeln,  Trompeten  und  Tambourins  her- 
auskamen. Und  zogen  bis  Pont  Cabello*),  wo  sie  das 
gros.se  Schiff  fanden,  welches  mein  Herr  Erzbischof  von 
Trier  vorausgesandt  hatte  um  der  Gesellschaft  zu  dienen: 
auf  welches  Madamoyselle  mit  den  Damen  und  dem 
Adel  sich  bt>gab  und  wo  sie  schöne  Kämmerlein  und 
Galerien  darüber  fanden. 

Am  genatmten  Tage  etwa  um  4  Uhr  Nachmittags 
kam  Madamoyselle  zu  Trier  an  und  beim  Landen  des 
Schiffes  begrüssten  sie  der  Herr  Dechant  di-r  Kirche 
von  Trier  und  Wiry  de  la  I'icore,  begleitet  von  anderen 
Edelleuten,  welche  ihr  im  Najnen  meines  Herrn  von 
Trier  seine  Stadt  und  seine  Güt^^r  anboten,  indem  sie 
erklärten,  sie  hätten  ausdrücklichen  Befehl,  ihr  zu  ge- 
horchen und  sie  zu  behandeln  wie  die  eig«'ne  J'erson 
ihres  Gebieters:  wofür  sie  dankte. 

*)  Änmcrkicuy  des  Vebersttxa-a.  Es  ist  mir  nicht  golungcii. 
den  deutschen  Nanicn  zu  crinittoln,  welcheu  der  fiaazösischc 
Berichterstatter  hier  gehört  hatte.  Da  ein  .gi-ossos  Sohiff*  bis 
hierher  gelangte,  darf  man  wohl  an  die  Stelle  denken,  wo  die 
Mosel  diu  Saar  aufnimmt;  Conzer  Brücke  liegt  daselbst  und  ist 
viellciciit  gemeint. 


Hierniif  bestieg  sie  ihn-  8änfti',  vor  wclchr  sich 
dir  Herren  Grafen  und  «Icr  Adul,  zu  Zwi-it'n,  dann  die. 
Gräfinnen,  ÜHmt^n  und  Dumoysidlen  st't/.t«'n :  an  dem 
Thore  d<*r  Stadt  angelangt  fanrlen  sie  die  Ohiigkuit 
derselben  in  schönem  Aufzuge  mit  einer  An/alil  Be- 
wafFnttter  zu  Fuss,  welche  die  Tlinre  bewachen ;  jene 
Juiten  ihr  die  Stadt  und  iiire  Güter  an  nnd  begrüssten 
sie  auf  heitere  Weise.  In  derselben  Ordnung  wie  zu- 
vor zog  Sladamoyaell'?  in  die  Stadt  ein,  niaelite  einen 
grofesen  Umzog  durcb  diu  Strassen,  welche  wie  mit 
Menschen  besäet  erschienen,  was  schön  anzusehen  war 
und  stieg  im  Paläste  meines  Herrn  vun  Trier  ab.  wohin 
wiederum  die  Oberen  der  Stadt  kamen  und  mit  gutem 
•Viistande  einen  t>ehr  tji;liijin;ri  silherteMi  mit  einem  Ehren- 
trunke  gefüllten  Topf  darbiaehten,  welches  ihnen  ver- 
dankt wurde.  Alte  spei.^ten  in  dem  bezeichneten  Pa- 
laste zu  Abend  und  wurden  auf  Kosten  meine«  Herrn 
von  Trier  wohl  gehaltt-n.  Und  diesen  .selbigen  Abend 
langtn  in  der  genannten  Stadt  mein  Herr  von  Baden 
an,  welcher  unseren  Leuten  nn'!den  lies«,  da."«  er  nacli 
Coblenz  zöge,  um  mit  nn-ineni  Herrn  von  Trier  Mada- 
moyselle  zu  empfangen. 

Mittwochen  den  iJö.  Tag  des  Octobers  reiste 
Madamoyselle  von  Trier  ab  und  blieb  zu  Natdit  in 
Herncaatel,  einer  kleinen  guten  Stadt  meines  Herrn  von 
Trier  und  logirte  sich  in  dem  Hospital  des  Ciirdinaln 
F)mza  ein,  gegenüber  der  erwähnten  Stadt  auf  der  anderen 
SeitA!  lies  Flusses  *). 

Donnerstag   kam  sie  zu  Zell**»   an  uml  \vur<le 


•)  Anmerkuity  di»  rebetselxers.  Eb  kaim  hier  mir  dur  Car- 
«Haal  Nicolaus  von  Cusa  gemouit  Hein,  svolelier  nu?s  dorn  nog<<mibei' 
von  Berucabti'l  am  hnken  Tfor  iler  Mosel  liegomleu  Dorfc  i'ue» 
Ktarnmte. 

**)  Anuinhtmj  des  L'eiM>rKi'l\r.ni,   Im  IVaiiÄOsisuhi-n  Tcxtu  lieisst 
w:  2«llo  un  Maiu,  der    Hori'.-Ltoi'stattci   hat(e  wohl  ilnvoa  gehört. 


6 

in  einem  Hause  aufgenommen,    welches  mein  Herr  von 
Trier  daselbst  hatte  bauen  lassen. 

Freitag  kam  sie  nach  Kochern;  in  diesen  Orten 
und  auf  dem  ganzen  Wege  von  Trier  bis  Coblenz  ein- 
schliesslich, sowol  zu  Wasser  als  für  diejenigen  welche 
zu  Lande  die  Pferde  auf  dem  geraden  Wege  führten, 
hatte  mein  Herr  von  Trier  eigene  Lente  abgeordnet, 
welche  alle  Lehensmittel  frei  lieferten  und  für  Woh- 
nungen von  Ort  zu  Ort  sorgten. 

Samstag  den  28.  Tag  des  Octobers  kam  Mada- 
moyselle  nach  der  Abreise  von  Kochem  im  Hafen  von 
Coblenz  ungefähr  um  die  Vesperstunde  an.  Mein  Herr 
von  Trier,  angethan  mit  einem  Kleide  von  Goldstoff, 
nebst  meinem  Herrn  Markgrafen  von  Baden,  seinen  drei 
Söhnen,  hegleitet  von  einer  grossen  Anzahl  des  Adels 
und  einer  Menge  Volks,  Trompetern  und  Spielleuten, 
welche  sehr  gut  aufspielten,  empfingen  sie:  und  wurde 
Madamoyselle  zwischen  und  durch  unsere  Herrn  Grafen 
von  Seite  des  Königs  ihres  Bruders  in  die  Hände  der 
genannten  Herrn  von  Trier  und  Herrn  Markgrafen  von 
Baden  als  ihrer  nahen  Verwandten  überliefert,  welche 
sie  empfingen,  sie  küssten  und  den  einen  zur  rechten, 
den  anderen  zur  linken,  von  ihnen  zum  Palaste  meines 
Herrn  von  Trier  geführt,  nahe  der  Kirche  St.  Florent 
gelegen,  wo  Madamoyselle  und  ihre  Leute  zu  Nacht 
speisten  und  die  genannten  Herren  von  Trier  und  Mark- 
graf von  Baden  mit  ihrem  Gefolge  sich  zurückzogen 
und  in  dem  Schlosse  zu  Nacht  speisten,  welches  in  ge- 
nanntem Coblenz  nahe  der  steinernen  Brücke  liegt, 
worin  mein  Herr  von  Trier  seinen  Hofstaat  hatte. 

Nach  dem  Abendessen  erschien  mein  Herr  Mark- 
graf und  führte  Madamoyselle  zu  drei  oder  vier  deutschen 

daiiR  das  Städtlein  .Zoll  im  HaTnin"  ^luuiot  werde.    Diese  Bezoicb- 
Dimg  ist  noch  heote  im  Oebmache. 


Tönzfii  auf.  mul  ni>iii  Herr  \ou  IiU'T  sandN-  Eiiiigp, 
welche  Madamoysclle  uinl  ili'ii  Adr!  am  frtlgHiifjHii  Ta<ji" 
zum  Mittagf'ssen  in  .si'iiiem  nln?ii  hezeiühneten  Schloasi* 
{.'eleiti-n  sollbtii. 

An  diesem  Abemli'  uiinl«^  iMa(lamoyst.^]lt!  gemeldi-t. 
»iass  die  Leute  meines  Herrn  Ijjiiulgrafeii  aiigelanyt 
s^ieii,  iiäiDlicii  Otto  ünif  vorj  Sulins,  [leinrirli  Cuaf  von 
Hoiistein,  dtr  Herr  von  T.ijijic  und  ändert',  in  der  Zahl 
von  etwa  60  Pfenleu,  welclif  jMailanioysieliL'  oniplunguii 
sollten,  um  itie  nach  Hets.sen  zu  führen,  und  von  anderer 
Seite  waren  einige  angekommen.  Herr  Conrad  von 
Waidenstein  und  ein  Doctor,  Kanzler  von  Töln,  mit 
anderen  Abgesandten  von  Seite  de«  Herrn  Erzhi.schof.s 
von  Cöln. 

Sonntag,  nachd^-m  Äladanutyselle  angekleidet  war. 
kamen  die  erwähnten  Abjjiesandten  zum  Palaste,  be- 
grüssten  Muiäanioyselle  und  übergaben  ihr  ihre  Credenz- 
briefe,  in  welelien  ausgesprocben  war,  dass  sie  von  tli^m 
Herrn  Latidgrafen  gesandt  würden,  um  sie  nach  Hi',s.sen 
zu  führen  und  zu  geleiten  und  um  ihr  aU  ihrer  Dame 
zn  gehorchen.  Gleicherweise  legten  diejenigen  meines 
gt^nannten  Herrn  von  Cülu  ihre  Beglaubigung  voi". 
Welche  hie  anwies,  ihr  alle  Üiell^te  bei  dieser  Rei.se  zu 
leisten,  welche  sie  vermöchten;  und  weil  mein  Herr  von 
Trier  wie  nn'iri  H»>rr  Markgraf  gerade  abwesend  waren, 
wurde  die  Antwort  aufgesichoben,  mit  dem  Hinwei-^e 
darauf,  dass,  weil  die  bezeichneten  Fürsten  die  nächsten 
Verwandten  von  Madninoyselle  seien  und  der  König  ihnen 
»eine  Schwester  zugesandt  habe,  es  recht  und  biUig 
seie,  zn  warten  und  dass  mit  ihnen  die  Antwort  er- 
tlieilt,  sowie  der  Zweck  und  Auftrag  i'rklärt  würden, 
welche  ihnen  von  dem  Könige  ertheilt  .seien.  Hiernach 
und  als  in  der  Kirche  St.  Florent  die  Messe  geliört 
war,  begab  MadamoyseJlo  .■sich  mit  dein  Adel  zum  Mittag- 
essen   in  dem  genannten    Schlos.se,    bei   welchem   Mahle 


8 

sie  infolge  der  Reichhaltigkeit  der  Gerichte,  welche  mein 
Herr  von  Trier  hatte  zubereiten  lassen,  melir  als  drei 
Stunden  an  der  Tafel  zubrachten ;  während  dieses  Ban- 
ketts zogen  sich,  weil  den  folgenden  Morgen  die  Reise 
angetreten  werden  sollte,  der  Herr  Prevost  von  St. 
George,  Jehan  d'Amance,  von  der  Schatzkummer  des 
Königs,  Herr  Christofle,  Secretär  und  Adam,  geschwo- 
rener Schreiber  von  Sierck,  in  ein  besonderes  Gemach 
zurück,  wo  die  Leute  von  der  Münze  und  etwelche 
Räthe  meines  Herrn  von  Trier  mit  aruleren  Leuten 
von  den  Finanzen  des  Herrn  Landgrafen  versammelt 
waren.  Diesen  wurden  von  den  erwähnten  Leuten 
des  Königs  die  82000  rheinischen  Goldgülden  vorge- 
zählt und  überliefert,  welche  der  König  seiner  Schwester 
als  Heiratsgut  mitgibt;  und  diese  Goldgülden  alle 
Glanz  ausstrahlend,  stachen  mehreren  der  Anwesenden, 
welche  deren  wenig  besassen  und  niemals  so  viele 
auf  einem  Haufen  gesehen  hatten,  sehr  in  die  Augen, 
wesshalb  sie  in  grosse  Bewunderung  ausbrachen.  Die 
bezeichneten  Gulden  wurden  von  den  Verordneten 
meines  genannten  Herrn  von  Trier  empfangen,  wobei 
die  gegenwärtigen  erwähnten  von  Hessen  keine  zurück- 
wiesen, und  blieben  in  Verwahrsam  und  in  Händen 
meines  genannten  Herrn  von  Trier,  bis  mein  Herr  von 
Hessen  die  Ehe  vollzogen  und  die  Briefe  über  die 
Feststellung  der  Morgengabe  ausgefertigt  habe,  nebst 
anderen  Dingen,  wie  es  in  den  vorher  gegangenen 
Tagen  durch  die  Abgesandten  beider  Theile  festgesetzt 
worden  war. 

Ungefähr  um  die  Vesperzeit,  als  Madamoyselle  in 
Gesellschaft  meines  Herrn  von  Trier,  meines  Herrn 
Markgrafen,  seiner  drei  Kinder  und  des  ganzen  Adels 
sich  befand,  erschienen  die  Herren  .Vbgesandten  von 
Hessen,  und  nachdem  sie  ihren  Auftrag  vom  Morgen 
wiederholt  hatten,  wurde  ihnen  durch  meinen  genannten 


9 

Hvrrn  von  Trier,  meinten  Herrn  Markgrafen  uiul  nifinft 
Herrun  Gesandten  des  Königs  mit  Krklimaug  ihrer  Be- 
voMraäclitigung  Madamuysellii  ilbergctu-n. 

Tnd  von  dem  Saale,  wo  di(i  gen.uiuti-  Keierliclikeit 
btatt^ftfuruleu  hatfe.  fülirteii  die  gt'tianiiten  Gi'afeii  von 
Solms  lind  von  Honstein  Madamnyselle,  indem  sie  ehr- 
fnnditsvoll  sie  unter  die  Arme  nahmen,  in  ihre  Kammer, 
Worauf  sie  von   ihr  für  dieKcn  Tag  Ahsehied  nahmen. 

Des  Abends  fand  wieder  das  Abendessen  für 
Madanioyselle  nnd  ihm  Leute  in  dem  bezeichneten 
Faltete  Btatt  und  es  wurde  die  Vorbereitung  für  die 
Abreise  am  nächsten  Morgen  geinaclit ;  und  zum  iSchluäse 
gewährte  mein  Herr  von  Trier  alles  auf  so  gute  und 
freundliche  Weise,  dass  er  wohl  in  der  That  bewies. 
dass  Madamoyselle  seine  Verwandte  und  er  aus  dem 
Hanse  Lothringen  entstammt  sei*). 

Nachdem  Madamoyselle  und  ihre  Leute  am  folgenden 
Morgen,  welche.s  Montag  der  30.  Oetober  war,  io 
dem  genannten  Palaste  die  Suppe  verzehrt  hatten,  nahmen 
meine  Herren  von  Trier  und  der  Markgraf  Madauioyselh« 
and  begaben  sich  mit  dem  ganzen  Adel,  den  Herren 
nnd  den  Damen,  keine  ausgenommen,  in  da»  grosse 
ScliifF,  welches  mein  Herr  von  Trier  auf  deju  Rheine 
hat  und  fuhren  über  den  Khein,  vvn  die  Wagen  und 
die  Pferde  derjenigen  bereit  gehalten  waren,  wekhe. 
mit  dir  nach  He.s.sen  ziehen  sidlteji,  Und  .selbige 
Madamoy^«dle  nahn>  AlKsehied  von  ineiru'ti  genannten 
Herren,  Hodanji  von  den  Damen  und  l);imoyHeIlen, 
welches  nicht  ohne  Si-ufzen  abging,  darauf  stieg  sie  in 
dn*en  Wagen  und  lu;gab  .-^ieh  mit  ihren  Li-uttMi  und  der 
djwu  verordneten  Mande  auf  (\*m  Weg,  dii-  iihrig«'U  vi»ui 
Adel  kehrten  natdi   Lothringen  zurück. 


•)  Aiiineikumi  i/cs  llrrfinf<yt:hrrx.  IXt  KrilnÄcliiif  war  AAm 
von  Jaooli,  MarL^Ttit  von  Hmlcn  urul  iLUtliariiiH.  'tcr  zweiten  T<>fhti«r 
Knrl»  II,  Horzogs  von  Ix>thriiigöri. 


10 

An  dem  bezeichneten  Tage  kam  ^ladamovselle  zn 
Montabaur  an,  einer  guten  St^idt  meines  Herrn  von 
Trier,  welche  neu  hergestellt  war,  da  sie  vier  .lahrc 
zuvor  durch  eine  Feuersbrunst  verbrannt  wurde;  hier 
bestimmten  die  Leute  meines  Herrn  von  Hessen  die 
Wohnungen  und  wiesen  den  Leuten  des  Königs  die 
ihrige  besonders  und  von  der  eigenen  getrennt  an 
sowol  was  Küche  als  Stall  und  anderes  anlangte  und 
machten  nur  Lieferung  den  Ihrigen  und  denen,  welche 
zum  Staate  meiner  genannten  Damoyselle  verordnet 
waren,  ohne  den  Abgesandten  des  Königs,  welche  nach 
Hessen  zogen,  um  das  Witthum  zu  prüfen  und  wegen 
anderer  diesen  Ehebund  betreifender  ihnen  aufgetragener 
Dinge,  irgend  etwas  zukommen  zu  lassen,  wie  es  auch 
femer  geschah  An  diesem  Orte  Montabaur,  verab- 
reichten die  Leute  meines  Herrn  von  Trier,  sowol  den 
Leuten  des  Königs  wie  den  Hessen  einigen  Wein  und 
Hafer,  jedem  Theile  besonders  und  dem  einen  soviel 
wie  dem  andern. 

Dienstag  den  81.  Tag  des  genannten  Monat 
October,  dem  Vorabende  von  Allerheiligen,  gelangte  die 
Gesellschaft  zu  Liropurg  an,  welches  eine  gute  Stadt 
meines  Herrn  von  Trier  und  meines  Herrn  Landgrafen 
von  Margburg  ist,  wo  eine  jede  Bande  ihre.  Ein- 
richtungen besonders  machte  und  jene  Hessen  Madamoy- 
selle  so  schlecht  logirten,  dass  nach  ihrer  Rückkehr 
von  der  Kirche  der  Brüder  Min(»riten,  w(»  sie  noch  spät 
die  Messe  gehört  hatte,  sie  sich  genötigt  sah,  sich  in 
die  Wohnung  zurückzuziehen,  welche  dem  Grafen  von 
Salm  zugewiesen  war.  In  dieser  selben  Stadt  verlor 
Johann  von  Lyon,  der  Koch  von  Madamoyselle,  sein 
Pferd  und  als  dies  den  Hessen  mitgetheilt  wurde, 
erwiderten  sie  nvenn  Madamoyselle  einen  solchen  Koch 
für  sich  haben  wolle,  so  müsse  sie  ihn  mit  einem  Pferde 
versehen,  denn  sie  hätten  kein  Geld,   am  ihm  eines  zu 


11 


kanfcn«.  worfiber  MadamoTselli*  einif«'nna99en  rt>r- 
wandert  wurde,  ebenso  wie  alle  L«ate  de«  Königs, 
nicht  flovol  ««41  s^ie  nicht  hinlänglich  Geld  zum  Ankaofe 
mehrerer  Pferde  gehabt  hätten,  als  lediglich  wegen  der 
Art  and  Weise  der  genannten  llesseu. 

Mittwochen  den  Tag  Allerheiligen,  reiste 
man  von  genanntem  Liinparg  bei  gater  Zeit  ab  ond 
langte  zirmlich  s^fiit  in  Wetz  Willer  (%Vetalar)  an.  einer 
kai»erliciM!D  Beicbtsstadt,  wo  die  Bürger  der  Stadt  Ge- 
«chrakevon  daigera  Wein  darbrachten  nnd  ungefähr  zwei 
Wi^giäUMleii  von  da  erschien  der  junge  Graf  von  Sohns 
vor  Madamofaellc ;  in  ein«m  ihm  zugehörigen  Dorfe 
nmiinrii  Liea,  wo  dif  Gräfin,  seine  Gemahlin,  schön 
sad  mch  in  Goidtuch  gekleidet,  mit  einem  Schwärm 
h&bwlwr  Mädchen  sich  befand,  bereitete  er  den  Fiscb- 
Cnig  •)  vor  nnd  von  hier  an  begleitete  der  genannte  junge 
Graf  Madamoyselle  bits  nach  Ca«»el. 

Donnerstag  den  2ten  Tag  des  Novembers, 
nachdem  man  genannte»  Wetz  Willer  verlassen  hatte, 
«•ifbllgtd  die  Ankauft  zn  ^largpurg  and  es  erschien  vor 
Madamoyaelle  mein  Herr  Landgraf  des  besagten  Marg- 
paig,  welcher  ein  Vetter  meines  Herrn  Landgrafen  zu 
Kassel  i«>t,  sehr  trefflich  begleitet  von  ungefähr  200 
Pferden,  und  führte  den  Empfang  zvi  Fasse  mit  ent- 
bluartem  Haupte  auts  wobei  die  Anrede  von  seinem 
Marschall  gehalttm  wurde,  es  wurdi*  darauf  für  gut 
befunden,  da»*  die  Hessen  die  Antwort  ertheilten,  in 
Anbetracht  dessen  dass  Madamoyselle  bereits  überliefert 
worden  war.  Diese  Antwort  gab  d.T  Graf  von  Solms, 
KOof  geleitete  siie  der  genannte  Herr  nebst  -tvinem 
Schwager,  dem  Grafen  von  Nassau,  Herrn  von  Thilmart, 
Ina  in  sein  Schlons.  weiches  am  Ende  der  Stadt  auf 
'•««nem    hohen    Berge    gelegen    ist,    wo    besrngte    meine 


")  Anmtfktttfj  »/<>*    I'fiertttxers.    Die  Speise  für  den  hohen 
KjKMttüg  aolite  gerroonen  verdeu, 


12 

Damoysi'llft  wohnte  und  bewirthete  sie  mit  der  Randü 
des  Königs  festlich  beim  Abendessen.  Nach  dem  Abend- 
essen führt-e  der  genannte  Herr  sie  beim  Schalle  von 
8  Trompeten,  welche  sich  da  befanden,  zu  drei  oder 
vier  Tänzen  auf  und  der  genannte  H(mt  Hess  die  Quartiere 
der  beiden  Banden  alle  auf  seine   Kosten    stellen. 

Am  folgenden  Morgen,  nachdem  die  hohe  Mnsse 
mit  Orgel  und  Musik  in  einer  schönen  Capelle  seines 
Schlosses  gesungen  war,  Hess  er  Jedermann  die  Suppe 
und  weissen  Hyppocras  in  Fülle  reichen.  ^Nachdem  dies 
geschehen,  stieg  Alles  zu  Pferde  und  sie  führten  Mada- 
moyselle  an  das  andere  Ende  der  Stadt  im  Thale,  in  die 
Kirche  zu  St.  Elisabeth,  wo  ihr  der  Körper  dieser 
Heiligen  gezeigt  wurde,  von  welcher  die  Herrn  von  Hessen 
abstammen,  hierbei  der  Mantel  der  genannten  Heiligen, 
welchen  die  dortigen  Mönche  mit  dorn  genannten  Herrn 
von  Margpurg  Madamoyselle  in  schönem  Aufzuge  zur 
Anschauung  brachten.  Sodann  bestiegen  Alle  die  Rosse, 
nämlich  der  genannte  Herr  von  Margpurg,  begleitet 
von  300  Gewappneten  zu  Ross,  und  unsre  gesammte 
Gesellschaft  zogen  gemeinsam  in  schönem  Aufzuge  bis 
auf  eine  Viertellieue,  wo  dann  der  Abschied  von  Mada- 
moyselle in  aller  Ehrerbietung  stattfand  und  der  genannt« 
Herr  von  Margpurg,  nachdem  er  alle  Ehre  erwiesen 
hatte,  sich  mit  seiner  Bande  auf  einem  andern  Wege 
gegen  Cassel  zog  als  dem  unsrigen,  um  die  Quartiere 
nicht  zu  verengen. 

Freitag  den  8*®"  Tag  des  Novembers,  war  die 
Bande  des  Königs  zu  Guenuinde  (Gemünden  an  der 
Wohra)  eingeritten,  einer  kleinen,  ziemlich  schmutzigen 
Stadt  mit  schlechten  Wohnungen ;  weil  nicht  alle  da 
wohnen  konnten,  zog  Madamoyselle  mit  ihrer  Band» 
eine  halbe  Lieue  weiter  nach  der  Abtei  vom  Orden  der 
Cistercienser,  des  Namens  Huue  (Haina).  Die  Mönch«i 
derselben  wollten  die  Damen  weder  einziehen  noch  da- 


13 


■nhiif  kfleea,  iBden  das,  wie  sie  sagten,  g«gvii 
ibrp  OrdnBnrgcl  sei;  weshalb  Madamoy^ellc  genöthigt 
war.  iu  Grdald  die  Wobnang  cinns  der  HinttirMas9(>ii 
imd  AiWtt<>r  bpcagten  Kloi^tirs  anzonehm«'!!,  rtn** 
Kamairr,  di*'  wi  gut  tapf^iert  war.  da**  «ije  vi»-r  W'iiid*« 
darin  bliesen. 

Samstag  den  4^  Tag  des  Novembers,  erfolgte 
die  Anknnft  zn  Virczier  (Fritzlar)  «Miter  guten  Stadt 
meine«  Herrn  von  Alainz,  anter  der  Obhnt  meine«  Herrn 
Landgrafen  von  Cassel.  nnd  nngefTihr  Ptoe  Liene  von 
da  erschien  vor  Madamoyselie  die  Gräfin  von  Xassaa, 
Schwester  des  genannten  Herrn  von  J!:irgpurg  und  eine 
Dame,  Äbtissin  von  ßafTung  (Kaafungen).  Schwester 
des  Fönten  von  Anhalt,  mit  mehreren  schön  gemalten 
und  stark  vergoldeten  Kutschen,  und  es  befanden  sich 
dabei  der  Abt  von  Feld  (Fulda),  der  junge  Graf  von 
Nassau  und  Salbruche  (Saarbrücken)  um!  der  Graf  von 
Hennenberg  mit  ungefähr  15«)  gewappneten  Pferden; 
sie  bereiteten  Madamoyselie  einen  grosf^n  iCropfang, 
wobei  ftie  au.<«»ipiachen,  dass  sie  von  Seiten  meines 
Herrn  Landgrafen  zu  Cassel^  ihres  Verlobteu.  abgesandt 
seien  nm  ihr  dii-s  Geleite  zu  geben.  In  diesem  Ort 
Wirczler  liielten  die  Leute  meines  Herrn  von  Cai^sel  die 
ganze  GefeelUchaft  frei. 

Sonntag  den  5*p"  Tag  des  genannten  Monats 
reisten  sie  nach  eingenommenrr  Suppe  von  besagtem 
Wirczler  ab  und  etwa  auf  halbem  Wege  naeh  Cassel  sah 
man  »eitwärt«  meinen  Herrn  Landgrafen  von  Margpurg 
g^gen  die  Schar  von  MadainoyKelle  heranziehen,  alle  diese 
Leute  waren  zu  Dreien  nnd  Dreien,  wol  beritten  und 
bewaffnet  nach  deutscher  Art,  es  waren  nunmehr  etwa 
400  Pferde,  unt]  in  dieser  Ordnung  zogen  sie  Alle 
zur  Seitn  von  Madamoyselie  in  j^cliünem  Aufzuge  in 
ttinem  Gew-hwader.  Als  man  soweit  vorgerßckt  war, 
dsM»  man  die  Stadt  Ca^i^el  selten  konnte,  sah  man  aus 


. 


14 

derselben  meinen  Herrn  Landgrafen  von  Cassel  hervor- 
kommen und  gegen  uns  h(;ranziehen.  l>egleitet  von 
meinem  Herrn  ErzbiKchofe  von  Cöln,  seinem  Oheim, 
meinem  Herrn  Markgrafen  von  Brandenburg,  Friedrich 
und  seinem  Sohne,  dem  jungen  Herzoge  von  Meklenburg. 
dem  Landgrafen  von  Lnchtenberg  Jjeuchtenberg )  nebst 
mehreren  Abgesandten  von  Fürsten  und  anderen  Grafen. 
Freiherren,  Rittern,  KdelleutHu  und  Andern,  alle  in  der 
Liberfi  des  Verlobten  und  es  mochten  sowol  von  den 
Ersteren,  wie  von  den  aus  der  Stadt  Ausgerittenen  2000 
Pferde  und  mehr  im  Felde  sein.  Mein  Herr  von  Cassel 
und  mein  Herr  von  Cöln  näherten  sich  dem  Wagen,  in 
welchem  Madamoyselle  sich  befand  und  begrttssten  sie, 
indem  sie  vom  Pferde  herab  sie  umarmten,  ohne  lange 
Umstände  oder  Reden. 

Hierauf  wendete  die  ganze  Schar  sich  um  die 
Wagen  und  uns  herum  in  guter  Ordnung  zu  Dreien 
und  Dreien,  und  die  Ebene  ist  derartig,  dass  nichts 
darauf  verborgen  bleibt;  als  alles  vorbeigezogen  war, 
mit  Ausnahme  der  Wagen,  kamen  Andere  an,  wie  Aebte, 
Collegien  und  Kirchen  und  brachten  Madamoyselle  ihre 
Geschenke  dar,  die  Einen  Lateinisch  redend,  die  Anderen 
Deutsch,  Ihnen  wurde  der  Dank  durch  die  Leute  des 
Königs  im  Namen  von  Madame  ausgesprochen.  Die 
Fürsten  gaben  jeder  eine  mit  Edel^^teinen  besetzt* 
Spange,  in  der  Zahl  sechs.  Das  Land  gab  vier  Becher, 
zwei  Flacons,  zwei  grosse  und  zwei  kleine  Töpfe,  Alles 
vergoldet;  andere  widmeten  Becher  und  Töpfe  mit 
Münze;  das  Silbergeschirr  war  von  gutem  Muster  und 
leichter  Arbeit.  Und  andere  gaben  Gulden,  was  sich 
auf  190000  Goldgulden  belief*). 


•)  Anmerkung  des  i'ebensehers.  Dor  angogobone  Ik'trag 
der  Geldgeschenke  miiss  befremdeu,  in  joner  gcldaruion  Zeit  waieii 
190000  Goidgiüdcn  eine  ungeheueic  Summe,  dazu  dor  ßfacho  Betrag 
d«s  von  dem  woihabeoden  Lothringen  aufgebrachten  Hciratbsgutes 


15 


Von  da  bestieg  Madamo,  begleitet  vfin  cIhu  anderen 
Damen  ilie  Wagen  und  «<ii!  wurden  in  ein  bekanntes 
Haus  der  Stadt  ffefülirt.  wekJu'S  »n  Himni  grossen 
Platze  liegt,  der  von  der  Tiirnierbahn  geschlossen  nnd  mit 
Strnh  bedeckt  war.  ringsSnTnui  von  2(W)  Fnssknechton, 
gleirli  fi»-nen  an  dem  Tlinre  de?  Sibloxsr.s  umstellt;  und 
nachdt>m  etliche  mit  abges.tnmpfter  Lanze  mii  Eisen- 
spitzen  et\va.s  gerannt  baften,  crscbien  njein  fb-rr  Ver- 
lobter zu  Koks  und  gevvlll^pnet,  von  z.nö|f  l'agcn  zu 
FuHs  in  Hafkleidern  und  den  vier  Farben  des  genannten 
Herrn,  wek-lies  Celli,  Wei«.«;,  Kntb  «nd  Lobfarbig  {tanne) 
sind,  umgt  ben  und  zwar  drei  Tagen  in  jeder  Farbe 
und  nach  mehreren  Hin-  und  Herziigen  in  der  Länge 
des  Parks,  als  er  seinen  Federscbnuick  und  andere 
Kleider  abgelegt  hatte,  rannten  er  und  ein  anderer  »»benao 
Gewappneter  mit  abgcstniiipften  Kisen  nnd  mein  Herr 
Verlobter  warf  seinen  Mann  zur  Erde,  aber  er  selbst 
wankte  so  stark,  dass  wenig  fehlte,  dass  er  zur  anderen 
Seite  gefallen  wäre;  hierauf  endigten  die  I^anzenbrechen 
bis  zum  folgenden  Tage  und  jeder  speiste  in  seiner 
Behausung  zu  Nacht,  ntit  An-snahmo  der  Damen,  welche 
stets  am    Hofe  speisten. 

Dienstag  den  7tj^i  Tag  des  genannten  Monats, 
erftchienen  naeb  dem  Mittagsessen  zwanzig  Gewappnete 
an  den  .Schranken  des  bewussten  Platzes,  welche  auf 
ein  Zeichen    nach  deutscher  Weise  tjostirten,  wobei  sie 


Jolaata's.     Eis  ist  wahrsohoinlicli  ein  Fehler   in  den   iiis]jrLuitjlichen 
Text  eingesclilichen. 

Zu  bemcikon  ist.  dass  4oi  Horichtt^rslatter  schou  hior  Jolanta 
ftl«  Madame  tiezeidint-t.  iiailuJt^m  L.  Wilhelm  und  seine  Olste  sie 
vor  Kassel  en»|ifnnj;iii  liaLen.  I)ii;  llin.li/.cit.  über  welche  der 
F^/ithringer  schweigt,  fand  inn  12.  November  ei-st  staUt  (Rominol); 
dieso  Angabe  wml  durch  di^<  Angulie  deft  T^erichtcft  untorKtützt,  dass 
die  I.öihrinj(i^chou  lloniii  nni  13.  Novcmhcr  von  Kassel  nligei ittoii 
seien, 


16 

sich  in  Schwärmen  anfielen  und  oft  Pferd  und  Alles, 
und  jedesmal  fünf  oder  sechs  auf  einmal  zu  Boden 
stürzten,  worauf  sut  sich  wieder  zu  Pferde  setzten  und 
aufs  Schönste  von  neu<!m  begannen.  iJer  Markgraf  von 
Brandenburg  gewann  den  ersten  Preis,  der  Ritter  des 
Pfalzgrafen,  welcher  drei  gute  Kämpen  von  den  besten, 
welche  der  Pfalzgraf  besass,  mit  sich  geführt  hatte, 
gewann  den  zweiten  Preis  und  ein  Ritter,  Marschall 
des  genannten  Markgrafen  von  Brandenburg,  den  dritten 
Preis. 

Die  Namen  und  Zunamen  der  Kämpfer,  die  ge- 
wonnenen Stösse,  sowie  die  Fälle  sind  liiernach  auf- 
geschrieben. 

Mittwoch  den  8teu  des  genannten  Monats,  reisten 
die  Fürsten  morgens  von  genanntem  Cassel  ab*)  und 
nach  dem  Mittagessen  veranstaltete  mein  Herr  Verlobter 
denen  seines  Hauses  ein  Lanzenrennen.  Während  dieses 
und  der  folgenden  Tage  trugen  die  genannten  Gesandten 
des  Königs  Sorge  für  das  hinsichtlich  der  Flhe  noch 
Erforderliche,  nahmen  den  Eid  der  Unterthanen  in  den 
zum  Witthum  von  Madame  bezeichneten  Orten  ab, 
Hessen  auch  die  Yerzichtleistungsbriefe  und  Quittungen 
beschwören  und  unterzeichnen  u.  A.**). 

Und  am  Montag  dem  13.  Tage  des  genannten 
Monats  November  nahmen  die  genannten  Gesandten 
Abschied    von    dem    Hofe,   rei.steji    von   Cassel   ab  und 


*)  Anmcrk'ung  de«  Uebcrsetxerg.  Dieser  Umstand  ist  nicht 
crklürlicli,  domi  dass  die  vornohmsten  (Jäste  si<'h  entfernt  hiltten. 
ehe  die  chclieho  Verbindung  stattgefunden  iiatto.  kann  doch  nur 
mißsvci'stäudliclicr  Weise  gesagt  wrtrdon  sein. 

**)  Anmcrhmg  den  Veberseixers.  Die  zum  W'itthume  Jolanta» 
bestimmten  Orto  waren  die  Städte  Folsberg  und  Rotenburg,  welche 
bis  zum  Jahre  1510,  in  welchem  die  .Mitgift  der  verstorljenen 
Ijandgraßn  zurückgezahlt  wurde,  lothringisch  Itlicbcn.  Die  Yerzicht- 
leistungsbriefe bezogen  sich  auf  die  lothringische  Erbschaft,  welcher 
Jolanta  wie  der  Landgraf  entsagten. 


17 

lcelirt«?n  auf  dem  Wege,  w^lchfin  si*»  bei  dpr  Abreise 
genommen  hatten,  nach  Lothringen  zurück:  und  kamt-n 
zu  Pont  a  MouHSon  am  P^rt-ttag  dun  1.  Tag  des  Dp- 
cerobers  an,  wo  sie  den  Kimig  und  diw  Königin  trafen, 
welche  ausführlich  libnr  dit^se  Reise  und  Alles,  was 
besorgt  worden  war,  unterrichtet  wurden.  — - 

Die    Namen   der    Fürsten  und  Herren,    welche  bei 
'der  Hochzeit  in  erwähntem  Ca.ssel  gewesen  sind. 

Mein  Herr  Hermann,  Erzbischof  von   Ciilu, 

Und  mit  ihm  ein  junger  Herzog  von  Brnunschweig, 

Drei  Grafen  von  Reichen.stein, 

Der  Graf  von  Nontrenaire  (?), 

Ein  junger  Graf  von  Nas.sau, 

Bernhard  Giaf  von  SoIm^^,  Dompropst  zu  Trier. 

Johann,  Graf  von   Witgenstein. 

Salentin  (Valentin?)  Graf  von   Ysenburg. 
Mit  mehreren  anderen    Edelleuten,    auf   (JU(j  i'ffrde  ge- 
schützt. 

AndcJ-e  Uaiitlo. 

Friedrich,  Markgraf  von  Brandenburg, 

Und  mit  ihm  sein  Sohn  *), 

Heinrich,  Herzog  von  Mekleuhurg, 

Der  Landgraf  von  Leuchtenberg, 

Joachim,  Graf  von  Oettingen, 

Georg,  Graf  von  Castetl, 

Ein   Freiherr  vcni  Erbatb, 

Der  Herr  von  Pappenheim,    Marschall  des  Reiches, 

Mit  Anderen,  auf  4ü()  Pferde  geschätzt. 

Aiiilcrn  liando. 
Der  Abt  von  Fulda.  Hru<ler  meinen  Herrn  von  Mainz, 
Und  mit  ihm  der  Graf  von  Rittberg, 
Und  andere  Edle,  zu  <UH  Pferden  geschätzt. 


*)  AiiHicrhiup  tir.s  Urlteritftxtrs.    Dieser  junge  MfiikKrarbies.H 

Ocorg  und  halto  den  ITjülirigea  Götz  vod  HeiliohiDgeD  als  «Juugea'' 
im  Pieaste. 

N.  F.  XVI.  Bd.  2 


18 

Andere  Bande. 
Mein  Herr  Landgraf  zu  Margpurg,  Vetter  de^  Verlobten. 
Und  mit  ihm  Gerhard,  Graf  von  Sayn, 
Philipp,  Graf  von  Waldeck, 
Heinrich,  Graf  von  Waldeck, 
Johann,  Graf  von  Nassau  und  Dillenburg, 
Eberhard,  Graf  von  Romgstein  (wohl  Königstein?), 
Der  Graf  von  Wied, 

Sigelbert,  Graf  von  Lynenges  (wohl  Leiningen?), 
Der  Graf  von  Nassau-Abilstein  (Beilstein), 
Und   mit    ihnen    drei    vom   Staate  meines  Herrn  Pfalz- 
grafen nämlich: 

Messire  Georg  von  Eblingen,  Ritter, 
Burkhard  Sturmfeder, 
Und  Philipp  von  Kronenberg, 
Mit  mehreren  Anderen,  auf  658  Pferde  geschätzt. 
Dio  Bande  dos  Verlobton. 
Mein  Herr  Landgraf  von  Cassel, 
Wilhelm,  Graf  von  Henneberg, 
Hermann,  Graf  von  Henneberg, 
Johann  Ludwig,  Graf  von  Nassau  und  Saarbrücken, 
Otto,  Graf  von  Solms, 
Bernhard,  Graf  von  Solms,  sein  Sohn, 
Renö  (Reinhard),  Graf  von  Hanau, 
Heinrich,  Graf  von  Honstein, 
Drei  Grafen  von  der  Lippe,  zwei   Bernhard   und   der 

andere  Simon  genannt, 
Dietrich,  Herr  von  Plesse, 
Guiter  (Günther),  Graf  von  Schwarzburg, 
Heinrich,  Graf  von  Stalburg  (Stolberg?), 
Mit  vielen  Anderen,  zu  1000  Pferden  geschätzt. 
Abgesandte  von  Fürston. 
Zwei  Grafen,    einer  von  Repin   (Ruppin?),  von   Seite 
meines    Herr  Markgrafen  von  Brandenburg,    Kur- 
fürsten, gesandt;  36  Pferde. 


Der  Graf  Heinrich  von  Stolberg  und  Mfissire  Johanil 
von  Wetor,    Ritter,    von  dt^m  Herzoge  Georg  von 
Saclisen  gesandt,  begleitet  von  etwa  40  Pferden. 
In  Summa  2870  Pferde. 

Ohne    diejenigen    der    Abgesandten    dos   Königs   von 
Sicilien  *), 

Und  ohne  die  der  Aebte,  Prälaten  und  Geistlichen, 

Sowie  die  der  Damen  und  ihrer  Kutschen. 

Dio  Äebte  uud  Collegica. 
Der  Abt  von  Lorfeyen  (CorveyJ, 
Der  Abt  von  Hirschfeld  (Hersfeld), 
Der  Abt  von  Hasungen, 
Der  Abt  von  Bredenawe  (Breitenau), 
Der  Abt  von  Kappe!  (Spiesskappel), 
Der  Abt  von  Hirdenhusen  (Hardehausen  im  Padnr- 

bornischen). 
Der  Abt  von  Wirszler  (Fritzlar), 
Die  Kanonici  von  Cassel, 
Die  Kanimici  von  Rottemberg  (Rotenburg), 
Die  Kanunici  von  Brüssel  (vielleicht  Butzbach,  wo 

sich  ein  Kanonikatstift  befand). 
Der    Damen    waren    es    gnt    Dreihundert,     unter 
welchen  die  Erste  die  Gräfin  von  Nassau  war,  Schwester 
meiiHfS  Herrn  Landgrafen    von  Margpurg,    die  Aebtis.sin 
von  RaufFung  (Kaufmigt-n),  die  Griifin  von  Saulrae  (Salm)» 


'}  Anmerkting  des  Ueberseixera.  Dies  war  die  Oesandtscliaft, 
wek'ho  Jolanta  geloitet  hatte.  AuffUllig  ist  dio  Aiiga>)C  iibor  dio 
Zald  der  l'fordc.  Bei  den  FestJic.hkciton  dor  Vcrmiihlung  Philipps 
des  GrosKuiütliigen,  Jaiiuoi'  Ui'2i,  sind  nach  Angabo  liuniMelit  die 
X'^ji)  Pferdo  dor  OäMto  in  145  üäuscra  Kas.sels  uiitcrti; ebracht  g^- 
wcscn.  Diones  läsät  auf  oiae  grosso  Zahl  von  .Staiiur)g;uti  sdiliivsseu, 
wie  die  Zeit  wo  erfordort«,  in  wolchcr  noch  Allo  au  Pfuido  reistvii, 
dio  die  eiiifaiho  BofiJideiung  zu  Fu.sse  vcist-huiiilitoii.  BedfMiken 
ul>pr  die  rnleibjiugiiiig  einer  Zalil  von  etwa  3UUÜ  Plüi-dfu  tn  dor 
kleinen  Stadt  [ürscu  'A\\v\M  ati  der  Hichtigkeit  dor  von  dem 
Lothiing«!'  gegcbeoeu  Zahlen  aurkornmen. 

2* 


20 

die  Gräfin  von  Sayn  und  mehrere  andere  Gräfinnen, 
Damen  and  Damoysellen,  welche  aufzuführen  zo  lang 
sein  würde. 

Die  Zahl  der  Trompeten. 
Mein  Herr  von  Cöln  hatte  deren    ....     8 
Drei  leucs  *)  und  fünf  Sänger  für  weltliche 
Musik. 
Mein  Herr  Landgraf  von  Cassel      ....     9 
ein  Paar  von  Hoch-Spielleuten  (une  coupple 
de  haut  menestriers)   und    die    12  Sänger 
5teiner  Kapelle. 

Der  Herzog  von  Braunschweig 4 

Der  Markgraf  Friedrich  von  Brandenburg    .  11 
Mein  Herr  Landgraf  von  Margpurg     ...     9 

Der  Dame  von  Sayn 1 

Des  Grafen  von  Ysenburg 3 

Des  Grafen  von  Henneberg 3 

Den  Grafen  von  Oettingen 2 

In  Summa  50  Trompeten,  jede  bei  dem  Banner 
ihres  Herrn. 

Es  folgen  die  Namen  der  Tjostirenden  nnd  die 
gewonnenen  und  verlorenen  Stusse. 
Erstens. 
Der  Markgraf  von  Brandenburg  warf  einen  Mann 
und  wurde  einmal  niedergeworfen.  Der  Herzog  von 
Meklenburg  warf  Einen  und  fiel  2  mal.  Der  Graf  von 
Hanau  warf  Einen  und  wurde  4  mal  gefallt.  Georg 
von  Schon werberg  \?)  warf  Dreie  und  wurde  8  mal  ge- 
worfen. Wolf  von  Gultingen  warf  Zweie  und  wurde 
2  mal  geworfen.  Wilhelm  de  la  Grime  ^?)  warf  Sieben, 
wurde    11  mal   geworfen.      Georg    von    Ebeleben,    des 

*)  Änmerktmg  <ks  Uebersetxtr».  Die  Bedeutung  von  Imc 
habe  ich  nicht  zu  ermitteln  vermocht;  es  scheint  einen  S&oger 
geistlicher  Musik  zu  bezeichnen,  welcher  <«onst  rhaatre  geaannt 
wurde. 


21 

Pfalzgrafen,  warf  25,  fiel  10  mal.  Diepolt  Specht,  Ritter, 
warf  Sechszehn,  wurde  7  mal  geworfen.  Leonhard 
Thanner  warf  Vier,  wurde  3  mal  geworfen.  Melchior 
Sitzel  (?),  Ritter,  warf  Einen,  wurde  3  mal  geworfen. 
Sigmund  von  Hespurg  (Hessberg)  warf  Vier,  fiel  5  mal. 
Heinrich  von  Baumbach  warf  Dreie,  wurde  4mal  geworfen. 
Caspar  Schenk  warf  Einen  und  wnrde  nicht  geworfen. 
Philipp  von  Meisemberg  (Meysenbug)  warf  Keinen  und 
wurde  3  mal  geworfen.  Ren^  von  Boamburg  (Reinhard 
von  Boyneburg)  warf  Dreie  und  wurde  6  mal  geworfen. 
Der  Graf  G.  von  Castell  warf  Zweie  und  wurde  nicht 
geworfen.  Philipp  von  Kronenberg  warf  Acht  und  wurde 
13  mal  geworfen,  Jobst  von  Eschwege  warf  Fünfe  und 
wurde  10  mal  geworfen.  Burkhard  Bram  (?)  warf 
Sieben  und  wurde  6  mal  geworfen,  Caspar  von  Wallen- 
felt,  Ritter,  warf  Sechse  und  wurde  13  mal  geworfen. 
Wamier  (Werner)  Holtzsattel  warf  Achte,  wurde  4  mal 
geworfen.  Burkhard  Sturmfeder  warf  Siebzehn,  wurde 
11  mal  geworfen.  Erlebeck  warf  Einen,  wurde  4  mal 
geworfen. 


T-Vwäl^-^rT 


22 


IL 


InTentorinm  der  Artillerie  Landgraf 
Philipps  des  Grossmtthigen. 

HennsgegebeQ 

Toa 

Joseph   Schwank. 

Bas  nachstehend  abgedruckte  Artillerie  -  Inventar 
Landgraf  Philipps  von  Hessen  wurde  Ton 
mir  mit  andern  zahlreichen  Archivalien  L  J.  1881  von 
einem  Antiquar  in  Frankfurt  a.  M.  erworben.  Besagte 
Archivalien,  lauter  Hassiaca.  habe  ich  später  teils  der 
Ständischen  Landesbibliothek  zu  Rassel,  teils  der  zu 
Fulda  zum  Geschenk  gemacht :  letztere  erhielt  auch  das 
Artillerie  -  Inventar.  Da  dasselbe,  wie  die  Eingangs- 
bemerknng  sagt^  nur  in  zwei  Exemplaren  ausgefertigt 
wurde,  so  wäre  es  erwünscht  zu  wissen,  wo  sich  das 
xweite  Exemplar  und  ob  sich  dasselbe  überhaupt  noch 
Torfindet. 

Der  Grund  zur  Aufstellung  des  Inventars  L  J.  1544 
liegt  wohl  in  den  damaligen  Zeitverhältnissen,  nament- 
lich in  den  gespannten  Beziehungen  des  Landgrafen  zu 
Herzog  Heinrich  von  Braunschweig.  .\uch  der 
Kaiser  hatte  in  dem  Jahre  den  Frieden  mit  Frankreich 
namentüch  ans  dem  Grunde  gesucht  und  abgeschlossen. 


23 

run  gegen  die  EvaTigelisehen  freie  Hand  zu  bekommen. 
(Vergl.  liommcl,  H.  G.  Bd.  IV.  8.  266  ff.)  Vidlpiuht 
war  die  Aufstfllung  öolcher  Invcntaricn  auoli  cxw  Gebot 
von  Seiten  de«  Sclimulkalder  Bundes  (s.  das,  S.  174  ff. 
d.  A.). 

J.  S. 


Inventariuni  und  verzeichnus  unsers  gnedigen  fursten 
und  herm  /u  Hessen  geschutz  und  anders  zur  arta- 
larei  gehörig  in  S,  F.  G.  zeugheusern  zu  Cassel, 
Zigenhain,  Spangcnbcrgk  und  Darmstat,  angefangen 
und  geendet  im  jar 

1.5.44. 

Dissem  inventary  gliehlutent  halt  mein  gnrd/tfer 
her,  als  Sein  F.  G.  sie  hwie  geliert  sein,  eins  mit 
meiner  hant  gusehriübtsn  bei  sich  buhaltyn  und  di|i 
mir  gelassen  dem  regi.'straturi  zu  überantworten  zu  hin- 
derlegen. Job.  Gerhart. 

Aufs  bevelch  des  diirchleuchtigen  huuhgebornen 
forsten  und  hern,  ht'rn  FhiIip^^i':n  landgraven  zu  HeKsf^n, 
graven  zu  Catxenehipogen,  zu  Dietz,  Zigutihiiin  und  Niddii, 
mcins  gnedigen  herii,  ist  aUe  S.  F.  G.  gesuhutz,  gros 
und  klein,  sampt  der  inunition,  wes  zur  artalarei  ge- 
höret, in  kugeln,  pulver  und  auderm,  a!»  zu  (.'««hwII 
bi'funden,  inventirt  und  verzficlinet,  in  gf^genwirtigkeit 
des  gestrengen  und  4'rnvesten  Rucltdff  Sclieiickeu  zu 
8chweinsbergk  Statthalters,  angefangen  und  dureh  Jo- 
hun  Hosenzweigk  zeugmei-stern  alles  namhaft  gemacht 
und  angezeuget,  in  betseiu  Jolian  ISomnu'b  zi-ugwarts. 
und  ist  durch  mich  Johann  Scheldt  gnaut  Gerhart 
aufgeschriben  worden  auf  mittwoch  nach  C'atliarine 
anno  ii.  virzig  viere,  wie  hiernach  verzeichnet,  ein» 
iglichen  orts  da  es  gestanden  und  funden.  und  i»t 
also  der  inventari  zwei  eins  gleichen  Inhalts  verfertigt, 
das   eine    meinem    gnedigen    herren    auf   die    cammer 


24 

S.  F.  G.  s<-1bst  zahanden  go^talt.  and  das  ander  in  die 
r*-j.'0«-itur  hind»-r!«-j2t  >if  S.  F.  G.  Wv^kh  ins  pfw^^lb". 

Auch  i-t  h:rin  v^-rz-ithn-t  alle-«»,  we,-  za  Zigvnhain 
Ton  g*--<.!iutz  lind  aii<l»-r  arta!arr-i  vorhanden,  dt-s- 
glfrich*-n  wes  zu  Dann&tat  fund^n.  aach  zu  Sj^tangenberg. 
furd*-r  zu 

CasselL 

Geschütz  so  in  den  ijittcm  im  schl'>»  leigt. 

Zwo  scharfm«-z  di-r  t^uffl  und  fe*»in  g«^sell.  si-hissen  ein 
kag^I  von  handert  S.  mit  san)]tt  iren  bveden  gefessen.  *) 
nnd  werden  anf  Scheiben  geachit^sen. 

Zwo  carthannen  die  weis's'.'n  ro<en  gnant.  and  scheust 
eine  s*x.-hzig  u.  mit  hampt  iren  beeden  gffessen. 

Zwo  i-arthatinen.  !>o  Franz  der  Wahel  gegossen  bat,  und 
werd*-n  die  rotten  roi>en  gnant  und  scheu&t  eine 
fonfzig  vier  S  ungeverlich.  mit  sampt  iren  beeden 
gefesben. 

Eine  lange  notsc-hlange.  so  bei  der  innersten  pforten  im 
gegitter  leigt,  scheust  20  oder  21  fi  ungeverlich,  mit 
sampt  irem  gefesse. 

Ein  grosser  morser  daselbst  vor  dem  gitter.  wirft  drei 
Zentner  stein  wenger  4'  t  8. 

Ein  kleiner  morser,  ligt  auch  daselbst  bei  dem  grossen 
morser  und  wirft  zwen  zentner  ungeverlich.  mit  sampt 
iren  beeden  gefessen  und  scheuben,  daruff  sie  ge- 
worfen werden. 

Ein  gros  fear  buchs.  so  meister  Martin  gegossen  hatt, 
und  ligt  im  Breul**)  im  hofe  im  zeughause. 

Ein  kleiner  morser  doselbst  ist  herzog  Heinrichs  ge- 
wesen. 

Ein  sengerin,  ligt  auch  im  Breul  doselbest  nnd  ist  her- 
zogen Heinrichs  gewesen. 

*/  Pas    gegenwärtig    LafTete     genannte   iM.-hiessg<eräst.    auf 
wek-bem  dns  Rohr  liegt. 

•♦)  Ueber  die  Lage  des  Breuls  siehe  Sckmineie,  Beschrei- 
bung der  Stadt  Cassel,  S.  94.  DesgL  ßtgetkard,  Erdbeschreibimg 
der  beüsischen  Lande.    L.  S.  80. 


25 


Di(<    geschutz   sthett  im    zeug-hausf    aufm    wahel    im 
schloFs  hinder  moins  j^ncdig-on  hcm  jLi^emach. 

Zwo  sengerin,  als  Frantz  diT  Walinl  g«'gosscn  Imtt, 
schiesspii  dnihMg  j»f(int  fiiif,  mttt  sanifit  ii«Mi  lii-etlcn 
gefesspn,  tniger»,  zwimhh  riiigi-n,  zwi-ipri  ladt^iuliuffelii, 
zweien  bfzkn'lbHn,  zweien  Wischern,  zweien  eisern 
settpl  daruff  man  sie  füret,     noch 

Ein  sengerin  so  meister  Martin  gegossen  hatt,  mitt 
sampt  iren  gefessen,  scheuHt  aiicli  (ireissig  ß  und  ist 
nichts  darbei. 

Ein  karthnn.  als  fuldtsch  gewesen,  .seheust  zwanzig  fünf 
0   ungeverlich,  sanipt  irem  gefess. 

Zwo  schlangen  bo  eine  sechzehen  Cl  schipssen,  mit  sampt 
iren  beeden  gefessen,  zweien  trugen,  zweien  ringen, 
zweien  eissern  setteln. 

Ein  schlänge  so  secliz^hen  S  scheust,  niitt  sampt  irem 
gefess,  iren  prozen  ader  forderwagen,  nagel,  stell- 
ketten, ein  trüge  darinnen  drei  kugel,  ein  rink, 
latschuffel,  sezkolbe,  wischer,  zwei  worfseil  und  ein 
eisern  sattel  danrff  sie  ligt,  und  .stehet  im  kauf- 
hause*) auf  der  Freiheit,     noch  dosielbyt 

Zwo  schlangen,  der  eine  aechzehen  ff  scheust,  mit  «ampt 
irem  gefess,  prozen  ader  forderwagen,  stelnagel  und 
ketten  sampt  einer  trugen  und  dreien  kugeln,  darin 
ein  rink,  latschuffel,  sezkulhen,  wischer,  ein  sattel 
daruff  sie  ligt,  und  zwei  worfseil  darbei, 

Vier  newer  falkaun,  der  ide  acht  ß.  scheust,  mitt  sampt 
iren  gefessen,  iren  prozen  ader  forderwagen,  in  ig- 
lichem  gefes  der  trugen  ein  rink,  und  an  einer  iden 
ire  latschuffel,  setzkolb  und  wi-sclier,  und  stehen  auch 
im  kaufliaus.     noch  dosulbst 

Vier  alt  falkaun  mitt  sampt  iren  vier  gefessen,  vier 
prozen  ader  furderwagen,  trugen  und  darinnen  virzig 
vier  kugeln,  vier  ringe,  vier  latscliuffel,  vier  sezkulbcn 
und  vier  wischer.     noch  do.selbst  im  kanfhanse 

Ein  burgundiscL  4uartirschlange  mitt  sampt  iren  ge- 
fessen. 


*)  Dieses  stand  auf  dem  St.  Martinsplatze. 


26 

Zwo  steinbuch.«en  mit  sampt  iren  beeden  gefessen,  zwo 
latschuffel,  zwei  ät'zkolbfn.  zwen  wischer. 

Fünf  kleiner  morser  ader  steinbuchsen  mitt  sampt 
iren  gefessen,  and  stehen  im  zeughause  forn  im 
schloa. 

Ein  feurbachs   sampt   dem   gefes,    ein  trage,   ein  rink 

darzu  gehörig. 
Yirzig  vier  kleiner  kurzer  newer  starmbachsen,   eisern 

und  seint  etzlich  darunter  one  zapfen,  und  ligen  im 

Zeughaus  forn  im  schlos. 

Zehen  apostel,  Schlesien  eine  kugel  von  gewicht  zwei 
0,  sampt  iren  gefessen,  und  hat  ein  idere  ire  eigen 
casten  mit  sampt  zugehorenden  latzeugen,  und  seint 
dabei  zweihundert  sechzig  zwo  kugeln  in  gemelten 
trugen. 

Vier  falknet  mit  sampt  iren  gefessen  und  trugen,  sez- 
kolben,  wischer,  latscbufFel.  und  seint  darbei  in  ge- 
melten trugen  einhundert  eilf  kugel. 

Ein  kurzer  morser  sampt  seinem  gefess. 

Fünf  falknet  mit    iren   gefessen,   und  steen    im   zeug- 

hause  forn  im  schlos. 
Zehen  scherpentin  so  newe  gefast  und  auf  redem  ligen, 

stehen    mit    sampt   dem  nachgemelten  der  stette  ge- 

schutz  im  Breul  im  zeughause. 
Drei   eisen   kammerbuchsen   so  Hans    Kessler   gegossen 

hat,  gehören  unserm  gnedigen  hern. 
Zwanzig  fanf  cammer  so  zu  den  dreien  cammerbuchsen 

und  der  stette  cammerbuchsen  gehören. 
Drei   eisern   gegossen   fatknet    so  nngefast  gewest   und 

izt  newe  gefast  und  der  von  Witzenhausen  sein. 

Zwei  falknet  gegossen,  so  nngefast  gewesen  und  izt 
new  gefast  sein,  den  von  Geismar  zustendig  mit  iren 
wapen. 

Zwo  eisern  gegossen  cammerbuchsen.  ungemst  gewesen 
und  izt  new  gefast  durch  u.  6.  H.,  gehört  den  von 
Geismar  und  hat  eine  idere  ein  cammern. 

Drei  cammerbuchsen,  seint  auch  nngefast  gewesen  und 
izt  newe  gefast,  wissen  nicht  wem  sie  gehört. 


I 

I 


I 


27 


eisern  cammerbuchsen  anderthalb  ein  laug  sampt 
der  cammern,  uiigefast  gewesen,  ist  der  von  CuMsmar 
und  izt  durch  u.  g.  h«rn  newe  gffa-st. 

Ein  gegossen  steinbuchs,  ungefa.st  gewesen  und  izt  newe 
gefast,  auch  der  von  Geismar. 

Ein  gegossen  cammerbtichscn  mit  zweien  gegossen 
camnieni,  gehört  den  von  Geismar  und  stehest  das 
menizbch  wapen  daruf,  ist  ungerust  gewesen  und  izt 
von  newem  gefaxt. 

Ein  kurz  gegossen  steinbuchs,  ist  der  von  Witzenhausen 
und  ungerust  gewesen,  und  izt  new  gefast. 

Vier  eisen  falknet,  der  eine  im  sehiessen  »erbrochen 
ist,  seint  ungefast  gewesen  und  izt  newe  gefast 
wurden,  und  gehören  den  von  Grebenötein. 

Ein  klein  Fatknet  gegossen,  so  ungefast  gewesen  und 
izt  newe  gefast,  den  von  Wolffliagen  zugehörig  und 
stehet  ir  wappen  daruf. 

Ein  scherpentin  gegossen,  so  der  von  Wolffhagen  ist 
und  ungefast  gewesen  und  izt  new  gefast  wurden, 
und  stehet  der  von  VVolfFbagen  wapjien  doran. 

Zwo  cammerbuchsen  eisern,  «eint  auch  der  von  Wolff- 
hagen  inid  ungefast  gewest  und  izt  new  gefast,  haben 
vier  cammern. 

Ein  klein  gegossen  falknet,  ist  von  Guttensperg  kom- 
men und  izt  newe  gefast  und  vor  ungefast  gewesen. 

Ein  kurz  cannnerbuchs,  ist  auch  \tm  Gutten.spergk 
kommen  und  ungerust  gewest  und  izt  newe  gefast, 
hat  zwo  cammern. 

Ein  eisen  scherpetiner,  ist  der  von  CasHuI  und  unge- 
rust gewest,  und  izt  ntwe  gefast  wurden. 

Siben  cammerbuchsen,  seint  der  von  Cassel  und  un- 
gerust gewesen  und  one  cammejn. 

Ein  lange  eisen  cammerbnchs,  als  von  Vrberg  kommen  ist. 

Ein  klein  gegossen  messingen  buclis,  scheust  ein  .seher- 
penteinkugel,  gehört  den  von  Witzenhanseii. 

Ein  klein  buchs   bei   einer  halben  ein,  ungerust,  gehört 

den  von  Immeuhausen. 
Ein  klein  steinbuchs  ungefast  gehört  den  von  Milsuugen 

mit  zweien  eisern  ringen. 


28 

Ein    eisen  vogler    mit  einem   eigenen   siel  und  hacken, 

gehört  auch  den  von  Immenhausen. 
Ein  gegossen  alt  steinhuchsen    der  vom  Zirnberge,  nn* 

gernst  und  izt  new  gefast,  ungeverlich  zweier  elen  huig. 
Ein  alt  messingen  hacken,  als  von  Velsj)ergk  kommen  ist. 
Zwo  klein   messingen    buchsen,   bei    einer  halben   elen 

lang,  gehören  den  vom  Zirnbergk. 
Vier    alt   kurz    buchsen    der   von    Immenhaosen,    nicht 

ganz  einer  spannen  lank,  unbruchlich. 
Ein  eisen  buchs  bei  einer  halben  ein,  ist  unbruchlich. 
Ein  buchs  mit  einem  eisenen  stel,  auch  nicht  nutz. 
Acht  scherpentin,  so  man  auf  bocken  scheust,  seint  aufm 

wahell  im  pulverhause  und   werden    auch   auf  reder 

zugericht. 
Ein  eisern  buchs  drei  vertel  einer  eleu  lank  mit  einem 

eisern  steel,  wirt  gnant  ein  vogler  und  stet  im  pulver- 

hause  ufm  wahel  im  schlos. 

Zu  Spangenbergk. 
Ein    klein   falkun    mit    seinem    gefess,    ladzeugen   und 

Zubehör    und   scheust     ein    kugel    ungeverlich    von 

vier  U. 
Drei  lange  falknet  gleich  von  gross,    die  aposteln  sein, 

und  mit  sampt  iren  gefessen  und  ladungen. 
Zwo  eisern   steinbuchsen  mit   iren   alten  gefessen  und 

zweien  cammern. 

Ein   steinbuchs    ungefast    und    ist    die    cammern    zer- 
brochen. 

Zwen   prozen    ader   forderwagen    zu  obgedachten    falk- 
neten,  und  ist  der  einer  die  axen   doran  zerbrochen. 

C  a  s  s  e  1 1. 

Ganz  und  halbe  hacken. 

Neun  ganz  hacken  mit  irer  rustunge,  doch  one  formen, 

aufs  borggraven  gemach  bei   der  trapfen*). 
Drei  eisen   hacken  one  schefte  und  haben  zwo   kleine 
pfannen,    ligen  auf  dem  nndersten  scherboden.    noch 
doselbst 

*)  Treppe. 


Zwanzig  fanf  eisen  toppelhacken  mit  bosftn  Rchlnssen 
und  alten  scheften,  darunter  sein  zwo  roth  fingfv 
strichen. 

Dreissig  newer  eisen  hacken  mit.  feiirschlusaen,  wie 
Reichart  eine  geschossen  liat,  mitt  ir*:^ii  riistungen,  und 
seint  von  Schninlkald*>n  kommnu.  lange  hacken,  und 
seint  im  forder  zeughaas  im  .sclilos. 

Einhuiidertdreissig  ein  halbe  hacken  mit  alle  irer  rus- 
tunge,  und  seint  in  der  kleinen  stubeu  aufm  hnl- 
werk  obing  der  battstuben.     noch  do.selhst 

Vier  halbe  hacken,  haben  feurschlop. 

Virzig  halbe  hacken  mit  alle  iier  rutstting,  ligen  ohing 
der  battstaben  im  hnlwerk  rla  man  ersten  heiicin 
gehet. 

Ein  halbe  messingen  hacken,  als  im  Zeughaus  im  Brol 
im  forder  wonhaus  in  der  stuben  gewesen  und  nnn 
Hanns  Rhommel  dem  zeug  wart  zu  he  waren  zuge- 
Btelt  ist. 

Ein  doppel  hacken,  hat  drei  rhoren  und  ist  kopfern. 

Einhundert  sechs  doppel  hacken  kopfern,  unter  denen 
seint  zwanzig  eine,  haben  keine  schlns  ninl  ligen  im 
klein  zeughaus  hinder  dem  grcssen  im  schlos  gegen 
der  rho.s  moln  *). 

Vierhundert  achzig  drei  halbe  hacken  mit  irer  rußtunge, 
darunter  seint  achte  und  haben  keine  laden,  nnd 
seint  berurt  hacken  in  der  grossen  stuben  obing  d^r 
batt.stuben  ufm  bolwerk. 

Zwo  alt  gegos.sen  stei  hacken  vom  schlos  Cuittensbergk 
kommen  sein. 

Zu  Spangenbcrgk. 

Zwanzig  drei  messingen  doppel  hacken  mit  irou  zubehor 

und  rnstnngen.     noch 
Drei    do]ipel  hacken   eisern    mit  eisern   steleti   und  irer 

rustunge. 

Zehen  nedderlendüsch  eisern  Jopjiel  hacken  mit  «wam- 
menHchloflsen  und  irer  mstungn. 


*}  itosumdble. 


30 

CasselL 
Scheiben  und  hant  riior. 

Zwanzig  siben  lange  scheibenrhor  mit  feurschlossen 
und  ist  dcrselbigun  eine  ufs  burgraven  gemach,  and 
seint  unter  denselbigen  rhorn  zwo  newe  und  ligen 
alle  in  der  kleinen  stuben  obing  der  battstuben  aufm 
bolwerk.     noch  doselbst 

Virzig  neun  grosser  langer  scheibenrhor  mit  schwam- 
menschlossen  samt  irer  rustuug  und  ist  eine  dar- 
unter one  laden. 

Dreihundert  drei  und  fünfzig  scheibenrhor  mit  sampt 
irer  rnstunge,  ligen  in  der  grossen  stuben  aufm  bol- 
werk obing  der  baistuben. 

Dreissig  vier  messingen  hantbnchsen  one  schlos,  ligen 
im  kleinen  zeughause  im  schlos  im  hove  gegen  der 
rhosmoln.     noch  doselbst 

Zwo  messingen  stelbuchsen. 

Zweihundert  hantrhor  mit  alle  irer  rnstunge  und 
schwammen  schlos  und  sten  im  zeughaus  forn  im 
schlos,  und  berichtet  der  zeugwart^  sie  sollen  gein 
Giessen  geschickt  werden. 

Fünf   messingen  kleiner  stelbuchsen,    ligen  ufm  nnder^ 

sten  scherbodun. 
Sechs  .scheibenrhor  mit  irer  rustung  ganz  new  von  Hans 

Meren  von  Nurmbergk  gekauft,    und  seint  im  schlos 

im  Zeughaus  inventirt  *). 

Zu  Spangenbergk. 

Zwölf  hantrhor  mit  schwammenschlossen  und  irer  rustung. 

C  a  s  s  e  11. 

Schwammen  schlos. 

Dreissig  vier  schwammen  schlos  zu  halben  hacken,  noch 

Zwölf  schlos  zu  doppel  hacken,  und  ligen  in  der  grossen 

stuben  ohing  der  battstuben  ufm  bolwerk. 
Dreissig   neun    schwammenschlos    zu   den    hantbuchsen 
gehörig,  und  seint  ufTm  andern  hoden  im  kleinen  Zeug- 
haus gegen  der  rhosmoln. 

*)  Her  letzte  Absatz  mit  anderer  Tinte  nachgetragen. 


31 

Doppel  ledern  seck  und  ladungen  zu  den  doppel 
hacken  und  anders  so  zum  pulfer  gebraucht. 

Fünfzig  acht  doppeln  letiderii  seckel  darin  man  pulver 
zu  den  doppel  hacken  tliut,  und  seint  im  kluin  Zeug- 
haus im  hove  gegfen  der  rhos  niülön.     noch   daselbst 

Sechzig  drei  gedreet  ladunge  zu  dpii  dopj)el  hacken. 

Acht  holzern  pulverkasten  zu  den  doppelhacken. 

Sechs  alt  zerrissen  pulverseck  uf  dem  understen  scher- 
boden. 

Sechzig  neun  gros  leddern  pulver.seck. 

Fünf  holzer  inas  damit  man  pulver  mist. 

Dreizehen   kopfem  mas    gros  und  klein  damit  man  das 

pulver  mist. 
Virzig  zwen  leinen  pulversecke  aufm  geschirboden. 
Einhundert    virzig    drei   weis    biethne    ladunge   zu  den 

doppelhacken  ufm  scherbndßn. 

Virzig    neun    grosser  wetzscher  *),    dar  in   man    pulver- 

flaschen,  krezer  und  formen  tregt. 
Dreissig  fünf  holzer  flascheii,  so  in  obgemelt  wetzacher 

gehörig,  da  man  pulver  inthiit,  und  seint  unuberzügen. 
Vierliundert  sibenzig  pulverHascheji  gros,  soint  alle  mit 

leder  überzogen   und  aufm  bohverk.     noch  dos«lb.st 
Vierhundert  sibenzig  ein  kleiner  zuntfla.sclien  mit  ledder 

überzogen. 
Vier  pulver  horner. 
Zwanzig  fünf  gedreter  holzer  buchslein    zu  den  hacken 

und  seint  uff  dem  undernten  schirboden. 
Acht  kleiner  pulferkastfn  zun  backen,  zwo  haben  darunter 

keine   lede  **),    und    .stehen   auf   dem    understen    ge- 

schirboden. 
Fünf  grosser  pulverkasten  zu  doppelhacken   und  stehen 

doscibst. 
Ein    kopfern    pulver    mas,    fctehet    im   Breul    im    forder 

Wanhaus  auf  dem  kleinen  stubichen. 

*)  S.  V.  a.  taschc,  mantcLsnck  oder  toriiiütcr.  s.  /•jtf-, 
Mittcliiochd.  Wb.  unter  wotstger,  Dan.  Samb-rs,  Wb.  li.  deutschen 
S|ir.  uuier  wctschger,  Ergz.  Wb.  untor  wetscher. 
••)  Led  odor  lid  s.  v.  a.  Peckt-l. 


32 

Sechs  doppel  hacken  kestgen,  da  man  palver  und  kngel 
ihniien  thiit.  und  seint  derselbigen  viere  die  kest- 
It'in  mit  ]iulver  und  stehen  ufm  ^'ahel  Im  polvei^ 
ha«t^.*)     noch  doselbst 

Drei  holzern  ladnnge  zu  doppelhackeir. 

IVick  zu  den  doppclhacken. 

Neunzig  drei  bock  zu  den  do))])i'I  hacken  und  ligen  uff 
dem  «ibersten  geschirboden. 

Sibenzig  .sib(ni  bock  zu  doppel  hacken  und  seint  im 
zi'ughause  ufm  wahel  im  schlos  hinter  m.  g.  hem 
gt'inaeh. 

Pulver  so  ufm  wahel  im  pulverhause  liget. 

Kin  thon  gutt  imlver,  so  vertrewiich  m.  g.  h.  zu  Mar- 
jiurgk  gemacht  ist.     noch 

»Sechs  Si.  ungeverlich  des  beraelten  pulvers  in  einer  led- 
digen  thonn  und  stehet  im  viereckten  thom  hinder 
d«T  kni-hen  zu  (Jassell. 

Dreihundert  sechszig  zwo  thonnon  mit  pulfer,  haben  mit 
sanipt  dem  holz  gewigen  dreihundert  neunzig  sechs 
centner  und  ein  und  virzig  jF,  und  seint  die  thonnen 
fast  unglfMch,  einstheils  heringsthon,  auch  eichen  und 
thennen,  klein  und  gros,  gut  und  böse,  halten  im 
gewicht  sehr  ungleich,  un«l  ligt  zuntpulver,  werk- 
])ulver  und  hanthror  pulver  durch  einander,  und  ste- 
het im  schlos  utTm  wah(>l  im  pulverliaus.  noch  do- 
selbst 

Viuif  nurmb<'rger  thennen  fas  mit  pulver,  weigen  mit 
sam])t  dem  holz  zwanzig  vier  Zentner  und  dreissig  S, 
und  s(>int  dr<>i  nurmberger  lediger  vafR,  dar  in  pulver 
gewesen  ist,  bei  gestanden. 

Zu  (iuttensbcrgk  ufm  schlos.se. 

Anderhalbhundert  thonnen  pulver,  und  haben  mit  sampt 
d(?m  holz  gewigen  einhundert  auhzig  und  ein  centner 
und  zwanzik  pfunt. 

Zu  llombcrgk  in  Hessen  ufm  schlos. 

Dretlialblinndert  fünf  thonnen  pulver,  haben  mit  .sampt 
di'm  holz  gewigen  zweihundert  neunzig  und  ein  cent- 
ner dreissig  und  acht  A. 

*)  Von  anderer  Hand  verbessert  statt  pforthaos. 


noch  ist  ein  herringsthonn  bei  gerofltfim  pulver  und 
nicht  zugeschlagen  gr-wesen  und  darinnen  noch  ettwas 
pnlvers,  welchs  mit  dem  holz  achtzig  fünf  ^  gewigen. 

Zu  Romrath  uffm  schlos. 

Fünfzig  zwo  thonnen  pulver,  und  haben  mit  sampt  dem 

holz  gewigen  sechzig  ein  cnntner  dreissig  sechs  S. 

Zu  Velspergk  aufm  schlos. 
Zwihuiidert  neunzig  siben    tlionneu    pulver,    haben    mit 

sampt    dem  holz    gewigen  dreihundert  zwanzig  siben 

centner  und  zehen  *I. 
Item  es  stehet  auch  daselbst  ein  thonnen,  darinnen  un- 

geverlich  bei  15  &  zuntpulver  ist  und  hat  mit  sampt 

dem  holz  gewigen  virzig  ein  5. 

Zigenhain  wes  da  von  puh'er  ist  himach  verzeichnet 

zu  der  arthalarci  sampt  dem  geschutz. 

Nemblich 

Siebenzehen  thonnen  pulver  und  haben  mit  sampt  dem 

holz  gewigeu  zwanzig  und  ein  centner  zwanzwig  [so  !J 

zwei  E. 

Zu  Spangcnbergk. 

Einhundert  virzig  und  ein  thonnen  mit  pulver,  ligen  im 
»chlos  und  haben  mit  sampt  dem  holz  gewigen  ein- 
hundert sibenzig  siben  centner  fünfzig  sechs  S. 

Item  ein  thonn,  ist  nicht  viel  pnlver  innen  gewesen, 
nnzugeschlagen,  und  liat  mit  sampt  dem  holz  gewigen 
fünfzig  vier  S. 

C  a  s  s  c  l. 

Volgent  kugel  seint  gezalt  und  verzeichncth  im  hove 
hinderm  zeughause  im  schlos,  und  seint  eisern. 

Fünfzig  neun  scLiarfniezkugel,   als  herzog  Heinrichs  ge- 
wesen,   und    seint   ein    wenig    zu    gross    zu    u.  g.  h. 
:harfmez   und    derlialben    nit    zu    gebrauchen.     Dan 
luf  die  hutten  urnbzugissen. 

Zwanzig  sibi-n  kugel,  seint  zu  gros  zu  den  zweien  weissen 
rosen  und  nicht  zu  gebrauchen,  dan  auch  umb  zegiessen. 

Einhundert  zwo  hole  kugel  gros  und  klein,  seint  herzog 
Heinrichs  gewfsen. 

Eintausent  zweihundert  achtun ddreissig   scharfmezkugel 
zu  den  zweien   stucken,    dem  teuf*>l    und   seinem  ge- 
seilen,  und  weiget  tin  kugel  hundert  iF. 
V.  V.  XVI.  Bd.  3 


34 

Eintansent    acht  nnd  achtzie  kng^-L  so  zn  der  weissen 

ro»en  gc-horen.  und  weig^t  eine  kngel  60  ff. 
Zweitans-nt  virthalb   hTir.drr:  und  achtzvhen   rot  rosen 

kag^I.  •-in«'  von  Ö4  S. 
EintaoM-nt  dti-ihandrit  einonddrtriäsig  kagel  zn  den  sin- 

gt^rin.  und  weig-et  eine  3".»  fi. 
Zwihnnd-rt   neunzig   scharfmtrzkagel.   so   von    Wolffen- 

bott-1   klammen  und  zu   dem  stuck  gehören,    so  der 

mutz  jT'-nan:  wird«^t.  und  wriget  ein  kugel  80  fi. 
Sethstaus»^nt  s^ohtthaibhund»-rt  zwanzig  drei  schlangen 

kugfl.  d-r  ein»*  lt>  &  wriget. 
Eintau.sent  achthundert  \'irzig  ein  kugel.  so  zu  den  newen 

carthannen    gehören,    der    acht,    und   weiget    igiich 

kug-1  411  e. 
Sibt-nhundert  neun  kugel  zu  dm  zwei^-n  schwarzen  cai^ 

thnnen.  dtr  eine  5l»  &  sch^us-t, 
Eintausent   ein  kugel.    der   eine   20  &  scheust   nnd  ca 

der  fuldischen  earthaunen  gehörig  sein. 
Dreitausent  sech>hundert  achtzig  zwo  kugel  zu  den  newen 

falkun.  der  eine  8  S  scheust. 
Dreitaux'nt  dreihundert   neunzig    fünf  kugel.   der   eine 

.')'  «  0  scheust,  und  gehören  zu  dt-n  vier  alten  falknn. 
Eintausent  einhundert  sechzig  Ufun  notschlangen  kugel, 

der  eine  20  B  schfust.    und   gehören  zn  der   langen 

not.*chIangen  im  gegitter. 
ZweihundiTt  neunzig  siben  kugel.  so  ungebräuchlich  sein 

sollen    und    zu   keinem    m.  g.   hern   geschutz    dinlich 

noch    gerecht,    und  seint    vor  ezlichen  jaren.    als  der 

zeugnieister  bericht.  von  Giessen  kommen. 
Einhundert  sibenzig  sechs  kugel.  sollen  zu  gros  sein  zn 

den  newen   und    alten   falkun    nnd  gehören  zn  einer 

newen  schlangen,  als  zu  Kusseisheim  sein  soll. 
Dreihundert  zwölf  kngel  zu  den  falkun  gehörig,  so  zun 

Gie.ssen  sein,  und  soheu>t  eine  8  &. 
Siebentausend   neunzig   fünf  kugel.   so   zu  den  falknet 

gehören. 

Bloienkujjeln. 
Neunzehenhundert  virzig  zwo  bleien  falknet  kugel. 
Viertauseut  neunhundert  Virzig  klein  bleien  scherpentin 

kugel. 


I 

I 

I 


Viprhnndert  fünfzig  grosser  schorpentin  kngpl  bleien. 
Viertausent  eiuhuadprt  acht  und  fünfzig  bleien  doppel- 

hacken  kugel. 
Einhundert,    achzig   viwr    bk^ien    Jiacken    kugel    zu    den 

messingen  hacken. 
Zweihnndert  sibenzig  neun  kngt<!  zu  den  hantrhoren. 

i  und  seint  im  kleinen  zeug- 
Ein  bleien  schlangen  kagel  \  hause  im  hove  hinder  dem 
Ein  bleien  falkun  kug^-l        1  grosen  zenghaus  im  schlos 

gegt'u  der  rosmohi. 

Item  es  seint  auch  noLJi  zweihundert  siibenzig  zwo  kugel 
zu  den  apnstelii  gehörig  und  dem  geschuz  zugesehriben, 
dieweil  sie  in  den  trugen  sein  und  dabei  gefunden. 

Desgleichen  auch  sechs  .schlangenkugel,  seLut  auch  bei 
das  geschuz  gefschriben,  da  sie  gefunden  und  nocli  sein. 

Noch  virzig  drei  kug»*!,  seint  zu  den  falkuneu  bei  das 
geRchuz  geschriben,  du  sie  auch  funden  und  noch  sein, 
im  kaufhause. 

Iti-m  es  seint  auch  zwnlfthalb  centner  bleikugel  zu  den 

halben  hacken  und  Scheiben  rhoren  auf  dem  bolwerk 

«»hing  der  battstuben  in  der  grussen  stuben  in  mulden. 
Drei  klein  feslein  mit  hagel  geschns  auf  dem  understen 

geschirbod»n. 
Zwo  kugel  mit  ingegossen  hacken,  seint  im  hovft  gegen 

der  rnsmdln  bei  den  holen  kugeln  auf  der  mauren. 
Einhundert   dreissig  uthI  acht  bieten  scherpentiu  kugel, 

so  ufm  wahel    im  schlos  im    pulverhause    in   kestgen 

stehen,     noch  dosu-lbst: 
Achtzig  und  ein  doppelhacken  kugel. 
Zu  Spangenbergk. 
\irzehen    bleien   kugel,   zu  der  klt-inen    falkun    gehörig, 

so  zu  Spangenbergk  stehet,     noch  daselbst 

Sechzig  und  neun  bleien  falcknnt  kugel,    noch  daselbst 
Achthundert  iiackeu  kugel  zu  den  backen  daselbst. 

Cassel. 

ImWeis.seTihofcsoint  nachgemelte  steinen 

kugel,   als   der    zeugwart    der    verzeichnus 

übergeben  hat  und  gezalt  sein,    desglichcn 

3* 


36 


auch    steinen    kugel,    so    im    schlosgrabeft 

ligen   :c. 
Vier  and  virzig  kugeln  zu  dem  groaen  puller. 
Zweihundert  virzig  kugel  zu  dem  kleinen  puller. 
Dreihundert  fünfzig  ein  kugel  zu  den  steinbuchsen. 
Virzig  ein  kngel  steinen,  gehören  auch  zu  dem  grossen 

polier  und  seint  von  Marpnrgk  kommen. 
Einhundert  achtzig  fünf  kugel  zu  dem  kleinen  pullerer. 
Funfliundert  zwo  kugeln  zu  den  steinbuchsen. 
Zweihundert  neunzig  kugeln  zu  den  sechs  kleinen  pullem. 
Einhundert  sechzig    kugeln   zu  dem   kleinen    puller   im 

schlosgriiben. 

Sechshundert  fünfzig  zwo  kugeln  zu  der  steinbuchsen. 
Zheen  kugel  zu  dem  grossen  puller  im  schlosgraben. 
Dreizehen  kugel,  seint  zu  gros  zu  dem  grossen  puUer. 
Dreissig  siben  kugel,  seint  zu  klein  umb  virthalben  zoll 

zu  dem  grossen  bollern. 
Virzig  fünf  steinen  kugel,  und  haben  klein  stuck,  darin 

sie  gerecht  sein. 

Nach  verzeichnete  model  ader  formen  seint  im  zeug» 
haus  binden  im  hove  gegen  der  rossmoln. 

Fünf  falknet  raodel  gegossen  mit  zangen. 

Vier  gegossen  newe  falkun  model  mit  zangen  zu  den 
vier  alten  falkunen,  so  vier  S  schieasen. 

Vier  gegossen  newer  schlangen  model  mit  zangen  zu 
den  schlangen,  als  16  E  schiessen. 

Vier  gegossen  newer  sclierpentin  model  mit  zangen. 

Ein  eisener  madel  mit  zangen,  so  zu  den  grossen  scher- 
pentin  gehöret. 

Acht  gegosner  model  mit  zangen,  so  zu  den  doppel- 
hacken gehören,     noch 

Zwei  eisen  model  auch  mit  zangen  zu  den  doppelhacken. 

Ein  gegos.sen  modell  mit  zangen,  so  zu  dem  doppelhacken 
gehöret  mit  den  dreien  rhorn. 

Ein  eisen  model,  darin  man  auf  einmal  drei  kugel  geust, 
zu  den  apo.steln  etc. 

Ein  gegossen  formen,  darin  man  das  blei  geust,  so  man 


I 

I 

I 


I 


I 
I 
I 
I 


37 


nnter  die  laixt-sknecht  iheilet,  mit  sampt  iren  zangen. 
noch 

Vier  eisen  model,    darin   man   da»  blei  gcust,   als   man 
den  lantsknpchten  gibt,  auch  mit  zangen, 

Ein  eisen  m<idel   mit  einer  zangen,  wissen   nit  wozu  es 

gehört. 
Ein  newe  gegossen  falkiin  model,  ist  im  Breul  in  meister 

Reinzen  Schmitten. 
Fin  gegossen   mcKJel    zu  der  von  Witzenhausen  falknet, 

auch  in  meister  fleinzpn  sdi mitten. 
Ein  model   newe   eisen,   zu   der  von  Wolffhagen   scher- 

pentin  gehörig,  ist  auch  in  meister  Heiuzen  Schmitten. 
Ein  newe   eisen  model   zu    der   von  Cassel    scherpentin 

gehörig,  ist  aueh  in  meister  Heinzen  Schmitten, 
Ein    newer   giestoffel    in    der  cammer    ufm    wahel    ins 

zeugwarts  gemach. 
Acht  kopfern  schuch,  so  in  pnlver  mulen  gehören,  noch 
Drei  pfannen  darzu  gehörig  in  pulverstock. 

Neun    bech    pfannen    sampt    den    stangen    und   haben 

schuch,   ligen  im  zenghaus  im  schlos. 
Zwei  gegossen    kopfprn    schlangen  model   in  dein  giess- 

haase    meister    Älertins,    seint   noch    nit  ausgemacht. 

noch  doselbst 
Vier   falkan    model   gegossen    kopfern  gros   und   klein. 

noch  daselbst: 
Zwei  gegossen  falknet  model  kopfern. 

Zu  Spangenbergk. 
Zwei  eisern  falknet  model  mit  iren  zangen. 
Ein  gegossen  model  zu  der  kleinen  falkun.    daselbst  zu 
Spangenbergk  *). 

Cassel. 
Mosterringe  **)   zu  den  kugeln   allerlei  gattunge  und 
seint    im   zeughaus    gegen  der    rosmolcn    uncl   auch 

auf  andern  enden  enthaken. 
Dreitisik  zwen  moster  ringe  zu  uUeilei  stucken. 


•)  Hior  scheint  etwas  zu  fehlen. 
•♦)  Aus  Morserringe  verbos-sert.  auch  das  im  Text  gogcbone 
rWort  nochmals  von  andoier  üaad  auf  de»  Baud  geachnoboa. 


38 

Fünfzig  drei  alt«r  ringe,  die  keine  bochwn  haben,  in 
mt-ister  Heinzin  >ihmitt»^ii.  man  kan  «e  aber  bmcb- 
lich  maihfn.  wit?  ♦'f  btriilit.      mvh  diisfibfrt 

Fuiifzeht-n  mo^t»■r  ringe  uf  all«.-rl«'i  gattange  des  geschos 
klein  nnd  gro>.  >o  stft>  in  dt^r  Schmitten  im  zeog- 
han»  im  Br^-ni  blcibi-n  mäs>en. 

Virzig  drei  ringe  klein  nnd  gms  zn  alleriei  stncken,  so 
der  zt-ngwart  meister  Wilhelm  nf  seiner  cammem  da 
sein,  gehabt  hat  und  miih  »ein.     ncK;h  doselbsit 

Zwen  ringe  zu  dem  gn.i»>en  morser. 

Zwen  ringe  do>elb>t  zn  d«-m  klvin«'n  morser. 

Hin  rink  da-^-lbst  zu  der  alten  feurbnchs  gehorik. 

Ein  rink  zu  der  feurbuch>eu  gehörig,  ist  in  dem  gies- 
hans  bei  meister  Martin. 

Zwelf  mosterringe  zu  cirthun  nnd  schlangen  gehörig, 
hat  am-h  mt-ister  Martin  im  giessjhanse. 

"Sitiatur.  der  zeugmeister  hat  auch  ezlich  mosterringe  bei 
sich,  wie  er  selbst  bericht,  zu  m.  g.  hern  be&ten. 

I-aischufFel  und  *o/k.^lben.  wisoher.  soint  im  bolwerg 

obincr  der  battstubon. 
Fünf    lattsiliuffel.    zwen    wiM-hvr.    zwo  sezkolben,   ge- 
hören zu  den  zwfit-n  scharfmezen. 
Vier  Ut»ohufTel.    vier   sezkolben.    drei  wischer    zn   den 

zweien  weissen  rosen. 
Srxhs  latsvhufFel  zu  Frautzen   oarthun.  die   rote  rosea 

gnant.  und  sivhs  sezki^lb.n  und  zweien  wisihern. 
Fünf  latsthutTel  zu  den  vir.:igj»fvindigen  carthaun.  zweien 

Wischern  und  zweien  se;:kolben. 
Fünf  latsi-lniffel  zu  den  dreien  sengerin.  drei  sezkolben. 

zwen  Wischer. 
Zwo   latsol.uffel.    fünf  sezkolb.-n.     ein   wis*^^her   zu    den 

zweien  steinburhsen. 
Zwen  sezkolben.   zwen    wis<.'her  nnd  zwo  latschuffel  zn 

dvr  l.uigeu  notsv'hlangen. 
.\chT  l.iTs<huffel.   st\hs  so.'kollvn.    vier  wis^-her  zn  den 

r.ewen  s*.hbng«Mi.  als  til^  fi  svhio.<svn. 
Vier  l.uisv  liuffil   zu  den  nowon   f;ilkun.    vier  sezkolben, 

ein  wisvher. 


Zwo  lat«cbufTel  zu  den  alten  falkan,   so  6  ff  scbiessen. 
Sechs    latschnffel    und    secbä    Wischer    zu    den    kliiia-n 

puller  ader  inorser. 
Neunzehi'n  latBchuffi'l  zu  tlcti   falknetliMii,  uivd  Beint  di« 

sezkolben  daran  und  neun  wiscbt-r  darbfi. 
Acht  kopfern  blech  zu  latüchuffeln. 
Sechs  1at*chufFi'l  zum  scherpentin.    noch 
Zwei  hose  latschufFehi  zum  .suherpentin. 

Fünf  newe  Wischer  stan.nen  zu  den  ncwt-n  falkiin. 
Drei  sezkolben  zu  den  sengerin  und  drvi  alt  vvisrher. 
Ein  latschuffid  zu  der  schUinjJsen,  ist  alt. 
Ein  alt  latschuffel.  zwen  alt  wischer  und  ein  h(imp;c. 
Drei  latsebuffel  zu  den  steinbitclisen,  vier  sezkolben  ntid 

noch  ein  alt  latschuffel. 
Zwo  newe  latschuffel  zun  falknet  ane  stangen. 
Eine  newe  latschuffel  zun  schurpentin  ane  »tang^n. 
Iteni  es  seint  sechzeben  langer  eisten  hack»-«  mit  ringen, 

du  man   die  stangen    durch  thut    und    die   lat-sclmflel 

auf  legt,  und  geboren  acbtzeben  schrauben  darzu. 
Sechs  sezknlbeji  zu  earthaunen      , 
Sibttn  sezkulben  zun  schlangen     / 
Zwo  sezkolben  zu  falkunen  ■  alle  ane  stangen. 

Zwo  sezkolben  zu  talknet  \ 

Acht  alt  sezkolben 
Zweihundert  ac-hzig  ein  stank  zu  lattj^chnfFel,  svzkolben 

and  Wischern,  klein  und  gross,  kortz  und  lang,  so  im 

zeughause  im  Breul  auf  der  eiisen  cammer  im  vurratb 

behalten  weiden. 
Zehen  latstecken  zu  den  «cberpentin.    noch 
Drei  Ktangen  zun  Wischern  und 
Fünf   kolben  zu   .sezkolben,    seint   bei   den   latschuffeln 

aufm  bolwfrk. 
Ein    und    zwanzig   ütenglein,    die    man    zu    zuntln-udon 

gebraucht. 
Drei    latsteck    zu    scherju'ntin,    seirith    im  zi-ughans  im 

Breul  funden. 
Acht  Stangen  zu  wischer  und  latschuttVl  zu  gebrauchen, 

und  seint   in  der  stuben   ufm    waliel    neben    dem  ge- 

scberboden. 


!i 


40 

Zwen  latschnffel   mit  iren  kolben  za  falknet.    seint  im 
kleinen  stobgen  im  forder  wonhaos  im  BroeL 

Allerlei  sti>rm  feurwerk  und  feurku}2fel  ufm  boUwerk 
und  ander  orthen  enthalten. 

Einhandert  achtz^hen  kleiner   feorkugeL   so   Alexander 

\Vei>Togel  gr^-macht  zu  den  kl-inen   fearbachsen.  and 

seint  in  dem  riereckten  thom  hinder  der  kochen 
Zwanzig  ein  grosser  feorkogel  auch  Alexander  g^emacht, 

zu  dem  grossen  mors>»r. 
Einhandert   zehen    feorkngel .    so   za  m.   g.  h.  kleinen 

morser  gehören  and  Alexander  gemacht  hat. 
Achtzig  Tier  fearkaget  klein  and  gros,  so  im  zeoghaoM 

anfin  wahrl  gegen  m.  g.  h.  gemach  ligen. 
Zwanzig  groeser  ftrorkngel  za  dem  groä.-ien  morser.  so 

Hans  Bommel  der  zeagwait  gemacht. 
Einhandert    neanzehen    feorkagel.     ich    Hans   Bommel 

gemacht,  and  gehören  za  m.  g.  b.  kleinen  morser. 

Seon  springen!  ader  verlohren  fearkageL  als  zum  stonn 

in  trackene  graben  zu  werfen  gebraucht  werden. 
Drei  springent  kugel  mit  lerne  isen  *  . 
Ein  springent  stormkagel  ins  wa&ser. 
Fonfzig  nenn  feurkogeL  so  von  Wolfellbuttel  [!'  kommen 

sein  und  ufin  gescherboden  ligen.    noch 
Siben  fearkageU  seint  lang  and  auch  von  Wolffenbattel 

biacliL 
Eüf  stormbssi.  so  ins  was«er  g«rhoren  and  oben  im  boden 

zapfen  haben. 
Zwanzig  ein  stormfas.  so  in  trockene  graben  gebraucht 

werden. 
Eilf  springent  storm  stock. 
Fünf  brede  storm  delen  mit  eisen  zacken  und  zu  beden 

Seiten  schössen  **\  bracht  man  im  storm  ubem  wähl. 
Tier  schmal  storm  dein  mit  eisen  zacken,  und  haben  zn 

einer  Seiten  schos. 
Einhandert  und  zwen  gemachter  storm  krenz  mit  lem- 

eisen  und  eisen  schlegen. 

*i  Lemtitem  =  pedicnlos.  StieL 
"r  5nkw.  od-l  5«:hot  ^  t.  a.  Hoirvaad:  s.  S<:huler  a.  Läbbeo. 
Xbü.  Wo.  onfier  tehot. 


I 


Zwo  gemachte  stonn  kolben  mit  eisern  zacken  und  iren 

verborgnen  schlegen. 
Ein    storm    sclieuben  *)    mit   verborgnen   scblegen    (uirl 

stacheln. 
Ein  werfent  stcirm  kidbe  mit  stacheln. 
Ein  grosser  storm  rf'if  von  hoheJspen  und  altrii   seilen 

gemacht  und  verborgnen  schlegen. 
Vier  arusugerichter  storm  kolben  eisern. 
Dreizehen  ungefüllter  und  unzugerichter    holzern  storm 

kuiben. 
Sibenzig  and   ein  schlege  zu  den  eisern  kolben  gehörig. 
Einhundert  storm  kruse  mit  fuseisen  und  ander  materi 

zugericbt. 
Seclizig   drei  .schlege,    so  in  die  holzern   ötorm   kolben 

zugericht  werden  «ollen. 

Einhundert  und  neun  spiziger  eisen  schlege,  so  in  feur 

kugel  gehörig. 
Neun    lange   eisen   spizen    mit   feddern,   so   an  bolzern 

unzugericht  storm  kolben  gehörig  sein. 
Item  e.s  seint  aucli  ezlich  seil  uberbliben  von  den  storm 

krenzen  und  noch  vorhanden. 
Ein  unzugericht  springent  storm  kugel. 

Item  es  seint  noch  in  vier  mulden  scbvvebel,  salpeter 
und  ander  gestosner  gemischter  gezeug  uberpüben, 
als  das  feurwerk  gemacht  ist,  will  der  zeugwart  noch 
zurichten  von  gemelter  materi. 

Item  es  ligen  im  zenghause  neben  dem  grossen  zeng- 
hause  gegen  der  rosmolu  ezUcb  alt  |>lock  und  storm 
stock  unzugericht  bei  50  ader  60. 


*)  iSchet^  ist  violloicht  =  Sehaube,  das  Vilmar  {Idiot. 
8. 343)  als  NotbrÜL'ke  wler  Steg  bczoiclitiet.  Dor  Umlaut  au  zu  ett 
(richtiger  öi)  findet  kh:Ii  in  linr  ükuiorhossisiiifn  Muiuiiirt  /..  B.  in 
löifen,  Höifen,  Ijiütfi  =  laufen,  Haufen,  I^ulvo  etr,  Vgl.  dazu 
W  pinhold,  Mittclhochd.  Grainmat.  2.  AuH.  §.  128.  —  WalirwcheiD- 
licher  abor  steht  c«  für  ei  (WeitiJiold  §.  1*J4),  so  dasa  Stutuischoibe 
etwa  soviel  bcdeutot  als  Stunn^chiUl^  Seliild  der  Belagortoti  (Br  i  u  ok- 
meier,  Gloss.  dipl.).  Darauf  deutet  auch  das  u.  S.  65  vor  kom- 
mende Lochscheubc,  eine  Seheibe  zum  Ausloclien  von  Metall  (Frisch, 
T,-L  Wb.).    Vgl.  die  Schetthcfirhore  =  Seheibeurfiore. 


42 

Zwo  palver  tfaonnen,  stehen  doselbst  and  ist  ein  idere 

halb  fnll  mit  f«^nr  kngel  gezenk. 
Achtzig  eninen  !>teinkrage  ungefulth,  noch 
Ai-hthundt-rt    kleiner   ungffnlttT  storm   krage  auf  dem 

sc-hirbiKif n,  aU  der  Zfagm«.'ister  dahin  bettelt  hat. 
Nt'un  6  alt  gezeng  verlegten   von  einer  alten  fenrkngd, 

auch  ufni  scherrboden. 

Drei  f»"«lein  \vag«*n»i-hmfr.  i>t  alt  worden  und  za  schme- 
ivn  nnnuz.  und  i>t  im  zenghanse  im  Broel  aaf  der 
fis»'ii  camm^rn. 

Drt'ihnnd»>rt  und  zwölf  kleiner   b^chkrenz.   so  man  bei 

natht  in  pfanneu  bn-nt,  uf  dem  under^tenscherboden^. 
F.in    haUvr   contner   und  drei  und  zwanzig  S   alt   xet- 

legen  zeug,  so  von  feurkugeln  kommen,  ufim  scherboden. 
F.in  alter  storm  kolb,  auch  ufm  scherrboden. 
Zwanzig  :«iben  stormholzer  mit  schlegen,   seint  vor  der 

>tuben  ufm  gestcherrboden.    noch  daselbst 
Ein  alt  storm  block. 
Zwo  thonnen  mit  sihwartzem  wagentzeer**X  seint  beede 

nicht  füll  und  stehen  im  zenghaose  im  schlos. 
Hin  butte,  dar  innen  no«.-h  bei  einem  eimer  fall  kinraach, 

is-t  ufm  gesk'hirboden. 
Stvhsthalb  hundert  i^ppireu  kartetsch. 
Sechs  feurhackcn.  noch 
Fin  fenrhack. 
F.intausend    guttcr   eisern   sv'hlege.   und  ligeu  tn  einem 

fesslein  in  der  cammern  im  forder  wonhaos  im  Broel 

neben  der  kleinen  stnben. 

Sollpetor. 
PtvirehenthalK^n    j«ntner    und   eilf  Ä"   laoter   salpetter 

one  das  hob.  und  so  der  verarbeit  werden  solL  mus 

er  mvh  eins  geläutert   werden,    and   steet   au&n  ge- 

s^-herrKnien. 
Vier  rentner  \  irrig  fünf  S   mner  und  gutter  geläuterter 

saljvtter,  und  d^s  holr  is:  nicht  mit  gewigen,  sondern 

*■  r.^-  lV.lto   4uf  Ar.*  f  «TC.  w>?  cj  Äbeis:.  twj  anderer 
••'  Uvätfi$che  F<«»  ftu  Ibeer. 


43 


abgezogen    wie  mit  df-ni  vorigen  auch   gescheeii  und 

stehet  auch  aufm  yt^srhirbudiMi. 
Eilf  C  gi'suhiriHlztf'r  saliu-t^'i'. 
^oMto'    diT   sa|jict*»r,    .so   zu   /i;;inhaiii    «oU^gtui,    such 

hirnach  im  inveniario  Zigeidiaiii  zu  i'ndf. 

'^otaiur  salpt'tnr,  als  zii  Dururstat  ^tidu-t,  i;*!  iiivnutiret 
nnd  verzt'iclini't  hirnach.     siu-ii   Dnrmstat. 

Schmer. 
Zwanzig  andfrt halben    centtit-r    sclinier    laut<>r    oii«'  fa^s 

gewigen,  und  stctt  im  zcughaus  im  suhhis. 
Schwebe]. 
Einhnndi'rt    achtzig  vier   ceiitruT    und    zwciizip    acht    fl 

Bthwcbel,  lauter  oin>  die  fas  guwigeji,  auch  im  zniig- 

hiinse,  und  stehet  in  virzig  vier  thoritieu  zugeschlagen. 
Neunzig  und  zwei  ü  lauter  schweWI  nne  das  holz,  stehet 

in  einem  fesstdeiu   ufin  wähl  itii  pulverlmuse. 
No/o/wr  der  Schwebel  zu  Zigenhain   ist  hirnach  gemelt 

in  das  inveutariuin  Zigeuhatu. 

Bcch. 
Zwanzig    ein    zentner    dreifsig  achthulb   ii.    hmter  bech, 
so  in   fünf  fassen  gewesen. 

Ite-m  CS  ligt  ezlit'h  bech  und  i.st  zergangen  im  thorii 
in»  wähl  neben  dein  grabm  im  zeugliause,  und  als 
der  zeugwart  bericht,  bei  knie  tief  auf  einen  leimen 
b<tden*j  geschodt. 

Alaun. 
Virzig  anderhalb  u  alauri,  und  stehet  auf  dem  understen 
gc^cherhoden. 

Wachs. 
Kin  centner  wachrs  in  eiuer  tboiinen,  und  stet  im  Zeug- 
haus forn  im  schlos. 
Zwei  und  virzig  fackeln,  und  ligcii  ufui  scherboden. 

Zinn. 
Sechs  centner  zinnen,  stehet  im  zrugbau.si!  in  einem  krom 
fas8**),  und  ist  one  das  vus.s  gewigen,  lin  si^ldo.s***). 

•)  Lchmbodoo. 

••)  Krinnfass  =  Kramfass,  Fass  mit  oder  zn  Kaufmaunswaareii. 
***)  Die  lieJden  letzten  Worto   sind   mit  anderer  Tinte  später 
hiüzugerügt. 


44 

Glockenspeise  und  kopfer. 

Dreifsig  zwen  und  ein  halber  centner  glockenspeis,  als 
aus  dem  lant  zu  Braunschweig  kommen  ist,  und 
stehet  im  zcughaus  im  schlos.     noch  darzn 

Zwanzig  vier  ß  zu  demselbigen  zeuge  gehorik. 

Ein  gros  kopfern  gegossen  runder  käste;«,  darin  born- 
wasser  gesprongen  hat  und  zu  Heine  gestanden  ist, 
mit  sampt  zweien  stucken,  daruf  gemelter  cast  ge- 
standen ist,  auch  gegossen  kopfern,  alles  ungewigen 
pliben  grosse  halben,  und  stehet  zu  u.  g.  hern,  wies 
darmit  gehalten  soll  werden,  es  ist  ungebreuchlich. 

Achtzehen  zentner  klar  ruwe.*)  kopfer,  ist  in  dem  giess- 
haus  meister  Martin  inventirt  und  gewigen,  noch  doselbst 

Breissig  und  fünf  zentner  glockenspeis  and  ein  virtel 
eins  cenlncrs.     noch  daselbst 

Virzehen  centner  und  ein  vertel  gemengter  gezeuk  kopfer. 
noch  daselbst 

Eilf  schellen,  so  in  den  kirchen  gewesen,  klein  und  gros. 

Blei. 

Zwei  und  zwanzig  tausent  achthalbhundert  halb  pfundige 
blei,  so  man  unter  die  lantsknech  theilet,  seint  gezalt 
und  thun  im  gewicht«  einhundert  fünf  centner  dreissig 
fünf  »,  je  216  stuck  uff  ein  centner. 

Ein  centner  blei,  und  ist  nicht  umbgossen,  stehet  fem 
im  Zeughaus  im  schlos. 

Vier  grosser  vireckicht  blei,  damit  man  die  buchsen, 
wen  sie  gegossen  sein,  wyget,  und  ligen  im  hove  vor 
dem  gieshause  im  ßroel  im  Zeughaus,  eins  ungeverlich 
von  zehen  ader  zwölf  centner  schwer,  wie  sie  berichten. 

Virzig  und  virthalb  fi;  bleien  laubwerk  und  wapen, 
so  man  zum  giessen  der  buchsen  gebraucht,  auch 
im  Zeughaus  inventirt,  im  gieshaus  bei  meister  Martin. 

üofatur  es  ist  auch  ezlich  blei  zu  Zigenhain  and   hir- 
nach  des  Inventar]  Zigenhain  vermeldet. 
Hanf. 

Vier  centner  und  ein  halber  weisser  und  schwarzer 
hanf,  und  ist  ufm  geschirboden,  noch 

Zehen  pfunt  hanf. 

*)  Rum  =  rö,  rou,  nhd.  roh,   unverarbeitet     So   sagt  man 
jetzt  noch  Ro/ieisen. 


Zuntstrick. 

Zwen  centner  und  drei  virteil  eins  centners  gemachter 
zantstrick  in  seligen  nieister  Wilhelm  des  znugwarten 
Stuben  aufm  wähl  im  schloä. 

Zwei  alt  vviltgarn,  ao  Bastian  Jeger  ins  zcughaus  ge- 
liffert  hatt  zuntstrick  daraus  zu  macheji,  und  ist 
aufm  geschirboden. 

Ein  halbe  thon  mit  zun  der  schwemmen  in  der  zeug- 
warts  stoben  uffm  wähl. 

Uff  dem  obersten  geschirboden  ufm  wahel  im  schlos 

seint  nachbemelt  anspan  streng  und  andere  seile. 
Einhundert  zwanzig  siben  pai  newer   anspan  seilß  mitt 

scheiden,    ruekrimeri,    bauchseihi,    kntibfhi    und    aller 

rustunge. 
Dreizehen  par  alt  gutte  anspanseile  mit  scheiden,  rack- 

rimen,  bancliseiln  und  knebeln. 

Dreissig  und  ein  par  anspan  seile,  alt,  mit  bauchseiln, 
knebel  und  haben  keine  seheidno. 

Vier  newer  par    anspan  seile  mit   scheiden,    ruckrimen, 

bauchseiln  und  knebein. 
Zwanzig  vier  par  mittel  anspan  seile,  newe,  mit  sampt 

scheiden,  ruckrimen,  bancliseiln  und  knebeln. 
Zwanzig  zwei  par  alt  gutti^r  auf^pau  seile  mit  scheiden, 

ruckrimen,  bauchseiln  und  knebeln. 
Zwanzig  nj^un  par  alter  anspan  seile  mit  scheiden,  ruck- 
rimen, bauchseiln  und  knebeln. 
Ein  par  grosser  anspan  seile  mit  scheiden  und  ruckrimi-n. 
Siben  par  alter  anspan  seile  mit  scheiden,  darunter  st^in 

zwei  par  mit  ruckrimen. 
Vier  par  alter   anspan  seile   one  scheiden,   darunter  ist 

ein  par  mit  scheiden  und  ruckrimen. 
Ein  anspan  seil  unzugericht. 
Einhundert  siben  par   gros.ser   newer    an.span    seile   mit 

scheiden,  ruckrimen,  bauchseiln  und  knebeln. 
Sechzig  vier    jvar  grosser  newer  anspan  stj'ile,  ungerust, 

haben  nichts. 
Zwanzig  fünf  strenge  zum  anspan,  one  .scheiden,  alt. 
Dreiztdien    seile,    darunter   sein    vire   mit    scln-iden    und 

knebeln. 


46 

Sechs  zerrissene  untuglich  anspan   seile  mit  scheiden. 
Virzehen  zerrisner  alter  seile  zum  anspan,  haben  scheiden, 

und  seint  fünf  darunter  mit  ruckrimen. 
Acht  zerrissen  alt  anspan  seile. 
Zweihundert  neunzig  und  ein  alter  zerrisen  anspan  seil. 

Bauchseile. 
Virzig  bauchseile. 

Dreissig  neun  ruckrimen. 

Sechs  par  scheiden  mit  ruckrimen. 

Hantseile  ufm  gescherboden. 

Drei  alt  zerrissen  hantseile. 

Drei  lange  hantseile,  noch 

Drei  gutte  lange  hantseile. 

Ein  alt  zerrissen  untuglich  hantseil. 

Zehen  newer  langer  hantseil,  so  zu  Franckfurt  gemacht 
sein,     noch 

Drei  langer  newer  haniseil,  so  von  Wolifenbuttel  kom- 
men sein. 

Fünf  grosser  newer  hantseil,  als  zu  Franckfurt  gekauft  sein. 
Zwölf  lange  hantseil,  stark  und  und  new. 
Hebseile  ufm  gescherboden. 
Ein  lang   hebseil,    so  meist«r    Martin    im  zöge    gehabt 

hat,  im  gieshaus. 
Ein  lang  hebseil  in  meister  Martin  gieshaus  gehörig. 
Drei  hebseile  zum  hebzeug  gehörig. 
Fünf  hebseil  new  in  die  gezeuge.     noch 
Zwei  newe  hebseile. 

Hemseile. 
Vier  alt  hemmseile,  als  gebraucht  und  schadhaft  worden 

seint. 
Sechzehen  grosser  gutter  hemmseile  mit  knebeln,   noch 
Nenn  grosser  newer  hemmseile. 
Fünf  alter  hemseile  zu  den  falkun  mit  knebeln. 
Dreissig  und  eins  kleiner  hemseile. 

Bintseile  aufm  scherboden. 
Zweihundertzwanzig  vier  kleiner  henfen  bint«eile. 


47 


Virephen  grosser  bintseüp,    damit  man  die  buchsen  auf 

die  wagen  bint. 
Einhundert  zwanzig  drei  langer,  drei  und  zwei  klüftiger 

newer  bint  seile. 
Ein  alt  gros  zerrissen  bintseil. 

Henfen  seile,  so  von  den  feurkugRln  uberbliben  sein, 

ufm  gDschirboden. 
Virzig   zwo    klofter    ein    seil,    ist    Alexander   Weisvogel 

uberbliben,  als  er  die  feurkugel  gemacht  hat. 
Neunzplien    klofter    noch    ein    seil,    isl   auch   Alexander 

uberbliben. 
Zwfti  seile,  ein  ides  von  vier  klaftern. 
Ein  schmal  seil  v(m  zwanzig  und  einer  klafter. 
Seclizeheri    klafter    bint   strick    von   der   fenrkugeln  ze- 

machen  uberpliben. 
Ein  stark  bank,   daruf  man  die  feurkugel  gebundi-n  hat. 

Hebkopf. 
Ein  par  hebkojjf  mit  seinen  newen  seiln,  und  hat  neun 

scheuhen  und  ist  auf  dum  übiTstt-u  geseliirboden. 
Ein  par  hebko|Kf  mit  newen   scht;uben    und  ireri  seilen 

im  zeughanse  vor  im  schlos.     noch  daselbst 
Ein  par  hebkopf  mit  newen  scheubcn   und    iren  .seilen. 

da.'^ülbst  noch 
Ei«  par  grosser  hebkopf   mit  newen  schenben  und  iren 

seilen,     noch  daselbst 
Ein  par  hebkopf  gross    mit  newen  scbcuben    one  seile, 

als  melster  Rlartin  im  gieshause  gebrucht. 

Hcbzcuk  zum  gescbuz. 

Vier  gutter  hebzeuge  mit  irer  zugehorunge,  und  seint 
im  Zeughaus  im  Uroil.     noch  doselb.'it 

Ein  hi'bzeug,  so  man  auf  einem  wagen  aufriebt  und  Jörg 
Molmeister  gemacht  hat,  sampt  seiner  zubohor,  ein 
kopfern  köpf,  der  anf  der  eisern  cammern  stehet,  und 
dan  vier  stark  beschlagen  redder,  auch  darzu  gehörig 

Zwo  stelzen  mit  einem  eisern  nagel,  so  Jorge  Zindei- 
weber  gemacht  hat  zum  liebzeuge,  .sollen  aber  un- 
tuglieh  UFid  zu  kurz  sein,  al.s  der  zeugmeist(»r  Rosen- 
zweig  bericht. 


48 

Em  befazeog  mit  einer  eisen  ^tan^en  und  xnüeii  bobea 
fusfen,  stehet  auch  im  Brenl  auf  drr  eisen  eanuaer. 

Zwo  ei«-D  Ecluaiiben  mit  »ampt  iren  manein  und  zwöen 
langen  «tcbmsöehi  und  zweirn  sthcch.  als  hetxogra 
Heinrich-s  gewesen  ist.  ncd  stehet  anf  dem  onderstoi 
geischirrboden. 

Dnri  eifern  Stangen  mit  dreien  missingen  nbenogen 
Mrbaaben.  ak  herzogen  Heinrichs  gewesen  sein,  so  er 
die  böchsen  zerrichten  genozt  hatt.  nnd  steet  im 
Breol  im  z<Highans  aof  der  einen  eisern  cammer.  da 
da«  ah  gexeog  innen  ligt. 

Zwei  gro«  hebzeog  sampt  iren  s^heaben  im  zenghans 
im  schloä. 

Fonf  kopfem  schenben.  so  in  ein  hebzeng  gehont, 
im  zeoghaos  meister  Martins,     noch  daselbst 

Ein  kopfem  schenbe.  und  derselbigen  sein  drei  klein. 

Wagenwinden,  so  im  zeugfaause  ufin  geschirboden 
steen. 
Drei  wagen  winden. 

Ein  wagen  winde,  so  oben  die  stange  zerbrochen  ist. 
Eine  bockwinde,  ist  ans  dem  heizogtfaom  Wirtennbergk 

kommen. 
Ein  lange  hebwinde  mit  einem  doppel  geisfos  onden. 
Ein  winde  mit  einem  ganzen  eisenen  gehuaese,  stangen 

nnd  fns. 
Zwo  winden    mit  eisenen  gehanese,  eisen   stangen  nnd 

hölzern  fns. 
Zwo  winden  in  hölzern  kästen,  nnd  haben  m.  g.  h.  wapen. 

Hebbock. 

Vier  hebbock   mit  eisern    nagel,   stehen   im  zenghanse 

anfm  wähl  im  schlos  gegen  m.  g.  hem  gemach,   noch 

Vier  hebbock  mit   irer  mstunge,  und  stehen  im  Brenl 

im  zeughaos  auf  der  eisen  cammem   bei   dem  alten 

eisenwerk. 

Schmerbock- 

Yier  schmerbock,  und  stehen  anf  der  eisen  cammem  im 

Breul,  da  das  alt  eisenwerk  ligt. 
Drei  schmerbock,  und  stehen  aufm  wähl  im  zenghaose. 


I 


I 


Kug^elkasten  und  ander  beschlagen  kistgen. 
Fuofzelien  kugelkasten    ufm  wähl    im  zeughause   gegen 

meins  gnädigen  herrn  gemach. 
Ein  trage  zun   kugehi,    und   stehet  im  Weissenhove  in 

der  kirchi-n. 

Fünf  newer  beschlagener  kugelkasten,   stehen  im  Zeug- 
haus im  Breul. 

Vier  alt  beschlagen  kugelkasten,  im  Breul  im  zeughaus. 

Zwo    newe    kugfl   trugen,    seint    lang   und  beschlagen, 

stehen  im  zeuglians  forn  im  schlos.     noch 
Fiin  alt«'r  langer  kugnjkast  im  zeughaus  doselbst.    noch 
Ein  lange  eichne  kugel  tragen,  stehet  auf  dem  understen 

scherrbnden. 
Zwanzig  vier  alter  kugel  trugen,    sollen   untnglich  sein, 

als  der  ZfUgmeister  bericht,  nicht  dan  7U  verbrennen, 

und   stehen    im  Breul   im  zeughaus,    da  die  zimmer- 

lent  arbeiten. 

Neun  kistlein  mit  schlössen  und  beschlagen,  darin  man 

das  lantsknecht  blei  zu   f»^lde  furet. 
Zwo  thonnen    mit  eifin»*n    reifen   beschlagen,    im  forder 

Zeughaus  im  schlos. 
Sechs  beschlagene  und  schloshaft.  eichne  fefälein,  darin 

man  das  schmer  zu  felde  fiiret,  und  aeint  mit  eisern 

reifen. 
Drei  falknet  kestlein,   zwei   mit  schlössen   und  ein  one 

schlos. 
Ein  klein  beschlagen  laden,  gebort  zu  der  feurbuchsen 

gefess    und  ist  im  Brnul    im    forder  wonhaus    funden 

und  beschriben  worden. 
Vier  kugel  trugen  gut  und  boss,  so  in  der  eisen  cammer 

im  Breul  stehen. 

Eisen  hemschuch, 
Drei  eisen  hemschuch  im  zeughivus  uffm  wähl. 
Ein  alier  hemschuch  im  Breul  im  zeughaus. 

Leuchten. 
Sechzig    drei    klein    und  gros  leuchteu,    »eint   ufm  bol- 
werk  obing  der  badtstuben.     ikoch 

M.  W.  XTX  Bd.  4 


so 

Ein  grc»    riereckte   lenchten   mit    gU&,    und    henkt  im 
zienghans  gegen  der  rossmoln. 

Besdilagene  reder.  truDwagen,  gefess  und  ander  be- 

reit&cfaaft  zum  ge^rliutz. 
Siben  grosser  thmlwagen.  damf  man  das  gros  geschoti 

fnret.  nnd  sf'hen  im  AVeissenhove  in  der  kircfa«!. 
Sechs  grosser  prozen  adv-r  forderwagen. 
Zehen  forder  gestelle.  damf  man  die  apostel  nnd  £dknet 

füret 
Sechs  gestelle  zu  den  sechs  kleinen  morser. 
Drei  par  scheaben  mit  iren  zngehorenden  axen. 
Zwen  gross  prozen  ader  forderwagen,   als  zn  der  weis- 
sen rosen.  den  zweien  stocken  gebraacht  werden. 
Ein  rastwagen  mit  korben,  gebraacht  der  zeogmeister, 

wan  er  m.  g.  hem  za  felde  zeucht,  und  ist  beschlagen 

mit  sampt   zweien  hinder  nnd  forderwagen,  und  hatt 

ein  wog  ketten. 
Drei  par  brillen. 
Drei  newe   wende,  noch 
Zwo  newe  wende. 
Drei  alt  übrig  gefess  mit  sampt  iren  redem.  darin  seint 

Frantzen  zwo  sengerin  nnd  die  nachtigall  gelegen. 
Ein  newe  nbrig  gefess.  doran  ein  wandt  schadthafi,  zu 

den  newen  carthunen.  so  zn  Zigenhain  sein. 
Zehen  grobe  beschlagene  redder.  seint  u.  g.  h.  zu  seinem 

geschntz  nit  zu  gebranchen  dan  das  eisen,  nnd  seint 

Herzogen  Heinrichs  gewesen. 
Virzehen    grober  beschlagen  carthun  redder,   stehen  im 

Breul  und  seint  new. 
Acht   grobe"  falknn   redder   bf^^chlagen.    auch    daselbst 

nnd  seint  newe. 

Zwanzig  falknett  und  prozen  redder   beschlagen,   newe. 
Ein  alt  beschlagen  proz  radt 

Eün  new  beschlagen  proz  radt  nnd  stehet  anhu  wähl 
im  Zeughaus  im  schlos. 

Zwei  newe  unbeschlagen  kam  redder. 

Zwanzig  gestell  beuem  zun  falkneten.  ligeu  im  Zeug- 
haus im  Breul  im  forder  wonhause. 


Einliundpirt  und  zehen  keil,  damit  man  die  stuck  mider- 

legt. 
Ein  eisner  sattel  zu    einem  grossen  stuck  gehörig,     ist 

im  Zeughaus  im  st:hlo9. 
Sechs  schieden    sampt   iren    wellen   und   zugehorungen, 

seint  im  zeughaus  im  Dreul. 
Ein     grossen     holzftrn     wagbalken     mit    sampt    zweien 

grossen  holzern  scholen,  beschlagen,  und  iren  kettern 

und  zugehor,  daruff  man  die  groben  stuek  weiget. 

Schruben. 
Vier  schrauben,  damit  man  die  gefess  zusam zuschraubt, 
won    man  (he.  stuck  bi-schiecht,  und  »eint  in  meister 
Heintzen  Schmitten  im  Breu!  im  zeughavise. 

Eziich  stuck  holzer  zum  rost,  daruf  man  die  morser 
wirft,  im  Breul  im  zeughaus  in  der  cammern,  dar*) 
das  alt  eisen  werk  Ugt. 

Auf  mittwochen  nach  dem  sontage  Letare  anno 
etc.  45  haben  Johaii  RosentÄweigk  zeugraeister  und  ich 
Johan  Gerhart  aus  bevelch  u.  g.  f.  und  hern  das 
ilmenliolz,  so  im  Aniienberge  an  zweien  orten  ein 
gutte  unzal  zum  forrath,  ungeverlieh  an  die  drei- 
hundert stuck  gcficbuitten  und  grob,  einstheila  aueli 
ungeschnjttfn,  zu  buchsen  gefessen  alle  dienlich  a. 
f.  g.  zur  notturft  aus  dem  stift  Colin  und  aus 
andern  oitpn  zusamen  gefurth,  besichtiget  und 
inventiren  und  z*'l*>i)  wollen,  diewei!  es  aber  den 
rhaum  hei  zu  legen  nicht  gehabt  und  zu  vil  gewesen 
und  grob  stucke,  auch  nicht  woll  hinweg  zu  bringen, 
ist  es  deshalticii  nach  pliben  und  so  bemelt  holz; 
wie  es  bis  doher  gelegen,  fiirter  im  treugen  gewartet, 
Wirts  ein  lange  zeit  über  fünfzig  jaren  u.  g.  h.  zun 
gefessen  genugsam  versorget  sein  etc. 

Legeei.sen. 
Nenn  lege«isen,  als  Herzog  Heinrichs  gewesen  sein,  noch 
Ein  halbs,    und    ßtehen    im    Bn^ul    im   zeughause,    noch 

daselbst 
Neun  grosser  gutter  legeisen,  noch  daselbst 
Ein  gutt  legeisen,  doselbst 


*)  im  Orig.  das. 


4» 


62 

Siben   grosser   legeisen,   sollen  wie  der  zeagmeister  be- 

richt  ettwas  brochig  sein,  noch 
Drei  iegeisen  in  der  hinder  Schmitten  im  Brenl. 
Nenn  legeisen  klein   und  gros,'  so  auf  dem  boden  über 

der  Schmitten  ligen  im  Breui. 
Ein  alt  legeisen    in    der  cammer   im  Brenl,   da  das  alt 

eisen  werk  ligt. 
Acht  ringe,    da   man   die   legeisen  mit  anzeucht  in  die 

achsen,   und  seint  in  der  hinder  Schmitten  im  Brenl. 
Vier  hacken,  da  man  die  legeisen  mit  in  und  aus  hebt 

in  der  hinder  Schmitten  im  Breul  im  zeughans. 

Hebeisen. 

Zwanzig  fhnf  gutter  starker  hebeisen,  und  stehen  im 
Zeughaus  gegen  der  rhosmolen  im  schlos,  noch 

Ein  hebeisen,  hat  der  pulvermacher  in  der  moln  und 
ist  im  zngeschriben  im  inventario. 

Zwei  hebeisen,  seint  im  gieshause  bei  meister  Martin 
inventirt  und  seint  im  auch  zngeschriben. 

Forder  und  hinder  wagen  zum  geschutz,  und  ist  auf 
dem  geschirboden  ufhfi  schlos. 

Zwanzig  ein  hinderwagen  mitt  ketten,     noch 

Drei  forderwagen  ane  ketten,  zwo  seint  alt. 

Dreissig     siben     gutter     forderwagen,     darunter    seint 

zwen  alt. 
Zwanzig    bletter   an    hinterwagen,   seint   in  der   hinder 

Schmitten  im  Brenl  verzeichnet. 

Kommet    ader  hamen,    halskoppel,   lichten,   aftersei, 

gorten  und  anders,  als  zum  geschutz  und  anspannen 

gehöret,  und  volgt  himach. 

Einhundert  sibenzig  newer  kommet  ader  harnen,  dar- 
unter seint  ezlich  sehr  klein,  und  seint  darunter 
dreissig  fünf  hamen  die  mit  sbripfen  sein. 

Zwölf  newer  settel  zu  den  falknetten  mit  iren  gorten. 

Seclizehen  newe  hnlf  ader  lichten  zu  den  falknetten. 

Einhundert  dreissig  und  ein  par  newer  strippen,  so  an 
die  hamen  gehören. 


I 


\ 


Zwanzig  drei  aftpr  spiI  mit  ketten  and  was  darzu  ge- 
höret za  den  falknetlein,  und  d«r  sßint  drei  alt 

Zehen  alter  sein  mit  ringen  und  hacken. 

Funfzehtin  nnwer  lialKkopfnl  bletter. 

Funfzehfin  gorten  newe  zu  den  falknet  gehorik. 

Zehenthalben  ganzer  .Strasbiirp;er  gort  scheuben.  und 
ligen  in  Wilhelms  seligen  des  zeugwarts  eammern. 
noch  daselbst 

Zwo  klein  Nurni berger  gortücheuben. 

Sechzig  und  ein  aftehr  sei  newe  mit  ringen  und  hacken 

und  was  darzu  gehöret. 
Neunzig  und  fünf  par  eisen  stripf  hacken. 
Sibenzig  und  acht  par  notrlngo  ader  hacken. 
Acht  ringe  zum  after  sein. 
Zwanzig    sechs    par    eisne    hacken    one    ringe    zu    den 

after  sein. 
Dreis^sig  drei  par  hacken  mit  ringen  zun  aftersoln, 
Dreizehen  par  hacken  in  die  stripfen. 
Drei  rinken  in  die  after  sein. 
Acht  alter  falknet  settel,  so  gebraucht  sein. 
Fünfzig  fünf  newer  aufgemachter  kommet  holzer.     nnch 
Drei  par  nnM.sgt'maclit<!r  kommetliolz^tr  zum  forrath. 
Zwölf  zngehawene  köpf  zu   fiilktu'tlein  zu  gebr;iuehen. 
Zwölf  bretter   auch  zun  sattel  zugehawen  und    zu    den 

vorgemelten  köpfen  gehorik. 
Zehen  weis  halbe  gar  Jieude.     noch 
Zwo  halbe  weis  gar  hende. 
Dreissik  fünf  weis  garer  rim«n,  die  kommet  ader  harnen 

damit  zu  binden. 
Drei  after  sei  bletti-r. 
Einhundert  ringe  zun  ruckrimen  gHlinrig. 
Virzig  zwei  gutter  halskoppel  nfm  geschirboden. 
Sechzehenhalbe  unbereite  ochsenheude. 
Dreizehen  grosser  knöbel. 
Neunzig  fünf  gortringe,   ufm  wähl  in  des  schirmeisters 

cammer. 


k 


54 

Siben  bletter  an  halskoppel  eisen  klein  und  gros  in 
d«^r  hind^r  bchmitten  im  Breul  verzeichnet  und 
fiinden. 

Stcl  negel  und  kctton  zum  peschutz. 
Zwt'lf   ](iir  ketten    zu    den    falknettengeytellen    ufm  ge- 

Nrlit'rbodf>n. 
Zwi<nzig  swclis  hingor  kcttt^n  sampt  irsn  stt^lnegel. 
Sibini    langer    ketten    on«<    steinige!    im    ZBUghaus    im 

Zwiinzig    sechs    kkiner    »telnegel,    und    Laben     keine 

ketten. 
Zwpn  grosser  ttel  ncgpl,  und  haben  kcinfj  ketten. 
Vi»'r  kurzer  nagt-l,  damit  man  die  morser  aufltebt. 
Virxig  drei  ketten  zu  den  hinderwagen  im  Breul  in  der 

hinder  scbraitten. 
Zwei  |»ar  alter  ketten  klein,  auch  zu  hinderwagen  noch 
Drei  alte  einzeln  ketten  nicht  gleich  lang  dafielbsi 
Zwei  par  halsktvppel  ketten,  sent  nicht  ganz  usgemacbt. 
K.in    lange     wagen     ketten    stark,    vor    der    hindersten 

essen,     in   der  Schmitten  im  Breul  verzeichnet,  darin 

sie  die  schweren  eisen  hangen,  wan  »ie  schmiden. 
Ein    prozenketten    in    meister   Heintzen   Schmitten    im 

Breul. 
Ein  grosser  stelnagel  mit  einem  ringe,  und  ist  gescliriben 

worden  und  fnnden  in  meister  Heintzen  Schmitten  im 

zenghaus  im  Breul  1.     nucli  düselbst 
Zwanzig  nagel  lang  in  die  gefess  gehörig,     noch 
Neun  nagel  initt  flachen  kopfert,  auch  in  die  gefes. 
Zwanzig  fünf  nagel  zun  deckeln,  haben  oben  an  köpfen 

locher,    geboren    aucli    zu   den  gefesseii  und  seint  im 

zeughause  |in]  meister  Heintzen  Schmitten  verzeichnet. 
Zwo  prozen  ketten  in  der  eisen   cammern  im  Breul. 

Stormleitem  und  beum,  so  darzu  zu  gebrauchen  sein. 

Zehen  thennen  beum,  als  man  zu  stormleitern  gebrauchen 
will,     noch 

Virzig  acht  thennen  beum  zu  stormleitern  im  Zeug- 
haus im  Breul. 


Zwo  toppel  stormleitern  daselbst. 

Funfzehen  alter  stormlt^itern. 

Virzig  neun  newer  guttt^r  stormleitern. 

Vier  eisene  gabeln,  damit  man  die  stonnleitoni  aufriebt. 

Zwo  stonn  adt^r  btigleitern  mit   eistn  sprosstm,  als  von 

Marpurgk    kommen    suin    und    auf  dem  überaten  ge- 

Bcbt'rboden  ligen. 

Ein  stange  zu  gemelten  Steigleitern. 

Dreissig    vier    stuck    zur    steigäpitern,    als    geslift   sein, 

siinipt  Lrer  rastuiigt!   und  sprussun,  nocb 
Sechs  stuck  «iBen  gestift,  als  auch  darzu  geboren,  und 

Ugt  in  einer  newen  kisten,  als  von  Marpurgk  kommen 

ist,  vor  der  s-tuben  aufm  scherboden  nfm  wähl. 
Vier    tbennen    bolzer,    so    zu    Htonnleitern    bestelt    und 

nichts  nuz  »ollen  sein,  im  ford«r   wonhaas  im  zeug- 

baus  \m  BreuU. 
Ein  alt  storraleitern  doselbst.     noch 
Ein   alt   stormleitern    im    Weissenbove    in    der    ktrcben 

funden  und  inventirt 

Gross    und    klein   thcnnen  beum   auch    thenncn    und 

eichen  boln,  beschlagen  und  unbcschlagen  delen,  so 
man  zu  Schiffbrücken  gebrauchen  will. 

Virzig  und  ein  grosser  langer  balken  thennen,  als  von 
Sclmialkiilden  kommen,  und  sein  im  zeughau.s  im 
Breul. 

Zehen  thennen  beum  kurz  und  lang,  so  man  vor  Wolffen- 
buttel  mit  geliadt  hat. 

Achtzig  und  eine  starke  eichen  holen  im  zeughaus 
im  Breul. 

Fünfhundert  achtzig  sechs  langer  starker  thennen  dein, 
fiine  idere  von  zwanzig  fntif  fus  lang,  zu  schifF- 
bruckfn  ge.sclrnitton,  und  ligen  im  Breul  im  Zeug- 
haus,    noch  dustrlbst 

Einhundert  und  nenn  kurzer  dein  thennen.     noch 

Funfzelien  eichen  dein  doselbst. 

Siben  kleiner  und  runder  thennen  beum  ungeverlich 
von  15  oder  16  fussen,  ligen  im  forder  wonhaua  im 
Breul  im  zeughaus,  daselbst 


5fi 

EzB  «k4km  de^HL  duvf  £  whieiB«!  gtmbgit 

Eis  tb»»«a)>fl  dela  ds9«lb«t. 

Dni  b>«ch!ae»B  bofen.     Boch 

Fufziir  (iBf  boka  «abo^chbf*«.     Bocb 

FvBf  Vrrwfe^r  bot^  zwo  seiot  bndiiaf«  «ad  svo  «■- 

bwchbgga.  ifli  zeosfauB  tifin  «ab»l  m  scUos  gegen 

K.  f.  btn  g««ucli. 
Zwo  lio^ii.   «o  maa  aach  auf  bnick^B  gcbnockt.  «ad 

««st   iBi  kaofhan»  auf  d«r  FrHheit  b^i  dm  geaelmi 

hir4LLnNrn  VBd  fomk-n. 


Stb«a   w«M   bcoBL    darabier    maii   di   bossea   foniii, 
M>  Baa  ?»r  etsai^B  wüL 


In  d^m  zeughaaS'  binden  im  höre  geg-en  der 
r-c-smolen    im   schlos   im   andern  boden  ver- 
zeichnet,   als  nachrolgt. 
Ejak-VBirTt  »ibettzig  rkr  ext  mit  stvlra. 
I^kel  ader  n?diacken. 
Zv^ihioMkrt  dr?e&^  zwo  scharpf  pkkel  ader  rottlia^cai 
■US  stein. 

Hawen  ader  rotfaacken. 
SfOBZze  Ti•l^r  bc^it/e  haw«n  ader  rothackea  mit  stehi. 

Spiz  pkrkeÜL 
Zw«ihmKk<t  {aikbäf  drei  spizpkkel  mit  stein. 

Spaden. 
ü&nnzi^  zw-^a  »cwden. 

SKhz«hec  alt  z^rbrocbMi  ^»padea  anf  dem  gescherboden, 
•KBätiifril-s  «tel^^n  zu  g^braocben.  diHi  allein  die  haat- 
gxiS  «-Ktxw**!  sein. 
Tiniff  fonf  i^poden  noch  doselbst.  so  aoch  gebraaeht  sein. 

Ficseisen. 
Dr»icasi*rnt  and  ä^^ckshondezt   fiisetsen   and  ein  fwlein« 

darin  ä«  !iz»n  of  dem  andersten  fvsckirbodea. 
k«m  »in  roet  im  KOghaos  daselbst. 

Hawen  ader  hacken. 

Torzif  zwo    hawoi  ader  backen  mit  zweien  «cbaeideB 
mni  ballen  stele. 


Schupfen. 
Eintausent  zwanzig  drei  schupffen  mit  stein. 
Fünf  alt  «ntuglicher  holzer  sciuipfen  als  forn  mit  eisen 
beschlagen  seint  aufm  gfischerboden. 

Eisern  mistgabeln. 
Einhundert  neunzig  zwo  eisern  mistgabeln  sampt  den  stein, 

Steinpicken. 
Dreissig  acht  steinpicken  mit  zweien   spizt'n   und   auch 
Stelen. 

Schplhemer. 
Nennzehen  schelhemer  mit  stelen, 

Schelhemer  mit  spizen. 
Zwanzig  schelhemer,   die  haben    spizen  und  auch  stele. 

Mulden. 
Neunhundert  mulden,  ligen  auf  dem  obersten   gescher- 

boden,  noch 
Zwanzig  zwo  mulden  ufm  hol  werk. 

Worfschuffel. 
Zwanzig    ein    worfschuflFel    mit    langen    stein   auf   dem 
obersten  gescherboden, 

Lantknechtisch  spis  und  spiseisen. 

Dreihundert  neun    lantknechtisch    spies    mit  iren    eisen, 
auf  dem  obersten  gefschirboden. 

Zweitausend   einhundert  achtzig   drei   knechtisch   spies- 

ei.sen,  auf  dem  understen  geschirboden,  noch  doselbst 
Eintau.send  achthundert  siben    und    neunzig   knechtisch 

spieseiäen.     noch  do-sulbst 
Eintausend  einhundert  sechzig  fünf  knechtisch  spieseisen 

mit  langen  .scheren,     noch  daselbst 
Eintausend  zwanzig  drei  knechtisch  spieseisen. 

Rcitspisoison. 
Dreihundert  neunzig  fünf  reit  spies  eisen  und  daselbst  auf 

dem  andersten  geschirboden. 
Negel. 

Zehentausent  und  vierhundert  nagel,  da  man  die  knech- 
■  tisch  spieseisen  mit  annegelt,  in  des  zeugwartes 
I       cammern  afm  wahel. 


I 


I 


58 

Fünftausend  achthundert  baib  schlos  negel,  blech  und 
leddf*r  damit  aufzunfgehi. 

E'\]{  tausend  nminhundcrt   klein  sattler  nagel,  auf  dem 

understen  geschirbodt^n. 

Ein  klein  fe^lein  mit  brettt-r  nagel,  so  der  zengmeister 
zu  Franikfuft  gekauft  liat  zu  behuf  in.  g.  h.  und 
«teht't  im  BriHil  in  dvt  eisen  canimern  über  meister 
Uelntzeu  Schmitten. 

Reisekaüten. 
Sibenzehen  beschlagen  und  si-hlosliaft  reisekasten,  noch 
Zwen  reisekasten,  die  hat  der  zeugmeist^jr,  wie  er  selbst 

beritht,  in  meiner  bewarung  in  seiner  herberk. 
Ein    alter    langer    reisekaste    bi'schlagen,    stehet    auch 

vor  der  stuben  aufm  gescherhause. 
Zwen  reise  kiiste«  besehlagen   und    schloshaft,    als    im 

Zeughaus   im   Dreul    uf   der  caramern  stehen,  da  das 

alt  eisen  ligt. 
Kin     besihlagner    reisekast,    sehlosshaft    und    schwtirz 

angestrichen,  stehet  vor  den  taminern  im  Breul  vorn 

im  wonhaus  im  zenhaus*). 
Drei  reiaekasten  beychhigen  und  .sihloshaft,  so  im  forder 

wonhaus    auf   dem  kleinen   stublein  stehen    im  Breul 

im  Zeughaus. 

Borkpfeile. 
Siben  krora  fas   mit  borgpfeilen,  auf  dem  ubersten  ge- 

scherboden,  noch 
Drei  thonnen  auch  mit  borgivfeilen  daselbst,  darzu  noch 

in  zweien  häufen  in  ezlich  tausent  pfeil  ungezalt,  noch 
Ein  thon    mit   borgph'iln    alle   auf   dem    obersten    und 

understen  geschirbuden   enthalten,  und  seint  von  Mar- 

purg  kommen. 
Ein   thon   mit   b(>rk[)feiln    im   liieul  im    Zeughaus    und 

stehet    auf  dem    boden    zwischen   den   beeden  eisern 

cammern.     noch 
Ein    fas    mit   borkpfeiln,    so    von    Murpurgk    kommen, 

und  stehet  in    der   caramern    im   zeugimus  im  Breul, 

da  das  alt  eisen  innen  ligt. 


')  Znufhaui'i 


Alt  Biossbeige, 
Zwen  auf  dem  oberstfin  gescherbotien,  noch 
Zwen  blosbelge  auf  dt^m  underssten  geschorboden,    nach 
Zwen  blosbelge,  stehen  im  Bruul  vor  d«!r  hindtir  Schmitten 

im  Zeughaus. 

Kohlrumpf. 
Ein  beschlagen  kohlrimipf,  stellet  im  zeughaus  im  Breul, 

dar  man  kofln  mit  mist. 
Item  ein  klein  glouken,    damit   man   den  knechten  von 

irer  arbeit    zu    tisch    und    an    die  arbeit    lentet,   und 

henck  [so  Ij  foran  obing  der  thur  im  wonhaus  an  der 

hofthrtr. 

Feltschmitten. 
Zwo  feltschmitten,    und   ist   eine   alt.      ligen  beede   im 

Zeughaus  im  Breul. 

SchleifFein  *). 
Drei  Schleifstein,  einer  gutt  mit  weti  und  korbe, 

Wagbalken. 
Drei  wagbalken  gross  und  klein   mit  sampt  vier  knpfcrn 

«cholen  und  zweien  grosuri  holzern,  beschlagen  scho- 

len  und  acht  ketten,  noch 
Ein  kölnisch  wagen    mit  scholun  missingen,   und   seint 

im  Zeughaus  im  acldos. 
Ein  waghalk    im    Breul    im    zeughause,    ist    stark    mit 

hulzern  scholen  une  ketten. 

Gewichte  im   zeughaus   im    sohle s. 
Ein  centner  gegossen  kapfern  Casselisoh  gewicht. 
Ein  centner  messing  gegossen  Normbergnr  g^-wicht. 
Ein  halber  kopfern  gegossen  centner  Cosselisch  gewicht. 
Ein    virtel    eins    Zentners    kopfern    gegossen   Cesselisli 

gewicht. 
Achthalb  S  kopfem  gegossen  Casselisch  gewicht. 
Vier  fli  kopfern  gegossen  Casselisch  gewicht. 
Zwei   6  gegossen  Casselisch  gewicht. 
Seclizehen  ingesezt  pfunt  Narmbberger  gewichte. 


•)  So  statt  »chleiffateiu. 


eo 

Gevincht  im  zeughaus  im  Breul  in  den  Schmitten. 
Ein  centner  gegossen  kopfern,  noch  ein  halben  centaer. 
Ein  virteil  eins  centners   auch   gegossen   und  kopfenif 

noch 

Vier  8),  zwei  S,  achthalb  ff  and  ein  8  kopfem. 

Fass,  so  man  zum  impacken  gebraucht,  auch  pidver- 
thonnen  seint  himach  verzeichnet 

Eilf  fas  ader  stubich,  stehen  im  zenghaos  afm  waheL 

Sibenzehen  kramfas  auch  daselbst. 

Zehen  eichen  fas  daselbst 

Drei  eichen   zober   daselbst  und  gehören  in  die  pnlver- 

molen. 
Zwo  newe  pulverthonnen  daselbst 
Eilf  stubich  oder  cramfas  im  zeughaus  gegen   der  loe- 

moln,  und  stehen  die  falknet  kugel  darinnen. 
Eilf  pnlrerthonen  doselbst,  noch 
Eilf   pulverthonnen,    so    im    zeughaus   fom    im   schlos 

stehen,  und  ein  halb  eichen  fass,  dar  in  das  blei  ge- 
standen. 
Ein  kram  fesslein  auf  dem  obersten  geschirboden. 
Ein  pulverthon  daselbst  mit  einem  boden. 
Ein  alte  kisten  auf  dem  understen  geschirboden. 
Drei  kramfas  thennen  eine  ider  mit  einem  boden. 
Drei  eichen  fas,  so  von  WolJBTenbuttel  bracht  sein,  und 

ist  salpetter   darin  gewesen,    vor  der  stoben  ufin  ge- 

scherboden. 
Ein  eichen  fas  da  man  inpacki  daselbst. 
Ein  thennen  kramfas  auch  daselbst. 
Siben  halb  fass,  darin  man  wasser  thut,  steen  im  wogen^r- 

haus  und  daselbst  im  zeughaus. 
Vier  pulver  thonnen  im  zeughaus  im  BreuL 
Drei   kramfas    auf   dem   boden    vor   den   beeden  eisern 

cammem. 
Ein  kramfas,  steet  im  Breul  in  der  cammem,  da  das  alt 

eisen  innen  ligt 
Zwei  alt  pulver  feslein,  da  man  nagel  in  thut,  stehen 

im  Breul  in  der  cammem,  da  das  eisen  innen  ligt 


"Beth,  betspan.  tisch  und  bcnke,  wie  nachverzeichneth, 

auch  kisten. 
Ein  thennen  kisten,  so  man  insezt  auf  beine  nfm  wahfil 
im   zf>ughaus,    so  Meistm-  Wilhnlm    sfligir    imigehabt, 
and  haben    die  gort«n  scIi^Mibeii  darin  gnleg^n. 
ßn   kisten    thenntin    dastilbst.   auf  beinen    on«    gphcng 

und  unbescblagen. 
Drei  viereckt  tisch  mit  creutzen  daselbst. 
)rpi  b^-ttspondf  daselbst. 
Swei   feddt'rbet  auch  daselbst. 
Zwen  pulbfii  auch  da.sflbst 
Zwei  leilachea  und 
Zwo  decken. 
Fünf  benke. 
Ein    schenkgen  *)    mit    einem    schlos    und    bcschlag    in 

kder  stoben,  schwarz  angestjichen,  das   niiiii  (uil'i'im-n 
bank  sezt. 
wen    bettspont  dennun  im  zenghaua  im  Breul  auf  der 
eisen  cammern. 
Vier   betspont   in    d(^n  cammf>ni   im  furder  wouhaus  im 
Bri'ul  im  z«'Ughau.s  da.s('lb.st. 
^^Ein  eichen  bank  vor  das  bftli,  nuch 
^■■ier  pelzfern  decken,  gut  und  b<*se. 
^■Zwo  leinen  decken  gut  und  bo|5. 

Zwei  alt  klein  feddcrbpt,  noch 
H^wen  alt  piilben. 
^|Bin  heubt  küssen. 

Fünf  viereckter  tiscli  mit  creuzen  im  zeugliaus  im  Breul 

im  forder  wonhaus  in  den  dreien  stuben- 
Zehen  benk  gros   und   klein    und    eins    theils    stark   in 

der  selbigen  stuben. 
Fünf  beth  im  fitrdcr  wonhaua  im  Breul  in  dem  kleinen 
stubgen,  darunter  sein  zwei  mit  untuglichen  ziehen. 
)rei  pule  und  ein  küssen  oiie  ziehen  dnselbst. 
Jechs   schwarz  pelzen    diaktiicber    gut  und  böse,    noch 
daselbst 
^Vier  zerrissene  alt  gewerkt  decktiicher. 
i\n  alt  thennen  bettladen  neiden  in  der  cammern  neben 
der  stuben. 


•;  d.  i.  Öchrttnkcben. 


Fünf  newer  tischtücher  im  zenghaus  im  Breal. 
Vier  hantzweln  daselbst 
Sechs  par  leilachen. 

Werkzeuk,  so  ufm  wähl  obing  der  batstuben  der 
zeugwart  Rommell  under  banden  hatt. 
Ein  schrauben  stecken, 
Ein  bank  anbos. 
Ein  geschraubeten   feilkloben. 
Ein  Ess. 

Neun  feilen  klein  and  gros. 
Ein  fohrhamer. 
Zwo  schmitzangen. 
Zwen  eisen  schlegel. 
Zwen  schrotmeisel. 
Ein  feilhamer. 
Zwen  sezmeisel. 
Vier  hemer. 

Sechzehen  allerlei  bankmeisel. 
Ein  bank  secken. 

Pulversebbe. 
Vier  pulver  sebbe,  so   ufm  wall  im   zeughaus   sein  und 
ettwan  der  zeugwart  Meister  Wilhelm  gebraucht  hat, 
und  nun  izt  der  zengwart  Rommel  underhanden. 

Nachgemelts  ist   in   der  pulvermolen    in- 

V  e  n  t  i  r  t. 

Erstlich  in  der  alten  molen. 

Ein  stampflock  mit  zehen  pfannen,  mit  zehen  stempfen 

und  zehen  sehnen. 

Damach   im  wonhause,   dar   in   der   pulvermacher 

Meister  Hans  Studell  sizt. 
Ein  grosser  kessel  mit  vier  oren. 
Ein  kleiner  kessel  und  ist  ingekleibt. 
Ein  gros  kopfem  Laaterbecken  mit  dreien  hantgriffen. 
Ein  kopfern  kellen,  da  man  wasser  mit  schepft. 
Zwo  ext 

Ein  gros  eisen  schlaghamer. 
Ein  sezmeisel. 
Ein  gntt  new  hebeisen. 
Fünf  grosser  holmeisel. 
Vier  spaden. 


Acht  schupfen  mit  stein. 

Ein  spiz  pickein. 

Ein  breit  pickfiln. 

Ein  messingen  hauen. 

New  thennpn  fas  ilar  innen  nuin  kotfn  behflt. 

Sechs  halb  eichnf  fas  darin  man  wasst?r  tliut. 

Ein  boror,  damit  man  die  sclniffi^l  uffmacht. 

Zwelf  muldeii  klein  und  gros. 

Ein    wagbalken    mit    zweien    grossen   kopfeni    acholen, 

damit  er  pnlver  und  anders  weigt. 
Ein  gewicht  von  funfthalb  fli 


allfts  von  blei  gegossen 
gewichte. 


Ein  von  3'/a  ß 

Ein  von  zweien  g 

Eins  von  einem  S 

Eins  von  einem  halbe«  S. 

Ein.s  von  einem  virteil  eins  ßl 

Ein  alter  schank. 

In  der  ander  pulvermolen,   die   helle  mnln  gnant,   ist 

verzeichnet  wie  volget. 
Ein    .stampfplock    mit    zehen    pfannen,    zehen    st.empffH 

und  zehen  sclinen. 
Ein    lange    leitern    mit    zweyen    schenben,    oben    und 

uuden    ei.sen    scbucli,    als  aus  dem    lant    zu   Wnrtem- 

hergk  kommen  ist. 
Fiinf  newer  Stempel  holzer. 
Zwei   newe  heren  sebbe,   noch 
Zwei  alte  hern  sebbe. 
Vier  körn  .sebbe,  ein  new  uiul  drei  alte. 
Vier  schauhkarn. 
Zwanzig  sechs  taffel  zum  pulver  zetrnckeu. 

Im    zeughause  im    Breul   ist   erstlich   verzeichnet  der 
zimmerleuth  und  wajtrner  werkgezeug  unserm  gnedigen 

hern  zustendig. 
Drei  grosser  Schrotsägen. 
Zwo  grosser  spalsagen. 
Ein  wendehacken. 

Zwen  te.ster*)  ader  zirkel,    und  ist    einer  uberzint,  und 
denselbigeu  soll   Rommel  der  zeugwart  bei  sich  haben. 
Zwen  meisel,  ein  breit  und  einer  schmal,  noch 
I      Zwen  hoelmoisel  gross  und  klein. 


*)  Tftätei'  =  gebo({CDer  Ziilel, 


64 

Siben  grosser  nebiger*),  noch 
Ein  kleiner  nebiger. 
Vier  eisern  klammen. 

Wagnergezeug. 
Fnnf  grosser  naben  bor,  damit  man  die  nahen  xa  den 

carthanredder  bort. 
Ein  klein  naben  bor. 
Ein  eisen  schlag  hamer. 

In  der  hinder  Schmitten  Peters  im  zeughause  im  Breul 
ist  verzeichnet  nach  gemelter  werki^ug  zum  schmitt- 
werk u.  g.  h.  zuständig. 
Zwen  toppel  blosbelke. 
Ein  eseisen,  und  gehört  znr  feit  Schmitten. 
Drei  gutter  ambos,  nnd  ist  der  best  zu  Darmstat  gekauft. 
Zwen  bom  ambos  ader  sperhacken. 
Drei  nagel  eisen. 
Zwen    kolhacken    und    funfzehen    klammen    nnd    zwo 

kloüten. 
Zwen  leschwiBch,  zwen  leschspies,  sechs  notringe. 
Drei  eisen  schlagen. 
Drei  forhamer. 
Fünf  neben  schlagen  hämer. 
Fünf  hanthämer. 
Zwen  nagelhämer. 
Zwenn  blechhämer. 
Zwen  sezmeisel. 
Ein  runden  sezmeisel. 
Ein  zeichenhamer. 
Ein  feilhamer. 
Siben  runde  stempfhamer. 
Siben  flach  stempfen. 
Ein  blechstempfen. 
Neun  schrotmeisel,  gut  und  bos. 

Drei  rathborhamer,  ein  korner,  drei  haut  durch  schlege. 
Zwen  abbrech  meisel.     zwo  böge  laden  **)  eisen. 
Drei  lochscheuben. 
Zwanzig  vier  schmetzangen   gros  und  klein,   krom  und 

strack. 


*)  Nebiger,  älter  nabe-gir,   bei.  eine  Art  Bohrer  (eigentlidi 
Nabe'spiess ) 

**)  Lade  bez.  aach  Dan.  Sanders  (Wb.  d.  dtsch  Spr.)ebeD 
Schraabetook.    B<^fdaden  veiss  ich  nicht  zu  eriüliren. 


I 


I 


I 


I 


Ruf  blechzangen,  da  man  redder  mit  aufbrent.  *) 
Ein  haiitbeil,  da  man  hjimerstt»!  mit  macht. 
Fünf  meisel,  die  redder  mit  jebuchsen.  **) 
Zwen  holzmeisel,  ein  knecht  so  forn  in  der  essen  steht. 
Vier  feilen. 

Item  allerlei  mas  und  muster  von  eisen,  ao  sie  zum 
schmitwerk  gebrauchen,  seint  nit  gezalt. 

Volgent  eisen  ist  in  berurter  Schmitten  gewesen  und 

gewigen  one  die  schmerscheuben,  seint  getzalt 
Acht  schmerscheuben. 
Anderfhalben  zentner  rotschenen. 

Anderthalben  Zentner  virzig  anderthalb  ß  stabeisen. 
Zwolfthalben  zentner  und  zwei  U  alt  eisen. 

Virzig  fünf  i?  abschroiei.sen,  so  sicli  der  zeugmeister 
ztigeeignet  ime  geborlich  und  doch  .solt  es  m.  g.  her« 
pleiben,   wie  es  .t.  f.  g.  auch  bis  dolier  gelas.sen  were. 

In  der  ander  meister  Heintzen  des  Schlossers  Schmitten 
im  Breul  ist  der  werk^ezeug  und  anders  m.  g.  h. 
zu.stendig  verzeichnet  und  aufgeschriben,  wie  hirnach 

volget. 
Ein  doppel  blashalk. 
Zwen  einfach  blasbelk^. 

Zwen  anbos,  zwen  sperhacken  ader  hornanbos. 
Ein  stempf  ader  nageleisen.  Ein  böige  laden. 
Zwen   eisern  schlegehamer. 

Vier  vorharaer,  drei  nebenschlege,  drei  hautharaer. 
Drei  nagelhamer.     Fünf  lioh-:  sezmeise)  hamer. 
Fünf  nagel  stempf*'),  gut  und  böse. 
Drei  vierecket  sezmei^el,  ein  zeichen  hamer. 
Sibenzehen  schrotmei.selhamer  gut  und  bos. 
Virzehen  flach  stcnipfel  klein  und  gross. 
Acht  runde  stempfel  klein  und  gross. 
Zwen  rotli  horhamer, 
Dreissig  .siben  zangen,  krom  und  strack,  klein  und  gross, 

aller  gattunge. 
Zwo  abbruch  zangen. 
Ein  schneitmesser      \ 
Ein  hantbeil  / 


liamer  stel  mit  zu  machen. 


•J  Vielleicht  vorscliriebon  für  atabrent  ? 
••)  VcrsL'hrieben  für  xtbuchsen, 
V  r.  XVI.  Bd. 


66 

S^bft  BÄgf-lbieen,  grosB  and  kkin. 

Ziren  abbrach  meiseL 

Vkr  dmcbschl^gmeisel.    wchs   kjcfascheaben   Umd  und 

Zwanzig  zwen  sperringe  ader  spanringe. 

Zir«;n  alt  bleilöffeL     ein  knecbt  in  der  esaen. 

Zwen  lo«ch  weddeL,   zwen  loscb  spies,  zwo  kolhacken. 

Drei  fechreabe  stock. 

Drei  bank  anboe. 

Drei  bolzmeiael. 

Ein  flecken,*)  ein  feilkloben,  zwen  hobneiseL 

Ein  boer  und  ein  aosziber  za  hantrhom. 

Sech«  breneisen  damit  man  fas  zeicbnet 

Zwei  locber  mass. 

Zwanzig  fdnf  maln  scblos. 

Drei  schrenbe  stock. 

Drei  bankanbos. 

Drei  feil  kloben. 

Acht  bankhamer.  **) 

Drei  gerbestel. 

Zwei  boer,  ein  trester. 

Yirzig  zwo  feilen  gross  und  klein,  rant  nnd  flacb. 

Ein  raspen  feil    ein  stossage,  ner  feilbamer. 

Fanf  boer  mnt  nnd  vireckt,    da   man   die  eisen   locher 

mit  weiter  macht. 
Vier  »ecke,  vier  flösse!  dorn,  ein  rhnm  boer  dreieckicbi 
Drei    iochscheuben.      virzig    siben   meisel   and    dorch- 

Hchlege. 
Zwei  bankblei,  da  man  feiln  auf  hewet. 
Ein  blechscheren. 

Ein  rieht  dorn,  da  man  malschlos  nberricht. 
Sechs  schraube  boer  klein  nnd  gross. 
Ein  ren  spindel. 
Ein  winkeleisen. 


*)  Hammer  zam  Secken,  bei  Klempnern  und  Capferschmieden 
im  Gebrauch. 

**)  Hammer  auf  der  Feilbank  gebnncht. 


67 


Item  allerlei  mas  und  moster  von  isen,  so  sie  gebrauchen, 
Bcint  vorbandun  und  nicht  gnzalt. 

Zu   dem  ist   auch  in    bcrurtcr   Schmitten    verzeichnet 

und  funden  nachgemcli  eisen  abschrodt,  stal  und 

anders  wie  volgt. 

Foof  alte  schlos  vor  die  buchsen  locher,  and  seint 
herzogen  Heinrichs  gewesen. 

Sechs  schlos,  als  vor  die  sengerin  und  ander  meins 
gnedigen  hem  buchsen  gehören. 

Vier  beschlagen  kestgeii. 

Virzig  zwo  pockeln,  so  man  auf  die  buchsengefess 
anschlecht. 

Sechzig  zwen  gelotter  Schlüsse!,  noch 

Einhundert  und  funfzehen  gelotter  schlossel. 

Einhundert  zwatitzig  sechs  newer  unbederbter  feilen  gros 
und  klein  aller  gattunge,  so  der  zeugmcistf-r  zu 
Franckfurth  gekauft  hat. 

Zwo  kisten  beschlagen  und  schloshaft,  in  der  einen 
seint  die  feilen  iztgemelt,  und  in  der  andern  hat 
mei.ster  Heinta  sclilussel  zun  buchsen  gehörig  und 
anders  wes  itne  tiotturft  zu  hinderlegen  in  bewaninge 
aus  der  hant,  noch 

Ein  kisten  mit  zweien  gefachen  underscheiden,  schlos- 
hafft  und  beschlagen,  andfrthalb  elen  und  ein  halb 
virtpl  inwendig  in  die  l^ngede  geniesfien,  und  ein 
halbe  flen  breit  inwendig  und  ist  einer  halben  eleu 
tiff,  berurt  kiste  steet  mit  uberzinten  nagel  allerlei 
gattunge. 

Stael. 

Zwanzig  ein  halb  Ä  stael,  auch  in  der  Schmitten. 

So  ist  auch  in  dpr  jifannen  zin  und  nicht  gfivvig<'n,  die- 
weil  mans  nicht  konth  ausbringen,  mag  man  zu  be- 
buf  u.  g.  hem.  vertruglich  verarbeiten  und  dau  in 
schreiben. 

Storzblech. 

Acbtzeheu  G  storzblech. 

Stabeisen  newe. 
Siben  zentner  und  acbf^zehen  Bf. 
Siben  zentner  alt  eisen,  noch 

6* 


68 

Ein  halbf^r  zentner  und  vier  K  abschrnt  als  auch  der 
zeugmiil.stHr  sich  zueigen  wolt  und  doch  bisher  u.  g. 
her«  gelassen. 

Nachgemelt  eisenwcrk    und   anders   u.   g.  h.   zustän- 
dig ist  im  zeughause  im  lireul  auf  der  cannmcr  obing 
meister  Heintzen  Schmitten  verzeichnet  und  befunden 
wie  hernach  gemelt. 

Einhundert  und  virzehen  grosser  falkunen  rathschenen, 
wie  sie  von  der  waltschmitten  kommen  sein. 

Zwanzig  sechs  kleiner  falknet.  rashsehenen,  auch  wie 
die  von  der  waltschmitten  kommcm  sein. 

Zwanzig  und  ein   eisern   stos   klein   und  gros,   wie   sie 

vfvm  walthamer  kommen  sein. 
Dreissig  sechs   achsbande   klein  und  gros,   wie  sie  vom 

walthamer  kommen  sein, 
öibeiizehen    deckel    klein  und  gros,    als    sie    vom  walt- 
hamer kämmen  sein. 
Fünfzig  fünf  ganzer  .storzblech  und  noch  ein  halbs,  wie 

sie  vom  walthamer  kommen  sein. 
Sechzig  drei   einfach   halb    storzblech,    vom  walthamer 

kommen. 
Virzig  und  ein  doppel  nagel  gros,   so  man  in  die  gefes 

braucht,   und  seint  wie  sie  vom  walthamer  kommen, 
Drui  lialb  nagel   auch    in    die   gefes   und  regel  gehörig, 

wie  sie  vom  walthamer  sein  kommen. 
Zlieen     blech    zun    stosregel     als    sie    vom    walthamer 

kommen  sein. 
Sechzig  drei  stehe,  wie  .sie  vom  walthamer  kommen  sein. 
Siben  langer  blech,  so  mit  gewenden  oben  sein. 
Ein  gros  stein zangen. 
Zwölf  gefenknus  eisen,  khnn  und  gros. 
Zwanzig   siben    langer    blech,    als    sie    vom    walthamer 

kommen  sein. 

Zwei  eisen  mit  sicheln  viern  zu  allen  ecken,  als  man 
im  storm  gebraucht  ins  wasser,  und  seint  roth  an- 
gestrichen. 

Zwanzig  sechs  ringe  klein  droteisen. 

Vier  ringe  grob  drot  eisen. 


I 


Stael 

^ier  Zentner   stock   und  noch  dreissig  ein  Ä  zu  Nurm- 
bergk  kauft. 

[Dreihundert  sechzig  acht  rath  nagel  allerlei  gattunge. 
Eilfthalb  Q  allerlei  gattunge»  blnclmagel. 
Dreihundert  virzig  leist  nagel. 
Eilfhundert  virzig  schlangen  ratUnagel. 
[Anderthalb  hundert  sechs  ratnagel  zn  falknetten. 

In  der  andern  cammcm  gegen  der  eisen  cammcrn,  so 
vor  gcmolt,  ist  dis  himach  verzeichnet  befunden. 

Fünfhundert  klein  und  gros  rot  bände,  der  eintheils 
zu  lang  und  zu  m.  g.  hent  wagen  redern  nit  zu  ge- 
brauchen, anders  dan  widderumb  zu  sühmydeii,  und 
haben  herzog  Ht^inrich  gehört 

Zweihundert  sibenzig  vier  klein  und  gros  linsen. 

£intausent  üibenzig  zvven  rntij  baut  nagel. 

Dreihundert  sechzehen  rothnagel,  noch 

Zweihundert  rotnagel,  so  ausgeworfen  sein. 

Virzig  drei  fulblech  gut  und  bo.s. 
wei  gros  newe  wag  bletter  mit  ringen. 

Vier  par  hacken  an  die  forderwagon. 

Dreizehen  alter  ext. 

Zehen  alter  »piz  pickel. 

Zehen  alter  hacken. 

Ftinfzig  neun  sthm^'r  scheuben  mit  hacken  gros  und 
klein  vor  die  .stuck  gro-s  buchsen. 

Sechzig  vier  schuier  scheuben  fnrn  und  binden,  klein 
und  gro.s  zum  geschuz. 

Ein  glücken  knoppRK  will  sich  der  zengmeister  zueigen. 

Zwen  groh  alt  gieslöffel  mit  langen  stelen,  und  seint 
eisen  und  nicht  .sonderlich  mehr  nuz. 

Anderthalbun  Zentner  alter  rathnagel,  noch 

Kin  Zentner  rathnagel,  sollen  nicht  tugüuh  zu  verschlagen 
sein,  wollen  sie  zu  hagelgeschus  brauchen. 

Dreizehen  zentner  und  ein  virdentlieü  eins  Zentners  ab- 
schrodt  und  abüchniz,  so  sich  auch  der  zeugmeisier 


70 

hat  wrrll»n  ^*■'tn»■T  gfT<rcfatijekeit  zo^ig»B  und  docb  nit 

l>r»L«Aig  •ib^Q  KQtn^rr  ah  ets^n.  alW-rl^L 

KtnkaiMknfeib^nzig  nnd  zwo  groeser  mid  klenwr  aHar 
nütnf:\x*:nhn.  ah  herzog  Heinrichs  gewesen  and  nicbt 
zaTerüchmedden  %ein.  ^/ndem  das  sie  auf  die  waH- 
Hrhmit  geacbickt  werden  and  gebreachlich  eisen 
danuu  zn  iK-hmeden. 

Anderhalb    zentner    ah    eis«n    von    zerbrochen    eisen 

hacken  and  ofen  steaen   aach  auf  die  waltschmit  n 

schicken. 
Kin  M:hraabebank,   so   der  zeogschloeser   im    felde  ge- 

braocht 
Kin  hölzern  bettchlagen  stock. 
Kin  kleiner  »tock  zam  i»perranbos. 

Im  fordcr  wonhaus  im  Breul  im  zeugfaaus. 
F>intaa8«nd  einhundert  achtzig   drei    klein    speichel   la 

falkanreddern  za  gebrauchen. 

Sibenhundert  neunzig  fanf  grosser  speicheln  za  carthaa 

retlder  za  gebrauchen. 
SetrhHhundert  funfzehen  grosser  feigen  zu  carthun  red- 

dem,  und  ligen  solch  wagengezeng  einstheils  hinder 

im  hove  im  wagenhause  und  auch  in  der  eisen  cam- 

mern  zum  forrath. 
.Achtzig  fünf  grosser  und  kleiner  achsen  zu  carthunen 

und  falkun,  zu  dem  noch  bei  sechs  ader  siben  achsen 

hinder  im  hove  unverzeichnet  pliben,   die  sie  teglich 

zu  verarbeiten,    wie  der  zeugmeister   bericht,    ander 

die  hant  nemen  solten. 
Item  (58  scint  auch  bei   fünf  ader  sechshundert  heim 

stchl  zu  hacken   und  picken  ungeverlich   und  unge- 

zalt  auf  der  eisen  cammern  im  forrath. 
Item  so  seint  auch  im  forrath  im  zeughaus  im  sehlos 

gegen  der  rossmoln  fünfzig  scbupfenstel,  darzu  noch 

zweihundert  gutter  ext  helmstel,  noch  daselbst 
Zwanzig  starker  hebbanm,  noch  drei  hebbaum  im  zeag- 

liaus  ufm  wahel. 
It(;m  auf  dem  andersten  scherrboden  seint  zum  forrath 

sechzig  fünf  par  schuffein  stel. 


71 


I 


Item  anderthalb  hundert,  hölzern  schefFte,  so  zu  den 
scherpentin  und  hacken  gehawen  sein  zum  forrath, 
und  Ügen  bei  den  eichen  delen. 

In  der  kuchen  im  fordor  wonhaus. 
Zwo  mesfsingen  spniaen,  Ugen  in  der  stuben. 

Ein  stark  eisern  blech,  steet  vor  dem  kachelofen  vor 
der  understnben.     noch 

Ein  stark  eisern  blech,  ist  vor  das  ofen  liol  ge^ezt 
auf  dem  kleinen  stiibichen. 

Ein  lange  brantreide. 

Ein  dreifas. 

Elin  rost. 

Ein  lenge  hoel. 

Ein  kessel. 

Ein  anrichttisch, 

Ein  schank. 

Ein  hantbeil. 

Zwen  hawstock. 

Acht  holzern  schussel. 

Item  zu  gedenken,  es  ligt  ein  register  in  dem  kleinen 
stubichen  im  ford«'r  wonhaiis  im  Breul  im  Zeughaus 
in  eini'm  rpi.sekast«!n,  und  bericht  dpr  zeugmeister, 
das  sollichs  Reichart  zu  berechen  habe,  wos  er  seiner 
Verwaltung  im  zeughauae  gehabt  und  verarbeiten 
hab  lassen,  und  man  seit  es  daäelbst  lusseu  bis  zu 
Reicharts  ankauft. 

Ein  lange  leitern  auf  der  leuben. 

Im  Keller. 
Der  ligt  halber  vnl  »chmittkolen  zum  forrath. 
Zwei  feslein,  in  dem  einen  ist  ein  wenig  bäum  e^ley,  im 
andern  ein  wenig  Icinolei.     auch  daselbst  im  keller 

Unschlet. 

Ein  botterfas  darinnen  ist  anderthalber  Zentner  und 
acht  0  lauter  unsclilft,  und  ist  das  fas  abgezogen. 

Im  gisshaus  meistcr  Mcrtins  im  Breiü  im  zeughause. 

Eilf  eisern  cammern  gros  und  klein,  als  zu  stein- 
buchsen  gebort  haben,     und   darzu   noch  am  grobtj 


72 

steinbachs  aach  eisen,  und  em  zerbrodien  «iaeni 
fialknet.  al»  den  von  Grebenstein  gewesen,  ligen  vor 
dem  gieshaas  and  seint  nngebreochlich,  dim  das 
man  solchs  aof  die  waltschmit  mag  sducken  and 
gebrenchlich  eisen  daraas  sc-hmedden. 

Virthalben   centner  and   ein    vertel   eins    xentnets    alt 

eisen  allerley. 
Sechs  aasbereiter  kopfem  schae,  so  in  palver  malen 

gehörig. 
Ein  aasbereit  kopfem  pfannen  and 
Ein  aasbereit  kopfem  decke!,  and  dan  anasbereit 
Fünf  kopfern  scheaben,  die  haben  zasamen  im  gewicht 

zvien  centner  und  ein  virtel  eines  centners. 
Drei  kopfern  boerkopfe  zu  carthunen  gehörig. 
Drei  boerkopfe  zu  schlangen  und  falkunen,  auch  kopfem. 
Ein  gros  hölzern  boerkopf  mit  eisen  reifen. 
Ein  kopfern  deckel  auf  ein  zandeloch. 
Zwen  kopfem  deckel  klein,  auf  falknet. 

Im  gieshaus  werkgetzeug  und  anders. 
Ein  messii^n  leuchter  mit  zweien  eisern  rom. 
Ein  kessel. 

Ein  zerbrochen  ambos. 
Ein  sperrhacken  ader  han  ambos. 
Ein  bank  und  ein  schrauben  stecken  daran. 
Ein  doppel  blasbalk. 
Achtzehn  feilen  klein  und  gros. 
Ein  raspe. 
Zwei  stuck  feilen. 
Vier  feilen  hemer. 
Drei  picken. 
Drei  schrotmeisel. 
Drei  dnrchschlege. 
Vier  plazhamer. 
Ein  gros  forhamer. 
Siben  hanthamer. 
Ein  holzsagen. 
Ein  sagen  blaih,  noch 


Drei   sagenbletter,    damit   man    die   buchsen   form   ab- 
schneit, noch 
Ein  sage  mit  einem  blade. 
Ein  drefus, 

Fünfzig   und   ein   meisol   und   stempul,   klein  und  gros, 

gilt  und  böse,  noch 
Ein  langer  meisel. 
Zwen  holzmeisel. 

Ein  beer,  da  man  scheaben  mit  borth. 
Zwei  leuman  eisen. 
Zwo  feurkloft  klein  und  gros. 
Siben  schmedt  zangen. 
Zwen  eschwedel. 
Ein  kopff^m  dampf  kolben. 
W  Ein  nagel  zangen. 
Ein  stabeisen. 

^Ein  lange  zangen,  damit  das  gezeng  insezt. 
Drei  schupfen,    noch  ein  schupfen  daselbst. 
Zwen  spaden. 
Vir  hacken. 
Ein  axt. 

Ein  hamer,  damit  man  schlacken  schlecht. 
Ein  hacken  in  die  ess. 

Vier  krampfen,  so  an  Frantzen  bort  zeuge  gewesen  sein. 
Ein  eisen,    hatt   mittlen   ein  loch  und  an  beeden  seiden 

»hacken   und  soll  auch  Frantzen  bort   zeuge  gewesen 
sein,  haben  dem  keinen  namen  geben. 
Ein  eisern  kruk,  auch  zu  demselbigen  bort  zeuge. 
Ein  knig  an  einem  sclileifstein  gehörig,  ist  eisen. 
Ein  schupf  in  den  wintofen  gehörig. 
Ein  eisen,  damit  man  die  formen  aussticlit. 
Ein  Wischer  in  ein  form,     noch  ein  wischer. 
Ein  krug  in  ein  form, 
Zwei  stuck  von  einer  ketten. 
Zehen  grabe  stucke. 
Vier  schabe  krucken. 


74 

Ein  ei^ien).  damit  man  die  wappen  renanbeit. 
Ein  mt-iä«*!  in  ein  form 
Ein  eij^n  kolp  zur  falkon. 

Zvrn    £BU«tbrbrL 

EÜn    «»rZitrmpW. 

Zvt-D  aaeii^L 

Ein  »ihr^t  mri>rl  in  eim  »«.hmetstoek. 

Ein  nnk  Urin««  risem  drot& 

Ein  Lju..krn.  damit  man  dk-  $prrse  mre-t- 

Ein  ris^n  aoi  t-in  cremt. 

Ein  gTO>  knmpf  an  ein  behaeok. 

Ein  nagt-l  in  einen  hebbocL 

Em  eisien  zu  dfr  fonneiL 

EÜE  kJrin  K^peiensrlein. 

Zwo  «ichneiden.  damit  man  die  fearbodumi  gebort  bat 

In  kj^eshause- 
Tk?  xapien  in  ein  «mtoffen. 
Tirr  kraiktn.  damit  man  ijv  »;«rj*e  i^aret. 
Zm*-!:  ia>  zapfen. 
Z-K-T.  r\t>i  \or  den  r^ft-n. 
Z*t:  sni^k  T»ril,  btr.tVn. 
E^  lazu^-  ktttrn  umb  den  Ä^hl^f■a'^fea. 
E:n  ejjx-m   kloHen    mit    dreitn  i^F-fceiMS  sciwcbenf  an 

Em  t-üifTr  s«.hmvl2kflkn  jcr»». 

I»?!-:  >:5<k  krU^n. 

Eix  ah  camrot-rbiKlij«.  i^e'h^ln<;ht  meissm  llartÜL 

T.ZL  fi<<eiL  tiamn  cr.ar.  formen  aassti^kv 

Ejl  ikix^e   vijiirn  huk>f,   damit  man  d«&  ken  aasstklit. 

E::r  b>-r  rzia  falknet. 

2»-:  S.-.r  «caiiCf-n. 

F^T.  s.bv'.':i..  iAr.-.i:  raai:  »-.Jt-  kem  aasx^ineit. 

A.:r:  kvrc  Ti^j^'T!  m  oanhr.r..  $v.hjuu?ezi  «ni  falkna. 

Ejl  ktirr  kt'J7K-3»en  ra  fxw-x  h^awhttCÄ. 

£iE  faw3t  kxaapi<m.  «"an  der  kern  asac!Mi>pes  wird. 


Ein  hacken  aach  darzu  gehörig. 

Zwen  zapfen  eiseni,  an  einr-n  kern  gehörig. 

Zwei  stucke  von  einem  kern  eisen, 

Zwanzig  neun   langer   schenen   in   die   formen  geborig, 

eisen,  noch 
.Achtzehen  kurzer  schenen,  noch 
Aclitzehen  stuck  schenen  zu  den  falknetten. 
Rlin  korneisen  zu  den  falkuetten.     noch 
Ein  stuck  kern  eisen. 
Einhundert  virzig  und  acht  eieem  bände  gut  und  böse, 

klein  und  gros,  damit  man  die  formnu  hint. 
Siben  eisen  über  die  heb  ore  an  den  formten. 
Ein   boel  stange   mit   uiuem    kronhn,    daraitt  man   Jen 

kern  aushort. 
Ein  eisen  durch  den  kern. 
Vier  carthunkugel         i 
Drei  falkunkugel  j   eisern. 

Ein  Schlangenkugel      \ 

Fünf  eisern  bant  ringe  zu  einer  walzen  gehörig. 
Ein  schieden  mit  zweien  walzen  und  be.schl;ig('n  köpfen. 
Eiji  beschlagen  trock,  darin  man  die  sagen  hertet. 

Gewichte. 
Ein  centner 
Ein  halb  centner 
Ein  virteil  eins  centners 
Zehen  ü 
Sechs  Q 
Vier  S 
Zwei  S 


allns  ko[)fern   gewicht   in 

dem  Zeughaus  da  meister 

Mertin  geust. 


Zigenhain. 

Dies  nachgemelt  geHchutz  und  wes  zur  ar- 
thalarei  gehöret  sampt  ander  munition  ist 
zu  Zigenhain  im  zeughause  auf  Suntag 
den  15,  februarij  anno  ?C.  45  durch  mich 
Johan    Gerharten    beiwesens   Johan    Rum- 


76 

mels  zengwarts  auf  berelch  n.  g.  h.  afge- 
«chriben  and  ioTentirt.  witr  Michel  Weissen- 
bergk  der  zcagwart  daselbst  gegenwirtig 
alles  namhaft  angezeigt  and  inseinerver- 
waltnng  hatt  erstlich 

Zwo  Mrhwarz  carthanen.   sampt   iren  beeden  gefeaseUf 

ladangen  and  aller  zabehor.  and  scheust  ein  ide  50  S. 
Acht  newe  carthanen  sampt   iren  gefessen.  latschnffeln 

und  zugehorungen.  und  scheust  eine  ide  40  8  eisen. 
Ein    carthnn.   so  der   Muz  gnant    wirde    und   ^enog 

Heinrichs  Ton  Braunschweigs  gewesen  ist,  mit  einem 

alten  gefes,  alten  latschnffeln.  onzugericht  und  scheost 

achtzig  S. 
Ein   carthnn.   so  aach  herzog   Heinrichs   gewesen    ist, 

mit  irem  alten  gefes,  anzngeriuhten  latschoffeln,  und 

anderm.  und  scheust  60  8. 
Zwo  sengerin,    seint   auch   herzog   Heinrichs   gewesen, 

one  aller  rustung,  und  scheust  ein  ide  30  S. 
Fünf  newe  schlangen  mit  iren  gefessen.  latschnffeln  und 

aller  rustung,  und  scheust  ein  ide  16  (T. 
Sechs  newe    falkunen    mit    iren   gefessen,    latschnffeln 

und  aller   rustung,   und   scheust  ein   ide    8  fl^,    und 

mangeln  zwo  kugelkasten  daran. 
Zwen  apostel  beeden  mit  iren  gefessen,  latschnffeln  and 

aller  nistung,  und  scheust  ein  ide  2  fi. 
Zwei  falknet  mit  iren  gefessen.  ladangen  und  aller  rus- 
tung. und  scheust  ein  ide  1'  s  ff.     noch 
Zwei  falknet  mit  iren   beeden   gefessen,    ladungen  und 

aller  rustung,  und  scheust  ein  ide  ein  G  ungeverlich, 

und  gehören  den  von  Hombergk  in  Hessen. 
Sechs  und  neunzig  korz  eisern   steinbuchsen    mit  iren 

zapfen. 
Achtzehen   newe   kopfem  stormbuchsen,   so  der  haupt- 

mann   Heintz   Leutter  hat   gissen   lassen,    und    seint 

ungefast 

Zwo   korz   messingen  sturmbuchsen,    seint    in    beeden 
pforthausem. 

Ein  eisern  steinbuchs  sonder   cammem,   als  vor  dem 
schlos  der  pforten  liget 


Zwo  eisern  buchsen,  am  rhor  ungevcrlich  f  len  lang,  die 
«ine  ist  klein,  und  hüben  lange  eiswn  stel,  werden 
Vogler  gnant 

Ein  eisern  steinbuchs  nait  zweien  cammern,  und  ist. 
UDzugericht. 

Vier  kopfern  stel  bnchseii. 

Ganz  doppclhackcn. 

Zwo  doppelhacken  mit  schwanimensclijos,  seint.  kopfern 
und  hat  d«r  gartner. 

Zwo    doppelhacken    mit    schwammenschlos    und    aller 

rustunge  im  waclithans  Ludwig  Guttwasacrs. 
Zwo    doppelhacken,    seint  messingen,    mit   irer    rustung 

im  andern  wachthauae. 
Siben    alt     eisern     doppelbacken     nidderlendisch,     mit 

schwammen  schlos,  ligen  im  zwinger. 
Zwo   doppelhacken   mit  schwammen   achlos   missingen, 

im  dritten  wachthaus. 
Zwo     mt'ssing<ni     doppelliacken    mit    schwammenschlo-s 

im  vierten  wachthaus. 

Acht  ganz  backen  eLsern,  mit  schwamen  ^ohlo^,  im 
zeughau8. 

Vier  doppel  hacken  kopfern  mit  stelen. 

Acht  doppel  hacken  kopfern,  in  laden. 

Fanfzelien  doppel  hacken,  kopfi^rn  mit  stelen. 

Summa  02  duppel  ganze  liacken. 

Halbe  hacken. 

Vier  halbe  hacken  mit  schwammen  scbloss,    seint  beim 

gartner. 
Vier  halbe  hacken  im  wachthaus  Ludwigs,  mitschwammen- 

ftchlosaen  und  aller  ru.stting. 
Ein  kurz  eisern  bock  bucbs  im  andern  wachthaus. 
Sechs   halbe   hacken   mit  schwammen.schlosseu  auf  des 

Hausmanns  thorn,  und  irer  rustung. 
Zwo  halbf*  hacken  mit  schwammen  schlössen  bei  Lorentz 

dem  pfdrtnrr,  und  irer  ru.'stuiig. 
Ein    liatbe    hacken    mit   schwammen    schlos    und    irer 

rustung  bei  Hansen   dem  pfortner. 


78 

Zwo  halbe  hacken  mit  schwammenschlossen  und  im 

rustung  im  dritten  wachthans. 
Sechs  eisern  halbe  hacken  und  irer  mstang  mit  schwammen 

schlössen  im  vierten  wachthns. 
Einhundert   sechzehen    halbe  hacken    eisern    mit  irer 

rustunge  nfm  zeughans. 
Achtzehen  halbe  hacken  daselbst  kopfem  mit  stelen. 
Summa  144. 

Scheuben  und  hantror. 

Ein   kurz   hantrohr    mit    einem    feurschlos   im  ersten 

wachthaus  mit  aller  rustunge. 
Ein  kurz  hantror  auch  mit  einem  feurschlos  und  aller 

rustunge  im  andern  wachthaus. 
Ein  hantror  mit  einem  feurschlos  und  aller  rustunge  im 

virten  wachtliaus. 
Zwei  hantxhor  mit  feurschlossen,  hat  ider  pfortner  eine 

mit  aller  rustung. 
Zweihundert    hantror    mit    irer    rustung    und    haben 

shwammen  schlos,  ligen  im  zeughaus. 
Fünfzig  lange  scheubenror  mit  feurschlossen  und  aller 

rustung,  auch  im  zeughaus. 

Summa  255. 

Eisern  gegossen  kugeL 

Zweihundert  sibenzig  ein  kugel  zu  der  carthun,  so  der 

Muz  gnant  wirdet^  und  weiget  eine  80  &. 
Dreihundert  kugel    zu   der    langen  carthun,   so  herzog 

Heinrichs  gewesen  ist,  und  weiget  eine  60  S. 
Sechshundert  kugel  zu  den  zweien  schwarzen  carthunen, 

und  weiget  eine  50  S. 
Zweitausend  vierhundert  wenger  einer  kugel  und  weiget 

eine  40  ff,  zu  den  acht  newen  carthunen. 
Sechshundert  kugel  zu   den   zweien  sengerin,  so  auch 

herzog  Heinrichs  gewesen  sein,  und  weiget  eine  30  S. 
Ein    tausend    fünfhundert    wenger    drei    zu    den    fünf 

schlangen,  und  weiget  eine  16  ff. 
Eintausent   sibenlrandert    neunzig    zwo   kugel  su  den 

■echs  newen  falkonen,  und  weiget  eine  8  8. 


79 


Eintausend  neunzig  zwo  kugel  zu  den  zweien   apo-steln 
und  falkneten. 

Hagel  geschup. 
^Kwei  klein  feslein  mit  liagel  geschus,  noch 
Hfein  thonnen  mit  hagel  geschus. 
y  Mosterringe. 

Siben  zu  ider  gattange  der  kugeln. 

Trolwagcn  und  prozen. 
Acht  trollwagen  daruf  man  die  vorgemelten  carthunen  füret. 
Sibenzehen  prozen  ader  forder  wagen. 
Ein  proz  ader  forderwagen  zu  den  aposteln. 

IZwei   par  scheu ben,  so  man    zu  den  schlangen  auf  den 
[    wähl  gebrauchen  mak. 
'  Hebzeuk. 

Ein  hebzeug   mit  .seinem  hebkopf  und  neun  scheuben, 
seil  und  zubehor. 

tm  Schmerbock  und  hebbock. 

Zwen  Schmer  bock. 
^Ein  hebbock  mit  seinem  eisern  nagel. 

^^*'order   und  Kinder  wagen,   da   die   pferde   vor  dem 
geschuz  anzihcn. 

Dreissig  ein  forder  wogen  mit  iren  hacken  und  ringen. 
I  ^  Zwanzig  neun  hinderwogen  mit  iren  ketti^n. 
^p  Halskopfel  mit  iren  ketten  und  zubehor. 

Zwanzig  neun  halskopfel.  * 

After  seilen. 
Virzig  mit  iren  ringen  und  hacken  und  wes  daran  gehöret. 

Stellnegel. 
Sibenzehen  stHllnegel  mit  iren  ketten. 
£iii  stellnagel  zu  eumm  falknet  gehörig. 

Anspanseite. 

Virzig  par  newer  an.spanseile  mit  scheiden,   bauchseiln, 

ruckrimen,  knebel  und  aller  ruatunge. 
Zweihundort  par  alter  an.spanseile  mit  scheiden,  bauch- 

seün  und  ruckrimen. 


Anderthalb  hundert  siben    par  alter  anspan  seile  one 
scheiden,  haben  ruckrimen  und  baachseUe. 

Hemseile. 
Zwanzig  fanf  hemseile  klein  and  gros,  nnd  ist  daronter 

ein  kleins  zerbrochen. 
Zwei  seile,  gehören  in  die  bebzenge. 

Hantseile. 
Zwei  lange  haniseile,  noch 
Acht  hantseile,  zehen  kloffter  lank. 
Dreizehen  korz  hantseile,  ein  iglichs  von  sechs  klofftem. 

Bintscilc. 
Zwanzig  korz  bintseile,  damit  man  die  bochsen  auf  die 
wagen  bint. 

Pulfer. 

Sibenzehen   thonnen    mit   pnlver,   haben   mit  dem  holz 

zwanzig  ein  centner  gewigen  und  zwanzig  zwei  S. 

Salpeter. 
Fünfzig  thonnen,   haben   mit  sampt  dem   holz  fünfzig 
vier  centner  und  40  6  gewigen,  und  stehet  in  newen 
thonnen. 

Schwebel. 
Sechzehen  thonnen,  haben  mit  sampt  dem  holz  fiin&ig 
ein  centner  dreissig  sechs  S  gewigen,   und   seint  die 
thonnen  gleich  wie  botterfas. 

Knechtisch  spies. 
Dreissig  zwen  knechtisch  spies  mit  eisen. 
Viertausend  zweihundert  neunzig  drei  knechtisch  spies, 
und  haben  keine  eisen. 

Eisen  zu  den  knechtischen  spiessen  mit  langen  federn. 
Eintausend  neunhundert  und  fünfzig. 

Heibarten. 
Fünfzig  helbarten. 

Borgpfeil. 
Ein  fas  mit  borkpfeiln. 

Luchten. 
Zwausig  leuchten,  gros  und  klein. 


Bechpfannen. 
bechpfannen  oiit  iren  stangmi,  noch 
Ein  gros  bechpfannen,  als  der  heuptmann    hat    mac-heti 
lassen. 

Spaden. 

Dreihundert  spaden,  und  haben  kein  eisen. 

Rodehacken. 

Drei  rodehacken. 

Ein  wiltgarn,  darus  man  zünde  strick  machen  soll. 

Blei. 

Itera  es  ist  auch  ezlicli  bley,  bei  hundert  ader  mehr  centner 
ungeverlich  an  rhoren,  als  xu  Cappeln  im  closter  am 
born  gewesen  ist,  wi«  der  heu[>tnnann  btrricht,  das 
will  er  lassen  aufs  trewliehst  u.  g.  h.  zu  nuz  und 
leidnnge  eins  bonis  verbrauchen  und  das  übrig  dan 
im  \orrath  bebalten,  darumb  i.st  es  uninventirt,  auch 
ungewigen  bliben. 

Darmstat. 

Uff  montag    nach    palmavum    anno   k45    haben   Johan 

Rosennzweig    und    ich    Jnhann    Gerhart    aus    bevelich 

u.  g.  f.  und  hern  invpntiret  zu  Darmstat  wie  volgt. 

Erstlich  im  salzhause  befunden; 

Fünf  falknet  uf  redprn   mit   laden,    kugel  kastln  sampt 

iren  latschuffeln,  sezkolben  und  Wischern. 

Hacken. 

Zwölf  kopfiTU  hacken  mit  iren  schwammenschlossen 
.sampt  Jren  laistecken  und  modeln,  sehiesen  eiii  lodt. 

Ein  meH.siiigen  hacken  ungerust. 

Zwo  eisern  hacki*n  ungerust. 

Ein  alt  piaen  stelhuchsen  ungerust. 

Vier  pulver  kesftlein,  darin  pidwr  ist,  darzu  seint  noch 
in  sj'lbigen  kistlein  unterscheidem  zweihundfrt  zwenzig 
BJben  bh^ieii  kugt'l,  als  zu  obgemelteii  hacken  ge- 
hörig sein. 

Zwei  stuck  zuntstrick,  und  seint  auch  darbei  drei  blechen 
ladungen  und  rhumnattel.  *) 


*)  Rautnuailel,  Nadol  zum  Aiifmumea  des  Zündlochea. 
M.  r.  XVL  Bd.  6 


82 

Item  im  bofe.  so  etwan  Franckensteins  g<»w««eo  daaeOwt 
zu  Itainnätat  ist  inventirt  and  befanden  worden. 

Ein  ebeni  wagbalken   mit  zwMen  bolieni  scholen  nnd 
benfen  stricken. 

Gewidite. 

And^-itbalben  Zentner  bleven  gewicfate. 

Sibenz^^hen   fi  an  einem  stein   mitt  einem  ringe   darin 
gegoftsen. 

Salpeter. 
Tirxtben  thonnen  and  seint  gewigen. 
Die  ent  tbon  weiget  andertbalben  centner  and  zwanz^  t 

sampt  dem  gebolz. 
Die  ander  andertbalben  centner  secbs  fi  mit  dem  gebob 
Die  drit  andertbalben  centner   nenn  fi  mit  dem  gebolz. 
Die  viert   andertbalben    Zentner  zwenzig  drei  fi  sampt 

dem  gebolz. 

Die  fanft  andertbalben  centner  dreissig  fi  mit  dem  gebolz. 

Die  secb.«t  andertbalben  centner  wenger  eins  fi  mit  den 
gebolz. 

Die  sibent  andertbalben  centner  zwanzig  siben  8  samt 
dem  bolz. 

Die  acht  andertbalben  centner   drei  fi  sampt  dem  bolx. 

Die  nennt  andertbalben  centner  drei  fi  mit  dem  bolz. 

Dk  zeh«^nt  andertbalben  centner  zwanzig  secbs  5  sampt 

dem  bolz. 
Die  eitjft  andertbalben  Zentner  zwanzig  nenn  fi. 
Die  zwolft  andertbalben  zentner  zwanzig   nean  fi  samt 

dem  bolz. 
Die    dreizelH^nt   einen    Zentner    wenger    eins   fi   sampt 

dem  bolz. 
Die  virzebent  tbonn  weiget  nennzig  ein  8  sampt  dem 

bolz. 

Bei  disem  inventiren  ist  es  bieben  and  des  ortbs 
ancb  nicbt  mebr  gewesen,  and  baben  aofs  scblos  fartber 
za  inrentiren  geben  wollen,  so  ist  aus  ein  scbrift  zu- 
kommen von    anserm    gnedigen   försten   and   bem    an- 


shint  nach  s.  f.  g.  anheim  goin  Ca^^spl  zftreiden,  mit 
bovelch  mit  (iem  invcntiren  zu  berliueii,  wie  geschehen, 
und  ist  also  noch  daseibat  weiter  zu  inventiren  K.  und 
ouch  der  andern  hanPeii.  der  Ober  und  Niddrr  grafschaft 
desglichen  zun  Gyssen  Jiabeii  wir  auch  zur«  zyheen  bevel 
gehabt  zu  inventiren,  als  wir  auch  weUens  gewetVen,  wo 
uns  wi  ehe  gemelt  der  bevelich  iiit  wer  worden  anheimsch 
zekommen  ic.  *) 


Inventarium  über  meins  gnedigen   hem   harnasch    im 
marstall.     anno  ic.  46.  *'*') 

Uff  dinstag  nach  pasco  anno  K.  46  ist  aus  bevelich 
meins  gn.  herrn  aller  harnasch  blank  und  swarz 
sampt  dem  rinkliarnas(;h  als  in  seiner  f.  g.  marstAl  in 
des  knechts  Christoft'ers  belialtunge  gewesen  und  durch 
die  knechte  gefhurt  ist,  uffgezeichnet  und  Gylgen  Ruste- 
meister  zu  bewaren  bevullien  und  ist  in  seiner  selbst 
gegenwertigkf'it  ouch  Hentzen  Schulteissen  durch  mich 
Johan  Gerharten  inveutirt  wie  hiirnoch  volget : 

Neun  swarz  ruck  krebs  ***),  kragen,  hentschen  und  pickel- 

huben  ufF  neun  man. 
Acht  phar  paiizer  schorz  und  ermel. 
Fünf  phar  Hauken. 

Ein  swarz  ruck  und  krebs,  hait  Gilge  Rustmeister  geflmrt. 
Nachgemelt  rustonge  un«!  blankw  gezeug  und  harnasch 

ist  aufli  daselbst. 
Sex    blank    harnasch     gereift,     ruck,     krebs,    kragen, 

henischen,    heubtharnasch,    armzeuge,     ackseln    und 

knykopf  uff  sex  man,  noch 

•)  r>a8  Ms.  geht  eigcjitliuh  nur  bis  mm  vorletzten  K.    Dor 

Schbiss  ist   von   doreelboii   llnnd,  wio  os    scheint,    spfttor   flüchtig 

nachgetragen.    Was  nun  noch   folgt,  befindet  sidi  nnf  einem  ur- 

'jBrünglich   scll)Kts<iindigon    Bogen,    der   don  nickKcitigen   Vermerk 

^^Ngt.    wek-hon   wir  ohon   als  Uel>oi"si'hrirt  eingesetzt   hahcti.     Dio 

Hand  \^i  dieselbe,  nur  lUichtig. 

♦♦)  IJober   die    hier    vorkommoniJon    technisehon    Ausdrücke 
h.  Wondelin  Bochcioi,  risndlinfb  dnr  Waffoukundo, 
•'*)  BruHtharnisuL  in  Plattuüform, 

6* 


84 

Brei  blank  gereift  ruck  und  krebs  mit  zweien  kragen. 

Zwei  phar  blank  spanerol. 

Drei  stelen  gelyder  mit  roßsternen,  brüsten   und  irer 

zabehore,  alles  blank  darzn. 
Drei  panzer  roß  kapfen. 
Eilf  stelen  blank  zenge   sampt  dreizbeen  stelen   zengel 

mit  iren  znbehomngen,  henbstodel  und  andlin. 
Drei  blank  storm  haben. 
Neun  blank  halb  roß  sternen. 
Ein  pickelhnbe  mit  einem  grünen  hnit  und  einer  gülden 

scbnuer  uberzoegen,  als  mein  gnediger  her  fhnrt^  und 

ist  sunst  kein  schmuck  daruff. 
Acht  armbrost  hörnen,  und  haben  ein  wende  und  einen 

kocher. 
Drei    rapyr,    seint    die    scheiden    über    die    helft    mit 

langen  silbern   ortbanden   beschlagen,  als  die  jangen 

unserm  gnedigen  hern  noch  ftiuren. 
Vier  faust  hamer. 


e« 


==5*1] 


Die  Jernsalemfahrten  der  Grafen  Philipp, 

Ludwig  (1484)  und  Reinhard  tob  Hanau 

(1550). 


HerauBgegobon 
Reinhold   RHb  rieht. 


^^ftchdoiTi  die  GesflLschaft  zur  Erfoi"«thijng  deutscher 
«■Geschichtsdenknmler  und  die  historischt.'i  Com- 
mission  hfü  der  Münt^hciun-  AkatlHmie  (Irr  Wii>senschaften 
durch  muütt^rhaftf^  Aiisgiibeii  iUturer  deiit.Hchfr  Ueschichts- 
qucllen  die  Erkt^nntniss  der  Vi-rgangt-nheit  unseres 
Volkes  in  grossartigster  Weise  gefördert  haben,  mass 
ea  auffallend  i'rstli«inen,  da.ss  die  Aufgahi-,  auch  ältere 
deutsciu*  Reiauwttrke  vollstüiidig  zu  sainrnivlii  und  würdig 
berauszug«b<>n,  noch  iiieineits  ausgesprochen  und  in  An- 
griff genommen  worden  ist,  trotzdem  di*^  Engländer  uns 
schon  vor  zwei  Jahrhundf^rten  ein  Beispiel  gegeben, 
Holländer,  Italiener,  Spanier,  Portugiesen  und  Fraii- 
zoüen  ihm  nachgeahmt  haben.  Wollen  wir  Deutschu 
etwa  hier  zurückbleiben,  nachdem  wir  dort  allen 
Völkern  vorangegangen,  ja  Lehrmeister  geworden  sind? 
Odw  sind  wir  etwa  so  arm  an  Material,  an  geeigneten 
Kräften,  oder  gelten  lieisewerke  nicht  auch  als  Quellen 


86 

geschichtlicher  Vergangenheit,  aus  denen  der  Geist  eines 
ungewöhnlichen  Mannes,  einer  ganzen  Zeit,  ja  die  ver- 
schiedensU'n  Seiten  des  Culturlebens  zu  uns  sprechen? 
Jedenfalls  müssen  jetzt,  da  kein  Sammelpunkt  vorhanden 
ist,  Reiseberichte  sich  zerstreuen,  ja  ein  glücklicher 
Entdecker  oder  ein  Herausgeber  begegnet  vielfachen 
Schwierigkeiten,  wenn  er  eine  Veröffentlichung  plant 

Allerdings  betrifft  die  ältere  Reiselitteratur,  wie 
auch  bei  den  übrigen  Völkern  des  Abendlandes,  vor- 
wiegend Palästina  und  nur  zum  Theil  Syrien  und  Ae- 
gypten,  ist  vorwiegend  religiös  und  vielfach  monoton, 
aber  dass  auch  aus  diesen  Berichten  —  von  den  nicht 
palästinensischen  ganz  zu  schweigen  —  die  Geschichte 
viel  gewinnen  kann,  ist  wohl  aus  den  Versuchen,  welche 
der  Herausgeber  gemacht  hat*),  deutlich  zu  erkennen 
und  auch  den  nachfolgenden  Texten  zu  entnehmen, 
welchen  eine  gastfreundliche  Aufnahme  in  dieser  Zeit- 
schrift gegönnt  worden  ist. 

Wir  wissen,  dass  Landgraf  Ludwig  der  Friedsame 
1429**)  und  Wilhehn   der  ältere  von  Hessen  1491  ***) 

*)  Röhricht  und  Meisner,  Doutscho  Pilgorreisen  nach  dem 
heiligen  I^andc,  Berlin  1880,  712  8.  8«  {RM),  daraus  unter  dem- 
Holbcn  Titel  eine  theils  vorkürzte,  thcila  crw'oiterte  neue  Bev- 
iKjitung,  Gotha  1H80,  3ö2  8.  8«  von  Rolu-icht  allein  (R.\,  welcher 
nuuh:  iübliotlicca  gcogra|>hica  Palacütiuao,  Berlin  1890,  774  S.  8* 
(Bibl.)  herausgab. 

♦•)  RM.  472;  R.  121. 

♦♦•)  RM.  162—245  (wo  der  Text  der  Keisobeschreibung  voU- 
Htändig  vcrüffentliuht  und  erläutert  ist) ;  vgl. /j:  18ö— 186;  v.  Staut' 
ftmly  IIPSKoniand  1887,  Nr.  12  ff.;  Biblioth.  142—143,  Nr.  433, 
wo  alle  Döthigcn  Littoruturnauhwoiso  gosammolt  sind.  Bei  RommeL, 
Otwchiulito  von  Hessen,  IV.  849  ist  auch  oino  Urkunde  vom  17. 
Kobr.  1517  ausgezogen,  durch  wolclie  der  Doge  Leonardo  Laure- 
dano  dio  von  dem  Guardian  Zenobius  ^loeorum  Terrae  Saoctae 
conmÜHHarius'^  ubgosuhickton  Empfauger  der  von  der  Landgrftfin 
Anna  Wittwo  und  Jj.  Philippus  ,oomes  Asiao*  bei  dem  Stadtrath 
VU  Jfrankruii  a.  M.  niedergelegten  2000  Gulden  bevollmächtigt,  die 


\ 


nach  Palästina  gezogpn  sind,  dass  Ludwig  V.  1618 — 1619 
eine  solche  Reise  pliuitp»  aher  von  der  Ausführung  der- 
selben abgüliiiltt'ii  wurd«*),  ausserdem  werden  uns  Ad- 
lige aus  dem  H«i»swilunde  als  JeruRalempilger  genannt**), 
aber  über  die  Fahrt  der  Grate.n  Thilijip  und  l^udwig 
von  Hanau  (1484),  sowi«  de«  Grafen  Reinhard  i\ü:A)} 
waren  wir  bisher  nur  wenig  unterriilitet  durch  die 
Nachweise,  wekdn;  Mätvkcr**'*)  und  drr  Ih.rausgeher  |) 
mitgetheilt  hatten,  so  dass  also  durch  dio  vüUstiindige 
Wiedergabe  der  Texte  eine  Lücke  in  der  Geschichte 
Heasenaff)  ausgefüllt  wird. 


Wilhelm  II.  vun  Hcsscei    den    üinuriten    im   heiligen    Laiido  ver- 
macht hatte. 

•)  U.  82,  299—300. 

**)  Es  braucht  hier  nur  aUgetneio  auf  di«?  Rf gistor  von  NM., 
beboaders  al>er  ^ou  li,  Iriiitjewioscn  zu  worden,  wo  libor  1500 
adlige  Namen  im  ganzen  Aufgerührt  siü^. 

***)  Anzeiger  des  giMoiaa.  Musuunis  1862,  79— 8Ä.  Die  dort 
citirte  Reiseinstruction,  woltho  BorriharU  v.  Hroitonbaeh  für  uoscrn 
OraTon  1483  niedorsehrieb,  ward  zuGr.st  aiLszupswoiso  durch  Bauer 
in  der  Darnistädter  Zeitung  Wlb,  Nr.  112—114,  dann  voUsliindig 
mit  Ertilutorungeii  in  RM.  I'JO— 145  mitgetheilt. 
t)  RM.  504-505;  li.  181. 

■)")•)  Von  Graf  rhüipfi  11.  von  Ilanau-f.iditeiilierg,  unserem 
Pilger,  wissen  wir  nur,  dass  er  am  ^1.  Mai  1462  geboren,  vor  An- 
tritt seiner  Heise  dem  Abt  von  Fulda  Johnriiieü  11.  und  dem  <iraf(*a 
von  Nassau  die  Regiorung  des  I>aiidos  übertrug  (Carl  Ärnf{^  Uesch, 
von  Danau  lt:ir>8,  :f4r>~21U)  und  21'.  Aug.  1604  Ktarb  (Archiv  für 
Hess.  Goöch.  1861,  IX,  24;  /.cfimanti,  Gesdi.  d.  Gnifpn  v.  Jlanau- 
lichtenberg  1862.  II.  t?lanHii(aFtI  4).  Sein  jüngerer  lirudcr  Ludwig, 
dessen  ÄUHgaberegibtor  wir  geben,  war  am  L':l  Au^ni^it  14lj4  geboren 
(Lehtnann  1.  u,)  und  ünhlto  mit  Philip])  II.  1479  bei  der  Vciliei- 
nitbung  ihrer  t^chwestcr  Margnrotho  mit  dorn  Gmfen  Adolf  111. 
von  Nwflsau  an  diesen  WXKl  Mark  {Menicl.,  Gesell,  v.  Nassau  V, 
445 — 446).  Da«a  <ler  (N.  IWi)  im  .lahre  14111  in  Venedig  weilende 
Fliili|i|)  von  Hanau  der  uohcrige  ij<L,  darf  woii!  jiicht  bezweifelt 
werden  ;  übtigons  war  aueh  da;i  Hanauer  AVapiien,  freiüvli  ohne 
Jahreszahl,  in  Kamla  zu  sehen  {li.  "Jö^J).  Uobor  den  Girafeu  Kciti- 
hard  vennögon  wir  ujchts  von  Bedeutung  beizubiißgou. 


88 

Der  Yprlaaf  der  in  nnseren  Texten  geschildwfcea 
Reihen  ist  im  Allgemeinen  derselbe :  die  Beisenden  fahroi 
von  Venedig  auf  der  gebränchlichen  Roate  nach  Pnlistnia, 
besuchen  die  heiligen  Stätten  und  kehren  Aber  Vened^ 
wieder  zurück.  Die  Beschreibung  dessen,  was  sie  unter- 
wegs gesehen  und  erlebt  hab»'n,  giebt  keine  Veranlas- 
sung zu  weiteren  Erläuterungen,  da  diese  anderweitig 
reichlich  zu  finden  sind*).  Hingegen  sind  unsere  Be- 
richte ausserordentlich  werthvoll  durch  die  Au^abe- 
register.  welche  nicht  nur  die  Nachrichten  der  Reise- 
beschreibung an  vielen  Punkten  ergänzen  und  umge- 
kehrt durch  die  letzteren  wiedtrr  ergänzt  werden,  sondern 
auch  eine  Fülle  von  Mittheilungen  über  das  Leben  der 
ganzen  Zeit,  so  über  Preise  der  verschiedensten  Aus- 
rnstungsgegenstände,  Luxusartikel,  Lebensmittel,  äbw 
Geldverhältnisse  usw.  enthalten.  Besonders  wichi%  ist 
das  Register  von  1484.  da  es  das  Zweitälteste  ist, 
welches  wir  in  deutschen  Pilgerschriften  finden**), 
während  das  von  1050  wieder  durch  Angaben  über  das 
Post-   und  Verkehrswesen   an    Bedeutung  gewinnt***); 


•)  ÄJI.  1-42;  R.  1-85 

**)  Das  amfangreichste  bt  dan  Rechnangslmcb,  welches 
Hans  Hundt  fiber  die  JcriLsalemfahrt  des  Kurfünsteo  Friedridi  t. 
Sachsen  (1493)  geführt,  und  Rökrickt  und  ^kifner  im  Neuen  Ar- 
chiv für  sic-hs.  Ges^^^hivhte  1883.  37—100  (vgl.  343-316)  mit 
vielen  Erläuterungen  herausgcgebon  haben.  Das  älteste  Register 
(1461  >  ist  ans  erhalten  in  dorn  Toxte  der  Rcisebeschräbung  des 
Landgrafen  Wilhelm  von  Sachiscn  und  Thüringen,  welchen  KoU 
1868  veröffentlichte  (vgl.  ÄJ#.  481—483;  R.  42-43,  143—147). 

•••)  Es  zerfallt  in  2  Thcilo.  deren  erster  von  Willherich 
Wallcndorfor.  der  «ndero  von  Johannes  Wottlaufer  stammt;  beide 
enthalten  \ielfach  dieselben  Fitsten,  ergünzen  sieh  aber  sonst.  Wir 
erfahren  aus  ihnen  notrh  einige  Nainon  von  Reisebegleitern,  die 
uns  der  Reis^ebericht  nicht  nennt  die  wir  aber  auch  nicht  genwier 
bestimmen  können,  z.  B.  Meister  Johannes,  Dolmetscher  Hermann, 
EissvogeL,  Sigmund,  Pallandt  und  Ambricht. 


I 


beide  sind  daher  für  die  Culturgeschichte  des  deut«ich»^n 
Mittelalters  höchst  werthvolle  Bt^iträge. 

Der  Reisebericht  di's  CSnifen  I'liilij>p  ist  uns  er- 
halten im  Königl.  Stautsurchiv  zu  Marburg,  iSectio 
Hanau,  Lit.  A.  Nr.  43,  foL  1—12  in  2  Haudscliriftuii, 
von  denen  die  erste  12  BIl.  8"  (die  letztvn  5  Hll.  sind 
unbeschriebenX  fol.  1—7,  die  zweite  8  Hll.  12"  hsit  (die 
letzten  dr^^i  sind  unbeschrit'bc^n),  fol.  8  -  12.  Kbfiidri 
(Sectio  Hanau  Lit.  A.  Nr.  47  h),  findet  s'wh  die  Hctse- 
beschreibung  Reinhards  in  einer  Handschrift  von  18  BIl. 
(Papier  fol.),  von  denen  4  beschrieben,  die  übrigen  leer 
sind.  Auf  dt-m  zugehörigen  Umschlage  steht  vorn  in 
einer  Chifferschrift,  deren  Schlüs.sel  unten  mitgutfieilt 
ist:  »Anno  Domini  1550  aeint  mir  von  Venedige  den 
18.  junii  nach  Jerusalem  gezogen  vnt  ist  vn«  zusehen 
wegen  gangen  wie  hienach  gesch(ri)ben  stehet.«  Ein 
zweiter  Bericht  über  dieselbe  Reise  ist  uns  ebenda  er- 
halten (Sectio  Hanau  Lit.  A.  Nr.  43,  fol.  23—36,  4"). 
Da  dieser  letztere  vielfach  mit  denselben  Worten  er- 
zählt, aber  aus.serordentlich  reichhaltiger  ist,  so  haben 
wir  ihn  als  den  leitenden  gegeben  und  den  ersteren 
darunter  gesetzt;  die  in  eckige  Klammern  eingeschlos- 
senen Zusätze,  welche  wohl  von  einer  zweifen  Hand, 
vielleicht  des  Abschreibers,  herrühren,  stehen  in  der 
Handschrift  am  llande;  auf  sie  wird  zum  Thril  durch 
Verweisungszeichen  dort  hingvdciitet.  Das  ;\uMgabe- 
register  ist  ebenda  Sectio  Hanau  Lit.  A.  Nr.  47,  fol. 
182—197  in  einer  Handsciirift  von  Panier  zu  finden 
(16  BIl.  fol.).  Eine  i^orgfältige  .Abschrift  dies'T  Arcliivalien 
besass  Herr  Graf  Paul  Rknt(,  der  unverge.sslic.he  Freund 
d*"»  Herausgebers,  und  hIn  jener  am  7.  Dezember  1888 
durch  den  Tod  der  Wissenschaft  und  seiner  Familie 
jäh  entrissen  wurde,  überiiess  die  Wittwe  in  dankens- 
werther  Liberalität  dem  Unterzeichneten  sie  zva  Ver- 
öffentlichung. 


so 

I«».-=i<Ah-  ->Äs«:  1»:.-^-. >r.  Kr-T  Lt.  Fx«ihexr  Sdkatk 
rrjft  h^'^'^imtTMr'S.  iv:  Becztzcg  on-  Handschrift  auf 
örT  K-'i:^L  BiK;-:'ii*k  r=  Beriic  ^c»^  emögüclile. 
H*rr  Ir  A'-iW  K)i^kT  0:7:-«  jitt  eilt  |C3>»E«r  Soigfidt, 
KP  ihTK  i-r  Hi:r&:i7-s<rS>rr  '.ha  vi-e  «^mi  penaantea  In- 
4?rLTÄ-r;  r^3  "»innvtT!:  £*ac.ke  T-rr-Äkihtet  ist*L  Die 
VLäzÄfsiuT^^  l^^tK^h:  ass  r^^^c  ^etsdii.  k«»  Biäitem 
BCri  CotTvj^tra.  drreo  In'rait  d:2««:t  od«  indirect  sa 
d'r  Gr^Lx-Lte^  der  R>ris#  in  BrÄeh-sBc  ««^t :  wir  tfaeilen 
asft  dri  gr>:tierrn  llrDge  TOD  MaXK-rüIiett  nar  das  Weaeat» 
licL^  Toll'Xärdis  süt  oad  b>e^hrick««  uns  bei  de» 
aLiXrirr  Wkhtigen  auf  £.aiciiuin9«.-he  Wiedn^abe  des 
IcLaiir^« :  jrid-rr  war  &cLr  \  irl«:«  ^kOSövrordenüich  flAchtig 
g'i*clirv-beru  dabtrr  onlvs^rlkb.  — 


L  Die  Bdse  des  Grafen  Philipp  de*  jöngeren 
Bmnsa-Xöiaenberg  nach  dem  heüigoa  LandeL 
(1484). 

Itf^m  rff  d<[inn»Trtagk  n^ch  dt-m  h^yligen  pfings- 
tag  10.  Juni'  e»*gen  dt-m  aWnt  sryn  mir  pilgenrm  yn 
dr  galfr^D  g»-fareii  vnd  kernen  veff  suntagk  vor  sandt 
Slaria  MagtaWoa  tagk  -IS.  Jalii  gvn  Jaffa  vnd  sangen 


•  El<c.-<'  deo  Herrn  IVf  Ft.  II.  /^rfww  ia  Beilin  nnd 
M-  /fcy»rf  :e  •v<titepn,  «eiche  mehnfre  Mrbvioris«  Aosdräcke  «r- 
klu-^r.  La2fef>.  iicd  Herrn  Pr<.->t  Pr.  n-n  Sa/i^f.  Dineitor  dos  Kimi^. 
M-^iL&.ü'.r^'is.  i/.'vie  Herrn  Laa-icbjin>nchT>nih  AiNnrn/wy  in  Berlin, 
««l'.h«  ^t<^r  GeMs'jiteo  des  ]lit:oUlten>  ^ati^te  Aaskonft  eitheilten. 
\fiat  XFAz  &c>!cher  bevähner  Hülfe  es  nicht  gelang,  alles  za  er- 
kUrm.  —  i£t  ein  Beveis  dafür,  dass  unsere  Texte  eben  manclMtlei 
2Ccaes  and  üobekaontes  enthalten. 


I 


91 


te  denm  laudamus  vnd  ander  lobegesanck  nach  aH-cr 
gewonhayt  vnd  scliickten  alspakU  nach  dem  gclayt,  vnd 
vefF  montagk  nach  sandt  Jacobs  tagk  (26.  JiUi)  kom 
das  gelayt,  vml  wurden  dy  pilgeryin  veff  jnuntagk  vtid 
dynstagk  auP  der  galuan  gen  Jaffa  an  tlns  landt  ge- 
feiert, vnd  da  dy  pilgtryna  vuff  das  hmdt  drutten,  so 
ist  vtrgelmng  von  jjyn  vnd  von  scliolden.  Vnd  Jaft'a 
ist  dy  stat,  daselbest  Jonas  der  prophet  yn  eyn  Bcheff 
gedretten  ist  zw  t;ntwi>ytdHMi  gotte8  ang^'sicht,  vnd  da- 
selbest yn  dur  fisch  verschlant  vnd  wydiir  i\s  das  htitdt 
füert,  vnd  an  dum  endt  Jaffa  hat  sand  Peter  seyn  uad 
der  andern  apostelen  dyneryn  Tabita  von  dem  todt 
erbeckt.  Vnder  Jaffa  ist  eyn  steyn,  darvff  Christus 
gestanden  hat  vnd  sandt  Peter  geriifft  hat,  ah  er  ge- 
fischt hat,  daselbi'st  ist  ajdas  syben  jar  vnd  syhen  qua- 
dragena  *).  Vnd  des  dynstag  nach  Jucoby  (27.  Juli) 
gegen  dem  abent  sassen  wir  veff  dy  esel  vnd  rytten 
nach  Ramat**)  eyn  gntt  tfltz  myl,  da  belybeii  mir 
veber  nacht  yn  dem  feldt,  den  mitwoch  fnve  (28.  Juli) 
oassen  mir  vff  vnd  rytten  gen  Ramath,  ist  ach  eyn 
gutt  tützche  myl,  vnd  koraen  des  morgen  p  vrab  die 
VIII  vren,  vnd  für  dem  flecken  sassen  mir  abe  vnd 
gengen  zw  dem  hüß,  da.s  man  nent  spital  und  hertzog 
Philyppu.s  von  Borgonny***)  den  ptlgerym  gekaufft  vnd 
gppauet  hat  vnd  den  priideni  vüti  jL'ruHnh-m  b^falhen 
hat.  Darnach  nach  inif.temtag  gyngcn  mir  wyder  vess 
der  stat  zu  eyner  haydennyscher  kerchen,  das  sas.sun 
mir  wyder   veff  dy   esel    vnd   rytten  dun  tagk  vnd  wol 


•)  Quadrogcna,  Kaiouo  d.  i.  Erlasa;  7  <Juat]iH({cn«n  ^alieti 
fio  vie!  Eila-ss  zoitlii-hor  S(iti<äerts(raPBn,  als  sonst  oina  Bukso  und 
ein  F'aslon  von  H)  TiiReu  gmvuhrtu  {Omraittj  72 — 73). 

**)  Kiunlah  (soiLst  auch  Raniath  |reuaunt,  aber  dorn  folgcndon 
nicht  idcatiäch). 

*)  Burglind;    vgl.    Ornrndy,    Vior    rhoiu.    Palilstina-Pütjer- 
äcbriften  21;  Tubler,  Topogi-apliie  vou  .Toniyalem  II,  816. 


tnro  «tnzMh  jn  ij  tt^hz  r«^?  m  tatxelt  m%\  wecks  n» 
Vitmaxb  rc-i  behben  ij  nacirt  tu  d«s  Mdt  ligoi,  Tid 
4m    fSoAKTitagk    nach    Jaoi-bj     ^.   Juli» 

T<rff  iv  re^Lt  bau>dt  kc-Ors,  wir  zw  «vb«b  igtalöttM 
caiKr!!  g^rcact  Eaaa<".   daä<rIbiE«$  dj  cxwen  jfingan 

priLL  -ir*  prc-Te*  rrkacr.  ■ii^^Ibest  des  CkofJliafi  gnb 
j>t:  •ia?^Ib>^':  T»t  ablat  ^yb^^n  ;ar  md  sybea  qnadiar 
^na:  'ia^r  i«;  dj  sta:  llachabeoram**).  Um 
luLet  dapieT  reff  ^in<-m  hobrn  p^rzk  ist  das  gcabe  dn 
pr<:>ph'<:T7irn  SaiaarL  an  drci  «cdt  rst  ^rfas  sjbea  iir 
Tz.d  «ybrii  qiiadng«riia.  Fortrzt  t^  dj  recht  laiidt  dapey 
zvceyst  LirTt  ejn  dor^  Rasiata***  genant,  ron  dem- 
mHkc  ds  propbet  Samael  tihI  Joeeph  von  Anmaihia 
g^borec  worden.  Fort<er  kom?n  wir  xw  erner  {Ȋckea, 
darrff  der  propbet  Davidt  Jolcysi-ri  d«n  men  mit  der 
schknck»!!  zw  todt  warS.  I>rn9iell!«n  tagk  amb  die  X 
TTC  koBien  wir  g«n  J<e^ra»alra  veff  d«n  bnck  pey 
d*$  brrr^n  Ton  J-rrasAl^m  häf*.  I'^a  «assen  mir  ab  nid 
fKns^n  forC'^r  g«D  J-rvX«aIra  rc-i  ^v^ngyn  für  den  tonpel, 
Tnd  'iaä^Ibcitt  ist  ap'.a£  ron  ^jr.  md  Ton  sckoH:  vnd 
darnach  gingen  c-tlivh  prüd^irr  z:i  monte  Stob  yn  das 
klr«tr-r  Tnd  etlkh  yn  da«  $pit.il  ^ .  Vnd  darnach  an 
d^-in  fp»ytag  'dO.  Ja'ii  g^Ui^>n  mir  mit  den  parfossem 
für  d-n  b>-mpel.  vnd  darnach  k'.^m^n  mir  xa  dem  hAß, 
daryn  tandt  Veronyca  $tn«?ndt.  vnd  Je!»a<  yrvn  schlajer 


••  Eoraia'te.  iber  i««!:  La^  •.•.^^ach  rcs.«A<rii«tt  heirscht 
'  Tiiinr.  T'i^cicr.  LI.  TyS — 753 . 
"    Mcis.  Jkc-:  Ssdba. 
"'.  Xr.TTXih-A.   über  d->j«a  Laxe  pici  H.ävaexk'ea'ie  Angaben 
•j.-riren    TMer.  Tcfrgr.  IL  TöJ-7äl  >«  i. 

T>  r«t!er  d^a  CtTt.    «■:•   David   t.V--l-.ik±  rirjchlo^    äeiie  du 
T«rKc.«4etMe  Aiteifceo  l«:  TMer  II.  7:^4— TS>. 

t«--  r«ber  die  Heim^ea  der  PiLcer  is  J«TsaIem  xtr^  S. 


I 


93 


tiam  vnd  an  seyn  angesicht  truckt,  dasdlbest  ist  aplas 
syben  iar  vnd  syben  quadragena.  Darnach  komen  mir 
zu  dem  liüp  des  reychen  niatip,  davor  des  tür  Lazarus 
lagk  vnd  ym  dy  prosem  von  seym  tisch  versagt.  Dar- 
nach komen  mir  an  t-yn  wegkscheydt  *) ;  an  demselben 
endt  atuenden  vil  andächtiger  frawen,  dy  Jf^sum  das 
kratz  sahen  tragen  vnd  mitleyden  mit  ym  betten  vnd 
weyntten,  vnd  Jesus  zu  yn  sprach  :  i  r  t  ö  c  h  t  e  r  von 
Jerusalem  wf^yntnitv eher  mich,  sarder  wey- 
netfiber  euch  vnd  vpber  ew  er  kynd  (Luc.  XXIII, 
28)!  Da  yst  apiap  sybi-n  jar  vnd  syben  qiiadragena. 
Forter  zaygt  man  vnf*  dy  stat,  da  Chi^.stus  vndt;r  dt«ni 
kratz  vor  ammecht**)  nyder  vyel,  vnd  dy  Juden  Symonem 
Zyreneum  tzwungen  Jfsns  das  krütz  lielffpu  zu  tragen, 
an  demselben  endt  ist  aplafv  syben  iar  vnd  syben  qua- 
dragena.  Darnach  forter  zaygt.  man  vns  dy  stat,  da 
dy  mutt^r  gotte.%  gestanden  hat  vnd  Jesus  das  krütz 
vor  ir  hjTitrueg  vnd  so  ser  erscbrack,  das  sie  von 
grossem  mytleyden  yn  ammechtigkeit  vyel,  dahyn  hat 
sandt  Helena  eyn  kirch  lassen  pawen,  yst  yetzt  gantz 
zwerstort;  da  ist  aplajj  syben  iar  vnd  syben  quadra- 
geua.  Darnach  zaygt  man  vns  eyn  schwypogeu  ***) 
veber  dy  gassen,  daHelbest  syndt  tzwen  weyJJ  morbel- 
steyn  yngemauert,  veff  dem  ayn  Jesus  vnd  veff  dem 
ander  Pylatus  gestanden  syndt,  das  F'ilatus  das  vrteyl 
gesprochen  hat  veber  Je.9us,  daselbest  ist  aplaß  syben 
iar  vnd  syben  quadragena.  Forter  zaygt  man  vns  dy 
schul,  daryn  Maria  yn  ieren  kyndlichen  tagen  gelernt 
hat,  da  ist  aplas  syben  iar  vnd  syben  quadragena. 
Darrnach  forter  fnert  man  vns  zu  dem  hiU*  Pylatus, 
darjTi  Jesus  gepunden,  gegayselt,  gekronet  vnd  zu  dem 
todt  vervrtaylt   wardt ;    daryn  oder  davor  ist  aplas  von 


•)  Pas  bjviuni  tD  der  Yia  dolorosa. 
)  Olimiiai'bt,  —  •**)  (lur  sso  t>tnaDDte  PilatusbogoD, 


u 

prn  md   MboH.     Dapej   rff  dv  Imeken  handt  ist  das 
jbül*  Htrod«^.  duyn  Jess»  xath  gefneit  ist  vocdm  Tid 
«TU  w«-räe«9    kjaydt   ang<eraii   kt    votden    vad    Tenpot 
ifrt  worden,   da   isx  aplaa  sybe-n  iar  vDd  syben  qnadxft- 
gena.  vnd  rn  dT$<rn  tzvaren  hrrsem  woam  dy  heydeo, 
danimb  man   nh   dauvyii   mcc-faten.     Vnd  an  des  Pfla- 
ta£>  haß  z^Jg^  ™^^  ^^"^i^  ^'^  *^^*i'<  dadoreh  got  der  heir 
mit  dem    krötz   Tf>   gefaert   ist  worden,    md    jat  myt 
staynen  zwegemacfat.     Damach  zayt  man  ms  Salamonß 
tempeL  jst  yetz  eyn  heyd*>-imi9che  kyrchen.  vnd  ao  man 
den  tempel   rmb   genadt    rnd  aplaC^   wyllen  ansieht,  so 
yst  vergeben  von  pyn  vnd  von  sc-holden;  md  mag  nyt 
daryn.   wenn   dy  heyden  lassen  nyemant  dare3fn.     Dar- 
nach zaygt   man   ms   eyn   groß    grab,    danrn  man  vor 
zytten   alle    getier    gewaschen    hat.    «o    manß    yn    den 
tempel  opfern  wolt.     Damach   gengen  mir  xa  dem  der 
Teß  der  stat.   da   man   sandt  Strffen  veas   hat  gefftert 
Ako  darnach  komen  mir  za  der  stat,   da  sandt  Paolos 
stoendt  vnd  dy  kleyder  hylt  den,  dye  sandt  Steflhn  ver- 
staynteu.  dabey  i$t  dy  stat,   da  man  sandt  Steffen  ver- 
staynt  hat,  da   yst  aplaß   syben  iar  vnd  syben  qoadra- 
gena.    Damach  den  bergk  hynab  yn  dem  tal  Josophat, 
das  man  nent   za   dem  pach   Zedron.   yst  yezondt  eyn 
steynen   pnick  darveber,   vnd    da    yst   der  grols    paom 
dar\-eber  gelegen,  daruss  man  das  heylig  krotz  gemacht 
hat,    vnd    Sibilla   dy   kanigyn    nyt  darveber    gen  wolt, 
sonder  yn   den   geyst  erkant*),   das   der  almechtig  got 
an  dem  holtz   leyden   solt  den  todt,   vnd  fleosst  järlich 
tzwischen  weynachten  vnd  ostern  daj»  wasser  dardnrch, 
da  yst  aplaß  syben  iar  vnd  syben  qoadragena. 

Damoch   gengen   mir   nach    dem   tal   Josophat 
vnd    komen    za    eyner    kirchen    wol   XXXIIII    staffeln 


•)  Zur  Si«e   veiipl.   TuNer.  To|«grt)»hio  IL  36—37;   Otm- 
rt^y  124. 


I 


I 


I 
I 

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lyefF*).  daselbf!st  vnspr  fraw  yn  pynfini  kleyn  Icapel- 
lelen  begraben  ist  worden,  das  hat  tzwo  tür  vnd  gen 
dy  belgerym  dardurch,  daselbest  ist  aplas  von  pyn  vnd 
von  scheiden.  Vnd  so  man  dye  staffeln  wyder  hervfF  get 
in  der  mür,  st^t  her  Jochernfz  **)  grab  voff  dy  lencken 
haudt,  dargegen  veber  ist  das  grab  sandt  Anna.  Da 
mir  wyder  vs  der  kirchen  gengen  eyu  wenyg  vefF 
die  lenck  handt  gen  der  stat,  zaygt  man  vns  dy  port 
aarea,  dy  man  nent  dy  gülden  pfort,  da  Jesus  an  dem 
heyligen  palmtagk  durch  reytt  vnd  nach  ym  eyn  herr 
Ackecea***)  genant  mit  grosser  macht  vnd  herlichkeyt 
dardurch  ach  wolt  reytten,  das  raocht  ar  nyt  getayn, 
also  stui'ndt  er  ab  vnd  gyeng  dyoiimüetigklich  dardurch, 
darnach  gyeng  die  pfort  wyder  zu,  vnd  man  sagt,  dy 
Öffnung  stee  zu  dem  almeclitigen  got,  d.iselbest  ist 
apiaß  von  pyn  vnd  scholt.  Vnd  dornach  gengen  mir 
zu  dfr  stiidt,  dasolbf^st  Jesus  seyner  lyben  mueter  vnd 
mit  seyen  jüngeren  redt  von  seyner  martor  vnd  den 
dy  aucli  verkündt,  daselbpat  ist  aplaj.^  syben  iar  vnd 
sybeji  quadragena.  Darnach  eyn  wenig  vefF  werter|> 
an  dem  olperck  got  man  vndcr  ay«  feltS  daselbest 
Jesus  seyn  gcpet  gesprochen  liat  zu  seynem  hyme- 
lischen  vater  für  sejn  ninrter  vnd  hat  [duetigen  scliweyß 
geschwitzet,  man  siecht  auch  noch  den  steyn,  da  der 
engel  vff  gestanden  hat,  dar  got  dem  herren  erscheyn 
iat,  da  yst  aplas  von  peyn  vnd  von  scholt.  Darnach 
gengi^n  mir  an  dy  stat,  da  gnt  der  herr  gefangen  wardt 
vnd  durch  Judas  vcrratten  wardt,  daselbest  ist  aplas 
syben  iar  vnd  syben  quadragena.  Nyt  verr  davon  ist 
dy  »tat,  da  sandt  Peter  dem  Malcftus  das  ör  abschlupg, 


*)  Audero  ZaJden  dcrTroppoiiHtufou  siehe  l>ci  TMer^  Süoali- 
qnelle   149—150. 
*•)  Joachims. 

•••)  Oeineint    ist    der    Koi^er   Hcraclius.      {Tubler,    Golgatha 
445,  448). 


96 

daselbest  ist  aplas  syben  iar  vnd  syben  quadragena. 
Darnach  eyn  wenigk  veifwerters  am  berck  weyst  man 
VD8  dy  stat,  daselbest  vnser  frau  zu  hymel  gefaren  ist 
vnd  dy  apostelen  ....  sandt  Thomanl^,  der  was  nit 
da,  vnd  nach  yerer  vfFfart  kom  sandt  Thomas,  pat 
vnser  lieben  frawen,  das  sy  ym  eyn  zaychen  lyeß,  da 
sant  sy  ym  yeren  gürtel  zw  bekentnuß,  daselbest  ist 
aplas  syben  iar  vnd  syben  quadragena.  Darnach  veff- 
werters  am  ölpergk  komen  wir  zu  eyner  stat,  da  Jesus 
hat  geweynt  veber  Jerusalem,  daselbest  ist  aplas  syben 
iar  vnd  syben  quadragena.  Darnach  veffwerters  am 
ölpergk  schier  vff  der  hoch  ist  dy  stat,  dy  da  hayst 
Galylea*),  da  der  herr  seynen  jüngeren  am  ostertagk 
erschayn,  da  ist  aplaß  syben  iar  vnd  syben  quadragena. 
Darnach  gyngen  mir  zu  eyner  andern  stat,  daselbest 
der  engel  vnser  frawen  eyn  palmrey|5  pracht  vnd  ver- 
kundt  ir  ieren  todt  vnd  hymelfart,  vnd  das  dy  tzwel- 
poten  dapey  solt^n  seyn,  da  ist  aplas  syben  iar  vnd 
syben  quadragena.  Darnach  oben  veff  dem  pecgk  yst 
eyn  zuprochen  kyrch,  daryn  eyn  kleyn  kapelleleyn,  da- 
selbest mitten  yn  dem  kapelleleyn  yst  eyn  weysser 
steyn**),  daryn  siecht  man  den  rechten  füß  vnsers 
herren,  vnd  ist  der  steyn,  da  got  der  her  veff  ist  ge- 
standen, da  er  zu  hymel  ist  geforen,  daselbest  ist  aplas 
von  pyn  vnd  scholt.  Darnach  gyengen  mir  den  pergk 
wyder  herab  zw  der  stat,  da  Jesus  dy  zwelfpoten  dy 
acht  säligkeyt  gelernt  hat,  da  ist  aplaß  syben  iar  vnd 
syben  quadragena.  Darnach  dapey  leyt  eyn  zwprocken 
kirch,  ist  dy  stat,  da  dye  tzwelff  poten  den  glauben 
gemacht  haben,  daselbest  ist  abla(>  syben  iar  vnd  syben 
quadragena.     Darnach  zw  der  stat,  da  Jesus  dy  tzwelff 

♦)  üeber  diesen  Ort  Galilaea  vgl.  Tobler,  Siloahquelle  72 ff.; 
Conrady,  126. 

**)  Zur  Geschichte   der  Legende  von  dieser  Fossspor  vei^. 
fixier,  Siloahquelle  105—114. 


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97 


potten  das  paternoster  gelernt  hat,  da  ist  ablaP  syben 
iar  vnd  syben  qiiadragena.  Darnach  gyngen  mir  zu  der 
stat,  da  vnser  fraw  geruet  hat,  wann  sy  den  ülpeigk 
veffgieng  vnd  dy  heyligen  stet  zw  besuechen,  daselbest 
ist  aplap  syben  quadragena.  Darnach  zw  d^m  loch, 
da  der  mynder  sandt  Jacob  yii  vorpnrgen  hat  vnd  nyt 
pssen  wolt,  es  war  dann  got  der  herr  Ptstanden,  vnd 
ist  eyn  zwprociien  kapidlen,  da  yst  apkis  syben  iar 
vnd  syben  quadragena.  Darnach  gyngen  mii-  den  perck 
wyder  hynvff,  da  weyst  man  vns  der  heyden  tempel, 
vnd  ist  vor  zeytten  der  tempftl  gewftst,  daryn  vnser 
lyebe  fraw  geopfert  wardt  vnd  so  hingk  daryn  jiplaybdt, 
byfz  Ry  JoRppli  verdrant  waidt,  da  ist  aplas  von  peyn 
vnd  scholt,  vnd  dy  hr-yden  lassen  nyemant  dareyn. 
Darnach  forters  konn-n  mir  zu  eynem  steyn,  leyt  an 
der  Strassen,  da  sandt  Peter  vnder  gesessen  hat  nach 
der  verloeknufz  Christo  vnd  seyn  siindt  da  beveynt  liat» 
da  ist  aplap  sybpn  iar  vnd  syben  quadragena.  Darnach 
aber  vff  wfrtprfz  als  der  wegk  vss  der  stat  Jerusalem 
get,  gegen  dysem  weg  ist  dy  stat,  da  dy  Juden  vnser 
lyeben  frawen  leychnam  wolten  nemen,  als  dy  tzw^elf 
poten  den  zw  dem  grab  tragen  vvoltftn,  vnd  welche  dy 
par  angryfFen,  dy  wiirdtni  lam,  vnd  wann  ay  sich  be- 
kanttm  vnd  dy  par  widpr  angryffHU,  so  worden  sy  ge- 
sunt,  da  ist  aplas  syben  iar  vnd  syben  quadragena. 
Darnach  gyngen  mir  eyn  wenigk  furpaa,  weyst  man  vns 
eyn  zwprochen  hüfz,  da  Salomon  ynn  gfwont  hat,  dar- 
nach weyst  man  vns  vbber  eyn  grünt  veff  eyn  pergk 
vnd  weyst  vns  eyn  zwprochen  hüfz,  daryn  dy  Juden 
ratt  gehalten  haben,  wye  sy  Christus  töten  wolten,  vnd 
nent  man  da.s  hüfz  dun  hüfz  des  ])ö.spn  rates,  Darnach 
Weyst  man  vns  veff  eynen  anderen  perck,  da  zaigt  man 
vns  da.s  hnfz,  da  Salomon  dy  weyber  hat  gehat.  Dar- 
nach gyeng  eyn  yeder  essen  vnd  ruen,  wann  es  was 
Qiittagk. 

N.  F.  XTL  Bd.  7 


t)arnach  am  sambtztag  (31.  Jtili)  gengen  mir 
wyder  dy  licyligon  st«t  zw  besuechen.  Zu  dem  ersten 
weyst  man  vns  dy  stÄt,  da  Jesus  den  dreyen  Marigen 
^ftin  osteriigk  orschayn,  da  ist  apIas  syben  iar  vnd 
lybeii  quadragena.  Dartvacli  zayget  man  vns  eyn 
kyrchen  zu  sandt  Jacob  genant,  darynn  ist  eyn  piscbolff 
vnd  handt  dy  Armengen*)  yan,  dasnlbest  ist  sandt  Jacob 
der  grüs.ser  seyn  haup  abgeschlagen  worden,  daselbest 
ist  apla0  von  jteyn  vnd  von  scholt.  Darnach  gengen 
wir  yn  eyn  kirchen,  ist  gewesen  Annas  hau|\  vnd  hau 
dy  Armengen  ynn,  vnd  in  demselben  hauß  ist  vnser 
herr  hart  geschlagen  worden,  daselbest  ist  aplas  syben 
iar  vnd  syben  qnadragena.  Darnach  gengen  mir  yn 
den  tal  Syloe  zu  eynem  loch  fast  tyeff  vnder  erden, 
stet  ejTi  prunn,  darv.ss  Maria  Jesus  seyn  wyndelen  zw 
dicker  mal  gewesdien  liat,  wann  sy  Jesus  yn  den  tempel 
opfern  wolt,  daselbest  ist  aplas  syben  iar  vnd  syben 
qnadragena.  Darnach  veif  dy  recht  handt  siecht  man 
den  rii3,  der  gerissen  ist,  da  got  der  herr  storb.  Dar- 
nach zw  dem  wasser,  das  man  nent  das  Natatorium, 
da  got  der  herr  den  plynden  veber  schickt  dy  äugen 
daraufz  zu  waschen,  da  er  yn  gesechen  het  gemacht, 
da.selbe.st  ist  apIas  syben  iar  vnd  syben  quadragena. 
Darnach  gengen  mir  zw  der  stat,  da  stet  eyn  pawm**), 
daselbest  Ysayas  der  prophet  mit  eyner  holtzen  sag 
zwschnytten  haben  (sie),  da  ist  aplas  syben  iar  vnd 
syben  quadragena.  Darnach  gengen  mir  zw  dem  loch***), 
da  dy  echt  apostein  vnd  etlich  der  heymlichen  gongeren 
yn  verporgen  lagen  yn  der  zeyt  der  marter  Christi, 
daselbest   ist   aplas    syben    iar    vnd   syben  quadragena. 


*)  Armenier. 

♦*)  GewöhnlicJi  ala  Maulbeerbaam  beueichoot  (TbWer,  Topogr. 
H,  200);  sonst  vgl.  zur  Sago  (hnrody,  157— 1  öS. 

*••)  Die  siicluncae  apostoloruin,    dereu    Zahl    unbestimmt  ga-] 
lasüeD,  bald  wie  liier  auf  8,  bald  auf  6  aagegebea  wird  (ibid.216|. 


I 

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99 

Damach  gengen  mir  den  beick  hynvfF,  da  lag  der  gotz 
acker  *),  der  vmb  dy  dreyssip  (ifpniiig  j^ekauft  ist  worden, 
da  got  der  lierr  vmb  verkauft  wardt,  vnd  ist  viereckig 
vnd  oben  geweiht,  vnd  gen  zeben  **)  locher  dareyn, 
vnd  lygen  dy  Armt-ngt'n  ***)  yn  ln^graboii,  dasclbest  ist 
^la8  syben  iar  vnd  sybeu  quadragena.  Darnjvcli  geitgen 
mir  fiirter  den  berck  hynvetF  gen  Monte  8yon,  vnd  als 
mau  den  hmtk  hynveff  kuinbl-,  veff  dy  recht  bandt  da 
stet  Kayphas  batip,  ist  eyn  kirch,  handt  dy  Annengwif) 
ynn,  an&werck  der  maur  veff  dy  recht  haiKtt  bat  sandt 
Peter  des  ersten  mal  verlugeiit.  Darnach  gengen  wir  yn 
dy  kyrchen,  weyst  man  vns  den  steyn,  der  vor  dem 
beybgen  grab  gelegen,  vnd  ist  der  hüchaltar,  vnd  ist 
aplas  syben  iar  vnd  syben  quadragena.  Neben  dem 
altar  vff  dy  rechte  handt  stet  der  kercher,  ist  fast  eng 
vnd  fynster,  daryn  got  der  lierr  gefangen  ist  gelegen, 
dyweyl  dy  Juden  zw  ratt  gengen,  daaelbest  ist  aplas 
von  peyn  vnd  «cholt.  Darnach  vor  der  kirchcii  ist  eyn 
steyn  gt'nianrt  yn  dy  manr,  darvff  got  der  her  gestanden 
hat,  da  «eyn  sandt  i'eter  verlogent,  vnd  mytten  yn  dem 
hoff  ist  dy  stat  gezaichen  mit  eynem  steyn,  da  sandt 
Peter  tzwir  verlogent  hat,  \'7id  wann  man  wyder  her- 
vssget  an  dem  eck  vff  dy  recht  handt  desselben  büß, 
da  stuendt  vnser  liebe  frau  vnd  Maria  Magdalena  vnd 
Sachen  vnsern  berren  bervss  fuern  gepunden  vnd  ge- 
fangen, da  wardt  vnser  fraw  anmechtig,  da  ist  aplas 
syben  iar  vnd  syben  quadragena.  Und  nyt  weyt  davon 
vff  dy  recht  handt  zaicht  man  vns  dy  stat,  das  sandt 
Johanefz  vnser  lyeben  frawen  meß  bat  getan,  daselbest 


*)  Akeldania  oder  Bliitacker. 
••)  Andere  ZaUlen    sieho   bei    TbA/w,   Topogr.   II,  263—264; 
iibcr  dio  Kuinc  ibid.  272. 
♦♦*)  Annenior. 
f)  Dies    bcstütigt    aucli    TuWw,   TojJügi;   11,    16!);    C»nra*ijft 
214-216. 


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100 

ist  aplas  syben  iar  vnd  syben  qoadragena.  Vnd  ist 
ach  dy  stat,  da  vnser  lyebe  frau  nach  Chrystvs  hymmel- 
fart  Xin  iar  gewont  hat  vnd  ist  anff  der  stat  gestorben, 
vnd  ist  aplas  von  peyn  vnd  von  scholden.  Damach 
weyst  man  vns  dy  stat  nahen  darbey,  da  sandt  Mathias 
za  eyn  apostelen  gekörnt  wardt  an  Jndas  stat,  da- 
selbest  ist  aplas  syben  iar  und  syben  qnadragena.  Dar* 
pey  vif  dy  lenck  handt  pey  Kayphas  haul^  ist  dy  stat, 
da  sy  dy  apostelen  getaylt  haben  yn  dy  weit  den  kristen- 
geloben  zw  predigen,  da  ist  aplas  syben  iar  vnd  syben 
qnadragena.  Nyt  weyt  davon  vff  dy  lenck  handt  ist 
dy  stat,  da  sandt  Steffan  zw  dem  andern  mal  begraben 
ist  worden,  da  ist  aplas  syben  iar  vnd  syben  qnadra- 
gena. Darnach  hynder  der  kirchen  ist  dy  stat,  da  man 
das  osterlamp  gepratten  hat,  daselbest  ist  aplas  syeben 
iar  vnd  syben  qnadragena.  Hervmb  eyn  wenigk  vff  dy 
lenck  handt  ist  Davidt  vnd  Salomonlz  vnd  der  andern 
knnig  begraben,  dar)!!  last  man  kaiyn  chrysten,  dann 
es  ist  eyn  heydennisch  kyrchen*),  davor  sten  tzwo  stet 
gezaichent  mit  steyn :  vff  der  ayn  hat  vnser  herr  ge- 
standen vnd  geprediget  hat  vnd  vff  der  andern  stat  hat 
vnser  liebe  fraw  vnd  dy  apostelen  gesessen,  daselbest 
ist  aplas  syben  iar  vnd  syben  qnadragena.  Vor  der 
kerchen  Monte  Syon  vff  dy  lenck  handt  ist  dy  stat, 
da  vnser  liebe  fraw  pflag  zw  petten  nach  Christvs 
hymelfart,  da  ist  apla0  syben  iar  vnd  syben  qna- 
dragena. 

Darnach  gyeng  yederman  essen,  dann  es  was  mit- 
tagk,  vnd  beschyed  vns  darnach  zw  schicken  den  abent 
in  den  tempel  zw  genn;  vnd  was  vff  den  abent  Vyn- 
culy  Petry  (31.  Juli)  vnd  komen  yn  den  tempel  mit 
vnttergangk  der  snnen  mit  den  prüedern  barfosser 
Ordens,  vnd  so   paldt   eyn   ycklicher   belgerym    yn  den 

*)  Ihre  Bescbreibang  aus  damaliger  Zeit  bei  ToNer,  Topogr. 
U,  162-153. 


tempel  drytt,  so  hat  er  apIas  von  pyn  vnd  von  scholden. 
und  wurden  des  erst  gefnert  yn  vnser  lieben  frawen 
kapeilen,  vnd  da  ridjten  sy  dy  liHrren  zu  iler  procep, 
vnd  worden   eyn    her! ich    löblich    prou^fz    gcmaclit,  vnd 

■  hat  fyn  yecklichcT  pryt.ter  vnd  pylgeryni  fyii  preiinende 
kertz  yn  st-ynfr  liandt  dy  hoyligen  stet  zu  besuechen. 
Und  gjTigen  zw  dt-m  trsten  vaih  das  hcyljg  grab,  dar- 

InRch  wyder  yn  dy  kap<*]lfn,  da  verkündt  man  vns  ditn 
aplap,  vnd  yn  derselben  kaitellen  ,  do  der  h<iclmltar 
stat,  ist  Jesus  vnser  lyel>eu  fritwen  erschynn,  da  ist 
apiaß  Byben  iar  vnd  syben  quadragena.  Darnach  veff 
dy  lenck    liarult    yn    tli-r  maui*   ist  eyn  gross  stück  von 

»den    beyligfn    krütz    gelegen,    vnd    ist    noch    eyn  stuck 
von  dem    heyligen   krutz  da,    vud    da   ist  apla|5    syben 
iar  vnd  syben  ciuadragena.     Darnach  vff  dy  recht  handt 
_    yn   der  niaur   stet   eyn   grosses  stück  von  der  süll,  da 
I    vnser   hergot   an    gegayselt    ist   worden,    da«elbest    ist 
aplas   von    peyn   vnd   scholt.      Mitten    yn   der  ka|>ellen 
yst  dy  btat,   da   das   heylig   krntz  bebert*)  ist  worden, 
da  ist  eyn  toder   leycLnam    darveff  gelogt  worden,  vnd 
%    ist  wyder  lebentig  wurden,    vnd    dy    stat   ist  gezayehet 

■  mit  eynem  rvenden  steyn,  vnd  ist  apla|\  syben  iar  vnd 
syben   quawiragena,   vnd   yn   der   kapeilen    han   wonung 

■  dy  barfosser.  Vnd  als  man  mit  der  proceP  wyder  aufz 
der  ka  pellen  gyengk,  weyst  man  vns  dy  stat,  da  vnser 
hergot  vff  gestanden  liat  vff  den  ostertagk  vnd  dy  ander 
stat,  da  Maria  Magdalena  vff  gesi'inden  hat,  da  ir  got 
der  herr  erscbayri  veff  den  ostertagk  yn  eins  gertner 
weys,  vnd  synd  dy  tzwo  stet  gezaychent  mit  tzwayen 
rvenden  steyn,  vnd  vff  yecklicher  stat  ist  aplas  syben 
iar  vnd  «yben  rjnüdragena.  Darnach  gengen  mir  mit 
der  procefz  veff  dy  lyncken  handt  yn  eyn  kleyn  kritft, 
da  stet  eyn  altar,  da  got  der  herr  yn  gefangen  ist  ge- 
sessen, bis   das   man  das  loch,   da  das  krutz  soU  sten, 


•)  bewährt. 


gtfflftcht  bat^  da  ist  aplas  syben  iar  vnd  syben  qnadra- 
gena.  Darnach  gengen  mir  (otU't  mit  diT  process  für 
eyn  alt^ir,  da  ist  dy  stat,  da  dy  Juden  vmb  Chrystvs 
kicyder  gespilt  haben,  da  ist  aplas  syben  iar  vnd  sybcn 
qiiadragena.  Forter  vff  dy  lenck  liandt  wol  vmb  XXX 
utaffeln*)  ilyfff,  da  ist  saridt  Hidi-iia  kapi'lltin,  da  ist  aplas 
von  pfyn  vnd  von  scholt,  darnach  von  derselben  ka- 
pollen wol  forter  hynab  Xll  st^iffehi  dieff**)  da  ist  dy 
stat,  da  das  litiylig  krntz  vnd  dy  krön  vnd  das  sper 
vnd  dy  n«gel  fundfn  syud  worden,  an  dfin  end  ist 
ii[iliiK  von  pt'yn  vnd  vnn  «fholdt.  Vnd  so  man  wyder 
lieruss  get  vff  dy  leiiek  haiidt  da  stet  aya  altar,  vnder 
dem  altar  stet  eyn  sturk  von  der  sullen,  da  got  der 
herr  wyder  gfpundun  wardt,  da  vt  gt'krnnet  wardt  vnd 
verspot  hat  yn  Pyhitvs  huP ;  daselbest  ist  aplas  syben 
iar  vnd  syben  quadrageiia.  Darnauh  gengen  mir  aber 
fürbafz  veff  dy  lenck  handt  pey  XVIII  staffeln  hoch***), 
da  ist  der  piTck  Calvarie  vnd  das  loch,  da  das  heylig 
krntz  yn  gestanden  hat,  da  got  der  herr  an  gestorben 
ist,  da  i»t  aplas  von  peyn  vnd  scholt.  Man  syecht  ach 
eyn  grossen  rijj  yn  den  felI5,  der  gerissen  i»t,  da  got 
der  herr  gestorben  ist,  vnd  dy  stadt  ist  eyn  schone 
kapeilen  vnd  eyn  altar  vff  dy  recht  handt,  vnd  dy 
Gorssenf)  han  das  loch  hal[>  yn  vnd  dy  barfosser  das 
ander  balp  tayl,  vnd  an  dem  bergk  ist  eyn  kapeilen, 
han  dy  Gorssen  yn,  vnd  da  sieht  man  den  ryli  (der) 
herab  her  get.  Darnaeh  gengen  mirfl)  fnrter  yn  der 
stat,  da  got  der  herr  gesalbt  yst  worden,  da  man  yn 
begraben  wolt,  vnd  ist  dy  stat  gezaychent  mit  steyn 
eyns    manfz    leng,    da    ist    aplaP    von    peyn    vnd    von 


*)  Andere  Zahlen  der  Tro|)|«3nstufeD  bei  lobier,  Golgatha  300. 

••)  Äudere  ZnWen  ibid.  302. 
♦♦*}  Andere  Zahlen  ibid.  258. 

t)  Georgier  oder  Grusinen,   seit  1479  {lobler,  Golgatha  292). 
tt)  Fehlt  in  der  HaudBchrifl. 


^^cholden.     Darriitch  gengen  mir  mit  der  proceP  zw  dem 

^Bieyligen  grab,  da  got  der  Herr  yn  gelegen  hat,  vnd  ist 

^Hi{)]aß    von    peyn    vnd    schult,    vnd    vor    dem    heyligen 

^^rab    stet    di<r    sfpyn,    darvfF   der  engel   gestanden  hat, 

^^er   den  dreyen    Marigen    am    ostert'igk    verkutidt,   das 

Christus  vff  Rrstanderi  war,  vnd  dyfz  proeel3  wardt  ge- 

^^angen    mit  vil  lobgsangk,    vnd  knytten  ait  eyner  yck- 

^■chen   stat,    da  thr  aplaP  was,    vnd  es  lanck  vnd  dveff 

^Bn  dy  nacht  was.      Vnd    nach   mitternaeht   (1.  August) 

^^üben  dy  pmi-der  vnd  hcrrei»   iin  m^h  zw  k^^sen  yn  dem 

bevHgen  grab  vnd  vtt  dem  berck  Calvarii'  (vnd)  vnd  an 

^Hpdcm  end»»n,  vnd  galien  den  bylgerym   das  haylig  sa- 

crament,    vnd    wardt  dfn  morgen  eyn  herlicb  ambt  ge- 

^BUngen  vn  dem  hayligt^n  krutz  vft"  dem  berck  Kalvarie, 

^bnd  vmb   VIII  vr   vff  den  tagk   lyefz   man  vnfz   wyder 

^Kss  dem  tfimpel,  vnd  safz  der  rat  von  Jerusalem  davor. 

^HVnd  für   dem   tempel   ist   dy   stiit  gczaychent  mit  eym 

steyn,   da  got   der    herr   vyel    mit  dem   krutz,    da  ist 

aplaß    sybeii     iar     vnd    ayben    quadragena.      Darnach 

^^engeu  mir  mit  den  pruedern  yn  das  kloster  zu  Monte 

^iByon,  da  »ungen  »y  eyn  löblich  ambt  von  dem  heyhgen 

geyst.      Darnach    macliten   sy    eyn   löblich    procej3  mit 

^^ast  vi!  gesang  vnd  weysten  vns  den  hohen  altar,  vnder 

^Hemselben    ist   dy  stat,    da    vnser    her    got   da«    abent 

^Besen  gessen    hat    mit   »eynen  tz^VddFP  jüngeren  vnd  das 

^^eylig   sacramcnt   da   aufFgesatzt   vnd  gemacht  hat,   da 

ist  aplafz    von    peyn    vnd    von   acholdt.     Darneben  stet 

eyn  altar,    vff  der  stat  hat  vnser  herrgot  seyn  jungern 

dy  füfz  gewescheu,    da    ist   apltt(^   syben  iar    vnd  syben 

quadragena.     Darnach  gengen  mir  vsjs  der  kerchen,   vff 

dy  lenck  handt  X  stafleln*)  hoch  hynder    der  kerchen, 

ist  dy  etat,    da  der   heyhg   geyst    ist   kumen  zw  vnser 


*)  Nach  Tobler,   Topogr.  II,   122;    13  Stufen.     Die  KR|jeilo 
rw  seit  1476  zci-stort. 


104 


lieben  frawen  vnd  den  tzwelff  aposteln  vff  den  heyligen 
pfingstagk,  da  ist  eyn  kapellen  gewesen,  han  dy  hej'den 
abgeprochen,  da  ist  aplas  von  peyn  vnd  »cholt  Dar- 
nach gyngen  mir  mit  der  procefV  herab  yn  den  krwtz- 
ganc-b»  da  stei  eyii  kapeil  vff  der  stat,  daryii  dy  aposteln 
sich  versamelt  hett(*n  nach  Chrystvs  todt  vnd  Jesus 
ZV/  yn  kom  mit  besehlossncr  thiir,  vnd  als  sandt  Tho- 
inan  der  vffersteüng  nit  glauben  wolt,  er  leget  denn 
seyn  fynger  yn  dy  seytten,  also  kom  Jesafz  am  achten 
tag  wyder  vnd  sprach  zu  sandt  ThomaCz:  k  u m  her 
vnd  [fg  den  fynger  yn  meyn  wunden  (Joh,  XX, 
27),  da  ist  ajtlal.^  von  peyn  vnd  von  scholdt. 

Vnd  wurden  dy  byligerym  geladen  von  den  prue- 
deren  mit  yn  zu  eseen,  das  dan  also  geijchach,  vnd  vmb 
Vesper  zyt  sassen  mir  vff  dy  esell  vnd  rytten  gen  VVet- 
lehem.  Vnd  da  weyst  man*)  dy  pyligerim  yn  den 
krutxgangk  zw  legen**),  vnd  da  schickten  sich  dy 
prüder  zw  eyner  prozep  vnd  dy  bylgerym  yecklicher 
eyn  prynnande  kertzen  vnd  gengen  mit  der  proceß  yn 
den  krützganck  vnd  belibr^n  da  styll  sten  vnd  byfz  mon 
gesang  etzlich  lobge.sanck  vnd  colecten,  vnd  wardt  ver- 
knndt  das  loch,  da  sandt  Jeronimua  dy  bybel  zu  lateyn 
gemacht  hat,  vnd  daselbest  ist  aplat^i  syben  iar  vnd 
syben  quadragena,  vnd  hat  sandt  Ensebeo  ***)  ach  etlich 
iar  darynn  geh'gcn,  ach  wurdt  vn»  verkündt,  das  dy 
unschuldigen  kindlen  ach  in  eyni  loch  dapey  gelegen 
hatten,  dii  ist  a|ila|>  syben  iar  vnd  syben  quadragena, 
vnd  dy  proceP  macht  nit  darynn,  dann  der  leüt  waren 
zw  vil,  aber  darnach  gyng  eyn  yckitcher  darynn,  als 
dyck  er  wnit.  Darnach  gengen  mir  mit  der  proceß 
V8S  dem  krützganck  yn  dy  kyrchwn  vff  dy  recht  handt 
neben  dem   chor  zu  eynem  altur,   stet  vff  der  stat,  da 


♦)  Fehlt  in  Handschrift  —  **)  Gehen? 
•*)  Euscbius  ¥.  Cremona-,  vgl.  Tobkr,  Bethlehem  189. 


105 


I 


beschnytten   ist    worden,    da   ist  aplaP   von 
peyn  vnd   scholt.      Darnach    gengen    mir   vff   dy  lenck 
bandt  zw  eyne   altar,    ist   dy  stat,  da  sich  dy  heyligen 
drey  künig  berayttfn,  mit  dem  opfer  Jesus  zw  pr>Tigen, 
da  ist  aplaß   eyben    iar   vnd   syben   quadragena.      Dar- 
nach gengen    mir  tzwnlflF  staffeln  *)  dypff  vnd«r  sich  yn 
f»yn    kroflPt,    vnd  vff  dy  lenck  handt  stet  eyn  altar,  vnd 
vnder  dem   altar  ist  dy  stat,   da   got  der  herr  geporen 
ist  worden,    da   ist  apIap   von    pf^yn  vnd  scbolt.     Dar- 
nach veff  dy  recht  handt  vnder  dem  felCz  stet  dy  krypp, 
d»  got    der    herr    nach    eeyner    gepurdt   yn    gelegt  ist 
worden    vor    den   esel    vnd    das  r^nidt  veff  dy  heyligen 
chrj'stnacht,    da   ist  apIas  von  peyn  vnd  scholt.     Nach 
mitternacht  (2.  Aag.)  hüben  dy  herren  an  melz  zu  lesen 
vff  dem   altar   von    der   gepurdt    Chryi«ty   vnd  vff  dem 
iltar  vor   der  chrippen   vnd   vff  dem  altar  von  der  be- 
schneydung  Chrysti  vnd  vff  dem  altar  der  vnschuldigen 
kyndlen   vnd   vff  dem   grab   eandt  Jeronimus,   vnd  das 
wert  bys  veff  den  dagk.     Darnach  ward  aym  ambt  an- 
gefangen  vnd    gesungen  vff  dem  altar  von  der  gepurdt 
Christy   vnd   wardt  gesungen   von  der  gepurdt  Chriety. 
!?ach   dem  ambt  sassen  mir  vff  dy  esell  vnd  rji.ten  zu 
dem  hüfz  Zachariafz**),  das  syndt  tzwo  zwbrochen 
kirchen,    vnd   stet   ayne    vff   der  andern,    vnd  yn  der 
obrysten    k\Tchen    ist    dy  stat,    da'  Maria  zu  Elisabeth 
gyng    vber  das   gepirg   vnd   grue8t  »y   vnd  lobgesangk 
macht:    Magnificat   anima  mea    dominum    (Luc. 
1,  45),    da  ißt  aplal5    syben  iai-  vnd  syben   quadragena. 
Vnd    ist    auch    dy   stat,    als    Zachariafz    schrayb    das 
8eyn   snn    Johannefz    solt   hayssen   (Luc.  I,  63).     Dar- 
nach gengen    mir  yn  <ly  vnderist  kyrchen,    da  stet  eyn 
«teyn  yn  der  mür,  da  Herodes  dy  vnschutdigen  kynder 


au  ff. 


•)  Vgl.  TWfer,  126-128. 

•*)  Siar  Zakaij»,   über  dessen  Geschichte  lobler,  Topogr.  ü. 


106 

lyefz  totten  vnd  snecht  sandt  Johannes;  da  legt  nandt 
Elisabeth  das  kindt  vff  den  st^yn,  da  tet  sich  der  steyn 
vff  vnd  verparg  das  kindt,  da  ist  aplaß  sjben  iar  vnd 
dyben  quadragena.  Darnach  gengen  mir  herab  nit  fast 
hoch  yn  eyn  kyrch  veff  eyn  andern  berck,  vnd  neben 
dem  altar  vfF  dy  lencken  handt  yn  eynem  besOndem 
gewelb  da  stet  eyn  altar,  da  sandt  Johannes  Baptista 
geporn  ist  worden,  da  ist  aplaß  von  peyn  vnd  scholi 
Vnd  dyfz  payd  kerchen  syndt  gewesen  ZacharyaCs  htlser 
vnd  synd  zwerstort  vnd  wonn  heyden  darynn.  Dar- 
nach komen  mir  zw  eyner  kyrchen  genant  zu  dem 
heyligen  kratz,  han  dy  kerchen*)  ynn,  vnd  vnder  dem 
hohen  altar  stet  ayn  loch,  da  der  ayn  bäm  gewagsen 
ist,  da  das  heylig  krutz  aufz  gemacht  wardt,  vnd  weyst 
man  vns  ach  ayn  handt  von  sandt  Barbara,  vnd  ist 
aplaß  syben  iar  vnd  syben  qnad ragen,  vnd  komen  nmb 
vesperzyt  wyder  gen  Jerusalem. 

Des  mitwochen  nach  vynculi  Petri  (3.  Äng.)  zw 
abent  gengen  mir  wyder  yn  den  tempel  vnd  eyn  yck- 
licher  byligerym  besucht  dy  heyligen  stet  vnd  lost  den 
aplap.  Vnd  nach  mitternacht  (4.  Aug.)  hüben  dy  herren 
an  mefz  zw  lesen,  das  wert  byfz  an  den  dagk,  da  hüb' 
man  wyder  eyn  ambt  an  vnd  wardt  gesungen  vff  dem 
berck  Kaluarie  von  sandt  Petern,  darnach  gengen  mir 
wyder  vefz  dem  t«mpel  yck lieber  zw  essen. 

Veff  freytagk  (5.  Aug.)  gegen  dem  abent  sassen 
mir  wyder  veff  dy  esell  vnd  rytten  byfz  gen  Bethania 
vnd  beliben  ligen  yn  dem  feldt  byfz  gen  mittemacht, 
da  sassen  wir  wyder  vff  vnd  rytteu  dy  nacht,  das  mir 
des  morgens  vmb  echt  vr  an  dem  Jordan  worden. 
Daselbest  ist  dy  stat,  da  got  der  herr  von  sandt  Jo- 
hannsen  getauft  ist  worden,  vnd  da  patten  vnd  assen 
dy  bylgerym,   vnd    daselbest   ist    aplaß    von  peyn  vnd 

♦)  Griechen. 


I 


scholt.  Darnach  sassen  mir  wyder  vflF  dy  esell  vnd 
rytten  bey  des  hup,  da  sandt  Joliantiofz  w»'yfst  vcff 
Cbrystus  vnd  sprach  :  für  was  das  i  s  t  d  a  s  l  a  m  b 
gottes  (Job.  I,  29).  Darnach  r}'tten  mir  durch  Je- 
richo, vnd  ist  dy  stat,  da  got  der  Herr  gfladpii  wardt 
von  Zachcu,  da  ist  aplal?  sybon  iar  viid  sybeiv  quadra- 
gpna.  Darnach  komen  mir  an  den  berck  Quaran- 
tanu*)  vnd  vnden  standen  mir  ab  vnd  gingen  den 
btfrck  byfz  an  dy  mit,  stet  eyn  kapeilen  yn  dem  fetTz, 
da  hat  vnser  her  got  dy  viertzig  dagk  gf^fast,  da  ist 
aplafz  von  peyn  vnd  schult.  Vnd  oben  vff  dem  bi-rck 
btet  eyn  zwbrochen  kapidlen  vtT  der  stat,  da  dm-  tüffel 
got  den  lierren  versm-cht  hat,  da  iht  iiplal*  syben  iar 
vnd  syben  quadragena.  Vnd  man  weyst  vns  auch  das 
todt  mer,  da  dy  fnnff  «tet  vnder  seyn  gangen,  Sodoma 
vnd  Gamorra.  Darnach  gegen  den  abent  aasaen  mit 
wyder  vff  dy  esell  vnd  rytten  gen  Terr  ar  ossa**),  vnd 
ißt  eyn  zwprochen  stat  vnd  ist  dy  stat,  da  Juaehym  vnaer 
frawen  vatter  (wa.s)  gangen  was  zw  seynem  schofFeii, 
als  er  zw  Jerusalem  yn  dem  tempel  verspot  wardt,  das 
Anna  nit  frnchtp»'r  solt  soyn,  vnd  ym  der  engel  ver- 
kUndt,  das  er  wyder  zw  hiiTz  solt  gen  vnd  das  Anna 
fruchtper  seit  werden,  da  ist  apiap  syb^m  iar  vnd  syben 
quadragen.  Und  behben  hgen  byfz  naoh  mitternacht 
vnd  darnach  »asseii  mir  wyder  uff  dy  esell  vnd  rytten 
vff  suntagk  zw  morgen  nach  Vyncnla  Pi-try  (U.  Aug.) 
vnd  kernen  gen  Bethania,  da  gyngen  mir  yn  sandt 
Maria  Magdalena  hfll^,  das  ist  ayn  zwbrochen  kirch, 
da  ist  aplatv  von  pyn  vnd  scholt.  Darnach  gengen  mir 
zu    dem    hulz   sandt    Martha,    ist   ach    eyn    zwbrochen 


•)  Hcuto   KuruntuI,   clor  Voreuchangslücrg,  über  dessen  Ka- 
pellen Tabler,  Denkbliitter  aus  Jonisaloni  710  ff. 

••)  So  hiess  die  Oedo  von  Bethanien  bei  Jericho,  ancli  Adam- 
mim  (Tobkr,  Topogr.  13,  607—509,  wo  sich  auch  dio  hier  erwähnte 
Legende  fijodet,  und  776). 


108 

kircli.  da  ist  aplaf>  syben  iar  md  sybrn  qiudiagesa. 
Diunach  ort  fccr  davon  werat  man  tik  dr  stat,  da  got 
d«r  Ik-it  rff  gv5c$fi«D  hat  md  ICartha  zw  jm  spneh: 
A  berr  versta  hr«  gew-^sen,  so  wir  Bttja 
pradf-r  La»aro  nit  gestorben  ;Joh.  SI,  21),  da 
ist  apiat  sjb^n  iar  rnd  >Tbtrn  qiiadxag<ena.  Daraad 
gip-ns«n  mir  zw  dem  grab  Lasams  md  sahen  dj  etat, 
da  goc  der  herr  gt^t^iiden  hat.  da  «r  Lasams  Ton  dem 
todt  «-rwcckt.  da  i»t  aplaß  »jben  iar  md  sjben  qoa- 
dras^rna.  md  [kt  d«-m  grab  Lasaros  ist  aplas  tob  peja 
md  TOB  schoh.  Tnd  ban  dj  kvrvben  dr  bejden  jbb. 
[darnach  fii^rt  man  vns  zw  dem  holz  SymoB  des  ao»- 
ä^tzigirn.  den  goc  der  herr  rem  hat  gvmaeht.  Tod  Maria 
Magdalena  got  dem  herren  sem  föelz  gesalbt  hat  rwd 
mit  Term  bar  gcdmcket  hat.  Tiid  ist  em  zubiochai 
kicch  Tnd  i»t  apiaf*  srben  iar  Tnd  sjben  qpBadmgeoa. 
Darnach  mten  mir  gen  Jerusalem,  das  mir  zw  der 
m^  da  «aren.  Damach  dv«  abent  rmb  dy  sex  tt 
IvrU  man  tbs  wyder  yn  den  tempeL  da  gyi^  eya  etz- 
licher  bi!g>rryin  za  den  heyiig>^n  »teten  den  apiaß  zw 
biesöeben.  Tnd  nach  mittemacht  10.  Aog.)  hobot  dy 
brrr^n  an  melz  zw  I^e^eB.  Dw  morgens  Tmb  dy  newa 
TT  sang  man  eyn  ambt  Ton   dem   beyiigen  oateitag^*). 

Vff  sandt  Lorenzen  tagk  10.  Aog.t  mit  dem  dadc 
g«rng^B  »tzlich  b^^rym  mit  etlichen  baifwsen  ys  das 
grab  Tikser  Ijeben  fitawen  md  horten  melz  daiyn  md 
syngt^B  an  alle  dy  h^Tligi»n  stet  rtff  dem  berck  Olyneti, 
wye  ?y  Ti>r  benant  syodt.  Vnd  neben  der  kirdhen,  da 
Tikstr  berxv  zw  hymel  geüuvn  ist.  ^tet  ayn  locii  Tnder 
dar  erden,    das   £a$t   dieff   ist.    tu   demselbeB   loch  hat 


*   E5er  5:ir::   Ircm    ju   «eja  Ivss  iy  ptabcK.  itre  in  dem 
-smpit  cäataea.  veriec.  alio  ^ier  Tnctx:   IV  süfcna  ■ariiMUBii. 
■mvi-Juir  TselSkdk    bskisckziftiäch   Tvc&a»ies   uki  cft  pAraiLt  ist 
SSüriaie.  Bäiax&eca  äCL  Nr.  Si^. 


I 
I 


I 


gelegen  sand  Pelagia*)  vnd  hat  yr  fOeP  darynn  ge- 
than  vud  stet  yr  begreb  daryn,  vnd  forten  vns  dy 
hayden  darynn.  Darnach  weyst  man  vns  den  flecken, 
da  das  dorff  Getsymony  gelegen  ist,  darynn  dy  echt 
apostel  yn  wonni**),  da  Jesus  gelangf^n  wardt,  da  ist 
aplaß  syben  iar  vnd  syben  quadragena.  Darnach  gyngen 
mir  yn  dy  stat,  fuert  man  vns  yn  das  liüfz  Pylatvfz, 
vnd  stet  eyn  wüegst  kapt^lle  darynn  vff  der  siat^  da  got 
der  herr  vff  vervrteylt  ist  worden,  da  ist  aplaH  von 
peyn  vnd  scbolt,  \7id  wonen  heyden  daryn.  Darnach 
weyst  man  vns  eyn  schön  kirch,  ist  gewest  sandt  Anna 
hüfz,  da  vnser  fraw  geboren  ist  worden,  vnd  niochten 
nit  daryn,  dann  dy  hyden  han  sy  ynn,  dann  diircli 
etljch  ryfz  sahen  tnir  daryn,  da  ist  aplaiv  von  peyn 
vnd  achott  Darnach  weyst  man  vns  das  hul'z,  da  sandt 
Maria  Magdalena  yr  sundt  yn  vergeben  worden,  da  ist 
aplal^  syben  iar  vnd  sybi^n  cjuadragena.  Darnaeh  weyst 
man  vns  des  dorfz  eyn  stück  vnd  der  niuren,  da  Chrystus 
ufzgegangen  ist  mit  dem  krutz  vff  dem  berek  Kalvarie, 
vnd  gyngen  von  Pylatvfz  hufz  den  weck,  den  got  der 
herr  mit  dßui  krütz  gynck,  vnd  ist  eyn  verrer  weck 
vnd  perck  vff  bys  an  den  berck  Kalvarie  vor  den  tempel. 
Forter  gengen  mir  yn  eyn  kapell,  da  sandt  Johannfz 
ewangelist  yn  geboren  ist  worden,  vnd  haudt  dy  Kry- 
chen  ynn. 

Vnd  vff  sandt  Lorentzen  tagk  zw  abent  sassen 
mir  vff  dy  esell  vnd  rytten  von  Jerusalem  veff  eyn  tütz 
rail,  lagen  mir  yn  dem  feldt  pis  vmb  mitternacht  vnd 
saasen  wyder  vff  dy  esell  vnd  rytten  gen  Ramath***), 
vnd  vff  freytagk  nach  sundt  Lorentzen  tagk  (13.  Aug.) 
rytten  mir  von  ftamatb  vff  ayn  jjalb  tütz  mil  zu  sandt 


•)  Üeber  doii  Bussort  der  St.  Pelagia  vgl.  Tvtiler,  Siloali<iufUti 
126—130;  Cotttcult/,  20,  126-127. 

••)  Vgl.  Toiiler,  SiloahquoUo  227-2ÄI. 
•**J  Ramiah. 


uo 

Jorges*',  ist  aya  zvbraeke&  kirek  vad  ist  ij  statt, 
da  äandt  Jörg  gienuLZtert  ist  wcfdoL  wd  vor  deai  altar 
kt  *ij  stat  gvrzajvLr^t   i&i;   r-va^m   sc^'Tb.   da  na  mjb 

Lfcsp  ^t  abgvrä<:hLiigv-&  vorirn**.  da  kt  apIafS  lybea 
iar  vT'i  »jWn  ^CA'ira^eca.  vad  haa  dr  herdcn  jnB. 
\jkd  ^ü  mvctagk  Lach  vn^r  &aw.-n  tagk  aspamptioaÜi 
■  16.  Aag.  sase^o  xir  wjdirr  \'S  dy  «:s«'Il  md  lyttea 
«ydc-r  gvn  Jaffa  vnd  fäc'nrn  jn  dj  gakam  vnd  lagen 
da  bjCz  vff  dvcmrc^tagk.  ra  mors^a  1 19.  Aug.)  Ijeli 
man  ?*-e^I  fjllr-c.  vnd  v.'brrt  «ich  «jdier  g<rn  Zippen  zw, 
\iißi  cfatijin  dy  gal<ra  v3  sandt  Andres  tagk  Tor  dags 
\  3 j.  Nov.    gen  V  e-  n  •}  d  i  g  ***). 


IL  Herr  Grafi  Lndvigi  n 
Aano  1484  xnm  heftigen  Gimb 
Tadt  dabei  anfgegangene  ZehmagcB  betxcOBBd. 
IMcaer  Herr  ist  za  Triait  in  IteUen  am  Sadi  ob- 
grmHdtfii  Jahres  aal  der  Briwe  yuitoihea  vadt 
laat  beiliegenden  Origiaal  Attestati  daadbat  in 
St  Simeon«  Kirdicn  begraben  wordenf). 

p.  5.  AU  mjn  Gn^digier  H«r«  Ht!«r  Lwhng  Grawe  so 
Hannaave  onnd  H<^rT  za  Lk-htc-nberg  zu  Baben- 
ha^enTTi  am  Lnnstag  Nach  Sannt  Vazeea  Dag  (27. 

"  Za  -Lisser  Lecen<i«  t^L  Tjiifr.  Tvckbuin^r  588  S. 
*",  Hl«  f-jizr  rin  !ateini!><.  her  tM^rCihr»r  Infraschpce  saat 
y-Koiaai'.ii-iaes  tcciüs  zetK  aac'.te  -{Sis  *  OKd^nis  pertyriais  visi- 
aamr.  Et  est  «cKci^un  ....  v^kher  v:«iäh.-lt  haaifacknfUkli 
amt  aacii  in  x<iiren?a  r*rti-:fc';c  tekamt  isc  w^  4ie  geaanen 
Xacaveiä«  bei  fi.  f-TAnobL  BibLiixii.  $N$n{ii.  Palaescnae.  Beriia, 

i89i>.  :«>— 101.  Xr.  a»r. 

v  Äa.  -kr  SfKze  -Lee  Br&cihiL.<.'&c-a  Biit«^  $t«&t  Jas  Testa- 
meat  aiis«r«>  Gnfeo.  daran  icblxsst  >icli  aaLU>:-l2Viki«s  Attsgabe- 
filaoäier 

tt-  Bafcenkaasea  «^  von  Hitaaa. 


in 

April)  nssgPiRitten  ist.,   Ime  Willen    zri    dfm    Heiligen 
Grabe  selb  drytte  zu  ziehen  uiind   die  selbe  iiaclit  zu 
Clingeiiberg  *)  gelegen,  des  Mitenbacbs  (28,  April) 
darnach   dar   ussgeRitten  und    zu    M  i  i  ti- nbergk**) 
über  Meyne   gefaren  In  anno  domini  in>strilV)  octua- 
gesimo  quarto  der  minderen  Zale. 
Item  VI  ^    zu  Miltenberg   selb  dreylter  des  Mitten- 
bachs (28.  April)  über  Meyn. 
Item  ein  gülden  PliiliiiTen  ***)  mit  sampt  eym  a!bu  Ime 
za  gelej-ts  geldf^  v(in  Myltcnbürgk  biJss  geiii  Bistlioffs- 
heim  j)  und  der  albus  vonn  inylteubt-rgk  gein  Clingen- 
bergk. 
Item  XXIllI  albosft)  selbe  vierde  mit  dem  obgenannten 
geleyts  knecht  unud  Here  Wilhelm  vrm  Hechberg  Ine 
L         der  herberge  verz^-rt. 

^■tem  II  albos  der  frauwen  und  der  mede  zu  litzgelt f ff)* 
^Bkem  I  album  von  einem  Sattel  zu  füllen. 
^■tem  XII  alboä    H<^re    Wilhelms    Ge.sindtt    /.i\    iÜscholTk- 
^B  heim  Ime  Sloss  geschenkt,  als  myn  Juncker  darr  Inne 
über  nacht  läge. 
Item  I  album  m}-nem    Jnnckernn   am  Morgen  messe  zu 

Kfermen  Ime  Sloss. 
Summa  III  gl.  x  ^. 
tem  V  gülden    Henseln  Kleylin   Here  Wilhelms    knecht 
von  BiscbfifFsheim  bis  gen  Wy  nasheim  *t). 
tem  VI  ß  XXXIIII  ^9)    Margrefisch   montze  selb  vierde 
»mit    dem    geleyds    knocht    den    Dornstag    zu    Nacht 
unnd  freytag  zu  Morgen  (29.  u.  30.  April)  zu  Wyn.ss- 
heim  verzertt. 
*)  tliugenberg.  —  **)  Miltonlwrg. 
•")  Ein  Philippsgtildfiu  hatte  15  Schillinge, 
t)  Taubor-BischolTslicini. 
tt)  Kin    Albus    oder   Weis.spfonnig  galt    c.    30  Pfoimig  =  l 
venetianisoker  Oroscheu  ixlor  1  Batzen,    ein  ITeller  =  '/»  Pfenuig. 
ttt)  Tilükgeld. 
•f)  Windsheini  nö.  von  Rotheiibory  a.  d.  Tauber. 


112 

Item  in  S  II  /3t  der  frauwen  zwey  pfnnt,  der  mede 
und  knechten  1  S  zu  letze  gelde. 

Item  II  S  VI  >3)  nmb  des  geleyde  vonn  Wynssheim 
gein  Er  leb  ach*). 

Item  V  Grössen,  thut  einer  VII  /^,  dem  geleits  knecbt 
geschenckt,  der  mit  unns  reyde  biss  gein  Erlebach. 

Item  zwene  Grossenn  umb  ein  geleits  brieff  von  Erle- 
bach biss  gein  Fürte**). 

Item  ein  Grossen  Ine  essen  und  ein  In  opfer  budel,  and 
tun  VII  /3)  ein  1>    (oder  ein   Grossen),    und   galt  der 
Gulden  VllI  ff,  XI  ^  oder  XXIIII  Grossenn***). 
Summa  XIIII  S  XIX  ^,  facit  II  gl.  II  S  lU  /d), 

macht  III  gl.  1  orttt). 
Summa  huius  lateris  facit  V  gl.  I  ort  X  /^  Hei- 
delberger. 

p.  5.'  Item.  XV  S  III  /^  selbe  drj-tte  des  freytags  zu 
Nacht  (30.  April)  unnd  des  Samstags  zu  morgen  (1. 
Mai)  verzert,  und  asse  der  Kramer  by  mynem  Junckern 
und  (?)  quame  XLII  /d)  für  ein  mass  malwassyff) 
und  XIIII  1^  für  eine  messe  zu  lesenn. 

Item  II  S  XXI  /^  der  frauwen  II  S  zu  letzgeld,  der 
mede  ein  Grossen,  dem  dochterlin  eyn  und  dem  knecht 
ein  Gross  VII  ^  (der  gl.  VIII  ff  XII  ^). 

Item  ein  gülden  mynem  Junkern  für  ein  sattel  u£F  den 
zeiter. 

Item  XV  dl  für  ein  ein  weyss  duchs  zu  eynem  Wisch- 
duch. 

Item  IUI  ff  XVI  ^  derselbe  drytte  des  Samstags  zu 
n.icht  zu  Swabach-ftf),  unnd  reyde  der  Kramer  mit 
dachin  und  zerte  zu  vesper  zit  mit  mynem  Juncke- 
renn,  des  quam  III  ff  III  /3)  zur  Zerung,  der  frauwen 


•)  Erlbach  nördl.  von  Fürth.  —  •*)  Fürth. 
•*♦)  Wichtige  Angaben.  -  f)  '/«.  —  tt)  Malvasier. 
ttt)  Schwabach. 


I 

I 
I 

I 


113 


I  ff  zn   letzgelde  und   den    meden   und   knechten  II 
Grössen  Letzgelts. 

Item  1  6  XIIII  /^  fhr  daß  geleyd»  und  dem  geleyis 
knecbt  geschenkt  von  Swabach  biss  gein  Giintzen- 
hanse  n*). 

Item  II  ß  XX  ^  den  Suntag  Misericordias  Domini 
(2.  Mai)  zu  morgen  Imss**)  zn  Guntzenhnsen  verzert. 

]t«»ra  XIIII  ^  i\ifm  geleyts  knpcljt  von  Guntzenhusen 
b jss  gein  G  i  n  t  z  h  « i  m  ***),  dar  geet.  das  Ottings  f ) 
geleyde  an*\ 

Item  ein  gülden  III  grossen  I  »Sj  selb  vierde  mit  dem 
geleyts  knecht  den  iSuntag  zu  nacht  und  den  Mon- 
tag zu  morgen  (3.  Mai)  vei-zert  mit  dem  letzgelt, 
das  ist  gewesen  V  grossen  der  frauwen  und  dein 
geainde  und  VIII  ^  dem  setteler  ane  mynes  Junckern 
Sattel  zn  machen. 

Item  VI  5  dem  geleits  knecht  von  Ginitzenliüsen  biss  uf 
den  bergk  ln^y  DonauWe  werdeff)  geschenckt,  und 
wass  der  mnntag  des  heilignu  Cruiz  tag  (3.  Mai), 
iinnd  galt  der  gülden  wisse  möntze  VIll  ß  X  ^  ttt)- 
Summa  VI  gl.  I  ü  XVII  ^,  facit  V  Grossen  V   J^),. 

Item  Vlll  h  III  Grossen  2  ^  den  Montag  zu  naclit 
und  Dinstag  zu  morgen  (4,  Mai)  zu  Donauwe  werde 
verzert,  das  warde  VI  (>  Vlll  ^  verzert  und  der 
frauwen  II   V*  zu    letjigelde,  den  meden  und  knechten 

II  grossen  zu   letagelt,  und  galt  der  gl.  VII  P  je  XXX 
<di   für  ein  P*t). 

Item  I  IJ  dem  knecht  und  der  mede  und  reyden  biss 
an  die  Herberge  by  Augsspurgk. 

Summa  dieser  S}'t.en  Vlll  gl,  XIlll  ii^. 
p.  fi'     Item   U  gülden   VII   Crutzer   den    V^orgenannten 


•)  Gunzenhauseii.  —  ")  Imbiss.  —  ***)  GnndelsheJm. 
t)  Grafen  von  Oettirigen.  —  tt)  Donauwörth, 
ttt)  WitLtigo  Angabe.  —  »f)  Desgl. 
N.  F.  XVI.  Bd.  8 


114 

Dinstag  zu  nacht  nnnd  Mitenboch  zu  morgen  (5.  Mai) 

mit  den  Zweyen  Rolingern  und  dem  knecht,  der  mit 

uns  ryten   soltt,    verzert   zasampt  eyner   mass    mal- 

wassiers    zu    Augspurgk,   und   galten    I   gülden    LX 

Crutzer  *). 
Item   XI  Crutzer   der  dochter   Irae   huss    echt  (?)   und 

meden  und  knechten  zu  letzgelde. 
It«m  XVI  Crutzer    für  acht  ysen  darselbst  uff  geslagen 

und  den  knechten  zu  Drj'nckgelt. 
Item  VII  Crutzer  mynem   Juncker nn  darselbst   für  ein 

paar  schü. 
Item  V  Crutzer  vor  mynes  Junckemn  Sattel  zu  flicken 

darselbst. 
Item  II  Crutzer  um  zwoe  schauben**). 
Item  XII  Crutzer  mynem  Junckemn  für  ein  Deschen  ***) 

darselbst. 
Item  X  /^  für  das  gehenck  an  derselben  Deschen,  gilt 

eins  IUI  /^. 
Itfim  I  gl.  IX  crutzer  den  vorgenanten  Mitenboch   zu 

nacht  unnd  den  Donderstag  zu  morgen  (6.  Mai)  zu 

Landspergf)  zum  lewen  selbe  vierde. 
Item   Uli  Crutzer    der  Frauwen  und  III   Crutzer  den 

meden  und  knechten  zu  letzegelde. 
Item  VIII  ^,  der  IITI  ein  crutzer  tunt,  vor  zwoe  mass 

wyns  zu  Schongauwe ff). 
Item  XL  Crutzer  dem    knecht  und  der  mede  darselbst 

zu  letzgelde. 
Item  I  gl.  Contzenn   dem  knecht  von   Augspurgk   biss 

zum  Roten burchfft)  zu  Reyt^n  geschenckt 
Item   XVIIl   Crutzer   des   freitags   zu  morgen   (7.   Mai) 

Imss  selb  drytto  verzertt. 


•)  Der  Silberguldcu   galt   2,40  Mark,   also   der   Kreuzer  4 
Pfennige. 

**)  Hüte.  —  •♦♦)  Tasche.  —  t)  Landsberg.  —  ft)  Schongau. 
ttt)  Rothenburg  a.  d.  Tauber? 


115 


item  XXin  Crutzer  des  fritags  zu  nacht  zu  Porten- 
kirche*). 

Item  ein  Crutzer  dem  knecht  zu  letzgelde. 

Item  XVU  Cratzer  des  Samstags  zu  morgtm  (H.  Mai) 
zu  M  i  1 1  «i»  1  w  a !  d  e  **)  derse  Ibp  d  rytte. 

Itein  Xni  Crutzer  zum  hi^ilig'^n  Idude  uf  dem  Sehe- 
felde***) geopfert. 

Item  V  Crutzer  für  Zolle,  kese  und  brott  zu  vesper 
Zitt. 

]tem  funfftzig  crutzer  zu  Yn »8 brück  des  Samstags  zu 
Nacht  lind  des  Suntags  Jubilate  (9,  Mai)  zu  morgen 
selb  drytte  verzert  und  zu  letzgeld^^  Ni-ralicli  der 
frauweji  VllI  crutzer  und  dem  gesiude  dry  zu  letz- 
gelde,  das  ander  verzert..  Summa  VIII  gl.  XXII 
crutzer  I  /^. 

p.  6'      Item  II  Crutzer  umb  ein  lade  Muscaten  nusse. 

Item  VIll  Crutjser  für  ein  He.sciven  darsetb»t. 

Item    II  Crutzer   dem   scherer   für   apotecken  werck  zu 

Ynnsbruck. 
Item  VI  gl.    des   Montags  (10.  Mai)    zu    8tey  n  iiachf) 
Ing«fle<(t,    als    myn    .UiiiekRr    zu    niynem    Herren    von 
Hannauw»?,  Juncker  vtmNassKun  und  rnym-m  Juuuk»*riui 
von  Runcken  qwam. 

Item  IX  crutzer   hat  der  8cherer  zu  St ertzingen ff) 
verzert,    als   er   seiner   kranckheit  halb    anhin  reyde, 
und  myn  Junckeriin  by  den  Herrn  zn  Steynach. 
lifm  in  criitzi-r  darselbst  zu  .schernlone,  siist  bezalt  der 

Marggraffe  all  zurung. 
It«<m  II  crutzer  für  i'in  ysen  darsei bst 
Item   darnach   gein  Ritzingenftf),   ist  ein  bysthumb 
und  sif'ben  myln  von  Steinach  dva  Dinstags  (11,  Mai). 
Item    von    danm-n    gein  Boytzcn*fJ    sint    sechs  guter 

•)  rartenkirchen.  —  ")  Mittenwald.  —  *♦*)  Soefeld, 
t)  Sleinach.  —  ft)  Sterzing.  —  ftt)  Bnxen. 
•t)  Botzoo. 

8* 


116 

myln,  dar  lagen  wir  ober  nacht  nnd  lytt  gnff  Wil- 
helms grapp*),  dar  er  zuerst  vergraben  ist,  Lne  dfannif 
nnd  kompt  man  darnach  uiF  die  etachs  des  mitten- 
bachs  (12.  Mai). 

Item  von  dannen  des  Domstags  (13.  llai)  zu  Sannt 
Michael**)  assen  wir  zn  mittag  darselbst,  fert  man 
nber  die  etschs  an  ey^em  seyle,  nnd  ryden  färter  die 
nacht  gein  Drent***)  die  nacht,  daselbst  ist  auch 
ein  bistdmb  nnd  beatns  Svmon  darselbst,  ist  aof  VI 
myln. 

Item  des  Samsstags  (15.  Mai)  Riden  wir  nach  Jnbilate 
znm  S p i tt a  1  e  t),  ist  nf  fnnff  myln  von  Drente,  darby 
hat  der  Hertzog  von  Osterrich  ein  gut  Sloss  ligen, 
heiflst  Bressenft).  Damach  kompt  man  zn  vier 
slossen,  heissen  zwey  Delgennanwfff),  nnd  dar- 
selbst dry  gnlden  zngelegt. 

Item  II  Österreicher*!),  dutt  einer  ein  Mar«elle**t),  hatt 
myn  Here  zn  Trentt  veropfert  und  nmb  zeichen 
geben  ***t). 

Item  X  Cratzer  dem  scherer  für  ein  lass  ysen  zn  Tei^ 
fesef*). 

Item  IX  Österreicher  hat  myn  Juncker  seliger  zn  Ter- 
fese  verspilt.    Summa  X  gl.  LI  Crützer. 

p.  7'  Item  II  gülden  mym  Herrn  für  ein  lauten  dar- 
selbst. 


*)  Welcher  Graf  Wilhelm  gemeint  ist   konnten  wir  nicht 
feststellen. 

••)  St  Michael.  —  **♦)  Trient  —  f)  Ospidaletto. 
tt)  Ob  Perzene  (Perzine)  oder  Brenta? 
ttt)  ^  kann    »i^r  Telvana  in  Tal  Sugmna  gemeint  sein  {An- 
drea MontebeUo,   Notizie   .  .  .  della  Valsagana.    Roveredo   1793, 
164,  263  fr.). 

*t)  Wohl  Wiener-Xeustädter. 

**t)  1  Marcello  war  =  10  Solidi  =  60  Centesimi  heutigen 
Geldes. 

••*t)  Für  Wahrsagung?  —  t*)  Treviso. 


It«m  TIl  diicaten*)  an  der  zerung  darselbst  Ingelegt  zu 

Derfese, 
Item  XXX  Dticaten   dem   Wyrte    zu  Venedig   für  das 

JLene  (?),  so  für  proviande  für  dry  person  Ins  schyff 

gekauft  ist. 
Item  XXI  Ducaten  an  der  Zerung,  so  Ime  huss  die  Zitt 

verzBrt  ist 
Item  IIIU  Rinisdi  Gniden    siner    frauwen   zum   Vicrden 

deile  zu  eini'r  syd«n  schamt'latt  **). 
Item  X  Rinisch  Gulden  der   frauwen  und  dem  gesinde 

Ime  huse  guschenckt  zum  vitirdf-n  teile. 
Item  V'  XXIII  Ducatt'n   dt'm   Patron    von  dryeii  person 

zu  scbifTlone. 
Item  XVllI  Ducaton   zu   dryen   Malen   Ingelegt   an    der 

Hinfart  für  dry  person. 
Item  VI  Ducaten  hatt  man  uf  die  Vlo  Ducaten,   so  der 

Krämer   zu    Franckfort    VlIIc    Riniseh  gülden  ent- 

pfangen  hat,  die  zu  Venedig  von  der  Banck  zu  Ueberm 

musst   man  ein  Dukaten  die  Zickin***)  haben  (?). 
Item  VII  Marzpllfi  zu  uf  Wechsel   an  den  XIII  Ducaten 

an    marcketen  f)   vom   haraer  (?)    uf  yeden    Dnckaten 

ein  Marzeila. 
Item    XJl    Dukaten    den    Heren    zu   Jherusalem    uf 

Monte    syonit)    umb    gottes    willenn    gehen,    als 

ander  heren  der  glichen  auch  detten. 


•)  D«r  Venetianische  I>uc*tcn  oder  die  Zethine  stand  1483 
wie  135  :  100  zum  rhein.  TioliiguUlnn  (h'M.  146)  und  barto  9,60 
Mark,  letzterer  7.20  Mnrk  {RH.  115;  H.  53)  Worth  (aiiuh  2fi  Mei- 
dineo  oder  52  Ah[ierarcrti  j^leich  zu  louhiiüii);  l  Meidin  im  XVI. 
.lahrhundort  war  =  4  vcntffiiinischo  Scliillmfro  =r  '/,  Moceuigo,  ein 
Moceuigo  =  4  Conbtaiizer  Batzen  —  l(i  Heiler  ^  '/i  Marcello, 
1  Asperor  =  1—2  Kieuzer. 

**)  Eigentlich  selbst  soviel  ala  Seidenstoff. 
*)  Zechioe. 

t)  Marchetto  war  =  '/la  Marcollo  =  '/t  Weisspfennig. 
tt)  Den  Miöoriteo  auf  deai  Zionsbeige. 


118 

Item  XVn  mazzeDe  dem  scherer  am  kutaay*)  dar  Ton 
uAü  za  Richten. 

Item  VI  Dackaten  za  Jheroäalem  Ingelegt. 

It«m    VI  marzellen   zu   zweyen   malen   fiör   kertxen  In 
TempeL 

It^rn  llll  Dnckatfn  Ine  das  heilig  grab  geben. 

Item   VI  Dackaten   zu  Jaffa  af  Egidy  (1.  Sept)  In- 
gelegt. 

Item  VI  Dackaten  aber  af  dem  Scbjff  Ingelegt  af  Sams»- 
tag  Nach  Lamperti  (18.  Sfpt). 

Item  II  Duckaten  den  kochen  af  dem  Schyffe. 

Item    VI    Dackaten   aber    Ingelegt    za   Madan**)    afiT 
Dorn»<tag  Nach  Michaelis  (3f).  Sept.). 

Item  XII  Dackaten   za  Corfän***J   Ingelegt  of  onde- 
cim  miliam  virginam  (21.  October). 

Item  VI  Duckaten  zu  letze  Ingelegt  uf  Suntag  vor  Blar- 
tini  (7.  Nov.). 

Item  VI  Duckaten  aber  Ingelegt  uf  Montag  Nach  Mar- 
tini (15.  Nov.). 

Item  VI  Dackaten  zu  Capof)  Ingelegt  uf  Suntag  Nach 
praesentationis  Mariae  (28.  Nov.). 

Item  VI  Duckaten   aber   Ingelegt  zu  Casselnovajf) 
uf  Dornetag  vor  Andree  (25.  Nov.). 

Item  XI  Duckaten  IX  Grössen  zu  Romafff)  aber  In- 
gelegt uf  frytag  Nach  Andree  (3.  Dec.). 

Summa  I1I<    XLII  Duckaten,    XVI   gl.  Rinisch,    V 
Marcellen,  II  Marcketten  und  IX  Grössen. 

p,  7'    Item  ein  Duckaten    II  Karlin    zu   Dorbuan*t) 
verzert  uf  fritag  Nach  Andrea  (3  Dec.). 

*)  (Jortcsy,  oourtoisie.  Triukgcld.  —  **)  Modon. 
•*•)  ('orfu.  —  t)  Capua. 

tt)  Der  Namo  Caüteliiuovo  ist  in  der  Gegend  zwischen  Otranto 
und  Neapel  ausserordenüii-h  häufig  (bei  Campli,    bei  Molise,   bei 
MaiiM,  im  Principat,  bei  T^aviano,  bei  San  Severo). 
ttt)  Rom.  —  »t)  Serofeno? 


119 


Item   I  Duckaten   II  Grossen    zu  Viterff*)   verzert   uf 

Samsstag  Nach  AiuUea  (4.  D<c. ). 
It(!m  I  Duckaten  Uli  Gronsen  mit  dem  lutze  und  moKSG 

gelt    zum    hangenden   Wasser**)    uff   Samsstag 

zu  Nacht  nach  Andree  (4.  Dcc). 
Item  VI  Grossen  dem  knecht,  der  midu  uns  von  Roma 

dorhinnn  RfMde. 
Item  IX  Karline***)  des  Suntags  zu  Nacht  zu  Clavicot) 

(5.  Dec). 
Item  I  Duckaten  des  Montags    zu   Nacht   (0.  Dec.)   zu 

der  Hoensinff)    NeniHch   uf  unser   lieben   frauwcn 

abent. 
Item  I  Grossen  für  Kressen  darsiclbst. 
Item    IX  Karliu    des   Dynütaga    (7.   Dec.)    zu    nacht    zu 

Tabernellattt)- 
Item  lU  Duckaten  HI  Grossen   mit    dem   letzgelde   und 

für  Holtz,  des  Dornstags  zu  Nacht  unnd  Fritug  (9.  u. 

10.  Dec.)  den  Tag  zu  Flore ntz. 
Item  X  Karlin   IM   Grossen    von    den   setteln   zu  fulh^n 

und  für  ettlich  küssen  und  ryemen  an  den  Wattsack. 
It»*m  I  Duc-katen  11  Grossen  .Sanisstags  zu  Nacht,  Sun- 

tag   zu    Morgen    (11.    u.    12.  Dec.)   zu    der  Scarpa- 

r  i  e  n  *t). 
Item  I  Duckaten  vier  Grossen  In  der  andi;ren  Ht^rherge. 
Item  II  Grossen  dem  niüln  knecht  **t)  under  wegen  zu 

zeren. 
Item  II  Grossi'n  /u  Sc  a  r  og  a  las  s***i")  zu  zolle. 
Item  I  Duckaten    III  Grösi>en   In    der    netten   Herberge 

by  Bolo  n  iaf*). 


*)  Viterbo,  —  **)  AcquapendoEte. 
••*)  1  Dueateu  =  10  Kai-olinen. 
+)  Radicofani '.•'  —  ffl  Offenbar  Siena. 
♦f)  ßcarpena.  —  ♦*t)  Maultiiiorttoibor. 
*f)  Sc*ricaiasino,  —  f*)  Bologna. 


ttt)  Tavemelle. 


120 

Item  n  Dackaten  fOr  Zerong  and  letzgelt  vone  Dinstag 

ane  biss  af  den  Dornstag  (14. — 16.  Dec.)  za  Bolonbu 
Item  ein  Grossen  für  beslagk  darselbst. 
Item  ein   Dackaten    II  Grossen   uf  Dornstag   so   Nacht 

(16.  Dec.)  by   Sannt  Jobann*)  verzert. 
Itein   VII    Grossen   des   fritags    (17.  Dec.)  zu   Mong- 

port**)  über  das  wasscr. 
Item  I  Duckaten  IX  Grossen   des   fritags   za  nacht  za 

Sant  Martin***). 
Item  I  Duckaten  I  marzelle  za  Kassef)  af  Samsstag 

zu  Nacht  (18.  Dec). 
Item  I  marzelle  darselbst  über  das  Wasser  Genannt  die 

Pfauft). 
Item  I   Duckaten   IUI   Marzelle   II  Crutzer   of  Santag 

(19.  Dec.)  zu  Mantua. 
Item  I  marzelle  zu  Wilden  franckenfff)  za  Zolle. 
Summa  XXI  Duckaten,  VII  marzellen,  X  Cratzer. 
p.  8'    Item  in  Duckaten  zu  B  e  r  n'*f )  mit  dem  letzgelde 

und   für  Holtz  zwoe  Nacht  verzert  des  montags  und 

mitenbochs  vor  dem  heiligen    Christtag   (20.  a.  21. 

December). 
Item   in  Marzelle  darselbst  für  ein   boledt**f)   nf  der 

Klüsen  ***t). 
Item   l  Duckaten  IUI    Crutzer   mit    dem    letzgelde   ein 

nacht  zu  Burckettf*). 
Item  XL  Crutzer   des  Dornstags  (23.  Mai)  za  nacht  zn 

Mackrelef**). 
Item  111  Crutzer  für  schererlon  am  Cristabend  (24.  Dec.) 

zu  Trent. 


*)  San  Oiovanni.  —  •♦)  Nonanhda?    Modena  ? 
*•♦)  San  Martino.  —  t)  «uastalla.  —  ft)  Po. 
ttt)  Villa  franca.  —  *t  Verona. 
•*f)  Bolotto,  Passiorschoin.  —  ***f)  Veroneser  Clause, 
t*)  Borghetto.  —  t**)  Martarollo. 


I 

I 


XXXVm  Crutzer    dem    smydt  darselbst    far    be- 

slagk. 
Item  Xn  Crutzer  dem  setteler  von  den  (aattel)  zu  füllen 

für  rj'ftmen  und  ander  pletgwerck  *}. 
Item  XI  gl.  XXini  crutzer  zu  Trent  verzort  von  Crist- 

abent  ane   biss  uf  S«msstag  Nach   Epiphania  domini 

(24.  Dec.  1484  -  8.  Jan.  1485). 
Item  XLVU  Crutzer   uf  Samsstag  Nach  Epiphania  Do- 
mini  (8.  Jan.   1485)  zu  Botzen. 
Item  II  gülden  zwoe   Nacht  zu  B  r  y  t  z  «  n  **)    und  zum 

Loe***). 
Item  II  gülden  Jobanneu  vonu  Dorn  darmit  die  Zernng 

zu  YnBsbruck  geethem  zu  bpzaln. 
Item   xn  Crutzer   darKplbst  für   beslagk  und  die  settel 

zu  füllen  und  zu  machen. 
Item  I  gl.  VI  Crutzer  zu  Mittelwalde  den  Domstag 

zu  nacht  und  frytag  zu  morgen  (13.  u.  14,  Jan.). 
Item  III  Crutzer  zu  Port  e  n  k  irch  en  von  den  pferden 

zu  scherpffen. 
Item  Lini   Crutzer  die   Samsstags  zu  nacht  (15.  Jan.) 

zu  Oetigen  (?). 
Item  XII  Crutzer  den  Samsstag  zu  morgen  zu  S  ch  ong  au. 
Item    I  gl.    IUI    Crutzer   am    Samsstag    zu   Nacht   und 

Suntag    zu    Morgen    (15.  u.   16.  Jan.)    mit  dem  letz- 

gelde  zu  Landsperg. 
Item  Vlll  Crutzer  für  beslagk  und   die  Settel  zu  füllen 

darselb.st. 
Item  liVin  Crutzer    uf  Suntag    zu    Nacht   und  Montag 

zu  Morgen  (16.  u.  17,  Jan.)    mit   dem   letzgelde  ver- 

zert  zu  Angsspurgk- 
Item  I  gl.  Vin  Crutzer  des  Montags  zu  Nacht  (17.  Jan.) 

zu  Donauwe  werde  mit  dem  geleydt«  gelt 


•)  Flickwprk.  Flickerot.  —  *•)  Brixon. 
•••)  Offenbar  im  Lueg  auf  dem  Breiiner. 


122 

Item  XXim  Crntzer  zu  M  o  n  h  e  i  m*)  mit  Hertzog  Goigen 

und  der  von  Pappenlieim   guleitüknechten,    dan   sich 

die  geleyde  darselbst  scheyden. 

Summa  XXII  gl.,  XXXVIII  crntzer,  Uli  ^ackaten, 
IUI  marzelle. 
p.   8^     Item    XL   Crutzer    des   hertzogen  geleitsmann 

vom  Werde  biss  gein  M  o  n  b  e  y  m  mit  dem  Reyde  gelt 
Item  I  gl.    VIII  crutzer  zu  Wissen  bürg**)  mit  dem 

geleits  gelt  ane  Dürstag  ^20.  Jan.)  zu  Wissenburgk. 
Item  XVI  Crutzer  der  Herren  von  Pappenheim  geleits- 

knechten   nach   Man  he  im    biss  gein  Wissenburgk, 

und  gilt  ein  person  XIIII  <^  zu  geleits  gelt  und  XVI 

V}  zu  Reyde  gelt. 
Item  I  gl.  IUI  S    den   Mitenbach   U^-  Jan.)    zu   nacht 

und  Dorstag  (20.  Jan.)  zu  morgen  mit  dem  letzgelde 

zu  N  Urem  her  g  uf  Sebastiam  (20.  Jan.)  verzert 
Item  XXIIII /^  von  Erlebauh  biss  gein  Winssheim 

des  fritags  für  geleits  gelt  (21.  Jan.). 
Item  Vlll  S  uf  fritag   zu    nacht   Nach  Sebastiam   (21. 

Jan.)  mit  dem  gelt>itsknecht  zu  Wynssheim  verzert 
Item  VI  S  11  albos  init  dem  gelcitsknecht  uff  Samsstag 

(22.  Jan.)  zu  nacht  zu  Merge theim***)  verzert. 
Item  XXXVl  /^    von  Wynssheim    bis  gein  Mergetheim 

zu  geleitsgelt. 
Item   XVI  albos  dem  geleitsknecht  für  Reyde  gelt  und 

schanck  gelt. 
Item  II  albos  für  geleits  gelt  von  Mergetheim  biss  gein 

L  u  d  e  n  b  u  r  g  f ). 
Item  XII  /5(  zu  R«!yde  gelt. 
Item  I  album  zu  Borstattff)  zu  Myltenberg  aber 

Meyne,  und  die  Nacht  lagen  wir  zu  Clingenberg. 

*)  Monheim  n.  v.  vorigen. 
*•)  Woissonbiug.  —  ***)  MergeDthcim. 
t)  Laoda?  Laadonbui^  liegt  so.  von  Morgentheim. 


123 


I 
I 

I 


I 


liem  I  alhnm  zn  Wall  statt*)  über  Meyne  uf  montag 
Nach  Convprsionis  Pauli  (31.  Jan.)  uml  die  s»']b 
Nacht  gejn  Babenhus«*n.  Summa  VI  gl.,  XXIllI 
albos,  ni  <^. 

Summa  der  vorgeschriebi-n  Zerunf;  ist   IIl"    XVIII 

Duckaten,   III  AJarx^He»,  111   Marcketen. 
Summa  LXXVII  gl.,  1   ort  Rinisch  und  II  ^. 

p.  9'    GemBynÜ88  Gabe  von  mynes  Guedigen 

Herren  Grave  Ludwigs  uiind  sius  Bt^scheits 

hal  |i  ge  sehe  ü  n. 
Item  XIIII  Duckaten    für   Ducb  sydeii   von  tlcm  Maiitfl, 

wams.s  und  Hös*'n  zn  Machmi,  zu  Venf-dit-n. 
Item  IUI  Duckaten  11  Marzellrn  für  die  Kitttd,  hf-rndfir, 

sotall**)  und  facillet***)  für  da«  ducho  und  mach  lone. 
Item  X  marzelle    für  vier    par  lyner  bösen,  sin  gnaden 

zv/ey  und  dem  soherer  zwey. 
Item  irm  DuckatHn  für  XXVIl  ein  Rotz  Duch  zu  dryen 

Röckeu  und  XVllI  Marzellen  dar  von  zu  machen. 
Itera  III  Duckattiu  für  die  gofulten  und  (li(!  KrMK-n  brüst 

Dacher. 
Item  II]  Duckaten    für   mynes    Heren   seligen  zwey  par 

^hu  des   eins    mit  zwifeclitigen    stdn,    fostHtin  XXII 

Marzellen,  vnd  dan  funff  par  für  IX  Marzellen. 
Item  I  Dnckaten  IUI  Marcketen  fnr  zwey  Swartz  bareth 

mynem  gncdigen  Junckurnu. 
Item  XV  Marzellen  fm-  die  .smock  (smäck?)  opsel  (?). 
Item    VI  Marzellen    zn    allen    malen    vcrfarHU    und   Jo- 
hannes geben  er  mynem  Junckernn  zu  farerlono  dar- 

geliuwen  hatt. 
Item  II  Marzellen   Henchen  mynes  herreu  von  Nassau's 

iSotten  (?)  geschenckt. 


•)  Wallstatt. 
••)  Setola.  ital.  Bürste? 
•*•)  Fazzoletto,  ital.  Taschentuch. 


1-24 

Item  n  Manelleo  von  mynes  heren  U^dem  aa  DTpick- 
gelt 

Item  II  Marzelle  dem  Bader  knechten  m  Vraedien  ge- 
schenckL 

Item  VUI  Marzellen  von  mynes  Jonckern  vier  Wappoi 
zu  Vene  dien  zu  machen. 

Item  III  Marzellen  dem  Scherer,  als  er  gein  Terfese 
solt  nach  dem  gelde  sins  pferts  halber  xa  Mon- 
sters*). 

Item  VI  Duckaten  VIII  Marzellen  for  yglieherley  hande 
ns.s  geben  Inde  eines  Zettels  hiebey. 

Item  XI  Duckaten  für  III  Beth,  der  Cost  eins  zwene 
Duckaten  I  Ort.  und  mynem  Junckern  ein  lyderin 
kys^en  zu  lidem.  der  von  ein  Duckaten  and  sin  Beth 
und  küssen  zu  lidern  darvon  ein  Duckaten  und  fbr 
Leder. 

Item  M  Duckaten  VUI  Marzellen  IUI  Marketen  fiir 
iglicherler  hande.  so  für  mynen  Heren  Inne  Sonder- 
heit Ine  die  Appotecken  kauft  lade  derselben  nf 
Zeich  ni.«. 

Summa  LV11  Duckaten,  II  Marzellen,  11  Slarcketen. 

p.  9^  Item  im  Duckaten  hat  myn  Here  des  Don- 
derstags  Nach  pfingsten  ^10.  Juni  1484)  za  naicht, 
al»  man  zu  schiff  gin  zu  Sunt  Niclauss**),  ^^^^^ 
spielt. 

Itrm  lin  Duckaten  VI  marzellen  für  mynes  Heren  kisten 
uud  seglematten  und  zu  tragen  zn  Candia  Ins 
schiff. 

lt<»m  Xn  Marzellen  Hern  Han^n  von  Nfllbenhase  uf 
dem  &ch3rff  geschenckt. 

Item  II  Duckaten  den  beckern  uf  dem  schiff  amb  gots 
willen  geben. 

Item  II  Duckaten   und   HH   marzellen  den  Herrn   von 


*)  Mcstie  bei  TtncOig.  —  **}  St  Nicolo. 


Jherusalem    nf    dem    schiffe  *)    für    zwoe    brillen  **) 

winss  gfiben. 

Item  1  Dntkaten  zu  Betlfthem  In  buwe  ***)  geben. 
Item  II  Duckjit>^n  für  den  Dürckischen  Rocke. 
Item  HI  Duckatfin  urab  das  gebende  dar  zu. 
Item  IUI  Marzf^ÜP  umb  die  hubw  dar  za. 
Item  II  Duckaten    vor  yglicliKrley  hande  zu  Jhernsalftm 

kaufFt  pater  nosterf)  uniid  t^firtel. 
Item  11  Duckaten    hat    myii    Hnri'  cintzig  uf  dt>ra  schiff 

den    Beckern,    den    knechten    und   sust    verdrüncken 

und  uss  geben  lassen. 
Item  V  Marzellen   mynem  Heren   uf  dem  schiff,   ee   wir 

gein  Jaffa  qwamen. 
Item  ein  Marzelle  zum  selben  male  vor  wyno. 
Jtem  ein  Marzelle  for  dry  scbitäseln  und  dre  seckliu  zu 

dej  korte-sya. 
Item  VI  Dufkatcn  marzellen  und  Marketen,  alss  sin  giiade 

uss  dem  scliyfF  uf  da.s  landt  dradi'. 
Item  111  Marzellen  den  (durchstiichen,  darüber:  begyn)tt) 

zum  selben  male. 
Item  II  Marz(!lle  Jacobsen  uf  dem  Schyff  für  Wyne. 
Item  11  Marzelle  mynem  Herrn  Irae  sehyff  In  by  wesen 

KmericIiK  von  Nassau wes. 
Item   VI  Duckaten  IUI  Marzellen  umb  zwene  schamelott. 
Item  III  Duckaten  und  II  Marzellen  für  ein  sdianielntt. 
Item  IUI  Duckaten  und  4  Marzellen   für  zwen  deppich. 

Humma  XLIIII  Duckaten  Uli  Marzellen. 
p.  10*^       Item   VI    Holanten  ff j)    umb   die   Syropp    und 

ein  Gla.s8  dar  zu. 
Item  V  bolanden  von  dem  Wattsack  daraelb^it  zu  machen. 


•)  ÜDin  Guardian. 
•*)  leal.  baiilla,  ein  UohlDia.s8. 
•)  Ob  verschrieben  für  buchse  oder  burse? 
t)  RoseukrüDze.     f\)  BeguioeV 
fff)  UnbokannCo  Ocldsorte. 


126 

Item  IX  Duckatcn  dem  mfllnknecht  von  Florenti  bia 

^in  Berne  myiiem  Herrn  seligen  zd  fnren. 
Item    II   marzellen   dem    knecht,    hat   er   ander  wegen 

verzert. 
Item  I  marzelle  umb  byni. 
Item  VI  marzellen  cmb   f>yropp   and   ein   flesch    darcza 

zu  Iti'rn  und  umb  ptifimen. 
Item  Yl  marzellen  für  die  Karbo*)  dar  Inne    mjfn   Herr 

selij^r  gefaren  hatte. 
Item  I  Duckaten   von  dem  Samet   zu  Zolle  zn  Herne. 
Item  III  marzelle  für  Wa]i{Hm  ilan^lbst. 
Item  I  Ihu-katen  d^m  mfdn  knecht   von  Bern  biss  gein 

Trent. 
Item  I  marzelle  dem  knecht  geschenckt. 
Item   XII  marzelle   von   Matrelt*  bi!*s   gein   Trent  nf 

einem  Wagen  zn  füren. 
Item  XIII  Crutzer  zu  Trent  für  zwey  par  sehn. 
Item  II  l'nitzer  für  wyne  zu  Trent. 
Item  VI  };l.  der  frauwen  In  der  Herberge  for  Ir  mfilbe**), 

als  myn  Herr  si-liger  ürestorben  war  zu  Trent. 
Item  II  gl.  minus  VI  Crutzer  zu  zweien    malen    In  der 

Herberge  ge."«eb»'nckt. 
It»'ni  VI  Cnitzer  for  bottenlone  und  zerung  zu  Trent, 

die  abe  und  zu  sint  komen. 
Item  I  >rl.  In  di«-  Herberjte  zum  Hude  ***)  geben  zn  stüer 

an  der  zerung.  >o  doktor  Fageler.  decban  von  Anwe 

ZM   wirtzpurg.    Herr    Ilansj   vimn   Grumbach    und   ein 

prii->t»'r  i>t  l>y  schenk  l'hilipsen  von  Limpurgk  bliben 

die  narht  dar  uml  gingi-n   mit  mytt^m  Herrn  seligen 

zn  firab*'. 
iN-rn  \lll  Crnt/j-T  aber  von  einem   andern  wattsack  zu 

lutu  II  ?l   dem  arzt  zu  Trent  genannt  Archangehis. 


',  ffal  nun,  lam.   n  H«-  *«*••    •^' 


*)  Bote. 


Item  XXll  Cnitzer  für  yglicherlHy  uss  der  Apoteckon. 

Item  XVIll  Crutzpr  für  Wappen  zu  Trfnt.  Summa 
XllII  Ünckaten,  I  Marzelte.     Suniniü  XII  gl  Hinischs, 

p.  10'  Itftm  XL  Crutzer  fnr  das  raustfir  uf  mym's 
Herrn  Sftligfiii  Grabstein  uuc!i  scliylt  \\m\  auders  zu 
kunther  f^ylieu.  *)  Summa  per  o.  Summa  d<M'  Vorge- 
schrieben Gfimeynen  Ussgabe  ist  III''  XLVI  Duckattm, 
II  gl.  Riiii^L'hs. 

p.  11'    Item  11  Marzrijlci)  fur  pater  iiosti-r  Zu  Bodyss. 

Item  11  Marzellp  zu  unser  frauwei»  uf  dem  bt-rge  zu 
Uodyss  geopfert. 

Item  II  Marzf'Ucdem  Jungen  bubeu  eym  sprenger  zu  Rodyss. 

Item  VI  marzfllp  den  Drumptern  des  nipyusterH**)  ge- 
schenkt,. 

It«m  1111  Marzelleu  dfu  monchen  darsfdbst  In  Iren  buwe 
geben. 

Item  Uli  Marzellen  dem  raoller  zu  Rody.s8  geschfnckt. 

Item  II  Alarzellpii  für  Holtz  zu  Rodyss  sult  Herr  Hans 
etenbaÄ  uf  .srnyd^ri. 

Item  II  Marzellen  für  zwey  schvybe  Iet.gin  ***)  zu  C  an  d  i  a. 

Item  H  Marzellf^  für  me.sse  lone  darsf^lbst. 

item  IUI  Marzelle  den  moncben  gegen  dem  Spital  über 
darselbst. 

It^m  1  Ihickaten  Herr  Kameltg  (herkönmilich  ?)  dem 
müntbe  siulwerf]  an  siue  schiff  lone. 

Item  II  marzi'Ue  Hansen  dem  Snyder  bat  luyrt  Herr 
geheissen. 

Item  V  marzelle  liot  myn  Herr  zu  Modnii  verzert  In 
der  Herbt^rge, 

Item  IUI  Marzelle  hat  myn  Herr  darselbst  verzert  und 
uss  geben. 


')  Abcoutorfeypn,  abbilden.    *♦)  GroB.'^mcfstera. 

)  Ob  lezgiu  (Loci i Oll un  V) ;  oder  ob  lead  wugl,  Bleistift  laria 

t)  Steuer. 


128 

Item  Vm  Marzellen  darselbst  verzert  af  Santag  beczaU 

myn  Herr  für  die  thenmarckschen.  *) 
Item  IX  Marzellen  mjuen  Herrn  für  eine  brille  winss 

darselbst. 
Item  II  Marzellen  darselbst  verfaren  nf  das  Gloster  dar- 
selbst und  wieder  und  füre. 
Item  II  marzelle  mynem  Herrn  nf  dem  schiff  geben  zn 

dem  selben  male. 
Item  II  marzelle  vor  wyne  af  Samsstag  of  dem   schyff. 
Item  III   Marzellen   für   nesthlene    und   sehn,    alles  zn 

M  a  d  o  n. 
Item  I  Duckati^n  dem  Snyder  von  geheiss  mynes  Herrn 

Sfligen. 
Item    I  marzelle    den    gallioten    uf  dem   schyff  In  der 

fortune.**) 
Item  III  Marzellen  nmb  gots  willen  zum  selben  male. 
Item  I  Duckaten   aber  umb  gots   willen  einem  bruder 

zu  Sant  Jacobe***)  und  anderswoe. 
Item  II  marzelle  ej-nem  monche  zu  einer  Ketten. 
Item  I  marzelle  für  wine  nf  dem  schiff  zum  selben  male. 
Item  II  marzellen  mynem    Herrn  von    Nassauw  hat  er 

den  Dnmipetern  zu  Candia  dar  geliuwen. 
Item  I  marzelle  für  drüben  f)  zu  Candia. 
Item  VI  Marzellen    Johann    von    Derne    hat   er   mynen 

Herrn  seligen  geliuwen. 
Item    VI  Marzellen  mynem   Herrn  nf  dem  schiff  geben, 

Summa  IX  Duckaten,  III  Marzellen,  IUI  Marcketen. 
p..  11^      Item  III  Marzellen   den   mernernff),   als  man 

das  Ruder  wieder  hynge. 
Item  III  Marzelle   Hans  Snydern,   hat  er  mynem   Herrn 

zu  Candia  drüben,  pflumen  und  anders  darumb  kanfft 


♦)  Däuische  Pilger?    **)  Fortune,  ital.  Sturm. 
**)  Für  die  Pilgerscbaft  nach  Santiago, 
t)  Ikmaben.    tt)  Mariuaro.  ital.  Matrose. 


129 

Item  n  morzelle  uf  dem  Snyder,  Imt  er  mynem   Hnrm 

seligt-n  allprlei  gcpletzt. 
Itom  VI  Alarzelk;  uf  dorn  Schiff  myiiom  Horrn  uf  Calixti 

(13.  üctob.). 
Item  VI  Marzülleii   Jacoben    von    geheiss   mjTies    Herrn 

Seligen. 
Item  X  Marzplle  zu  Bargfin  (?)  verzert. 
Itt'ra  1  Marzellu  uf  dem  Sloss  geschenckt. 
Item  I  Marzelle  darselbst  verfaron. 
Itmn  ni  Duckatcn    mynom    Herrn   Seligen    zu  Corfun 

geben. 
Ito.m  I  marzelle  dar-selbst  zu    wasthtsn. 
Itfm  IUI  marzfllle  uf  der  Galo<'n  darseihst  den  knwehten. 
Item  I  marzelle  Sane*)  dem  Knaben  dar.selbst. 
Item  I  marzellH  darselbst  verfaren. 
Item  I  marz«'lle  für  die  Ampel  darselbst 
Item   Y  Üuckaten  mynem  Herrn  seligen  zu  Attrant**) 

af  Dttr.'^tag  Naeb  aller  Heiligt^i  tag  (4.  Nov.). 
It^m   III  Karlin  den  knechtf^i,  die  mit  uns  gingen  zum 

vierden    deile    von    Attrant    biss  gein  Letschen***) 

geschenckt. 
Item  XXX  Diickaten  für  den  More. 
Item  XI  Duokaten  fivr  den  Z(dter. 
Item  XII  IhKkaten  für  den  Granu  |). 
Item   IUI  Karlin  zu   Halffter  gelt. 
Item  11   Duckuten    V   Karlin    für    den    Sattel    und  ander 

blat/wercke  an  dio  settel  zu  machen. 
Item  III  Karlin  für  beslagk. 
Item  IH  Karüu  für  zwi-y  par  spornen. 
Itein   II   Karliii  für  die  utAn  sehn  und  sporen  leder. 
Item  VIII  Karlin  für  die  lederboseu,  alles  zu  Letschen. 


*)  nioji,  Domiiiutiv  von  Giovauni,  Johann. 
••)  Otraiito. 
•••)  Leooe. 

t)  OfTeobar  em  Pferdcuame. 

».  P,  XVI    Bd  9 


d& 


130 

Item  in  Karlin  mynem  Herrn   za  Tarant*)  an  sani 

Martinsabent  (10.  Nov.). 
Item  II  Karlin  für  die  Wissen  sehn. 
Item  n  Karlin  für  das  bletzwerck.     Summa  LXIX  Dak- 

katen,  V  Karlin,  II  Marzeilen,  YIII  Marcketen. 
p.  12'    Item  I  Karlin  für  die  kleyn  socklin  zu  machen. 
Item  I  Duckaten  III  Karlin   für  das  socken  und  hant- 
schuh duch  zu  Naplass**). 
It«m  X  Karlin  für  das  duch  zum   lypp  Rocke  mynem 

Herrn  seligen. 
Item  I   Duckaten  von   mynes    Herrn    seligen   Beltz   zu 

futhern. 
Item  Vni  Karlin  dem  Snyder  von  demselbigen  und  von 

den  Hantschnen  zu  machen. 
Item  VlII  Karlin  für  zwey  Hemder  mynem  Herrn  seligen 

darselbst. 
Item  Xn  Karlin  von  mynes  Herrn  seligen  sehnen  und 

lederhosen  darselbst. 
Item   II  Karlin  für   scheerlone   mynem    Herrn   seligen 

und  ander. 
Item  III  Karlin   für  zwey  Halfftern,  alles  zu  Naploss, 

und  galt  der  Ducatt  X  Karlin. 
Item  II  Karlin  für  beslagk,  alles  zu  Neapolas. 
Item  I  Karlin  zu  Capo***)  für  beslagk. 
Item  II  Karlin  zu  F  u  n  d  a  n  f)  für  beslagk,  ist  ein  Graff- 

schaift. 
Item  I   Karlin   zu   Kasse  von    mynes   Herrn   seligen 

ryemen  zu  Machen  und  ane  zu  newen. 
Item  I  Karlin  zu  Castelnoua  für  Snyder  lone  nnd 

yglichs  zu  Bletzen. 
Item  I  Karlin  zu  Roma  den  sant  Johanns  kirchen  nf 

fritag  nach  Andrea  (3.  Dec). 


*)  Taront.  —  ♦♦)  Neapel.  —  ••♦)  Capua. 
t)  Foadi  bei  Gaöta. 


131 


tem  n  Karlin  zum  heiligen  Crutz  geopfert. 
U*ra  VII  Grossen  dem  Bichtiattcr  zu  bichten. 
Itein  XXVI  Crutzer  for  zwey  par  schue. 
It«m  n  Grossen  zu  sc-hcrelono  darselbst. 
Item  VI  Grossen  dem  iSetteler  darsplbst. 
Item  Xn  Grossen  zu  beslagen  darselbst. 
\tßm  n  Grossen  für  einen  Hammer  daselbst. 
Item  IV  Gro.s.s.sen  den  kni'cbten  by  dem  stru.^is*). 
Item  XIIII  Gru.<>sen  dem   gesinde  zu  Roma  In  der  Her- 
berge geschenckt,  als  rayn  Herr  seliger   hinweg  Ryde. 

Suaima  XI  Duckaten. 
p.  12*     Item  ein  Uuekaten  dfim  pfefHin  geschenckt,  der 

mit  uns  Reyde  und  ging  zu  den  heiligen  stetten. 
Item    n    Duckaten    den    zwcyen    Kochen,    dorn  Nassau- 

wischon  und  tlem  Hanauwischen. 
Item  HI  Duckaten  denselben  uf  dem  schyff  geschenckt. 
Item  II  Karlin  von    mynes    Herren   seligen    beltzgen  zu 

machen  darselbst 
Item   I  Grössen    für    die  bucLsen,    dar    Inne    man    die 

Agnus  Dei  legt. 
Item    I   Grossen    von    mynes    Herren    seligen   sv^ert   zu 

fegen, 
Item  IX  Grossen  für  die   Wappen  zu  Rom. 
Iteui  I  gl.  für  die  Vron  ecken**). 
Item  IUI  Grosen  den  priestern  geschenckt,    dar  sie  die 

fronecken  wyssten. 
Item  I   gl.  V  Karlin    den    Notarien  von  den  bap.stlichen 

briefen  zu  Copyren. 
Item  Uli  Duckaten  für  ein  apiass  brief. 
Item  I  Karlin  den  hit.ensl*'hern  zu  Florentz. 
Item  III  Duckaten    für  Arlzney  dar.selbst  niynem  Herrn 

seligen. 


')  Gastliof. 
")  Schwcisßtuch  (l«r  Veronica  In  Rom. 


132 

Item  I  Duckaten  dem  Artzt  darselbsi 

Item  I  Grossen  umb  die  flesch  zum  Syropp. 

Item  im  Karlin   für  das   Haupt  küssen    mynem  Herrn 

Seligen. 
Item  IUI  Karlin    dem,   der  mynen   Herrn    Seligen  den 

Zettel  anhing. 
Item  I«    II  Duckaten   Nemlich   XX   ein  Rots  sammets, 

Cost   XLV  Duckaten,   XX   ein  Grins,   costen   XXIX 

Duckaten,   und  XX  ein  swartz,    Costen  XXVIII  Dnc- 

kiiten. 
Item  HI  Duckaten  darvon  zu  Zolle  zu  Florentze. 
Item  III  Karlin  dem  dutschen  underkeufFer. 
Item  VI  Karlin  füre  das  gewechsst  duch,  für  die  laden, 

dar  Inne  man  den  samet  legt. 
Item  III  boarken  *)  am  Doer  geschenckt 
Item  IUI  Duckaten    zu  60 Ion ia    für  ein  langen  beltz 

sack  mynem  Herrn  seligen. 

Summa  Ic  XXVI  Duckaten,  II  Kailin,  II  bearken. 

p.  13'  Als  myn  Gnediger  Herr  Seliger  Grave 
Ludewig  uf  Donderstag  Nach  Nativitatem 
Christi  (30.  Dec.)  In  anno  mill.  LXXX  Quarte 
gestorben  ist**),  diess  nach  geschrieben 
ussGeben. 

Item  III  crutzer  dem  priester,  der  mynem  Herrn  seligen 
das  heilig  oley  bracht. 

Item  VllI  crutzer  für  zwen  Diele  zum  lichkare  ***). 

Item  IUI  Crutzer  dem  darvon  zu  machen. 

Item  XIII  Crutz  vom  Grabe  zu  machen. 


*)  Pioser  Namo  einer  Gcldaoi-tc  war  nicht  za  bestimmen. 

**)  Von  später  Hand  ist  hinzugefügt:  za  Drent  und  lidt  by 
sant  Reinonem  begraben.  Leider  ist  in  der  sonst  so  sorgfältigen 
Beschreibung  Triente  und  seiner  Denkwürdigkeiten  von  Mariani, 
Treoto,  ibid.  1673  von  unserem  Grabdenkmal  keine  Rede. 

***)  Leichenwagen. 


Item  XXXVI  Crutzer  zu  saut  Yigilion 

Item  XVin  Crutzer  Ime.  Dliunib 

Item  \11I  Crutzer  zu  sant  Pt-ter  f    al!rs   fur 

Item  Uli  Crutzpr  zu  unser  lifihi'n  frauwen      ,       lüde 

Item   Uli  Crutzer  zu  sant  Maria  Magdalcn     [       gelt. 

Item   IUI  Crutzer  zu  saut  Marco 

Item  im  Crutzer  zu  sant  Laurentz 

liem  im  0.  facit  XLVIII  Crutzer,   der  brudersuhatft  zu 

den  heuwern  * ). 
Item  XXXVIII  Crutzer   der   bruderscliafft   d«r    kurssner 

und  das  sie  mit  Im  kertzen  mit  der  liehe  zum  gnibe 

gingen. 
Item  XXX  Crntzer  dwn   Knechten  Ine  den  obgemelteii 

dryi'u  brudiTsuliaffteti,  dit;  die  kertzon  drngen. 
Item  Vni  Crutzer  den  Kyiidnn  und  Alrausenern,  die  die 

Kertzen  getragen  haben. 
Itera  IUI  gl.  umb  das  swartz  duch  uf  die  bare. 
Item  XVI  Crutzer  dar  von  und  anderes  zu  Machen. 
Item   III  gl.   XLIX   Crutzer   umb    die   Kertzen    zu    der 

begrebniss. 
Item  1  gl.  VIII  Crutzer  umb  XVI  lesende  me.'ise. 
Item  XXnil  Cnitzer  umb  zwey  Singende  Ami>t. 
Item    I!l  Crutzer    WoUTeln   dem   Knecht  In  der  bruder- 

Bchafft,   hat   helffen  die  Ding  zu  Richten. 
Item  HI  Crutzer  umb  Gots  willunn. 
Item  XXXIII  Crutzer  der  bruderscliafft  der  Schumacher. 

Summa  XIUl  gl,  VU  Crutzer. 
p.  13*     Zum  Siebenden.     Item  II  gl.  fi>r  dreissig  me.'*se 

ye  ein  vier  Crutzer. 
It^'m  XL  Crutzer   den    Zweien    pfernern**)  vor  Vigilicn 

und  zvveyen  yingenden  auipten. 
Item    XVI    Crutzer    für    wechsenlicht    zu    den    selben 

messen. 


•)  Hauer,  Bergleute.  —  **)  Pfarrern. 


134 

Item  m  Crutzer  aber  Welffeln,  das  er  darcza  gehol- 
fen Imt. 

Item  X  Crutzer  den  dag  veropfert  und  umb  gots  willen 
geben. 

Item  I  gl.  dem  pferner  myneü  Herrn  seligen  nf  der 
Cantzeln  zu  gcdenckeu  ein  Jarlangk. 

Item  I  gl.  dem  glockner  zu  sant  Peter  für  sin  Recht 
und  das  er  zu  den  Kerzen  sehen  seit  ein  Gantz  Jare, 
das  sie  zu  yeder  Zitt  enbrant  werden. 

Item  VIII  gl.  den  zwey  pfernurn  für  XXX  vigilien  und 
XXX  Singende  messe  allen  tag  biss  zum  drissigen*). 

Item  II  gl.  Herr  Bechtolden    für  ein  lesenden  drissigen. 

Item  VI  gl.  111  B>  IUI  Crutzer  vonn  drissigen  mynes 
Herrn  seligen  Ine  allen  kyrchen  zu  Trent  werden 
umb  die  LIIII  messen  und  VI  vigilien. 

Item  XXXI  gülden  Herrn  Hausen,  dass  man  zu  den 
Siebenden  XII  Haupt  kertzen  und  zu  dem  drissigen 
XXX  Kertzen  und  darzuschen  allen  tag  zwoe  Ker- 
tzen dag  und  nacht  uf  dem  Grabe  und  zwoe  kertzen 
uf  dem  altare,  so  man  vigilien  oder  messe  thnt, 
brennen,  und  forter  das  gantz  Jare  zwoe  kertzen  nf 
dem  grabe  halten  solle. 

Item  11  gl.  Herr  Hausen,   das  er   dass   messe  gewande 
mit  siner  zugehorde  machen  soll  lassen. 
Summa  LIllI  gl.,  XIX  Crutzer. 

p.  14'  Item  V  gl.  dem  steyn  Metzen  für  den  steyn 
uf  mynes  Herrn  seligen  Grabe,  und  so  man  das  daten 
uf  den  selben  steyn  In  smeltzen  soll  uf  den  steyn, 
soll  man  Ime  noch  I  gl.  geben. 

Item  X  gl.  dem  meyster  geben  uf  das  smeltzen  zu 
Nuremberg  und  so  er  dass  gemacht  hat,  soll  man 
Ime  noch  X  geben. 

*)  Der  drizegste  oder  drizor  ist  dor  30sto  Tag  nach  der 
Beordiguug,  an  dorn  zum  letzten  Male  Soclengottcüdienst  gehalten 
ward. 


Item  V  gl.  dem  Maler  darsetbst  für  schilt  und  bnnder, 
and  so  er  e»  geinacht  hat,  soll  man  Itnu  iiouh  futiff 
geben. 

Nota  funff  elen  samrneis  lian  ich  voa  dem  Swartzen 
sammet  gesnytten  uf  mjiies  Hpitii  seligen  Grabe. 
Summa  XX  gl.  Sunmiii  myjies  Ht-rrn  Seligi-n  Dude 
ist  LXXXVnil  gl.,  XXVI  Crutzt^r.  Summa  Suinmfi- 
nim  aller  vorgefechriebt'ii  usö  gäbe  ist  VI'-  LXlllI 
Diickaten,  111  Warzi-llfn,  111  Älarcktiten.  Sumraa  1^ 
LXXVU  gl.  VI  alboa  Rinischs. 

p.  14"-  liam  Vlc  Duckaten  vom  Krämer  an  der 
Wechsel  Kntjjfaiigcn*)  zu  Vent-dieti. 

Item  LXXX  gülden  hat  Emerich  von  Nassauvve  zu 
Trent  mynt;m  Jiinck(:-nni  «eligt.-n  gelilwt'u,  das  ur  dan 
von  Ime  ein  schultbrteff  under  siiiem  Secrete  ent- 
pfangen  hat. 

Item  IJc  guldt'n  hain-  ich  myiicm  Herrn  »fügen  mit 
Hansen  Snyder  Tif  das  SIoöö  geächickt  iif  den  tag, 
als  wir  hinwegk  Ritten. 

Summa  Vlc  Duokaten  unnd  11^'  LXXX  gl.  Riniychs. 

Nota  Innam  und  usa  (iabe  g«g«n  einander  gelegt  Über- 
trifft die  Ub.<s  Gabe  die  Innam  LXllll  Duckateti,  III 
Marzelleii,  111  Marcketen.  Nota  so  übertrifft  die  In- 
nam die  Ui3.sgabe  am  Rini.schen  getde  Ic  111  gl.,  I 
rt,  facit  ane  Duckaten  LXXVII  Durkaten,  dieselben 
an  den  obgenannten  LXllll  Duckaten  ubgctzrtgen 
Übertrifft  die  Innam  die  Uhu  Gabe  XUI  Duckaten. 

p.  15'-  (1487.)  Item  Als  Herr  Hanns  vonn  Wal- 
brunn und  Johannes  Gyse  und  Selbdrytte 
uf  fritag  Nach  Pauli  Conversionis  (20.  Jan.) 
Anno  87  u  .4  a  g  e  R  i  1 1  e  n  sin  die  W  a  1 1  f  si  r  t  von 
mynes  Herrn  Seligen  wegen  gein  Worms 
and   Heylprun   zu    leygten.    haben   die    erst 


•)  Sc'hoo  üben  S.  117  erwilhnt. 


136 

nacht  und  Samsstag  zu  Morgen  verzert  far 

all  ding  XVIIl  albos  zu  Heidelbergk. 
Item    XI   albos    minus    I    ^    zu    Wympffenn*)    den 

Samsstag  zu  Nacht  (27.  Jan.). 
Item   IX  albos   zu    Heilprun  uf  Suntag  zu  morgen  (28. 

Jan.). 
Item  XIIII   albos   III  ^  zu  Wympffenn   die  selb   nacht 

und  den  lilorgen  verzert. 
Item  XII  ^  darselbst  verschenckt. 
Item  ein  album  darselbst  für  ein  ysen. 
Item  VI  /5j  zu  Salm**)  über  den  Necker. 
Item  XVIII  albos   zu  Heydelbcrg   uf  montag  und  Dina- 

tag  (29,  u.  30.  Jan.). 
Item  I  album  darselbst  verschenckt. 
Item   X  /^    den    Smydt  von    eynem   Isen   abzubrechen 

und  (den  fuss)  zu  bynden. 
Item    XVIII    albos    zu    Wormss    uf    Miltenbachen 

unser  lieben   frauwen   dag   (2.  Febr.)  zu  Nacht  unnd 

Donderstag  zu  Morgenn  (1.  Febr.). 
Item  XII  >Si  zu  zweyen  Malen  über  Ryne. 
Item  IUI  albos  unnser  lieben  frauwen  zu  Heylpmn  für 

1  U  Wachs. 
Item  II  albos  für  ein  Messe  darselbst  zu  lesen. 
Item  VI  albos  auch  des  glichen  zu  Worms. 

Summa  IUI  gl,  X  albos,  VI  ^,    ye  XXIIII  albos 
für  I  gl. 

p.  16'  Diess  nachgeschrieben  hat  Herr  Hans 
vonWalbrun  verzert,  als  er  selbdrytt  gein 
Heilprun  und  Worms  die  wallfart  geleyst 
hat.     (Concept  des  vorigen  Ausgabenregisters). 

p.  18'***).  Item  1  Marzelle  vor  mynes  Junckern  esser 
oder  büdel. 


*)  AViuipfen.  —  **)  Nookarsulm. 
***)  I».  16^,  17r  und  ▼  leer. 


XTIl  Miirzelle  für  vier  Gtirtel, 
liein  XVI  Man'kf'ten  vor  Uli  par  Mfsser. 
Ik-rn    XXVIII    Murckekn    fur  VI    Dützet    Twsb']    miil   VI 
P       gripsa  Ryemen. 

Itfm  Xn  Marckc^ten  fnr  ein  .s|>i«'g{!l. 

»Itt.'m  II  niarzellen  fm  zwen  kam  ileiw  scberer. 
Item  Vni  li  fur  oin  bflrste  dt»rn  8cli«fer. 
Item   XXII   f*  fies  sclierurs  sflieiihcn  hut. 

Iltcm  11  jiiarzellün    von    den   cl^dü^t^n    zweyen    Imdcm   zu 
nmb  neu  wen. 
Item    in   Marzelk'n    III    (^    fur   f^cyk-   tiro-ss  und    klcyn 
XI  Klafftern. 
Item  I  marzell«!  tinib  das  Huntbeyln. 
Item  II  marcketen  umb  das  bore. 
Item  Vlll  Marcketen  umb  ein  Uicbten. 
It*-'ra  II  inarzelleii  fur  den  par  stegreiff. 
Item  V  &  fur  fünf  lefFel. 

Iltem  im  marzellen  IUI   ).i  vor  zwoe  sclirybetatteln. 
Iteni  XI   I*  doitor  Ludwigen  vor  drüben. 
Item   III  marzellen  fur  111  Heschen. 
Item  II  niar/.elle»  für  zwi-n  luiupt  pult. 
Item  HI  marzellen  VI   l.^  \üi  111  glesseii  flesclien. 

Iltem  IX  marzellen  vor  acbruben,  Hesseneckf*  imd  anderes 
Johanns  geben. 
Item  1  marzelle  umb  ein  sciierre. 
It«m  1  marzelle    fur  finger  liude,  nadein  und  garn. 
Item     II    marzelle     dem     scherer    fur    etlieli     ding    zu 

Ikautfen. 
Summa  IUI  duckaten,    IUI  |.<. 
p.   IS*-    Item  Vlll  Marzellen  tiane  ieli  mynem   Junckern 
zu  allen   maln  geben  zu  opfferu, 
Item  VI  marzellen  uf  dem   seiiiff  Jacoben  und  sust  fur 

Wyne  geben. 
Item  II  marzellen  zu  C  a  n  d  i  a  dem  sclierer. 
Item  1  marzelle  darselbst  zu  wescheu. 


138 

Item  II  Marzellen  den  dromptern  za  Candia. 
Summa  XIX  Marzellen. 

Item  V  marzellen  vor  zangen,  meUwel  und  klappet 

Item  I  marzellen  für  ein  luchten. 

Item  III  marzelle  vor  die  snorr  In  die  Hosen. 

Item  III  Marzelle  uf  dem  tbumb  zu  Vene  dien  n>- 
allem  male. 

Item  I  Marzelle  für  schusseln. 

Item  U  marzelle  vor  II  seite. 

p.  20'  Item  als  myn  Herr  Seliger  denScherer 
von  Trent  gein  Venedien  schickt  uf  Sun- 
tag  Nach  dem  Heiligen  Cristag  (26.  Dec.) 
yglicherley  hant  von  dannen  zu  bryngen, 
hat  er  uss  gegeben  diess  nachgeschriebenn. 

Item  X  Duckaten  für  die  dry  Stege  In  die  Rynge  mynem 
Hern  seligen  zu  versetzen. 

Item  II  Duckaten  IHI  marzellen  hat  der  scherer  vei^ 
zehrt  underwegen. 

Item  I  marzelle  von  dem  Gevede  (?)  zu  tragen  bis  gein 
Meisters. 

Item  V  marzellen  für  wäppen. 

Item  VI  Marzellen  zu  Sannt  Niclanss  veropfert. 

Item  I  marzelle  dahin  zu  füren. 

Item  VI  Marzellen  zu  unser  lieben  frauwen  veropfert. 

Item  II  Marzellen  Johannes  dem  schryberchen  geschenckt 
Summa  XUII  Duckaten,  II  Marcketen. 

p.  20"^  (Quittung  des  Hans  von  Walbum  über  die  oben 
(S.  135)  als  vereinnahmt  aufgeführten  80  Gulden,  welche 
Emmerich  von  Nassau  dem  Grafen  Ludwig  von  Hanau 
zu  Trient  geliehen  hatte.  Hans  von  Walbum  erklärt 
darin,  dass  er  das  Geld  empfangen  habe  für  seinen 
Herrn,  verpflichtet  sich,  dass  das  Geld  am  Sonntag 
Laetare  ohne  Verzug  und  Schaden  wieder  lorfick- 
gezahlt  werden  solle.  Donnerstag  nach  d.  heil.  Christ- 
tage  1484  (26.  Dec.)). 


139 


p.  23*     Diess   Nachgeschrieben    hat   Juncker 

Ludwig    Grave    zu    Hanaawe    und    Herr   zu 

Lichtenberg    verzert  und  ussgeben,    als  er 

gelb  d  r  y  1 1  zu  in  heiligen  grabe  zöge*). 

Item    driehnndertachtzehn   Duckuten,    III  Marzellen,    III 

mnrckctt'n. 
Item  Siebentzig  siebenden  halben  Gulden,  ein  ort,  ü  /5j 
Rinif:cbt;r  Gulden  allijr  der  geraeyn  zerung. 
'Item    III*^    XLVI    Duckatcn,   Item    XII  gülden    Riiiische, 
ibt   der   gomeyne   ussgabe   von    niyns    Herrn    seligen 
bestheit  Geschehen. 
"B^ti-ni    LXXXVIII   gl.    XXVI  cmtzer  iss    uf   myns    Herrn 
seligen  dott  gangen,  als  er  zu  Trent  gestorben  ist.  **) 
»-  24»     (Johannes   Ortwin,    Pfarrer   zu   Maleyt,    erklärt, 
dass    er    durch    Hans  von   Walburn    empfangen  habe 
•  für   meas,    vigily  und  wax    henantlith    VI  gl.   III  S 
IUI  -^  und  fiir  die  XXX  vigily  und  selarapt  bis»  auf 
den    dreissigsten    VllI  gl.«     Datum   am  Freitag   nach 
den    heil,    drei   Königen     im    (14)    85sten    Jahre   (8. 
Jan.)***)). 

27'  '   (Briefe  des  Graft-n  Philipp  von  Hanau  an  Johann 

Ortwin,    Pfarrer   zu  Maleyt,   Verweser  von  St.  Simon 

20  Trient,  und  au  ßartholomaeus,  Pfarrer  zu  St.  Peter 

ebenda,  Concepte,  nicht  leserlich). 

32^     (Quittung  des  Hans  Ortwin,    Pfarrer  zu  Maleyt, 

\erwcsiera  der  Ca[)elle  des  unschuldigen  Rläftyrera  St. 

iSiiuon,  über    den  Empfang    von    31    Gutd.    Rheinisch 

luroh    Hans    v.    Walbrun,    wovon    für  das  Grab   des 

■rafen  Ludwig  Wachskerzen  gekauft    wt^rden  sollen). 

3^    (ßrief  des  Grafen   Philipp  von  Hanau    an  seine 

Schwester). 

34  (Urief  des  Bartholomey,    Pfarrers  zu  St.  Peter  in 

Triciit,  an  Herrn  Hans  (v.  Walbrunn?),  worin  er  mit- 

•)  p.  21 ».  22»  und  »  leor.    **)  p.  23»  leer. 
***i  p.  24  *  leor. 


140 

tbeüt^  dass  afles  tn  Trieni  gut  und  löbtich  ansgerlisiet 
aei,  aiiT  das  v«rB|iiochen«  Mwiagcwrimd  aocb  aidit 
ctmgvInHMi  anV 

pu  35  (Gamm«  AnfinkliDaag  dgaaca,  was  fäi  das  Seeien- 
lieil  dca  Grafiea  Ludwig  ia  venchiedenen  Kirchtu  xa 
Trient  geacheben  aolk). 

p.  37  (Brief  des  Grafen  Ladwig  an  Philipp,  worin  er 
ihm  mittheilt,  dasa  er  aetn  Teatament  beim  Beginn  der 
BetoB  abgelaiEat  habe,  legi  daaaelbe  bei  und  bittet  \m 
aeiBem  evoitiiellen  Abieben  um  Beobachtung  desaelben). 

p.  38  (Brief  LodwigB  an  aeine  Schwester  ilazgarethe). 

p.  39  (Iletaelbe  zeigt  aeiner  Schwester  an,  dasa  er  vor 
seiner  Abreiee  aein  Teetament  gemacht  und  dem  Grafen 
Philipp  zur  eventuf^llen  Eröffnang  Qbergeben  habe; 
ihr  selbst  habe  er  die  Kleinodien  aeiner  Eltern  rer- 
oncfal  Er  bittet  aie^  im  Falle  eeioea  Todea  durch 
Beten  und  Almoeengeben  för  das  Heil  seiner  Seele 
ra  sorgen). 

p.  40 — 41  (Briefe  Adolfs  von  Nassau  und  Philipps  von 
Harn»!!  bvtri'ffend  den  Tag  der  Teetamentseröfoong). 

p.  42  iGräfiu  Elisabi'th  von  Nassaa  dankt  dem  Amtmann 
Frit^rich  von  Dorfeiden,  dass  er  ihr  Machrichten  von 
ihrem  Gemahl  habe  sokommen  lassen). 

p,  43  (Ritter  Heinrich  von  Nassau  fordert  im  Auftrage 
seines  Junkers  den  genannten  .\mtmann  auf,  zwei 
Botan  anasoaenden,  um  Nachrichten  Über  die  Pilger 
einzuholen). 

p.  44  <  Friedrich  von  Dorfeldt  bericbtet  dem  Grafen 
Philipp.  da$s  auf  Grund  Uim  zugekommener  Meldungen 
Graf  Ludwig  gesund  sei  und  die  Wallf^thrt  glücklieb 
vollendet  habe  (^1483.   1.  Sept.'.!. 

p.  4ö — 48  (Privatsachen). 

p.  49  (Friedrich  von  Dorfeldt  meldet,  dasa  Graf  Ludwig 
in  Venedig  angelaugt  sei,  den  6.  Oec  1483). 

p.  50 — &4  (Privatsachen). 


55  (Lucas  von  E.,  Hofmeister,  meUlet  FriRfiricli  von 
Dorfc'ldt,  das»  er  von  seinem  gnäcl.  Herrn  Naclnidit 
habe,  dass  die  Pilger  in  Neapel  gelandet  und  nach  Rom 
gegangen  «eieD,  infolge  dessen  fürtbte  er,  dass  die 
nach  Venedig  geschickten  Boten  keine  Nachricht 
würden  erlangen  können,  und  empfiehlt,  durch  andt^re 
Boten  jene  zurückzurufen). 

56  (Privatsache). 

57  (Undatirter  und  iinadressirter  Brief  eines  Unge- 
nannten, worin  gemeldet  wird,  dass  ein  gewisser 
Ludwig  Fronhöber  bei  unserer  gnädigen  Frau  gewesen 
sei,  um  ihr  mitzutheileii,  das.i  die  Herr*^'a  von  Ki(V 
purch  und  von  Heydeck  ihn  ausgeschickt  hätten,  um 
zu  melden,  dass  die  Pilger  zu  Venedig  im  deutwhi'n 
Hause  am  Sonntag  nach  Lucae  (19.  (Jttober)  mit  üiiii'H 
zTisammengi'trofFen  snim,  doch  hal>e  er  nichts  .sclirift- 
liches  zu  seiner  Beglaubigung  aufwftiscu  könucn,) 

t.  58  (Bittschrift  des  .Süitthalters  von  Haniui  an  dt^n 
Pfalzgrafen  Phihpp  bei  Rhein,  dass  er  sich  beim  Erz- 
herzog von  üsterrt-jch  vt-rwenden  möge,  dass  dif.ier 
den  Pilgern  sicheres  Geleit  gewähre,  da  (J.swald  vnn 
Tyiiersteiii  und  sein  Schwager  Graf  Johaun  von  Nassau 
L^nen  auflaure,  um  sie  niederzuwerfen), 
friß  (Brief  des  Amtmanns  Fritnlrich  von  üorfeldt  an 
den  Grafen  Philipp  von  Hanau  mit  Rathschlägen,  wie 
man  die  obigen  Nachstellungen  vermeiden  könne). 
HO  (Privatsache), 

61  (Brief  des  Grafen  Philipp  an  Ludwig  von  Ysen- 
borg.  Grafen  zu  Büdingen,  worin  jener  dicsrni  den 
Samstag  nach  dem  Sonntag  Vocem  juonndihitis  als 
Terrain  bestimmt,  an  wt^lchem  boide  das  übernommene 
Schied.srichteranit  in  dr^r  Streitsuche  zwi.schnn  Adolf 
von  Na«sau  und  Phiiipj)  von  Hanau  ausüben  wollti-n). 
62 — 78  (Briffe  di*r  beiden  Partnit*n  und  Schieds- 
richter über  die  Feststellung  eines  anderen  Tages). 


14ä 

p.  80—  85  (Klageschrift  des  Anwalts  des  Adolf  von  Nanaa 
und  seiner  Gemahlin  Margarethe  gegen  den  Grafen 
Philipp  den  jungem). 

p.  86 — 93  (Briefe  Adolfs  von  Nassau  und  Philipps  Yon 
Hanau  über  einen  Termin  zur  Eröffnung  des  Testaments). 

p.  94  (Lateinische  Erwägung,  ob  Graf  Philipp  überhaupt 
gehalten  sei,  das  Testament  zu  erfüllen  und  seiner 
Schwester  die  Legate  herauszugeben). 

p.  95 — 96  (Lateinische  Klageschrift  eines  Advokaten 
Jacobus  Koler,  Vertreter  der  Gräfin  Margarethe,  an 
das  Mainzer  Gericht  gegen  den  Grafen  Philipp). 

p.  97—102  (Protokolle  de«  Matthias  Eberhard  von  Kon- 
nigsperg  notar.  publ.,  der  vom  geistlichen  Gericht  der 
Mainzer  Curie  den  Auftrag  empfangen  hatte,  über 
eine  Verhandlung  zu  Han.iu  (20.  Dec.  1486)  zwischen 
dem  Grafen  Philipp,  dem  Beklagten,  und  den  Klägern^ 
Graf  Adolf  v.  Nassau  und  seiner  Gemahlin  Margarethe). 


m.  Reise  des  Grafen  Reinhard  von  Hanaa  nach 
dem  heiligen  Lande  1550. 

Den  12.  May  sein  mihr  von  Hanau  hinwegk 
gzogen  nach  mitagk  :  erstlich  B  e  n  fz  h  e y  m  '),  H  e  y  d  e  1- 
berg,  Brüssel*)  Breden  1,  Dillitz"),  post  gse^ssen, 
EnfzwegeM)   2,    Canstat»)   3,     Eberfzbach«)   4, 

Anno  Domini  1550  den  12'«»  Mai  bin  ich  von 
Hannau  auss  selbdritt  nach  Venedich  geritten.  Item 
den  ersten  tag  von  Hannau  nach  Bensheim  [von 
Bensem  auss  habe  ich  zu  Prussel  zu  morgen  gessen], 
forter  den  andern  taeg  gen  Tillitz,  ist  ein  dorff,  leit 
for  Bretten,  alda  bin  ich  die  nacht  noch  auff  die 
post  gesessen,  die  erst  post  biss  gen  Enswoiler,   die 

')  Benshcim.  —  »)  Bruchsal.  —  *)  Dicdelsheim.  —  *)  Enx- 
woiler.  —  *)  Canstatt.  —  •)  Ebersbocb. 


143 


I 


I 


die  alten  stat  ')  5.  Difz  »int  difi  post,  dio  wir  ghabt 
haWn:  Gippingen,  Heyfziingen,  Vlm  etc.  Zu 
Ylm  sein  mihr  vff  ein  holtzflos  gsefzen,  gfarn  wie  noch 
folgt  vf  der  Tbonau.  I.Bethlehem*),  2.  Flingen»), 
3.  Biel*),  4)  Genfzburg*)  stat,  5.  Reys«nburg^), 
6.  Lantstrost^,  7.  Baumgarten"),  8.  Gudel- 
lingen»)  S.,  9.  Lauingen'»)  S.,  lOj  Dillingen") 
S..  11.  Hanstat'*)  S.,  12.  Donn<^WRrt '^)  S.,  13. 
Neuenburg  ")  St.  vnd  schlos,  do  haben  mihr  gsehen, 
wie  ee  die  Spanier  geraubt  haben  vnd  verstört  haben, 
14.  Ingelstat"),  do  haben  mihr  die  fe.stonge  gsehen, 
vnd  eyn  wunderbarlich  wafzer  efzen  in  d'w  Thonaii  aufz 
den  greben,  15.  Neuenstat  *^)  S.,  16.  Kberfzberg ''), 
17.  Kolheym"')S.,  18.  Abach'''),  lO.Blciflingen»!, 
closter,  20.  Regen  fzp  urg.  do  haben  mihr  ein  dag  stil 
gelegen  vnd  4  pferdt  gkanfft  vnd  gzogen  wie  fulgen  wirt. 

ander  biss  gen  Canstatt,  die  dritt  biss  gen  Ebers- 
pach  vber  Esslingen'^}  hinaussen,  die  viert  gen 
Altes  tat.,  zu  Gib  bin  gen")  zu  morgen  gcs-sen,  den 
abent  zn  Geislingen*')  gelegen,  die  funffte  po«t  gen 
Ulm;  zu  Ulm  bin  ich  auff  die  Donau  geHessen,  den 
ersten  taeg  gen  L  a  w  i  n  g  e  n,  den  andern  tag  gen  N  h  w  e  n- 
burgk**),  beide  hert^og  Otto  Heinricli  zugehörig,  den 
dritten  taeg  zu  Ingolstat  zu  morgen  ges.sen,  den 
abent  zu  Kelheim,  deu  vierten  taeg  zu  Kegens- 
purgk  vor  mittag.  Von  Regenspurgk  auss  wiederumb 
zu  lande; 

')  AltstAdt  —  ')  Wir  kcnaon  nur  Einen  Ort  dieses  Nomons 
bei  Laupheim  (i?.  76).  —  »)  Thnlßu^jen.  -  *)  Bühl.  —  *)  Oünz- 
burg.  —  •)  Roisenburg.  —  ')  Laiideßtrost.  —  •)  Baumgaileu.  — 
•)  üuodelfingen.  —  '")  Ijiumgon.  —  ")  Dilliugen.  —  '»)  tlöcL- 
tttidt  —  '")  Douauwüiih.  —  '*)  Ncuburg.  —  '*)  Ingolstadt.  — 
••)  Neustadt.  —  ")  Abepaborg.  —  »•)  Kclboim.  —  '•)  Abbacli.  — 
•*)  Ptüfeniug.  —  »')  Esslingen.  —  »•)  üöppingon.  —  *•)  Goisü- 
ÜDgen.  —  •*)  Neuburg. 


144 

Von  Ylm  ghen  Reg.  25  meil.  Regenspargk,  die 
meyl  angzegt  bis  ghen  Venedic:  Neu  er  ni')  5  ein  marg, 
LanTzhut^)  4,  schlos  vnd  stat^  Dorfui")  4,  maxg., 
VVasserburgk*)  4,  schlos  vnd  stat,  Rofzenheym') 
4,  marg.,  Kopstein^)  4,  schlos  vnd  stat,  Raden- 
burg')  4,  stat,  Wolckenstein"),  schlos,  Schwatz*) 
2,  stat,  Hall'")  2,  stat,  Isbruck")  1,  schlos  vnd 
stat,  do  haben  mihr  die  hertzogen  von  Ostreich  geist- 
lich vnd  weltlich  abggofzen  gsehen  in  mefzing  vnd 
etlich  hertzogin  auch  abgegofzen,  M  a  n  t  e  r  n '')  3,  I  m- 
lueg")  2,  Stertzingen")  2  »tat,  Brixen")  4,  schlos 
vnd  stat,  C 1  a  u  fz  e  n  '*)  2,  stat,  B  o  t z  e  n  ")  4,  stat, 
N  e  u  e  n  m  a  r  g '")  3,  fleck,  T  r  e  n  t  '*)  4,  schlos  vnd  stat. 

Item  den  ersten  taeg  gen  Neuerin,  den  zweiten 
tcieg  zu  Lautzhuet  zu  mittag,  den  abent  zu  Dorf- 
fern  g<?legen,  den  dritten  taeg  zu  Wasser burgk  za 
mittag,  den  abent  zu  R  o  s  e  n  h  a  i  m  gelegen,  den  vierten 
taeg  zu  Co  pst  ein  zu  mittag,  den  abent  zu  Raden- 
burgk  gel(('g)en,  den  funfften  tag  durch  Schwatz 
vnd  Hall  zu  mittag  vfl:' dem  schloess  (Wolckenstain) 
bey  dem  H.  von  Woickenstilin  abgestanden,  zu  nacht  zu 
Ysbrueck  gelegen,  den  sexten  taeg  zu  Gosssen- 
fvess*')  zu  mittag  [mir  seint  auch  neben  Stert- 
zingen    hergezogen],    zu   nacht    zu   Rrixen   gelegen, 


')  Nüiifalirn.  —  *)  lAndcHlmt.  —  *)  Dorffou.  —  *)  Wasser^ 
l)ur{(.  —  '■)  Hoscnhciin.  —  *)  Kufstein.  —  ')  KatteDberg.  — 
»)  Wolkonstciu.  —  ")  Schwatz.  —  ">)  Hall.  —  ")  Innsbruck.  — 
'»)  MatiX'i.  —  '^)  So  hiess  früher  das  Wirths-  und  Zollliaos  nat 
dein  Brciinor  {Zeillrr,  Itinorar.  Ocrninn.  I,  347).  —  '*)  Stertziog. — 
Bri.\cn.  —  •'')  (.'lau.scn.  —  '•)  Itotzcn.  —  ")  Xcumarkt  —  »•)  Tiicnt. 
T)ic  hier  erwähnte  (irsühichto,  wonach  dio  Judon  ein  2'/i  jähriges 
('liiistonkind  gosohlachtot  hiilx'n  sollon,  wird  genauer  zum  Jahre 
1475  bei  Xcndrckyr  und  I'rdtei;  Spalatins  Nauhlass  I,  121,  auch 
in  einigen  IMgortextcu  {KM.  1(K),  L*90).  am  ausführlichsten  in 
ilart'nnü  Treiito,  1(>73,  115—116,  174—175  craählt.  —  »*)  Gosseusass. 


145 

do  haben  milir  das  kindlein  gesehen,  das  die  Juden 
mit  nadeln  erstochen  solten  haben,  sein  auch  ime  huuüz 
gewest,  do  es  in  geschehen  ist,  B  u  rg  ') 4,  L  i  1  i  *),  G  r  i  n  ') 
2,  do  fengt  der  Venediger  l.'indt  an,  Valters*)3,  stat, 
Deruifzen')  5,  stat  fest,  Meysters'')  4,  stat,  Mayr- 
gero'),  das  fart  do  man  vber  nach  Venedig  zu  fert, 
Venedick. 

Ab  wir  nun  vffs  mehr  katuf^n  noch  Venedig  zu, 
kamen  wir  gegen  ein  heufzh-hi,  do  kamen  die  schergen 
zu  vns  gfarn  vnd  forten  zum  erste n  die  poleten  *),  die 
wir  zu  Trent  bekomen  hatten,  als  sie  dieseibig  gsehen 
hattttn,  beHuchtnii  sit*  vns  die  wotaeck '*)  (?)  derhalben, 
ob  in*'hr  boxen  oder  sunst  irgent  ein  wehr  doin  hetten 
steckeii,  wir  hatten  aber  vnfzer  buxen  zu  Trent  gloifzen. 
Sie  schriben  vns  aiuJi  mit  namen  vfF,  darnoch  fuhren 
mir  hinein  in  die  herberig  zum  schwartzen  ad- 
1er«")  etc. 


I 

I 


den  sibenten  taeg  zu  Dosscnheim ")  so  zu  mittag 
abgestanden,  forter  biss  gen  Botzen,  da  hab  ich  die 
j>o«t  genituiHn,  noch  stdbigeu  abejit  drey  posten  bis  gen 
Drient,  alda  einen  tag  »ttl  gelegen,  den  neunten  tag 
zu  L  y  I  y  zo  morgen,  zu  abent  zu  G  r  i  n,  den  zeheivten 
tapg  zu  Veiters  zu  morgen,  zu  nacht  zu  Carnuda'-), 
den  elften  taeg  zu  morgen  zu  Deruissen,  von  Der- 
uisRfn  h-it  Äleisters  vnd  Margiero,  zwen  flecken, 
den  abent  zu  Venedich.  —  [Nun  folgun  drei  leere 
Blatter,  das  eine  grösstentheils  IierausgeschuittenJ.   — 

')  I'ergine.  —  *)  Lcvico,  —  ')  Origno.  —  ■•)  Feltro.  — 
*)  TievihO.  —  *)  MeBtro.  —  ')  Margliero.  —  •)  D.  i.  holotto  da|tasso, 
f'a!»siore<  hein.  —  •)  ReispsacL.  —  '")  Uober  diesen  und  andere 
Ci«£thcifc  iu  Veucdig  vj;!.  J{.  I2,  47 — -18.  —  ")  OfTcubar  idcutisch 
mit  dern  uiitpti  im  AUNgabci-e^^ihtei'  zu  neitiiouden  Dassea  d.  L 
Teutscheu.  büdlith  vou  Claus t'ii.  —  ")  Coruuda. 


K.  V.  XVI.  B4. 


10 


146 

Wes  mihr  za  Venedigk  gesehen  haben. 

Erstlich  das  zeughans,  welches  sie  das  arixonal'} 
nennen,  do  haben  mihr  wunderbarlich  ding  in  gesehen 
von  allerley  weren,  harnis,  spies,  hellebarten,  bartesan, 
Schlachtschwert;  ringharnis,  das  man  vff  den  gallehen 
braucht,  die  do  rügen  ^),  buxen,  in  summa  galleen  400, 
wie  sie  vns  gsagt,  ich  hab  er  nit  gzelt,  aber  46  stock 
buxen  hab  ich  gzelt,  die  vff  einer  nauen')  gweiseB 
sein.  Darnoch  kamen  wir  in  die  montz,  sahen  die  Mn- 
ceiner^)  muntzen,  in  suma  ich  weis  es  nit  all  anzu- 
zeigen, was  es  vor  ein  grofz  wergk  vnd  ejrn  grolter 
kosten  in  dem  hanfz  seien  begriffen,  sie  wollen  sagen, 
es  sol  alfzo  grofz  sein  als  Ulm,  aber  es  bdonckt  mich 
doch  etwas  kleiner.  Darneben  sagen  sie,  sie  haben 
teglich  hantwergs  volck  do  in  400  man  etc. 

Vff  des  fronliechnams  tag  (5.  Juni)  ist  ein  grolae 
fest,  grofzer  triumpff  ich  a1  mein  tag  nit  gsehen  bot, 
do  mufz  der  hertzog  sampt  dem  ratht  in  der  kiichen 
sein,  do  wirt  solich  wunderbarlich  ding  gzeit  von  alten 
historien,  als  in  einer  procefzion,  die  weret  wol  3  stnndt, 
ist  eyn  gang  auffgschlagen  auff  sant  Marcus  platz  von 
eim  ortli  vor  der  kirchen  an  in  die  gvirtt  bis  an  das 
ander  orth  der  kirchen.  Als  nun  der  triumpff  voll- 
bracht wart,  stimten  die  eltisten  von  dem  ratht,  dho 
nam  ein  ieder  ein  bilgrim,  eyn  ieder  sunst  ein  brennet 
liecht  in  der  handt  tragen,  fürten  vns  in  der  procession 
auch  herumber  gleich  wie  die  andern  gangen  woren. 
Als  nun    dasselbig  gschehen   was,    musten   wir  al  ein 


*)  Audere  Berichte  über  die  Scbensvürdigkeiten  Venedigs 
sind  aus  deutschen  Pilgortoxten  zosammengestellt  bei  Jl.  52. 

•)  mdom. 

»)  Ti-ansportschiff;  vgl.  Conrady  280. 

*)  Moccnigostücko,  zu  Ehren  des  gleichoamigon  Dogea  so 
genannt;  ein  M.  galt  nach  R.  54  im  XYI.  Jahrhundert  4  Coo- 
stanzer  Batzen;  vgl.  oben  117. 


I 


ieder  noch  dem  andern  eynem  alten  vom  ratht  an  stat 
des  h<'rtzog8  die  hont  geben,  dan  der  hertzog  was 
kranck,  das  nr  diis  mal  nit  in  kiichni  kam,  sein  stul 
stundt  aber  dho,  do  safzen  die  vom  ratht  heniniber. 
iJie  kjrchen  ist  von  lauti-r  marmoratein  gemacht,  oben 
vff  der  kii'chen  sthnhen  4  nifssiiigtir  pert  vff  dem  vmb- 
gang,  hoit  Ro.  key.  sie  darzu  gtrungen,  das  sie  ims 
verhejfzen  ').  Üanioch  liahpn  mihr  8.  Marx  turn  gselien, 
der  ist  gemacht,  das  t-yner  hinvff  rfiteii  kundt,  vif 
deinselbigen  tum  kan  man  die  gantz  stat  vbersehen. 
Neben  Sant  Marx  ist  ein  man  in  eyn  stein  ghangen 
mit  zweien  greifF»*n,  sagi^n  sie  vor  ein  warheit,  es  so! 
gschehen  sein  *),  das  die  zwen  vogel  den  man  alfzo 
hf»ch  in  die  lufft  gfurt  aolten  haben,  doeh  mit  der  ge- 
stalte, er  sol  die  vogel  hinigi'fig  haben  loifzen  werden, 
wie  sie  inen  hinvff  gefurt  iiatten,  hat  er  ileis  ghabt 
vnd  in  die  hohe  ghalten,  dariioeh  vnder  sich,  so  waren 
sie  widern  mh  her  aber  gflogHU.  Dar  noch  haben  mihr 
die  fest  Mallemoca^)  gaelnn,  M  lar  an*)  haben  mihr 
die  glefzer  sehen  machen.  Den  15.  juiii  hatten  sie 
aberniala  ein  grofae  ffsst,  furo  mit  schieffen  zu  der 
kirchen,  hd'zen  ein  schieff  brücken  schlagen,  dasselbig 
fest  halten  sie  derhalben,  es  ist  das  jar  gwen,  das  sie 
Bad  na  gwtmen  hatten,  wie  sie  furn,  liefznn  sie  mit 
drompeten  vor  sich  her  plafzen  bia  bey  den  palast,  do 
stunden  sie  anfz,  gingen  in  pahist  ^). 


*)  üeber  diese  vipr  eljenion  Rossn,  wolclio  nicht  durch 
Kaiser  Friedrioh  1.,  somieru  erst  durcli  den  bogen  1204  nuck  der 
Eixiboruiig  <'otiHtantiu(.>|it^l)>  iti  den  Kcsitz  dc-r  Vcnetiauer  kameu,  üiebe 
die  sorgfiiltigon  Nauhwciso  boJ   Conrtviy  S/6. 

*)  lu  den  Pilgci-schrifteii  sonst  nicht  ciwAliut. 

*)  Mnlaniocca. 

*)  Murnno, 

'')  1*1*  ^iteo  bis  zum  Anfang  des  iiüobsteD  Blattes  siad  frei- 
gelassen. 

10* 


148 

Ein  ieder  bilgerinn  mnss  dem  patron  50  cronen 
geben  etc.,  der  bilgern  waren  94.  Den  16.  janü  sein 
wir  von  Venedig  gzogen  gegen  abent  vff  das  schief 
ghen  M  a  1  m  o  c  k  e  n,  do  haben  mihr  glegen  bis  v£f  den 
18.  junij,  do  sein  mihr  aafz  der  port  gegen  abent 
gzogen  vnd  seint  komen  sontags  den  22.  jnnij  gegen 
abent  gegen  Ancona')  200  meyl,  wir  hatten  kein 
gutten  windt.  Den  23.  jnnj  haben  mihr  windt  bekomen 
gegen  morgen  vnd  komen  von  Ancona  gegen  ein 
kirchen,  heyst  Maria  nostra  dona  de  Larete*). 
Den  24.  junij  fru  waren  mihr  gegen  ein  kloster,  gmint 
Sancta  Maria  de  Tremy'),   ein   munchkloster,    iat 

Anno  Domini  1550  seindt  vnser  94  bilgerinn  von 
Venedig  den  18.  Janü  nach  Jerusalem  gezogen  vnnd 
habent  den  ersten  taeg,  als  mier  aas  gesogen  seindt, 
zu  abtönt  einen  kleinen  stürm  wind  gehabt,  welcher 
mehr  wieder  vns  dan  mit  vns  gewesen  ist,  den  19i 
haben  mir  guett  weder  gehabt,  aber  gar  keinen  windt 
wheder  mit  vns  noch  wider  vns.  Den  20t  for  mittag 
guet  weder,  nach  mittag  vmb  den  abent  ger^;enet  vnd 
etwas  wind  mit  gewosen,  aber  vns  nicht  -geholffen,  den 
selbigen  taeg  haben  mier  das  welsch  gebierg  gesehen, 
den  21t.  haben  mir  auch  morgents  vnd  abents  guet 
weder  gehabt  aber  auch  kaynen  wind,  der  vns  geholffen 
hette,  den  22t.  auch  abonts  vnd  morgents  guett  aber 
keynen  guetten  windt,  seint  wieder  an  das  gebirge 
komen,  haben  daruif  gesehen  ein  closter,  in  welchem 
munch  wonen  genannt  Sanct  Cheorci  [vnd  haben  in 
den  5  tagen  nit  mehr  den  200  meil  gefaren].  Den  23t. 
haben  mir  abents  vnnd  morgens  guet  weder  gehabt 
vnd  gueten    wind  denselbigen  morgen  bekommen  vnnd 


')  Aiicooa.  —  *)  8t.  Maria  de  lotrcto.  —  *)  Die  Tremiti- 
InselD  liegen  gegenüber  von  Termoli,  nördlich  von  der  Halbinsel 
Manfredonia. 


I 

■ 
I 


149 


von  Ancona  240  mpyl,  dasselbig  closter  ligt  an  eym 
gbirg,  heyst  S.  Angulo'),  Opulio'')  hcist  sonst  das 
gbirg  vnd  ist  ein  landtsuhafFt,  etlich  nonnen  ea  B  o  i  a'), 
e«  wechst  vil  safran  dn  in.  Gegen  abeiit  sein  mihr 
gegen  ein  »tat  komen,  lipyst  Biestj  *)>»),  rechf^t  man 
von  Tremy  60  niryl.  Den  26.  juiiij  gegen  abent  liaben 
mir  windt  bekoni«*n  vnd  liaben  gsegelt  von  FSiestj  bis 
gegen  Corfun*),  welches  daii  ist  von  St.  Ängiilo  240 
meyl.  [Corfun  s.il  d;is  stcrcksts  haus  sein  in  dnr  Ve- 
nediger land.  Der  turck  ist  mit  aller  mneht  darvor 
glegen.].  Den  2H.  junij  waren  raihr  fni  do.  Corfun  ist 
ein  eigen  landt,  ghort  den  von  Wnedig,  sprach  ist  grecis, 
ligt  neben  einem  gebirg,  lieybt  Albania,  ist  ein  eigen 
lantschafft,    haben    kein   hern.      Der    Turck    hoit    zwo 

haben  auch  gesehen  ein  Sitatt  Ancona  genannt  [bei 
Ancona  leit  ein  kirchen,  genant  iSancta  Maria  de  La- 
retta,  vff  einem  hohen  berg],  den  24t.  »int  mir  kommen, 
wie  die  «onnen  vff  gangen  ist,  an  ein  claester,  genant 
Sancta  Maria  deTreni  oder  Tremiti,  leit  von  An- 
cona 2  hundert  vnd  40  nieilen,  welches  leit  an  einem 
gebirg  Sancto  Anclielo,  die  gatttze  laidschatTt  hei.sst 
Opalis.  ist  aber  auch  ein  eitel  gebierg  [das  clnster 
Tremeti  ist  zu  einer  Festung  braucht  worden,  vnd  leihen 
for  vnd  for  kriegslout  darinnen]. 

a)  bei  welchem  schlness  wechs.t  rebarhara.  Den 
25t.  seint  mir  for  mittag  fürt  g«faren,  aber  nach  mit- 
tag hatt  vns  der  wind  wieder  zurucke  gejagt  liinder 
das  gebirche,  aber  doch  schocn  weder,  Dim)  2Gt.  auch 
bösen  windt  gclmbt  vnd  gegen  abent  haben  mir  wider 
halben  windt  bekummi'n  vnd  mit  def:;si:'lbigen  von  dem 
gebirge  in  die  weite  üehu  komen.  Den  27t.  auch  gueteu 
wind  gehabt. 

•)  MoDte  S.  Angolo  auf  derselben  Halbinsel,  —  •)  Apiilien. 
—  ")  Pugli&,  der  moderne  Nama  des  voiigeo,  —  *j  Bitjegiie  tlicbC 
b«i  Trani.  —  *)  Corfu. 


l&O 

posteien  angfangen  zu  bauen,  domit  er  vermeint  sie 
vnder  sich  zn  bringen,  etlich  nennen  dasselbig  gbiig 
Ziniera')a).  Von  Opulio  bis  ghen  Albania  80  meil, 
ligt  vf  dem  mare  Adriaticam;  Opulio  ist  key.  maj. 
Den  1.  jnlij  sein  mihr  komen  gegen  Cephalania'X 
ist  80  meyl  weyt  vnd  brej-t  ein  gut  fruchtbar  landt, 
darin  Hgt  ein  seh  los,  ist  ser  starck,  wirtt  sterck  gwacht 
mit  knechten,  ghort  den  von  Venedigk.  Darnoch  fnnff 
meyl  ein  insel  Zante,  ghort  auch  den  Venedigem  so, 
ligt  auch  ein  haufz,  wirt  gwacht  mit  knechten,  dar- 
unter ligt  ein  fleck,  hoit  funifzehcn  hundert  haulz  ge- 
ses,  dieselbig  insel  ist  lang  18  meyl,  breyt  7  meyl 
Den  ersten  julij  sein  mihr  dohin  komen,  do  blieben  bis 


a)  [mir  seint  auch  gefaren  in  den  zweien  tagen 
biss  den  28t.  zu  morgen  iij  hundert  meilen,  nntaen 
vns  nit  meher  in  die  reiht  dan  iij  meilen.  Von  sanct 
Anchelo  biss  gen  Corfun  2  hundert  vnd  40  meilen]. 
29t.  for  mittag  haben  mir  den  windt  wieder  vns  gehabt 
vnd  auch  den  ganzen  taeg  gnett  weder  gehabt,  bis  vff 
den  abent  vngeferlich  vmb  acht  vren  ist  eine  solche 
grosse  vngestumme  vff  dem  meher  worden  von  plixen 
vnd  donnern  vnd  regen  die  gantze  nacht,  das  mir  vns 
heftig  besorget  haben  ein  schieffbruch  zu  leiden.  [Anss 
Opulio  biss  in  Albania  70  meilen.]  Den  30t.  for  mit- 
tag guet  weder  gehabt,  aber  hosen  windt,  nachmittag 
hatt  es  angefangen  zu  regen,  haben  auch  damit  halben 
windt  bekommen  [in  Chiffern :  den  ^jelbigen  abent  war 
dan  gros  weder  gewebt  ist,  ist  der  Relynger')  geroert 
worden].  (In  Chiffern  :]  Ende  dis«'s  monatz  vnd  fengt 
an  der  monat  Julius,  hat  31  tage.  Julius.  Item  seint 
mir  den  ersten  julii  bey  ein  lentlein  komen  auch  gantz 
birgigt  :das  lentlein  iest  nit  lenger  dan  20  meilen 
deutsch,  gross  80  welsch  meyleni,  in  welchem  viel  her- 
tzogen  wonen,  vnd  ist  genant  Sephalonia. 


')  Chimara.  —  *)  Kephaloiiia.  —  *)  Es  kann  nur  Friedikb 
Bthlinger  gemeint  sein,  dessen  ^eichzeitige  Beisebeschreibang  im 
Aaszug  bei  BM.  408 — 113  zu  findeD  ist 


■vff  den  3.  jnlij,  sein  mihr  ^'liün  al>ent  zu  sclneff  gangen. 

IVon  Corfun  bis  ghcti  Zantt;  20()  irit'yl.  Das  körn  frefzen 
efzel  vnil  iift-rt,  aufz  ligt  i'iii  klosbü-,  holt  eyii  einig 
munch  gbaut.  mit.  almufzi-n,  rlasselbig  kloster  iat  alt 
40  jar,  in  dem  fli^ckf^n  ligt  o\n  barfufzer  Cluster,  da  in 
ligt  Marcus  Tullius  Cicero  Ix'grabcn,  vff  dem  grub«t.ein 
stet  ghaugeii:  Marcus  Talbus  Cicero.  Haue.  Et  tu 
tertia  anthudina '). 

Man  weis  vns  auch  ein  stuck  von  dem  creutz, 
da  got  an  gystorbmi  ist,  wir  haben  wafzer  dariiber 
gtrnnokfn  aiifz  cirn  kdeh  etc.  Gi'gf'n  Zaatu  vbt-r  bgt  a) 
ein  fustongo,  heyst  Tnrmsü''),  gliort  dem  Tiirck(!n,  ligt 
vff  einem  saht  liolitni  herg.  Da.-sselbig  gbirg  h«yst 
Morea  vnd  ist  ein   laiitschalTt  wol  700  meyl  gro.s.    Den 

»4  julij  nach  mittag  s^iiit  niiiir  neben  ein  ötat  koraen, 
heyst  Ä!  o  d  0  n  ^>,  gebort  dem  Ttircken,  ist  eyn  sehr  fest 
fetat,  Turck  hoit  sit^  den  Vent'digern  gimomen,  sie.  in- 
-  gehabt  f»n  jar,  wie  er  sie  gwunen  hoit,  sagen  sie,  haben 
P  sie  ein  turn  an  eym  castel  loifzen  bawen.  darin  sie  vi) 
Christ4'ngebi'ints  ingmaucrt  haben  —  Modun  ist  von 
Zaote  \00  meylen  —  dan  sie  haben  alk'S  erwtocbfJi, 
wes  sie  darin  fluiden  haben  ■•)  b).     Item  den  (i.  jidij  sehr 


P 


a)  ein  gebirgen,  genant  Montana  d  e  Gal  I  i  ta"*), 
daranfT  leit  ein  hohes  schloess,  genant  Castella 
Tournes  e. 

b|  vnd  haben  den  gantzen  taeg  guet  weder  ge- 
habt, ubtT  nicht  sondi-rs  von  windt  vormittag,  nach- 
mittag vnd  diM  gaiitze  nacht  selier  gueten  wintlt.  Den 
f)t.  hab<Min  mir  d<Mi  gautzt-n  taeg  gui-t  wedt-r  vnd 
halben  windt  geliabt,  gegen  abent  aber  haben  mir  gUften 
windt   bekommen,    das   wir  den  6t.  gegen  morgen  frae 

1}  Die  vollständige  Orabeohrift  siehe  bei  EeliUiiger  {fiM. 
409)  i  vgl.  R.  58-59. 

•)  Tomese.  —  *)  Modon. 

♦)   10.  August  1500  {Öonrady  203). 

*)  Dieser  Nanio  nur  hier. 


fru  sein  vnyhr  gegen  ein  insel  komen,  welche  heyst 
Candia  oder  Creta*).  Do  liab»'n  milir  zwifzen  zwo 
eteden  glegen,  ein  hpyst  S»flnno*),  di«  ander  Fhs- 
gia")j  ligHn  60  meyl  von  «'inaridcr  vnd  gegen  ein 
insel  Gosdj*),  weldie  gros  ist  40  mt-yl,  gliort  vnder 
Candia.  Gosdj  ligt  zu  der  linck«n  seyt<m,  Cnndia  za 
zu  der  reehtem,  zwifzen  dfn  bpydfn  inseln  haben  mihr 
glegen  biss  vff  d^n  7.  julij.  Volgentd  dir  nacht,  vmb,., 
11  vhr  haben  mihr  wiiidt  bekomen,  den  8.  julij  gegen' 
ein   ßtat  komen,   heyst    Jeropetra^).      Den    9.  jnly 


an  das  gf>hirgp  vnn  Candia  soindt  kommpn  [das  landt 
Candia  leit  von  Modun  2  Imndert  meilen,  die  statt^ 
ab«!r  U'it  8  hiuiderl  nniilen  von  Modon].  Mir  sfiint 
über  den  giuitzfn  taeg  vnd  die  nacht  an  dem  ainen 
bergen  blieben  loilien,  dan  wir  gar  keinen  windt  ge- 
habt haben  wt'der  wieder  vn«  noch  mit,  vns,  mir  haben, 
auch  den  gantzf-n  taeg  gnet  w^'ijer  gehabt  [die  gantze^ 
lantschaflft  Candia  ist  7  buiidi>rt  rneilen  gr(»ss*>  vnd  ge- 
hört den  von  Venedirh  zu].  Den  sibenten  seint  mir 
aaclt  still  gelegen  for  mittag,  nach  mittag  seint  mir 
ein  wenig  fort  gevvaren,  aber  doch  kaynen  gueten  windt 
gehabt,  haben  mir  ein  statt  geseben,  genant  Fachia, 
vnd  liaben  dt'n  gantzen  tag  guet  weder  gehabt,  in  der 
nacht  vrab  elffe  vngeheuerlich  haben  mir  guetten  windt 
bekommen,  das  mir  .seint  an  ein  ^tatt  kommen,  di« 
liaben  mir  gesehen  den  Ht.  gegen  morgen,  vnd  heisst 
die  stittt  Jeropatra  [die  leut  von  Jeropotra  schiessen 
mit  flitzbngen,  da  seint  die  ei«en  von  den  pfeilen  iij 
finger  breit],  allda  hatt  der  windt  gar  vff  gehört,  biss 
nach  mittag  liabtjii  mir  lialben  windt  hekonimen,  mir 
haben  aucli  di-n  giintzi'n  taeg  gueft  weder  gehabt.  In 
der  nacht  vmb  9  unm  haben  mir  ein  grossen  stürm 
gehabt. 

')  Vgl.  H.  59.  ~ 

*)  Dns  alte  Salinae  im  Sinus  Amphimalus,  östlich  voo  C«ne« 
■n  der  Nordkiiste. 

»)  Fraschia  auf  der  Nordtiiüte. 
*)  Cazucai,  Casu,  nö.  vou  Candia. 
')  Jerapetra  in  der  SüdkiLate. 


I 


»ein  mihr  des  gbirgs  ein  endt  komen  des  abents.  Can- 
dia  ist  gros  700  meyl,  lanck  3(X>  ra«yl,  ghort.  dfin  Ve- 
nedigern zu.  Candia  ligt  6(XJ  meyl  von  Zante,  des 
gbirgs  ein  ende  nach  Cyjiro.  Di-n  9.  julij  haben  mibr 
ein  zimlichen  atiirra  ghabt  gf'g«"n  abpnt;  denselhigen 
abent  hab  ich  zwen  fifz  gsehen,  die  gflogen  haben.  Den 
9.  julij  haben  mihr  des  abents  ein  greulich  wetter  ge- 
komnn,  nemlich  schrecklich  getonert  von  drey  oder  vier 
orthen  her  gewetttTlencht  gewest  bis  an  den  morgen, 
das  wir  nit  anders  vermeinten,  mihr  musten  verghen, 
Schlages  halben  i).  Den  12.  jniij  sein  mihr  des  nachts 
vmb  11  vhr  in  die  port  ghen  Lemeeon^)  kompn  vn- 
geuerlich,  de  sahen  mihr  vil  feiier  brennen  an  dem 
gebirg  von  Cypro.  Sagen  sie,  es  wer  ein  zeichen,  wan 
die  fener  brennen,  so  ist  es  noch  fride  ime  landt.  Des 
morgents  fru  sein  mihr  von  dem  schieff  noch  Lemesou 
gfaren,  do  in  kirchen  gangen,  do  sahen  mihr  1.  prister 
der  gab  eim  ieden  ein  bifzeu  brot,  vnd  wer  es  von 
ime  entfieng,  der  kost  ime  die  handt,  darnach  zeigt  er 
den  kelch,  er  gab  inen  aber  nit  zu  drincken;  es  was 
aber  keyn  sacrament,  win  wir  vermeinten.  Der  Turck 
hoit  es  aufzgebrent  bey  16  jarn  '■'),  wie  sie  dan  sagten, 
das  feaer  ist  auch  ine  kirchen  komen  an  ein  taffel, 
rings  vmb  die  taflfel  hergebrent  aber  vns  liebe  fraw, 
aifzo  weyt  ir  begriff  gewefznn  an  der  taffel,  ist  nit 
verbrent  noch  schwartz  gesengt.  Mihr  haben  auch  den 
zucker  sehen  wachsen,  darzn  die  baumwoh  Den  16. 
zu  abent  seint  mihr  wider umb  zu  schieff  gangen  b), 
dieselbige  nach  ein  zimlichen  stürm  ghabt,  mehr  hinder 

a)  Den  10t.  vnd  den  1 1 1,  haben  wir  gueten  windt 
vnd  guett  vFeder  t-ag  vnd  naclit  gehabt. 

b)  vnd  forter  nach  Jaffa  gezogen^  den  17t.  haben 

')  Limissol. 

*)  LiniLSBol  watd  1&36  und  1645  Yerwüstot  {RM  409). 


154 

sich  als  für  sich  gfarn.  Den  18.  julij  sein  mihr  gegen 
ein  stat  komen,  gnant  Cesarea  Philip pj*),  welche 
stut  Julius  Osar  hoifr  bauen  loilzen,  zwLTzen  der- 
selhig*'!!  «tat  vn<l  Jaffa  sein  mihr  gelegen  bis  vflF  den 
21.  julij,  do  snin  mihr  in  die  haffen  von  Baffa') 
komen.  Zwifzen  Cesarea  Philippi  vnd  Baffa  do  ligt  ein 
berg,  griiint  Carraelj  Promont*),  do  ligt  ein  turn 
Sancta  Helena,  Sancta  Helena  hoit  ine  bauen  loifzen, 
wie  sie  das  heylig  creutz  wieder  gfonden.  Cesarea 
Philippi  20  meyl  von  Jopffe,  Lemeson  250  damon, 
do  haben  mir  ine  der  half  gelegen  «)  vnd  des  gar- 
dian.s  gfwert  bis  vff  den  26.  jwlij,  do  ist  der  gardian 
vff  das  schieff  komen  vnd  gprediget  vnd  vns  vermant, 
wir  rnnsten  gdult  haben  in  alU*u  dingen,  wie  dan  die 
Turck<^n  mit  vns  vmbghen  wurden.  Darnoch  ist  der 
oberst  voiin  Rama  auch  auflf  das  scIiielT  komen  mit 
etlichen  Durcken,  do  hoit  vnfzer  patron  inen  efzen  vnd 
drincken  geben.  Dornoch  wie  sie  wideramb  hinw 
sein  gfarn,  do  lioit  der  patron  inen  zu  eren  drey  sthack 
bnxen  ab  loifzen  gehn.  Darnoih  hoit  vns  der  gardian 
zu  Joppe  auff  das  landt  gfuxt,  do  hoit  der  oberst  vns 
zelen  loifzen  vnd  mit  namen  vflFschreiben  loifzen,  dar- 
noch ine  ein  gweib  gtban,  do  musteu  milir  bleiben  die 

mir  halben  windt  gehabt,    den    18.  gegen  morgen  seint 
mir  an  d-AH  gebirge  von   Raffa  kommen. 

a)  vnd  den  li)t.  auch,  dan  vns  der  windt  gar  zu- 
wider gewesen  ist,  den  2()t.  .seint  mir  auch  stil  gelegen, 
21t.  viigduuu-rlich  vmb  fier  vr^n  nuch  mittag  seint  mir 
zu  Jaffa  in  den  halfen  ankörnen  vnd  seint  do  blieben 
leyhen  vff  dem  sehieff  vnd  der  gardians  von  Jerusalem 
gewart  22t.  2'M.  24t.  25t.  [Jaffa  leit  von  Lemesa  cc 
vnd  2  meilen  welsch].  Den  26t.  ist  das  gardian  an 
das  .schieff  kommen.  — 

')  Caesaituu 

*)  Nicht  BaSa,  Tsphos,  aoodera  Jaffa  ist  gemeint 

>)  Carmel;  über  4en  Thorm  vgL  Omrody  113. 


I 


gantze  nacht.  Den  27.  noch  mittag  sein  mihr  noch 
bis  gb»n  Rama  gzogen,  allda  hoit  m»n  vris  vvidBriimh 
ine  ein  spitall  gezelt,  welchen  S.  Helena,  des  keysers 
Constantini  mutter,  darzu  gstifft  solt  hahfii,  alda  liabi-n 
mihr  den  28.  stil  gelegt-n  biis  an  d^n  abeiit  Als  d^r 
nrionat  vffgegangen  ist,  sein  mihr  vff  gsffzen  vnd  noch 
Jernsalt^m  gezogen.  Mibr  sein  auch  zwifzen  wegen 
zwei  mal  abgewefzen,  dti?s  tags  einmal  vnd  des  nac-hts, 
des  andei'mal  stiiu  ntibr  inn*  feit  abgewefzen  viid  gerast. 
Den  29.  gegen  abent  sein  mihr  ghen  Jerusalem  koinen. 
Zwifzen  wegt-n  boben  mibv  ge.sehen  den  berg,  do  Gnliat 
von  dem  David  erKchlageti  ist  wnidtni,  das  hausi  Jnrpmie, 
dorin  ChristUB  sein  junger  da«  pateinoster  glernt,  dar- 
noch  das  huus,  do  Johannes  in  gbcirn  ist  vnd  vil  an- 
derer mehr  heufzer  vnd  stet,  die  icli  nit  belialten.  Den 
30.  sein  mihr  zu  Jerusalem  stil  gelegen.  Den  31.  sein 
mihr  noch  dem  bt;rg  (.'alvarie  gangen  viid  haben  erst- 
lich gsehen  das  ort,  da  Cbri.stus  mit  detn  creutz  ge- 
starizi  ist,  als  er  von  dorn  biTg  ist  komen,  aldo  haben 
mihr  ein  weyl  warten  murzeii,  vnd  hoit  ein  ickheher 
sein  vnd  .seines  vattms  naun-n  anzeigen  itmfzen  vud 
alsdan  in  die  kirchen  gi^zi'lt  worden,  in  welcher  uiihr 
die  gantz«^  nacht  venschlofünii  gewest  sein.  2  da.s  hey- 
lig  grab,  3  den  stein,  do  der  engel  vff  gesefzen  sol 
sein,  wie  die  drey  frawen  st<in  komen  das  grab  zu 
suchen,  3  die  eapeUnn,  darin  Christus  seiner  mutter 
erschienen  ist,  als  er  vtfurstanden,  4  .stut  ein  stuck  von 
der  seueln  in  der  eapt-ln,  daran  Chri.stua  gekeyfzelt  ist 
—  ist  ein  gerembts  davor.  Wir  habt^n  mit  ein  licht 
hinein  gleucht  noch  sthvvcis  als  viis  budaucbt  vnd  die 
munch  vns  erst  gsagt  haben,  sahen,  5  wie  Christus 
Marie  Magdalene  erschienetv  ist  in  der  gestallt  eins 
gerteners,  6  das  gfencknus,  da  Christus  inn  gesefzen 
da  eie  in  vervrtheylten  [difzer  »eint  die  die  das  heylig 
■    grab  bewaren:  Latiui,  Greei,  Surriani,  Abassini,  Kopfti, 


I 


Gcirsiani,  Annfni;  difze  sein  abgfallen  wie  nachvolgt: 
RIaroniti,  Jacobiti,  Nüstoriani]  '),  7  das  orth,  do  die 
knedit  vmb  den  rock  spiltvn,  8  daa  orth,  do  das  hey- 
WfT  rn»utz  widrr  grfundfiii  ist  worden,  9  das  orth,  do 
Ilnlena  «Mii  weyl  bÜHben  ist,  als  das  creutz  wieder 
gfiinden  ist  wordfn  vnd  das  beiden  Christi  weither  be- 
ilarht,  10  da»  ortii,  lilia  ('hri-stus  göbrent')  ist  worden, 
1 1  das  urth,  da  Clirisstiis  gecreutzigut  ist  worden,  vnd 
auch  das  orth,  da  Christus  snine  nmtter  Johanni  vnd 
Johannem  spjncr  mutter  befohlen  hoitt,  12  da  Christas 
gsalbt  ist  worden,  wie  er  von  dem  creutz  gnomen 
ist  worden;  der  berg  Calvurie  ist  zu  eyner  kirchen 
gbaweti  worden,  weliches  Helena  hoit  gethan.  Difzes 
allfs  hntt  VHS  der  gardian,  als  mihr  mit  der  procelz 
vniligatigt'n  soin,  des  nacht«  gew^yst.  Des  morgents 
vor  mittig  hoit  man  vns  widcrumb  heranfz  gzelt. 

Den  erbten  augusti  bat  man  vns  widerumb  von 
dem  berg  »Sion  gefurt  vnd  gzeigt  wie  nachvolgt:  zum 
1  diis  hauH  Caiphe,  2  das  haus  Hanne  <>),  portam  spe- 
ciosam,  8  ti'ni|rlum  Snlonionis,  4  Maria  Magdalena  haus, 

5  da.s  orth,    do   Maria  Magdalena  bekert  ist  worden^'), 

6  des  reichen  mans  haus,  do  Lazarus  kam,  7  die 
strass,  die  Christus  mit  dem  ereutz  ist  gangen,  8  das 
orth,  da  Simeon  getrungen  ist  worden,  das  ehr  das  f 
boitt  mnfzen  tragen.  9  das  orth,  do  Pilatus  sprach: 
ecce  homo;  sein  noch  zwen  breyder  vierecketer  stein  ein- 
gemauert, 10  das  orth,  dn  vns  liebe  fraii  in  amaoht 
fi<;l,    als  Christus    aus   dem   hauss    Pilatj    kam,    11    das 

a)  der    propheten,     zum    3ten.    portam   spetiosam 
templi  Salomonis  fin  den  Tempel  Salomonis  darf  man  nit 
gehen,  entweder  ess  mnss  ein  Christmenseh  seinen  glauben 
verleickenen  oder  sich  totschlagen  lassen], 
id  auch  das  haus  Herrodis  vn( 


15? 


liaas  Pilatj,  12  das  bans  Hprrodis  nit  weit  von  pyti- 
ander,  IH  t«'ni|)]um  Saloni.,  hoit  o  Strassen,  do  man  hinzw 
mag  kometi,  14  sanct  Anna  liaus,  dn  Maria  in  gbnrn 
ist  worden,  15  StefFan  port,  16  die  giild(iii  port,  ist 
vermauert,  16  das  orth,  do  S.  St^ffan  gest<^iiiiget  ist 
worden,  17  das  orth,  do  viifzer  liebe  frawen  grab  ist; 
am  selbigen  ort  ligt  aucli  bi^graben  S.  Joacliirn  vnd  S. 
Anna»  das  grab  ist  selir  finster,  48  steffnl  viidor  erden, 
steht  auch  ejn  brun  beyin  grab,  18  das  orHi,  do 
Christus  bluet  gschwitzt  hoit,  8  Steffel  vnder  erden,  19 
das  orfh,  do  die  junger  gschlaffen  haben,  diewey!  Chris- 
tus gebettet  hat,  '20  das  orth,  do  Petrus  Maico  n)  das 
ohr  abghauei)  hat,  21  do  Chriatua  gfangcii  ist  worden, 
22  Jetsenianj,  do  Christas  die  junger  hoit  glofzen,  23 
Absalon  grab,  '24  do  Cliriistus  vber  das  wasscr  Cedron 
ist  gangen,  25  das  orth,  do  die  junger  hingeflogen  sein, 
als  Christus  gfangen  ist  worden,  2t>  do  sich  Judas  ge- 
henkt hoit,  27  den  brun,  do  vns  lii^be  frau  die  wiiidi'lu 
ausgwefzen  hoit;  do  ist  eyn  viereckigt  gemeuerta, 
welcher  von  Christen  daruff  begriffen  wurt,  der  inust 
Seins  glaubens  verleiiknen  vnd  munst  Turckis  werd»in, 
28  Natatorie  Siloo,  ein  brun,  do  Christus  die  Bünden 
sehen  macht,  21)  den  brunn,  do  Esaias  d^r  prophet  ent- 
zwey  gesegt  ist  worden,  30  das  orth,  do  sich  die 
aposteln  enthielten,  als  Christus  gfangen  ist  gewest^  31 
den  blutacker  acceldt-mat;,  32  das  haus,  do  sie  rath  in 
hielten,  wie  sie  Christum  fingen,  33  do  Christus  die 
stat  beweint,  34  do  Christus  den  glauben  glernt,  35  do 
das  pater  noster  geben,  36  do  vnser  lierre  gott  zutn 
hiniel  gfaren  ist,  doselbst  stet  noch  ein  fufztrab,  den 
gott  zu  eym  zeichen  gloissen  hat,  dor  Turck  hoit  ein 
stul  darbey  bauen  loissen ;  welcher  darulf  tret,  dem 
biegen  sie  den  kopff  ab,  37  den  gegenet  Sod.  vndGo- 

a)  Text:  Malcy. 


158 


morra,  38  das  orth,  do  vns  1.  fran  di«  botfzafft  bekam, 
das  sie  sterben  snlt,  39  IJethphage,  do  Chr.  vmb  den 
elzel  schickt,  40  Mur.  Magdal.  Laus,  41  Marthas  haas,  42 
der  st(ön,  do  vnrzfi  h<rgot  vff  gsefzeu  iht,  do  Martha  kam: 
her  wers  dhu  hie  gewettt,  so  wer  mein  bruder 
nit  gfttorben  (Joh.  XI,  21),  43  Lazarus  grab,  do  er 
vom  tndt  erweckt  ist  worden,  44  das  orth,  do  Magdalena 
penitentz  tet,  4»  das  orth,  do  der  bauin  g.standen  lioitt, 
den  gut  vermalladeyt,  4ö  der  ecksteiu,  iigt  zu  Jerusalem 
an  der  maner. 

Den  2  Angustj  sein  niihr  des  abends  nach  Beth- 
lehem geriteii.  Üo  haben  wir  gesehen  wy  nachvoJgt. 
zwifzen  wegen:  1  ein  banm,  do  vnfzer  liebe  frawe 
vnder  gnrast  liot,  «an  sie  von  Bethlehem  nach  Jera-salem 
ist  gangen,  ih^rselbig  bauni  ist  zuin  nfiftf-r  mal  angsteckt  1 
worden,  haben  in  aber  nit  verbrennen  konten,  2  das 
haus  Abaem-,  3  das  orth,  do  das  alleluia  fiinden  ist 
wordi'U,  als  die  liirten  vff  dem  velde  warn,  do  der  enge! 
kam,  4  Joseps  haus,  do  der  engel  ist  komen  vnd  gsagt, 
er  sol  mit  Maria  fliegen  in  Egi]tten,  b  die  spelunca, 
do  Maria  liingtlogcn  als  llerod.  dit*  vunchuldige  kindlein 
lies  vmbbringen.  Darnach  sein  mihr  zum  closter  komen 
vnd  di'S  nacht-s  mit  der  jtrocefziun  vmbgangen;  holt  der 
gardian  vns  gzeigt  wie  noili  volgt:  zum  ersten,  do 
Christus  gborn  ist  worden,  2  die  krippe,  do  er  in  glegen 
ist,  3  das  grab  S.  Jeronime,  4  das  orth,  do  er  die  bibel 
gmacht  lioit,  5  das  ort,  do  Christus  bescliuideu  ist 
worden,  6  do  die  droy  heiligen  konig  ihr  opfer  ghabt 
liaben,  7  das  loch,  do  der  stern  soll  hineyn  gfallen 
sein,  8  do  ihr  pferde  gstanden  haben,  9  ist  in  der 
krippen  eyn  angesicht  in  eym  stein,  das  sichtiglich  zu 
sehen.  Den  3  auguatj  sein  mihr  widorumb  von  Beth-  | 
lehem  nacL  Jerusalem  gerithen,  do  sein  mihr  von  ; 
weiden  ein  dorti'"  gzeigt  worden,  in  welchem  Dorff  keyn 
Tnrck   noch  Morr  sal  können  eyn  jar  leben,  wouen  auch 


bey  4p  Christen  dohe,  nit  weyt  doselbet  von  ist  der 
platz,  do  der  engel  achtzig  datisnnt  geschlagen  hoit. 
Als  wir  nun  widerumb  vff  den  berg  Sion  sein  komen, 
das  nnnraehr  ein  closter  ist,  seyn  mihr  bey  iiHch  in  das 
haus  gefort  worden,  do  Christus  das  naclitnial  in  ghalten 
hoit,  mnst  eyn  ieder  eyn  astperlein  ^\  geben,  mosten  jar 
stil  sein,  dan  sie  liefsen  vns  heimlich  in,  do  ist  das  orth, 
do  Christus  den  jungern  die  fuefs  wuel'z,  do  Christas 
durch  verschlofzfne  tliur  orschin  sein  jungern,  do  Toh- 
mas  bekert;  do  der  heylig  geyst  hingfallen  ist  vff  den 
pfingstag.  Dauids  grab  —  das  selbig  grab  wird  sehr  kost- 
lich ghalt.en  mit  brennetten  larapfen,  mit  kostlich  dep- 
petzereyen  ^) ;  das  grab  Lst  lang  20  span.  De«  5  augustj 
sein  mihr  widerumb  in  das  heylig  grab  giingf^a,  do 
gsehen  das  loch,  do  das  creutz  in  gstanden  ist  vnd 
zwey  ronthftr  locher,  do  Chr.  in  gsefsen,  als  sie  innn 
venirtheylten ;  das  orth,  do  Ht^lena  die  crentz  probirt 
mit  eym  tod»'n,  welchns  das  recht  f  wer,  im  chor  von 
dem  heiligen  grab  do  ligt  ein  viereckic-hter  stein,  als 
man  sagt,  an  de.mselhigen  orth  sal  es  mitten  in  der 
widt  sein.  Des  Morgents  fru  9  Augnstj  schlug  der  jar- 
dian  zu  ritter,  welche  sich  des  vorigen  tags  Iiatten  an- 
gezeigt, in  dem  helligen  grab.  Den  6  augiistj  lies  man 
vns  heranfz.  Vor  der  kirchen  hieaufz  stet  eyn  gfeiick- 
nns,  do  S.  Peter  in  gfangen  gesefzen. 

Den  7  Aug.  sein  mihr  widerumb  von  Jerusalem  nach 
Rama  gzogen.  Do  sahen  mihr  die  wiistung  Johannis, 
zogen  laugst  eym  perg  her,  do  Machabaus  erschlagen 
i.st  worden.  Den  8  Aug.  kamen  mihr  vmb  den  mittag 
ghen  Rama,  den  9t.  von  Rama  noch  Jopfe  gzogeu. 
Des  nachts  zogen  wir  bey  eyner  cappellen  her,  do  der 
riter  S.  Jörg  in  begraben  ligL  Den  10  zu  abend  hoit 
vna  der  oberst  von  Turckcn  in  das  schief  zelen  loifzen, 

'}  Asp«rer,  über  deäsen  Werth  s.  obeu  117. 
*)  Tapezieieroi. 


148 


Ein  ieder  bilgprinn  rauss  dsm  patron  50  cronen 
geben  etc.,  der  bilgern  waren  94.  Den  16.  juiiii  sein 
wir  von  Venedig  gzogen  gegen  abent  vff  das  schieff  fl 
ghen  Malmockeri,  do  haben  mihr  glegen  bis  vff  den 
18.  junij,  do  sein  mihr  aufz  der  port  gt^geu  abent 
gzogen  vnd  seint  komen  sontags  den  22.  junij  gegen  ■ 
abfint  gegen  Ancona')  200  meyl,  wir  hatten  kein 
gutten  windt.  Den  23.  jiinj  haben  mihr  wiudt  bekomen 
gegen  morgen  vnd  komen  von  Ancnna  gegen  ein 
kirchen,  heyst  Maria  nostra  dona  deLarete*). 
Den  24.  junij  fru  waren  mihr  gegen  ein  kloöter,  gnant 
Sancta  Maria  de   Tremy*),    ein    mnnchkloster,    ist 


Anno  Domini  1550  seindt  vnser  94  bilgerinn  von 

Venedig  den  18.  Junii  nach  Jerusalem  gezogen  vnnd 
habent  den  ersten  taeg,  als  mier  aus  gezogen  seindt, 
zu  abent  einen  kleinen  stürm  wind  gehabt^  welcher 
mehr  wieder  vns  dan  mit  vns  gewesen  ist,  den  19t. 
haben  mir  guett  weder  gehabt,  aber  gar  keinen  windt 
wlieder  mit  vns  noch  wider  vna.  Den  20t.  for  mittag 
guet  weder,  nach  mittag  vmb  den  abent  geregenet  vnd 
etwas  wind  mit  gewe.sen,  aber  vns  nicht  geholfftHn,  den 
selbigen  taeg  haben  mier  das  welscli  gebierg  gesehen, 
den  21t.  haben  mir  auch  morgents  vnd  abentä  guet 
weder  gehabt  aber  auch  kaynen  wind,  der  vns  geholffeji 
hette,  den  22t.  auch  abente  vnd  morgents  guett  aber 
keynen  guetten  windt,  seint  wieder  an  das  gebirge 
komen,  haben  daruflF  gesehen  ein  closter,  in  welchem 
munch  woiien  genannt  Sanct  Cheurci  jvnd  haben  in 
den  5  tagen  nit  mehr  den  200  meil  gefaren].  Den  23t. 
] laben  mir  abents  vnnd  morgens  gmA  weder  gehabt 
vnd  gueten    wind  denselbigen  morgen  bekommen  vnnd 


')  Ancona.  —  ')  St.  Maria  d«  I^roto  —  •)  Die  Tromiti- 
Id8«1u  liegca  gegenüber  voa  Termdi,  oürdiich  voa  der  Uftibinsel 
Manfrcdoni». 


I 
I 
I 

I 


^Yi  Ancona  240  meyl,  dasselbig  closter  ligt  an  eym 
gbirg,  beyfet  S.  Angiilo'),  Opnlio-)  li^'iat  sonst  das 
gbirg  vnd  ist  ein  lancltschafFt,  etlieli  nennen  es  B  o  i  a  ^), 
es  wechst  vil  safran  i!n  in.  Gpgen  abent  sein  mihi' 
gegen  ein  stat  krtmen,  heyst  Biestj*)»),  rochft  man 
von  Tremy  60  meyl.  Den  26.  junij  gegen  abe,nt  habon 
mir  winiät  bekomfn  vnd  haben  gsegelt  von  Biestj  bis 
gegen  Corfun*''),  Wülches  dau  ist  von  St.  Angiilo  240 
meyl.  (Corfun  i*al  das  stercksts  haus  sein  in  der  Ve- 
nediger land.  Der  tnrck  ist  rait  aller  macht  darvor 
glegen.].  Den  28.  jwnij  waren  milir  fru  do.  Corfun  ist 
ein  eigen  landt,  ghort  den  von  Venedig,  spraeli  ist  grecis, 
ligt  neben  einem  gpbirp,  heyst  Atbania,  ist  ein  eigen 
lantschafft,    haben    kein    hern.       Der    Turck    Itoit    zwo 

haben  auch  gesehen  ein  statt  Ancona  genannt  [bei 
Ancona  leit  «in  kirchen,  genant  Sancta  Maria  de  La- 
retta,  vff  einem  hohen  berg],  den  24t.  sint  mir  kommen, 
wie  die  sonnen  vff  gangen  ist,  an  ein  cloester,  genant 
Sancta  Maria  de  Tren  i  oder  Trenii  ti,  leit  von  An- 
cona 2  hundert  vnd  40  meilen,  welches  leit  an  einem 
gebirg  Sancto  Anchelo,  die  gantze  hmtschafft  hei.sst 
O  p  u  1  i  s.  ist  aber  auch  ein  eitel  gebierg  [da.s  chister 
Tremeti  ist  zu  einer  festung  braucht  woi-den,  vnd  leihen 
for  vnd  for  kriegeleut  darinnen]. 

a)  bei  welchem  schloess  wechst  rebarhani.  Den 
25t.  seint  mir  for  mittag  fnrt  gi?faren,  aber  nach  mit- 
tag hatt  vns  der  wind  wieder  zurucke  gejagt  liinder 
das  gebirche,  aber  doch  sclioen  weder.  Den  2tjit.  auch 
bösen  windt  gehabt  vnd  gegen  abent  haben  mir  wider 
halben  windt  bekommen  vnd  mit  tiesselbigen  \on  dem 
gebirge  in  die  weite  sehe  konieii.  Den  27t.  auch  gueten 
wind  gehabt. 

')  Monte  S.  Angelo  auf  dorselbon  Halbinsel,  —  *)  A[)uHen. 
—  ■)  Puglia,  der  modern©  Namo  des  vorigen.  —  *)  Biceglie  dicht 
bei  Traoi.  —  *)  Corfu. 


162 


die  barg  aa8  vmb  wafier,  die  barck  knndt  nit  wol  an 
das  landt  komen,  der  windt  wandt  sich  vnd  wart  befzer, 
alfzo  lies  der  patron  ein  stuck  boxen  abghen  zam 
zeichen,  domit  sie  widemmb  zu  vns  eylten.  Als  nnn 
da«  wafzer  vnd  die  bargk  ins  »chieflF  komen,  vermeinten 
mihr,  der  windt  solt  gwert  haben,  segelten  ongeaerlicb 
vmb  30  meyl ;  darnach  kam  \tis  der  windt  widemmb 
entgegen,  also  segelten  mihr  widerumm  noch  der  inseln 
vnd  anckerten.  Do  schick  der  patron  nochmals  die 
bargk  vmb  mehr  wafzer,  vnd  mihr  bliben  ligen  vnd 
horchten  vff  windt.  Den  1  nonember  bkamen  mihr 
windt  vnd  faren  von  dannen,  nach  mitag  bkamen  mihr 
ein  grofzen  stürm,  der  weret  bis  vff  den  2.  taig,  den 
6  nou.  krigten  mihr  wiederumb  ein  greulichen  weiter, 
vnd  dameben  mosten  mihr  bey  verborgne  steinklippea 
her,  die  mihr  nuhn  nit  wnstenn,  vff  welcher  seyten 
mihr  sie  betten ;  alfzo  thet  vnfzer  patron  die  segel  ab 
bis  vff  ein  vnd  lies  das  rüder  anbinden  vnd  der  ging 
vom  corapast  hinwegk  vnd  liefzen  es  also  treyben  in 
gottes  gwalt.  Des  nachts  unegeuerlich  vmb  10  vhr 
kam  ein  liecht ')  vfF  den  mastbaam  sitzen.  Dho  wart 
der  patron  sampt  den  bötzknechten  hoch  erfrawet, 
sagten  es  solt  glock  sein.  Als  nun  dasselbig  liecht 
verging,  kortzlich  nach  kam  noch  ej-ns,  das  kleiner 
war  als  das  erst,  satzt  sich  auch  an  dieselbige  stat. 
Darnoch  kam  eyn  grofzer  regen,  vnd  es  wart  zimliche 
Stillung  auff  dem  mehr.  Den  7  nonembris  krigten  mihr 
nochmals  ein  greulichen  stürm,  darzu  war  eyn  greulich 
Wetter  in  dem  himel.  Do  kam  das  liecht  nochmals  vor 
mitt«»rnacht  vff  den  marzbaum ;  do  wurden  sie  wideruaib 
hochlich  erfrawet  vnd  hielten  es  vor  eynn  heyligen  vud 
betteten  es  an,  alfzo  wolteu  sie  sagen,  wen  sie  es  mit 
dem    rechten    namen   nenneten,    fzo    solt  es   scheyden: 


eyn  nenneten  sie  S.  Jora  etc.  *).  Dph  14  nou.  sein 
mir  zwifzen  zweien  inseln  Lergfarn,  die  ein  heyst 
Lifzna*X  die  ander  S,  Andre  de  Bufze,  do  ligt 
eyn  clnster  vff,  glioren  den  V<"nr'digprn,  vtid  nneh  sfhr 
vil  m«'lir  iiv.stdii,  die  doseUi.st  tier  lig<'n,  kompii  all  d*ni 
Vtnedigern  zu ;  sprach  ist  Schlauoiij  »). 


Y 


1 .  Zu gedencken  Bastian us  von  Ämmerbach, 
der  mit  m.  g.  h.  zu  Jh^nisnlem  im  heyligen  landt  war, 
i«t  Spin  zerung  vonn  Venedig  ghein  Angspurgk  vij  daler 
r>  batZH.nn,  fur  j  pferdt  xj  (^ronn,  hat  Wallendorif  im 
anch  gidilii'nn  vj  golt  H.  ij  batz. :  v  fl.  xij  batzenn :  die 
zerung  zu  Augspurgk  viind  bilz  gehn  Amerbach  fi  fl. 
xij  batzenn. 

Suninja  tliut  inn  einer  summa  xxxviij  fl.  vj  batzenn. 

2.  Ich  Crafft  Specht  vonn  Bubenheina, 
aniptniaiiin  zu  Hi»'d«lhr'im,  bokhfn  hiemit  dieser  handt- 
scbriti't,  das  der  wolgeborn  gratt"  vad  her  bor  Philip.** 
graue  zu  Hanaw  vnd  bnr  zu  Mintzenperg  etc.  mir  durch 
Cristoffern  Ramsberg^r  s<nner  g.  sclireiber  sexigk  thaler, 
welche  m.  g.  h.  graff  Fridtnich  Magnus  seiner  g.  zu 
Sonnonwald  furgesetzt,  vnd  dan  faiiffzigk  thaler,  bo 
sein  g.  mir  vor  einen  zaeltfr,  auch  sit-ben  gtdt  gülden 
vor  g<»kaufft  ledder  zu  bo.sen  zu  thun  gewesen,  heut 
dato  hatt  libbern    lassen,    disses   zu    vrkundt   hann   ich 

a)  nior  folgen  3  Iccrc  Blätter  dann:  Dieses  ist  der  eydt,  so 
einer  schworen  muss,  so  elir  ntte^i-  'la  Jpriisftlem  iiue  hoylifjoD 
grab  gsclitago  will  soiii,  also  das  lateinibclic  ('ercmonioij,  wie 
dio  Kittor  zum  lieiliguu  Orabo  t;es<."l'la{;en  wunior.  I)as»e]bit  ist 
sehr  oft  gedruckt  {RM.  32-!^;  li.  71— 7:i),  bleibt  dahor  weg. 
Hierauf  fulg^n  wieder  noch  9  unbcschiiobono  liUittcr  mitl  auf  be- 
tonderom  Blatte  oben  abgedruekto  zwei  Aetouätücke, 

')  Es  ward  auch  St.  Germanusfoucr  genannt  {R.  67). 
')  Lissa,  westlich  darou  die  lusoln  S.  Andrea  und  Bu&i. 

11* 


164 

mich  mit  eygener  handt  vnderschrieben.  actnm  freitags 
nach  Catherine  anno  etc.  1550. 

(m.  pr.)  Kraffl  Spechtt, 
Ohne  Siegel.     In  verso  steht  noch: 
60  taler  i 

50  taler  ]  Graft  Spechten. 

7  golt  golden  f 

Anno  domini  1550  denn  zwolfften  Mai]. 

Grane  Reinhardt  zn  Hanaw  naher  Jhemsalem 

gezogen  Anno  etc.  1550  den  12  Maij. 

Item  hoitt  mein  gnediger  herr  graff  Reynhart  bey 
sich  gehapt  wie  volgt: 

Item  erstlich  60  golt  gülden  ').     Item  43  dacaten   poi^ 
tngalie  *).    Item  30  daler   —  3  krön. 

Item  Johan  bei  sich  gehapt: 
Item   100  golt  gülden.     Ite  m    80  portagalis  dacaten. 
Item  35  daler  —  20  krön. 

Item  ich  bei  mihr  gehapt: 
Item  200  golt  gnlden.    Item  35  daler. 

Item  ist  ein  klopper  zu  Dcrnifzen';  verkauft 
worden  vmb  14  oder  15  krön.  Item  noch  fdr  zwei 
pferdt,  eins  dem  capiten  Peter  Carrion,  das  ander 
Bastian  Gr.  von  Amerbach  haben  mihr  kaafit 
ztt  Deruifzen  für  21  krön  landt  ihrer  beider  zettel,  ist 
dasselbig  gelt  von  Augspurg  in  die  summa  gerechnet 
worden  vnd  volgends  hinein  geschickt  noch  DeniiliEen, 
hoitt  mein  gnediger  her  dem  capiten  seins  geschenkt, 
wes  mihr  irem*)  vorgestreckt  haben,  vnd  hoit  Bastian 

')  Ucber  dio  Wcrthe  der  hier  genanuten  Oeldsorten  rgi. 
R.  52-53  und  oben  117. 

*)  Portugalische  Ducaten  galten  so  viel  als  hollfiodische  (9,60 
Mark).    Der  Thaler  galt  c.  3,60  Mark,  die  Krone  12  Mark. 

')  In  Treviso  verkaufton  die  Pilger  gewöhnlich  ihre  Pferde 
(R.  12.) 

*)  wes  —  vorgestreckt  haten  am  Rande  nachgetragen;  das 
dritte  wott  ondeatlich:  irem?  inem?  ineim?  irena? 


\ 


165 


Bein  tayl  meynem  gnedigen  hern  mit  arbait  abverthinet 
^laudt  seins  zettel». 

■  Als    mein     gnedtger    bei-    grafF   Reinhart    von    Hanaw 
^^fteritien    ist    dvnn  zvvolfften   tag   Maij   Aduo  Doniiai 

■K 

Item  vber  denn  Maynn  zu  farenii      .     .     9  ,^ 

Item  XU  G  en  fzhey  rn ')  vt-rzerett    .     .  1  gl.  x  batx. 

Item  dem  gesinndt  im  haufz j  achreck. 

Item  zu  B  r  u  s  s  B !    verzerett j  fl. 

Iltem    ist   mfiin    gnedigur   hur  zu   Dillitz 
vff  die  püst  gesessen  daruari  gegebiMin 
Item  dem  postkn«cht  .     . 

Item  zu  Kufzweyll-)  .     .     . 
Item  dem  pofstknecht      .     .     . 
Item  zu  C  o  n  s  t  a  t 
Item  dem  postkuncht      .     .     . 
Item  zu  E  b  e  r  fz  b  a  c  h    .     .     . 


dt 


wem» 


ij  dater 
j  schreck, 
ij  daler 
j    schreck- 
ij  daler 
i  schreck, 
ij  dalor 
j  schreck, 
ij  daler 
j  ftichreck. 

ij  biitzimn 
j  bdtzen 
j  bittzen 
XV  batzen 
xviij  batzen 
ij  batz. 
ij  batz. 
j  batz. 
j  batz. 
iiij  dal.    mi- 
nus, ij  batz. 

[:Item  in  die  knchenn j  daler 

>)  Bensheim.  —  ')  Eazwoilcr,  sonst  vgl.  zur  Eoute  oben  142  ff, 
^  Mittolhochd.  kaote,  kanne. 


Bltem  dem  po«$tknecht 

"^  Item  zu  der  alten  s  1 1 

Item  dem  postkiiecht 

Item  die  nach  vfF  der  post  j  kanth  ^) 

■  geschaptt 

Item  noch  einem  postknecht 

Item  einem  der  für  durch  den  Nee 

Item  zu  Gippingen  verzerth 

Item  die  nacht  zu  Geysslingo 

Item  dem  gesinde 

Item  dem  scherer 

Item  einem  wey.st  vns  denn  wege 

Item  almussenn     .     . 

Item  zu  Vlm  verzerth 


n  n 


reyth 


166 

Item  denn  medenn 4  batx. 

Item  verzerth  zu  Laningen xv  bati. 

Item  zu  Neuenburgk ij  fl.  1  «9^ 

Item  das  schlofz  Newenburgk  zu  besehenn 

geschenckt ij  daler 

Item  zu  Ingelstath  verzerth    .     .     .     .  xj  batz. 

Item  dem  walknecht*) ij  batz. 

Item  almussen j  batzenn 

Item  zu  Colhaynn^)  verzerth    ....  xvj  batz. 

Item  dem  haufzknecht j  batz. 

Item  zu  Regenspurgk  verzerth  .     .     .  xj  fl.  yj  ,^ 

Item  darin  gerechnet  eynn  wafzsack  ^)  vor  viij  batz. 

Item  j  windtlicht  vor 4  batz. 

Item  bey  dem  satler  vonn  kussenn  vff  zu- 

schlagenn  vnnd  sunst  zu  flickenn  viij  batzen 

Item  der  frawenn j  daler 

Item  denn  medenn 4  batz. 

Item  haufzknecht j  batz. 

Item  vor  j  sattel ij  daler 

Item  vor  j  haliFter 4  batz. 

Item  zu  Neuerin  verzerth ij  fl.  20  /^ 

Item  zu  Regenspurgk  vor  j  pferdtt  mit 

aller  rustung xxv  dal. 

Item  halffter  geltt iij  batzenn 

Item  noch  vor  j  pferdt xxiij  fl. 

Item  halffter iij  batzen 

Item  noch  vor  j  pferdtt xx  fl. 

Item  halffter  geltt iij  batzen 

Item  vor  j  pferdt xiiij  dal. 

Item  halffter  gelt iij  batz. 

Item  dem  schieffman  von  der  flofz   .     .     .  vij  fl. 

Item  vor  essen  speyfz  vff  das  flofze      .     .  iij  fl. 


*)  Der  auf  dorn  Walle  Posten  steht? 
*)  Kelhoim. 
'}  Reisesack. 


167 


lern  schreyber,  der  nn^inem  gnedigen 

hern  diis  buth  ')  iutlz  whrHyb       .     .  j  cronn 

dem  jungenii  der  im  luilff'  ....  4  biitzen 

zu  Lau  Tz  hu  et  vt'^rzerth      ....  xiiij  b;itz. 

zu  Dorffin  verzerÜi ij  daler 

dem  schmidtt'^)      .......  j  batz. 

za  Wasserburg k j  fl.  38  .^ 

dem  schmidtt j  bat^z. 

zu  Rosen  he  ym jduc.  jbatz. 

hatifzknet'ht j  batz. 

zuKopstein jfl.  10^ 

zu  Raden burgk ij  fl. 

dem  schmidtt j  batz. 

zu  Wulckeustey n  in  kudienn  j  dal. 

zu  Ifzbruck jH.H2cr«utz. 

dem  haufzknecht j  biitzenn 

dem  satler vj  creucz. 

dem  wechter,  der  vns  aufziiefz     .     .  ij  batz. 

der    die    gegossene    bildnu.5    zu    Ifz- 

bruck  weysf*) iij  batz. 

almussen j  batz. 

zu  Gossen  so»  verzerth     ....  82  crentz. 

einem    kneclit   zu   Wasserburgk»   der 

vns  den  weg  zeigt ij  batz. 

vor  Brixenn    hieraufz  inn  der  her- 

berig vj  creutz. 

vor  Brixenn j  fl.ljcroutz. 

dem  haufzknecht j  batzenn 

zu  Dassenn*)  verzerth      ....     69  creutz. 

1  zu  Botzenn  verzerth vj  batz. 

i  zu  Botzenn  mein  gnediger  her  vff  die 

post  gesessen,  daruon  geben    .     .     .  j  cron 


•)  Wohl  einen  „Pilgorführer". 

*)  Steht  DUi  Sek  mit  Abküizuiigshaken. 

•)  Vgl.  oben  144.  —  *)  Hespl.  14.j, 


168 

Item  dem  knecht  zu  Brixenn  abgefertiget  6  dal. 

Item  za  Dennenmargk*) 89  creabc 

Item  dem  schmidt j  batt. 

Item  dem  haoTzknecht j  bats. 

Item  vor  ij  wappen.  eins  gehn  Dorffin,  das 

ij  gehn  Wasserbnig j  daL 

Item  za  Trent  verzerth üj  daL 

Item  dem  schmidt vj  batzen 

Item  dem  scherer ij  batzemi 

Item  das  kindlein')  zu  besehen  .     .     .     .  ij  batzena 

Item  dem  haoTzknecht j  batzenn 

Item  za  Lilj")  verzerth xüij  batz. 

Item  doselbst  pferdt  entlenet xij  batz. 

Item  denn  jangen,  der  denn  esel  ron  Lilj 

gehnn  Trent  wideramb  reytt  .     .    .  ij  batzenn 

Item  za  Veldre^)  verzerth xiiij  batz. 

Item  za  Carmita') j  dacaten— 

j  batz. 

Item  dem  haafzknecht j  batzenn 

Item  za  Deraifzen  verzerth      ....  xxj  batzenn 

Item  stock  gelt^ xij  batz. 

Item    verfamn   vonn   Deraifzen  bis  ghenn 

Mapgero  v£F  einem  wagenn     .     .     .  viij  batzenn 
Item    verzehrt    zwischenn   Deraifzen    vnd 

Mainstres^ vj  batz. 

Item  vff  dem  wasser  vonn  Mayrgero^ 

bifz  ghenn  Venedig 8  batz. 

Item    als  mein    gnediger   her   die  nannen 

besag  verfamn 4  batz. 

Item  bod  mein  gnediger   her  Palandt*) 

vnd  Ärnbricht xij  batzenn 


•)  Neuenmarkt  —  •)  In  Trient:  vgL  oben  144  f. 
»)  VgL  oben  146.  —  *)  Feltre.  —  »)  Oamuda. 
•)  W«8  ist  das?  —  ^)  Mestre.  —  •)  Marghero. 
*)  Offenbar  ist  ein  Bitter  aas  dem  Geschlechte  der  Pallandt 
gemeint 


I 


l 


169 

ttem  vor  onalnaBir 8  p 

Item  den  knechten  gescheiickt      .     .     .     .  ij  batzenn 
Item  die    gleser   sehenii    machen  zu  N iu- 
ra n^) 8  batzenn 

Item  Compeste]  •)  zu  besechenn    .     .     .     .  j  batzenn 
Item  dem  schiffmann,  der  meinen  gnedigen 

hem  dasselbig  mal  fureth    ....  viij  batzenn 

Item  almussen j  batzenn 

Item  mein  gnediger  her  verspilt        .     .     .  iij  cronn 

Item  banckier xv    batzenn 

Item  dem  warsager j  batzenn 

Item  dem  schneyder  vonn  nn-ins  gnedigen 

hern  wegen  lauth  des  zettels  .     .     .  x  kr. 

Item  dem  kiraener v  fl.  an  golt 

Item  Marckenn  dem  postbottenn       .     .     .  j  diiler 

Item  dem  gultschmidt xvvj   fl.    an 

golt  min.  8  batz. 

Item  vor  das  frantzosis  testa*')    .     .     .     .  j  gfl. 

Item  vor  da.s  italianijs  tfsta 5  batz. 

Item  vor  die  .stürm  haiibenii ij  fl.  an  golt 

Item  dem  knecht,    der  sie  in  die  herberig 

trug j  batz. 

Item  vor  die  barta^ann  .     .     .     .     .     .     .  iij  fl.  an  golt 

Item  vff  dem  Wasser  verfarnn       .     .     .     .  ij  batz. 

Item  dem  geschentksi,  der  donn   lisch  von 

Melath^)  brneht 4  batz. 

Item  m«jyster    J  u  h  a  n  n    vor  j  kaiiff.  laudt 

seinsi  zetteis xxxj  fl.  an 

golt 

')  Murano. 

•)  Herr  Obci-studienratli  Prof.  Dr.  Ifrtfd  theiUe  mir  gütigst 
mit,  4aas  hior  woM  cino  Nfichhilduug  der  berühmten  Wallfahrts- 
kirche Santiago  di  Coinpot^tdla  gemoint  »ein  könoo.  Composte!  hioss 
aaoh  eiue  Herberge  in  Trier  (Menu^t,    (ieach.  von  Na-ssau  V,  44f*). 

•)  Pass. 

*)  Herr  Oberstiidienrath  Prof.  Dr.  Heyd  möchte  die  Insel 
Heleda  darunter  vemtehea. 


170 

Item  dem  schiffer  noch j  batsenn 

Item  als  der  hertzog  aufz  der  kirchenn  für  j  batz. 
Item  meynem  gnedigen  hern  vor  j  schaa- 

benhuth x  ß 

Item  verspilt xij  0 

Item  dem  j  doimetz 8  cronn 

Item  in  becher  gelegt j  cron 

Item  dem  fergenn 2  batas. 

Item  vo.  m.  g.  h.  wappenn ij  cronn 

Iti>m  mein  gnediger  her  vor  j  pfar  hentschen  xij  batz. 

Item  vor  die  kogelinn ij  batz. 

Item  dem   wirtli  bezalt  laudt  seins  zetteis  22  portag. 

duc.  zeck. 

Item  in  die  kucbenn  geschenckt .     .     .     .  j  daler 
Item  dem  patronn  bezalt  laudt  seiner  hand- 

sehrifft  vfF  üj  personen  wie  volgett .  189  gL  fl. 

8  batz. 
bezalt  für  j  50  kronn,  für  ein  person 
50  cronen '). 

Item  hab  ich  m.  g.  h.  gebenn  zu  Venedig  j  dncaten 

Item  zu  Altsantenn')  vor  obs     .     .     .  j  batz. 
Item  aufzgab,    was   der   wirth  zu  Venedig 

verlegt  laudt  seines  zetteis       ...  18  dal.  20  ß 

Item  zu  Lemesonn^)  vor  muselnn    .     .  j  batz. 

Item  dem  eseltreyber j  batz. 

Item  zu  Jopfe*)  vor  ej-er 4  0 

Item  vor  brodt  vnnd  eyer  ......80 

Item  vor  brodt  vnnd  eyer 6  0 

Item  vor  huner 8  0 

Item   vor    m.  g.  h.    und    mich    dem   esel- 
treyber        4  0 

Item  vor  kertzenn 4  0 

Item  vor  gottes  melz 8  0 

Item  vonn  einer  zwoP)  znsamen      ...  2  0 

>)  vgl  oben  14a  —  ■)  Ztnte.  —  •)  Limisaol. 
*i  itßk.  —  ■)  Haadtooh. 


I 


171 

Item  vor  veldt  huner 5  medin  ') 

Item  dem  eseltreyber 16  p 

Item  vnser  frawen  grab  zu  sehenn  .     .     .  2  P 
Item  da    vnser  heri*e  gott  gehn  himel  ge- 

farn  ist 2  (i 

Itvm  Lazarus  grub 2  ß 

Item  eseltreybei 4  P 

Item  das  orth,  «La  vnser  htr  gott  das  nacht 

ni.  gehalten  hat,    vor  in.  g.  h,  vnrid 

mich 8  ß 

Item  vor  pater  noster'^j 8  batzenii 

Item  vor  j  toffel  zu  dem  wa|j|>unn    .     .     .  j  martz. 

Item  pater  (noster) 4P 

Item  m.  g.  h.     . 5  medin 

liem  schlaff  haubenn 5  medin 

Item  vor  eyer 4  P 

Item  zu  R  a  ni  a  ')   matratenn  ■*)....  8  p 

Item  zu  Rama  dem  eseltreiber     ,     .     .     .  H  p 

Item  vor  brodt  vnnd  eyer 12  P 

Item  esi'ltreihfr 8  p 

Item  vor  brodt  vnnd  truubenn      ....  8  P 

Item  vor  eyer 4  P 

Item  dem  schiffknecht 4  P 

Item  stroe  zu  Jopfn 4  P 

Item  vor  brodt  vnnd  was»er  vffs  schiff     .  4  P 

Item  vor  wein  dt^m  sehieffkiiecht     .     .     .  8  P 

Itoni  /n  Salina'^')  hcinbder  zu  waschf^nii  4   P 
Item  schieffkni'tliti-n  voiin  dem  wasser  vffs 

schieff 6   p 

Item  almufzen 4  P 

Item  einem  jungen  zuFamegusta")  4  p 


')  üeber  die  Meidine,   eine  kleiiio  türkische  Müuze,  vergl. 
S.  53— &4  und  oben  117. 

•)  Rosenkranz.  —  =•)  ßamla,  —  ')  MatratzoD. 
•)  Salinac  auf  Cypcrn.  —  ')  FamagusU. 


> 


172 

Item  vor  liecht  m  Salina j  maili.*) 

Item  vor  thnch 2  medin 

Itfm  dem  wirth  gebenn  zu  Salin«    .     .  xxij  bati. 
Item    dem    (»chiffman    der  m.   g.   h.    iiuis 

schiff  fdr j  macts. 

Item  vor  j  fligen  wedell 4  ß 

Item  vor  almofzenn 8  ß 

Item  vor  brodtt j  maits. 

Item  za  Baffa  almafzenn 2  ß 

Item  vor  retich 4  ß 

Item  noch  vor  Rin  gewesen 2  ß 

Item  vor  denn  bro6t  lappenn  aaff  dem  schiff  viij  bats. 
Item    ro.   g.    h.    gebenn    d»>r    Dnrckischen 

asperlenn  za  Jherasalem       ....  6  medin 
Item   za  Parens')   in   Hystria   verzerth 

<  darin  ist  gerechnet  der  capiten)  .     doppelten  doc 
Item  dem  scherrigenn,  als  mir  von  Parens 

kamen 4  bats. 

Item  za  Marge  ro  vber  za  famn   ...  10  ß 

Item  za  Margero  von  einem  pferdt      .     .  4  batz. 

Item  za  Meynsters  verzerth    ....  9  ß 

Item  za  Deruissenn  vor  die  schildt  4  ß 

Item  dem  pfarrer  zn  Venedig.     .     .     .  4p 
Item  za  Deniissen  verzerth               .    v  daler  xviq  batz. 

Item  dem  gesinndt 2  bati. 

Item  denn  knechtenn  haifiter  gvit   .     .     .  x^  batz. 

Item  vonn  einem  haff  hamer 3  batz. 

Item  za  Capella  verzerth 24  bats. 

haafzknecht j  bats. 

Item  za  Velders*)  verzerth 12  bats. 

Item  zn  G  r  i  n  i  *  < 2^  batsenn 

Item  haalzknecht j  bats. 

Item  za  Leai^'i j2  bats. 

'    Ueber  den  V«oetianis<h»  Jlaxv«Uo  \^.  R.  5S— 54  and 
ol«n  117. 

r.  Pamuo.  —  *i  Fehl«.  —  *>  Otigno.  —  *)  Leviea. 


I 


I 


173 

Item  dera  satler  «uTrent 3  batz. 

Item  zu  neuen  margk') 20  batz. 

Item  knecbt j  batz. 

Itt^m  von  denn  pferdt^^nn  zu  beschlugeiin  .  v  bat^. 

Item  dem  satler 9  er. 

Item  zu  Seuillj*)  verzerth j  krönen 

Item  zu  Lider') 18  creutz. 

Iteni  zu  Stadel«) 22  batj:. 

Item  knecht  zu  L  e  d  e  r J  batz. 

Item    dem    schnejder    voim    voge]    in    zu 

iiehenn j  batz. 

Item  m.  g.  h.  verspielt  zu  Augapurgk  .  xvj  batz. 

Item  zu  A  8  s  e  n  d  o  r  f  ^)  ve.  o)       .     .     .     .  xvj  batz. 

Item  knecht j  batz. 

Item  zu  D  o  n  n  a  w  e  r  d  t ") xij  batz. 

Item  zu  scherpenn  die  pfprdtt     ....  5  batz. 

Item  knecht j  batjs. 

Itera  dem  satler 6  creutzer 

Item  zu  Meting^)  ve.  l") xiiij  batz. 

Item  knecht j  batz. 

Item  zu  Kreil  rz(heim)*') j  daler 

Item  zu  B  lofelden*) xij  batz. 

Item  zu  M  ergeten  n '") ij   H, 

Item  dem  postbntten  zu   AugKpurg  zerung  20  gH. 

Item  ver:  zu  Atigspurg  in  5  tagen,  darin 
iat  gerechnet  der  capiten  vud  Bast,  von 

Amerbach 11  gü. 

NoU.  Summa  ....  M  kr. 

a)  sie!  =  verzerth?  —  b)  verzerth? 

')  NeuoDmaikt. 

*)  Schwabsole»,  Dördlich  von  Lceder. 
•)  Leedcr,  .südlich  von  Laudsburg. 

*)  Stadol.  3  Stutiilen  von  Landslierg,  5  Stundea  voo  Sohongau 
ist  wohl  liier  gcJUGint. 

»)  Wo?  —  •)  Douauvvüith.  —  ')  Müttingeu.  —  »)  Craüslieini. 
•)  BlaufüldeD.  —  '•)  Merjjeutheim. 


Difz  ist  die  recbnung,  die  mich  Johann  Wettlanffer 
betrifft,  da  ra.  g.  h.  drinn  zu  Jherusalem  gewest  ist 
im  jar  MDL.     Innam  dlsses  registers  anno  domini  1550. 

Item  hab  ich  Johann  VVetlanffer  vonn  Wilherich 
Wallyndorffer  iMitpfangen  j  hundwrtt  goltt  fl.  vnd 
Ixxx  portagalis  ducatenn  x.\  krouenn  vnnd  xxxv  duler 
vnnd  darza  hab  ich  gelegtt  xxviij  goltt  fl. 

Item  von  Augspnrgk  mit  einem  postbottvnn 
den  wirth  ghen  Venedig  vnnd  denn  wirth  ght^nn 
Dernyssen  nemlich  j  hundertb  vnd  viertjsig  neun 
goltgulden. 

Vff   dinstag    dönn    zwolfftenn    maij    m.   g,  h.    mit 
iij  pferdtenn    vonn   Hanau    nach    Jhc^rusalitm,    hab  ich 
anfzgegebenn  wie  dann  volgftt: 
ij  batji.  für  j  seh  warn  zu  Brussell. 
ij  /^  armenn  leuthi-nn  vff  dem  wege. 
xxii)  batz.  j  nacht  verzerth  vnd  die  pferdtt  ij  nacht  zu 

Bretten  n. 
j  cronn    vff  der   erstenn    po.st   hab    ich   m.  g.  h. 

postirtt  vnn  Brettenii. 
j  batz.  dem  postknechtL 
j  LTunn  die  zweytt  post  zu  E  n  t  z  w  e  y  1  e  r. 
j  batz.  df-m  [»nstknoclift. 
j  tritnn  vunn  der  drittcnn  post  zu  Constat. 
j  batz,  dem  postknecht. 

j  cronu  vonn  der  virdtfn  post  zu  F. berbach. 
j  batz.  dein  postkti*'chi 
j  cnmii   die   funffte    po.st    vonn    Geyfzlingenn   geiu 

Vlm. 
j  batz.  dem  knecht,  der  mir  das  pferdt  hrachtt  hattgeynn 

Kyfziingen  mit  m.  g.  h.  pofst  pferdtt. 
ij  batz.  arninn  letitb**nn   vff  den  wegf. 
ij  daler  eyneni  botetjn  gehfnn,  der  die  pferdtt  vonn B  ret- 
ten n  gehnn  Hanau  verzerenn  soltt. 
iiij  golt  H.  für  ij  elenn  j  virthel   .schwartzen    sammat  zu 

Bcheydenii  vnnd  gurtel  zu  Vlm. 


nacl 


I 


icn 

4 


I 


batz.    für  j  anzuger  zu  Vlm. 
atij  batz.    voiui  j  rajiier  vniitl  kurtzpm  dt>g«n  schrmu  zu 
machenn  upu  seh<'ydenn  rnit  sammat  zu  ofxTzihfMiri, 
km»j)ff  viuid  i-reutz  zu  sthwirtznrui  zu   Vlm. 
batz.    von  pim  gurttd  mit  samiriat  zu    vbnrzigen    vikI 
das  befichlege  zu  .scbwirtzeii. 
8  batz.    dem  schmidt. 
ij   fl.  X  batz.   j  nacht  vnrzerth  vnd  j  iAg   zu    Landts- 

bergk. 
vij  batz.    dem  boodpr  zu  Ijamid.sbHrgk. 
ij  batz.    dem  suhmidt. 

IV  creutzer  für  j  haubenn  zum  vogell. 
j  batz.    vonn  hns(mn  zu  bR.sBonin  zu  La  n  iHsb  prgk. 
XX  batj;.  j  crt'utzin-:  dctiri  m.-nKMiu  geacheiickt  zu  Laudts- 
bnrgk. 
ij  batz.   denn  hanfzknecliüin. 
j  patz,    armen  leutliBii. 

üij  batz.  verzerth  zu  morgen  zn  S  t  a  d  e  1 1  e  a). 
V  batz.  mein.  g.  h.  gobenn  zn  Augspurgk. 
üij  batz.    vonn  Durpliys  glit'nn  Vi^nrdig  zu  farenu  vff 
einer  karfttfu.    Wie  ni.  g.  Ii.    nach    .AiigsiJurg   gt— 
ritten  ist,    bin   iili  von  Vfripdig  mit  eines  burgers 
8ohnn  von  Cohin  zu  m.  g.  Ii.  in  üerplijs  komen. 
üij  batz.    vonn  vnns   zwen  hinüber  zn  farenn  geben  zu 

Venedig, 
iij   batz.     wsderumb    ruber   gefarenn,   wie    ic-h    mit   dem 
baupimann  m,  g.  b,  nachgezngeuii  bin,  ist  Wal  le  n- 
d  or  ff  e  zu  Derpliis  gewest  vnnd  vnseraldo gewartet, 
thun  xvj  ^  ij  medin,  hat  juni  kh<'r  Wallcndorff  mir  gHben 
zu  Famegusten,  baU  ie.b.s  armen    leutlxuni   ge- 
gebenn. 
üij  batz.  vonn  einer  knrettenn  vonn  Mey  nsters')  gebnn 
Derpbys, 

X  batz.  verzehrt  zu  mnrg.  /.u  Botzenn. 


a)  Die  ersten  Buchstaben  undeutlitdi,  da  korrigirt. 


•)  Mebtre. 


1^6 

xiiij  batz.  verzerth  j  nacht  zu  C  o  I  m  a  r  *). 

viij  batz.  verzehrt  zu  morgen  zu  Brixenn. 

XV  batz.  iij  ^  verzertb  j  nacht  zu  Stertzingenn. 

viij  batz.  verzehrt  zu  morgen  zu  Brixenn. 

XXX  batz.  j  er.  verzerth  j  nacht  zu  Jfzbruck^. 

viij  batz.   verzerth  zu  morgen  zu  Barterkirchenn^). 

Item  iij  golt  guldenn  dem  postbotten,    der   m.   g. 

h.  vonn  Venedig  heraufz   furth,   geschencket  aufz 

bevelich  m.  g.  h. 
X  /^  vonn  denn  pferdtenn  zu  hefftenn  zu  Bartenkirchen, 
j  fl.  2  er.  verzerth  j  nacht  zu  Ammerich*), 
j  batz,  denn  vogelnn  für  fleisch, 
j  fl.  v  er.  verzerth  j  nacht  zu  Leydernn*). 
xiiij  batz.   j  nacht  verzerth  zu  V  e  1  d  e  r  s  '). 

XV  golt  fl  iiij  batz.  verzehrt  zu  Augspurgk  inn  vij 
tagen  n. 

j  cronn  für  j  gurteil. 

iij  fl.  j  er.  einem  botenn,  der  die  mherkatz  vonn  Ve- 
nedig bracht  hatt. 

ij  batz.  für  j  pfar  hentsgenn^)  zu  Augsbnrgk. 

vj  batz.  für  iij  lang  vessell^)  zu  den  vogelenn. 

iiij  batz.  für  ij  windtlichter  zu  Augspurgk. 

j  batz.  für  fleysch  denn  vogelnn. 

j  batz.  für  zocker  der  mherkatzen. 

XX  batz.  verzerth  zu  morgenn  zuAsschaffenbnrgkA). 

j  batz.  dem  haufzknecht  gebenn  zu  B retten n,  der 
denn  tag  halfT  wartenn  das  pferdtt,  da  ich  hinweg 
gepostirtt  bin. 

ij  batz.  dem  postknecht,  der  mich  von  der  letzstenn 
post  hinein  gein  Geysslingenn  furth. 

a)  [folgen  2  unbeschriebene  Blätter  die  letzten  der  Lage]. 

*)  KoUmann,  zwischen  Brixen  und  Botzeo. 
*)  Innsbruck.  —  •)  Partenkirchen. 

*)  Ammcringeu,  heut  Obor-Ammergau  {Zeiler^  Itinerar.  0er« 
mau.  I,  359). 

»)  Leeder.  —  *)  Feltro.  —  '')  Handschuhe. 
•)  Wohl  Kettchen. 


ifttz.  pinem   bubenn,  der  vonn   Brettenn   vfF  die   post 
ieff,  hat  die  Knecht  hinein  bßscheyden. 
V  batzeun    hat    mein  g.  h.    verspillt   zu    Vim    inii   lieii 

treazeug  '). 
j   bat/.,    von  m.  g.  h.  buchfzenn  ladenn  zu  leihiJiHrin  zu 

Vlm. 
j  batzen  eyner  narrin  gegftbenn  inii  dpr  kirchenn  zu  Vlm. 
xj   /5j    hanfzarmenn  ipiithenn  für  der  kirchenn  zu   Vhn. 
j  batz.   haufzarmenn  leutht'iin  zu    Iiigelstatt, 
j  cronn  dem  vvirth  zu  Hegenspurgk  ku  einem  wa|)f- 

tVnn. 
j  bat/,  für  j  mancnn  kampff-)  zu  liege n.spurgk. 
ij  batz.  vnnn  j  satel  zu  fulJenn  zu  Brixenn. 
X  ^  armen  leuthen  zwischen  Brixenn  vfF  dem  wege. 
j  golt  fl.  j  nacht  verzt^rth  zu  Gerinnen^). 
jj  cronn  für  ij  bf^uer^)  pferdtt  zu  Gerinuenn. 
ij  batz.  für  j  fuder  denn  pferdenn  zu  Gerinnenn. 
iiij  heller  armt-nn  leuthenn  zu  Brixenn. 
xiij  <Sj    vonii  dfinn  pferdtenn  zu  IiefFtenn  zu   Brixenn. 
iij  batz.  einem  furmanii  gebrn,  der  mich  vonn  Derjth  ij.s 

gein  Meysters  fuiih. 
iij  batz.   denn  acherchenn  uff  dem  wasner  aulz  beveluli 

ra.  g.  h. 
[10    ducaten    meynöterla)    meyn.sfpr    Johaauienn    fvr 

kuihenspeyfz  vtt*  das  schiff  zu  V(-nedig  gebenii. 
j  cronn    dem    dolmetschenn    gesthenektt,    der   m.   g.   li. 
vmbgefnrth  liatt  inn  der  stadtt  zu  Venedig. 

xiiij  batz.  denn  knfttditeun    im   zeugehaul'z   geschi'nckt.t 
zu   Venedig. 

V  batz.  für  j  pfar  i>antnfl"«dnn  m.  g.  h.  vff  das  .schiff. 
viij  batz.  einem  dolniet-schen,  der  mit  m.  g.  Ii.  im  zeuge- 
haulz  gewest  ist  zu  Venedig. 

a)  die   eingeklammerten   Worte   am    Rande    nach- 
getragen. 


•)  WaJjrscheitiUcli  .ia,s  KarteDS|»iel  Triscbak. 
')   Rijigliaiujit'-Si;haiis(iict  ? 
')  Griguu    —  ')  iliftbb|)t"(ijd. 
JR.  r  XTl.  Bd.  12 


178 

iij  batz.  einem  schiffiman  gebenn,  der  vns  vmbgefnith 

hatt. 
iiij  batzeon  der  magd  im  hanlz  geschencktt,  da  m.  g.  h. 

za  gast  wäre, 
viij  ß  vonn  mir  za  famn  geltt  gebenn. 
j  batzenn  armen  leathenn  geben  vfT  der  gassenn. 
j  batzenn  iiij   ^  einem  schiflbiann.  der  mein  g.  h.  inn 

die  herberig  wideramb  farth. 
xiij   -S)    fnr  ij   elenn   scbnner   bat  m.  g.  die  ringk   ann 

hals  geschencktt  *). 
iij  batzenn   einem   mann   gebenn    vff  der  kammer  aolz 

bevelch  m.  g.  h. 
xij   cronenn   zn  einem   galdenenn   creatz   g«^benn   za 

Venedig,  liat  m.  g.  h.  lassenn  macben. 
j  fl.  ij  ,^  fnr  schwartz  geschricktt '  •  serdene  bantenn. 
iij   batzenn   for  schellenn,   hat  m.  g.  h.  denn   Tarckoi 

wollenn  gebenn. 
j  batzenn  armenn  leathenn  vff  der  gassenn. 
iiij   ^  einem,  der  die  spilz  inn  die  herberig  trag. 
V  batz.  iiij  ^  einem   schiffmann,   der  m.  g.  h.   vff  das 

schiff  gefurth  hatt  vff  denn  xvj  jnnij. 
X  batz.    for   iij    mappenn   vnd  j  heimlich   gemach   vff 

das  schiff, 
iij  batz.  fnr  vj  dosenn  nestelt ').  haben  sie  denn  Tarcken 

gebenn. 
iiij  batz.  für  bappier  vnd  dintenn  vff  das  schiff, 
j  batz.  dem  schiffman,  der  m.  g.  h.  inn  die  herberig  farth. 
j  batz.  einem,  der  mich  zn  meyster  Johann  fnrth. 
j  fl.  ij  /^  far  j  schwartz  seydene  hanbenn,  hat  m.  g.  h. 

Sigmandtenn  geschenekt. 
ij  batz.  eynem  annenn  pfaffenn  im  schiff  gegebenn  auiz 

bevelch  m.  g.  h. 
viij  batz.  denenn  gebenn,  die  die  ring  aalzgebenn  habenn  *). 


•i  Wis  soll  das  hei&»enV  —  •)  gi'sprcDkelt 
'I  Hosenträger  varen  <ieo  Muselmiinneni  im  heiL  Laode  seht 
enrüoscbt  iRil.  410). 

*)  Was  bedeutet  da&V 


lüj  batz.  inn  das  tuch  gelegtt  vff  dem  schiff, 
ij  batz.  für  j  schaubenhut  zu  Venp.dig. 

Vff  dinstag   den   ij  Juli    ist    mein    gnediger    herr 
gein    Alesandra^)    kommeii     vnnd    aufzgebftnii    wie 
volgtt,  mitt  dem  schiff  suikornmenn. 
j  batj!.  fnr  j  liclit  inn  das  scliifF. 
ij  batz.  vonii  meyiifs  g.  Ii.  hpmbdder  zu  waschenn. 
j  batz.  von  dfm  lieyligtumh  zu  bcselienu  zu  Alpssaudra. 
iüi  ^  einem   gegebeiin,   der  mich   vimd   Wallendoiffenn 

iiis  schiff  furth. 
iüj  ,^   der  (»chiffmaun,    dem  mich  aiiTz  dem  schiff  gein 

Alesandra  furth,  hab  j  falz  gehabtt. 
vj  batz.  für  bisem  zu  Venedig, 
üj  batz.  einem  schilfmann,  der  m.  g.  h.  ins  zeugehaufz 

gefurth  hat  zu  Venedig. 
ij    zickynnen    hat   mein  g.  h.  ij  naclit   zu  Alesandra 

verzerth  weniger  viij  hatzenn,   habenn  doch  irenn 

gnadenn  dasselbig  entpfangenn  von  mir, 
j  batz.  der  m.  g.  h.  inn  das  scliiff  furth  zu  Ale.sandra, 

wie  das  sehieff'  angehenn  woltt. 
j  batz.  hat  m.  g.  h.  verspÜtt  mit  Eyssuolenn  -),  ist  man 

in  .schuldig  gewesenn. 

V  P  für  j  melann  ')  zu  Aiesandra. 

ij  ß  armenn  leuthenn, 

ij  P  denn  schiffknechtenn. 

viij  <^  für  nebe  seydt  nn  zu  denn  creutzer  vff  zu  nehenn. 

j  batz.  daruann. 

iüj  n  voji  denn  hi'mbdernn  zu  we.schenn. 

iij  |i  für  zwirnn  zu  denn  seckenn. 

Vff  denn  sontag  denn   xxj  julii  ist  m.  g.  herr  zu 
Leraeso  ankommenn  mit  dem  schiff  vnnd  da  gelegenn 
vier  gantzer  tag, 
ij  -5i   für  mehrmu.scbf'lnn. 

•)  Zantc,    wollin  flraf  Rf  irihard  zu  dieser  Zeit  kam ;    vergL 
oben  S.  150  f. 

')  Eis-svogol,  auch  oiu  Begleiter. 
*)  Melone. 

12* 


180 

iij  batzenn  far  j  pfar  schae. 

X  batz.  far  iij  hewer  pferdtt,  hat  m.  g.  h.  denn  zocker 

sehenn  wachsenn. 
viij  batzenn  für  zwo  hantzweinn  ^)  vff  das  schiff, 
viij  /^  vonn  den  hanernn  vfT  das  schiff  zn  forenn  gebenn. 
iiij  fl.  xiiij  batz.  verzerth  in  vier  tagenn  vnnd  nechtenn. 
iij  batz.  inn  die  knchenn  geschencktt 
iiij  batz.  einem  armenn  manche, 
iiij  tdi  far  mehnnascheinn. 
iiij   /^    denn    schiffknecbtenn   gebenn,  haben    m.  g.  h. 

auTz  den  schiff  gefarth. 
xvj  ß  zu  zwey  malenn  haufzarmenn  leathen  zn  Lemeso. 
vj  batz.  far  iij  hinth  *). 
vj  batz.  far  iij  pfar  messer. 
j  batz.  far  traubelnn  aaff  dem  schiff, 
iiij  batz.  hat  m.  g.  h.  verspiltt  im  schiff, 
j  cykynenn   dem    koch    vnd    keller   vnnd   schalcker  im 

schiff  geschencktt. 

iiij   /dl    fnr    mascheinn,    hab    ich    Bastiann    wideramb 

gebenn. 
viij  /5j    far  j  geltt  geweckseltt,  hat  m.  g.  h.  vonn    her 

Sigmandten  genommenn. 
viij  batz.  dem  mann  mit  der  pfeiffenn'),  der  das  schiff 

regirt,  gegeben, 
ij  batz.  ij  knabenn  im  .schiff,  da  m.  g.  h.  nach    Jhera- 

salem  hatt  wollen  reiten, 
ij  batz.  dem  scherer  vff  dem  schiff, 
ij  batz.  denn  tisch  dhienernn. 
ij  batz.  denn  botsknechtenn. 

ij  batz.  den   botsknechtenn,    die  am    rüder  stehenn  am 

.schiff, 
j  batz.  einem  tiscbdhiener. 
iiij   |)  einem  knaben  inn  dem  schiff. 

')  Handtücher. 

*)  Ob  verschrieben  für  leuth? 

'j  Steuermann. 


j  zickinenn  dem  schri'ybnr  im  schiff. 
xiij    batz.    iiij    ,<"}    Hiriiiiiiui    fli-m    toirnftachenn   j   zyc- 
kinen  abgeweyselt  hat  mein  g.  h.  tntpfangHnn. 

Vff  dpn  xxvj  jnlij  ist  m.  g.  h.  vom  schiff  gozogpn 
nach  Jerusalem  vnnd  da  gelegen  ix  tag  mit  iij  per- 
sonell, ist  auLsgubenn  worcJt^n,  wie  dann  volgett: 
V  batz.    iiij    •^   für  j  liants  wellen')  zu  Biiffenn^). 
vi  batzenn  denn  Durckenn  gegeben. 
viij  ^  für  draubenn  zu  Baflfenn. 
xvj  /5}  für  iij  huner  zu  R  h  a  m  e  n  n. 
iiij   idi  für  brodt  zu  Rhamenn. 
xxvij  batz.    ij  rSj  für  j  durckisclioii  ducatenn,  hat  m.  g. 

h.  bekommen  zu   Rhanien  geweckselt. 
iiij  batz.    fur  durckisch  geUt  gewet-kseltt  zu  Rliaiucnii. 
xvj  td\  eim  Durckenn  voiin  Baffenu  gein  Rhanicu  gebeu 

vor  j  esel. 

xxvj    batz.   vonn  j  durckischenn   ducatenn   geweckseltt 

zu  Rhamenti. 
vj  batz.   vnnn  Rhamenn    geiu  Jherusalem  von  j  esell. 
iij  batz.  fur  stein  zue  suhwangern  weibern '). 
ij  batz.   vonn  iij  seckenn  zun  machenn  vff  dem  schiff, 
j  cronn  einem  armen»  pilgerung  vff  dum  scJiiff. 

iiij  .■^(  hat  mir  m.  g.  h.  gebenn  vnns<?r  libenn  fiaucnn 
grab  zu  beseii. 

viij  ^  vonn  j  esell,  da  m.  g.  h.  an  das  orth  reith,  da 
vnnser  herre  gott  zu  liimmel  gefiirnn  ist, 

ij  p  einer  daruonn  zu  beselienn  geben n  die  vfffart  de.y 
herroti  C'hri.sti. 

ij  P  von  Lazari  grab  zu  besehenn. 

iiij  batz.  für  ti-aubeln  zu  Jherusalem. 

viij  /^  vonn  j  esell  vonn  Jherusalem  gein  Bethle- 
h  e  i  m. 


»)  Handtuch.  —  ')  .laHji.  —  '\  Kaiiila. 

*)  Sonst  wnrfkm  Binden  auf  das  heil.  Grab  golegt.  welche 
das  Gebären  erleichtcra  solltoD  (N.  74),  hier  mögen  vou  den  l'ul- 
tusstiitteD  ahgeschlagcno  Steinstiickclien  gemoint  »ein. 


182 

ij  ß  vonn  der  kirchenn  za  besehenn  za  Bethleheim. 
iij  /^  vonn  Bethleim  geinh  Jherasalem  zu  reytten. 
viij  hell(er)  far  liechter  zu  Bethleheim  inn  der  kirchenn. 
iiij  batz.  zwenn  armenn  pilgerong  zu  Jherasalem. 
iiij  batz.  für  pater  noster. 

ij  cyckinem  denn   monchenn   im  closter  zu  Jherasalem 

für  almulzenn  gegebenn. 
j  zickynenn  xvj  ^    hat   m.  g.  li.  j  ducaten    vonn   her 

Sigmundtenn  geweckselt  zu  Jherasalem. 
V  zickynen  j  batz.  iiij  /d{  verzerth  zu  Jherusalem  in  ix 

tagenn. 

iiij  batz.  vonn  m.  g.  h.  wapenn  inn  ein  stein  za  schney- 

denn  zu  Jherusalem. 
ij  batz.  an  turckischer  muntz  hab  ich  m.  g.  h.  gebenn. 
iiij  batz.  für  huner  vnnd  broth  zu  Jherusalem. 
iiij  batz.  für  iij  nuTz  zu  trinckgeschirnn  kaufft  aa  Jhera- 
salem. 
XX  batz.  viij  /^    für  j  pfar  turckischer  stifeln   vnnd  j 

pfar  schue  zu  Jherusalem  kaufft. 
j  zickynenn   iiij  batz.   die   m.  g.  h.  gefangenn  habenn, 

darmit  widrumb  ledig  gemacht'), 
viij  idi  für  ayr  zu  Rhamenn. 
vj  batz.  hat  m.  g.  h.    ann  muntz   tarckischer   arth   zu 

Rhamenn  entifangenn. 
ij  batz.  eynem  armenn  pfaffenn  zu  Rhamen. 
viij  /d)  einem  armenn  pilgerumb  zu  Rhamenn. 
xvj  y^  vonn  j  esell  bifz  geinh  Jhrusalem  vonn  Baffe nn. 
ij  batz.  für  broth  zu  Baifenn  vif  das  schiff, 
viij  ^  für  feigenn. 
j  zickinenn  dem  durckischenn  dolmetschenn  gebenn  vff 

das  schiff,  da  m.  g.  h.  vonn  Jherusalem  ist  kommen, 
ij  batz.  für  j  fafz  wasser  vff  das  schiff, 
xxiiij  batz.  hat  m.  g.  h.  inn  j  auer  gelegtt,   ist  larerey 

gewest  vff  dem  schiff.] 


')  Es  handelt  sich  offenbar  tun  einen  Erpresstmgsversaoh 
.  der  Muselmänner;  vgl.  B.  21,  62. 


p 


Vff  donnerstag  den  xxj  augnsti  ist  m.  g,  h.  gehnn 
Salena  kommen  vnd  da  vf^rzerth  vnnd  aufÄgt^benn, 
wie  volgett,  vnnd  dennöelbigenn  abennd  gehnn  Nica- 
8  i  e  n  n  ')  gerittenn  vnd  sein  mii  denn  xnorgenn  liernach 
gerittenn. 

iiij  batz.  zweyenn  pföitlhünn  fiir  j  futur  gebenn  zu  Sa- 
lena; daruff  Walltmdurif  vnnd  ich  gein  Nicassien 
geriltiinn  seindt. 

ij  batz.   von  m.  g.  b.  Ijeinder  zu  weschenn  zu  Salena. 

xxxij  batz.  verzerth  junckher  Wilherich  Wallendorff 
vnnd  ich  zu  Sabona;  i»t  m.  g.  h.  mit  dem  grauunn 
vonn  Driple-)  vonn  Salena  genh  Nycasienn 
geritt«vnn. 

V£f  sambstag  denn  xxiij  augusti  zu  nacLtt  sind 
Wallendorff  vnnd  ich  m.  g.  h.  hernach  gerittenn  gehn 
Nicasienn  vnnd  da  gelegenn  v  tag,  ist  verzerhtt  vnd 
aafzgebenn  wordenn,  wie  volgtt. 

X  batz.  für  j  heuer  pferdtt  vonn  Salena  gein  Nicasienn. 
ij  batz.    eynem   gebenn,   der  ra.  g.  h.    vonn   wasser  vff 

j  pferdt  gein  Salina  furth. 
vj  (dl  vonn  einen  henibdt  zu  waschenn  zu  Salena. 
X  batz.    für  j  heuer  pferdtt  gehnn  Nyeasienn  zu  reytenn. 
iüj  batz.    einem   hotten n,   der   mit   vnns    rit,   der    vnn.i 

denn  wegh  weys*t. 
iüj  batz.    verzerth    die    pferdtt    vnnd    mir,    da   wir  die 

nacht  abge.standen  sind, 
iüj  batz.  hat  m.  g.  b.  armenn   leuthenn  gebenn  zu  Ni- 

casien  ins  grauenu  haufz. 
iij  batz.  hat  m.  g    h.  verspilt  inn  des  grauen  hauXz  zu 

Nyea.sienn. 
j  batz.    für  )  orth^)  banndt  zu  Nycasienn. 
XX  batz.    für  j  pfar  stifelnn  zu  Nycasienn. 
iüj  batz,    vom    hembdernn    zu    weschenn   vnnd   schlaff 

gelt  zu  Nycasienn  in  v  tagenn. 


')  Nicosia. 

*)  WahrscbeiDÜch  ein  Titulargraf  von  Tripolis.  —  *)  ^It, 


184 

ij  gl.  xi  batz.  habenn   Wallendorff  vnnd  ich   inn  der 

herberig  verzerth. 

Vfi'  donnerstag  denn    xxviij  angnsti  ist  m.  g.  h. 
vonn  Nicasienn  hinweg  gerittenn  gein  Famegastenn. 
üij   -^  armenn  leuthenn. 
viij   v)  einem  armenn  man  vff  der  kammer. 
iij  batz.   hat  m.  g.  h.    mir    gebenn,    hab   ich    es   vmbs 

bach  gegeben  n  zn  Famegastenn. 
ij  batz.   hab  ich  m.  g.  h.  zn  Famengostenn  ins  bredt- 

8pi1  gebenn. 
viij  ^  inn  j  gemein  almalzenn  zu  Famegastenn  in  der 

kirchenn. 

XX   batz.     für   ij    heuer    pferdtt    von    Nycasienn    genn 
Famegastenn. 

ij  cronn  dem  barbirer,  hat  m.  g.  h.  denn  schenckel  ge- 
heylett  zu  Xycasienn, 

ij  cronenn  zu  gedenckenn  hab  ich  es  EyÜEVOgeln  gebenn 

aufz  bevelch  m.  g.  h. 
ij   batz.    einem    armenn    mann,    der    m.  g.  h.   inn    die 

kirchenn  furth  za  Famegustenn. 
viij  batz.    für   iij  6  färb   za  denn    pferdtenn  zu  Fame- 
gustenn. 
viij  batz.   für  j  zeichen,   das    da   verguldet  wardtt,  den 

ij  landt^knechtenn. 
üij  batz.  für  j  seckell. 

iij  batzi'un  für  drey  korb  zu  denn  feldhunernn. 
ij  batz.  von  m.  g.  ii.  hosenn  zu  bessern  zu  Famegastenn. 
viij   batz.    dem   barbirtrr.   hat   m.  g.  h.   ein   ademn   ge- 

la^senn  zu  Famegustenn,  ist  schwach  gewesenn. 
xij  zickynenn   verzerth    in  ix   tagenn    vfF  iij  personenn 

zu  Famt-gustenn. 
ij  batz.    für  j  heut-r  zu  Famegustenn. 
xij  batz.    des   haubtmans  knechtt  geschenckt  zu  Farne« 

gustenn.  hat  m.  g.  h.  ij  zamer  feldhuner  bracht 
viij  batz.   vonn  einem   heuer  esel   hat.  die  haner  vnnd 

danbenn   vonn   Famegustenn  ghenn  Lemesa  ge- 

tragenn. 


ij  T>atz.    einem  botten,  der  mit  li«»ff. 

j   batz.    habenn    die  [>ft'rJ  inn  der  nacht  verzurth  vfifum 

Wege, 
vj   blitz,    hat  m.  g.  h.  verzertli  zwischenn  wegenn  vfFen 

dorff  iritt  einer  nudit. 

y  batzenii  viij  /Sj  des   graiiemi   knabeii  gescbencktt  zu 
Famegustenn. 

Vff  sambstag  zu  nachtt  denn  vj  septembris  ist  m. 
g.  b.  voDii  Famegustenn  gein  Salena  kommen. 
iij  cyckinonn  für  j  mehrkatz. 
xvj   /v)   vonn  zwey    malenn    vff   das   schiff  zu  farnn  zu 

Salena. 
iij  zickynenn  verzerth  inn  v  tagenn  zu  Salena. 
vüj    Sj   ins  schiff  iij  mal  zu  fanm  zu  Salena. 
viij  /^  zu  vier  mal  ins  tichifT  zu  farnn  zu  Salena. 
ij  batz.   für  j  fafz  wasser  uff  das  schiff  zu  dt^nn  handtenn. 
iij  batz.   viij  ^\  für  cimet  rinden  vff  das  schiff. 
viij  ^   für  granatenn  epftd!  vff  das  schiff. 
yj  batz.    ij   <^   für  ij  Iiuiuu"  vff  das  schiff. 
viij  bati.  vonn  hembdernn  vnnd  leilacJienn  ')  zu  weschenn. 
vj  .^  für  granatenn  epfell. 

vj  zickynenn  inn  eytff  tagenn  zu  Salena  verzerth. 
ij   zyckinenn    hab   icli    vunu   m.   g.   Ji.   entpfangenn   zu 

Salena  in    der   herberig,  hab   denn    doctur   darmit 

bezaltt,  ist  m.  g.  h.  schwach  gewest,  für  artzney. 
vüj  h'diz.  dem  dnctor  für  seiner  arbeyth  gescheucktt. 
ij  batz,  vonn  denn  hunern  vtf  das  schiff  zu  farnn  gcbenn 

zu  Salena. 
ij  batz.  für  j  hi-nibdtt. 
vj  /Si  dem  schiffmann,  der  mich  von  .schiff  gehn  Salena 

furth. 

Uff  donneratag  denn  xviij  septembris  ist  m.  g.  h. 
vonn  Salena  vff  das  schiff  gezogen n. 
viij  batz.   für  vj  junger  huner  uff  da.s  schiff  zu  Leme8  8. 
ij  batz.  verzerth  zum  morgenn  essenn  zu  Lemess. 

^)  Laken. 


186 

ij  batz.  vonn  einem  faCe  wasser  tiifs  schiff  aa  fkrn  zu 

Lemes.s. 
viij  batz.  für  j  fafz  wein  vif  das  schiff  zu  Lemeso  za 

füren, 
j  batz.  für  broth. 

Uff  freytag  zu  inorgenn  denn  xxvj  septembris  ist 
m.  g.  h.  gein  Baffe nn  kommen  und  da  gelegennüij  tag. 
j  zickinenn  v  batz.   viij  ^    hat  m.  g.   h.   verspUtt  uSf 

dem  schiff  zu  Baffenn. 
X  batz.   vonn  ladenn  vnnd  wein   ins  schiff  zu  farn  za 

Venedig, 
xxij  batz.  für  xiiij  huner  vff  das  schiff  zu  Baffenn  kanfffct 
iiij  batz.  v  p  für  brodt  zu  Baffen  vff  das  schiff. 

V  batz.   für  eyer  vffs  schiff  zu  Baffenn. 

j  fl.  verzerth  inn  iiij  tagenn  zu  Baffenn  bleibt  m.  g.  b. 

Balandten  ')  schuldig, 
iij  batz.  für  j  spilhreth  zu  Venedig, 
xxiiij   batz.    für  j  fafz   wein   vff  dem  schiff  denn  bots 

knechten  abkaufft. 
iiij  batz.  für  ij  huner  dem  buch(s)enn  meynstar. 
vj  batzenn  iiij  ^  vor  spil  g«ltt  vff  dem  schiff, 
iiij  batz.  hat  m.  g.  h.  denn  botsknechtenn  geschencktt 

vff  sanct  Martini  abennd  vff  dem  schiff, 
ij  doppel  ducaten   minus  xj  batz.  verzerth  zu  Parens 

in  ij  nachtenn  vonn  m.  g.  h.  entpfangenn. 
8umnia  10  taler  1  batz.  5  /5}. 

Des  hotten  n  zerung  von  Augspurg,  der  mit  m.  g. 
h.  raufzer  geritten  ist 

V  crtz.  vonn    dem   scherchenn   vff  dem  wasser,  wie  m. 

g.  h.  vonn    Venedig   ghenn  Augspurg  ritte  sampt 
zwey. 
ij  crtz.  vonn  denn  wotseckenn ')  zu  hauff  zu  binden  im 
teutschenn  haufz  zu  Venedig. 

>)  vgl.  oben  S,  168.  —  «)  Parenzo. 
')  Boiscsäckoo. 


187 


crtz.  vonii  denn  wotstckenn  zu  polirenn  zu  Venedig 
im  teutsehen  haufü:. 
lij  creutzer  armenn  leuthinn, 

^v  batz.    dvm  schiffraann,  hat  in.  g.  h.  vnd  botenn  her- 
au^^  gefurett. 
iüj  bat2.  verzerth  zu  margenn  zue  May r gern, 

Ixs  crtz.  vonn  denn  pft-rdteim   zu  bi^schlagenn  zu  Der- 
phy.s. 
V    batz.     haufzkni'cht     vnnd    magdenn    geschenckt    zu 
Derphys. 
xxxvj  crt«.  verzerth  j  nacht  zu  C  ar  n  o  t  e  n  n  '). 
xvj  batz.  j  nacht  verzijrth  zti  Velilers^). 
j  batz.  arniHiui  knithonn  vR"  dein  WBge. 
vij  batz.  vfrzerth  zu  morgenn  zu  Gerin ^). 
B  j  daler  verzorth  j  nacht  zu  Li  neun*). 
iüj  batz.    vonn  j  sattel  zu  machenn. 
ij  crtz.  armenn  leuthenn. 

Ixx  batz.  j  nacht  verzerth  zu  Schar  bann*). 
j  crtz.  dem  haufzknwht. 
\x  batz.  verzerth  zu  rnorgHTin  zu  Neuen  Margk. 
ij  batz.    dem  schmidt  zu  Neuen,  Margk. 
xxiiij  batz.  iij  crtz.  j  nacht  verzerth  zu  Botzenn, 
jj  batz.  i  crtz.  dem  schmidt. 
k  batz.  verzerth  zu  morgen ti  zu  Co  1  mar*), 
j  batz.  armenn  leuthenn  vff  dem  wege. 
xxij  batz.  j  naciit  verzi-rth  zu  Brixenn. 
iüj  batz.    dem   Schumacher    von    schuen   vnd  etiueln  zu 
flickenn. 

ix  batz.  verzerth  zu  innrgenn  zu  8te  r  tz  ingen  n. 
xix  batz.  verzerth  j  nacht  zu  Steynach. 
ij  fl.  ij  batz.  verzerth  j  nacht  vnd  ]  tag  zu  Hz  brück. 
iüj  batz.  für  j  windlicht. 


')  Carnuda.  —  ')  Feltro.  —  *)  Grigno.  —  *)  Levico. 
*)  ZanibanB  bei  Trient? 
•)  KoUniaun. 


188 

j  batz.  für  negell  za  denn  pferdtenn. 

j  batz.   armenn  lenihenn. 

ix  batz.  verzerth  zu  morgen  vff  dem  sphefeldtt '). 

iij  crtz.  dem  schmidt  vff  dem  sehefeldti 

j  daler  verzerth  j  nacht  za  Bartennkirchenn. 

iij  creutzer  dem  schmidt. 

xj  batz.   j  crtz.  verzerth  zu  morgenn  zu  Sochenn  *). 

i  fl.  xj  batz.  j  crtz.  zu  Schochenn. 


')  Seefeld  zwischen  Innsbruck  und  Partenkirchen. 
*)  Schongau? 


-1-4- 


Anmerkung  des  Redactions-AnsschusBes. 

Die  oben  S.  90  ff.  unter  Nr.  I  mitgetheilte  Reise 
des  Grafen  Philipp  des  jüngeren  von  Hanau-Münzenberg 
nach  dem  heiligen  Lande  findet  sich  zwar  bereits  ab- 
gedruckt in  Band  111  des  Hanauischen  Magazins 
V.  J.  1780,  Stück  7  und  8.  Allein  die  Seltenheit  dieser 
Zeitschrift  und  der  Umstand,  dass  sie  vielen  schwer 
zugänglich  sein  wird,  rechtfertigen  zweifellos  den  er- 
neuten Abdruck  der  Reise,  zumal  der  Text  diesmal 
weit  correcter  und  in  genauer  Wiedergabe  des  Originals 
erscheint. 


189 


IV. 


Die  Antithesis  Christi  et  Papae  in  der 
ScMossklrehe  za  Schmalkalden. 

Von 
Otto  Gerland. 


I 


3^,n  d«er  so  überreich  mit  raalfrischHin  und  bilJuerischera 
^^Schmuck  verziRrteii  Kapelle  des  Schlosses  Wil- 
helmsburg  za  Schinalkalden  befinden  sich  sowohl  an 
den  Brüstungen  der  Kmporen  als  an  der  durch  dui 
Kanzel  und  ihren  langen  Schaft  geth<iilten  We.stwarul 
e  weisse  Stuckfiilchen,  Sagt  dem  Beschauer  .schon 
der  erste  Bück,  dass  diese  Flüchen  früher  nicht  so  kahl 
gewesen  sein  können,  weil  sie  zu  unschön  von  den 
übrigen  Wand  Rächen  und  der  Decke  abstechen,  so 
zeigen  uns  auch  die  an  den  Bdmtnngen  angi-braehten 
fortlaufenden  Nummern  und  an  der  Westvvand  Sjjui'en 
von  Klammern,  dass  hier  etwas  angebracht  war,  das 
dazu  diente,  die  Farbenharmoiuy  der  Wände  nnd  der 
Decke  auch  auf  diese  Flilchen  auBzudehnen.  tind  so 
verhalt  e-s  sich  in  der  That,  hier  waren  vierzig  Tafeln 
angebracht,  auf  dejien  ein  Bilderkreis  zur  Darstellung 
gelangt  war,  der  nach  den  im  Königlichen  Staatsarchiv 
Marburg  befindlichen  Akten  über  die   Erbauung  dea 


190 

Schlosses  Wilhelmsbnrg  als  »Antithesis  Christi  et 
Papae«  bezeichnet  wird. 

Schon  der  Name  Äntithesis  Christi  et  Papae  leitet 
ans  darauf  hin,  dass  wir  es  mit  einer  Darstellung 
zu  thun  haben,  die  sich  an  ältere  gleichartige  an- 
Rchliesst.  Der  diesen  Antithesen  zu  Grunde  liegende 
Gedanke  lässt  sich  Jahrhunderte  weit  zurOckverfolgen  *). 
Schon  in  der  heiligen  Schrift  tritt  der  Gegensatz 
zwischen  dem  Christenthum  und  dem  bis  zum  Wider- 
christlichen, d.  h.  bis  zur  Verzerrung  des  Christentliums 
in  sein  Gegentheil  gesteigerten  Bösen  hervor,  das  sich 
bis  zu  seinem  Höhepunkt  entwickeln  und  erst  durch 
die  Wiederkunft  Christi,  wann  er  den  Wider^  oder  Anti- 
christ (auch  verderbt  in  Endchrist}  vom  Throne  stossen 
soll,  sein  Ende  erreichen  wird.  Diesen  Gegensatz  hatten 
schon  früh  die  oppositionellen  christlichen  Parteien  auf 
das  päpstliche  Kirchenregiment  bezogen.  Besonders 
wichtig  ist  aber  für  uns,  dass  als  am  deutlichsten  aus- 
gesprochener Träger  der  auch  auf  unsem  Bildern  dar^ 
gestellten  Gedanken  der  englische  Reformator  Johann 
Wiclif  (t  1387)  in  seinem  Tractat  de  Christo  et  suo 
adversario  Antichristo  zwölf  »conditionea  papae  Christo 
contrariae«  genauer  ausführt. 

Der  von  Wiclif  ausgesprochene  Gedanke  wurde  in 
hussitischen  Kreisen  wieder  aufgenommen  und  nicht 
bloss  mit  Worten,  sondern  auch  bildlich  dargestellt. 

Auch  Luther  drängte  sich  der  Gedanke,  im  Papst- 
thum  den  Antichristen  selbst  oder  doch  dessen  nächsten 
Vorläufer  zu  sehen,  auf,  und  er  gab  ihm  zuerst  Aus- 
druck in  seinem  1520  ergangenen  Aufruf  an  den  christ- 
lichen Adel  deutscher  Nation. 

•)  Vcrgl.  Katrrmu,  I^sioiial  Christi  und  Antichristi.  Lukas 
i.1iinai''hs  Holzsebuitto  mit  dein  Texte  von  Molaiiclithon,  im  Steo 
Band  von  iyekrrrrg  deut.si'heD  Drucken  älterer  Zeit  in  Nachbil- 
dangen.    Berlin  I88ä  S.  V.  ff. 


li>l 


Ea    fallt    schwer,     anzunehmen,    dass    alle    diese 
jriften    unabhängig    von    einaiidtT    gescliriebim    sein 
lien,    es  scheint    d^m    uiibefatigeiien    Benbathtpr    iiii 
Gegentheil   weit   mehr  als  eine  /ufallige,   innere  Ueber- 
einstimmnng    vorzuliegen    und    man     wird    tlie    fortge- 
setzte   Arbeit   von  Jahrhunderten  hierin  finden  miissen. 
Auf  diesem   Boden    baute  nun  Lncas  Cranacli,   Luthers 
künstlerischer  Mitstreiter,   weiter,    indem   er,   ohne  sich 
an  die  geschichtliche  Reihtnfolge  der  dargestellten  That- 
sachen  zu   binden,    18  Dojipolbilder  in  Holzschnitt  ver- 
fertigte.    Zu  diesen    Biltleni,     welclie    mit    Vorwissen 
Lutheirs  kurz  vor  dessen  Abreise  zum  Wormser  Reichs- 
tag im  März  1521   in  Angriff  genoranieu  wnrden,  stellte 
Melanchthon  Unterschriften   für   die   Darstellungen  atis 
Christi  Leben    aus    der    heiligen    Schrift,    für   die    Dar- 
stellungen des  Papstthunis  aber   au»   dem    katiüiiischen 
Recht    zusammen,     wobei     ihm     der    Jurist    Jiihannes 
»Schwertfeger  hehülflicb  war.      Gleich  nach  Schluas  des 
Reichstags  ersclnen  das  Heftche n  in  einer  deutschen  und 
einer  lateinischen   Aufgabe,   um  gleich   der  Armenbihel 
neben  dem  Text  dnrch  die  Hüder  auch  auf  die  des  Lesens 
unkundige  Menge  zu  wirkerj,  weshalb  denn  ancli  bei  Her- 
stellung der  Bilder  weniger  auf  eine  künstlerische  als  eine 
drastische,   packende   Darstellung  gesehen  wurde.     Der 
Titel    der  deutschen    Ausgabe   laufet:    Passioual   Christi 
und  Antichristi,  der  der  lateinischen :   Antithosts  hgnrata 
Christi  et  Papae.   Ad  lectorem  Eusebius,    Das  Aufsehen» 
welches  dies  Werk  erregte,  und  der  Beifall,  welcher  ihm 
zu  Theil   wurde,    waren   ungeheuer,    wie   sieh   aus   den 
rasch  folgenden  zahlreichen  Ausgaben,  aus  den  zum  Theil 
gleichzeitigen    Nachdrucken    und   anderweiten    Bearbei- 
tungen ergiebt,  deren  letzteren,  wenn  auch  noch  so  ent- 
stellt, stets  die  Cranach'schen  Bilder  zu  Grunde  liegen, 
wie  sich   auch   die  beigegehcnen   Texte   dem  ursprüng- 
lichen Text  Melanchthons  möglichst  anschliesaen. 


192 

Die  Zimmerische  Chronik  *)  erzählt  zwar,  dan 
Lnkas  Cranach  seine  Vergleichang  Christi  und  des 
Papstes  auch  in  Gemälden  für  den  Kurfürsten  von  Sachsen 
ausgeführt  habe,  welche  im  Schloss  zu  Toigaa  aufge- 
stellt waren,  wo  sie  im  Schmalkaldischen  Kri(^  von 
den  spanischen  Kriegsvölkem  zerstört  worden  seien. 
Nach  gütigen  Mittheilungen  des  Professors  Dr.  C.  KiUMbe 
zu  Torgau  beruht  diese  Nachricht  aber  nur  auf  einer 
Sage,  da  Kaiserliche  —  Spanier  sind  gar  nicht  in  die 
Stadt  Torgau  gekommen  —  nach  Besetzung  der  Stadt 
sofort  das  Schloss  nach  derartigen  Bildern  durchsuchten, 
dort  aber  nichts  fanden.  Nach  einer  weiteren  freund- 
lichen Mittheilung  des  Herrn  Dr.  Ä.  Erbstein  zu 
Dresden  möchte  die  Nachricht  auf  ein  Bild  zurückzu- 
führen sein,  auf  dem  vermnthlich  der  Kurfürst  Johann 
Friedrich  die  Allmacht  gegen  die  Vernunft  abwägt,  wie 
eine  gleiche  Darstellung  von  Kurfürst  August  auf  einer 
Medaille  von  Tobias  Wolf  vorkommt. 

Diesen  Darstellungen  nun  schloss  sich  die  Bilder^ 
reihe  der  Schmalkalder  Schlosskapelle  an  und  zwar 
dergestalt,  dass  sie  nicht  direkt  an  die  Cranach'schen 
Ausgaben  des  Passionais  anknüpfte,  sondern  an  einen 
um  2  Antithesen  vermehrten,  1521,  höchstens  1522 
durch  Melchior  Sachse  zuKrfurt  bewirkten  Nachdruck**), 
eine  Ausgabe,  in  welcher  jeder  Antithese  ein  latei- 
nischer Hexameter  beigegeben  ist,  dessen  erste  Hälfte 
sich  auf  Christus,  die  zweite  aber  auf  den  Papst  be- 
zieht, und  wovon  jede  Hälfte  auf  den  Rand  neben  das 
zugehörige  Bild  gesetzt  ist.  Sodann  scheint  mir  noch 
eine  Bearbeitung  der  Antithesen  in  lateinischer  Sprache 
von  Zacharias  Durantius  ***),  welche  1557  erschien,  die 


♦)  Herausgegeben   von  Bartick,    2.  Auflage.      Freiburg  ood 
Tübingen  1883. 

♦♦)  Katcerau,  a.  a.  0.  S.  XXIV  E.  1. 
•*•)  daselbst  8.  XXIX  J.  1. 


193 


Antithesen  bis  auf  18  vermehrte  und  eine  der  bibliächen 
Gescbichte  entsprechende  Reilieiifolge  brachte,  von  Ein- 
floss  gewesen  zu  sein. 

Lim  nun  seinen  Wunsch,  diesen  Antithesen  ähn- 
liches in  der  neuen  Sohto.sskaptdie  anzubringen,  befrie- 
digen zu  können,  liess  Landgraf  Wilhelm  zu  den  den 
Raumverhältnisaen  der  Kirche  entsprechend  auf  20  ver- 
mehrten Antithesen  durch  den  Sehlossnialer  Georg 
Kronbard*J  Bilder  malen  und  dazu  durch  seinen  damals 
ISjäbrigen  Sohn  Moritz,  welchen  die  Nachwelt  mit  dem 
Beinamen  des  Gelehrten  geziert  hat,  lateinische  Hexa- 
meter machen,  die  zum  Theil  wörtlich  die  Verse  von 
Melchior  Sachse  wiedergnben,  zum  Theil  sich  an  die- 
selben anlehnen,  theils  aber  auch  vollständig  abweichen. 
Jedem  Hexameter  entsprechen  zwei  gereimte  deutsche 
Zeilen,  d^ren  jed*'!  cinv  Hälfte  d»'s  Hexameters  frei 
übersi^tzt.  Diese  Verse  unterzog  der  Landgraf  einer 
genauen  Prüfung,  die  am  3.  Juni  1587  vollendet  war. 
Diese  deutschen  Verse  werden  den  auf  Goldgrund  ge- 
malten Bildt'rn  **)  seitwärts  mit  schwarzen  Buchstaben 
auf  dem  Goldgrund  beig)'setzt  gewesen  sein,  wie  auch 
die,  sicher  vom  LandgratVn  selbst  ausgewählten  Stellen 
aus  der  Bibel,  dun  Dckretalen,  den  Heschlüssf*n  des 
Tridentiner  Konzils  u,  s.  w,  in  lateinischer  Sprache, 
soweit  sio  uns  noch  an  den  Wänden  der  KapHll«  er- 
halten, mit  schwarzen  Buchstaben  auf  Goldgrund  an- 
gebracht sind  und  zwar  uiiti-r  den  für  die  Bilder  be- 
Ktimmten  Stellen,  während  diu  lateinischen  Verse  in 
gleicher  Weise  übin*  den  Rildnrn  angebracht  warnn.    Die 


♦)  Üeber    dieseu    Maler    koouto    liiJor    iiii-hts    festgestellt 
weixlen. 

••)  Onsihirt:  Historin  Schmalkaldica,  Hüft  I  (Schmolkalden 
I^ipzig  1881)   sat't  S.  71  vou  dioseu  Bilderu,    sie    suica  ,Diit 
toin  Uüld  bemal ta  TaroLu". 

K.  F.  XVI.  Bd.  13 


194 

lateinischen  Bibelstellen  entsprechen  nicht  gans  dem 
Text  der  Yulgata. 

Da  die  Bilder,  wie  weiter  anten  erzählt  werden 
wird,  verloren  gegangen  sind,  so  hat  es  kein  allge- 
meines Interesse,  ihren  Inhalt  zu  erörtern;  es  mag  die 
Bemerkung  genügen,  dass  sie  sich  meist  an  die  Cra- 
nach'schen  Darstellungen  angeschlossen  haben,  nur  mit 
dem  Unterschied,  dass  wohl  zur  schärferen  Zuspitzung 
der  Antithese  Christus  und  der  Papst  mit  gleichen  Ge- 
sichtern dargestellt  werden. 

Wohl  aber  dürfte  es  auch  weitere  Kreise  interes- 
siren,  die  Antithesen  sowohl  wie  sie  in  den  Stellen  der 
heiligen  Schrift  und  den  diesen  entgegengesetzten  Be- 
stimmungen des  kanonischen  Rechts,  als  auch  wie  sie 
in  den  beigesetzten  Versen  enthalten  sind,  kennen  zu 
lernen,  weil  sie  für  den  Landgrafen  Wilhelm  und  auch 
dafür,  was  damals  in  den  Kirchen  als  erbaulich  galt, 
ein  schätzbares  Zeugnis  ablegen,  und  mögen  diese  daher 
hier  folgen. 

Ant.  1.  Jesus  autem,  cum  cognovisset,  qnod  ventnri 
essent  et  rapturi  ipsum,  ut  facerent  ipsum  r^em, 
secessit  in  montem  ipse  solus.     Joan.  6. 

Nos  habemus  imperinm  totius  orbis,   nam  omnia 
regna  nostra  sunt  propria  et  a  nobis  in  feudum  con- 
ceduntur.     Episfola   Adrian,    in   Avent   IIb.   6  et  6 
decret  de  sent. 
Regna  fugit  Christus,  Christus  fleucht  weltlich  könig- 

reich. 
Sibi  vendicat  omnia  praesul,  die  sich   der  babst  zu- 
eignet gleich. 

Ant.  2.  Milites  autem  plectentes  coronam  de  spinis 
imposuerunt  capiti  ejus  et  veste  pnrpurea  circnmde- 
derunt  enm,  dicentes :  Ave  rex  Judaeoruro,  Matth.  27. 


Tradimus  ei,   de  praesenti,  diadema,  coronam  ex 
auro  purissimo  et  genimis  preciosis,  sceptra  et  omnia 
imperialia   signa,   et   indunienta  ft  potestatis  nostrae 
gloriam.     distinct.  fHj  (*.  Constantiiins. 
Spinosam     Christus,      Christus     trügt     einen    Crantz 

von  Dorn, 
Triplicem  fert.  ille  coronam,   der  babst  von  goldt  ein 
dreifacht  krön, 

Ant.  3.  Jesus  autf>m  accepto  hnteo  procinxit  se,  deinde 
pmisit  aquam  in  pt'lvim,  et  caepit  lavare*  pedes  dis- 
cipiiloruin  suoruin.     Joli.   13. 

Onines,    nijiiscnnque    sint   dignitatis   et    praemi- 
tu-ntiap,   ter    rluhtMit    ant«-    papiim   genaa  flectere,   et 
pedeB  ejus  oscnlan.     Lib.  cern.  Font. 
Äbluii    ipse    ppdcs,     Chriatus    wäscht   seiner    jünger 

fuess, 
Reges    bis    oscnia    fingnnt,    dem    babst    man    seine 

kils-sen  niass, 

Ant  4.  Christus  cum  esset  in  forma  dei,  humiliavit 
sfnietipsum,  factus  obediens,  nsqtie  ad  mortem,  mor- 
tem autcm  crucis.     Phil.  2. 

Papa   ejit   omnia  super  omnia,   dens  in  terris,  et 

habet  concurrens    cum    Christo   tribunal,    major    est 

omni   honiine,  ipsis    angeli.'«.     Bald,   in  Hb,    Barbarif) 

19  de  off.   ptor.    symb.  Antonini  5. 

Se   extenuat    Chriatus ,    Christ    wie   ein   Knecht  sich 

niedriget, 
Papa  se  super  orania  tuUit,  der  babst  sich  vber  alles 

erhebtt, 

Ant,  5.  Ecce  rex  tuus  venit  tibi  man.%uetus  sedens 
super  asinam  et  super  jiullum  subjugalis  a.sellae 
Matth.  19. 

Vt  nmplissime  pnntificale   decus  praefidgeat,   de- 
cernimus,  ut  Bom.  Eccles.  clerici  mappulis  et  liutea- 

13* 


196 

minibus,  id  est,  candidissimo  colore  decoratos  eqaos 
eqnitent.     Constit.  Constantini  vide  Hb.  Cer. 
Christas    adest  humilis:    Christas   zeugt    ein   sanfft- 

matiglich, 
Praesal  cam  divite  pompa,    der  stoltze   babst   gantz 

prechtiglich. 
Ant.  6.     Ego  sam  pastor  ille  bonas.      Pastor    bonos 
animam  dat  pro  ovibas,    et  illam,  qaae  perierat,  im- 
ponit  in  hameros  suos  gandens.     Joh.  10. 

In  collatione    imperator  aut  rex    portabit  primom 
ferculum,    dabit    aquam    manibas,   primom    pocolam, 
serviunt  regam  filii  aot  nobiliores.      Lib.  Cer.    Sect. 
3  de  Conviv. 
Pascit  oves  Christus,  Christas  seine  schäfflein  weiden 

thutt. 
Lnxum  fovet  ille  superbas,  Babst  lebtt  in  saofz  vndt 

vbermutt 
Ant.  7.     Exivit  autem   Jesus  in  eum,  qui  dicitor   Cal- 
variae  locam,  Hebraice  autem  Golgatha,  bajulans  cro- 
cem  suam.     Joh.  19. 

Princeps  civitatis,  quam  Papa  intrabit,  imo  rex  vel 
imperator,  si  adesset,  sellam  cum  Pontifice  humeris 
suis  aliquantulum  portare  debet.  Lib.  Ceremon.  Pont. 
Bajulat  ipse  crucem.     Sein  Creutz  geduldig  trägt  der 

Herr, 
Cum   fastu   fertur   at  ille.     Den   babst    tragen  seine 

Schmeichler. 
Ant.  8.  Sanguis  Jesu  Christi  filii  Dei  emundat  nos 
ab  omni  peccato.  1.  Joh.  1.  Non  igitnr  corruptiiibus, 
auro  vel  argento,  redempti  estis,  sed  precioso  san- 
guine  quasi  agni  immaculati  et  incontaminati.  1.  Pet.  1. 
Si  quis  dixerit,  antequam  ad  regna  caelorum 
aditus  patere  possit,  quod  nullus  reatos  paenae  ex- 
solvendae  vel  in  hoc  vel  in  futuro  purgatorio  rema- 
neat,  anathema  sit.  Concil.  Trid.  Sess.  5  Can.  30. 


line   nos   Christus,   Christ   durch    sein   Bhxtt  all 
sundt  abwischt. 
Mentito    hie  cxpiat  igiie,    daitzu    dur    babst    ein    feg- 

fi!ur  dichtt. 
Ant.  9.     Non  facia«   tibi  sculptilu  nwjiie   omiiem  siinili- 
tndinem,    quae    est   in    t-aeJo    desuptn"  ei  in  terra  de- 
orsum,    nee   eorum    quae    sunt    in    aquis   sub  terra. 
Exod.  20. 

Rcverentia,  quae  imagini  Christi  üfft-rtur,  Christo 
offertur  et  proptt'rea    imagini    ejus    debet  cnllii!»  divi- 
num   adorationis    i-xhiberi.      Boiniventiira    sup.    sent, 
Lib.  3.    Diöt.  9.  4.  2.    Thuru.  Tar.  3.  4.  25  cap.  3. 
Hie  idola  vetat,   der  Herr  knin  Götzen  leiden  kann, 
Hie   dicit   pronuä    adora,     dur    babüt    gebeut    sie   zu 

beten  an. 

Ant.  10.     Gratia   eatia  ealvati*)   per   fidem  «t  hoc  non 

ex   vobis,  Dei  enim  donum  est,  non  ex  operibus,  ne 

.qais  glorietur.    Rpheö.  2.     JuHtificamnr   autem    gratia 

per  illius  gratiam  et  redemptionen,  quae  est  in  Christo. 

Rom.  3. 

Si  qiiis  dixerit,  lioniinem  jiistificari  ex  eo,  quod 
certo  credat,  anatht^ma  sit.  Misaae  enim,  peregri- 
nationes^  reliquiae,  aqua  lustralis,  chrisma,  sal,  her- 
bae  consecratae,  vestium  et  ciborum  dclectus,  et  si- 
milia,  quantum  ad  consequendam  salutem  valeant, 
ipsorum  libri  teütantur.  Conc.  Trid.  Sess.  13. 
Hie   tribuit  fidei,    Christu.s   durch    den    glauben  selig 

raaeht, 
Meritis  dat   papa  salutem,    der   babst   die   werk  viell 

liöher  acht. 
Ant.    11.      ()j)ortet    Episcopum    irreprehensibilem    esse, 
unius    uxoris    virum    et   praesbji:ernm    sine   crimine, 
habentem  filios  fidetes.     1.  Tim.  3. 


•)  Oeüthirt  setzt  o.  a.  ü.  iirtliiimlicti  für  salvati  ^servati". 


198 

Si  quis  dixerit  in  sacris  ordinibns  constitatos, 
etiamsi  non  sentiant  donum  castitatis,  posse  matri- 
monium  contrahere,  anathema  sit.  Concil.  Trid.  Sess. 
23.     Canon  3. 

Hie  nabat  omni»  ait,  Christus  die  ehe  will  haben  frey, 
CleroB  ast  ille  repellit,  der  babst  verbeuts  der  cierisey. 
Ani  12.  Per  viam,  quae  praecepit  Dominus,  ambtilate. 
Non  in  statutis  patrum  vestrorum  omisso  enim  prae- 
cepto  Dei,  frustra  me  colunt  mandatis  hominom. 
Deut.  5.    Marc.  7. 

Traditiones  Patrum  et  Sedis  Apostolicae  consti- 
tutiones,  pari  pietatis  affectu  et  reverentia  cum  utri- 
usque  Testaraenti  libris  serventnr.  Concil.  Trid.  Sess.  3. 
Hie  hominum  commenta  vetat,   Christus  verwirfft  all 

menschen  tandt. 
Quae  papa   tuetur,   damit    der  babst  beschwertt   all 

landt. 

Ant.  13.  Vulpes  foveas  habent,  et  volucres  caeli  ni- 
dos,  filius  autem  hominis  non  habet,  ubi  caput  sunm 
reelinet     Matth.  8. 

Volumus  rusticos  tanto   pensionis  onere  gravari, 
ut  ipsa  exactionis  suae  paena  compellantur  ad  recti- 
tudinem  festinare.     23,  q.  6  c.  jam  vero. 
Vitam  re-stituit,  Christus  die  todten  auferweckt, 
Sanctos  erudeliter  urit,    die  heyüchen   der  ins   fewer 

steckt. 

Ant.  14.  Intravit  Jesus  in  templum  Dei  et  ejiciebat 
omnes  vendentes  et  ementes  in  templo  et  dieit  eis: 
domus  mea  domus  orationis  vocabitur.     Matth.  21. 

Papa,  etiamsi  spiritualia  omnia  promercalia  faciat, 
nihil  tarnen  eo  ipso  criminis  admittit,  nee  sacra  ven- 
dendo  et  recipiendo  pecuniam  Simoniacus  erit.  Feli9 
ine.  ex  part.  1  de  off.  deleg.  Carta  (?).  Jae.  de  Con. 
Üb.  4  c.  9. 


199 

Tendentes    pepulit    templo,    Kaufflouth  treibtt   Christ 

zum  tumpel  nauss. 

Quos   alUcit  iste.      Diu    zeucht  der  babst    in  Gottes 

liuuss. 

lt.  15,  Omnus  sitientes  venite  ad  aquam  et  qui  non 
hnbftis  argenttim  |»nipfnite,  eniite  et  comedite,  veiiitt% 
emite,  abijque  vil«  tonnnutatiüni'.     Esa.  55. 

Taxa  canoel.  apost.  quunti  vel  turpisäinia  scelera 
rtdimi  possiut,  docet,  utpote  sacritegia,  perjuria,  in- 
cestus,  bestiulitates,  üt  bis  sirnUin,  si  tioxi  majora. 
Die  Quellenangabe  ftdilt. 

Hie  prece   peccatuiD,    Chriütus   gibt   seine  gaben  aus 

vmbsuiiöt, 
Precio  sed  papa  remittit,  die  d«r  baböt  verkaufft  vmb 

goldt  vnd  gunst. 
Von  den   Antitbr-sun  18—20  sind  leider  nur  noch 
die  Verse  erhalten. 

Ant  lö.     Vectigal  aolvit,  Christus  der  Herr  gibt  selbst 

den  Zoll. 
Clcros  hie  eximit  omnes,  Heyn  pfaff^n  freytt 
ehr  allzumahL 

Int.  17.     Distribuit  cwnctis   caenam,     Sein   Nachtmahl 

gibt  Christ  unzertrennt. 
Qnam  mutilat  ille,  dvr  teidig  babst  es  stüm- 
pelt  und  öchändt. 

Ant.  18.     Spernit  Christus  opes,  Christus   acbt   wedder 

geldt  noch  gutt. 
Papa  fjuas  corradit  avarus^  der  babst   isaucht 
aus  der  armen  bluti 

Ant,   1!>.     Dat    sua  Caesaribus,    Christu»   den   Keyssern 

dii.s  ihre  gibt. 
Pedibus  quos  conterit  iste.  Welche  der  baböt 
mit  fuessen  tritt. 


200 


Ant.    20.     Ascendit    Christus,    Christns    dt>r   Herr    gen 

Hinimfl  fuhr. 
Desceiidit  ad  infera  praesul.    In  Abgrund  die 

Babilonisch  hulir. 

Diese  Bilder  iTrcgtt'n  grosses  Aufsehen;  es  erbat 
deshalb  dtjr  regsame  ßnclid rucker  Michat^l  Schmück  za 
Sfhnialkalden  am  25.  August  1594  vom  Landgrafen 
Moritz  die  Erlaubni-ss,  diese  Antitlifsuii  durch  den  Druck 
mit  Holzschnittfn  zu  vervielfältigen,  wünschte  aber  da- 
zu mit  Rücksicht  atuf  die  vurraussichtlich  entstehenden 
Kosten  der  Herausgab«  ein«  Unterstützung  durch  den 
Landgrafen  *). 

Da  kein  Antwortschreiben  vorliegt,  so  wird  der 
Landgraf  kein  Interesse  daran  gehabt  haben^  die  Her- 
ausgabe der  Bilder  durch  eigne  Opfer  zu  unterstützen, 
auch  scheint  die  Absicht  Schmucks  nicht  zur  Aus- 
führung gelangt  zu  sein,  da  sich  von  einem  derartigen 
Abdruck  nirgenda  auch  nur  die  geringste  Spur  findet. 

Als  Landgraf  Moritz  IfiüS  bei  Einführung  der 
Verbesserungspunkt«  die  Kruzifixe  und  Heiligenbilder 
aus  den  Kirchen  entfernen  Hess,  verlangten  die  Be- 
wohner Schmalkaldens,  denen  dies  besonders  unan- 
genehm war,  dass  nun  auch  die  hier  besju'ochenen 
Bilder  beseitigt  werden  sollten.  (Jbwohl  es  mit  diesen 
Bildern  eine  ganz  andere  Bewandtnis«  hatte  als  mit 
denen,  die  der  Landgraf  hatte  entfernen  lassen,  säumte 
Moritz  doch  nicht,  dem  Verlangen  der  Schmalkalder 
nachzukommen,  und  liess  die  Bilder  in  das  Schloss  zu 
Rotenburg  bringen.  Dort  sah  sie  Herzog  Ernst  der 
Fromme  von  Sachsen-Gotha  1641,  erbat  und  erhielt 
sie  zum  Geschenk  und  liess  sie  in  die  Bibliothek  auf 
dem  Friedenstein  zu  Gotha  setzen,  wo  eie  Geisthirt 
1711  noch  sah.    Von  dort  sind  sie  spurlos  verschwunden. 


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♦)  Akten  im  KöEiglichen  Staatsarchiv  zu  Marburg. 


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68  keine  grossen  Kunstwerke  waren,  ist  ans  der 
tik  Wilhelms  IV.  vorn  2'A.  März  1589  zu  entnehmen, 
wo  er  sagt:  >Erätlich  ist  an  allen  bililern  böse  pro- 
portion  gehallten,  seindt  auch  die  augiui  gar  zu  grob 
gemalt  Item  des  Sahuitors  wie  auch  des  papsts  aii- 
gesicht  siehett  einander  nitt  gleich,  soll  der  niahler 
darumb  mit  allem  fleis«  diiran  sein,  dieselben  gleich  zn 
machen,  es  seindt  auch  sonst  alle  angesichter  vbti!  com- 
ponirt.«  Wäre  i-s  auch  im  Interesse  der  Gevsanimt- 
wirkung  der  SchlosskapcH«  der  Wilhebnsbnrg  und  fftr 
die  Geschichte  der  Antithesen  werthvoll,  wenn  die 
Bilder  noch  vorhanden  wären,  so  wird  die  Kunstge- 
schichte durch  den  Untergang  der  Bilder  wohl  nichts 
verloren  haben. 


202 


V. 

Beiträg:e  znr  Geschiehte   der  Schiffahrt 
in  Hessen,  hesonders  auf  der  Fulda. 

Von 

Dr.   Hugo   Brunnier, 

ßihliothcliar  m  der  Lawkijsbililk'tliek  zu  Kassel. 


IllStchon  seit  längerer  Zeit  wird  die  Stadt  Kassel  und 
J^*^ihre  BiirgprsL'haft  li'bliaft  durch  das  Projekt  der 
Schitfbarmacluiiig  dfs  Fiddaflusaws  bewegt,  welches  nun- 
mehr thatsächlich  seinur  V»Tvvii'kliehiing  entgegenzu- 
gehen Htlieiiit.  Indessen  wird  die  Frage,  ob  die  Fiild» 
überhaupt  zur  Schiffahrt  geeignet  sei  oder  nieht,  sehr 
verschieden  beantwortet,  und  während  die  einen  hoch- 
gestellte Erwartungen  an  den  sich  neu  eröffnenden 
HandeUsweg  kirüpfen,  versproctiLMi  steh  andere  nur  ge- 
ringen Nutzen  daraUvS. 

Die  Xnkunft  wird  die  Antwort  darauf  schon  geben. 
Unwillkilrlieh  aber  uud  von  selbst  lenken  sich  unsere 
Bbcke  in  die  Vergangenheit,  und  wir  fragen  :  wie  war 
es  früher  mit  der  Scliiffahrt  auf  unserem  heimatlichen 
Strome  bi-steilt?  Da  finden  wir  denn,  da.ss  Kassel 
JahiliLinderte  lang  einen  bald  mehr  bald  weniger  leb- 
hiiften  Wasserverkehr  gehabt  haben  muss.  Wenn  dieser 
immer  wieder  erlahmte  und  die  Stadt  nicht  denjenigen 
Vortheil  daraus  gezogen  hat,  den  sie  hätte  haben 
können,   so   lag   die   Schuld    weit   weniger  an  der  Be- 


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BcTiafFenlipit,  des  Wasserweges  als  an  nachbarlichen  Vpr- 
hältnisseii,  dertsn  man  hier  nicht  Hyrr  werik-n  koniitt.  Im 
allgemeinen  ist  hierüber  bis  jetzt  wenig  bekannt,  und 
es  verlohnt  sich  daher  wohl  der  Mühe,  die  Entwicklung 
der  Schiff;thrt  auf  unseren  hessischen  Striinifn  und 
namentlich  auf  unserer  nachbarlichen  Fulda  hibtoriacU 
zu  beleuchten. 

Gewobnlicli  wird,  wenn  van  der  früheren  Schiff- 
barkeit der  Flüsse  die  Rede  ist,  hervorgehoben,  dass 
selbige  zuvor  waöserreicher  gewesen  seien  als  dermalen. 
Bis  zum  Xn.  Jahrhundert  wird  über  die  Wahrheit  dieser 
Behauptung  nicht  zu  streiten  sein.  Als  aber  mit  jenem 
Zeitpunkte  die  grossen  Waldrodungen  in  Deutschland 
allmählich  ihren  Abschiuss  fanden,  da  konnte  auch  an 
dem  Wasserstande  der  Sü'öme  keine  grosse  Verände- 
rang  mehr  vor  sich  gehen.  Nun  ist  unsere  Kenntniss 
der  heimischen  Schiffahrt  vor  dem  XII.  Jahrhundert 
sehr  gering,  darum  kommt  jene  Zeit  überhauivt  wunig 
in  Betracht. 

Dass  unsere  Altvorderen  auf  Fulda,  Eder  und 
Weser  (Werra)  sich  in  den  ältesten  Zeiten  bereits  der 
Kähne  und  Flösse  bedienten^  ist  zu  natürlich,  als  dass 
man  solches  erst  zu  erweisen  nöthig  hätte.  Keiu^mfaUs 
können  wir  aus  dem  Umstände,  dass  Tacitus  bei  seinem 
Bericht  über  den  Angriff  des  Uermanicus  auf  den  chat- 
tischen Hauptort  Miittium  im  J,  lö  n.  Chr.  von  vor- 
handenen und  zum  üeberschreiten  der  Edder  etwa  ge- 
brauchten .ScliitTen  hichvveigt,  den  Schluss  ziehen,  dass 
die  Chatten  solche  nicht  gehabt  hätten.  Es  ist  das 
auch  vfillkoramen  gleiehgiltig,  so  lange  wir  nicht  wissen, 
in  wie  weit  unsere  Vorfahren  sich  der  iStröme  als 
Handetswege  bedient  haben. 

Ebenso  ist  es  ohne  Bedeutung  für  die  t^oschichte 
der  Schiffahrt  hier  zu  Land«,  dass  Sturmi,  der  Schüler 
des  Bonifatius,    um   einen   für  die  Klostergrüudung  ge- 


904 


eigneten  Ort  zu  finden,  von  Herffeld  aus  mit  einem 
Schifft',  die  Fulda  iiafwärlB  fuhr*).  Wichtiger  ist  schon, 
dass  Kaiser  Lothar  I.  i.  J.  850  das  Kloster  Fulda  von 
Zölh.'Ti  und  Ab^ubtin  bufreit  und  ilim  das  Rocht  ertlieilt, 
d«HS  Ihindf'ls  wrgtjn  zu  Landu  wie  mit  iSehifftn  zoll- 
frei nach  alh-n  Richtungen  hin  zu  fahren**),  wonn  auch 
die  Nachriclit  nicht  allzu  liouh  anzuschlagen  isl,  da  die 
Namen  ih'v  Ströme  fehU'n.  P-rt>t  zwei  Jahrhunderte 
spätsr,  als  di«  Klöster  Fulda  und  Hersfeld  bereits  in 
voller  Bliitln;  standen,  als  dii^  einstige  unabsehbare 
Waldcinüde  durch  den  Flciss  der  treffliclien  Mönche  in 
bliibeiide  Acktrfläclmn  umge.schaffen  war,  i«t  es  der 
Streit  der  beitlen  Kleister  über  die  Schiffahrt  auf  der 
H  (i  r  H  e  1,  welcher  uns  einen  geeigneten  Rückschluss 
gestattet  ***). 

Wenn  Hersfeld  auf  diesem  Flüsschon  hartnäckig 
das  alleinige  Recht  der  Schiffahrt  behauptete  und  das 
Nachbarkloster  lange  Zeit  ausschln.ss,  so  kann  das  nicht 
bloss  in  der  schmalen  Beschaffenheit  des  Fliissbettes 
seinen  Grund  gehabt  haben,  wie  man  etwa  aus  dem 
nachherigen  Vergleiche  {v.  J.  U79)  »chliessen  möchte  f). 

Eine  gewisse  Handt'issrrvalitat  rnuss  im  Spiele  ge- 
wesen seinj  und  die  Klöster,  die  für  sich  und  ihre  Mi» 
Tiisterialen  um  die  Hörselschiffahrt'  haderttin,  Hessen 
ohne  allen  Zweifel  ihre  Schiffe  auch  weiter  die  Werra 
hinauf  und  hinunter  und  ebenso  auf  der  Fulda  gehen. 
Bei  der  Bescliaffenhett  der  Landstrassen  waren  sie,  um 
die   reichen    Kurngefälle,    die    sie    überall  in  Thüringen 

*)  Ft'iiü'B  Vita  Sturmi,  Momtm.  Genn.  ed.  Pertz,  SS.  II,  367. 
Dass  mau  in  HprsTcld  iu  den  ersten  Zuitcn  der  Ncugründung  auch 
mit  Schiffen  auT  der  Fulda  fuhr,  xcigt  eitio  Notiz  aus  den  „Mira- 
cuLia  8.  Wigherti",  M.  (?.  SS.  IV,  224.  wo  von  eiaem  Mönche 
Gerhelm  die  Redo  ist,  der  tüglich  ülxjr  den  Fluss  fuhr. 
")  S.  Dionkc,  Cod.  dipl.  FulJ.  Nr.  5ö8,  S.  251. 
•••)  Hafner,  Dio  Rpk-hsalitci  Ilorsfeld,  S.  26  u.  29. 
t)  S.  iMmkc,  Cod.  dit»i.  Fuld.  Nr,  720,  a.  335. 


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205 


wie  in  Hessen  hatten,  •  fortscli äfften  zu  können,  von  der 
Natur  seihst  auf  d\f.  Wassi'rn't'gi!  gewiesen. 

Wie  hoch  wir  deren  Bedeutung  für  die  ältere  Zeit 
fiberbanpt  anöclilagi-n  müssen,  lehrt  die  einfache  Be- 
trachtung der  Lage  unserer  Städte.  Die  Veranlas.sung 
znr  ytädt.t'gründnng  gab  der  Markt.  So  finden  wir 
unsere  ältesten  und  bedeutendsten  Städte  entweder  in 
der  Nähe  bedeutender  Klöster  und  Burgen,  oder  an  den 
Strömen,  oder  bei  beiden  zuglfieh.  leb  erwähnn  nur 
Fulda,  Hersfetd,  Frit.zlar,  Frankenbt'rg,  Botenburg,  Mel- 
dungen, Kassel,  Münden,  Allendorf,  KKuhwegt;,  Witzen- 
hausen, selbst  Treysa  und  Ziegenhain;  auch  Heimars- 
hausen, Trendelburg  u.  s.  w.  Wenn  ein  Ort  Markt- 
recht  erhielt,  so  war  dies  in  weitaus  den  mnisten  Füllten 
die  Legalisirung  eines  bereits  besteheiuleii  Waarniivt>r- 
kehrs,  die  Stflhtng  unter  den  königlieheii  Burin.  Kai.ser 
Heinrich  II.  verwilligte  z.  B.  dem  Kloster  Kaufnngen, 
dessen  Kirche  den  Namen  Ecclesia  .saiittae  cnnis  führte, 
im  Jahre  1019  einen  dreitägigen  Markt  auf  da«  Fest 
der  Kreuzerhrdiung  ;  gleiclizeitig  schenkt  er  dem  Kloster 
die  Kirche  des  heil.  Jaliaim^'s  des  Täufern  in  Wolfsanger 
und  verleiht  eben  diesem  Dorfe  eiiuvn  Jalirmarkt  von 
3  Tagen  am  Festt?  des  genannten  Heiligen  und  Kirchen- 
patrons*). Jedesmal  i>t  also  der  Jahrmarkt  am  Kirch- 
weihfeste. Bei  solchen  Gelegenlieiten  aber,  also  beim 
ZasamineDstrümen  der  Nachbarschaften,  war  es  allge- 
mein, da.ss  aucli  Händler  lierlieiHhömten,  anfangs  wenige, 
später  mehr,  je  nach  der  Bedeutung  des  Ürtes,  bis  end- 
lich das  Bedürfnis«  Königlichen  Schutzes  hinzutrat. 
Kunfungeu  war  ausserdem,  wie  schon  der  Name  sagt, 
ein  uralt<"r  Kauf-  und  nandeUjiliitz  an  der  Stra.sse  vim 
Thüringen  nach  dem  Kheine ;  uiul  Wulfsanger  verdankte 
seine  Bedeutung  zweifelsohne  der  Lage  an  der  schiff- 
baren Fulda. 


*)  Ledderhoacy  Kleiuo  Scluittca  U,  2ä6. 


206 

Weshalb  Kaufangen  es  nicht  zur  Stadt  gebracht 
hat,  ist  dunkel;  Wolfsanger  wurde  wohl  durch  das  be- 
nachbarte Kassel  an  der  Entwickelung  gehindert  Hier 
haben  wir  die  nächste  Nachricht  über  die  Scbifffahrt 
durch  eine  Urkunde  Landgraf  Heinrich  Raspes  von 
Thüringen,  vom  10.  Juli  1229*).  Derselbe  befiehlt 
seinen  Beamten  in  Eisenach,  Kreuzburg,  Allendorf, 
Kassel  und  Münden,  die  Schiffe  des  Klosters  Lip- 
poldsberg  frei  und  ohne  Zoll  auf  der  Werra  und 
Fulda  passiren  zu  lassen.  Zweifelsohne  besass  Kassel 
damals  bereits  Stadtrechte**);  sein  Emporblühen  be- 
ruhte einmal  auf  den  sich  hier  kreuzenden  Strassen 
von  Thüringen  nach  dem  Rheine  und  von  Franken 
nach  Westfalen;  sodann  auf  der  Fuldaschiffahrt. 

Allein  der  Handel  der  Stadt  Kassel  erlitt  einen 
schweren  Schlag  durch  das  Aussterben  des  tliQringischen 
Landgrafen hauses  und  die  Auflösung  der  bisher  vereint 
gewesenen  Territorien  (i.  J.  1247).  Namentlich  war  es 
die  Occupation  von  Münden  durch  Herzog  Otto  von 
Braunschweig,  welche  dem  hessischen  Handel  in  der 
Folgezeit  schwere  W'unden  schlug.  Wann  und  auf 
welchen  Rechtstitel  hin  der  Herzog  die  wichtige  Stadt 
in  Besitz  genommen  hat,  ist  bis  jetzt  noch  wenig  klar. 
Eine  Urkunde  vom  7.  März  1246***),  welche  denen  von 
Münden  die  alten  Gerechtsame  bestätigt  und  einige 
neue,   werthvolle  Privilegien    erteilt,    ist  mindestens  in 

*)  Abgcdr.  bei  Kuchenbecker,  Erbhofiimtcr.  BeiL  D,  S.  6.  — 
Die  daselbBt  unter  Lit.  A.  abgodr.  iiDdatiito  Urkunde  L.  Ludwigs 
(IV.  V)  von  Thüringen  spricht  überhaupt  nicht  von  SchifTahrt  und 
kann  deshalb  auch  nicht  herangezogen  Vrci-den,  entgegen  Kucfun- 
becker  a.  a.  0.  S.  31. 

**)  Das  Privileg  L.  Hermanns  vom  Jahre  1839  (Anal.  Hass. 
IV,  262)  spricht  nur  von  einer  Erneuorung  der  verloren  ge- 
gangenen Statuten.  Auch  kommt  1225  bereit»  ein  Civis  deCasla 
vor  (s.  Zeitschr.  f.  hoss.  Gesch.  N.  F.  V.  110,  Anm.  1). 

**♦)  Abgedr.  bei  Kuchetibecker.    Erbhofiimter.    Beil.  F,  S.  8, 


Bezug  auf  ihr  Datum  Zweifeln  unterworfen  *).  In- 
dessen ob  die  llrknnde  ocht  sei  oder  nicht,  ist  insofern 
■  ganz  einerlei,  als  sie  stets  für  echt  gegolten  hat  und 
die  darin  enthaltenen  Rechte  widerspruchslos  unerkannt 
■worden  sind.  Dahin  gehört  vor  allen  Dingen  das  der 
Stadt  verliehene  Stapelrecht:  alle  Fahrzeuge**), 
welche  zur  Stadt  kommen,  sollen  ihre  Ladung  das*'lbst 
zu  Kauf  und  Verkauf  aush^gpn,  «lamit  die  .St^-utt  davon 
gehoben  werde. 

Merkwürdiger  Weise  hören  wir  über  ein  halb  Jahr- 
hundert hindurch  keine  Klage  bezüglich  der  lustigen 
Folgen,  welche  dieses  Handelsprivileg  für  die  Städte 
an  d^r  W»-rra  und  Fnkla  gehabt  haben  miisste.  Erst 
im  Jahre  131()  verordnet  eine  Urkunde  Landgraf  Otto's 
von  Hessen,  dass,  da  man  die  mit  Salz  durch  die  Stadt 
Münden  hindnreh  ziehenden  Kasseler  Bürger  nöthigt*, 
diu  Hälfte  ihrer  Waaru  in  Münden  selbst  zu  verkaufen, 
deuMündeuer  Bürgern  bezüglich  aller  Waaren  in  Kassel 
solarge  ein  Gleiches  auferlegt  werden  solle,  bis  sie  jene 
dem  Kasseler  Handel  nachtheilige  Bestimmung  aufheben 
würden***).  Bedenkt^n  wir,  dass  Hessen  mit  Braun- 
schweig in  jener  Zeit  in  heftiger  Fehde  lagf),  so  ist 
immerhin  nicht  ausgeschlossen,  dass  in  jenen  kriege- 
rischen Zeiten  das  Müjidener  Stapfdrecht  zuerst  zur 
Anwendung  kam,  vielleicht  die  betreffnnd(*  Urkunde  da- 
mals erst  in  bevvusster,  gegen  Hessen  gerichteter  Ab- 
sicht gefälscht  wurde. 

Ob  Landgraf  Otto's  Represaivmassregel  Erfolg  ge- 
liabt  habe,  steht  wegen  der  s]>äteren  Entwiekclung  der 
Verhältnisse   sehr  zu    bezweifHln.      Denn  die  Mündener 


\ 


•)  Vgl.    Wmek;    Flps.s.    Lajidengesch.   11,   4H2.    A»üi.     Ilgl. 
Zeitaehr,  für  Ivess.  Oosch.  N.  F.  X,  297  ff. 
•*)  Vccturp,  —  also  im  wcitrslnn  Sinup. 
•••)  Annl.  haus.  ed.   K iK-hcnbpckni-,  IV,  267. 
t)  S.  Hofnmel,  Hess,  Gesch.  JJ,  lOö  IF. 


208 


Stapelgerechtigkeit  blieb  nach  wie  vor  bestehen  und 
wirkte  jedenfalls  lähmend  auf  den  Verkehr  der  Stadt 
Kassel  ein.  Diigcgen  erlangte  diese  im  Jahre  13S6 
auch  ein  Stapelreciit.  Kaiser  Ludwig  IV.  ertheilte  zu 
Schleusbigen  auf  üitteii  L.  Heinrichs  II.  der  Stadt  das 
Privilng,  dass  alle  durchziehenden  Kaufleute  verpflichtet 
sein  sollen,  ilirt-  W'aaren  drei  Tage  lang  zum  Verkaufe 
daselbst  auszulegen  *).  ZweifelloH  wollte  der  Landgraf 
damit  die  Hebung  der  von  ihm  «rweiterten  Stadt 
bezwecken,  und  dafts  es  ihm  gelang,  dafür  reden  man- 
cherlei directe  und  indirecte  Reweise.  Ueher  den  SchifFs- 
verkfhr  spectptl  haben  wir  aber  lange  Zeit  hindurch 
k«iui'rlci  erhebliche  Nachrichten ;  nur  der  Familienname 
>Sclu"ffmann',  dem  wir  im  Anfang  des  15.  JHhrhunderts 
in  Kassel  begegnen,  deutet  allenfalls  darauf  hin. 

Schwerlich  konnte  in  den  Fehden  Landgraf  Her- 
raanna  mit  Mauisj,  Thüringen  und  namentlich  mit  Her- 
zog Otto  von  ürannschweig  die  Schiffahrt  gedeihen. 
In  dem  Friedensverträge  de*  Letzteren  mit  L.  Hermann 
vum  L  August  1389  ist  wenigstens  von  diesem  Fuidite 
gar  keine  Rede**). 

Im  folgenden  Jahrhundert  wird  niih  der  Verkehr 
wiederum  besser  gestaltet  haben  ***).     Zweifellos  kamen 


*)  Abgeilr.  bei  KHchetiUrker.  Ei  UliofitnUer,  Beil.  U.  S.  21  f. 
—  Diese  Urkunde  hat  vci-SL-liicdeue  AuKleguiigen  orfuhren.  Die 
hessische  Cfmtfi^ifn  (hpj  K»rlic7if>fri-rr.  Anal.  Hase.  Coli.  1,  S. 
4  f.)  schreibt  ihr  die  Ent»tobiiiig  der  3  iUte.'^tea  Kftfiseler  M^rklo 
zu,  —  wüför  allerdings  der  WorÜaut  dersüllam  durt'haiiH  kouien 
Aiibalt  bietet.  —  Sfltninickf  in  seiner  Beschreibung  der  Stadt 
Kaasel,  8.  SGO,  will  das  Staiieli'peht  auf  alle  Scbirfo  beziehen, 
■welche  der  Stadt  vorlwifahren ;  allt'iri  von  ychiffen  ist  in  der  Cr- 
Jiuiidc  überall  kdim  Ri.'de.  wxh  tjatiirlich  nicht  ausschltesüt,  dasa 
eolcbc  auch  dou  Sta]jol  anszu halten  batteiv. 

*♦)  Äbßcdr.  iu  dieser  Zeitsclui».  N.  F.  Bd.  XI,  S.  298,  ff. 
•*•)  Eiuon   Hauirthandelsartikel    bildete  der  Waid,    deeseo  bei 
Gelegenheit  der  Verzollung  auf  der  Wem  ni  Witzeuhausen  tuid 


^ 

I 


I 

I 


209 


die  verhältnismässig  ruhigen  Zeiten  im  15.  Jahrhundert, 
welche  dem  Handel  und  Wandel  im  ganzen  Reiche 
einen  mächtigen  Auf^ichwung  gaben  und  an  vielen  Orten 
die  Veranlassung  zum  Abschlüsse  von  Handelsverträgen 
wurden  *),  auch  unserer  jjeijnisclien  Schiffahrt  zu  Gute. 
Das  ersehen  wir  aus  einem  Vertrage,  den  Hessen  und 
Braunschweig  zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  abzu- 
ßchliessen  für  gut  fanden. 

Im  Jahro  1506  nämlich  schlo&sen  Herzog  Erich 
d.  ä.  von  Braunschweig -Kaienberg  und  Landgraf  Wil- 
helm <1.  m.  von  Hessen  innen  Unionsvertrag,  kraft  dessen 
»ie  sich  dahin  vereinbarten,  dass  ihre  Unterthanen  gegen 
gewöhnlichen  Zoll,  Zins  und  Wegegeld  in  ihren  beider- 
seitigen Ländern  und  Gebieten  zu  fahren,  zu  fiiessen 
und  nach  aller  Nothdurft  zu  handeln  und  zu  wandern 
Freiheit  haben  sollti;n**).  Im  besonderen  trafen  Ab- 
geordnete beider  Fürsteii  im  Jahre  1509  zu  Höxter 
eine  Vereinbarang  hinsichtlich  des  Weserstromes.  Man 
verglich  sich  dahin,  dass  man  diesen  Strom  und  die 
Schiffahrt  darauf  sichern  und  von  aller  Gewaltthat  frei 
halten  wollte.  Ebenso  wollten  die  Fürsten  daran  die 
gleiche  Anzahl  Zölle  und  in  dem  gleichen  Betrage 
haben;  die  Furten  sollten  mit  gleichen  Kosten  zu  be- 
nutzen stehen.  Und  weil  die  Weser  zur  Schiffahrt 
damals  nicht  geeignet  war,  so  wollten  sie  dieselbe  in 
schiffbaren  Stand  setzen  lassen. 


Allendorf  Mulig  Erwäbmiug  gcscliicht.     Latidaü's  Collect,  auf  der 
Kasseler  Landoshibliothek. 

*)  S.  Ijanijn-eeht,  Doutsches  W'irtLschaftslobcn  im  Mittelalter, 
II,  294  f. 

•*)  Diese  VürlüUtnisse,  soweit  sie  Hessen  und  Firnunscbwcig 
betreffen,  fintlt?n  sich  doi-gestollt  in  eiiior  oret  kiirdicli  von  mir 
aafgefundouou  Hnndischrin  der  Stündis^hon  Laiidcsbibliutliek  zu 
Kaxsel  au.s  dorn  Ende  des  XVII.  .lAlirliundoiLs  (•iign.  Mss,  Haas, 
4" 256),  mit  dfni  Tittl:  ,ReUtiü  Histurico  lu  sülIiüij  llosson 

S.  F    XVI    Bil  14 


■a 


210 

Vergleichen  wir  hiermit,  was  Wilh.  Loixe  in  seiner 
Geschichte  der  Stadt  Münden,  S.  27  f.,  sagt.  Es  heisst 
daselbst:  „So  auch  hatte  Herzog  Erich  schon  einige 
Jahre  vorher  in  seiner  Sorge  fär  das  Wohl  unserer 
Stadt  die  privative  Schiffahrt  der  hiesigen  Schiffer  vor 
Fremden  aof  der  Fulda  sehr  ausdrücklich  in  Schatz 
genommen.  Die  unserer  Stadt  zustehende  Stapel-Ge- 
rechtigkeit war  der  hessischen  Regierung  in  Kassel 
immer  ein  Dorn  im  Auge,  ohne  dass  dieselbe  der  Aus- 
übung unseres  Rechts  Abbruch  zufügen  konnte. 

„Doch  während  der  Abwesenheit  Herzogs  Erich 
lagerte  sich  einstmals  Landgraf  Wilhelm  II.  von  Hessen 
mit  seinen  Kriegsvölkern  auf  der  Rothenbahn  (Rabanen- 
kop  *)  und  Hess  das  hierunter  in  der  Fulda  befindliche 
Lachswehr,  welches  die  freie  Vorbeifahrt  der  hessischen 
Schiffe  hinderte,  wegreissen. 

„Aber  der  Herzog  nebst  seinem  Bruder  Heinrich 
von  Braunschweig  Hessen  solches  wieder  in  den  vorigen 
Stand  setzen. 

„Den  ersten  Pfahl  rammte  der  Herzog  selbst  ein 
und  sagte  dabei  sehr  eifrig:  »Wer  mir  den  ausreisset, 
der  soll  mir  auch  Land  und  Leute  nehmen.« 

„Er  Hess  de.shalb  oben  auf  dem  Tanzwerderthore 
den  jetzt  noch  dort  an  der  Brücke  stehenden  steinernen 
Löwen  aufsteUen,  welcher,  das  Schwert  in  seiner  Pranke, 
trotzig  hinaufschaute  nach  der  Höhe  des  Rothenbahnen- 
kopfes,  wo  sich  die  Hessen  mehrere  Male  drohend  ge- 
lagert, um  uns  in  feindlicher  Absicht  Schaden  zuzufügen." 

Diese  leider  ohne  genaue  Jahresangabe  erzählte 
Begebenheit  fallt  zweifelsohne  in  die  Zeit  des  hessisch- 
braunschweigischen  Streites  von  1498 — 1500,  der  durch 


contra  Braunschweig.     Die   freye   Schiffahrt  auf  der 
Fulda.  Werra  und  Woser  betreffend". 

*)  Sind  beide  Namen  wirklich  identisch?    Rabaneokop  würde 
jetzt  „Rabenkopf'  lauten! 


die  Zusammenkunft  Erichs  mit  L.  Wilhelm  IL  int  Boarfe 

Spickershauspn  an  iler  Fulda  ge«Mitligt  wurde*).  Die 
Theilnalirnc  nt-rzog  rieinrielis  un  der  Abwehr  des  hes- 
sischen Angriffs  lässt  ebt*nfails  rlaniuf  schliessen, 

Ifinsichthdi  (hr  FiiUhisL-hilTiilirt  scheint  hiernach 
L.  VVillmliii  II.  ziuiiichst  nichts  errt-icht  zu  hüben.  Der 
Vertrag  vom  Jahr«'  läfl6  dagegen  lässt  in  seiner  All- 
gemeinheit keine  aiiiliTe  Antf'itssung  zn,  als  dass  auch 
hier  Herzog  Krich  ffini-n  luspriinglichen  Widerstand 
habe  fallen  lassen. 

Der  Sfdui  nnd  Nachfolg»'r  Wilhelms  d.  m.,  Land- 
graf IMiilipp  der  Grossmüthige,  traf  in  den  dreissiger 
Jahren  des  XYl.  Jahrliuiideit  inne  Reihe  wichtiger  Be- 
stimmungen zur  Ht^buiig  von  Handel  und  (IpwHrhe  im 
allgenn^int^n**).  Einen  schweren  Liebelstand,  unter  dem 
die  Schiffahrt  zu  W'uhn  hatte,  stellt  der  §  49  seiner 
peinlichen  Halsgericht.s-Ordnurig  v.J.  1535***)  ab,  das 
ist  das  .sogenannte  Strandrecht,  jener  eigenthümliche 
Recht.sbfgriff,  wonach  ein  auf  Grund  gerathener  und 
schiffbrüchig  gewordener  Schiffsmaiin  den  Anwohnern 
des  betr.  Orte.s  mit  LmK  Schiff'  nnd  allen  Gütern  ver- 
fallen war.  iJie  V<'rordnung  des  Landgrafen  ist  des- 
halb von  [ujucipieller  Bedeutung,  weil  sie  ausspricht, 
dass  die  Wasper.stmssfn  künftighin  der  privatrechtlielien 
Sphäre  entzogen  und  unter  den  Schutz  des  Staates  ge- 
stellt sein  Bollten. 

Tlin.sithtlich  des  Fuldastromes  allein  brachte  das 
Jahr  Ib'iii  tüne  Vereinbarung.  In  diesem  Jahre  hatten 
die  beiden  Fürsten,  Herzog  lirich  und  Landgraf  Philipp, 


*)  liommel,  IIoss.  Clesch.  III,  114  iT. 
**)  Ij.   Philipps  Reformations-Orilnmiig.    ontli.    im    I.  Bande 
lor    Floss.    lÄiitlosoixIiiungcD.    Ausp^nbe   v.   .1.    17(57.      Vergl  aui-li 
Übel  tlieheti   (iigeuMaml   Nunjmcl,   Hess.  Gesch.  IW.  IV,  S.  I!l3  u. 
Aon».  S.  15r.  ff. 

••♦)  Eheiiila  S.  87. 

u* 


^1^ 


einp  Zusammenkunft  in  Kassel  znm  Zwecke  der  Aus- 
gleichung von  Grenzsti'eitigkeiten  im  Amte  Sichelstein. 
Bei  dieser  Gelegenheit  wurde  ausdrücklich  verabredet 
und  beöchlossen,  dass,  abgesehen  von  der  Fischerei,  die 
Schiffahrt  und  der  Waaserstrom  der  Fulda 
frei  und  offen  bleiben  solle  wie  von  Al- 
ters her. 

Trotzdem  durch  solche  Verträge  nun  für  Hessen 
die  freie  Fahrt  auf  den  beiden  genannten  Fiüssen  (und 
ebenso  auf  der  Werra)  hätte  frei  und  unbehindert  sein 
sollen,  begannen,  «ttwa  gegen  das  Jahr  15H1  zuerst 
wieder,  die  l'^inwoliui-r  von  Münden  den  hessischen 
Schiffern  Schwierigkeiten  in  den  Weg  zu  legen  *).  In 
dem  Jahre  nämlich  liessen  Bürgermeister  und  Rath 
der  genannten  Stadt,  gestütjst  auf  jenes  alte  Stapel- 
rechtÄprJvilegium,  durch  den  braunschweigischen  Amt- 
mann ürbanus  Regius  dasidbst  Beschlag  auf  das  SchiflF 
eines  gewissen  Kurt  Krüger  aus  Kassel  legen  und  ihn 
selbst  sogar  gefangen  setzen,  angeblich  weil  er  etliche 
Jahre  zuvor  ihrem  Verbot  zuwider  bei  Tag  und  Nacht 
der  Stadt  Münden  vorbeigefahren  sei,  ohne  sich  an  jenes 
Stapelrecht  zu  kehren.  Da  Krüger  aus  seiner  Haft  ent- 
wich, so  wurde  sein  eingeladenes  Salz  zu  Münden  zu 
öffentlichem  Verkaufe  ausgesetzt,  nach  eigenem  Be- 
kenntniss  der  stiidtischen  Behürdii  daselbst  in  ilirt*m 
darüber  an  die  hessische  Regierung  abgelassenen  Schrei- 
ben (v.  11.  Sept.  1561). 

Nun  folgten  He[>re8salien.  Der  hessische  Amt- 
mann zu  Trendelburg^   weil  er  auch  ein  Achtel  Salz  in 


•)  Die  Erhöhung  des  WesorzoUe»  zu  Holzmioden  durch 
Herzog  rieirnuh  vou  BraunRchwoig-WoIfcDbüttel  zum  Nachtheil 
des  hessischen  Salzhmitlel.s  kommt  liier  wotitger  in  Botraeht,  zumal 
sie  durch  oiogii  Erla.ss  Kaiser  Karls  V.  vom  J.  1541  (abgedr.  in 
den  hoss.  IjiiideKordiiuagon,  Dd.  I,  S  423)  abgestellt  wurde.  Vgl. 
Itotmwi,  U.  U.  Bd.  V,  S.  295;  dgl.  25d. 


jenem  Schiff  gehabt  hatte,  lies«  durch  den  Znllverwalter 
zu  Giebehverder  ileni  Bürgerrnüister  von  MimuIhu,  Hans 
Matheiis,  2  Tomifn  Butter,  welche  von  Brniuen  kamen, 
mit  Beschlag  belegen.  Und  die  Mündener  nahmen 
dagegen  dem  Kasselei*  Bürger  Hans  Schröder  seine 
Bremer  (d.  h,  Coloniat-  und  Spezenn-)  Waaren  fort. 
Indessen  da  «ie  sich  erboten,  gegen  Losgebung  der 
Butter  auch  Salz  luid  übrige  Wuaren  frei  zu  lassen,  so 
ergingen  die  entsprechenden  Bof^lile,  und  man  meinte 
hessiecherseits  d'w  Sache  mit  einem  Verweis,  den  man 
den  benaL-ld)artiot  TlHhürdcn  in  der  Gegenschrift  vom 
13.  September  ertheilti-,  für  immer  beigelegt  zu  liabfn. 
Nicht  so  die  von  Münden.  In  eben  dem  Herbst 
hatte  der  Landgraf  durch  den  Hentsehreibi^r  Henrich 
Hesse  zu  Trendelburg  einige  hundert  Viertel  Frucht 
ausserhalb  des  Landes  aufkaufen  las.sen.  Um  sie  nun 
Ton  Veckerhagen  aus  nach  Kassel  bringen  zu  können, 
liess  er  Bürgermeister  und  Rath  zu  Munden  um  die 
freie  Durchfahrt  ersuchen,  —  eine  übel  angebrachte 
Höflichkeit,  wie  sich  bald  zeigen  wird.  Denn  diese, 
mit  aller  mtiglu'hen  Entschuldigung,  beriefen  sich  wieder 
auf  ihr  altes  Privilegium  uiul  weigerter»  sich  (in  einem 
Schreiben  vom  30.  Nov.  1561),  die  Frucht  anders  als 
in  Mündiscfien  Schiffen  nach  Kassel  führen  zu  lassen*). 
Ein  iandgräflisches  Schreiben  vom  8.  Deccmber  wider- 
sprach zwar  ausdrücklich  jenem  angemassten  Rechte 
und  erklärte,  das«  man  hessi-soherseits  nicht  gewillt  sei, 
so  sich  diu  freie  Schiffalirt  auf  den  offenen  Wasser- 
strömen   sperren    zu    lassen.      Doch   die  Mündener  ent- 


•)  Iliemüt  tritt  die  Angelogonhoif  in  ein  onues  Sfadium. 
Es  ist  intcre».sant  va.  bGobachteti,  wie  die  Müiidcuer  aus  ihrem 
ufsprünplichen  8lnpc4rcclit.  d.  li.  der  blosse»  Verpflichtung  der 
fremden  SchilTer  in  Münden  anzulejjen,  jetzt  das  Recht  eiitvvickGlu, 
aileiQ  don  Fluss  befahren  und  allo  anderen  übcrliaupt  vun  der 
liffabrt  ausschliesHen  au  dürfen. 


214 


gegneteii  schlau:  ilt?r  Lainlg:r.if  habe  ja  selbst 
durcli  sein  Krsiichen  iiin  freie  Durchfahrt 
das  Recht  der  Stadt  MündBii  auf  Sperrung 
anerkHiiiit  Und  es  blitb  jenem  thatsächlich  nichts 
anderes  übrig,  als  die  Frucht  unterhalb  der  Stadt  aus- 
lade!) und  auf  Wagen  iiaeh  Kassel  führen  zu  lassen. 

Im  Jahre  1572  wollte  Landgraf  Wilhelm  IV.  etliche 
Schock  Dielen  von  Sulmuilkaldeu  auf  der  Wwrra  und 
dann  an  Rlünden  vorbei  auf  der  Fulda  durch  »einen 
Schiffsniaiin  nach  Kassel  führen  lassen  *).  Es  scheint, 
dahtj  sie  in  Münden  umgeladen  wiu'den.  Denn  auf  An- 
halten der  dortigen  Sthitfer  legte  der  braiinsehweigische 
Kanzler  lleich  tlaselbist  Beschlag  auf  eijien  Tlieii  der 
Dielen,  den  der  Landgraf  am  5,  Juli  alduden  lassen 
wollte.  Sofort  wurde  he.ssischerseitö  um  Aufhebung  des 
Arrestes  nachgesucht,  aber  wiederum  erklärte  die  Re- 
gierung in  Mumien,  obwohl  sie  aus  Hücksiclit  auf  den 
Landgrafen  bereit  war,  für  diesmal  die  .\bholuug  der 
Dielen  zu  gestatten,  dfuss  es  ein  unvordenkliches  Her- 
kommen sei,  die  für  Kas.sel  be.stimmten  Waaren  nicht 
anders  als  in  Slündener  Schtflen  zu  tran.sportiren  luid 
dass    sie    die    erbetene    Erlaubtiiss    nur    gebe    unter 

*)  Eid  ußdÄtirtea  Memorial  Laudgi-.  Wilhelms  auf  der  Stand. 
Landesliilil.  zu  Ka>vsel  (Lomhin'ivhc  l.Villt'ot,  k.  v.  St-liiffiahrt)  be- 
zieht sH'h  jodoii falls  hicrnul;  es  laufet  ausziiglich :  Punkt  2)  I'riser 
Cauxlcr  (Heiiihaid  Seboircr)  tiad  gclidiilo  fijito  soUcd  der  Seliiflahrt 
ao  dov  Fulda  und  Wona  eiugcdeuk  sein  uimI  die  nicht  ia  V'ergeas 
stolli'ti;  und  Mnidorlieli,  das«  Dr.  Canis  (der  Viiekanilor)  und 
ilarsack  zu  Al*li<inint5  dor  Sfliifflcutc  zu  Allendorf,  Escbwege  und 
WitzeuliauscM  abj^poixhiot  wriden.  —  l'uukt  3)  Wir  bedächtea 
au<'li  Inoiliei  nicht  uiviaHiMinili  soiii,  duss  zu  Was.ser  etwas,  das 
nicht  viel  zu  liedeuteti  und  di'.s  voiiiuittiehen  .\rre.sts  erwarten 
könne,  wieder  vor  Münden  über  hinauf  naih  Kassel  geführt  und 
do  es  von  den  Brauiisohweigischen  arrestii-t,  alis  dann  dem  L'amtner- 
goricht  aoslüluliclier  Hoiiflit  gcthau,  wie  es  dabevor  mit  der 
SrliifTiihrt  herkommen  etc.  und  daiauf  ein  Muudatum  sine  olausula 
init>cUiii  wei-do. 


I 


ansdrüc  klichpm  "Vorbehalt  der  alleinigen 
Schiffahrt  auf  di<r  Fulda  für  ihren  Laiides- 
herrn  und  die  Stadt  Münden. 

Vergebens  machte  Hessen  dagegen  das  Yölker- 
reclit  geltend,  wornaeh  alle  Schiffalirt  auf  den  offenen 
Strömen  frei  sein  snlk-.  Vt;i-ge)>ens  berief  man  sich  auf 
den  Vertrag  von  1536,  der  doch  keinen  Sinn  halje, 
wenn  nur  einer  der  beiden  Contrabenten  der  Berech- 
tigte «ei.  Britun.schweigiöelierseits  wandte  man  stets 
das  unvordenkliche  Herkommen  ein  und  bezeichnete  den 
Wannenstein*)  als  die  Grenzstheide  btnder  FürNten- 
thümer,  darüber  hinaus  kein  liessisehes  Schiff  kommen 
dürfe.  Auch  die  Entsendung  hessiücher  Rätlie  naeli 
Münden  im  Jahre  ]o73  und  üire  mündlichen  Yurstel- 
lungen  blieben  erfolglos.  Darum  ent-^chloas  sieb  end- 
lich Landgraf  Willielni  IV.  zur  Klage  V>eim  Keichs- 
kamniergericht  in  Speier.  Er  wirkte  ein  Mandatum 
sine  clausula  de  rela.xando  arresto  wider  Hi-rzog  Erich 
zu  Braunsehweig  und  .seine  Käthe  aus  und  lie^s  solches 
zu  Münden  am  2.  Mai  1573  insinuiren.  Hierauf  wurde 
der  Arrest  zwar  aufgtdiobeir,  aber  die  Mündencr  Hessen 
nun  die  Oielen  durch  ihre  Schiffsleute  nach  Ka.>jael 
fahren  und  dort  am  Ufer  niederlegen^  wa»  dem  Land- 
grafen wiederum  nicht  recht  war.  Denn  er  liess  beim 
Reichskammerger ichf  an  den  braunschweigischen  An- 
walt die  Forderung  stellen,  zu  erklären,  dass  diese 
Lieferung  der  Dielen  nicht  anders  verstanden  werden 
solle,  als  wenn  der  Landgraf  sie  durch  seine  Schiffer 
hätte  abholen  lassen;  sowie  dass  derartige  Beschlag- 
nahmen vor  der  Sachen  ordentlichem  Austrag  wider 
Hessen  nicht  ferner  verhängt  werdf^n  sollten. 

Hierauf  Hess  sich  der  braunscliweigische  Anwalt 
natürlich  nicht  ein.     l'ir  erkliU-ti^  nur  zu  Protokoll,  dass 

*)  Vielleicht   der  Wcmjnberg  gegonübor  Wilhclmshauscn 
der  Fulda. 


216 


der  Arrfst  aufgehoben  und  dem  Mandat  Folge  gegeben 
sei.  Im  übrigen  inachtu  er  an»  23.  Sept.  1573  die 
Zeugen  für  den  Beweis  des  seit  unvordenklicher  Zeit 
ausgeübten  Rechtes  namhaft  und  brachte  damit  den 
Rechtsstreit  in  den  gewöhnlichen  langsamen  Gang  des 
Proiessverfahrens.  D^nn  erst  am  16.  April  1577  kam 
es  zu  deren  AbluVrung. 

Mittlerweile  Hess  Landgraf  Wilhehn  auch  seineN* 
seits  bei  den  Schiffern  des  Werrasfronis  wegen  der  auf 
diesem  früher  ausgeübten  freien  Schifffahrt  Erkundigung 
einziehen  und  gab  dt?n  hessi-schen  Beamten  daselbst, 
insonderheit  dem  .Schnltheissi-n  Knnrad  Motz  zu  Witzen- 
hausen,  den  Befehl,  keine  Mündener  Schiffe  fortab  dort 
vorbei  passiren  ku  lassen.  Gleichzeitig  Hess  er  eine 
neue  Ladung  Dielen  die  Weser  herauf  bringen,  und  als 
der  Bürgermeister  Hans  Matheus  in  Münden  abermals 
Beschlag  daranf  legte,  Hess  er  beim  Reichskammer- 
gericht ein  zweites  Mandatiun  sine  clausula  auswirken, 
—  nicht  aber  gegen  die  Stadt  Münden,  sondern  direkt 
g^en  die  braanschweigischen  Käthe  daselbst  (den  27. 
Aug.  1573). 

Ob  nun  zwar  diese  die  Exceptio  nullitatis  et  ob- 
reptionis  gegen  das  Mandat  emwendeten,  da  weder  sie, 
noch  ihr  Herr  der  Herzog  von  dem  Arrest  wüssten  oder 
solchen  verhängt  hätten,  bewies  man  hessischerseits 
doch  durch  beigebrachte  Schreiben,  dass  es  der  Hof- 
richter und  die  Käthe  seien,  unter  deren  Autorität  die 
Beschlagnahme  erfulgt  sei,  und  am  28.  September  er- 
ging unter  Strafandrohung  ein  IJrtheil  an  die  Genannten, 
binnen  Monatsfrist  die  geschehene  Folgeleistung  anzu- 
zeigen. 

Indessen  der  Monat  verstrich,  es  gingen  Jahre 
hin.  Schriften  wurden  herüber  und  hinüber  gewechselt, 
mid  am  22.  September  1579,  also  nach  fünf  Jahren, 
fand    das    Reichskammergericht   es    sogar   für   nöthig, 


_J>etr 


noch  einmal  Beweis  darüber  erheben  zu  lassen,  wieviel 
der  hessischen  Dielen  es  gewesen  und  an  was  für  Orten 
dieselben  hingelegt  worden  seien,  wozu  die  Zeugen- 
vernehmung wiederum  nicht,  vor  dem  4.  Sept.  1581 
stattfinden  konnte.  Die  hessische  Btjweisschrift  mit  den 
treffenden  Aussagen  wurde  sogar  erst  am  11.  De- 
ber  1583  übergeben. 
Inmittöls  starb  Herzog  Erich  IL,  and  sein  Land 
fiel  an  die  Verwandten  von  der  Wolfe nbütteler  Luite 
(1584),  und  auch  Landgraf  Wilhelm  IV.  wurde  (im  J. 
1593)  zu  seinen  Vätern  versammelt  Daher  entschlum- 
merte auch  der  Streit  über  das  zweite  Rlandatum  sine 
clausula  und  blieb  von  1583  bis  1598  ganz  liegen,  ebenso 
ein  dritter  Rechtsstreit,  der  eigentliche  H  a  u  p  t  p  r  o  c  e  s  s, 
den  wir  hier  vorläufig  kurz  erwähnen  wollen.  Um 
nämlich  für  die  Werra  die  gleiche  rechtliche  Basis  zu 
erlangen  wie  für  die  Fulda  und  Weser,  —  denn  auch 
da  wollten  die  jMündener  ausschliesslich  privilegirt  sein, 
—  Hess  Landgraf  Wilhelm  im  Jahre  1574  ein  AUen- 
dorfer  Schiff  mit  Waid  nach  Bremen  abfertigen  und 
den  Stadtachreiber  von  Allendorf  als  Begleiter  mitgehen, 
damit  im  Punkte  des  Rechtes  nichts  versehen  werde. 
Das  SchifT  hatte  das  nämliche  Schicksal  wie  die  übrigen, 
und  so  reichte  denn  Landgraf  Willuilm  im  Jahre  1578 
im  Verein  mit  den  hauptsächlich  interessirten  Städten 
Kassel,  Witzenhausen,  Allendorf  und  Esch- 
wege gegen  Herzog  Erich  und  die  Stadt  Münden  Klage 
ein,  wesentlich  verschii;den  von  den  früheren  insofern, 
als  es  sich  hier  nicht  um  Aufhebung  von  Arresten, 
sondern  um  Freigabe  der  gesamraten  Schiffahrt  han- 
delte, Wir  wollen  diesen  Proce.s8  einstweilen  seinen 
ruhigen  Gang  gehen  lassen  und  uns  zunächst  wieder  ins 
Jahr  1574  zurück  versetzen. 

Wie   bereits  gesagt,   hatte   in  dem  Jahre  der  hes- 
sische Amtmann  in  Witzenhausen  gleich  bei  Beginn  der 


M 


218 


Streitigkeiten  den  Befehl  erhalten,  keine  Mündischen 
Schitfn  nn^Itr  vorhei  piiasiren  zu  lassen,  und  hatte  dem- 
entaprecliend  vi-rfahren.  Hiergögen  erhob,  wie  nicht 
anders  zu  erwarten,  di-r  Ruth  von  Münden  bei  der 
hessischen  KygiLTung  Beschwerde. 

Ab(*r  ohwolil  er  ein  Privüegiuni,  das  kurz  zuvor 
onf  dem  Rfich.süigt?  zu  Siiuier  (den  15.  Dec.  1570) 
Kaiser  Maximihan  II.  diT  Stadt  Münden  verliehen  hatte, 
und  das  ansdrikklich  den  dortigen  Kürg<'rn  ihre  Güter 
zu  WiLsser  und  zu  Land  gegen  Arreste  und  Kepres- 
halien  in  Schutz  ualmi,  in  Ka.ssel  insinuirte,  und  un- 
geaditet  Herzog  Erich  sieh  ;)ersüiiiicli  an  Landgraf  Wil- 
helm wandt«:  hessiiicherseits  erklärte  man  kurzweg, 
das  kaiserliche  l'rivilegiuui  könne  und  dürfe  dein  Land- 
grafen an  den  ihm  in  seinem  Lande  zustehenden  Re- 
galien und  fürstlielien  Gerechtigkeiten  nicht  nachtheilig 
sein !  Wollte  aber  die  Stadt  Münden  den  hessischen 
Schiffern  die  freie  Ihirchfahii  gestatten,  so  würde  die 
Regierung  auch  ihrerseits  zu  allem  freundnachharlichen 
Entgegenkommen  bereit  seiru 

Dazu  konnte  sich  die  Stadt  nun  allerdings  nicht 
entsehliessen,  und  die  Folge  davon  war  eine  Verkehrs- 
sperrung,  die  auf  so  kleinem  Gebiet  mitten  im  Reich 
zugleich  läclierlich  und  unerträglich  sein  musste.  Die 
Mündener  verboten  niindtch  ihren  Schifi'sleuten,  die 
Bremer  Waaren  stromaufwärts  weiter  ins  Hessische 
zu  befördern.  I*afiir  raussten  sie  aber  auch  ihre  aus 
Thüringen  kommenden  Handelsgüter  statt  auf  der  Werra 
auf  der  Achse  nach  Münden  führen  lassen.  Erst  auf 
ihr  vielfältiges  Bitten  wurde  diese  Sperrmassregel  im 
Jahre  1582  vom  Landgrafen  etwas  gemildert. 

Wie  sehr  derartige  Massregeln  zugleich  mit  der 
rigorosen  Handhabung  des  Stapelrechts  auf  zahlreiche 
Verhältnisse,  namentlich  aber  auf  Handel  und  Gewerbe 
lähmend  einwirken   mussten,    liegt  auf  der   Haiid.     Im 


I 


Lanfe  der  Jahre  scheinen  sich  die  Verkehrsbeziehnngpn 
natnrgpmäss  von  selbst  zum  Bessern  gttregelt  zu  luiben. 
Nur  war  es  nicht  zu  unigelien,  tlass  bis  zur  enclliclu-n 
Entscheidung  des  Procpsses  dieMüml(*ner  im  aiisschliess- 
liclien  Bi'.sitzf  der  .Schiffahrt  blieb<.'n.  neruiodi  seln-^n 
wir  aucii  ab  lunl  zu  das  ^tapelivcbt  in  seiner  sthroffen 
Form  wieder  zur  Anwendung  gebracht,  vielleicht  um 
es  nii'ht  aus.ser  üebung  kommen  zu  lassen  tuid  seiner 
Verjährung  vorzubeugt^n.  leinen  .'5<)l€lien  Fall  werden 
wir  weiter  unten  zum  Juhr(^  1612  erwähnen.  Die  Auf- 
regung, die  er  liervnrrief,  zeigt,  dann  diu  Ausübung  des 
Rechte»  etwas  ung<;wtib[dic]jcs  war.  Indesstin  wenn  auch 
die  VerkelirsbezieJiungen  zwischen  Kassel  und  Münden 
sich  mit  der  Zeit  freundlicher  gestalteten:  schon  die 
Thatsache,  dass  letztere  Stadt  mit  Hülfe  ihres  Privilegs 
Spedition  und  Zwischenhandel  in  die  Hände  bekam,  ge- 
nagt zu  der  Erklärung,  weshalb  ein  richtiger  Geschäfts- 
verkehr hier  in  Kassel  nieht  aufkommen  konnto,  «lenn 
das  Stapelrecht  dieser  Stadt  konnte  den  Miindenern 
wenig  schaden.  Sollte  deswegen  luisere  Nacbbarstadt 
Mtinden  durch  den  Anschhiss  Ka-ssel«  an  die  Weser- 
schiifahrt  geschädigt  werden,  so  könnte  man  versucht 
sein,  darin  einen  Akt  der  historischen  Gerechtigkeit  zu 
erblicken. 

Kehren  wir  inde.s.sen  zu  unseren  Proce.ssen  zurück. 
Was  aus  dein  ersten  derselben  geworden  ist,  darüber 
schweigen  wir  um  f*o  lieber,  als  auch  die  Qmdlen  dar- 
über schweigen.  Den  zweiten  im  Jahre  lö83  ent- 
schlafenen ualini  Landgraf  Moritz  im  .fahre  l.'>98 
wieder  auf,  indem  er  beim  Reichskammergericht  die  15 
Jahre  zuvor  eingereichte  Prubatiunsschrift  wiederholte 
und  darum  nachsuchte,  dass  dem  Uegner  auferlegt 
werde,  sich  zu  erklären.  iJies  geschah.  Der  neue  Her- 
zog Heinrich  Julius  (seit  1589)  aber  wandte  nun 
ein,   daßs  er  wohl  der  Lehensnachfulger  Herzog  Erichs, 


220 


nicht  aber  dessen  Land-  (d.  h.  Allodial-)  Erbe  sei,  und 
dasK  ihn  der  Proces-s  dahiM'  gar  niclit-s  angehe.  Hier- 
gegen macht*  Hessen  mit.  Recht  geltend,  dnss  der  Herzog, 
indem  er  den  im  Jahre  1578  über  die  freie  Schiffahrt 
auf  der  Fulda,  Werra  und  Weser  angefangenen  Haupt- 
process  wieder  aufgf^nomnien  hahi",  hierin  als  Lehens- 
nathfolgHr  Herzog  Eriths,  nieht  aber  als  Landerbe  gehan* 
deät.  habe.  Clleiuliwie  die  Landerbim  nicht  das  Fürsten- 
thum  Braunscliweig  und  dessen  Ciprechtigkeiten  erbten, 
also  könnten  sie  auch  nicht  die  darausfolgenden  Proce-sse 
erben.  Vergehens!  Der  braunscliweigische  Anwalt  blieb 
in  seiner,  den  Ifi.  Äkii  l&ib  übergebenen  Erklärung  bei 
seiner  alten  Einrede,  wiederholte  sie  1607  noch  einmal 
und  brachte  damit  den  Process    wiederum  ins  Stocken. 

Wn.t  endlich  den  1578  begonnenpn  HauptprocesB 
anlangt,  so  war  dieser  bis  zu  dem  t^ben  genannten 
Jahre  1607  glücklich  .soweit  gediehen,  dass  der  hes- 
sische Anwalt  anf  .schkninige  llrtheilssprechung  dringen 
zu  dürfen  glaubte,  iudera  er  um  Verwerfung  einer  von 
Mündt^n  im  Jahre  1597  erhobi'nen  Widerklage  nach- 
snchtp.  Als  aber  das  L'rth<*i!  so  bald  nicht  t^rfolgte, 
vielmehr  wiederum  der  Jalire  sech-s  oline  Entt^cheidung 
ins  Land  gingen,  verlor  endlich  Landgraf  Moritz  die 
Geduld  und  schickte  sfincn  Rath  Wilhelm  Burkhart 
Sixtinus  im  J.  1Ö13  eigens  d^swegi-n  nach  Speier. 
damit  er  bei  dem  Kammerriditer  und  den  Assessoren  auf 
Keschlennigung  des  Rechtsganges  andringe.  Die  un- 
mittelbarn  Veranlassring  zn  diesem  Schritt  mochte  ein 
an  sich  unbmkrutender  Vorfall  sein,  der  sich  zu  Ende 
des  vorhergehenden  Jahres  in  Kassel  ereignete  und  auf 
den  ich  oben  bereits  hinwies*). 

Im  Decemher  1612  kam  ein  Fuhrmann  aus  Wicken- 
code mit  cthchen  Karren  Weines  in  Rassel  an,   den  er 


*)  Akten  des  Kasseler  Stadtarchivs,  J.  190  z.  J.  1612. 


221 


hier  in   Schiffft   laden   und   gen   Münden  führen  lassen 

»wollte,  denn  der  Wein  gehörte  dieser  Siidt  und  war 
Yon  ihr  am  Rhein  gekuuft.  Da  liess  der  Magistiat  von 
Kassel    den    Fuhrmann    aufs   hiesige   Rathhaus  fordern 

»und  ihm  anbefehlt'n,  er  solle  etliche  Fass  seines  Weines 
liier  stechen  und  der  Stadt   verkaufen.      Wenn  er  aber 
nicht  selbst  den  Preis  der  Weine  setzen  könne,  so  möge 
er  hinab  gen  Münden  ziehen  und  dun  Stiidtweinschenken 
von  dort   herauf  bescheiden,   mit  dem  wt;rde  man  sich 
Bdann   des   Preises  einigen.     Natürlich  wollte  der  Fuhr- 
^■Ann  sieb    dazu  nicht   verstehen,    auch  nicht,  als  man 
^^OTi  vorhielt,    das»   zwei    Jahre   zuvor  bereits   in  ganz 
gleicher  Weise  verfahren  sein.      Er   verstieg  sich  sogar 

Ixu  Drohungen ;  aber  hiermit  kara  er  bei  dem  Magistrat 
von  Kassel  ühfl  an.  Und  mürbe  und  eingeschüchtert 
verstand  sich  dtir  Mann  endlich,  —  es  war  schon  Nacht 
und  die  Herren  wollten  eben  vom  Rathhause  fortgehen, 
—  dazu,  zwei  Fass  zu  stechen.  Wpgen  der  Auszah- 
lung des  Kaufpreises  verwies  man  ihn  an  den  Stadt- 
zäpfer. 

Allein  wpt  nicht  erschien,  um  das  Geld  abzuholen, 

Iwar  der  Fulirmann.  Andern  Tages  verhid  er  seinen 
übrigen  Wein  in  die  Schifie  und  fuhr  ab  mit  den  spöt- 
tischen Worten :  die  hc*it(Mi  Weine  liätten  die  Herren 
auf  dem  Rathhause  doch  nicht  hinkommen! 
Der  erst«  Gegenschlag,  den  Münden  that,  war  die 
Beschlagnahme  etlicher  Tonnen  Brandheringe,  die  einem 
hiesigen  Kaufraanne  gehörten.  Der  zweite  war  ein» 
schriftliche  Vorstellung  des  Rathes  an  ihre  hiesigen 
CoUegen,  worin  sie  gegen  die  geschehene  Ge%valtt,hat 
protestirten  und  die  Herau-sgabe  der  Weine  nebst  voSlur 
Entschädigung  beanspruchten,  widrigenfalls  aw.  beim 
Herzog  unverweilt  entsprechende  SchrittK  thun  und 
Klage  pjnrpiehen  würden.  Der  Magistrat  von  Kassel 
antwortete   durch    eine    und  nachher   noch   durch   eine 


222 

zweite  Gegenschrift,  worin  er  den  Sachverhalt  umständ- 
lich darlegte  und  aus  der  wir  folgende  Stelle  hervor- 
heben, weil  daraus  die  mehrfach  geschehene  Ausübung 
des  Stapelrechts  durch  die  Mündener  sich  ersehen  lässi 
Es  heisst  da:  »Es  sei  un vorborgen,  wie  die  von  Mfinden 
je  bisweilen  die  Kasselischen  Bürger,  wenn  sie  mit 
Victualien  und  sonderlich  mit  Frucht  in  Münden  an- 
langten, angehalten,  ihre  Waare  daselbst  niederzulegen 
und  feil  zu  halten,  es  auch  bei  etlichen  dahin  gebracht, 
dass  sie  es  thun  müssen,  dessen  sie  dann  sonderlich 
wollten  privilegirt  sein.  Das  aber  sei  man  in  Kassel 
auch;  man  habe  ein  solches  Becht  ohne  Widersprach 
schon  oft  ausgeübt,  und  könne  Privilegien  von  Bom. 
Kais.  Majestät  darüber  vorlegen.  Man  traue  ihnen  als 
verstündigen  Leuten  nicht  zu,  dass  sie  das,  was  ihnen 
selbst  recht  sein  solle,  andern  nicht  auch  gönnen  wollten. 
In  Kassel  wolle  man  gern  den  Commercien,  die  nach 
der  Völker  Becht  frei  und  ungespannet  sein  sollten,  ihn« 
freien  Lauf  lassen,  und  es  liege  nur  daran,  dass  die 
Herren  sich  auch  dazu  bequemten.  An  Be.stitution  der 
Weine  sei  nach  Lage  der  Verhältnisse  zwischen  den 
beiden  Städten  nicht  zu  denken,  dagegen  liege  der 
Preis  von  164  fl.  jederzeit  zur  Abholung  bereit,  ge- 
schehe dies  nicht  binnen  14  Tagen,  so  werde  man  das 
Geld  gebührlich  de^oniren,  dessen  man  aber  um  nach- 
barlichen  Verkehrs  willen  gern  geübrigt  sein   möchte.« 

Von  diesem  gütlichen  Vergleich  wollte  der  Bath 
von  Münden  nichts  hören.  Er  verklagte  vielmehr  die 
Stadt  Kassel  am  22.  April  1613  bei  der  hessischen 
Begierung  dahier  und  Hess  die  Klageschrift  2  Tage 
später  durch  Notar  und  Zeugen  insinuiren. 

Die  Entscheidung  des  Processes  fehlt  in  den  Akten 
des  hiesigen  Archiv.s,  der  wahrscheinlich  in  Speier 
weitergeführt  wurde.  Denn  merkwürdig  ist  auch,  dass 
das    so    wichtige    Privileg    Kaiser    Ludwigs,  auf  das 


22a 


I 

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I 


das  iStayvelrPcht  dpr  StaJt  Kassel  gründen  soll, 
weder  unter  dtiii  Urkunden  der  Stiidt",  nticli  im  Staats- 
■Bchiv  vorhanden  ist.  Wir  bositz«n  hier  nur  eine  (der 
Handschrift  des  Stadtachreibers  nach)  in  eben  dem 
Jahre  1613  angefertigt!!  Copie;  woraus  zu  scbliessen 
ist^  dass  das  Original,  wie  so  viele  andere  Beweia- 
urkunden,  bei  den  Akten  des  Reicliskammergerichts 
liegen  geblieben  ist. 

Jedenfalls  war  der  Vorfall  dem  Landgrafen  Moritz 
ein  Sporn  mehr,  in  Speier  auf  rasche  Entscheidung  zu 
dringen,  w'w.  oben  bereits  ausgefüllt  wurde.  Sein  Rath 
Sixtinns  begab  sich  also  dorthin  und  erreichte  aneh  in 
der  That  soviel,  dass  die  Processakten  hervorgesucht, 
ad  refprenduni  gegeben  und  die  Refi-renten  vom  Kannner- 
richter «ermahnt  wurden,  sich  mit  ihren  Relaiionpn  zu 
beeilen.  Dass  darüber  wieder  Jahre  vergehen  mussten, 
war  selbstverstiindlicfi. 

Ebenso  natürlich  aber  musste  es  sein,  dass  solcher 
jämmerlichen  Reichsjustiz  gegenüber  die  Stände  darauf 
bedacht  waren,  ihre  Streitigkeiten  auf  anderem  Wege 
auszumachen.  Nicht  mehr  durch  den  Fehdegang,  wie 
ehedem,  sondern  unter  .sicli,  durch  Vergleiche  und  Com- 
promisse.  Die  Mitglieder  der  protestantischen  Union 
im  Reiche  hatten  grosses  Interesse  daran^  d<'ts9  unter 
ihren  Angehürigen  kleinliche  Misshelhgkeiten  niiiglitdist 
ansgeghchen  wurden.  Darum  legte  sich  das  Haupt 
dieser  Union,  Kurfürst  Friedrich  V.  vnu  der  Pfalz, 
auch  in  die  zwischen  Hessen  und  Bratin.schweig  ob- 
schwebenden  vielerlei  nachbarhchen  Gebrechen  und 
brachte  es  dahin,  dass  in  dt>n  Jahren  1(31(3,  1617  und 
1618  beiderseitigp  Abgeordnete  in  Giittingen  zu  güt- 
lichen Conferenzeu  zusammentraten.  Die  Streitpunkte 
betrafen  ausser  der  Schiffahrt-sfrage  noch  die  Herr- 
schaft Plesse,  Schloss  und  Dnrf  Bovendfn,  das  Kloster 
Rückelheim,    das    Amt   Radolfshausen    und  deren  l*erti- 


224 


nenzien.  Und  in  der  Tliat  kam  am  30,  April  1616  ein 
vorläufiger  Vergleith  über  diese  Punkte  zustande,  leider 
ist  jedoch  nicht  ersichtlich,  in  weicher  Weise  man  sich 
bezüglich  der  freien  Schiffahrt  vorläulig  einigte..  Jeden- 
falls war  der  Vergleich  für  Hesi^en  nicht  ungünstig, 
wie  sich  aus  dem  "Verhalten  der  Stadt  Münden  er- 
geben wird. 

Um  ihn  rechtskräftig  /u  machen,  schickten  die 
beiden  Fürsten,  Landgraf  Moritz  und  Herzog  Friedrich 
Ulrich,  denselben  an  den  Kurfürsten  von  der  Pfalz  ein 
und  leiteten  ihn  damit  in  den  Weg  eines  neuen  Pro- 
cesses  vor  dem  kurpfillzischen  llofgericht  in  Heidelberg, 
in  der  Weise,  dftss  das  etwa  in  Speier  ergehende  Urtheil 
auch  dort,  d.  h.  in  Heidelberg,  publicirt  werden  sollte. 
Man  He.ss  letztere  Ma.'^snahme  jedoch  fallen  au.s  Rück- 
sicht auf  die  Emphndlichkeit  des  Reichskaramergerichts 
und  kam  tiberein,  statt  dessen  das  vom  Hofgericht  er- 
gt'limide  Urtheil  durch  das  Kammergericht  publiciren 
zu  la.ssen.  So  gedachte  man  die  Sache  ans  der  Welt 
zu  schaffen. 

Allein  so  leichten  Kaufes  gab  die  oberste  Reichs- 
justizbehorde  den  Fall  nicht  aus  der  Hand.  Am  20. 
Juni  1617  meldeten  die  hessischen  Räthe  Dr.  Sixtinus 
und  Johann  von  LinKJngen  dem  Landgrafen  von  Speier 
aus,  dass  die  Abschhessung  des  Vergleiches  hier  sehr 
verschnupft  habe ;  auch  habe  man  dem  hessischen  An- 
walt Dr.  Eckhard  die  Vertröstung  gethan,  dass  de.r 
Referent  mit  seinem  Bericht  fertig  sei  und  dass  ea 
demnach  nur  noch  auf  Publikation  des  Urtheüa  an- 
komme. Die  Nachricht  an  sich  war  gewiss  sehr  erfreulich. 
Da  aber  erwuchs  eine  neue  Schwierigkeit  aus  dem  Ver- 
halten der  Stadt  Münden.  Nachdem  die  braunschwei- 
gischi'!  Regierung  am  29.  Oct.  1618  di'n  mit  Hessen 
getroffenen  Vergleich  der  Stadt  mitgetheilt,  erkUirten 
Bürgermeister   und  Rath,   um    so  weniger  dariu  einwil- 


I 
I 


ligPD  zu  können,  ab  man  sie  beim  Abschluss  desselben 
nicht  mit  zugezogen  habe.  Am  21.  Juni  1619  Hessen 
sie  sodann  vor  Notar  und  Zeugen  feierlich  dagegen 
Verwahrung  einlegen  und  stellten  beim  Reichskammer- 
gericbt,  in  Erwägung  dessen  dass  der  Process  hier 
noch  in  der  Schwebe  sei,  den  Antrag,  besagten  Ver- 
gleich für  null  und  nichtig  zu  erklären.  Man  weiss 
thatsächtich  nicht,  worüber  man  hier  mehr  erstaunen 
soll :  über  die  Eigenwilligkeit  der  Stadtbehörde  der 
Landejsregierung  gegenüber;  über  der  letzteren  geringe 
Autorität,  oder  über  das  Verhalten  des  Reichskaminer- 
gerichts,  welches  der  Beschwerde,  statt  gab  und  froh 
schien,  einen  endlosen  Process  noch  weiter  fortspinnen 
zu  können,  anstatt  ihn  durch  Vergleich  aus  der  Welt  zu 
schaffen.  Indessen  gleichviel!  Die  Nichtigkeitserklärung 
wurde  ausgesprochen.  Am  23.  Juni  1620  eröffnete  das 
Gericht  dem  hessischen  Anwalt  ein  mandatum  cassa- 
torium  et  Inhibitorium  und  gab  ihm  auf,  binnen  vier 
Monaten  die  giischehene  Nachachtung  anzuzeigen.  Infolge 
hiervon  und  in  Anbetracht  des  ausgebrochenen  Krieges 
und  der  immer  schwieriger  werdenden  Zeitumstände 
sahen  sich  die  Fürsten  Moritz  und  Ulrich  Friedrich 
genöthigt,  beim  Hofgeriuht  in  Heidelberg  den  Antrag 
zu  steilen,  den  Compromtss-Proces.<i  vorläufig  auf  ein 
halbes  Jahr  zu  suspendiren.  Er  ist  aber  hier  gar  nicht 
wieder  aufgenommen   worden. 

Die  furchtbaren  Ereignisse  des  dr eis sigjälir igen 
Krieges  drängten  alle  anderen  Fragen  in  den  Hinter- 
grund. Was  sollte  man  auch  über  freie  Schiffahrt 
streiten,  wo  Handel  und  Wandel  gänzlich  darnieder 
lagen!  Schien  es  doch  zeitweilig,  als  sollt*!  die  Frage 
einfach  dadurch  gelöst  werden,  dass  der  Landgraf  von 
Hessen  sich  i.  J.  1631  in  den  Besitz  von  Münden  und 
Göttingen   setzte   und  auch  wohl,    wenn   Gustav  Adolf 

von  Schweden  am  Leben  geblieben  wäre,  die  Lande  lür 
N.  r.  XVI.  Uli.  15 


226 


sich  behalten  haben  würde  *).  Bemerkenswerth  ist,  dala 
alsbald  nach  der  Besitznaiime  von  Münden  durch  die 
Hessen  das  verhasste,  schon  oben  erwähnte  Lachswehr 
durch  die  hessischen  Dragoner  unter  Rantzaa  weg- 
gerissen wurde**). 

Als  endlich  das  Elend  aufliürte  und  geordnete  Zu- 
stände zurückkehrten,  da  ward  auch  wiederum  der 
Versuch  gemacht,  sich  mit  Münden  gütlich  zu  einigen. 
In  den  Jahren  lfi53  und  1654  kamen  hier  der  kessische 
VicekanzJer  Müldner  und  der  braunschweigische  De- 
putirte  Dr.  B  r  ü  n  i  n  g  nebst  dem  Syndicus  der  Stadt 
Münden  zusammen ;  man  machte  von  hessischer  Seite 
geltend,  dass  Herzog  Friedrich  Ulrich  bei  Herausgabe 
der  Städte  Güttingen  und  Münden  u.  a.  dem  Landgrafen 
die  freie  Schiffahrt  aus  Dankbarkeit  zugestanden  habe; 
allein  man  konnte  sich  trotzdem  nicht  einigen,  und 
so  schwebte  der  Proceas  am  Reichskaramergericht 
weiter. 

Soweit  aus  den  Akten  des  Marburger  St^iat»- 
archives  ersichtlich  ist,  wurde  derselbe  auch  nie  zu 
Ende  geführt.  Er  wurde  1(594  und  1739  zwar  wieder 
aufgenommen,  allein  ergebnislos.  Auch  die  noch  häufig 
unternommenen  Versuche  zu  gütlicher  Beilegung  des 
Streites  verliefen  ohne  Erfolg,  sodass  noch  im  Jahre 
1824  berichtet  werden  konnte:  >da8s  ein  besonderer 
Vertrag,  wodurch  den  kurhessischen  Schiffern  von 
Münden  nach  Kassel  zu  fahren  gestattet  worden,  bis 
dato  nicht  abgeschlossen  sei,  die  Sache  vielmehr  sich 
noch  in  der  vorhin nigen  Lage  befinde«  ***). 


•)  Rommrl.  Hess.  GcKoh.  Vlll.  161.  —  lj»(%e.  Gesch.  der 
St»dt  MünUen,  S.  86  ff.  —  Zeil-  und  GetekicMl-Beaehreibuag  der 
Stadt  GötÜDgen,  S.  197. 

♦•)  Loixe  a.  a.  0.  S.  89. 

***)  Diese  Nachricht    verdanke  ich   freiuidli'cber  Mittheiluag 
tue  dem  Kgl.  Staatsarchiv. 


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227 


Wir    kehren   imnm*':lir,    nachdem  wir  die  Streitig- 
jten    mit  der  8tadt  Münden  im  Zusammfenbange  be- 
ßbtet  haben,   zur  weiteren  Geschichte   der  Schiffahrt 
in   Hessen   zurück.      Was   zunächst   die  Fulda    betrifft, 
BO  war,   wie   wir  gesehen,   der  Weg   stromabwärts   ge- 
'  sperrt.     Es    galt    also,    wenigstens    stromaufwärts    den 
Wasserweg,  so  gut  es  ging,  nutzbar  zu  machen.     Hier 
war  anch  insofern  für  weitere  Entwickeiung  mehr  Raum, 
al3    man    nicht   durch    die  erdrückende  Masse  der  Zoll- 
Ktütten  behindert  war.     Denn   die  Weser  war,   wie   die 
1  meisten    deutschen    Ströme,  im  16.  Jahrhundert   bereits 
|init  Zollstjütten    überrHichUcli    besetzt.     Innerhalb    einer 
[Strecke  von  23  Meilen  lagen   deren   nicht  weniger    als 
zwei  und  zwanzig,  und  ein  Versuch  der  Stadt  Bremen, 
der   Schiffahrt   Erlt;ichterung  zu  verschaffen,    war    von 
keinem  flrfolg  *).     Selbst   die  Fi'achtaätze   waren    nicht 
gering.     Ks  betrug  z.  B.  die  Fracht  für  ein  Fuder  Wein 
I  von  Bremen  nach  Münden  4  Reiclisthaler,  nach  heutigem 
fGelde    also    ungefähr    den    sechsfachen    Betrag.      Von 
I Münden  bis  Ka.ssel  zahlte   man    dafür  lO'/a    Batzen**), 
Darum    also   und    aus   solchen    Gründen    wandten 
die    Ijandgrafen    ihren   Blick   stromaufwärts.     Landgraf 
Wilhelm  IV.  und    weit  mehr   noch   sein    Sohn    Moritz 
haben    in    dieser    Richtung   die  regste   Thätigkeit  ent- 
faltet.    Welche  hohe  Meinung  sie  beide  von  dem  Werthe 
fder  Schiffahrt  hatten,  ersahen  wir  schon  aus  dem  Eifer, 
mit  dem  sie  den  Frocess  gegen  Münden  und  die  braun- 
sthweigische    Regierung    betrieben.     Die    Erschliessung 
des  Wasserweges  stromaufwärts  hatte  zugleich  den  Vor- 
theil,  dass  man  den  Handelsstätten   am  Rheine   und  in 
Süddeutschland    näher    war   und    dem    Verkehr    so    zu 


t*)  Das  Nähere  s.  hiertbiT  in  Bd.  I  dieser  Ztschr.,  S.  Ifi.'i  tf.: 
PB  über    Vo&erzöllo   und   Wt^seihandel   im    16.   Jahiliuniloit, 
0,  tjQndau, 
**)  Ronimcl.  Hess.  Gcucli.  Bd.  V,  8.  :ül.  Ann«.  S.  225. 



22h 


fiagen  ein  Hinterland  erschloss.  Wilhelm  IV.  wollte 
daram  die  8chtlTalirt  bis  Ziegenbain  wenigstens  aas- 
dehnen und  die  Scbwalm  mit  bereinziehen.  Er  ertheilt 
zu  dem  Ende  im  Jalire  1576  von  der  genannten  Stadt 
aus  seinem  Hofjunker  Johann  von  Hertingshausen  den 
Befehl,  mit  den  Hindernissen  im  Strombette  aufzuräumen, 
die  Klänge  (Sandbänke)  wegreissen  and  allenthalben 
Simmeten  *),  weil  solche  dazu  sehr  dienlich  and  förder- 
lich seien,  einlegen  zu  lassen.  In  der  Nachschrift  heisst 
es:  „Als  auch  unsers  Schiffsmanus  Wennicken  Bruder 
auf  der  Fahrt  nach  Ziegenhain  ist,  so  wollen  wir,  dass 
du  dich  sobald  ufmachest  und  ihnen  ehir  und  zuvor  er 
hier  ankomme,  underwegen  ereilest  und  selbst  mit  ra- 
sehest, wie  es  allenthalben  von  statten  gehe.  Und  wo 
vielleicht  Mangel  sei,  da  es  auch  an  einem  oder  mehr 
Orten  von  nöten  sein  will,  dass  man  mehr  Schleussen 
bauen  mitsse,  soltu  mit  Rath  unser  Baumeister  dieselben 
bauen  und  die  ganze  SchiiTahrt  also  zurichten  lassen, 
dass  sie  zum  besten  gefürdert  und  ohne  Seumnis  iiu 
Werk  gerichtet  werde.  Denn  wir  wollen  deinem  Vleis« 
diese  Schiffahrt  vertrauen,  .  .  .  dass  zu  unser  Wieder- 
kunft derselbig  [Bau]  ganz  und  gar  fertig  und  ohne 
Mangel  sein  möge"  **). 

Weit  mehr  als  Wilhelm  IV.  aber  war  dessen  Sohn 
L.  Moritz  auf  Hebung  der  Schiffahrt  bedacht  Die 
Anwartschaft,  welche  Hessen  auf  das  Stift  Hersfeld 
gewann,  legte  den  Plan  nahe,  den  Fuldafluss  weiter  auf- 
wärts bis  zur  Stadt  Fulda  zu  gehen.  Der  Versuch  des 
Landgrafen,  die  Fuldische  Regierung  zum  Anschluss  ru 
bewegen  (1592  und  1597)  blieb  zwar  erfolglos,  und  er 
musste  sich  daher  auf  den  Raum  zwischen  Kassel  und 
Hersfeld  beschränken.  Hier  aber  entwickelte  er  um  so 
grösseren  Eifer. 

•)  Bius«o,  lat  semita. 
**)  Landauh  Coli.  Stand.  Landesbibliothek  in  CisseL 


i 


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229 


Am  3.  Juni  1600,  so  erzählt  der  Chronist  Friedrich 
ttcae  *),  richteten  Ht-rr  Landgraf  Moritz  zum  ersten 
Male  diese  Schiffahrt  an  fnämhch  von  Rotenburg  bis 
Hersfeld).  In  Hersfeld  traten  sie  in  e'm  grosses  Schiff 
sammt  Herrn  Joachim,  Abt  und  Fürsten  zn  Hersfeld, 
und  noch  mit  zweien  grossen  Schiffen,  worinnen  dero 
Bedienten  sassen,  scbiffeten  herunter  bis  hieher  nach 
Rotenburg  und  weiter  nach  Kassel." 

Wohl  mochte  pich  bei  dieser  Probefahrt  noch 
manche  Unznträglichkeit  herausgestellt  haben,  denn  ira 
folgenden  Jahre  übertrügt  der  Landgraf  seinem  Rüchsen- 
meister,  oder  wie  wir  heute  sagen  worden,  Artillerie- 
nnd  Ingenieiir-Hanptmann  Giliax  Leise  den  Befehl, 
den  Grund  der  Fulda  mit  einem  eisernen  Rechen  auf- 
zaröhren ;  und  alle  Amtleute,  Rentmeister,  Schultheissen, 
Vögte  und  Landknechte  der  Aeinter  am  Fuldastrom  er- 
halten die  Weisung,  ihm  hierbei  behilflich  zu  sein. 
Gleichzeitig  wurden  die  Ufer  befestigt  und  mit  Weiden 
bepflanzt,  an  den  Miililenwehreii  werden  Schleusten  an- 
gelegt, neue  Schiff«  werden  erbaut,  und  noch  in  dem 
selben  Jahre  macht  Landgraf  Montz  eine  zweite  Probe- 
fahrt stromaufwärts.  In  Begleitung  seiner  Gemahlin, 
der  schönen  Juliane,  sowie  des  Herzogs  Christoph  von 
Brannschweig-Lüneburg,  der  Grafen  von  Solms  und 
von  Hanau  und  eines  zahlreichen  Gefolges  fuhr  er  in 
drei  eigenen  Schiffen  hinauf  bis  Blankenheim  an  der 
Hersfelder  Grenze  zu  einem  neuen  Besuche  des  Abtes. 
Gastmähler  und  Lustbarkeiten  aller  Art  fanden  hierbei 
statt,  wie  sie  nach  des  prachtiiebenden  Fürsten  Sinn 
und  Gewohnheit  waren. 

„Am  24.  Sept.  dess.  Jahres  arrivirten,  wie  Ltteae 
schreibt,  hier  zu  Rotenburg   zum   ersten  Mal  3  Schiffe 


•)  Lucaf,    Rnteiibui'gor   Übronii.     lls.   der    Stund. 
biblioÜiclt  zu  Ka&»el  (MKi>.  lltis^.  Fol  47). 


Laudes- 


230 


mit  Bremer  (d.  h.  Colonial-)  Waaren  beladen  und  gingen 
dann  weiter  gen  Hpr«feld." 

Damit  war  also  die  Schiffahrt  im  Gang.  Ihwn 
Ahschluss  erreichten  die  Arbeiten  durch  eine  landgräf- 
lithe  Verordnung  vom  8.  April  11302,  welche  den  Ver- 
kehr und  alles,  was  dazu  gehürtp,  bis  ins  Einzelne 
regelte,  und  die  Schifferei  wäre  soweit  in  Ordnung 
geweben,  wenn  nur  die  Schiffer  selbst  zur  Ordnung  za 
bringen  gewvsen  wären.  Am  13,  November  d.  .1.  bt- 
richtet  Klius  Ilumberg  aus  Kasäel  an  den  Landgrafen 
hierüber  f«ilgenderma.ssen :  „Die  Wnsserbäue  sind,  Gott 
Lob,  dcrmas&tn  gi-fertiget,  d.iss  man  die  Schiffahrt 
nunnii'hr  mit  gutem  Nutzen  und  Bestand  verhoffentlicb 
gebrauchen  kann.  Ist  noch  wi>hl  etwas  &langels  bei 
den  SchiB'leuten,  so  sehr  unfleissig  und  ungehorsam 
bishero  gewesen.  Wenn  man  itzo  anfangs  jegen  ihnen 
nach  Nottiuft  den  gepürenden  Ernst  an  die  Hand  nehmen 
wöHen,  haben  teils  wol  gar  zurück  zu  trett^n  sich  ver- 
lauten lassen,  können  aber  und  müssen  mit  der  Zeit 
besser  in  die  Ordnung  tind  Gehorsiun   pracht  werden." 

Es  scheint,  als  seien  die  widerspenstigen  Schiffs- 
leate  endlich  bis  1618  zur  Ordnung  gebracht  worden; 
denn  in  diesem  Jahre  erhielten  sie  eine  solche  schrift- 
lich ausgefertigt,  und  wurde  ihnen  namentlich  das  Zer- 
stören der  Schleussen  strengstens  verboten  *).  Als  L. 
Moritzen  Sohn  Otto  i.  J.  1606  Administrator  des  Stifts 
Hersfeld  wurde,  hatte  dies  einen  noch  engeren  An- 
schlnss  der  betriebsamen  Stadt  an  Hessen  zur  Folge. 
Ein  Geschenk  von  zwei  Schiffen,  das  der  Landgraf 
seinem  Sohne  im  Jahre  darauf  machte,  sollte  beweisen, 
welchen  Werth  er  der  Schiffalirt  beigelegt  zu  sehen 
wünschte  **). 


••)  Landau^  Collect.  Sl,  L-BtbL 


Aehnlichp,  wenn  auch  nicht  die.  gleiche  Fürsorge 
wie  der  Fulda,  widmete  Moritz  der  Werra.  Hier  lagen 
die  Verhiiltntsse  insoffin  weeentlich  anders,  als  einmal 
die  Strorareguliruüg  weniger  \'on  nöteii  war;  sodaun 
aber  Hessen  geringereu  Antheil  am  Stromlaufe  hatte 
wie  bei  der  Fulda.  Im  Jalire  1603  trat  der  Landgraf 
mit  der  Regit^rung  zu  Äh;iningen  behufs  Schiffbar- 
macbnng  der  Werra  in  Beziehung  und  legte  Kosten- 
anschläge vor.  Auch  war  Kurfürst  Christian  U.  nicht 
abgeneigt,  auf  dessen  Vorschläge  einzugehen.  Allein 
hier  wie  bei  Fulda  zerschlugen  sich  die  Verhnndlimgen 
wieder.  Die  Schwierigkeiten,  welche  die  Dörfer  Fraucn- 
breitungen,  VVernshaasei»  nnd  Schwallungen  und  die 
adeligen  Ganerben  zu  Walldorf  erhoben,  waren  nicht 
zu  beseitigen.  Es  fürchteten  dieselben  nämlich,  die 
Pferde,  welche  zum  Ziehen  der  Schiffe  gebraucht  würden, 
möchten  ihnen  ihre  Wiesen  vertreten  *). 

Also  auch  hier  war  Hessen  auf  sich  selbst  an- 
gewiesen. Um  aber  auf  dem  eigenen  Gebiet  möglichst 
thätig  zu  Werke  zu  gehen,  verlieh  Moritz  am  130.  Aug. 
1608  dem  gewerbfieissigeu  Orte  Wanfried  Stadtrechte, 
„weil,  wie  es  in  der  Urkunde  hei.s.st,  bei  ihnen  wegen 
des  Werrastrorabs  vil  Ab-  und  Zareisens  und  Hand- 
tierens"  **).  um  besonders  hier  die  Schiffahrt  zu 
heben,  verordnete  Moritz  gleichzeitig,  dass  diejenigen, 
welche  neue  Schiffe  bauten,  für  die  bei  der  ersten 
Fahrt  eingeladenen  Waaren  an  den  hessischen  Zoll- 
stätten frei  vorübergehen  sollten,  welche  ZolH'reiheit 
oft  70,  90  und  mehr  Gulden   betrug  ***).     So  kam  es, 

♦)  Zeitschr.  f.  hcsg.  r.osuli.  IV,  S,  163  f. 
•*)  Kucfienbcekcr,   Kleine  Sehrifton,  Bd.  ÜI,   S.  220  ff.    Vgl. 
doTO  Pfister^  LADdoskunde  von  Kurhessen,  S.  176. 

♦**)  Kucheitbccker  a.  a.  0.  Spater  musste  diese  Vergünstigung 
in  ein  einmaliges  Geldgeschenk  lungewandelt  werdeu,  weil  die 
Schiffer  selbige  zu  sohr  ausnutzten  und  alle  paar  Jahre  neue  SohilTo 
bauten,  naubdem  &Lo  die  alten  an  auswärtige  Sohiffor  verkauft  hatten, 


dass  Wanfried,  das  ausserdem  durch  seine  Lage  an  der 
von  Möhlliausen  kommeiidRii  Thüringer  Handelsstxasse 
begünstigt  war,  ein  natürlicher  Stapelplatz  für  die  Gegend 
stromaufwärts  wnrde.  Noch  zu  Anfang  dieses  Jahrhun- 
dert« befuhr  der  Ort  mit  SOSchiPFen  die  VVerra ;  jetrt  dürfte 
die  SohifFahrt  ab^r  wohl  ganz  ins  Stocken  gerathen  sein. 

In  den  Jahren  1659—1667  gab  sich,  —  gewisser- 
massen  eine  Genugthming  für  die  Manen  Landgraf 
Moritzens,  —  Herzog  Ernst  von  Sachsen-Gotha,  die 
grösste  Mühe,  mit  Hessen  vereint  die  Schiffahrt,  ins 
Work  zn  setzen,  allein  seine  Bemühungen  waren  von 
wenig  Erfolg  gekrönt  *). 

Wir  kehren  nunmi'hr  wieder  zur  Fulda  zurück. 

Während  des  JrHissigjährigen  Krieges  mufiste  di« 
Schiffahrt  naturgemäss  in  Verfall  kommen,  doch  lassen 
verschiedene  Anzeichen  erkennen,  dass  sie  niemals  ganz 
gestockt  hat.  Wir  tinden  z.  B.  im  Jahre  1625  hier 
noch  einen  SchiflFbaner  mit  Nnmen  Georg  Friedicke. 
Anch  heisst  es  in  dtT  Armen-  und  Bettelordnung  vom 
Jahr<?  1627,  §.  3:  Die  SchifFleute  sollen  k*»in  Bettelvolk 
uff  den  Schiffen  mit  herein  auf  die  Schlacht  führen, 
bei  5  Gulden  Straff**).  —  Im  Jahre  1644  erlä.sst  die 
Landgräfin  Amelip  Elisabeth  eine  Verordnung,  wie  es 
wegen  der  Errichtung  der  Accise,  Niederlagr  und  Trank- 
«teuer  von  denen  auf  der  Schlacht  zu  Kassel  ankom- 
menden frHmbden  Getränken  zu  halten***).  Darin  heisst 
es  zur  Begründung:  Die  Landgräfin  habe  erfahren,  dass 
an  schuldiger  Accise  und  Nifd^rlage  von  den  zu  Kassel 
ankommenden  und  abgehenden  Getränken  und  Bieren 
ünternchleif  getrieben  werde.  Es  erfolgt  der  Befehl, 
dass  kein  Brantwein,  spanischer  oder  anderer  aus- 
ländischer Wein,  fremde  Biere,  Brühan  o.  dgl.  hier  auf 


*)  LattiUm,  CoDect  St  L.-Bibl. 
*•)  Bas.  Ltmdu'Onbi,  Bd.  II,  S.  6. 
-^  Ebenda,  S.  86  t 


■*?! 


I 


der  Schlagd  ans-  oder  eingeladen  werden  sollen,  ohne 
dass  sie  zuvor  von  den  beeidigten  Schrüdern  und  den 
übrigen  Steuerheamten  aufgeschrieben  -seien.  Der  Oher- 
aufseher  der  Tranksteuer  und  der  Schlagdvogt  haben 
besonders  darauf  zu  sehen,  dass  keine  Getränke  als 
trockene  Waaren  an-  und  abgeführt  werden. 

Der  langersehnte  Frieden  kam  der  Schiffahrt  so- 
wohl im  Allgemeinen  *),  wie  namentlich  in  einem  Punkte 
zn  gnte:  man  durfte  wieder  wagen,  mit  Pferden  die 
Schiffe  stromaufwärts  ziehen  zu  lassen,  was  bisher, 
theils  weil  man  keine  derartigen  Thiere  mehr  hatte, 
oder  aus  Furcht  vor  streifenden  Partheien  sie  nicht  an- 
zuspannen wagte,  unterblieben  war.  Es  geht  dies  hervor 
aus  einer  Reihe  von  Klageschriften  theils  gegen  die 
Stadt  Kassel,  theils  von  hiesigen  Bürgern  gegen  Aus- 
wärtige aus  den  Jahren  1649  —  1651,  welche  sich  im 
Archiv  hiesiger  Stadt  befinden  und  aus  denen  wir  be- 
sonders zwei  hervorheben.  Im  Jahre  1649  haben  Bürger- 
meister und  Rath  za  Kasse!  drei  Mündener  Schiffsleute 
bestraft;  und  auf  die  Beschwerde  derselben  bei  der 
Vormünderin-Kegentin  führt  die  städtische  Behörde  zu 
ihrer  Rechtfertigung  Folgendes  aus :  divss  nämlich  die 
betreffenden  Schiffsleute  sich  unterstanden  hätten,  die 
Gärten  und  Wiesen  von  dem  Hellewerder  an  der  Fulda 
hinauf  aufzureissen  und  die  Hecken  wegzuräumen,  damit 
»ie  mit  ihren  Pferden,  die  sie  nunmehr  wider  Her- 
koromen anstatt  der  Schiffsknechte  vor  den  Schiffen 
hätten,  einen  Weg  haben  möchten.  Die  Stadt  habe 
darauf  das  Ziehen  mit  Pferden  verboten  und  den  Lein- 
pfad im  Hellewerder  mit  einem  Bauholz  verschliessen 
lassen.  Trotzdem  aber  seien  die  Supplikanten  den 
Leuten  wieder  mit  Pferden  durch   die  Gärten  gezogen. 

*)  Ueber  den  Handel  nach  dem  dreissigjähngen  Kriege  s. 
Rommel,  Hess.  Gesch.  FX,  131—134.  XJober  den  hesstscheD  Salz- 
haadel  insbesondore  dasei  bat  S.  123. 


ib 


234 


Im  Jahre  1651  klagen  die  hiesigen  Einwohner, 
welche  Gärten  und  Länder  an  der  Fulda  besitzen,  über 
und  gegen  die  Schiffer  von  Melsangen,  Röhrenfort, 
Körle,  Guckshagcn,  Dittershausen,  Dennliausen  und  Bergs- 
hausen, „diiiii)  sie  mit  Schiffen  von  oben  herab  fahren 
und  wider  das  Herkommen  Pferde  vor  dieselben  spannen, 
wodurch  sie  die  Gärten,  Wiesen  u.  s.  w.  an  der  Fulda 
zu  Grunde  richten."  Es  sei  Herkommen,  die  Pferde 
am  sog.  Sauplatz  auszuspannen.  Jetzt  aber  brächten 
sie  dit^'jelben  bi»  unton  an  die  Gärten,  wo  sie  sie  halten 
liessen,  bis  .sie  (die  iSchiffer)  sich  in  der  Stadt  voll  und 
toll  gesoffen  (die  allgemeine  Klage  über  die  damalige 
Landbevölkerung).  Später,  wenn  die  Thore  verschlossen, 
unterständen  .sie  .sich,  mit  den  Pferden  die  Wiesen  und 
Gärten  auszuhiltHn,  das  Kraut  zu  stehlen  u.  a.  m. 

Aus  dem  über  diese  Beschwerde  aufgenommenen 
Gerichtsprotokoll  ist  besonders  nachstehender  Passus 
hervorzuheben:  „Nachdemmahl  dann  gleich  wol  die  Be- 
klagte nicht  leugnen  können,  dass  die  Schiffe  vor  diesem 
80  häufig  und  penn'iii  nicht  als  itzo  gewesen,  sondern 
die  Orte  an  der  Fulda  ...  ahnitzo  mit  Schiffen 
fast  übrig  versehen"  u.  s.  w.,  woraus  also  her- 
vorgeht^ da.ss  die  Schiff riLrt  sich  wieder  gehoben  hatte. 

Gleichwohl  dauerte  es  noch  einige  Jahre,  bis  die 
hessische  Kegierung  ernistlich  daran  dachte,  auch  ihrer- 
seits etwas  für  die  Hebung  des  Verkehrs  auf  den  Flüssen 
zu  thun.  Bereits  im  Jahre  1649  wird  Klage  darüber 
geführt,  dass  das  Bett  des  Fuldastromes  gar  arg  ver- 
Bchleromt  sei  und  man  kaum  mit  einem  Schiffe  bis 
Rotenburg  zu  gelangen  vermöge  *).  Zwar  nimmt  die 
Fischerei-Ordnung    Landgraf  Wilhelms  VI.    vom    Jahre 

*)  Latidau'a  Collect  St.  L.-Bibl.  Es  vrar  besonders  Land- 
graf HemiAon  von  üesscD-Gotenborg  (f  1658),  der  sich  nacli  dem 
Tode  seines  Vaters,  iet?  L.  Moritz,  die  ädüffabrt  auf  der  Fulda 
angelegen  soiu  lies.'-. 


I 


1857*)  bei  den  Vorschriften  über  die  Anlage  der  Aal- 
fliage  (in  §  10)  bereits  darauf  Bedacht,  die  überfiiissigeii 
abzaschaffen  und  die  andern  so  einrichten  zu  lassen, 
das8  die  Schiffe  bequem  vorbeifahren  könnten,  wie 
denn  auch  die  Besitzer  für  den  üferbau  sorgen  sollen. 
Allein  erst  vom  Jahre  1G62  ab  wird  wiederum  energischer 
an  der  Herstellung  des  Schiffsverkehrs  gearbeitet. 

In  diesem  Jahre  erlie.ss  die  Regierung  zu  Kassel 
an  den  OberschultiiHissvn  und  den  Rentmeister  zn  Roten- 
burg ein  Schreiben,  aus  welchem  hervorgeht,  dass  Land- 
graf Wilhelm  VI.  selbst  die  Gelegenheit  an  der  Fulda 
in  Augenschein  genommen  und  gt'iunden  habe,  dass 
das  Buschwerk  an  den  Ufern  des  Flusses  allzu  hinderlich 
sei,  weshalb  sie  den  Befeh!  erhalten,  für  die  Entfernung 
desselben  Sorge  zu  tragen**).  Allein  im  Jahre  1669 
war  weder  dies  geschehen,  noch  waren  auch,  wie  bereits 
durch  die  Fischerei -Ordnung  von  1657  befohlen,  die 
Fischwehre  im  Strombette  entfernt,  so  dass  die  ge- 
nannten Beamten  in  Rotenburg  aufs  Neue  angewiesen 
werden,  die  rfh  der  Fulda  liegenden  Ortschaften  ernst- 
lich znr  Entfernung  der  betr.  Hindernisse  anzuhalten***). 
Dasselbe  Schreiben  erging  an  die  Beamten  zu  Spangen- 
berg, sowie  an  die  von  Banmbach  zu  Binsförth  und 
die  Scholey'sche  Wittib  zu  Malsfeld. 

Nunmehr  schien  im  nächstfolgenden  Jahre  das 
Wfrk  soweit  gediehen  zu  sein,  dass  eine  Probefahrt 
von  Kassel  nach  Hersfeld  stattiinden  konnt.»\  Der 
Bericht  tles  hesfsischen  Beamten  Joh.  Christoff  Werner 
an  die  Landgräfin  Hedwig  Sc»phi{)  vom  21.  März  1670 f) 
zeigt  allerdings  nicht,  dass  die  Fahrt  glatt  von  statten 
gegangen  wäre.     Gleich  bei  der  Abfalirt  fiel   eines    der 

*)  He«».  iMTitJt's-Ord».  II,  444. 
**)  Nach  dem  Original  auf  der  I^andosbibl.  {Landau'sche  Cbtl.). 
»♦♦)  Desgl. 
f )  Nach  dem  Orlgiual  auf  der  L&odeäbibl.  {Landausoha  Coli.). 


236 


Pferdp  um  und  schlug  dem  Knecht  ein  Bein  entzwei, 
deshalb  kamen  sie  an  d^m  Tag  nicht  weiter  als  bis 
Ouxbagen.  Am  zweiten  Tag  erreichten  sie  Melsnngen, 
am  dritten  Heinebach  und  am  fünften  endlich  Hersfeld. 
Der  Bericlit  ergab,  d:iss  die  Herren  von  Riedesel  und 
namentlich  die  Frau  von  Scholley  dem  Befehl,  das  Flnss- 
bett  zu  £>äubern,  nicht  nachgekommen  waren.  Denn 
nicht  nur  die  Tücken  des  Stromes,  auch  die  Wider- 
Bpenstigkeit  der  Anlieger  legte  den  Schiffern  manche 
Schwierigkeiten  in  den  Weg  und  die  Vortheile  eines 
regeren  Handelsverkehrs  schionen  der  hessischen  Land- 
bevölkerung des  17.  Jahrhunderts  nicht  einzuleuchten. 
Ihre  Äalfänge  waren  ihnen  lieber.  So  reicht  der  herr- 
schaftliche Schiffer  Christoph  Stucke  von  Hersfeld,  der 
in  der  Folge  mit  der  Aufräumung  des  Fuldabettes  betraut 
war,  am  4.  Juli  1672  einen  Bericht  ein,  dem  wir  Fol- 
gendes entnehmen :  *) 

Am  10.  Juni  d.  J.  erhielt  er  schriftlichen  Befehl 
von  der  Regiemng,  das  Fuldabett  aufzuräumen  und 
zur  Schiffahrt  zu  aptiren.  In  dem  Schreiben  war  zu- 
gleich enthalten,  dass  alle  Beamten  und  Forstbedienten 
des  Fuldastromes  nicht  nur  täglich  mit  den  nöthigen 
Leuten  zur  Beihülfe  bereit  sein,  sondern  auch  das  nöthige 
Reis-  und  Pfählholz  ihm  verabfolgen  lassen  sollten. 

Auch  war  bisher  seinem  Begehren  überall  an 
Händen  gegangen  worden,  ausgenommen  zwischen  Mals- 
feld und  Binsforth.  Zwischen  diesen  Orten  waren  elf 
Aaltänge,  welche  die  Sthiffahrt  hinderten  nnd  fast  un- 
möglich machten.  Ob  er  nun  wohl  bei  der  adeligen 
Frau  Wittib  in  Malsfeld,  der  schon  genannten  Frau 
von  Scholley,  das  ihm  ertheilte  Rescript  vorzeigte  und 
um  .Abschaffung  der  Aalfänge  und  Stellung  der  nöthigen 
Mannschaft  anhielt,  er  auch  einig«  der  Aalfange,  welche 
am  binderlichsten  waren,   wegräumen  lassen  wollte,   so 

•)De8gL 


Wurde  ihm  verboten  Hand  anzulegen ;  ebensowenig  wurde 
ihm  Mannschaft  zur  Hülfe  gestellt,  und  *t  niusste  un- 
verricbteter  Dinge  wieder  abziehen. 

Das  Regierungsausschreiben  an  die  Scholley'sche 
Wittib  (wie  sie  in  der  Aufschrift  heisst),  und  art  die 
von  Baumbach  zu  Binsförth  lässt  dann  an  Deutiichkeit 
nichts  zu  wünschen  übrig. 

Noch  schlimmer  erging  es  dem  genannten  Stucke 
im  Jahre  1694.  Am  14.  Murr  schreibt  er  an  Landgraf 
Karl  wie  folgt*):  „Euer  Hochf.  Durchlaucht  kann  ich 
liiennit  klagend  nicht  verhalten,  zeiget»  auch  der  hier- 
bei kommende  Schein  von  Schultzen  und  Vorstehern  der 
Gemeinde  Heinebach  mit  mehrerem,  wie  dass,  als  ich  uf 
gnädigsten  Befelch  in  der  Fulda  zwischen  denen  beiden 
Gemeinden  Heinebach  und  Niedern  -  Ellenbach  wegen 
der  Schiffahrt  ackern  müssen,  die  Gemeinde  Niedern- 
Ellenbach  mich  mit  Hacken,  Gabeln  und  Stangen  ver- 
folget, geschlagen  und  fast  ums  Leben  gebracht  haben, 
auch  meinen  Knecht  und  Pferde  so  tractiret  haben, 
dass  sie  vor  tot  gelegen."  Vergebens  zeigte  der  öeber- 
fallene  den  erzürnten  Bauern  den  landesherrlichen  Be- 
fehl. „Sie  achtet<ni  dessen  nicht",  riefen  sie ;  und  wenn 
die  Nachbarn  von  Heinebach  jenem  nicht  zu  Hülfe  ge- 
kommen wären,  so  hätte  man  ihn  wohl  tot  geschlagen 

Landgraf  Karl  hätte  nicht  der  sein  müssen,  der 
er  war,  wenn  er  eine  dem  allgemeinen  Besten  dienende 
Sache  an  der  Wiederspenstigkeit  einzelner  Personen 
hätte  scheitern  lassen. 

Endlich  kam  die  Sache  alfio  in  Gang,  und  der 
schon  mehrfacli  citirte  Chronist  Friedrich  Ltic/ic,  damals 
Hofprodiger  in  Rotenburg,  berichtet  voll  patriotischen 
Eifers  ums  Jahr  1702  folgendermassen  über  die  Fulda- 
HchifFahrt  **J :    „Von  der   Zeit   an   (nämlich   vom  Jahre 

•)  Nach  Ueni  Origirmi  aut  der  T.Andes>bi  1)1.  (/^/«fetu  sehe  Coli.). 
•*)  Rotenburger   l'lironik    auf   der  St.  Liuidfsbibl.    iu  Kassel 


238 


1602)  ist  die  Fuklii  iiavigab«^  blieben.  Darum  verübet 
der  bekannte  neue  Geseliithts-Verfasser*)  einen  groben 
Fehler,  schreibende :  Die  Inwohner  im  Hersfeldischen 
und  Rotenhurgischen  haben  zwar  an  unterschiedenen 
Victualien  Ueberfluss,  aber  aus  Mangel  der  Gelegenheit 
nnd  da  die  Fulda  keine  Schiffahrt  hat,  können  sie 
dieselbigen  nicht  fortführen  nnd  zu  Gelde  machen. 
Es  scheinet,  dass  er  nicht  wisse,  welchergestalt  zum 
wenigsten  alle  14  Tage  die  beladenen  Schiffe  pas-  und 
repassiren  und  bei  kleinem  Wasser  heraufwärts,  desto 
ehender  fortzukommen,  die  Schiffe  durch  angespanntc- 
Pferde  zi»'hen  lassen.  Wer  demnach  nur  viele  schwere 
Güter  in  seinem  Handel  vermöchte,  der  könnt«  sie  gar 
gemächlich  von  Rotenburg  und  Kersfeld  zu  Schiffe 
nach  Kassel,  von  dar  nacher  Mütulcn,  von  dar  auf  «ier 
Weser  nacher  Bremen  und  von  dannen  auf  die  offen- 
bare See  und  folgend«  wohin  er  wollte  gen  W»'sten 
oder  Norden  bringen  und  Profit  machen.  —  Vor  etlichen 
Jahren  kamen  die  Amsterdamer  Kanflente  durch  ihre 
Negocianten  bis  ins  Rotenburger  Amt  und  fiössten  ans 
dem  Ober^Eilenbacher  und  Ludwigsecker  Forst  die 
gr«)ssten  Eich-  und  Bucbbäume  von  der  Fulda  auf  die 
Weser,  von  der  Weser  auf  die  offenbare  See  mit  gutem 
Nutzen  in  Holland.  Es  ist  wahr,  dass  bei  truckenem 
Sommer  die  Fulda  keine  grosse  Schiffahrt  gestattet, 
jedoch  solches  begegnet  wol  denen  grössten  Strömen, 
darumb  aber  hebt  das  verkleinerte  Wasser  keineswegs 
die  Schiffahrt  auf,  zuraalen  hernach  das  hochgestiegen«_ 
W'asser  das  Versäumte  wieder  ersetzen  kann.'^ 


(Mss.  Hass.  fol.  47).  —  Die  Abfa-ssung  der  Chrottik  fällt  un^cfShr 
in  das  im  Texte  augcgeb«ne  Jahr,  vgl  Friedr.  Lucae,  Der  Chronist 
Friedrich  Lucae.    Frankfurt  a.  M.  1854,  8.  344, 

')  Wer  gemmut  sei,  wird  leider  nicht  gvsagt  Winketmann  ist 
es  nicht.,  denn  derselbe  bezeugt  in  seiner  Best'hreibung  der  Fiirsteo- 
thumer  Hessen  und  flersfeld,  S.  391  (vgl.  dnau  S-  58)  ausdrürklirh, 
dass  auf  W'erra,  Fulda  und  Weser  die  Schiffahrt  betriebea  »crdf. 


239 


Dieser  selbe  Frieilrith  Lucae,  der  aus  Schlesien 
um  seines  Glaubens  Willen  vertrieben,  hier  in  Hessen 
gastliche  Aufnahme  und  seit  1676  in  Kassel  ;tls  Hof- 
prediger Anstellung  gefunden  hatte,  führt  uns  nunmehr 
zu  der  interessantesten  Episode  in  der  Geschichte  der 
Schiffahrt  unseres  heimischen  Stromes,  nämlich  zu  den 
Versuchen  Papin's  dahier  in  Kassel  mit  seiner  Taucher- 
maschine und  seinem  Räderschiff. 

Der  Briefwechsel  Lucae's  mit  Leibnita*)  gibt  uns 
Nachricht  hiervon.  Er  zeigt  uns  einmal,  mit  weleliem 
Wohlwollen  der  grosse  Philosoph  dio  Experimente 
Papin's  verfolgte ;  andererseits  aber  auch,  wie  stark  das 
hämische  Misstrauen  war,  mit  dem  man  allgemein,  wie 
iCii  scheint,  in  Kassel  die  Versuche  betrachtete.  Lucae 
selbst  ist  nicht  frei  davon,  und  nur  schlecht  verhehlt 
er  seine  Schadenfreude  über  die  Misserfolge  des  grossen 
Franzosen.  Um  so  höher  aber  müssen  wir  die  Einsicht 
und  den  edeln  Sinn  Landgraf  Karls  anschlagen,  der 
trotz  alledem  Papiii  seine  Gunst  nicht  entzog.  —  Seit 
den  Forschungen  StiUing's  und  GcrlantVs  **)  darf  ich  als 
bekannt  voraussetzen,  dass  Papin  kein  wirkliches  mit 
Dampf  getriebenes  Schiff  auf  der  Fulda  hat  gehen 
lassen.  Aber  das  acheint  doch  festzustehen,  dass  er 
das  Modell  zu  einem  solchen  hier  construirt  hatte ;  dass 
selbiges  nur  nicht  tief  genug  war,  um  die  Dampf- 
maschine in  sich  aufzunehmen.  Dieses  Modell  hat  er 
auf  der  Fulda  gehen  lassen,  nur  wurde  es  in  Erman- 
gelung des  Dampfes  mit  den  Armen  fortbewegt,  und 
insofern  dürfen  wir  mit  Recht  behaupten,  die  Fulda 
habe  das  erste  Dampfschiff  getragen.  Papin  wOrdo  eben 
den  Dampf  angewandt  haben  zur  Fortbewegung,  wenn 
die  Tiefe  des  Flusses  es  zugelassen  hatte. 

•)  Abgedruckt  in  der  eben  citirten  Lebensbeschreibung  dos 
Chronisten,  S.  292  ff. 

••)  VerofleDtlicht  in  dieser  Zeitschrift,  N.  F.  Bd.  MIT. 


240 

Infolge  der  unglöcklichpn  Explosion  seiner  Dampf- 
kanone  musste  Papin  am  24.  Sept.  1707  Kassel  und 
Hessen  verlassen  und  wollte  sich  mit  seinem  Schiffs- 
modell die  Fulda  und  Weser  hinab  nach  Bremen  und 
von  da  nach  England  begeben.  Um  aber  mit  dem  Modell 
an  Monden  und  seiner  Stapelgerechtigkeit  vorüber  zu 
kommen,  Hess  er  es  von  dem  dortigen  Schiffer  Lodwig 
ins  Schlepptau  nehmen,  da  ihm  die  Erlaubniss,  es  auf 
eigne  Hand  vorüber  zu  führen,  nicht  ertheilt  worden 
war.  Der  Drost  von  Zenner  zu  Münden  hatte  ihm  hier 
auch  bereits  die  Weiterfahrt  gestattet,  als  die  auf  ihr 
Recht  eifersüchtige  Schiffergilde,  die  nun  einmal  kein 
Kasseler  Fahrzeug  an  Münden  vorbei  kommen  lassen 
wollte,  das  Schiff  ans  Land  zog  und  in  Trümmer  schlug. 
Diese  Trümmer  wurden  am  5.  October  auf  Anordnung 
des  Bürgermeisters  trotz  der  Einsprache  des  Drosten 
öffentlich  versteigert. 

Dieses  Ereignis  ist  die  traurigste  Fracht  der  eng- 
herzigen Stapelgerechtigkeit.  Denn  eben  hierum,  nicht 
weil  sie  die  Concurrenz  der  Dampfkraft  gefürchtet  hätten, 
wie  vielfach  noch  geschrieben  und  geglaubt  wird,  haben 
die  Mündener  Schiffer  Papin's  Modell  zertrümmert,  von 
dem  sie  gar  nicht  wussten,  dass  es  ein  Dampfschiff 
war.  Die  Mündener  waren  in  ihrem  Recht;  allein  vom 
alten  rOmischen  Reiche  galt  das  Wort  Goethes: 

Es  erboD  sich  Gesetz  und  Bechte 
Wie  eioe  ew'g«  Krankheit  fort 

Und  der  Gönner  Papin's,  Landgraf  Karl,  der  auf  so  vielen 
Gebieten  anregend  und  fruchtbringend  wirkte,  und  dem 
es,  um  ein  von  der  Weltgeschichte  gepriesener  Friedens- 
furst  zu  sein,  nur  an  einem  grossen  Reiche  fehlte, 
wollte  auch  bekanntlich  den  Handel  seines  Landes  von 
dem  Alp  der  Mündener  Stapelgerechtigkeit  und  dem 
dadurch  bedingten  Privileg  der  Spedition  frei  machen. 
£r   fasste   deshalb   den  grossartigen  Plan,    von   Karls- 


liafen    aus   einen   Kanal   bis   hier  zur  Fulda  anzulngen, 

»ja  ilm  später  weiter  hinauf  zur  Lahn  fnitziiführen  und 
so  Rhfin  und  Weser  zu  verbinilen.  Dieser  Plan  kam 
nicht  zur  Ausführung;  der  Landgraf  starb  und  seine 
Nachfolger  nalimen  den  Gedanken,  vielleicht  weil  er 
undurchführbar  war,  nicht  wieder  auf.  Aber  die  Spuren 
des  Kanals  sind  noch  heute  von  Trendeüburg  bis  Karls- 
bafen  zu  sehen  *).  Von  bleibendem  Werthe  für  den 
hessischen  Hände!  war  atmach  nur  die  Anlage  der  letzt- 
genannten Stadt,  seiner  eigensten  Schöpfung.  Das  Kmpor- 
blühen  von  Karlshafen  hat  den  Mundener  Handel  nicht 
wenig  geschädigt,  wie  ausdrücklich  bezeugt  wird  **}. 
I  Im    Jahre    1722   erliess  Landgraf  Karl    noch   eine 

»Verordnung,  wie  es  auf  der  Schlacht  zu  Kassel  bei 
Kauf  und  Verkauf,  auch  Messung  des  Holzes  und  anderer 
dahin  gebrachter  Güter  gehalten  werden  solle«  ***).  Nach 

I  seinem  Tode  geschah,  wie  es  scheint,  wenig  mehr  für 
Erhaltung  der  Schiffahrt  und  Regulirung  des  Flusses. 
Eia  neues  Leben  kam  in  die-  Sache  erst  wieder  im 
siebenjährigen  Kriege,  und  zwar  durch  die  Franzosen  |). 
Diese  erkannten  die  Wichtigkeit  der  Wasserstrasse  für 
ihre  Zwecke  und  hatten  sogar  den  IMan,  die  Fulda  bis 
hinauf  gen  Fulda  zu  erschliessen.  Sie  nöthigten  des- 
halb den  Bischof  und  die  Grafen  von  Schlitz  zur  Aus- 
führung der  dazu  erforderlicheii  Dauteii ;  und  es  wurden 
■  L  J.  1762  von  Hersfeld  aufwärts  auch  wirklich  eine 
Reibe   von  Schleussen   angelegt,   so  beim   Eichhof,   bei 


I 


•)  Des  Nähereu  handelt  über  diese  Caualprojecto  Erost  Qer- 
iand  in  dieser  Zeiüichiift,  N.  F,  Bd.  IX.  S.  348  ff.  Vgl.  auch  eine» 
Aufsatx  von  f'fporg]  Lfmuiau]  ini  Hess.  Vulksblatt  von  IS'lil, 
Nr.  16  u.  17  ülber  die  Bautoü  und  Trojeüte  zur  Suhillbarmaehung 
der  hes.si.schfD  Flüsse. 

••)  Aoa*?,  a.  a.  0.  S.  238. 
•*•)  Hea«.  Landesordniingcn  Ili,  881. 
t)  S   dariilior   eiiieu  Aufsatz   vou  Landau   im  FIpss.  Volksbl, 
V.  J.  1843,  Nr.   iö  u    17. 

N.  V    XVI.  Bd.  \\y 


242 

Rimbach,  Frauen-Rombach,  Pfordt  und  Hemmen.  Der 
Friede  unterbrach  die  Arbeiten;  doch  der  hessischen 
Regierung  schien  das  einmal  Begonnene  so  wichtig,  dass 
sie  nun  ihrerseits  mit  Fulda  und  den  Grafen  von  Schlitz 
in  Verhandlungen  trat.  Selbige  sollten  nur  noch  4 
Schleussen  bauen,  deren  Kosten  auf  nicht  mehr  als 
20000  fl.  veranschlagt  waren.  Auch  die  Zusicherung  von 
Frankfurter  Kanfleuten  hatte  man,  dass  sie  ihre  Bremer 
Waaron  fortan  über  Kassel  und  Fulda  kommen  lassen 
wollten.  Trotzdem  aber  scheiterte  'der  Plan.  Die  voll- 
endeten Schleussen  werke  waren  noch  zu  Anfang  dieses 
Jahrhunderts  zu  sehen,  seitdem  sind  auch  sie  ver- 
schwiinden. 

Dagegen  wurde  nach  dem  Kriege  die  Verbindung 
mit  Hersfohl  wieder  aufgenommen.  Neue  Marktschüb 
wurden  gebaut,  da  noch  im  letzten  Jahre  des  Krieges 
die  Verbündeten  duri-h  Fortführung  und  Vemichtong 
zahlreicher  Fuldaschiffe,  um  sie  den  Franzosen  zu  ent- 
ziehen, der  Schiffalirt  schweren  Schaden  gethan  hatten ; 
und  diese  Marktschiffe  gingen  bekanntlich  bis  in  unsere 
Zeit  wiWhentUch  zweimal.  Sie  haben  sogar  ihre  poe- 
tisi'lie  Verherrlichung  gefunden  in  Dingekiedfa  kleinem 
Roman  »Die  neuen  .Argonauten«,  der  leider  nicht  in  die 
(ie^inimtau9gabe  seiner  Werke  aufgenommen  ist  and 
heute  bf^rxMhit  »Is  selten  bezeichnet  werden  mnss.  Die 
;>v'hwiorii;keiten  einer  Fahrt  von  Hersfeld  nach  Kassel 
sind  darin  mit  köstUohem  Humor  geschildert. 

K.he  d>e  jregtMJwärtige  tiefe  Srille  auf  unserem 
heiniAthlu  hen  Fluss«^  eintrat«  gab  e«  auch  noch  einmal 
eine  Iü;<^tu^>  /«'it  für  ihn.  IXis  w.ir  in  drn  heitern  Tagen 
deci  Konu:n'iohs  Wt-stfjilen  Die  Fulvla.  welche  bereits 
<e\i\  l^:rpf<«:lr.tf  i'-n  m;r.i.t:üre  iidrurra  hatte,  schaukelte 
vtJt  Ä'Cir  A"»t  ihrtni  WtUtn  em  iVÄlrtx'^ht«?*  Kri^sschiff 
r.:.:  Dt'C(''.Dt\'h:*'r  ]tlATrv'«$«-ii  and  julrz:  Zabehur.  aber 
AUvh    i'ur   t'ia   Sp'^LfrCC.   «ii»   der  Könif   von  Holland 


SPiTieni  Bruder  J^rnme  zum  Geschenk  gemat-ht  hatte*). 
Der  König  und  die  Königin  fuhren  mit  zahlreicher  Be- 
gleitung in  drei  oder  vier  grossen  sog.  Bücken,  welche 
mit  den  westpiiäli sehen  Landesfarben  augestrichen  und 
mit  Büschen  und  Blumen  reich  geschmückt  waren,  die 
Fulda  hinunter  bis  Münden,  um  das  »Kriegsschiff*  in 
Empfang  zu  nehmen,  das  man  die  Weser  heraufgebracht 
Latte.  Für  Jerome  und  seinen  Hof  war  das  Ereignis 
eine   willkommene    Veranlassung,    in   Münden   ein   Fest 

■  feiern  zu  können,  üeberhaupt  hatte  Jeröme,  wahr- 
scheinlich in  Erinnerung  an  seine  frühere  Stellung  als 
Seeoffizier,    eine   fast    kindliche    Vorliebe    für    Wasser- 

B  patthieen.  So  erzählt  Friedr.  Müller  in  dem  unten 
angeführten  Werke,  dass  der  König  öfters  in  seinem 
Kriegsschiff,  unter  Entfaltung  aller  Segel,  bis  hinauf 
zum  Üamme  fuhr,  wo  dann  die  kleinen  Kanonen  ab- 
gefeuert wurden,  während  der  Hof  ihn  in  zahlreichen 
Nachen  und  Booten  umschwärmte.  Die  übrige  Bevöl- 
kerung  machte  es   ihm   nach,    und  ein  im  Jahre    1814 

\  erschienenes,  die  Zeit  des  Königreiclis  Westfalen  nicht 
uneben  schilderndes  Werk,  »die  Französische  Garküche 
an  der  Fulda*  betitelt,  sagt  auf  S.  102,  dass  oftmals 
Wasserparthieen  von  150  Per.sonen  mit  Sang  und  Klang 
die  Fulda  durchschwärmten,  bald  bei  diesem,  bald  bei 
jenem  Dorfe  ans  Land  stiHgen  und  hier  bis  an  den 
helhni  Morgen  tanzten.  Jetzt  sucht  man  vergebens  einen 
Nachen  mit  fröhlichen  Mt-nschen,  der  den  Spiegel  des 
Flusses  belebt,  und  doch  sind  die  Ufer,  zumal  strom- 
abwärts, so  schön! 


» 


I 


•)  Friedr.  Mütkr,  Kassel  «eit  70  Jaliron  I,  20.  Vprgl.  dazu 
lA)t*e,  Gesch.  der  Stadt  Uüodeu,  S.  192  f.  "WeDii  der  Ixjtzterc  diö 
Ankunft  des  Scbiif«s  iu  deu  August  di>8  Jahics  1812  setzt,  äo  ist 
diese  Zeitangabe  uiclit  richtig,  da  König  Ludwig  von  Holland  schon 
im  Jahre  1810  abdankte. 


-öDi- 


16 


244 


VL 


Ans  den  letzten  Tagen  des  Ednigreiehs 
Westphalen. 

Von 
Arthur  Kleinschmidt 

j^ljs  ging  mit  Napoleons  GlQck  zu  Ende,  in  Kassel 
^^mangelte  es  durcliaus  an  zuverlässigen  Nachricliteii, 
der  Moniteur  de  Westphalie  war  ungemein  verschwiegen 
nnd  hütete  sich  wohl,  der  Erfolge  der  alliirten  Trappen 
flher  Napoleon  zu  erwähnen ;  von  Ohr  zu  Ohr  ging  nur 
ein  Flüstern,  ein  Streifcorps  ziehe  heran.  Eine  gewisse 
Erregung  blieb  im  ganzen  Königreiche  und  schon  im 
August  1813  meldete  der  Gensdarmeriebrigadier  Scheffert 
in  Rodenberg  bei  Nenndorf  dem  Generalkommissär  der 
hohen  Polizei  in  Braunschweig,  Guntz:  „Das  Volk  im 
ganzen  hoift  sehr  auf  die  Russen  —  besonders  im 
Hannoverschen."    (Staats-Archiv  in  Hannover  *).    Reper- 

*)  Zur  Abkürzung  werde  ich  bei  Angabe  meiner  nnge- 
druckten  Quellen  miuh  folgender  Buchstaben  bedienen:  für  das 
Staatsarchiv  in  Hannover  St.-H..  für  das  Geheime  Staatsaicbiv  in 
Berlin  St.-B.,  für  das  Haus-  und  Staatsarchiv  in  Darmstadt  8t*D. 
Manches  entnahm  ich  den  nachgelassenen  ungedruckten  Papieren 
eines  Neffen  meines  Grossvaters,  des  Hofraths  Hermann  Becker. 
(Hermann  Becker,  Kurhess.  Hofrath,  später  auch  Notar  bei  der 


I 

I 


I 


I 


torixun   der   Akten    aus    der    westphälisch-französischcn 
Zeit.    XV.  Polizeisachen.  Nr.  51.)     Da.ss  es  dem  Kas-seler 
Hofe  nicht  ganz  geheiter  erscheine,   schlössen  aufmerk- 
Mune  Beobachter   aus  der  in  ihren  Motiven   schwer  er- 
klärlichen   Einstellung   der   Conscription   für   das    Jahr 
und    aus    der    Suspension    der    auf    der    Tagesordnung 
stehenden  sehr  bedeutenden  Bauunternehmungen.     (De- 
pesche des  grossherzoglich  he^ssischen  ausserordentlichen 
Gesandten   und    bevollmächtigten    Ministers    in    Kassel, 
Baron   de   Moranville,   an   Grossherzog    Ludwig   L,    17. 
Sept.  1813.    Grossherzogl.  hessirtclu-s   Haus-  tmd  Staats- 
archiv   in  Darmstadt.)     Hier   und  da   tauchten  im  Han- 
noverischen feindliche  leichte  Truppen  auf  und  man  ver- 
nahm   von  kecken     Abenteuern    dei*   russischen   Reiter- 
föhrers  Alexander  Iwanowitsch  Tscheruitschew,  der  über 
die  Elbe  daher  stürmte ;  so  hatte  er  Mühlliausen  zerstört, 
die  Behörden  gefangen  und  in  einen  Wagen  eingekeilt, 
den    er   mit  sich    führte.      Im    Land    Hannover   gingen 
Gerüchte  um,    der    Feind    nahe ;    die  Garnison    in   und 
um  Celle  zog  sich  zaräck,   die  Commandanten  in  Celle 
und  in  Uelzen  gingen  nach  Hannover,    hier  zitterte  der 
allgemein  verhasste  l'olizeikommissär  Frömbling  für  sein 
Leben  und  war  entschlossen,  hei  Anmarsch  des  Feindes 
Hannover    sofort  den  Rücken  zu  kehren,    während   sein 
minder  bedrohter    Amtsbruder    Grahn   auszuhalten   ge- 
willt war.     Die  Militärbehörden  in  Hannover  trafen  Vor- 
sichtsmassregeln, die  Thore  blieben  von  acht  Ulir  Abends 
bis  zum  Sonnenaufgänge  geschlossen,    die  Militärs  und 
einige  Civilbeamte  bereiteten    alles  zur  Abreise  für  den 
Moment  vor,   sobald  der  Feind  eingerückt  sein  werde ; 


Wüsenhiuslotterie  iu  Kassel,  war  damals  Sekretär  bei  dem  Obor- 
gerichte  in  KasisoL,  verhoitathot  am  2fi,  Mai  1824  mit  Auguste 
Landre  (f  14.  Dec,  I83B),  Tochter  des  Rittmoiüters  a.  D.  Landre 
und  der  Philippine  KlpioHchmidt,  einer  Scbwc&tor  meiiiOB  Gross- 
vaters  wie  auch  der  Kreisiiitliin  Henibe  in  Kotenburg. 


246 


die  Polizei  war  durch  Geheimagenten  benachrichtigt, 
derselhe  wolle  «ich  um  jeden  Preis  der  Archive  der  Hohen 
Polizei  und  der  Genbdarmerie  in  Hannover  bemächtigen, 
darum  ordneten  beide  Kommissäre  in  der  Nacht  zum 
12.  Sept.  die  Papiere  und  Archive  zum  Zwecke  ihrer 
Entfernnng  anter  bewaffnetem  Schutze.  Bei  dieser  be- 
drohlichen Lage  zeigte  die  Bevölkerung  eine  d«r  hohen 
Polizei  auffallige  Ruhe :  letztere  hatte  bei  der  Anhäng- 
lichkeit so  vieler  Hannoveraner  an  das  alte  weltische 
Regiment  Seenen  erwartet  und  die  KominissäiT  Grahn 
und  Frömbling  schrieben  am  14.  Sept  erstaunt  an  Gontz : 
„Es  scheint,  es  giebt  unter  ihnen  solche,  die  anfangen, 
Vernunft  anzunehmen,  und  ihr  wahres  Interesse  erkennen.'* 
(St.-H.  XV.  51.)  Die  Bevölkerung  blieb  auch  ruhig,  als 
am  Morgen  des  20.  Sept.  ein  Detachement  von  achtzig 
Mann,  Kasaken»  Husaren  >von  Estorf«,  Jäger  »von  Kiel- 
mannsegge<  und  zwei  britische  Husaren  in  Celle  ein- 
ruckten :  von  ihrem  Vorhaben,  einen  Gefangeneu  zu  be- 
freien hielt  der  Polizeikommissär  Haas  die  Scha&r  durch 
die  Vorstellung  zurück,  der  Mann  sei  ein  Betrüger;  sie 
begnügte  sich  nun  mit  der  Versiegelung  einiger  Kassen, 
dem  Verbrennen  der  Conscriptionslisten  und  ähnlichen 
Dingen  und  sprengte,  als  etwa  vierzig  westphälische 
Garde-Chevanxlegers  um  Mittag  übfr  sie  herfielen,  davon, 
wobei  acht  bis  neun  Leute  gefangen  wurden.  (Bericht 
von  Haas  in  Celle  an  den  Generaldirektor  der  Hohen 
Polizei,  Bsiron  Bongars,  21.  Sept.  St.-H.  XV.  51.)  Ein 
Polizeikommissär  in  HQdesheim  macht»  Gnntz  am  20. 
Sept.  darauf  aufmerksam,  der  vom  Könige  besonders 
ausgezeichnet«  neue  Cnterpräfekt  von  Nordenflycht 
äussere  sich  höchst  illnyal  und  die  Treue  des  Präfekten 
Staatsraths  von  Reiman  sei  zweifelhaft.  (St-H,  XV.  51.) 
Vorerst  blieb  die  Ruhe  im  Distrikte  Hannover  ungestört 
und  auch  um  Celle  zeigten  sich  keine  weiteren  Partei- 
gänger;   erst  am  30.  Sept.  verliessen  die  Gensdarmerie 


and  die  Militärbehörden  Hannover,  wo  vorerst  der  Präfekt 
Frantz  blieb.  (Bericht  von  Fraiitz  un  den  Minister  des 
Innern,  30.  Sept.  St.-H.  XV.  62.)  Im  Draunsehwei- 
len  zuckte  plötzlich  ein  uiiheiinhcli«>r  Blitz,  der 
ipteussische  Oberstlieutenant  F.  \.  L.  von  der  Marwitz 
überschritt  mit  dem  S.  neumärkischen  Landwehr-Reiter- 
regimente  am  22.  Sept.  diu  Elbe,  überrumiieltt'  am  25. 
Braunsc-hweig  und  entfülirtf  hui  dem  Abznge  eine  Reihe 
diensteifriger  königlicher  Beamten  nach  Stargiird.  Dif 
Geheimpolizei  aber  war  im  Königreiche  noch  rühriger 
als  bisher,  die  Privat -Korrespondenz  wurde  befetändig 
erbrochen,  die  Zeitungen  lugen  nnter  dem  doppelten 
Drucke  der  französi.schen  und  der  westphäli-schen  Regie- 
rung. Jedermann  befleissigte  sich  peinlicher  Vorsicht, 
um  nicht  in  Contiikte  zu  gerathen ;  an  den  baldigen 
Eintritt  einer  Gefahr  für  Kassel  glaubte  man  nicht, 
weil  der  König  in  Kas.sel  blieb ;  freilich  sandte  er  seine 
kostbarsten  Kffekten  weg  und  liess  unter  dem  Verwände 
der  Dekorirung  eines  neuen  Thronsaals  die  schönsten 
Statuen  aus  dem  Marmorbade  und  die  Hauptschätze  des 
Museums  zusammentragen,  um  sie  leichter  wegschaffen 
lassen  zu  können.  Erst  am  26.  Sept.  berichtetti  der 
Moniteur  du  Westphalie»  der  Herzog  von  Reggto,  Oudinot, 
sei  am  24.  Aug.  hei  Grossbeeren  nicht  ph'icklich  gewesen 
und  siei  nach  Wittenberg  zurückgegangen,  der  Fürst 
von  der  Moskwa,  Ney,  habe  da-s  Commando  übernom- 
men und  zwar  am  5.  Sept.  Tauentzien  geschlagen,  sei 
aber  Tags  darauf  auf  dem  Marsche  durch  Bülow  genö- 
thigt  worden,  sich  auf  Torgau  zurückzuziehen ;  zwischen 
den  Zeihen  konnte  man  grössere  Misserfolge  lesen. 
Flüchtlinge,  denen  man  vftrgebens  den  Zutritt  wehren 
wollte,  verbreiteten  bald  Kenntniss  von  der  französischen 
Niederlage  bei  Dennewitz  oder  Jüterbogk  vom  B.  Sept., 
und  neue  Sorge  ergriff  die  Gemütlier,  um  so  melir  als 
Nachrichten    von  der  Grosseri  Armey   fast  ganz  ft-hlten. 


248 


(Deppsche  des  preuRsischen  Geschäftsträgers  Legations- 
raths  von  Mettingli,  Berlin  14.  Okt..  an  Friedrich  Wil- 
helm 111.  Geheimes  Staatsarchiv  in  Berlin.  Hessen.  Rep. 
1.  Nr.  24.)  Allmälig  mathte  sich  alle  Welt  mit  dem 
Gedanken  an  eine  wahrscheinliche  Katastrophe  vertraut, 
niemand  schien  jedoch  zu  wissen,  wuher  der  Schlag 
kommen  würde.  Dass  der  französische  Gesandte,  Baron 
Reinhard,  schon  länger  Befürchtungen  hegte,  bekundet 
sein  Brief  an  den  Herzog  von  Bassano,  Maret,  vom  12. 
Sept.,  worin  es  u.  a.  hie,ss:  ,,Ich  habe  jetzt  weniger 
als  im  letzten  April  für  den  Fall  Zutrauen,  dass  der  Feind 
die  Stadt  Kassel  bedrohen  sollte,  die  in  militärischer 
und  politischer  Hinsicht  sicher  ein  sehr  wichtiger  Punkt 
ist.  Der  König  denkt,  der  Feind  könne  sich  nicht  an 
diesen  Punkt  wagen,  und  seine  Erwägungen  sind  sehr 
richtig;  aber  wir  leben  in  einer  Krise,  die  voll  unvorher- 
gesehener Fireignisse  ist,  und  ich  möchte  wenigstens, 
der  König  hätte  ausser  seineu  Husaren  etwas  fran- 
zösische Infanterie  um  sich."  Dieser  Brief  wurde  vom 
Feinde  abgefangen,  erschien  in  einem  österreichischen 
Journal  und  diente,  wie  ßaron  Du  Casse  sagt,  als  Anlass 
zu  l'schemitschews  Zug  auf  Kassel,  das  diesem  von 
Vertheidigungsmitteln  ganz  entblöst  dünken  mochte. 

Jerome  schien  resignirt  und  meinte,  alle  Massregeln 
getroffen  zu  haben,  um  von  jeder  Bedrohung  der  Resi- 
denz zeitig  avertirt  zu  werden:  schlimmsten  Falls  hielt 
er  das  Corp.s  Bastinellers  bei  Heiligenstadt  für  stark  ge- 
nug, sich  einige  Tage  gegen  überlegene  Streitkräfte  zu 
wehren  and  ihm  derart  zu  einem  gut  geordneten  Rück- 
züge Zeit  zu  verschaffen.  In  der  Frühe  des  27.  Sept 
belustigte  er  sich  mit  dem  Hofe  auf  einer  Landpartie, 
als  ihm  ans  Nordhausen  gemeldet  wurde,  von  dorther 
seien  Ka.saken  im  .Anmärsche,  doch  verliess  er  sich  auf 
Bastinellers  Schritte  wie  auf  den  Umstand,  dass  der- 
eelbe  noch  keine  verdächtige  Bewegung   bemerkt  habe, 


I 


nahm  von  der  Meldung  keine  Rücksicht,  spasste  viel- 
mehr darüber  mit  den  Hoftlatnen.  (8t.-B.,  Depeschp. 
V.  Mi'ttinghs  an  Friediii-h  WiUielm  111.,  14.  Okt.)  Im 
diplomatischen  Corps  zu  KasHcl  regte  sich  Unruhe  über 
die  nächste  Zukunft;  der  hessi-scbe  Gesandte  Baron 
Moranville  .siedelte  im  Stjfitembcr  nach  Arolsen  über,  wo 
er  auch  akkreditirt  war;  der  österreichische  Gesandte 
Baron  Schall  war  in  Folge  de.s  Anschluase.s  von  Oester- 
reitb  an  Nupoleou;*  Gegner  am  Iß.  August  abgereist,  den 
preas«i8fhen  Gcscbäftsträger  von  Mettingh  hielt  man  in 
Hausarrest.  Während  des  26.  und  27.  September  liefen 
in  Kassel  beunruhigende  Nachrichten  ein,  man  erfuhr 
nicht  nur  von  Marwit.z'  Handstreichj  sondern  Bastineller 
meldete  auch,  dass  sich  im  Harze  feindliche  Schaaren 
zeigten  und  bis  Mühlhausen  und  Nordhausen  vordrängen. 
Den  Angriff  erwartete  man  nach  wie  vor  vom  Harze 
aus,  nicht  von  der  Unstrut,  weshalb  nachher  die  Ueber- 
raschung  so  ungeheuer  war.  Der  Kronprinz  von  Schweden, 
Bernadotte,  gestattete  dem  unter  ihm  dienenden  General- 
major Tschernitscliew,  dessen  ich  oben  erwähnte,  einen 
Ueberfall  von  Kassel  zu  versuchen,  und  gab  ihm  Offiziere 
bei,  die  mit  den  hessischen  Lokalitäten  vertraut  waren, 
unter  ihnen  den  Major  Freiherrn  von  Dörnberg.  Tscher- 
nitschew  umging  Ba.-^tineller  und  erschien  in  der  Frühe 
des  28.  zwischen  Ober-  und  Nieder-Kaufungen. 

Um  4  Uhr  in  der  Frühe  des  28.  Sept.  war  General 
Bongars^  der  Chef  der  Hohen  Polizei,  von  dem  Heran- 
nahen der  Ru8.sen  unterrichtet  worden.  Er  begab  sich 
sofort  zu  J^rome.  Dieser  liess  die  Garnison  unter 
Waffen  treten,  sandte  25  Husaren  und  2  Compagnien 
Garde-Chasseurs  auf  Recognoscirung  aus,  doch  geriethen 
diese  in  Folge  des  dichten  Nebels  mitten  unter  die 
Rossen.  In  Kassel  hörte  man  lebhaftes  Kleingewehr- 
feuer aus  der  Gegend  der  Leipziger  Vorstadt;  rathloa 
rannte  die  Hufgesellschaft  einher,  als  sie  vernahm,  dort 


250 


SPien  die  Kasaken ;  letztere  nahmen  mühelos  die  sechs 
Geschütze  aaf  dem  Forst  und  fingen  ab,  was  ihnen  aus 
Kassel  entgegen  geworfen  wurde.  Die  Anstalten  zum 
Schatze  Kassel»  zeigten  sich  als  ganz  anzalänglich ; 
Jerome  stieg  im  Hofe  des  Bellevue-Schlosses  zu  Pferd, 
ritt  darcti  die  Reihen  und  ermunterte  die  Kleinmüthigen ; 
die  Generalität,  die  Minister  und  hohen  Beamten  sam- 
melten (»ich  ullmiilig  um  ihn.  Gern  hätte  man  auch 
die  üffentlicben  Kasten  gerettet,  schleunigst  zahlte  man 
den  Beamten  für  September  und  Oktober  den  Gebalt 
aus,  ja  einigen  auch  für  die  beiden  letzten  Monate  von 
1813  und  beugte  dadurch  schweren  Bedenklichkeiten  vor. 
Immer  mehr  Kasaken  zeigten  sich,  immer  näher  hörte 
man  das  Schie«sen.  Im  Besitze  der  Geschütze  vom 
Forst  drängte  der  Feind  die  Westphalen  hinter  die 
Wahlebach  zurück ;  an  der  Leipziger  Strasse  behauptete 
sich  zwar  auf  der  ßettetbrücke  bis  zum  Nachmittage 
der  kühne  Commandant  der  Garde-Jäger,  Major  Baron 
(seit  13.  Mai)  Johann  Ludwig  Boedicker,  doch  masste 
er,  auf  den  Flügeln  umgangen,  sich  auf  das  Leipziger 
Thor  zurückziehen.  Die  Russen  brachen  gegen  10  Uhr 
in  die  L'nterneustadt  ein,  bemächtigten  sich  des  Castells, 
ans  dem  sie  alle  Gefangenen,  über  hundert,  befreiten 
und  gegen  elf  endete  das  Feuer,  der  Feind  zog  ab.  Um 
diese  Zeit  erfuhr  Tschemitschew,  dass  es  möglich  sei, 
eine  halbe  Wegestunde  oberhalb  von  Kassel  den  Fluss 
zu  durchschwimmen,  und  schickte  Kasaken  an  diese 
Stelle.  Sobald  Jerörae  hiervon  hörte,  hielt  er  den  Moment 
zur  Flucht  für  gekommen;  wenn  die  Russen  dort,  bei 
der  Neuen  Mühle,  die  Fulda  passirten,  so  konnten  sie  ihm 
die  Frankfurter  Stnisse,  d.  h.  die  Hauptverbindang  mit 
Frankreich,  abschneiden :  darum  gab  er  den  Gardes-du- 
Corps  und  Garde-Husaren  Ordre,  die  Frankfurter  Strasse 
zn  besetzen.  Einige  hundert  Garde-Hu.saren  rückten 
tnm  Frankfurter  Thor  hinaus,  Jeröme  jagte  ihnen  nach, 


von  den  Gardes-du-Corps,  einigen  Haufen  Clievanx- 
legers  und  einur  AbUieilung  Garde-Grenadiere  mit  üiren 
Fahnen*).     Bastirieller  war  am  28.  in  Lichtenaa   ange- 

i    kommen  und  konnte  somit  die  Russen  im  Rücken  fassen; 

'  als  er  aber  den  Kanonendonner  hörte,  vermuthete  er, 
Kassel  sei  genommen,  und  zog  seitwärts  nach  Morschen 

■  zu;  seine  Leute  desertirten  in  Masse  und  schliesslich 
fanden  sich  in  Friedberg,  wo  endlich  die  Flucht  auf- 
hört?, mit  Einschluss  der  Offiziere  noch  etwa  80  Mann 
znsainmen.  Diesen  Feind  brauchte  somit  Tschernitschew 
nicht  zu  bekämpfen. 

Jeröme  dachte  nur  an  ili«  eigene  f^icherheit  und 
ritt  in  einem  Zuge  bis  Wetzlar,  d,  h.  14  Meilen  weit. 
Tst'hernitschew  belielligte  seinen  Abzug  nicht,  denn  er 
fürchtete,  Bastiiieller  falle  über  ihn  her.  (Depesche  v. 
Mettingh's  an  Friedrich  Wilhelm  111.,  U.  Okt.  St-B.) 
J^röme's  Gefolge  hatte  sich  sehr  vermehrt,  die  Mini.ster 
und  viele  hohe  Beamte,  besonders  Franzosen,  waren  ihm 
nachgeritten,  viele  andere  Franzosen  verliessen  zu  Fuss 
die  Residenz  und  manchem  gelang  es  nicht,  den  Kasaken 
zu  entrinnen,  die  nicht  anstanden,  ihn  bis  aufs  Hemd 
auszuplündern.     Die  Kasaken  lockten  eine  Reihe  Garde- 

■  Husaren  von  der  Frankfurter  Strasse  ab  durch  den  Flass, 
zogen  ihnen  die  prächtigen  Uniformen  aus  und  jagten 
fsie  in  Hemd  und  Hose,  auf  dem  Kopfe  die  spitze  hohe 
Mütze,  unter  wildem  Gelächter  zum  Leipziger  Thor 
hinein,  wo  sie  im  Wachthaus  blieben,  bis  man  alte 
Mäntel  für  sie  fand.  (Brief  Wilh.  Grimms  an  Arnim, 
15.  Dhc.  1813.  Kleinere  Schriften  1881.)  Auch  unter 
den  Truppen,  die  Jerome  folgten,  rissen  Disciplinlosigkeit 
und  Desertion  ein.  Nicht  mehr  als  180  Mann  rückten 
am  Nachmittage  des  29.  in  Marburg  ein,  Jerome  war 
ihnen  vorausgeeilt,   übernachtete  in  Wetzlar  und  setzte 

♦)  Uobcr  dio  Stollung  Jorönie's  am  Wai-teküppel  und  bei  der 
Knallhütte  s.  f.  Spttkl,  Das  Königreich  Westphalen  Ü.  167  u.  168. 


252 


am  30.  seine  Flucht  bis  Coblenz  fort.  Reinhard,  der 
mit  Jerome  abgereist  war,  schrieb  verzweifelnd  am  29. 
aus  Wetzlar  an  den  kaiserlichen  Minister  des  Aeusseren, 
Herzog  von  Bassano :  „Wir  haben  absolut  keine  Nach- 
richt aus  Kassel.  Niemand  ist  zu  uns  gestossen.  Der 
König  und  seine  Umgebung  wissen  nicht,  ob  es  besser 
sei,  sich  nach  Coblenz,  kurz  nach  Frankreich  zu  begeben 
oder  weitere  Nacli richten  am  rechten  Rheinufer  abzu- 
warten, um,  wenn  h'w:  gut  lauten,  nach  Marburg  umzu- 
kehren .  .  .  Ich  schreibe  in  Eile  und  mit  zerrissenem 
Herzen."  Auch  Jerome  theilte  aus  Wetzlar  am  29.  dem 
Kaiser,  dessen  Zorn  über  seine  voreilige  Flucht  er  ahnte, 
seine  letzten  Erlebnisse  mit  und  schloss  also*):  „Bei 
dieser  Sachlage  blieb  mir  keine  andere  Wahl,  da  ich 
nicht  daheim  aushaltnn  und  auf  keine  HiiJfe  rechnen 
durfte,  als  mich  auf  Coblenz  zurückzuziehen,  den  Rhein 
werde  ich  aber  nicht  überschreiten,  bevor  ich  die  Inten- 
tionen Ew.  Maje.stiit  kenne.  Ich  werde  meine  Truppen 
iu  Wetzlar  sammeln.  Lieber  wäre  ich  mit  ihnen  ia 
Marburg  geblieben,  da  aber  die  öffentliche  Stimmung 
dort  .sehr  schlecht  war,  so  wäre  die  Desertion  unter 
meinen  wenigen  Soldaten  eingerissen.  Selbstverständ- 
lich könnte  ich  in  kurzem  nach  Ka.ssel  heimkehren,  Sire, 
wenn  ich  erführe,  <las.s  irgend  ein  französisches  Corps  zu 
meiner  Hülfe  heranzöge."  Des  Königs  Brief  fiel  streifenden 
Kasaken  in  die  Hände  und  kam  gleichzeitig  mit  Tscher- 
nitsehews  Bericht  über  seine  Expedition  an  Kaiser  Ale- 
xander. Der  König  liess  sich  im  Schlösse  zu  Montabaur 
nieder,  von  wo  er  am  1.  Okt.  der  Königin  schrieb,  die 
am  10.  März  Kassel  verlassen  hatte  und  in  Aleudon  lebte ; 
er  sprach  ihr  die  Hoffnung  aus,  jetzt  werde  der  Herzog 
von  Valmy  ihm  ein  Corps  senden,  mit  dem  er  in  wenigen 
Tagen  wieder  in  Kas.sel  einziehen  könne ,  lobte  die 
Haltung  der  Kasseler  Bürgerschaft,  tadelte  bitter  einen 
*)  Baron  Du  Cassf^  LesBois  Freres  de  Napoleon  I«(-  Paiifi  1883. 


I 


25:^ 


eil  des  Hofadels,  rühmte  aber  warm  die  ritterliche 
Haltung  des  84jalirigen  Generals  von  Sclilieffeii ;  er  be- 
tonte, wie  nothwendig  es  jetzt  sei,  sparsam  zu  leben, 
■nnd  überwies  ihr  durch  Buiron  Sorsuni  400,000  Frcs. 
zum  Ankauf  einer  kleinen  Besitzung  bei  Paris;  er  er- 
klärte, er  habe  nicht  soviel  mitnehmen  können,  um  das 
Hemd  zu  wechseln,  denn  allea  sei  in  Feindes  Hand  ge- 
fallen. Gleichzeitig  schrieb  er  Napoleon,  derselbe  künne 
darauf  rechneu,  Hessen  in  zwei  Tagen  im  Aufstande 
2U  sehen.  „Die  Einwohner  sind  sehr  wild,  man  wird 
gegen  sie  viel  Gewalt  anwenden  müssen.  E.  M.  weiss 
besser  als  Jemand  sonst,  dass  ich  voraussah,  was  ge- 
scbiuht,  nnd  dass  ich  Ihr,  um  dies  Unheil  zu  vermeiden, 
wiederholt  vor.schlug,  mir  in  Kassel  10 — 12  Bataillone 
za  lassen."  Von  Montabaur  zog  Jerome  alsbald  nach 
Coblenz,  wo  sich  seine  Minister  um  ihn  sammelten ; 
auch  der  sächsische  Gesandte,  Graf  Schönburg,  nnd  der 
badische  Geschäftsträger  Friedrich  begaben  sich  jetzt 
von  Kassel  nach  Arolseu,  den  württembergischen  Ge- 
sandten, Baron  Gremji  von  Freudenstein,  rief  Künig 
Friedrich  nach  Stuttgart  ab,  da  seine  Mission  als  be- 
endet angesehen  werde.  Wenden  wir  uns  nun  vom 
Könige  zum  Königreiche  zurück! 

Tschernitüclipw  hattt*  sich  nach  Alelsungon  zurück- 
gezogen ;  er  betrachtete  seinen  Handstreich  auf  Kassel 
als  miflslungen,  da  die  Bürgerschaft  für  die  Russen 
nicht  Partei  ergriff  uiitl  der  König  ihm  entwischte.  Bald 
aber  vernahm  er,  wiii  Jerönie  über  Wabern  abmarschirt 
sei  und  Bastinetlers  Corps  sich  in  kläglicher  Verfassung 
befinde.  Der  Cominandant  Kassels,  General  Altix,  liess 
zwar  in  den  Monitpur  vom  2i>.  einrücken:  , .Einige  hun- 
dert Kasaken  erschienen  gestern  vor  der  Stadt,  wurden 
aber  derart  empfangen,  dass  ihnen  die  Lust  vergi*hen 
mus.ste,  wiederzukommen.  Nach  beträchtlichem  Verluste 
fiücht.eten    sie   sich    durch    die  Wälder.     Die   Ruhe    der 


254 


Stadt  ist  keinen  Augenblick  unterbrochen  worden,  und 
die  Einwohner  wie  die  Truppen  haben  sich  vollkommen 
gut  betragen*',  doch  hielt  er  eine  Wiederkehr  der  Rassen 
für  nicht  unwahr.scheinlich.  Am  29.  blieb  alles  mhig^ 
man  sah  keine  Russen  mehr.  General  v.  Zandt  hatte 
sich  endlich  auf  den  Marsch  nach  Kassel  begeben,  brachte 
aber  nur  die  Schwadron  Garde-Husaren  und  höchstens 
200  Mann  westphälische  Infanterie  durch  das  Leipziger 
Thor  mit.  Um  Mittag  des  30.  riefen  die  Kasaebiier 
einander  zu,  die  Russen  kämen  wieder;  vom  Ane-Thor 
sah  man  aus  dem  Sühre-Walde  einen  langen  Zog  daher 
kommen.  Zwischen  3  und  4  Uhr  begannen  die  Rassen 
die  Stadt  zu  beschiessen,  denn  ein  Trompeter,  den 
Tscbemitschew  an  Ailix  entsandt,  um  die  Uebergabe 
zu  fordern,  war  heimgeschickt  worden.  (Depesche  Mo- 
ranTÜle's  an  Grossherzog  Ludwig,  Arolsen,  9.  Okt,  St.-D.) 
Einer  Deputation,  die  Allix  zum  Nachgeben  zarieth, 
erwiderte  er,  er  habe  strengsten  Befebl,  Kassel  bis  zum 
letzten  Manne  zq  vertheidigen ;  dieser  Auasprach  erhöhte 
die  Angst,  die  Rürger  tauchten  wieder  in  den  Strassen 
aaf,  junge  Leute  liefen  nmher  und  riefen,  Widerstand  sei 
anmöglich  und  bringe  Verderben ;  sie  wollten  die  Tbore 
mit  Gewalt  öffnen  und  griffen  das  Militär  an ;  es  feuerte 
und  ein  Jüngling  Hei.  Ein  Offizier  der  Garde-Cbevaux- 
Kgers  wurde  anter  Jub«l  auf  seinem  Stuhle  durch  die 
Strassen  getngen^  weil  er  gesagt  hatte,  es  wetde  capi- 
tolirt.  Unter  dem  Volke  bewegten  sich  die  ans  den  ¥Asen 
befreiten  Gefangenen  nnd  Üessen  es  an  Skandal  nicht 
teUcB.  Wütbend  warfen  sich  die  Haofen  auf  die  So4- 
diteB,  aÜBafaBadeteBD  oihI  reiAtßkuiAam  sie.  Allix  s«Ibs( 
«ad  8MB»  fcfichstwi  Ofluisr»  eatgingen  kaam  körper- 
IkÜMir  Verletsang;  hänfig  kam  es  vor,  das«  Soldaten 
tatmwMmft  wardes,  was  sie  ganz  geatttküch  g«9cbeb<{n 
lisssi«.  Grimtm  eniUt  «on  dm  Gardfr-Hawaiui:  ,^ 
waten  nodi  ganz  jange  lleaadtca,    aocb  akhl  eiwaal 


255 


vollständig  moiitirt,  si««  halfrm  selber  die  iieae  blau 
und  weisse  Gurt  über  ibreti  französischen  Provinzial- 
kittel  oder  einer  farblosen  Uniform  abbinden  und  in 
der  Gnsse  forttreiben ;  auch  suchten  sie  ordentlich 
redlich  in  den  Taschen  mich  den  beigesteckten  Patronen 

■  und  reichten  sie  bin."  Auch  schildert  der  grosse  Ge- 
lehrte, damals  Secretär  an  der  Kasseler  Bibliothek,  wie 
■  die  Kasernen  während  der  Kanonade  geplündert  wurden 
and  die  Raublnstigen  »Feuer*  riefen,  um  die  Leute  von 
sich  abzulenken.  Unterdessen  rückte  der  russische  Oberst 
Baron  Konstantin  von  Benckendorff,  der  später  so  be- 
rühmte General,  gegen  das  Leipziger  Thor,  die  daselbst 
haltende  Chasseur-Carabiniers-Compagnie  vom  Zandt- 
schen  Corps,  anf  die  Genera!  All  ix  besonderes  Vertrauen 
gesetzt,  lief,  ohne  den  Angriff  abzuwarten,  zum  Feinde 

H  über.  Zum  Theil  bewaffnet,  stürzte  sich  nun  das  Volk 
auf  die  Vertheidiger  der  Fuldabrücke,  nahm  ihnen 
Flinten,  Säbel  und  Mützen  und  warf  dieselben  ins  Wasser. 
Einer  der  Offiziere,  ein  Deutseber,  half  mit  bei  der  Ent- 
waffnung und  trank  den  Bürgern  zu  :  „Zum  ersten  Male, 
liebe  Landsleute,   wieder  für  deutsche   Freiheit!"     Eine 

H  Kanone  wurde  auf  der  Brücke  umgestürzt^  der  Munitions- 
wagen zerbrochen  und  die  Munition  in  den  Fluss  ge- 
schüttet, die  Wagen  an  der  Brücke  wurden  bei  Seite 
geräumt,  die  Offiziere  mit  einem  Steinhagel  zerstreut 
(Depesche  Moranville's  an  Gros.sherzog  Ludwig,  9.  Okt. 
St.-D.),  dann  zog  das  Volk  die  Kanone  durch  das  Thor. 
Major    VOM  MeiVjom    erhielt    von    Allix    den   Befehl,    die 

H  eingt'drungenen  Russen  wieder  aus  der  Stadt  zu  ver- 
treiben, eroberte  (his  Lei[izigi-r  Thor  und  behauptete 
sich  auf  der  Fuklalirilcke.      Allix"  Lage    ver.schlimmerte 

H  mch  beständig  und  T-schertiitscliew  sandte  ihm  den 
Oberstlieutenant  Grafen  Balniain  mit  der  Aufforderung 
zur  Uebergabe ;  unter  den  Ausbrüchen  massloser  Fpude 

I     trug    das   Volk    Baimain    durch    die    Strassen    auf  daa 


256 


Oberneiistädter  Rathhaiis  und  überall  schrie  man :  „Es 
wird  capitulirt!"'  Die  Gefahr  einer  Plünderung  schien  auf- 
gehoben. iVUix  war  froh,  dass  der  Feind  vor  ihm  von 
Capitulation  sprach,  ging  darauf  ein  und  stellte  Bedin- 
gungen, die  Baimain  und  drr  OberstUeutenant  von  Bolt« 
Tschemitschew  überbringen  sollten;  dann  ritt  er  mit 
dem  Reste  seiner  Cavallerie  vor  das  Kölnische  Thor, 
um  auf  dem  Armenfeld  die  Antwort  des  Belagerers  zu 
erwarten.  Benckendorff  kam  mit  Baimain  und  dem 
Major  Fritz  von  DiVrnberg  auf  das  Oberneustädter  Rath- 
haus,  wohin  AllLx  zurückgekehrt  war,  die  Verhandlungen 
begannen  zwischen  ihnen  und  dem  von  Allix  bevoll- 
mächtigten Büscadronschef  Dayon  de  la  Contree.,  AUix 
suchte  günstigere  Bedingungen  zu  erzielen,  die  städti- 
schen Beamten  aber  boten  an,  sie  wollten  unterzeichnen 
und  Kassel  txotz  seiner  übergeben.  (Depesche  Moran- 
vilie's,  s.  oben,  St.-D.)  Während  der  Verhandlung  er- 
schienen Kasaken  vor  dem  Frankfurter  Thor,  dessen 
Besatzung  davon  gelaufen,  russische  Gefangene  in  der 
Wachtstube  öffneten  ihnen,  und  sie  streiften,  50 — 60 
Manu  stark,  bis  zum  Ratb hause.  Allix  war  entrüstet 
über  ihr  voreiliges  Einrucken  in  die  Stadt  und  machte 
Benckendorff  bittere  Vorwürfe;  dieser  befahl  den  Ka- 
saken abzuziehen,  und  um  halb  sieben  Abends  onter- 
zeichneten  Benckendorff  und  Dayon  de  la  Contra  die 
Capitulation  auf  Tscbernitschews  Bedingungen  hin,  AUix 
setzte  auf  einem  Schemel  vor  der  Kölnischen  Thorwache 
seine  Unterschrift  hinzu,  auch  Tschemitschew  zögerte 
damit  nicht.  Jetzt  fielen  die  letzten  Schranken  der 
Disciplin,  die  Militärs  zogen  Civilkleider  an,  um  weniger 
beachtet  zu  werden,  und  bald  sah  man  keinen  franzö- 
sischen oder  westphälischen  Soldaten  mehr;  Allix  war 
mit  seiner  Suite  und  den  letzten  Soldaten  mit  Waffen 
und  Gepäck,  aber  ohne  Geschütze  um  7  Uhr  durch  das 
Kölnische  Thor  über  Kircbditmold  nach  Arolsen  zu  ab- 


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257 


gf^zogen,  der  grösste  Theil  der  frnnzösisc  hen  Beamten 
war  ihm  gefolgt,  Kasaken  begleiteten  Allix,  auf  den  bei 
dem  Marsche  durch  Dornberg  aus  einem  Hause  ge- 
schossen wurde.  Er  zog  über  Arolsen  und  Korbach 
nach    Marburg,  wo  er  am  2.   Oktober  eintraf. 

Die  Kaeaken  begegneten  in  Kassel  allgemeiner  Be- 
geisterung, durch  Ausrufer  wurden  die  Einwohner  auf- 
gefordert, alle  Fenster  nach  der  Strasse  zu  beleuchten, 
man  brachte  unzählige  Kürb&  mit  Nahrungsmitteln  in 
das  Bivouak  auf  dem  Forste.  Mit  unendlich  geringer 
Einbu8.se  war  am  Tage  des  heiligen  Hieronymus  ein 
voller  Sieg  Tsehernitsthew  in  den  Schoss  gefallen. 

Mettingh,  der  aus  seinem  Hau.se  zuerst  die  Ver- 
wün.schuugen  gegen  Allix  und  die  Regierung,  jetzt  das 
tolle  Jubelgeschrei  hörte,  berichtete  seinem  Könige^  dass 
Graf  Fürsfenntein  seinen  königlichen  Freund  begleitete, 
die  anderen  Minister  und  viele  hohe  Beamte  nach  Pader- 
born gingen,  wohin  fast  alle  fremden  Diplomaten  ab- 
reisten ;  nur  der  dänische  Gesandte,  Baron  Selby,  und 
der  Secretär  der  sächsischen  Gesandtschaft  blieben  und 
Tschernitschew  versprach  ihnen  bei  der  Capitulation  vom 
30.  Pässe.  Die  geflüchtete  Regierung  hatte  die  letzten 
Tage  bestens  verwerthet,  um  die  Kassen  zu  leeren  und 
fortzuschaffen,  was  irgend  beweglich  war.  Ihre  über- 
eilige  Flucht  verschaffte  Mettingh  die  Freiheit,  er  bat 
Tschernitschew  um  Rath,  welche  Route  er  nach  Preussen 
einschlagen  solle,  und  diest^r  meinte,  am  sichersteu  sei 
er  bei  seinen  Kasaken ;  Mettingh  befolgte  die  Weisung, 
zog  nachher  mit  Tscliernitscbew  ab  und  wurde  vorzüg- 
lich behandelt,  bis  er  ihn  am  ü.  ükt.  in  Bodenteich  *) 
verliess  und  nach  Berlin  reiste.  Von  ihm  erfahren  wir 
auch,  welchen  Alarm  Tschernitschews  Streifzug  bis  zum 
Rhein  hin  verbreitete;  Dalberg,  der  Grossherzog  von 
Frankfurt,  ging  auf  die  erste  Nach  rieht  von  Aschaffen- 

•)  Diesen  Ort  ucnut  Mettiugh  lu  der  citirteu  Dopesche. 
K.  F.  XVI.  BU.  17 


258 


barg  nach  Konstanz,  die  Ka&aken  streiften  über  die  Paida 
hinaus  und  fingen  Couriere  ab,  ans  den  so  erlangten 
Depe&chen  aus  Paris  und  Neapel  ergaben  sich  merk- 
würdige Details  über  die  öffentliche  Stimmung,  besonders 
in  Neapel,  und  über  die  Unruhe,  welche  die  Sachlage 
und  der  Mangel  einer  regelmässigen  Verbindung  mit  der 
Grossen  Armee  verursachten.  (Depesche  Mettingbs  au 
Friedrich  Wilhelm  111.,  14.  Okt,  St.-B.) 

Schon  in  der  Frühe  des  1.  Okt.  strömte  das  zur 
Freiheit  gelangte  Volk  nach  dem  Forst.  P'inen  eigen- 
thümlichen  Eindruck  machte  das  feierliche  Amt,  das  ein 
Pope  vor  den  Truppen  abhielt  und  wobei  die  Kasaken 
sangen ;  mancher  freilich,  der  zu  nahe  hinzutrat,  ver- 
misste  später  Uhr,  Ringe,  Pfeife  oder  ähnliches.  Dej  Ge- 
neral Tschernitschew  rüstete  sich  zum  Einzüge  in  Kassel 
und  verbot  bei  Todesstrafe  die  Absendung  einer  Post. 
Drinnen  rief  der  Präsident  des  jüdischen  Cou&istoriums 
Dr.  Jacobson  *)  eine  Judenversammlung  ein  and  verkün- 
dete, die  Gesänge  Zions  sollten  laut  auf  den  Gebirgen 
Westphalens  hallen.  Gegen  zehn  Uhr  erfolgte  Tschernit- 
schew's  Einzug,  ganz  Kassel  umringte  ihn  frohlockend. 
Der  schöne  Mann  in  der  grünen  reich  mit  Gold  gestickten 
Uniform,  mit  dem  breiten  rothen  Ordensband  und  meh- 
reren Sternen  stach  besonders  den  Frauen  in  die  Augen ; 
barhäuptig  ritt  er  daher,  in  der  Hand  die  weisse  Tuch- 
mütze, mit  der  er  voll  Anstand  unaufliörlich  grü.«ste ;  ihm 
folgten  mehrere  Offiziere,  etwa  hundert  Dragoner  und 
Kasaken,  und  um  ihn  rief  man:  „Eis  lebe  Kaiser  Ale- 
xander!" ,.Es  lebe  der  Kurprinz!"  Zu  letzterem  Rufe 
führte  das  Gerücht,  der  Reit<^r  mit  dem  rothen  Bande  sei 
nicht  Tscheruitschew,  sondern  der  Kurprinz  von  Hessen, 
Viele  glaubten  es,  denn  sie  hatten  den  Prinzen  Wilhelm  nie 

*)  S«Lne  Bi<:>graphie  gab  icb  io  der  ..2ciUchhft  des  Harz- 
Vereins  für  Geschichte  mid  AlterÜtuuskaDde**,  23.  Jahrg.  1.  Hilft«. 
Wernigerode  189a 


259 


gesehen,    Andere   lufinten,   sein   Haar   sei   dunkler   und 
krauser    geworden,     mehrere    Weiber    versicherten,    sie 
kennten  ihn  ganz  genau^  denn  sie  hütten  ihn  ja  oft  an  der 
Hand  geführt,  ja  eine  colportirte,  der  Prinz  habe  ihr  die 
Hand  gereicht  und  gesagt:  „Morgen  kommt  mein  Vater." 
Ein  russischer  Offizier  aber   sagte    den  Kasselanern    ins 
Gesicht,    er  müsse  sich  wundern,    dass  sie  ihre  Fürsten 
nicht    besser    kennten.       Als   Tscliernitschew    auf   den 
Markt  kam,  konnte  er    nicht  mehr   weiter,    man   küsste 
ihm    Rockschoss,    Hände  und  Füsse,    „an    den   Stiefoh» 
ward  er  festgehalten,  ja  einer,  weil  er  nicht  näher  kommen 
konnte,  hielt  den  Hals  seines  Pferdes  umarmt'*  (Grimm). 
Der  General  bezog  das  vormals  Herlepsch'sche,  damals  dem 
Grafen  de  la  Ville  überlas.sene  Haus   der  Bellevuestrasse 
und    der    von    ihm   zum  Stadtkommandanten    ernannte 
Oberstlieutenant  der  Isum'schen  Husaren  Ra.schanowitsch 
das  trothe  Haus«  {Hotel  zum  Kurfürsten).     Im  Theater 
spielten  die  französisclien    Akteurs    vor    den    russischen 
Eroberern  und  die  Aktricen  begannen  Liebeshändel  mit 
den  Offizieren.     So  lange  Tschernitschew  da  war,  hörte 
der   Auflauf  an   seiner  Wohnung    nie   auf  und    Grimm 
sagte:  „Die  es   am  herzlichsten   meinten   mit  der  Hoff- 
nung   auf  die   herannahemle    völlige    Befreiung,    gingen 
dahin   und    die   schlechtesten,    denn  man  sah    auch  die 
Agenten    der   geheimen    Polizoi    horumschleichen,    zum 
letzten  Mal  das  Geld  zu  verdienen,  das  vor  Gott  schwerer 
als  Blutgekl    wiegen   niuss."     Denuncirt    wurde    freilich 
genug,  viele  Leute,  besonders  Polizisten,  wurden  arretirt 
(Depesche  Moranville's  vom  9.  Okt.  St.-D.) ;  wie  man  sie 
dahin  führte    mit  den  vorängstigten    Zügen,    erweckten 
diese    Sjuirhunde,   die  so  viel    Jammer    in  die   Familien 
getragen,    von  neuem  den  Grimm    des  Volkes,    das  nur 
mit  knapper  Noth    verhindert   wurde,    sie  zu  erwürgen. 
Tschnrnitschew  lii^ss  das  Schloss    unberührt    und  nahm 
von    allen    Schätzen,    die    Kassel    umschloss,    nur    zwei 

17* 


260 


Erinnerungen    für   Kaiser  Alexander   mit,    das  Portrait 
einer  der  schönen  Schwestern  J^romes  und  sein  Vermeil- 
Schreibzeug,  welch  letzteres  heute  noch  im  Schranke  1 
der  Galerie    der   Kostbarkeiten    in  der   alten    Eremitage 
zu  St.  Petersburg  zusehen  ist.  Er  übersandte  am  1.  Okt 
die  Schlüssel   der  Stadt   seinem   niichstt-n  Vorgesetzten, 
dem  General  Lieutenant  und  Commandanten  des  2.  Corps 
der  russischen    Hauptarmee,    Baron  Ferdinand  Wintzin- 
gerode,  and  berichtete  ihm  über  seinen  Handstreich,  über 
„den  Jubel  und  die  Aufnahme  bei  den  Einwohnern,  die 
80gar  die  Begeisterung  der  Berliner  übertreffe."    In  der 
That  waren  die  Tni5>i>en  Tschernitachews  die  verwöhnten 
Kinder    der  nächsten   'i'age ;    zu  den    Festen    im    Lager 
drau&sen  liefen  die  Französinnen  und  viele  andere  Frauen 
aus  Kassel  gern  hin ;  „besonders  beliebt".,  sagt  Grimni, 
„war  ein  Kalmücke,  ein  dicker  Keil  mit  einer  unglaublich 
freundlichen  Miene,  die  nicht  aufhürte  ;  an  seinem  kleinen 
spitzen    himmelbhiut!]!    Mützchen    kenntlich,    grOsste   er 
jedernianu    ohne    Unterschied    auf   das    Freundlichste." 
Zwischen  den  Kasaken  tauchte  dann  wohl  auch  in  den 
Strassen  da  und  dort  eine  hessische  Uniform  wieder  auf, 
die  sieben    Jahre   im  Kasten    gelegen    hatte    und  davon 
noch   die  Falten    zeigte ;    die    Franzosen    blieben    meist 
daheim,  um  nicht  mit  dem  überfrohen  Volk  in  ConHikt 
zu  gerathen,    und   dies  suchte    sie    nicht  auf.     Am  28. 
Sept.  bereits  hatten  Kasaken  eine  Wegstunde  von  Kassel 
auf  der  Frankfurter   Strasse  die  bildschöjie    Gattin  de« 
königlichen  ersten  Chirurgen,  Ritters  Garnier  de  Saint- 
Rouraiii,   Tochter  des  Zahlmeisters    Baiti   aus  Bayonne, 
aufgegriffen   und   zu  Tscherriit^chew,   dem   »Löwen  von 
der  Newa*,  gebracht,  der  sie  zur  guten  Beute  erklärte; 
sie   trennte   sich    nicht    von    ihm,    theilte   sein   Bivouak 
und  vergass,    dass  sie  erst  fünf  Jahre  verheirathet  war, 
80  sehr,  dass  sie  seinem  Antrage  gemäss  mit  ihm  Kassel 
Terliess  und   bei  den  Kasaken  den  Feldzug  mitmachte. 


J 


(Depesche  Moranville's  an  Grossherzog  Ludwig,  9.  Okt, 
St.-D.) 

Gegen  Abend  des  1.  Okt.  erschien  die  allbekannte 
Proklamation  Tscliernitschews  »An  die  Bewoliner  des 
Köniprcicfis  Wesipliak-n*,  worin  im  Nnmen  dc-s  Zaren 
und  auf  Befehl  <ii'S  diu  Nordarmee  kommandirenden 
Kronprinzen  von  Schweden  „das  Königreich  Westphaleti 
von  ht'nto  an  anffiörte :  jf;doch  nicht,  nm  es  als  erobr-rtes 
Land  zu  Urhandi-tn,  snndf.Tri  um  es  von  dnr  franÄÖsi8chen 
Herrschaft  zu  befreien."  Die.se  Kundgebung  zertrüm- 
merte mit  einem  Schlage-  das  Kartenhaus  dm-  Ji'ronie- 
sehen  Herr.'=;chaft ,  überall  <'r!o.sch  die  Autorität  der 
königlichen  Behörden,  da  nnd  dort  warf  sich  das  Volk 
auf  missliehige  Beatnfe,  mjs.shandelte  oder  vertrii^b  sie; 
besonders  in  den  kleineren  Orten  mussten  8t»-m;rbeumte 
und  Polizisten  hart  leiden.  So  wurde  in  Eimbeck  der 
ziemlich  unbesonnen«  Maire  vom  Pöbel  fast  ermordet, 
der  Unterprafekt  mit  seinem  Personale  verjagt  und  der 
mit  seiner  aus  lauter  Veteranmi  bestehenden  Departe- 
mentalgarde  heranziehende  Priifekt  aus  Giittingf*n,  Deliu"?, 
hinau.sgeworfen ;  ein  Diener  des  Distrikts-Controleurs  für 
die  indirekten  Steuern  warf  sich  znm  [{»Agenten  der 
Stadt  Eimbeck  auf  und  organisirte  eine  Pöbel herrschaft, 
sodass  AUix  heranzog  und  hundert  Hn.saren  anssandte; 
Allix  drohte  zwar,  die  Stadt  anKUZÜndeu,  abt^r  der  An- 
führer seiner  Husaren  begnügte  sich  mit  dieser  Drohung 
und  kehrte  wieder  nm,  ohne  Eimlieek  ein  Leid  zuzu- 
fügen. Auch  in  Geniuiiden  hei  Jessberg  demotirten  die 
Einwohner  das  Haus  des  Mairc  und  seines  Adjnrditen, 
eine  Militärexekutinn  war  auch  hier  nöthig.  (Depesehu 
Moranville's  an  Grnsslierzog  Ludwig,  Arolsen,  12.  Okt. 
St.-D.)  So  war  durch  Tschern itsehcw  die  .Vutnrität  in 
Westphalen  zerstört,  ohne  dass  er  im  Stande  war,  eine 
neue  dafür  einzusetzen;  vielfach  begegnete  man  schon 
Kopfschütteln    und    Sorgen    um   die    nächste    Zukunft; 


262 

was  wollte  die  geringe  Streitmacht  auf  dem  Forste  be- 
deuten, wenn  von  Mainz  das  erste  beste  franzöeische 
Corps  herankam  und  allus  rückgängig  machte?  Fanden 
auch,  zumal  in  Kassel  und  Braunschweig,  die  Rossen 
die  herzlichste  Aufnahme,  so  erfüllten  sich  doch  Tscher- 
nitisi-hews  Hoffnungen  nicht,  dass  4—5000  Mann  rego- 
lärer  Truppen  einige  Wochen  im  Lande  blieben  nnd 
sich  bald  um  20—25000  Nationale  vermehrten,  ffir  die 
Waffen  beschafft  würden.  (Depesche  Mettingh's  an 
Friedrich  Wilhelm  111.,  14.  Okt.  St.-B.)  Noch  am  1.  Okt 
bemächtigte  sich  Tschern  itschew  der  öffentlichen  Kassen, 
in  denen  er  79000  Thaler  fand,  und  sämmtlicber  Mflitir- 
etablissements :  alle  Pferde  in  Kassel*  wurden  reqnirirt, 
um  die  Kanonen,  die  königlichen  Equipagen,  die  Mnni- 
tion  etc.  wegzuführen,  das  Gardemoenble  wurde  Terheeit 
und  die  Kasaken  verkauften,  was  ihnen  unnütz  schien, 
auf  offener  Strasse :  auch  das  Müitärbekleidnngsmagaxin 
im  ehemaligen  Cadettenhause  wurde  ihnen  preisgegeben. 
Sie  stapelten  die  Beute  auf  ihren  Sätteln  thnrmhoch 
auf.  zogen,  den  Zügel  im  Arme  nnd  auf  der  Schulter 
die  hohe  Lanze,  ihr  Pferd  hint«rr  sich  nnd  boten  ihre 
Waaren  zum  Verkaufe  an,  nahmen  aber  kein  Kleingeld, 
sondern  nur  harte  Thaler:  in  diesen  fli^gpuden  Läden 
kauften  nun  kleine  Leute  und  Händler  Tuch  n.  deigL, 
wobei  tau>end  Betrügen? ir'o  und  Streit  igkeit>*n  mit  unter- 
liefen und  e#  oft  g>'nug  Prügel  absetzt«*,  obwohl  es 
Sonntag  war.  Mit  Hi>?b<c>n  ihr»*s  Kantschu  zwangen  die 
Kasaken  mani-h»-n.  ihn'^ii  abzakanft-n.  andir-re  nahmen 
e$  ihm  wi»-d<rr  ab  nnd  übten  n-x-hmaU  difselbe  Pression. 
iDe[vsvhe  Moranvillt»  vom  9.  Okt.  an  Gtos&herzog 
Ladwig.  St.-D.» 

Am  ±  Okt.  schwirrten  allerhand  Gerächte  darcb 
Ka^sieL  geeignet  die  Aufcegong  in  steigern :  ein  pceasaiscb- 
ce:^err*k*lüs«.'hes  Corpi«  soihe  heranziehen,  nuui  spiack 
von  K\X\^  Mann,  dcvli  kamen  nur  etwa  löO  pROssen, 


"TlT 


äterreicher  und  Russen,  elend  huwaffiiete  Zersprengte, 
hernitschew  kuniite  sk'ti  mit  seinen  wenigen  Trnppen 
unmöglich  in  Kassel  behaupten ;  eins  aber  hatte  er  er- 
reicht, „die  Wirkung,  die  das  Ereigniss  vom  letzten  Sep- 
tember auf  die  Moralität  ausübte,  die  Auflösung  der  ganzen 
Armee,  die  Auflehnung  der  Einen,  die  Entmuthigung 
der  Anderen,  endlich  ein  Zustand  von  Anarchie,  dessen 
Folgen  unberechenbar"  (Depesche  Mciraiivilles  an  Gross- 
herzog Ludwig,  9.  Okt.  St.-D.);  der  westphälischen 
Regierung  hatte  sein  Hantistreich  mehrere  Millionen 
gekostet.  Trotzdem  er  nun  zum  Abzug  rüstete,  glaubte 
doch  Mancher  in  Kassel  nicht  an  Jt^römes  Restauration, 
fortwährend  baten  Leute  den  General  um  Pässe  und 
reisten  davon ;  die  dänische  GeKandtschaft  ging  nun 
auch  nacli  Paderborn,  die  Gräfin  Fürstensteiji  «elbst, 
eine  geborene  Gräfin  Hardenberg,  ,,die  ihr  Gatte  auf 
Gnade  und  Ungnade  einem  Feinde  tiberlassen  hatte, 
der  so  oft  als  barbarisch  und  brutal  verschrieen  worden 
war",  erbat  sich  in  einer  Unterredung  mit  Tschemit- 
schew  einen  Pass  und  erhielt  ausser  diesem  eine  Es- 
corte  unter  dem  Befehle  des  jungen  Kasakenoffiziers 
von  Reitzpustein,  der  für  sie  alte  erdenklichen  Rück- 
sichten nahm  und  ilir  die  Reise  erleichterte  (Depesche 
Mettiughs  au  Friedrich  Wilhelm  lll.,  U.  Okt.  St.-B.). 
In  Paderborn  und  Münster  befanden  sich  jetzt  die 
meisten  Franzosen,  die  in  J^n'ime's  Dienst  hohe  Aemter 
bekleideten;  die  französischen  Behörden  verweigerten 
ihnen  die  Pässe,  um  auf  das  linke  Rheinufer  hinüber  zu 
gehen  (Depesche  Moranville's  an  Grossherzog  Ludwig, 
9.  Okt.  St.-D,),  Da  Tscherriitschew  voraussehen  musste, 
dass  nach  seinem  Abzüge  eine  wahre  Anarchie  ein- 
reissen  würde,  so  forderte  er  den  Municipalrath  auf, 
eine  provisorische  Regiernngs-Konimiasion  zu  wählen; 
der  Municipalrath  wählte  eine  von  13  Mitgliedern,  die 
nach  seinem  Abzüge  ihre  Thätigkeit  begann. 


Nun  vcriiess  der  russiseho  Train  mit  der  reichen 
Beutn  die  Stitdt,  die  Fortschaffung  der  Gt?«cliütze  und 
Waffen  bot  viel  Beschwerde  und  mancli^r  Ka38£'lanor 
sah  w(d)miith!5Vo]l  seinen  sclifVniMi  Pferden  nuch ;  könig- 
lich« Equipagen,  Wagen  mit  Geld  fuhren  hinaus,  auch 
sechs  für  .Jer^ine  eingefahrene.  Hirsche  waren  im  Zuge. 
Die  Russen  führten  mit  sich  fürt  den  verhiissten  Prä- 
fekten  des  Fulda-DopartemiMits,  Piautaz*),  den  Maire 
von  Kassel,  Freiherru  von  Canstein,  und  den  Post- 
direktor Otto.  Um  zwei  Öhr  Nachmittags  folgte  Tscher- 
nitsidiew  .selbst  dem  Corps,  nach  allen  Seiten  htdter 
grüssi-nd  wie  bei  seint-m  Einritte;  er  liess  Raschano- 
witsch  mit  einer  schwachen  Kasakenabthetliing  in  Karssel 
ziiriuk,  Schon  am  4.  Okt.  zog  auch  Raschanowitsch 
mit  sfinen  Lfiutcn  ab,  die  letzten  Kasaken  verschwanden 
aus  der  Geg«nd  um  Kassel. 

Tschernitschew  mu-sste  dem  Feinde  auszuweichen 
und  wo  möglich  die  Elbe  ohne  Kampf  zu  über.sclireiten 
suchen  ;  am  ersten  Tage  ging  «r  nur  bi.s  Münden,  dann 
beschleunigte  er  seine  B^^wegung  und  zog  auf  Braun- 
schweig zu;  da  er  aber  benachrichtigt  ward,  die  Brücke 
von  Ferchland,  auf  die  er  gerechnet,  existire  nicht  mehr, 
80  ging  er  nach  Diimitz.  Am  sechsten  Marschtage  er- 
reichte er  Bod«mteich,  wo  ihn  der  preussisclie  Geschäfts- 
träger von  Mettiiigh  verliess,  um  in  Dannenbcrg  zu  dem 
Corps  Wallmodens  zu  stossen  ;  dort  stiess  Raschanowitsch 
mit  seinen  Leuten  zu  ihm  und  hinrichtete,  in  Kassel  sei 
alles  ruhig  geblieben  und  man  höre  noch  nichts  vom 
Anmarscho  irgend  welcher  Truppen.  Am  10.  Okt.  wollte 
der  General  die  Elbe  passiren  und  in  Perleberg  einige 
Tage  ausruhen,  als  er  Refehl  erhielt,  links  der  Elbe  zu 
bleiben  und  zur  Nordarmee  zu  stosaen.     (Depesche  Met- 


♦)  Seit   Mai    1813    wai'  Josoph    Marie  Piautaz    Pi-Sfekt   des 
FuIda-Depai-temcnts. 


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265 


tingVs  an  Friedrich  Wiihflm  III.,  14.  Oki  St.-B.).  22 
der  erobf-rteii  Gi;;schützc,  Hie  Pnlvt^rwHgPH  ^tc.  wurden 
von  ihm  nach  Berlin  geschickt,  von  den  79000  Thalern 
vertheilte  er  15000  iint-pr  seine  Trtippen. 

In  Kassel  herrschtf?  narh  T.schMrnitschew'.s  Abzug 
eine  Tod»'sang.st,  was  da  kommen  würde ;  aller  Po^tvf  rkehr 
unterblieb,  man  wusste  nichts  von  der  Aussenwelt;  bei 
den  Wachen  lief  die  Meldung  ein,  difi  Bauern  aus  den 
Nachbardörfern  würden  des  Naehis  kommen  und  [.»Hin- 
dern, die  Leute  trafen  Gegenvorkehrungen,  Niemand 
aber  kam;  am  liellen  Tage  strichen  Vagabunden  umher, 
manche  mit  Säckt-n  zum  leicljteren  Wogschleppen,  und 
kein  Polizist  Hess  sich  sehen  :  die  am  28-  Sept.  aus  dem 
Ca.stell  befreiten  Sträflinge,  darunter  schwere  Verbrecher, 
trieben  ihr  Unwesen,  und  es  wurde,  im  Bellevue-Schlosse, 
in  den  Ministerhotels  u.  s.  w.  viel  gestohlen.  Die  Kom- 
mission der  Dreizehn  forderte  am  4.  Oktober  die  Kas- 
eelaner  auf,  bei  der  Nationalgarde  Dienste  zu  nehmen,  da 
diese  allein  den  Strapazen  nicht  gewachsen  war,  und 
willig  folgten  die  besten  Klassen  dem  Rufe.  Der  einstige 
Gouverneur  von  Ka.ssel,  General  Graf  von  Heldring, 
übernahm  auf  Bitten  der  Muntcipalität  provisorisch  das 
Gouvernement,  Major  Baron  von  Boedicker  dag  Com- 
do  der  Natioiialgarde  ;  durch  die  Energie  des  Letz- 
en wurde  es  möglich,  schon  am  5.  Okt.  sechs  Com- 
pagnien  zu  90  Alunn  zu  bilden  und  zu  bewaffnen.  Mo- 
ranviile  berichtet<3  seinem  Grossherzoge:  „Alle  ehrlichen 
Leute  Hessen  sich  in  die  Listen  einschreiben."  Da  In- 
fanterie nicht  an.sreitlite,  wurde  auch  Cavallerie  anfge- 
etellt ;  wer  ein  Pferd  hatte,  bestieg  es  oder  lieh  es  einem 
Anderen ;  starke  rairouillen  streiften  Tag  und  Nacht 
ninber ;  wer  in  der  Dunkelheit  ohne  Laterne  getroffen 
wurde,  kam  in  Haft,  alle  Unruhestifter  und  einige  der 
am  28.  Sept.  losgekommenen  Verbrecher  wurden  einge- 
sperrt und  so  herrschten  bald  Ordnung  und  Sicherheit 


266 


Diu  Kommisaion  fand  in  dun  Kasisejx  nichtsi  vor,  e«  fehlte 
IIa-  darum  an  Gt-id  uud  sie  niuäste  !^ich  damit  helfen, 
das8  sie  die  von  Jerorae  ausgeschriebenen  Kriegssteuern 
i'rhtil);  die  Magazine,  diu  ganz  li^ur  waren,  füllten  sich 
all  mal  ig  wieder. 

Mittlfiwyjle  lebte  König  J^rome  bei  dem  Präfekten 
Dünzau  in  Coblouz;  bei  ihm  befanden  sich  seine  Mi- 
nister und  dfr  französische  Gesandte  Baron  Reinhard, 
den  vom  tl.  Okt.  an  der  L^gation^sekretur  von  Malartic 
vertrat.  Seiner  Gemahlin,  dem  Kaiser,  dem  Kriegsaünister 
desseSben,  Clarke,  Herzog  von  Feltre,  stellte  Jerome 
in  seineu  Elerieliteu  über  die  letzten  Tage  die  Begeben- 
heiten und  seine  ruhmlose  Rolle  sehr  gefärbt  vor;  am 
9.  Okt.  «chrieb  er  Katharina;  ,, Wären  meine  Truppen 
treu  gewesen,  so  trüge  Tsehernitsehew  s»nne  Ohren 
nicht  davon."  Den  wfeiberfrohen  Mann  zerstreute  ein 
Knn.s  von  Damen,  die  in  den  **r.sti*n  Tagen  in  Coblenz 
eintrafen,  unter  ihnen  dit;  Urälinnen  Fürbtenstein  und  de 
Ja  Ville-Kur-lllon,  letztere  die  präelitig  gebaute  Tochter*) 
des  berühmten  Vertlieidigers  von  Gaeta,  des  Landgrafen 
von  lietjsen-l'hilippsthal,  die  Geueralin  Chabert,  die  Prin- 
zessin 8alm  und  seine  (Jeliebte.  die  Ftirptin  Ernestine 
von  Löwenstein-Wt'rtlu'im-Freudenberg.  Hingegen  ver- 
liessen  jetzt  auch  Manche  seine  Sache,  von  deren  Treue 
er  sich  überzeugt  geglaubt  hatte,  Dur  Oberceremonien- 
meister,  Graf  A.  W.  K.  Hardenberg,  hatte  sich  während 
der  ruftsi-schen  Occupation  -sehr  vordächtifj  benommen, 
ubwohl  er  Fürstensteins  Schwiegervater  war  ;  iliu"  Alheim 
der  üräHu  Marie  de  la  Ville-sur-lllon,  der  Oberkamraer- 
lierr  Ernst  Constantin,  Prinz  von  Hessen-Pliilipp-sthal, 
hatte  sich  in  den  letzten  .Stunden,  welche  JenJme  in 
Kassel  verweilte,    ihm  nicht  zur  Seite  gestellt,   sondern 


*)  Sie  ütarb,    1814  gosfliir5iJeii   uod  mit  einem  PiauohiSndJer 
Angclini  in  Rom  vcrlietradwt,  aui  -1.  Aug.  1872  itii  Kloster. 


anf  dem  Schataamte  seinen  und  seincT  Gpmühlin  und 
Nichte,  di*r  Palastdamej  Gehalt  gefordert,  dann  waren 
Beide  in  Kassel  geblieben;  Fürstensteins  liriider  Le 
Camus,  der  Schatzmeister  des  Ordens  der  »Krone  von 
Westphalen«  ,  hatte  verabsäumt,  2üO,00(J  Frcs.  vor 
Tschernitschew  zu  retten,  und  sein  Vorgesetzter  als 
Generalsthatzraeister,  Staat.srath  Baron  von  Schulte, 
Fürstensteiiiö  Verwandter,  Latte  sich  wie  Hardenberg 
zweideutig  geriri  I)ie.sen  traurigen  Beispielen  gegenüber 
sah  Jerome  mit  Befriedigung  auf  den  Cauibuceres  West- 
phalen«,  der  in  CobJenz  wie  in  Ka&sel  neben  ihm  stand, 
auf  Graf  J.  J.  8irti»'on ;,  der  grosse  Staatsmann  wollte 
längst  nach  Frankreich  heimkehren,  jetzt  zögerte  er  aua 
Zartgefühl,  den  Abschied  zu  nehmen;  erst  als  Jeröme 
nach  Kassel  abreißt«»,  nahm  er  am  J2.  Okt.  seine  Ent- 
lassung und  sein  Abgang  wurde  allgemein  beklagt*); 
sein  Nachfolger  war  der  Minister  des  luueren,  Graf 
Wolffradt,  den»  in  seinem  Departement  interimistisch 
Malehu»,  Graf  von  Maiienrode,  folgte.  Die  schwerste 
Sorge  bereitete  J^rome  das  beharrliche  Schweigen  des 
Kaisers,  der  ihn  als  Bruder  und  als  König  preiszugeben 
schien ;  als  er  am  4.  Okt.  einen  Brief  von  Napoleon 
empfing,  berührte  derselbe  die  Kreignisse  in  Kassel  gar 
nicht ,  und  der  franzt'i.sisclu;  Legationssecretair  von 
Malartic  meint  in  einem  Berichte  an  den  Herzog  von 
Bassano  (Coblenz,  10.  Okt.):  „Ich  wusste  Fürstenstein 
darauf  nichts  zu  sagen,  ich  scliwieg.'''  Jerorne  sandte 
mehrere  OfKziere  an  Napoleon,  doch  konnten  diese  nicht 
zu  ihm  gelangen,  denn  die  Strasse  nach  Erfurt  war  ab- 
geschnitten. Eine  Reihe  Getreuer  kehrte  von  Coblenz 
nach  Kassel  zurück,  der  Generalpostdirektor  Pothuau, 
der    Polizeipräfekt,    der   Finanzrainister,   Malchus,    Graf 


♦)  Graf  Simöoii,  oin  Ycttor  meinra  Vaters,  bUvh  aui  10.  .Jan. 
1842,  im  93.  Jahre,  als  Paii  von  Frankreich. 


268 


von  Marionrode^  der  Generalintiridant  des  Schatzes,  der 
Intendant  dt-s  käniglidien  Hauses  Moularil  u.  A.,  J^röme 
selbst,  langweilte  sich  und  bescbloss,  ebenfalls  nach 
Kassel  umzukf'br<^n. 

Goneral  Aliix  war  mit  dnn  Garde-Husaren  »J^röme 
Napoleon«  am  2.  Okt.  in  Marburg  eiiig«'rüt;kt,  wo  er 
den  Befehl  dn.s  Köuigs,  Ka««el  wiedtr  zu  besetzen,  und 
seinp  Bestallung  als  Statt Iialt(»r  (liiMitenant  du  roi)  vor- 
fand; der  König  war  zur  Anwendung  von  Stn-nge  und 
Gewalt  entsuhlosgon.  Bei  der  geringen  Truppenzabl, 
die  Allix  zu  Gnbot  st^nd,  b<'i  der  erklärten  Antipathie 
der  Bevölk*'r(uig  gfgfn  du*  Krnf'uening  der  königlichen 
Herrschaft  und  bei  dem  absoluten  Verfalle  der  ganzen 
Sbuit.sverwultuiig  war  seine  Aufgal«;  der  Restauration 
eine  linthst  wehwierige.  In  Marburg  erapting  »der 
Königslieutenant'  die  Behürden,  die  Universität  etc. 
und  gab  Diners  zur  Bestärkung  königlicher  Gefühle ; 
am  5.  bracbeu  seine  Schaaron  gogen  Kassel  auf 
während  Bekanntmachungen  des  General -Kommissärs 
der  Polizei  F.  von  Wolff  und  des  l'räfekten  des 
Werra-Oepartemeiiits,  Frhrn.  A.  von  Trott,  auf  das 
Landvolk  einzuwirken  suchten. 

Die  Deutscligesinnten  und  FreiiieitJifrGunde  waren 
niederges(hlag»*n,  als  sieh  am  7.  Okt.  plötzlich  wieder 
französische  und  westphalisehe  Truppen,  4—500  Mann 
zu  Pferd,  in  Kassel  zeigten;  altmälig  sammelten  sich 
auf  dem  Ständeplatz  (Plaee  des  t'-tabi)  die  gerifjgen 
Reste  der  Gardefe-dn-Cnrfis,  einige  80  Mann,  die  Offi- 
ziere der  Garde -Grenadiere,  alle  zu  Pferd,  Abthei- 
lungen der  Garde-Husaren  ■Jeröine-Napo]er.in<,  franzö- 
sische Gardes-d'honneur,  andere  französische  Reiterei, 
selbst  von»  Mamelukencorps.  Die  Soldaten  logen,  was 
alles  der  Königslieutenant  t.lmn  würde,  ihre  Offiziere 
prahlten,  sie  seien  der  VoHrab  einer  grossen  kaiser- 
lichen Armee,  die  ganz  Westphalen  besetzen  und  decken 


solle,  Polizeiofficianten  wagten  sich  wieder  ans  Licht, 
die  Genfsdarmen  zogen  ihre  verpönten  Uniformen  wieder 
hervor,  überall  sah  man  Franzosen  und  Fraiizüstinge, 
die  ihrem  Jubel  vollen  Lauf  lieösen  und  französischer 
thaten  als  die  Söhne  Frankreichs;  die  Frauen  hatten 
inanebes  holde  Lächeln,  man  dien  verheissungs vollen 
Gruss  für  die  Einziehenden. 

Alle  Thore  wurden  mit  Fiqueta  besetzt,  jeder 
durfte  herein  und  niemand  hinaus.  Am  Abend  sah 
man  die  Franzosen  voll  Uebermuth  im  Theater.  Am 
folgenden  Vormittag  um  zehn  Uhr  zog  Allix  ein,  seine 
finstere  Wiene  erweckte  die  sschlimmsten  Befürchtujigen ; 
ihm  folgte  bis  zum  10.  in  mehreren  Colonnen,  nicht 
gleichzeitig,  ein  Infanteriecorps  von  kaum  einigen 
tausend  Mann.  Alli.\  bewirthete  mit  einem  glänzenden 
Diner  die  französischen  Generale  und  Stabsoftiziere,  die 
Minister  und  Staatsräthe,  einen  Theil  der  Drffizehner- 
Kommission  etc.,  unter  enthusia-stischem  Beifall  wurde 
auf  Jeröme  und  Napoleon  getoastet,  nach  vierzehn  Tagen 
aber  erhielt  ausser  Allix  jeder  Theilnehmer  am  Essen 
eine  Rechnung,  auf  zehn  Thaler  lautend;  Abends  gab 
man  im  Hoftheater  »La  Chasse  de  Henri  IV.«  mit  Ballet 
und  der  Moniteur  berichtete  Tags  darauf  (9.  Okt.),  alle 
Kranzo.sen  seien  begeistert  eingefallen,  als  die  Musik 
intonirt  habe  >0ü  peut-on  etre  mieux  qu'nu  sein  de 
sa  famille?«  Der  Moniteur  brachte  in  rascher  Folge 
Bekanntmachungen  des  KönigsSieutenantH.  Die  Hoff- 
nung, Allix  werde  Milde  walten  lassen,  wurde  bald 
hinfällig;  er  erklärte  die  Stadt  Kassel  für  alles  ver- 
antwortlich, was  am  Bestände  vom  27.  September  fehle. 
Um  den  Feinden  Frankreichs  den  Muth  zu  nehmen, 
verkündete  der  seit  dem  9.  Oktober  wieder  erscheinende 
Moniteur,  in  dem  Allix  einen  gefärbten  Bericht  über 
die  Tschernifcschew'ache  Episode  erscheinen  liess,  der 
Kronprinz  von  Schweden  sei  von  der  kaiserlichen  Armee 


270 


gpschlagen  und  auf  das  redite  Eibufer  zurückgeworfen 
worden ;  diese  Meldung  hob  ab»>r  im  Gegeutheil  die 
Hoffnung,  denn  Niemand  in  Kassfl  hatte  gewusst,  dass 
Bernadotte  mit  der  Nordarmee  bereits  bis  zur  Elbe 
vorgerückt  oder  gar  über  dieselbe  gegangen  sei:  es 
fehlte  ja  an  jeder  zuverlässigen  Nachricht  und  man 
ahnte  nur,  dass  wohl  die  Entscheidungschlacht  zwischen 
Napoleon  und  den  AlUirten  nicht  allzu  ferne  sein  köjine. 
Am  y.  und  10.  kamen  durch  das  Frankfurter  und  das 
Leipziger  Thor  Abtheilungen  französischer  Infanterie, 
leichter  Cavalieiie  und  ein  ziemlich  langer  Artillerie- 
train, der  Rrösste  Tlieil  gehörte  dem  in  Rotenburg 
stehenden  Corps  Rigaud  an ;  die  Cavallerie  wurde 
meistens  auf  die  Dörfer  verlegt,  einige  Trupps  Infanterie 
zogen  in  der  Richtung  auf  Münden  ab;  die  Kasselaner 
musßten  die  Gardes  d'honneiir  bewirthen,  als  wären  es 
lauter  UfHziere,  was  sie  in  hohem  Clrade  belästigte. 
Da  nur  einige  Excesse  gemeinster  Sorte  bestraft  wurden, 
fühlten  sich  die  Bürg<*r  im  ganzen  beruhigt,  zumal 
man  von  AUix  gemeint  hatte,  er  sei  „ein  heftiger  Mann, 
der  sich  nur  zu  sehr  über  die  Einwohner  zu  beklagen 
iiabe  und  gewiss  Exempel  statuiren  werdn"  (Depeschen 
Mornnville's  an  Grossherzog  Jjudwig,  9.  u.  16.  t)kt. 
St.-D.). 

An  Exempeln  sollte  es  aber  nicht  fehlen.  Grenzen- 
los war  die  FJe.stürzung,  als  man  erfuhr,  in  der  Nacht 
zum  11.  und  am  12.  seien  viele  Verliaftungen  erfolgt, 
meist  früher  kurhesaische  Staatsdiener,  jetzt  in  der 
Municipaüitiit  oder  in  der  Komuirssion  der  Dreizehn. 
ftlan  schleppte  die  hochverdienten  Männer  in  das  Castell, 
in  schmutzige  Löciier,  wo  man  sie  aufs  härteste  be- 
liandelte ;  AUix  wollte  eigentlich  die  ganze  Kommission 
als  Landesverräther  vor  ein  Kriegsgericht  stellen  und 
erschiessen  lassen  ;  er  sperrt«  sie  und  die  anderen  Ver- 
hafteten vfui    allem  Verkehre,    auch    mit    den    näch.sten 


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erwandten  ab  nnd  letzteift  bpfürelitften  für  sie  das 
Loos  Engliiens,  Hofers  und  Palms.  Der  Prinz  von  H<'.ss<m- 
Pbilippsthal  wurde  in  seineni:  Haus«  bewaclit,  Meilon 
weit  um  Kassel  erfolgten  Verhaftungen,  die  Kerker 
in  Kassel  füllten  sich  immer  niebr.  Dass  der  Prinz 
jetzt  abtrat,  wurde  ihm  sehr  verübelt;  er  hätte  freilich 
besser  gethan,  nie  Dienste  bei  Jeröme  zu  nehmen  und 
sieb  nie  mit  Woblthaten  von  ihm  überhäufen  zu  lassen ; 
weit  korrekter  hatte  unbedingt  der  Landgraf  von  Hessen- 
Rotenburg  gehandelt,  der  trotz  aller  Verlockungen 
und  Verfolgungen  dem  Hufe  des  Usurpators  fern  ge- 
blieben war.  Durch  königliches  Dekret  vom  9.  Oktober 
erhielten  der  Prinz  von  Hessen-Pliilippsthal,  Graf  Harden- 
berg und  Bamn  Scluilto  die  erbetene  Entlassung,  laut 
königlichem  Dekret  vom  lU.  wurden  die  Brüder  Frei- 
herrn von  und  zu  Gilsa  abgesetzt  und  ein  Haftbefehl 
gegen  sie  erlas.sen,  am  sie  als  Verräther  am  Landes- 
herrn vor  eine  Militär-Kommission  zu  stellen,  der  Ba- 
taillonschef  wurde  wirklich  ins  Castell  eingebi-acht,  der 
Capitain  entHoh  zeitig. 

Es  lag  ein  furchtbarer  Druck  auf  allen  Uemüthern, 
die  Stimmung  war  beklnmraen,  niemand  fühlte  sich 
seiner  Freiheit  für  die  nächste  Stunde  gewi.s.s,  eine  ohn- 
mächtige Wuth  ergriff  die  (ieängsteten;  die  Kommission 
der  Dreizelm  hatte  des  Königs  vollen  Dank  erwarten 
dürfen,  und  nun  wurde  ihr  derart  von  seinem  Stell- 
vertreter gelohnt. 

Am  12.  Oktuber  Abends  gab  man  das  Schauspiel 
«D^fiance  et  raalice«,  die  Posse  »Monsieur  Vautour* 
und  die  Oper  »Le  Tonnelier«,  und  ein  Ausrufer  ver- 
kündete im  Tlieater,  alle  OfH/iere  hättcMi  sich  am  fol- 
genden Morgen  im  Zeugliause  zu  stellen;  als  sie  dort 
eintrafen,  tbeilte  man  ihnen  einen  Erla.ss  des  Kriegs- 
ministers General  vun  lloene  vom  13.  mit,  wonach  die 
zerstreuten   Soldaten   je  nach  dem  Corps,  dem  sie  an- 


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gehörten,  in  Kassel,  Marburg,  Ziegenhaln,  Melsungen, 
Münden,  Hofgeismar  und  Grebenstein  sich  einfinden 
und  die  Offizicire  sich  sofort  dahin  begeben  sollten. 
Freihch  beljielt  es  mit  dem  Wiederkommen  der  Mann- 
schaften gute  Wege,  man  hielt  auf  dem  Lande  das 
Reich  Ji-'röme's  für  von  Tschernitschew  aufgelöst. 

Wenig(i  (Jrte  nur  lieferten  Ruh»*störer  nach  Kasse! 
ein,  z.  B.  Hufgcismar,  Cirebt^nstein  und  Kimbeck;  im 
Distrikte  Eimbeck  gab  es  fortgesetzt  unruhige  Auftritte, 
wie  wir  aus  den  Berichten  des  Distriktskontroleurs  Fulda 
wissen  (St.-H.  1.  CJeiu^ndia  Nr.  IG9) ;  dort  trieb  aucb 
der  angeblich  britische  Werber  Franz  Kümmel  sein 
Weben,  bis  er  nach  Kassel  ausgeliefert  wurde,  in  Uslar 
wurdti  am  18.  Okt.  auch  seine  Liebste  VHrliaftet  und 
nach  Kassel  geschleppt.  Dei  den  Tumulten  in  der 
Gemeinde  Silberbor ti  .spielte  der  seit  lange  bei  dea 
westphäli.sch<*n  iJeliünten  »als  Raufboid  berüchtigte« 
Koch  den  Hauptbelden,  der  Maire-Adjiinkt  wurde  miss- 
handelt, der  ühiire  Rente  bat  um  den  Abschied,  da  er 
zumal  vor  Kocli  seines  Lebens  nicht  sicher  sei,  und 
der  Cantonsmaire  in  Nienover  unterstützte  am  21, 
Okt.  das  Gesuch  bei  dem  l'räfekten  des  Leine^Depar- 
teraents.  Der  Cantonsmaire  in  Altersheim  berichtete 
demselben  Prüfekten  am  23.  Okt.  von  den  am  8.  Okt 
stattgehabten  bedenklichen  Tumulten  in  Rühle,  bei 
denen  man  Maire  und  Steuereinnehmer  absetzen  wollte, 
und  forderte  entrüstet  die  Verbriagiiiig  der  drei  Rädels- 
führer in  die  Residenz;  der  Maire-Adjunkt  Siecke  in 
Ahrenborn  kündigte  wegen  empörender  Beleidigungen 
den  Dien.st  und  di-r  Maire  von  Budenfelde  bat  den 
Präfekten  am  25.  Okt.  um  Gewährung  seines  Wun- 
Rclies,  da  er  »der  einzige  vernünftige  Mensch  in  ganz 
Ahrenborn  sei»  (ebenda).  Auch  in  Boden werder  wider- 
setzte man  sich  dem  Maire,  die  zehn  Hauptschuldigen 
wurden   dem    Gerichte    in    Rinteln    überwiesen  und  der 


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Präfekt  des  Leiiie-Departements,  Ritter  Dellus,  hoffte, 
strenge  Strafe  werde  abschreckend  wirken  (Hrief  des 
Präfekten  an  den  Minister  des  Innern,  Güttingen  23. 
Okt.  St.-H.  XV.  Polizei-Sachen.  A.  Generalia  und  po- 
litische Polizei,  Nr.  62). 

Im  Distrikte  Rinteln  widersetzten  sich  die  Steuer- 
pflichtigen längere  Zeit  den  Steuern  und  den  Polizei- 
gesetzen und  der  Präfekt  Delius  wies  den  darüber  kla- 
genden Direktor  der  indirekten  Steuern  des  Departements 
Chemnitz,  mit  dem  er  wiederholt  darüber  korrespondirte, 
RR  die  Hülfe  der  Gensdarmes.  (Briefe  vom  18.  und  23. 
Okt.,  St.-H.  I.  Generalia  Nr.  169.)  üeber  die  Zustände 
in  Göttingen  belehren  uns  des  Näheren  die  Briefe,  welche 
Delius  mit  den  Mijiistern  Jeröme's  wechselte.  Am  20. 
Oktober  schrieb  er  von  Wolffradt:  „Bei  Annäherung 
des  Feindes  berief  ich  die  Einwohner  Göttingens  zur 
Bildung  einer  Bürgergarde;  dabei  waren  sicher  die 
Lehrer  der  Hochschule  einbegriffen,  aber  sie  zogen  vor, 
sich  unter  Autorität  des  Prorektors  mit  den  Studenten 
zu  be.sonderem  Corps  zu  vereinigen,  da»  unabhängig 
von  Manicipalinstitntion  die  Polizei  in  dem  TheiSe  der 
St^idt  unterhalten  wollte,  wo  die  meisten  akademischen 
Bauten  gelegen  sind."  Obwohl  es  ihm  nicht  entging, 
dass  solche  Separining,  „in  einer  Zeit,  wo  das  gemein- 
sam.ste  Interesse,  das  der  Sicherung  der  Behauptung  guter 
Ordnung,  das  Signal  für  alle  Klassen  der  Bewohner 
gegeben  habe,  mit  vereinten  Kräften  für  dies  allgeiUfiine 
Ziel  zu  arbeiten",  ungünstig  sei,  Hess  er  die  Sache  zu, 
überzeugte  sicti  aber  bald,  dass  sich  die  Studenten 
schlecht  bewährten;  ihre  Jugend,  der  Zweck  ihres 
Auhnthalts,  der  dem  Interesse  aller  anderen  Göttinger 
ganz  fremd  war,  führte  zu  Unzuträglichkeiten  mit  letz- 
teren ;  der  Maire  von  Göttingen  suchte  sich  mit  dem 
Prorektor,  dem  als  Oculist  berühmten  Profes.«or  Karl 
August   Himly,    zu  verständigen,    doch    verwarf  dieser 


X.  F.  XVI.  Bd. 


18 


'274 


seine  wohlwollenden  (?)  Varschlägfi  »ans  SektengHst« 
und  brachte  »die.  Akademie«  in  stete  Opposition  mit 
der  Bürgerschaft ;  deshalb  bat  der  Maire  den  Präfekten 
zu  entscheiden,  ob  die  Professoren  im  Noth  falle 
verpflichtet  seien,  seinen  Sommationen  zu  folgen  und 
in  der  Bürgergardn  zn  dienen.  Delius'  Antwort  ging 
dahin,  im  Falle  der  Noth  seien  sie  dazu  verpflichtet, 
sonst  aber  sei  ihr  Dienst  unnütz.  Die  Profe^asoren 
waren  sinderer  Meinung  und  beriefen  sich  auf  eine 
Entschlieaüung  des  Generaldirektor.-*  dea  öffentlichen 
Uuterriclits  Barons  Leiat,  der  aber  nach  Delius'  Ansicht 
hier  gar  nicht  mitzusprechen  hatte ;  sie  zeigten  gerade- 
zu Verachtung  für  den  Dienst  in  der  Bürgergarde  und 
bot^n  an  ihrer  Statt  je  zwei  MifthSiiige  an,  die  den 
untersten  Klassen  angehörten.  Imh^ni  Delius  bemerkt: 
„Ich  beschreibe  Eurer  Excellenz  nicht,  welche  Auf- 
regung ein  solch  liochmüthiges  Betragen  hervorrufen 
musste",  erklärte  er,  er  wünsche  die  Profe.'ssoren  nur 
voll  Rücksicht  verwandt  zu  wissen,  „die  Greise,  die 
Schwächlichen,  die  Theologen  u.  A.  sollten  ganz  aus- 
genommen sein".  Er  schrieb,  ohne  des  Näheren  darauf 
einzugehen»  Himly  die  ürheber-schaft  der  ganzen  Spal- 
tung zu  und  begnügte  sich  damit.,  seine  „absurden  An- 
sichten" zu  bekämpfen.  Der  intt*rimistiselie  Minister 
des  Innern,  von  Makhus,  antwortete  ihm  in  demselben 
Sinne,  d'w.  Professoren  dürften  keine  ungerechten  Prä- 
tensionen  erheben  (8t. -H.  I.  Generalia  Nr.  171).  Am 
24.  Okt.  -schrieb  der  Präfekt  dein  Pron^ktor,  Studenteu- 
unruhen  wie  die  der  letzten  Nacht  könnten  jetzt  weniger 
als  je  geduldet  werden,  er  bitte  ihn,  für  Ruhe  und 
Ordnung  bei  den  wenigen  jetzt  iti  Göttingen  befind- 
lichen Studenten  zu  sorgen ;  von  zehn  Uhr  Abends  an 
müssten  die  Stadtthore  geschlossen  und  Jeder  sollte 
verhaftet  werden,  der  sich  dann  noch  mit  Anderen 
troppvveise  in  der  Stadt  herumtreibe.     In  seiner  Antwort 


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Delius  vom  gleichen  Tage  gestand  der  Prorektor 
die  Unruhen  zu  und  nannte  den  frühzeitigen  Schluss 
der  Wirthshiiust'r  di*;  beste  Abhülfe  bei  den  400 
Stadenten,  die  noeli  da  seien.  (St.-H.  I.  Generalia. 
Nr.  169.) 

Laut  Bericht  des  Unterpräfekten  in  Rinttiln  an 
den  Minister  des  Innern  vom  27.  Okt.  kam  es  Tags  zuvor 
in  Hameln  zu  Unruhen  des  Volks  und  des  Genndarmerie- 
detachenients,  und  schon  am  21.  schrieb  der  General- 
direktor der  Hohen  Polizei,  Baron  Bongars»  bei  Ge- 
legenheit der  Einsendung  von  tSerichten  über  Herstel- 
lung der  Ordnung  in  Hameh»,  Brauns(;h^\eig  etc.,  dem 
Minister  von  Wolffradt:  Gunsdarmerie  genüge  absolut 
nicht,  um  die  Ordnung  wieder  ins  Leben  zu  führen  und 
dem  Gesetze  Re^spekt  zu  verschaften,  hieran  sei  eine 
grössere  Truppenmacht  erforderlich.  Von  Nordeiifiycht, 
Unterpräfekt  des  Distrikts  in  Hildesheim,  niehlete  am 
20.  Okt.  dem  Minister  des.  Innern  :  in  der  Gegend  ereigne 
sich  zwar  manches  Ungebührliche,  doch  sei  im  allge- 
meinen die  Haltung  der  Hildesheimer  weit  besser  als 
die  ihrer  Nachbarn ;  trotz  der  angrenzenden  hannove- 
risclieik  Ortschaften  äussere  sich  kein  ungünstiger  Ein- 
flusft,  dort  hingegen  liege  „alles  im  Zustande  der  kom- 
pletsten  Anarchie".     (St.-H.  XV.  A.  Nr.  &2:  I.  Nr.  171.) 

Die  vom  Königslieutenant  angedrohte  Rlilitür- 
kommission  trat  am  14.  Okt  in  Funktion  und  gerade 
die  verdientesten  Männer  wnrdmi  vor  sie  ge-steilt. 

Von  dem  Präfekten  bis  zur  Grenze  des  Rhein- 
und  Mosel-Departements  begleitet,  reiste  Jerome  am 
13.  Okt.  von  Coblenz  ab  und  betrat  nochmals  in  Mar- 
burg westphjili.sc he  Krde,  ohne  Geld,  ohne  Heer,  ohne 
Aussichten.  Er  drohte  mit  Anwendung  blutiger  Strenge, 
machte  dem  Präfekten  von  Trott  eine  be-sthimpfende 
Scene  und  beleidigte,  anstatt  um  Liebe  zu  werben. 
Seine    Haltung   verrietb    von    neuem    die    Unsicherheit 

18* 


216 

seiner  Stellung:  viele  Franzosen  ahnten  das  Ende  deT 
Herrlichkeit,  entäusserten  sich  unter  der  Hand  am 
jeden  Preis  ihrer  fahrenden  Habe  und  gingen  in  der 
Stille  davon.  Im  Moniteur  de  Westphalie  stand  kein 
Wort  vom  Kriegsschauplatze,  seine  Spalten  waren  voll 
von  Paris,  Spanien  und  der  Türkei;  wenn  etwas  von  der 
Armee  in  Sachsen  erwähnt  ward,  so  war  es  von  lako- 
nischer Kürze  oder  geradezu  lächerlich,  z.  B. :  „Der  Kaiser 
hat  da^i  Kommando  eines  Corps  der  jungen  Garde  dem 
Herzoge  von  Reggio  übergeben"  oder  „Das  Gallenfieber 
des  Fürsten  von  Neufchatel  hat  aufgehört,  er  befindet 
sich  auf  dem  Wege  der  Besserung.'*  Am  15.  kündigte 
die  Mairie  die  Ankunft  Jerome?  in  Kassel  als  bevor- 
stehend an,  befahl,  die  Häuser  zu  erleuchten  und  Vivat 
zu  rufen.  Eine  Abtheilung  französischer  Infanterie 
folgte  ihm,  als  er  am  16.  Mittags  um  2  Uhr  geräusch- 
los, aber  officiell  empfangen,  einritt;  dass  er  so  ernst 
aussah,  schrieben  Spötter  dem  Verschwinden  der  schönen 
Frau  Garnier  mit  den  Kasaken  zu.  Grosse  StUle 
herrschte  in  den  Strassen,  auf  den  Seelen  wuchtete 
zuviel  Druck,  die  Illumination  aber  ging  unter  der 
strengsten  Aufsicht  vor  sich  und  selbst  die  Gefangenen 
im  Castelle  illuminirten !  Die  Minister  nahmen  ihre 
Thätigkeit  wieder  auf  und  Allix  erklärte,  lieber  würde 
er  Kassel  in  Brand  schiessen  als  es  übergeben,  was 
neuen  Schrecken  erzeugte.  Der  König  bekannte  sich 
durchaus  zu  den  Gesinnungen  von  Allix ;  bei  der  grossen 
Cour,  die  er  am  17.  im  Bellevue-Schlosse  abhielt,  be- 
tonte er  mürrisch,  ihm  liege  wenig  daran,  König  von 
Westphalen  zu  sein,  als  französischer  Prinz  sei  er  mehr; 
er  sei  überhaupt  nur  zurückgekehrt,  um  den  Bürgern 
Rahe  und  Ordnung  zu  sichern.  Der  alt«  General  Frhr. 
Martin  Ernst  von  Schlieffen,  der  bei  Tschern itschew's 
Ueberfall  treu  zu  Jeröme  gestanden,  rief:  „Sire,  wir 
wünschen  uns  zu  Ihrer  Wiederkehr  Glück,  wünschen  aber 


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auch  F..  M.  Glück  tlazu,  denn  Sie  befinden  Sich  jetzt 
iu  di-r  Lage,  die  edelsten  Trärogative  Ihrer  Krone,  Be- 
lohnung and  {inade,  walten  zu  lassen.*'  Mehrmals  fiel 
der  König  d«Mn  erst<'n  Adjunkten  tind  StelJ Vertreter  des 
Maire  iiiH  Wort,  der  für  die  verhafteten  Mitglieder  der 
Municipalität  und  der  Commis«ion  Fürbitte  einlegte, 
und  sprach  von  drei  bis  vier  »manvais  sujets«  unter 
denselben. 

Der  mit  ihm  ziirütkgfkebrte  französische  Gesandte 
Baron  Reinhard  setzte  wenig  Vertrauen  in  Jeröme's 
Königsrolle  und  meinte  schon  am  17.,  J^rome  bedauere, 
zurückgekehrt  zu  sein;  die  G#*8Hndten  Sachsens  und 
Hessen-Darmstadts  wollten  am  2li.  Okt,  nach  Kassel 
zurückkehren,  dnch  lii'ss  man  ihnen  durchblicken,  dies 
zu  thuri  sei  nicht  klug.  Haron  Moranville  frug  bei 
Reinhard  an,  alt  fr  kommen  solle  oder  nicht  und  wie 
der  Stand  der  Dinge  wirklich  isei,  die  Ereignisse  ent- 
hoben Reinhard  der  Antwort.  (E)epe.schen  Moranville's 
an  Grossherzog  Ludwig,  Arr»|.sen,  18.  und  23.  Okt. 
St.-D.)  Reinhard  raissbilltgte  unverblümt  die  Riicher- 
roUe,  in  der  Jdrome  um!  Allix  sich  gefielen;  Jerome 
bestätigte  am  18.  Okt.  alle  vom  Lieutenant  du  roi  ge- 
fas.sten  Bescldüsse,  erhob  Allix  zum  Grafen  von  Freuden- 
thal und  wies  ihm  WXX)  Fts,  Pension  aus  neinpr  Privat- 
kas-se  an,  wie  er  überhaupt  Orden  und  A emier  wieder 
reichlich  vergab. 

J^röme  und  Allix  brüteten  Rache  vor  allem  an 
der  Kommi.ssinn  der  Dreizehn.  Reinhard  .schrieb  am  18. 
dem  Herzog  von  Bassano :  „Des  Königs  Absicht  geht, 
davon  bin  ich  überzeugt,  dahin,  Gnade  zu  üben,  doch 
will  er,  das»  diese  Leute  zum  Tod  verurtheilt  werden. 
Alle  Kerker  sind  voll.  Der  Schrecken  regiert."  Von 
allen  Seiten  bestürmte  man  Reinhard  mit  Vor.stel hingen; 
er  ging  zu  Allix  und  liess  sich  in  einer  langen  Unter- 
redung über  den  Zweck   der  Militärkommission  unter- 


278 


riehtpn,  fand  aber  Allix  ganz  verrannt  in  Vorurtheile 
und  schrieb  an  Bassano:  „Wehe  dem  Manne,  der  fähig 
ist,  im  gegenwärtigen  Momente  das  Leben  von  20 
Ehrenmännern  und  durch  die  Wirkung  eines  solchen 
Verfahrens  auf  ein  erbittertes  Volk  das  Leben  der  Fran- 
zosen im  Falle  eines  neuen  Rückzuges  vielleicht  auch 
des  Königs  Sicherheit  und  die  kostbarsten  Hülfsmittel 
der  grossen  Armee  zu  opfern,  —  alles  für  gereizte 
Eigenliübe."'  Der  Präsident  von  Meyerfeld  war  von  der 
ganzen  Kommission  der  Dreizehn  allein  einmal  verhört 
worden,  Reinhard  rettete  dieselbe  vor  dem  Tode,  den 
Allix  ihr  zugedacht.  Von  seinem  Haasarzte  Dr.  Harnier 
ange^spornt,  richtete  er  ein  ausführliches  Schreiben  an 
Jeröme,  zeigte  ihm,  wie  ungerecht  und  eigenliebig 
Allix's  ganzes  Verfahren  sei,  verwandte  sich  energisch 
für  die  bedrohten  wackeren  Mitglieder  der  Kommission 
und  pochte  auf  sein  Gewicht  als  Vertreter  des  Kaisers. 
Die  Militärkommission  begnügte  sich  mit  der  Erschiessung 
des  Werbers  Franz  Kümmel,  der  früher  preussischer 
und  rassischer  OfKzier  gewesen;  am  20.  brachte  man 
ihn  unter  dem  Geläute  der  sonntäglichen  Glocken  wie 
unter  Trommeln  und  Pfeifen  in  Kassel  ein,  am  Czako 
stand  »Memento  mori!<  und  in  der  Aue  fiel  er  untex 
den  Kugeln,  das  letzt«'  der  vielen  Opfer  des  westphä- 
lischen  Militärstrafrechts. 

Es  schien,  als  sei  Jeröme  nur  zurückgekehrt,  um 
allf  Kostbarkeiten  fortzuschaflFen,  Tag  und  Nacht  gingen 
schwerbepackte  Wagen  nach  Krankreich,  die  FHihrlente 
durften  getrost  das  Vierfache  an  Ijohn  fordern :  die  j 
Franzosen  packten  gleich  dem  Könige,  trotzdem  blieb 
viel  stehen  und  wurde  andrängenden  Gläubigem  in 
Bau»ch  und  Bogen  überlassen ;  mancher  der  westphä- 
tischen  Grossen  ist  mit  gespicktem  Beutel  abgezogen, 
mancher  auch  so  arm,  dass  er  seinen  gestickten  Rock 
deni  Trödler  verkaufte,  um  nur  Brod  zu  finden.     Vom 


Besitze  der  hessischen  Landgrafen  wurde  auch  viel  ein- 
gepackt. Es  hiess,  Jeromo  habe  Befehl  gegeben,  dass 
alle  Franzosen,  vorab  die  Frauen,  binnen  24  Stunden 
reisefertig  sein  sollten.  (Depeschen  Moranvilles  an  Gross- 
herzog Ludwig,  Arolaeii,  23.  Okt.  St-D.) 

„Die  Hoffnung  zur  Wiederkehr",  berichtet  Völkel, 
„schien  ganz  aufgegeben  zu  sein.  Denn  hätten  sie  sonst 
wohl  die  Wohnungen  ihras  König»  unbewohnbar  ge~ 
macht,  die  Spiegel  aus  den  Mauern  ausgebrochen,  die 
Tapeten  von  den  Wänden  abgenommen  ?  Ja  die 
Schlösser  mancher  Thüren  sollen  sogar  verkauft  und 
im  Fürstenstein'schen  Hause  der  Fussboden  aufgehauen 
worden  sein.**  Die  Scliiacht  bei  Leipzig  wurde  ge- 
schlagen, ein  lügneiisthes  Plakat  unterrichtete  zwar 
am  Abend  des  22.  die  Kasselaner  von  einem  voll- 
kommenen Siege  des  4.  Armeecorps  unter  General  Graf 
Bertrand;  merkwürdiger  Weise  aber  unterblieb  der 
übliche  Geschützdonner,  der  sonst  in  diesem  Reiche  der 
Löge  alle  sogenannten  Siege  begrüsste. 

Jede  nähere  Nachricht  über  den  Sieg  vom  19. 
fehlte  und  es  erweckte  wenig  Vertrauen,  dass  der  Trans- 
port königlichen  und  privaten  Eigenthums  im  regsten 
Zuge  blieb,  die  Diligence  nach  Frankfurt  übersetzt, 
Plätze  darin  auf  10 — 12  Tage  zuvor  belegt  waren;  man 
sprach  davon,  der  König  werde  bald  abreisen,  ein  fran- 
zösischer Gouverneur  die  Regierung  übernehmen  und 
Westphalen  eine  Provinz  des  Kaiserreichs  werden.  Durch 
Oberst  Iiallemand  erfuhr  Jeröme  am  23,  von  Napo- 
leons Auszug  aus  Leipzig  am  18.  Oktober,  und  Rein- 
hard berichtete  Tag.s  darauf  dem  Herzoge  von  Bassano: 
„Des  Königs  Absicht  geht  dahin,  sich  nach  Empfang 
von  Nachrichten  von  Sr.  Kaiserl.  Majestät  nach  Mar- 
burg zurückzuziehen,  falls  er  nicht  gezwungen  wird, 
B8  früher  zu  thun."  Jerome  hatte  den  Oberbefehl  über 
die  Division   Rigaud   übernommen,   nun  theiUe  er  die- 


280 


selbe,  hehiplt  die  fine  Hälft-e  selbst  und  gab  dip  andere 
dem  Generale  Jligaud;  die»  beleidigte  Allix,  er  trat 
dem  Könige  derart  entgegen,  dass  ihn  derselbe  entliess 
und  ihm,  wie  W.  Grimm  berichtet,  Grafendiplom  und 
Schenkung  wieder  abnahm  ;  niemand  freute  sich  hier- 
über mehr  als  sein  persönlicher  Feind  Reinhard,  der 
Baswano  schrieb :  ,, Dieser  Mensch  könnte  unser  Ver- 
derben w»Tden;  iti  diesem  Momente  ist  es  nöthig.  ihn 
ans  jedem  politischen  Einflasije  zu  verdrängen."  Von 
allnn  Seiten  kamen  die  Feinde  heran,  Nachts  streiften 
Patrouillen  i^L-hou  bis  auf  die  Entfernung  von  Flinten- 
schüssen um  Kasse!.  Am  24.  besetzte  General  Baron 
Osten-Sacken  Mühlhauscn,  wo  ali^bald  eigenmächtig  der 
\vest|)hülische  Steuer-Direktor  von  Motz  (der  spätere 
preuü-iische  Finanzminister)  als  preus-sischer  Landratb 
enschien  und  preussisch  zu  administriren  begann ;  am 
22.  begriis.ste  Stendal  jubelnd  die  Kunde  von  Leipzig. 
Jörönie  hielt  am  24.  seine  letzte  Revue  über  die  Truppen 
auf  (lern  Bowlinggreen  der  Aue  ab  und  beorderte  die 
garde«  d'lionneur  zum  Abmar.sch  auf  den  folgenden  Tag; 
dieselben  logen,  sie  zögen  nach  Dre.sden.  rückten  aber 
in  der  Frühe  des  25.  zum  Frankfurter  Thor  hinaus  und 
dem  Rheine  zu,  ihnen  folgte  da.s  Detacheraent  der 
Kaisergarde  zu  Fu.ss. 

Am  Abend  des  24,  besuchte  der  König  das  Theater, 
in  dem  m«in  «Madame  de  Sevigne«  und  «Les  Amans 
Prothee«  gab,  und  unterhielt  sich  dann  mit  den  Hof- 
damen, die  er  bat  ganz  unbekümmert  zu  sein,  und  ver- 
tröstete, er  werde  ihnen  3 — 4  Tage  vorher  sagen,  wann 
er  abreise.  Am  25.  erliielten  die  älteren  Pagen  Befehl 
zum  Packen,  die  kleineren  wurden  auf  unbe-stimmte 
Zeit  zu  iliren  Eltern  beurlaubt.  Jeröme  fühlte,  er 
könne  nicht  länger  in  Kassel  bleiben,  sein  Billet  vom 
25.  an  König  Joachim  athmet  die  grösste  Aengstlich- 
keit,  and  auch  die  Kasselaner  wussten  jetzt,  wenn  auch 


281 


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ongenan,  dass  es  nm  Könij^  iinfl  Kaiser  schlecht  sb'he; 
fast  offen  spraehtin  sie  SL-it  dcrn  2b.  davon,  die  grosse 
Armee  8ei  bei  Leipzig  geschlagHM  iiiid  im  ciligstHn 
Rückzug«!.  »Schon  am  24,  hatte  Jöröiiif  vier  Mitglieder 
der  Dreizehner-Kommissiun  fieigegebt^n,  bei  «einer  Ab- 
reise kHinini  alle  Gefangenen  in   Freiheit 

In  der  Frühn  de.s  2ö.  erklärtf?  der  König  den  Offi- 
zieren der  Garde-Grenadiere,  er  5nuBse  Kassel  verlassen 
and  stelle  ihnen  frei,  ihm  zu  frilgen  oder  zurückzu- 
bleiben ;  da  trat  nur  mein  Grossvater  hervor,  der  Khren- 
stallnieister  der  Königin,  Citi^itain  Ghevalier  (Jeorg  Klein- 
schmidt,  den  nun  .iHiuiiit'  zuju  Oherstlientenant  und  Or- 
donnanzoffizier beförderte  (und  am  4.  November  in  Köln 
entliessj,  allen  anderen  wurden  auf  königlicliHn  Defeht 
Entlassungsscheint*  ausgestellt  Deutlicli  hörte  man  um  2 
und  um  6  Uhr  Kanonendonner  und  Jeröme  reiste  von 
Napolponshöhe,  das  bald  wieder  Willudnishübe  beissen 
sollte,  ujii  f)  Uhr  ab,  ohne  Kassel  zu  berühren  ;  ihn  beglei- 
tete ein  Bataillon  leichter  Infanterie,  einige  hundert  Garde- 
Grenadiere,  tiO  Mann  Gardes  d'honneur,  eine  Compagnie 
Kuirassiere,  eine  Couipagtiie  Dragoner,  diese  drei  Ab- 
theihmgen  lauter  Franzosen,  und  etwa  UM)  westphä- 
lisehe  Gardes-du~corps;  mit  ihm  reisten  die  Generale 
Chabert.,  Danloup-Verdun,  Graf  Wickenburg  und  Baron 
Bongars,  die  Grafen  von  der  Mal.sburg  und  von  Bocholtz, 
der  Oberst  von  Berger.  Da  der  Weg  zwischen  Mar- 
burg und  Frankfurt  durch  die  Barnni  und  ( )e.«*terreicher 
unsicher  er.schien,  nahm  der  enttlirnnte  Fiir.st  die  Rich- 
tung über  Arolsen;  der  Waldeckische  Hof  gerieth  in 
grosse  Verh'genlieit,  .sich  bei  den  Alliirten  seiuetwegen 
zu  komprnmittiren,  und  war  herzlich  froh,  als  er  am 
Morgen  des  27.  weiter  reiste. 

Am  Nachmittag  des  2t>.  waren  auch,  eskortirt  von 
J^rome-Napnleon-Husaren,  die  Minister  Grafen  Wolffradt, 
Hoene  und  Marienrode  abgereist,  die  in  Köln  zu  Jerome 


282 

stiesseii,  Frau  von  Wolffradt  reiste  mit  und  in  Köln 
Bchlosis  sich  die  Palastdame  Gräfin  de  la  Ville-sor-Illon 
an.  Am  26.  trafen  in  Kassel  die  Redte  der  westphä- 
liächen  Regimentor  von  der  Grossen  Armee  unter  General 
von  Wolff  in  kleinen  Häuflein  ein  und  bestätigten  Na- 
poleons Niederlage  bei  Leipzig;  der  Stadt  bemächtigte 
sich  grosse  Sorge.,  die  fliehenden  Franzosen  würden 
über  Kassel  kommen  und  alle  Unbilden  ausüben  oder 
die  sie  verfolgenden  Sieger  würden  mit  der  Garnison 
handgemein  werden;  am  Abende  erschien  im  Monit-'^ur 
die  bekannte  vom  25.  datirte  Proklamation  »des  Rathes 
der  Minister  des  Königreichs«,  unterzeichnet  von  WoIfF- 
radt,  Hoene  und  Marienrode, 

Als  interimistischer  Vertreter  des  Ministers  de« 
Innern  befahl  noch  Makhus,  Graf  von  Marienrode,  am 
26.  den  Präfekten:  falls  ihre  Departements  von  feind- 
lichen Truppen  überzogen  würden,  sollten  sie  und  ihre 
Onterbohörden  ihre  Funktionen  fortführen,  wenn  der 
Feind  es  gestatte,  jedenfalls  aber  keinerlei  Eid  leisten 
und  auf  keine  Veränderung  eingehen  (St-H.  L  Gene- 
nilia.  Nr.  169). 

Die  Nationalgarde  hielt  die  Nacht  vor  der  Mairie 
in  Kassel  und  bezog  erst  die  Wachen,  ak  am  27.  all« 
franaöeischen  Truppeu  unter  General  Rigaud  sich  dem 
Rhein  zuwandten.  Noch  weit  toller  als  am  3.  Okt. 
ging  es  vor  deren  Absnge  in  der  Monturkammer  her: 
die  Franzosen  rissen,  was  da  lag,  heraas  nnd  verkanften 
es  um  ein  Spottgeld  an  den  Pöbel«  es  setxte  blutige 
Köpfe  und  nur  ein  OfSzier  sucht«  dem  Raub  Einhalt 
m  Uiuu,  mehrere  Compagniea  sogen  mit  den  neuen 
Bärenmätzen  der  Garde^Greuadiere  ab,  die  sie  dem  Magft- 
a  ine  entnommen  hatten.  Am  holländischen  Thoce,  durch 
das  der  Zqg  ging«  kam  es  so  wnnderlichieB  Auftritten; 
der  benüche  Herbettag  lockte  tausende  vctt  Zuschanern 
herbei    Da  sah   man  Weiber,  die   vergebens    aof  der 


Diligeuce  oder  einem  Wagen  Platz  suchten^  den  Sol- 
daten schreiend  ihre  hülflosi'n  Kindor  entgegen  hielten 
and  Bich  glücklich  dünkten,  wenn  sie  auf  einem  Ba- 
gagewagen kam-rn  durften;  da  gingen,  das  Bündel  am 
Stocke,  MänntT  und  Jünglinge  einher,  denen  die  flüch- 
tige Zeit  ihre  kecken  Hoffnungen  nicht  örfüllt  hatte; 
neben  ihnen  trauerten  die  Künstler  des  französischen 
Theaters,  von  denen  z.  B.  Philipp  Taglioni  nnd  seine 
Frau  20,000  Frs.  Gage  bezogen  hatten,  und  wie  mancher 
Gläubiger  lief  hinterdrein,  ohne  einen  Heller  zu  er- 
halten.' Um  drei  Uhr  war  kein  Franzose  mehr  in 
Kassel. 

Am  späten  Abend  des  28.  trafen  die  ersten  Russen 
unter  dem  Generale  Yusefowitsch  in  Kassel  ein,  jubelnd 
begrüsst,  Tags  darauf  folgte  das  8.  Corps  unter  Graf 
Saint-Priest,  am  30.  zog  der  Kurprinz  ein  und  erliess 
die  schöne  Proklamation ;  „Hessen !  Mit  Eurem  Namen 
nenne  ich  Euch  wieder!'''  Am  8.  Nov.  nahm  man  Na- 
poleons Statue  von  ihrem  Piedestal  und  am  21.  em- 
pfingen die  Hessen  ihren  angestammten  Landesvater 
wie  einen  Erlöser.  Die  alten  Be.sitzer  kehrten  in  die 
ihnen  genommenen  Gebiete,  die  bisher  Westphalen  ge- 
bildet hatten,  zurück,  so  Preussen,  Hannover,  Braun- 
öchweig,  He.ssiHn.  Westphalen  war  vom  Erdboden  ver- 
schwunden, keine  Hand  regte  sich  dafür. 

öeher  Arensberg  und  Lennep  war  Jeröme  am  1. 
Nov.  in  Köhi  eingetroffen,  hier  stiessen  diR  drei  Minister 
nnd  einige  west]diälJ8che  UfHziere  zu  ihm;  je  mehr 
Leute  aber  er  um  sich  hatte,  desto  grösser  ward  seine 
Geldnnth ;  er  verkaufte  Silbergeräth,  um  nur  leben  zu 
können.  Am  4.  Nov.  verabscLiedbte  er  die  Gardes-du- 
Corps  und  die  anderen  Militärs,  sie  mussteu  ohne  Reise- 
geld heimziehen  und  General  Chabert  zwang  obendrein 
die  Gardcs-du-Corps,  40  an  Zahl,  Pferde,  Uniformen 
und   Waffen   zurückzulassen.      Auf   Befehl    des   tief  er- 


ä 


284 

bitterten  Kaisers  Hess  sich  der  Exkönig  in  Aachen 
nieder,  von  wo  er  am  15.  November  nach  Compi^m 
übersiedelte.  Hinter  ihm  drein  flogen  in  Masse  Spottr 
gedichte,  meist  elenden  Kalibers;  so  heisst  es  im  „D^ 
part  de  Cassel": 

Adien,  mesdames,  adieo,  meesiearB, 
D'un  roi  qui  part  en  diligence 
Becevez  les  tristes  adieux. 
Le  momeot  devient  dangereux; 
Mais  teoez  boone  contenaoce! 
Les  soaverains  de  ma  naissance 
De  lear  antique  residence 
Ne  quittent  jamais  les  sigets, 
Que  pour  voler  k  leur  defense. 

Im  Marburger  Staatsarchive  (Abtheilang  IX)  be- 
findet sich  eine  lange  Reihe  solcher  Spotterzengnisse, 
das  Pasquill  »Stammtafel  der  Familie  Bonaparte« 
(Kassel  1813),  das  Singspiel  »Der  Abschied  ans  Kassel« 
von  Germanns  (Moskau  1813),  das  Gedicht  »Abschied 
von  Napoleon«  (Kassel  1813),  das  imitirte  Dekret  »Wir 
Hieronymus  Napoleon  durch  Gottes  Zorn  .  .  .  Zaun- 
könig von  Westphalen«  (Kassel  1813),  Schellers  »Jero- 
mtade«  in  sieben  Gesängen  (Kassel  1813),  »Domen- 
stiche för  Napoleon  und  Hieronymus  Buonaparte«  (Köln 
1814),  Hilarius'  »Humoristische  Reise  durch  ein  hoch- 
Sfliges  Königreich«  (Quedlinburg  1816),  das  Lustspiel 
»Hieronimns  aus  Corsika«  (Leipzig  1816)  u.  a.,  auf  der 
Landesbibliothek  in  Kassel  ist  n.  a.  zu  finden  »Die 
französische  Garküche  an  der  Fulda«  (St.  Petersburg 
1814). 


Ein  Process  vor  dem  peinlichen  Hals- 
g'erichte. 

1636  —  1641. 


Von 
Carl  von  StamTord. 


iL»  Jahre  1636  und  1637  brachten  dem  Htssen- 
^fj  lande  ungeheure  Trübsal,  des  langen  Krieges 
Schrecken  lagen  weder  vorher  noch  nachhfrir  über  der 
anglücklichen  Bevölkerung  härter  als  in  dieser  Zeit. 
Gewährten  den  kleinen  Städten  ihre  Mauern  und  Be- 
festigungen auch  einigen  Schutz  gegen  streifende  feind- 
liche Partheien,  80  war  doch  das  flache  Land  dies^en 
fast  schutzlos  preisgegeben,  zumal  Landgraf  Wilhelm  V. 
im  Bunde  mit  Schweden  oft  die  Deckung  seines  eigenen 
I  Landes  den  grösseren  Kriegszwecken  nach  ordnen  musste. 
Da  mögen  wohl  die  Kreignisse  eines  Somraertages  von 

»1636  in  der  Nähe  der  Stadt  Lichtenau  nicht  ohne  In- 
teresse sein,  indem  wir  an  ihnen  einen  Einblick  in  die 
Zustünde  jener  tranrignn  Zeit  gewinnen  und  zugleich 
über  die  damalige  Gerichtsverfassung  und  Verfolgung 
von  Verbrechen  uns  unterrichten  können. 

Die  Schriftstücke,  welche  Lamkin^n  Spürsinn  und 
SammelHeiss  retteten  und  die  sich  in  den  Landau-Col- 
lektaneen   der    ständischen   Lande.sbibliothek   vorfinden, 


I 


^86 


enüialten  die  Dexi(/tmiw  aelonon  (auch  jRolulus  acUmtn 
genannt),  in  welclier  der  Gerichtsschreiber  (Äctuarius) 
den  Verlauf  des  Verfahrens  nacli  der  Zeitfolge  eintrug; 
sie  umfasste  die  Anträge,  Termine,  Bescheide  und  deren 
Insinuation  udiT  Publikiition  in  Form   der    Registratur. 

Der  andere  Theil  der  Acten  eint*s  Processes,  die 
von  den  Partheien  eingereichten  Schriften  (Recesse) 
und  die  Protokolle  über  die  Verhandlungen  in  gericht- 
lichen Terminen  de«  Processgerichts  oder  anderer  requi- 
rirter  Gerichte,  welche  nach  Nummern  geordnet  und 
in  der  Dfsignatin  angezogen  wurden,  ist  nicht  erhalten. 
Dadurch  ist  ein  vulles  Verstäridniss  des  in  unserer 
Designatio  zusammenhängend  dargestellten  peinlichen 
Proce.'^ses  nicht  zu  erlaitgcn. 

Die  Vorfälle,  um  welche  es  sich  handelt,  spielten 
sieh  an  einem  Tage  des  Juli  1636  ab  „um  Jacobi,  den 
25.  Juli"  und  dif  Verfolgung  derstlben  durch  die  Ge- 
rechtigkeit scheint  anfänglich  ziemlich  Uis.sig  gewesen, 
wenn  nicht  gar  unterblieben  zu  sein.  Das  aufbewahrte 
erste  Zeichen  der  Recht^äpHege  in  diesem  Falle  ist  ein 
Zeugnis«  vom  15.  Sejitember  1(>3B,  in  welchem  zwei 
Einwohner  von  „Leuchtenaw",  Valentin  Juätenig  und 
Cbristoffel  Jeger,  die  aus  dem  Munde  eines  andern 
Bürgers  von  Lichteaau,  Ziriax  Siemtm,  gehtirte  Aussage 
durch  ihre  üntersdirift  bekräftigen.  K»  ist  nicht  er- 
sichtlich, auf  welches  öffentlichen  Beamten  Geheiss 
jenes  Verhör  stattfand,  zu  welcln-ni  „Jacob  .Schneider 
inwohner  und  Scheif  (Schotf  ?)  von  Heisa  nach  ,  der 
Leuchtenau  kam  und  von  dem  Bürger  zeugnus  haben 
wollte,  welcher  zwei  kaiserlichen  Reuttern  den  weck 
nach  EisicInüiBtrut  hette  zeigen  sollen".  Immerhin  deut«t 
der  Inhalt  der  Aussage  der  beiden  Zeugen  darauf  hin, 
dass  eine  IJnter.suchung  dys  Falles  bereiti*  im  Gange  war. 

Wir  müssen  uns  hier  erinnern,  dass  der  Landes- 
fürst im  Juni  1<336  Hanau   von   der   Belagerung   durch 


I 


I 
I 


den  kaiserticlien  General  Lambny  befreite,  dann  In  den 
folgenden  Monaten  mit.  seinem  Heere  seiner  HauptstJidt 
Kassel  fernblieb,  wiilirend  die  Landschaft  von  Homberg 
bis  zur  Werra  von  dem  kaiserlichen  Feldmarschiill  Gi^tz 
und  anderen  feindlichen  Generalen  bedrückt  nnd  da- 
durch der  bürgerliche  Rechtezustand  in  holiem  Masse 
beeinträchtigt  wurde. 

Der  fürstliche  Fiscalts,  welchem  ex  ofHcin  die 
Verfolgung  der  Vergehen  und  Verbrechen  oblag,  hatte 
die«ea  in  unserem  Falle  eingeleitet  und  es  Hndet  sich 
folgende  Vorladung  der  Angeschuldigt+^n: 

„Defs  durchleuchtigen  hoichgebornen  Fur.sten  viidt 
Hern,  Hern  Wilhelrnfs,  Landt.grafF  zu  Hefaen  etc..  Meines 
gnedigen  F'ursten  viidt  Herrn,  Seiner  P.  ün.  Schultheifs 
vndt  Richter  in  Häidt  vndt  Anipt  Cafsel,  Icli  Burchard 
V  i  g  e  I  i  u  s,  fuge.  Kuch  PVantz  N  o  1 1  e,  Ctiri.stiati  8  ebne  i- 
der,  Hanfs  Engelhardt,  alle  von  Heisa  vndt  Gürge 
Brnbach  von  Vngsterode,  wie  auch  eucli  .Tohahnes 
Kosenbl  att,  Jost  Bre  ull,  Simon  Kap  jte  fw,  Henrich 
Gerhardt,  Friedrich  Eng e  I  h  r  e c  h  t,  Hans  W  i  e  h  a  r  d  t 
senior,  ("hristian  8  u  to  rn,  Valttiii  H  eh  e,st  r  ic  li,  Hunfs 
Löber,  Valtin  (xun delach,  .Simon  Riemann,  Con- 
radt  Mergart t  vndt  Clofs  Teichgräbern,  alle  sefs- 
haftige  Bürger  vndt  Aui|its  Vriderthan  zu  Lichtenaw, 
hirmit  zn  wissen,  vndt  habt  ihr  Kuch  selbst  zu  erinnern, 
welcher  mafsen  hei  jüngstem  F.infall  der  Gützischen 
Armee  zwen  Schwedische  RenttiT  bey  der  Lichtenaiiw 
von  euch  niedergemacht  vuilt  daaialfs  auch  zwein  Kay- 
serische Rentter  todt  gewcblagen,  dass  zwistdien  Fach, 
Denen  von  Heisa,  vndt  Denen  Aiifsm  Aniptt  Liehte- 
naiiw  streit  vorgefallen,  welches  die  Kayserische  oder 
Schwedische  gewesen. 

Wan  dan  Solche  F-uer  Mörderische  böse  tliatt  vndt 
mirsliandlnng  vngestrafft  dicht  hingehen  kau  noch  soll, 
alfs  citire  lieifse  vndt  Erfordere  Ich  Euch  wegen  trageudeu 


26d 


i 


Richk'rltchen  amjjts,  hirmit  zum  Ersten,  Andern  vndt 
(IritttMi  mahl  jitsryirijjturie,  also  vndt  der  gestaltt,  dals 
ihr  Montags  den  30.  Januarij,  des  mit  Gott  annalienden 
lü37'«n  Jahrfh  Schierrskfiiifftig  vor  öffentlichem  pein- 
lichen haifsgericht,  ahn  gewuhnlitlier  gerichtsstatt  ahm 
Marck  alhier  zue  Calsel  vmb  acht  Vhr  vor  Mittag  zn 
eigener  ptirs»"»lin  ginvifs  vndt  aufspleiblich  (unausbleib- 
lich) erscheinet,  geschickt  zue  vernehmen,  wafs  fürst- 
licher Hessischer  Fiscalis  jegen  Euch  obgedachter  Miß»- 
handlung  halber  zu  klagen,  darauff  zu  antwortten  vndt 
ander  rechtlich r  Notturft,  da  ihr  deren  zu  haben  ver- 
meinet, fürzubringen  vndt  bescheidts  gewertig  zu  sein, 
mit  dero  Verwarnung,  Ihr  erscheinet  alfs  dar  alfso  oder 
nicht,  dass  nichtowoniger  vff  Fiscalis  ferner  formblich 
ansuchen,  ergehen  vndt  geschehen  soll  wafs  recht  ist, 
daraach  ihr  Euch  zue  richten,  Ich  will  euch  auch  Ein 
frey,  Sicher  pelaidt  zue m  Hinditen  vor  viibillicher  gewaldt 
hirmit  vermiige  der  peinlichen  Halfsgerichts  Ordnung 
zuegeachrieben  haben,  Geben  zue  Cafsel  vnder  Meinem 
Ampts-Secret    Insiegel    den    5   DecemUris    Anno    1(j36. 

Burchardt  Vigelius''  *). 

Daa  Siegel,  ein  viereckiges  Blättchen  auf  Wachs 
ausgedrückt,  zeigt,  einen  herzförmigen  Schild  mit  einer 
Wage,  darüber  die  Gestalt  der  Gerechtigkeit,  welche  in 
der  Rechten  eine  Wage,  in  der  Linken  ein  Schwert  hält 

hn  Anschlüsse  an  vorstehende  Ladung  sei  hier 
bemerkt,  dass,  wenn  das  Gericht  in  Thätigkeit  trat, 
auf  die  Gerichtsbank  ein  eiserner  Handschuh,  das  Richt- 


*)  Siiiltet  in  ,Die  Entwickolung  dos  golohrton  Ricbtor- 
tliums  etc.*  Bd.  I.  S.  311  setzt  um  das  Jahr  lüiKJ  für  Kassel  die 
Scheidung  des  PoJIogium  literatum  von  dem  c  itliteratum  beim 
Stadtgcriolito  sowie  don  Begimi  der  Reilio  gelehrter  Sc-hultheifsseo. 
VigcliuH  (Wcipcl)  iius  Wolter  oder  desson  Nähp,  war  Schultheiss 
von  ]t)30— Uilti.  Ikreits  im  Jahro  1540  hutto  die  Stadt  Kjissel 
den  Ijuidgrafen  iiin  Beiordnung  von  2  gelehrten  Kiithen  su  den 
ungolohrton  Schöffen  gotjetcn,  (SloheJ  das.  S.  355.) 


I 


schwert,  ein  Strick,  eine  Scheere,  ein  Schlägel  und  ein 
Beil  gelegt  wurden,  die  sogenarmteii  »Zierrathon«.  Sie 
bedeuteten,  dass  das  Gericht  als  peinliches  Halsgencht 
den  Blutbann  ausübe,  d.  h.  über  ein  scliweres  Verbrechen 
das  Urtheil  finden  solle.  IIil-  Zierrathen  blieben  bis  zur 
Aufhebung  des  Gerichtes  auf  der  Bank  liegen;  diefie 
wurde  umgeworfen,  wenn  das  Gericht  aufgehoben  wurde. 
Wir  finden  zunächst  eine  Bittschrift  von  zwölf 
Einwohnern  der  Stadt  Lichtenau  an  Landgraf  Wilhelm, 
vom  12.  Januar  1()37;  datin  heisst  es:  „Als  im  nechst- 
verschienfuen  Sommer  vmb  Johanni  die  feindliche 
Götaische  Armee  vor  Homberg  gelegen,  haben  sich 
starke  und  geringe  Trouppen  von  deroselbigen  unseres 
Orts  sich  befunden,  grausamb  zugesetzt,  dass  wir  in 
die  gewalde,  CluHte  vnd  höhlen  vns  verkriechen  raiLssen. 
Zwen  Reuter  vom  Feinde  hatten  sich  verspätet,  welche 
wihr  vmb  Verhütung  grosses  Vnglücks,  so  uns  durch 
sie  gewisslich  were  zin*gefuegt  worden,  in  solcher  be- 
stnrtzung  vndt  sonderlich,  weil  wihr  sie  nicht  wegen 
der  feinde,  von  denen  wihr  allenthalben  vmbgeben  ge- 
wesen, gefangen  vff  Cassidl  oihu"  sonstut  wohin  sielinr 
zue  bringen  vermocht,  frlegt  vndt  niedergemaciit,  derent- 
wegen vf  des  Hern  Capitän  Leutenampts  Lorentz  Sue- 
dermann  vom  Grünen  Regiment  anclage  wir  nach  der 
handt  nicht  allein  in  gefüngnüsse  gesteckt,  sondi^rn 
auch  .  .  .  mit  peinlichen  procefs»*n  beleget  werden  »olt>>n, 
vnter  dem  fürgehen,  ob  solten  obige  beide  Reuter 
Schweden  gewesen  sein  und  vom  Feinde  abreiten  wollen, 
da  doch  ilazumahl  vmb  verwendten  Tag  Jacobi  (25.  Juli) 
wie  menniglich  bewust  keine  Schweden  sondern  feinde 
vmb  vndt  vmb  vns  gelegen,  sie  sich  auch  feind-seelig 
verhalten  vndt  von  des  fwindes  Armee  kommc^n:  alfs 
haben  wihr  aller  Völcker  vndt  natürhchen  Rechts  vns 
gebraucht  vndt  das  pmevcnire  .  .  .  mit  ihnen  .  .  .  ge- 
spielet, dass  um  diesertwegen  vnser  zwülff  urlicher  Lent 


N.  F.  XVI.  BJ. 


19 


290 


Söhne  .  ,  .  also  prostitnirrt  werden  .  .  .  vnd  iufamn 
werden  sollen,  dass  seye  Gott  im  hohen  himmel  vnd 
Ew.  Füret).  Gn.  mit  Seufzen  vnd  threnen  geclagt  .  .  . 
Wihr  bitten  Sie  geruhen  in  aller  Gnade  vns  solche* 
proccsaes  vndt  Labyrinths  ...  zu  erlassen.  Solches 
wird  der  allwissende  Gott  .  .  .  Ew.  F.  Gn.  reichlich 
belohnen  ,   .  . 

Lichtenau  .  .  .  Hans  Reinhardt,  Simon  R  i  e  m  a  n, 
Valtin  Gnndelach,  Jost  Breul,  Simon  Kappes, 
Hans  Rosenblat,  Valtin  Hebeetrick,  Fiitz  Engel- 
brecht, Hans  Löwer,  Christian  Sa  der,  Conrad 
Mergardt,    Clofs  Schmidt" 

Sämmtliche  Namen  sind  von  demselben  geschrieben, 
welcher  den  Text  der  Bittschrift  abgefa.sst  hat.  Zu  be- 
merken ist,  dass  von  den  Bittstellern  Hans  Reinhardt 
und  Clofs  Schmidt  in  der  Vorladung  des  Kasseler  Schul- 
tbeissen  vom  5.  December  nicht  bezeichnet  sind,  wo- 
gegen letztere  auffährt :  „Henrich  Gerhardt,  Haus 
Wiehardt  settior  (vielleicht  identisch  mit  Hans  Rein- 
hardt) vndt  Clofs  Teich  grabet". 

Die  peinlich  Angeklagten  von  Lichtenau  richteten 
weiter  nnter  dem  19.  Januar  1637  ein  Bittgesoch  an 
den  Landgrafen:  ,J)archIeachtige  Ew.  P.  Gn.  wollen 
sich  vnaer  jüngst  nbeigebener  Untertfabiiger  ntppHealkm 
Tmb  erlafBDng  des  mit  tds  vorganonmenea  PeinlidMa 
I\oee$»es  iweyer  bey  dex  Götxischfln  Mardm  vnd  feiod- 
•eUgaa  Zmetsen  eri^^er  Keysoischer  Realer  halben  in 
allen  giuideii  erinnern.  Diewul  wir  ms  am  vnsers  dero 
Zeh  bi^agten  vnd  abgenötigten  b^nnens  vf  (onleser- 
bcher  Name,  vielleicht  Wolf)  vnser  YftigueeUle  Obrig^ 
keit,  alle  den  Hern  Landvogt  m  ^nagmbeigkf  ancii 
gantte  Stadt  md  Ampi  Lenehtwmw  bendlea. 

Alfe  geteben  soe  E.  F.  Gn.  wir  dieser  vnterthenigea 
boii— g,  Se  «erden  Vaa  dieoerimlb  weÜar  nicbt  gra- 
Sokhea  nie.  Lenebtenaw   den  19.  Janiur 


I 


i 


.  E.  F.  Gn.  Vnterthänige  (unleserlich)  vndt  demülige, 
sampt  vnsem  weibem  vndt  kindern,  folgen  die  zwölf 
Namen  wie  oben. 

Landgraf  Wilhelm  war  nach  mehr  als  sechsmonat- 
licher Abwesenheit  vnn  seiner  Hauptstadt  am  26,  De- 
cember  1636  unter  dem  Donner  der  Kanonen  der  Festung 
heimgekehrt;  kurze  Zeit  darauf  lag  er  in  den  Forsten 
bei  Spangenberg  der  Jagdlust  ob  und  hier  verfügte  er 
auf  die  Eingabe  der  Ijchtenauer  vom  19.  Januar  Fol- 
gendes : 

„Nachdem  wir  in  gehapter  Nachfrage  berichtet 
worden,  das  diejenigen  vmb  welcher  willen  Suppltcanien 
peinlichen  verfolget  werden,  keine  Schweden,  sondern 
Kayserische  gewesen,  wofern  dan  deme  also,  sehen 
wir  nicht,  wie  Sie  mit  angezogenem  Process  pcrseqnird 
vndt  beschweret  werden  köimen,  vndt  wird  demnach 
Vnsere  Regierung  vff  solchen  fall  dahin  zu  sehen  wissen, 
damit  Sie  mit  fernerem  Proccss  verschonet  vnd  weiter 
nicht  grariret  werden  mögen.  Sign :  Spangenbergk  den 
20.  Januar  1637.     Wilhelm  etc." 

Der  Fürst  war  also  geneigt,  weitere  Verfolgung 
der  einer  blutigen  That  Beschuldigten  einstellen  zu 
lassen,  allerdings  unter  der  Bedingung,  dass  die  nieder- 
gemachten Reiter  Kaiseri.sche,  d.  h.  Feinde  des  Hessen- 
landes gewesen  seien  ;  er  war  auch  nur  in  diesem  be- 
flondern  Fall  dazu  geneigt,  da  es  den  Bewohnern  des 
Landes  auf  das  strengste  untersagt  war,  auf  eigene 
Faust  Krieg  zu  führen.  Der  durch  den  bereits  ira  vier- 
zehnten Jahre  währenden  Krieg  zunehmenden  Verwil- 
derung sollte  u.  a.  das  gegen  die  Soldatesca,  dann  aber 
auch  gegen  'Herrnloses  Gesindlein  zu  Ross  und  Fuess« 
gerichtete  Edikt  Landgraf  Wilhelms  vom  14.  März 
1632  steuern,  in  welchem  „den  lieampten  und  Unter- 
tlianen  ernstlich  befo'hlen  wird,  wan  dergleichen  Rau- 
_  bereyen,  Plünderungen  vnd  Plackereyen  vff  den  Strassen 
ft  19* 


I 

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293 


sich   begeben   .  .  .    solle   solch  Dorf,    sobald    mit 
Glocken  ein  Zeichen  geben,  jedermann,  der  solch  Zeichöt' 
hört,   zulaufFen  .  .  .    Solteu   die  Thäter  sich  zur  Wehr 
stellen  vnd  ohne  Verwundunge   nicht  zn  eriangen  sein,   M 
so  sol  deren   (wan    deren   schon  einer  oder  mehr  Todt  * 
bleiben  sollen)  nicht  gefrevelt  oder  misshandelt  sein  .  .** 

Das  von  dem  Schultheissen  Vigelius  eingeleitete 
Verfiahren  hatte  seinen  Fortgang  und  am  30.  Janaar 
1637  fand  das  von  ihm  vor  dem  peinlichen  Gerichte 
angesetzte  Verhör  statt.  Darüber  findet  sich  das  Pro-  fl 
tokoll,  worin  es  heisst :  „Fiscalis  proditciri  ein  ArticuUrie  i 
Klag  entgegen  vndt  wider  Frantz  Köllen,  Cbristmann  j 
(oben  Christian)  Schneidern  vnd  ewisorien^  batt  die-  ■ 
selben  \i  solche  Klagartikel  eigenes  mundts  .  .  .  ant- 
wort  geben  zu  lassen.  Die  Anklage^  welche  zwanzig 
einzelne  Punkte  enthielt^  ist  leider  nicht  erhalten,  so- 
dass vieles  dunkel  bleibt  Es  mögen  hier  nar  diejenigen 
Antworten  Platz  finden,  aus  welchen  hervorgeht,  um 
was  es  sich  bei  der  Frage  handelte.  Die  Orales  lie- 
aponsioties  des  Frantz  Nölle  lauten :  ad  2)  es  seien 
keine  schwedische,  sondern  feindtsvolk  gewesen,  ad  3) 
hatten  sie  als  feindte  darnieder  gemacht^  hoffen  nicht, 
daas  sie  das  verdient  hätten  (Strafe)  ...  ad  9)  sagt 
Ja,  es  hat  ein  Bürger  ihnen  gesagt,  dass  die  reuter 
einen  vorm  thor  mitgenommen  (als  Wegweiser),  da  seyen 
sie  hernach  gelauffen,  ad  10)  sie  haben  erstlich  den 
rentern  zngorufen  »was  volck?«,  hab  der  eine  reuter 
sobalt  nach  der  pistole  gegriffen  und  schiesen  wollen, 
da  sei  Albert  Engelhardt,  nunmehr  selig,  eher  fertig 
worden  vnd  den  reuter  herunter  geschossen  ...  ad  13) 
hab  nichts  geholten  (wol  Botenlohn)  so  betten  sie  auch 
nichts  gefordert,  er  hette  aber  die  pestilentz  alin  bein 
gehabt  (der  zuerst  erschossene  Reiter). 

Christ  mann   Schneider   sagt  aus:  ad  2)  die 
realer  hätten  geantwortet    »Gatt  Kayserisch«,   sodann 


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* 


293 


wie  Nöll  zu  10);  ad  10)  er  sei  nicht  liinttr  dem  Busch 
vorgesprungen,  sondern  im  Wt^g«  don  rtnitern  naclign- 
laufen,  gefragt  ii.  s.  w.  wie  oben  Nfil],  Kngelhardt  liabe 
den  treff  gegeben,  dass  er  vom  Pferdt  gestürzt;  ad  12) 
er  neben  Wagener  und  Jolian  Eiige.lhardt  lietttin  Feuer 
gegeben  ;  ad  20)  er  liube  nicht  einen  helirn'  bekommen. 

Fiscalis  accepfirte  aus  beider  Bekhtgten  rc»i)an- 
sivtiibu^  .  .  .  vnd  [latt  Termin  fernerer  Handhmg  an- 
zusetzen. 

Die  Aufschrift  dieses  Protokolhis  lautet  über:  Frantz 
NöUe,  Christmanu  Sehiieiilern,  Albert  vndt  Huns  Engel - 
hardt  alle  von  HeLsa  vnd  Georg  Brübarh  von  Viigste- 
rode.  Ob  auch  die  in  lU-r  prima  Cilathn  des  Scliul- 
theissen  vom  5.  Decemher  IHIU)  vurgeladeni'ii  Kinu'ohner 
erschienen  sind  und  verhört  wurden,  ist  nicht  ersichtlich. 
E«  scheint,  da«»  sie  erst  am  16.  März  lß87  vor  dem  Hals- 
gerichte erscheinen  sollten,  denn  es  ist  auf  dt^r  prima  Cikt- 
tion  aussen  vermerkt:  >Dse  Lichtenawische  vnd  Helsisclii-, 
30.  Januar  vf  den  It).  März  A.  D.  1637.*  Aber  das  Proto- 
koll eine«  am  16.  März  abgehaltenen  Verhörs  über  diu 
Liclitenawer  tijulet  sich  nicht,  dagegen  d.  d.  17.  Mür/, : 
ArtirtiUrte  peijul/thc  Clayt  ...  In  Sachen  .  .  .  fürstlich 
HesBischen  Fi-scali»  ex  officio  Cläger  .  .  .  contra  12 
benannte  von  Lichtenaw,  darunter  6  gesessene  Bürger: 
Hans  Reichurd  avitior,  Jobst  Ureul,  fenstermacher, 
Simon  Kappes,  schneyder,  Hans  Rosen  blatt  junior, 
Valten  Gu  n  d  e  lach,  Simon  Riemann,  sodann  Valten 
Hebestrick,  Fritz  Enge  (brecht,  Hans  Löber, 
Christian  Sutor,  Cunrad  Mergard,  Claus  Schmitz, 
all«  peynlich  Beklagt«  von  Ijichtenaw.  Unter  2)  heisst  es 
.  .  .  hätten  d e  n  k a i s e r  1  i t h e n  R e c h t e n  vnd  fürst- 
lichen Verbotten  zuwider  im  nächstv erlaufenen 
Monat  Awjifsio  zwei  schwedische  Reuter  .  .  .  jämmerlich 
ermordet.  Weiter  unter  3)  .  .  .  dahero  wahr  und  er- 
folgt, dass  peinlich  Btsklagte  allezusahmen  vnd  ein  jeder 


294 


insonderheit  laut  obgesetzten  Rechten  hinwiederujnb> 
kyb  vnd  leben  ganta  exiinplaritcr  zu  bestralfen  aej 
...  4)  vnd  dan  eygentlicher  diese  böse  that  zu  erclären, 
80  ist  wahr,  daz  der  reuter  3  gewesen  .  .  .  aus  Wester- 
Gohtland  biirtig,  5)  wahr  dass  d^m  ariic:  Lorentx 
Larson  sein  pferdi  ganiz  matt  und  müde  gewesen,  daher 
langsam  vor  der  Lichtenaw  über  reitet,  bis  die  andern 
ihn  einholen,  B|  die  andern  in  die  Lichtenaw  geritten 
um  Bnttfin  nach  Cassel  zu  bekommen,  7)  Lorentz  Larson 
mit  grossem  Schmertze  allmälig  vf  den  vnbekannten 
Wegen  bis  Cassel  geritten,  zu  SödHrmann  kommen, 
8)  dort  etliche  tage  vf  seiner  Leuttgesellen  ankunft  ge- 
wartet, 9)  diese  Reiter  bei  Nördlingen  gefangen,  vom 
Feinde  abgeritten,  sich  zu  ihren  Compagnien  zu  be- 
geben, 10)  auch  Niemanden  zu  Lichtenaw  etwas  zu 
Leide  gethan.  11)  dennoch  die  peyniich  Beklagten  heraus- 
gefallen, die  reutter  ohne  uhrsach  abgesetzt  vnd  in  den 
rohrberg  geführet,  12)  siuch  wahr,  dass  sie  dieselben 
mehrentheihi  mit  prügeln  zu  todt  geschlagen  vnd  danach 
die  kehlen  abgeschnitten,  13)  auch  wahr,  dass  die  etc. 
Beklagten  nicht  allein  die  pferde  sondern  auch  Koller 
vndt  viel  geldts  bekommen,  14)  dann  wahr,  dass  das 
eine  Pferd  daz  dem  Corporal  gehört  nach  der  Vfsechlacfat 
verkauft,  15)  wahr,  dass  die  etc.  Beklagten  schuldig 
seyen,  nicht  allein  die  färbe  des  Pferdes,  sondern  auch 
den  namen  des  Käufers  zu  nennen,  16)  .  .  .  müssen 
anzeigen  wohin  das  andere  pferdt  verparthieret  sey, 
17)  die  Koller  hier  in  der  Stadt  verkauft,  18)  dahero 
sie  dann  schuldig,  die  KMuffer  zu  benennen,  19)  endlich 
wahr,  dass  von  dieser  bösen  That  zn  Lichtenaw  ein 
gemein  geschrey  gegangen, 

wan  nun  nach  diesem  allen  in  jure  et  facto  allso, 
dass  etc.  Beklagte  diese  mölthat  (vielleicht  Mordthat?) 
verübt,  so  bittet  Fiscalis,  im  recht  hierüber  zu  erkennen 
vnd  etc.  Beklagte  vermöge  der  peinlichen  Haisgehchts- 


Ordnung  an  leyb  vnd  leb^n  gantz  ernstlich,  andere  da- 
mitt  zu  stliretkeii,  zu  Imstniffen,  worüber  d;in  das 
hohe  pttynliche  Halfsgericlit  bestes  fieisees  angreifen  wird. 
Salro  jure  addcndi  miuuendi  corriyendi  et  mu- 
tandi  aUjsque  bcnefidjs  salti.'<. 

Der  Inhalt  der  Verliörjuifnahme  vom  50.  Januar 
und  die  Klagepunktu  vom  17.  März  sind  im  Zusammun- 
hango  liiur  gegeben,  obvvol  zwisuliL-n  döns^lbim  ein  Be- 
richt in  der  Angelegenheit  an  den  Landgrafen  t^rfülgt 
i«t,  welcher  für  die  Klage  vom  17.  März  vorlag.  Vice- 
statthaltt'r,  Vizekanzler  und  Räthe  zu  Kassel 
berichteten  unter  dem  22.  Februar  lf)37  an  L.  Wilhelm 

k  nach  Berühren  der  Gesuche  der  Lichtenauer  vom  12. 
«nd  19.  Januar  d.  J.  sowie  der  Eiitücbeidung  des  Föi'Bten 
vom  20.  Januar:  „Die  entleibungssache  nachfolgende 
Beschaffenheit ;  Caiutänlieutenant  8udermann  hat  kurz 
nach  vorgangener  götzischer  feitidtliätlicliktüt  mit  Ham- 
berg  vns  vndertlniiig  clagend  zu  vert>ehmeu  gegeben, 
vrelchor  gesbdlt  3  in  der  Nördlinger  Schlacht  gefangene 
SchwediscliH  Rii^utfr  von  Gustav  Horna  armi'r^  nahmens 
Erich  Larson,  Magnus  Person  vnd  Lorenz  Larson  nach 
ersehener  geU'genheit,  dasy  öiü  ihre  langst  zuvor  gehabte 
inteniion  wieder  zur  Sehwudiöchen  armca  vnd  zu  ihrem 
regiment  zu  gulaiigen  zu  wurck  setzen  kernten,  vom 
feindt  abgereist  vnd  sich  vf  Cafsell  begeben  wollen  .  .  . 
vnfern  Lichtenaw  de»  yinen  Lorenz  Larsou-s  pferdt  müdo, 

'     sie  auch  des  weges    vnkundig    raths  worden,    dasa  der 
mit  seinem    müden    pferdt  geineclilich   voranreiten,   die 

■  boyde  aber  einen  wegweifser  \'f  Cafsell  aus  der  Liclite- 
naw  holen  vnd  ihme  schalt  folgen  wolten.  Der  Voran- 
reitende  zum  öftern  seiner  beyden  Camcmdvn  gewartet, 

P  ia  die  gedanken  gerathen,  da^ä  sie  andern  weg  vf  Calsel 
getroffen  .  .  .  seinen  weg  so  gut  er  gekont,  fortgesetzt 

,     «loch  vber  fleissiges   nachforschen  von  ihnen  nichts  ge- 

ft    wahr   werden    können,   bis  er  vor   etlich  tagen   in  er- 


296 


ftihning:  bracht,  di 


mnning:  tiracnt,  üass  si«  böyde  von  Rtlicheii  Lichtenawem 
jämnmrlicli  ermordet,  ilire  jjfurdte  ein  fuchs  mit  weissen 
mehnen  vnd  lün  brauner  an  Georg  Becker  znr  VTsschlacht 
ins  Landt  Braunsthweig  beide  zu  32  Rtbir.  vnd  ein  Coller 
alhir  vor  12  Uthlr.  verkauft,  auch  sie  naeket  aasgerogen, 
aUes  .  .  .  berauT>t  worden  weren,  darüber  sich  dan'der 
eine  gar  kläglich  geberdet  vnd  weilen  er  aas  mangell 
zehrung  nidit  lenger  zu  bleiben  vermocht,  den  Capitain- 
lieiiteiiant  ala  Landsmann  fleiasig  gebeten,  sich  seiner 
anzunehmen,  dass  der  mnrd  gerochen  werde.  Der  Capitän- 
lieutennnt  ihm  dies  zugesaget,  auch  etliche  der  Theter 
ausgemachet  ,  .  ,  Wir  haben  den  Rentmeister  zur  Lich- 
teiiaw  zum  Bericht  aufgefordert  mit  verweifs,  dass  er 
dasseäbe  nicht  üchnn  seiner  Schuldigkeit  nach  getlian, 
ihm  befohlen,  die  indiviiie  in  liaft  zu  nehmen;  er  hat 
seinen  Bericht  erstattet,  dass  bei  seiner  damahligen 
ausfluclit  desselben  tages  deren  feile  sich  2  bey  den 
Licbtenawern  begeben,  tian  erbtlich  weren  im  mit- 
tage  2  ReuJer  ojjnfern  von  der  Statt  in  einem  garten 
an  2  Eliirger  CiJiax  8iemon  vnd  Michael  SchindewolfT 
Sawhirten  kttuinrien  vnd  begehret,  dass  ihrer  einer  sie 
iiacher  Cafse!  vmb  ein  nrompnts  vf  P^schenstruth  (dan 
sie  vf  Heisa  mit  vorgeben,  dass  Schnaphanen  danelbst 
sich  vfliinlt''!!  nictit  gewoit)  füliren  wolte,  d»'nen  sie 
Burger  anfangs  nicht  getrawet,  viidt  sich  verkrochen, 
doch  vf  ihr  instendiges  anhalten. sich  arrcw*orfire<  derae 
darnf  der  eine  Reuter  1  Reichsthah-r  \'7»dt  ein  Kopf- 
stück gegeben.  Sie  waren  aber  kaum  ein  inousquetcn- 
schufs  fort  undt  von  der  Stadt  kommen,  da  weren  sein 
Siemnns  aufsage  nach,  5  Heisische  mit  Ruhren  aufsen 
Busche  hervor  gelaufen,  deren  einer  sobalt  ein  Rhor 
der  Reutor  einem  an  Kopf  gesetzt  vnd  zu  boden  ge- 
schofsen,  der  andere  sobalt  absteigen  müfsen,  mit  sich 
in  walt  gefübret  vndt  ohnerachtet  er  flehentJich  vmb 
aeii»  leben  gebeten,  sich  vf  seinen  zue  Cafsell  habenden 


I 


er  beruffen  vndt  30  Rthlr.  vor  sein  Leb«n  gebotien, 
gleit'hfallä  niedergeschofscn,    auch    was  sie  bvi  sicla  gf- 

Ihabt  gebeutet,  von  welcher  Beute  ancli  ein  Lichtonawer 
Burgtor  Henrith  Gerardt  parhc/pircl  hatte  .  .  . 
Gegen  Abendt  vtnb  7  Uhr  waren  noch 
2  ander  KayfseriBche  Reuter  auch  ans  Licbte- 
nawer  thor  kommen,  deren  einer  abgestiegen  vndt  zur 
Stadt  eingangen  vndt  anwesende  wenige  Bürger  ans 
furcht,  dass  dören  mehr  sich  finden  möchten,  sobald 
sich  verkrochen,  aber  da  sie  keine  mehr  vernoniuien, 
sich  etliche  von  bürgern,  biirgersk indem  vnd  Jungen 
heruorgethan,    die  Beuter   ge-sprachet  vndt  wie  sie  sich 

■  gut  Kayfscrittcli  vndt  dass  sie  mit  einer  paithey  vor  Allen- 
dorf gewesen,  erclän^t  haben  sollen,  auch  sie  bey  dem 
einen,  so  sich    vor  ein  Corporal    ausgeben,    eines   ganz 

I  blutigen  Degens  in  der  scheide  gewahr  worden,  hetten 
sie  dieselbe  vbermeistert,  ahn  Rhurberg  geführet,  ab- 
gesetzet,  vndt  die  Jungen  sie  erstlich  mit  briie^gein  weid- 
lich tractirel  nachmals  ihnen  die  Helfse  mit  messern 
abgeschnitten. 

Die  Lichtenawische  ulfs  Helsisehe  diiwer  thaten 
halber  uf  vnsere  verordtnung  captivird,  vmb  zu  ver- 
nehmen, welches  theil  eigentlich  an  entleibung  der  beyden 
Schweden  thätig  sein  möchte,  jedweder  ab'-r  daran  vu- 
schuldig  sein  und  dass  die,  vvekhe  sie  niedergeimu  ht, 
die  Keyfserischen  und  nicht  die  Schweden  zu  sein  be- 
haubten  (die  Helsisehe  auch,  dass  des  Bentmeisters 
hifjuisihan  ganz  jiarteylig  stye)  .  .  .  damit  Warheit 
zu  tage  komme,  das  vnschuldige  Blut  nicht  angerochen 
bleibe,  dergleichen  (/mssrt(iofir,'<  alfs  pi'.sshm'  c.rcwpti 
denen  vnderthanen,  so  in  müitia  nicht  begriffe«,  vndt 
ander  solchem  schein  mancher  reisender  redlicher  Mann 
vmbs  Leben  schändlich  gebracht  wirdt,  vnsers  wenigen 

es  keinesweges   nachzusehen,    alfs   haben   wir 
iscali    befehl    gethan,    beiderseits    Auge- 


I 


298 


geb^nen  Lichtt-nawische  vnHf  Hflfsische  peinlich  an 
clagL'ii  viult  sie  hui  pt^inliclie»  Gtuicht  (alfs  vor  wwlches 
viidt  nicljt  das  rivihv.vichi  dnr  Liihteniiwer  t'inbilden 
lüjch  di<'.sü  eotfüilion  geljörig)  ilire  gerülunbte  Inuoccnx 
aiisfüiidig  maclirn  iafsL'ji  sultt*,  vriderdt-rsim  wir  sie 
gL'icliwiiltl  zuf  hfjih'U  tht'iten  vf  gidfiwtfte  gehörige 
caufion  dt;r  wüixkliclifi»  liaffteu  L-rlufsun  vndt  ihiieu 
sicher  gelcidt  zum  ÜBuhteii  V4nstattft  .  .  . 

iSolclics  kiirz<'i"  Vf'rljiuf  viid  lUij^jfnige  worüber  bei 
E-  F.  Uli.  si('  (|Ui'rulireti  vndt  üb«r  Vns  sich  beschwim'n 
wolkui." 

Ein  J'mtiiknll  über  die  Ardworten  d«r  Ut'klagttüi 
auf  die  von  dem  Fiscal  formulirten  lU  Fujikte  der 
Klagt*  gr^i'ii  dio  Ijti'liti-MiaiK'r  ist  nicht  erhaltt-n,  was  bei 
dem  murkwiirdigcn  Zusamim-ritrofft^n  dur  boiden  Uebel- 
thatcjii  zu  bi'klagfii  ist,  da  die  Aussagen  der  Lichte- 
iiautT  eitdgi^s  Licht  übi»r  das  Duiik^l  der  Angelegenheit 
verbriiiteii  dürften.  Man  kann  freilich  bezweifehi,  das» 
das  auf  den  lü.  Blärz  angesetzte  Verliür  gehalten  wurde; 
es  ist  denkbar,  das8  der  Fiwal  seine  Klage  infulgß  (Ihs 
Gnadenrfscriptcs  vom  20.  Januar  geHtssentlich  versspätet 
einreicht»',  wodurch  das  Verfahren  ruhte. 

Es  folgt  in  ti*  11  erhaltenen  I'apieren  eine  Lücke 
von  zwei  Jahren  hei  dein  Processi;;  vielleicht  ist  der- 
selbe unterbrochen  gewesen,  was  durch  die  im  April 
1637  beginnende  hi.s  in  dtii  Juli  währende  schreck- 
liche Venvnstung  Niederhes-sens  durch  die  kaiserlichen 
Generale  erklivrlJch  seui  würde.  CJeiude  der  nordöst- 
liche Theil  des  Landes  war  am  härtesten  heimgesucht 
worden.  Unter  dem  4,  April  1637  crliess  noch  Land- 
graf Wilhelm  ein  neues  Edict  gegen  die  üewaltthaten 
der  »Soldatesca  als  auch  „vnserer  eigenen  Vnterthanen 
von  Bürgern,  Bawern  vnd  anderm  Herrnlasen  Gesind- 
lein,  so  sich  Partheyenweifs  zusammen  rottiren 
Und  schon    am    VI.  April,  dem  Gründonnerstage 


1 
diese«      ■ 


Marterjahres,  wie  Rommel  es  nennt,  betraten  an  der 
Werra  die  kaiserlichen  Scharen  mit  Mord  und  Brand 
den  hessischen  llot^üiij  solchen  Ediktus  spottend. 

Erst  im  März  Itl^iif  Hndi-t  sich  wii-der  t^ne  An- 
gabe über  Weiti'rführuiig  des  l'rocf-süH.s ;  aie  geht  in 
dem  Tuxte  des  Verhörs  vom  30.  Januar  lf>37  wniter 
und  laiitvt  win  folgt : 

„Adum  ahm  12,  MdiiiJ  A.  UVAM.  Fisvads'.  Nach- 
dem fürstlich«  RBgitirung  befohlen,  dun  peinhchen  pro- 
cess  mit  den  LichteiiawiMlien  und  Heisischen  Vüllendts 
hinaus  vnd  zu  Ktidh  zu  führen,  \'nd  er  dan  aus  den 
Actis  veruijript,  dass  Null  vnd  Schneider  vf  die 
Clage  reiffmt/fUni  *),  aber  darvf  bestanden,  dass  die- 
jenigen 2  reuter,  so  sie  niedergemacht,  Kaiserische  vnd 
nicht  schwedische  gewesen,  ihre  a^nffdüu  aber  in  ao 
geraumer  Zeit  nicht  bewiesen,  noch  zu  beweisen 
sich  jemals  understanden,  als  [littet  er  [Fiscalis]  ihnen 
darzu  termiu  auh  pmcJKdkio  pnievhtftionis  aiiziisetzön, 
die  vbi'ig«'.  Vngelun-same  aber  heuantlich  Albert  vnd 
J  o  h  a  n  K  n  g  e  1  h  a  r  il  t  von  Heisa  vnd  G  e  u  f  g  e  B  r  ü- 
bachen  von  Lhigsteiude  nunmehr  in  himmnn  zu  de- 
chriren,  im  Fall  Hern  Richter  vnd  Schöpffen  Solches 
noch  zur  Zeit  bedeiakeu  tragen  snlten  .  .  .   (ntilesorlich). 

[2]  ViUilio  ad  dum  um  ist  ad  Acta  braclit**J. 

[3]  lU'sgleichen  ist  die  Citatio  der  von  Hulsa  vnd 
Ungsterode  ad  Ada  bracht 

Achim  ahm  21.  Janimni  UiAi)  (auch  »lieser  neue 
Gerichtsact  ist  im  Texte  des  Vorhergehendeu  weiter- 
geachrieben); 

*)  Beide  gehörttm  zu  der  Gruppe  der  Ähgoschuldigtcn  auB 
Heisa  oiid  üngstcrodo;  dio  ßeklngtcu  au:s  Lioliti-nau  sotieiriea  vor 
dem  poioliuhen  (iftricht^  nicmaLi  er»chieaoii  uod  veracMUlueu 
worden  zu  aom,  da  sich  komorlci  auf  sie  bcsügliohor  Eiutrag  in 
dieser  HiDäiuijt  Findet. 

**)  Die   oiiigeschiossGimn    Znlilon   bozioliea  sich  aiü  die  Aii- 
lagen,  waluho  veiiorou  gegaugeu  biud. 


300 


„Fiscalü  rejvtirf  seinen  am  12.  Mnrti  des  abge- 
wicüfnen  1639ten  Jahre»  gehaltenen  reccss  vnd  bittet 
wie  darinnen. 

Eofletn  sindt  die  Acten  dem  gericht  vorgelegt." 

Der  Hinweis  des  Fisials  am  12.  März  1639  auf 
den  Befehl  der  fürstlichen  Regierung  den  Process  WHiter 
und  zu  Ende  zu  fuhren,  macht  es  höchst  wahrschein- 
lich, diiss  er  seither  geruht  hatte.  Es  findet  sich  als 
Ergebnis»  der  Vorlegung  der  Acten  beim  Gerichte  am 
21.  Januar  1640  folgender 

„D  e  sc  h  e  i  (1  h  :  In  {leinlichiMi  sachen  Fürstlich 
heösischeii  Fiscalix  aniptKanklegers  ahn  einem  entgegen 
vnd  wider  Frantz  Noilen  el  Coiufortes  in  Actis  benant, 
ahm  andern  ilieil,  todtsclilag  /;/  Arti.s  angezogen  be- 
langeiidt,  wirdh  Fi.scali  sein  des  liauni  gegen  Albert  *) 
vndt  Johan  Eiig«'lhardt  von  Heisa  vnd  Georgen  Brii- 
bachen  von  Ungsterode  beschtihenos  suchen  noch  zur 
Zeit  abgeschlagen  vnd  gegen  dieselben  sevtimla  ciialio 
erkaiit  vndh  ijst  soviel  die  vbrige  peinlich  Beklagte  als 
nemhiich  Frantz  Notlen  vndt  Christian  Schneider  an- 
langet, bescheidt,  können  vndt  wollen  Sie,  dass  die  in 
Actis  angezogene  abgelebte  reuter  feindsvolk  gewesen, 
wie  ,  .  .  darthun  vnd  beweisen,  «otlen  sie  darin  gehört 
werden  vnd  Ihnen  darzu  Zeit  4  wochen  hiermit 
vndt  angesetzt  sein." 

Actum  ahm  8.  Fcbntarü  A»  1640; 

„iSindli  Frantz  N  o  II  e  vndt  C  h  r  i  s  t  a  n  Schnei-' 
der  ad  audic/idain  Srnieutiam  citirt." 

Actum  ahm  14.  Febnmrii  1640: 

,,Ist  obgedachter  bescheidt,  so  ob  ahm  21.  Jannarit 
1640  ertheilt,  vf  heut  publicirct.  In  anhüren  Dcfcn- 
soris  Schreckers).'* 


3 


•)  Albert  EugoUiaidl    wks   hcreils   ani  30.  Januai: 
Terutorben  bezeiobnet. 


1637 


301 


[5]  Eodem  ist  sernnda  eiiniio  WRgftn  Albert  v  n  d  t 
Hans  E  n  g  e  1  h  a  r  d  t  von  Heisa  vndt  G  e  o  r  g  e  B  r  ü  b  a  u  h 
von  Ungsterode  ausgefertigt  i-ermina    —   BO.  MartiJ.*^ 

Es  ist  nicht  ersiclitlicb,  wesslialb  der  Bescheid 
vom  21.  Januar  erst  am  14.  Februar  publicirt  wurde, 
sodass  den  Angeklagten  noch  drei  Wuchen  über  die 
gewährte  Frist  von  vier  Wochen  zur  Beschaffung  ihrer 
Beweismittel  zu  Gebotestanden,  weiterhin  durch  Hinaus- 
schiebung des  Terrains  von  4  Wochen  vnm  14.  Februar 
auf  den  30.  März  noch  14  Tage  dazu  kamen,  Wir 
finden  dann 

Actton  ahm  30.  iMartiJ  Ao  1640: 

Pincalis:  „Demnach  die  peinlich  Ctiirte  benentlich 
Albert  vndt  Hans  Kngelhardt  von  Heisa  vndt 
Georg  Brübach  von  Uugsterode  verstorben  sein 
sollen,  wie  dus  Vogts  zu  Kauiungen  vf  der  CitaUon 
geschriebene  Handh  au.sweiset,  als  wil  er  solches  liier- 
init  ad  prolücuüum  notifmrt,  darbencben  aber  gebetten 
haben,  weil  Frantz  Nulle  vndt  Christian  Schneider  mit 
Ihrem  vferlegtem  beweifthumb  bifhero  verpliben,  Ihnen 
terminwn  suh  prarjitdicio  fmif(it/sioHi.s  ntinniehr  anzu- 
setzen," 

Avium  ahm  14.  Aprilis  A'>  1640. 

Siudh  die  Acten  dem   Gericht  vorgelegt. 

Actttm  ahm  26.  MaiJ  A'j  1640. 

Bescheidt;  „In  peinlichen  Sachen  ....  wirdt 
Franb  Nöllen  vndt  Christian  Schneider  dem«  ahm  14. 
Vihnmrii  ,  .  .  ergangenen  bescheidt  ein  genügen  zu 
thun  vndt  Zeit  der  Ordnung  hiermit  nochmals  benent 
vndt  angesetzt,  mit  dem  Verwarnung,  wofern  sie  dem- 
splbigen  also  in  bestimbter  Zeit  nicht  nachkommen 
werden,  das  alsdann  in  Ihrem  vngehorsamb,  ....  (wol: 
geurthttilt)  vndt  erkant  werden  soll  was  Recht  ist. 

Dieser  be.scheidt  ist  alsbald  dem  Vcigt  zu  Kanfungen 
zugeschickt,  denselben  den  von  Heisa  zu  hmnuiiTn,'^ 


302 

Arinm  ahm  16.  Junij  Ao  1640. 

„Nachdem  obgesetzter  letzter  bescheidt  nicht 
allein  dem  Vogt  za  Kanfungen,  den  Beklagten  ra  in- 
sinuireii,  zugeschrieben,  sondern  sie  auch  hiemach  vnder- 
schiedlich  alhie  zu  erscheinen  vndt  diesen  bescheidh 
anzuhören  erfordert,  .  .  .  Dieweil  Sie  aber  jedesmal  rn- 
gehorsamlich  verplieben.  So  ist  nochmals  beykommende 
(Xtaiion  ahn  Sie  vndt  Ihre  Burgen  vom  hern  Schnl- 
theifen  abgangen." 

In  den  fünfzehn  Monaten  von  der  Wiederaufnahme 
des  Processes  am  12.  März  1639  bis  zum  15.  Juni  1640 
war,  so  weit  hier  ersichtlich,  in  seinem  Gange  nichts 
gefördert.  Sonderbar  erscheint  auch,  dass  der  Fiscal 
am  12.  März  1639  den  Vorschlag  macht,  Albert  Engel- 
hardt  in  bamium  zu  declan'ren,  nachdem  vor  mehr  als 
zwei  Jahren,  am  30.  Januar  1637,  Franz  NöU  ihn  als 
verstorben  erklärt  hatte,  als  er  im  Verhöre  ihn  der 
Theilnahme  an  dem  Todtschlage  bezichtigte. 

Heisa  liegt  nur  einige  Wegstunden  von  Kassel 
entfernt,  trotzdem  scheint  ein  unübersteigliches  Hinder- 
niss  das  peinliche  Gericht  von  den  Uebelthätern  zu 
trennen;  der  Arm  der  Gerechtigkeit  ist  erlahmt  Erst 
der  Beschluss  des  peinlichen  Gerichts  vom  16.  Juni 
hatte  einigen  Erfolg,  es  heisst: 

Actum  ahm  19.  Jumj  1640. 

„Hans  Seitz  vndt  Christoffel  (unleserlich) 
von  Heisa  als  von  Christian  Schneider  vndt  Jacob 
Schneider  bürgen  abgefertigte  vndt  vollmechtige, 
zeigen  ahn,  das  sowohl,  der  peinlich  Beklagte  (Chr. 
Schneider)  als  auch  der  bürge  Jacob  Schneider,  welche 
beide  personen  allein  von  peinlich  Beklagten 
vndt  Bürgen  noch  im  leben  weren,  vnpäslich 
vndt  ahnitzo  nicht  erscheinen  könten  vndt  wolten  die- 
selben  hiermit  entschuldiget  haben,  doch  ist  der  ob 
ahm  26.  Maij  verzeichneter  bescheidt  Ihnen,   den  .  .  . 


303 


■pnhlirirri,  desen  sie   Copiam   gebettPii   vndt   So  Ihnen 
zagelafsen. 

Actum  vf  der  amptstubon  in  beyseiti  Heru  Scliul- 
theisen  Vigelij  vndt  Hern  Auihonij  Bücher,,  Raths- 
schöpffen." 

Hiemach  war  vi)n  dun  in  des  Schnltheissen  Vor- 
ladung vom  5.  December  1636  genannttsii  vier  Personen 
aus  Htilsa  und  üeugst«^rode  nur  noch  Eine  am  Leben  ; 
vermuthlich  waren  es  Leute  im  kräftigen  Mannesalter 
gewesen  und  dürfen  wir  hier  einen  Beleg  für  die  Ernte 
des  Todes  in  jener  Zeit  erblicken.  Der  Fiscal  liess  es 
sich  nicht  sehr  angelegen  sein,  die  Sache  von  der  Stelle 
zu  bringen,  so  findet  sich  über  ihn 

y, Actum  ahn  11.  Jnvij  1640. 

Fücatis:  nachdem  Nölle  vndt  Schneider  dem  jüngst 
ergangenen  Jnterhcut  (UeweisUescheid)  so  wenig  als 
dem  vorigen  ein  genügen  gethan,  als  .  .  .  vndt  bat  wie 
in  fitir  liifcUi  gebeten  ■worden,  nunmehr  zu  erkennen 
vndt  vrtheil  ergehen  zu  lassen.«  Dies  muss 
sich  auf  das  am  30,  März  und  am  26,  Mai  KUD  Er- 
gangene beziehen.  Nach  sieben  Wochen  regte  der 
Fiscal  sich  wieder,  nämlich 

Ädum  30.  Jnlij  1640.  *) 

„Fifscalis  repetirte  seinen  am  11.  .In nij  gehaltenen 
Recess  vndt  nachdem  die  peinlich  Beklagten  ihren  bj- 
weifsthumb  zu  suchen  Zeit  genug  gehabt^  als  wüst« 
er  sich  mit  Jacob  Schneidern  des  mit  Beklagten  Vattm- 
nunmehr  nicht  einzulassen,  sondern  batt  wie  damals 
gebetten.  Dieser  Recess  ist  alsbald  difpusion  zngescliickt.'* 

Der  Fiscal  bezog  sich  auf  das  libellum,  seimi  An- 
klageschrift und  bat,  deren  Schlus.santrag  zum  Urtb»^il 
zu  erheben;  die  Schrift  ist  nicht  erhalten  und  so  ver- 
möchte  man  nur  Mnthmassungen    darüber    anzustellen, 

*)  An  diesem  Tngo  l)psuchto  Bwior  dio  Latiiigriifiti  Aiaalio 
EliBabeth. 


304 


doch  wissen  wir,  dass  die  Strafen  der  peinlichen  Hals- 
gerichtsordnung  meistens  auf  den  Tod  laateten.  Änch 
wies  die  Vorladung  des  Schaltheissen  vom  5.  December 
1636  auf  die  zu  erwartende  Strafe  hin. 

Der  Vertheidiger  des  Helsaer  Angeklagten  Christian 
Schneider  entfaltet  um  diese  Zeit  einige  Thätigkeit,  es 
heisst  in  dem  Verzeichnisse  der  in  dem  Processe  vor- 
genommenen Gericlitsacte : 

„Aduni  30.  JuniJ  1640.  De fensor  Kühn  wegen 
Jacoh  Schneider  zu  Heisa  vhergab  die  schrift  vndt  bat 
wie  darinnen." 

Achim  8.  Auyusti  1640.  Sindh  die  Acten  dem 
Gericht  vorgelegt. 

Affum  rt  Puhlicatnm  25.  Augnsti  1640. 

Bescheidh :  wird  Defensor  spin  in  den»  ahm  30. 
fhinij  jüngsthin  vbergebener  schrift  wegen  des  fär.st- 
licheji  Hi'8cri|)t.<<,  dadurch  Er  vnd  andern  des 
peinlichen  process  Erlassen  sein  sollen,  be- 
schehenes  angeben,  wie  Recht  darthun  vndt  beweisen 
vndt  zu  dem  Knde  Articulos  prohatorios  cum  nominif/tts 
teiffiKm  ei  ilhecforio  vberguben,  Sol  er  darmit  gehört 
^iidt  wegen  abhörung  der  Zeugen  vndt  sonstet  ergehen^ 
was  Recht  ifit;  puldiraiiim  vt  supm. 

Actum  16.  MStpientl/fis  1640. 

Fiscalis:  Demnach  /^p/J^isor  mit  seinem  vferlegten 
Bewi'iftluiinb  rdingelinr.sattiblich  verbleibt,  als  acciiJfirt 
er  desen  roiduniacinm  mit  jiitt,  demselben  einen  ter- 
mhmvi  finb  praejviiirio  pracchtsionis  darzu  zu  persigniitn 
vndt  anzusetzen. 

Artnui  17.  Noretnbn's  1640,  Sindh  die  Acten  dem 
Gericht  vnrgejegt. 

Arlum  23.  Novenil/n's  1640. 

Bi'.scheidt:  .  .  .  Defi'nson^  deme  ahm  25.  Ättgusti 
ergangHju'ii  b^^wcheidt  ein  genüge  zu  thun  vndt  zu 
folgen  .  .  .  nochmals    14   tage    pro    Tennino    mit    der 


306 

vervrarnung  persigmrt  vndt  angesetzt,  das  dafen»  er 
demselben  nicht  nachkornmeu  wird,  alsdaii  vf  Fiscalis 
ferner  förmbliches  Suchen  vndt  anruffen  ergehen  viidt 
erkant  werden  sol,  was  Rpcht  i-st. 

Actum  \.  Dercmln'is  1(340. 

Fiscalis:  Demnach  Deffmsor  einen  wege  als  den 
andern  verpleibt,  als  accusirt  or  dessen  confumaeiam  . . ." 

Actum  7.  Dceettibris  lü40. 

Defensor  vbergab  articulos  prol/aiorics  [9]; 

Hiermit  war  dem  Bescheide  des  Gerichtes  vom 
25.  August  1Ö40  endlicli  Genüge  geleistet,  nur  ist  nicht 
ffsichttich,  ob  der  wichtige  Punkt  eines  in  der  Sache 
erlassenen  fürstlichen  Rescriptes  berührt  und  erledigt 
worden  ist.  Die  Artikel  sind  wie  alle  Anlagen  nicht 
erbalten. 

Amelia  Elisabeth,  welche  seit  dem  Tode  des  Land- 
grafen Wilhelm  V.  am  21.  September  lfi37  die  Re- 
gierung führte,  aber  erst  im  März  1640  nach  Hessen 
zurückgekehrt  war,  hatte  um  diese  Zeit  nach  längerem 
Waffen.ttillstande  die  Feindseligkeiten  gegen  die  kaispr- 
licljt'n  Kriegsviilker  wieder  eröffnet.  Die  VVurbungen 
für  die  hessischen  Regimenter,  welche  von  neuem  voll- 
zäldig  gemacht  werden  nmssten,  mögen  Einen  und  den 
Anderen  der  unter  Anklage  Stehenden,  noch  Lebenden 
in  die  Sicherheit  des  Kriegsdienstes  gebracht  haben, 
wie  in  jener  Zeit  es  vielfach  geschah.  Der  Zug  eines 
hessischt'n  Heerhaufens  aus  Westphalen  durch  die  öst- 
lichen Theile  Niederhessens,  dann  der  Marsch  des 
Bäuerischen  Heeres  die  Werra  herunter  dui'ch  diese 
Landschaften  und  die  Bedrängung  durch  die  kaiser- 
lichen Kringsschaaren  erschwerten  die  Rechtspflege  un- 
zweifelhaft  in  hohem  Maasse    vom   Frühjahre  1640  ab. 

Vom  7.  December  d.  J.  verging  wieder  geraume 
Zeit,  bis  ein  Zeichen  von  Thätigkeit  angemerkt  ist,  es 
wird  berichtet: 

K    F    XVI.  üd.  20 


306 


„Actam  27.  Janaarii  1641. 

Fiscalis:  salrüt  exceptionibiia  tarn  etmtra 
f/uam  dicia  tesHian  lis  er  geschehen  das  die  .  . .  Zeogen 
abgehört  ^vurden,  vbergab  zugleich  beikommende  Inter- 
rogation  mit  bitt  solche  Zeugen  nicht  weniger  vf  die- 
selben als  die  gegentheiligen  arlicttlos  probatorü»  zu 
examiniren  ..." 

^^At'tutn  8.  Februarü  1641."  Ausser  diesem  Da- 
tum ist  hier  nichts  eingetragen. 

Acimn  9.  Febi-itarii  1641. 

„Sind  die  Acten  dem  Gericht  vorgelegt 

Eodetn  Bescheidt:  Es  werden  die  gebottene  9tib- 
sridifües  ahn  die  Obrigkeit,  darunter  die  auagesessene 
Zeugen  seshaft,  wie  auch  cotutnissio  zu  abhöning  der- 
jenigen Zewgen,  so  dem  peinlichen  Gericht  alhier  vnder- 
worfen  vf  den  Richter  vndt  zwey  Schöpffen  hiermit 
prkänt" 

Adum  23.  Febrttarii  1641. 

„Bindh  die  sub^füUaies  *)  ahn  Landvogt  zu  Spangen- 
b«rg  vndt  die  Beampten  zu  Lichtenaw  durch  Hansen 
Bdebach  von  Walpurg  Ampts  Lichtenaw  vberschickt 
worden,  wie  auch  se/relario  Jacobi  die  von  Fürstl. 
Regierungs-Cantzley  ausgefertigten  sulmdiales  der  ge- 
pühr  irufinuiret  worden." 

Actum  16.  Martij  1641. 

Sindli  difc!  AtteMationes  (Zeugenaussagen)  aller- 
seits ad  Acla  kommen.  [10] 

Adum  29.  MnrUj  1641. 

Fiscalis :  ,,nachdem  die  Zeugen  nunmehr  abge- 
höret als  pat  er  .  .  .  vndt  defensori  ein  tennitium  zur 
liandhlung  anzusetzen." 

Dieser  recens  ist  defensori  alsbaldt  zugeschickt 


*)  Sul)siJiales  sc.  littorae,  schriftliche  Ersuchea  am  Rechts- 
hilfe, hier  Ersuchen  am  Zeagenvemehmung  au  auswirtigo  G«- 
ricfat«. 


307 


Actum  21.  April  1641. 

Fwcalis:  Demnach  (tefcnsor  in  so  geraumer  Zeit 
mit  haiidtlung  verplieben,  so  accusiri  er  dessen  co/iiu- 
niaciani  mit  pitt  iennimnn  stib  pr.  pr.  *)  anzusetzen. 
Dieser  rerens  ist  alsbald  dcfensori  zugeschickt." 

Actum  24.  April  l(i41. 

„Acten  dem  Gericht  vorgelegt.  Beseheidli:  «fe- 
fe/isor  8ol  sich  vf  den  Recess  vom  29.  Marti  iti  puncto 
publioationis  Atiestationum  atl  prolocollum  erklären 
vndt  ihme  dazu  Zeit  der  Ordhnung  pm  iermino  mit 
dem  anhang  angesetzt  sein  das  wofern  er  demselben 
also  in  bestimmter  Zeit  nicht  nachkommen  wird,  die 
von  FiHcaii  gebettene  publicalio  et  cmmmmeaiio  hier- 
mit erkant  \'ndt  Fiscalis  zur  handhlung  zugelassen 
sein  soll. 

PubUcatum  27.  April  1641." 

Actum  7.  Maij  1Ö41. 

„Defensor  weil  er  vernimpt,  dass  die  Zeugen  al 
abgehört  sein  solien,  so  bat  er  gleichfalls  publimtionem 
et  rontTnnmratiouern  AUrsiaiioncin  salro  quontnquc  jure, 
srtln's  item  exceplionibus  tarn  contra  j>ersonas  quam 
iliiia  tc.stium.'''^ 

So  war  denn  in  der  zweiten  Periode  des  Pro- 
eesses  seit  dem  12,  März  1639  derselbe  soweit  ge- 
fördert worden,  dass  Zeugen  —  soweit  .«lolche  noch 
vorhanden  waren  —  vernommen  worden  waren  und 
df-r  Vt^rtheidiger  dos  au.«!  der  Hdsa-Üengsterüder  Grujipe 
allein  übrig  gebliebenen  Christian  Schneider  die  Ein- 
sicht in  die  Protokolle  der  Vernehmung  nachsuchen 
konnte.  Aus  welchen  Gründen  etx;,  Kühn,  dem  laut 
Eintrags  vom  29.  März  1641  „alsbald  von  der  Verneh- 
mong  der  Zeugen  Kenntniss  gegeben  war",  von  da  ab 
bis  zum  7.  Mai  sich  zu  der  Krkiiirnng  an  diesem  Tage 


*)  ]it.  [>r.  l>o<leutet  praojudieio  praeolusioniK. 

20* 


308 


saramf^ln  mnsstR,  ist  nicht  zn  prkpnnen.  Dass  ihm  di? 
ZengAnaussagen  balüig^t  zur  Kcimtiüss  gestellt  worden, 
ist  nicht  tu  bezweifeln,  es  lieisst  mit  Bezag  darauf 
weiter  in  dein  Schriftstück«  über  den  Process: 

Actum  20.  Maij  1641.  FUcalitt ;  obwol  Defeiufor 
sowol  als  er  publicafianem  et  a/iKimmiraiionn/i  At- 
lestatiottum  gebetten,  so  were  doch  derselbe  mit  femer 
gehöriger  handtlung  verplieben,  derentwegen  er  desen 
eontiimaciam  wil  liiennit  ni)t:;limals  accKsirt  vndt  ge- 
betten haben,  die  peinlich  Beklagte  nachdem  sie  ihre 
asserttaft^  dass  neniblich  die  ermordete  Kayserische  ge- 
wesen vnd  sie  deretwegen  des  peinlichen  processes  er- 
lassen in  solchen  Altestationiitua  nicht  erwiesen,  exem- 
plariier  zu  bestraffen. 

Dieser  rcct'as  ist  alsbaldt  deft'tusori  communicirt" 
Wieder  vergeht  ein  Monat  und  dann  liest  man : 
Actum  22.  JuitfJ  1641.  Defeiisof  sagt,  ob  er  wol 
dem  inierloctit  gern  ein  genügen  thun  weite,  so  sei  es 
jedoch  andeme,  dass  des  peinlich  Beklagten  Schwager, 
so  ihn  (den  defensor)  vor  diesem  in  der  Sachen  ein- 
vndt  anderes  vCzusetzen  ersucht,  itzo  als  Soldaten  mit 
fort  ziehen  müssen  vndt  dahero  weder  copiam  aJttesta- 
Honuni  oder  vbrigen  Acten  keinen  buchstaben  zu  sehen 
bekommen  kan,  weil  des  peinlich  Beklagten  Vatter 
nicht  allein  ein  alter  besrei^iger  (V)  kranker  man  .  .  . 
sondern  auch  keine  mittel  zur  auslose  (Befreiung  der 
Soldaten)  vberschicken  kan,  als  bat  er,  daferne  er  in 
dieser  »ache  etwas  ferner  handldeu  solte,  ibme  die  or/a 
«c  officio  za  eomtNunü-iretty  wo  nicht,  protentin  er  dt 
MM  diligentia  und  möchte  in  der  sache  geschehen 
haaen,  was  Recht  ist." 

Der  Vertbeidiger  wollte  mit  dem  letzten  Satse 
sich  dagegen  verwaltreu,  dass  er  etwas  versiomt  habe. 
Man  ersieht  auch  aus  seiner  Aussage,  dass  einige  an 
dsn  Processe  Betheiligte  „als  Soldaten  mit  fort 


309 


» 


n)fi68en*\  was  oben  auch  unter  den  den  Gang  der 
Sache  störenden  ElementHii  allgemein  angenommen 
worden  i^t. 

Der  Fisci»!  wie  da.s  Gericht  waren  am  22.  Juni 
1641  lliätig,  indem  E<jikm,  Fmalis:  „es  hiitti.^  dcfvnsor 
der  aUejiiationnm  lüilhur  nrjub  nicmulö  eini|.,'ü  nsich- 
snchung  getlian  oder  thun  lassen,  derentwegen  sieh  vf 
den  Artuarium  beziehendt  weile  da»  vbrige  vorgeben 
allerdings  nichtig,  so  rcpciirl  er  seinen  ahm  2U.  Mai 
gehaltenen  recess," 

E(Hicm;   Sind  di«  Acten  dem  Geriehte  vorgfh'gt. 

Bescheidt :  „es  wird  Ftsvali  sein  am  10.  JintiJ  ad 
p/vlocollu7n  gegebenes)  suchen  noch  zur  Zeit  hiermit 
abgejichlagen  vndt  ist  bescheidtj  das  Drfrusor  sich  vf 
die  den  27.  Aprilis  publicirte  Atlej^ffithiies,  zu  ilem 
endt  ihme  dieselbe  aus  den  von  ihme  angezogenen 
vrsacben  ez  officio  cotnmtinmrel  werden  sollen,  zu  er- 
klären vnd  was  sich  gepülirt  zu  handblen  schuldig 
vndt  ihm  darzu  Zeit  der  Ürdtnung  angesetzt  sein  solle, 
mit  dem  anhang,  woferne  er  demselben  in  bestimhter 
frist  nicht  nachkommen  xvirdt,  das  vf  Fiwalis  ferner 
förmbliches  anrufen  in  der  sathen  ergehen  sol  was 
rechtens." 

Publimtum  26.  Jtmij  1641.  Wieder  vergeht  ein 
Monat,  dann  findet  sich: 

,yAchtin  29.  JitUj  1641.  Fiacalis:  Demnach  De- 
fensor  mit  handtlung  betrefft-nd  die  Aikaiatkmcs  ver- 
pleibt  so  acrrisiri  er  desen  cmdnmaciam  nitt  bitt  ter- 
niinuin  sttb  prarjudkio  tüuchisionis  ilime  darzu  ahnzu- 
■»tzen." 

,  Der  Fiscal  stellte  hiermit  den  Antrag,  gegen  den 
Vertheidiger  den  Rechtäiiachtlieil  de»  Actenöclilusses 
auszusprechen,  wodurch  demselben  jeder  weitere  Schritt 
zu  Gunsten  des  von  ihm  Vertheidigten  abgeschnitten 
worden   wäre.      Allein   der  Antrag    ist    nicht   von   dem 


SlO 

Gerichte  genehmigt    worden,    denn   es  lautet  weiter  in 
der  DesigiMtio : 

^y Actum  2.  Augiisti  1641.  Defcnsor:  Demnach 
aus  denen  von  Jost  IjentzHii  und  Nickol  Heiner,  beide 
bürgtr  vuii  der  [jichU'iiaw  abgelegten  eidtlichen  AUesta- 
tiouil/uny  Sudan  des  Ciliux  Riemünn  eingezog«ner  Mi- 
quisition  dar  zu  vertiehineii,  das  die  entleibt«  beide 
reuter  keine  andere  al«  kayserische  Völker  vndt  damals 
offene  feindte  gewesen,  vndt  sicli  damals  nicht  Eina, 
sondern  vf  beschi-hene  nachfrage  verschiedentlich  dar- 
fiir  ausgegebi-n  vndt  dahi-ri>  armer  peinlich  B«"klagt>T 
sein  iutent  genugsam  erwiesen,  So  batt  er  nunnjeht 
ahsoltdioiiem  euin  refiisione  expcnsannn  (Lossprechang 
mit  Krlass  dt-r  Kosten)  im  widrigen  fall  vndt  da  diesi 
beweiftimmb  nicht  allerdings  pro  sufficicntc  ange-^ 
nomnien  werden  solte,  ist  sein  principal  ehrpietig,  des- 
wegen das  jummenlton  suppldorium  so  auch  in  solchen 
Fällen  zulässig  zu  erstatten,  batt  h  i  c  h  dazu  zu  ver- 
statten. 

Actum  6.  Avguati  1641.  Fiscalis:  „weil  das  jm/'o- 
mtnhtm  supphtorium  in  cnmiimlibus  nicht  stadt  finde, 
80  bat  er  Veßusorcm  mit  »einem  suchen  abzuweisen 
und  definitive  zxi  erkennen,  zu  welchem  ende  er  seinen 
recees  vom  20.  Moij  n>iH'tirti^." 

Acitiw  13  Aiiijiisd  l<i41.  Acten  dem  Gerichte 
vorgelegt. 

Es  vcrgeheu  wieder  drei  Monate,  au.s  welchen 
keinerlei  Zeichen  einer  Thätigkeit  des  Gerichten  oder 
der  beiden  Parteien  vorliegt,  bis  endlich  am  8.  No- 
vember 1641  der  Fiscal  erklärt : 

„Nachdem  er  vernehme  dass  vrtheil  abgebest, 
bat  er  dieselbe  zu  publicirea  vndt  öffentlich  abzulesen.*' 
Und  so  geschah  es. 

Urtheil,  In  peinlichen  Sachen  Fürstlich  Hes- 
sischen Fiscalb    von  amptswegen   anklegers  ahn  einem 


311 

entgegen  vndt  wider  Cliristian  Sclineider  von 
Heisa  peinlich  Beklagten  ahm  ander  theil  todtschbg  in 
Actis  angezogen  belangend,  erkennen  Richter  vndt 
SchöpflFeji  dieses  peinlichen  gerichts  vf  gcthane  Frag 
antwort,  geführten  beweifthumb  vndt  tilies  anders  schrifft- 
vndt  mundtliche-s  Vorbringen  miff  beschehenen  Schlus 
vor  Recht  das  der  peinlich  Beklagte  von  diesem  Gericht- 
standt  zu  absolviren  vndt  loszusprechen,  wie  Inmasen 
Richter  vndt  Schöpften  durch  diesen  Ihren  Reclitspruch 
Ihnen  darvon  absolviren  vndt  lossprechen.  Publicatuvi 
ahm  8,  Novembris  ltJ4I." 

So  war  denn  der  Process  geendigt,  welcher  der 
vor  mehr  als  fünf  Jahren  begangenen  scliändlichen  That 
in  keiner  Weise  eine  Sühne  verschaffte;  dass  der  zulebt 
übrig  gebliebene  peinlich  Beklagte  nur  -von  diesem 
Gcrichtstandt  absei virt  und  losgesprochen«  wurde,  ist 
wo!  dahin  zu  verstehen,  dass  er  »unbeschadet  des  Ur- 
theües  des  bürgerlichen  Gerichtes  über  etwaige  Civil- 
ansprüche  gegen  den  Angeklagten  wegen  Entschädigung 
oder  geringerer  (bürgerlicher)  Strafe  oder  über  etwaige 
Ansprüche  des  freigesprochenen  Angeklagten«  von  pein- 
licher Strafe  freigesprochen  wurde. 

Vermutlich  ist  der  Verlauf  des  Mordtages  bei  Lich- 
tenau in  dem  Berichte  von  Vicestatthalter,  Vicekanzler 
und  Räthen  an  den  Landgrafen  vom  22.  Februar  lt)37 
ziemlich  der  Wahrheit  gemäss  geschildert. 

Die  aus  kaiserlichem  Dienst  abgerittenen  drei 
jhweden  wollten  «ich  über  Lichtenau  nach  Kassel  be- 
äben :  Lorenz  Larson  war  wegen  Müdigkeit  seines 
Pferdes  langsam  an  Lichtenau  vorbei  weiter  geritten, 
sein  Bruder  Krich  und  Magnus  Person  erlangten  in  dem 
Städtlein  einen  Führer,  C'iriax  Siemon,  welcher  anfänglich 
sich  weigerte,  dann  mit  ihnen  ging.  Sie  wurden  ge- 
mordet,   nach  Siemons  Angabe  von  einigen  aus  Heisa. 

Abends  desseiben  Tages,  dessen  Datum  nicht  fest-^ 


312 


steht,  in  di^n  letzten  Tagen  des  Juli  oder  df»n  ersten 
des  August,  gelangten  zwei  andere  Kelter  nach  Lieb- 
tenaa.  Sie  kamen  von  Allendorf  her,  gehörten  za 
einer  Streifpartei  von  dem  Heere  des  kait^erlichen  Feld- 
marsi-halls  Grafen  Götz  und  gaben  ihre  Eigenschaft 
als  'Kaiserische«  auf  die  Anfrage  der  Einwohner,  welche 
sie  antrafen,  zu  erkennen.  Sie  wurden  niedergemetzelt, 
höchst  wahrschfinlich  von  Bewohnern  Lichtenau's. 

Durch  das  ZusammentrftfHn  dtr  beiden  Blutthaten 
an  einem  und  demselben  Tage  wurde  die  Verfolgung 
der  Frtvter  erschwert  und  verwickelt;  es  lag  nahe,  dasa 
jede  dtr  beiden  angej^chuldigten  Gruppen  die  an  den 
Schweden  —  als  Hessen  Befreundeten  —  begangene 
Miösethat  der  anderen  zuzuschieben  suchte,  da  die  Nieder- 
machung der  beiden  kaiserlichen  Reiter  als  von  Feinden 
auf  Verzeihung  oder  gelinde  Ahndung  hoffen  Hess. 

Auf  Lorenz  Larson's  Klagen  hatt<*  der  hessische 
Capitainlieutenant  Södermann  bei  den  Räthen  zu  Kassel 
Anzeige  des  an  seinen  Landsleuten  begangenen  Mordes 
vorgebracht  und  mehrere  der  von  ihm  ausgekundschai- 
teten  Thiiter  namhaft  gemacht.  Die  Riithe  erliessen 
Befehl  an  den  Rentmeistcr  zu  Lichtenau,  Bericht  zu 
erstatten.  Man  darf  annehmen,  das.s  das  Verhör  vom 
15.  Soptbrnber  IHSfi  infolge  des  Befeliles  der  Käthe  auf 
Anordnung  dt'S  Runtmeisters  abgehalten  wurde.  Nach 
des  letzteren  Berichte  wurden  die  Angeschuldigten  von 
Lichtenau  wie  von  Heisa  auf  Befehl  der  Räthe  ge- 
fangen gesetzt,  später  gegen  geleistete  Bürgschaft  jedoch 
aus  der  Haft  entlassen. 

IUe  Lichtenauer  wendeten  sich  unter  dem  12.  Januar 
1637  bittend  an  dnn  Ijandgrafen,  dann  noch  einmal 
unter  dem  l!t,  und  L.  Wilhelm  erliess  darauf  schon  am 
20.  Januar  das  Rescript,  welches  bedingungsweise  die 
Regierung  anwies,  die  Unterzeichner  der  Bittschriften 
mit    fernerem   i*rocesse   zu   verschonen.     Die  >gehapte 


313 


» 


Nachfrage« ,  von  welcher  das  Rescript  im  Eingange 
spricht,  dürfte  bei  dem  Beamten  in  Lichtoiiau  angestellt 
worden  sein  und  dann  die  R»-gierung  in  Kassel  (Vice- 
statthatter,  Vicecanzlar  und  Räthe)  Befehl  zur  Bericht- 
erstjittung  erhalten  haben,  welche  unter  dem  22.  Februar 
1637  erfolgte. 

Es  findet  sich  von  d<eni  Erlasse  des  Gnadenrescriptfi 
ab  nur  noch  die  Heisischen  Betreffendes  von  dem  Ge- 
richte verzeichnet.  Diese  sind  gernäfis  der  Ladung  defi 
Scbultheiesen  Vigeliiis  am  30.  Januar  HJHT  ve-rhört 
worden:  aussen  auf  der  Ladung  vom  f).  Dccember  IfiSfi 
ist  bemerkt:  „Hie  Lichtenawisilie  vnd  Helwisclie,  30. 
Januar  vf  den  16.  Martij  A.  I).  1637."  llie.ser  Aufschub 
kam  offenbar  nur  den  Lichtenauern  zu  Gute  und  ist 
wol  als  Erfolg  ihrer  Gesuche  anzusehen.  Da  die  Hel- 
sischen  den  Weg,  des  Fürsten  Gnade  anzurufen,  gar 
nicht  betraten,  ist  anzunehmen,  dass  ihre  Sache  nicht 
gut  für  sie  stand. 

Ein  Verhör  der  Lichtenauer  vor  dem  llalsgerichte 
stiheint  überhaupt  nicht  stattgefunden  zu  haben.  Der 
Fiscal  überreichte  die  »articulirte  Klage«  gegen  sie  am 
17.  März,  dem  Tage  nach  dem  vom  Schulthoissen  für 
das  Verhör  angesetzten  16.  März;  ein  Pfotokoll  über 
ein  abgehaltenes  Verhör  ist  nicht  überliefert,  daher  ist 
vielleicht  die  Annahme  gerechtfertigt,  da-ss  der  Fi.scal 
seine  Klage  geflissentlich  verspätet  übergeben  habe, 
am  die  weitere  Verfolgung  der  Lichtenauer  einzustellen, 
entsprechend  dem  fürstlichen  Erlass  vom  20.  Januar  1637. 

Die  Untersuchung  wurde  nur  gegen  die  von  Heisa 
fortgesetzt  und  man  darf  sie  mit  grosser  Wahrschein- 
lichkeii  als  die  Thäter  betrachten.  Die  beiden  schwe- 
dischen Kriegsleute  waren  im  Begriffe,  ihr  vaterlän<lisches 
Heer,  damit  die  Partei  des  Hesseufürsteo,  aufzusuchen^ 
sie  hatten  sicherlich  friedlich  und  freundlich  gegen  die 
Leute  sich  benommen,  auf  welche  sie  trafen,  sie  wollten 


314 


nicht  aaf  Heba  ziehen  >dan  alda  Schnaphanen  sich 
vflialtun  solten*  —  da  fanden  sie  ein  trauriges  elendes 
Knde  unter  den  FäustHti  von  beutegierigen  Wegelagern. 

Aber  auch  der  raartervolle  Tod  der  beiden  kaiser- 
lichen Reiter  war  beklagenswertli  und  die  That  der 
Lichtcnauc^r  doch  in  keiner  Weise  damit  zu  rechtfertigen, 
dass  sie  *zur  Verhütung  grosseb  Unglütka  .  .  .  das  pme- 
ttenire  geapiek't  hätten«.  Die  Liühtenaner  wussten, 
dass  sie  es  nur  mit  diesen  beiden  kaiserlichen  Reitern 
zu  thun  hätten;  der  Rentmeistur  zur  Lichten  an  hatte 
ihre  Aussagen  dem  Berichte  an  die  Räthe  zu  Kassel 
zu  gründe  gelegt  und  in  der  letzteren  Beric  hte  an  den 
Landgrafen  vom  'J2.  Februar  lü37  heisst  es  »(die  Lichte- 
naucr  Bürger)  hätten  sich  verkrochen,  aber  da  sie  keine 
(Kayserische)  mehr  vernomme. n  .  .  .  sich  heraus- 
gethao  u.  s.  w.«  Die  beiden  einzelnen  Männer  hätten 
doch  nicht  die  Stadt  Ijiiliti^nau  eratürmen  können. 
Von  der  Verwilderung  in  der  sctireckhchen  Zeit  gibt 
der  Umstand  eirt«  Atideutung,  dass  die  Kaiserischen 
Reiter  erstlich  von  den  Jungen  »weidlich  mit  bruegeln 
tractiret«,  d.  h.  wol  ziemlich  zxx  Tode  geschlagen  wurden, 
nachmals  ihnen  die  Hälse  mit  Messern  abgeschnitten.« 
Das  liört  sich  an,  als  hätte  es  sich  um  Kaubthiere 
gehandelt.   — 

Am  Schlüsse  des  vorstehenden  Berichtes  ist  es 
mir  nine  angenehmr^  Pflicht,  dem  Herrn  Reichsgerichts- 
rathe  a.  D.  Dr.  von  M  e  i  ho  ra  zu  Kass*d,  d^^s-sen  juristische 
Einsicht  mir  wertbvolten  Beistand  leistete,  meinen  Dank 
auszusprechen. 


Die  Theilnahme  des  Kurfürsten  Wil- 
helm I.  TOB  Hessen  am  Oesterreichisclien 
I  Kriege  1809. 

m  F 
iml 


Von 


Dr.  Willi  V»rg«e. 


-<§-' 


m  Folgenden  soll  auf  Grund  von  Akten*),  die  sieh 
im  KgL  Preussischen  Staatsarchiv  zu  Marburg  be- 
finden, eine  Darstt'ilimg  der  Tlicil nähme  des  von  Napoleon 
depossedirten  Kurfürsten  Wilhelm  I.  von  Hesaen  am 
Kriege  von  ISCH)  gegeben  werden. 

Wh  der  Krieg  im  Jalire  18(HI  anszul)rechen  drohte, 
wurde  dem  Kurfürsten,  der  seinen  Sit»  in  Prag  ge- 
noninien  hatte  und  einen  ständigen  Vertreter  in  Wien 
unterhielt  **),  von  der  Oesterreichischen  Regierung  er- 
klärt,   dass    man    das    Tributäraystem    Napoleons    zer- 

•)  Es  kommen  in  Betracht  vior  Bände  Aktoii  (gebuuden), 
die  den  Titol  „Kriojj  jiiit  Fnuikrcich  ISOil*  fiiliron.  Diese  Biindo, 
dio  fnihor  in  dur  WilhulinshitUor  RihlioHn^k  aurbcwalirt  und  von 
Kaiser  Wilhelm  dem  Marbuif^or  Archiv  ül)crwiG«on  wurdon,  ent- 
halten dio  miLtitri»che  Corrottpondenz  des  Kurftirsteo.  —  Citirt 
unter  C.  1.  11  u.  s.  w. 

••)  1809  war  chargö  d  affaires  v.  Lepel;  ihm  stand  zeitweise 
ein  T.  Heimrod  zur  Seite. 


I 


316 

Btören  und  jeden  rechtmässigen  Eigenthömer,  also  anch 
den  Kurftlrsterr,  wieder  in  den  Besitz  der  ihm  vor  der 
Zeit  der  Usurpationen  Napoleons  ztige,hörigen  Lande 
set:son  wolle.  Da  man  auf  Grund  der  Borichte  Metter- 
nichs  den  isiclieren  8iej^  Oesterreiclis  erwartete,  so  glaubte 
der  Kurfürst  bald  wieder  in  den  Besitz  »seiner  Staaten» 
zu  kommen,  zumal  ja  zuerst  der  Plan  bestand,  über 
Sachsen  naeh  Norddeaisehland  vorzudringen  und  so 
auch  Hessen  zu  befreien.  Der  deposnedirte  Fürst  er- 
wartete aber  von  dem  Siege  Oesterreiclis  nicht  aUein 
die  Wiederjiewinnung  seines  Thrones,  sondern  auch  eine 
Vergn'isserung  und  Abrundung  seines  Staates,  natürlich 
auf  Kosten  der  Nachbarn.  Er  wusste,  das«  er  diesen 
Plan  nur  mit  Hülfe  Oesterreiclis  ansf(ihren  könne.  Eis 
war  also  für  ihn  tiotbwendig  die  Bereitwilligkeit  diese-s 
Staates  zu  gewinnen  oder  eventuell  auch  durch  Opfer 
zu  erkaufen.  Er  bescbloss  daher  dem  Staate  für  den 
bevorstehenden  Krieg  thatkräftige  Hülfe  anzubieten  und 
erklärte  sich  —  Anfang  März,  aUo  noch  vor  Ausbruch 
des  Krieges  —  bereit  ebenso  wie  der  Herzog  Wilhelm 
von  Braunschweig  ein  Trtippencorps  anzuwerben  und 
als  Bundesgenosse  auf  Seiten  Oesterreiclis  zu  kämpfen. 
Das  Anerbieten  kam  der  Regiening  des  Kaisers  sehr 
gelegen.  Man  hoffte,  dass,  wenn  der  Kurfürst  von 
Hessen  und  der  Herzog  von  ßraunschweig  sich  in  ihren 
frilheren  Gebieten  zeigen  würden,  sich  die  Unterthanen 
derselben  erhfben  würden  und  eine  allgemeine  Insur- 
rection  'im  Ktmigreich  Westfalen  entstehen  würde 
Unterm  14.  März  nahm  der  Kaiser  das  Anerbieten  des 
Kurfürsten  an  *).  Der  letztere  erklärte  jetzt,  er  wolle 
noch  vor  Ausbruch  des  Krieges  eine  Legion  von  4000 
Mann,  bestehend  aus  drei  Bataillonen  Infanterie,  einem 
Bat-aillon  Jäger,  &ech»  E)ikadrons  Cavallerie  und  ent- 
sprechender Artillerie,  ins  Feld  stellen,  auf  seine  Kosten 

•)  Brief  dos  Koisorö  t\  i,  S.  6. 


m 


ansrflsten  nnd  untprlialtmi  Der  Gpnfratissimus  Erz- 
herzog Karl  wurdf  boanftragt  mit  dem  Kurfürsten  eine 
entsprechende  Militär-ConvMition  abzusthliessen.  Die 
Verhandlungen  fanden  in  I'rag,  dem  Aufenthaltsorte  des 
Kurfürsten,  statt.  Im  Namen  des  Erzherzogs  führte 
dieselben  der  Obristlieutenant  im  42.  Infanterie-Regi- 
ment V.  Steinmetzen,  im  Namen  des  Kurförsten  der 
Kriegsrath  Schminke  und  der  Kammerherr,  Major  und 
Flügeladjutant  v.  Thümmel.      Am  20.  März  fand  unter 

I  Vorbehalt  der  beiderseitigen  Ratifikation  der  Abschluss 
der  Convention,  die  geheim  bleiben  sollte,  statt  *). 
Der  Kurfürst  genehmigte  dieselbe  am  selben  Tage,   der 

I  Erzherzog  Karl  mit  Vorbehalt  eines  Artikels**)  am  4. 
April  zu  Wien. 

Der  Kurfürst  verspricht  [Art.  1]***},  so  weit  es 
seine  „gegenwärtigen  und  künftigen  Kräfte  verstatten" 
Oesterreich  seine  Unterstützung  im  Falle  eines  Krieges 
mit  Napoleon.  Um  diese  Unterstützung  zu  sthaffen, 
will  er  [Art  2]  in  seinen  Ländern,  also  im  Königreich 
Westfalen,  unter  der  Hand  die  nöthigen  Kinleitungen 
wohl  zur  In.surrection  und  Anschliiss  an  seine  Sache, 
treffen  und  ein  kiein^^s  Corps  aufstellen,  da.s  als  noyeau 
und  als  cadre  für  die  Aufstellung  einee  demnächst  zu 
bildenden  grösseren  Armeecorps  dienen  soll.  Dieses 
Corps  (Art.  7J,  das  aus  Ut--]2Ü(.)0  Mann,  einschliesslich 
entsprechender  Cavallerie  bestehen  soll,  soll  errichtet 
werden,  sowie  der  Kurfür.st  in  den  Wiederbesitz  seines 
Landes  gekommen  i&t.  Eine  weitere  Vermehrung  dieses 
hessischen  Corps  wird  in  Aussicht  gestellt,  wenn  der 
Kurfürst  durch  förmliche  llebergabe  noch  anderer 
Länder  und    nach    erhaltenen    englischen    Subsidien  in 


♦)  C.  I,  S.  21,  vgl  Beilagö  I.  S.  334  f. 
••)  Art.  13. 
*•')  vgl.  Beilago  I.  S.  334. 


318 


den  Stand  gesetzt  ist,  Ober  die  nöthigen  Mittel  zu  d}»- 
poniren  [Art.  7j.  Der  Kaiser  veri)flicljtet  sich  seiner- 
seits seine  Operationen  so  einzurichten,  dass  Hessen  so 
schnell  als  möglich  vom  Feinde,  befreit  wird  [Art.  111. 
Cr  sichert  dem  Kurfürsten,  seinem  Land  und  Hh»! 
seinen  Schatz  zu  [Art  lOJ.  Er  verspricht  seinen  thä- 
tigsten  Beistand  bei  Herstellung  der  früheren  Ordnung 
in  den  Ländern  seines  Verbündeten  [Art.  12J.  Beim 
Friedensschluss  will  er  sich  für  die  Yergrösserung 
Hessftns  möglichst  verwenden  (Art  14|. 

Der  Vertrag  war  für  den  Kurfürsten  sehr  günstig; 
er  versprach  viel,  aber  seine  Versprechungen  waren  so 
verklausulirt,  dass  er  im  Grossen  und  Ganzen  nur  dann 
Leistungen  zu  übernehmen  hatte,  wenn  ihm  von  Oest- 
reich  grosse  Vortlieüe  gewährt,  waren.  Selbst  bei  der 
Errichtung  des  Grundstocks  seiner  Armee  will  er  keine 
Opfer  bringen.  Er  bittet  um  Oesterreichische  Verwendung 
und  Unterstützung  zur  Erlangung  Englischer  Subsidien, 
„da  seine  eigenen  Mittel  beschränkter  sind,  als  man 
glaubt"  [Art.  3].  Oesterreicli  überschätzte  die  Hfllfe 
des  Kurfürsten,  ganz  im  Gegensatz  zu  Napoleon,  der 
dem  ancien  Electeur  de  Cassel  eine  ziemliche  Verach- 
tung zeigte.  Man  glaubte,  er  würde  sich  an  die  Spitze 
eines  Corps  setzen  und  mit  dem  Säbel  in  der  Faust 
sein  Land  wieder  erobern,  man  hoffte,  er  würde  alle 
seine  Kräfte  anwenden,  um  das  Land  zu  insurgieren 
und  80  den  Boden  für  den  Angriff  zu  bereiten,  aber 
diese  Annahmen  wurden  getäuscht.  Der  Kurfürst  konnte 
sich  ZQ  einem  eigenen  thatkräftigen  Handeln  nicht  auf- 
schwingen. Er  machte  Oesterreich  zwar  das  Zuge- 
ständniss  sich  in  die  Nähe  seines  treuen  Volkes  zu  be- 
geben [Convention  Art.  6],  aber  in  He.«isen  einzudringen 
wagte  er  nicht.  Ebensowenig  vermochte  er  die  Geld- 
opfer zu  bringen,  die  zu  einer  grossen  Operation  nöthig 
waren.      Hatt«    er    doch   selbst  seiner  Dienerschaft,  die 


( 


I 


319 


wegen  der  theuern  Lebensverhältnisse  in  Prag  um  eine 
Gehaltserhöhung  einkanien,  dieselbe  einfach  verweigert 
und  die  Bittsteller  mit  Kiitlassung  bedrolit  Er  be- 
gnügte sich  zunächst  damit,  in  Hessen  die  nuthigen 
Vorkehrungen  für  eine  Insurrektion  zu  treffen  und  seine 
Legion  aufzustellen.  Er  hoffte,  dass  in  Hessen  seine 
Anhänger,  besonders  Döraberg,  schon  das  nöthige  Geld 
auftreiben  würden,  [zu  einem  Vorschuss  Hess  er  sich, 
wie  bekannt  ist,  nicht  hinreissen]*),  und  dass  ihm  bei 
Errichtung  seines  Corps  Oesterreichische  und  Englische 
Hülfe  nicht  fehlen  würde. 

Die  Bildung  der  Legion**}  Hess  sich  anfänglich 
gtinstig  an.  Als  Werheplatz  und  Sammelplatz  wurde 
dem  Kurfürsten  die  sehr  güiistig  gelegene  Stadt  Eger 
und  Goncurreua  überwiesen***}.  Hier  stiessen  vier  Länder 
zusammen,  Sachsen,  Thüringen,  Böhmen  und  Bayern. 
Vor  allem  war  dieser  Ort  leicht  für  die  Hessen  zu  er- 
reichen. Der  Erzherzog  Kai'I  förderte  das  Unternehmen 
des  Kurfürsten  in  jeder  Weise.  Er  überwies  demselben 
eine  Anzahl  Hessen,  die  in  der  Oesterreichischen  Armee 
dienten  und  die  dt-n  Kern  der  Legion  bilden  sollton. 
General  Bellegarde  erhielt  den  Befühl,  dem  Kurfürsten 
bei  Formierung  der  Cadres  beliülflich  zu  sein.  Der- 
selbe sollte  den  Kurfürsten  über  alle  Zeitverhältnisse 
unterrichten,  damit  er  sich  an  die  Spitze  seiner  Truppen 
setze  und  „die  Regierung  seines  Landes  übernehme"!). 
Besonderen   Zuzug    versprach   man   sich   aus   Franken. 

*)  Er  gab,  wie  bekannt  ist,  nur  eine  Anweisung  anr  20000 
^y  ,wihlbftr,  wonu  der  Aufstand  gelungen",  vgl,  Lynrker,  Oesch. 
der  Insurrection  otc.    Kassel  1857. 

•♦)  Tgl.   Jrtrycjt,    rUo  liCHssischc  I.,<?gioii,  Boriclito  dos  Hoch- 
stifta  Frankfurt  a.  M,,  IB90  S.  484  ff. 
•••)  Couvoiition  Art.  15, 
t)  Rrior  des   Erzherzogs  an   den  Kurfürsteu  vom  1.  A)»ril, 
C.  I.  S.  42. 


Hier  war  der  Preussische  Rittmeister  a.  D,  und  frühere 
Adjutant  des  Prinzen  Louis  Ferdinand,  Carl  v.  Nos- 
titz,  der  als  Major  jetzt  in  die  Dienste  des  Kurfürsten 
getreten  war,  thätig,  um  Ansbach  und  Baireuth,  die 
altpu  Brandeuburgischen  Gebiete,  zu  insurgieren.  Die 
Bewohner  waren  voll  Eifer,  das  Bayerische  Joch  abzu- 
weisen. Ausser  200  Miinn  gelernter  Jäger  war  eine 
zahlreiche  Landuiiliz  vorhanden.  Baireuth  zerfiel  in  5 
Kreise,  jeder  Kreis  in  11  Marken.  Jede  Mark  stellte 
160  Mann  Lamlwt'hr.  Ausserdem  befanden  Hich  vi^le 
heimgekehrte  preussische  Soldaten  und  Offiziere  im 
Lande.  Auch  waren  nicht  unbedeutende  Geldmittel 
vorhanden.  Nostiz  wollte  hier  einen  Guerillakrieg  be- 
ginnen. Er  glaubte  an  Erfolg,  weil  im  Fürstentimm 
Baireuth  nur  3000  Mann  feindliche  Truppen  standen, 
darunter  zwei  Kavallerie-Regimenter  „mit  abgerittenen 
Pferden"*).  Nostitz,  der  sich  in  Selb  in  Baireuth  auf- 
hielt, erliess  einen  Aufruf  an  die  Bewohner  de-s  Lan- 
des**). In  kurzer  Zeit  verfügte  er  über  200  Mam 
aber  er  sah  bald  ein,  dass  die  ßaireuther  mit  den' 
Plänen  des  Kurfürsten  nicht  überein-stimniten***;.  Die 
Leute  wollten  geru  für  ihren  alten  Herrn,  den  König 
von  Preussen,  kämpfen»  aber  für  den  ihnen  unbekannten 
und  fremden  Hessenfürsten  wollten  .sie  die  Waffen 
nicht  ergreifen.  Er  konnte  so  seine  Verpflichtungen 
gegen  den  Kurfürsten,  dessen  tangsames,  dem  that- 
krüftigen  Handeln  abholdes  Wesen  ihm  auch  nicht 
sympathisch  war,  nicht  erfüllen.  Er  verliess  daher  den 
Dienst  desselben  und  trat  in  Oesterreicliisehe  Dienste. 
Erzherzog    Karl    übertrug    ihm    sofort    die    Errichtung 


•)  Vgl.  Boriciit   vou  Nostitz  C-  11,  S.  1;    vgl.  I.   S.  44,  51, 
vergl.  C.  I],  S,  82  Anlixge. 
•*)  C.  n,  y.  14. 

•n  c.  11,  s.  1. 


I 

I 


I 


321 


einer  eigenen  Legion  in  Baireutii*).  Mit  Nostitz  ver- 
lor der  Kurfürst  einen  thiitigen  Offizier  und  ein  tüch- 
tiges Material  von  Soldaten,  denn  die  Baireuther,  die 
Nostitz  geworben,  traten  in  die  Baireuthische  Legion 
über.  Franken  war  ihm  verloren.  Ea  musste  jetzt 
versnebt  werden  dnrch  Werbung  die  nöthigste  Mann- 
schaft 7u  beschaffen.  Die  Ijeginn  wuchs  nur  langsam, 
obwohl  die  hessä.schen  Weiber  mit  der  grös-sten  Un- 
verfrorenheit ihr  Handwerk  nach  der  Art  des  18.  Jahr- 
hunderts betrieben.  Unter  dem  22.  Mai  beschwert  sich 
General  Graf  v.  Riesch**)  beim  Knrfürsten  über  den 
Unfug  der  hessischen  Werber  ***J.  Sie  hätten  Oester- 
reichische  Soldaten  und  Deserteurs  eingestellt,  ja  sie 
hätten  sich  nicht  einmal  entbindet,  Leute,  die  von 
Oesterreichischer  Seite  frisch  angeworben  waren,  ab- 
spenstig zu  machen.  Auch  aus  Hessen  kamen  wenig 
Leute  zu  der  Fahne  ihres  alten  Fürsten,  obwohl  der 
letztere  den  General  Bellegarde  angewiesen  hatte,  ihm 
jeden  die  Grenze  passirenden  Hessen  abzuliefern*). 
Auch  ein  zweites  in  Prag  errichtetes  Werbeamt  schaffte 
wenig  Leute.  Nach  und  nach  strömte  eine  Anzahl 
Soldaten  zusammen,  aus  dienen  man  ein  Corps  bildete, 
das  nach  althessischem  Zopfstil,  —  die  Uniform  schrieb 
der  Kurfürst  .selbat  vorf),  —  gekleidet,  bewaffnet  nnd 
gedrillt  wurde.  Die  Waffen,  Flinten,  Säbel  und  Ka- 
nonen, 2  leichte  Haubitzen,  2  Dreipfünder  und  2  Sechs- 
pfünder  erhielt  das  Corps  aus  Oesterreichischen  Arse- 
nalen ff),    die  Pferde    kaufte  der  Kurfürst,     Abgesehen 


•)  Pftteut  dos   Erzherzogs   für  Nostitz  vom  20.  April  1809, 
C.  U.  8.  17. 

**)  Genoral   der  Cavallerio,    Graf   voa   Rieseli,  war  Com  man- 
direndcr  General  in  BöUmeii. 
"*\  r.  I.  S.  103. 
t)  Brief  don  Kurf,   vom  2().  .^pril,  C  I,  8.  80. 
tt)  0.  !11.  IV. 
N.  r.  XVI.  Bd.  21 


322 


von  den  ehemaligen  I^andeskindern  des  Kurfürsten  be- 
stand das  Corps  nicht  ans  dem  besten  Material  Di^ 
I^euti»,  di(»  steh  ainverbi'ti  lioss^n,  hatten  meist  schon 
in  den  verschied bnstfn  Heeren  gedient.  Nicht  wenig*« 
waren  aus  der  einen  oder  der  anderen-  Armee  mit 
Schimpf  und  .Schand«  ausgestossen *).  Aber  alle  diese 
Soldaten,  die  aus  den  verschiedensten  Staaten  stammten, 
waren  einig  im  Hass  gegnn  Napoleon.  Man  fürchtete 
allerdings,  da.ss  sich  in  dem  Corps  franztisische  Spione 
anwerben  lie-ssen,  um  die  O[)erationen  der  Oesterrei- 
chischen  Armee  den  Feinden  zu  verrathen.  So  theilt 
der  Herzog  von  Braunschweig  dem  Kurfürsten  mit**), 
„dass  mun  franÄÜ.*iischer  Seit-s  bemüht  sei,  ihnen  atta- 
chirte  Subjecte  bei  den  feindlichen  Corps  zu  attachiren, 
namentlich  habe  der  Marschall  Davoust  darüber  Aaf- 
tiäge  gegeben*'. 

Dass  in  dem  Corps  nicht  der  beste  Geist  herrschte, 
lässt  sich  denken.  Die  Rapporte  des  Koromandirenden 
berichten  von  Kxcessen  aller  .\rt :  Verstö.sse  gegen  die 
Subordination,  Rebellionen  und  Desertionen  waren  ao 
der  Tagesordnung***).  Während  der  Expedition  nach 
Sachsen  betheitigten  sich  die  Hessen  an  den  hässlichen 
Vorgängen  von  WilsdruflF  —  10.  Juni  — .  wo  sich  auch 
die  Braunschweiger  grosse  Ausschreitungen  zu  Schulden 
kommen  Hessen.  Der  Erzherzog  Karl  erliess  in  Folge 
dessen  eine  ernste  ße.schwerde  an  den  Kurfürsten.  Das 
Officiercorps  konnte  auf  den  Geist  nicht  sehr  bildend 
wirken.  Die  meisten  waren  ja  tüchtige  Leute,  beson- 
ders der  Kommandeur  Obristlieutenant  v.  Müller,  aber 
es  macht  sich  doch  bei  ihnen  auch  eine  gewisse  Ver- 
wilderung geltend.  Es  waren  zum  Theil  althessische, 
znm  Theil  frühere    preassische  Offiziere,   die  1806  bei 

•)  C  L  S.  92,  S.  95. 
->  C.  I.  a  95. 
•*0  CL  U.  S.  142. 


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I 

I 


Verminderung  der  Preussischen  Armee  ihren  Ab- 
schied genommen  oder  erhalten  hatten.  Siß  komman- 
dirten  nach  alt«r  Weise  und  verstanden  nicht  das  Ehr- 
gefühl bei  den  Untergebenen  zu  wecken.  Die  barba- 
rischen Mittel  der  alten  Zucht,  Stockschläge,  Gassen- 
laufen wurden  in  strengster  Form  angewendet*).  In- 
dessen durfte  man  gegen  die  geworbenen  Soldaten,  die 
ein  Kapital  reprä-sentirten  und  fiir  die  schwer  Ersatz 
zu  schaffen  war,  nicht  mit  der  stärksten  Strafe,  dem 
Füsiliren,  vorgehen.  „^^'^^  Leute  müssen  geschont 
werden  und  sind  lieber  mit  Gas.senhiufen  zu  bestrafen"**), 
befahl  der  Kurfürst  auf  die  Berichte  des  Kommandi- 
renden  hin. 

Da«  Corps,  etwa  500  Mann,  lag  bei  Eger;  es 
sollte  von  hier  mit  einem  Oesterreichischen  Corps  und 
der  zu  bildenden  Bairetither  Legion  nach  Norddeutsch- 
land und  Hes.sen  vorrücken,  um  Dörnberg  beim  Aus- 
bruch der  ln.su rrektton  zu  Hülfe  zu  eilen. 

Der  Kurfürst  schloss  sich  seinem  Corps  nicht  an. 
Er  hatte  sich  freilich  erkundigt,  ob  in  Eger  für  ihn 
Quartier  zu  finden  sei***),  aber  dann  hatte  er  es  vor- 
gezogen, in  dem  festen  Prag  zu  bleiben,  Von  hier  aus 
leitf^te  er  sein  Corps.  Er  glaubte  seine  Pflicht  gethan 
zu  haben,  wenn  i?r  aftinem  Hrichstkommandirenden,  dem 
eben  er^vähnten  Oberstlieutenaut  und  Flügel  ad]  uhint 
C.  M.  V.  Müller  täglich  durch  Stafette  die  nüthige  Parole, 
da.s  Keldgcschrei  und  allerhand  unnüthige  Zopfbefehle 
gab.  Er.st  nach  der  Schlacht  bei  Aspern  wagte  er  es,  das 
feste  Prjig  zu  verlassen  und  sein  Corps  zu  inspiciren. 

Aus  der  Expedition  nach  Hessen  wurde  in  Folge 
des  Kriegsuuglücks  der  Oestern'icher  nicht.s,  zumal 
auch   der    Aufstand    Dürnbergs    zu    früh    ausgebrochen 

•)  C.  n.  S.  145,  146,  160. 
♦•)  C.  II.  S.  1B5. 

^)  C.  IL  S.  15.     

21 


324 


war.  Dörnberg  hatte  vom  Kurfürsten  die  Weisiing  er- 
halten, nicht  eher  loszuschlagen,  als  bis  er  durch  ein 
Oesterreichisches  —  wahrscheinlich  unter  Bellegarde  — 
oder  Hessisches  Corps  unterstützt  werden  könnte*): 
die  Bewegung  war  aber  zu  allgemein  geworden«  sie 
konnte  nicht  mehr  zurück  gehalten  werden  und  brach 
so  zu  früh  aus. 

Der  Kurfürst  musste  erst  neue  Verständigungen 
treffen,  um  eine  zweite  Insurrektion  Hessens  zu  orga- 
nisiren.  Der  Erzherzog  Karl  suchte  den  Fürsten  zum 
energischen  Handeln  anzutreiben.  Am  7.  Mai  theilte 
er  aus  dem  Hauptquartier  Schweinitz  demselben  mit, 
dass  der  Herzog  von  Braunschweig  seine  Operationen 
in  Norddeutschland  eröffnen  werde,  und  dass  der  Prens- 
sisehe  Major  v.  Schi II  eigenmächtig  einen  Einfall  in 
Westfalen  gemacht  habn.  Heide  hofften  auf  grosseo 
Anhang  in  Norddeutächlaud.  „Ich  muss  es  der  Auf- 
merksamkeit fiw.  Liebden  überlassen,  fährt  er  fort, 
Ihre  Pläne  nach  diesen  Voraussetzungen  zu  entwerfen, 
und  wenn  die-se  günstigen  Hoffnungen  wirklich  realisirt 
würden,  davon  schleunig  den  umfassendsten  Gebranch  zu 
machen"**).  Der  Kurfürst  entschuldigt  seine  Energie- 
losigkeit durch  die  Schwierigkeiten,  die  er  mit  der 
Werbung  habe.  Er  erklärt,  dass  er  nur  im  äassersten 
Fall  Frag  verlassen  und  sich  dahin  begeben  wolle,  von 
wo  er   den   Erzherzog    erreichen   oder    nach   dem  Aos- 


*)  Brier  det>  Karfünitoa  an  Erzhorzog  Rarl  vom  3.  Juni 
1800:  ,Uebrigeas  katui  ich  nicht  genug  bedauern,  dass  die  IdsqT' 
rektion  inHessen  ge(;en  meine  ausdrückliche  A«u88erang  za 
frühe  ausgebrochen  ist  Insurrektionen  ohne  militärische 
Hülfe  glücken  seltea  Daas  otan  diese  und  nameotlich  ein 
Kaiserlich  Oesterrcichisches  Corps  abwarten  soUte,  war  ^eicb  an- 
fangs Ew.  liebdeD  Idee  tind  auch  die  meinige,*'  C  L  S.  122. 
(Üonoept)  Hinter  Oesterreichisches  Corps  steht  im  Concept  ans- 
gttlriohen  .des  Bellegarde". 
••)  Cl.  S,  88. 


325 


land  operiren  könne*).  Einstweilen  gestattete  er,  dass 
die  hesssischen  Truppen  zur  Yerthfidigung  van  Böhmen 
verwendet  werden  sollten. 

Unmittelbar  nach  der  Schlauht  bei  Aspern  macht 
der  Erzherzog  einen  neuen  Anlauf  .uif  den  Kurfürsten. 
Es  war  für  ihn  vom  höeh.steii  Interesse  im  Rücken  der 
Rheinbundstruppen  und  der  Franzosen  das  von  Truppen 
fast  ganz  entblösste  Norddcutschland  in  Aufstand  zu 
bringen  und  einen  Guerillakrieg  nach  Spanischer  Art 
zu  organtsiren.  Die  schönen  und  wurmen  Worte  des 
Briefes**)  machten  aucli  diesmal  keinen  Eindruck  auf 
den  Kurfürsten.  Wie  sehr  den  Oesterreichern  an  dem 
Erscheinen  des  Kurfürsten  in  Hessen  lag,  geht  daraus 
hervor,  dass  Erzherzog  Karl  am  31.  Mai  eine  neue 
Aufforderung  an  den  Kurfürsten  ergehen  Hess.  Er 
theilt  ihm  mit,  dass  man  Oesterretchischerseitä  ent- 
schJosäen  sei,  zwei  Diversionen  nach  Deutschland  aus 
Böhmen  zu  machen.  Von  der  Landwehr  könnten  sich 
zwar  nur  die  betheiligen,  die  sich  freiwillig  meldeten, 
doch  würden  sich  an  jedes  Corps  4 — 6(MJÜ  Mann  an- 
fichliessen.  „Diese  Exiteditionen,  sowie  die  llnterueh- 
raungeu  des  Herzogs  von  Braunschweig-Uels  und  des 
Majors  Schill,  heisst  es  dann  weiter,  werden  die  kleine 
feindliche  Macht  in  jenen  Gegenden  hinlänglich  be- 
schäftigen und  es  Ew.  Liebden  erleichtern,  sich  Ihren 
Staaten  zu  nähern,  wo,  wie  ich  hoffe,  Ihre  kleitte 
Truppe  äusserst  schnell  Bedeutung  gewinnen  wird.  Bei 
längerem  Zögern  möchte  der  Eifer  Ihrer  jetzt  aufge- 
regten önterthanen  erkalten  und  die  Gegner  dürften 
■  manches,  was  jetzt  noch  leicht  ist,  erschweren*'***). 
H  Jetzt,    wo    ihm    thatkräftige    Hülfe   zugesagt  war, 

H     entschtoss  sich  der  Kurfürst  endlich  zum  Handeln,    Am 


I 
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•)  Brief  vom  24.  Mai.    C,  1.  S.  90. 
••)  C.  I.  S.  !I5,  vgl.  Beilage  2. 

•r)  c.  1.  s.  119. 


326 

3.  Juni  theiilt  er  dem  Erzherzog  mit,  dass  seine  Trappen 
Befehl,  sicli  den  Oesterreich«rn  anzuscliliessen,  erhalten 
haben.  Eine  Insurrekiiun  in  Hessen  80II  die  Angrei- 
fenden unterstützen.  Er  verspricht  sich  von  dem  guten 
Geiste,  welcher  die  MenNchen  beseelt,  den  be*>ten  Er- 
folg*), l^  wurden  jetzt  die  Einleitungen  zu  dem  be- 
kaniit*in  Marbiirger  Aufstand  getroffen,  der  dann  ?pät«r 
in  der  Nacht  vom  28.  zum  24.  Juni  stattfand.  In  den 
bisher  citirten  Akten  tiiiden  sich  über  die  EntsbebuTig 
diese.s  Auf>;t;iiides  keine  Angaben,  dagegen  geben  die 
im  Staat.sarcliiv  zu  Marburg  betiiullicheu  Verhöre**) 
einiger  Haupttheihiehmer  am  Aufstand  klar  an,  da$i3 
der  Kni'fiirst  der  Urheber  des  Aufstandes  ist.  Die  Vor- 
höre der  Häupter  des  Auf«tiindes,  den  Hofrath  und  Pro- 
fessor Stern  berg  und  des  überstea  Emmerich,  die 
in  Ka.s.sei  standrechtlich  am  17.  und  19.  Juli  erschossen 
aind,  sind  nirht  erhalten  ***).  Vielleicht  ist  es  Üörnberg 
gewesen,  der  auf  Marburg  als  die  für  einen  Aufstand 
g^tostigste  Gegend  hingewiesen  hatf).  Die  Ka-sseler 
Gegend  war  inigeeiguet  Diti  Bürger  der  Residenzstadt 
hatten  sich  dem  iJörnberg'schen  Auf.^tand  gegenüber 
aehr  ablehnend  verhalten  ;  es  war  zu  befürchten,  das8 
sie  auch  jetzt  sich  nicht  an  einer  Insurrektion  bethei- 
ligen würden.  Zudem  hätte  Jernine,  der  mit  seinem 
Heer  in  Sachsen  stand,  leicht  zurückkehren  und  den 
Aufstand  im   Keime  erdrücken  können.     In  Uberhessen 


•)  C.  I.  S.  1*22. 
•*)  Äfta,   liie  wegen  dos    Aiifrahrs  vom  24.  Jimi  arrotierten 
betreffend  eto. 

•••)  Id   den    Akten    g(«gon    Koch   findet   sich    eine   AussAgo 
SternborgB. 

f)  C.  1,  S.  99.  Brief  des  Erzherzog  Karl  an  den  Kur- 
fürsten: ,l>en  (iborsten  Baron  von  Dümborg  habe  ich  mit  Ver- 
gnügen aurgcnoiiiinon.  Seioo  Kenntnisse  der  neuen  Verhältnisse 
im  Königreich  Wost|ifaaloD  kann  sehr  dienlich  soin.''  Vgl.  Moni- 
teur  Westphalien  vom  27.  Juni  1809. 


die  Insurrektion  Dörnbergs  nicht  zum  Ausbruch 
commen,  da  die  Meldung  nicht  rechtzeitig  gebnidit 
war.  Es  war  hier  also  «och  viel  Zündetivff  vorhaiidttn. 
Die  Erbittenirig  im  L;inde  war  gross,  die  Bauern  und 
althesaiüLhen  Soldaten,  die  schon  am  Aufstand  von 
1806  theilgenoinmen  hatten,  wetteiferten  in  ihrem  Hass 
gegen  die  Fremdherrschaft.  Der  Sieg  von  A.spern  hatte 
auch  hier  gross«  Wirkungen,  man  glaubte  fest,  dass 
Jerömes  und  Napoltions  Herrüchkeit  zu  Ende  gehen, 
vuid  der  Kurfürat  zmütkkehren  würde.  Sodann  war 
die  Provinz  von  Truppen  entblösst ;  in  Marburg  standen 
nur  150  Mann.  Dits  nächste  grössere  Corps,  das  diis 
Hei-zogs  von  Valmy,  stand  üi  Hanau.  Entacheith^nd 
war  wohl  aucli,  dass  raan  von  Oberhussen  aus  mit  dem 
Oesterroichischeu  Corps  des  General  Rudivnjevics  und 
mit  der  fränkischen  Legion  des  Major  Nostitz,  die 
einen  F'infall  in  Franken  niatlien  sollten,  in  leichte 
Verbindung  treten  konnte. 

Die  Leitung  des  Aufstandes  übernahm  der  Mnr- 
burger  Professur  Ji)liann  Heinrich  Sternberg*).  Ihm 
zur  Seit«  stand  der  Uberst  a.  D.  Andrea»  E  m  m  e  r  i  u  h  **). 
Die  Liebe  zum  Vaterlande  und  zu  ihrem  För.sten,  der 
Has8  gegen  die  Feinde  hat  diese  Miinner  zu  ihrem  Han- 
deln angetrieben,  nicht  bio.sser  Ehrgeiz,  wie  man  wohl 
geurtlieilt    hat  ***).      Sternberg   suchte    zuerst   die   alt- 


•)  Stern  borg,  geb.  1772  zu  Goslar,  stndirtc  zu  Götttngen 
Medicin  uud  wuriio  1804  l'rofessor  zu  Marburg.  Vgl.  Slrmier, 
Grundlage  zur  Hos.s.  Gclo)irtong<?sctiichte  Bd.  15 ;  Varyes,  Tägliche 
Rundschau  1889  Beilage  Nr.  210. 

**)  Emmerich,  geb.  1734  im  Haoauiachcn,  engl.  Oberst  a,  D,, 
kämj>ft.o  utitor  Friednuh  dem  GroBsen  und  in  Nordamerika.  Eine 
cnglisolio  Pension  l)ezo{;  er  nicht.  Vürgl.  G.  Ijamlau,  IIoss.  Jalir- 
bacb  1U54,  8.  1&7. 

•••)  Lyncker,  Gesdi.  d.  Insuirektion;  Oaecke  und  Ugen,  Gesch. 
dee  Köaigroichs  WcütfaloQ. 


328 

hessischen  Soldaten  zu  gewinnen^  die  dann  die  Bauern 
bearb(-iti'ii  soHten.  Wio  die  Akten  ergeben,  war  er  im 
Besitz  vtMi  Briefen  und  ürdrus  des  Kurlürsten,  die  er 
den  Leuten  zeigte.  Wir  können  nicht  annehmen,  dass 
hier  ein  Betrug  vorliegt,  wfun  ciulIi  Stt'rnberg  sonst 
durch  drastisclie  Mittel,  durt;h  tield  und  Branntwein, 
auf  die  alten  Soldaten  einziiwirktm  suchte.  Wahrschein- 
lich handelte  k'T  auf  Befebl  des  Kurfürsten,  der  in  fseineo 
Briefen  nicht  sehr  schonuMgKvoll  mit  seinen  früheren 
UnterthanfMi  um!j|>rang  *).  Am  meisten  wirkte  auf  die 
Bauern  und  Soldaten  die  Erklärung  des  Kurfürsten,  dass 
er  selbst  ersdieiuen  nnd  sich  an  die  Spitze  der  Seinigen 
stellen  werde  **).  Das  Volk  hing  ja  mit  einer  an  Fana- 
tismus grenzenden  Liebe  an  seinem  Fürsten.  L'nter 
den  besseren  »Ständen,  die  di«*  Voiiheile  der  Regierung 
Jeroraes  einsahen,  fand  »Sternlterg  keinen  Anhang.  Im 
wesentlichen  betheiligte  sich  nur  das  niedere  Volk  an 
der  UnternHmiung.  S'dinld  mau  Nachricht  vom  Heran- 
nahen der  Oesterreichei"  und  Hessen  hatte,  wollte  man 
losbrechen,  die  Stadt  Marburg  überrumpeln  und  den 
Aufstand  dann  allgemein  auf  das  flache  Land  ausbreiten. 
Aber  das  Herannahen  der  befreundeten  Truppen  wurde 
nicht  abgewartet;  auch  dieser  Aufstand  brach  zu  früh 
aus.  Sternberg  wurde  krank,  und  Kntmerith  schlug  in 
blindem  Ila.ss  gegen  die  Franzosen  und  aus  Ilebereifer 
mit  unbedeutenden  Streitkräften  in  der  Nacht  zum  24. 
Juni  los  ***).   Er  wurde  bald  überwältigt.     Er  und  dann 


•)  ^Jeder  hessische  Soldal  solle  hich  einfinden ;  wer  aus- 
bleiW,  verliere  ilpn  Kdipf."  —  „Wer  nicht  daltei  |jc\Teson,  der  werdo 
als  Feind  bohaiidelt."  —  .Wer  nicht  mitgehe,  dorn  werde  Haoa 
und  Hof  vcrhiaiiut.'^     Vgl,  Unlersuchungsakten. 

•*)  lieber  deu  Maihiiigt-r  Aufbtand  vgl.  Vat-gai,  Tägliche 
Rnndsthau  1889.  Beilage  Nr.  258.  259. 

••*)  Bericht  des  Substitut  du  procureur  general  an  den  ministt« 
de  jostice  vom  25.  Juni.    (Marburger  Archiv.) 


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dach  Sternberg  wurden  nach  Ka,wel  gebracht  und  dort 

stm  17.  ond  19.  Juli  erscliüsssen*). 

Das  hessi-sehe  Cc)r[w  huttn  sich  auf  Befiehl  des  Kur- 
fürsten der  Ex|iedition  nach  Sachsen,  die  unter  dem 
Kommando  des  GeneraLs  am  Ende  stand,  angeschlnssfa. 
£s  sollte  hier  {;egeii  Jenutuj  käitipfcii  und  einen  Kinfall 
in  We.stfali.'ii  versuchen.  Das  Cür[t.s  war  nach  inricn 
recht  schwach.  Die  Werhangen  schritten  aur  latigsani 
fort ;  die  l'ranzosen  hatten  die  Grenze  von  Baireutli  mit 
Förstern  und  Polizeidienern  besetzt,  so  dasa  hier  keine 
Leute  zu  bekommen  waren.  Auch  sucliten  die  Wi-rber 
der  Oeeterreicher  und  d*'r  Major  von  Nostiz  den  ]lM.ssen 
das  beste  Mat(;rial  abzufangen  **).  Doch  wuchs  die 
Legion,  namentlicb,  nachdem  die  hi^ssischen  Krieg.s- 
gefangHuen  au  dieselbe  abgegeben  wurden,  anf  7 — 800 
Manrt.  Die  »{.»äteren  Angaben,  die  von  HXX) — 1500  Mann 
reden,  sind  wohl  übertrieben  ***). 

Ära  ß.  Juni  buganri  dwr  Marsch  dvr  1  lassen  |)  unter 
dem  Oberstlieutciiaiit  v.  Müller,  am  1>.  Jtini  ven-inigten 
sie  »ich  mit  drr  Uestreichischischeu  Arint'e  und  der 
Legion  des  Herzogs  Willirlm  von  üraunschweig,  der 
schon  am  21,  Mai  einen  vtrgebhchen  Einfall  in  Sachsen 
gemacht  und  sich  mit  dem  General  Thielmann  herum- 
gescldageti  hatte.  Das  Oestreichisch-Ulrautisidiweigisch- 
Hetfsiscbe  üi'er  zählte  ungefähr  iU(JUO  Mann  und  besas.s 
20  Geschütze.  Thielmann,  der  nur  über  etwa  20<JO 
Mann  verfügte,  wich  vor  der  Uebermacht  zurück.     Am 

*)  Hessische  Gcheiniatteii  XI,  16.  Nr.  27  (Marburg,  Staats- 
archiv); Universitatsaktcn  ebondaj.  Die  Briefe  StcroherKS,  dio  er 
aus  dem  Ca^tet  an  seine  Frnu  ficliriob,  sind  im  Besitz  einer  Frau 
Greve,  gob.  Sternborg,  in  Marburg.  Sie  otitlialten  aber  für  die  Ge- 
schichte seines  .\iifstajidoM  wcnif;  ÜpfiiHitoiidos. 

**)  C.  I.  133.    Die  Werber  erldiirtoti :  Was  sio  sich   bei  dem 
armen  Fürsten,  der  ohne  Land  und  Leute  wjiro,  anwerben  wotUon. 

•)  C.  1.  S.  145. 

t)  Berichte  v.  Müllers  an  den  Kiufdi-stefl.  U.  IL  8.  2ü  ff. 


330 


11.  Juni  zog  das  Corps  der  Verbündeten  in  Dresden,  am 

22.  in  Li?i{izig  ein.  General  am  Eiidti  liiitte  am  6,  Juni 
den  Kurfilr.st  itufgefordtat,  sich  der  ExiMHÜtion  ins  Aus- 
land anzusohliessen,  er  erhielt  ablehnende  Antwort.  Am 
Ende  führte  seinen  Vorstoss  nicht  aus ;  auf  die  Kunde 
vom  Anrücken  eines  Sächsisch-Westf^ili.schen  Heeres 
räumte  er  die  8t«dt  Leipzig  und  zog  n'\ch  nach  Dresden 
zurück,  das  aber  auch  bald  preisgegeben  wurde. 

Jetzt  übernahm  der  Feldmarschall  Kienmayer  den 
Oberbefehl  über  ilie  Curps  des  (ienerals  ajn  Ende  mid  des 
Generals  Radivojevics.  Dieser  sendet«  eine  kleine  Schaar 
tmter  am  Endw  gt^gen  Dresden,  er  selb.-st  rückte  mit  der 
Han|(tniacht,  der  auch  die  Hessen  und  Braun.schweiger 
sich  anscbloKsen,  über  Chemnitz  und  Zwickau  zur 
Bayerischi^n  Grenze,  um  Radivojevics  Hülfe  gegen  Junnt  zu 
bringen  (2H,  Juni),  Am  S.  Juli  wurdi'  Junot  ge.schlagen 
und  zog  .sich  bis  Amherg  zurück,  Jetzt  wendete  man  sich 
gegen  das  Sächsisch-Westfälische  Corps,  das  von  Dresden 
nach  Phuien  vnrj,5erückt  war,  um  <'ine  Vereinigung  mit 
Junut  zu  suchen.  Am  11.  rückte  man  nach  ikif;  die 
hessischen  Truppen  hatten  ein  Ge]»länkcl  mit  den  west- 
fahschen  Vorposten;  Jerome  zog  sich  nach  Sthleiz  zu- 
rück. l>er  Herzog  von  Brannschweig  wollte  Jeröme 
daselbst  mit  seinen  und  den  hessischen  Truppen  übor- 
fallen  und  aufheben.  Der  l'lan  wurde  verrathen ;  der 
König  verliess  Abends  II  l'hr  8chleiz  und  reisie  nach 
Jena  ah.  Diese  vereit*:!te  Gefangennahme  des  West- 
falenkönigs machte  dem  Kurfürsten  grossen  Kummer  *). 
Die  WosträJiscli-Sächsischen  Trupjien  folgten  dem  Kimig 
und  zogen  .sich  auf  Jena  und  <Jann  auf  Erfurt  zurück. 
Zu  einem  Treffen  zwischen  Hessen  und  Westfalen  kam 
es  nicht  mehr.     Ebenso   wenig   wurde  etwas  aus  einer 


*]  C.  U.  132.     Berieht   von  MiillHr«.     BandbemerkuDg  des 
Karfurstcn:  „Solche»  sohr  zu  ttoklagon." 


331 


-xpedit-inn    nach    Hessen.     Die   Rreigtiisse   de«  grossen 

\riegssch.iu{ilatz('ü  hiiulerten  diu    Atiüfiil innig  ilersulben. 

"^V'üre     der    WaffenstilUtaiid    von    Znaiin    eiiiigu    Tage 

Lj&pitter   geschlossen,    so    hätte   das  Hi'sstsclui  Corps  den 

1  Tlinfall  in  das  Königr^ieh  Westfalen  versucht-     Am  16. 

-Juli     theilte    der    Feldmarsclial!    Kienmayer*)    dorn 

Oberstlieiitfjuant    v.  Müllur    mit,    dass    in    Hessen    ein« 

grosse  rinvolution  imügubrouUyn  wäre  iinil  (hum  in  Kassel 

■und  Marburg    viele    Franzosen    uinj^tdyrjiclit  wären.     Es 

Isei  also  die  achleuiiigstH  Unteistiitzung  nüthig.  Der 
Oberstlieutenant  fasste  den  Plan,  sopleich  abzninar- 
schieren  und  nach  Hessen  vorzudriiiyi.'ii.  KRiuiiiayr'r 
wollte  gegen  Juuot  marscbiren  und  uauh  Hesit'giing 
desselben  ubt-tifaHs  in  Hi^ssen  ciiidiiiigt'n  **).  Müller 
hatte  schon  Marscburdiiuug  gi-geben,  alles  überHü.ssige 
I  Gepäck  nach  Eger  beordert  luid  war  auf  dem  Pniikte 
aofzuhretht-n,  als  er  die  ,,uiighu'kliche  Contreordrp" 
bekam,  die  durch  den  Waffenstillstand  vnii  Znaim  ver- 
anlasst war.  Der  ^.schönste  Plan  war  so  zerstört", 
schreibt  Müller  ***).  Dio  einzige  Hott'iimig  war  jetzt, 
dass  der  Wattenstillstand  nur  ktirzn  Zeit  dauern  und 
nicht    zum    Frieden    führen    würde.      In    diesem    Falle 

I  hatte  Müller  beschlossen  sich  eventuell  dem  Corps  des 
Herzogs  von  Braunsehweig  auzuschliessen  und  mit 
diesem  vereint  in  Westfalen  einztirallen  f).  Da  djis 
Gerücht  die  Ausdehnung  des  Marburger  Aufstandes  sehr 
übertrieben  hatte,  so  hoffte  er  auf  grossen  Erfolg.  Er 
meinte,  wenn  der  uiigliielilR"lie  Waffen.stillstand  nicht 
dazwischen  gekommen  wäre,  so  würde  Hessen  in  einer 
Zeit    von    8—14     Tagen    von    den    Franzosen    befreit 


♦)  1.  Rapport  V.  M.  an  ien  Kurfürsten,  Plauen  don  16.  Juli 
C  n.  S.  132. 
•♦)  ibitl. 

•••)  2.  Rapiiort  vom  16.  Jidi.    C.  IT.  S.  134. 
t)  Meliiuuß  V.  Müllers  vom  17.  Juli.    C.  U.  8.  137. 


^2 


sein*),     um    die  Stimmung   des  Landes  zu  erkunden, 

schickte  er  einen  verständigen  Mann,  einen  früheren 
Schill'ftchen  Unterofticier  aus,  der  die  günstigsten  Nach- 
richten brachte**). 

Man  wartete  auf  diis  Ende  des  Waffenstillstandes 
und  auf  Befehle  des  Kurfürsten.  Der  letztere  war 
durch  den  Waffenstillstand  in  seinen  schönsten  Hoff- 
nungen getäuscht***).  Er  wusste,  daas  ohne  Oester- 
reichs  Hütf^*  ein  Einfall  in  Hessen  niissglttcken  musste. 
Seinem  Üherstlieutenunt  send^tt;  er  aber  keinen  Befehl, 
er  sprach  weder  seine  Zustimmung  zu  dem  Marsch  ans, 
noch  verbot  er  denselben  fli.  Vielleicht  wünschte  er, 
dass  V.  Müller  eigenmächtig  handeln  sollte.  Dieser 
aber  war  ein  vorsichtiger  und  verständiger  Officier,  der 
sich  nicht  auf  'Abenteuer  einliess.  Er  sagte  sich,  dass 
die  Franzosen  während  des  vierwöchentlichen  Waffen- 
stillstandes eine  zu  grosse  Macht  in  Norddeutschland 
anhäufen  würden,  der  er  nicht  gewachsen  war,  zumal 
er  auch  über  den  Marsch  des  Herzogs  von  Braun- 
schweig  nichts  mehr  hfirteft).  Am  22.  Juli  wurde  der 
Rückmarsch  nach  der  Böhmischen  Grenze,  die  als  De- 
markation.slinie  festgesetzt  war,  angetreten.  Die  Offi- 
ciere  und  Soldaten,  die  immer  noch  auf  einen  Ein- 
marsch in  Hessen  gehofft  hatten,  waren  hiermit  sehr 
unzufried^-n.  Die  Unzufriedenheit  st^-igert«^  sich  so 
unter  den  Ufficieren,  die  bc-fürchteten  beim  Friedens- 
schlofis,  welchem  die  Auflösung  des  Corps  folgen  musste, 

•)  ibid. 
*•)  C.  II.  R.  198.     Der   ünterofficier  sollte    auch  erkuoden. 
wie  weit  die  Engländer,    von  di^aen  man  anDahm,  dass  sie  an  der 
Weser  gelandet  heien,  \  ori;oriifkt  wiircn.     (tiapport  12.  Äug.) 

*••)  Randbemerkung   am  2.  Kapjwrt  v.  Müllers  vom  16.  Juli: 
„Wie  BoLr  HoIchoH  zu  beklagen,  nicht  auszudrücken.*  C  II.  S.  134. 
t)  BaadbemerkuBgi  ^Vorsätzlich  habe  er  keinen  Befohl  ge- 
geben."   C.  n.  8.  137. 

tt)  Rapport  v.  Müllers  vom  19.  Juli,  ebenda. 


333 


fcrodlos  zu  werden,  dass  einige  beschlossen  mit  einem 
Theil  der  Truppen  und  der  Artillerie  in  Feindesland 
«iuzurücken.  An  der  Spitze  des  Coinplottes  stand  der 
^Rittmeister  von  Uttenhofen.  Nüstitz  und  Pfuhl  wollten 
sich  mit  ihren  Truppen  den   Hessen  anschlieasen. 

Sie  hatten  die  Absicht  nach  Brennen  vorzudringen, 
"am  sich  da,  wie  der  Herzog  von  BramiHchweig,  nach 
England  einzuschiffen.  Mit  dem  Englischen  Vertreter 
in  Prag,  Jauäon,  waren  die  näheren  Verabredungen  ge- 
troffen*). Am  11.  .September  sollte  der  Abmarsch  er- 
folgen, aber  am  2.  September  wiu'de  das  Complutt 
entdeckt.  Die  hessischen  üfficiere  wurden  verhaftet, 
durch  Kriegsgericht  zum  Tode  verurtheilt,  aber  auf 
Befürwortung  Kienmayers  begnadigt**!.  Sie  hatten  vor 
dem  Kriegsgericht  angegeben,  sie  hätten  Hessen  in- 
surgiren  wollen***).  Der  Kurfürst  war  zu  der  Begna- 
digung nur  schwer  zu  bewegen.  Er  erklärte,  dass 
durch  das  Unternehmen  seine  üuterthanen  wieder  zu 
einem  vergeblichen  Aufstand  angereizt  und  bei  dem 
eingetretenen  Frieden  dann  verlassen  sein  würden.  Eine 
Menge  derselben  wäre  so  abermals  unglücklich  ge- 
worden. „Kann  ich  gegen  dergleichen  unempfänglich 
sein",  9chlie.s.st  sein  Brief  an  den  Feldmarschall  Kien- 
mayerf). 

Nach  dem  Friedensschluss  verfügte  er  die  Auf- 
lösung der  Legion  ff).  Die  Ofticiere  traten  grössten- 
theils  in  Oesterreichische  Dienste,  die  Mannschaften 
wurden  entlassen.  Theilw(>!so  mussten  die  Soldaten  mit 
Gewalt  durch  österreichisches  Militair  entwattnet  werden. 


♦)  C.  II.  S.  216  ff. 

•♦)  C.  II.  8.  249.    Fi-otoLoll  des  Kriegsgerichts  S,  405. 
*•*)  C.  II.  S.  332. 
t)  C.  n.  S.  405. 

ff)  C.  IL  S.  500  ff.      Wjihrotid   der  AuJlüsung  deseiiirte  eiu 
Lieatonaiit  von  Xatzmer  luil  einer  grossen  Äuzah!  Soldaten. 


334 


Die  letjii*  Th^tigkeit  des  Kurfürsten  als  Höchstkom- 
inandireinler  bfstand  darin,  dass  fr  den  ( )berstlieute- 
na«t  V.  Rlüllt^r  zum  Oberst  und  mehrere  Kapitaine  zu 
Majoren  ernannte. 

Zu  den  Friedensverhandltm^'en  enise-ndete  er  den 
Legationsratli  Haron  von  Lejml.  Doch  liatten  die 
Bemühungen  desselben  keinen  Krfolg. 

Oesterreich  konnte  ja  ni<  ht  einmal  für  sich  günstige 
Bedingungen  erlangen.  Dtfr  Kurfürst  zog  sich  wieder 
in  sein  Stillleheii  in  Frag  zurüek  und  wartete  auf 
günstigere  Zeiten.  Erat  die  Freiheitskriege  gaben  ihm 
sein  Land  zurück. 


H  e  i  l  a  g  e   I. 


Convention  zwischen  Oeaterreich  und  Kurhessen 
Prag  am  20.  Miirz  1809. 

Convention. 
RndesunterzeichnetR,    als    zu    Ahschliessung    der 
gegenwärtigen    Convention    bevollmächtigte   sind    über 
folgende  Punkte  übereingekommen, 

1. 
Se.  Kurfürstliche  Durchlaucht  von  Hessen  erklären 
und  versprechen  für  den  Fall  eines  zwischen  Oestreich 
und  Frankreich  au.'^brechenden  Kriegs  Ihren  thätigen 
LJ«!ittitt  zur  allgemeinen  Sache  gegen  letztgenannte 
Macht.  Sie  machen  sich  verbindlich,  so  viel  es  Ihr« 
gegenwärtigen  nud  künftigen  Kräfte  verstatten,  erstere 
Macht  und  Ihre  Armeen  zu  unterstützen. 

2. 
Verbinden  sich  Se.  Kurfürstliche    Durchlaucht  so- 
gleich nach  geschlossener  Convention   unter  der  Hand, 


\ 

I 


nnd  besonders  in  Ihrpn  Ivänclfrn  all«  vorläufig  luithigen 
Einleitungen  zu  tretfen,  und  dprmalen  ein  kleiues 
Tnippencorps  als  Noyeau,  hauptsächlich  aber  eine  Cadre 
im  voraus  zu  bilden,  wetclier  die  denmiichstige  Auf- 
stellung eines  grösseren  und  bedeutenderen  Armee-Corps 
erleichtere  und  vorbereite. 

8. 

Dieses  Corps  trägt  den  Namen  des  Kurfürstlich 
Hessischen  und  wird  sowohl  in  spin^r  Kntstfhung  als 
in  seinem  Fortschreiten  von  Sr.  Kurfürstlichen  Durch- 
laucht aus  eigenen  Mitteln  errichtet  und  besoldet,  jedoch 
behalten  sieh  Höchst  Dieselben  die  Kaiserlich  Oest- 
reichische  Verwendung  und  Unterstützung  zur  Erlangung 
von  Englischen  Subsidien  vor,  indem  ihre  eigenen  Kräfte 
beschränkter  sind,  als  man  glaubt. 

Zweckmässig  würde  hierbei  sein,  den  Zahlungsfuss 
dergestalt  anzunehmen,  dass  die  iSubsidien  nach  der 
Zahl  der  Mannschaft  eingerichtet  —  und  wie  sich  diese 
vermehrt,  jene  ohne  weiteres,   auch  vergrössert  werden. 

4. 

Sr.  Kurfürstlichen  Durchlaucht  steht  die  Ernennung 
sämmtlicher  Chargen  und  alle  sonstige  innere  Ein- 
richtung zu.  Höcli.st  Dieselbe  nehmen  keinen  Anstand 
in  dieses  Corps  ausser  ihren  Landeskindern  auch  sonstige 
dermalige  Westpliäliselie  Unb'rthanen ,  und  besonders 
gediente  Leute  aus  anderen  deutschen  Provinzen  auf- 
zunehmen, damit  sich  vorerst  so  schnei!  als  miiglicli 
pin  rassembicment  bilde  und  das  Gerüclit  davon  sich 
allgemein  verbreite. 

5. 

Sobald  nur  irgend  eine  Anzahl  derselben  vorhanden 
sein  wird,  werden  .«sogleich  ("omjiagnien  und  respve. 
E.scadrons  und  Ilataillons  daraus  formirt.  Diese  for- 
mirten  Körper  schlJessen  sich  dann  hey  dem  Ausmarsch 
unverzüglich   an  das  erste  der  Hessischen   Grenze   sich 


336 

nähernde  Oestreichische  Corps-d'armee  an,  und  etabliren 
nach  Maasgabe  ihres  Vorrfickens  ihre  Versammlnng»- 
pankte,  nnd  Werbplätze  immer  näher  der  Hessischen 
Grenze. 

6. 

Se.  Kurfürstliche  Dorchlancht  finden  sich  ganz  ge- 
neigt., Sich  an  ein  verhältnismässiges  Kaiserl.  Oestreichi- 
sches  Corps  anzuschliessen  und  sich  ihrem  treaen  Volk 
zu  nähern,  um  sogleich  die  Regierung  Selbst  wieder 
zu  ergreifen,  indem  hierdurch  die  Wieder-Organisation 
ihrer  Truppen  sich  sehr  erleichtem  und  beschleunigen 
wird. 

7. 

Machen  sich  Se.  Kurfürstliche  Durchlaucht  feierlich 
anheischig,  sogleich  nach  erlangtem  Wiederbesitz  Ihrer 
Länder  ein  Armee-Corps  von  10—12000  Mann  incl. 
eines  Fünftheils  Cavallerie  mit  den  nöthigen  Kriegs- 
Erfordi'rnissen,  zu  deren  Anschaffung  man  Oesterreichisch. 
Seits  alle  Bereitwilligkeit  zeigen  wird,  versehn,  in  dem 
möglichst  kürzestem  Zeitraum  aufzustellen.  Hierbei  soll 
es  aber  sein  Bewenden  nicht  haben,  sondern  Se.  Kur- 
fürstliche Durchlaucht  versprechen,  dass  wenn  Höchst- 
dieselben  durch  förmliche  Übergabe  noch  anderer  Länder 
nnd  nach  erhaltenen  englischen  Subsidien  in  den  Stand 
gesetzt  sind,  über  die  nötigen  Mittel  zu  disponiren,  Sie 
erwähntes  Corps  so  vermehren  wollen,  dass  des  Kaisers 
von  Oesterreicb  Majestät  an  Höehstdemselben  einen 
wahrhaft  treuen  und  solchen  AUürten  haben  werden, 
der  fähig  ist,  recht  nützliche  Dienste  zu  leisten. 

8. 

Dieses  Corps  d'armee  hat  von  seiner  Entstehung 
an  und  für  die  Zukunft  in  seinen  Operationen  durchaus 
nach  der  Intention  Sr.  Kaiserl.  Hoheit  des  Erzherzogs 
Generalissimus  zu  agiren,  steht  aber  sonst  unter  keinen 
anderen  Befehlen,  als  denen  Sr.  Kurfürst]   Darchiancht, 


in  Ansehung  der  inuRrpn  Einrichhing  und  jedem  anderen 
Punkte.  Es  bleibt  während  des  jetzigen  Kriegs  der 
Westpbälischen  Armee  angeschlossen  und  wird  ganz 
als  ein  mit  derselben  alliirtes  Corps  betrachtet. 

9. 

Die  Deserteurs  von  der  Kayserl,  Oestreich.  Armee 
und  von  -  dem  Kurhess.  Corps  d'Armee  werden  gegen- 
seitig ausgeliefert. 

Wenn  von  diesem  Corps  d'Armee  Kriegsgefangene 
gemacht  werden,  so  wird  festgesetzt,  dass  sie  an  die 
nächsten  Kaiser!,  Oestreieh.  Truppen  zur  weiteren  Trans- 
port irung  respve  Verwahrung  abgegeben  werden  sollen, 
jetbu'h  hehült  man  sich  vor,  dass  bei  dem  erfolgenden 
Frieden  auf  die  von  den  Hessi.schen  Truppen  einge- 
brachttm  Kriegsgefangenen  die  nötbige  Rücksicht  g(i- 
nommen  werde. 

10. 

Kaiserl.  Künigl.  Oe.sterreichischer  Seits  macht  man 
sieh  feierlieh  verbindlich,  Sr.  Kurfürstl.  Durchlaucht, 
ihren  sümmtiichen  Staaten  und  auch  dem  erwähnten 
Corps  d'Armee  jeden  Schutz  angedeiheu  zu  lassen. 

11. 

Des  Kaisers  und  Königs  Majestät  werden  vor- 
zügliclien  Bedacht  darauf  nehmen,  die  Kriegs-Operationen 
so  einrichten  zu  lassen,  dass  die  Kurhessischen  Länder 
so  schnell  als  möglich  vom  feindlichen  Einfluss  befreit 
und  Sr.  Kurfürstlichen  Durchlaucht,  als  ihrem  recht- 
mässigen Herren  zurückgegeben  werden. 

12. 
Man  verspricht  Kayserl.  Königl.  Oesterreichischer 
Seite  Sr.  Kurfürstl.  Durchlaucht,  so  lange  es  nötig  seyn 
sollte  zu  Herstellung  der  vorigen  Ordnung  der  Dinge 
in  Ihren  Ländern  auf  jede  Weise  den  thätigsten  und 
kräftig-sten  Beistand  zu  leisten  und 

h.  F.  XVI.  Bd.  22 


1 


338 

13. 

Höchstdemselben  einzaräumeD,  auch  aus  den  be- 
nachbarten Ländern  die  Leute  und  Mittel  zusammen- 
zubringen, um  hierdurch  oben  wohl  erwehnten  Zweck 
zu  erreichen. 

14. 

Des  Kaisers  Majestät  werden  bey  dem  dereinstigen 
Frieden  Sr.  Kurfürst].  Durchlaucht  den  Besitz  Ihrer 
Länder  nicht  nur  garantiren,  sondern  sich  auch  auf 
alle  mögliche  Weise  zu  Dero  Vortheil  und  Vergrösserung 
verwenden. 

15. 

Die  Stadt  Eger  und  Concurenz  wird  zu  dem  ersten 
Sammelplatz  des  Corps  od.  Cadre  bewilligt;  desgleichen 
für  die  wenigen  Leute,  welche  sich  hier  in  Prag  stellen, 
wünscht  man  einige  Casernen-Stuben  zur  einstweiligen 
Unterkunft  angewiesen  zu  bekommen. 

16. 

Die  erste  Naturalverpflegung  der  Kurhessischen 
Truppen  geschieht  gegen  den  Magazinpreis  in  den  Kaiser- 
lichen Landen. 

17. 

Werden,  um  bey  Errichtung  des  Kurhessischen 
Corps  dasselbe  gleich  mit  der  nötigen  Armatur  zu  ver- 
sehen, aus  den  Kai.serlich  Königlich  Magazinen  nach- 
stehende Waffen,  Geschütz  und  Rflstungs-Sorten  gegen 
haare  Bezahlung  im  Aerarial-Anschaffungsäpreis  14  Tage 
nach  dem  Empfang  an  die  dazu  angewiesenen  Ca.ssen 
verabfolgt,  als 
1.  an  Waffen 

a.  zwey  leichte  Haubitzen, 

b.  zwey  dreipfündige  Canons, 

c.  zwey  sechspfündige  Canons  nebst  dem  nötigen 
Lad-r  und  Brandzeug  zu  diesem  Geschütze,  des- 
gleichen  wird  an  Munition   das   vierfache    der 


gewöhnlichen  Ladung  np.bst  verhältnismässigen 
Kartetschen  Büclisen  mitgegeben,  sowie  die 
hierzu  erforderliche  I]esi>annung, 
an  Infanterie-Gewelireii  werden  1200  Stück,  so- 
dann 2(X>  Stück  Carabiner  und  ebensoviel  Paar 
Pistolen  nebst  vierfacher  Ladung,  und  pp.  Gewehr 
6  Steine  abgeliefert. 
Anm.  Sollten  KX)  Carabiner  mehr  und  50  Jaeger 
Stutzen  verabfolgt  werden  können,  so  würde  es 
Sr.  Kurfürst!  Durchlaucht  sehr  angenehm  seyn. 
Ein  Hundert  und  Fünfzig  Stüek  Dragoner  und 
ebensoviel  Husaren  Saebels. 

2.  An  Montur  Bedürfnissen  wird  man  geben,  was 
für  2Ö00  Mann  Infanterie  und  350  Mann  Cavallerie  er- 
forderlich ist,  in  sofern  solches  in  den  Kaiserlich  Königl. 
Magazinen  gleich  hrauelibar  vorhanden  ist.  Was  wegen 
Verscliiedenheit  der  Kleidung  nicht  aus  den  Magazinen 
gegeben  werden  kann,  hierüber  werden  die  nötigen  Be- 
stellungen Kayserl.  Königl.  Scits  durch  die  Oekonomie 
Behörden  nach  eiieilten  Mu.stern  eingeleitet  werden, 
weshalb  ein  DfHcier  der  Kaiserl.  Königl,  Oekonomie 
Commis.=!ion  beauftragt  werden  wird,  sich  mit  den  Bevoll- 
mächtigten Sr.  Kurfürstl.  Durchlaucht  in  Einverständnis 
zu  setzen.     Dasselbe  gilt  auch  für  das  Lederwerk. 

3.  An  Pferdeiüstungen  wird  desgleichen  für  150 
Dragoner  und  loO  Husarenpferde  das  nöthige  angeschafft 
werden. 

Doch  an  Pferden  selbst  nur  150  Stück, 

4.  Mit  dem,  was  zu  dem  Bedarf  an  Feldrequisiten, 
Trommeln,  Feldflaschen,  Kes.=ieln  erforderlich  ist,  wird 
soweit  PS  möglich  und  vorhanden  ist,  ebenwohl  aus- 
geholfen \v*^rden. 

5.  Wünschen  Se.  Kurfürst!.  Durchlaucht  9  Gespann 
Pferde  zu  Drod-  und  Rüstwagen,  desgleichen  20  Pack- 
pferde zu  erhalten. 

22* 


ö4\f 


Sämmtliche  Armatur  und  Montur- Gerätschaften 
werden  durch  Vorspann,  imch  Kaiserlich  Königlicher 
AerarioJ  Bezahlung  an  die  Grenze  geliefert 

18. 

Wird  ein  von  iSr.  Kiirfüratl.  Durchlaucht  zu  be- 
ßtiinmender  Kuihessischer  Officier  zu  llnterlialtung  der 
Correspondenz  und  Verbindung  in  dem  Hauntquartier 
Sr.  Kayserl.  Hoheit  des  PLrzherzogs  Generalissimus  und 
dagegen  ein  Kayserl.  Künigl.  üfticier  zu  demselben 
Zwecke  bey  Sr.  Kurfünstl.  Durchlaucht  angestellt. 

19. 

Es  wird  eine  mit  dem  Kaiserl.  Künigl.  General- 
commando  in  Böhmen  verabredete  Karte  oder  sonstige 
Sicherheits  Maasregel  festgesezt,  damit  sich  keine  ver- 
dächtigen Personen  einschleichen,  unter  dem  Vorwande 
zu  dem  Kurhessischen  Corps  zu  gehören. 

Se.  Kurfürstl.  Durchlaucht  versprechen  zugleich 
in  den  Kayserl.  Künigl.  Landen  die  strengste  Manns- 
zucht halten  zu  lassen. 

20. 

G^enwärtige  Convention  wird  geheim  gehalten, 
und  nach  erfolgter  Ratification  der  Ijöchsten  Interessenten 
gegenseitig  ausgewechselt. 

In  üeurknndigung  gegenwärtiger  Convention  ist 
solches  von  Kndt;sunterächriebenen  unterschrieben  and 
besiegelt  worden. 

Prag  20.  Merz  1809. 
Im  liöchsteu  Auftrag  Sr.      Im  höchsten   Auftrag  Sr. 


Kayserlichen  Hoheit  des 
EnherzogsG  eneral  issimus 
und  tuiter  Voraussetzung 
der  höchsten  Ratification 

L.  S. 
tt'iih.  Fht.  r.  Steinmelimf 
K.  K.  Obrist-Licutenut 


KurfQrstl.  Durchlaucht  von 
Hessi-n  und  unter  Voraus- 
setzung der  höchsten  Ge- 
nehmigung 
L.  S. 

Kfsü.  Kri^jsrath. 


I  des  42t«D  LinieD-lDFaot.- 

I  KcgiiiK 


341 


L.  S.      V.  Thümmel, 
Kurf.  EammerhetT  Mfijor  und 

Flügoladjutaat,  Ritter  des 
Ordens  Pour  la  voitu  militaire. 

Vorstehende    Convention   wird   durchaus   von   mir 
ratificirt  und  mit  meinem  Siegel  bekräftigt. 
Prag  dBn  2(>ten  Merz  1HÜ9. 

Wilhelm  Kf.  von  Hessen.  L.  S. 

I  Vorstehendü    Convention    wird    hiennit    in    allen 

■  ihren  Punkten,  jedoch  was  den  13.  Artikel  betrifft  mit 
der  ausdrücklichen  Beschränkung  genehmigt,  dass  des 
Herrn  Kurfürsteni  Liebden  aus  den  mit  d«n  Ihriptui 
benachbarten  Ländern  die  Leute  und  filittel  nur  «o  und 
nicht  anders  zusammenbringen  und  zu  benutzen  be- 
rechtigt sein  werden,  wie  solches  von  Kaiserlich 
Oestreichischer  Seite  geschehen  wird. 

Wien  den  4.  April  1809.  Carl. 

L  S. 

9 

W      Brief  deB  Erzherzog  Carl  an  den  Kurfürsten. 

I  (C.  1.  115.) 

P  ...  Seit  der  Zeit,  als  ich  Euer  Liebden  den  Vor- 

schlag  machen  liess,   die   von  demselben  aufgebrachüm 
Truppen  mit  zur  Vertheidigung  von  Böhmen    verwenden 
2U  wollen,  haben  sich  die  Umstände  in  vielem  geändert. 
Die  gerechten  Waffen  etc.  ......     Die  Nachricht  von 

diesem  glücklichen  Ereignis  wird  in  Noirddeutschland 
den  Muth  sehr  aufrichten.  —  Böhmen  .scheint  für  itzt 
keinem  nahen  Angriff  ausgesetzt;  dagegen  sieht  sich 
der    Feind    in    dem    von    Truppen    entblössten    Nord- 

_    deutschland     an     verschiedenen     Punkten    bedroht. 

■  Schill  zieht  die  Aufmerksamkeit  des  gemeinschaftlichen 


Beilage   II. 


342 

Feindes  auf  sich  und  ist  in  Gegenden,  wo  der  Feind 
beinahe  gar  keine  disponible  Truppen  hat,  kein  nnbe- 
deatender  Gegner.  Wenn  er  auch  ohne  höhere  Aato- 
risation  erscheint  und  daher  diplomatische  Verbindungen 
mit  ihm  nicht  gedenkbar  sind,  so  dürfte  er  doch  unter 
dem  missvergnügten  Volke  und  unter  den  vielen  in 
Norddeutschland  zerstreuten  gedienten  Leuten  vielleicht 
zahlreichim  Anhang  finden.  Der  Herzog  von  Braun- 
schweig-Oels  beginnt  in  diesen  Tagen  seine  Operationen 
nach  Norddeutschland.  Was  sich  an  Schill  nicht  'an- 
schliesst,  wird  unbedenklich  dem  Rufe  eines  Prinzen 
ans  erlauchtem  Hause  -  folgen.  Ich  habe  bereits  Befehle 
gegeben  mit  allen  im  Königreich  Böhmen  disponiblen 
Truppen,  und  selbst  mit  einem  beträchtlichen  Theil  der 
Böhmischen  Landwehr  Diversionen  nach  dem  Königreich 
Sachsen  und  nach  dem  Bayreuthischen  zu  machen.  Noch 
einige  andere  mehr  oder  weniger  wichtige  Diversionen 
werden  die  Aufmerksamkeit  des  Feindes  fesseln. 

Dieser  Augenblick  scheint  günstiger  als  je  einer 
zu  sein,  um  das  brave  Hessische  Volk  durch  die  Nähe 
ihres  rechtmässigen  Fürsten  zu  beleben.  Auch  dürfte 
itzt  mehr  als  je  Zeit  gewonnen  werden,  um  die  Miss- 
vergnügten  im  Lande  und  die  gedienten  Hessen  zu 
sammeln,  und,  wenn  auch  mit  einem  sehr  geringen 
Anfange  bald  eine  nicht  unbedeutende  Masse  von  Streit- 
kräften zu  formieren.  Aber  um  diesen  Zweck  im 
Grossen  zu  verbreiten,  müsste  ihr  Fürst  erscheinen. 

Die  Völker  können  nur  dann  ermunternde  Hoff- 
nungen fassen,  wenn  die  Fürsten  zeigen,  dass  sie  selbst 
von  Hoffnung  beseelt  sind.  Die  Völker  scheinen  überall 
brav  und  zu  Opfern  bereit,  —  vieles  ist  zu  hoffen,  wenn 
in  dieser  Krisis  die  Fürsten  selbst  sich  an  die  Spitze 
stellen,  um  die  zertrümmerten  Fürstenstühle  wieder  aof- 
zarichten,  welches  nur  durch  kühnen  Mut  und  schnelle 
Entschlüsse  erreichbar  ist. 


343 

Je  länger  man  zögert,  desto  mehr  könnte  man 
Zeit  gewinnen,  dun  von  Euer  Liebd.  unterhaltenen  Ver- 
ständnissen im  Hüssisühen  auf  die  Spur  zu  kommen, 
and  die  waifenfähige  Mannschaft  des  Landes,  auf  welche 
die  Hoffnungen  Euer  Liebden  gegründet  sind,  anders 
wohin  zu  ziehen. 

Ich  ersuche  Euer  Liebden  mir  Ihre  Absichten  und 
Entschlüsse  möglichst  bald  zu  eröffnen,  damit  ich  in 
Stand  gesetzt  werde,  die  zu  treffenden  Massregeln  zu 
entwerfen ,  und  auf  jeden  Fall  ohne  Zeitverlust  die 
braven  Hessen  auf  irgend  eine  Art  in  die  Lage  zu  ver- 
setzen, ihre  guten  Gesinnungen  werkthätig  und  zur 
Erreichung  des  gemeinsamen  Zwecks  zu  beweisen. 
Ich  etc.  etc. 
Hauptquartier  Breitenlec 

im  Marchfeld  Carl. 

24  May  1809. 


344 


DL 

Ans  alten  Gesehossregistern. 


Von 

Gustav  Siegel 
in  lichtenau. 


O-ofiC^ 


[eute,  im  Zeitalter  der  immer  mehr  in  die  Höhe 
^gehenden  Gemeindesteaern,  ist  es  gewiss  für  manchen 
Leser  von  Interesse,  den  Blick  einmal  anf  den  Haushalt 
eines  hessischen  Landstädtchens  oms  Jahr  1600  zu  lenken. 
Die  Möglichkeit  dazu  bieten  uns  Geschossrechnungen 
aus  jener  Zeit  Im  Stadtarchiv  zu  Hess.  Lichtenau 
werden  deren  noch  sechs  aufbewahrt,  die  einzigen, 
welche  die  Stürme  des  30jähriges  Krieges  und  die  Zer- 
störung der  Stadt  (1637)  überdauert  haben.  Sie  ent- 
stammen den  Jahren  1577,  1586,  1591,  1615,  1616 
und  1619,  umfassen  also  gerade  die  vier  Jahrzehnte 
vor  dem  Ausbruch  des  Krieges,  sowie  dessen  Beginn. 
Schon  das  Aeussere  der  Bände  lässt  auf  ihr  hohes 
Alter  schliessen.  Der  Umschlag  besteht  1577,  1586, 
1615  und  1619  aus  den  Pergamentblättern  ehemaliger, 
vor  der  Reformation  benutzter  Kirchenbücher.  Schrift 
und  Noten  haben  sich  vorzüglich  erhalten,  selbst  die 
rothen  und  blauen  Anfangsbuchstaben  leuchten  noch 
in   nahezu   voller    Farbenfrische.     Weiteren   geschieht- 


12  Alb. 
1  Alb. 


liehen  Werth  haben  diese  Unberreste  nicht.  Im  Uebrigen 
sind  die  einzelnen  Rechnungen  in  Quartform  angelegt, 
sauber  geheftet  und  1  bis  2  Fingor  stark.  Eintheilung 
und  Einrichtung  des  Inhalts  bleiben  sich  im  Wesent- 
lichen gleich.  Für  unseren  Zweck  gt-nügt  es  daher, 
einen  der  Bände  herauszugreifen.  Möge  es  der  von 
1591  sein.  Das  Titelblatt  lautet: 
„Geschoss-Reehnung  gemeiner  Stadt  Lichtenaw  von  allen 

Iefällen    und  ist  auf  folgende   Art   eingenommen   vom 
Jahre  1591 
erstlich : 
H  auf  den  Tisch .     .     . 

H  auf  1  Mark      .     .     . 

^1  Bürgermeister  : 

H  Lucas  Albrecht. 

^ft  Bauheren : 

^B  Hennrich  Oeste  und 

H  Friederich  Leimbach. 

^ft  Vormünder : 

^m  ChriBtofr  Riemann 

^P  Hans  Harttung. 

Durch  den  Vermerk :  „erstlich  auf  den  Tisch" 
wird  der  Einlieitssatz  der  dirctten  Ahgabi-n  angegebt^n. 
Das  TisfbgL'ld  war  eine  Art  Kojtfstnuer  und  vtin  jeilem 
Burger  zu  entrichten.  ^Vittwen  zahlten  nur  die  Hälfte. 
Die  Abgabe  von  den  „Marken"  entspricht  der  heutigen 
Grund-  und  Gebäudesteuer.  Sie  haftete  auf  Haus  und 
Land.  Zur  Berechnung  die.seö  Steuerwrtrags  sind  im 
ersten  Theil  des  Geschoss-Rt-gisters  di«  HiirgMr  und 
Bürgerivittwen  mit  dem  gesammten  F.igenthum  auf- 
geführt, z.  ß. 

„Jost  Kirchoff 
12  Alb.  Tischgeld 
5  Mark  auf  dem  Hanse 
1  '.'i     »     auf  der  Scheu nenstiltte 


346 

l'/2  Mark,  V*  und  Ve  vom  Erbe 
'/4     »     von  der  Wiese  auf  der  Strndt 
*/2     »     von  der  Mutter 

2*/2     »     von  seiner  Frau 

3'/a     >     und  ';4  von  Hanns  Ullers  Erben 
Lat.  l  Tisch,  15'/«  und  ^'e  Mark." 

Die  Summe  an  Tischen  und  Marken  wird  also 
zunächst  auf  jeder  Seite,  hernach  im  Ganzen  gezogen. 
Sie  belief  sich  1591  auf  140  Tische  und  1138  Marken, 
wozu  noch  15  Marken  von  auswärtigen  Besitzern  kamen. 
Die  Einnahme  an  Tischgeldern  ergab  64  fl.  16  Alb., 
die  an  Marken  43  fl.  20  Alb.  und  1  fl.  4  Alb.  Die 
übrige  Einnahme  setzte  sich  wie  folgt  zusammen: 

Zins  von  Wiesen   und  Gärten   in 

und  ausserhalb  der  Stadt     .     .  10  fl.  20  Alb.    5  Hlr. 
Pacht  vom  Kiliansrasen,  Käutels- 

rasen      und      den      Hainörtern 

(Pflanzenorten) 7  »     4  »  6 

Zinsen    von    ausgeliehenen    Kapi- 
talien       31  »  13  »  1 

Hauptgeld,  so  zinsbar  gewesen  und 

abgelöst  (zurückgezahlt)  worden      4  »  —  »  — 

Für  Fische  aus  der  Stadt  Teichen  —  »  —  »  — - 

Bussen  in  Brauerei-  u.  Stadtsachen  —  »  —  >  — 

Braugeld 27  »     5  »  — 

Verdienst  am  Weinzapfen  im  Jahre 

1591 43  .     2  .  4 

Wegegeld 15  »     4  »  3 

Forstgeld  aus  der  Stadt  Gehölz   .       8  >  16  »  5 

Bussen  aus  der  Stadt  Gehölz  .     .  —  >   —  »  — 

Rügegeld —  »  13  »  — 

Für    Benutzung   der    Tische    und 

Schüsseln  im  Hochzeitshause    .      1  >     9  »  — 

Marktgeld 7.4»  8 


347 

'Pacht   von    den    Lohhäusern   und 

Töpff^rofen —  fl.  25  Alb.    6  HIr. 

Ziegeln  aas  der  Ziegelhütte   (Zu- 
gang lOOf)  St.) _.__,-., 

Von  den  Stadtochsen ^  »   —    ,     —    . 

Von  den  Saat-(Feld-)Hüt4'rn     .     .     —  »  —    »    —    • 

Von  den  „alten'*  Schossherrn  (Uber- 
^_      schuss  des  Vorjulires)  ....  146  »     7     »    4V8   » 
V\on  den  Fleisch«chirnen .     ...       1  »     5    »    —    » 

BürgiTgeld .     —  »  —    •     —    • 

Bürgergeld    von    dfOK.'n ,    diu    die 
Bürgerschaft   auf    MicluiL-liij    qv- 
H     worben  haben —  »18»     —     > 

InsgeniL'in —  •    —     »    —     » 

Beisteui'r   des   Landgrafen  zu  den 

J  Kosten  derFlurhewachung  (Feld- 
hiite) 5  »  22    .    —    . 
US  dem  Vt^rmächtntss  der  „Fleisch- 
hauerin" (ElisabethLöberf  15  . .) 
zum  Wege-  und  Stegebau    .     .       4  »     6     »     —     » 
Summa  im  Ganzen          .  425  ►     9    »    l'/a   » 
Die  Ausgab«  vertheilt  sich  auf: 
Ausgeliehene  Gelder    .....       2  fl.  12  Alb.  —  HIr. 

Zinsen  für  geborgte  Oeldur      .     .     —  »  20    ►    —    » 

^  Den  Sokluti'ii  nach  C'aüsel  geliefert     27  »   —     »     —     » 

HDen  Bürgern  Zusteuer  für  Ziegeln       3  >  25    >      6    > 

Im  Brauhaus  verwendet  ....     35  >  23    >      2    > 

^Zum    Gericht  und   zur   Rathsver- 

H     änderung   ........       8  »  —    »    —    » 

Beim  Gi:'ric:litj5tag  auf  Mithaüli.s  aaf- 

gegatigeti ,       6  •    13     •     —     • 

Für  die  Geschossrechnung  ...     18  >     2    •      4     • 
H  Besoldung  der  Stadtdiener  .     .     .     6'J  •    19     •       6     • 
In  Geschäften  des  Landgrafen  und 
in  Stadtßachen    , 22  »  20    •    —    • 


348 

Auf  den  Keller —  fl.  -  Alb.  —  Hlr. 

Verbaut  (im  Rathhaus,  Hirtenhaas, 

Thor  etc.)       8  »  19  »  — 

Dem  „Zeichenheber" 3  »  —  »  — 

An    der   Stadt    Wasserkump   and 

Ziehbrunnen  verbaut   ....  5  »  20  »  — 

An  Pfarre  und  Schale  verbaut     .  —  »     4  »  10 

Für  die  Ochsen 8  »  15  »  — 

Fleischspende 7»6»  — 

„Landleitung"  (Vermessen  und  Ver- 

steinen) 2  »  23  »  — 

Um  Gottes  willen 2  »  23  »  — 

Insgemein  in  Stadtsachen    ...  35  >  24  >  8 

Am  Steinwege  verbaut    .    .     .     .  13  »     6  »  10 


Summa  im  Ganzen    .     .  283  >  17    *    10 
Die  Rechnung  schliesst  mithin  mit  einem  Über- 
schasse von  141  fl.  17  Alb.  3V'2  Hlr.  ab. 

Gehen  wir  nach  diesem  Gesammtäberblick  die 
verschiedenen  Kapitel  näher  durch,  so  stossen  wir  aaf 
eine  Fülle  bemerkenswerther  Einzelheiten.  Die  140 
Tische  setzen  sich  z.  B.  aus  128  ganzen  und  24  halben 
zusammen;  dazu  kommen  noch  10  steuerfreie  (von 
Geistlichen,  Stadtdienern  etc.).  Es  waren  also  im  Ganzen 
162  Haushaltungen  vorhanden.  Zählt  man  die  Familie 
durchschnittlich  zu  6  Köpfen,  dann  ergiebt  sich  eine 
Bevölkerung  von  972  Seelen.  Aus  den  vereinnahmten 
Zinsen  folgt,  dass  die  Stadt  etwa  600  fl.  ausgeliehenes 
Baarvermögen  besass.  Sie  kann  deshalb  als  wohlhabend 
bezeichnet  werden.  Den  Wohlstand  verdankte  sie  zu 
nicht  geringem  Theile  verschiedenen  alten  Rechten.  So 
durfte  in  den  Gerichten  Reichenbach  oiid  Lichtenau 
nur  solches  Bier  verzapft  und  verkauft  werden,  das  in 
der  Stadt  gebraut  war.  Das  Braurecht  wurde  von  den 
einzelnen  Bürgern  der  Reihe  nach  ausgeübt  Das  Brau- 
haus mit  den  nöthigen  Geräthschaften  gehörte  der 
Stadt.     Für   die  jedesmalige   Benutzung   mossten  1  fl. 


349 


Alb.  Braugold  entrichtet,  werden.  Hpiratheten  zwßi 
„Brauerkinili.'r"  tnnauder,  dftiin  gab  ihnen  ilie  Stadt 
gewissermassen  als  ÄLtgift  einen  „Hochztuisbräu".  Das 
Braugeld  betrug  in  diesem  Falle  nur  7  Albus.  Ausser 
dem  Bierbrauen  war  der  Bezug  und  Aussuhank  von 
Wein  und  Branntwein  städtisches  Vorrecht.  Mit  grosser 
Strenge    hielt    der    Rath    darauf,    dass    nur    gute    und 

I trinkbare  Weine  eingeführt  wurden.  Zur  Abhaltung 
T  Hochzeitsfeiern  stand  den  Bürgern  ein  besonderes 
Gebäude  (Hochzeitshaus,  die  heutige  1.  Pfarrei)  zur 
Verfügung.  Dasselbe  war  sowohl  mit  einer  Küche  ver- 
sehen, als  auch  mit  dtsm  erforderlichen  Tafelgeschirr 
(Schüssehi  und  dergl.)  reichlich  ausgestattet.  1591 
worden  5  Hochzeiten  darin  gefeiert  Dem  .Stadtsäckel 
Öossen  für  jede  Benutzung  7  Alb.  zu.  Bürgermeister 
und  Rath  verwalteten  ihr  Amt  als  Ehrenamt.  Der 
jährlich  eintretende  Wechsel  in  der  Person  des  amts- 
fiihreiiden  Bürgermeisters  gab  jedoch  jedesmal  Anlass 
zu  einem  grossen  Schmause,  der  1591  3  fl.  kostete. 

Dreimal  im  Jalire  war  öffentliches  Gericht  Die 
Rathsverwandten  wirkten  dann  als  Schöffen  mit.  In 
Beherzigung  des  alten  Spruches  „Im  Wein  liegt  Wahr- 
eit"  lies.'ien  sie  dabei  auf  Dreikünigstig  und  auf  Wal- 
mrgis  je  2  H.  VA  Alb.,  auf  Michaelis  sogar  tJ  W.  13 
Alb.  in  Wein  und  „Proviant"  aufgehen.  Hierzu  sei 
jedoch  bemerkt,  dass  die  Verköstigung  der  Gerichtsherrn 
und  Beisitzer  auf  Stadtkosten  zngiHch  den  Entgelt 
für  die  gehabte  Arbeit  und  Mühewaltung  darstellte. 
Auch  die  „Scliossherr3i'*  wurden  für  das  Aufstellen  der 
GesclioKS- Rechnung  in  derselben  Weise  entscliädigt. 
Sie  verbrauchtfU  nämlich  nur  3  Alb.  4  Hlr.  für  Lidit, 
r  Lebensmittel  aber  IH  fl.  Die  einzelnen  Posten 
mOlgen  hier  folgen : 
8  fl.  6  Alb.  für  Bier  von  Milcher  Koch 
2  »      4     »       »    Brot  und  Wecke  von  Christoff  Rieman 


350 


1  fl.  —  Alb.  für  Brot  von  Curdt  Sieppell 

—  »    13     •       »    Häringe 
5  *    24     *       >    Wein    für    Beamten   sammt    Bürger- 
meister und  Rath  damals  (!) 

—  >      4     »       •    Käse  von  Cbristoff  Konnig 

—  »      3     •     4  Hlr.  für  Lichte  damals. 

Weitere  10  fl.  erhielten  die  Schossherrn  im  Laufe 
des  Jahres  für  „Zehrung  in  Stadtsachen".  _  Für  Fertig- 
stellung der  Reinschrift  bekam  der  Stadtschreiber  6 
Alb.  ß  Hlr.  Die  Besoldung  der  „Stadtdiener**  kenn- 
zeichnet in  ihren  Sätzen  recht  anschaulich  den  Wertb 
des  Geldes  um  jene  Zeit  Es  bezogen  jährüch  buar: 
der  Stadtschreiber  14  fl.,  der  Schulmeister  14  fl.,  die 
beiden  Wächter  je  6  fl.,  Davidt,  der  Stadtknecht  7  fl., 
die  Kinderfrau  1  fl.,  der  Diakonus  Bastian  3  fl.  für 
Stellen  der  Thunnulir,  der  Fürster  und  Kügeschütze 
Ribelandt  12  fl.,  der  Thorschliesser  2  fl.  Ausserdem 
erhielten  die  beiden  Wächter  je  's  fl.,  der  Stadtknecht 
1  H.  zu  Schuhen.  Dazu  trat  ein  „Mietliegeld'*  von  jo 
H  Alb.  für  den  Lehrer  und  den  Stadtschreiber,  je  3  Alb. 
für  den  Fürster  und  den  Stadtknrcht  und  je  2  Alb. 
für  die  Wächter.  Auch  die  beiden  Kuhhirten,  wie  die 
zwei  SauhirtiMi  bezogen  ein  solches  von  je  2  bezw.  1 
Albas.  Im  Verhältniss  zu  diesen  Löhnen  ej-scheint  der 
Preis  einer  ins  Brauhaus  be.schafften  neuen  Butte  mit 
20  fl.  24  Alb.  ausserordentlich  hoch.  Dagegen  wurden 
gezahlt  für  eine  neue  Thür  ins  Hirtenhaus  11  Alb.*), 
für  2  Feiuter  aufs   Unterthor   21  Alb.,  für  einen  Ofen 


*)  Ilouto  kostet  eine  neue  Thüro  hierorts  etwa  18  Jt  =  G 
Thlr.  De«  Thulor  zu  32  Alb,  gerechnet,  stellte  sich  dor  Oeldwerth 
von  ir)9l  zu  jetzt  vio  1 :  18.  Pas  auKgollohetio  HAorrermügen  dor 
Studt  liSttp  ako  108O0  11.,  dii"  Baart)osolduti{j  des  Stadtsohreibors 
utid  dos  lii'hrei-s  je  2.V2  II.  k'tingeu.  Ilii-iitu  kanioii  aber  ncicK 
Hole-  und  Fruchtgenillc,  sowie  Boitiitge  aus  dem  «Goistlicben 
Lehn*. 


351 


Alb.,  für  eine  Waage,  düniit  man  Brot  und  Wecke 
"xwiegt,  20  Alb.  und  für  das  Ausbessern  eines  Schlosses 
irJ  Alb.,  das  Stälilpn  Pinnr  Hacke  oder  eiiie.s  HammHr.i 
leostete  3  Alb^  eiiiti  neue  Picke  H,  ßin  Hammer  10  Alb, 
Der  Steinstitzer  erhiplt  für  Herstellung  eines  Steinweges 
"vor  dem  Unterthor  und  mitten  in  der  (lasse  herauf 
"7  fl.  13  Alb.  Der  Tagelolin  eines  Brunnenarbeiters 
"betrug  3  Albus. 

Kranken  oder  in  Noth  genithenen  Leuten  verab- 
xeichte  man  von  Stadt  wegen  kleine  llnterstützungen. 
Die  bezüglichen  Gaben  sind  unt»ir  der  sehönen  lleber- 
«chrift:  „Ausgabe  um  Gottes  willen"  zusaintnengefasst 
Die  Empfänger  gehörten  allen  Ständen  an.  Da  er- 
seheint zuerst  *^in  armer  Hergkneclit  von  Kisleben.  Kr 
wird  mit  3  Alb.  bedacht.  Zwei  arme  Studenten  be- 
tommcn  2  Alb.  Der  Bürger  Cnrdt  Heiiner  erliält  13 
Lib.,  damit  er  .seine  Tochter  heilen  lasse.  Einem  Manne 
iron  Breitenbach,  mit  der  fallenden  Sucht  behaftet^ 
werden  2  Alb.,  zwei  „verbrannten"  Männern  au.i  Metzt^ 
iach  4  .Albus,  den  Leuten  von  Mindershau.sen  zum 
tirchenbrju  fi  Alb.,  einem  armen  Pastor  2  Albus  zu- 
gesteuert u.  dergl.  m.  Den  ort.sansä.%sigen  Armen  ver- 
abreichte die  Stadt  für  7  H.  6  Alb.  Schaf  fleisch,  ferner 
62  H.  21  Alb.  aus  dem  Ertrag  milder  Stiftungen  und 
iwar  30  H.  haar,  den  Rest  in  grauem  Tuch. 

Die  bisherigen    Eriirterungen    haben  durchvvt'g  in- 
nere Angelegenheiten  der  St^tdt  berührt.     Auf  das  Ver- 
hältniss  der  Letzteren    zum  Staate  weisen  insbesondere 
dii^  für  da."^  Heerwesen  gemachten  .\usgahen  bin.    Untnr 
^^der    Lleberscbrift    „den  Soldaten    gen    Ka-ssel  geliefert" 
^^Bfot    1591    zunächst  eine    feste    Steuer    von   27  fl.  ver- 
zeichnet,   die    auch    in    den    anderen    Rechnungen    in 
^-gleichi'r  Hübe  erscheint.     Ferner  musste  die  Stadt  löitl 
^Pliuf  einen  Monat  3  Soldaten  zur    Besatzung  von  Kassel 
stellen.     (Die  drei  Krieger  hiessen  Haus  Sander,  Caspar 


Schneider  und  Christof  Seitz,  mussten  auf  Erfordern 
des  Obersten  zu  Kassel  einen  Monat  daselbst  auf  dem 
Walle  „aufwarten",  verbrauchten  6  Alb.  für  Pulver  und 
Blei  and  1  fi.  2  Alb.  als  sie  hin  und  surück  zogen.) 
Von  den  sonstigen  Steuern  sind  nur  20  Alb.  Grund- 
geld vom  Brauhause  in  die  Rechnung  aufgenommen. 
Erwähnen  wir  noch,  dass  die  Stadt  auf  dem  Landtage 
2U  Kassel  durch  den  Bürgermeister,  einen  Schöffen  und 
den  Stadt^chreiber  vertreten  war,  dass  diese  an  den  4 
Sitzungstagen  4  fi.  4  Alb.  verzehrten,  und  dazu  tiigüeh 
je  3  Alb.  „Belohnung"  erhielten,  so  ist  alles  Bemerkens- 
werthe  erschöpft. 

Wieder  schreiben  wir  1)1.  Aber  3  Jahrhundert« 
sind  verflossen,  seitdem  die  Rechnung  aufgestellt  wurde. 
Was  sie  d<'r  Stadt  an  gufpii  Tagen,  wie  an  Kriegsnoth 
und  Unglück  gebracht,  diirüber  ein  ander  Mal. 


Zoitschrill 


des 


V^ereins  für  hessische  Geschichte 
und  Landeskunde. 


-&^»t«- 


Neue  Folge.    Siebenzehnter  Band. 

(Der  ganzen  Folge  XXVII.  Band.) 


--^-Q^I^^Jiae-^ — 


Kassel. 

Im  Commissionsvorlage  von  A.  Freyschmidt^ 

Hof-Bttchhandlimg. 

1892. 


T'nifk  vftn  I..  lii'll  ii.  K;i-.«o! 


Inhalt. 

Seite 
I.  Der  Chronist   Wigand   Gerstenberg.      Nebst    T'nter- 
suühuiigüti    übof    ältere    hessische   (Jcsuliichtsquelleu. 

Von  .1  u  1  i  u  s  P  i  H 1 0  r 1 

II.  Die  Ritterburgen  der  vormaligen  Abtei  Fulda.   Von 

Dr.  Ju.stus  Sfhnoidcr  in  Fulda 121 

III.  Johann  von  Pappenheim  und  seine  Fehden  gegen 
den  Bischof  Johann  IV.  von  Hildesheim.  Vou 
'iustav  von  Pa  pitenhei  ni 176 

IV.  Burgfriede  der  Ganerben  des  Schlosses  Schildeck 
(d.  22.  p-ebruar  142.').)  Mitgethcilt  von  L.  von 
Locwenstein 213 

V.  Die  Kasseler  Bibliothek  im  ersten  Jahrhundert  ihres 
Bestehens.      (Ifi.   und    17.    Jahrhundort.)       Von    Dr. 

Carl  Schoror 224 

VI    Zur  Geschichte  der  Schmalkalder  Kirchenbibliothek. 

Ein«  Piorichtiguug  von  Dr.  Carl  S  chore  r.      .     .     .      260 
VII.  Zur    hessischen    Familiengeschichte.        Von    Aug. 

II  cid  mann 2U4 

VIII.  Beitrag   zur  Geschichte    des  Posumts  Bebra.     Von 

.loscpli  Ruhl 30.T 

IX.  Der  Marburger  Aufstand  des  Jahres  i8og.     Von  Dr. 

Willi  Vargos 350 

X.  Beiträge  zur  Geschichte  des  Landgrafen  Hermann  II. 

von  Hessen.     Von  Friodrich  K  üch 400 

XL  Die  Porzellansammlung   des   Schlosses   Wilhelms« 

thal  bei  Kassel.     Von  Dr.  Chr.  Öuhoror.       .     .     .      440 


öfiiöiä  täj'^  «/ 1^*  t"  i^V  iJj  ijiJjpi  t?i*:?  lij-ii  *'■*  ■  ^ 


I. 

Der  Chronist  Wigand  Gerstenberg. 

Nebst   Untersuchungen   über    ältere  hessische 
Geschichtsquellen. 

Von 
Julius  Pistor. 

Erster  Abschnitt. 
I. 
Einleitung. 
tie  BediDgnngen,   unter  denen   die    politische  and 
;  kirchliche  Entwicklung  Hessens  im  früheren  Mittel- 
alter vor  sich  gegangen  ist,   haben  mit  denjenigen  viel 
Verwandtes,  die   für   die   Ausbildung  des  benachbarten 
thüringischen  Gebietes  massgebend  gewesen  sind.   Beide 
Länder  waren  schon  früh  Theile  des  fränkischen  Reiches, 
behielten   aber   dabei    eine    Zeit  lang   einen    gewissen 
Grad  von  Selbständigkeit:  in  Thüringen  wie  in  Hessen 
finden  wir  ein  nationales  Herzogthum,  das  sich  freilich 
hier  bedeutend  länger  hielt  als  dort.    Man   wird  zwar 
nicht   behaupten  können,    dass   der  Schwerpunkt   des 
Reiches    in  jenen    Zeiten    dauernd  in  den   genannten 

N.  F.  XVn.  Bd-  1 


Territorien  gelegen  habe:  trotzdem  entbehrten  sie 
aber  keineswegs  einer  nach  einer  anderen  Seite  sich 
geltend  machenden  Bedeutung:  Hessen  diente  Jahr- 
hunderte hindurch  den  fränkischen  Herrschern  als  Stütz- 
punkt für  ihre  Unternehmungen  gegen  die  Sachsen; 
in  einem  noch  höheren  Grade  und  während  eines  viel 
grösseren  Zeitraumes  lag  Thüringens  Bedeutung  in 
seiner  Eigenschaft  als  Grenzmark  gegen  die  slavische 
Welt»). 

Viel  Aehnlichkeit  zeigt  sich  auch  hinsichtlich  der 
kirchlichen  Entwickelung  beider  Territorien.  In  Hessen 
wie  in  Thüringen  bestand  das  Heidenthum  nach  der 
Bekehrung  der  Franken  noch  zwei  Jahrhunderte  fort, 
bis  Bonifatius  dort  dem  Christenthum  eine  bleibende 
Stätte  schuf.  Um  diesen  Zweck  bald  und  vollständig 
zu  erreichen,  fasste  man  die  Stiftung  von  Bisthümern 
in's  Auge :  in  Thüringen  sollte  Erfurt,  in  Hessen  Büra- 
burg  der  kirchliche  Mittelpunkt  werden.  Allein  hier 
wie  dort  scheinen  wichtige  Vorbedingungen  für  ihre 
Existenz  gefehlt  zu  haben*),  denn  von  einer  Wirksam- 
keit des  Erfurter  Bisthums  hören  wir  gar  nicht«') 
und  die  Thätigkeit,  die  Büraburg  entfaltete,  war  gleich- 
falls nicht  von  Belang*).  Auch  andere  Stiftungen 
des  Bonifatius  in  diesen  Landen  konnten  nie  za 
rechtem  Gedeihen  kommen:  Ohrdnif  in  Thüringen 
und  Amöneburg  und  Fritzlar  in  Hessen.  Aber  darin 
liegt  ein  wesentlicher  Unterschied,  dass  hier  die  Klöster 
Fulda  und  Hersfeld  sich  schnell  zu  grosser  Bedeutung 


')  Vgl.  Fr.  X,  V.  Wegelc  in  den  Anuales  Roinhardsbrun- 
nenses  (Tbür.  Geschiclitsquellen  I.  Bd.)  p.  VE  ff. 

*)  Vgl.  hierüber  u.a.  \V.  Artiold,  Deutsche  Ge.schichte  II,  1. 
8.  213  ff. 

•)  F.  W.  Jiettberg,  Kirchengesch.  Deutschlands  II,  367  ff. 

*)  Rettberg,  I,  698  ff.  und  H.  Heppe,  Kirchengeschichte 
beider  Hessen  1,  36  und  44. 


wigf^angeacn 


I 


I 


mdit  Bor  dan  si»  die  Erbschaft  d<>s 
Bisthoms  Bürabug  antraten  and  durch 
päpstlicbe  und  kais«Hicbe  Prifikgien  die  Immunität 
von  Bisebofia-  and  ürafeng«walt  erbu^ji,  anch  in 
Tbnnng«n  nahmen  sie  anter  den  kirvhlichon  tieualti'u 
die  erste,  anter  den  weltlichen  eine  nicht  xn  nnter- 
acbätaende  Stellong  ein.  Selbst  Mainz  konnte  hier 
diesen  Klösteni  weder  an  änssereu  Machtmitteln  noch 
an  Einflos»  aof  das  kirchliche  Leben  gleichkommen ''V 
Diese  Verhältnisse  sind  begreiÖiclitTweis«»  nicht 
ohne  nachhaltigen  Eintiass  auf  die  Entfaltung  des 
geistigen  Lebens  und  besonders  auf  die  Entwicklunu; 
der  Ge«chichtschrnibung  i]i  beiden  Lündern  gewrsvi». 
Der  hervorragenden  Stellung  entsprechend,  welche  die 
genannten  Klöster  im  Reiche  einnahmen.  Hnden  wir  in 
ihnen  eine  z,  Th.  glänzende  hiatoriographische  Tliütig- 
keit  zu  einer  Zeit,  wo  in  Thüringen  noch  niemand 
daran  dachte,  geschichtliche  Ereignisse  aufzu^eicluien. 
Bald  sollte  indes  das  umgekehrte  Verhältnis  eintreten. 
Denn  kaum  ist  die  Historiographie  in  Hessen  verstummt, 
da  entfaltet  sich  im  Nachbarlande,  anknüpft-iid  an  das 
Geschlecht  Ludwigs  des  Bärtigen,  eine  grosse  Regsam- 
keit auf  dem  Gebiete  der  Ge-schichtschreibmig,  zuerst 
in  Erfurt,  dann  in  Reinhardsbrunn  und  später  in  Eise- 
nach'^}.  Unter  der  nicht  geringen  Zahl  der  hessischim 
Dynastengeschlechter  jener  Zeit  findet  sich  kninea,  das 
auch  nur  im  entferntes^ten  von  der  lledeiitutig  für  das 
Land  gewesen  wäre,  welche  das  Haus  Ludwigs  für 
Thüringen  hatte;  und  als  nun  gar  diu  hoträchHiciien 
gisonischen  Besitzungen  an  Thüiingen  kamen  und  der 
Kern  des  hessischen  Laiidüs  zu  einem  Anlulngsel  des 
Nachbargebietes   herabsank,  da  konnte  dort  von  nini-m 

*)  Tit.  Knocfte/iliaucr,    Gesch.  Thuriogciis   in    flöi-  kurul.  «tjil 
fl«chs.  Zeit  S.  140  IT.,  bos.  S.  1G4  it. 

•)  p.  HVjj«'fc  a.  a.  (>.  i>.  X  uni]  .\I. 

1* 


Erwachen  des  eingeschliimmprien  gescliithtlichpn  Tnter- 
eM€8  keine  Rede  sein.  In  der  That  sind  die  Nach- 
richten der  späteren  hessischen  Chronisten  über  diese 
Zeiten  höchst  spärlich,  und  vergeblich  versuchen  sie 
diese  Dürftigkeit  durch  eine  intensive  Berücksichtigung 
der  thüringischHn  Verhältnisse  zu  verdecken.  Man  hat 
es  eben  danuils  untt'rlassen,  Aufzeichnungen  zu  machen, 
und  das  Versäumte  konnte  später  nicht  nachgeholt 
werden.  Infolge  dieses  Umstandcs  fing  die  thüringische 
Historiogra[)hie  an  einen  ausserordentlich  starken  £in- 
fluss  auf  die  hessische  auszuüben,  und  dieser  machte 
sich  auch  noch  für  die  Zeiten  geltend,  wo  sich  in 
Hessen  bereits  eine  ansehnliche  Ge.schichtschreibung 
entwickelt  hatte. 

Nahezu  Imndertundzwanzig  Jahre  war  ein  grosser 
Theil  von  Hessen  im  Besitze  des  thüringischen  Land- 
grafenhauses gewesen,  da  errang  das  Land  durch  den 
Tod  des  Heinrich  Raspe  seine  politische  Selbständig- 
keit wieder,  es  bekam  in  Heinrich  von  Brabant  einen 
Herrscher,  dessen  Persönlichkeit  und  Tluiten  wohl  ge- 
eignet waren,  der  heimischen  Ge.schichtschreibung  neue 
und  nachhaltige  Anregung  zu  geben,  ludessen  ist  über 
das  Wiedererwachen  histori.scher  Studien  in  dieser  Zeit 
nichts  Sicheres  bekannt,  weil  die  Quellen,  aus  denen 
der  sogleich  zu  nennende  Johannes  Riedesel  für 
die  zweite  Hälfte  des  dreizelinten  Jahrhunderts  schöpfte, 
nicht  nothwendig  schriftlich  fixirt  gewesen  sein  müssen. 
Riedesel  ist  der  Verfasser  einer  hessischen  Chronik,  die 
jedoch  nicht  in  ihrer  ursprünglichen  Form,  sondern  nur 
in  —  freilich,  wie  es  scheint,  ziemlich  vnllständigen  — 
Auszügen  erhalten  ist,  welche  Wigand  Gerstenberg 
gegen  das  Ende  des  fünfzehnten  Jahrhunderts  aus 
derselben  machte 

Schwerlich  wird  es  gelingen,  übwr  die  Person  des 
Verfassers    völlige    KJarheit   zu  schaffen.     Der  Chronist 


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hiess  Johannas  und  gehört**  dem  bekannten  hessischen 
Adelsgeschleclite  der  Riedesel  an^);  nielir  lässt  sich  mit 
Bestimmtheit  nicht  behaupten  ^). 

Trotz  der  mangelhaften  (leberliffernng  tritt  übrigens 
der  Charakter  der  Arbeit  unzweideutig  hervor:  der 
Verfasser  ist  offenbar  b(*müht,  die  Regebenheiten  ob- 
jektiv zu  schildern:  A'nisseninfjen  subjektiver  Art  fin<htn 
sich  nicht,  doch  lässt  sich  seine  Anhänglichkeit  an  das 
hessische  Fürstenhaus  unschwer  erkennen. 

Riedesels  Chronik,  die  übrigens  in  Hessen  wenig 
verbreitet  gewesen  sein  muss,  —  denn  nur  von  Gersten- 
berg  steht  es  unzweifelhaft  fest,  dass  er  sie  unmittel- 
bar benutzt  hat,  —  ist  begreiflicherweise  von  nicht 
geringem  Einfiuss  auf  spätere  Darsteller  der  hessischen 
Geschichte  gewesen:  ausser  Lauze  war  kein  einziger 
unter  diesen  Chronisten  in  der  Lage,  Riedesels  Naeh- 
richten  richtig  zu  stellen  oder  gar  durch  andere  Quellen 
'zu  ersetzen. 

Mit  der  Landesgeschichte  muss  sich  auch  die  so- 
genannte Hessenchronik  beschäftigt  haben.  Gersten- 
berg citirt  dieselbe  im  ganzen  14  mal,  aber  nur  in 
grossen  Zwischenräumen.  Der  unbekannte  Verfasser 
ist  in  seiner  Darstellung  bis  auf  Heinrich  I,  zurück- 
gegangen und  hat  ohne  Zweifel  den  genealogischen 
Verhältnissen   des  hessischen    Fürstenhauses    besondere 

iwksamkeit  geschenkt,  doch  berichtet  er  auch  über 


')  0.  [A}ren\,  Deutsrhlands  tjesf.hiülitsquellen  Il\  93  will 
uicht  etvtsclieiden,  ob  Joh.  Hiedescl  der  Verfasser  oder  nur  dor 
Besitzer  der  Ohiouik  war.  Doch  kann  kciuerlei  ZiveifeJ  hierüber 
obwalten:  (ierstcnberg  sagt  (bei  Fr.  Ckr  ikhmim-kr,  Moiiimenta 
IJa^eiaca  IJ,  S  437)  ausdrüuklidi :  „Älsus  schiilmt  Jolian  [\yte|iol'-, 
femer  8.  445:  ,alfi  Johan  Rytefjel  beschribet'"  und  ähalich  auch 
8.  378,  448,  451,  45:i,  457  u.  s.  w. 

*)  Dass    Riedusol    im   .Jahro    l;^27   gohtorbBti    sei,    wie    Jos. 

^  fiübBam   bei   Wetxer  uod    Wtltc,   Kirehcül(^xikoIl   2.  Aufl.    5.  Bd. 

B  Sp.  1934  aDnimmt,  beruht  auf  einem  Inlhum. 


6 


änssere  DTiternehmangen.  besonders  über  solche  ans 
der  Regirrangs^t'it  des  Landgraffii  Hermann.   — 

Die  Zeiten  des  vierzehnten  und  des  beginnenden 
UlnhchuU^n  Juhrliuiiderts  waren  für  eine  kräftige  and 
gleicIiniässigH'  Entfaltung  der  die  Landesgeschichte  be- 
handelnden Hi^^toriographie  nichts  weniger  als  günstig, 
während  gerade  die  lokale  Geschichtschreibung  man- 
cherlei Anregung  erhit-lt.  Wohl  vollzogen  sich  damals 
wichtige  Umwiindlungf'n,  aber  sie  traten  selbst  für  den 
aufmerksamen  Beobachter  nicht  sogleich  in  ihrer  vollen 
Bedeutung  !iervor :  sie  waren  auch  z.  Th.  wenigstens 
von  zuviel  Unruhe  und  Unglück  für  das  Land  begleitet, 
als  dass  die  Wissenschaften  hätten  blühen,  dass  die 
Geschichte  namentlich  in  ausgiebigem  Maasse  hätte 
Bearbeiter  finden  k«innen.  Hierher  gehört  zunächst  das 
eifrige  und  beharrliche  Streben  der  Landgrafen,  den 
überkommenen  kleinen  und  sehr  zerstückelten  Besitz- 
stand zu  vergrö.ssern  und  abzurunden,  ein  Bemühen, 
das  nach  Lage  der  Dinge  anfangs  nur  schwachen  Er- 
folg haben  konnte.  Am  glücklichsten  war  hierin  Hein- 
rich I.  und  dessen  Enkel  Heinrich  IL  Bedeutungs- 
voller war  es,  dass  es  erstereni  gelang,  seine  Erhebung 
in  den  Heichsfürstenstand  durchzusetzen ;  aber  noch 
wan'n  nur  geringe  Tlieilc.  nicht  sein  gesammtes  Be- 
sitztlunn  als  ein  dem  Reich«  unmittelbar  angehörendes 
Lehen  anerkantit :  dies  war  erst  der  Regierung  Hein- 
richs II.  vdrhehalten.  Allein  dieses  EniiKU-kommen  war 
doch  nur  langsam  und  in  beträchtlichen  Zwischen- 
räumen erfulgt  und  ausserdem  zu  wenig  mit  bedeu- 
tenden äussere.!»  Vorgängen,  etwa  siegreichen  Feld- 
zügen und  ganzen  den  Thaten^  verbunden  gewesen,  als 
dass  die  Historiogra[ihie  hit^r  rechte  Anknüpfungspuakt« 
hätte  finden  können, 

Stärker  niussteu  schon  die  kriegerischen  Ereig- 
nisse  der  Zeit,    imäbesondere  die  langwierigen    Kämpfe 


I 


I 


mit  Mainz  um  riif  staatJichc  und  territonal-kirch liehe 
Selbstänrjigkeit  Hessens  in'e  Auge  fallen").  Bereits  in 
der  Zeit  dur  Vfrliimluui;  diesem  LaiKi»-»  mit  Thüringen 
hatten  diesflbrn  ÜH-yonm^n  ;  heftig^T  waren  sie  dann  unter 
Heinrieh  I.  entbrannt,  der  trotz  Acht  und  Bann  die  mit 
Nachdrutk  c-rhnbfni^n  unbilligen  An.-^prneho  das  Erzbis- 
tbuni^i  nach  vieljabrigen  mit  aller  Krbitterung  geführtun 
Kämpfen  zurilekwii^s  (1283).  Nach  dem  Tods  des  Land- 
grafen Johann  brach,  da  die  um  dio  mainzisehen  Lehen 
des  Verstorbenen  zwischen  dessen  Druder  Otto  und 
Peter  von  Maijiz  geführten  IJntfrhandluugen  erfolglos 
blieben,  der  8tre.it  von  neuem  aus,  und  wiederum  litt 
Hessen  unȟglich  unter  der  Barbarei  der  rnainzischeu 
Kriegsvölker.  Krht  nach  d«m  Tode  dt-r  b<'ideti  Fürsten 
kam  es  zu  einem  Vergleich.  Lange  dauerte  aber  die 
Ruhe  nicht:  nach  ergebnis!o&en  (Interhaiidluugen  grilT 
man  zu  den  Watten,  und  der  Kampf  endete  mit  deui 
Siege  Heinrichs  U.  (1347). 

Kill  Vjfirteljalirhurnli-rt  <"tvva  ruhten  nunmehr  die 
Fehden  mit  dem  gefahrlithen  Nachbar,  aber  diese 
Epoche  war  nicht  dazu  angethan,  die  schweren  Schäden, 
die  Land  und  l^eute  erlitten,  zu  heilen,  im  Gegentheil, 
die  8chlimm8t<'n  Zeiteu  kamen  erst,  al.«s  Heinric-h  11.  und 
sein  NeHe  Hermann  mit  dem  Hbermütliig<'n  iie^si.schen 
und  benachbarten  Adel  um  ihre  Existenz  ringen  mussten. 
Diefjen  Konflikten  folgte  ein  womr)g!ich  noch  heftigerer 
Zusammenstoss  mit  den  nirderhe.ssischen  Städten,  die 
sich  soeben  noch  als  »lie  treiiesten  Helfer  der  Fürsten 
gezeigt  hatten.  In  engem  Zu-sammenliang  mit  diesen 
Unruhen  .standen    die  gegen    He.s.sen  gelichteten  kriego- 


•)  VitkI.    il'p    üb('i>ic'litliclic    DarslfUung   tlor   HpziolningcD 

DefiSCUB  zu  Kiiiriiaiuz  bt-i   If,  Frmhnxf»irg,  Ijindgraf  tleimatiD  11. 

,  der   Gelehrte    von    Hossmi    und   Erzbisclwf   Adolt    1.    von    Maiuz 

(Zeitschr.   für   Iies.s.  tiesM'h.    N.  F.   XI,  3  fl,i    un4    besonders   bei 

Heppe  n,  u.  o.  1,  47  11. 


^ 


8 


rischen  Unternt'limungen  benachbarter  Fürsten,  des 
Markgrafen  Balthasar  von  Thüringpn,  des  Herzogs  Otto 
von  Braunschweig  und  des  Erzbischofs  Adolf  I.  von 
Mainz,  di»>,  unterstützt  von  dem  hessischen  Adel,  nichts 
Geringeres  als  die  Vernichtung  der  Landgrafschaft  be- 
absichtigten. Auch  die  Städte  regten  sich  und  konnten 
nur  mif  Mühe  iiiHdergehalten  werden.  Aber  trotzdfni 
ging  aas  all  di^'sen  wecliHelvollen  Kämiifen  die  zähe 
Ausdauer  Hermanns  siegreich  hervor,  nicht  jedoch, 
ohne  dasa  dieser  Erfolg  der  Territorialherrsehaft  mit 
einem  starken  Nit.<UTgang  des  hessischen  Städtethanis 
und  mit  beträchtlichem  materiellen  Schaden  des  ganzen 
Landes  erkauft  worden  wäre.  An  Zwistigkeiten  mit 
Mainz  felilte  es  zwar  auch  während  der  letzten  Re- 
gierangsjahre  dieses  Fürsten  nicht,  doch  ruhten  we- 
nigstens die  Waffen,  und  erat  Hermanns  Nachfolger 
Ludwig  1,  war  es  beschieden,  durch  zwei  Siege  die 
fort  und  fort  erneuten  Cebergriffe  dauernd  zu  besei- 
tigen (1427). 

Alle  diese  Konflikte^  zu  denen  noch  zahlreiche  Feh- 
den mit  benachbarten  wt-ltlichen  und  geistlichen  Fürsten 
und  vereinzelt  auch  Zwistigkeiten  innerhalb  des  land- 
gräflichen Hause.s  kamen  hatttin  die  gesunde,  stetige 
Entwicklung  d<'T  politi.suhen  Verhältnisse  stark  beein- 
trächtigt und  im  Znsammenhang  hiermit  eine  Ge- 
.schichtschrRibniig,  die  sich  hühere  Ziele  steckt  als  die 
tokalf,  nicht  recht  anfkommen  lassen.  Doch  war  trotz 
mannigfacliT  Misserfolge  die  Dynastie  aus  diesen 
Kämpfen  und  Verwicklungen  siegreich  hervorgegangen, 
sie  hatte  diren  Besitz  orlu-blich  vermehrt,  ihr  Ansehn 
war  in  den  Nauhbargebieten  und  darüber  hinaus  nicht 
unbeträchtlich  gestiegen.  Besonders  reichen  Zuwachs 
hatte  die  zweite  Hälfte  des  fünfzehnten  Jahrhunderts 
durch  die  Erwerbung  der  Grafschaften  Ziegenhain, 
Nidda   und    Katzenelnhogen    gebracht.      Und  als  dann 


allmählich  ruhigere  Zfiten  eintraten,  als  in  Hassen  das 
Bewusstsein   der   Zusammengehörigkeit,   das  sich    trotz 

■  dfir  Thf^ilung  des  Landes  in  zwei  Fürtstenthürner  stets 
erhalten  hatte,  durch  die  Erfolge  der  Landgrafen  mehr 
und  mehr  erstarkte,  da  begann  entsprochend  dieser 
Steigerung  der  äusseren  Macht  und  dt^s  damit  verbun- 
denen Selbiitgefühts  auch  die  Historiographi»»  einen 
kräftigen  Aufscliwung  üu  nehmen. 

H  Auf  die   Mitte   des   genannten  Jahrhunderts  etwa 

weisen  zunächst  nicht  näher  bekannte  Aufzeichnungen 
des   Tileniann  Hnllauch,  des   Kanzlers  Ludwigs  L, 

Bdiß  von  Späteren  benutzt  wurden.  Sie  handeln,  soweit 
dies  aus  vereinzelten  Citaten  ersichtlich  ist,  von  Er- 
werbungen  des   genanntem  Fürsten,      Um  dieselbe  Zeit 

^fcentstanden,  vielleicht  in  Zierenberg  oder  dem  benach- 
harten  Klnbter  Hasungen,  kurzn  in  kunstloser  Form 
abgj'fasste  Notizen,  welche  die  Zeit  von  1455—  1460 
behandeln  und  unter  anderem  auf  Ereignisse  Rücksicht 
nehmen,  die  Hessen  betrafen  '"). 

Jline  viel  höhere  Bedeutung  haben  die  Werke,  die 
gegen  das  Ende  des  fünfzehnten  und  im  ersten  Viertel 
des  sechzehnten  Jahrhunderts  entstanden:  es  sind  die 
Chroniken  des  Wigand  Gerstenberg  aus  Franken- 
berg  und  des  Johannes  N  o h  e  n  ' ')  aus  Hersfeld.   Beide 


Vor?. 

K  quell 
^Lxeitu 

m 


)  Ahgedniekt  bei  Ncnic,  Anzeiger  für  Kunde  der  deutseben 
Vorzvit  1835  Sp.  28l'  ff.  Vgl.  Lorrm,  PeutKchlandH  <rew'lii«;hts- 
quelloii  II',  tt4    uuii  hierzu  A.   Wi/ss  in  der  Iloutschen  Kiltcnitur- 

wUuug  VIII  (1KH7)  .S|).  r.mi 

")  So  sehroibt  er  soiiipn  Narnoii  in  df^r  von  Lamlan  nach 
vorniuthliclicii  Aiitiijria|ili  heraiisgcgflbeucn  L'hrouit  (Zoilsrhr. 
Tür  hess.  Ge?cli.  V.  K.  1).  Dieselbe  Form  liat  aunserdeiu  Ot/r. 
SfiaHfimhcTfiy  Flctincbergischo  L'hronika  (Sti  aü.sburg  15910  8.  8—10 
und  219,  wüfnit  dossolhon  Adelspie^^^il  II.  12  zu  vorpleiihcn  ist. 
\a  der  Krfurtür  Matrikel  ist  er  (1461)  vorioirhnot  als  Joh.  Non 
(Akten  d.  Kif.  Univ.  I.  287).  fiauxe  iieTint  ihn  in  dpin  creton, 
noch  ungedruL'ktcE   Tlioile  seiner  Chronik   (S.  30a,  252,  268,  2(J3, 


10 

Männer  hatten  nahe  Beziehungen  zam  Landgrafenhaose : 
Gerstenberg  war  Kapellan  Wilhelms  ITL,  Nohen  stand  in 
den  Diensten  der  Landgräfin  Mechthilde,  der  Witwe  Lud- 
wigs II.,  und  scheint  Hofmeister  des  jungen  Wilhelm  11. 
gewesen  zu  sein.  Gerstenberg,  dem  wir  uns  nunmehr 
ausschliesslich  zuwenden,  schrieb  neben  einer  Geschichte 
seiner  Vaterstadt  Frankenberg  eine  ausführlichere  thü- 
ringisch-hessische Chronik, 

II. 

Die    Handschriften   und  Ausgaben. 

Die  Frankenberger  Chronik  ist  in  zahlreichen 
Handschriften  überliefert*'*),  von  denen  jedoch  nur  die 
der  Ständischen  Landesbibliothek  in  Kassel  gehörige 
Mss.  Hass.  in  4°  nr.  26  in  Betracht  kommen  kann,  da  sie 
wie  ein  Vergleich  mit  zwei  von  Gerstenbergs  Hand 
herrührenden  Schriftstücken  lehrt,  von  dem  Chronisten 
selb-st  geschrieben  ist  *').  Dieselbe  enthält  ausserdem 
Johann  Emmerichs  Frankenberger  Stadtrecht,  das 
anfangs  (bis  Blatt  8  einschlies.slich)  ebenfalls  die  Schrift- 
züge Gerstenbergs  aufweist. 

u.  s.  w.)  Nhuon  oder  Nhun.  Dagegen  weist  der  nach  eioer 
schlechten  Handschrift  von  Scnckenberg  in  Solecta  jur.  et  bist.  V. 
veranstaltotc  Abdruck  einer  Chronik  des  Hersfelder  Oeschicht- 
schroibers  8.  463  die  Form  Nohe  auf,  während  man  S.  388  wieder 
Nohen  liest.  Nu<;h  heute  kommt  der  Familienname  Xuhn  in  einigen 
westlich  von  Uersfold  gelegenen  Dörfern  (Kirchheim  u.  a.)  vor. 

")  Vergl.  Ph.  A.  F.  Walfhcr,  Literarisches  Handbuch  für 
(üoschichte  und  Landeskunde  von  Hessen  im  allgemeinen  und  dem 
Orossherzogthum  Hessen  insbesondere.    2.  Suppl.  S.  13  (nr.  90). 

")  Hierauf  hat,  wie  ich  nachträglich  sehe,  bereits  0.  Schenk 
XU  Schiceimbery  (QuartalblSttcr  des  hist.  Vereins  f.  d.  Grosshorzogth. 
Hessen  1884  S.  35)  aufmerksam  gemacht.  Eine  nochmals  vorge- 
nommene Vergleichung  der  von  diesem  herangezogenen  Urkunde 
vom  Jahre  1497  und  eines  oigonhäiidigcn  Schreibens  Gerstenbeiigs 
(mitgetheUt  unten  im  Anhang  I.)  mit  dieser  Bandschrift  und  dorn 


t 


Der  Codex  umfasst  im  ganzen  mit  Ausschluss  iIpr 
lehren  Vorsetzblattes  68  blättur.  vnn  denfn  60  mehr 
oder  wf^niger  beschritlien  sind.  Davon  kommen  40  auf 
die  Frankenberger  Chronik,  flie  iirspriiiiglieh  41  Blätter 
umfasste.  An  Stella  von  Blatt  Hi  und  17  (nach  (xcrsten- 
bergs  Zählung),  die  JiertUisgerisHPn  sind,  ist  nümlicli 
später  nur  f. in  RIatt  eingeklebt  und  dasselbe  uucli  nur 
theilweise  beschrieben.  Im  Texte  findet  sieb  aliso  hier 
eine  beträchtliche  Lücke.  Mit  EMatt  41  beginnt  das 
Frankenberger  Stadtn^cht,  das  liis  Blatt  BO  reicbt.  Die 
übrigen  B,  ursprünglich  9  Blätter  —  denn  das  erste 
ist  weggeschnitten  —  sind  leer. 

Das  Titelblatt  trägt  folgende  Aufschrift  in  grossen 
Buchstiibeji,  vun  denen  einige  im  Anfang  der  Wörter 
mit  Roth  ausgemalt  sind : 

IHec     chronica     francohergen-sia    edita    sunt    a 
H    venerabili      viro      domino     (hiigando     Gerstenberg 
B   dietn    vietnris   Incliti    priru-ipis   ac.    domiiii    domini 
Cfuilhelmi    bmtgrauij    Sacellano    et    hiiius    ciuitMis 
filio. 
Darunter   steht   von   späterer   Hand    nnd   mit  an- 
derer Tinte  geschrieben: 
Pro  Civitate  Francobergensi. 
Dann  nnUn  n-chts  mit  dunklerer  Tinte  die  Zahl   l'15Ü. 
Die   Riick.seite   und    die  erste    Seite    des  nächsten 
Blattes    ist    unbo;it;hriehen.       WH^il^'M-liiii     folgt    auf    der 
zweiten  iSeitu    des  zweiten  RIatte.s    ein  Verzeichniss  der 
geistlichen  Orden  mit  Angabe  ihrer  Stiftung.szeit  u. s.w.  "). 


"  noch  zu  erwiihiionden  CtHlex,  wck-hcr  diß  glcichriUl.s  vwi  Gorsten- 
bcrg  sei  1*1  gestbriebcDe  tliüringisch-heKsischü  l'hfonik  enthiilt,  be- 
stätigt obif^^o  Anuahmo. 

'*)  Vielleicht,  hat  \m  «lieser  ZnsaiitmousteIl»iiig  dio  Uoltcr- 
BJcht  De  ordinibuH  ci^clet-iae,  die  (MinjitMi  HajidsLlirifteii  <ioi  Thronik 
des  von  üerstenberg  viel  benutzten  Engplliu.'i  ajigchiingt  ist  (vorgi. 

C Script,  rer.  Brunsv.  II.  87),  als    Vorbild  gedieot,    Beide 



12 

Mit  Blatt  4  beginnt  die  Chronik  und  zugleich  mit  ihr 
die  vom  Verfasser  herrührende  Blattzählung  vermit- 
telst römischer  Zahlzeichen,  die  zunächst  bis  Blatt  10 
geht;  dann  sind  letztere  beim  Einbinden  ganz  oder 
tbeilweise  weggeschnitten  mit  Ausnahme  von  Blatt  27, 
29,  32,  33,  34,  35  (nach  der  Zählung  des  Chronisten, 
der  wir  hier  folgen).  Blatt  10  und  11  sind  von  an- 
derer Hand  numerirt.  Am  Schlosse  der  Frankenberger 
Chronik  befindet  sich  ein  ausführliches  sachlich  geord- 
netes Register. 

Mit  dem  Frankenberger  Stadtrecht  beginnt  eine 
neue  Blattzählung;  die  römischen  Zahlen  sind  hier  in 
Roth  ausgeführt,  aber  ebenfalls  häufig  ganz  oder  tbeil- 
weise weggeschnitten  (Blatt  1,  2,  3,  4  —  Blatt  6  fehlt 
ganz  -  9,  10,  12,  17.  18,  19,  21). 

Der  Theil  der  Handschrift,  in  welchem  das  er- 
wähnte Stadtrecht  verzeichnet  ist,  ist  wohl  erhalten. 
In  weniger  gutem  Zustande  befinden  sich  die  Blätter, 
auf  welchen  die  Chronik  niedergeschrieben  wurde. 

Letztere  enthält  15  angetuschte  Federzeichnungen 
(nach  der  neueren  Zählung  S.  2,  3,  4,  5  a,  8,  10  a,  12, 
13  a,  17,  20,  21,  25,  26,  29  a,  32),  von  denen  5 
(S.  5a,  21,  25,  29a,  32)  eine  ganze  Seite  einnehmen. 
Dieselben  haben  keinen  hohen  künstlerischen  Werth, 
sind  aber  nicht  ohne  Bedeutung  für  die  Kenntniss  des 
damaligen  Bauwesens,  der  Tracht,  der  Bewaffnung 
u.  s.  w.  Diese  Bilder  sind  auf  Veranlassung  des  Chro- 
nisten der  Handschrift  einverleibt,  und  letzterer  ver- 
weist stets  auf  dieselben  mit  den  Worten:  „Hir  sal 
stehin  .  .  .  ." 

Die  Schrift  ist  die  des  ausgehenden  15.  und  des 
beginnenden   16.    Jahrhunderts,    die   Tinte  ist   schwarz 

Verzeichnisse  sind  nach  chronologischen  Oesichtspunkten  angelegt, 
hinsichtlich  der  Reihenfolge,  der  Zahl  der  Orden  and  der  Angabe 
ihrer  Stiftungszeit  finden  sich  aber  einige  Differenzen. 


I 


I 

I 

I 


and  stark  aufgetragen.  Die  Anfänge  der  einzelnen 
Abschnitte  sind  mit  rothen,  sorgfältig  ausgemalten  Ini- 
tialen geschrieben,  auch  sonst  sind  einzelne  Anfangs- 
buchstaben mit  derselben  Farbe  gezeichnet.  Roth 
nnterstrichen  sind  die  Quellenangaben,  die  Denkverse 
nnd  hier  und  da  auch  einzelne  Sätze  und  Wörter,  die 
besonders  hervorgehoben  werden  sollen. 

Zahlreich  und  von  verschiedenen  Händen  sind  die 
Notizen  zwischen  den  Kolumnen  und  am  Rande;  sie 
enthalten  mei.st  kurze  Inhaltsangaben.  Zuweilen  findet 
sich  auch  ein  NB  und  ähnliches  und  dabei  allerlei  Be- 
merkungen, wie  z.  B.  S.  31  a,  wo  zwischen  den  Kolumnen 
mit  Beziehung  auf  den  Text  der  Chronik  die  Worte 
stehen :  tempora  nostra. 

Schliesslich  mag  noch  bemerkt  werden,  dass  auf 
dem  letzten  (35.)  Blatte,  des  Textes,  das  übrigens  mit 
einem  anderen  zusammengeklebt  ist,  sich  zwei  Ab- 
schnitte zu  den  Jahren  1507  und  1520  finden,  die  aber 
spätere  Zusätze  sind  und  demgemäs.s  auch  in  dem  un- 
mittelbar darauf  folgenden  Inhaltsverzeicluiis.-i  nicht  be- 
rücksichtigt wurden.  Der  ursprüngliche  Text  reichte 
nur  bis  zum  Jahre  1505. 

Wann  die  Reinschrift  angefertigt  wurde,  ist  nicht 
zu  ersehen.  Am  Schlüsse  des  Frankenberger  Stadt- 
rechtes findet  »ich  zwar  die  Notiz :  finis  anno  domini 
1493  —  und  darunter  von  anderer  Hand  eine  weitere 
Bemerkung  über  den  1494  erfolgten  Tod  Emmerichs, 
idlein  die  erstgenannte  Jahreszahl  bezieht  sich  wohl 
auf  die  Zusammenstellung  der  Rechtsgewohnheiten 
durch  Emmerich,  nicht  auf  die  Zeit,  wo  die  Abschrift 
angefertigt  wurde.  Möglich  ist  auch,  dass  das  Stadt- 
recht bereit-s  1493  abgeschrieben  wurde,  dass  später 
auf  irgend  eine  W^eise  der  Anfang  verloren  ging,  her- 
nach wieder  von  Gerstenberg  ergänzt  und  da.s  Ganze 
schliesslich  mit  der  Chronik  znsamraengebunden  wurde. 


14 

Von  Blatt  9  des  Stadtrecbts  an  sind  nämlich,  wie  er- 
wähnt, die  Schriftzüge  nicht  mehr  die  des  Chronisten, 
auch  wird  nunmehr  ein  dunkleres  Papier  mit  anderem 
Wasserzeichen  verwendet. 

Was  oben  über  den  Wertii  der  der  Ständischen 
Landesbibliothek  in  Kassel  angehörenden  Handschrift 
von  Gerstenbergs  Frankenberger  Chronik  gesagt  ist, 
gilt  auch  von  desselben  Verfassers  thüringisch-hessischer 
Chronik,  die  gleichfalls  Eigenthum  der  genannten  An- 
stalt ist  (Mss.  Hass.  in  4"  nr.  115).  Die  Handschrift 
enthält  abgesehen  von  4  leeren  Blättern,  die  vor  dem 
Texte  eingeheftet  sind,  und  dreien,  die  hinter  dem- 
selben sich  befinden,  im  ganzen  340  Blätter  und  be- 
ginnt mitten  in  der  Geschichte  Alexanders  d.  Gr.,  so- 
dass also,  wie  ein  Vergleich  mit  dem  Abdruck  der 
Chronik  bei  Ayrmann  in  dessen  Sylloge  anecdotorum 
omnis  aevi  etc.  1. 3  ff.  zeigt,  etwa  3  Blätter  fehlen  müssen. 

Die  Blätter  sind  mit  arabischen  Ziffern  numerirt, 
aber  erst  als  das  Titelblatt  und  der  Anfang  nicht  mehr 
vorhanden  war;  damals  fehlte  ausserdem  ein  Blatt 
zwischen  283  und  284,  was  jedoch  nicht  bemerkt  wurde. 
Eine  alte  Hand  schrieb  dazu  die  Bemerkung :  -  „difs  plat 
hat  schwerHch  ein  from  man  ausgeschnittenn."  Die 
Zählung  ist  auch  sonst  eine  ungenaue,  indem  dieselbe 
erst  mit  dem  zweiten  Blatte  beginnt:  ferner  folgt  nach 
Blatt  76  und  99  sogleich  Blatt  78  bezw.  101,  ohne 
dass  dazwischen  ein  Blatt  fehlte,  dagegen  sind  2  Blätter 
mit  223  bezeichnet. 

Die  Schrift  ist  dieselbe  wie  in  der  Frankenberger 
Chronik,  auch  die  dort  gebräuchlichen  Formen  der 
Initialen  und  Abkürzungen  kehren  hier  wieder. 

Verbesserungen  und  Zusätze  von  der  Hand  des 
Schreibers,  wobei  meist  dieselbe  Tinte  benutzt  wurde, 
sind  selten;  sie  finden  sich  S.  127,  130a,  137a,  150, 
158,   192a,  193,  206a,  235,  238,  275a,  282a,  296.306a, 


335,  337.  Hipr  und  da  sind  Theile  des  Blattes  her- 
ausgenommen und  durch  neue,  von  derselb«»]!  Hand  be- 
schriebene ergänzt:  s(»  S.  48,  <>2,  71,  94,  IUI,  148,  263. 
Zwischen  Blatt  108  und  1Ü9,  ebpuso  zwisi-lieii  112  und 
113,  126  und  127,  138  und  139  sind  scjimale  bp- 
.schriebene  P;q>ierHtreifen  «»ingfkli'bt. 

Sehr  zahlreich  sind  die  von  verschiedenen  Hunden 
in  deutscher  und  lateinischer  Sprache  gemachten  Rand- 
bemerkungen. Der  Text  geht  8.  340  a  bis  zum  Tode 
Wilhelms  I.  (1515).  Rs  finden  sieh  dann  nocli  zu  den 
Jahren  1524  und   1549  zwei  Zu.sätze  von  späterer  Hand. 

Die  Handschrift  ist  mit  zahlreichen  Federzeieh- 
nuDgen  gesdimückt,  die  aber  theilwei.se  später  dadurch 
veruu.staltet  wurden,  dass  mau  einigen  l'ersonen  Barte 
malte  oder  einzelne  Gegen.stände  (Fahnen,  Wapiten- 
schilder  u,  .s.  w.)  in  ungeschickter  Weise  knlorirtn.  Voll- 
bilder Hnden  sieh  S.  14,  35  a,  3ß,  38a,  40,  41,  42  a, 
45,  46,  60,  64  a.  267  a,  270,  272,  275,  276,  286  a; 
kleinere  Bilder  S,  4a,  5a,  6,  7,  8,  9,  9a,  12a,  13,  15a, 
27a,  34a,  36a,  44,  45a,  47,  48,  öl,  57  a,  62,  63,  65a, 
267,  268a,  273,  274,  285,  287a.  An  vielen  Stelleu 
wird  auf  ein  zugehörige-^i  Bild  verwiesen,  wo  aber  nur 
der  für  letzteres  nuthige  leere  Raum  zu  finden  i&t. 

Lieber  das  Schicksal  der  beiden  Handschriften 
lässt  sich  nur  soviel  sagen,  dass  als  Fr.  Chr.  Srhmiucke 
um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  die  thüringisch- 
he.ssischfc  Chronik  herausgab,  die  ('odices  bereits  auf 
der  Kasseler  Bibliothek  zu  finden  waren.  Dvnn  die 
Mittheilung,  die  sich  auf  dem  Titel  einer  neueren 
Abschrift  der  Frankenberger  Chronik  '•')  tindtt,  dass 
die  Kopie  auf  Veranlassung  des  Johann  v.  Bodenhausen, 
Landvogte.s  an  der  Eder,  im  Jahre  1706  von  Abraham 
Strpithoft"  angefertigt  .sei,  da  die  Frankenbergur  Chronik 


nr.  49. 


■')  Ständiijche  Landeabibliothek  in  Kassel,  Mss.  Hass,  in  lol, 


16 


„fast  alt  und  nicht  wohl  zu  le|ven"  war,  ist  doch  zu 
Hübest  im  mt,  um  einen  einigerinassen  sicheren  Schloss 
auf  den  diimaligen  Aufbewahrungsort  der  hier  wohl 
geiuciiittn    Originidliajuischritt  zuzulassen. 

Die  Friiiikenherger  t'lu-onik  ist  verhältnismässig 
früh,  im  Jahn"  H)19,  von  Johann  Friedrich 
Faust,  demselben,  der  auch  von  der  Limburger  Chro- 
nik eine  Ausgabe  veranstaltet,  hat,  in  fol.  veröffent- 
licht worden  unter  dem  Titel :  Franckenbergisch 
Chronick  vnd  Zeit-Buch.  Zusammen  getragen  durch 
Weygand  Gerstenbergern,  hoiisten  Huddenbender  ge- 
nandt.  Au.sgefnhret  biss  vfs  Jahr  Christi  Ein  tausend 
funff  hundert  viul  funfl'  vnd  zwantaig.  Itzo  zu  son- 
derer  lieb  vnt!  wulgefallen  allen  Historischen  Antiqunriis 
an  tag  gegeben  e  Mss.  J.  F.  F.  V.  A.  Mit  sonder- 
barer von  den  Heiligen  Reichs  Vieariats  Macht  er- 
theilter  Befreyhung,  verlegt  durch  Gotthard  Vogelin.  Im 
Jahr,  1619.  —  iJiese  Ausgabe  ist  weder  ganz  voll- 
ständig noch  in  Beziehung  auf  die  sprachlichen  Formen 
zuverlässig:  es  fehlt  z.  B.  Sp.  'M  die  llittheihing  über 
die  Schädigung  der  iStadt  in  der  Fehde  des  Landgrafen 
Heinrich  L  mit  Gerhard  von  Mainz  (vgl.  Joh.  Phil. 
KuchmbtTker,  Analecta  Hassiaca  V,  186) ;  Sp.  69  hält 
es  der  Herausgeber  für  überflüssig,  die  Leiden  und 
Drangsale  der  Bürger  nach  dem  Tndo  Heinrichs  111. 
.sümintlifh  aufzuzülilen,  und  begnügt  sich  mit  dem  Hin- 
weis auf  „die  alte  t'hionica".  womit  die  handschrift- 
liche Ueberljeferung  gemeint  ist.  Auch  sonst  kommt 
es  ihm  wenig  auf  Genauigkeit  an  :  »Sp.  70  lässt  er  im 
Kauernkrieg  5tXXJ  Bauern  vor  Fiankenberg  erschlagen, 
PfeitVr  und  Münzer  aber  bei  Frankenhausen  hinge- 
richtet werden.  Kin  Heispiel  mag  zeigen,  mit  welcher 
Willkür  der  Text  behandelt  wurde,  bezw.  wie  gering- 
werthig  die  von  Faust  seiner  Ausgabe  zu  Grunde  ge- 
legte Handschrift  ist. 


I 

I 

I 


17 


Faust  Sp.  1. 
.  .  .    Das   ist,    Er  hat  ge- 
bauwet    die    hohe    porten 
des  Herrenhauses. 


He  liat  gebuwet  die 
hohin  port*n  dephemhuPes. 

DufPfi  Worte  sint  be- 
schrebin  in  dein  buch  der 
tageredde  des  altin  testa- 
ments  in  dem  tzvveytin 
buche  in  dem  XXVU  ca- 
pit*<L  Vnde  sint  gRSchre- 
bin  von  dem  fromen  kon- 
nige der  judden  Joathan 
g<'nant,  wilcher  dan  lip 
buwen  die  hohin  porten 
der  heiligin  stad  Hierusa- 
lem,  auch  vile  stedde  in 
dem  gebyrge  juddischlants, 
darzu  an  den  enden  der 
weide  lip  er  buwen  casteMa, 
bolwercke  vnde  torne,  want 
er  streyd  geyn  den  konnig 
der  soene  Aramon  vnde 
vwerwan  eu  auch  vnde 
thet  vil  gutes  vnde  alle  das 
godde  behagelichin  was, 
upgftscheyden  das  er  ge- 
statte das  sin  folck  geyn 
god  sondigete. 

Da  Fausts  Abdruck  mit  iler  Zeit  sehr  selten  ge- 
worden war,  gab  dann  1731  ,hh.  Ph.  Kucheubvcker 
die  CJironik  nach  einer  gleichfalls  schlechten  Handschrift 
und  ausserdem  nicht  einmal  vollständig  heraus  (Analecta 
Hassiaca  Coli.  V,  145 — 240).  Nach  seiner  eigenen  ¥.t- 
klärung  am  Schlüsse  der  Vorrede  hat  er  ,,a]les  das- 
jenige, was  der  Autor  von  alten  Zeiten  und  sonst  zu 
N.  V.  xvn.  BJ.  2 


Vnd  seynd  diese  wart 
geschrieben  von  dem  fro- 
men  Konig  der  Juden,  ge- 
nandt  Jotham,  welcher  liae 
bauwen  die  hohe  pforten 
der  H.  Stadt  Jerusalem, 
auch  viel  Stadt  im  Gebirg 
des  Jüdischen  Lands.  Da- 
zu an  den  enden  der  Walde 
lise  er  bauwen  Castelln, 
Bollwercke  und  Turne. 
Dann  er  stritt  gegen  die 
Sohne  Ammon,  vnd  vber- 
wand  sie,  vnd  thet  viel 
guts  vnd  was  Gott  gefiel : 
Ausgeschfjiden  dass  er  ge- 
st^attete,  dass  sein  Volck 
wider  Gott  sundigete. 


18 


der  Hessischen  Historie  nicht  gehörigen  Dingen  et 
wehnet,  mit  Fleiss  ausgelassen,  um  mit  Ungewissen  und 
wenig  oder  gar  nichts  dienenden  AusschweifFungen  das 
l'apier  nicht  nliiinüthig  zu  verderben."  Dies  veran- 
lasöte  Chr.  Fr.  Ayrmann  die  fehli-nden  Stellen  in 
seiner  Sylloge  anecdotorum  1,  623—672  zu  ediren 
(1746).  Zugleich  ven-.ff.-ntlichte  er  (a.  n.  O.  S.  3-1H8) 
die  bi.s  daliin  noch  iiicSit  gedruckte  thüriiigiscli-liessische 
Chronik  G erste nberg.'<,  die  aher  nur  unvullständig  wieder- 
gegeben wird  und  gh-ich  Sfineu  Krgänzungen  zu  der 
von  Kuchenbeeker  veranst^ilteten  Ausgabe  der  Franken- 
berger  Chronik  auf  mangelhafter  handschriftlicher  Grund- 
lage beruht.  Erst  FV.  Chr.  Srhjiiitirh'  ging  auf  die 
OriginaJhaudfichrift  zurück.  Kr  ergänzte  zuniichst  (1747) 
Ayrmanns  Ausgabe  der  thüringisch-hessischen  Chronik 
(Moninienta  Hassiaca  1,  31— 2i);-J)  und  lieferte  im 
folgenden  Jahre  einen  für  jene  Zeiten  sehr  genauen 
Abdruck  der  weiteren  Stücke  bis  zum  Schlüsse  (a.  a.  O. 
11.  295—574),  — 

Wie  die  übrigen  hessischen  ("hrniiisten  des  fünf- 
zehnten und  sechzehnten  Jahrhunderts,  so  hat  auch 
Gerstenberg  eine  eingehende  und  ausführliche  Bearbei- 
tung noch  nicht  erfahren.  Kaum  nennenswerth  sind 
die  dürftigen  Angaben,  die  Kii(heiil>€rk4'r  seiner  Aus- 
gabe der  Frankenberger  ('hronik  (a.  a.  0,  Vorrede  S. 
2  f.)  voraussehicktn :  von  der  thüringisch-hessischen 
Chrciiiik  hatte  derselbe  nur  ungewisse  Kunde,  da  er 
sie  nie  selbst  sah.  Das  Gleit  he  gilt  von  Ayrmann  und 
seinen  Renii-rknugen  über  ili-n  nätidichi-n  Gt'genstand 
in  der  17;12  er.schienenea  Einleitung  zur  luvsstschen 
Historie  der  ältiini  mul  mittleren  Zeiten  S.  13  f.  Krst 
//.  Chr.  S/'/ifhithrytf  gab  dri-i  Jahre  später  einige 
Mittheilungeii  über  die  tliüringisch-hesBische  Chronik 
(Selecta  juris  et  historiarura  tnm.  HI.  praeloqu.  p.  56 
und  57),  erkanntf*  ih'n  \Wrlh  di-r.^ieJben  aber  so  wenig, 


19 


dass  er  die  Ansicht  vertrat,  die  Kenntnis  der  hes- 
sischen Geschichtt^  wiirdt*  durch  einn  Horansgabe  der 
Chronik  kaum  gefürdert  wt^rde.n  (v>=;l.  auch  tom.  V. 
praef.  p.  36  und  37).  Besser  unterrichtet  zeigte  sich 
später  Ayruiann  in  der  Vorrede  der  r>bnn  erwiUint^in 
Sj'lloge  §  1 — 14,  dncli  stützte  sich  sein«  Kenntnis  der 
Chi'onik  anf  eine,  wie  gesagt,  ungenaue  und  dazu  noch 
nicht  einmal  vollständige  Abschrift,  die  in  der  Haupt- 
sache nur  bis  zu  dt'U  Zeiten  Karls  d.  Gr.  reichte.  Den 
geringen  hisitori.schen  Werth  dieser  l'urtieen  erkannte 
Ayrmann,  und  es  veranla.^fsten  ihn  daher  fast  ausachlieaa- 
lich  andere  Gründe  zur  Veröflentliclning  derselben:  es 
war  ihm  in  erster  Linie  um  die  Sprache  des  Chronisten 
zu  thun.  Weitere  Beiträge  brachte  bald  darauf  Fr.  Chr. 
Schmincke  in  den  Vorreden  zu  der  oben  erwähnten  Aus- 
gabe der  thiiringi.sch-hessischen  Chronik, 

Recht  wesentlich  wurde  die  Kenntnis  von  Geraten- 
bergs Arbeiten  erweitert  und  vertieft  durch  Ilflfr.  lienih. 
Wenck,  den  Verfasser  der  Hessi.schen  Landesgeschichte. 
Die  Schrift,  die  wir  hier  im  Auge  haben,  ei*8chien  zu- 
eröt  1777  und  zwar  unter  dem  Titel:  ÖHschiehte  der 
hessischen  Historiographie;  sie  wurde  dann  in  erweiterter 
Fassung  dem  ersten  Bande  des  soeben  erwähnten 
Werk»'s  einverleibt"^).  Auch  heute  noch  haben  seine 
Geratenberg  und  die  übrigen  liessiMchen  Gedchicht- 
schreiber  behandelnden  Ausführungen  hohen  Werth. 

Die  territorialgescliichtlichH  For.-<ehung  unseres 
Jahrhunderts  hat  sich  in  sehr  bescheidenem  Maasse  mit 
der  Liutersucluitig  der  heimischen  Ge.scbiclit-squellen  be- 
fas&t,  und  nur  gelegentlich  fällt  dalier  hier  und  da  ein 
Streit! i<ht  auf  letztere.  So  finden  «ich  im  zweiten  und 
dritten  Bande  von  Christoph  Homnu-ts  Ge.scbichte  von 
Hessen    einzelne   dankenswerthe    Bemerkungen,    ilii»  in- 

'•)  Unter  dor  üt4ierF,(;lirift :  Vf>ii  den  QuoHod  der  hossiwlien 
jüi'.htö.     Dort  wird  §  11  urtd  12   über  üersteobet)?  gehaudelt« 

2* 


I 


sofern  von  besonderer  Bedeutung  sind,  als  sie  über  die 
Zuverlässigkeit  des  Chronisten  oder  seiner  Gewälu*»- 
niiumer  einigen  Aufschluss  geben.  Wenig  Neues  und 
maiicliws  Unrichtige  enthält  dagpgen  B.  Rös4'\s  Artikel 
Gerstenberg  in  Ersch  und  Gruber's  Allgemeiner  Encyklo- 
pädie  1.  Section,  62.  Theil  8,  9U— 93,  der  besonders  auf 
Wenck  zurückgeht.  WerthvoUer  sind  wieder  Wt/ss*  kurze 
Ausführungen  in  der  Allgemeinen  deutschen  Biographie 
IX,  6t)  f.  und  die  Ergebnisse,  welche  die  Untersuchungen 
von  Ilgen  und  Vogel  über  den  thüringisch-hessischen 
Erbfolgestreit  {Zeitschr.  f.  Iie.s.s.  Gesch.  N.  F.  X,  161  flf.) 
hinsichtlich  der  Zuverlässigkeit  von  Gerstenbergs  Vor- 
lagen gehabt  haben ''). 

III. 
Das    Leben    Gerstenbergs.      Inhalt   und    Cha- 
rakteristik   der   thüringisch- hessischen 
C  h  r  o  n  i  k. 
Die  äU8.seren  Lebensumstände  des  Chronisten  sind, 
soweit  sich  dies  bei  der  Dürftigkeit  unserer  Niieli richten 
beurtheilen  lä.sst,  wenig  bewegter  .\rt  gewe.sen.    Wigand 
Gerstenberg,   genannt  Boddenbender  oder  Doleatoris  '*), 

")  Die  Oersteoberg  lietreffendea  SteÜPü  finden  sich  b.  a.  0. 
S.  157  und  178. 

"}  In  dein  unten  im  AubatJg  niit^ptheilteD  Brief  neuntorsich 
(luiffandus  Gorstenberg  (nicht  Oorstenbcrger),  gcnnnnt  Bodiiibender. 
In  der  Franloiibergtr  Chronik  fiiidtjt  sich  (S.  la,  32a  und  34  der 
ursprünglichen  Xurncrirunjj)  dieselbe  Naincnsfoi'ni  mit  d<3m  Zu- 
satxo  ^Bodderibcodirs'-.  Dio  Eiftiifor  Matrikel  (s.  .\iini.  20)  ver- 
zeichnet ihn  als  Wigand iis  Doleatoris.  und  &o  »(.hicibt  er  seinen 
Namen  auch  in  oinom  von  seiner  Hand  ausgestellten  Keverse  (s. 
Aiim.  26).  Uebor  diese  geuetiviischo  Namonsform  vgl.  Albert  _ 
Beinxe,  Die  deiUscheu  Familicuuameu  S.  34.  Der  doppelte  Zu-  | 
nanio,  den  der  Chronist  führt,  erklürt  sich  wohl,  wio  schon  Ayr- 
nmnn  (Syllogo  I,  Piolfgoni.  §  l)  vornmthot,  so,  dass  die  Familie 
zunächst  nach  dem  Urte  ihrui  Herkuuft  bosannt  wurdo  und  dass 
eist  später   in    Kücksieht   auf   da&  UültelibjiiaDdwerk   irgend  einw 


I 

I 


I 


wurde  am  1.  Mai  1457  in  Frankenberg  geboren'*). 
Heber  seine  Eltern,  seine  Familienvc^rliältnisse  und  seine 
Jagend  wissen  wir  nichts,  und  nur  soviel  ist  bekannt, 
dass  er  im  Frühling  1473  die  Erfurter  Hoclisriiule  be- 
zog, die  damals  viwl  von  Hessen  busucht  wurde,  um 
ßich  dem  Studium  der  Theologie  zu  widmen  ^").  Im 
Jahre  1486  Hndüu  wir  ihn  ak  Altaristen  in  P>anken- 
berg  wieder,  wo  er  auf  seine  Kosten  den  Kirchhof  ein- 
friedigen lässt*');  1497  stattet  er  zwei  Altäre  auf  das 
prächtigste  aus '^^l ;  zwei  Jahre  früher  ist  it  als  Ka- 
pellan des  Landgrafen  Williulm  des  Jüngeren  mit  diesem 
auf  dem  Reichstage  zu  Worms,  über  den  er  ausführ- 
liche Mitthnilungnn  inacht*'*).  Hier  setzte  er  es  durch, 
dass  die  Stadt  Franktniberg  ihr  Banner  wiedererhifrlt, 
welcliea  die  Bewohner  von  Medebach  bei  einem 
llf'berfalle  t^inst  erbeutet  hatten  ").  Bald  darauf  wurde 
er  von  letztgeniuiuteDi  Fürsten  mit  dem  Altäre  Felicis 
et  Adaucti  auf  dt-m  Schlosse  in  Marburg  belehnt,  wo- 
rüber er  am  10.  Januar  1497  einen  Revers  ausstellte''^). 


I 


Gliedes  derselbe«  der  ßtiiiame  Bodeiibondor  (BodiJenbontlci)  in 
Gebrauch  kafu.  Nicht  nacbzuueisen  ifit,  ilnss  Genstenbt'rg  solbst 
letilere  Benennung  io  Vietor  oder  Viefüris  iwio  auf  doin  alten,  abor 
nicht  von  dem  rhrouisleu  herriUrrcnden  Titel  der  Fraiikutib.  ChroD, 
zu  Jescn  ist)    Ifttinisiii:  babo.     Vgl.  hifriiber  nut-h    Schenk  a.  a.  0. 

'•)  Vorgl.  Abr.  Saur'a  Diaiium  zum  1.  Mai  (S.  257).  Säur 
stamrate  gleichfalJs  aub  Franienberg. 

*")  Ocsdiiuhtsijucllou  der  Frovinz  Sachsen  V']]!.  Bd.  Akten 
der  Erfurter  ruiversitat.  1,  Tiioü.  S.  3ö2.  Vgl.  auch  M.  Stölzl, 
Studirejtdo  der  Jtdiro  1368— lüOO  aus  dem  Gsbiote  des  späteren 
K'irfüi'steutliuinH  Hessen  iu  der  Zeitschrift  f.  hess.  (iesch.  N.  F. 
V.  Supplom.  S.  25  und  8.  5,  wo  von  der  Bedeutung  der  Univer- 
bität  Erfurt  fiir  Ho.s.sen  die  Rede  ist. 

")  Frankenb.  Chron.  od.  Faust  Sp.  70. 

»»)  Pas.  ep.  72. 

*■)  Monini.  Ilass.  II.  657  ff. 

**)  Franken b.  Chrou.  Sp.  72. 

")  Abgedruckt  in  den  Quartal bliittcro  dos  biBt.  Vtu-cina  für 
das  GroBsherzogtlium  Ilcssou  1B84  t>,  ^5. 


22 


ttT,  im  Jalirp  1517,  wan<ife  er  sich  in  einem 
Schreiben  an  ilon  Amtmann  BalthuHar  Sulirantf^nbach 
in  Giesspn  mit  der  Bitte  um  Fürspraclie  bf'i  dvr  Land- 
gräfin  Anna,  der  Witwe  Wilhelms  des  Mutieren,  za 
Gnnstt'ii  eint'S  Alts^rs  der  Pfarrkirche  zu  Frankenberg**). 
Am  27.  August  1522  ist  er  gestorben  ^^).  Dies  ist 
alles,  was  sich  mit  Bestimmtheit  über  sein  Leben  er- 
mitteln lässt"**). 

Von  den  lieiden  Arbeiten  Gerstenbergs  nimmt 
hinsichtlich  ilirer  Bedeutung  für  die  Kenntnis  der 
älteren  hi'sstschen  Hihtmiographti!  die  thüringisch-hes- 
sische Chronik  die  er.ste  8t<«llo  ein.  Sie  ist  nach 
seiner  eigenen  Angabe  im  Jahre  1493  „zusammen  ge- 
Hclirieben  '■').  \hi  aber  Nachrichten  sich  finden,  die  bis 
zum  Jahr»!  Ihlh  reichen '"j,  so  geht  wohl  nur  die  erate 
Anlage  des  Werkes  auf  jenen  Zeitpunkt  zurück. 

Dass  ea  bei  Gerstenbergs  nahten  Beziehungen  zum 
hessischen  Fürsteiiliause  nicht  zufällig  ist,  wenn  er  die 
Abfassung  einer  Landesgeschtchte  untt^rnahm,  zeigt  die 
Einleitung.  Anknii[)fend  an  das  Bibelwoii:  Mementote 
operum  patium,  quae  fecerunt  in  generationibus  suis,  et 
accipieti.s  gloiiam  magnam  '")  —  heisst  es  dort:  „Und 
wiewol  die  vorgescbriebeti  worte  uns  vorgelegt  werden 
zu  einer  geistlichen  lehre,  jedouh  zu  ehren  dem  edlen 
fürstfutluini  zu  Uewrscn  nn'igen  sie  wol  vorgelegt  werden 


I 
I 


••)  Abgodtuokt  uiitnti  im   Anliaiig  1. 

*»)  Säur  0.  a.  0.  üium  27.  AuKiwt  (8.  476). 

*•)  rio  aiischftiiliuhc  Si-hildcruiig  von  dum  BtHiide  der  Stadt 
Frankenboi'i;  i.  .1.  I47(i  (Frankt'tib.  Ohron.  Sp.  öl  ff.)  legt  die  Ver- 
mufhung  nalio.  dass  («erslenberg  Augonzeinjo  war.  Dass  G.  niclit 
iiherail,  wo  or  iils  holclicr  schreibt,  dies  ausdriiuklich  bemerkt, 
crgiobt  der  ürvviüititti  oitigehendo  Beriubt  über  d«a  Reichstag  eu 
Worms. 

")  Äyrniantf,  SyUoga  I,  6, 

«•)  B.  n.  8.  15. 

»'}  I.  Makkftb.  2,  51. 


23 


den  Hrleuchteten  bachgebornen  fürsten  und  bcrrti  den 
landgrafen  zu  Hessen,  auf  das  sie  gi'dencken  der  wercke 
der  alten  fürsten,  darzu  ihrer  elturn  und  ahnherrn,  was 
sie  getban  haben  in  ireu  gnberdt'n  und  iglicher  in 
seiner  zeit  seint-s  regemwnts,  auch  was  die  alten  fürsten 
lind  Herrn  gegen  goit  und  die  weit  und  gfffren  ho  lande, 
guts  geÜiHii  haben,  da.s.s  des  die  jungen  und  nach- 
kommende fürsten  und  Fürstinnen  ein  exempel  haben, 
denselben  nachzufijigen,  was  ancb  unbequem  und  ver- 
seumlioli  von  den  alten  füröten  und  herrn  gehandelt 
were,  dass  da  die  jungen  fürsten  sich  vor  hüten  und 
in  ein  bessern  wandeln  uiöehten"  u.  s.  w.  ^-).  Die 
Chrnnik  ist  also  —  ol)  infolge  besonderen  Auftrages 
oder  nicht,  lässt  sich  nicht  ermitteln  —  zunächst  für 
die  hessischen  Fürsten  und  deren  Gemahlinnen  und 
weiter  für  die  künftigen  Herren  des  Landes  hestluimt. 
Dass  dieselbe  in  deutscher  Sprache  abgefasst  wurde, 
dafür  giebt  Gerstenberg  den  Umstand  als  Grund  an, 
dass  „beyde  geistliche  und  weltliche  capitel  und  stiffte 
in  deutschen  landen  ire  briefFe  schreiben,  ausgeben  und 
innemen    in   deutscher   sprach,    da    doch    in  vergangen 


**)  Äymiatm  a.  a.  0.  ö.  4.  Aehtilich  äussert  sich  Gersten- 
berg Monim.  Haas.  IJ,  406  und,  auf  dio  VorMltnisso  seiner  Vftter- 
stjidt  siuh  beziehend,  Franken b.  Chrou.  Si).  2  f,  —  Die  in  dioser 
Arbeit  inittietheilton  StoIIpii  aun  der  tliiiiin(^i.sch-hes.Hisrheii  Chroirik 
habe  ich  iift(,h  durAusgabo  voti  Ä/»«/«fAt' wio<lof|;e|j;obon,  und  nur 
da,  wo  oin  Citat  ia  der  OiigmalhaDd^chnft  uieht  jnälir  m  Hnden 
ist  und  denigeniäfis  auch  bei  ikhininekc  foklt,  wurde  Ai/nnaun's 
Abdj'Uek  zu  Hülfe  gononiiiien ;  douJi  mussto  dessen  ri'ijelloso  Oiiho- 
graptiie  etwas  gloicbmasüigor  gestaltet  worden. 

Bei  Citatoti  aus  dflr  Frankonbetgei  Chronik  ist  dio  Ausgabe 
von  Fällst,  bo/.w.  Km-hvnbecker  borüot.siLbtigt  woideu,  duch  war, 
soweit  dio  betr.  ytolleu  in  der  UrJginalhaüdsi.hrift  tioüb  stehen, 
mit  eiuigeti  goiiugnii  Vuriindcrungcn  die  vou  Gerstoiiborg  auge- 
wantitc  OrthogrB]>hie  massgebend.  Dio  weiter  unten  aus  Lauzes 
Chronik  entnommenen  Stücke  sind  gtcichfalls  fast  ganz  uuver- 
üiidert  geblicbuu, 


24 


jähren  auch    die    leyen    lateinische    brieffe   gaben    und 
namen."  ^% 

Der  Inhalt  der  Chronik  ist  ein  aueserordenttich 
mannigfaltigen  Gerstenberg  theilt  denselben  in  zwei 
Bücher,  deren  erstes  die  Gt^schichte  von  Thüringen 
(wozu  seiner  Ansieht  nach  auch  Hessen  gehörte)  bis  zur 
Trennung  hfider  Liiiider  unifasste,  im  zweiten  kommt 
lediglieh  He.ssen  in  Betracht.  Als  ältesten  Beherrscher 
nennt  pr  Alexander  d.  Gr.,  den  er  ausführlich  b^ 
handelt.  Nachdi^m  Gerstenberg  dann  di«  Hiadoehcnzeit 
flüchtig  gt'strcift,  wendet  er  sich  dnr  römischen  Ge- 
schichte zu,  in  deren  Mittelpunkt  CüHar  und  dessen 
angeblich«*  Rrftbenuigt'ii  in  Deutschland  gestellt  werden. 
Weitläufiger  noch  sind  einzelne  EfMsoden  aus  der  Ge- 
schichte der  Merowinger  und  des  alten  Thüringerreichea 
dargestellt.  Dann  kommen  die  Karnlinger,  von  denen 
wieder  Karl  Martell  und  Karl  d.  Gr.  mit  ihren  Be- 
ziehungen zu  Thüringen  eine  besondere  Rolle  spielen  ; 
auch  der  Thätigkeit  des  Bonifatius  wird  eingehend  g 
dacht.  Wo  überhaupt  die  allgemeine  ReichsgeschichtB 
mit  den  Ge.sehitketi  Thüringens  sich  irgend  berührt, 
wird  dieselbe  in  weiterer  Ausdehnung  behandelt,  was 
besonders  bei  Heinrich  IV.  der  P'all  ist.  Dagegen  tritt 
diese  von  da  an,  wo  di«  Geschichte  der  Landgrafen 
beginnt,  mehr  in  den  Hintergrund.  In  der  ausführ- 
lichen Dar.stellinig  dieser  Zeit  nimmt  wieder  das  Leben 
der  heiligen  Elisabeth  und  ihres  Gemahles  den  meisten 
Raum  ein,  und  nur  hin  und  wieder  fällt  ein  spär- 
liches Facht  auf  die  Geschicke  des  hessisthen  Lundws. 
Das  zweite  Buch  beginnt  mit  der  Darstellung  des 
thüringiech-hessischen  Erbfolgestreites  und  behandelt 
im  weiteren  Verlaufe  die  einzelnen  hessischen  Land- 
grafen von  Heinrich  I.  bis  zum  Tode  Wilhelms  I.  (1515), 


»»)  Ayrmann  a,  a,  0.  S,  5. 


25 


I 
I 


I 


I 

I 


ihre  Fehden  mit  benachbarten  weltlichen  und  geist- 
lichen Fürsten,  unter  denen  die  Grafen  von  Nassau 
und  die  Erzbischöfe  von  Mainz  die  erste  Steile  ein- 
nehmen, mit  dem  einheimischen  und  fremden  Adel, 
ihre  Erwerbungen,  die  Gründung  von  Städten,  Stiftern 
und  Klöstern  in  Hessen  und  den  umliegenden  Landen 
u.  s.  w.  Seine  besondere  Aufmerksamkeit  richtet  er 
auf  die  genealogisclien  Vt^rliiiltnisse  nicht  nur  des  hes- 
sischen Fürstenhauses,  smidern  auch  der  Grafen  von 
Ziegenhain  und  KataenelnbogiMi,  dnien  Gebiete  später 
durch  Vertrag  an  Hessen  fielen  '^*).  I>ies  ist  in  grossen 
Zügen  der  Inhult  der  Chronik.  Ausserordentlich  zahl- 
reich sind  Eitiwchieb.sel  aller  Art,  dit*  Wunder,  Himmels- 
erscheinungen, Hnngersnnth,  Seuchnn,  Mis.«geburten  u.s.w. 
behandeln;  daneben  finden  sich  Nachrichten  über  Hei- 
lige, über  die  Ent-stehung  der  geistlichen  Orden,  sowie 
einzelne  Episoden  aus  der  Kaiser-  und  Papstgeschichte. 
Besonderes  Gewicht  legt  der  Chronist  auf  solche  Ereig- 
nisse, die  geeignet  sind,  die  Fitistcn  über  ihrn  Pflichten 
zu  belehren  und  sie  von  allerlei  Untugenden  und  Miss- 
griffen abzuhalten.  So  warnt  er  vor  IIirmäHsigk^it  im 
Essen  und  Trinken"*),  önkfuschheit^^l,  vorschneHem 
LlrtheiP"),  Simonie^")  und  thörichten  Ratligehern  *"), 
zeigt  an  Beispielen,  wie  unvortheilhaft  es  ist,  wenn 
Fürsten  und  Herren  ihre  Frauen  mit  in  den  Krieg 
nehmen  *''),  wie  gerährlich,  wenn  erstere  ihr  Ijeben  und 


*')  Monim.  Hilss.  II,  407:  Na<'li  denimalo  du  das  dio  gravo- 
scheffte  von  Ziyeiibayn,  njn  Nidde,  vwi  KaUiiwlnbogeo  undo  von 
Dietz  liirnacli  an  das  taut  lu  Hti|>iui  kutiunen  utiile  angevallcn 
siat,  so  geliurt  skh  deruolbm  gravea  auch  nudde  zu  ytid«nckoa. 

•*)  Aifrmami,  Syllogo  I,  14. 

«)  Das.  S.  87.  " 

»T  Monim.  Hass.  I,  80. 

»)  Daa.  S.  107  f. 

*•)  Ayrmanti,  Sylloge  1,  80  uud  40, 

")  Daa.  S.  143  f. 


26 

ihre  Gesnndheit  nnvorsichtig  ganz  ihren  Dienern  an- 
vertrauen"), »nd  ermahnt  zur  Wohltbätigkeit ")  und 
Gerechtigkeit*'),  zur  unausgesetzten  Sorge  fflr  Kirche, 
Land  und  Leute  und  zur  Demuth  vor  Gott**). 

Sonst  tritt  der  Verfasser  fast  nie  mit  subjektiven 
Aeusserungen  hervor**),  er  vermeidet  es  absichtlich, 
seine  Person  in  den  Vordergrund  zu  stellen.  Dem  aus- 
führlich S.  557 — 564  von  ihm  beschriebenen  Reichs- 
tage zu  Worms  (1495)  hat  er  selbst  beigewohnt;  er 
spricht  jedoch,  wie  oben  gesagt,  nicht  hiervon,  sondern 
erwähnt  es  nur  an  einer  Stelle  seiner  Frankenberger 
Chronik,  wo  er  es  nicht  gut  verschweigen  konnte*"). 

Die  Anordnung  des  Stoffes  ist  im  ganzen  ge- 
nommen streng  chronologisch.  In  den  meisten  Fällen 
giebt  er  da,  wo  er  hierzu  im  Stande  ist,  die  Jahreszahl 
bei  den  einzelnen  Ereignissen  an ;  sonst  begnügt  er 
sich  mit  Wendungen  wie:  „bie  dußen  getzyten",  „in 
denselbin  jaren"  u.  s.  w.  Die  grössere  oder  geringere 
Ausführlichkeit,   mit  der  er  die  Begebenheiten  erzählt, 


«'}  Das.  S.  16  f.  und  Monim.  Hass.  I,  84  f. 

««)  Ayrmann,  Sylloge  I,  89  und  100. 

*•)  Monim.  Hass.  II,  426. 

**)  Ayrmamt,  Sylloge  I,  103  f.,  130  und  Monim.  Hass.  1, 44. 
Auch  die  Stolle  bei  Ayrmann  S.  60  über  die  Herrschaft  der  Römer 
ist  in  lehrhaftem  Tone  gehalten.  Vgl.  ferner  das.  S.  36  f.,  43  oad 
Monim.  Hass.  I,  48  und  H,  397  f.  Ob  B.  Röae  Recht  bat,  wenn 
er  a.  a.0.  S.  91  annimmt,  dass  Gorstonbergs  moralislrende  Tendenz 
hervorgerufen  sei  durch  das  von  ihm  benutzte  Speculum  histotiae, 
dessen  Verfasser  die  nämliche  Neigung  zeige,  ist  nicht  zu  er- 
weisen. 

'*)  Nur  einmal  klagt  er  {Äjfrmann,  Sylloge  I,  121)  gelegent- 
lich darüber,  dass  die  Laien  im  Besitze  von  Zehnten,  die  Geist- 
lichen von  weltlichem  Out  seien.  Vergl.  auch  Fnmkenb.  Chron. 
Sp.  66,  wo  er  seine  Mitbürger  zur  Dankbarkeit  gegen  die  Be- 
wohner von  Treysa  auffordert. 

«•)  S.  0.  S.  21. 


I 

I 


I 


I 


langt  bei  ilim  in  der  Regel  nitht  von  ihier  Wiclitig- 
keit  ab»  sondern  ist  lediglich  diircli  den  Unifang  der 
jedesmaligen  Quelle  bedingt ;  so  kommt  es,  dass  oft  Vor- 
gänge von  untergeordneter  Bedeutung  viel  eingehnnder 
besprochen  werden  als  wichtige. 

Auf  mancherlei  Einwendungen  ist  der  Chronist  ge- 
fasst.  Solche,  tVm  ihm  einen  Vorwurf  daraus  machen  wollen, 
dass  er  Ereignisse  darstelle,  die  er  gar  nicht  miterlebt 
habe,  verweist  er  auf  Sallust  und  Livius,  auf  Hiero- 
nynius  und  Ambrosius,  denn  auch  diese  beriefen  sich 
auf  glaubwürdige  mündlich«  oder  schriftliche  Quellen'"). 
Doch  zeigt  er  in  seiner  Darstellung  selbst  eine  starke 
Abneigung  gegen  mündliche  Uebexlieferung.  Ausdrück- 
lich erklärt  er  in  dem  Berichte  über  die  Regierung 
Ludwigs  des  Frtedsanien  (1413  — 1458),  dass  ihm  der 
Stoff  nahezu  ausgehej  da  ihn  die  x'^ufzeichmmgen  für 
die  nun  kommende  Zeit  fast  gänzlich  im  Stiche  liesscn; 
wie  bisher,  «o  verschjnähe  er  es  auch  jetzt,  daa  Ge- 
BChehene  nach  Hörensagen  darzustellen  und  überlasse 
die  Aufgabe,  die  Geschichte  dieser  Zeit  zu  sclireiben, 
solchen,  welche  die  Ereignisse  erlebt  und  sich  z.  Th. 
in  der  Umgebung  des  genannten  Fürsten  befunden 
hätten.     Es   genügt   ihm,    etliche    Daten    und    Punkte, 


")  Aijnuann,  Syllogö  1,  H  f.  Diu  Stelle  ist  übrigens  bus 
Lu|iais'  Ix'bun  dos  heil.  \Vn;lH?tt  (Aot.i  Snutitonmi  Boll.  13.  Aiig. 
111.  1».  134  linke  Koluniito)  ntitlohnt.  wo  es  IioJKst;  Ncc  veio  cui- 
l|iuun  liacc  idi'u  jii*lit:uutui  iiiliiina,  r^iiod  octiiigcutesiiiui  trigivsiaio 
nxto  annij  DorfiiiiiL-ao  Imianiationis  .  .  .  luaosons  upvisculum  cu- 
doiis  ante  nonaKinta  arviioa  acta  rejMsteie  videar;  cum  [»nirecto,  si 
vel  levtter  eruditos,  non  ignorot  Salustium  Crispviin  THumquo 
Liviuia  non  pau^^a,  quao  illonim  aeintem  longe  firaecosscrant, 
patlLm  auditu  partim  kLitimio  toniperta  iianassc  ot,  ul  ad  nostros 
veniam,  Ilioroüynuim  Pauli  soi  vitaiu,  quae  ceito  rfinotis&inia 
fucrat,  lirtoriM  illustrass«  et  at>ti.stiteni  Aiiil)i'ü.sium  Viiginis  Agues 
passionoiii,  cm  profocto  coatemiKjralis  non  fucrat,  editain  reli-. 
quisse. 


28 

die  er  ,,zu.samTn engelesen",  aufzuzeichnen  „zn  vortfasel 
deme,  der  vortraers  schrib«?n  wil"*"). 

IV. 
Inhalt   und    Charakteristik    der   Frankei 


lerger 


Ch 


roni 


k. 


Gerstenberg  ist,  wie  erwähnt,  auch  Verfasser  einer 
Chronik  di^r  Stadt  Frankenbi-rg.  Wann  er  dieselbe 
begonnen,  ist  unbestimmt,  doch  fällt  die  Beendigung 
des  Werkes  nicht  vor  1505**').  Durch  die  Feuersbrunst 
vom  9.  Mai  1476  war  fast  der  ganze  Ort  Ringpäschert 
worden  und  auch  der  grösf^te  Theil  der  im  öffentlichen 
und  auch  wohl  im  privaten  Besitze  befindlichen  ür- 
kund<*n,  Rechnungshiicher,  i'hronikaJischen  Aufzeich- 
nungen u.  s.  w.  vernichtet  oder  sonst  abhanden  ge- 
kommen. „Dar  verhrante  der  stad",  so  klagt  der  Chro- 
nist, „alle  ire  altin  briefe,  Privilegien  unde  frj'heid,  die 
sie  hattin  von  keyl^er  Karolo,  von  kurvnig  Curde,  von 
kunnig  Hinridie  unde  von  andern  fursten  unde  hem. 
Darzvi  verbrautin  en  vile  chrnniken,  aide  regist«r  unde 
vile  guter  rechtbucher""*").  Ger.stenberg  übernahm  es 
nun,  mit  Hülfe  von  Urkunden,  Au.szügen  aus  solchen, 
Abschriften  und  mit  Benutzung  chronikalischer  Notizen, 
die  sich  auf  irgend  eine  Weisse  erhalten  hatten,  den 
Verlust,    soweit  dies  noch  möglich  war,    zu  ersetzen  *'). 

Wie  er  sein  grösseres  Werk  über  die  thüringisch- 
hessische  Geschichte  gewisserniassen  dem  landgräflichen 
Hause  widmet*"),  so  hat  tr  nach  seiner  eigenen  Aus- 
sage  die   Stadtchronik    der    Bürgerschaft    „zu  eren  ge- 


*•)  Monim.  Hasa.  U,  &22  f. 
»)  8.  0,  S.  13. 
«•)  Sp.  62. 

*')  Sp,  3,  wo  autih  von  tier  verbranntGu  „herrlichen"  Stidt- 
chronik  die  Rede  ist,  und  Bp.  70.     Vgl.  ferner  Sp.  63. 
w)  S.  0.  B.  22  f. 


t 


I 


I 

I 


macht,  gfischrebiii  iinde  vor  eyn  g^dechtenisse  geschenkt 
linde  gplapin,  syner  darbie  zu  gedenken" ^^),  Auch 
hier  wird  der  Zweck  der  Arbeit  deutlich  ausgesprochen. 
Die  jungen  Bürger  sollen  sich  die  Thaten  der  Vorfahren 
zum  Muster  nehmen^  sich  aber  vor  deren  Fehlern 
hüten  ;  er  will  ihnen  zeigen,  dass  die  Stadt  durch  den 
echten  Bürgersinn  ihrer  Bewohner  vor  Zeit<'n  gross 
und  mäclitig  gewesen  ist'^*).  Bevor  er  die  Geschichte 
seines  Heimathortes  erzählt,  weist  er  in  einer  Art  von 
Einleitung  auf  die  bedimtende  Stellung  hin,  die  Franken- 
berg einst  eingenommen,  und  nennt  mit  Bezug  auf  ein 
Bibelwort,  das  er  auch  hier  an  den  Anfang  der  Chro- 
nik set^t^  die  Stadt  eine  Pforte  des  Landes,  weil  sie 
den  fränkischen  Herrschern  als  starker  Stützpunkt 
gegen  die  Sachsen  gedient  habe.  Eine  „Pforte  der 
Christen"  und  „hohe  Pforte  Gottes,  des  ewigen  Hi-rrn", 
wurde  Frankenberg  dadurch,  dass  Karl  Martell,  Karl- 
luann,  Pippin  und  Karl  d.  Gr.  von  hier  aus  die  heid- 
nischen Sachsen  bekriegten,  die  schliesslich  überwunden 
und  zum  Christenthum  bekehrt  wui'den.  Endhch  war 
die  Stadt  auch  „eine  gute  Pforte,  am  Ende  des  Landes 
gelegen",  als  die  von  Mainz,  Köln,  Paderborn,  Nassau, 
Ziegeniiain,  Waldeck,  Wittgenstein  und  andeie  Wider- 
sacher die  Landgrafen  befehdeten.  — 

Nach  der  Meinung  des  Chronisten  hat  Franken- 
berg eine  fast  tausendjährige  Geschichte.  Der  Franken- 
kOnig  Dietrich  erbaute  nämlich  gfgen  die  Sachsen,  die 
in  Sachsenberg  ein  starkes  Bollwerk  halten  und  von 
hier  aus  Hessen  häutig  beunruhigten,  im  Jahre  520 
Landes  auf  einer  .'Vnhölie  eine  Krni- 
dieselbe    Frankenberg.       Diese    Burg 


zum  Schutze   des 
nate    und    nannte 


")  Sp.  70. 

")  Sji.  2  f.  Äeluiiiih  spiiclit  er  sich  in  dor  thüririniseh- 
hessiscben  Chiunik  {Ayrmann^  Syltoge  I,  49  f.)  über  den  Oenioin- 
äiun  der  Küiiicr  au.s, 


30 


war    auch    in    den    folgenden    Jahrliunderten    der    Aus- 
gangspunkt   für    dif>    gingen    Ale    Sachsfin    gerichteten 
Unternehmtuigi-'n    der     fränkistln^ii     Herrscher    bis     auf 
Karl  df-n  Grossen,   der    diesülbn  zu  einem  HauptwaflFen- 
plafz  maclite.     Mit  einem  gewissen  Behagen  beschreibt, 
sodann  der  Chronist    die  Lage  der  inzwischen  za  einer 
ansehnlichen  Sttidt   gewordenen   Keste,    die    Strassen  u. 
8,  w.    und    iiir    Wacijsthmn,    das    nach    seiner    Ansicht 
hauptwäohlich  der   Anffijidiing   von  Uoldinirien,  der  An- 
kgung  einer  Münze  in  der  Stadt  durcli   Karl  und  zahl- 
reichen   Privilegien    zu    verdanken  war.       Weitere    Ver- 
günstigungen wurden  derselben  durch   König  Konrad  1. 
und  .später  durch  den  Landgrafen  Heinrieh  L    zu  Theil. 
Auch  hier    lässt  es  .sich  Gerstenberg   nicht  nehmen,  ein 
ausführliches  Bild  von  dem  Wohlstand  der  Stadt  zu  ent- 
werfen,    Abt'T  aUmählich  kam  Frankenberg  infolge  ver- 
schiedener Unistande  und  Itesonders  durch  die  zahlreichen 
Fehden  der  Landgrafen  mit  ihren  Nachbarn  herunter,  und 
als  nun  gar  im  Jahre  1476  ein  furchtbares  Brandunglück 
die  Stadt  heimsuchte,  war  es  für  immer  mit  der  Blüthe 
derselben  vorbei.      Denn  nach  dem  Tode  Heinrichs  des 
Reichen  (1483),    der    dem    Orte    auf  all*?  Weise   aufzu- 
helfen suchte,  wurde  Fraukenberg  durch  die  Diener  des 
Doch    unmündigen    Wilhelm    dt^s    Jüngeren    und    deren 
Helfershelfer  unterdrückt  und  geschädigt.     In  kräftigen 
Worten    macht     .lich     der    Chronist     Luft    über    diese 
„Schälke"    und    „Sjut-zhüte"    und    unterzieht    sich    der 
Idühe,   ein    langes    Verzeitliriis    ilirer    au  der  Stadt  ver- 
übten    Mis.setliaten    aufzustellen '''').       In    den    folgenden 
AbstJinitten     werden     hauptsächlich     die    Bemühungen 
wohlhabendiT    Bewtdiner   um    eine    eijiigernia.ssun  wür- 
dige  Ausstattung  ihres  üotte.sliauses  erwähnt,  Vorgänge 
von  grösserer   Wiihtigkeit  dagegi^i  nur  in  beschränkter 

"•)  Dasselbe   i<<t.   weil  es  in    tieo    Ausgaben  Tohlt.   uutea  im 
AntiODg  II  abgedruckt 


Zahl:  z.  B.  die  Wallfahrten  W'ilbphns  des  Jüngeren 
nach  Frankeiiberg,  der  Besuch  der  Stadt  durch  den 
Kardinal  Kaimund  im  Jahre  1503,  der  zweimalige  Aus- 
bruch der  Pest  i»  demselben  (ind  dem  folgenden  Jahre 
u.  a.  m.  — 

Mit  den  ihm  zn  Gebote  stehenden  Mitteln  musste 
Gerstenberg  von  vornherein  diirauf  verzirbteii,  si-itien 
Mitbürgern  ein  lebensvollea  Bild  von  der  üest:liicht<n 
der  Stadt  zu  entwerfen;  es  konnte  ihm  nur  darauf  an- 
kommen, alles  zu.samiiiHnzu.stelieii,  wits  gei^igimt  war, 
irgend  welchen  Auffichluäa  zu  geben.  Man  darf  daher 
bei  der  Beurtheilung  dieses  Flickwerkes  keinen  strengen 
Maastab  anlegen,  man  darf  inbaltlich  und  formal 
letzteres  nicht  mit  den  gleichzeitigen  historiographischeii 
Erzeugnissen  der  grossen  Städte  im  Süden,  Westen 
und  Norden  des  Reiches  vergleichen,  wo  die  Chronisten 
einen  wesentlich  umfassenderen  und  inhaltsreicheren 
Stoff  zu  verarbeiten  in  der  Lage  waren.  Nur  für  einen 
verbältnismäs.sig  kleinen  und  an  hervorragenden  Ereig- 
nissen recht  armen  Zeitraum  kann  sodann  der  Chronist 
als  Augenzeuge  gelten.  Dass  er  ab^r  anschaulich  zu 
erzählen  versteht,  zeigt  unter  anderem  die  Scbilderung, 
die  er  von  dem  grossen  Brande  der  Stadt  entwirft. 
Wenn  es  ihm  ferner  nicht  stets  gelungen  ist,  die  Ge- 
schichte der  letzten?»  ioit  der  des  Landes  in  innigere 
Bezieliung  zu  setzen,  so  trägt  auch  hier  die  dürftige 
Ueberüeferung  die  meiste  Schuld  ;  freilich  findet  .sich  auf 
der  anderen  Seitn  wi<'der  eine  Anziihl  von  Stellen,  welche 
mit    Frankenberg  nicht  das    Geringste    zu  tliun   Imben. 


V. 


D  i  e  Q  u  e  1 1  e  n    und    i  li  r  h    H  e  n  u  t  z  u  n  g. 

In  der  Einleitung  zu  seiner  thüringi-sch-hessischen 
Chronik  stellt  Gerstenberg  ein  ziemlich  voll.staudiges 
Verzeichnis     der     von     ihm      hauptsächlich     benutzten 


Quellen  auf;  was  er  ausser  diesen  noch  verwandt  bat, 
führt    er   meist    im    Texte    an**).      Ein    recht  ninfang- 

reiches  Material  ist  hier  zur  Verarb*>itiing  gekommen, 
und  zwar  geliürt  dasselbe  nicht  nur  der  mittelalter- 
lichen scholastischen  und  historischen  Litterator  an, 
auch  das  Alt^rthom  i.st  vt^rtretf-n.  Schmilzt  bei  näherem 
Zusehen  diu  stattliche  Anzahl  d^i-r  angeblich  benutzten 
Autoren  aoch  bettächtlieh  zusammen,  indem  der  Chro- 
nist viele  nur  mittelbar  aus  Citaten  hei  anderen  Ge- 
schichtschreibern kennt,  so  ist  seine  Belesenheit  doch 
eine  immerhin  achtungswerthe. 

Von  antiken  Schriftstellern  macht  er  namhaft 
Aristoteles,  Galenus,  Lucanus,  Seneca,  Valerius  Maxi- 
mus, Josephus  (Hegesippus),  Plinius  den  A eiteren,  Sue- 
toniuB,  Justinus,  Kufus  Festus,  Macrobius ;  ferner  Au- 
gustinus, Hieronymus,  Orosius,  Gregorius  Magnus. 

Häutiger  als  aus  diesen  nimmt  er  seine  Mitthei- 
lungen für  das  Alterthnni  und  vv<^iterhin  für  das  Mittel- 
alter aus  den  damals  gangbanm  Handbüchern  der  Ge- 
schichte: Bedas  und  Ilelinandiis'  Chroniken  werden  wie 
das  Pantheon  des  Gotfried  von  Viterbo  und  das  als 
Cursus  muiidi  bezeichnete  Cosmodromium  des  Gobe- 
linus  Per.sona^')  nur  sehr  vereinzelt  genannt;  wenig 
Gebraucii  hat  er  auch  von  der  Historia  scholastica  des 
Petrus  Comestor  gemacht;  hier  und  da  bezieht  er  sich 


*•)  Einen  Tlieil  der  Autoren  titirt  er  golegcntlich  auch  iu 
der  FratiLenbotgor  Chronik;  andererseits  ist  die  Anzahl  der  Schrift- 
steller sehr  giiringt  die  nur  hier  und  nicht  auch  in  der  thüringisch- 
hessischen  Ciironik  genannt  werden. 

")  Frankonb.  Chrnn.  8p.  8,  Ayruuinn  S.  18  und  Moniro. 
Eass.  II.  53(\  Da  die  Setzte  Stelle  He/ug  auf  do-s  Jahr  1440 
nimmt,  während  die  Chronik  des  Uobelinus  l'ersojia  nur  bis  U18 
reicht,  so  int  entweder  das  Citut  falsch  oder  Gersteoborg  hit 
irgend  eine  Fortsetzung  benutzt.  —  Die  oben  angeführte  Ucber- 
setzuDg  de8  Wortes  Cosniodroniiuin  findet  sich  schon  bei  Engel- 
hu»  (88.  rcr.  BranBv.  II.  979). 


33 


auf  den  Traktat,  des  Jordan  von  Osnabrück  De  prapro- 
gativa  Romani  imperii.  Nur  t*inmal  wird  Honorius 
genannt  ^*).  Oefter  bmuft  sich  Gerstfnberg  auf  Hfr- 
Diannus  Jaiiui-nsis  und  auf  Marfinus  Fuldensis;  am 
metstvn  wcii«"ipft  er  aus  dnui  Speculum  bistoriae  des 
Vincenz  von  Beauvais,  dem  Fasuiculus  temporura  des 
Wnrtier  Rolewinck  und  der  Chronik  d^^s  Dinfrich 
Engelhus. 

Für  gewiss*»  Perioden  des  Mittelalters  dienen  ilira 
:il;<  Quelle  Gregor  von  Tourn,  Paulus  Üiaconus  in  seiner 
Hi.sttiri;!  Romana  und  Historla  Ijangobardnnun  und  der 
gefiilisfhtH  'i'urpinuH;  seltener  citirt  nr  Dietrich  von 
Ni'  m  und  Aeneas  Silvius.  Reichlicheren  Gebrauch 
macht  Gersteiiberg  von  i-ineni  Ge>>chicbtÄweik,  dessen 
Verfasser  er  Lambertus  Leodicensis  nennt •'*'').  —  Nicht 
tiälier  bekannt  scheinen  die  Arbeiten  zweier  Kano- 
niker, des  Kburhartus  und  Waltberhis  ""),  und  die 
Schriften  zweier  Mönche,  des  8alumarus  und  Theo- 
tbonea  "')  zu  sein,  auf  die  «t  einmal  liinweiüt. 

Von  einznlnen  Länder-  und  Städtegeachichten  be- 
nutzt er  mehr   oder    minder  liäutig    folgende:    Heinrich 


*•)  Moüini.  Hjvss,  I,  54. 

")  Wriii-k  {Ht!ss.  Ijwidehgesch.  1  p.  XVI)  vermuHtpt,  dASS 
liier  eine  Verwi-chsluug  mit  Ijiuibcrt  von  fJei^f&ld  vorliegun  iiiüsüe. 
Oiea  ist  unrichtig,  denn  Otirstenberg  eitirt  den  LamlH3itus  1x<odi- 
(CUMK  oiclit  nur  bei  Nacliricliten,  die  Uiatsiichlicli  auf  den  llers- 
leldev  Chrouisteti  zurückgnhen,  soiideru  auu*h  nookI,  wo  au  eine 
Benutzung  d«s  letzteren  nicht  zu  deulcii  ist  und  wo  die  Mitthei- 
lungen aus  Biutio  (de  bcllo  Saxonico),  Uornuld  und  andorfsn  Ge- 
Hchitlitschr eibern  goscLüpft  Hiud.  Itli  finde  Laruljertus  Loodi- 
ceasis  zuen^t  Monira.  Hass.  t,  4ti  (z.  .1.  908),  zuletzt  das.  246  (tun 
1170)  citirt 

<»«)  Ayrmann  S.  123. 

*')  Pas.  S.  109,  wo  jedoch  der  Heraiisgelwr  iritliüailitli 
Tlieodorus  statt  ThL^tooes  sohreibt. 


K.  F.  XVII.  B<l. 


8 


34 

Rosla's  Sachsenchronik  ^%  eine  schwäbische ")  and  eine 
der  sehr  zahlreichen  thüringischen  Chroniken**);  femer 
die  Strassburger  Chronik  des  Jakob  Twinger  vtm 
Königshofen,  eine  Mainzer  Chronik*^)  und  die  Nfin- 
berger  Chronik  des  Hartmann  Schedel,  die  er  in  der 
von  Georg  Alt  herrührenden  Uebersetzung  gekannt  sn 
haben  scheint  ^).  Was  er  diesen  Werken  entnahm,  be> 
zieht  sich  zum  grössten  Theile  auf  die  allgemeine  dentaehe 
Geschichte,  dagegen  ist  ihm  die  Limbnrger  Chronik 
ausserdem    noch    eine    verhältnismässig    reiche    Fund- 


**)  Auf  dieses  Werk  des  Verfassers  der  sog.  Heriingsbeiga 
hat  meines  Wisseos  zuerst  A'  Ontbe  (Jdirb.  d.  Görres-OeBelliick 
III,  62  f.)  aufmerksam  gemaclit  Die  Stellen,  wo  Sosla's  Sadiaen- 
chroaik  vou  Gerutenberg  uitirt  wird  {Aifrmami  8.  199  nnd  Fkan- 
kenb.  Chron.  Sp.  16),  verbreiten  kein  neues  Licht  über  RobU's  Ar- 
beit: Gerstenberg  nennt  beide  Male  neben  Roela  aadi  Eogelhw 
als  Gewährsmann,  und  letzterer  führt  an  der  entsprechenden  Stelle 
in  der  That  einige  Verse  Rosla's  wörtlich  an  {Leibnüx,  88.  rar. 
Brunsv.  II,  1062). 

**)  Ich  vennuthe,  dass  hiermit  die  bei  Pottkast^  BibUotheca 
S.  424  verzeichnete  'Chronik  des  Thomas  Lirer  gemeint  ist,  die 
ich  nicht  einsehen  konnte. 

**)  Nicht  das  Werk  des  Johannes  Rothe,  sondern  die  sog. 
Chronica  und  Zeitregister  von  No^,  die  auch  von  anderen  hes- 
sischen Chronisten  benutzt  wurde.  Vgl.  über  dieselbe  Wenek  a.  a. 
0.  p.  IX  und  X. 

**)  Der  Verfasser  derselben  ist  vielleicht  Johaoo  Hebelia 
von  Heymbach,  der  in  seiner  (freilich  erst  im  Jahre  1600  ver- 
fassten)  Chronik  die  Inschriften  der  Kirche  zu  8t.  Alban  bei  Mainz 
aufgezeichnet  hat  (daraus  mitgetheiit  von  Ph.  Joffe  in  den  Mooa- 
menta  Moguntina  S.  714  ff.;.  Gersten berg  erwähnt  oiimlich  (bei 
ÄyrmmtH  S.  58)  eine  Grabschrift  des  Mainzer  Bischöfe  Anrei«, 
aus  der  er  das  Todesjahr  desselben  (454)  entnimmt,  und  fühlt 
(das.  8.  140)  wörtlich  die  In.schrill  auf  dem  Sarge  der  Fastrada 
au,  die  sich  vollständiger  in  einer  Würzburger  Handschrift  roo 
Hebeiins  Chronik  findet  (Monum.  Mogunt.  8.  71  f.  Note  8).  Ueber 
Hebelin  vgl.  besonders  D.  König  in  den  Forsch,  z.  deutsch.  Gesch. 
XX,  63  ff. 

*")  Nur  diesen  nennt  er. 


I 
I 


I 


I 


I 


grabe  für  die  hesaisebe  Geschicbte  im  vierzehnten  Jahr- 
hundert gewesen. 

Daneben  bat  die  Legendenlitteratiir  Bedeutung  für 
ihn.  £r  kennt  die  Lebensbeschreibungen  des  Einsiediers 
Paulus  von  Hieronymus,  der  Agnes  von  Ambrosins  *'), 
des  Goar  von  Wandalbert,  des  Kilian  ^),  des  Boni- 
fatius**),  des  Godnhard  von  VVolfliere '").  Das  von  Die- 
trich von  Apolda  verfasäte  Leben  der  heil.  EÜBabeth 
bat  er  grossentlieils  in  seine  Chronik  berüberge- 
nommen"),  auch  die  Biographie  Ludwig'»  IV.,  ihres 
Gemabl-i,  die  von  dessen  Kaplan  Bernhard  herrührt, 
wird  üfter  benutzt.  In  sehr  wenigen  Fällen  ist  ihm 
die  Historia  Longobardica  des  Jacobus  de  Voragine 
Quelle  gewesen,  und  nur  einmal  kommt  eine  nicht 
näher  bekannte  Vita  der  Wilhildis  vor'*). 


I 


*')  Diese  beiüeii  wonigsleDS  dem  Naxneo  aacb:  vgl  ADm.47. 

*')  Fraiikcub.  t'lirou.  Sp.  8,  Es  scheint  die  bei  Canüitts^ 
Lect  antiqu.  {ed.  duv.)  111,  1  aligedrackte,  ftugL-Mict)  voo  Egtlward 
herrührende  Vita  pemeiut  zu  seiu.  Die  dort  (S.  17J>)  iu  Betracht 
komDiende  vStelle  lautet:  Qua  {ac.  Gallia)  pemietata  in  provinciam 
Gertnanioe  derenit  quae  ab  iucoUa  terrae  ipsiua  OrieataliB  Francia 
voci(atur, 

••)  Frauken b.  Chroniic  8p.  6  und  Atfrmann  S.  108.  Nach 
dem  Citat  aa  letzteroi'  Stelle  kannte  Oenstenberg  mehrere  Legenden 
des  Boiiifatius;  doch  lässt  sich  die  dort  raitgeth«ilte  Sage  von 
eiaem  Siege  des  Heiligen  über  die  Sachsen  am  Gehülfenbcrge  in 
den  godractten  älteren  Legenden  nicht  nachweisen  und  ist  wobl 
sp&teien  Ursprungs.     Vgl.  auch  Acta  Sauet.  Bell.  5.  Juni  1,  498  f. 

'")  Die  Monira.  Hasa.  1,  06  angefahrte  Steile  ist  theila  aus 
Wolfhere's  Vita  Godehardi  prior  (Motium.  Genn.  SS.  XI,  194,  *— b 
uad  10— la),  theils  aus  der  Vita  posteiior  (das.  S.  209,  m-b?)  ge- 
nommen. 

")  Dass  er  nicht  die  uotei  dein  Tittd  Chrooica  sant  Elisa- 
bet  orschienene  Uebersetzuog  der  genannten  Biographie  benutzt 
hat,  erwähßt  bereits  Wenck  a.  a.  0.  p.  VIL  Die  deutsche  Ueber- 
traguQg  'wurde  erat  i.  J.  1520  gedruckt  (bei  Mathcs  Maler  in  Erfurt). 

•*)  Frankenb.  Chron.  Sp  8,  wo  aber  die  falsche  Lesail  Wich- 
tUdiB  steht. 

8* 


36 


Scliliesf,lich  mag  noch  erwälmt  werdfii,  dass  er 
einmal  iJfti  Glossogr;i|>h»'ii  l'ajiias  '•')  und  den  Papst 
Innocenz  111."*)  t-itirt.  Hin  und  wieder  entnimmt  er 
Nt^iuen  QiM'lli'H,  tiumfiiHicii  Kng^'lims,  Uenkvers*^  (Mouim. 
Ha.s.s.  11,  :i7:i,  4i!U,  44«,  älH,  ^26,  im,  546,  ööO)  •*)  und 
bezieht  sich  auch  einige  Male  auf  Urkunden,  indem  er 
dieselbiMi  bald  wörtlich,  bald  ausü,ngsweiise  mittheilt, 
bald  nur  kurz  auf  sie  verweist  (*S.  468  ff.,  496  f.,  506, 
623,  534).  Zuweilen  hat  e.s  den  Anschein,  als  ob  er 
urkundliches  Material  benotzt  liabe  (S.  450,  z.  J,  1310; 
S.  494,  z.  J.  ia'^3:  S.  5Üti,  z.  J.  1389  u.  s.  w.). 


")  Aynuamt  8.  18. 

'*)  Mooitii.  Haiäs.  I,  83. 

'^)  Damittor  hehaiiiielti  zwei  (S.  420  uud  518)  Ereigniaae 
aus  der  hessiselicii  ( losuhii.hto :  der  erMtore  botrifft  den  Brand  von 
Marburg  (iiu  .F.  1261).  vvalircrid  "i<.'r  aiiden*  sich  auf  die  EiniLsthe- 
rmig  vtjti  Kiicbliaiii  dmi-li  dtsu  Orafou  Ileiiiritih  (VII.)  von  W'aldock 
(iru  J.  14J2)  boaiolit  Lotztcror  Vers  kehrt  bei  Lau\e  S.  262, 
aber  iu  etwa»  verandcrtor  Form,  wioder.  Ein  anderer  Denkvprs 
auf  diisselbo  Krcigniss,  d(>n  Johauu  Bop|i«nhouKor  auH  Kirohhain 
Terfasst«,  findet  sich  in  der  ,Hos.sigf.bpD  Zoitrccfuiung"  (S.  Ifiüa 
dos  d<ir  Stund.  Ijvndcsbibl.  in  Ka.s.sel  angohürcuden  Kxemplares  des 
Alten  und  neuen  hess.  Sc-breib-,  MiLrkto- und  iMnüiiikuii-Kalondur!*). 
—  Von  den  Ix'idon  liL^dichteii,  dio  tiei"steiiberg  luitlheilt  (S  51 5 
und  Ö36),  bat  das  eine  die  Ermordung  Friedricb  s  yoq  Üi-nun- 
schweig  (im  J.  1400}  zum  Go^ooMand  und  ist  aus  fh'rtrich  Eiiyei- 
hu*  i'hroaik  (SS  i-cr.  Brun.sv.  II,  ll37i  gononuncn,  das  audure 
feiert  Liuidjfiaf  Ludwig  1,  als  trefllitlien  Landesfüi-sten  Auch 
«lieser  Vers  lindet  sich,  ((loiclifaüs  etwns  umgostaltot,  l)ei  [aiux^  S. 
267a.  Letzb-ier  tbyilt  au.sBoriieiu  S.  2456  folgeudej*  L>i»tK:hon  auf 
J.udwig  mit,  das,  wie  dm  Aufaiig  lebrt,  aus  einem  grös-serea 
Ganzen  stammt: 

Quiqae  ob  iuütttiae  cultuin  k-guinquo  sacrarum 
üblali  tituloa  abauit  imporii. 

Pie  Quelle  mag  ein  Loligediilit  auf  tien  Ijinilp-afen  seio, 
wie  soiclio  z.  II.  eiu  italienischor  Humanist  auf  Wilhelm  den  Ael- 
tereii  verras.sle  (mitgetbeilt  in  />r7iVA"*  hoss.  L'hrouik,  Ausgabe  v. 
ie05.  11.  263a  ff.). 


I 
I 

I 


Von  grösserpr  Wichtigki^t  ist  fs,  dflss  Gprsten- 
berg  eine  Anzahl  hessischt^r  GeschicbUqiiplIen  benutzt 
und  in  den  meisteji  Fallen  iiucli  iiiimh-ift  geinaclit  hat, 
d'w  in  ihrer  ursprünglichf'n  Gestalt  verloren  ptegangen 
sind.  Für  einen  erliebliclieii  TKeil  des  dreixehnten  und 
da-s  erste  Drittel  des  vierzehnten  Jithrhundetts  ist  Ried- 
esel Hauptquelle,  für  das  letztere  kommt  dann  bn- 
sonders  die  sog.  Hessenchronik  in  Betracht.  Von 
untergeordneter  Bedeuhing  sind  sodann  Aufzeichnungen, 
die  in  den  Klöstern  Hersfeld,  Georgenberg  hei  Pranken- 
berg, .Spiesskapjjel,  Aulisherg  und  Hainu  gemacht 
wurden  ;  in  Haina  ist  wohl  auch  die  einige  Male  von 
Gersteriberg  benutzte  Legende  den  Bruders  Kurd  von 
Hirle-sheim  entstanden.  Ganz  vereinzelt  scIiHjift  der 
Chronist  auch  aus  nicht  näher  bekannten  Aufzeich- 
nungen des  Kanzler^;  Tileniann  Hulliiuch  und  giebt  hin 
und  wieder  die  Ziegenliainer  und  Katzenelnhogener 
Grafen  betreffende  Nachrichten  genealogischer  Art,  über 
deren  Tr-spriuig  gleichfalls  I'nklarheit  herr.Hcht. 

Hin.'siehtlich  der  t^Hiellenhenutzung  erklärt  er  aus- 
drücklich, dass  er  nichts  willkürlich  hinzugesetzt,  aus- 
gelas.seii  und,  abgesehen  von  einer  hier  und  da  ge- 
drängteren Daratellung  des  Stuffes,  keinerlei  Verände- 
rungen mit  letzterem  vorgenommen  habe.  Bei  der 
grossen  Verschiedenheit  der  einzelnen  Quellen  rück- 
sichtlich der  Chronologie,  der  Ausführlichkeit  und  der 
ganzen  Art  der  Darstellung  sieht  Ger&tenherg  voraus, 
dass  man  neberein.stimmung  mit  anderen  Werken  in 
diesen  Punkten  häufig  vermissen  wird  ;  er  warnt  aber 
davor,  bei  einem  wtih'lu'n  Falle  in  der  ,, ersten  Bewe- 
gung" seine  Arbeit  gering  zu  acliten  oder  zu  verbe.sse.rn. 
Der  Betreffende  soll  vielmehr  die  vom  Verfasser  be- 
nutzten   Schriften    erst    gründlich   lesen;   dann  wird  er 

dass  einer  lencer  oder  korzer 


sich  davon    unerzpugei 
die  daten    schreibet 


lenger  od 
ann   der  ander".     Doch    will  der 


38 


Chronist  dies  nicht  so  verstanden  wissen,  als  ob  sein 
Werk  gar  keiner  Richtigstellung  bi^dürfe :  er  legt  viel- 
mehr jedem  wirklich  Händigen  die  Bitte  ans  Herz,  zu 
j^corrigiren,    einendiren  und  bessern  in  der  warheit"  '*). 

Da  unsere  Kenntnis  der  oben  erwähnten  hes- 
sischen Geschichisquellen  fast  nur  auf  Ger^tenbergs 
Vermittelung  beruht,  so  ist  es  von  Wichtigkeit  festzu- 
stellen, üb  er  bei  Benutzung  seiner  Vorlagen  gewissen- 
haft verfahren  ist  oder  nicht,  ob  also  das  Bild,  das  er 
uns  von  der  früheren  hessischen  Geschichtsthreibung 
giebt,  auf  Zuverlässigkeit  und  einige  Vollständigkeit 
Anspruch  erheben  darf.  Wir  wählen  zu  diesem  Zwecke 
einen  Vergleich  mit  der  Limbiirgor  Chronik'').  Die- 
selbe, die  Gerstf'.nbürg  etwa  40mal  citirt,  eignet  sich 
hierzu  nicht  nur  wegen  der  verhältnismässig  sicheren 
Ueberlieferung,  sondern  auch  deshalb,  weil  sie  sehr 
viel   Hessisches  enthält. 

l'^in  Vergleich  der  aus  dieser  Quellenschrift  her- 
rührenden Nachrichten  in  seiner  thüringisch-hessischen 
Chronik  mit  den  Parallelstellen  der  Limburger  Chronik 
Zf'igt,  dass  er  im  ganzen  sich  eng  an  »eine  Vorlage 
anschliesst  und  diese  genau  wiedergiebt.  Doch  finden 
sich  einige  Fälle,  wo  er  gewisse  Bemerkungen  der 
letzteren  auslä.sst.  So  fehlt  S.  467  (z.  J.  18351  der 
Zusatz  der  Vorlage  (S.  25,  9):  ,,«nde  lagen  nun  dage 
in  dem  lande  zu  Sassen*'.  S.  481  f.  (z.  J.  1350)  hat 
sich  Gerstenberg  kürzer  gefasst  und  ein  Stück  {S.  38, 
10—13  u.  1»  „bit  an  Cassel")  nicht  wiedergegeben.  Eben- 
so fehlt  S.  507  (z.  J.  1391)  die  Bemerkung  der  Vor- 
lage (S.  83.  22  u  23),  dass  auch  der  Bischof  von  Pader- 
born und  Herzog  Otto  von  Braunschweig  an  dem  Zuge 


I 


'*)  Ayrrnanity  Syllogfl  I,  8  f.  Aehnlich  auiisort  sich  M  ar- 
tinufi  MinorJta  bei  Eemrd,  Corp.  bist.  med.  aov.  I,  1551, 

")  Hflrauhgegeheu  von  Arthur  H'yss  in  den  Monum.  Germ- 
Deutsche  Chionikeo  IV,  1. 


gegen  die  Herren  von  Padberg  theilnalimen.  Die  Nach- 
richten der  Limburger  Chronik  S.  63,  1  —  10  über 
die  Stärke  des  Landgrafen  und  der  Sterner,  über  die 
Verwüstung  des  Landes  bis  in  die  Gegend  von  Fritzlar 
und  die  Fortsetzung  des  Krieges  hat  Gerstenberg  S. 
491  ff.  gleichfalls  übersehen.  Djis  Dattim  läsjat  der 
Chronist  S.  510  f.  (z.  J.  1396)  au8  (vgl,  Limb.  Chron. 
S.  91,  24  u.  25);  S.  513  äusserst  er  sich  nur  allgemein 
über  die  Zeit  des  Fuldaer  Brandes,  während  die  Limb. 
Chron.  S.  95,  I7  dm  genaue  Datum  aufweist. 

Andere  Auslassungen  sind  von  geringerem  Belang. 
So  fehlt  bei  Gerstenberg  S.  483  die  Angabe  der  Lage 
der  Burg  Falkenstein  und  des  Sitzes  der  Hunde,  die  sich 
in  der  Limb.  Chranik  S.  37,  18—20  findet;  S.  ijOtj  (z. 
J.  1390)  schw^nigt  er  über  die  Lage  von  Liubenau, 
wälirend  die  Limb.  Chron.  S.  82,  2-t  einen  dieiselbe 
bezeichnenden  Zusatz  hat.  Beide  Male  konnte  der 
Chronist  jedoch  die  Oertlichkoiton  al.s  bekannt  voraus- 
setzen. Auch  die  Bemerkung  seiner  Vorlage  „unde  ge- 
schah daz  mit  vurrederie"   beachtet   Gerstenberg  nicht. 

Ganz  unberücksichtigt  geblieben  sind  die  Nach- 
richten der  Limb.  Chronik  S.  26,  6—12,  S.  42,  ö— 7  u. 
S.  46,  12—14  (über  die  Theuerung  in  Hessen). 

Weniger  Anerkennung  würde  seine  Genauigkeit 
hin.sichtlich  der  Chronologie  und  der  "Wiedergabe  des 
Inhaltes  verdienen,  wenn  wir  bestimmt  ent.M*heiden 
könnten,  ob  nicht  die  Art  der  Ueberliefernng  die  Schuld 
trüge.  Dies  ist  in  der  That  das  wahrscheinlichere, 
llebrigena  sind  auch  die  liierher  gehörigen  Fälle  selten. 
Ein  chronologi.'ücher  Irrthura  ist  es  z.  B.,  wenn  er  S.  510 
die  Zerstörung  der  Burg  Elkershausen  1395  erfolgt 
sein  lässt,  während  der  Verfasser  der  Limburger  Chro- 
nik S.  90,  U  u.  12  dies  Ereignis  in  das  folgende  Jahr 
versetzt.  P'ben damit  hängt  es  wohl  auch  zusammen, 
dass    Gerstunberg    S.  485   die   Grafen    von    Katzenein- 


40 


bogen  Wilhelm  und  Eberhard  nennt,  wogegen  die  Lim- 
burgiT  Chronik  .S.  8R,  2h  und  87,  i  Kberl»ard  und  Dift- 
hard  hat ;  ftM-ner  biuite  nach  Ci ersten ber/i^  Wilhelm,  nach 
der  Limburger  Chronik  Kberhard  da«  Schloss  Schwal- 
bach.  j\u«serdem  hat  üersttinberg  —  und  dies  spricht 
sehr  für  »tic  obige  Annahme  —  hier  Natlirieht^n,  die 
wir  vergeben«  in  der  Linihiirger  Chronik  suchen. 

Wenig  zuverlässig  zeigt  er  sich  in  seiner  Citir- 
methode ;  doch  i.st  dies  ein  Mangel,  von  dem  übe r- 
haapt  kauuv  eiut-r  der  gleichzeitigen  Clironisteti  ganz 
frt'i  sein  dürfte.  Ausserordentlich  häutig  nennt  er 
niunlich  ««ine  Vorlage  gar  nicht.  Man  vergleiche  bei 
Cujrsteiiberg  8  482  die  Hemerkiing  über  GerUich  von 
Mainz  und  Landgraf  Heinrich  IL  mit  der  Limb.  Chron. 
S.  39,  16—30;  indessen  muss  der  Chronist  hier  noch 
eine  zweite  Quelle  ausgeisehrieben  haben,  da  er  die 
Notiz  über  Kirchhain  allein  hat.  Ebenso  wenig  spricht 
er  sich  S.  506,  wo  er  von  einer  Missgeburt  in  Boppard 
erzählt,  über  seine  Vorlage  aus;  die  Nachricht  stellt  in 
der  Limb.  Chronik  8.  79,  U— 16,  Diese  BeispieU-,  die 
sich  übrigens  sehr    vermehren   Hessen,    mögen  genügen. 

Noch  häufiger  sind  die  Fälle,  wo  in  Bezug  auf 
die  Quellenangabe  rrigenauigkeiten  mit  unterlaufen. 
Der  Chronist  citirt  näniUch  nicht  selten  die  Lim- 
burgtvr  Chronik  anv  Schlüsse  einer  Reihe  von  Mitthei- 
hmgcn.  die  nur  zum  Tlieil  aus  derselben  herrühren. 
Es  geht  7.  B.  das  Citat  8.  475  oben  nur  auf  den 
zweiten  Abschnitt  (vgl.  die  Ijiinb.  Chron.  »S.  29),  nicht 
auf  den  ersten,  wo  8.  474  von  dem  Tode  des  Grafen 
Engelbert  von  Zii*genhain  die  Rede  ist.  Zu  demselben 
Ergebnis  gt-!au^'t  man  bei  dem  Citat  S.  5(}0  (z.  J.  1392), 
wo  die  Mittheilung  über  die  Gründung  der  Hochschule 
zu  Erfurt  anderswoher  genommen  ist,  das  übrige  aber, 
wie  auch  Gersti^nberg  angiebt,  der  Limburger  Chronik 
(S.  84,  43,  82,  86)  entstammt.     Selten  zeigt  er  sich  so 


if 


gpnanj  das»  er,  wie  dies  z.  B.  S.  510  f.  der  Fall  ist, 
am  Schlüsse  einiger  Nachrichten  eine  Wendung  ge- 
braucht wie:  ,,Du(*  vorgfschrebiii  lef^it  man  alln  in 
der  chronicken  von  Lympurg."  Dies  trifft  in  der  Thut 
auch  zu  (vgl.  (Ihzu  die  [iimb.  C'hron.  S.  91  h  Ganz  so 
verhält  es  sich  mit  d^ii  MitHittilnngen  S.  013  f.,  womit 
die  Limburger  Chronik  S.  93,  t)I,  94  und  95  zu  ver- 
gleichen ist. 

Zuwfiii'n  werden  Hiah  Nachrichten  ans  anderen 
Quellen  mit  solchen  au-a  lii'r  Limb.  Chronik  verbnnden 
und  letztere  wird  allein  namhaft  gf-miu-hl.  Vgl.  z.  R. 
S.  474  f.  (Bie  den  getzyten  was  —  li-bebO  mit  Limb. 
Chronik  S.  29,  22-24  u.  29-30.  S.  482  üttinimt  di<^  Be- 
merkung, dass  Landgraf  Heinrich  II.  seine  Bundesg«- 
nosHen  entla-ssnu  habe,  nicht  aus  dm*  Limb.  Chronik 
8.  3fi  (Kap.  26),  ebensowenig  i-^t,  wie  erwähnt,  von  der 
Belehnung  des  genannten  Landgrafen  mit  Kiichhain 
(das.)  etwas  in  der  Limb,  ('hronik  8.  39  (Kap.  29)  zu 
finden.  Lnigekehrt  wird  8.  4H7  (z.  J.  136H)  ülier  den 
Tod  Ottos  des  Schützen  neben  dur  Tliüringrr  Chronik 
auch  die  Limburger  citirt,  in  der  sicli  nichts  hierüber 
findet. 

Manchmal  deutet  Gerstenberg  mit  gewissen  Wen- 
dungen die  Kenntzung  anderwcitigi-r  (juellni  an,  die 
aber,  da  die  Hanpts-ache  der  von  ihm  gnnannten  Vorlage 
entnommen  Ist,  nicht  weiter  erwähnt  werden.  So 
heisst  es  8.  474:  „AU*  man  das  auch  lehit  in  der 
chronicken  von  Lympurg".  In  der  Tliat  hat  die  Limb. 
Chronik  S.  25  f.  weder  den  Nanien  der  Tochter  Hein- 
richs IL  (Adelheid),  noch  den  des  Klosters  (Alniaberg), 
wa.s  also  einer  anderen  Voilage  entlehnt  sein  nmss.  Man 
vergleiche  ferner  8.  4HH  („Alt^  man  da.s  auch  le(5it  in 
der  chronicken  von  Lympnrg'')  mit  der  Limb.  Chronik 
S.  5ö,  wo  wir  drn  gnwsten  Theil  der  von  Cn-rstenberg 
a.  a.  0.  gebrachten  Mittheilungen  vergebens  suchen, 


42 

Fast  regelmässig  bedient  er  sich  dieser  Wendung 
in  seiner  Frankenberger  Cbronik,  wenn  er  andeuten 
will,  dass  «r  neben  der  von  ihm  angeführten  Haupt- 
quelle speziell  für  die  Frankenberg  angehenden  Ereig- 
nisse noch  anderweitige  Aufzeichnungen  benutzt  hat. 

Sehhesslich  findet  sich  noch  eine  Anzahl  von 
Stellen,  wo  der  Inhalt  verschiedener  vrtn  ihm  namhaft 
gemachter  Vorlagen  so  miteinander  verquickt  ist,  dass 
sich  die  einzelnen  Bestandtheile  der  letzteren  zuweilen 
nur  deshalb  mehr  oder  weniger  genau  bestimmen  lassen, 
weil  die  Quellen  Gerstenbergs  entweder  sämmtlich  oder 
bis  auf  eine  noch  erhalten  sind.  Vgl,  S.  481  (Chronik 
von  Limburg,  Strassbiirg  und  „andere"  Chroniken),  485 
(Thüringer-,  Hessen-  und  Limburger  Chronik),  493  (die- 
selben Chroniken  imd  „andere  gelepe"),  495  f.  (Lira- 
burger und  Thüringer  Chronik),  503  (Hessen-  und  Lim- 
burger ("hronik),  Öü5  (Thüringer-,  Hessen-  und  Lim- 
burger  Chronik), 

VI, 

Gerstenberg  als  Historiker.  Seine  wissen- 
schafi  liehe  Bildung. 
Ganz  gegen  die  damals  herrschende  Gewohnheit 
nennt  Gerstenberg  vielfach  seine  Quellen  und  giebt 
dieselben  in  einer  Fassung  wieder,  die  zuweilen  —  was 
besonders  gegenüber  den  in  deutscher  Sprache  ge- 
schriebenen der  Sache  gemäss  hervortritt  —  mit  den  Vor- 
lagen wörtlich,  meist  aber  wenigstens  sachlich  überein- 
stimmt, t'mschreibungen  und  Erweiterungen,  wie  sie 
in  derartigen  Werken  jener  Zeit  häufig  vorkommen, 
scheint  er  ahsiditlich  vermieden  zu  haben.  Indessen 
kommen  aber  auch,  wie  oben  gezeigt  worden  ist,  Fälle 
vor,  wo  er  das  Lob  einer  gewissenhaften  Quellenbe- 
nutzung und  genauen  Citirmethode  keineswegs  in  dem 
Masse  verdient,  wie  man  es  ihm  gespendet  hat. 


Aber  noch  andere,  schwerer  wiegendB  Mängel  müssen 
hier  erwähnt  werden.  Dazu  gehört  vor  allen  Dingen 
sein  kritisches  Uiivt-rmögen.  Von  dem  vj^rschiedenen 
Werthe  seiner  Vorlag^-n  hat  kt  keinu  Ahnung,  er  citirt 
■  in  einem  Athem  nt^ben  .losephus  dun  Fasciculus  tt*m- 
porum,     ufbfn    Justinus    odi'i    Orosius    das    8pi;'cti!um 

»historialle.  Bei  Ueben-instimmung  zwtner  uder  mrlirtTer 
Quellen  gelten  ihm  die  Berichte  derselben  als  dem 
wahren  SachverhHlt  üntsprechend  ;  er  denkt  nicht  daran, 
düSä  der  eine  seiner  Gewährsmänner  von  dem  andern 
P  unmittelbar  oder  mittelbar  abhängig  sein  kann,  dass 
sein  Zeugnis  mithin  keinerlei  selbständigen  Wertli  bat. 
Wenn  ihm  flu  ein  Kreipnis  nur  eine  Quelle  zu  Gebote 
steht,  benutzt  er  dieselbe  ohne  Bedenken i  wenigstens 
deutet  er  nirgends  an,  dass  er  auf  Wiedergabe  einer 
Vorlage  wegen  mangelnder  Zuverlässigkeit  derselben 
verzichte.  Wie  könnte  er  sonst  seinen  Quellen  Nach- 
richten ilber  das  hohe  Alter  von  Frankenberg  und  von 
anderen  Städten,  über  die  Beziehungen  der  Merowinger 
und  Karolinger  zu  seinem  Heimatlisorte  n,  a.  m.  nach- 
schreiben? Nicht  gerade  häufig  kommt  er  in  die  Ver- 
legenheit, es  mit  zwei  einander  widersprechertden  An- 
gaben zu  thun  zu  haben;  selbstverständliih  denkt  er 
dann  nicht  daran,  den  Werth  der  Vorlagen  gegen 
einander  abzuwägen  oder  an  den  Mittheilungen  selbst 
Kritik  zu  üben.  Er  entscheidet  sich  in  einem  solchen 
Falle  entweder  gar  nicht  '•*)  oder  er  stimmt  dem  Ge- 
währsroanne  zu,  dessen  Angaben  von  anderen  Geschicht- 
schreibern bestätigt  werden  ''^).     Höchst  selten   ist  er  im 

**)  Vgl.  Aijrmanti.  «\-lloge  ],  bf}  (Entstphimg  umJ  Bedeutung 
des  Namens  dor  Fianken).  MoDim.  Hass.  1,  106  (Repoiungszoit 
Kaiser,  Heinrichs  III, ),  ]],  54ü  f.  (Tod  des  Landgiafen  Lud- 
wig I.)  u.  B. 

'♦)  Aus  die-sem  Unindo  verwirft  er  Monim.  H«.sm.  I,  'J7ö  f. 
ein«  Anpahe  des  Fasticulua.  Einen  aliniicheu  Fall  biotel  das  S. 
71  und  74. 


Standf,  wenigstens  ein  Moment  von  einiger  Bedeutung 
beizubringen ;  dies  ist  denn  aber  auch  für  ihn  ausschlag- 
gehend. Ein  Beispiel  mag  geniigen.  Gerstenberg  ver- 
wirft die  Ansicht  des  Vincentiuü,  da*is  Rndolf,  der  Gegen- 
könig Heinrich'«  IV.,  Herzog  von  Rnrgund  gewesen  sei, 
indt'm  er  sieh  auf  den  Fascicnlus  und  andere  Chroniken 
beruft,  als  Hauptgrund  aber  ilen  Umstand  geltend  raacht, 
dass  genannte  llerrst  her  tifter  „in  den  landen  bie  Sa(>en 
gelegen''  mit  einander  gekämpft  hätten  ^).  In  ver- 
einzelten FällHti  geht  er  ziemlich  leicht  über  derartige 
Fragen  hinweg.  So  läs.st  er  es  in  ^seiner  thüringisch- 
hessischen  Clironik  (Monim.  Hass,  II,  399  f.)  dahiti- 
gi'stellt  -sein,  von  wem  [jandgraf  Hermann,  der  Sohn 
der  heiligen  Klisabeth,  vergiftet  worden  sei;  in  der 
Frankenberger  Chronik  dagegen,  wo  er  sich  auf  die- 
selben hierin  einander  widersprechenden  Quellen  —  die 
Thüringer  Chronik  und  Riede^sel  —  beruft,  folgt  er, 
ohne  Riedesel'«  abweichende  Angabe  überhaupt  zu  er- 
wähnen, ohne  weiteres  der  Thüringer  Chronik"'). 

Hinsichtlich  seines  Hrtheils  über  der  allgemeinen 
Geschichte  angehörende  Personen  und  Ereignisse  ist 
ein  F'ortschritt  bei  Gerstenberg  nicht  zu  konstatiren, 
er  steht  keine.sweg.s  über  seinen  Quellen,  dem  Fasci- 
culus,  Speculum,  dem  Cursus  mundi  u.  s.  w. ;  gläubig 
schreibt  er  ihnen  vielmehr  alle  Märchen  und  Fabe- 
leien nach, 

Von  seiner  geringen  Befähigung,  die  Begeben- 
heiten selbständig  und  ohne  fremde  Stütze  zu  beur- 
thcilen,  scheint  übrigens  der  Chronist  .selbt-t  über- 
zeugt gewesen  zu  sein,  und  dies  mag  im  Verein  mit 
seiner  Gewissenhaftigkeit  ilin  veranlasst  haben,  die 
Zeitgeschichte  nur  skizzenhaft  zu  behandeln.  Dass  er 
sich  auf    (iie    Itarstellung    der    letzteren    überhaupt  ein- 


•«)  Das.  S.  182  f.  -  "')  Sp.  2.5. 


I 


lässt,  hat  nach  seinem  eigpiien  Geständnis  darin  spinen 
Grund,    dass    *^r  eiiiPtn  etwaigen  FortsetziT  sichen-   An- 
haltspunkte an    die    Hand  geben    will  **).      Dt^nii  wo  er 
sich    auf    t^'iellen    berufen    kann,    schit-bt    t-r  gewisser- 
luassen  die  Wiantwortnng    für  seiut*  Mittheiliungen  von 
seinen  Schultern    auf    du-    Hein«r  GHWiUirsaiiinner,    und 
wohl  nur   aus    diesem    Grundn  machte  er  [«'tztert^  nam- 
haft;   wo    es    sicilii     abiT    darum     handelt,     Nachrichten 
über  Vorgänge    und    Personen,    welche    dt^r    Gegenwart 
oder  der   nahen    VergangHiihi'it    angehören,    einzuziehen 
und  für    deren  Zuverliisssigkeit    Gewähr  zu  leisten,    legt 
ihm  seine    Vorsicht    und    Befangenhftit    stiirke    Hinder- 
nisse in  dfn  Weg.     Er  erklärt  st-lbst  nur  dürftig*'  Anf- 
zeiciinungen    über  die  Tliatf»   Ludwigs  dn.s  Friedsamen 
und  seiner  Nachfolger    viirge, fluiden    zu  haben  und  will 
wie  bisher,   so    auch  fortan  von  mfindlicher   Heberliefe- 
rung    nichts    wisssen  "'').      Trotzdem    bleibt   er    diesem 
GruiKlsatz«'  nicht  in  allen  Stückten  treu,  denn  unmöglich 
haben  ihm  über  sänimtliche  Kreignisae,  dift  sich  im  letzten 
Vierttd    des    fünfüebnt*'n     und    im    Anfang«    des    sech- 
zehnten   Jahrhundert«     zutrug'Ml,     schriftliche     Berichte 
vorgelegen;     von     manchen    Begebenheiten,    wie    z.   B, 
dem  mehrfach    erwähnten  Reichstage  zu  Worms  (1495), 
schreibt  er  vielmehr    als    Augenzeuge  "■•)  •,    andere  Nach- 
richten beruhen  nach  seiner  eigenen  Angabe  auf  Hören- 
sagen "''). 

")  S.  ol.cn  S.  27. 

»•)  Mdiiini.  Hass.  II,  522  f. 

•♦)  Vgl.  oWu  S.  21. 

**)  Moniin.  ITa-ss.  II.  .V23  lioisst  es,  nactiiJnm  Gerstenberg 
unmittolbai"  vorlier  jt-ocu  (iruudsaU  aufgestellt  hat:  ,Maii  simohot 
wie  (Itjßfin  fursten"  u.  9.  w,  iJas.  S.  524  ist  er  nicht  ganz 
sicher,  ob  Htnjiiant),  ein  Sohn  Lud'wi(;;'s  des  FriodsAtnon,  Domherr 
zu  Mainz  und  zu  Kölu  göwe.suu  >ei.  Er  setzt  deshalli  seiner  dies- 
bezüglichen MittheiiuDg  die  Bemerkung  hinzu:  ,a!|l  ich  vw- 
Btand«!!  habe''. 


46 


Freilifli  mag  er  übor  vieles  nicht  gut  unterrichtet 
gewesen  sein.  Er  selbst  spricht  dies  einmal  deutlich 
aus  und  verweist  auf  andere,  die  als  Zeitgenossen  und 
Angeuxeugftn  eher  berufen  seien,  über  die  Vorgänge  auf 
dem  Tage  zn  Aachen  (1456)  Bericht  zu  erstatten,  als 
er"*').  Auffallender  ist  diese  Unkenntnis  bei  Fragen 
genealogischer  Art,  über  die  er  sich  doch  sonst  gut 
unterrichtet  zeigt.  Er  erklärt  z.  B.,  nicht  zu  wissen, 
ob  Ludwig  der  Fiiedsame  mit  seiner  Gemahlin  Anna 
tuehr  Kinder  gehabt  habe  als  die  sechs,  die  er  nament- 
lich aufzählt**');  in  derselben  Lage  ist  er  bei  den  Nach- 
kommen Ludwig's  des  Freimüthigen,  seines  älteren  Zeit- 
genossen *"'). 

Im  Znsammen  hange  mit  der  geringen  Sorge  des 
Chronisten  um  üewinnnng  reichhaltigen  Stoffes,  die  da 
bemerkbar  wird,  wo  es  sich  um  Darstellung  des  aus- 
gehenden Mitfelaltera  handelt,  steht  ohne  Zweifel  auch 
die  seltene  Heranziehung  urkundlichen  Materials  in  der 
thüringisch-hessischen  Chronik,  während  er  gerade  in 
dem  der  Geschichte  von  Frankeuberg  gewidmeten 
Werke  reichhchen  Gebrauch  davon  macht.  Indessen 
hat  letzterer  Umstand  nicht  sowohl  darin  seinen  Grund, 
dass  mit  der  Herbeischaffuug  und  Benutzung  der  Ur- 
kunden keinerlei  Schwierigkeiten  verbunden  waren,  da 
doch  meist  nur  das  in  Fraukenberg  selbst  befindliche 
Material  zur  Verwendung  kam,  als  vielmehr  in  dem 
Bedürfnis,  die  gerade  hier  überaus  magere  chronis- 
tische Ueberlieferung  nach  Möglichkeit  za  vervollstän- 
digen. Wären  ihm  nicht  nur  für  einzelne  Partieen 
seiner  Stadtgescbichte,  sondern  für  das  ganze  Werk 
die  chronistischen  t^uellen  reichlicher  zugetiossen,  er 
hätte  gewiss    vollen   Gebrauch   von  denselben  gemacht^ 


••)  Monim.  Haas.  U,  643. 

")  hu.  ö.  B24.  —  «}  Das.  S.  .'544. 


47 


"fand  es  ist  sehr  fraglich,  ob  fr  dann  ein  so  grosses 
Gewicht  auf  Ausnutzung  der  inhaltlich  zumeist  doch 
recht  dürftigen  Urkunden  gelegt  hätte. 

Hinsiclitlich  der  Chronologie  und  der  Zuverlässig- 
keit seiner  Nachrichtt'n  für  die  geHiiinmte  älterft  hessische 
Geschichte    bis    etwa    zur    Mitte  des  fünfzehnten  Jahr- 
hunderts   bietet    Gerstenberg    im    ganzen    nicht    mehr 
Sicherheit    als  seine  Quellen,    da   er   mit  wenigen  Aus- 
nahmen   ganz    auf    ihnen    fusst.      Er   selbst  deutet  an, 
dass    ihm    die    chronologischen    Bestimmungen  und  die 
kürzere    oder     ausführlichere     Darstellungsweise    seiner 
Vorlagen  Schwierigkeiten  verursachten  ^%  und  dies  muss 
[besonders  Uistig  in  solchen  Fällen  gewesen  sein,  wo  er 
sich  im  Interesse  der  Vollständigkeit  genüthigt  sah,  die 
'Berichte  verschiedener  Chronisten,  deren   Angaben  sich 
häufig    nicht  mit  einander   deckten   oder  an  Unklarheit 
litten,  zu    einem  Ganzen  zu  verschmelzen.      Üass  diese 
^Versuche   missglnckten,    beweisen   z.  B.    seine    Ausfüh- 
rungen über  die  Sternerfehde  (Monim.  Haas.  11,491 — 493), 
wo  ohne  Heranziehung  urkundlichen  Materials  ein  auch 
nur  annähernd    genaues    Bild    nicht   gewonnen   werden 
konnte.      Dies    hat    Gerstenberg    hier    und    anderwärts 
Versäumt,  wenn  er  auch  geli-gentlich  Urkunden,  die  ihm 
'gerade  zur   Hand  sein  mochten,    so  verwerthet,  da.ss  er 
ihren    Inhalt   mittheilt "").      An    eine    Berichtigung    der 
Quellenangaben    durch    letztere,    wie    sie    z.   B,   fünfzig 
Jahre  später  Wn/afid  Lanxe  vereinzelt  vornahm,  ist  bei 
unserem    Chronisten    nicht  zu  denken.      Dass   Gersten- 
berg übrigens    neben    zahlreichen  Irrthüniern  auch  viel 
Brauchbares    in  seine  Darstellung  mithertibergenonimen 
hat,  zeigen,  um  nur  eines  anzufüliren,   .seine   das  he.s- 
sische  FürstenliauH  betieffenden  genealogischen  Angaben, 
die  in  der  Haufjtsache    als    zuverlä-ssig    gelten    k(innen; 


•»)  Ayrmann,  Sylloge  I,  8.  —  »")  S.  o.  S.  3ö. 


48 

auch  an  der  Regierangszeit,  die  er  den  einzelnen  Land- 
grafen zuweist,  ist  wenig  auszosetzen.  Von  Ladwig  L 
(1413 — 1458)  an  sind  in  dieser  Beziehung  seine  alle 
Glieder  des  Fürstenhauses  umfassenden  Bemerkungen, 
die  sich  häufig  sogar  auf  den  Ort,  das  Monatsdatum 
und  die  Tageszeit  erstrecken,  mit  sehr  geringen  Aus- 
nahmen zutreffend.  Irrthömlich  ist  es  z.  B.,  wenn  er 
die  Vermählung  des  genannten  Landgrafen  iu  das  Jahr 
1433  setzt,  statt,  wie  Rommel  annimmt'^),  1436;  auch 
weiss  er  nichts  von  dessen  Tochter  Anna,  die  frtth 
starb  ^-);  von  den  Kindern  Ludwig's  II.  erwähnt  er  die 
früh  verstorbene  Elisabeth  nicht,  setzt  aber,  wie  be- 
reits erwähnt,  vorsichtig  hinzu,  er  könne  nicht  sagen, 
ob  es  mehr  Kinder  gewesen  seien  ^^}.  Auch  sonst  irrt 
er  zuweilen  in  Beziehung  auf  Ereignisse,  die  seiner 
Zeit  nicht  allzu  fern  lagen:  wenn  er  z.  B.  die  Unter- 
werfung der  Herren  von  der  Lippe,  von  Boren  u.  a. 
unter  Hessen  bedingt  sein  lässt  durch  einen  Feldzug 
des  Landgrafen  Friedrich  von  Thüringen  im  Jahre 
1448**),  der  ausserdem  1440  bereits  nicht  mehr  am 
Leben  war  (vgl.  Jiofnmel,  Gesch.  v.  Hessen  11.  Anm. 
S.  214  u.  188).  Doch  ist  zu  bemerken,  dass  er  auch  hier 
nicht  gewillt  ist,  die  Verantwortung  für  den  grösseren 
Theil  seiner  Nachrichten  auf  sich  zu  nehmen  '^). 

Gerstenberg's  Abneigung  gegen  eine  selbständige 
Behandlung  und  Verarbeitung  des  Stoffes,  die  er 
übrigens  mit  vielen  berühmteren  Vertretern  der  histo- 
rischen Litteratur  im  ausgehenden  Mittelalter  theilt  und 
die  besonders   in   der   engen    Anlehnung   an    seine  Ge- 


»')  Gesch.  von  Hessen  11.  Anm.  S.  247. 
•*)  Das.  Audi.  S.  248. 
•»)  Monim.  Hass.  11,  544.     Vgl.  o.  S.  46. 
•*)  Das.  a,  B32. 

•»)  Er  setzt  a.  a.  0.  hinzu:  „Hir  sagen  etzliche"'  und  weiter 
unten:  „DesgUchin  sprechin  etzliche". 


I 

I 


I 


I 

I 


49 

währamänner  zu  Tage  tritt,  zeigt  aieh  auch  sonst.  Nie 
versteigt  er  sich  zu  dem  Versuche,  de«  Charakter  eines 
Landgrafen  auf  Grund  eigener  Erfahrung  oder  doch  der 
Kenntnis  der  Thaten  desselben  zu  schildern ;  wo  sich 
solch«  CharaktHrzeichiiungen  finden,  wie  z.  ß.  die  Hein- 
rich's  I.  (Monim.  Hass.  1!,  424}  und  seines  Sohnes  Otto 
(S.  452),  Hermann's  II.  (S.  490  f.),  Ludwig'»  l  (S.  519  f.), 
sind  sie  ohne  Zweifel  den  betreffenden  Vorlagen  ent- 
nommen. 

In  dieser  kompilatoriachen  Thätigkeit  des  Ver- 
fassers liegt  auch  der  Grund  für  den  Mangel  an  Eigen- 
art, den  die  Sprache  fast  durchweg  zeigt:  auch  hier 
«klavische  Abhängigkeit  von  seinen  deutschen  Vorlagen 
und,  wo  er  auf  eigenen  Füssen  steht,  abgesehen  von 
wenigen  Ausnahmen  dCirftigt^s  Aneinanderreihen  der 
Thatsachen,  das  im  stärksten  Gegensatze  zu  der  reichen 
Gestaltungskraft  eines  Johannes  Nohen  oder  der  frischen 
Darstellungsweiae  eines  Dietrich  von  Schacliten*^),  seiner 
Zeitgenossen,  steht  Lässt  sich  doch  überhaupt  in 
beiden  Chroniken  kein  einziges  Mal  die  Anwendung 
von  Bildern  oder  irgendwelches  Bemühen  des  Verfassers 
um  rhetorischen  Schmuck  nachweisen,  kaum  dass  er 
sich  einmal  herbeiläast,  ein  Sprichwort  zu  gebrauelien^'). 

Ueber  die  wissenschafdiche  Bildung  und  den  geis- 
tigen Gesichtakreis  des  Chronisten  sind  wir  zwar  nicht 
in  Wünschenswerther  Weise  unterrichtet,  doch  geben 
seine  .\rbeiten  immerhin  einigiMi  Aufschluss.  Dass  er 
in  Krfurt  theologischen  Studien  obgelegen,  ist  bereits 
gesagt  worden;  Spuren  hiervon  finden  sich  in  seinen 
Chroniken:  er  führt  dort  nicht  nur  öfter  HibeLstell«u 
an,  die  er  dann  zuweilen  zum  Ausgangspunkt  für  kür- 
zere oder  längere  geistliche  Betrachtungen  und  Ermah- 

••)  Vgl.  ül)or  Icl/ttren   ü.  Lorenz,  Deutschlands  Geschichfa- 
qu«ll«u  JP,  %  und  die  Allgoni.  deutsche  Biographie  XXX,  -iHG. 
•')  Ein  »olclioM  tinJot  Mich  z.  B.  bei  Aynnann  S.   14. 
H.  r.  XV 11.  Bd.  4 


30 

nmigen  macht  **).  soDdem  zeigt  anch  Bekanntschaft  mit 
txegtitisfch^  Schriften  des  Aagnstinas,  Gr^orios  und 
Beda**):  einmal  nimmt  er  aaf  das  kanonische  Recht 
Bezug  '''^;.  Was  seine  hmnanistische  BUdong  betrifft, 
so  kann  man  daraas,  dass  er  einige  römische  Aatoren 
citirt,  nicht  aaf  eingehende  Stadien  schliessen,  denn  die 
oben  genannten  klassischen  Schriftsteller  sind  durch- 
weg solche,  die  das  ganze  Mittelalter  kennt,  aaf  die 
der  Blick  nicht  erst  darch  die  Hamanisten  gelenkt 
worden  ist.  Tiefere  Kenntnisse  auf  diesem  Gebiete 
darf  man  selbstverständlich  bei  ihm  nicht  erwarten: 
die  Begriffe,  die  er  vom  Altertham  hat,  sind  höchst 
seltsamer  Art  and  grfinden  sich  mehr  aaf  die  von  ihm 
benatzten  Lehrbücher  der  Weltgeschichte  als  aaf  ein- 
gehendes Stadiam  der  römischen  Historiker  selbst  Dass 
er  die  griechischen  Schriftsteller,  die  er  namhaft  macht, 
im  Original  gelesen  habe,  daran  ist  vollends  nicht  za 
denken "").  Ueberhanpt  steht  er  in  dieser  Hinsicht 
genau  aaf  dem  Standpunkte,  den  der  mehrfach  erwähnte 
Koben  einnimmt.  Bei  beiden  findet  sich  nicht  die 
leiseste  Spur  einer  dem  Geiste  der  hereinbrechenden 
neneren  Zeit  entsprechenden  Auffassungsweise.  Von 
diesem  Standpunkte  aus  betrachtet,  könnten  Gersten- 
berg's  Arbeiten  recht  gut  zwei  Jahrhunderte  früher  ent- 
standen sein.     Nicht   anders  steht  es  mit  seinem  Aber- 


••)  Vgl.  Ayrmann  S.  40,  47,  100,  103,  120,  131;  Monim. 
Hass.  I,  44,  81,  110,  192  f.,  194;  II,  397  f.;  Frankenb.  Chron. 
8p.  3,  70  u.  8.  w.  In  den  meisten  Fällen  fügt  er  dem  Texte  der 
Vulgata  eine  gereimte  Uebci'6et;sung  bei,  deren  Verfasser  er  selbst 
zu  sein  Hchoint;  wenigstens  gicbt  er  Monim.  Hass.  I.  49,  122  und 
Ayrmann  S.  16  f.,  27  lateinische  Verse  und  Ayrmann  S.  36  so- 
gar ein  Citat  aus  Aristoteles  in  deutscheu  Keimen  wieder. 

••)  Ayrmann  S.  4,  5,  30,  61. 

•0«)  Das.  8.  46. 

!•>)  Vergl.  das  lateinische  Citat  aus  Aristoteles  bei  Ayr- 
mann 8.  36. 


61 

und  Wunderglauben.  Auffallende  Himmelserscheinungen 
sind  ihm  Vorzeichen  von  allerlei  verderblichen  Ereig- 
nissen, von  Hungersnoth,  Stauchen,  Krieg  u.  s.  w.,  und 
die  Wunder  der  hei!.  Elisabeth  erzählt  er  Dietrich  von 
Apolda  ebenso  treuherzig  nach  wie  d«r  Legende  die  des 
Bruders  Kurt  von  Ilirle.-sheim,  des  heil.  Wigbert  und 
anderer.  Mit  dieser  Autfassungsweise  verträgt  sich  in- 
des recht  gut  dio  hohe  Meinung,  die  er  von  der  BucL- 
druekerkunst  hat'"*),  und  ebenso  der  Umstand,  dass  er 
er!  für  nötliig  eraclitet,  in  seiner  thüringistdi-hessischon 
Chronik  auch  der  Entdtelmug  deutscher  Universitiit.en 
karz  zu  gedenken  '*'^). 

Eine  weitere  Schwäche  liegt  in  seijien  etymolo- 
gisch en  Spielereien,  mag  er  nun  selbst  der  Urheber 
oder  nur  der  gläubige  Nachbeter  sein.  Doch  trifft 
die.ser  Vorwurf  nicht  Gerstenberg  allein  und  snine  Zeit- 
genossen: mit  nicht  viel  bussernu  MittiHu  machten  sicli 
später  die  humanistischen  Geschichtschreiber  —  in 
He.ssen  Lanze  —  an  die  Aufgabe,  alte  Volks-,  Per- 
sonen- und  Ortsnamen  u.  s.  w.  zu  deuten  und  auf  diese 
Erklärungen  hi.starische  Schlüsse  aufzubauen.  Es  ist 
daher  nicht  gerade  schlimm,  wenn  er  die  Stadt 
Wannfried  mit  Winfried  in  Verbindung  bringt  und  den 
unweit  davon  liegenden  Gehülfenberg  seinen  Namen 
daher  haben  lässt,  dass  einat  Bonifatius  an  dieser  Stelle 
gegen  die  heidnischen  Sachsen  giVttliche  Hitfe  erHeht 
und  erhalten  habe'*"),  wenn  er  fertn*r  in  die  Nähe  von 
Hammenhausen  ein  altes  Heiligthnm  des  Jnppiter  Am- 
ninnins  verlegt  u.  a.  m. '""). 

Recht  erfreulich  ist  dagegen  sein  Streben  nach 
Wahrheit    und  Gerechtigkeit,   das  ihn  vor  absichtlicher 


'**)  MoDiai.  Ilass.  11,  645. 

"»)  Vgl  das.  S.  498  (Hoidelbern),  504  (Küln),  6«>9  (Erfurt). 

"•)  Ayrtftatm  S.  108. 

'«•)  KraDtenb.  L'hron.  Sp.  7. 

.4* 


62 

Verdrehung  der  Thatsachen  und  vor  jeder  unbilligen 
Parteinahme  bewahrt  hat.  Es  ist  ihm  wirklich  Ernst 
mit  den  Worten,  die  er  im  Eingange  seiner  grösseren 
Chronik  sich  zum  Grundsatze  gemacht  hat:  „Darin 
ist  nichts  unrecht  eingesetzt  noch  unrecht  abgebrochen 
noch  die  meinunge  verwandelt,  sondern  als  die  materien 
und  dinge  verhandelt  sein,  rechtlich  und  in  der  war- 
heit  ufge^ch rieben" '*'^).  Es  fehlt  ihm  auch  nicht  an 
Muth,  seine  Meinung  selbst  über  fürstliche  Persönlich- 
keiten offen  auszusprechen,  wo  andere  es  für  zweck- 
mässiger gehalten  haben  würden,  zu  schweigen:  wie 
nachdrücklich  tadelt  er  z.  B.  die  Jagdliebhaberei  Wil- 
helms III.  und  die  Misswirthschaft  während  dessen 
Minderjährigkeit,  wie  zieht  er  übur  die  Augendiener 
und  Schurken  her,  welche  die  Stadt  Frankenberg  um 
ihr  Eigenthum  betrogen  und  es  noch  obendrein  fertig 
brachten,  dass  dieselbe  bei  dem  jungen  Fürsten  in  Un- 
gnade fiel  *'^^).  Neben  diesem  schlichten  und  geraden 
Sinn  zieht  uns  sodann  noch  die  reine  Liebe  und  Ver- 
ehrung an,  die  ihn  mit  dem  angestammten  Fürsten- 
banse verbindet;  nirgends  in  seinen  Werken  leiht  er 
zwar  dieser  Gesinnung  lauten  Ausdruck,  aber  sie  ist 
doch  aus  seiner  ganzen  Darstellung  deutlich  herauszu- 
fühlen »"8). 


"«)  Ayrmann  S.  8. 

'«»)  Frankenb.  Chron,  Sp.  68  ff. 

*'*)  Nicht  zum  mindesten  beruht  dieselbe  auf  der  hohen 
Verehrung,  die  er  der  heil.  Elisabeth  entgegenbringt.  Vgl.  Monim. 
Has.s.  11,  407,  wo  es  heis.st:  „.  .  .  .  nachdem  es  (sc.  das  Hcssen- 
Isud)  den  rechtin  erben  gefulget  hat  al)»  den  horrn,  die  von  dorn 
heyligen  liebe  sent  Elyzabetb  undo  von  enne  kunnigUchin  eddelin 
blude  geborin  sint.  Das  sint  bynamen  die  irlucbten  hochgeporoen 
furstin  undo  herrn  die  eddeleu  hertzogen  von  Brabant,  die  sich  dan 
hirnehist  schriben  lantgraven  zu  Hefien.'' 


63 


VII. 

erstenberg's    Einfluss    auf   die    spätere 
hessische    0  e  s  c  h  i  c  h  t  s  c  h  r  e  i  h  n  n  g. 

Der  Einfluss,  welchen  Gerbtenburg  auf  (\\e  spä- 
teren Darstpllutigen  der  hussischpn  Geschichte  ausgeübt 
hat,  ist  sehr  bedeutend;  hierin  kann  dem  Clironisten 
höchstens  noch  der  sogen.  Sentkenheigisclie  Annuymus 
an  die  Seite  gestellt  werden  "*•'].  Zunächst  schloKS  sich 
ilim  Wigand  Lanze  in  vielen  Sliitken,  wenn  anch  nicht 
unbedingt  und  nicht  ohne  Zuhilfenahme,  anderweitigen, 
urkundlichen  Materials  an.  Gerstenberg's  Nachrichten 
hilden  gewissermassen  den  Grund.stock  seiner  Arbeit. 
Noch  stärker  tritt  er  bei  dem  Verfasser  der  sog.  Con- 
.geries"")  und  weiterhin  hei  dem  liessiscln^n  Reim- 
'chronisten  in  den  Vordergrund'"),  dessen  Kr^ählung 
der  Hauptsache  nach  nichts  weiter  ist  als  eine  Wiedergabe 
G  erstenberg's  in  seinen  beiden  Clironiken  und  des  er- 
wähnten Anonymus.  Dies  sind  auch  im  wesentlichen 
die  Quellen  des  geistlosen  Abschreibers  Joseph  I  m~ 
hof"'').  Reicheres  Material  hat  dagegen  wieder  Wil- 
helm Dilich  "^J  vorgelegen  :  neben  Gerstenberg,  dem  er 
besonders  für  das  dreizehnte  und  vierzehnte  Jahrhundert 
L.folgt,    benutzte    er   den    Anonymus    und    femer  Lauze, 

"*)  H era.il s^ego bell  von  Serickenberg,  Selcota  juris  ot  histo- 
riarum  111.  303  IT..  Diese  Chronik  ist,  wie  ich  an  oiciem  amtcieii 
Orte  nadiÄiiiwei.scü  i^edookc,  oiclits  weiter  al.n  eine  Komitilatifju 
aua  vorsfhiüdcneii  Arbeiten  dos  Johnanos  Xolieii  von  Hersfeld. 

'")  Zuletzt  hetiiu.sgeRebeu  vou  Xebelthatt  in  der  Zeitschrift 
für  hess.  Gesch.  VII,  309  ff. 

*")  Zuletr.t  Iierau.sgegcbcii  von  Adrian,  Mittlioilungeii  aus 
HatidsLliiifteii  und  sclteuea  Diuckworten  S.  136  ff. 

"*)  Hcrjviisgcgeben  vou  Hermann  Müller  in  der  Zeitschr, 
I.  preusü.  (.lesch.  a.  Landosk.  XVIll,  389  f\. 

'")  ^gi-  ''l>Pi'  deuhclbflu  J.  CÜsar  in  der  Zeitsciir,  f.  hess. 
Gesch.  N.  F.  VI,  3J3  ff.  iiiiii  in  der  .'^llgcin.  deutschen  Hingraphic 
V.  225  f. 


54 

der  hier  überhaupt  zum  ersten  Male  zur  Geltung 
kommt,  daneben  hat  er  aber  auch  einzelne  Nach- 
richten, die  unbekannten  Quellenschrifteif  entnommen 
sein  müssen.  Auch  bei  dem  letzten  der  hessischen 
Chronisten,  Joh.  Just  \V  i  n  k  e  1  m  a  n  n,  ist  der  Ein- 
fluss  Gerstenberg's  noch  deutlich  wahrzunehmen,  wenn- 
gleich er  in  vieler  Beziehung  noch  reichere  Hilfs- 
mittel zur  Verfügung  hatte  als  Diiich.  Dieses  Material 
bestand  indessen  nicht  etwa  in  neuentdeckten  heimischen 
Quellen,  sondern  mehr  in  Arbeiten,  die  inzwischen  über 
einzelne  Punkte  der  Geschichte  Hessens  und  besonders 
der  der  Nachbarlande  erschienen  waren.  Noch  heute 
ist  Gerstenberg  nicht  selten  die  einzige  Quelle,  die  für 
wichtige  Abschnitte  der  hessischen  Vorzeit,  wenn  auch 
nicht  ausreichenden  und  untrüglichen,  so  doch  immer- 
hin dankenswerthen  Aufschluss  giebt. 


Anhang. 
I. 


Wigand  Oersietiberg  an  Balthasar  Schratäenbach,  Amt- 
mann in  Oicssen.    Frankenberg  1517,  Juni  30. 

Gerstonberg  bittet  Schrautonbach,  durch  Fürsprache  bei  der  Laod- 
gräfin  die  Belohnung  des  Magisters  Heinrich  Solde  mit  dem 
Altar  der  heil.  Anna  in  der  Pfarrkirche  zu  Fi-ankenberg  zu 
erwirken. 

Dem  ernvesten  unde  acbtbarn  hern  Baltasarn 
Schrutenbach,  amptman  zun  Gifpen,  mynem  fruntlichen 
lieben  hern*). 

Ernvester   unde    achtbar   her  amptman,    myn  ge- 

j-._  beet  unde  willigen   dinst  alletzyt  zuvor.     Lieber  herre, 

Jnniiealß  ich  itzt  kortzlich   tercia  post  Viti   mit  uwer  vesti- 


*)  Aeussere  Adresse. 


56 

keyd  gen^tlj  Imbft  eynß  altarP  lialber  sancte  Anne  ge- 
wogen zum  Frantkenberge  in  armario  ecclesie  paroclii- 
alis,  der  prafsenh^  ninnibiis  et  siiigiilis  i;omiHitatis  by 
2  gülden  fallen  hat  unile  nicht  meer  etc.,  nu  hiddüt 
difper  geynwirtigftr  ht-r  Hiiirich  Soldt?  arcium  niugistfr*) 
umbe  gt-nantun  altar  niide  spriclu't  \iv  vvulle  eii  v;ist 
bt^fl'fiii  by  nainen  mit  20  guldi.*n  liou[>tgelts.  Uff  das 
nu  der  altar  so  gebessert  mocht  ivi.'rden.  so  wil  ich 
myner  rfdde  vergeflien  und  fallfn  lat^eii  uiidn  bitt« 
uwer  ernvostikeid  dem  genanten  hern  Hiiiriche  frunt- 
licb  unde  furrlerlich  zu  «yii,  das  niyne  giiedige  frauw 
zu  Hessen  i^a  wulte  giiediglichen  mit  genant<'m  altar 
verseben  und  presentirn.  Wil  ich  utnbe  uwer  vestikeid 
gerne  verthinen.  Herkennet  god  der  iich  lange  tzyt 
frolich  »iiaren  wuile.  üatuni  Frantkenberg  terciu  poat 
Petri  et  Pauli  anno  domini  MDXVII.  JuniSO 

üuigandus  Gerstenberg  genant  [iodinbeiidc/"  priestcr. 
[firiginal.    Staatsarchiv  in  Marburg.] 


n. 

Ein  ancdtties  StikJc  der  Fmitkr/ibin/rf  Chruitik**). 

In  üiinderlieid  so  jjaiithin  .sie  die  lüde  unib«  borti- S.3la 
holtz.  Ob  das  selbe  lioltz  wule  bireken  und«  aspen 
worin  unde  in  dem  vorliultze  an  dem  fidde  gehauvven  was, 
so  sprochin  dio  .selielke  sie  ensultin  nicht  da  adder  da 
hdUz  hauwen  ufF  das  »ie  nicht  das  wiltpret  veriageden. 
Item  [lanthiu  si«  die  Itido  das  sie  in  den  weiden  ire 
phee  butten  unde  sprochin  wie  da.s  wiltpret  sulde  das 
graP  essen.  Alsu-s  musten  eich  die  lüde  mit  m\  umbe 
die  paijde  vertragen.      Abel-  die  öelbin  sebelke  hegeden 

•)  Studierlo  150,7  in  Ei-furt.     \g\.  S/ötxcl  a.  a.  o.  S.  'M. 
**)  Enthüit    Aio    ausführlir;tiü  ]»ai'stollim|j;  ilpr  Hpdruiiifnis  der 
Sladt,    über   die    Faust   in  seiner  Au-s^jabu  S(i   69   (vgl.  Aijrmnnn 
S.  fi7l)  mit  dou  Worton  liinwog  geht:  ,Alltue  wil   ich  (jüeitjüLon, 
was  dei  aJte  cluoDiuus  meldet  .  .  ," 


66 


die  wustenunge  unde  die  gronde  enselbers,  wante  dy 
gfibur  niUKten  eii  das  graip  irmliin  machin  unde  das 
hauw  hfyin  fureii  addnr  verkotifftin  das  hauw.  Jtem 
darnach  blebin  die  lüde  mit  deme  mit  d«iu  (sie)  phee 
in  dem  Mdc,  da  quainun  die  dorffschultlieyl^in  nnde  die 
lantkiiechte  von  Wulckerjydorff  von  Geil^mar  von  Rod- 
deiia  linde  von  andivrn  gebiden  unde  panthin  unde 
slugin  die  hirten  darnidder  uiidi'  sprochin  das  feit  ge- 
horte in  ire  ampt«.  Hera  darnach  trebiri  die  lüde,  das 
phee  in  ire  figin  i'rpwel.>in  al|^  uflF  der  Nune  in  der 
Nuttze  zu  Feringepdorff  zu  Holtzhupin  in  dem  Bech- 
tüldel^heync  und«  di-r  glichiji,  do  p<int«n  die  schelke 
unde  sprodiin  wy  dun  die  kuw«  et'nn  die  eicheln  die  in 
dy  wepin  gevallfln  wereu  von  den  eiehinboymen,  wy 
wole  dicke  und  vile  keyne  eichele  darselbis  gewafl^en 
war.  Item  panthin  wie  die  lüde  darum!)«  das  sie  das 
waft^er  in  ire  wetUn  karten  unde  sprochin  die  schelke 
wy  das  die  fische  musten  nterben  darunibe  das  en  das 
wari3er  n]\  der  Edern  unde  uß  der  Nune  getmuitnen 
wurile  unde  dt^l.^  zuwenick  hi'tttn.  Item  der  schult- 
heif^e  von  Rodeuauw  nam  sich  an  allep  verthedings 
unde  bufpe  biß  in  den  bach  tzuaschin  dem  Gorgenberge 
nnde  der  Nuwenstad.  Item  der  von  Firmyn  nam  eß 
sich  au  biL^  vor  die  Tzidderbrueken.  Item  der  schult- 
hei!3e  von  Gfil^rnar  nam  eJ3  sich  ane  bi(.^  widder  die 
gartini  vor  der  OeijAmarjtortt'n.  Item  dif  knechte  zn 
Wuickprl'ditrff  nam^-n  b\S  aicli  ane  biH  vor  die  Flatarcken 
B.  32.  wilcha  dan  alle  gelogln  was,  naehdeme  male  Francken- 
berg das  eldeste  sIo|3  unde  ampt  ist  in  all  dufl^er 
plege  so  mag  man  wul^^  mircken  das  (  eli  auch  dinst 
gerechtikeyd  unde  zugehorunge  liat.  Audi  mag  man 
fiulche  login  mircken,  al(\  man  dan  beschrebin  findet, 
wie  das  bischoff  Gerlach  zu  Meuttz  habe  den  lantgraven 
angesprochin  umbe  das  nuwe  halpgerichte  (das  itzunt 
an  der  Margburger  strafße  stehit),    wy   das    selbe  sulte 


nff   dep    bischofFa    eygentlmm    .stphin,  iiiide    so   er    das 

»nicht  mochte  bybrengin,  da  bfhilt  der  lantgrave  sulch 
gerichte  mit  rechte*).  Item  was  die  stad  adder  der 
raith  zu  schicken  hatte  da  tzogin  sich  die  hcrnknechte 
jn  unde  machten  ef*  nach  erem  gevallen  widder  der 
ßtad  gemeynen  nottz.     Item  namen  der  stad  ire  gemeyne 

Iunde  tzunten  f>w  yn.  Mvm  d'w  sch^vlke  fingen  die  lüde 
in  dem  felde  unde  furtin  sie  ho  sie  cynen  boyra  fnnden, 
da  hingen  sy  die  lüde  unde  worgetin  sie  unde  schattz- 
stin  en  ire  narunge  abe.  Item  die  scihin  schelke  ver- 
lettzstin  die.  bürgere  in  der  stad  und«  tzogin  sie  in  die 
keller  unde  slugen  sy  darynne.  Item  die  schelke  fingen 
die  bürgere  in  der  stad  unde  furtin  sy  geyn  Margburg 
in  den  torn.  Item  die  schelke  drungen  die  Inde  das 
sie  sultiri  ire  toehtere  unde  ander  frauwefnamen  en 
■  zu  der  ee  geben  unde  dardnrch  brochttn  sie  das  fulck 
auch  umbe  vil  narunge.  Item  shigin  sie  die  lüde  uff 
der  straße  in  der  stad  ditriiidder  unde  stochtn  sie  uff 
die  kyrmeft.''fintage  in  der  fryheyd.  Ilem  dio  schelke 
namen  sich  ane  gei.stlicher  dinge  alt^  eesache  unde 
ander  das  alleyn  vor  die  geistlicheid  lioret  unde  ver- 
drungen  unde  veriagedin  die  lüde.  Item  namen  sie 
sich  ane  die  priesterachafft  zu  straffin  unde  namen  den 
priestern  ir  phee  unde  dadcn  en  vil  uugemachs  ane, 
dartzti  den  terminarien  unde  den  ordensluden  al(l  den 
von  Heyne  von  Wepintfelt  vom  jGorgenberge  unde  hir- 
nehist  den  sustern  unde  legedin  vil  gewalt  unde  un- 
recht» an  die  geistüchin  lüde  unde  namen  en  ire  na- 
runge. Item  die  schelke  unde  jegere  namen  den  von 
FranckenhtTg  zu  tzween  mala  ir  jihee  unde  musten  eli 
die  lüde  gar  dur  widder  1o|>in.  Item  namen  sie  den 
bürgern  Ire  acker  garten  unde  erbe  mit  gewalt.  Item 
namen  sie  den  luden  ire  hemel  u|^  den  perehin.     Item 


I 


•)  Vgl.  Frankenb.  Chion.  Sp.  43  (t.  J.  1366J. 


58 

begingen  sie  vil  schalkheyd  mit  den  scheffern  onde  mit 
iren  banden.  Item  dadin  die  schelke  den  laden  ver- 
derplichin  grof^en  schaden  an  iren  fruchten  äff  dem 
felde,  da  sie  dan  steideß  mit  iren  handen  durch  tzogen 
zu  faße  unde  zu  pherde  liffin  ande  ranthen  unde  ver- 
terbetin  die  fruchte.  Item  gingen  die  schelke  den 
luden  zu  büße  unde  boden  schoffe  körn  keße  unde 
alleß  das  die  lüde  in  iren  büßen  hatten  unde  wer  en 
nicht  gab,  den  belogin  sie  unde  brochtin  en  tzehin- 
falt  darumbe. 


-K>^- 


Zweiter  Abschnitt. 


Einleitung. 

Gerstenberg  hat  keineswegs  in  dem  Masse  wie 
etwa  Johannes  Rothe  auf  dem  Gebiete  der  thüringischen 
Historiographie  alles,  was  bis  dabin  über  die  heimische 
Geschichte  niedergeschrieben  worden  war,  in  seine 
Chroniken  herübergenommen,  denn  zwischen  letzteren 
und  den  Arbeiten  des  etwa  gleichalterigen  Johannes 
Noben,  der  im  ganzen  dieselben  Zeiten  und  dieselben 
Personen  behandelte,  finden  sich  kaum  einige  dürftige 
Berührungspunkte.  Diese  an  sich  befremdende  Er- 
scheinung hat  ohne  Zweifel  darin  ihren  Grund,  dass 
der  Hersfelder  Chronist  mehr  aus  niederhessischen 
Quellen  schöpfte,  während  Gerstenberg's  Nachrichten  zum 
guten  Theile  aus  Oberhessen  stammen.  Trotzdem  ist 
letzterer  von  grösserer  Wichtigkeit  für  die  Kenntnis  der 
hessischen,  als  Rothe  für  die  der  thüringischen  Historio- 
graphie, da  Rothe's  Quellen  fast  sämmtlich  noch  erhalten 


59 


eind,  während  dies  bei  dem  hesssischon  Chronisten 
nicht  zatrifft.  G ersten herg's  Bedeutung  steigt  aber 
noch  btütrikfit^ich,  wsnn  mau  ihn  mit  st*in«'m  fben  ge- 
nannten Ij;iridsm.innti!  vergleiuht:  er  macht  nämlich, 
wenn  auch  nicht  immer,  so  doch  in  den  meisten  Fällen 
seine  Qu^dlen  namhaft  und  leistet  somit  gewi^sermassen 
dafür  Gewähr,  dass,  wie  er  auch  ausdrücklich  ver- 
sichert, die  geseliiclitliche  Uebtrlieferuiig  durch  ihn 
keine  Trübung  oder  Kntetelliing  erfahren  hat  "■*).  Mag 
er  auch  si'ine  Vorlagen,  wo  »ie  ihm  wegen  ihrer  weit- 
läufigen Fassung  in  die  meist  knappe  Form  seiner 
Darhtellung  nicht  zu  passen  schienen,  gekürzt  und  die 
clironologischen  Fragen  bisweilt-n  im  Widers pnicli  mit 
seinen  Quellen  selbständig  zn  lösen  versucht  haben, 
60  ist  er  trotzdem  von  ungleich  höherer  Bedeutung  als 
Nohe«,  der  nicht  das  geringste  Gewicht  auf  Nara- 
haftmachung  setner  Quellen  legt  und  unn  dadurch  ausser 
Stand  setzt  seine  MittLeilungen  nach  dieser  Seite  hin 
zu  kontroliren.  Gerstenberg  giebt  somit,  um  ea  kurz 
zu  sagen,  unter  den  hessischen  Chronisten,  von  denen 
hier  überliaupt  nur  Wtgand  Lanze  und  höchstenh  noch 
Wilhelm  Dilich  in  Betracht  koram<;n  kötinen,  das  ver- 
hältnismässig treneste  und  vollständigste  Bild  der  älteren 
Historiographie,  und  eints  jede  Untersuchung  über  letz- 
tere wird   von  ihm  auszugehen  haben. 


II. 
Johanne»   Riedesnl    und   seine  Chronik. 
Riedesel's  Aufzeichnungen,  die  von  1333  bis  etwa 
1330  reichen  "•'),   beschäftigen  sich,  soweit  dies  aus  den 


'")  8.  0.  S,  62. 

"*)  Auf  diesen  Etultorni in  weist  eine  Reihe  von  Nat^hrichten 
der  Frankeob.  Chmn.  Sp.  38,  wo  am  Schlüsse  Riedesel  und  für  einen 
Theil  der  Mittheilungen  die  Lijnbvu'ger  Chronik  als  Quelle  aiit^egoben 
ist.    r>io  Bemt'ikurjg  über  die  W'iedeieinlÖBung  von  Frankenberg  im 


60 

bei  Gerstenberg  erhaltenen  Bruchstücken  zu  erkennen 
ist,  fast  ausschliesslich  mit  der  Geschichte  des  hes- 
sischen Fürstenhauses  :  die  Ankunft  der  Herzogin  Sophie 
von  Brabant  in  Hessen,  ihr  und  ihres  Sohnes  Empfang, 
ihr  Zug  nach  Thüringen,  ihr  vergebliches  Bemühen  am 
die  Erwerbung  dieses  Landes  und  schliesslich  ihr  Re- 
giment in  Hessen,  —  alles  dies  wird,  z,  Th.  eingehend, 
dargestellt.  Dann  wendet  sich  der  Chronist  den  Thaten 
Heinrich's  I.  zu  und  schildert  mit  besonderer  Ausführ- 
lichkeit die  Streitigkeiten  mit  Mainz  und  die  Säube- 
rung des  Landes  von  Raubschlössern ;  weitläufig  werden 
auch  die  Zwistigkeiten  zwischen  dem  Landgrafen  und 
seinem  ältesten  Sohne  Otto  und  deren  Beilegung  er- 
zählt. Otto,  den  Riedesel  als  einen  weisen  und  milden 
Herrscher  preist,  tritt  dann  ausschliesslich  in  den 
Vordergrund,  indem  seine  Fehden  mit  Mainz,  Nassau 
und  Braunschweig  eingehende  Berücksichtigung  finden. 
Ausser  kriegerischen  Ereignissen  erwähnt  Riedesel  hin 
und  wieder  auch  die  Vergrösserung  des  Gebietes  ^"),  Ver- 
träge "'),  von  den  Landgrafen  unternommene  Bauten  **'), 
Theuerungen,  Seuchen'*')  u.  s.  w. 

Ueber  die  Person  des  Chronisten  wie  über  seine 
Leben.szcit  giebt  Gerstenberg,  der  nichts  weiter  als  den 
Namen  nennt,  keinerlei  Auskunft,  und  es  wird  schwer- 
lich gelingen,  hierüber  völlige  Klarheit  zu  schaffen, 
wenngleich  die  von  Gerstenberg  mitgetheilten  Bruch- 
stücke aus  der  Chronik  desselben  einzelne,    wenn  auch 


Jahre  1330  stammt  ohne  Zweifel  aus  Riedesel,  während  die  Nach- 
richt von  dem  TrefFea  bei  Gudonsberg  (1360)  der  Limburger  Chro- 
nik entnommen  ist,  wie  die  Darstellung  des  letzteren  Ereignisses 
in  OerstenborgR  thüringisch-hessischer  Chronik  S.  481  f.  beweist 

>■«)  MoDim.  Hass.  U,  432,  458. 

>")  Das.  &  416,  429,  435,  439,  451,  456. 

»«)  Das.  S.  412  f.,  432,  448,  451,  457. 

»'»)  Das.  S.  413,  448  f. 


61 


dürftige  und  nur  mit  Vorsicht  zu  vcrwerthpiide  An- 
lialtsputikte  bieten.  Es  finden  sich  niimlicU  gi^wisse 
Andeutimgpii,  di«  auf  eine  geraumti  7je'\i  nach  den  Er- 
eignissen erfulgtt^  Abfassung  dtr  Chronik  hinweisen; 
indeBsen  ist  von  vornhprfiin  die  MögUchk«it  niclit  ganz 
ausgeschlossen,  dass  dieselben  in  dnr  Vorlag«  «ich  nicht 
fanden,  sondern  Zusätze  Gerstftnberg's  sind. 

Zunächst  ist  es  selbstverständlich,  dass  Uiedesel 
nicht  die  ganze  von  ihm  behandelte  Zeit  Ivoti  einem 
Jahrhundert}  erk-bt  hab«in  kann  ;  sodann  findet  sich 
üj[>erhaupt  in  sämmtlichen  Bruchstücken  keine  einzige 
Andeutung,  dasss  der  Verfasser  einmal  als  Aiige.nzeug« 
berichtet,  wenn  schon  einzelne  Vorgänge  ziemlich  ein- 
gehend geschildert  werden:  man  vergleiche  Moniin. 
Hass.  II,  41  ü — 418  die  Erzählung  von  dem  Schwüre  des 
Markgrafen  Heinrich  und  seiner  Mannten  und  S.  427 — 429, 
besujidwa  429,  die  Darstellung  des  Sieges  Heinrjch's  1. 
über  Erzbischof  Werner  von  ilainz  (1277).  —  Die  für 
unsern  Zweck  hauptsäcldich  in  Betracht  kommenden 
Stellen  sind  f(ilg*-nde : 

S.  378  heisst  es  zum  Jahre  1232  von  Fritzlar: 
„want  all<  Johan  Kytefsel  schribet  in  syner  crtniic^ken, 
80  was  dit^  fstad  vorhitine  gro|ier  dan  sie  itzund  ist." 
Ohne  Zweifel  beziejit  sich  dies  nicht  auf  eine  Be- 
sehreibung Fritzlar*»  durch  Riedesel,  sondern  nur 
auf  eine  gelegeiitliilic  llem''rkuiig  desselben  über  den 
Umfang  der  Stadt  vor  seiner  Zeit. 

S.  383  berichtet  Riedesel  von  der  Verbrennung 
der  Ketzer   hinter    dem    Marburger   Schlosse   und  fahrt 

fort:     ,, darumbe     hei(>et    es     noch     in     der 

Ketzerbiich'*. 

S.  399:  „Unde  darumbe  ao  wart  dem  frumnieii 
jungen  herrn  {hc.  Lamh/raf  Herman7i  rou  Thüringen)  von 
deji  eddelhiten  vergeben  unde  man  .sprichst,  ep 
sie  zu  Wetter  gescheeii.     Atsus  schribet  Johannes  Hyd- 


62 


eJJel  in  sinpr  ciünk;ken."  Dies  können  nur  Worte 
Riedfsels  sBJn,  d«r,  sicli  auf  Hörensagen  8tUtzi*nd,  eine 
falsche  Angabe  macht,  dfr'nn  thatäächlicli  starb  Her- 
mann in  Kreuzburg. 

Ö.  412:  „ uude  (sc.  Sophie)  undörstunt  eyo 

nuwe  8lo8  uff  eyneu  bergk  gftj'ii  Blancksteyu  zu  buwen 
unde  lieiliit  nacli  hnde  bitage  ufT  der  Nuwen- 
burg." 

S.  416;  „ unde  (sc.  Sophie)  versatzste  eme 

die  jjtad  Wildungen  vor  7U0  inarg  aweren  phennige, 
wilche  htiid  '/Ai  vil  getzyten  ist  geheit^chin  wurden  widd^r 
zum  lande  zu  Heßen  zu  stellen^  das  daniioch  nicht 
gesclieeii  ist.  Alsiis  schriDet  Joliann  Rytef^el  in  sein« 
cronicken."  Zunächst  irrt  der  Ghroni.st  hinsichtlich  der 
Verpfändung  von  Wildungen  durch  Sophie :  vgl.  Rommcl^ 
lies«.  Gösch.  I,  31  fi  f.  und  Vaitduujvit,  Grundlagen  der 
waldeekischen  Gesch.  1,  BOl — 3üH.  Ferner  wurden, 
Hoviel  bekannt,  die  hessischen  Ansprüche  auf  die  ge- 
nannte Stadt  nach  1294  erst  wieder  lJi47  und  1368 
geltend  geraadit'*"). 

S.  462  f.  jst  (z.  J.  1327)  von  einer  Niederlage 
der  Mnrburger  Bürger  die  Rede.  Der  Chronist  fahrt 
dann  fort:  „DuJ3  geschach  al.s  man  schreib  nacli  gots 
geburt  1327  jare  uff  sontag  vor  pinx.sten  genant  Exaudi, 
unde  er  bleib  so  vil  toit,  das  man  nach  alle  jare 
ders eibin  begenckenilie  lieldet  mit  vigilien 
unde  seleraeljen  zu  den  predigerherrn  zu 
Margburg."  Dieses  und  das  gleich  darauf  folgende 
Datum  (uff  unsers  hern  lichenams  tag)  sind  die  einzigen 
genauen  Zeitbestimmungen,  welche  in  den  von  Gersten- 
berg angeblich  aus  Riedesel  entlehnttin  Stücken  vor- 
kommen. 

Die    mitgetlieilten    Stellen    zeigen,    falls    sie    von 
Riedesel  selbst  herrühren,   was    bei   den  meisten  wahr- 

•«•)  Rommel,  a.  a.  0.  11.     Aom.  S.  67. 


I 


63 


scheinüch  ist,  aber  durchaus  nicht  sicher  nachgowieseft 
werden  kann  '^'),  und  iiiclit  Zusätze  und  Bemerkungen 
Gerstftnbergs  sind,  dass  die  Nachrichten  geraum*»  Zeit 
nach  den  Ereignissen  und  nicht  gleichzeitig  mit  diesen 
'  niedergeschrieben  wurden. 

Für  eine  spätere  Abfasfiung  der  Riüdesftl'schen 
Chronik  sprechen  bestimmter  die  Uligenauigkeiten,  die 
sich  zuweilen  finden:  schon  oben  wurde  auf  den  Irr- 
tham  hinsichtlich  der  Verpfandung  von  Wildungen 
hingewiesen;  auch  leidet  die  Darstellung  de.s  hessisch- 
thüringischen  Erbfülgestreites  an  erheblichen  Älitngelu  '-"). 
Ebenso  äussert  sich  Riedesel  in  einzelnen  Fällen  über 
den  Inhalt  von  Verträgen  nicht  in  alli-n  Stücken  zu- 
treffend '^=*). 

Ziehen  wir  ans  dem  Gesagten  den  Schlus.s,  so  ist 
es  walirscheinlich,  dasa  die  Abfassung  der  Clironik  ge- 
raume Zeit,  vielleicht  einige  Jahrzehnte  nach  1330  fällt. 
Die  Quellen  mögen  grossentlieil.s  mündliche,  in  einzelnmi 
Fällen  auch  scliriftliclie  geweaen  sein;  manches  hat 
Riedesel  wohl  auch  selbst  miterlebt. 

Ueber  die  Person  des  Verfassers  wissen  wir  nichts 
Sicheres.  In  den  hessischen  Urkunden  aus  dem  letzten 
Jahrzehnt  des  dreizehnten  und  der  er.sten  Hälfte  de.s 
vienieiniten  Jahrhundert-^  wird  unter  den  Zeugen  häutig 
ein  Johannes  Riedesel,  meist  mit  der  Bezeichnung 
miles    oder  Ritter,    gitnaunt  '''^"j.      Ob    wir   es    hier  mit 

"'j  Zji'lit  man  in  üetiacht,  das.'i  Gersteuberg  eine  Zeit  lang 
als  Priester  iu  Waiburg  lebte,  so  gewinnt  die  Annalitno  goliv  an 
\Vahrsclieiulicliktit,  dass  weJiigstonK  die  oben  niilgethcilte  Notiz 
von  den  Vigiliou  und  Hecleiime.ssoii,  die  doit  aJljiiliiiiirh  für  die 
Gefallenen  gehalteü  werden,  von  ilim  lieirülirt.  Vergl.  S.  &<.KJ  die 
BeuiHikuug  über  citiu  [*ii)iätli(:lie  Abüohitioii,  „dio  man  m  Uargburg 
nach  hüt." 

'")  Vgl.  Ilffen  und   Vogel  a.  a.  Ü.  ö.  157  und  178. 

'")  Siehe  dio  Auüfübrungen  Am  Schlüsse  dieses  Kapitels, 

"')  Ein  Job.  Riede»el  kouiiut  meines  Wiüseos  zuerst  im 
Jahre  1245  vor,   wo  er  als  miles  üctieiclinet  wird  (Wenck  111.  Ur- 


einer  oder  mehreren  Personen  zu  thun  haben,  kommt 
für  unsere  Zwecke  ebensowenig  in  Betracht,  wie  die 
F'rage,  welcher  Ritter  Johannes  Riedese!  der  Vater  eines 
gleichnamigen  Geistlichen  war,  der  zwischen  1334  und 
1341  als  Hofmeister  (*ines  Grafen  von  Ziegenhain  mit" 
einem  Emi>fehlungsschreiben  und  wichtigen  Aufträgen 
des  Landgrafen  Heinrieh  11.  zum  Papste  Benedikt  Xll. 
reiste  ^^^).     An  und  für  sich  kann  sowohl  der  Geistliche 


kundb.  nr.  CXCll);  leiner  1296  (das.  II.  ürkdb.  nr.  CCXXXIX). 
1297  ida-i.  III.  nr.  CXC'VI;  IJ.  or.  (XXL  u  CCXLII),  1304  (d«s. 
ur.  CCLIV),  1312  (das.  nr.  CCLXXIl  als  iniit>a),  1321  (Hess.  Ur- 
kuDd«?ubucli,  Ijerausgeg.  von  Artkur  Wyss  11.  nr.  3',>2 :  JoUnune» 
niiieä  fogiiüiniiiatuä  Kitesel  mit  zwei  Sijbuou  JuhaaQ  und  Heinrich; 
erwähnt  werden  aiig.seidem  minderjälirige  Sohne  und  Tochter  des 
er^teron),  1328  (Hohs  Urkundt-a,  herausgeg,  von  Ludteig  liaitr, 
1.  ui.  021:  HträDuu.s  niilc.s' Juliaunes  dictum  i^itliesil;  hier  weiden 
auch  die  (reuen  llienste  erwiihiit,  die  die!»er  dem  Land^tafeii  Otto 
leiirtcte),  13:^)  (das.  nr.  739:  Johannes  Hythesel  iiiilüs),  1333  tlexs. 
Urkuiidb.  11.  nr  5W:  her  Johan  ßyetcfvcl  lyttere  und  her  JoiiAii 
Ryetesel  pherner  zu  ürÜiieubörg),  1333  (das.  nr.  5S8:  stretmus  et 
faniosus  vir  dominus  Juhanueu  liytUe^ii  miles;  dessou  GaltiuueD 
liedwifj  und  Meditilde),  I33(i  (da.s.  nr.  630:  älrauuus  wile>>  domi- 
nus Johaniiüh  dictua  Kithesilji,  I33ö  (H'etjri-  II.  ur.  CtVXXXllf: 
Hcn-  Joli.  KyeleKcl,  ritter),  1337  {Bruekner^  Heiiueb«rg.  Urkuudoo- 
buch  IJ,  nr.  XLVI:  Johan  liiothobil.  rittui  |  AuHscideui  erwähut 
Landau,  liitlerl)uit;en  IV,  2  aun  iSÜfl  einen  Hitter  Joliauues  Kied- 
esiel  als  •St-hultliuisseu  von  Franti^nherg,  sowie  desseo  Oeuiahliu 
Hedwig.  Klieiiso  war  ein  Johaiinos  KieiJesel  als  Schiedsrichter  hei 
den  Streitigkeiten  Äwitsehen  I^audgrnf  Utto  und  Erzliischot  MatthJU 
von  Mainz  lelheiligt:  vgl.  die  Urkunde  vom  Jahre  1324  bei 
Ö»K/f«Hx,  Cod.  diplüiii,  tum.  III.  II.  219.  Eine  audere  Person  ist  wokil 
der  1353  vorkoinnieiiJe  Johann  Kicdefiel,  Sohn  des  Johanu,  ge- 
nannt vou  der  IJunt7.{iai;h  (Hes.t.  rikiindl.  11.  ur.  888)  uud  der  in 
einer  Urkunde  v.  J.  ]3ü9  oiwiiliüte  Ritter  Johann  Kiedesel,  Amt- 
mann in  Homberg  a,  d.  Ohm  {da«,  nr.  |)87).  Mit  letzterem  scheint 
der  hitler  Joh.  Riedescl  identisch  xu  «ein,  der  urkundliuh  (bei 
Baur,  Hess,  Urkunden  1.  ur.  920,  Note  zu  nr.  U41u.  zu  ur.  1039) 
iu  den  Jahren  1357.  1361  uod  1370  vorkommt. 

•")  Das    Schreiben   int  gedruckt  bei  Schamttit,  Viudem.  lit- 


I 
I 
I 

I 

I 

I 


der  Ritter  Verfasser  einer  Chronik  sein  '^*'),  denn  es 
ist,  wie  die  Geschichte  der  deutschen  Historiographie 
im  Mittelalter  zeigt,  nichts  ungewöhnliches,  dasa  vor- 
nehme Laien  in  vorgerückten  Jahren  geschichtliche  Auf- 
zeichnungen machen.  Es  hat  sogar  die  Annahme  viel 
für  sich,  derjenige  Johannes  RiHdesul  möcEite  der  Chronist 
sein,  der  das  besondere  Vertraunn  dHs  Landgrafen  Otto 
besass  und  von  ihm  zum  Schiedsrichter  iji  den  Streitig- 
keiten mit  Mainz  bestellt  wurde,  der  ferner  nach  dem 
Bekenntnis  Heinricli's  II.  dessen  Vater  Otto  zahlreiche 
wichtige  Dienste  ieistete;  diese  Vermuthung  gewinnt 
sehr  an  Wahrsclieinlichkeitj  wenn  man  in  Betracht 
zieht,  dass  der  Chronist  das  Bild  Otto's  besonders 
scharf  zeichnet  und  ihn  trotz  der  Streitigkeiten  mit 
seinem  Vater  als  gottesfürchtigen  Mann  und  trefHichen 
Fürsten  [ireist. 

Ebenso  schwirrig  zu  beantworten  ist  die  Frage 
nach  der  ursprünglichen  Gestalt  und  dem  Umfange  der 
Chronik.  Gerstenberg  citirt  dieselbe  in  seiner  thürin- 
gisch-he-ssischen  Chronik  3(J  mal  und  mit  einer  Aus- 
nahme nur  in  .solchen  Fällen,  wo  es  sich  um  hessische, 
bezw.     thüringisch -hessische    Verhältnisse    handelt"'). 


terar.  Coli.  11,  126  f.  Dei-  Hofmeister  wird  das,  S.  127  als  Jo- 
httnnes  nntus  Johaiinis  Ryetese!  miliüs  bcaetuhuet. 

""j  Auf  dic'M  Möglichtoit  weist  UcjicA-,  fles.s.  Laadesge&ch, 
I.  ^.  VIU  und  Not»  1  liJD.  Vfrgl.  auch  Q.  Landau,  Die  hess. 
KittcrburgeD  und  ihie  Besit^cer  IV,  2. 

'«)  MouJm.  Uass.  11,  378,  :^84,  399,  411,  412,  413  (2  mal), 
416  (2  mal),  418.  4'i4,  429,  431,  4»-»  (2  mal),  434,  435,  43ß,  437, 
439,  445,  448,  449,  451,  4ft3,  457  (2  mal>,  4f^,  462,  4(13.  Auch 
in  der  FiBukeiib.  Chronik  wird  Sp.  25  (wo  Hiodesers  »nistoiie" 
oder  „Flistorjen*  citiil  woi-don),  27,  30  (wo  dor  Herauüjjeber  die 
Quellenangabe  auagelasson  hat),  32,  37  und  38  auf  lüedesol  Bezug 
genommen ,  SilmmÜicheStcllou  komineu  abgesehen  von  der  letzten 
auch  und  zwar  in  aiisliihtliehcrcr  Fassung  in  der  tliür  .-Ivpü'*.  Chro- 
nik vor.  Doch  hat  üoi-stenberg,  wie  die»  schon  aus  dem  Umstand 
N.  r.  Bd.  XVII.  5 


66 


Da  Gerstenberg  in  seiner  Chronik  nicht  selten  auch 
Dinge  berührt,  die  zu  seiner  eigentlichen  Aufgabe  nicht 
in  Beziehung  stehen  '*"),  »o  kann  man  wohl  annehmen, 
dass  er  Riedesel  anch  bezüglich  anderer  als  hessischer 
Angelegenheiten  hier  and  da  zu  Rathe  gezogen  haben 
würde,  wenn  dieser  sich  nicht  fast  ganz  auf  Hessen 
beschränkt  hätte.  Es  ist  also  Riedesers  Chronik  wohl 
eine  hessische,  und  nur  der  Anknüpfung  wegen  werden 
in  ihr,  wie  auch  Wenck  vermuthet  '-^),  die  letzten  Zeiten 
der  thüringischen  Herrschaft  über  Hessen  behandelt  '•*). 
Nicht  leicht  ist  es  dagegen  wieder,  über  den  Umfang 
der  Chronik  etwas  Gewisses  zu  sagen,  denn  Gersteu- 
berg citirt  Riedesel  nicht  Jahr  für  Jahr,  sondern  mit 
Unterbrechungen,  so  z.  B.  1242,  1246,  1247,  1250, 
1277,  1286,  1288,  1293.  Bei  einer  Chronik,  die  wie 
die  Limburger  naturgemäss  Vieles  bringen  muss,  was 
Gerstenberg  für  seine  Arbeit  nicht  verwerthen  konnte, 
wäre  ein  solches  Verfahren  des  letzteren  keineswegs  auf- 
fallend, aber  Riedesel  gegenüber  liegt  die  Sache  anders. 
Entweder  hat  die  Chronik  des  letzteren  nicht  viel  mehr 
enthalten  als  das,  was  Gerstenberg  wiedergiebt,  oder 
dieser  hat  da,  wo  sich  zugleich  bei  Riedese]  und  bei 
anderen  Chronisten  Berichte  über  dieselben  Ereignissi 
fanden,  mitunter  nur  letztere  benutzt.  Ks  wäre  aber 
jedenfalls   auffallend,    wenn  Gerstenberg  über  hessische 


hetvorjijeht,  äasa  eine  aus  Riodesel  eutlehiito  Stelle  der  Fraiikon- 
Lerger  l'hroiuk  in  seux-r  groBsmcn  ArlK?it  nicht  nachgewiesen 
worden  kann,  nicht  die  befieiTcnden  Stellen  seines  ertitgoiiaunten 
Werke»  aux  der  rhür.-lioi^   Clirunik  veikürzt  lieriiborgfiiomuieo. 

»«•)  8,  0.  S.  25  und  31. 

"»)  A.  a.  0.  p,  VUI, 

'*<')  AbgeHetit'n  von  der  Monini,  Haüs,  II,  378  sich  Gudendeu 
Stelle  üIkt  Fritzlar,  die  niugliclierwuise  im  Zusamuioulmrig  mit  der 
Eroberung  der  Stadt  dureh  Landgraf  Koniad  (t232)  stellt,  ist  S,38.1 
vüu  Koorad  von  Marburg  und  S.  399  von  Landgraf  Qenuaua  von 
Thüringen  und  dessen  Tüd  die  Rede. 


I 


I 

I 


I 


Verhältnisse  in  erster  Linie  nicht  Riedesel  zu  Rathe 
gezogen  hätte,  vorausgesetzt,  dass  dieser  Auskunft  geben 
konnte.  Auf  der  anderen  Seite  wieder  darf  man  nicht 
ausser  Acht  lassen,  dass  Gerstenberg  häutig  ganz  über 
seine  Quellen  schweigt  oder  es  versäumt,  bei  überein- 
stimmenden Angaben  versehiedener  Gewährsmänner  die 
Berichte  derselben  auseinanderzuhalten*^');  bisweilen 
nennt  er,  wo  er  zwei  Vorlagen  hatte,  nur  eine  '*''),  und 
nnr  einmal,  bei  starker  Abweichung  Rii-deseVs  von  der 
Thüringer  Chronik,  merkt  er  dies  ausdrücklich  an  '**).  Es 
ist  also  recht  gut  möglich,  dass  er  hier  und  da  Riedesel's 
Nachrichten  allein  oder  vermischt  mit  Bestandtheilen 
anderer  Quellen  benutzt  hat,  ohne  hiervon  Mittheilung 
zu  machen.  Eine  weitere  Schwierigkeit  liegt  darin, 
dass  wir  gar  nicht  in  der  Lage  sind,  bestimmt  nachzu- 
weisen, wieweit  Gerstenberg  seine  Vorlagen  gekürzt 
wiedergegeben  hat  ^^).  Wenn  auch  die  knappe  Fassang 
der  Limburger  Chronik  von  letzterem  im  Ganzen  unver- 
ändert gelassen  wurde,  bedingt  dies  keineswegs  ein 
ähnliches  Verfahren  des  Chronisten  in  Bezug  auf  die 
eingehendere  Darstellung  in  der  Arbeit  Riedesel's.  — 

Neben  Gerstenberg  muss  auch  Lauze  ans  Riedesel 
geschöpft  haben.  Lauze  pflegt  im  Gegensatz  zu  den 
früheren  Partieeti  seiner  Chronik  bei  der  Darstellung 
der  hessischen  Geschichte  seit  Heinrich  L  seine  Vorlagen 
»ehr  selten  zu  nennen  '^*l ;    nur   wo    er   bekannte    und 


"')  Vgl.  Moniin.  Haas.  U,  412,  415,  431,  449  u.  o.  8.  40  f. 

»•*)  Vgl.  z.  B.  thiir.-besfi.  Clnxm.  a.  a.  0.  S.  4W  f.  (,Nu 
woriu  olzlicbo  —  tzweydim-ht^)  mit  Frautenti.  Chron.  S|j,  27.  la 
letzterer  wird  Hiede.sel,  in  «■rstorer  die  Thüringer  Chrouik  als 
Quelle  angegeben. 

>•*)  Monioi.  Hiws.  II,  399.   \^l  o,  S.  44. 

'=■♦)  Pass  er  übciiiaupt  (gekürzt  hat,  ist  Ö.  37  bereib»  orwähnt. 

'"*)  ^'gl-  <löß  ei"steij,  ooch  ungedruckten  Band  soiner  Chro- 
nik. Die  Ori^ittalbaudaLbrift  ist  iu  der  Stand.  Landesbibliothek  in 
Kauäul  (Mas.  llu.s.s.  in  lol.  ur.  1). 

5* 


berülimte    Namen   wie    Nauclerus,    Irpnicus,     Brusciuns 

u.  s.  w.  aufzählen  kann,  verschmäht  er  «s  auth  liit-r 
iiiclit.  Aeuf^scrt  ft  sich  nhrr  einmal  über  eine  Qui'IIh, 
bü  thut  er  dies  in  der  Regel  ziemlich  allgemein.  S.  247 
fipritht  er  V(»n  hes&iiöchrii  Jahrbüchern.  S.  239  von  einer 
fuldischen  Chronik,  8.  2äU  vfiri  einem  fuldischeii  Chrono- 
graphen; anderwärts  wieder  neunter  zwar  Namen,  ver- 
säumt es  aber,  den  Titel  des  betreffenden  VV^erkes  be- 
Htimmter  anzugeben.  Kinige  Male  erwähnt  er  Johannes 
Nohen  von  Hersfekl,  aber  nur  an  »iner  Stelle  bezeichnet 
er  die  Vorlage  genauer '^"^l ;  Gerstenberg,  den  er  neben 
Neben  sehr  häufig  benutzt  hat,  nennt  er  im  ganzen 
nur  4  mal  '^'),  wo  er,  nach  dem  Inhalt  der  Citate  zu 
urtheiien,  dessen  thüringisüh-bessische  Chronik  im  Auge 
gehabt  haben  muss.  Da  nun  Rieile.sel  nirgends  von  ihm 
erwähnt  wird,  so  hegt  ziiniiulist  freilieli  die  Aiinalinie 
nahe,  das8  da,  wo  Lauze  mit  dem  genannten  Clu'cMUKten 
übereinstimmt,  Gerstenberg  der  Vermittler  i.-it.  Tliat- 
sächlich  lassen  sicIj  die  meisten  8tüeke  bei  Lauze,  die 
nur  aus  Riedesel  htanimeu  küiinen,  nahezu  in  der 
gleiclien  Fassung  bei  Gerstenherg  naebwt-isen.  Einmal 
nennt  Lauze  letzteren  sogar  als  IJuelle,  wo  sicli  dieser 
auf  Riedesel  beruft.  Itides.sen  ist  zu  bemerken,  dass 
Lauze  hier,  wie  sich  aus  natlisteheiHler  Zusammen- 
stellung ergiebt,  vielfach  doch  vom  seiner  Vurlage  ab- 
weicht und  noch  anderweitige  Quellen  gehabt  haben 
muss. 


Gerstenberg    (Monim. 

Hass.  11,  im  f.). 

Bie  dißen  getzyten  wo- 

ren  in  dem  lande  zu  Heßen 

vjlti  roupstoße  uude  niort- 

kuten,    die  dan    ire  leben» 

>»)  iS.  290a. 

>")  S.  29  a,  95  a,  2ä6,  240  a, 


Lauze  I,  240a. 

Ümb  diese  zeit  waren 
irer  noch  viel  vom  adel  iin 
land  zu  Hessen,  welche  aih^ 
freiherru  sein  und  ire  leben 


nicht  «mbe  den  forsten  ent- 
phaen  wulden,  sundcrn  si« 
wnrexi  des  tants  fygent,  etz- 
liclu'  uffenberliclip,  ftzlithc 
heymclichiii,  dii'  b»'.streid 
dpr  lantgrave  uruli'  {jcwim 
sie,  ntzlicht!  brfuii  iT  zu 
grundü  nidder,  e.tzliclif.  he- 
satzste  er  mit  den  syn^'n 
unde  in  sunderheit  doße 
nachgeschrebin  18  sloße 
Rlancksteyii ,  die  t^wi-y 
HfjeiitVKJi'he,  diu  tzn'cy  Gu- 
dt'nbevg*',  den  Keßeberg 
uff  dßi-  Eddern,   Aldetiburg, 

Rulkirehen,  Rudellien, 
Swartzenberg,  Helftinberg, 
Wulffeshiißen,  Ruckers- 
bußen,  Landeßhurg,  Czi- 
genberg,  Pederßbsyn,  IJl- 
richsteyn  unde  Eyßenbach. 

Alstis  schribet  Johan  Ryt- 
eße!    in   syner   chronicken. 


vom  hnidgraven  nicht  era- 
phoen  wolten,  denn  sie 
battcn  znvor,  da  die  land- 
.scdiafft.  nne  ein  gewiß  liatibt 
gewesen,  viel  dnrffer  zu 
sich  gezogen,  welclie  ima 
(yic)  fuistenthumb  und 
«itbt  iiu'U  zugehürteii.  der- 
halbeii  hat  sie  der  land- 
grave  überzogen  und  aus 
dem  lande  vertrieben,  und 
werden  fiirnemlirli  diese 
von  herv  Wigaiid  Htwlen- 
bendern  vom  FrJinckenberg 
bejietit :  Wolffe  von  tiuden- 
berg,  die  Gieren  von  Guden- 
lierg,  die  Reseu  von  Guden- 
Uerg,  die  von  Blaivf.ken- 
stein,  Keiserberger,  Ruel- 
kircber,  HelfFenberger,  Ul- 
richsteiner, Ei  wen  bet  her  und 
andere  mehr,  die  Guden- 
berger  für  sich  -sei ha  liaben 
getlian  wa«  sie  schuldig 
waren  und  seinil  im  lande 
blieben,  dergleitheti  auch 
die  Wolffe  von  Gudeiiberg, 
aber  die  Resen  und  Gieren 
seind  an  Rheinätraum  kö- 
rnen, die  anderen  haben 
sich  in  andere  lender  bge- 
ben  {sie)  müssen. 


Wichtiger  sind  zwei  andere  Stellen  bei  Lanze 
(S.  240  f.  und  243  f.),  wo  dieser  ausführlicher  aU  Ried- 
esel bei  Gerstenberg  (S.  427  ff.,  456  f.  und  462  f.)  ist 
und  in  Einzelheiten  von  letzterem  abweicht.  Es  liegt 
alfjo  die  Frage  nahe:  hat  Lauze  hier  Kiedesel  in  an- 
derer Gestalt  vor  sich  gehabt  als  in  der  Fassung  bei 
Gerstenberg,    oder  hat  er   noch  anderweitiges  Quellen- 


70 


material  benutzt  und  auf  Grund  desselben  die  Erzählung 
Riedesel-GerstHnberg's  vervollständigt,  bezw.  bprichtigt?] 
Btitrat'htt'n  wir  zunächst  die  zweite  8t(^llH,  welclie 
Nachricht<^n  über  den  Zwist  Landgraf  Otto's  mit  Erz- 
bischof Mathias  hinsichtlich  der  mainzischen  Lfihen  in 
Hpssfn  enthält.  Lauz«'  hat  hier,  vvip  hs  auf  den  prsten 
Bück  scheint,  Riedesel-Gerstenberg  vor  sich  geliabt,  seine 
ausführliche  Erzühliing  ist  indes,  wie  die  nachstehende 
Zusammenstellung  zeigt,  daneben  z.  Th.  wenigstens 
aus  anderen  Quellen  gefjo.ssen,  mögen  dies  nun  Urkunden 
oder  eine  auf  tetzteren  beruhende  Diirstelhmg  geweben 
sein. 


Geretenberg. 

S.  456  f. 

Darnach  sprach  der 
bischoff[  Peter]  Widder  dißen 
fursten  »ne  nmb»^  die  leen- 
sehafft  die  lantgrave  Jolmn 
vooi  stifft  zu  Mcntz  gehabt 
hatte  unde  sprach :  nach- 
dem male  syn  bruder  sun- 
der libes  erben  verMtorhen 
were  und«  dii-s  lant  ver- 
teilt were,  so  weren  die 
lehene  dem  stiffte  ledig- 
lichin  verfallen. 


80  entwerte  der  huit- 
grave,  wy  das  das  hnit 
unde  die  lehenschafft  nach 
nye  verdeylt  geweat  were, 
snndern  syn  vater  seliger 
hette  tzußchen  en  ejTie 
mutschar  gemacht,  auch 
ob   es   schone    verdeilt  ge- 


Lauze  I,  243  f. 
Anno  etc.  1323. 
Das  7.  Capitel. 
Mathian  grave  von  Buch- 
eck eiu  Hurgtindier  und 
moncli  S.  Henedicti  ordens 
zu  Maurbach  im  Elsaß, 
volgents  ertzbi.sclioff  zil 
Meintze,  kam  auf  den  whan, 
noehdem  weiland  landgrave 
Johan  ojie  manliche  leibcs- 
erben  v<'rstorbeji,  weren 
seine  tehen  so  er  und  seine 
Voreltern  von  dem  bisthumb 
Meintze  zu  leben  getragen, 
ime  und  gemeltem  ertjsstifft 
als  vertedigte  lehen  heim- 
gefalleri.  dagegen  hielt  es 
der  landgrave  dofur:  weil 
angezeigte  lehen  durch 
recbtmessige  und  besten- 
dige erbscbafft  an  seine 
Voreltern  kommen,  davon 
er  auch  allerlei  alter  und 
glaubwirdiger  urkhunde  für 
konte  legen,   das  dorzu  in 


71 


I 


West  were  {des  doch  nicht 
was),  60  hoefte  he  das  in 
rechtin  nicht  herkant  sulde 
werden,  das  eynsr  an  libes 
erben  stoi'be  der  eynen 
naturliehim  lebeiiigfii  bm- 
der  naL'ii  eme  li|H',  ydoch 
so  wuitä  he  s>ynLi  rechtin 
by    dem    Romschin     riche 

bliben . 

Alsus  sthribet  Joban  Rit- 
eßel  in  synt-r  cronicken. 
S.  462. 
Bisctiotf  Älathias  von 
Mentz  (alß  Johan  Riteßel 
schribet  in  siner  throni- 
cken)  herweckede  widder 
uff  die  Sache  mit  den  lehin- 
gutern  die  lantgrave  Johan 
gehabt  hatte,  a(ß  vor  ge- 
schrebin  stehit,  unde  ge- 
dochte  alletzyt  darnach,  wie 
he  die  hintgraven  gantz 
verdiigen  mochtt:  unde  das 
laut  zu  Hessen  in  sine  ge- 
walt  brengiji  mociite. 

Unde*j  hat  der  vorgen. 
unser  herre  erzebischot"  zu 
Menze  unde  wir  mit  trnweti 
gelobt  u.  zu  den  heiligen 
gesworn  stede  u.  veste  zu 
haltende  an  alle  geverde 
dissen  iegenwortigen  brief 
unde  wie  uns  die  vorge- 
nanten sunlute  richten 
nach  minne  oder  nach 
reichte  also  da  vorgeäcliri- 
ben  stat. 


der  Separation  oder  mut- 
scherung  so  er  etwan  mit 
seinem  brnder  Joiian  ge- 
halten ausdruglich  vorbe- 
halten were,  das  alle  lehen 
ein  samptlehen  sein  und 
bleiben  solte.n  und  sie  also 
keine  erbliche  division  oder 
todttheyhing  gethan  und 
er  nu  one  manliche  lehens- 
erben  verscheiden  were,  er 
als  ein  rechter  erbe  dorzu 
und  solchs  lehen  an  inen 
devolvirt  und  noch  nicht 
für  verledigte  lehen  zu 
halten. 

Zuletst  kam  es  dohin, 
das  beide  partheien  auf 
nachben  ente  putliche  under- 
handler  bewilligten:  Emi- 
chen  graven  zu  Nassaw, 
heren  Wenceßlaum  von 
Cleen  burggraven  zu  Fried- 
berg in  der  Wi-di-raw  und 
andere  mehr. 


verhiessen  auch  zu  beiden 
tlieilen,  \va.s  die  in  solchen 
irrungeu  ansprechen,  dor- 
bei  solte  es  jede  parthei  one 
Weiterung    bleiben  lossen. 


•)  Oudenim,  Cod.  Diiilom.  III.  p.  220  (Urkunde  vom  12.  Juli 
1324.  Uor  Erzbischof  und  der  Landgraf  vereinigen  sich  tber  die 
zu  erwählenden  ^chiodäriuhtcij. 


72 


.  .  .Wir*)  grefe  Emiche 
von  Nassau  .  .  .  und  wir 
Wenzel  von  Clwn  biirg- 
graf«  zu  FriRdeberg  und 
Bernhart  von  Guus  ritlert! 
.  .  .  ratlutn  und  si;h«idH,lut»' 
^ekorn  umb  dit-  lfli(*«i  uixl 
gut  di<!  de  vnrgt-riHnt*?  *'itÄ- 
bisclifjff  zu  Minifzi'  fitrdf'rt 
und  spricht,  flas  sio  ihme 
und  seinem  stifte  von  Innt- 
grefen  Johannes  tode  wt^gen 
ledig  werten  siut  und  an 
in  und  seinem  stifti*  li'dt-g- 
lich  (erstorben,  diu  der  vor- 
nante  lautgref»*  Ot.te  be- 
sizt't  und  innt!  ht4  sit  sin  es 
brnders  huitgri-fen  Johan- 
nes tod.  spreche nt  und  er- 
teilent  uf  unsern  cit  mit 
diesem  bricfe,  das  (h-t  vor- 
genante hmtgrefe  Otte  in 
den  vorgenanten  leben  und 
gut  öizen  sol.  und  wil  in 
der  vorgenante  ertzbischof 
dorumbe  ansprechen  und 
beteigedingen,  so  zal  er  dem 
vorgenanten  lantgrefen  Otte 
für  sine  man  tag  mahnen 
als  recht  ist  um!  was  die 
ertuilent,  das  zol  er  liden 
und  stete  halten  .  .  . 


dorauf  sprechen  diesel- 
bigen  nu  also  auß,  das 
der  landgrave  Otto  billich 
bei  allen  lehen  seines 
vatters  und  auch  deren 
so  weiland  landgrave  Jo- 
han  inue  gehabt  und  ver- 
lossen  so  lange  solte  ge- 
lossen  werden,  biß  der 
von  Meintze  inen  mit  ei- 
nem bessern  rechte  davon 
tribhe.  da  nur»  dem  bi- 
schofF  dieser  sentenz  nicht 
gefeilig,  mochte  er  den 
landgraven  für  seinen  man- 
gericht  furnemen  und  von 
deme  weiters  bescheids  ge- j 
wertig  sein. 


•)  Schmincke,  lle  auperarbitrijs  Beilage  11.  und  Ouf/cwi«  1.  c. 
p.  226  (Aus  dein  Schied.ssprucho  Eiuirbo'»  von  Nassau,  Weüzel'e 
von  Cloen  und  Bernhard's  von  Qüas:  Eylohe  bei  Amöneburg,  S, 
Mailinüabead  (Nov.  lO.J  1324). 


HHIHl^^E      ■ 

^^^V 

^H 

^^^^L       .  .  .    Des  *)    quam    ich 

Hieran  wolte  der  bisclioff              ^M 

^^^H^ieo  zu  Amenborg  uff  S. 

nicht  benug«t  Hi'in,  vergaß              ^H 

^^^^fMeriens  tag,  du  sprach  myn 

aller  znsa^H  und  citirto  dif^         ^^H 

^^^^H  hfrregrevf  Emiche  f^r  helte 

benf^nten  sclu-idsrichter  al-         ^^^H 

^^^■('yn  brj'v  la^spn    ^uht-yb^n, 

lesampt  gc-n  AiiH'lbcrg  und         ^^^| 

^^^Hden    &olt  ich    besigihi.     du 

begerte  an  die.selbigf^ii  iim;         ^^^| 

^^^^B  sprach  ich:  herre  das  tntiin 

solch«8  »prnch.s  «'in  mklp-         ^^^H 

^^^V  ich  nicht,  ich  Itizal  is  von 

rung   zu  thuen.    als  nn  die         ^^^| 

^V        rechte    nicht,   tun  .  .  .  dps 

schnidsrichtir'r      crsr-bfini^n         ^^^H 

^^^H  lud    mich    min    herre    von 

und  des  biijchojfs  mi::innng         ^^^H 

^^^HMfntze  darumb  au  sin  gei.>jt- 

hatten  angfhort^  weigcrtt^n         ^^^| 

^^^^  licli  gerichte  zu  Mantae  .  .  . 

.sie   sich    weiter    erklernng         ^^^| 

^M         und  drang  mich  diirzu  mit 

zu   thuen    und    liesst^n    es         ^^^H 

^M         bannp  den  !nr  an  mich  K^gte, 

bei    getlianem    anB.s[)roch,         ^^^H 

^H        da.s  ich  den  bryff  .  .  .  bu- 

den  der  landgrave  Vu4l  du-        ^^^| 

^M        sigihv  rauste  mit  myme,  in- 

wider    p rötest iren  und  be-         ^^^| 

^M        gesigil  widder  minen  willen. 

.Htendige  Ursachen  anzeigen,         ^^^| 

worumb     sie             solclier         ^^^| 

Sachen  weiter  nicht  betten         ^^^H 

KU  erkennen,     jedoch  ward         ^^^H 

am   leisten    grave    Einicho         ^^^| 

uberredt  das  er  dem  bischoff        ^^^| 

zu  willen  sein  wolte,  aber        ^^^| 

der    burggravH    von  Fried-         ^^^| 

berg    bh'ib    istetf  bei    vor-        ^^^| 

gesehener  abrede,     derhal-        ^^^| 

ben  hie.sch  inen  der  bischoff        ^^^| 

ghen    Meintze   und  da  der        ^^^| 

burggrave     ausäanblt^ib,           ^^^| 

sprach  inen  der  bischoif  zu        ^^^| 

banne.       solte     er     davon         ^^^| 

wider  erlediget  werden,  so         ^^^| 

muste  er  .>iingen  wie  es  der         ^^^| 

hischoiT  haben  wolte.                   ^^^| 

^M       und  das8  alle  lüde  dy  dyssen 

Nichts  desteweniger  be-         ^^^| 

^M        hryff  seh  in  oder  horin  lesen 

klagte  äich    hernach  in  ei-         ^^^| 

^M        disse  vorgeschr.  rede  wissen 

nem  öffentlichen  au  (^schrei-         ^^^| 

^M        und    d^ste    ba.ss    glouben 

ben    angeregter   burggrave         ^^^| 

^M        mögen,  so  liab  ich  .  .  . 

solches    hohen    gewalts  so         ^^^| 
ill   (Erkliirung  de»  Bui^grafen         ^^^H 

^H               *\  ScAmincke  a.  a  0.  Beilage 

H        Weuzet  VQD  Cleeu  |1327  Kobr.  2Jj 

^^^1 

74 


Gerstenberg  S.  462. 
uode  hat  eynen  grof^en  krig 
mit  dem  lantgraTen  ange- 
fangin  ande  thet  eme  vil 
veidrißes  ane.  za  eyner 
tsjt  ninthin  die  sinen  vor 
Marparg  ande  fingen  die 
lade  in  der  porten  ande 
fürten  sie  dor  den  Loynberg 
ande  namen  aach  midde 
was  sie  von  phee  betxaden. 
da  tzogin  die  von  Marg- 
borg  nach  biß  vor  Amene- 
barg.  da  wantin  sie  sich 
dy  figende  ande  hattin  ey- 
nen hinderhalt  ande  siagin 
ande  hiben  sich,  so  das 
die  von  Margbarg  nidder 
lagin  ande  worden  jemer- 
lich  hermordet  herslagin 
nnde  gefangin.  daß  ge- 
schach  als  man  schreib 
nach  gots  gebart  1327  jare 
äff  sontag  vor  pinxsten  ge- 
nant Elxaadi  .  .  . 


an  inen  geleget  were  far 
allenneni^ichan,  aber  der 
bischoff  Ueß  aicli  aolchea 
nicht  hoch  anfechten,  son- 
dern that  landgimve  Otten 
aach  in  bann  and  erledigte 
alle  seine  andeithanen  irer 
aidpflichte  so  sie  irae  als 
irem  angebomen  und  erb- 
herren  gethan  betten,  ließ 
ime  dorza  aaß  Amelbaig 
and  Friedßler  aach  dem 
schlösse  Melnaw  bei  Wetter 
grossen  schaden  zofagen. 
denn  die  seinen  ritten  far 
Wetter  and  Marparg  er- 
legten viel  vom  adel  und 
andere  barger  aas  dem 
land  za  Hessen,  and  als  die 
barger  za  Marparg  solches 
steten  zngrifs  aberdrossig 
worden  and  den  Mentzi- 
schen  biß  hart  far  Ämel- 
harg  nachzogen  (das  ge- 
schähe aaf  den  sontag 
Elxaadi  den  nehesten  vor 
pfinsten)  worden  sie  aber- 
eylet  and  irer  viel  er- 
schlagen and  gefiangen. 


Lanze  theilt  sodann  ein  Schreiben  Ladwig's  von 
Bayern  an  den  Landgrafen  Otto  seinem  Wortlaut  nach 
mit^^)  und  stimmt  dann  wieder  bis  aaf  einige  Zusätze 
mit  Riedesel-Gerstenberg  überein. 


Gerstenberg  S.  463. 

. .  ande  balde  darnach  äff 
unsers  herrn  lichenams  tag 
im  seibin  jare  [1327]  tzoch 


Lanze  I,  244  t 
Aber   das    alles    ange- 
achtet, weil  er  gesehen  das 
hohermelter  konig  ebea  der 


**j  Abgedrockt  nach  einer  Kopte  in  der  Zeitschr.  für  hess. 
GcKh.  T,  58. 


76 


» 


bischoff  Mathias  mit  großer 
gewult  in  da»  lant  zu 
Heßen  unde  verkundigety 
uffenberlieh  das  sie  niulits 
schfmen  sultin,  es  vvlt 
stedde  dorff«'re  kircliin  kln- 
ßen  claisti^r*'  spitale  g  locktet 
Hildct  kej'iier  gcvvyhptJi» 
»tt'dde  nach|iriHst*"ivii  mim- 
cbfn  junfferji  addier  noiiiieii 
undf  gab  applaß  undf  gnade 
dartzu,  wiltlier  vil  suhadtrjs 
unde  vil  niurdcns  unde 
^bbel  gfetLun  mochtH,  dtiin 
suitin  vergebin  syii  alle 
«yne  sonde.  hirumbe  en- 
sulten  sie  nymante  schonen, 
er  were  geistlich  adder 
werntlich.  aber  lantgrave 
Hinrieh  satzste  sinen  ge- 
truwen  in  god  den  lierrn 
unde  in  die  besthniunge 
sent  Elisabeth  unde  sprath 
eyne  frunde  an,  dartzu  fijii 
lant  atnde  lüde  luule  ent- 
hsl  t  sich  vor  den  Hie utzsclii n . 
aUus  schtibet  Juhan  Itit- 
eßel  in  siner   elii'ünicken. 


zeit  'mit  seinen  eigenen  nn- 
ligen  nnd  des  reichs  ge- 
8cheften  viel  zu  thun  hat 
und  nberladen  war.  hot  er 
einen  offentliehen  zog  gegen 
den  liindgraven  fnrgenom- 
men  nnd  in  sveiuer  absage 
nieniglieliem  erlaubet  kir- 
ehen  elausen  spital  und 
.sichenhäuser  zu  spoliireii 
und  keins  .stand»  noch 
menschen  zu  viTschonen  . 
hat  also  mit  gewalt  die 
<'invvoner  der  stadt  Gicssen 
gedrungen  sich  an  inen  zu 
ergeben,  wie  Chaspar  Bra- 
schius  im  leben  dieses 
bischoffs  deutlich  anzeiget, 
aber  sich  duiin  weit  irret, 
das  er  Henrienni  nennet 
welcher  vurlungst  abge- 
storben und  landgrave  Otto 
sein  soen  am  regiment  war 
welchen  er  fiueh  endlich 
dohin  geuutiget  hat  ime 
etliche  viel  tausent  gülden 
für  seinen  aufgewendtfu 
kriegsknsten  zu  gehen  .  und 
ist  dennoch  der  haupt- 
sachen  halben  nichts  be- 
schlossen noch  vertragen 
worden. 


1- 

^B  Ganz   ähnlich    steht   es    mit  den  unten  nebenein- 

ander gestellten  Nachrichten  beider  Chroni.sten  über 
den  Streit,  der  zwischen  Heinrich  I.  und  dem  Erz- 
biechof  Werner  von  Mainz  über  die  Ausübung  der 
Sendgericht-sbarkeit  in  Hessen  entstanden  war,  Doch 
fehlt  hier  das  urkundliche  Material. 


76 


Lanze  I,  239  flP. 
Anno  etc.  1277.  Lfimliirav«  Heinrich  hat.  weiland 
Gi'rljHrilnm  rrf/bischitffun  zu  M<Miitze  von  wegen  des 
seentlx  }>rsiln'iihi'ii.  <lenn  die  (ifHc-ialc?  serndprob.ste  und 
ertzprit'stcr  zu  Fiieilßler  Aincnebnrg  und  Meintze  be- 
schwerten die  nutertlianej)  im  land  zu  Hessen  uberaas 
hart  mit  Kolchetj  diiigen  nnil  mißbrauchten  also  irer 
empter,  das  wo  •■iner  nur  etwas  an  narurig  vermochte 
der  ward  durcli  dii'  seeudpfaffen  heiiidiih  geruyet  und 
{infiegHbeii,  ids  snlte  er  tJvit  diesem  uitd  iheiiem  laster 
beselireit  und  verargwotjet  .sein,  dorauff  ward  er  den 
aobaJd  titirt  und  ;,'eliiden  auf  die  [trobsteien  hart  be- 
sidiuldigi  t  tirid  etwan  an  sinem  guten  nsinien  und  leu- 
mund  dadurch  sehwerlich  verletzet,  understunden  sie 
hieb  den  «hoen  zu  etit-^chubitfien  mit  irem  aide,  ha) ff  es 
docli  ntL-ht,  sivndiTiv  u;ud  den  antragern  niedir  geglaabet 
den  iren  )HirgatinnibiJs,  aoeli  da  einer  noeh  so  unschul- 
dig erfntuli'ij,  niuste  er  doch  tinib  die  erledigungsbriefft* 
viel  gelt-s  geben,  das  verdroß  den  jandgraven  und  weil 
seinf  .schrüften  bei  dem  vorigen  biseboff  ein  geringe 
anseheiis  gehabt,  beschreib  er  Wernerum  ertzbischoff 
doselbst  dieser  saclien  halber  auch  und  zeigt  denie  an 
da.s  ime  solhch^s  lenger  nicht  zu  leiden  sein  wolt,  das 
über  alles  alt  herkommen  die  armen  dermas^n  solten 
beschweret  werden,  gesann  darneben  auch  an  die  ertz- 
und  seendpfaffeu  sich  des  seends  zu  sitzen  biß  attflf 
weiter  erortfcerung  in  seinen  landen  zu  enthalten,  hieranff 

Gerstenberg  S,  427  ff. 
Du  man  schreib  nach 
gois  gehurt  1277  jar,  do 
starp  bischoff  Gerhard  von 
Mentz  unde  quam  eymer 
nn  sine  stat  der  hiß  Wern- 
lierus.        rlußer      Wernher 


ertzbisclioff  zu  Montz  hatte 
den  fursten  lantgraven  Hin- 
rich  im  vorgenanten  jare 
zu  banne  bracht  unde  eyn 
interdict  in  das  gantze 
land  zu  Heßen  gelacht 
ur.de    wa.s    vi)    dedingenfl 


sprach  bischoff  Werner 
den  landgraven  in  bann 
und  gebott  im  gantzen 
furKtenthumb  Hessen  alle 
gewonliclie  gottesdienst« 
und  ceremonien  zu  under- 
loRsen,  samlete  dorzu  ein 
groß  kriegtjvolck,  hengte 
grave  Gotfried  von  Cziegen- 
hain  auch  an  sich  und  den 
graven  vonW"itge)istein,wel- 
cher  zn  dem  mal  noch  die 
Stadt  Battenberg  inhatte, 
lagerten   sich  in  den  Bas- 


I 
I 


.^Ji 


fri' 


arbeit  uinbe,  so  das 
d(;r  furste  7  jar  lang  in 
,dein  b.iniiH  wiis.  so  nun 
it;r  bischoff  sach  ciiis  lu" 
H»  mit  bat)»«  uiiiJ«  iiiti'i'- 
ditt       iiitlit       bdtzwiiigi'ii 

i mochte  naclj  syme  willen: 
Öo  versamiufte  be  eyngntih 
bere  unde  tzoch  inver  eii 
und  legerte  sich  in  dt'ii 
Bucbseciier  dail,  so  wart 
dem  lantgravKti  geriiti-Ji, 
das  he  sit-ti  in  i^ynt-n  fridr 
unde  sunt'  gfhc:  mit  iU'Ui 
bischnfft*.  deß  saute  dfr 
Jantgravc  syiie  trufHiclie 
biitsehaft  dar  und«  liß  vmv 
byden  dry  tuseat  niatuk 
colsclier  pliiMuiigt',  da.H  er 
und«  syn  lant  u|,i  di^nj 
baiiuu  konnjicti  rumrlitt'ii. 
sulchs  eiiwiilde  dt!r  bistlifiti" 
nicht  tbun,  äundern  hn 
tzoch  vortfrli  in  syne  stad 
geyii  Fritzlar  iindn  thet 
daruti  groß»*n  scbadt-n  dum 
lautgruvi-n,  want  graw 
^■Gtvdfrid  vnn  CzigiMÜieyn 
^■unde  giave  Widdekynd  von 
Hattitiburg,  der  daii  vuii 
gebiirt  uas  t-yntr  von  Wit- 
g^'nsti.-yn,  di«  wurin  it^s 
bi^chott's  hidfftT«^  mit  an- 
dern ht-rrn.  deti  sannuftH 
diT  latitgravt'  aut:h  vyn 
groili  iiere  und  geboit  in 
»ymti  laniU;  daß  allt- 
manslude,  diu  i-ymni  -sti-cknu 
addt-r  swt;it  getragiti  moch- 
ten, das  die  q(U'niutJ  vui 
Fritzlar,  du  lyß  der  iant- 
grave     eyneu     strid     dem 


si'ckerthal  und  liessen  dein 
landgraven  alle  frHundt- 
scbatt't  absagen,  da  rie- 
tlien  vit»l,  man  snite  aicli  mit 
dem  biiscliotT  giitlicli  ver- 
tragen, etliche  aber  wider- 
rietben  dasselbigc  in  liofFe- 
niing  dieses  krit^gs  besser 
zu  geniehsen.  doch  ward 
xuletst  bi'sthloHscMi,  man 
sulte  etliche  vum  adel  an 
dej]  biöcbofit'  sfcliicken  und 
Versuchen  lussen,  ob  siH 
diese  irrung  in  der  gute 
kanten  iiijiit*g«n  und  ver- 
tragen, duraufl"  fordert.« 
gemelt.er  bischoft'  dreilnm- 
dert  niarck  colnisclier  phen- 
jiing  für  seine  aufgewendte 
kri(^gsrustung,  darneben  et- 
iiclu^  stedte  imc*  und  dein 
ertz.stift  Meiutze  zu  über- 
geben, im  war  der  latid- 
giave  urbutig  di«  ange- 
forderte summa  gelts  zu 
erlt^gen,  aber  stedte  hiciiiu- 
gebeii  war  er  nicht  bu- 
docbt.   —  —   —  —  ^ 

i!^iclits  deate  weniger 
iiocli  Vollendung  angezeig- 
tnr  saclnn  nani  gedocliter 
bibcluitf  wider  einen  zog 
geg<*n  dem  landgiaveii  für 
.  .  .  und  als  er  mit  seinem 
bantFeii  noch  griiaser  muhe 
bili  lur  Friedßler  kam  und 
.sok-hi's  der  laiidgnive  ve-r- 
mun  ,  iieli  t'r  jediTiiiau 
im  lande  gi-i)iHen,  d<r  nur 
einen  steeken  tragen  konte, 
auff  zu  sein  und  das  ge- 
meinte   vatterland    erretten 


^8 


bisthoffft  anliyten.  den  nam 
Ijh  iift'  undt*  tzoch  uÜ  der 
stad  zu  leide,  undtt  al6 
der  bisclioff  sach  sulch 
grniß  folck,  do  flnhe  he 
widiJtr  zu  der  staid.  Unde 
die  bürgere  forchtin  sich, 
queme  der  bischoff  mit. 
synie  frikke  widder  in  die 
stad,  daß  es  gar  dure  dar- 
inne  wurd<^  luule  wiirfien 
auch  uBtiwemiiu  von  dem 
•  lantgraven  belcgert  unde 
villichte  aber  verbvant  unde 
verstört  moditin  werden, 
alb  en  vormalß  von  lant- 
graven Curde  zu  Doriiigen 
unde  ließen  gescheen  was. 
unde  hirumbe  so  singen 
sie  die  dore  zu  unde  lißen 
den  bi.sfhoff  mit  20  |jht*r- 
den  yn  uude  lißen  tiie  an- 
dern darulV,  die  musten 
.sich  behdffiii  in  den  gra- 
ben, tzt'neu  unde  iti  den 
hi"ißerchin  die  in  den  gaiiin 
stunden.  unde  alßbalde 
gesan  der  bischoff  eyner 
frnnischafft,  anders  were.n 
die  büßen  der  stad  vil 
liebte  von  den  Heßeu  alle 
toit  geslagen  wurden,  also 
wart  dem  landgraven  eyn 
fridde  unde  smie,  wy  hi* 
selberß  wukle  nach  alle 
syme  willen  unde  del" 
bisr.lioff,  der  vor  in  dem 
Buebsecker  daie  nieht  tie- 
raen  wuide  dry  tusend 
marck,dem  enwart  nu  keyn 
p  bei)  TT  ig  unde  niuste  dem 
lantgraven  unde  synie  lande 


Erstlich  das  derbischoff 
den  laudgraven  mit  dem 
gantzen  lande  aus  dem  bann 
thuen  und  absolviren  solte. 
darnach  das  er  und  alle 
ni\elikom''ne  bischotie  zn 
Meintze  den  seeiid  nicht 
anders*  setzen  noch  halten 
.snlten  wider  der  vermuge 
der    beschriebenen     gevst- 


I 


zu  helffen,  der  bischoff 
war  keck  und  moHg.  da- 
rum hott  er  dem  land- 
graven  eine  ofTentliche  feld- 
Schlacht  an.  al.s  er  aber 
den  herzu  sach  kommen, 
er.scbrack  er  so  heflTtig.  das 
er  noch  der  stadt  F'riedßler 
eylete  und  begerte  sich 
alda  einznlossen.  aber  die 
burger  wolten  inen  nicht 
stercker  als  mit  zwantzig  M 
pferden  eirdossen.  Da  nu  ■ 
der  khune  heldt  nirgends 
anß  wußte,  ließ  er  bei 
dem  landgraven  umb  güt- 
liche underhandelung  an- 
suchen, doraut!"  endtlich 
nachvi)lg(Mider  vertrag  auf- 
gericht  und  im  Felde  vor 
FriedsJer  cemacht  ward. 


eyne  absnlation  bestellen 
iifF  syne  eigin  kostu  und«» 
dem  lantgraven  all  synen 
schaden  gent/Jiohiii  keren, 
auch  allfc;  ansproehe  bie 
uiide  abestellen.  darzu  be- 
hilt  der  lantgrave  sulch 
priviley  unde  fryheid,  das 
eyn  bischoff  von  M^ntz 
adder  die  commiBari<Mi 
unde  officiali^  vortmeis  kpy- 
neu  &enth  niimmermee  hal- 
tf'n  sullun  in  dfiu  steddin 
syns  lants ,  und«  fiirsteu- 
tbumps  zu  Heßeii,  LJurch 
wilcliB  sennthe  syne  arme 
]ude  vnrmalßgeschynt  unde 
geschrappirv  worden t.  alsus 
schribfit  Johann  Kyteßel 
in  syner  ehronicken. 


I 


liehen  und  welthchen  rechte 
von  altere  her  zu  halten 
zugelossen  und  bewilliget 
were.  zum  liritteu  das 
hinfurter  kein  seeridprobst 
auf  der  ertzpriester  an- 
geben oder  jemands  anders 
elage  einigem  underthaiien 
aus  dem  fursteuthumb 
Hessen  umb  welthcber 
Sachen  willen  oder  geld- 
srhulden  für  ire  geystlicbe 
gerichte  heischen  noch 
laden,  das  dennoch  land- 
grave  Heinrich  nu  ver- 
gebens und  umb  sonst 
alles  erlangte  welches  er 
zuvor  von  dem  zornigen 
ertzbischoffe  mit  guten 
Worten  und  angebottener 
grosser  »umina  g**It?  niclit 
konte  erhaltt-n.  denn  der 
zuvor  umb  fried  ansuchte 
mochte  er  nicht  werden, 
der  ihnen  aber  nicht  haben 
wdlte,  wird  nu  froe  das  er 
dorzu  gelossen  wirdt. 

Lauze  hat,  wie  ohen  gezeigt  wurde,  in  seinem 
Berichte  über  den  Zwist  zwischen  Landgraf  Otto  und 
Mathias  von  Mainz  urkundliches  oder  auf  Urkunden 
zurückgehendes  chronikaltsichr.s  Materia!  verarbeitet. 
Vielteicht  sind  auch  gewisse  andere  H^-mcrkungeri  in 
dieäem  Abscbnitte,  die  sich  bei  ihm,  aber  nicht  bei 
Gerstenberg  finden,  derselben  Quelle  entnommen.  Letz- 
terer spricht  nämÜch  nur  von  einer  Schädigung  der 
Bürger  von  Marburg  durch  die  mainzische  Be.«iatÄung  von 
Amouf^burg,  während  Lau/.e  auch  Mehiau  utid  Wetter 
eine  Rolle  spielen  lässt  und  allein  die  Angabe  von  der 
an  lilainz  gezahlten  Kriegsentschädigung  hat,   die  auch 


80 


bei  lirufchins  (Magtium  opus  S.  1»  f.)  fehlt.  Sehr  nahe 
liegt  die  Yerinuthung,  dass  Lauze  hier  wie  in  dem  oben 
S.  68  f.  initgetheijtfii  Stück  den  vollständigen  Kied- 
es»'!  benutzt  hat,  den  er,  wie  sogleich  dargetlian  werden 
wir«l,  Dfifli  in  anderer  Gestalt,  als  bei  Gerstenberg,  viel- 
leicht ni  nler  ui-spriinglicIuMi,  gi'kannt  hab^Mi  muss. 

Dii-srlbcn  Muiiieiite  konimi;n  a»th  bei  den  beider- 
seitigen Beriuht«n  üb«r  den  Streit  iipinricirs  I,  mit 
Werner  von  Mainz  in  Bi-traclit,  der  über  die  miss- 
bräuulilicbe  A(i.>jübung  der  Sendgericht^barkeit  in  Hessen 
entstanden  war.  Auch  hier  weicht  Lanze  von  Ried- 
«sel-Gersteiiberg  nianiiigfath  ab,  ind^Mn  er  ^n  der  Lage 
war,  nnderwi'itiges  Matcriiil  heranzuziehen.  Er  spricht 
nämlich  ziemlich  au^tiilirlich  über  das  unkanonische 
Verfahren  der  Sfudprob.sft*,  das  von  Hiedasel-üersten- 
berg  nur  ganz  kurz  erwätint  wird ;  weiterhin  gedenkt 
er  einiger  Schreiben,  die  di'r  LiinJgrat  in  dieser  Sache 
an  Werner  und  dessen  Vorgänger  richtete:  auch  hiervon 
ifst  d<tit  nichts  /,m  finden.  Von  grösster  Uedeiitung  sind 
aber  die  Abweichungen,  welche  die  MiÜheiluingeu  der 
Chronisten  über  den  Vertrag  anfwuisen.  Nach  Gersten- 
berg hätte  iiiinilich  Heinrich  vollkommene  Sendfreiheit 
für  alle  lieüüischen  Städte  erlangt,  während  Lauze  aus- 
drückhch  und  in  Uebereinstimniung  mit  dem  wirklichen 
Sachverhalte  erklärt,  dass  nur  die  den  kanonischen 
Satzungen  widersprechende  Ausdehnung  der  Sendge- 
richtsbarkeit auf  weltliches  Gebiet  fortan  unterbleiben 
sollte  '^Y 

Obwohl  wir,  wie  (iben  gesagt,  nicht  In  der  Lage 
sind,  die  Urkunden  genauer  zu  bezeichnen,  die  I^auze 
hier  vorgelegen  haben,  so  giebt  uns  dieser  selbst  doch 
einige  beathtenswerthe  Andeutungen  über  seine  Quellen. 

'•*)  Vgl.  H.  Hrppc,  KinhotiKfHuli.  hpider  Hesson  l,  4K  und 
AU8H0I  der  ilort  aii(it'führten  Litteratur  noch  Si>Uan^  Zui  tJpsi-h  d. 
äUult  Alsfeld  ][,  10. 


81 


Er  erwähnt  Sclirfiben,  dii-  LanJgraf  Ht'iurich  an  WVrnflr 
und  itfsseii  Vorgänger  in  der  ineljrfadi  f;rvväljnten  An- 
gelegenhf'it  gerichtet  habe:  ;ius  diesen  ist  wohl  sicher 
des  Chronisten  Erzählung  von  dnm  iinkanunischen  Ver- 
fahren der  St'ndpriester  von  Fritzlar,  Amöneburg  und 
Mainz  geflossen.  Auf  feine  Aufzählung  der  mannig- 
fachen Bescliwpriien  des  L;mdgrafen  in  dt;n  betr. 
Schreiben,  di«  an  sich  schon  natürlich  genug  ist, 
weisen  ausdrücklich  die  Worte  Lauzes  hin;  ,,Da8 
verdroß  den  hmdgraven  und  weil  seiue  schrifften  bei 
dem  vorigen  bischoff  eine  geringe  ansehens  gehabt,  be- 
schreib er  Wenierum  ertzbischotf  doselbfit  dieser  sachen 
halber  auch  und  zeigt  deme  an,  das  ime  sollichs  lenger 
nicht  zu  leideu  sein  wolt,  das  über  alles  alt  herkomen 
die  armen  deruiasen  (d.  h.  wohl,  wie  es  der  Landgraf 
in  seinen  früheren  Schreiben  auseinander  gesetzt  hatte) 
solten  beschweret  werden^'.  Ausserdem  hat  Lauze  die 
Vertragsurkuiide  st-lbst  alä  Quelle  gedient  '*").  Dafür 
spricht  nicht  nur  die  Angabe  des  Ausätelkingsortes 
(„im  felde  vor  Friedsler"),  sondern  auch  die  eingehende 
und  genaue  Mittheilung  di^r  Bedingutigt^n. 

Auch  sonst  finden  sich  Differenzen:  Riedeael- 
Gerstenberg  weisü  z.  B.  nichts  davon,  dass,  wie  Lauze 
niittheilt,  dem  Landgrafen  der  llath  ertheilt  wurde,  die 
streitige  Sache  mit  dem  Schwerte  zu  entscheiden. 
Ferner  forderte  nach  Lauze  di-r  Erzbischof  30CJ  Mark 
kölnische  Pfennige  und  einigte  lie»sische  Städte,  währund 
Riedesel-Gerstenberg  die  Sache  so  darstellt,  ak  habe 
der  Landgraf  seinem  Gegner  3UUU  Mark  augeboten,  und 
von    Städten    überhaupt    nicht    spricht.      Auch     darin 


'*")  Aobulicli  hl  das  Veiliältuis  zwtsciieu  Ijiuzb  S  249  f. 
uad  Gersten bcig  a.  a.  U.  S.  4y2,  ebenso  scIieiDeii  I>auic's  llitth<?i- 
lungcii  S  24Ua  über  oineu  zwisulieti  doin  I^iirfptaf«!H  lleiiiriuli  II. 
und  Ludwig  dtiJii  Junker  abgeüL-klosäeacn  VerüB);  aur  urkuDdlicher 
Grundlage  zu  beruhen 

».  F.  XVll.  Bd.  6 


üpgt  eine  Ver.SLhie<!«'nheit,  diiss  nath  Lanze  der  Land- 
graf in  die  Abtretung  vn»  Städten  riiulit  willigt,  wäh- 
hend  bei  Riedesel-Gerstenbcrg  der  Erzbischof  die  ange- 
botene Summe  aussi-hlagt;  «*bt!iiso  Iä.sst  der  letztge- 
nannte Chrcuiist  den  Landgrafen  seinem  Gegner  vor 
Fritzlar  einen  Streit  anbieten^  während  nach  Laiize  der 
Bischof  der  Herausforderer  ist.  Zu  erwähnen  ist 
bchlieüslich  noch,  das»  Lauzu  die  beiden  Züge  des  letz- 
teren (in  das  Buseckerthal  und  nach  Fritzlar)  viel  deut- 
licher von  einander  scheidet^  aia  diea  Riedesel-Gersten- 
berg thut. 

Diese  Verschiedenheiten  können  nur  darin  ihren 
Grund  haben,  dass  Lauze  Riedesers  Chronik  noch  in 
anderer  Gestalt  kannte,  als*  sie  bei  Gerstenberg  er- 
halten ist,  und  dass  Gerstenberg's  Auszug  der  kürzere 
und  weniger  genaue  ist.  Fraglich  bleibt  es  dagegen, 
üb  Lauze  das  von  ihm  verarbeitete  urkuiidlithe  Material 
bereits  in  der  Chronik  Riedes-el's  vorfand  oder  nicht. 
Im  ersteren  Falle  müsste  Gerstenberg  nicht  nur  seine 
Vorlage  recht  erheblich  gekürzt,  sondern  sich  der  er- 
strebten Knappheit  der  Darstellung  zuliebe  geradezu 
schwerer  Irrthünier  schuldig  gemacht  haben.  Allein 
zu  diestr  Annahme  sind  wir,  weil  wir  Gerstenherg  sonst 
als  einen  im  Ganzen  gewissenhaften  Geschichtschreiber 
kennen  gelernt  haben,  durchaus  nicht  berechtigt.  Lauze 
wird  vielmehr  Riedpsel  auf  Grund  von  Urkunden  still- 
schwt'igt'iid  berichtigt  und  hier  wie  auch  sonst  in  seinem 
Werke  (vgl.  2.  B.  S.  253a  das  Schreiben  Hermann's 
des  Gelehrten  an  die  obcrhessische  Ritterschaft,  S.  264  f. 
die  Bemerkung  über  die  Bulle  Paul's  Tl.,  die  Lauze 
selbst  eingesehen  hat  u.  n.  w.)  einen  Brief,  von  dem 
er  gelegentlich  Kenntnis  erhalten  hatte^  seiner  Erzählung 
eingefügt  haben.  Ausgeschlossen  ist  natürlich  nicht, 
do.'js  er  Hucli  bei  Riedeael  einzelne  Urkunden  vorfand 
und  hMiufzti-,  — 


I 

I 
I 


Es  Pi'übrigt  noch  das  Vfrhältnia  der  sog,  Ried- 
eserschen  Excerpte  zu  Riedesel-Gerstenberg  näher  zu 
beleuchten.  Die  unter  diesem  Titel  von  Kncbenbeeker, 
Anal.  Has».  ill,  1  —  71  verüffHntlichten  Notizen,  zu 
denen  dann  später  Ayrniami  Krgänaungen  gab  (das.  VI, 
457 — 473),  wurden  bereits  von  Scfnnincke  (Vorrede  zu 
Mon.  Hass.  II.)  für  Auszüge  aus  Gerstenberg's  thürin- 
gisch-hessischer Chronik  gehalten.  Dies  trifft  der  Haupt- 
sache nach  211.  Selir  fraglich  ist  dagegen,  ob  Gersten- 
berg selbst  seine  Arbeit  excerpirt  hat;  denn  diese  An- 
nahme stützt  sich  lediglich  darauf,  da.ss  in  einer  die  ge- 
nannten Auszüge  enthaltenden  Handschrift  der  ehe- 
maligen V.  llflFenbach' sehen  Bibliothek  der  Chronist  als 
der  Urheber  der  E.xcerpte  genannt  wurde '^').  Wer  diese 
Bemerkung  gemacht  hat,  kann  zudem  nicht  einmal 
ermittelt  werden. 

Der  Werth  dieses  Auszüge»  wird  allgemein  mit 
Hecht  als  sehr  gering  bezeichnet  '**},  und  ebenso  be- 
langlos sind  auch  die  wenigen  Nachrichten,  die  die 
Fortsetzung  bis  zum  Jahre  1547  bezw.  1552  enthält. 
Waa  zuvörderst  das  Verhältnis  der  Excerpte  zu  Ried- 
esel-Gerstenberg  betrifft,  so  zeigt  ein  Vergleich  der 
einander  entsprechenden  Notizen,  dass  der  Auszug 
recht  dürftig  ist  und  dass  nicht  einmal  alle  von  Ger^^ten- 
berg  aus  Riedesel  entnommenen  Stellen  berücksichtigt 
wurden.  Nur  eine  kleine  Differenz  ,tindet  sich,  die 
aber  vielleieht  auf  eine  Ungenauigkeit  des  Abschreibers 


"')  V^'l.  Wnick  8.  a  0.  tiXVIIJ  u.  Noto  3,  Anderer  An- 
sicht als  Wt'tick  ist  yVtjsf  (Iteut.Hiilu'  Littonduraeitung  1H87  Sp.  iSiiö) 
Diet  in  der  Ktänd.  Laiidcalittit.  in  Ka-sscl  autbowalitteu  Äbsehrifteu 
der  Excel |jta  ohroiiici  Hi<-'des©liaiii  (Mbs.  llass.  in  4*  nr.  8,  116  u. 
124)  ctithulteti  keine  Mittlieilungen  iibor  den  Kpitomator, 

'")  Nur  Ufjen  und  Vo()el  bezeichnen  (Zeitsclir.  f,  Hess.  Gesch. 
N.  F.  X.  178)  eine  niihero  Untorsuehung  üor  Kxc.  Ried,  und  ihres 
Vorhältnissos  zu  Kiedesol- Gersten  borg  als  wüüschenswortli. 

6* 


u 

7.iJTÜLkzuführ<'n  ist:  bei  Kiichenbecker  111,  5  f.  zerstört 
Landgraf  Kmirad  sechs  Dörfer  im  Nassauischen,  wovon 
Hteth'sel-Ciersioiiberg  S.  883  f.  nichts  weiss. 

Von  gröss<!rein  Belang  sind  die  Abweichungen  des 
Kpitoniiitors  von  Ger»tenberg  in  den  die  Sternerfehde 
behand»^lndi-n  Partieen,  wo  die  Erzählung  des  letzteren 
ziemlich  dürftig  ist.  Manches  hat  der  Epitomator  der 
LiinburgtT  Clironik  entnommen  (so  S.  2t)  die  Nachricht, 
dass  die  Sterner  länger  als  acht  Tage  auf  hessischem 
Boden  weilten  und  das  Land  bis  nach  Fritzlar  hin 
verwüsteten,  und  die  Mittheihnig  von  dem  Versnche 
des  Grafen  von  Katzenehibogen  Hadamar  zu  über- 
rumpeln), anderes  stammt  aus  Ger.stenberg*s  Franken- 
berger  Chronik  oder  der  Quelle,  die  dein.seU)**n  als  Vor- 
lage gedient  liat  (so  S.  2t)  f.  die  Erzählung  von  dem 
Anschlag  der  Sterner  auf  die  Neustadt  von  Frankenberg, 
wo  der  Epitomator  aber  am  Schluss  noch  eine  Nachricht 
aber  die  Altstadt  hat,  die  sich  bei  Gerstenberg  niclrt 
findet).  Der  Ur.sprung  anderer  Mittheiluiigen  ist  dagegen 
gar  nicht  nachweisbar;  S.  26  ist  von  dem  Tode  des 
Grafen  Gottfried  von  Ziegenhain  und  der  Fortführung 
des  Krieges  durch  seinen  gleiclinamigen  Sohn  die  Rede ; 
S.  27  wird  über  die  Verbrennung  von  Wetter  sammt 
dem  dortigen  Stifte  und  S.  27  f.  über  die  Thätigkeit  des 
Landgrafen  Herniann  in  Marburg  und  Kassel  berichtet, 
wfiran  sich  die  Nachricht  von  dem  durch  die  Feinde 
angerichteten  Schade-n  und  der  Bestrafung  der  untreuen 
Edelleute  scldiesst  Auch  Lauze  gedenkt,  aber  nur 
kurz,  S.  254  des  Landtages  in  Marburg  (wo  aber  ausser 
Hermann  auch  Luiidgraf  Heinrich  II.  anwesend  ist),  sowie 
der  Verbrennung  des  Stiftes  (nicht  der  Stadt)  Wetter  und 
S.  254a  u.  255  der  Züchtigung  der  ungehorsamen  Ititter; 
auch  der  Tod  des  Grafen  von  Ziegenhain  wird  S.  255 
von  ihm  erwähnt.  Ebensowenig  wie  der  Epitomator 
nennt  Lauze  seine  Quellen;  aucJi  Gerstenberg,  der  eich 


I 


85 


S,  493  auf  die  Chroniken  von  Tliüringen,  Hessen,  Lim- 
burg und  Huf  „aniJere  geleße"  beruft,  kann  liier  bei 
der  Allgemeinheit  seines  AuBtlruckes  keimen  Aufschlags 
geben.  Da  indess,  wie  vveitm-  unten  gnzvi^i  wprdon 
wird,  Lauze  für  diese  Partieen  hau}it«üch!ic-h  dia  Ib-tssen- 
chronik  oder  eine  verwandte  Quelle  benutzt  hat,  so  ist 
es  nii'ht  unvviihrselieinücüi,  dass  auch  die  Mittli*^ilungei> 
des  Eijitomators  auf  denselben  oder  ähnlichen  Gi'nnd- 
tagen  beruhen. 

Was  sich  etwa  sonst  noch  an  Abweichungen 
findet,  ist  sehr  geringfügig  und  hat  wohl  meist  in 
Lese-  oder  Schreibfehlern  seinen  Grund.  So  lässt  der 
Kpitomator  S.  4B  (z.  J.  1438)  das  sich  an  das  Bei- 
lager Ludwig's  des  Friedsanien  anschliessende  Turnier 
in  Sachsen  abgehalten  werden,  während  Gerstenberg 
S.  527  Kassel  nennt;  S.  07  giebt  der  Kpitiimator  das 
Lebensalter  Wiibelra's  des  Jüngern  auf  18^a  Jahre  an, 
wogegen  Gerstenberg  8.  569  nur  18  Jahre  hat;  auch 
hinsichtlich  des  Todestages  der  Landgräfin  Jnlantha 
besteht  eine  Differen?,  (vgl.  die  Excerpte  S.  B7  und 
Gerstenberg  S.  570).  SchlJe.sslioh  bestimmen  die  Ex- 
cerpte  S.  56  (z.  J.  1479)  das  Ende  des  letzten  Grafen 
von  Katzenelnbogen  zeitlich  noch  genauer  als  dies 
Gerstenberg  S.  551  thut. 

III. 
Die   Hessenchronik. 
Gerstenberg    citirt    die    Hessenchronik    14  mal    in 
seiner    thünngi-sch-hessischen    Chronik,    aber   auch    wie 
RiedesePs  Werk    in  grossen    Zwischenräumen  '").     Nur 
einmal   beruft   er   sich   in  der   Frankenberger    Chronik 


"')  Monim.  llasa.  II,  430,  461,  462,  485  (z.  J.  1360),  486 
(s.  J.  1360),  487  (z,  J.  136t),  493  {etwa  1372),  496  (etwa  1373). 
501  (z.  J.  1381),  &02  (2.  J.  i:«3  und  1380),  503  (z.  J.  138«;,  506 
(jt,  J.  i;i88),  ril4  (2.  J.   t3!l8). 


w 


Sp.  38  auf  sie  nnd  zwar  för  ein  Ereignin,  das  er  in 
dem  erstgenanntfMi  Werke  S.  464  anter  Hinweis  auf 
Hainaer  Notizen  erzählt  Indesi^en  deutet  er  beidemal 
an,  dass  er  auch  noch  andere  Quellen  gekannt  bat  '**). 
Der  Verfasser  muss  in  seiner  Darstellung  auf  Heinrich  I. 
zurückgegangen  sein  "*)  und  hat,  vielleicht  weil  er  dem 
Landgrafenhaus  näher  stand,  den  gt-nealogiscben  Ver- 
hältnissen des  letzteren  besondere  Aufmerksamkeit,  ge- 
schenkt '*"!,  doch  berichtet  er  auch  über  äussere  Unter- 
nehmungen, besonders  aus  der  Hegierungszeit  des  Land- 
grafen Hermann  '"'').  Die  von  Gerstenberg  mitgetheilten 
Bruchstücke  sind  zu  dürftig  und  ausserdem  nicht  selten 
80  mit  Bestandtheiien  der  Liniburger  und  der  Thüringer 
Chronik  vermengt,  dass  der  Charakter  dieser  Quellen- 
Bchrift  nicht  in  der  erwünschten  Deutlichkeit  hervor- 
tritt "»). 

Von  den  späteren  Chronisten  scheint  nur  Lauze 
in  Verbindung  mit  der  Hessenchronik  gebracht  werden 
zu  können.  Wie  oben  bemerkt  wurde  '*^),  beruft  sich 
derselbe  einmal  auf  die  hessischen  Jahrbücher,  und  zwar 
ist  dies  der  Fall  bei  (ielegenheit  einer  chronologischen 
Frage,  doch  lässt  sich  hier  etwas  Sicheres  nicht  aus- 
machen, da  Gerstenberg  von  Lauze  an  die-ser  Stelle  ab- 
weicht und  eine  Quelle  überhaupt  nicht  angiebt.  Dagegen 


'")  In  der  Ihüiingiwh-hessjjichen Chronik heisst  es:  „Hirvon 
leBit  man  nuuli  au  Heyne",  wogegen  das  CiUt  in  der  Frankea- 
hpigor  letilct :  „wie  iiinn  dai*  liudet  weiter  tcsihneben  in  der 
hoKsischen  iliioDik".  Fieihch  i^t  dioso  Ixsait  nichl  sicher  —  das 
betroffonde  Blatt  (16)  fehlt  in  der  Iland-sclirift  — ,  und  Kucheti- 
btcker'a  Abdruck  (Anal.   Usf^s.  V,  101)  hat  „(mc,li"  statt  „weiter", 

'**)  Monim.  Ilass.  II,  4253  f.  sf)rii1it  er  von  der  zweiten  Ver- 
inühlung  dieses  Landgrafoti. 

'«)  Vgl.  das.  ausser  S.  429  f.  uwh  459  IT.,   -186  f.  und  602. 

'")  A.  a.  0.  S.  500  f.,  502  (z.  J.  1385),  502  f.,  504  f.,  514. 

'")  Z.  B.  S.  46'J,  486,  490-493,  502  f.,  604  f. 
"J  S.  S.  68, 


87 


fallt  in*a  Gewiclit,  tlass  Lanze  nie  genau  mit  GerütRiiberg 
hinsichtüth  solcher  beiden  gemeinsamen  Stellen  über- 
einstimmt, die  Gerstenberg  aus  der  Hessenehronik  ent- 
lehnt hat.  Es  wird  sich  dal»'r  kaum  etwas  gegen  die 
Annahme  einwenden  lassen,  dass  Lanze  diese  Quellen- 
schrift nicht  nur  in  der  Gestalt  der  G ersten berg'schen 
Ueberlieferung,  sondern  auch  in  anderer  Fassung  gekannt 
habe,  mag  diese  nun  die  ursprüiiglithe  oder  eine  fiber- 
arb^'itete  und  mit  anderweitigen  Nachrichten  verquickte 
gewesen  sein.     Man  vergleiche  : 


I 


Gerstenberg  S.  482  f. 

Im  seibin  jare  do  man 
tzalte  ]  351  jare,  du  fingen 
die  von  Hoitzfeld  graven 
Johan  von  Naßauw  lierrn 
zu  Hademar  mit  vi!  öinie 
folcke.  duß  geschach  bie 
Loynberg  uff  des  heiligin 
crutzes  tag  im  herbeste, 
dißes  nidderwurfls  worden 
die  von  Hoitzfeld  so  riuhe 
nnde  so  mudig,  das  sie 
hirnehist  balde  auch  des 
fursten  laiitgraven  Hinriuhs 
fygent  worden. 

Gerstenberg  S.  485  f. 

Im  seibin  vorgenanten 
jare  [1360],  do  woren  die 
von  Hoitzfeld  deß  iants 
zu  Heßen  fygent  nnde  da- 
din  mirckliibin  großen 
schaden,  wante  der  grave 
von  Naßauw  deß  Dilnburg 
ist  der  halff  den  von 
Hoit^fekl.  also  wart  lant- 
grave  Hinridi  widder  reydc 
unde   tzoch  uwer  den  von 


La  uze  1,  249  a  (z.  J. 
1349). 

Die  vonHotzfeldt  hatten 
vor  wenig  jaren  einen  gra- 
ven von  Nassaw  erlegt  und 
groß  gut  bei  demselbigen 
bekommen,  derwegen  sie 
gantz  frech  und  stolz 
worden,  Hessen  sieh  auch 
landgrave  Ijudewigen  an- 
reizen, das  sie  sich  wider 
iren  angebornen  lands- 
fursten  untierstunden  auf- 
zulehnen, hierzu  thet  auch 
gute  forderuug  Gerlacus  der 


newlifh  ervvelete  erzbi- 
schüf  zu  Meintze  grave  von 
Nassaw. 


landgrave  Heinrich  und 
sein  sun  Otto  zogen  iren 
feinden  under  äugen  kuuien 


zusammen  bei  Hohensolms. 

da  worden  den  von 
Hotzfeldt  und  iren  an- 
heiigern  siebenzig  settel 
ledig  gemacht  und  ir  ganze 
häufe  in  die  flucht  ge- 
sehhigen.  den  folgten  die 
Hessen  iijich  biß  für  die 
st  ii  d  t  Siegen,  pl  und  er  te  n 
alles  was  sit?  ankannen. 
chronologischen  Differenzen 


"Naßaiiw  unde  quamen  zu- 
sammen vor  Hoeiisolms 
unde  der  lantgrave  bebilt 
das  feit  unde  gi-wan  70  ge- 
saddelter  idierde  dem  von 
Naßaw  ane.  unih-  der  lant- 
grave  zoch  vorterß  und»- 
thet  vil  Kohadens  hiß  geyn 
Sigen,  Al.sus  tiiidet  man 
in  der  Hetien  uhronicken. 

Ganz  abgesehen  von 
ist  Lanze  auch  sonst  vielfach  mit  Gerstenberg  nicht  in 
U*^beretnstimmnng.  Grosses  Gewicht  ist  zwar  nicht 
darauf  zu  legen,  wenn  Lauze  den  „ganzen  Haufen"  der 
Feinde  durch  die  Landgräflichen  in  die  Flucht  ge- 
schlagen wi'rden  lässt:  das  kann  zur  Noth  aus  Gcrsten- 
berg's  Bericht  herausgelesen  werden;  anders  aber  liegt 
die  Sache,  wenn  ■  man  in  Betrat Irt  zieht,,  das»  nach 
Lauzp  Landgraf  Ludwig  seine  Hand  im  Spiele  hat, 
dash  ferner  Otto  der  Schütz  an  dem  Zuge  theilnimmt. 
Hierfür  bietet  Gerste nberg  nicht  den  geringsten  Anhalt; 
auch  aus  der  Limburger  Chronik,  die  nur  von  der 
Niederlage  des  Grafen  Johann  von  Nassau  spricht 
(Kap.  19),   konnte  Lauze  nichts  entnehmen. 

Nahe  Verwandtschaft  bestellt  trotz  mancher  Ver- 
schiedenheiti-n  auch  zwii^chen  den  Berichten  Gersten- 
berg's  und  Lauze's  über  Landgraf  Heinrich  H.  und  den 
Bund  der  Alten  Minne.  Gerstenberg  beruft  sich  auch 
hier  auf  die  Hessenchronik. 

Lauze  S.  255. 
(Jbwol  der  Sterner  bund 
aufgelost  und  geschwecht 
war  .  .  .  .so  war  er  doch 
darumb  noch  nicht  aller- 
dinge zerbrochen,  den  die 
hauptursacher  desselbigen 
gaben    ime    einen    andern 


Gerste  nberg  S.  49t), 
In  dißen  gotzyten  kreig 
der  alte  furste  lant.gtave 
Hinrich  unde  sin  vetter 
larttgrav«  Ht-rman  Dredoiff 
zu  sich  von  graven  Emiche 
zu  Naßauw.  das  verdroiß 
grave  Johan    des   Dilnburg 


I 


namen,  nanteii  sich  nicht 
m^hr  Sterner,  Knnd«riii  die 
Alti-n  Manne  unil  hot  gravc 
Jolian  von  Nassaw  di-n- 
snlbigeji  i^llHrmf'ist  erri'gt,  . . 
Da  im  iliHseii  vortfil  grave 
Julian  irsaliH  und  Ki'irn'in 
brudcr  aiicli  f^jiTrn-  gedit-net 
lietti-,  damit  er  zum  bi.s- 
tltiunb  knrtii'n  tmd  die 
tandgraveri  zu  Hessen  also 
dahf:im('n  behielte,  ubc^rfiol 
fr  das  gi^richtft  Blarvckcn- 
st^'iri,  \\'idfiihauf<fu  die  vor- 
hii\di  an  M;ir[>iirg,  Herman- 
sti'iii  bciWctzHar,  Ridem;ap 
die  Stadt,  Dutplie  Ba^rn 
Kaldern  Huttenberg  und 
Gi^ssen,  fürte  nincn  grossen 
raub  hinweg,  si-hlug  auch 
dem  landgraveH  bei  Wetz- 
flar  einen  guten  hauffen 
rt^ysiger  pferde  abe,  den 
diu  landgraven  dorfftt^n  f^ich 
aus  dem  underfurstenthumb 
nicht  in  gegenrustung  be- 
geben, dieweil  inRn  herzog 
Otto  von  Braunöchweig  aufF 
dem  halse  lag  und  seiner 
Bchanxe  auch  warnam.  das 
demnach  das  Heasenland 
durch  diesen  graven  und 
seinen  anhang  einen  raerg- 
licliern  schaden  genommen 
den  zuvor  durch  die 
Stern«rvede. 
Fast  ebenso  verhält  «*s  sich  mit  den  beiderseitigen 

Mittheilungen  über  die  Gründung  der  Stifter  in  Kaasel 

und  Rotenburg ; 

'  *)  Bare?  Der  AnfaQgsbuchHtabe  ist  to  der  Uaudschrift  otubt 

deutlich  zu  lesen. 


unde  machte  eynen 
grossen  bivnt  zusammen, 
die  hissen  die  gesellen  von 
der  Aldeti  Mynne  unde  wart 
fygent  unde  waiff  die  lant- 
gravesi-hin  rittcr  iiidder  vor 
Wetzflar  unde  tln4  so 
grossen  schaden  mit  sinen 
helff-rn  in  d<'m  bonde,  ilas 
des  nicht  wole  zu  aclitcn 
stehit.  sunderliehin  im 
ampte  zu  KoTuiigeßbei'g  zu 
Gissen  zu  Hermansteyn  zu 
Blancksteyn  zu  Bidenkap 
unde  umhe  Margburg  in 
den  gerichten  zu  Laie  *) 
zu  Dutphe  zu  Caldern  im 
Hittenberge  unde  in  andern 
enden,  so  bestunt  der  alte 
forste  zu  buwen  geyn  den 
von  Nassauw  unde  buwete 
zu  Yßemerade  und  er  den 
Hessenwalt.  Alsusleßit man 
in  der  Hessen  chronicken. 


90 


Gerste  nberg  S.  4ß2. 
Dft  vorgp.nante  furste 
lantgrave  Hinrich  b«ßerte 
gar  wole  sin  laut,  want 
wo  HZ  gute  wustenunge 
hatte,  da  li^'li  er  ußrniiien 
lind  dorffen^  buwini. 

Kr  machte  auch  tzweim 
etiffte  in  dem  furstfnthutii 
zu  Hi'lJiiii  ,  tii'nitdich  zu 
(.'aliid  Hilde  zu  Hodinberg. 
Duß  h-ßit  mau  in  der 
Heßi-n  tlininkkeii,  auch 
fyn  teil  in  dpr  chronickeii 
von  LimjHirg. 


Lauze    I,  255  a. 


Er  fue.  HeinrUh  II.) 
hat  die  zwo  herliche  stift- 
kirchen  eine  zu  Cassel  auf 
der  Freiheit  und  die  andere 
zu  Knd(Md)('rg  auf  der  Fulda 
erhauwen  hifisen  und  die 
beide  mit  grosen  gutern 
dotiert  und  begäbet,  auch 
die  ütiti  Cassel  seer  erweitert 
und  grosser  gemacht. 

Die  Worte  „Der  vorgenante  furste  —  sin  lant*' 
hat  Ger-stenberg  der  Limburger  Chronik  S.  26,  3  ent- 
nommen, das  Übrige  stammt  aus  der  Hessenchronik, 
aus  der  auch  Lauze  mittribai"  tider  unmittelbar  ge- 
schöpft habt^n  mu8i<.  Die  Mittheilung  des  letzteren 
über  die  Begabung  der  Stiftskirchen  muss  nicht 
notliwendig  sich  auch  in  der  Hessenchronik  gefunden 
haben,  wohl  aber  die  Nachricht  von  der  Vergrössening 
der  Stadt  Kassel. 

Vergleicht  man  ferner  Gerstenberg  S.  bOO  „Im 
Sflbin  jare  .schickte  lantgrave  Herman  —  dadin  uß 
HoitztVIt^'  und  S.  501  „Deß  scliickte  der  lantgrave 
Herman  eyn  h<'re  dar  —  an  ircn  fniohten"  mit  Lauze 
in  der  Zeitschrift  f.  hess.  Gesch.  N.  F.  XI,  305  „Cunrnd 
Spiegel  —  das  der  Sandgrave  muste  abziehen'*,  sodann 
Gerstenberg  S.  503  „Üa  trait  die  furstj-nne  heraß  — 
versprach  sie  en  so  gar,  das  sie  uffbrochin"  '*'')  mit  Laaze 


'"')  Diese  Stelto  fiadet  sich  rriilit  in  dei  Limburger  Chronik, 
die  Gerstenborg  neboii  der  Ueääoiidiroaik  als  QueEo  nennt,  sie 
roo-ss  ai»o  9US  loUterer  staimnen. 


I 

I 
I 


I 


91 


a.  a.  0.  S.  308  f.  „Als  sie  aber  ungeverlich  zwene  tage 
dafür  gelegen  waren  —  das  er  nicht  wüste  was  er  ir 
darauf  zur  antwort  gebun  solte",  so  unterliogt  es  keinem 
Zweifel,  dass  Lauze  hier  wie  anderwärts  entweder  ans 
der  Hessenchronik  selbst  oder  aus  einer  Darstellung 
geschöpft  bat,  die  auf  jt-ne  zurückgeht  Am  wahr- 
scheinlithsten  ist  die  Annahme,  dass  beide  Geschicht- 
stbreiber  die  Hessenchronik  je  nach  Bedürfnis  bald 
weitläufiger,  bald  kürzer  excerjnrten,  dass  Gerstenberg 
aber  auch  andere  Quelh-n  —  in  erster  Linie  die  Lini- 
burger  Chrnnik  —  benutzte,  während  Laaze  sich  meist 
wohl  nur  an  die  Hessenebronik  hielt  und  die  Natbrichten 
der  letzteren  in  ausführlicherer  Form  herübernahm,  als 
dies  von  Seiten  Gerstenberg's  bei  des&en  grundsätzlicher 
Kürze  geschehen  konnte. 

IV. 
Die  Aufzeichnungen  des  Tilemann  Hollauch. 
Tilemann  Hollaucb  war  Kanzler  Lndwig's  des 
Friedsamen  und  machte  Aufzeichnungen,  die  nur  Er- 
werbungen diciefj  Landgrafen  durch  Kauf,  Lehen  u.  s.  w. 
betroffen  zu  haben  scheinen  ;  wenigütens  bandeln  davon 
die  4  von  Gerstenberg  angeführten  Stellen,  voji  denen 
3  auch  das  Monatsdatum  aufweisen  (S.  5B2,  z.  J.  1449; 
S.  534,  z.  J.  1451;  S.  53r>,  z.  J.  1453  und  1456). 
Die  Schrift,  denen  die  Notizen  entnommen  sind,  nennt 
Gerstenberg  (z.  J.  1449  und  1456)  „Register".  Auch 
Wilhelm  L'nch  will  in  seiner  haiidiscliriftüclien  hessischen 
Chrnnik  diese  Aufzeichnungen  benutzt  haben;  indes 
kennt  er  dieselben  offenbar  nur  durch  Gers-tenberg's 
Vermittebing  '*'). 

'*')  Vgl.  Waft/i/T,  Litcriir,  Ilariilbucli.  2.  Ku|n.L  S.  17  (nr.  104). 
Die  in  der  SfHnd.  Landcsbibl.  in  Ka.ssel  aufbewahvle  AUsclirift  von 
Biich's  Chronik  {uns.  Hass.  in  iol.  nr.  Iö4)  stammt  aus.  dioüeni 
Jatu-hundcit  uuii  ist  wogen  der  ziJürciclicu  Lesofubler  kaum  zu 
gebrauchen. 


92 


Die  Frankenhprger  Aufzei ch n wn g<>Ti. 
Der  grossu  Braml  vnn  Frankenberg  im  Jahn«  1476 
hat  n«ben  den  Schäbsen  an  Urkunden,  R»?chtsbüchem, 
KegistcrTi  11.  s.  w.  auch  i'im-:  Anzahl  von  Chroniken 
und  dariuiti-r  die-  „hrrrliühi?"  Chronik  d«r  St»dt  ver- 
nichtet "*''l  Welcher  Art  die  genannten  Chroniken  ge- 
wwsen  -sfin  miigiMi,  <iaiauf  liisst  sich  ebensowenig  eine 
bestimmt**  Antwort  gebt'U,  wie  auf  di«+  Frage  nach  der 
näheren  He(?chafFenh«.'it  jener  Stadtchronik.  Dass  man- 
cherlei urkuiidlielii'  Aufzeichnungen  theils  im  Original, 
th«ils  in  AbKthriften  oder  Auszügen  nwh  erhalten  hatten, 
deutet,  wie  oben  erwähnt,  der  Chroni.st  selb.st  an  '^'), 
und  aus  diesem  Material  baut  er  vorzüglich  seine  Arbeit 
auf.  Indessen  bt-hvveigt  er  ganz  von  den  chronika- 
lischen Quellen,  die  er  gleichfalls  in  ausgi*tbigem  MasM 
verwendet. 

In  der  Frankenberger  Chronik  finden  sich  näm" 
lieh  vom  Ausgang  des  zwölften  Jahrhunderts  an  Nach- 
richten in  gröwseren  oder  kleineren  Zwischeuräumen, 
die  bald  nur  wenige  Zeilen  ausmachen,  bald  —  be- 
sonders für  das  vierzehnte,  und  etwa  die  erste  Hallte  des 
fünfzehnten  Jalirhunderts  —  recht  ausführlich  werden. 
Im  Allgemeinen  kann  man  sagen,  das»  gerade  das  vier- 
zehnte Jahrhuiuh-rt  mit  seituiu  Seuchen,  Geisseifahrten, 
Städte-  und  Hilterbünduisseu,  seinen  Kämpfen  zwischen 
dem  emporstrebenden  Bürgerthum  und  dein  herunter- 
gekommeni^n  Adel,  wozu  noch  die  fort  und  fort  sich 
erneuernden  Zwistigkeiteu  innerlialb  der  Gemeinden 
kamen,  diß  städtische  Chrouistik  in  Hessen  und  ander- 
wärt«  zu  einer  gewissen  BUithe  brachte.  Dies  lassen 
"  '        '        rkennen.     Seine  das 


lagt 


-rg 


'»»)  Frankenb.  C:hron.  Sp.  62  f.,  70,  3. 
'»•)  t?.  0.  S.  28. 


geiianiiti'  un«J  ilas  fnlgmid«  JahrliurifU'rt  bi4  reifen  dt' n 
Mittlieilungeii  zeichnen  sich  duifth  AiisfiUirlichki'it  und 
Geiiauiglifit  aus,  währfend  die  früliere  Z«jteii  bphaii- 
delndpn  meist  so  kurz  und  allgemein  gchalton  sind, 
dass    die    ViTmutliuiig    sich    aufdrängt,    os    inöehti«  diti 

»Entstehung  derselben  ihren  Grund  in  der  Verlegenheit 
des  Chronisten  haben,  der  wohl  Kiniges  über  die  allge- 
Tiieine  Geschichte  des  Landes  in  jenem  Zeitraum  zu 
sagen  weiss,  nichts  aber  über  die  Geschichte  der  Stadt, 
die  er  doch  darstellen  möchte.  Von  grossen  Htdden- 
thaten  setner  Mitbürger  zu  sprechen,  verbot  ihm  seine 
■  Gewissenhaftigkeit ;  indessen  lag  es  nahe,  dass  bei  einer 
schweren  Nif'derlagt^  des  hessischen  Heeres,  bei  einer 
allgemeinen  Verwüstung  des  Landes  auch  das  Fritiiknu- 
berger  Aufgebot  starke  Verluste  erlitt,  dass  die  Stadt 
selbst  mit  ihrem  Weichbild  geschädigt  wurde.     Dies  ist 

ider  erste  Eindruck,  den  gewisse  Mittheilungen  des 
Chronisten  hervorrufen. 
Sp.  29  ist  von  einer  Fehde  zwischen  Landgraf 
Heinrich  l.  und  Paderborn  die  Rede.  Derselbe  Gegen- 
stand wird  in  der  thüringisch-hessischen  Chronik  S.  424 
behandelt  Die  Grundlage  für  diese  Nachricht  bildet, 
wie  nachstehende  Zusammenstellung  zeigt,  eine  thürin- 
gische Chronik. 

är  inger  Chroni  k  Thür.-hess.  Chron. 
S.  91  a  "^'). 

r^n  zeitten  zogen  In  den   getzyten  du 

estphalen,     der  tzogen    die    Westphe- 


F  r  a  n  k  e  n  b.    Chron, 
(Anal.  Mass  \M77)»"). 
h\  diesen  zeiti-n  wa- 
ren    tue     VVi'st|ifäling 


'*•)  Ich  dfire  nnch  dem  Exeiiiplaro  der  Stätsd  Londosbiblio- 
thek  in  Knnsel  Mss.  Hass.  in  4"  nr.  117,  das  aus  dor  z\veitou  Hälfte 
des  IG.  Jahihundeits  zu  f>tan!inpii  sthcint. 

'**)  Diese  Stelle  ist  in  «Inr  Origiiialliniidschiift  niclit  mehr 
volktündig  zu  losoii,  weil  das  stark  bruchige  Papier  hier  abgo- 
Bprnngen  ist.  Nur  der  t>chlusssatz  (unde  slug  —  crotiikon)  ist 
derselben  entuonimen.  Für  dtis  Übri((o  wurtJo  Kwiieiibecker  h  Ab- 
druck  benutzt,  der  sich  vielfach  Kuverlürisigcr  erweist  als  der  Faiist'g. 


|»ch  aden 

^er  niitt  innii  und 


vonn  Palburn,  linge  ande  der  bisehoff  and  PaderbornUcli« 
nfflaiitgraveHeinrichen  von  Padeborn  uwer  feinde  und  t baten 
und  tbatt  ime  vi«!  lantgraven  Hinricbe  dieser  stadt  viel 
da  streitt  ande  dadin  eme  schaden,  hs  gescliak 
großen  schaden  in  za  einer  zeit,  da.sä  ihnen 
H  e  ß  e  II.  da  nistede  sich  lan<)tgrafr  Ht^iirich 
der  furste  unde  tzoch  nachjagte  und  kam  an 
Kchlugk  irer  mehr  dann  eii  entgeyn  unde  streyd  sie  und  stritten  zu- 
nndi'rthalbhundert  mit  eu  ande  gewan  saniinen  einen  groh^en 
ioidt  und  üiitk  irer  den  strj^d  unde  alug  er  mächtigen  streit,  und 
hundert  und  zwanzigk,  niee  wan  löOtoid  unde  gut t  gab  dem  landtgraff 
die  gaben  vii'l  geldes.  finck  er  120.  Alsus  leßit  Henrich  das  glück,  das« 
man  in  der  Doringer  er  den  streit  gnwaii  — 
ehronieken.  unde  slug  er  inee  wan 

15ü  toit  und  hiick  er 
120  guter  wo^>ener,  als 
mau  das  auch  lesit  in 
der  Doringer  cronik«'n 

Darauf,  da.s8  nach  dor  Fraukenberger  Chronik  der 
Landgraf  dnu  Feimleu  nachjagte,  was  weder  in  der 
thüriiigiftchfn  noch  in  Gerstenberg's  thüringisch-hes- 
sischer Chronik  erzählt  wird,  ist  kein  grosses  Gewicht 
zu  legten :  eine  solche  BemHrkung  konnte  Gerstenberg 
zur  Noth  auf  Grund  der  geiianjiteii  llau|iti|Uelle  machen. 
Wichtiger  ist  die.  Erwähnung  des  von  der  Stadt  erlit- 
tenen Schadens  in  der  Frankenberger  Chronik,  wohin- 
gegen in  der  thüringisch-hessischen  Chronik  nur  allge- 
mein von  Hessen  die  Rede  ist,  Erstere  Notiz  muss 
der  Verfasser  aus  einer  anderen  (Juelle  geschupft  haben : 
hierauf  deutet  mit  Sicherheit  der  Zusatz  „auch"  ara 
Schlu.sse  der  Stelle  in  ilcr  Fraiikcnberger  Chronik,  den 
Gersteuberg  bei  Citaten  auHtiahmsIoH  nur  dann  hat, 
wenn  ilim  neben  der  angeführten  Vorlage  noch  eine 
zweite,  in  der  Regel  minder  ausführliche  Quelle  zur 
Verfügung  stund  '^'^).  Letztere  ist  in  diesem  Falle  be- 
ötiniint  lokaler  Natur  gewesen. 


'**)  \'k'-  '1''^'   Mitthüll ang   über  den   Fraukeubergcr  Teich  io 


Nicht  ganz  so  steht  es 

Thür.-hess.  Chroii.  S.428. 
. . .  be  {sc.  der  Erxbischof  von 
Mainx)  tzocli  vorterll  in 
syne  stadgH.yn  Fritzlar  utidc 
thet  daruß  großen 
schadiin  de  in  lantgra- 
ven,  want  grave  Godfrid 
von  Czigenheyn  «ride  grave 
Widdekynd  von  Battinburg, 
■  der  dan  von  gebiirt  was 
Uyner  von  Witgensteyn,  die 
worin  des  bisch otts  helffere 
mit  andern  herrn. 


mit  folgenden  Stellen: 
Frankeiib.  Gliruii.  Sp.30. 


In  dißiir  pliedn  leyd 
d  i «  a  ta  d  F  r  a  n  ck  e  ii  b  «  r  g 
a  u  e  b  V  i  I  .s  c  bade  n  a.,  want 
grave  Godfrid  von  Czigen- 
liayii  unde  gravftWiddekynd 
von  Buttenbiirg  (der  dan 
von  gebart  waa  einer  von 
Witgensteyn),  die  woren 
des  bischoffs  helffere  mit 
vil  andern  liern. 


S.  429:  Alsus  sühribet  Jo- 
hann Ryteßel  in  syner 
chionicken. 


Alsuß  schribet  Joban  Hyt- 
est^l  in  siner  croniken  '*'^). 


Hier  beruft  sich  Gerstenberg  beide  Male  auf  Hied- 
esel,  ohne  dass  er  in  der  Frankenberger  Chronik  eints 
Andentung  über  eine  etwaige  zweite  Vorlage  macht. 

Wieder  anders  gestaltet  sich  die  Sache,  wenn  man 
nachstehende  Stellen  miteinander  vergleicht: 

Thür.-hess.  Chron.S.485,      Frankenb. Chron.  Sp.43. 


Im  seibin  vorgenanten 
jare  do  woren  die  von  Hoitz- 
feld  deß  lairts  zu  Heßen  fy- 
gent  n  n  d  e  d  a  d  i  n  mir  ck- 
]  i  ch  i  n  g  r  o  ß  e  n  s  ch a  d  e  n, 
wante  der  grave  von  Nas- 
sauw,  deß  Dilnbnrg  ist,  der 
halflf  den  von  Hoitzfeld  .  .  . 
S.  486:  Alfius  findet  man 
in  der  Heßen  chronicken. 


Im  seibin  vorgenanten 
jare  du  woren  die  Junckern 
von  Hoitzfeld  delJ  lants  zu 
Heßen  fygent  u  n  d  e  d  od  i  n 
den  V  n  n  F  r  a  n  k  e  n  b  e  r  g 
s  u  n  d  e  r  l  i  c  h  i  n  mir  ck- 
1  ich  in  schaden,  want 
der  grave  von  Naßauw,  «leß 
IJiliiburg  ist,  der  halflf  en. 


der  thür.-heiis.  Chronik  8.  432  und  in  der  Krankctibeigfr  Clironik 
S|>.  32,  wo  beide  Male  gesagt  wird,  diLss  ^auch"  Riodesel  hierüber 
berichte. 

"')  Dies  Citat  fehlt  in  der  AupgaKe  von  Faust. 


^ 


Gfirstenberg  nennt  also  nar  in  der  thüringiscb- 
liessisoheu  Chronik  seine  Quelle,  erwälint  dort  aber 
auch  Frankpnbprg  nicht. 

VÄiw  zweite  Klasse  von  Mittheilungen,  welch« 
Fninkenberg  betr^tfen,  ist  ebenfalh  in  Berichte  über 
den  Gang  der  Ereignisse  in  Hesspn  überhaupt  einge- 
flickt, enthalt  aber  ganz  spezielle,  wenn  auch  kurze 
Nachrichten,  die  meist  nur  lokalen  Ursprungs  sein 
können,  Sp  38  wird  der  Verlust  der  Frankenberger 
schon  genauer  bestimmt :  ,,Llnd  in  diesem  streit  nanien 
die  von  Franckenberg  unmeßliehen  grossen  schaden 
an  toden,  an  gefangenen,  an  hämisch  und  an  pferden, 
dann  sie  mit  grosser  macht  da  waren,  und  dieses  ge- 
Bchach  uf  S.  Lnnrentiustag.  und  war  dies  die  erste 
gemeine  niderlag  deren  von  Franckeiiberg  seither  den 
ersten  landgraven  zu  Hes-sen :  wie  man  das  findet 
auch  beschrieben  in  der  hessischen  cronica".  Dieselbe 
Sache  wird,  jedoch  ohne  Krwähnung  der  Franken- 
berger,  in  der  thüringiscli-hessischen  Chronik  S.  464  f. 
erzählt,  wo  Aufzeichnungen  üu  Flaina  als  Quelle  ang«?- 
gegeben  werden. 

Sp.  23  ist  von  kriegerischen  Ereignissen  des 
Jahres  1195  die  Rede,  in  welche  aucli  Hessen  ver- 
wickelt wurde.  Derselbe  üegenstand  wird  in  der  thü- 
ringisch-hessischen Chronik  (Monim.  Hass.  I)  S.  273  f. 
behandelt  Die  Grundl.ige  der  Darstellung  in  der 
Frankenberger  C'hronik  bildet  eine  Thüringer  Chro- 
nik, deren  Bericht  Gerstenberg  nahezu  wörtlich  in 
sein  grös-seres  Werk  hinübergenommen  hat.  Man 
vergleiche 

T!iür-hes.s.  Cliroii.   Thil  ringe  r   Cliro-     Frankenb.  Chi 

nik  S.  62  f. 
Do  man  schreib  nach        Kinjar  darnach  anno       Darnach      do     nlll 
goddea  gehurt  1195jare,   Christi     1194    jar,    da  schreib  nacli    gots 
du  wurden  die  fzwene   worden     die    bischoffe   burt  1195  jare,  d 


bischofFe  von  Mentz 
e  von  Collen  lant- 
»en  Hernians  vigen- 

unde  tzogin  vor 
nenberg  unde  ver- 
ntin  eme  das  gar. 
tzu  tzogin  sie  vor 
i^burg  unde  ver- 
ntin    auch  das.     in 

alß  lantgrave  Her- 
3  das  wei'in  wulde 
le  tzoch  mit  vll 
ikes  iai  Hessen :  da 
te  sich  der  von 
len  besammet  unde 
gaß  der  sun«  unde 
itunge    unde    tzoch 

en  heymidichen  in 
ringen  unde  thet 
ßen  schaden.  da 
i  lantgrave  Herman 
füre ,  du  karte  er 
Iderumbe  unde  wul- 

mit  den  MilJenern 
iden,  da  wurdin  sie 
shtig  und  er  wart 
i  gefangin,  die  liß 
lantgrave  furin 
,'n  Warperg  unde 
enach  unde  sattzste 

in  get'enckeniße,  in 
3  tzogen  die  tzwene 
zbi-stlHjffe  vorters 
r  Melsungen  unde 
Iden  das  gewynnBii. 
t2och  lantgrave 
rman  zu  en  unde 
ilde     sie     bfcstriden. 

quamen  die  tzwene 
te  von  Fulda  unde 
n  Hersfeld  unde  na- 
^n  den  kr  ig  uff  unde 

K.  y.XVlLBi 


von  Meintz  und  Collen 
lantgrave  Hermans  fein- 
de und  zogen  vor  Grun- 
bergk  und  verbranten 
ime  die  statt. 


indeß  aber  lantgrave 
Herman  das  ateueren 
wolte, 

hatte  sich  der  marg- 
grave  von  Meissen  be- 
sammet und  vergaß  der 
shune  und  schlichtunge 
und  zog  uff  inen  in 
Doringen  heimliclien 
und  thatt  grossen  scha- 
den, da  das  lantgrave 
Herman  erfur,  kherte 
er  Widder  umb  und 
wolte  mit  dem  marg- 
graven  streitten.  da 
Hoch  er  von  dem  felde 
und  der  seinen  wurden 
viel  gefangen,  die  er 
fürte    gein   Wartpergk 

und  Isennach  und  sazte 

sie  gefenglich.  indes 
zogen  die  zwene  erz- 
bischoff  vor  Milsungen 
und  wolten  das  ge- 
winnen, da  zoch  lant- 
rave  Herman  zu  inen 
und  wolte.  sie  be- 
streiten, da  kamen 
die  zwene  epte  zu 
Fulda  und  Hirsfelt 
und  undemamen  den 
kriegk  und  richten  sie 


bischoff  Curt  von 
Mentze  unde  der  bi- 
schoff vou  Collen  fy- 
gent  uwer  lantgraveii 
Herman  unde  tzogini 
in  Hessen  mit  großer' 
macht  unde  legertin 
sich  vor  Gronenberg 
unde  darnach  vor  Marg- 
burg unde  verbrantin 
die  tzwene  flecken  alle 
gar.  deß  bnwetin  dy 
von  Frantkenbergk  6 
guter  wartte  genant 
uffme  Ihiymbache  Nu- 
wenwarte  Hoenberg 
Aldenwart«^  unde  Callo- 
warte.  in  duii«r  phede 
leyd  die  stüd  vil  un- 
gemach.s  unde  sunder- 
lich  von  den  Colschen 
mit  er«n  lieiffern.  Von 
dußf;n  gesell ifhten  Hn- 
dA  man  auch  in  der 
Doringm"  croniken. 


98 


richten  sit^  fniiitlicli  uff  freundtHch   uff   dem 

dem  fplde  ....  üuße  felde. 

gesell ichte    IcBit    man 

in    df^r    Doringer   cro- 

Jiikfn. 


Auch  hier  ist  in  der  Frankenberger  Chronik  neben 
der  Hauptqnelle  eine  Vorlage  lokalen  Ursprungs  benutzt 
worden.  Ziemlich  bestimmt  lautet  ferner  die  Nachricht 
ohne  Quellenangabe  z.  J.  1295  {Kuchenbecker,  Anal. 
Haas.  V,  186  —  die  Stelle  fehlt  in  der  Ausgabe  von 
Faiist),  wo  Graf  Wtttekind  von  Battenberg  als  Helfer 
des  Erzbischofä  Gerhard  von  Mainz  bezeichnet  wird. 
In  der  thiiringiHch-hessischen  Chronik  S.  432  (z.  J.  1289) 
und  435  (ohne  Angabe  des  Jahres),  wo  sich  Gerstenberg 
für  dieselbe  Begebenheit  auf  fliede.sel  als  Gewährsmann 
beruft,  ist  aber  von  den  erwähnten  Grafen  nicht  die  Rede. 
Sp.  37  (z.  J.  1315)  wird  von  der  Schädigung  der  Stadt  ge- 
sprochen, indem  der  Erzbischof  Peter  vnn  Mainz  Batten- 
berg und  Rosentbal  innegehabt  habe.  In  der  thüringisch- 
he.ssischen  Chronik  S.  456  fehlt  auch  hier  wieder  die 
Jahreszahl  und  ausserdem  die  Erwähnung  der  genannten 
Orte.  Beide  Male  nimmt  der  Verfas.ser  Bezug  auf 
Riedesel,  doch  hat  es,  wie  später  weiter  ausgeführt 
werden  wird,  den  Anschein,  als  ob  letzterer  in  der 
Frankenberger  Chronik  nicht  in  Beziehung  auf  die  Fran- 
ken borg  betreffenden  Vorgänge  als  Gewährsmann 
genannt  würdH.  Nach  8p.  42  hielt  sich  Landgraf 
Heinrich  11.  auf  seinem  Zuge  gegen  Itter  in  Franken - 
berg  auf  Am  Schlüsse  lieisst  es:  „Älll  man  das  auch 
leßit  in  der  croniken  von  Lympurg.'*  Diese.s  „auch"  weist 
bekanntlich  auf  eine  zweite  Quelle  hin.  In  der  thürin- 
gisch-hessischen Chronik  8.  483  spricht  Gerstenberg  z.  J. 
1354  von  demselben  Ereignis  und  beruft  sieh  nur  auf 
die  Limburger  Chronik,  liat  aber  ebensowenig  wie 
letztere    (S.    43,    12—18}    die    Frankenberg    betreffende 


99 


RlitÜieiliing.  Sp.  41  wird  (nach  den  ChronikRn  von 
Limbarg.  Strassburg  und  dem  Fasciculus)  wie  auch  in 
der  thüringisch-hefc.'sifiiLlieii  Chrotiik  S.  476  ff,  (wo  neben 
denselben  Quellen  der  FascicuJus  nicht  genannt  wird) 
von  der  Judenverfolgung  und  den  Geisaiern  berichtet ; 
PS  findftn  sich  in  der  FrankenbiTger  Chronik  aber  auch 
NachriuhtH.n  über  die  Verbrennung  der  Juden  in  Franken- 
berg und  die  Geisseibrüder,  denen  Jiier  di«  Fahnen  und 
Kerzen  abgenonjmen  wurden,  Sp.  50  f.  wird  der  Zug 
des  Ltindgrafen  Hermann  gegen  Padberg  erzählt,  wobei 
sich  ausser  dt-m  fjeiianen  Liatura  Angaben  über  dessen 
Aufenthalt  in  Frankenberg  und  die  Stärke  des  Heeres 
tinden.  Am  .Schhn*&e  heisstcs:  „.  .  .  .  a!ß  man  auch 
leßit  ni  der  crouiken  von  Lympurg."  Aus  letzterer 
Quelle  entnahm  Gerstenberg  auch  seinen  Bericht  in 
der  thüringiscb-hehitiischen  Chronik  S-  507  f.  über  die- 
selben Ereignisse,  wo  aber,  wie  in  der  Limburger  Chronik 
(a.  a.  U.  S.  43),  weder  ein  Datum  noch  Franken berg  über- 
haujjt  erwähnt  wird.  Ein  Frankenberg  betreffender  Zu- 
satz ist  ferner  Sp.  47  (z.  J.  1880)  zu  hiiden^  wo  die  Theil- 
nahnie  der  Bürger  mit  50  Reitern  —  die  Zahl  bietet  die 
Haiulschrift  S.  ÜÜa,  wiibrtmd  Kaust  dieselbe  weglässt 
-  au  der  Verwüstung  der  Fluren  von  Mardovf  n.  s.  w. 
durch  Hermaun  den  Gelehrten  erwähnt  wird.  Hiervon 
weiss  d\e  thOringiseh-hessisthe  ('bronik  S.  bUO  nichts. 
Hiiisifhtlicli  der  Herkunft  fler  oben  angefülu'ten 
ganz  ktirzeii  Kemerkungtüi  über  die  Schädigung  der 
Stadt  u.  8.  w.  fehlt  jeder  Anhalt  dafür,  dass  üersten- 
herg  diese  und  die  etwas  eingehenderen  gleichfalls  auf 
Frankenherg  bezüglichen  Mittheilungt*n  i'infach  erfunden 
habensoll:  dies  würde  im  schärfsten  Gegensatze  zu  der 
Gewissitnhaftigkeit  stehen,  die  ur  anderwärts  zeigt.  Beide 
Gruppen  von  Naclirichten  können,  an  und  für  sich  be- 
trachtet z.  Th.  wenigstens  aus  Landesgeachichten,  der 
Chronik    Riedesefs    und    der  Hessenchronik,    stammen. 

7* 


m 

Denn  es  ist  nicbt  unmöglich,  dass  die  Verfasser  in  irgend- 
welchen Beziehungen  zu  Frankenherg  standen  und  aus 
diesem  Grunde  die  Stadt  besonders  berücksichtigten. 
Riedesel  erwähnt  z.  B.,  wie  oben  bemerkt,  die  Anlegung 
des  grossen  Teiches  in  der  Nähe  des  Ortes  durch  Hein- 
rich I.  i.  J.  1288.  indessen  ist  zweierlei  zu  bedenken: 
zuvörderst  deutet  Gerstenberg  an  mehreren  Stellen 
durch  den  schon  mehrfach  besprochenen  Zusatz  „auch" 
bei  den  Quellencitaten  an,  dass  er  noch  anderweitiges 
Material  gekannt  habe;  was  sodann  seine  Quellenan- 
gaben am  Schlüsse  von  kürzeren  oder  längeren  Ab- 
schnitten anlaugt,  wo  die  Stadt  betreffende  Nachrichten 
in  Mittheilungen  allgemeinerer  Art  eingeflickt  sind,  aber 
keine  lokale  Quelle  aufgeführt  wird,  so  zeigt  wenig- 
stens die  Sp.  41  sich  findende  Stelle  über  die  Ver- 
brennung der  Juden  in  Fratikenberg  u.  a.  m.,  dass  hier 
sein  Citat  ungenau  ist :  er  beruft  steh  auf  die  Chroniken 
von  Limburg  und  Strassburg  und  ausserdem  auf  den 
Fasciculus  temporum,  wo  Frankenberg  mit  keinem  Worte 
erwähnt  wird.  Er  hat  also  hier  Nachrichen  unterge- 
bracht, die  mit  den  von  ihm  citirten  Vorlagen  nichts 
gemein  haben,  und  es  liegt  somit  die  Vermuthung  nahe, 
dass  er  auch  sonst,  wenn  er  sich  z.  B.  auf  Riedesel 
beruft,  daneben  noch  aus  nicht  namhaft  gemachten 
lokalen  Quellen  geschöpft  habe. 

Auffallend  ist  auf  den  ersten  Blick,  dass  Gersteu- 
berg  sich  über  letztere  nicht  näher  auslässt,  während  er 
doch  sonst  ziemlich  tieissig  citirt;  indes  steht  er  hierin 
nicht  ganz  allein:  auch  Königshofen  nennt  z.  B.  ab- 
sichtlich, wie  es  scheint,  keinen  einzigen  seiner  zahl- 
reichen Strassburger  Gewährsmämier  "").  Bei  Gersten- 
berg hängt  dies  Schweigen  wohl  damit  zusammen,  dass 
die  benutzten  städtischen  Aufzeichnungen  bekannt  and 
allgemein  zugänglich  snin  mochten. 

»•)  Vgl  Deutsche  iitüdtechfoiükeu  VUJ.  S,  161  und  175. 


101 


Rßcht  ausführlich  sind  schlies-slich  noch  einige 
Nachrichten,  die  z.  Th.  wenigstens  nur  in  losem  Zu- 
sammenhange mit  den  Geschicken  des  Landes  sieben. 
Hierhin  gehiirt  Sp.  45  f.  die  Erzählnng  von  dem  Ueber- 
fall  der  Franke tiberger  Neustadt  durch  die  Sterner  (um 
1372);  Sp.  46,  48  f.  u.  50  die  Mittheilung  über  Her- 
mann von  Treffuit,  Friedrich  von  Padberg  und  den  sog, 
Kran  von  Bige  und  ihre  Beziehungen  zu  Frankenberg; 
Sp-  56  f,  der  Bericht  über  die  Räubereien  des  Gottfried 
von  Langen  und  Johann  Schobbel  und  die  Verluste  dtir 
Frankenberger  bei  Hallenberg  (1463);  Sp.  58  ff.  die 
Notiz  über  die  Niederlage  derselben  am  Schartenberge 
(1473),  über  den  Aufenthalt  des  Landgrafen  Heinrich  111. 
in  Frankenberg  (1474)  u.  s.  w. 

Mag  auch  der  Inhalt  einiger  von  diesen  Stellen, 
die  sich  auf  Ereignisse  des  15,  Jahrhunderts  beziehen, 
auf  eignen  Erlebnissen  des  Verfas.sers  beruhen  oder 
aus  mündlicher  Tradition  geflossen  sein,  so  spricht  doch 
die  Mehrzahl  derselben  deutlich  dafür,  dass  der  erwähnte 
Brand  der  Stadt  nicht  sämmtliche  chronistische  Anf- 
zeichnungen  früherer  Zeiten,  besonders  des  vierzehnten 
Jahrhunderts,    vernichtet   hat  **^).     Gerstenberg   hat  eie 


'**)  Abgosehcn  toxi  P'raiikeobnrg  brachte  man  damals  auith 
in  andern  besttischen  Stadien,  besoodei*»  in  Eleifsreld,  der  Zeitge- 
echiohtfl  oin  lebhaftes  Intoresse  catgegcn.  In  Ifersfeld  gaben  di« 
sogeu.  Sternorfehde,  iu  welcher  die  Stadt  *ine  hervorragende  Rolle 
spielte,  die  Kampfe  dor  Bürger  mit  betjachbarten  EdelleutoD,  mit 
dem  Stifte  u.  a.  m.  Stoff  zu  AufzoiehnungeD  (vgl  die  bei  Scnrken- 
berg,  Solecta  jur.  et  bist.  V  abgedruckte  Chrouik  S.  378  f..  380— 
393,  398—402,  410—412  ii.  s.  w.),  diP,  wie  liier  nicht  weiter  aus- 
geführt werden  kann,  darcbaxis  den  Cbaralcter  gleichzeitiger  Ab- 
fa.<:sung  trngcn.  Ilen  Kfu'biitjhten  der  sctppii  OiiujrrieK  (ZeilKiliiift 
f.  hess.  Gebch.  Vll,},  welche  üio  in  diiM  iclzk?  Viortol  des  14.  .lahr- 
liundertu  EaUenden  kriegürisulieu  Vorgüuge  in  Niederhessüu  und 
bosondciifj  um  Kaasel  behandeln  (S.  330  IT.),  liegen  elwnao  Auf- 
zeichnungen KU  Grunde,  die  gleichzeitig  mit  den  Ereignis»eD 
niedergeechrieben  wurden.     Dor  Verfasser    derselben,  auf  weluhe 


102 

ohne  Zweifel  im  gatizpn  so  wioderpegeb<»n,    wie   er   sie 
voffüiid  '"*^),    und    kann  für  Ihiriolätigkeiten    nicht    wohl 


neuerdings  wieflur  W.  Frin/rnit/ittrif  aufmoilsam  madito  (abgodr- 
in  der  Zcitnchrift  f.  hess.  «JChL-b.  N.  F.  XI.  :^10  r.)  ist  pielricjh 
Schwai'K,  der  i.  J  1403  als  Kauoniku»  des  Martiu&btiftos  in  Roü^el 
urkundlich  vorkommt  {Kuehmberker.  Anal.  Hass.  V,  23;  vgl.  mich 
S.  85  nnd  112).  Eino  auf  die  gpnaotiten  EreigniKie  bezügliche 
Anekdote  wurde  erst  sfwüer  S'.hriftltL-h  äxirt.  Sie  findet  sich  in 
dfJi  CouRiMit's  (8.  a3'J)  und  iiiit  woitcifii  Anjiafaou  in  H.  W.  Kirch- 
hofes Wtuduüiiiut  (Aütg.  V.  Oesterlcy  11.  ^29  f.).  Uftxr  den  Ur- 
sprung Beioer  Notizen  üustteil  sich  Kirchhoff  (S.  3U0)  folRendor- 
massen:  , Diese  f;escliicht  hah  ich  von  Nickel  Nußpioker  seligon, 
einen  fleJBiceti  liot)hal)er  der  Iti^itoiien,  abgesx'hrioben,  hotte  er  von 
eioom  alten  n>c>nch.  weiland  iiu  bruderolobter  allhif  zu  (''a.saol,  herr 
Anebold  f^eheißen.  wnlclicni  e«  -»eio  großvater  crzclilet  cohubt  und 
dio  obgeuielto  biioJel  hett  verrichten  helffen,  eirabn'n-,  —  Zu  der- 
selben Art  von  Nachrichten  sind  sodann  Aufzeicbuuii(ien  in  dem 
sogen.  ^Bürgerbueh'  von  Gt^lohausen  aus  dem  Ende  dos  14.  und 
Anfang  des  IB.  Jahrhunderts  (Zeitschnft  f.  hess.  Gesch.  N.  F.  Xll, 
40ä  ff.)  und  wohl  uiich  die  Erzählung  von  dem  miBsgliickton  An- 
griffe des  inainzischeii  Hiiu|itmnnns  Iii|iebrant  auf  Uoniberg  zu 
rechnen,  die  Lauzo  (S.  260,  z  J.  1401)  einer  lokalen  Quelle  ent- 
oominou  XU  haben  «(ihciut. 

'*")  Lauze's  Boiichto  über  emigo  Frankenberg  betroffende 
Ereignisse  enthalten  Angaben,  die  tiieils  im  Widerspruch  mit  den 
eotfipreclieiidcu  MitlJieilungen  Gerstenborg's  stehen»  theils  sich  bei 
diesem  gar  nicht  titKleu.  üierhcr  ist  (S.  24tS  a)  aeioe  Erzalilung 
von  dem  Stifil  der  Bruder  llerniann  und  Friedrich  v.  TrclTurt 
(welch"  letzlcvcr  von  Uei-stenberg  Moii,  Hass,  11,  4!(3  f.  und  Fran- 
ke« b.  (Jhron.  S|).  4tj  gar  nicht  erwiihnt  wird)  mit  den  Bürgern  von 
Frankcnberg  zu  rechnen.  Am  Schlüsse  fügt  <jr  seiner  Bemerkung, 
daas  beide  Edelleute  aus  der  Stadt  vüi+rioben  wurden,  noch  folgende 
Notiz  hinzu;  ,.  .  .  etliche  sagen,  sie  (d.  h.  die  v.  Treffurt)  seient 
von  den  baig*jrn  in  solchem  lerm  beide  umbkommen  and  er- 
schlagen worden."  Also  bat  l^uze  für  seine  Erzählung  mindestens 
zwei  in  einzeluGii  ruukten  von  einander  und  von  Oerstenborg  ab- 
weichende lUiibtelkuigcn  gekannt.  Eine  andere  (Juello  als  dieser 
mus.s  ihm  auch  für  dio  kurze  Nacluicht  über  die  Niederlage  dor 
FrankeDberger  am  Schartenburge  (i.  J.  1473)  und  dio  hierauf 
folgenden  Ereignisse  (vgl.  Mon  Hnss.  11,  549  und  Frankenb.  Chron. 
Sp.  58,  59  u.  60)  vorgelegen  haben,  da  er  (S.  274)  die  Bürger 


103 


verantwortlich  gemacht  werdßn,  i];t  ihm  das  Material 
zur  Koiitrole  jener  Leber iieferungt'n  fehlte.  Hierhin 
gehören  auch  seine  topographischen  Hoschruibungtn 
und  eingehenden  Schilderungen  von  d<fm  städtischen 
Leben  nnd  Verkehr  frühtin-r  Jahrhunderte:  Sp.  11 — 15 
für  die  Zeit  Karl"«  d.  Gr.,  Sp.  81  f.  u.  34 — 36  für  die 
des  Landgrafen  Heinrich  1.  Letztere  für  Erdichtung 
Gerstenberg's  zu  iialten,  geht  nicht  an,  da  dies  zu  der 
Gewissenhaftigkeit,  die  er  Kunst  zeigt,  im  stärksten 
Gegensätze  stände.  Er  hat  dieselben  sicher  älteren 
Aufzeithnungfrn  entnommen ,  die  vielleicht  als  Theil 
einer  Stadtchronik  eine  topographische  Besehreibung 
des  Ortes  enthielten. 

Es  erübrigt  nocli,  die  Denkverse  zu  erwähnen,  die 
der  Chronist  gelegentlich  anführt,  ohne  das«  er  sich 
Ober  den  Ursprung  derselben  äu.ssert.  iSp.  5  finden 
sich  zwei,  die  sich  auf  die  Gründung  der  Stadt  durch 
den  Frankenkönig  Theoderich  im  Jahre  520  bezielien. 
Sp.  17  erzählt  Gerstenberg  von  der  Erbauung  der 
Marienkirche  in  Frankenberg  und  deren  Einweihung 
durch  Liillus  im  Jahre  810,  wozu  er  die  gleiche  Anzahl 
Verse    mittheilt.      Dieses    Gottesbaus    wurde    nach    der 


durch  die  Bewohaör  vun  Bilstein,  Gerstenbeig  aber  durch  dio  von 
Brilon  geschlagen  werden  lässt.  Nach  Gerstenberg  schicktcü  so- 
datYD.  ahi  Landgraf  Ueinricb  III.  skh  2U  einem  Iitadiezuge  gegen 
die  Westfalen  nistete,  letxtnre  und  in&bpgondere  die  von  Brilon 
nDge&ehcno  Leute  (deren  Namen  niclit  weiter  niitgethntlt  werdou) 
zum  Landgrafen  mid  baten  nm  Verzeih  ung,  wahrend  Ijiuze  als 
OfifeaDdtt!  Gottlned  Lang  und  Johann  Schoeubichel  namhaft  macht 
Diejjc  sind  ohne  Zweifel  identisch  mit  den  beiden  EdcUfuteo  Oott- 
fned  V,  Langen  und  Johann  Si'lioblicl.  die  nach  tj*>rstenl>ei'g  (Fran- 
kenb.  Chrun.  Sp.  äB  f.)  zi'hii  .labie  fniher  Frankeiihcrg  belustigten, 
bei  den  in  Kedo  stehenden  Angolegeuheitoii  aber  von  ihm  gar 
uii-bt  erwähnt  worden.  —  Allem  Anschein  nauh  sind  dio  Mit- 
tlieilungen  um  Fiaukeubeigor  Chrouisteo  genauer  als  dio  Lauze'a, 
der  Gerstenberg  hier  weder  unmittelbar  noch  auch  ausschliesslich 
benutzt  haben  kann. 


104 

Angabp  eines  ziomlich  ausführlichen  Metrums  Sp.  31 
i.  J.  1286  abgebrochen  und  von  Heinricli  L  durch  ein 
neues  ersetzt.  Sp.  56  findet  «ich  sodann  ein  Dpnkvers 
auf  den  Profit  des  Jahre.s  1430  und  Sp.  67  zwei  solche^ 
auf  den  Brand  der  Stadt  i.  J.  1476.  Der  letzte,  Sp. 
71,  handelt  von  der  Ankunft  der  Süster  in  Franken- 
berg (1487). 

Ganz  abge.sehcn  davon,  daas  die  Gewohnheit,  auf 
wichtige  Ereignisse  Denkverse  zu  machen,  er«t  im  spä- 
teren Mittelalter  aufkam,  kennzeichnet  schon  der  In- 
halt der  beiden  ersten  den  geringen  Werth  derselben : 
es  handelt  sich,  wie  erwähnt,  um  den  Ursprung  der 
Stadt,  den  der  Verseschmied  in  das  Jahr  520  setat,  und 
weiter  um  die  Einweihung  der  Marienkirche  durch 
Lullus  zu  einer  Zeit,  wo  letzterer  bereits  mehr  als 
zwanzig  Jahre  todt  war'^')-  ^'tf*»  zuverlässige  Nach- 
richten liegen  hier  also  auch  nicht  zu  Grunde,  und  es 
sind  wohl  sämmtliche  Denkverse  erst  im  fünfzehnten 
Jahrhundert  entstanden.  — 

Trotzdem  Gerstenberg  sich  über  die  ältere  Franken- 
beiger Historiographie  nicht  weiter  ausspricht,  ja  nicht 
einmal  eine  einzige  hierher  gehörige  Quelle  namhaft 
macht,  ergiebt  doch,  wie  gezeigt  wurde,  eine  nähere 
Betrachtung  des  von  ihm  verwandten  Materials,  dass 
ihm  neben  einigem  Wertlosen  auch  wichtige  Nach- 
richten, insbesondere  für  das  14.  Jahrhundert,  vor^ 
gelegen  haben,  die  unsere  Kenntnis  der  mittelalter- 
lichen städtischen  Chronistik.  in  Hessen  nicht  unbe- 
trächtlich erweitern. 


'*')  In  seiner  thüriiigisch-bessi sehen  Chronik  {Äi/rmarm  S. 
140)  setzt  er  dagegen  den  Tod  des  Erzbischofs  gaaz  richtig  in  das 
Jahr  786. 


105 


VI. 


Die   Hersfelder   Chronik. 

Wie  Gerstenberg  selbst  im  Eingange  seines  grüs- 
seren  Werkes  angiebt,  hat  er  eine  Hersfelder  Chronik 
benutzt  '^*).  Wir  wissen  darüber  nichts  Näheres,  doch 
muss  sie,  da  sie  von  dem  Chronisten,  mir  zweimal,  soweit 
ersichtlich,  herangezogt-n  wird,  wenig  brauchbaren  8totf 
enthalten  haben,  um  wenigsten  wohl  für  die  Geschichte 
von  Hersfeld,  die  der  Chronist  gar  nicht  berührt.  Hätte 
er  darin  ausführliche  Nachrichten  über  dieses  Stift  ge- 
funden, so  würde  er  sie  2.  Th-  wenigstens  wiedergegeben 
haben.  Die  Berücksichtigung  von  Hersfeld  hätte  zwar 
seinem  Programm  nicht  entsprochen,  da  er  e.s  zunächst 
mit  Hessen  zu  thun  hat,  allein  seine  zahlreichen  No- 
tizen über  benachbarte  und  entferntere  Klöster  u.  s.  w. 
zeigen,  dass  er  es  hiermit  nicht  genau  nimmt.  That- 
aächlich  geht  die  erste  der  beiden  aus  der  Hersfelder 
Chronik  mitgetheilten  Stellen  auf  Lambert  von  Here- 
feld  zurück: 


Gerstenberg  (Monim. 
Has.s.  1,  103). 

Dußer  bobist  (Leo  IX.) 
hilt  evn concilium  zuWentz 
unde  eynen  Heenth  in  geyn- 
wirtickeyd  des  vorgenanten 
keyßer  Hinrichs  unde  in 
byweßen  42  biscliuffe.  Alß 
man  das  auch  leßit  in  der 
croniken  von  Herßfelt 


Lambert    z.  J.  1Ü50 
(Handaii-sgabe  S.  31). 

Leo  papa Mo- 

gontiae  sinoduin  eidebravit 
praesidente  imperatore  cum 
42  episcopis. 


Der  Zusatz  „auch"  lässt  anf  Benutzung  einer 
zweiten  Quelle  achliessen,  aus  der  verrauthiich  die  der 
Erwähnung  der  Mainzer  Synode  vorausgehende  Wunder- 
erzähluug  von   Leo  IX.   und    dem    aussätzigen    Bettler 


»*)  Affrmann  S.  7, 


gescliöpft.  ist,  die  in  wine  Clironik  von  Her.sf«'ld  offen- 
bar gar  nicht  liineiiip;i.sst,  wnhirigpgeti  es  nicht  auf- 
fällig ist,  wenn  Hirn;  kniz«-  Notiz  über  dir.  gt^nannte 
Synod«  sich  in  ein«*in  Werke  findet,  da»  sich  allem 
AnKchMin  nach  an  Lambert  anlehnt.  Diestjr  ist  aiiclii 
mittelbar  oder  unmittelb;ir  di»v  yuell«  für  die  andere, 
aus  dem  zweiten  Butlie  jener  Chronik  entnomraßne 
Nacliririvt  (n.  a.  O.  8.  129),  welche  gleichfalls  nicht 
von  Het'sffld  Landelt.  Fls  ist  von  vier  Plagen  di«  Rede, 
die  aus  der  Uneinigkeit  Heinrich'«  IV.  mit  seiner  Ge- 
mahlin und  dem  Papste  erwachsen  seien :  „Di«  irste, 
das  der  k<ryßer  darnach  stiint  tag  unde  nacht,  wie  er 
Doringer  land  betzwingen  mochte.  die  ander  plage, 
das  der  bischoff  zu  Mentze  Dtyringer  lant  uff  tzehindin 
gebin  tzwirigen  wulde,  die  dritte,  wie  der  keyßer  ver- 
fiilgete  ütten  von  Saßi^n  liertzog  zu  Beyern  mit  sarapt 
dem  lande  zu  Saßen,  die  vierde,  das  der  bobist  mit 
dem  keyl^er  tzvv<«ycl rechtig  wart  unde  mit  der  paffheyd. 
daruß  dan  vort»*rH  quam  so  große  rrrunge  ande  tzwey- 
dracht  tzußchin  den  paffen  unde  den  leygen,  alß  hyr- 
vor  ymfhe  gewe.st  ist,  alfi  man  daa  wol  hirnach  ho- 
i'in  sal." 

Auch  C.  Bruschinji  benutzte,  ohne  den  Verfasser 
2U  k«»nnen,  Lamberts  Werk  in  dem  Fulda  betreffenden 
Abschnitt  seiner  Chronologia  monasteriorura  Germaniae 
pra(.'cipuorum.  Dagegen  scheint  .'=!ich  Ctjr.  Spangeubcrg 
im  Adelspiegel  11,  41(j,  wo  er  über  Han.s  v.  Dörnberg 
handelt  und  „etliche  hessi.sche  Annales"  neben  einer 
,.lier.schfeldi.schen  Chronica"  titlrt,  auf  Arbeiten  des 
mehrfach  genannten  Nohen  zu  bezieheu.   — 

Das  Wenige,  wa.s  Giir.'itenberg  aus  der  Hersfelder 
Historiographie  mittheiit,  .scheint  der  klösterlichen,  nicht 
der  atädtisclien  Gcschichtschreibung  anzugehören,  giebt 
aber  keinerlei  weitereu  Aufschluss  über  die  dortige 
hibtoriographische  Thätigkeit.     Von  höherer  Bedeutung 


hierfür  situl  clio  Mittheilungen  d^s  soeben  erwähnten 
Nohfn,  in  ils^ssen  t.h«'iKveise  freilich  nicht  in  originuler 
Fassung  «bf'rli«>ft'rt«n  Werken  sicli  iinvHrk(.Minbnri'  Spnn-n 
einnr  zwar  nicht  nrnfanr^rc^ichi-n,  nlii-r  immerhin  be- 
iriHrkiMiswHrtluMi  liersfcldi.scli«n  Chronistik  im  14.  und  15. 
Jahrhundert  linden. 


VIJ, 

Di«    Aufzeichnung  c  n    von    Hai  n  a    it  n  d 
A  u  i  i  R  b  u  r  g. 

Hierher  gt4iört  tlie  vprmuthlirh  in  d»'in  Cister- 
zienserkloster  Haina  von  finein  JJnbekanntmi  verfasst« 
Legende  des  Bruders  Knrd  von  Hiileshoim  '*'^).  Glieder 
dieser  FüiTiilie.  kommen  gcgi-n  das  Knde  des  13.  und 
während  des  14.  Jalirhumh-rts  hnntig  in  Urkunden  als 
Wetjjlarer  Bürger  und  Scheffen  vor'"'^);  ein  anderer 
Zweig  di-a  Geschlechtes  scheint  schon  frühe  nach  dem 
benachbarten  Hessen  gekommen  zu  sein,  und  diesem 
geliürte  vvnhl  Kuid,  der  Vuter  des  Hainaer  Mönches, 
an'"*).  Derselbe  unternulira  gegen  das  Jahr  1200  mit 
einem  Grafen  von  Ziegenhain  eine  Falut  an  den  Rhein, 
beide  verunglückten  beim  Uebersetzen  über  den  Strom 


'••i  Der  Ort,  von  dem  iins  Attoltigchclituilil  v.  IL  koiocd 
Namori  hat,  lieisst  heute  llüitislwira  uud  liegt  in  lier  Nahe  von 
Wetzlmr. 

'•*)  Irt  dem  IteissiMlrf*!!  rikuiidenLmt'lie  vod  WyKS.  Hil  I  u,  » 
werdeil  in  ticm  ;;i  ttinji«(»ii  üiiiiaum  ijiti.xt  als  SubuiTe'ii  von  WoUlar 
geuaniit;  iluilrad.  llaitmaiiu,  Johniiii,  KU^rtiattl  uud  Heinrich  von 
Herlishcim.  lliesolben  Peisoiicu  werden  auch  (mit  AusiiäIjuh»  von 
Harticann)  l>pi  v.  l'lmertstri/i,  Oesch.  v.  Wetzlfvr  erwiihiit  (\pl  divs 
Register  im  3.  bände  unter  v.  lleihsheim). 

""*)  Hess,  rrkundenh.  I.  nr.  iJjy  findet  sich  (1267)  ein  Her- 
mann V.  Herlishom  aLs  Schelfe  in  llomberg  a.  d.  Ohm  Nach 
Gerstpnher^,  der  tMunini,  lIa.sH.  11.  8()(i  IT)  vermufhlitli  mich  dor 
Legende  Kuitl's  Näheres  über  Irtzteron  mittheilt,  war  der  Vator 
desüolben  ein  betisijicher  Bitter  (das.  S.  307). 


106 


and  wurden  zu  Erbach  begraben.  Erst  nach  dem  Tode 
des  Vaters  kam  Kord  zur  Welt.  Diesen  benannte  die 
Motter  Hedwig  nach  ihrem  Gemahl  und  erzog  ihn 
sorgsam.  Im  18.  Jährt*  zum  Ritter  geschlagen,  wurde 
er  in  demselben  Jahre  Mönch  in  Altenbaina,  wo  er 
drei  Jahre  lang,  bis  1221,  verblieb  '*•).  Zu  dieser 
Zeit  siedelten  die  Brüder  nach  Haina  aber.  Hier 
fährte  Knrd  ein  erbauliches  Leben  "^)  bis  zum  Jahre 
1270,  wo  er  starb.  Er  wurde  in  Haina  begraben  '•") 
und  wirkte  noch  nach  seinem  Tode  in  wanderthätig«r 
Weise  ««»). 

Die  Legende,  welche  wohl  nicht  vor  Beginn  des 
14.  Jahrhunderts  entstanden  ist""),  unterscheidet  sich 
offenbar  in  nichts  von  der  bekannten  .\rt  solcher  Auf- 
zeichnungen :  sie  bringt  viel  Stoff  über  den  frommen 
Lebenswandel  und  die  Wunder  des  Heiligen  und  nur 
hier  und  da  werthvollere  Bemerkungen  über  geschicht- 
liche  Ereignisse.       Gerstenberg   citirt  sie  zweimal  "'), 


■**)  Demnach  tnösste  er,  wie  oben  «Dgenommen,  um  1200 
geboren  «ein. 

'*')  Vgl,  die  Stück©  auh  seiner  Legeode  bei  Gereteoberg 
a,  a  0.  S.  394—396,  wo  übrigen»  dor  Heraasgeber  einige  Woodur- 
erzählangen  als  weilbloB  nkbt  mitgetheilt  hat. 

'••)  Pas.  S.  426  und  Frnnkenb.  Chron.  Sp.  29.  In  den  »hl- 
rcic-hei)  Hainaer  L'iiuiiden  (abgedr.  Anal.  Hass  IV,  305—349; 
VllI,  275-321;  XI.  122-184)  findfl  ich  Kmd  nur  einmal  al.s 
Zeugeu  10  einer  dies  Kloster  belreffendeo  Urkunde  des  Grafen 
Beithold  (I.)  von  Ziegenbain  v,  J.  1264  (a.  a.  ü.  IX,  140)  und  iwar 
an  erster  Stelle  aufgefühil  (frater  Cunradu.<}  de  Herlesheim  mona- 
chüs  et  sacerdoH). 

'••)  Landgraf  Heinrich  1.  gelobte,  al.-*  er  1296  gerabrlich  or- 
kiankt  war,  oino  Waüfalut  z.um  Grabe  Kunla  uud  wurde  gesund. 
(Jei^tunboig  a.  a.  0.  8.  437  f.  Ueber  die  Zeit  der  Kraniüiett  TgL 
fV.  Rehm,  Handbuch  d.  Gesch.  beider  Hessen  I,  1&2. 

iiej  Ygi   diß  vorige  Anm. 

"')  S.  394  (306)  und  438. 


I 


doch  hat  es  den  Anschein,  als  üb  er  sie  häufiger  benutzt 
habe,  ohne  sie  zu  nennen  "*).  Einen  anderen  Charakter 
txagen  gewisse  Aufzeichnungen,  die  nach  Gerstenberg's 
Angaben  in  den  Klöstern  Haina  und  Aulisburg  geraacht 
wurden.  Diese  Mittheilungen  zerfallen  in  zwei  Gruppen : 
die  einen  sind  gleichzeitige  Aufzeichnungen  von  kriege- 
rischen Ereignissen,  die  sich  gegen  das  Ende  des  13. 
und  im  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  in  Hessen  und 
den  Nachbargebieten  abspielten,  die  anderen  behandeln 
fast  ausschliesslich  die  Geschichte  der  klösterlichen  Nie- 
derlassungen in  Aulisburg  und  Haina. 

Betrachten  wir  zunächst  die  erste  Gruppe.  Gersten- 
berg weist  an  drei  Stellen  auf  Hainaer  Quellen  hin: 
S.  425  f.  ist  von  einem  Einfalle  der  »Westfälinger«  in 
Hessen  und  ihrer  Niederlage  durch  Landgraf  Heinrich  I. 
bri  der  Karlskirche  (1270)  die  Rede'").  S.  433  wird 
erzählt,    wie   Graf   Gottfried  von  Ziegenhain    dieselben 


"»)  So  z.  B.  8.  306  f.,  wo  die  Geschichte  Kurd's  bis  zu 
seioem  Eiotritt  lau  Kloster,  und  8.  426,  wo  scta  Tod  erzählt  wird. 
Uit  der  letzten  Stelle  ist  Frantenb.  Chton.  Sp.  29  zu  verglcichea. 

'")  ,Alsus  leßit  man  zu  Heyne'".  Die.solbo  Nachricht  findet 
sich  auch  und  zwar  mit  gouauoi'er  Zeitangabe  (^im  herbeste*)  und 
mit  Hiuwois  auf  dieäellw  Quelle  in  der  Frankeub.  Chrou,  Sp.  2k  t. 
Vielleicht  liegt  aber  hier  eiue  üiigeiiauigkeit  lezw.  eine  Verwechs- 
lung mit  dem  Siege  des  Graftiu  Gottfried  von  Ziegeuhaiu  über  die 
Weatfalea  bei  Geismar  vor,  der  nacli  der  thiir.-hoss.  Cbroaik  a.  a. 
0.  S.  433  in  den  Eieibht  dos  .rahrcä  129^1  fiel.  Die  dies  Ereignis 
botreffende  Naohriclit  bei  I*auzo  S.  2;i!(  (z,  J.  1270)  lautet:  „Anno 
etc.  1270  kam  der  gennnto  bischofF  voa  Paderborn  wider  mit 
grosser  macht  ins  Hessenland,  da  tinf  landgrave  Heinrich  mit  ime 
UB  ferne  von  Gudensperg;  da  blieben  auf  des  bischoffs  selten  vier- 
hundert man  aul  der  walstatt  und  dorzu  worden  iuie  hundert  und 
zwanzig  eibar  man  abgefangen,  und  hol  gcniclfä^  bisthuinb  dic'sen 
schaden  in  vielen  jaien  nicht  tonnen  erstatten."  Hiusicbtiicb  der 
Zeit  und  des  Oitca  der  Sohlacht  steht  Lauze  im  Einklang  mit 
Oerstenberg,  auch  die  Zahl  der  Oefallcncu  ist  bei  beiden  die  oüm- 
Uche;  dagegen  spricht  Lauzo  von  ISO  gefangenen  Rittern:  hiervon 


110 


Feinde  bei  Geismar  besiegte  (1293)  "%  S.  464  f.  findet 
sich  eine  Nachricht  über  einen  Zug  des  Erzbiächofs 
Matthius  vun  Mainz  und  de»  Grafen  Johann  von  Nas- 
saii-Dillenburg  und  über  das  Treffen  bi'i  Wetzlar 
(1328)  ^'^). 

Wesentlich  vi-rschieden  lii+rvoti  sind  die  Mittliei- 
langen,  di«^  die  Gescliichte  der  gouannton  Ansit-de- 
hingen  behandeln.  Ks  kommen  hierbei  2  Stellen  in 
Betraclit:  Monini.  Hasa.  I,  225  f.  ist  von  der  Stiftung 
von  Aulisburg  durch  Poppo  von  Rpiehf^ibach  die  Rpde; 
das.  II,  H07  f.  stt^hen  Alittheihingen  über  Bruder  Kurd, 
über  Altt-nliiiina,  Haina,  Aulisburg  und  Ji-n  Eintritt  des 
Grafen  Heinrich  von  Ziegenhain  in  lijis  Kloster  Aulis- 
burg u.  8.  w. ''"). 

lieber  diese  Dinge  haben  wir  noch  einen  zweiten 
Bericht,  iler  etwas  kürzer  gehalten  ist  und   bei  mancher 


weJHS  Gerstenbetc  nii.'hts.  Vicllciobt  beruht  diesö  Zahl  auf  einor 
V^rworhshing  mit  ciiit^r  Aiigalm  (ifixtetitwrg'H  S,  -424,  derzufolgis 
bei  eiiif.Mu  fnihiiiou  Kiüfall  diM'  Wcstfalpn  12(>  Mann  gcDingoii 
wurden. 

"M  ,Alsu8  loÖit  nvnn  zu  Heyne".  Lauzo  S.  U41a  hat  im 
i;«iiKHii  dtPKüIbo  Nachrieht,  aber  ohne  Angabe  der  JahreMcit,  wif 
sie  sich  bei  Oorstetiborg  tindot.  Ebenso  suelit  mau  hier  die  Be- 
merkung dos  letzturen,  dass  wenige  iimkamon,  vergeblich.  Anderer- 
seits schlicsst  [jiuze  seine  Mitthciluiiij  mit  den  Wotten ;  ,niid 
fürte  sie  (d.  h.  die  •iefan{,'eiicii]  mit  suli  ghefv  C/.ietjenhaiii."  Oli- 
wohl  dies  an  und  fiir  sieb  ein  willkürlicher  Zuwilz  Lauze's  sein  kann, 
so  liat  es  doch  iti  Anbetracht  der  soeben  besprodienen  Ahwrei- 
cbungeu  den  Anschein,  als  ob  er  sich  einer  anderen  Quelle  al» 
«jersteoberg's  bodient  habe. 

"°)  ,Hitvw  leßit  man  auch  xu  Heyne".  l>ies  deutet 
Gfirsteoliergs  Citirniethode  zufolge  bestimmt  auf  das  Vorlianden- 
fifiin  noch  anderer  Quellen.  In  der  That  zeij^t  Gerstenberg  Fran- 
kenb.  Chron.  S[).  ü,  dass  er  auch  deu  Bericht  der  Hesseuchronik 
über  üaR  gleiciie  Ereignis  gekannt  hat. 

^'*)  ,DuB  findet  man  zu  Heyne  uiido  zu  Atilißburg.*^ 


"■m 


Abweichujig  von  Gerstenberg's  Erzählung  doch  wieder 
viel  Uebereinstimmung  zt-igt:  er  ist  in  der  Chronik 
Lauze^s  enthalten,  dt^r  einige  Zeit  Vorsteher  des  Hospi- 
tals in  Hiiinu  war  ''^).  Bt-idti  Chronisten  verdanken 
entweder  ihrti  Nachrichten  einer  Schrift,  deren  Ver- 
fasser Urkunden  benutzt  hat,  oder  sie  haben  den  Stoff 
selbst  aus  solchen  entnommen. 

Wir  sind  in  der  Lagu  einen  Theil  der  Urkunden 
nachzuweisen,  aus  denen  dit«  Berichte  der  beiden  Chro- 
nisten mittelbar  oder  unmittelbar  geflossen  sind:  sie 
finden  sich  bei  Ktichenbeeh'r,  Anal.  Hass.  IV,  341  ff. 
^KDie  Hauptquelle  scheint  der  unter  nr.  IV  abgedruckte 
urkundliche  Bericht  vom  Jahre   1244  zu  sein. 

In  nachstehender  Zusammenstellung  sind  der  bes- 
seren Uebersicht  wegen  die  ehizelnen  Sät^ze  der  Ur- 
kunde, wo  dies  nöthig  erscheint,  so  umgestellt,  dass 
sie  unmittelbar  neben  die  Parallelstellen  aus  Gersten- 
beig'.s  Chronik  zu  stehen  kommen.  Kine  solche  Um- 
stellung ist  aus  diesem  Grunde  auch  einmal  bei  Lauze 
vorgenommen. 


»erste  n  b  e  rg. 
oim.  Hass.  I,  225  f.) 

(n  demselbin  jare. 
<0)  du  gab  grave 
po  von  Eichen bach 

folbort  siner  ge- 
eln  frauwen  Berten 

cloistiT  zum  Al- 
ampe  ordenß  von 
ercien  die  stedde 
ßburgk  mit  alle 
r  zugehorunge.  deß 


Anal.  Ha.ss.  IV,  356  f. 

Praesenti  autentico 
testAmur  no.*!  inteite- 
xisse,  quod  cum  comes 
Boffo  de  Ricln^nbach 
cum  uxore  sua  Hertha 
nomine  muntern  tjni  di- 
citnr  Aulesburg  cum 
suis  appendieiis  eccle- 
siae  tJainpcnisi  Cister- 
cienais    Ordinis    obtn- 


Lauze  I,  219a  f. 
(z.  J.  1221). 


"")  Vgl.  die  Ausgabe  vod  Benthardi  uud  Seliubart  (Zoitscbr. 
f.  hess.  Opsch.  2.  Su]ij>l.)  Bd.  1.  Vorw.  p  IV  und  dio  Allgera. 
deutsche}  Biographie  XVUI,  80. 


ll^ 


der  apt  von  Al- 
iencampe dry  conveute 
eyiien    nach   dem 

srn.  dw  irste  wonte 

etatliche  tzyt  na  bic  Aii- 
lisburg  an  •^ym-r  stt-dde 
gtumnt  Loiielbath,  dev 
gingk  vortets  geyn 
IliftViisteyn.  darnach 
WLMietin  eynß  andern 
onlenßgoistlicher  lud^*, 
raoiichb     Qnde  nennen 


Louelbach.       dar- 

santin    die   vom 

'AldencamiH'  den  an- 
dern convi'nt  geyn  Au- 
lißburg,  der  gingk  auch 
vortane  geyn  Blicht;!- 
ßteyn  an  dem  Hartze 
gelegen,  zum  dritten 
male  santin  die  von 
dorn  Aldeiicampn  aber 
eynen  convent  geyn 
Aulißburg,    der    ginck 

I Widder  heyra.  alsus 
prart  das  cloister  Auliß- 
burg  hirneiiist  ver- 
rerlaßin,  alß  die  geist- 
jielien  38  jare  allezu- 
pkininen  dar  gewcmet 
hatten,  nnde  darnach 
quamen  widder  monche 
geyn  Aulißbnrg,  als 
man  hirnach  beacbre- 
I  ben  findet,  dnßer  vor- 
genante  grave  Boppo 
von  Kicbenbach  der 
1  was  eyner  von  Czigen- 
heyn  geborn  unde  fürte 
dasselbe    wapen,    sun- 


lisäet  anno  gratiaell50. 
eadem  ecclesia  tres 
conventus  singillatim 
.sibique  siiccedentes  ad 
dictum  locom  scilicet 
Aulesburg  transmisit, 
tjuorum  primuö  ali- 
qiiamdiu  moratus  in 
Louelbach  transivit  Ri- 
feusteine.  posteiusdis- 
cessum  etiam  alterius 
religionis  monacbi  et 
moniales  ibidem  sunt 
demorati.  Becundus 
post  habitationem  in 
Aul*isburg  venit  ad  La- 
pidem  sancti  Michaelis. 


tertius  de   Hegene    re- 
diit  in  Campum. 


Anno        1150       seiod 
zwolff       personell 
von   Altfin    Campe  in? 
Hessenland  komen  und 
haben     den    Auliöbetg 
beneben       dem     dorffe 
Louilbach       eingenoi 
men  der  meynung  ati 
ein  kloster  zu  baawen, 
seind    abpt    bald    eii 
andern    zuroth  wordi 
und     da    dannen    gen 
Louilbach    und     wider 
alda  dannen  ghen  Rei 
fentcin  gezogen, 
durnuch  sandte  der 
vt'nt    zu  Alden    C« 
abt.Tniols  zwolff  p«i 
sonen  ins  U- 
die  giengen  ^. 
stein. 

zum  dritten  sandte 
noch  zwolff  pei 
sonen,  die  zogen  ans 
Hessen  wider  nach  Al- 
ten Campe, 


as    der    name 
ielt  was,     Duß 
nan    zu  Heyne 
1  Aulißburg. 
m.  Ha  SS.  II, 

307  f. 

B   in   dem  vor- 
D  jare  dn  man 

nach  gots  gn- 
J21  jar«,  du 
r  conveiit  von 
yne  mit  bruder 
on  Hirlwßheim 

ander  stedde 
iwütin  da  eyn 
liion&ter  iiode 
genant  Heyne. 

vonnalß  das 
Bu  Aldencanipe 
beydedördryer 
\f  wie  vorge- 
\  siehit^  die 
\u]ißhurg  \'er- 
jab  grave  IJin- 
n    Czigenheyn 

stedde  dem 
am  Alden  berge 
in  gelfgen,  des 
T  apt  vnii  Al- 
i  genant  Coß- 
fnen  convt'iit 
ulißburg,  dtB 
darselbis  unde 
zu  Aldenheyn« 
in  wol  3S  jare 
geyn  Heyne 
unde  das  bu- 


Ad  ultimum  vero,  cum 
eeclesia  ('ampensis  ab 
eodem  loco  recessasset, 
comus  Henricus  de 
Zigenhagen  .  .  .  prae- 
fatum  deo  locum  et 
gliiriiiisae  virginiMariae 
.  ,  .  obtulit.  hunc  er- 
go locum  in  suam  suh- 
cepit  cnram  quidem 
abbas  de  Aldenberg, 
GozwinuK  nomine  .  .  . 
et  fratres  illuc  de  pro- 
prio trauttuiisit  coe- 
nobio  .  .  . 


Aber  in  diesem  ob- 
gemeltcm  1221.  jar, 
den  zwanzigsten 
tag  Mail,  ist  dersel- 
bige  cunvent  wider 
alda  aufgebrochen  und 
ghen   Heyne    kommen. 


domach  anno  1188 
ward  vom  Altenberge 
bei  Collen  ein  convent 
gen  Aulißberg  ge- 
.schickt.  dieser  hat 
den  Anlißberg  ver- 
lossen,  i«t  ghen  Alten- 
oder Obern-Heyne  kom- 
men und  alda  ange- 
fangen zu  bauwen,  da 
man  es  jet^und  auf 
dem  Espe  nennet,  und 
seind  noch  etliche  alte 
maurenrumpe  und  bor- 
ne  doselbst  vorhanden. 
und  an  dem  ort  ist  er 
drei  und  dreissig  jar 
blieben. 
8 


Weten.  dußergraveHin- 
ricli  wart  eyn  moiuh 
zu  Aulißburg  mit  vilen 
eddeln  syaer  ritter- 
achafft  uiide  er  was  ein 
iieve  des  vorgest-hrebpii 
graven  Boppn  von 
Richenbach.  Alsus  fin- 
det man  zu  Heyne  be- 
jhreben. 


114 

.  .  .  comes  Henricus 
de  Zigiuiliagfcn  nupos 
prafdii-torurn  nübilinm, 
qui  püstea  facttis  est 
monachua  in  Aules- 
burg  .  .  .  cum  quibiis- 
dam  nubilifvribiis  sua« 
prüvinciae  niilitibus  .  . . 
Cistertium  .  .  .  adiit    , 


if^m 


.  .  .  Heinrich  grave 
Czingeiibain ,      noc 
dem   im  e  se  in  eh 
g  e  m  !i  h  e  1    V  e  r  8  t  o 
ben,    ist    mit    viel 
vom    adel    in    beme! 
kloster     gangen  ,     b 
auch      dasselbige 
vielen    zuhenden,   wi 
den    und   gutern   z 
rithlichaten  dotiert  uiiJ 
bpgabet,  auch  den  platj 
und     boden ,      dorauff 
angezeigts    kloäter 
baawet,     welche    s 
erbeeigentbumb    seind 
gewesen,     dorzn 
geben  .  .  . 


Vergleichen  wir  zunächst  Gerstenberg's  Bericht 
mit  dem  Inhalte  der  Urkunde,  so  ergiebt  sich,  dass  die 
erste  Hälfte  des  ersten  Absclinittes  bis  zu  den  Worten  ; 
»geyn  Michelsteyn  an  dem  Hartze  gelegen«  fast  nichts 
als  eine  Uebersetzung  des  entsprechenden  Stockes  der 
Urkunde  ist.  Dagegen  läsat  sich  in  der  zweiten  Hälfte 
die  Dauer  des  AufenthaltfS  der  Münclie  in  AuUsburg 
(38  Jahre,  also  bis  1188}  ebeuso\venig  urkundUuh 
nachweisen,  wie  die  Notiz,  dass  Graf  Poppo  von 
Reichenbach  ziegenhainisehcn  Stammes  gewesen  spi. 

Der  andere  Abschnitt  beginnt  mit  einer  Mitthei- 
lung, die  Kurd's  Legende  entnommen  sein  kann.  Auch 
hinsichtlich  der  Uebersiedwlung  der  von  Goswin  ge- 
sandten Brüder  von  Anlisburg  nach  Altenhaina  und  der 
Dauer  ihres  Aufentlialtes  in  beiden  Klöstern  (33  Jahre, 
also  bis  1221)  giebt  die  Urkunde  keine  Auskunft. 

Lauze's  Darstellung  zeigt  gleichfülls  sehr  viel  Af^hn- 
lichkeit  mit  Gerstenberg  und  dwr  angeführten  Urkunde, 
doch  lässt  er  die  Nachricht    von  der  Anwesenheit   von 


115 


Mönchen  und  Nonnfu  ,,*'y"S  andern  ordenß"  (alterius 
nfligionis)  in  liöhlbaoh  aus.  Auf  der  andern  Seite  hat 
er  aber  di«-^  Notiz,  duH»  dreimal  hint«i<'in:iiidKr  je  zwölf 
Mönche  vrm  Altrnkiunpe  [uifbraeht-n  und  dns-s  die  üeber- 
siedlung  von  Altenhaina  nach  Haina  am  20.  Mai  1221 
r'rfolgti' ;  auch  findet  sich  bei  ihm  allein  din  Bpmfrkung, 
da.ss  Graf  Heinrich  nach  dem  Tode  seiner  Ge- 
mahlin in's  Klo.ster  ging. 

Gerstenherg  mus.s  also  wie  auch  Lauze  noch  ander- 
weitiges Material  benutzt  haben:  dass  solches  einst 
vorhanden  war,  geht  aus  dem  urkundlichen  Berichte 
.selbst  hervor.  Abgesehen  von  einer  Urkunde  v.  J.  1215, 
auf  die  sicli  dieser  (S.  357)  bezieht  (abgedruckt  Anal. 
Has.s.  XI,  124—130  unter  nr.  II;  dieselbe  kommt  ausser- 
dem noch  Anal.  Hass.  IV^  347 — 355  als  Transsumpt  in 
einem  Aktenstücke  v.  J.  1493  vor),  wird  ein  anderes 
Schriftstück  namhaft  gemacht,  das  nicht  mehr  vorhanden 
ist.  Die  Stelle  lautet:  Constat  etiam  ex  alio  scripto  et 
testibus,  quorum  haec  sunt  nomina :  Joannes  ahbas, 
Hermannus  prior,  qui  conventum  de  Canipo  missum 
vidisse  se  meminit  in  Aulcsburg.  et  Conradus  con versus 
monasterii  memorati.  — 

Diese  drei  Gattungen  von  Aufzeichnungen  werden 
anscheinend  auch  durch  die  Art  und  Weise,  wie  Ger- 
stenberg bei  jeder  die  Quellen  citirt,  von  einander  ge- 
schieden. Bei  der  Legende  Kurd's  heisst  e.s  S.  394 : 
„Man  leßit  zu  Heyne  in  syner  legenden"'  und  S.  438: 
„Alsuß  leßit  man  zu  Heyne  in  bruder  Curts  legenden". 

Bei  den  Nachrichten  über  die  erwähnten  kriege- 
rischen Vorgänge  wird  auf  Haina  verwiesen  (vgl.  Anm. 
17.^,  174,  175). 

Als  Quelle  für  die  Geschichte  der  klösterlichen 
Niederlassungen  nennt  er  Aufzeichnungen  zu  Ilaina  und 
Aulisburg  (vgl.  Anni.  17G),  An  einer  der  liier  in  Be- 
tracht kommenden  Stellen  (Monim.  Hass.  II,  308)  heisst 

8* 


HB 

ea  zwar:  „AImus  Hndct.  man  zii  H^yiift  besohreben"  — 
es  fällt  abnr  in's  tJewk-ljt,  tlass  (u'rsti'nbiTg  den  grössten 
Tlieil  seiinT  Mittlirilmiycn  uftViibar  ntis  der  Legende 
Knrd's  gcnuinniiMi  hat  (vgl.  Anin,  172),  die  eben  nur 
in  üiiitiii  entstanden  sein  kann.  Der  Chronist  führt 
also  hier  wie  anderwärts  am  Schlnsse  seiner  Nachrichten 
nur  eine  der  benutzten  Quellen  an.  Andererseits  ist  zu 
iM'in-hteu,  da.ss  er  in  der  l'ariillel.stelle  der  PVanken- 
berger  ('lironik  Sp.  23  f.  (wo  die  Nachrichten  über 
da-s  Leben  des  Heiligen  fehlen)  ausdrücklich  Haiuaer 
niul  Auli.»liurger  Aufzeichnungen  aU  Quelle  angiebt. 
Freilich  ist  auch  bei  der  ungenügenden  Kenntni-s  die 
wir  viin  der  l{es(liat^V'nheit  jener  Notizen  haben,  die 
Möglichkeit  nicht  ganz  ausgeschlnssen,  dass  nicht  allein 
die  sogen.  Ilainaer  und  Auli.sburger  Aufzeichnungen, 
sondern  ancli  Kurd's  Legende  einzelne  Nachricliten  über 
die  kliisterlicheii  tStiftungeti  eirthielt.  und  da.ss  Gersten- 
berg .sich  .somit  für  dic:>elhe  Sliitheilung  da?»  eine  Mal  auf 
diese,  das  andere  Alal  auf  jene  IJuelle  berufen  konnte  ''•*). 


"'»  Noch  audere  (Jnellen  als  Geretenborg  hat  Jo/iantie*  I^xner. 
der  Vf'iiflssir  i.nuoi-  Jloschreilnuif.'  des  Klostors  H«ina  (Miihlliausen 
lö8«j.  iliö  KtivliPttUrkrr  A\in\.  Hnss.  IV,  l!.0b—A40  (uiivollstiindig) 
wieder  abgoiiruckt  hat,  benutzt.  I^txnrr  zählt  (Anal,  Ha-ss.  IV, 
336)  ettiigo  XÜnichn  Uch  Klnstons  iiiis  Uc-in  Eude  des  13.  uuU  de« 
ersten  Hälfte  des  14.  .(nfiihutiderts  auf  und  boruft  sieh  dnbci  auf 
ein  altcä  Menuuieiibnch,  das  also  wohl  aus  Haiua  stammte.  Bui 
Erwälmung  von  lieliquii'ti  und  Wuodeni  zu  Main»,  von  Wall- 
fahrten u.  s.  w.  nennt  er  (das.  S.  31U|  ein  ,^^'alslläusis^■hcs  Xlinsal". 
und  PS  ist  wohl  dieselbe  Quelle  von  der  er  weiter  miteu  (iS.  318) 
mit  den  Worten  spricht:  «wie  d«s  alles  und  sonslen  viel  dergleicheu 
eine  alle  Agenda,  worin  forn  und  bintcn  von  sulchein  jahrmarckt 
viel  geschnoben,  ctwan  aus  dorn  (."lostoi'  Wa<'!sliuscn  herfür  komcn, 
anzifget."  —  Ihiss  man  in  Aulisbuiii  \vis,st>nschaflliLheu  llestrebungen 
nicht  «btiold  war.  zeigt  ein  Vfizenhuis  vun  Biitherri  meist  theolo* 
t;isihi'ii  Inhalt.s,  die  ulii-mals  in  dirsriii  Kloster  sicli  vorfanden  (vgl. 
die  Irkunde  v. .1.  1244  bei  Kmhtidifrkvr  ^.  a.  ü.  S,359).  Dortist 
auch,  vomvuthlieh  im  Aufango  des  IS.  Jafirliunderi<?,  ein  lateinische« 


117 


TUT. 

Die    A  u  f  z  e  i  0  li  nun  f?  u  n  von  G  t^  o  r  g  u  n  b  ü  r  .u'  und 
S  p  i  e  s  s  k  a  p  ]>  ts  1. 

Dürftig  sind  di«  Nachrichten,    dif  (ittr.stKnbfrg  als 

US  dem  risterzienserinnpnkloster  Georgeiiberjf  bei  Fran- 
konb*^rg  stammend  hracichnet.  Er  berichtet  S.  489 
(z.  J.  12it7),  dass  der  viiii  Hi^inridi  I.   in  dor  Nähe  dieser 

itadt  angelegte  Teiuh  ausgebrochen  spi  und  grossen 
Schaden  angerichtet  habe ;  der  genannte  Lamlgraf  habe 
ihn  deshalb  vun  neuem  eindämmen  lassen.  Ihr;  gleiche 
^BAittheilung  bringt,  aber  ohne  Quellenangabe,  die 
Frankenberger  Chronik  Sj».  84.  Vielleicld  ist  auch  die 
^otiz    von    der   Gründung    des*    Klosters    i.  J.    1249    in 

er  thüringisch- hessischen  Chronik  S.  413  auf  dieselbe 
(Tluelje  znrückznfiibren.  Dagi'gen  bernhen  wohl  die 
Mittlieilungen  in  der  Fiiinkenberger  Chronik  8p.  27 
und  28  über  So])hie  von  Rrabant  und  deren  Beziehungen 
zum  Kloster  auf  urkundlicher  Grundlage. 

P^iine  grössere    Hedeutuiig    können   inicli   die  Nach- 
richten   aus   dem  rrämonstratenserkloster    ^pictsskappcl 

icht  in  Anspruch  nehmen.  Gersteuberg  erwähnt  di«- 
selben  z.  J.  1801  (S.  441),  wo  von  den  Stiftern  des 
Klosters  und  di'r  F.inäscherung  desselben  die  Rede  i.st. 
\  Verwandt    hiermit    ist    Lauze's    gleicIifalLs    kurzer 

Bericht  in  de.ssen  Chronik  8.  242  (z.  .1.  1801),  der  jedoch 
in.^ofern  von  (Jenstniberg  ahweiulit,  al.s  er  eint-sllieils 
d:Ls  Gründiingsjalir  von  Spiesskappel  (1221'»  niittlleilt, 
anderntheiU  aber  die  Nachricht  von  dem  Eintritt  des' 
einen  der  beiden  Stifter  in\s  Klo.ster  nicht  hat. 


^ 

^N« 


(licht   eiitstaiidern    welches  Joh.  Fr.   Cour.  RHhr  in  «Ion    lleas. 
^»chrirMtPn  HI.  D— 14  mitthoilt. 


118 


Die  A  uf  zu  icli  11  u  nsr  mi  über  il  i  e  Grafen  von 
Z  i  e  g  u  n  li  a  i  u. 

Seinem  l'niignimm«  gemäss  berücksichtigt  Gt-rsten- 
berg  in  der  thüriiigisch-hessi-sclitin  Clironik  mich  die 
Gnifi-n  von  ZifgHtihaiii :  15  Mal  bi^riihrt  er  —  abg»^si*hfn 
von  .solclii^ii  .Stullen,  wo  l«*tzt«rc'  im  Ziisammeiihaiig  mit 
Ereigiiissen  der  liessischen  Gesubichtu  erwähnt  werden  '^*) 
—  in  dem  Z(^itritunie  von  1  "247— 1431  ziegenhainiHch© 
Verhältnisse.  Dt-r  Inhidt  dieser  Nach  richten  betrifft 
fast  durchgängig  Familiüiiereigniwse  drjs  ürnfenhause«, 
und  Kwar  wird  lii  Mal  ein  gfiiaues  Datum  angegtibeu : 
darunter  «iud  10  Tinltestag**  v(iii  Angehiirigeu  des  Gh- 
schlecJitö  '*"•),  1  Mal  ein  llitterschlag  '"').  1  Mal  eine 
Heirath '''^K  ^  ^lal  ein  ^ieg"*);  nur  in  2  Fällen  ist] 
das  Jahr  allein  angegeben,  das  genaue  Datum  dagegmi] 
fehlt  '***). 

Nur  einmal  giebt  Gerstenberg  eine  Andeutung 
allgenieint-r  Art  über  die  Quelle  dieser  Nachrichten,  in- 
dem es  .S.  442  lieiöst :  ,,Alsus  leßit  man  zu  Czigenheyn." 
Dieselben  entstauinien  wohl  Meraorie,n-  oder  Messbüchern, 


"»)  Wie  (lies  z.  B.  Monini.  Uass.  II.  4a«  1.,  4Ü1  f.,  D04  {. 
s.  TV.  der  Fttll  ist.  Hiürxu  sind  wohl  aui.h  S.  531  und  51^3  (in 
»r  FratikiMib.  Chroii.  Hi>.  5ti)  die  üfineikuiigüii  über  dio  Besjtzor- 
■ircifuut;  der  DraBsciiaft  durch  Ludwig  deu  FriedsaiiiCD  und  den 
Tud  düK  Ictiteo  Urafeti  zu  rockneu.  ^Borücksiciitigt  ist  feruer  iiiulit 
die  Stelle  S.  433  iilter  piui-ii  6^icg  dcü  (irafeii  (Jollfried,  wo  es 
heisßt:  ,Alsub  leßit  man  m  Ik-yne.'" 

'•«)  Müinm.  Uass,  ]].  412  {t.  .1.  1247),  419  (r.  J.  1257j 
426  (z  J.  I-JTO),  4H2  (z.  .1,  l28tS|,  442  (z,  J.  1301),  das,  (i.  J. 
J307).  46*5  (z.  J.  1333J,  474  (z.  J.  1342),  i'JO  («.  J  1371),  Ö25. 
(z.  .1.  1426j. 

'">)  Das.  S.  490  (z,  J.  J371). 

'"}  Du».  S,  524  {-i.  .].  1417J. 

'")  l)a.s.  S.  527  (z.  .1.  1431). 

"*)  Da».  S,  49:)  {i   J.  1371)  und  bH  {i.  J.  1419). 


•119 

in  die  derurtigb  Aufzeichnungen  gewöhnlich  gemacht 
wurden,  wie  denn  auch  z.  B.  später  Lambertus  CoUraHnn 
in  solchen  Büchern  ähnliche  Notizen  vorgefunden  und 
in  seiner  Baumbachischen  Familienchronik  benutzt  hat. 
Auch  Lauze  giebt  S.  211  a  und  219  einige  die 
Ziegenhainer  Grafen  betreflfende  Mittheilungen,  die  indes 
mit  den  Natlirichten  üerstenberg's  nichts  gemein  haben. 
Die  Bemerkungen,  die  er  sodann  S.  266  a  Und  267 
über  Johann  (IL),  den  letzten  seines  Geschlechtes,  macht, 
ötaminen  wohl  ans  der  ehemals  ziegenhainischen  Stadt 
Treiaa:  so  die  Mittheilung  von  dem  gräflichen  Leichen- 
zug, der  auf  dem  Wege  von  Ziegenhain  nach  dem  Erb- 
begräbnis in  Haiua  Treisa  berührt  habe  (S.  266  a), 
vielleicht  auch  die  Erzählung  von  dem  gewissenlosen 
Rentmeister  Johann's;  jedenfalls  erklärt  Lauze,  der 
einige  Jahre  in  Treisa  It^bte,  eine  von  ihm  mitgetheilte 
Nachricht  über  Beziehungen  des  Grafen  zu  der  Stadt 
(S.  267)  dortigen  Stadtregistern  entnommen  zu  haben. 
Uebrigens  hat  sich  das  Andenken  an  Johann  noch  lange 
im  Volke  erhalten.  Letzner  theilt  in  seiner  oben  er- 
wähnten Geschichte  von  Haina  (Anal.  Hass.  IV,  319) 
eine  auf  die  ungewöhnliche  Leibesstarke  des  Grafen 
bezügliche  Anekdote  mit,  die  ihm  „viel  guter  alter  Leut" 
bezeugt  hätten. 


Die  Aufzeichnungen   über  die  Grafen  von 

Katzenein  bogen. 

Gerstenberg'.s  Mitthcilungen  über  die  Grafen  von 
Katzenelnbogen,  die  übrigi^ns  gleich  den  das  ziegen- 
hainische  Graffnhaus  betr«*ITenden  nach  Wenck  fast 
sämmtlich  zuverlässig  sind  "'^),  haben  einen  ganz  ähn- 
lichen   Charakter    wie  diese :    sie  beziehen    sich  gieich- 


*)  ».  «.  0.  p.  XVI. 


120 

falls  auf  Geburten  '""),  VermüliUingen  *"),  Todesfälle  *^) 
und  sonstige  VorkommnissHj  die  für  das  Clcschleclit 
von  Bedeutung  waren  '**").  Auch  hier  findet  sich  häufig 
neben  der  Jahreszahl  da»  genaue  Datum  angegeben. 
Lieber  die  Herkunft  seiner  Mittheihingen  schweigt  der 
Chronist  mit  einer  Ausnahme  (S.  48n),  wo  er  sich  auf 
die  Limburger  f'hronik  bn-zieht.  Indes  zeigt  ein  Ver- 
gleich mit  der  in  Frage  kommenden  Stelle  (a.  a.  O.  S.  86 
unten  und  87),  dass  ausserdem  noch  eine  zweite,  von 
Gerstenberg  nicht  genannte  Quelle  herangezogen  sein 
tnuss.  Anderes  hat  er  Urkunden  '*')  oder  wohl  he«- 
eiachen  Quellen  entnommen  ""), 


•«)  Monim.  Haas,  il,  616  (z.  J.  1402),  525  (z.  J.  1427),  531 
(s,  J.  1443). 

'")  Das.  S.  609  (z.  .1.  1393).  525  {z.  3.  1422),  das.  (z.  J. 
1427),  531  (K.  J.  1448). 

"»)  Das.  S.  4«5  (z.  .1.  1329),  466  (z.  .1.  1331),  535  (*. 
J.  1453).  Zu  den  beiden  letztaii  Atii^sltetr  vgl.  die  Grabsuhriftoo  bei 
Wmrk  a.  a.  0.  LI,-B.  S.  273  (ur.  X)  und  277  (ur.  XXV| 

'••)  Das  8.  409  (um  <i.  .1.  124K1.  419  (a.  J.  1255),  427  (x. 
J.  1276),  485  (um  d    .1.  1356).  525  {/..  .1.  1421). 

'•")  So  die  Mittlieilung  i>.  .')34  über  die  Eht«l»oreduQg  zMii^ctioo 
Landg^raT  Ileinrifh  III.  und  Anüa  von  Kafzenelul.»ogeii.  S.  o.  S.  36. 

'*')  lliorhei  ist  S.  534  «iio  Nathrii-ht  üljer  die  Vermählung 
Heim  juh's  III.  und  ä  551  die  Nutiz  über  den  Tud  deh  letzton  Grafen 
von  Katzeuolnbogco  zu  reuhaen. 


— -^ggp- 


121 


IL 

Die  Ritterburgen  der  vormaligen  Abtei 
Fnlda. 


» 


9 


Von 

Dr.  Justus    Schneider 
in  Fulda. 


Literatur. 

Broiter,  Fuldensium   antiquitatum  Litui  IV.    Antwerpen 

1612. 
Scftannat,  Fiildischpr  Lcfin-Kof   sivp.    iln    ClientelH    Fnl- 

densi.     Fraiikfiut  :i.  M.   1720. 
Sckanitai;  C<ii-jms  tnnlitiorium  &   Biu-liouia  vetus.     1724. 
ScfiatiKof^  Histiiria  Fuliit^iisis  &  eü(l»^x  prf>hatiuimm.  1724. 
fiif/irrmftfui,  {n'sclili'clitsri'gistcr  dfr  HiMclisfi-eyntiniittfl- 

ban^n   Ritt<'i'sctiaft  JjjiiuiHs  zu  Frank^Mi  löblicliHii  Orts 

Rhön   und  Wcrra.     Hayri'iitli   1 74U. 
Detiner,    rrkuiulcu  iles   Fiildacr    .-Viuliivs    übur    dir    elie- 

maligeii   FuUliseliHii   .\iiinh'r.  2   lläiule.    Maimscrijit. 
Ldfuiati,  Ilie  Hps-siscIiPii  Kifterburgfu  und  ilir«  ßt'sitzer. 

H  Hände.     VmmA   IKti-lOi.^ 
Schnvii!a\.fmcph,  Hiiclinnia,  4  Hiindi'.  Fulda  1826  —  1829. 
Schneitier,  Juspph,  Hcsi  lircibimg  tli's  liohou  Rbiiii^ubir;^««, 

2.   AuHagH.    Fuldii   184<J 
von  Eta-fsiein,    Luiiis    Fcrdijiaiid    Freilierr,    ürkuiidliüliB 

Geschichte    des    tviclisriüinlichi'ti     LiH.schleijhtets     vrin 

Eberstnin    auf   der    lilulri,    1,    liaud,    2.    .'\usgabe. 

Berlin   1889. 
ron  Kberaiein.  Stammreibi-  und  Fidrd«'.      l^-rlin   1887. 


122 

^Sf^m  Juli  1890  hielt  ich  bei  der  56.  Jabresvenammlung 
Jjj^dHis  Vereins  ffir  hessische  Geschichte  und  Landes- 
kunde zu  Fulda  eiufn  Vortrag  über  die  Ritterburgen 
di-r  vorrnftlt^n-ii  Abti'i  Fulda,  in  welchem  jedoch  da« 
Tlieina  kaum  zur  Hiilfte  erschöpft  werden  konnte.  In 
ganz  fragmentarischer  Form  wurden  die  Ritterburgen 
des  ehemalö  fuldaischen  tlebii'.te.s  in  den  jetzigen  Kreisen 
Fulda^  Gersfeld  und  Hfmfeld,  sowie  in  den  jetzt  zu 
Sachsen-Weimar  gehörigen  Theilen  in  liistoriHcher  Be- 
ziehung behandelt.  Angeregt  durch  die  Füll«  von  vor- 
liegendem urkundlichen  und  geschichtlichen  Material 
habe  ich  nunmehr  die  Geschichte  der  Ritterburgen 
Fultla's  in  kurzer  Besprechung  weiter  zu  einem  gewissen 
Abschlui?«  geführt,  indem  ich  noch  die  Beschreibung 
der  im  westlichen  Tlieil  des  Kreises  Fulda,  im  Kreise 
Schlüchtern  und  in  denjenigen  Theilen  der  früheren 
Abtei,  welche  nunmehr  zum  Grossherzogthilm  Hessen 
und  Königreich  Bayern  gehören,  anfügte.  Auf  Voll- 
ständigkeit niaclit  deshalb  diese  Arbeit  keinen  An- 
prucli,  ind(Mn  eine  erschöpfende  Behandlung  des  Gegen- 
ndes  ein  wenigstens  ebenso  starkes  Werk  zu  Stand« 
bringen  würde,  wie  die  hessischen  Ritterburgen  von 
Landau.  Wenn  auch  in  diesem  vorzüglichen  Werke 
unseres  berühmten  hessischen  Geschichtsforschers  die 
Beschreibungen  einiger  fuldaischen  Burgen  enthalten 
sind  und  von  mir  benutzt  wurden  (Steinan,  Haselstein 
Buchenau,  Haun,  Eisenbach  und  Steckeisburg),  ist  doch 
meine  Arbeit  bezüglich  der  übrigen  Burgen  neu  und 
sehr  viele  Angaben  nur  zerstreut  in  den  oben  ange- 
führten Werken  enthalt»'n,  vieles  überhaupt  n^ch  nicht 
gedruckt  erscliienHii.  Dazu  gehören  namiMitlich  viele 
Auszüge  aus  UrkundiMi  des  Fulda^r  Archive«,  welches 
zwar  gegenwärtig  dem  hessischen  Archive  zu  Marburg 
einverleibt  ist;  doch  waren  mir  «ine  grosse  Menge  ein- 
schlägiger Urkunden  in  Ab.-«chriften  zugänglich,   welche 


n 


I 


der  früliere  hiesige  Archivar  Denn  er  iinttr  dem  Titel: 
„Die  Fiildischen  AHmtei"  im  Manuscript  gbsainmelt 
und  mit  üebersichten  viTsehcn,  in  einem  zweibändigen 
Werke  der  hiesigen  Landeshibliothek  liinterlassen  hat, 
dessen  erster  ISund  lfH_>0  fjuurtseiten,  der  zweite  848  zählt. 

Zunächst  möchte  ich  die  Grtjnzen  des  geistlichen 
Fürstenthums,  (h^r  Abtei  Fulda  feststellen,  innerhalb 
Mekher  ich  die  Kitterburgen,  weiche  im  Mittelalter  bt*- 
standen  hahen,  bei  meiner  Arbeit  berücksichtigt  habt». 
Ohsehon  diese  Gretiüen  im  Laufe  der  Jahrhunderte  in 
Folge  der  vielen  Verkaufe  und  Verpfändungen  selir  ge- 
wecliselt  liaben,  kann  man  doch  die  Grenzlinie  im 
Allgemeinen  so  feststellen,  dass  das  Hnujitland  abge- 
rundet (erscheint,  wenn  auch  die  von  mir  nachfolgend 
bezi'iLdinute  Linie  nicht  gt*rad*;  allen  enthält,  was  jemals 
fuldaisch  gewesen  ist  und  andererseits  Theile  innerhalb 
dieser  zur  Herrschaft  anderer  Dynasten  stets  oder  zeit- 
weise gehört  haben. 

Wir  denken  uns  also  die  Abtei  Fulda  im  Mittel- 
alter folgenderniaHst-n  umgnMizt ;  Im  Norden  von  der 
Abtei  11  e  r  s  f  e  1  d,  der  Landgrafseliaft  Hesse  n-C  a  s s  e  1, 
die  nördlichsten  Orte  waren  Hermannspiegel  gegen 
Ilersfeld,,  Vacha  gegen  Hessen;  im  Osten  von  den 
Hennebergisclien  Besitzungen  und  von  dem  liis- 
thnm  Würz  bürg.  Der  listlichsti^  ftildaische  Ort  war 
Zillbach  bei  W'ernshansen  an  der  Werra.  Im  .Süden 
grenzte  das  Amt  II  a  jn  m  e  1  b  n  rg  mit  dem  äussersten 
Orte  Hnndsfeld  ebenfalls  an  Würzburg.  Weiter  isolirt 
lag  im  Süden  die  Prupstei  H  njz  k  i  rc  h  en,  5  Stnnden 
.südwestUch  von  Wiirzbnrg  mitten  in  dessen  Gebiet. 
Im  Westen  grenzte  znniiuh.st  Hanniielbnrg  an  di«  Be- 
sitzungen <|er  Giiifen  von  Fiienick;  dann  bildeten  die 
Grafschaften  Man  an  ninl  Y.senbiirg  die  Westgrenze 
gegen  d;is  ;\rnt  Sa  1  nr  ii  n  s  t  e  r,  fi-rner  die  Riedesel- 
schen,  früher  K  isenbuch'schen  Besitzungen  gegen  die 


lU 


Äemter  Neu  hof  und  G  rossen  1  Oder;  Stadt  and  Amt 
H  erbfetein  war  der  am  meisten  nach  Westen  gelegene 
Theil  Fulda'».  Im  Nordosten  bildete  die  8  eh  litzer 
Herrschaft  gegen  die  Landgrafächaft  Hessen -Cassel 
die  Grenze.  Die  vielen  isolirten  Besit^zungen,  welche 
im  Mittelalter  meist  durch  Verpfändung  wieder  verlurt:n 
gingen,  kommen  hier  nicht  in  Betracht. 

Die  Ritterschaft,  die  freien  Männer,  welche,  zahl- 
reich im  Gebiete  des  Stiftes  Fulda  und  an  dessen 
Grenzen  wohnten,  begaben  sich  grösstentheils  in  den 
Schutz  der  .\bt«i  und  wurden  dann  als  Commendirte. 
vassi  oder  vasalli  bezeichnet.  Die  Ritter  bauten 
»ich  Burgen  und  befestigten  dieselben.  Auch  das  Stift 
selbst  stand  wieder  unter  dem  Schutz  eines  mächtigen 
Herrn;  der  Graf  von  Ziegen  ha  in  war  der  Schirm- 
vogt des  Stiftes  Fulda.  Aber  trotz  die-ses  wechselnden 
Schutz  Verhältnisses,  trotz  der  Lehens  vertrage  mit  Rittern 
und  Grafen  kam  i'.s  bald  zu  Streitigkeiten  und  Zer- 
würfni.s.sen  zwischen  Schirmvogt,  Abt  und  Ritt»?rn. 
wt.'lclie  vom  12.  bis  zum  Anfang  des  16.  Jahrliuudertä 
andauerten  und  die  Kräfte  und  den  Reichthum  des 
Stiftes  Fulda  sehr  ersclif'ijiften. 

Ich  beginiin  zunächst  mit  den  Ritterburgen,  welche 
in  nächster  Nähe  der  Abtei  Fulda,  in  den  jetzigen 
Krei.sen   Fulda.  Hünfold  utid  Gersf^-Id  gnlegen  waren. 

I. 
Haselstein  *). 
Die  ersten  Käin|>fe  der  Abtei  mit  den  Rittern  be- 
gannen unter  der  Regierung  d«\s  Abti-s  Wolfhelni 
(^1109 — 1114).  I)ie  fuldaischen  Ministerialfu  von  Hasrla 
suchten  ihre  dem  Stifte  gehörige  Burg  H  ase  1  .str  i  n 
dnm-'jelbeti  xit  «'ntrt'i.sseii  und  lietrii-hmi  »eifrig  Raub  und 
Wegelager  an  dvu  vorübiTziehenJen  Leut»*n.     Vergeblich 

*,  Landau,  die  hessiächcn  Kitterburgeo,    1.  Baad  S.  293  ff, 


I 


p 


125 


htf    Abt    Wolfliflm    den   Riinhern    ihr  Handwerk   zu 
li'gcii.     Kr  wurde  bei  der  Belagerung  der  Warthurp,  als 
er    Kaiser    Heinricli  IV.   1114    in    einem    Feldzuj;    nach 
acljs^n  Hf^eresfolge    hnstfte,  von  di-m  LundgrafiMi  Lud- 
vig    von    Thüringen    gefangen    genommen    und    nach 
liroirtr  *)  drei  Jahre  lang  auf  der  Milseburg  in  de- 
fangen.schaft  gehalten.     .Sehnn  SrifififtNni**}^  der  s|Kitere 
fuldaische  GeHchiclitsschreiber,  schenkt  dieser  Behauptung 
keinen  Glauben.     Er  meint,     ass  der  Ort  der  Gefangen- 
schaft   richtiger    Merseburg    heissen    solle.      Comcl 
nennt  das  Gefängniss  Meysenburg.     Der  Nachftdger 
Krlolf  (1114 — 1122}  erstürmte  Haselstein  und  Milsehurg, 
vertrieb  deren  räuberi-fche  In.sassen  und  befestigte  beide 
Plätze  zum  »Schutze  der  .■\btei.      Bald  darauf  kamen  die 
von   Hasela  oder  von  Ha.seistein    wieder    auf   ihre  Burg 
und  fingen  das  Räubergewerbe  von  Neuem  an,  welches 
im  Buclienlande  bald  allgemein  unter  den  Rittern  wurde. 
AbtBortho  I.  von  Schlitz  soU  eines  unnatür- 
lichen Todes  gestorben  sein,  als  er  der  Baubsucht  seiner 
Lehensmannen    steuern    wollte.       \hi    Marquard    I. 
(1150 — lltio)  musste  Haselstein,  welches  sein  Ministerial 
Gerlac'h  von   HaseLstein    (Gerlacus    mile^s)  in 
der  alten   Wei.sie  als  Scddiipfwinkel    für    seine  Raubzüge 
benutzte,  wieder  erstürmen.     Gerlach  wurde  vertrieben; 
Nachkommen    von    ihm    sühnteii    sich  indessen  mit  den 
Aebten  wieder  aus  und  verlangten  abermals  ihre  Stamin- 
barg,  welche  indes.sen  später    an  andere  Familien   (von 
Taffta,  von  Schlitz  und  von  Buclienaul  kam.     iril2  war 
Dietrich  von  Ebersberg  dort  .Amtmann.     Die  alte  Burg 
zerfiel,  es  wurde  ein  neues  Schln*,s  als  fuldiii.scbes  .•Vmt'^- 
haus  unter  dem  Felsen  erbaut,  welches  noch  steht  und 
jetzt    zwei    ]>reu.ssischen    Förstern    zur  Wohnung  dient. 
Die  Familie  v(m  Ha.seistein  gilt  als  längst  ausgestorben ; 


*)  Broictr,  lib«r  IV,  pug.  2<)."i. 

Seimmtal,  Buchonia  vetus,  pag.  367. 


jt^docli  »«rhieU  v(ir  rinigpii  Jahren  der  Lehrttt  zu  Hasel- 
st^iri  HiiK'ii  UrH'l"  vfiii  (^imim  iist<^rr(.'ichisfliHn  üffizier 
Nanifiis  von  H  asels  t  h  i  ii,  wi^ldior  sieh  nach  seinen 
angt'blichpn  Ahnen  erkundigt«.  li»'biijytons  sah  ich  in 
d»+r  Schweiz  in  (l<'r  Gt'gt^rrd  von  ('hur  aiith  «Mn«^  Ilurg 
Hast^lsteiii,  wo  ein  Gesclilccht  flicscs  Namens  ansäfisig 
gewesen  sein  soll. 

Ih^r  Has>ei.stein  ist  eine  der  ]>räc]itigsten  unserer 
Bergruint-ii.  Zwischen  Hilnfeld  und  Geisa  erh«?bt  .sich 
der  steile  kleinf«  Kegel  von  vollendeter  Glockengestalt 
in  einem  Kcsselthale,  welchos  von  schönen  bewaldeten 
Bergen  rin^js  iinjgeben  ist.  Oben  findet  man  noch 
zi*Miilifh  viel  ManejwtM'k  mit  einip»'ii  Fensteriiffnnng^'n. 
Am  Abhang  des  Kegt-ls  bis  zur  1'lialsohle  der  Host»! 
breitet  sich  das  tVeundlitiie  Dnrfelieu  gleichen  Namens 
ans,  dessen  hik-h.'^ter  ('unkt  das  oben  erwälinte  »««ue 
Schloss  ist,  während  von  der  Bevölkerung  die  Burg- 
ruine ,,d}i8  alte  Schloss"  genannt  wird. 


Milseburg. 
Die  obigen  Angaben  (8.  125)  über  die  Mil.sebut^g 
ifad  die  einzig  wenigen,  welche  beweisen  sollen,  dass 
atif  diesem  schönsten  unserer  Rljunberge  eine  Burg 
gHstandeu  habe.  Da  nirgends  in  den  Urkunden  Fulda'« 
von  einem  RitteTgeschleclite  Mil-seburg  etwas  erwähnt 
wird,  i.st  es  wahrscheinlich,  da.ss  wenn  überhaupt  da- 
»«•Ib.st  eine  Burg  stand,  die>e  den  Herrn  von  K ber- 
stein gehört  hat.  in  deren  Gebiete  von  Alters  her 
dieser  Berg  gelegen  war,  welche  sie  1540  an  die  Herreu 
von  Uosenbach  verkauften,  nach  deren  .Ausst^irben 
die  von  Guttenberg,  Graf  Sickingen  und  von 
Zcibel  die  alte  Herrschaft  Schackau  beute  noch  be- 
sitzen. Auf  dfT  Hiilie  kann  die  Burg  nicht  gestanden 
haben,  die  jetzige  Kapelle  ist  als  Burgpintz  zu  klein 
Aber  auf  dem  vor  der  Milseburg  gelegenen  Hügel  Liedeu- 


kOppel  findet  sich  noc-Ii  etwas  MauRrwerk,  möglicherweise 
war  dieses  der  Btirgphitz. 

Di«  alte  Eberstei]i".sulie  HerrsLliiift  umfaü.st  die 
Milsebiirg  und  die  derselben  zwtiäcliHt  gelegenen  Berge 
und  Wälder,  die  Dörfer  Schackau,  Kleiiisassen,  Ober- 
beridiards,  Eckweisbach,  Ruppsroth,  Brand  und  Wickers, 

In  Schackau  .steht  noch  ein  altes  Schloss,  jetat 
dem  freiherrlich  von  Guttenberg '.sehen  Fideiknmmis  ge- 
hörig, in  WHichera  ein  Ileutverwalter  und  ttbeifurster 
wohnt. 

iir. 
Eberstein. 

Die  Stammburg  der  Herrn  von  Eher.stein  war  auf 
dem  Tannenfels  bei  Brand  gelegen.  Ein  Nachkomme 
dieses  edlen  Geschlechtes,  Freiherr  Louis  Fer- 
dinand von  Eberstein,  preussischer  Ingenieur- 
Hauptmann  a.  I).  zu  Berlin,  hat  uns  eine  urkundliche 
Geschichte  des  reichsritterlichen  Geschlechtes  Eberstein 
in  4  grossen  Qnartbilnden  in  1.  AuHage  1865,  in  2. 
Auttage  188H  übermittelt,  ein  hüch.'it  verdienstliches 
Werk,  welchem  die  folgenden  geschichtlichen  Notizen 
entnommen  sind. 

Die  Stammburg  Eberstein  auf  dem  Tannenfels, 
einem  hübschen,  von  herrlichem  Buchenwaid  gekrönttm 
Kegel,  ist  bis  auf  die  Spur  eine.^  Wallgrabens  gänzlich 
zerstört.  Hier  war  die  spätere  Grenze  der  Herrschaft 
Tann  und  des  Stiftes  Fulda,  daher  der  Name  Tann- 
und  Fuldaisch,  Tann-FöLsch,  worau.s  der  Name  Tannen- 
fel.«»  entstand,  der  also  mit  Tannen,  die  hier  im  Bnchen- 
laude  nicht  gefunden  wurden,  gar  nichts  zu  thun  hat*). 


•)  Bei  Kbergtciti,  mkundliclic  rjeschiulite  I,  Baud  S.  439 
heisst  es:  .„Naeh  Krob«ruiig  des  EbcrsteinH  theilten  sich  Fulda  und 
Würzburg  in  die  Mark  Hrand."  1464  wurde  ,di<>  Wüstuni;  Blande 
halp"  als  Zubclmr  /,uiii  Scbltmsn  Auen* borg  dorn  llatis  viui  der 
Tomi    v(}r)ifäiiii«t  ...    (In   gehöito   also   diu    oiiie    Ifäiriu   der    Mäik 


128 


Th'n  Familii*  von  Eh^'i-stpin  ist  sohr  alt.  I)pr~ 
StaminvatiT  aller  jetzt  iiot-h  It'hciiiJen  ilins^ä  (jesclileclite-s. 
dpr  1 67ß  gestnrbf  ne  K  r  n  s  t  A  S  b  r  e  c  h  t  von  E  b  p  r- 
stpin  äussi^rt  sich  in  finfin  lli-it-fe  fnigenderniassen : 
,,Dip  ffpi-fränkiscli  rittprlschi-  Familie,  welche  mit  den 
bftidfM)  griitliihi'n  pini's  rrspiunrrs  und  nur  ut  dictns 
wpgpn  Hfirath  pinr»r  Patritierin  vnri  Augsburg  903  als 
adelig  geachtet,  hat  das  biTübmtf  Süunrnhaus  Elipr- 
atpin.  welches  Stamm.srldoss  von  dt*M  Hischüfüi»  Ber- 
tJntld  zu  Wiirzhnrg  und  Bertoch  Abt.pii  zu  Fulda,  weil 
PS  ihnen  /n  fiinhtiMlicli  war,  sidcr  12S2  zerstnrt  stpht." 
Das  wii'kliiii  liisturistli««  diT  fnilifstMi  Sehiekwiilp  dieses 
Hausps  will  ich  iiarli  di'tn  angpfiihrtRii  urknndliehpn 
^Vpl•kp  »childcrn.  Caspar  B  r  u  s  t-  h  i  u  s  *)  schreibt 
( 1  af)  1 )  vom  Abt  Marqnard  •  .,Arcpin  Haselstein 
ab  a n t p c e 8 s o  r i  h n  s  p •' r  v  i  m  o c c u p a t a m  p  e- 
(•  u  n  i  i  s  n  u  m  P  r  a  t  i  .H  p  e  r  s  o  l  v  i  t  a  c  e  m  i  t,  a  r  c  e  m 
Ebprstnin  vi  rpjiit."     Das  gpschah   liriO. 

Nach  Scßiautfftf  filhrtp  Maiijuard  mit  Zustimmung 
des  I'apstps  und  <1ps  KatJHers  iÜp  Waffe  gegen  seine 
eigenen  adoligi'n  LidiPiish-ntp.  die  des  Stiftes  Güter  niclit 
anders,  wie  Krii'g.sbputt*  ziTiisscn.  eroberte  die  Burg 
Hasetstein  iun\  legte  zum  .Schutze  der  Abtei  gegen  die 
Ritter  die  befestigte  Burg  B )  •'  her»  te  i  n  an.  Wenn 
auch  Sthannat  von  der  Krnbennig  des  l^bersteins  durch 
Marquard  im  Jahre  1150  nichts  meldet,  so  ist  doch 
klar,  das»  die  der  Milsebnrg,  dem  dctininirenden  Berge 
in  der  Kberstein'schpu    Herrschaft   gegenüber   angelegte 


Brand  den  Hpitcm  von  der  Tniin,  die  aiideip  Hülfte  dem  Stifte 
Fulda  uiid  seit  joriei  Zeil  fiiinle  doi'  die  Kuiiie  Ebersteiii  tragende 
Uerg  im  Vo!k»uiiiiide  den  Namen  ,Tfiitiii-Fnldise!ie  Kümiel"  oder 
das  „Tann-Pöliistdi".  wnriitis  dincli  Niehtvnrstiindriiss  der  dortigen 
Yidksmniidart  seitens  dei'  Kailni^raidieii  „Tntmeiifels"  gemacht 
wordeo  ist. 

•)  Uti  inunnsteriis  Oormaniao  pi-aecijiuis  pitg.  61, 


Iliir^'  <1mj!U  tliinH'ii  soilti',  tln-ii  Herrn  von  Ebersteiii  einen 
Ka(i[)z;uiin  aiizii leiten. 

Naclj  fK>r  KberstHiii'sclitüi  Familifiitradition  sollen 
mir  ihesr  Zeit  drei  Sühne  des  Botliu  von  Eberstein  aus 
d«r  Burg  vfntriebMi  und  iiiich  dyr  Rückkehr  von  dem 
Krouzüuge  soll  ü\*^  Abt  H  erinsin  n  (Uüö— 1168)  wiedpr 
mit  ihrer  Hurg  belehnt  hah«:')).  12H1  verlieh  der  Bischof 
Mertiiann  von  Würzburg  den  Eber«teinen  das  Marachall- 
anit.  Die  schlimmste  Katustrojthe  in  der  Blüthezeit 
des  FauJ?tlvehtl^s  trat  in  dein  Kuldaer  Stiftslunde  1271 
ein.  In  fiiH'r  Fehde  der  Ritter  von  Eberstein,  von 
l'il)er.sberg,  von  Steinau  t-te.  mit  dem  Stifte  Fulda  wurde 
der  Bitter  Herrn  iinn  vnn  Ebersberg  gefangen  ge- 
nommen; der  Abt  Berti)  (>  11.  viui  I^eibolz  lieas 
ihn  inif  deui  Markte  zu  Fulda  durch  (lerliich  Küchen- 
niei.ster  öffentlich  enthaupten,  wodurch  die  ititter  im 
höchsten  Grade  erregt  wurden.  Die  Ritter  Albert 
und  H  ei  n  rieh  V  on  Kbersbcrg,  Uy  so  von  Steinau, 
Albwrt  V  iMi  Brandow,  Eberhard  von  Spal, 
ToTirad  und  Bert  ho  von  Luppe  In  und  Conrad 
von  Uossdorf  verschworen  aicli,  den  Abt  zu  er- 
un>rileu;  auf  der  gros.seu  Wasserkuppe,  noch  heute  im 
Volk.'sinnfide  der  Spivlherg  oder  auch  Pfafteuberg  ge- 
nannt, lo.sten  sie,  wer  die  Verschwörung  leiten  und  den 
ersten  tödtlicheu  Streii-h  gegen  den  Abt  führen  sollte. 
Das  Lous  traf  U  y  8  u  von  S  t  e  i  n  a  u.  Sie  drangen 
unter  der  Maf>ke  •  der  Frömmigkeit  in  die  St.  Jakobs- 
kapelli;  nehin  der  Abishnrg  am  15.  April  1271  zu  der 
Zeit  ein,  alä  der  Abt  die  Mesfcn'  la»  und  stachen  auf 
ein  Zeiclu^n  Gyso's  von  Steinau  den  L'ngtikklichen  nieder, 
der  mit  2t)  Dolcbötichen  das  Leben  aushauchte.  Die 
Bitter  .sprengten  auf  ihren  bereit  gehaltenen  Pferden 
davon ;  der  rasch  er^vählte  Kaclifolger  des  ermordeten 
Abtes,  Bert  ho  IB.  von  Macken  z  eil,  verfolgte  mit 
seinen    Mannen    die   Bitter,    welche    sich    in    der    Burg 


N.  V.  XV n.   Hd. 


9 


Stjtinan  ge-suniinflt  liattxjii,  vertrieb  sin  ans  derselben 
und  errtfichtu  a'w  in  dem  l)i>rff  Hantel  (bfiite  Kirchbasel^, 
wo  sie  -sieb  in  der  Kircbe  versiliaiizt  biitten.  Mau  er- 
bnifli  iVw  verramnu'lte  Pforte  und  rk-btete  unter  ibneu 
oin  M'hrecklit-be.s  Bbitbad  an.  Alle  kamen  um,  nur  die 
bfMilcii  Vf»n  Kbersberj/  wurden  lebendig  gefangen  ge- 
nnmi>i«'ii  und  auf  Uefebl  de.s  Kaisers  Hudnlpb  von 
Habsburg  zn  Frankfurt  a.  M.  1274  gprädert.  Nach  dieser 
Stliandtliat  wurden  die  von  Steinau,  Ebersberg  und 
Kberstein  als  Häupter  der  Verscbwürung  iluvr  Güter 
cni»fi:ti.  I)ie  Hurgcn  Ebersberg  and  iVippcnbattöen 
wurden  sufitrt  gt-sehleift.  ^.etzt^'re^<  geborte  damals  dein 
WürzbuigiML-heii  Marsdiatl  Conrad  viin  Khersteiu 
genannt  v  on  1'  u  p  j»  e  u  b  au  &  e  n.  Die  Burg  Kberstein  bot 
bartnätkigi-i)  Widerstand;  der  Mar.seliall  leistet«  seinem 
Hruder  Hotlio  ilort  kräftigen  Heistand,  wodurch  dif 
Fehde  zwischen  dem  Wilrzburger  Fürstbischof  Her- 
thrtUI  vdii  Stern  berg  uii«l  dein  fuldaistlien  Abto 
Hej-nittlV.  vun  Hinibaih  |  rJ74— 1280)  entbrannt 
sein  i5ii]l.  Heide  Fürsten  liatti'ii  iiat^h  heftigem  Wort- 
htreite  zu  <Uit  WaHVin  gegriBcn  und  gegenseitig  ihre 
Liiiider  vi-iwüf«tct.  Kaiser  l!udc»l]ih  1,  vennittplte 
dieKcn  Streit  zu  Niinibtrg  und  briuliti.'  eine  Sühne  zu 
Staude.  Ha  sich  der  Streit  aber  nicht  in  aller  Kürze 
beenden  lies»,  berief  er  die  Parteien  naeh  Oppenheim 
und  ühertrug  das.  Schiedsriclitfrauit  tten  Julien  Plber- 
h  nrd  von  Scii  1  ü»se  !  Iju  rg,  (i  <it  t  f  r  ied  vii  n  H  run- 
eck uiul  Hertlinid  vnn  Liebesberg,  welclie  zu 
FuflisstaiU  eiiifi)  Vergleich  zu  Staude  brachten,  worin 
Kie  iM-stinnnten,  dass  die  streitenden  l'arteien  Würzburg 
iniil  Fulda  das  llnuti  zu  F.berst^in.  als  den  Stein  di« 
Anstossi's,  geaieiiiscliaftlicli  niederreissen.  gleicher  Weise 
aucli  das  ("astrnni  wud  den  tht  Brand  zu  bt*f  est  igen 
(ibernelmien  sollten,  im  iiluig<'n  liaitiii  sie  und  ihre 
l'ntfrHiaiu'ii  sich  nach  dem  zu  richten,   was  schon    vor- 


I 


Iier  zu  NüiitltHrg  vnr  dvm  Kruiigt*  zu  hi  idci-scitlgem 
Frii^deTi  ;in<:f'(jnln(4  worilfii.  In  der  lirkiiiKl**  von  1282 
hiMsst  i's :  „Wir  sclnillrii  tiiit  fiicimliT  daz  Hiis  zu  Kber- 
h,tch\  bitx-lifii  hihI  iiii.siT  iiMfhkanudJng  siil  daz  winUfi- 
biiweii,  iiücli  .sidk'ii  vuidit-iigcn,  duz  i'S  Jeuiaii  witnler- 
buwr.  Wir  .sfLiillen  nvh  uiiuiudei-  Iniweu  zu  Bruiidowf 
bnrg  und  statt  und  alli  daz  gut,  daz  iji  die  MiU'keii 
zu  Hraiidout'  hör<ft,  daz  sulle  wir  iiiitHiniinder  haben 
gt^mwin."  Di(*  Burg  Ehorsti'iu  wurde  gründlicli  zerstiVrt, 
so  dji«s  heut«  von  ilir  nur  iVw  Spur  uintis  WallgraWns 
auf  dt^m  Tannf  nfels  übrig  ist.  Wie  lang  das  gcmeiii.samt' 
Schlftss  in  dem  a>n  Kusse  desst-lbcii  gu  legt  mm  Dorfe 
Brand  bcstiuiduii  iiat,  ist  uns  idcbt  bi'kaunt.  Nur  sehen 
wir.  dass  von  deni8<'lbc'ii  eben  so  wenig  übrig  gubbeben 
ist  wir  von  j^Tcr,  iiHinlicli  die.  S()ur  eines  Wallgi'abens 
im  Uarteti  vor  d*'j«  Schul  hause  in  Brand. 

Nach  dum  Ebersteiu' seilen  Werke  waren  die  Familien 
vtm  KbiTsberg  und  Rbt'r.strin  nahe  verwandt,  Zweige 
eijies  llauptstanimes,  die  früher  ein  Cie.sippe  ausmachte. 
Sil!  liattt'ii  zusiinvnien  die  Gannrltsc-haft  in  Popponhausen 
und  fütirten  beide  in  ihren  Wappen  die  Strcitangel,  ge- 
nannt fränkische  ijilie,  die  Kbersteiner  drei  wei.s.s*^  IJÜpu 
im  bliiufji  Felde,  die  Kberübcrger  luir  «ine. 

IV. 

Bieberstein. 

I)as  Stihloss  Bieberstein,  von  Marqnard  1.  zur 
Vintbeidtgnng  gegen  die  Raubritter  1150  erbaut*)  und 

*)  Vcrgl.  Brnirer,  Üb.  III.  pag.  267:  Ego  Mtlrr(aar(hm  roejii 
acilifirai'o  i'flsh'uin  lUlici-sfctn,  mm  ijno'I  convcniat  Moiiailiis  ui.'^i  in 
Mniiitstcriii  hnliitarc»,  et  »[liiitimlia  ])rneliii  oxercon;,  sini  <|iiin  inuiidus 
in  m.aligho  po-silus,  noscit  n  malo  crdcrc,  iiisi  por  violoiitiain  oi 
rosistntm*.  l'üj.'itahani  ciiiin  iti  animn  meo:  Ecifo  locus  ca.stn  hnjiis, 
si  all  nüqijo  ho.stiuin  KccIcKiao  rnerit  dn])relicnsus,  ointio  mnlnm 
noiiis  injii'relur;    t>t  iioti  iiisi  nin^'iin  (JotiiinoiitD  mnini,   *^t  iiericvilu 

9* 


Vi2 

mit  gttrfumi  Mumni)  iH-st-tüt,  frliiflt  sieb  stfts  im  Be- 
sitze di-r  Abte  v*ui  Kulila.  ^^^•ll:ll♦'  es  fihrigciiK  saninit 
dtr  Ve.rwaltunjj;  lU-s  Atiiti'>>  (»ittT  an  rittt'ihcljHftlii-hi« 
Familit^n  vurliülii-ti  tid«'!'  vfrplamli'ti'ii.  so  an  von  Mal- 
koz  IH.%,  vuii  Hu  1)1'  (HiiiniK)  l^ß'i  und  13H2,  von 
Backji'iiau  1401,  von  LiUkM  I44VI*).  Di^m  Ahte  Bal- 
thasar V  o  n  1)  H  r  n  h  a  e  h  i  ir»7U  —  1  i'AÄh,  wnlchcr  loTO 
abgesetzt  wurdt%  wuid«^  1579  bis  zu  seiner  Rpstitiitinn 
l<j<J2  Uii'lxT.steiu  als  Wiihnsit/  anp('\vi(!>i»'ji.  Für.stiibt 
A li  a  l  h  k'  rt  l.  S  c  li  l<*i  f  r  a^,  der  l-'a-liaucr  des  !  ►omf?'  ninl 
ScbloHsi's  y.ii  Fuldn,  lii'ss  hi»'r  1711— ITDl  das  ji-tzigp 
n<iib  ftti'liriid*'  StbltKss  tTiifditi-n,  wi-IiIm-s  von  «einen 
NiuldVdyrn  als  Soniiin'rn-öidcnz  benutzt  wurd«'  **), 


V    uml  VI 

Poppenhausen  und  Ebersberg, 

Iti  dem  jetzigen  L' up  jm  n  b  aussen  am  Fusse 
Kbitrsbt^rgf/s  liatteii  die  r«aui'ihcn  von  Kbirstein,  von 
Ebersberg  und  von  Stuinaii  rin  festes  Subloss,  welches 
zwar  nacb  der  Fri-veltijnt  von  ri71  wie  der  Kbei-sberg 
gefscldeift,  aber  wit^der  aufgebaut  wurde,  tiacbdeui  sich 
der  jüngere  Hruder  der  hiiigei-itht»  fni  beltlen  Kbersbei-ger, 
Gyso,  K-i05  mit  dem  Abte  lleiniitlii  11  lirafen  v<)M 
Wtiilnau  wieder  ausgCMilnd  luiHe.  Dntli  »'nt.standen 
mit  dem  Abte  neue  l'VJiden,  so  das^  WM  Fürstabt  Fried- 
ricli  von  Honirod  genu-insaiu  mit  dmi  Landgrafen  Bal- 
thasar von  TbiMiiigen  inid  dem  W  ürzfuug'T  Biücliofe  Gei*- 
hard  vitn  Sc-hwarzenburg  das  !>cliluf5H  Foppenban^en  bti- 


IioiJiininn.  ejieietur.  Kx  hoe  c«n'|ii  illvul  |iossidert\  ot  in  tisuii»  £c>- 
eleKiiio  roiigfie.  ot  ruiii  lidelibus  et  iiioiuusterii  lioiifircm  queiX)»- 
liUiK  militilius  *Jisjioiieie;  i|iii  jmaniento  Imc  eeiiHimaninf,  miii- 
quam  sf,  nihi  |H'o  lumuie  MuiiaHteiii  et  Abbatis.  iice  in  inniio  ilnloie, 
*)  Dmnev.  Kuldiselio  Aenitür,  1.  llanU,  S,  1—33. 
**)  Vgl.  Sfhmitler.  Hmlioiiin  2.  B.1  .  J.  H.    S,  107. 


lagerte,  Wficlics  übi-r  iiielit  iniigomiiiineii  weiden  konnte. 
Krtniitliigt  durelt  diei^f  Kifolgö  bauten  die  Flbersberger 
iSire  ;ilte  Stanimhiir^r  wieder  auf  (K-Ülfi— l'iiXiV  H^t 
Abt  Joliann  von  Jb-rlnn.  dessen  Mitti-l  dunli  den  Brimd 
dnr  Stiftskirehr.  hi-zii-liniigsweise  di-ren  notliwendige 
Wii^lerbi'rstellung  pi'.-ebwiicht  waren,  tmisste  den  Ebers- 
berg (b-r  Familie  wieder  zum  Leben  geben  unter  der 
Iw'^dingnnß,  d«8s  jeder  iniinnli<-be  Sprosse  im  12.  Leben«- 
jabre  der  Abtei  tU-n  Vnsalleneid  leistete.  Docb  .schon 
I4Ö1I'  lu'gaiinen  aufs  Neue  die  Fehden  iler  Steinauer 
und  K.bersbergcr  g*'}icn  die  Abti-, 

Der  Abt  licinbard  Graf  von  Wi'ilnau  war 
glückliclicr  als  sciim  Vorgänger  intd  i-robr-rtc  I4r>if  das 
feste  Seblnss  in  J'o|ii)enlunjsen :  die  liurg  am  Kbersberge 
wnrdr  14t)ü  tiacb  lbi*wer*),  14fi5  naeb  ßruscbiiis  ebenfalls 
criiliert  und  zi-rstiiit.  Seitdem  liegt  dieselbe  im  Schutte; 
doeli  ist  i's  die  bedi-utcudste  liuine  sin  fuldisclien  Lande, 
Auf  di'in  ßHtt  Meter  bubcii  Kegel  des  Ebersberges  er- 
bebi-n  >icb  noch  inirnt-r  zwei  aitsr-bnlielie  Tbürme,  welche 
ilurch  Mau(i'w<'rk  verbunden  sind.  Der  eine  Tburm  ist 
1854  diueh  den  bayerschen  Landrichter  Geigel  von 
M'eyhers  mit  einer  Trepjie  versehen  worden  ;  von  ihm 
kann  man  die  lierrüebe  Aussiebt  nat-h  allen  Seiten  ge- 
niessen.  Im  ä«i<ferTi  Mauerwerk  unter  den  Tbtirmen 
hat  der  lilifuiklub  i-inc  Scliutzhiittt^  i'rhaut.  Das  Ge- 
sirhteihi  tler  Ib-rrcu  vnn  EtiersbiTg  bh'Uite  notli  bis  in 
die   neueste  Zeit. 


Y]I.  uu.l  VÜI, 

Schneeberg  und  Weyhers. 

Volt  di'ii  liiugst  ausgestorbenen  Ibnreu  von  Stbnee- 
)erg,  deren  Stammburg  auf  t-ineui  Vnisjuunge  tles  Feld- 
bergPK    aui   Haudt'    dir   Ittdicn   Itluin    gelegen  war^    von 

*)  Biijirvr.  hli    IV,  }»ag.  SÄ*. 


134 

der  ausser  Resten  eines  Wallgrabens  keine  Spuren  mehr 
vorhanden  sind,  hatten  die  von  Rbersberg  die  Herrschaft 
von  Gersfeld  erworben,  das  würzburgisches  Lehen  wurde, 
während  ein  anderer  Zweig  von  Ebersberg  gen.  zu 
Weyhers  sich  in  Weyhers  niedergelassen  hatte.  Die 
dortige  Burg  befand  sich  an  dem  Platze,  den  jetzt  das 
mittlere  Wirthshaus  einnimmt*). 

IX. 
Gersfeld. 

In  Gersfeld  bestanden  noch  im  vorigen  Jahrhundert 
drei  Linien,  das  obere,  mittlere  und  untere  Sehloss. 
Die  beiden  erstoren  starben  aus;  der  letzte  Sprosse, 
Generallieutenant  Gustav  Alexander  Freiherr  zu 
E  b  e  r  s  b  e  r  g,  genannt  z  u  W  e  y  h  e  r  s,  starb  zu  Darm- 
stadt am  27.  März  1848.  Im  Jahre  1740  erbaute  Frei- 
herr Hugo  Carl  Isabella  von  Ebersberg- Wey- 
hers das  gro.sse  untere  Sehloss,  wie  es  jetzt  noch  steht. 
Dessen  Tochter  heiratliete  1785  einen  französischen 
Grafen  von  Montjoye-Woffray,  der  sieh  zu  deutsch 
Frohberg  nannte.  Dessen  Enkel  Graf  Ludwig  von 
M  o  n  t  j  o  y  e  besitzt  heute  noch  die  Herrschaft  Gorsfeld  **). 

Von  dem  Schlosse  zu  Poppenhausen  ist  nichts  mehr 
übrig;  es  soll  das  Gebäude  am  Marktplatze,  wo  jetzt 
der  Tanzsaal  des  Gasthauses  zum  FiUgel  sich  befindet, 
gestanden  haben.  Ein  alter  Thorbogen  an  einer  Mauer 
hinter  dem  Gasthause  zum  Stern  mag  noch  von  dieser 
Burg  herrühren. 

Bei  dem  Bau  der  Kirche  zu  Poppenhausen  vor 
etwa  40  Jahren  wurde  ein  grosses  Lager  von  mensch- 
lichen Knochen  gefunden,  deren  Träger  vielleicht  in  den 
Kämpfen  des  Mittelalters  gefallen  waren. 

*)  Juneph  Schneider,  Beschreihung  des  liolicn  Khöugebirgcs, 
2.  Autl.  S.  171  ff. 

**)  Justins  Sc/meider,  Fülircr  durch  die  Rhön.  4.  AiiH.  S.  139. 


*)  Liinthii.    he>s.    liitteilmigLii.    1.  Bd.,  S.  2U9.    —    Jnurjilt 
üchneitler,  Khöiibo-stliieibutig.  S.  Sl'y. 


136 


und  tim|>Hiig  in  Neapel,  wo  «icli  dtr  Kiii.st-r  mit  der 
Prinzcs.HJn  Leoiion^  von  Portugal  vt-rmähltc,  di-ti  Kitter- 
8chlag.  Fortwährende  Hpf«4ulung»^n  und  liblehnnngt'ii 
kamen  im  15.  Jalirhiiiuk'rti'  vor.  Im  17.  Jabrhundfrt 
finden  wir  üennral  von  Stcinau  in  »äcliäi-schcn  und 
bayeri-sthen  Diensten.  Natli  Landau  soll  das  (iestlilecht 
«trloschen  sein;  doch  tinde  ich  im  |»reussistlieti  Medizi- 
nalkalender drei  Aerzte  von  .Steinau  genannt 
yteinrilük  in  Berlin. 

Die  Stammluirg  Stcina«  is*t  wahrscheinlich  bis 
Knde  des  IH.  Jahrhnndert>  in  dem  Besitze  der  Faniiliu 
gewesen.  Von  derselben  i!<t  itber  niebifs  inebr  übrig. 
In  dem  Burghofe,  \\i'T  von  einem  nun  trockenen  (irubun 
in  Form  eines  Vierecks  umgeben  wird,  »ind  5  Bauern- 
häuser eingebaut.  Nur  einige  dicke  Grund-  und  Keller- 
Diauern  erinnern  nocii  an  die  alte  Burg. 

XI, 
ßabenstein. 

Im  Haupttbt'ile  des  Hln'irigebirge»  bestanden  ausser 
den  früher  genannten  nur  noch  einige  Ritterburgen. 

Auf  dem  R a  b  e  n s  t  e  i  n  nächst  dem  Ihunnit-rsfeid 
tinden  sich  Ueberie.ste  von  Mauerwerk  und  ein  alt*'« 
Kellerlocit,  an  den  benachbarten  Otteriteineii  der  Re>it 
eines  Wallgrabens,  l  eher  diese  Ritterburg»'n  »cliweigt 
die  (jeöchicbte  giiTizhcli,  es  ist  nur  ehie  Vermuthung. 
da»»  Ahnen  der  Herrn  von  Thüngen  hier  gehaust  hätten. 

XU. 

Lichtenburg 
Die  nicht  im  fuldais<chen  Besitze  gelegenen  Burg- 
stätten österbnrg,  Salzburg  bei  Neustiidt,  Sond- 
heim und  liildenburg  im  Streutliale  übergehe  ich 
gänzlich,  ich  möchte  nur  nueli  wenige  Worte  über  die 
noch    immer    .stattliche    Huine     Lichten  bürg     (oder 


VM 


liUliti-iilirrgl  In-i  n^tlii-im  \Mi  ili'i  Itluni  sug»'ii*l.  Sie 
stumnit  Vtahrhchfinlicl)  :iiis  ili-m  !2.  JiilirhumlcH  und 
wmtlf  viirn  Kaiser  Fricdrk  h  11.  dem  Abti-  Kinm  vnii 
Fulda  I  ril(i -1:*2J)  gfstliciikt  Sii«  vviiidi-  von  dem 
drafrii  V  t.i  11  Hdil  en  I  au  l)t^  n  wiiMl-rreelitlich  bt^f^ftzt, 
abiT  vdiii  Ahh'  Cniirud  111.  von  Alalkoz  1 1222 -1247» 
wieder  erobert,  widclu'r  dw  Burgmatuicn  von  Lieliteii- 
burg  dort  /u  iliici  Vfriln-kliguiig  einsetüte.  Im  14 
Jalirbuiidert  ktim  die  Hurg  an  diu  Grafen  von  Heiineberg, 
Diuli  deren  Auf^xterhen  an  Sacbsen-Weiinar,  wekdu-s  das 
Ajnt  Liibteiiburg,  jef/t  (Kstheiin  mit  den  Orten  .Si>nd- 
lieim,  Stetten  und  Ursjvriiigi  ii  als  Kntlavi'  im  baytri^cbun 
Ciebieti-  iincb   besitzt. 

Xlll. 
Auersberg. 

Niebt  weit  vnti  Hurg  Eberstein  nder  Taniicufels 
iiaJH-  bei  dem  Amtsnrte  Iliklvrs  springt  vor  dem  liolien 
niid  .scinin  bewaldeten  Aitersberge  eine  niedrige  Il^rg- 
terrasse  vor,  die  das*  alte  Siblri>s  Auersberg  trägt**). 
Huht^s  Mauerwerk  in  Ftirni  eines  S^'cihseckes  mit  den 
J{e>*ten  eines  Tlinrinp.s  mit  Ausliigriffnuiigen  gegen  (.). 
und  S.  biblet  eine  sebr  sthiine  stattlitli«;  Ruin«'.  Da« 
Mauerwerk  ist  1876  auf  Kosten  des  Staates  re|iarirt 
und  vor  Verfall  gescJiützt,  anch  eine  Treppe  und  Altane 
mit  Tbürnuin-n  zum  (Senusse  der  Aussiebt  eingebaut 
wurden.  Ilas  Sddoss  «oll  urs^iirftngliili  der  Famibe  von 
N  ith  a  r  ds  ha  U5i  e  n  gehört  haben.  Ftne  lUrrgfrau  muj 
Auer?«bt'rg,  weicht^  trotz  der  Warnung  ihres  Kutschers 
durch  lue  angeschwollenen  Fluthen  der  lltster  in  des 
Teufels  Namen  fahren  wollte,  i^t  der  Sage  nach  er- 
trunken, \\rdir<'nd  der  gottesfürclitige  KuJ-^cln-r  gerettet 
uurtle.     Die  Hurg  war  .«päter  wüizburgisihr-r  Amts.sitz, 

*)  ScfuiHnat,  ßueliottin  vetus.  |jag.  420. 
•*)  Schneider,  .hmi'it,  b'liöuKsclneilning  S.  239. 


138 

welcher  aber  im  17.  Jalirliundert  nach  Hilders  verlegt 
wurde,  worauf  dieselbe  zerfiel.  Diese  Burg  dominirt  das 
ganze  obere  lllstertlial  von  seinem  Ursprung  bis  zu  dem 
10  Kilometer  von  Hilders  entfernten  Tann. 

XIV. 
Tann.  *) 
In  Tann  finden  wir  am  südlichen  Knde  des  Städt- 
chens am  Ufer  der  Ulster  die  drei  im  Viereck  erbauten 
Schlösser  der  Freiherren  von  der  Tann,  das  gelbe, 
rothe  und  blaue,  an  deren  Stelle  früher  die  alte  Burg 
Tann  gestanden  hat.  Dieses  uralte  buchische  Adels- 
geschlecht wurde  schon  9H8,  1165,  1234  und  1284  bei 
den  Turnieren  zu  Merseburg,  Zürich,  Regensburg  und 
\VHrzburg  genannt  und  betrieb  zur  Zeit  des  Faust- 
rechtes die  Räuberei  gleich  den  übrigen ,  schon  ge- 
nannten  Adelsgeschlechtern.  Der  Abt  Heinrich  VI.  von 
Hohenburg  (1315 — 1353)  zwang  die  Herren  im  Jahre 
1323  ihre  Burg  ihm  als  Lehen  aufzutragen.  Als  sie 
trotzdem  ihre  Refehdungen  fortsetzten,  drohte  der  Abt 
von  Fulda  1405  durch  den  Hauptmann  des  Landfriedens 
Friedrich  Schenk  mit  Gefangenschaft.  Sie  unterwarfen 
sich  dem  Abt  aufs  Neue  als  Vasallen  und  versprachen, 
von  jedem  männlichen  Sprossen  im  15.  Jahre  den  Eid 
der  Treue  ablegen  zu  lassen.  Da  die  nach  Fulda 
ziehenden  Wallfahrer  sehr  von  diesen  Kdelleuten  be- 
lästigt und  ausgeplündert  wurden,  musstnu  dieselben  nebst 
anderen  Rittern  für  die  Zeit  vor  und  nach  dem  Boni- 
fatius-  und  Allerheiligen-Fest  freies  Geleit  versprechen, 
worüber  sich  in  dem  Tann'schen  Archive  folgende  Ur- 
kunde findet :  „Wir  Dietrich  von  Fibersberck  Ritti-r, 
Simon  und  Carlen  von  Steinau.  Steinrück  genannt, 
Gebrüder  Hermann  Giese  und  Kduard,  alle  genannt  von 

*)  Schneider.  Khiiiibesilireibuii};  S.  288.  —  Schatmat.  Bu- 
uliotiia  vetus,  pag.  413.  —  Sc/nuuuU,  Anti<iuif.  Fuld..  pag.  303.  — 
Biedermann.  «.Jeschlecbtsrcgister.  tabula  181  bis  15(3. 


VVirylii-i's.  Kij^ifUianlit.  Mfitiml  «ml  liriiiliiird,  Simi>ii  luul 
tiauii!«'!!  (ii'brü*lt;rii,  W  illu-lrn  iimi  Addljili  (.ichrüdeni 
und  A[u4  von  Kr^iftiberg,  alle  genannt  vnn  der  Taiui, 
bfk(Min<'ii  in  (lifsi'iii  offf>n<'n  Hrii'fi',  tl;iss  wir  um  snnd^n*- 
ÜcIkt  li^^y^chruiij^  willen  de«  ehrwürdigen  .Inliaiin*;« 
Abteil  icu  Fnlda,  Herrn  GjxVs  Dechiint's  und  de»  Con- 
vcntes  yunipinlifh  daselbst  unsere  liebe  giuidifie  Herre 
gesichert  lurd  geseligt  haben,  alle  die  Menschen  mit 
allen  ihrer  Habe,  dt«  kommen  untl  wandeln,  rytening, 
fahrning,  .L,n'uiug,  ud<'r  sie  kommen  gen  Fuld  dar  und 
(Uuiiu",  aelit  Tage  vor  dem  ni'u'hsjten  Sancte-Bonifaiieti- 
Alu-nd  und  acht  Tage  vur  dem  Allerheiligen  Aber.d, 
als  die  Gnade  und  Ablas8  eingehen,  nud  als  lauge  Zeit, 
als  dieselben  Giiadeii  währen,  naeb  Ußweisung  der 
Brief,  di(;  unser  heiliger  Vater  der  i'api^t  darüber  ge- 
geben hat  und  aubt  Tagu  darnach  .^ie  kommen  nacli 
Ablass,  {luaden,  Kanfmannscliaft,  Niitb  rbri.-stu*?  (ieburt 
vierxeSndunidert  Jabr,  dauacli  im  sechsten  Jabr  auf  die 
Jlittwuebeu,  nächst,  der  Pallwochen"  *}.  bn  .tahri'  1501 
wurde  dieses  Versprechen  erneuert,  wcdil  ein  Zeichen, 
dass  esi  nicht  allzu  genau   gebalten   worden  war. 

iJie  drei  Linien  vun  der  Tann  stamuien  vuri 
Drillingsbriidern  ans  dem  13.  Jahrhundert  alt.  Ans  der 
Reform atinnszL'Jt  ist  Eberhard  von  <ler  Tann  als 
persönlicher  F'reund  Lntber.s  zu  erwähnen,  Der  ala 
•bayersclier  (leneral  bekannte  Ludwig  von  der  Tann 
entstammt  der  Ivinie  d«'r  (Sclbschlüs.ser,  welclie  sich  von 
tler  THini-UatlisaiidjauseJi  nennen. 


XV. 

RockenstuhL 

Von  Tanu  luis  fällt  uns  bereits  ein  hübscher  kegel- 
förmiger Herg  in  dii'  Augen,   welcher  das  mittiere  Illsster- 

*|  MatmsL'ri|it     der   \tni   der  Tniin  .m  In  ii    K'rpistratlir.  abge- 
Jrui.kt  iu  Jm.  ScIuiciticrH  itköubüsjchreiluu);;  S.  204. 


140 

tlial  chfiiso  iloniiniit  win  der  Auorsberg  das  obtre,  der 
Uo  ckc  iistnli  1  hei  (Jeiisa.  Nach  Schau  not*)  bedeutet 
Roggen-8t<)l(! :  Roggonis  sedes,  die  Burg  des  Gau- 
grafen R(»ggo,  mit  welcher  später  (1303)  Graf  Berthold 
von  Henneberg  als  seinem  alten  Stamln^>chlosse  vom 
Fürstaht  Heinrich  Y.  von  Weilnan  belehnt  wurde. 
Später  war  der  Hctckenstnhl  fiildaischer  Amtssitz. 

Am  F^ide  des  17.  Jahrhunderts  wurde  das  Schloss 
abgebrochen  und  von  demselben  Materiale  das  Schloss 
zu  Geisa,  jetziges  sächsisches  Amtsgericht,  erbaut. 
Gegenwärtig  Hndet  sich  nur  noch  spärliches  Mauerwerk 
auf  dem  Kockenstuhl,  in  welclies  erst  kürzlich  der 
Khönklub  einen  Aussichtsthurm  eingebaut  hat. 

XVI-XXIII. 

Fischbach,  Neidhartshausen,  Lengsfeld,  Weilar, 
Gehaus,  Rossdorf,  Buttlar,  Mannsbach. 

Die  übrigen  Burgen  des  Fuldaer  Landes  in  den 
Ämtern  Geisa  und  Fischbach  (später  Dermbach),  welche 
jetzt  zum  4.  Verwaltungsbezirk  des  Grossherzogthumes 
Sachsen-Weimar  g(^hören,  wollen  wir  nur  kurz  erwähnen, 
da  sie  niclit  viel  bemerkenswerth«'s  bieten.  Der  fuldai- 
sche (Jerichtssitz  Fischbach  lag  auf  einem  Berge, 
dem  Hähnchen,  nahe  bei  »hr  schönen  l'ropstei  Zella, 
welche  jetzt  noch  als  Domäne  erhalten  ist.  Auf  dem 
Hähnchen  findet  man  noch  Mauerwerk  und  einig«) 
Kellerlöcher.  Das  lange  verpfändet  gewesenem  Amt  Fisch- 
bach wurde  vom  Fürstabt  Adalbert  I.  von  Schleifras 
(170U— 1714)  nach  Dermbach  verlegt  und  das  Schloss 
zu  Dermbach  von  demselben  erbaut,  welches  jetzt  den 
Behörden  als  \V<tlniung  und  Bureau  dient. 

')  Sr/iainiiii,  Huclionia  votus  pag.  1^72. 
♦')  ihid.  j»ag.  104  f.  —  Si-fiaHuaf.  Tra>iitionos  pag.  554. 


141 


N.iIjh  ]h;\  Zellii  l'u-gt  aiuli  <!;i>  Dorf  N^-iLlliarbshMUseti. 
nächst  tli'in  diu  lluij-'  dfh  i'iiplm  \  nu  Nitljurds- 
hiisc^n  stand,  lU'V  da.s  Klust«^r  Z<dlii  xn"iiid<;tc.  Dii' 
FaniiliH  war  vii-llacli  im  FuldaiMilit^u  l)id(diiit  imd  auch 
an  di'ti  Fcli(h"ti  d**r  Hittor  hi-tJu^ihgt, 

Dir  hfutr  noch  bet^tidirndnii  AdtdssitzH  der  Fi't'i- 
hr'iiii  und  (irid'cn  von  Hnyntr-bmjj;  in  [ji^nusf-ld  *i,  Wi'ihtr. 
(jf'liaus,  vuit  Jlansliarh  inid  vnn  (li'vso  zu  Mannshat  h. 
von  (icysn  zu  Wciiigiüitatt  und  Hossdurt,  von  \V«li- 
niar  /.u  Kn.ssdnrF.  ühi'igidiH  itli,  ohgleich  die  gHiumntiMi 
Frt'ihrriii  und  (irat'un  saninitUidi  zum  Fuhlanr  Ltdjfns- 
veibaiuh-  gtdiöit.i'U.  da  aus  th'r  uigcntürhen  Ilittvrzeit 
niclitä  von  ih'nj?i:'lhon  zu  ht^iichti3n  i^t  mit  Ausnahme  von 
Man.sbaili.  wilclu's  liJHO  vvi'gon  Räiibprei  der  Huaitzor 
Vf»m  Abtt'  licrtho  IV.  von  llinil>iu-li  ;zt'sc'ldcift  vvnrrh-**). 
Im  DorJV  Hnttliir  hat  auch  die  Wu-gc  di-s  gli-iilinamigen 
hessischen  Adelsgeschh^Jitt-s  gestanden 


XXIV-XXVI 
Morsberg,  Mackenzeil  und  Wehrda 

Im  Nnrih'it  di-r  At>tt'i.  im  Kreise  ilüidVJil.  Hnden 
wir  noch  zahlrciulie  Hurgiru,  vnn  weklien  UuLbeiiau, 
Stopjtelisbt^rg  und  Fürsteiieuk  ilie  bedrutHUiistL'ji  sind: 
Haselstein  wurde  sclion  beliandelt;  am  Morsb»*rgH 
bei  Itasdorf',  ciinjin  der  Herg**  des  grossen  Kegiilsijide.s 
hatteii  die  Kdleii  gleicbc'n  Nanu^ns  ein«  Burg,  die  aus 
dem  12.  rJahrhuudert  ütanimtc,  von  der  noch  wenig 
tSimreii  übrig  sind  ***j.  In  Mackenzellf)  .stand  eine  den 
Herrn  von  Sclienkwald,  ^lnlt(•r  von  Unulienau  gehörige 
Hurg.   welche  später  Amtssitz   wurde. 

•)  I.rf?ng.sfol(l   ist  HJurcli  Kilisdiaft  au    die  lirafcii  vciii   Kdlcii- 

hun,  jetzt  an.  von  tJiitti>iil»t'r;<  gi'koiiuupn. 

Sthauwjl,  Bu"  lnDiiii  vctus.    )iag.  Stiö. 

•••)  iliid.  |iaj;    367.     -  \i  iliid.  [mg    :{«ß. 


142 

In  Wohrda  waren  von  Alters  her  die  Herren 
von  T  r  ü  ni  b  a  c  h  <Kl«r  T  r  u  b  *>  n  b  a  c  h  *)  begütert ;  ihre 
Burg  war  seit  1869  beständig  fuldaisclies  Burglehen. 
Die  Herrn  von  T r ü m b a c h  und  von  Stein  zu 
Nordheim,  welche  durch  Heirath  (1828)  nach  Wehrda 
kamen,  besitzen  heute  noch  die  zwei  dortigen  Schlösser 
und  Rittergüter. 

XXVJI  und  XXVIII. 
Burghaun  und  Stoppelsberg. 

In  Burghaun  und  auf  dem  Stoppeis  berge, 
hausten  die  Ritter  von  H  a  u  n  oder  Hüne,  über  deren 
Burgen  ich  noch  nähere  geschichtliche  Mittheilungen 
machen  niuss**). 

Das  fuldaische  Amt  Burghaun  war  zur  Zeit  der 
Gauverfassung  ein  Centgericht.  Der  älteste  Ort  war 
Hünhan  (Hunhain),  das  Geschlecht  von  Hüne  oder 
Haunc  wurde  mit  ihrer  Burg  Hanne  und  dem  Cent- 
gericht von  den  Fuldaer  Achten  belehnt.  Auch  sie 
waren  im  13.  Jahrhundert  bereits  Raubritter;  ihre  Burg 
wurde  1274  vom  Abte  Berthold  IV.  von  Bimbach 
erobert,  aber  später  der  Familie  wieder  verliehen.  Um 
die  Burg  war  bereits  1824  ein  Ort  angebaut,  das  heutige 
Burghaun.  Die  von  Haune  hatten  noch  eine  andere 
Burg  auf  dem  Stoppelsberge,  Hauneck  genannt,  welche 
auch  fuldaisches  Lehen  war.  Frowin  von  Haune  ver- 
kaufte 1422  die  Hälfte  von  Hauneck  an  den  Fürstabt 
Johann  von  Merlau,  der  somit  zu  den  Ganerben  der 
Burg  gehörte.  Der  Fürst  von  Waidenstein  und  die 
Familie  von  Rom  r od  bekamen  durch  Kauf  einen  Theil 


*)  Schatinat,  Cliontela.  pag.  173. 

**)  I^iK/fiH,  hcs.s.  Ritterburgen,  1.  IJand,  S.  S7  ( Barjxltaun). 
S.  121  (Hauneck).  —  Detnirr,  fuldischc  Aonitor,  1,  BaiuK  S.  496 
bis  711.  —  Srhannal,  (Miontola,  pag.  IIH. 


I 

I 


I4:i 


davon ;  «I*m'  noinnKlsiilii-  Tln-il  nuifl«'  14iH)  clicnfalls  iIhui 
Stift.^  Fiililii  v.Tk:iiirt. 

Trutztl^Mi)  truyrji  iHh  (ijuicibi'ii  viui  Hauiie  und 
Fi'tist  villi  Wiiitli'iisti-iii  ilfin  IjiiiidgiatV'ii  vun  Hpsshti- 
Kass»']  iiiiitt'ilisti^t'i-  \Vi>ist>  du'  Hiiifz  niiiiiictrk  ziirii  LcIihii 
auf.  Kr.st  l.'iMi)  trat.  Ilt'.sst>ii  nijt  i<t-i)ii'ii  Aiis|>rütlifii  nnW 
ili-ri'n  Bi'Sintigiiiig  (It^ni  xUitu  vun  FiiUla  tli**uei-  zu  .sti'lit*ii 
kam.  Die  Ffimilie  von  Hanne  erlf>s(h  iju  17.  Jahr- 
hnndf-rt:  alle  ilirt'  (lüttT  theilten  der  Abt  vrm  Fiikia 
niiil  \'()l]if'rt  Hanifl  von  Schenk  zu  .Schw  ei  iis- 
berg  niiter  sic-h.  iJiesev  erhielt  dnnn  für  seinen  An- 
tlieii  ein  Seblus.s  zu  Bnclienuu,  su  dass  Burg  uinl 
Amt  llurgbaun  lediglich  zu  Fulda  geb/irten.  iJie  Burg 
wnrile  vom  Fürstabt  A  d  a  1  b  e  r t  1.  v  o n  .Sc h  i  e  i f  r  a s 
iiligebr«irlu'n  und  anf  dem  Hitrgbofe  die  jetzige  kuthrv- 
liscbe  Kircli*»  erbaut. 

Itie  von  Hanne  betheilijjten  sich  allezeit  an  den 
Hitterfehdeii  des  Mittelalter«.  Die  erste  Zerstüruiig 
ihrer  liurg  wurde  selmn  erwübnt:  12H;-J  kämpfte  1 '  I- 
rich  vun  llauiM'  im  Wiirzburgi.'icluin  gegen  die 
Griden  vciM  llenTKberg  ntnl  Kastell,  Sinmui  vriii  llauiie 
gelnirte  deni  Stenierbuinie  an,  welcher  Hessen  11171  bis 
1373  verwüstete.  Simon,  Ajiel  und  Jteiiibard  von 
Hanne  befehdeten  1878  die  Stadt  llrrsfeld  gemeinsam 
mit  dem  dnrtigen  Abte  und  verwüstoten  deren  ganze 
Uingegend  entsetzlich.  1385  kiiuipfte  Simon  mit  dem 
Krzstifte  Mainz  gegen  lle.s.-!en.  (.iysu  vnii  Ilanii«  war 
Projtst  auf  dem  ]'eter.'>berge  und  später  tirossdeehant 
der  fnldai.sclien  Kirche.  Im  Jahre  1402  Helen  die  von 
Haunu  mit  mehreren  buehüschHU  Rittern  in  das  hessische 
(irhii't  ein,  wurden  aber  vom  Landgraf  Hermann  bei 
Hnniberg  gcscldagen.  Sie  zogen  sich  nach  llautieck 
auf  den  »Stoppelsberg  zurikk ;  der  Landgraf  erstürmti' 
ihre  Ihirg.  14fH1  sühnten  sie  sicli  wieder  mit  dem- 
s»*lben  ans.     Hans  und  Iteinhard  von  Hanne  tielen  später 


144 


in  «las  tliüiinfrisclu'  und  liMUHliuigiJ^clK-  fif})i«-t  ein.  Dt-r 
Lüiidyiuf  Fiii'diicli  villi  Tluiiinyi-ri  mit  Kckanl  vmi  d»*r 
Tuiiii  zngi-11  iliiriinf  vm  litirglnmii  tiiul  suLlitrn  die  Barg 
durch  Vorratii  zu  UflmiiMK  als  dw  Hitt^r  zur  Kirche 
gegangen  wanMi,  galuMi  du-  nng»'tr«'Ui'n  Kiicchti*  •'in 
Zfiohi'ii,  worauf  der  AiigriH'  fftitlgtc  llin.li  hatte  llt^in- 
hard  Zeit  g<*nug,  »ein**  Kemnate  zu  gewinnen,  er  töt«^te 
•  lit'  KiiK-liti'  und  .setzt«'  dii'  Verthuidigung  schnell  ins 
W^'rk  und  mit  (iu!eh*'ni  Krt'nlgc.  da:?s  der  Angriti"  abge- 
siddagi'ii  wiu-dc.  Vuii  Nfnem  Hei  er  bald  darauf  wieder 
ins  Hetinehci^risclie  ein  und  setzte  seine  l'lünderungcn 
feilt,  ih-di  W'illielm  vmi  Huniieberg  zog  nun  mit  2UCK) 
Mann  vor  lliirghatin  niid  schloss  däi^-selbe  «ui.  Rein- 
hards Bruder  Hans,  IJertliold  von  Man.shach  und  Carl 
von  Liider  suchten  einen  Verghnch  zu  Stande  zu  bringen, 
der  aber  an   IJeinliarrl.s    Widerspruch  scheiterte. 

Am  24.  .lannar  1442  schritt  Wdhehn  zum  .Sturm, 
wobei  sitli  besoudHrs  die  Schnudkalder  ;uis/,eichncten. 
Hie  Mauern  wurden  erstiegen,  das  SchloK.s  er()bert. 
Graf  Willieliii  brfreite  viide  seiu<r  Inti-rtlianen  aus 
dem  lUirghainier  Kerker.  Kiiiihard  und  ^ein  Sühn 
IMtilipp  von  llaiuH'  wurden  gefangen  geniuninen.  tJnif 
Georg  von  Ib'imt'lH'rv;,  Williehn.s  Nachfolger  und  der 
!'>ist  hof  von  Winzlinrg  imissten  nun  einen  Antln-il  der 
llnrg  [luune  erhalten,  den  sie.  aber  an  riiilipp  von 
Haune,  nachdejn  sie  sieh  ausgesöhnt,  wieder  heraus- 
gaben. 

Dieser  Pliilipp  tindet  sieh  14HH  als  hessischer 
Atntmann  zu  Rotenburg.  Im  Jahre  I4H;5  befehdeten 
die  von  Haujie  im  Rumh^  mit  den  he.ssi.schen  Hittern  von 
Falkenberg.  Holzsadel.  I.anpsrhenkel  und  liorken  die 
beiden  Stifte  llrr.^hdd  und  Fulda.  Sie  \erwü.steten  die 
(legend  und  raubtt-n  eine  Menge  Vieh,  »o  dass  Land- 
graf Ludwig  vcm  Hessen  als  Schntzherr  der  .\btei 
Hersfeld  hinsclireiten  niusste.     1,1er    Fnrstabt  von   Fulda 


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146 


emiittflt«*  titiil  si'tzti"  ft'pt,  diiss  die  von  Hanne  eine 
Entschädigung  von  200  Uiihlen  ini  Hersfuld  zu  zahlen 
ha.tt«?n.  Dii  sich  die  Zahhnij^  viTzögerte,  gab  der  Fiirst- 
abt  aus  eigHiif^r  Kasse  das  Ütdd.  vwil  er  fürchtete,  der  Land- 
graf ^vürde  die  Burg  Hauiie  erobern.  Eine  Streitigkeit 
zwischen  Philipp  und  Gyso  von  Hanne,  die  dadurch 
entstiiiiden  war,  dass  letzterer  den  ersten  mit  der  Arm- 
brust bedrohte,  wxrrde  von  dem  Abte  zu  Fulda  beige- 
legt. Es  wurde  ein  Burgfrieden  mit  scharfen  Be- 
Btimnmngen  zwischen  den  Ganerben  festgesetzt,  dem 
auch  der  fuldaische  Amtmann  zn  Hanne  Lucas  von 
Trürabach  beitrat. 

lieber  die  Belagerung  des  Schlosses  Hau  neck 
auf  dem  StopfeUberge  voi»  1402  be.iteht  noch  die 
Sage,  daäs  die  Hessen  es  lange  belagert  und  durch 
Herabwerfen  von  Steinen  viel  Schaden  gelitten  liätten ; 
nachdem  sich  der  Ritter  von  Haune  nicht  mehr  länger 
halten  konnte,  habe  er  .sich  in  einer  Wastterkufe,  welche 
oben  mit  Leinengarn  bedeckt  und  von  einem  Fiael  ge- 
tragen worden  sei,  getlQchtet. 

Der  Landgraf  von  Hessen  blieb  nun  im  Besitz 
des  Stoppelsberges,  den  er  durch  den  früher  erwähnten 
Kauf  zn  sichern  suchte.  Durch  die  benachbarten  Herren 
von  Kiichetian,  welche  mit  Fjandgraf  Heinrich  HL  in 
Fehde  lebten,  wurde  Hauneck  l-ttü)  abermals  erstürmt 
und  niedergebrannt.  1482  lie.'js  es  der  Landgraf  wieder 
herstellen.  Engelhard  von  Bucbenau  wird  1499  als 
Amtmann  von  Hauneck,  Jacob  Schröder  1572  als  Vogt 
„uff  Hauneck*'  genannt.  Darauf  schweigt  die  Geschichte, 
das  Schloss  ist  wohl  unbewohnt  geblieben  und  zer- 
fallen. 

Der  Stoppelsberg  mit  der  Ruine  Hauneck  ist  nun- 
mehr einer  der  .schönsten  Au.sflngs-  und  Aus.sichtspnnkte 
der  nördlichen  Rhön.  Der  steil  kegelförmige  Berg 
bietet  eine   überaus    weite    Aussicht,    da  er  ziemlich  im 

M.  r.  XVU    Bd.  10 


146 

CVntrum  zwischen  vier  Gebirgen,  dem  Thüringer  Wald, 
Rhöngebirge.  Vogelsgebirge  und  dem  hcü^ischen  Berg- 
land liegt. 

Die  den  Gipfel  krönende,  intere-ssante  Raine  be- 
steht aus  zwei  Theilen;  das  überwölbte  Bargthor  fuhrt 
in  den  Bui^hof  mit  zwei  Hauptgebäuden;  das  südliche 
ist  ein  grosses  Viereck  mit  dicken  Mauern:  das  nörd- 
liche ist  thurmartig  und  wird  von  dem  preossischen 
Generalstab  als  trigonometrischer  Punkt  benutzt,  der 
mit  der  Milseburg  und  dem  Inselsberg  korrespondirt. 

XXIX. 
Bachenaa. 

Bei  weitem  das  mächtigste  und  berühmteste  Ge- 
schlecht unter  dem  buchischen  Adel  waren  die  Frei- 
herrn von  Buchen  au  *j.  Sicht  weit  vom  Stoppels- 
berg an  der  Eitra  liegt  das  Dörfchen  Buchenau  auf 
einer  Anhöhe,  welche  die  umfänglichen  Schlossgebäude 
trägt,  die  aus  dem  16.  und  17.  Jahrhundert  stammen. 
Dieselben  fallen  nach  der  Westseite  ungemein  steil  ab 
und  machen  heute  noch  den  Eindruck  einer  ächten 
mittelalterlichen  Burg. 

Im  12.  und  13.  Jahrhundert  erhielten  die  von 
Buchenau  viele  Lehen  von  den  Abteien  Fulda  and 
Hersfeld.  Die  vielen  Gerechtsame,  welche  ihnen  let^stere 
Abtei  eingeräumt  hatte  (darunter  das  Holzförsteramt) 
führten  auch  zu  häufigen  Streitigkeiten.  Im  14.  Jahr- 
hundert kämpften  sie  mit  den  Grafen  von  Ziegenhain. 
Der  Landgraf  von  Hessen  versetzte  ihnen  das  Schloss 
Friedewaid ;  auf  Fürsteneck  wurden  sie  erbliche  Burg- 
leute. 1374  vermittelten  sie  die  Fehde  zwischen  dem 
Bischof  Gerhard  und  der  Stadt  Würzburg.  Mit  dem 
Landgrafen    von   Hessen   fochten  sie  bei  Wetzlar  1378, 

*)  [Mn/lau,  hcas.  Ritterburgen,  2.  Hand,  S.  95.  —  Schannai^ 
Gliciitola,  pag.  60. 


^ 

k 
* 


1884  Ulli)   IHH;')^  jibi'i'  dann  auch  gi'geii  den  liaudgrafpii 
Ht-rmaini  mit  verscliu^dciien  Verbiindeten. 

Kbcvhard  von  Uticlieniin,  gmiannt  di*»  idtt»  Gans, 
zog  1384  g«gL'ii  RntHiiburg,  des^sen  Amtmann  er  ge- 
wesHii  war,  wurdt'  aber  zurÜLkgeschlagen.  Im  folgenden 
Jahre  zog  er  mit  dem  Landgrafen  von  Thüringen, 
Markgraf  Friedrich  vim  MHisstm  und  dem  HiTzng  von 
lirannscliwcig  gingen  ('assel.  Da^s  Hessfidaiid  ward  arg 
verwüstet.  Landgraf  Hermann  sah  sich  genüthigt,  einen 
unvortheilha['ti-(i  Frieden  üu  ischlie,ss('n.  Die  Buchetiau 
('rhieltiüi  wic^diT  viele  Tfandschafteii  in  Hessen  und 
halfen  ilun  atuli  1I-JU3  geg<"ii  dii^  von  Baumbach  in 
einer  Fehde,  bei  wehdi^r  sich  üineii  auch  die  von  Kol- 
metsch,  Trcttt,  von  llomrod  und  Treusch  von  Bnttlar 
als  Mitkämpfer  angt'selilossen  liatUm.  1387  befehdeten 
die  linehenauer  den  Grafen  von  Schwarzburj?,  1395 
befelidete  Eberhard  die  alte  Gans  gemeinschaftlich  mit 
Neidhart  und  Heinrich  von  der  Tann  den  Grafen  Hein- 
rich von  llenneberg.  Im  14.  Jahrhundert  fanden  in 
Folge  der  ausgedelinten  Hesitziingen  und  Pfandschaften 
in  Thiiringen  tinch  mehrere  Fehden  in  dortiger  (iegend 
statt,  schliesslich  anch  noch  eine  Fehde  mit  Hessen 
wegen  Friedewald.  Im  15.  Jahrhundert  nahmeji  diese 
Fehden,  verbunden  mit  vielen  Grilueln  und  Schreckens- 
thaten,  immer  tun  h  ihren  Fortgang.  Selbst  Albreclit 
von  Hucln.mau,  Aljt  des  Stiftes  Hersfeld,  zeichnete  .sich 
durch  Grausamlccit  und  schimiiHichts  iJelian<lhiiig  seiner 
Unterthanen  aus.  Auch  Hermann  von  Bnchenau, 
welcher  Abt  des  Stiftes  Fulda  wurde,  war  ein  gevvalt- 
thiitiger  Mann.  Ihirch  die  Heirath  der  Anna  von 
HMclu'inin  mit  Kurt,  von  Wallensteiti  entbrannte  ein 
heftiger  Familienstreit  über  die  Krbachaft,  die  zur  Be- 
lagerung Bnchenau's  .seitens  der  4000  Mann  starken 
verbündeten  Trupjten  de.s  Ijandgrafeii  Heinrichs  von 
Hes.sen-Marbnrg,  des  Abtes  von  Fulda,    d<-r  Grafen   von 

10* 


148 


Henneberg  nnd  Büdingen  fuhrtijn,  abpr  mit  HillFf  tie« 
I^andgraffn  Ludwig  von  Heiisen-Ca*»*-!  üifgreicli  abge- 
schlagen wurde.  Cn«pur  von  But-benau  war  mit  d*>in 
Stift  Wiirzbarg  1479  in  einen  Streit  verwitk^'U  und 
verübte  im  Amt  Uotljenfels  nächst  Asthaffenbnrg  uner- 
hörte Grauiiamkeiien.  Durcl»  Vermittehing  des  l'falz- 
grafen  Pliibpp  kam  am  11.  Febraar  1480  eine  Sübne 
zu  Jitaiide.  Trotz  des  wilden  Kriegerlebeus  wurde  in- 
dessen Caspar  von  Buchcnau  Vorsteher  der  1491  vom 
Fuldaer  Abte  Johann  11.,  Graf  von  Henneberg,  gestifteten 
Gesellschaft  des  heiligen  Ritters  Simplicius. 

Engelhard  von  Buchenau.  der  ein  sehr  wüstes 
Leben  führte,  verkaufte  1494  dem  I^andgrafen  Wil- 
helm 111.  von  Hessen-Marburg  einen  grossen  Theil 
«einer  beträchtlichen  Hute,  Da  der  vorgenannte  Abt 
von  Fulda  als  Lehensherr  den  Verkauf  nicht  gent^h- 
migte,  entbrannte  ein  Streit.  Der  Marschall  des  Land- 
grafen, Hans  von  Dörnberg,  fifl  in  das  Fuldaische  ein 
und  verbranntem  das  Dorf  Hauswurz.  Der  Abt  zog 
gegen  Buchenau;  Kngelbard's  Leute,  zehnmal  stärker, 
drängten  Anfangs  die  Fuldaer  zurück :  diese  aber  er- 
mannten sich  und  griffen  die  Buchenauer  so  wüthend 
an,  dass  sie  vollständig  geschlagen  wurden  und  nahmen 
Engelhard  gefangen. 

Die  folgende  Geschichte  der  Buchenauer  bietet 
noch  eine  Menge  von  Besitzstreitigkeiten  gegen  die 
Aebte  von  Fulda  und  Hersfeid,  welche  kein  besonderes 
Interesse  erregen  dürften 

Im  dreissigjäbrigen  Kriege  zeichneten  .sich  noch 
mehrere  von  Buchenau  au.s.  Ein  Theii  der  Güter, 
welche  Fulda  erworben  hatte,  wurden  lö'J2  an  Wolf 
Christoph  Schenk  zu  Schwein.sberg  verkauft.  Diese 
Familie  ist  noch  im  Besitze  dieses  Gutes,  das  Schlos.s 
mit  schönem  Giebel  in  deutscher  Kenaissance  liegt  ab- 
seits von  der  grosseren  Burg  im  Dorfe. 


^ 


Ein  Drittheil  der  Hen-Jichaft  kam  I70'i  durcli 
Heintth  an  Wolf  Danii-I  zu  Boy  neb  iirg-Lengs- 
fi-ld  nnd  durch  Erbsclirtft  später  an  den  Obergerichts- 
Ilin^ctor  von  Warn.sdorf  in  Fulda  und  schUfsshth 
an  dt'ssKU  Tochter  Freifrau  v(*n  Spiegel-l'eckwJsheim. 
Der  andere  Tliei!  dor  Güter  blieb  dtT  Familie  von 
Hnchenau;  die  zwei  letzten  Sprossen  waren  Karoline, 
die  in  Ra.sdorf  !81ö  unverehlitlit  starb  und  Ludwig 
von  Buchenau,  welcher  sich  in  Folge  eines  Liebes- 
handels  am  22.  Mai  1815  erstihoss.  Der  Kurfürst  von 
Hetiswn  sjuclite  darauf  als  früherer  Ltdu-^iislRnr  das  (Jut 
an  sich  zu  ziehen ;  es  entstand  ein  langwieriger  Prozesa 
desselben  mit  der  Familie  von  Seckendorf-Gutt'ud, 
Welche  Ansprüche  machte,  da  eine  Tochter  von  Lud- 
wigs Urgrossvater  einen  Freiherrn  dieses  Geschleclitb  ge- 
lieiratln't  liattt'.  Der  Prozess  wurde  durch  Vergleich  zu 
Gunsten  der  Seckendorf  entschieden,  welche  heute  noch 
die  Herrschaft  ausser  dem  Schenk'schen  Gut  allein  be- 
sitzen, nacfidem  sie  das  SpiegePache  käuflich  dazu  er- 
worben hatten. 


XXX. 
Fürsteneck. 

Das  noch  erhaltene  Schluss  Fü  rsteneck,  welches 
nafie  bei  Buchen  au  an  der  .Strasse  von  Eiterfeld  nach 
Scheiiktengsfeld  liegt,  muss  der  Vollständigkeit  halber 
hier  erwähnt  werden  *).  Es  waren  daselbst  verschie- 
dene Bitterfamilien,  darunter  von  Buchenau,  beliehen. 
Später  war  es  Eigenthnm  und  Anitssitz  des  Stiftes 
Fulda;  die  jetzigen  Gtd)and»^  sind  im  vorigen  Jahr- 
Imndert  von  den  Fürstbischöfen  von  Buseck  und  von 
Harstall  grnsstentheils  neu  erbaut  wurden  und  dienen 
jetzt  aU  preussische  Staatsdomäne. 


*)  Sckannai,  Buchoaia  vetuä,  pag.  352. 


IGO 

An  der  westlichen  GretiZK  il^r  Abt»'i  Folila,  in 
dem  jetzt  zum  ürüHslicrzogthuiii  Hessen  geljön-ndrn 
Grenzgebiete,  liegen  ncM-li  einige  merkwürdige  Burgen, 
deren  Besitzer  fuldiiisclie  Vasallen  waren ,  näuilicli 
iSchlitz,  Warten  bürg  und  Eisenbach,  von  wel- 
chen nnr  Wartenberg  in  Trnmniern  lifgt,  wührend 
Stlilit^  noch  Iietii<leiiz  der  Cirafen  von  (ji<"»rz  ist  und 
da«  herrliche  Kisenbach  den  Freiherrn  Riede^el  zu 
Kitienbaci)  gehört.  Die  übrigen  Schlösser  der  Frei- 
iierrn  von  Uiede»et  zu  Lüuterbach  nnd  Stuckhansen 
hrauL-he  ich  nicht  zu  erwähnen,  da  dieselben  nicht  zu. 
den  mittelalterlichen  liurgisitzen  gehören. 

XXXI. 

Schlitz. 

In  Schlitz*)  ist  allerdings  da-s  hübsche  Ih'isideiiz- 
M;hloi3.s  llullenburg  und  die  noch  Jienere  liiTlehurg  auch 
nicht  ala  „Burg"  anzusehen;  aber  hoch  auf  dem  üijifel 
des  Berge«,  an  welchem  da«  anmuthign  Schlitz  im 
Kesaelthale  zwischen  Seiiger.sherg  und  Kisenberg  ange- 
baut ist,  erheben  sich  noch  zwei  echte  alte  Burgen, 
die  Vorderhurg  und  Hinterhnrg.  In  ihren 
Grundrissen  und  in  mancher  Kinzelhcit  haben  sie  das 
mittelalterlichy  Gepräge  vollkoninien  erhalten.  Da«  Ge- 
schlecht von  Slitese,  von  Slitz,  später  Freihenn  und 
Grafi-n  vnn  Schlitz,  genannt  Görz,  wird  zwar  viel- 
fach in  den  Fehden  de.s  Mittelalterä  erwähnt,  doch  ist 
die  Stammburg  in  Sciditz  nie  belagert,  erobert  oder 
zerstört  worden.      Bereits  1116    kommt  Krnienoldus  de 


*)  limlmnann,  (jehuhleclits-Kogistcr.  tiib.  86— 9ti.  —  tichnu- 
nni,  Biiüliüiiia  vetiis  [mg.  375.  —  Si-hniiiuil,  Clieiitela.  jia^.  l.jt). 
Dio  Angaben  aus  der  nouereu  Zeit  staninu«n  aus  einer  gesihric* 
henen  ITarvcliionik.  von  der  Eiiisii'lit  zu  nelitneii  Ilrfr  Oberpfarrcr 
Diofionharh  in  Snhiitz  gütiKst  {r^sfatteto.  wi)f(ir  irli  deiii^ellMMi 
liieimit  meuun  l'unk  uuHüpreche. 


151 


Slitesse  als  Zt.uij,'e  in  einer  ScltonkiingsurkurulM  iks 
.Grafen  l'opiK)  von  Henn^'hfrg  vor.  Derselbe  schenkt»- 
sein  Uut  HtiuiPnrrKl  tlm*  Kircho  zu  Fnld.i.  Sfin  .Sohn 
Gerlauh  von  Slitese  schenkte  derselben  Kirche  ein  Gut 
in  8walnif»na}ia  (Scliwalmgrniul).  Bortlir»  1.  von 
Schlitz  ri'giLTte  die  Abtei  Fuklu  als  Fürstabt  1133— 
1134;  t^r  zog  mit  Kaiser  Lothar  nach  Kon»,  als  diesscr 
vorn  i'ajt.sto  Innoccnz  11.  gekrönt  wurde.  Weil  or  der 
liaiibsiuht  diT  fuidatschf'U  Lf'h«'nymännor  zu  steuern 
suchte,  soll  ff  eim-.s  nniiaiiirlichen  Todvs  gestorbeji 
tjein.  Friedrich  und  Herjnann  von  Schlitz  und  dessen 
GemahUn  Agnes  erhielten  Lehen  von  der  Abtei  Fulda 
und  gaben  ihr  Gut  in  lilankenwatd  zur  Gründung  des 
Klosters  lilankena«  Iht  {1169).  Simon  von  Schlitü 
hatte  4;in  Li-ln-ti  in  Mtiss  (Mosa),  die  Raxburg.  VM\h 
war  ilerselbe  Scliiedsmaiui  zwischen  dem  Abte  Ht-ia- 
rich  VI.  von  Hohenburg  und  dem  Uischofe  von  Würz- 
biirg  Mild  GraffMi  Heinrich  Ylll.  von  Henneberg.  I>er 
,Abt  hatte  den  Schlitzer  in  einer  Fehde  mit  dem  Land- 
grafen Otto  von  He.ssen  zuvor  unterstützt  (131 B).  Hein- 
rich vtm  Schlitz  war  1333  zwi.schen  demselben  Abte 
und  dem  Erzbischof  von  Mainz  Schiedsrichter.  Kr 
hatte  3  Söhne:  1)  Simon,  Burgmann  zn  Bodenlaube 
bei  Kis.singen;  2)  Heinrich,  ftildaischer  Hofmarsclial! ; 
3)  Friedrich  zn  Kochingenberg,  einer  Bnrg,  welche  auf 
dem  Kützeiiljerge  im  Schildwalde,  unweit  von  Hemmen 
gestanden  }iitt.  Seine  drei  Töchter  verheiratheten  sich 
mit  vim  der  Tann,  v<m  Rnchenaii  und  von  Schenk  zu 
SeJiweinsberg.  l'-in  anderer  Simon  von  Schlitz  cnhielt 
1-431*  im  Namt'u  seim-r  Ganerben  die  Herrschaft  Schlitz 
als  tniinnliclies  l'-vblehen.  Die  Herrn  von  Schlitz  wartoi 
fast  ständig  Isrbm  arisch  alle  der  .Aldei  Fuiila.  bekleideteji 
abfr  auch  Hof-  und  Staatsäniter  in  Tiisse!  uml  Würz- 
hiirg.  Kustach  von  Schlitz  genannt  GiVrz,  geboren  1527. 
gcsturben   15U8,  ibt   der   Stammvater  der  jetzigen  gräf- 


152 

lielii'ii  Hauses.  Ks  bestanden  frülinr  4  Linien:  1)  die 
zu  Steiriaii  (Kiiigüiigs  iTWülint),  2)  diu  zu  Hasi*lstcin, 
3)  die  von  Blankenwald,  4»  die  von  Rechenberg  (dem 
h«nitigf^u  Hichthof)  oder  Kötzt>nh<Tg.  Sie  hatten  ein 
g«infin,sam<p.s  \VripiM*r>  und  warnn  durch  Hini.*ii  Vertrag 
vf-rpflidittt,  als  gemeine  Burglierrti,  auch  üörzische 
Biirgmanni'ii  und  Cianerbfii  sich  gegenseitig  zu  schützen. 
Noch  »einige  Daten  juih  der  Ciescbichte  des  Gt^- 
Kchlethtes  möchte  ich  eiwiihtien.  1265  schlug  der  Abt 
Bertho  von  Leiholz  den  (iriifeii  (lottfried  von  Ziegen- 
hain, mit  dem  die  «Sthlitzer  vcrhihnh-t  waren,  zerstört« 
deren  Burg  zu  Hüaiikenwald  und  verwandelten  das 
Mannwkloster  Ulainkenau  in  ein  Frauen kloister.  1330 
war  die  liekarmte  Kin|iMriing  der  Putdaer  Bürger  unter 
Führung  des  Sthirmvugte.s  Grafen  von  Ziegenhain, 
welcher  vom  Abte  lieinrii-h  VI.  nnch  8clditz  zurück- 
getrieben  wurde.  149;S  legte  Landgraf  Wilhelm  der 
mittlere  von  Hessen-CasHel  den  Streit  der  Brüder  Si- 
mon, Ludwig  und  Johann  von  Schlitz  bei.  Wilfiehn 
Balthasar  von  Schlit.z  genannt  (lürz  war  Hol.itein-Gnt- 
torp'scher  Geheimer  Rath  und  dann  Minis^ter  König 
Karl  XB-  von  Schweden.  Er  wurde  am  13.  März  1719 
enthauptet;  sein  Leichnam  ist  in  der  TiMtlichen  Seiteti- 
kapelle  der  Stadtkirche  zu  Schlitz  beigesetzt.  Frindrich 
Wilhelm  von  Sdditz  genannt  Görz  wurde  1H77  in  <lrn 
Reichsgrafen-stand  erhoben. 


XXXII. 

Wartenberg  *). 

Vor  dem  hessischen  l)orfe  Angersbach  auf  dem 
Wege  nach  Lauterlmcli  ^4  Stunde  entfernt  lag  die 
Burg  Wartenberg  (oder  Wartenhach)  auf  einem  kleinen 


•)  iMHiifin,    lias».  Ritterburgen    S,  ;{Bft    —    Srhurhler.    Jos,. 
Bachonia,  A.  Bd.,  I,  Heft,  y.  170. 


I 


Hiigfl,  vim  (li'i  nur  nucti  ganz  spärlit-ln'  Maimrrfste 
übrig  sind,  wt^ltihe  iiocli  tliux-li  (Irabfn  lusub  Scliätzen 
von  den  Aiigershachtr  Bc^wohiinni  weiter  zt^rstürt  wardfn 
sind.  Der  Burgplfitz  war  gross,  wie  man  aus  den 
Rufsttn  d«r  Wiodfrlagsmaui'rn  »jrsiflit.  BfirKits  1261 
wurde  die  Burg  von  d^m  Fürstabt  HtTtho  11.  vnn  |jfi- 
hoh  zfr^tiirt.  Im  12.  Jalirliiuideit  scheint  di»^  Familie 
vnn  Angersliacli  die  Bru'g  besessen  zu  hahi^n,  dni-pn 
Krben  die  Herrn  von  Wartpnherg  gewesen  sein  müssen. 
Später  tn-iinte  sieh  da*  GiMjclileclit  in  zwei  Stämme, 
di-n-n  jüngerer  sich  von  EisenbHch  nannte.  Dot-li  gab 
es  iiweh  einen  älteren  Stamm  vuu  Eisenbach.  Die  von 
Wartenberg  und  von  Eisen bach  gehörten  zu  den  liaub- 
rittern,  deren  Burgen  von  Bertho  II.  zerstört  wurden. 
Die  letzte  des  Stammes,  Agnes  von  Wartenberg,  st-iienkte 
der  Gemeinde  Angersbach  einen  grossen  Wald;  die 
übrigen  ihr  zustehenden  Gefälle  erliielt  das  Kloster 
Fulda.  Angersbach,  wo  bereits  Banifatius  ein  Kloster 
(  A  n  gar  ius-K  Ins  ter)  erbaut  hatte,  und  Ijauterhach 
gehiirten  der  Abtei  Fulda.  Die  Gefälle  dortselbst  vvurdeii 
von  dem  Kämmerer  in  jedem  Jahre  am  Dreikönigstage 
erbüben,  dem  bestimmten  Tage  des  Gi-riebfcs,  welches 
den  Namen  Saugerieht  erhalten  hat,  weil  dabei  ein 
Scliwein  zu  einer  Mahlzeit  gegeben  und  nach  l>e- 
stimmter  Vorscfjrift  vertheilt  wurde. 


XXXIIL 
Eisenbach.  *) 
Die  Burg  Wartenberg  scheint  nach  ihrer  erwähnten 
Zerstörung  nicht  wieder  aufgebaut  zu  sein,  wohl  aber 
Eisenbacb  an  der  Strasse  von  Luuterbaeli  nach  Hi-rb- 
stein,  welcln-s  heute  noch  nh  echt  uiittelalterlitrhe  Burg 
im   Aeusseren  und  Inneren  als  Wohn.sitz  des  Merrn  von 

♦)  LiiH'inu,  ho*.s.  KJtterUn-geti.  3.  IW.  S.  359. 


154 

RidcK'si'l  zu  Kis»'n?»a€li  Itcsicht.  Nach  Srhaunol  (C'lii'Ti- 
t(fl:i  pag.  145)  wiuili;  lasen hücli.  woltlu-!?  lüirichius  von 
Kist-nbacli*)  hcrfits  als  fuld:ii.sch«>s  Iji>hen  iiine  gi^baht 
hatte,  von  dossMn  Nachfolger  H^Tinann  von  Hif*dest;l 
aufs  Nmu^  als  .solches  arnM'kannt.  Dieser  Familie  ist 
duH  liiirrliflie  Srhioss  verMicben,  Durch  den  Kunstsinn 
des  jetzigen  He?iitzfrs  und  seiiu*r  Frau  Mutter  entbalt 
es  im  Inni-rn  ein  wahres  Mu^•l•un^  niitti-laltfrliclier 
Mübel  und  Knustgt-genstiitide,  welche  mit  dem  ganzen 
Bau  hannoniren.  Der  Besucher  wird  dort  vollkommen 
in  die  schöne  Zeit  des  liittiTlebeiis  und  der  Minnesänger 
zurückversetzt.  Di«^  Hesucher  des  Vfjgclsgebirges,  dessen 
nördbclie  Pfort«  das  schöne  Kisenbach  bildet,  werden 
durch  dassidbe  niiwillkiirlich  an  die  Wartburg  erinnert, 
die  in  ilhulicher  Weise  das  'i'hürijiger  Waldgebirge  er- 
achliesst  Aus  einem  grüin^n  Wiesenthaie  erfiebt  sich 
der  basaltige  Berg,  der  die  Burg  trägt.  Die  Abhänge 
sind  nut  herrltclu-n  Wahlanlagen  geziert.  Die  alt«n 
Be^'estigutlg^manern  unischlies-sen  einen  wohlgepflegtun 
Schlossgarten.  J>ie  eigentliche  Burg  liegt  gegen  Osten ; 
die  Vorbnrg,  als  Oirkononiiegebäurle,  gegen  Westen  und 
Süden.  Das  erst"*  (Tcbänile  rechts  vum  Thur  ist  sehr 
bncli  und  trägt  «las  Hie.desersche  und  Malsburg'sche 
W  a|ipen  und  am  Hand  die  Wappen  vun  (i  verwandten 
Geftchlecliteni.  Diesi'S  ist  nach  der  Inschrift  1559  er- 
baut. Es  folgen  noch  zwei  iUtere  (iebäude,  (lann  an 
ih'r  Nortlseite  die  Burgkirche  aus  dem  17.  Jahrhundert. 
Nun  stehen  wir  vor  der  eigentlichen  Burg,  die  «in 
groHses  Recliteck  bildet  und  aus  zwei  llauitttheiltMi  be- 
steht. Nürdlicli  sind  sie  durch  eine  Maunr,  »üdlich 
durcl]  (la.s  Thorgebäude  verbunih-n  Auf  liner  Tafel 
i'ifxr  dem  Tlmre  ht-Hndet  sich  ein  Schild  mit  einem 
Stück    Ihud    mit   di-r    Jalires/,i»hl     UilH.       (>;«■    Baut    soll 


♦)  ik'hanfioi,  rmlialiniiui»  Clicntelue  L'L'IJ,  pog.  28(1. 


lf)5 


vi>ii  i!*ni  li'tztrn  lliirt-n  stfimtin-ii,  th-v  :iii  <l»'ui  WKge 
iiiiih  Stit(kliiiu><Mi  flippt  wunlH,  iJiis  grn.-jse  vier- 
tM-kiyr  Gi-liumi».'  mit  ilcm  Si-hii-ftTiiucli  st-iunrnt  ans  rler 
zwi'itf II  Hiilftt^  tlt's  HJ.  Jaliilmiidi'it-*.  Ks  ist  sicher  iLltur 
iuhI  vielfiich  umgebant,  jetzt  nicht  inelir  bewohnbar; 
seihst  der  ftiiiiere  Hitteisaal  hat  mir  kahle  Wiuitle. 
F.iii  fünfrckitfes  1  Jiuruigi'haitdc  suhhesst  sitli  .sniihcJi 
an.  Uas  tjeL'*  ii  Westen  liegeiidc  HauptgKhäiide  bildet 
diu  zweit*«  Längsseite  der  Hnrg.  Kiri  viuretkiger 
Treppenthurm  mit  schöner  Wendeltreppe  führt  bis  an 
das  fünfte  Stockwerk.  Die  Inschrift  eint»»  Saales  im 
4.  Stocke  trägt  die  .lahn-szahien  !5H(>  luid  löbl.  Die 
übrigen  Gebäude  sind  jünger,  l'ni  die  tSiirg  lünft  die 
Hingmaner  mit  Knndelen  und  Schiesssclmrten  und  der 
Zwinger.  Am  Fussr  des  Iliugberges  huwässerte  ein 
Hach  den  Wallgriiben.  Von  mehreren  Teichen  ist  nur 
iMJch  einer  übrig,  neben  welchem  lieste  einer  alten 
gotliischeii  KapeUe  sich   vortinden. 


XXXIV  u.i.l  XXXV. 
Luder  vind  Bimbach  *). 

Zalilreich  waren  ilie  lJnrg<Mi  und  Adelssitze  aas 
(Jetn  Mittelalter  in  dem  Amtsbezirke  (.1  rossen  lüder. 
Leider  ist  hier  von  ilen  wirklieh  altrn  fast  riiclds  mehr 
übrig,  (irossenlüder  selbst  war  iler  Staminsitz  der 
Fiinülie  von  Luder,  von  tier  riueli  einige  tüi;btige 
(Jenerale  in  Diensten  der  Landgrafen  V(ui  Hessen-Cassel 
rühmlichst  bekannt  sind.  Die  Freiberrn  von  Lüder 
waren  tireingesessene  Eflellente,  welche  dem  Kloster 
Fidda  zuerst  fromme  Stlienkuogen  zuwendeten  und 
s|iiiter  ihr«  (Jüter  zum  liehen  auftrugen,  .\nsserdem 
waren  in  diea(>ni  ISe/irki-  noch  ansässig  ImHc  von  Müss, 
von  Kaitz  in   Mnss,    von    Lütterz  J.uthardsi,    von  Miil- 


*)  Schneider,  .losoph.  l!u.;li..iiut.    ISJ.  4   Iloll    I.  S    7W  tf. 


156 


küz  in  Rlalkcs  und  NicdtTnulcr,  von  Stt-inbacli  zu  P(i|i(irii- 
ruil,  von  liffhauscri,  von  ItiinbjKli  (Bu'nbi«t}i),  von  Pilaji- 
k«n\valt  in  Blankt'nati.  .Sin  (^ind  meist  frühzeitig,  schon 
in»  IH.  Jahrhnnttt'it.  ansgi-storbi'n,  mir  die  von  R  i  m- 
bach  inid  von  L  ü  d  h  r  iiiittcn  rtlfdir  gt'.schiehtliclie 
UiMii'iitiUig.  litt  rtlin  Von  11  i  in  1)  ac  ii  und  fonrad 
V  u  II  Malktiz  waren  bereits  Irülier  ycnanntf,  tüchtige 
Ah)btH  Fulda'«.  Von  der  Burg  m  Bitiibuth  sind  iioth 
spärliche  I 'eberrfstt'  in  <!iiijg*-n  Mauern  des  der  Kirche 
zunächst  gi'legHntni  BitHHridiofy.s  in  Obcrbinihach  zu 
tirnJon.  Auch  ein  schöner,  steinerner  Sockel  eines 
iihrigens  in  Fachwerk  erbauten  Bauernhauses  deut«t 
auf  einen  Adelssitz  hin.  In  Unterbimbach  findet  man 
noch  in  einem  Grasgarten  eines  Bauern  Ueberreste  eines 
Wallgrabens.  Ausserdem  i«t  nucli  eine  vollständig  er- 
Jialteii«  Kenuiate,  da»  Steinhaujs  mit  hohen  gothische« 
(iiebeUi,  mit  einem  Erker  und  einer  steinernen  Weudel- 
trejipe  von  52  1  ritten  bemerkenswerth.  An  dem 
steinernen  Thi^re  sah  mein  Vater  (Buchonia  Bd.  IVJ 
1.  Heft  Seite  9H)  einen  Sclihiss.stein  mit  der  Jahreszahl 
l."»87  und  dem  B«.»yneburg'sclien  Wappen.  An  der 
Hausthüre  steht  jetzt  noch  die  Jahreszahl  1579,  an  der 
Stallthüre  1583  und  an  dem  eisernen  Ofen  im  Wobn- 
zimmer  1587.  llas  Haus,  ein  gros.ses  Bauerngut,  ge- 
hört Herrn  Ferdinand  Döppner.  Bas  Geschlecht  vnni 
Bimbach  ist  wahrscheinlich  im  15,  Jahrhundert  ausge- 
storben, seine  Güter  an  die  von  Lüder  und  .später  an 
von  Boyneburg  übergegangen. 

In  G  ro.ssenlüde  r  hatten  die  Herren  von  Luder 
z we i  Du rge n ,  die  \" c *r  d  e  r-  oder  Fr ö seh  b u  r  g  und 
ilie  Hinter-  oder  1  ■  n  ter  bu  rg,  auch  1)  ör  i  n  g  sb  urg. 
Beide  sind  im  IH.  Jalirhundert  modern  umgebaut  worden. 
Die  Fröschburg  diente  als  Heiitereigebäude  und  gehört 
seit  12  Jahren  dem  Gastwirthe  Piacidus  Weissniülier, 
sie  ist  jetzt  an  Beiuntt'  vermiethet. 


157 


I*i'r  Villi  TiH'iinMii  Vater  »^rwähiitt-  ['forti-m-iii- 
fiaiig  mit  klrtrh'ii  SaiiU'ii  ist  riinlit  iTUjIir  zu  sclioi. 
Aucli  v\i\  V(Ui  iifiiisnll)|j|)  erwiiliriti's  steiiiertie.s  Thor  au 
dein  \Vf;;i:'  nach  AFüss  mit  der  Jiilirt'jszalil  löl'i  ist  iiidit 
mf»lir  vurhandi^n.  Dii^  llnterbtirg  <m](M"  Hinterburg  fut- 
liinlt  bis  löWi  di*'  Wolniuhg  tli's  Aktuars  iiiul  die  hfrr- 
schaftlitlien  FnuIitbiMh-ii.  Dtn-  (ijti'teii  dabei  irst  mit 
MautTu  uingebt-n  und  heijäst  noch  der  groKse  I  nt^r- 
burgsgartf'n.  .b'tzt  i.st  das  (Jcbändi:'  llbiM'fnrsterei. 
Das  DaciiWHfk  ist  cin.scbiMnfnd  Ifi^.'i  gii/iuimfrt.  Das 
schont*  alte  Amtsgericlit^gt^bütide  mit  dem  Schleifras'schen 
Wappt'n  war  aucb  ein  Bnrgaitz.  Ks  ist  jedenfalls  voti 
dem  tJrussdecbant  des  Fuldaer  Stiftskapitejs.  an  den 
das  Gericlit  von  den  Herrn  von  Boyneburg,  doneu  es 
als  Krben  der  Herrn  vuu  Lüder  vtTijfiiudet  war,  <tiireli 
Rückkauf  überging,  als  Anitsliiuis  erbaut  würdtsn.  Das 
Amt  GroüriCidüder  geliürte  von  da  ab  dem  Fuldaer  Stifts- 
kapitel,  wesshalb  auch  die  Kirche  daselbst  am  Portale 
die  Wapjivn   der  IT»  Kapitulare  des  Hochstiffces  trägt. 

XXXVI. 
MÜ8S  *). 
Eine  Linie  derer  von  Lüder  hatte  einen  liingsitz 
zu  Müss.  Jiiacli  deren  Aussterben  kam  derselbe  «ammt 
der  Hinterburg  zu  Grossetdüder  an  l'hilipp  Döring, 
später  an  die  Familie  von  Romrod.  I>ie  Uurg  von 
Müss  ist  jetzt  nucli  als  I^auertihof  wohl  erbalten  und 
sehenswerth.  Das  zweistöckige  Hauptgebäude  hat  in 
der  Mitte  einen  vorsjjnitigendeti  K^rkerthurni  mit  einer 
Wendeltreppe  und  in  der  Uicbtung  der  ^Stiege  «clnefen 
Fenstern.  Die  Treppe  hat  43  Tritte,  welclie  im  obersten 
Tbnrmgexcbnsse  ganz  klein  und  zierlich  sind.  Heber 
der  Thurmpforte,    einem    herrlichen    Hau    in    deutscher 


*)  Itu<ibuDiu  1.  u. 


L 


IM 

Ri*riai8snncf>  befinden  sich  di«  Wappen  des  Geschlwrhti's 
der  mit  l^üdfr  VHrwüiidb-ti  von  Komrod,  von  OiHinar 
nnd  Schad  von  I^eipolz.  Ii«*her  der  KelltTtiifir  hnfindet 
»ii-h  »ÜP  Jahrt*s«a[>l  lo<J3,  in  Steiiifn  U^r  Nebengt^bäud^ 
1582,  1618  and  1687:  Besitzer  des  Gebunden  ist  der 
Hauer  Franz  Keller. 

XXSVU. 

Blankenau. 

In  BlanktMiiiii*»  sind  noch  di*.'  schönen  Propstei- 
gebäadf  als  Staatsdomänen  erhalten«.  Das  alte  Ge- 
fK:hleeht  von  lUankf'nwfild,  eine  Linie  der  von  Schlitz, 
hat  auf  dem  nahe  gelegenen  Haiin  berge  eine  Hnrg  be- 
t^e.s.sen,  von  der  keine  Spnr  mehr  übrig  ist  Durch 
«Stiftung  und  Verkauf  dieser  Hitter  von  Schlitz-Hlanken- 
wald  wurde  das  Cisterzienser-Nonnenkloster  1266  zu 
Blankenau  gegrfjndet,  welches  im  16.  Jahrhunderte  zu 
der  adligen  l5enedictiner-Proj>stei  umgewandelt  wurde«. 
Am  Eingang  der  Kirche  rechts  Bndet  sich  noch  das 
Grabdenkmal  de«  llirtnann  von  Schlitx.  genannt  Blan- 
keriwalt,  gegen  üO(J  Jahre  alL 


Wir  kommen  nun  zum  südlichen  Theile  der  Abtei. 
Hier  waren  von  hervorragenden  Hurgen  der  Branden- 
stein nächst  Kim,  die  Steckel.shurg  d«'r  Hi'rrn  von 
Hatten  und  die  übrigen  HntteTiscIien  Hurgen  nnd 
Schlösser:  Stolzenberg  bei  Soden,  Altengronau,  Ronis- 
thal,  sowie  die  Thüngen'schen  Schlösser  zu  Zeitlofs, 
Weissenhach,  Rossbuch,  Sodenberg  und  Kenssenberg, 
ferner  im  .■\rnt  Hammelburg  Saaleck  und  Trimberg  und 
im  HrückfMiiiner  Amt  die  Schlösser  in  Hrückenan 
itümejrbhag,    die    Burgen    Schihh-ck  und   Wi-rberg,     I>ie 


*)  Buclionia  1.  c. 


159 

Biii'jj  Iin  Amtsnrt**  Scliwarzonfols,  sfhr  rtunnntisch  auf 
Miiifiii  isdlirti'ü  IJnrp'  gflrgeii,  ^julirirti-  dm  fiial't'ii  von 
Hnnaii  und  \v:ir  vijii  ilif.seji  mit  UiiigmainiHU  ^^ll1mtltt;^ 
von   KltHrsti'in)  besetzt. 


XXXVIII. 
Brandenstein. 

Hra  n  den  s  t«  i  II*}  li<'|it  doniinircnd  auf  einer 
Anliülin  gi-igeuübiT  dein  IJahnliofti  FJin.  Ih^r  erst<^  der 
sieben  Tunnels  der  Bahiistn-eke  Elm  —  üemnuden  führt 
unter  dem  Brandenstein  hindurch.  Die  Burg  geln'jrte 
urspriingiicb  (lern  Kloster  Sohliichtern,  von  welchem 
sie  1424  Mangold  von  Kbcrsteiii  zum  Leinn  erhielt, 
i^püter  waren  die  CuaftMi  von  Haiuiu  Leheiir+heirn.  IHe 
Burg  i.st  iioeli  erhalten,  die  üebäude  stuiinni-u  inde.-jseii 
miH  der  neueren  Zeit  und  wurdeji  i'ineni  (.Jrafen  von 
Stollberg-Wf'rnigerode  vom  Staat  verkauft.  Derselbe 
hat  sie  nunmehr  wieder  an  Herrn  Hauptmann  von 
Scheffel  verkauft.  Fuldaiseh  ist  also  die  Burg  nie  ge- 
wesen, ieh  erwiihoe  derselben  nur  darum,  weil  die  Be- 
sitzer im  Mittelalter,  die  Freiherrn  von  Eberätein,  ful- 
daiache  Lehensleute  waren.  Aus  dieser  Zeit  ist  die 
Fehde  Mangolds  von  Hb  er  stein  (eines  Enkels  dfls 
vorher  erwähntet)  gleiclinamigi'n)  mit  der  Stidt  Nürn- 
berg benierken.swerth.  Diese  Ftdide  fällt  in  tien  Schhiss 
der  inittelalterlit-hen  Zeit  de.s  Fau-streclitn  (1516  büs 
If/i'i)  und  bietet  «in  Mierkvviirdige.>s  Material  für  die 
damalig*'  Zeit  der  lieclit.sn(i.sielierheitj  Willkür  uiul  Ge- 
waltherrschaft des  Adels,  der  würdig  seiner  Vorgänger 
in  Ihinb,  W'egelagtM'utig  und  (lewaltthätigki-it  ati  nn- 
sL'huhligen  Reisenden  und  KauHeuten  sein  freehes  Spiid 


')  ron  Efjcintn'ii,  uikiimllidiL'  Ooseliieiitc,    I.  limtd,    S.  259; 
ron  Elurntrin,  Stamnuvilie  und  Kr>liilc.  S.   i:{7. 


160 


trieb,    wan   wohl    riii-ht  zum    w^nigst^n  zum  Aoftbrachf 
de«  biTÜclitigti^n  Bau**rnkri«-f;i»«  beitrug. 

Die  Fehde  wurde  veranla»8t  durch  eine  angeb- 
liche Verwandte  Mangnhis  von  Kberstein,  Wittwe  Agatha 
Oedheinier,  welche  sich  mit  ihrer  Tochter  Helena  in 
den  Schutz  Mangold's  begab,  weil  die  Stadt  Nürnberg 
deren  Anxitrüche  riicht  befriedigte,  die  sie  nach  der 
Vertreibung  v<»n  ihrem  Oute  Farrnbach  bei  Nürnberg 
erhoben  hatte.  MangoM  sandte  1516  einen  Fehdebrief 
durch  «einen  Neffen,  einen  Iiruder  llrichs  von  Hütten 
(einen  ., reisigen  Knaben")  mit  der  Aufforderung,  die 
Ansprflclie  der  Oedheime.r  im  Betrage  von  über  2ü,(XX) 
(lulileji  in  4  Wochen  zu  befriedigen,  an  den  Hath  von 
Nürnberg.  Der  Kath  war  hoch  erstaunt^  meinte,  Man- 
gold „lege  seine  Sichwl  in  einen  fremden  Schnitt'*,  weil 
Agatlia  (tedheinier  Niirnberg's  ,,verptlichtetp  und  unge.- 
ledigte  Bürgerin"  «ei;  iles!j*'ii  nngi.'rtilitet  sei  er  erbötig, 
die  Saiihe  unv\\  Mangiilils  Beliebmi  entweder  vor  dem 
Kaiser,  vor  der  fränkischen  Ritterschaft,  oder  vor  an- 
deren geistlichen  oder  weltlichen  Herren  zum  Austrage 
bringen  zu  laswin.  iJaraut  ruhte  aber  die  Sache  bis 
1519,  wo  Mangold  im  Namen  der  Oudheimer  einen 
neuen  Fehdebri^'f  nach  Nihnl)erg  sandte.  Mangold  er- 
öffnete die  Kelide  mit  Hülfe  vieler  verbündeter  Ritter 
(»oineH  Vetti^'H  Georg  Kbersteiri  von  üinolfs,  der  von 
Fiosenberg,  von  Hütten,  von  der  Tann,  von  Thüngen 
u.  a.)  und  führte  «ie  bis  zum  Jahre  152*2  fort.  Doch 
ist  B8  iriihümlich,  zu  glauben,  das.s  Mangold  mit  seinen 
und  seiner  verbündeten  Mannen  gen  Nürnberg  gezogen 
sei,  um  seine  Forderungen  geltend  zu  machen;  ein 
Strauch-  oder  VValdnuib  wurde  in  Scene  gesetzt  und 
alle  lleisende,  welche  auf  den  damaligen  alten  Ver- 
kehrswegen Frankfurt— Nürnberg,  oder  Frankfurt — Leip- 
zig im  weitesten  l'ni kreise  des  HrandeuKteins,  vom  Main 
bis  zur  Fulda  und  Ulster    des  Weges  herzogen  und  im 


Ißl 


I 


Verdacht  .standen,  von  Nürnberg  zn  stammen,  oder  mit 
NtirnburgiTn  zu  lumdcln,  wurden  aafgt'griffen  und  nach 
dem  Brandeiifitciii  in  das  Uefiingniss  geschleppt,  in 
iStock  uml  Ketttjii  gflegt  und  g*'folteit,  bis  sie  ein 
hohes  Lüsf'geld  auftriebün.  Selbst  Schweizer,  Polen 
und  Saehsrn  wurdi^n  imht  vtTSühont!  Dir»  prntnkol- 
lariisclieti  Aussagen  der  urraeii  Gefangenen,  welche  di«se 
iiatli  t'ndJit'her  Befreinng  in  der  Kriegsstube  in  Nürn- 
berg luaelitfMi.  sowie  Briefe  derselben  an  die  Ange- 
hfVrigen,  worin  aie  um  Einlieferurig  des  Lösegeldes 
bitten,  sind  uns  in  den  Eberstein'-schen  Werken  auf- 
bewahrt und  entrollrn  uns  das  ganze  Scliandbild  dieses 
,,ritt.erliehen"  Treibens,  welches  die  Thaten  eines  ver- 
kommenen rohen  und  gewaltthätigen  Adels  am  Knde 
dieser  über  400  Jahre  währende  Periode  des  Faust- 
rechts beschliesst.  Die  Stadt  Nürnberg  verklagte  Man- 
gold von  Eberste.in  vor  dem  Kaiser,  worauf  derselbe 
sammt  der  Agatha  Oedheimer  in  die  Reithsaeht  gethaii 
wurde.  Graf  Georg  von  Wertheim  sollte  Mangold'd 
Güter  einziehen  und  bemiichtigte  sieh  am  17.  April 
1522  des  Hrandensteitis.  Mangold  hatte  sich  aber 
schon  vorher  in  die  nahe  Steckelburg  Kurückgezogen, 
da  ihm  durch  Einkauf  seine«  Vaters  daä  Recht  zustand, 
sich  derselben  in  seinen  Fehden  als  Waffenplatz  zu  be- 
dienen. Von  hier  begab  er  sich  zu  seinem  Freunde 
Franz  von  Sickingen,  dem  er  im  eben  ausgebro<"henen 
Kampfe  mit  dem  Kurfürsten  von  Trier  half.  Hier  be- 
schbiss  der  edle  Mangold  sein  ritterliches  Leben,  indem 
er  bei  der  Belagerung  von  St.  Wendel  durcli  einen 
Scliuss  tüdtlich  getrofien  wurde. 

XXXIX. 
Steckelberg  *). 
Mangolds    von    Ebt>rstfin    Scliwe.ster    Ottilie    bei- 
rathete  1486  Ulrich  von  Hütten   zu  St  ec  kelbe  r  g. 

•)  Ijiiuian,  lioss.   rtilfnrl.utt'.ni.  2    B.l,   S.   1H7. 
K.  P.  XVIl.  HA  11 


163 


Ihr  1488    Rebor(»npr   Sohn    war    der    bekannte  Schrift- 
stellir,  Dithivr  und  Keformator  Ulrich  von  Hütten. 

Dessen  G«^burt.sst-iitt<\  dit-  jf'fzt  in  Trümm»*rn  liegend*« 
Burg  auf  dnin  Stfckelberge,  ist  nur  hiuh  Stunde  von 
dpm  Hrandpnstein  entfernt,  und  wird  am  besten  von 
der  Station  Vollinerz  nächst  FJm  bestiegen.  Der  Burg- 
berg senkt  s.ich  nach  Westen  g»"gen  Volhnerz  und  Ram- 
liolz  hin  ab.  Gegen  Osten  steht  er  mit  einem  höheren 
Bergrücken,  dem  grossen  Nikus  in  Verbindung.  An 
seinem  Abhang  entspringt  die  Kiiizig.  Etwas  weiter 
nordwestlieb  von  der  jetzigen  Huine  stand  eine  älter« 
Burg,  welche  kaum  noch  Spuren  erkennen  lässt,  Sie 
wurde  von  einem  alten  Ge.scblechte  von  Stnckelberg 
bewohnt,  kam  dann  zu  Würzburg,  von  welcher  sie 
Graf  Reinhard  von  Hanan  znm  Lehen  hatte.  Kaiser 
Buddlph  von  Hab.sburg  liess  sie  127rt  abbrechen,  sie 
sollte  auch  ohne  küiserliche  Erlauliui.ss  nicht  wieder 
aufgebaut  werden.  Deshalb  wurde  von  dem  alteren 
Ulrich  von  Hütten  1388  die  Burg  an  einem  anderen 
riutze  wieder  aufgebaut;  er  bei-ass  dieselbe  als  Wiirz- 
burgi.scbe.s  Lnhen.  Die  alte  Familie  von  Hütten  soll 
aus  dem  9.  Jahrhundert  sbimmen,  ist  aber  erst  au8 
dem  13,  Jahrhundert  geschichtlich  bekannt.  Dieselbe 
ist  selir  weit  viTzweigt  und  unter^ubted  sich  in  eine 
Gronauer,  Stolzenberger,  Steckelberger  und  fränkische 
T>inie,  Dieselbe  blüht  heute  noeli  im  fränkischen 
Stamme  und  besitzt  die  früher  fuldaischen  Güter  im 
Romsthaler  Grund  bei  Salmünster.  Die  Güter  der 
Hi;rrn  von  Hütten  waren  theils  würzburgische,  tbeils 
fuldaische  und  banauisehe  Lehen.  Sie  waren  ange- 
sehene Beamte  und  Marschälle  dieser  Höfe,  wenn  auc!i 
häufig  blutige  und  erbitterte  Fehden  das  gute  Kinver- 
nehmen  mit  ihren  Lehensherren  störten.  Die  (Te.scliichte 
des  berühmtesten  Trägers  d«'S  Butten'scben  Namens, 
jenes  Ulrich,   der    am  21.  Afiril    1488  auf  der   Steckel- 


bürg  geboren  wurde  und  nach  vielen  Reisen  in  aller 
Herren  Länder  am  31.  August  1523  auf  der  Insel 
Ufnaii  iin  Ziirirher  Ses  starb,  kann  ich  ats  bekannt 
hier  übergehen. 

Die  Hnine  imf  dem  Steckelberge  besteht  aUB  zwei 
gewaltigen  Stintiniiiuern  und  einem  Thurmreste  mit  0 
Fnss  dicken  Mauern,  in  dem  sich  du«  Burgverliesa  be- 
fand. Im  Schlusstein  eine»  Thnrbngens  befindet  sich 
noch  die  etwas  defecte  Inschrift:  „Anno  üoniitii 
ir>09  Ulrich  von  Hntten"'.  Daran  stös.st  noclj  ein 
viereckiger  Hofbau. 

XL 
Sannerz. 

Im  17.  Jahrliundert  verfiel  die  Steckeiburg  all- 
miililig,  die  Besitzer  Philipp  Daniel  und  sein  Sohn  Jo- 
hann Hartmann  von  Hütten  verzogen  nach  Snnnerz. 
Nach  denx  Aussterben  der  Steckelberger  Linie  kam  das 
schöne  Schloss  in  Sannerz  an  Fulda  zur  Lehensherr- 
scbaft  ziirtk-k  und  wnrde  Prupstei  Jetzt  dient  das 
Gebiiiide  einer  Rettnngsanstalt  für  vei-wahrioste  Knaben. 
Die  Steckelberger  Herrschaft  kam  an  die  Gronauer 
Linie  mit  dem  Wohnsitz  in  Ramliolü,  nach  deren  Aus- 
sterben an  von  Landers,  Grafen  Degenberg,  Fürst  Ysen- 
burg-Büdingen  und  ist  jetzt  durch  Kauf  an  Herrn  Ritt- 
meister Stnmm  gekommen,  der  schon  viel  für  Erhal- 
tung der  Hurgreste  auf  dem  8teckelberge  gethan  hat. 

XLI. 
Stolzenberg*). 
Eine  andere  Hutten'sche  Hurg  i.st  Stolzenberg  ge- 
wesen,   deren  Trümmer,    Mauern    und    ein    alter  runder 
Thurm  sich  über  dem  Städtchen  Soden,  gegenüber  von 

»)  !.muUiu,  liosH.  I,'ilt.'rl.iut;f'«i,  3.  Jia.,  S.  211. 

11* 


164 

Salmtiiister  Hihi'bpn.  Vom  VtJgelslHTg  lienib  koinmi-rid, 
führt  diT  IJac'li  Salaa  clurt-li  den  llutttwischi'n  Grund, 
hcstehund  aus  den  Üürfurti  Romstiml,  Kerbersdorf, 
Eckardsr(jth,  Wtdderts  tiud  Marborii  liiorlier  zu  dt^m 
nach  seinen  Siilzijiiellen  genannten  Süden,  ttiustojal-^  die 
Saline  Ful<las.  jetzt  ein  aulTi lallendes  junges  Soolbad. 
Inj  9.  Jidirlmudiirt  g».'lit">rte  diese  tJegi-iKi  eiinMn  (irafen 
Stephan,  welcher  .sif;  dem  fiddaischen  Abte  lliigo  gegen 
den  Ort  Criechesfelt  vertauschte.  Das  nahe  Sahnünster 
gehtirte  aiicii  dazu.  Zum  Schatze  des  F^aud^triehes  er- 
bauten die  P'tdiäaer  Aehte  die  iJurg  Stolzenbcrg,  welche 
im  13.  Jahrhundert  bereit«  einmal  zersttirt,  aber  vom 
Abt  Heinrich  IV.  auf  Befehl  und  mit  Hülfe  Knnig  Wil- 
helms wieder  aufgebaut  wurde.  Unter  dem  Schutze 
der  Burgmauern  entstand  zuerst  der  Ort  Salz  (jetzt 
noch  ein  Hof)  und  dann  Soden  (anfanglich  Stolzenthai 
genannt),  welcher  Ort  auf  V'or.stelhmg  des  Fuhlaer 
Abtes  Ileinricli  V.,  Graf  von  Weilnau,  Stadtreclite  er- 
hielt Die  Stolzenburg  erhielt  vom  Abte  Burgmannen 
(von  Eppenstein,  Graf  von  ButteubiTg,  von  Joss,  von 
Altenburg),  l;i"J8  wurden  die  Brüder  Friedrich  und 
Frowin  von  Hütten  erbliclie  Burginannen.  1340  wurde 
Stoltenberg  zuerst  an  Ulrich  von  Hoelin,  dünn  1384 
an  Frowin  und  Conrad  von  Hatten  für  .')4<X>  Pfund 
Heller  sammt  Salmünster  und  dem  später  sogenannten 
Hutteu'schen  (Jrunde  verpfiindet.  Der  Abt  behielt  ><ich 
verschiedene  Gerechtsame  und  die  Oeffnung  der  Burg 
vor.  Als  Luther  1521  von  dem  Reichstage  zu  Worms 
7Jirn<kkehrte,  soll  er  auf  Sbdzenberg  bei  Frowin  von 
Hütten,  kurmainzischeru  Marsehall,  zu  Gast  gewesen 
sein.  Der  letztere  war  mit  Franz  von  Sickingen  ver- 
bündet, in  Folge  dessen  von  den  diesen  bekämpfenden 
Fürsten  Salmünster  und  Stolzenberg  erobert  wurden. 
]r)12  war  ein  Theil  di'r  Burg  eingestürzt;  1")U)  wurdr- 
sie    neu    erbaut.      Frowin    verkaufte     1528    die    säramt- 


Ulf) 

liehen  Güter  an  den  frilnkisclien  Stamm  von  Hütten. 
1B24  kündigte  der  Abt  von  Fulda  seinen  Antheil  an 
der  Pfandöchaft.  Ein  Theil  kam  an  Mainz,  welches 
\TM  durdi  VLTgleich  das  nunmehr  verfallene  Scliloss 
Stnlzenlun-g,  Sodun  und  Salmünster  für  52500  Gulden 
iin  Knldii  zurück  gab.  Älit  Fulda  kam  dann  dag  Amt 
Saluiiiii.ster  an  Kurhessen  (1816). 

Ohne  die  Tlialburgen  der  Herrn  von  Thüngen  zu 
Zeitlnfs,  RossViacli,  Weisscnbach,  Burgsinn  etc.,  welche 
siimmtlit-h  noch  theils  als  Schlösser,  theils  als  Oeko- 
nomiegHbäude  ht-wohnt  sind,  hier  näher  zu  beschreiben, 
wende  ich  mich  nun  zu  den  südlichsten  Ritterhurgen 
des  fuldaischen  Gebietes  im  Hammelburger  Amte: 
Sudenberg,  Renssenberg,  Saaleck  und  Trimberg,  von 
wckheu  nur  Saak'ck  noch  buwohnt  i«t.  Alle  diese 
stattlichen  Jluinen  auf  den  Höhen  zwischen  Main  und 
fränkischer  »Saale,  besonders  auch  die  schöne  und 
grosse  würzburgiscbe  Ruine  Homburg,  werden  heute 
noch,  nicht  nur  wegen  ihrer  geschichtlichen  Bedeutung, 
finndern  auch  wegen  ihrer  hervorragenden  landschaft- 
lichen Schönheit  als  herrliche  Aus«ichtjjpunkte  im  Laufe 
des  Soinniers  von  einer  grossen  Anzahl  Touristen  Mittel- 
deutschlands! besucht 


XUl. 
Sodenberg. 

Der  So  den  he  rg*)  (neueidings  der  fränkische 
Rigi  genannt)  liegt  am  linken  Ufer  der  Saale,  2  Stunden 
von  llainuu'lhnrg,  3  Stundi-ii  von  Geinünden  am  Main 
und  erhebt  sich  :")[)(!  IMi-ter  über  der  MeeresHäche,  l;54tj 
Meter  über  den  Spii-y«-l  d(!S  Mains.  Der  Berg  ist  schön 
bewaldet   und    hat    ungeheuere  Basaltfelsen.      Die  Aus- 


*)  Traberi,    da«  Frankenland   (Würrburg  bei  Wooil),   S.  13. 
—  Sf:hannat.  Clientela,  pag.  17G. 


HiH 


sidit  iiuf  das  Saalthal,  niith  (lt*m  UlHingehirge  und 
Spessart  i^t  weit  und  umfassend.  Ueber  einen  Rinjj- 
whU  krvtnint  man  an  eininn  stf^inernt'ii  Crticitix  mit  ilt*in 
Thiliigen'scLßn  Wappen  und  der  Juhrfszalii  1Ö15  vor- 
bei zu  der  am  liöchsten  GipW  gelf^ene  Uuint;  mit 
doppfiltyn  Kingniaiiern  und  cinetn  sehr  gcräumigiMi  Rurg- 
liof.  Dlt  altü  lii)lie  Tliurtii  ist.  vor  etwa  üO  Jahrtsa 
gänzlich  eing^^faHun.  Yoti  dwm  Rhöndub  ist  auf  dessen 
(ivundmiiuern  ein  hölzBrn«!'  Aussiclitsthurm  erbaut 
wurden. 

Nach  Sclmunal  (1.  c.)  ist  die  Burg  Sod««nberg 
1431  mit  dor  ausdriickltcbfn  Zustimmung  des  Abt*w 
Johann  von  Fulda  <*rbaut  worden.  Theadoricli,  Karl, 
Conrad,  Eberhard,  Engelhard,  Balthasar  und  Sigismuiid 
von  Thüngi'n  empfingen  dieselbe  als  männliches  Lelien 
und  ihre  NHcbkumnien  .snllten,  so  oft  i'.a  iiothwendig 
erscheine,  die  Belehnung  neu  empfangen  und  andere 
Personen  sollten  daselbst  keinen  Besitz  erhalten,  ausser 
mit  Genehmigung  de«  Abtes  vnn  Fulda.  Später  wurde 
inde.ssen  ein  Theil  an  das  Juliusspital  zu  Würzburg 
veräus.sert.  Von  den  Krstgebi>renen  der  Geschlechter 
von  Thüngen  empfingen  die  Belehnuitg  von  Fulda:  1536 
F,  ustach  von  Tliüngen  auf  Soden  berg,  154U 
Panc-  ratius  von  Tliüngen  daselbst,  \bb^  Neidhart 
von  Thüngan  zu  Zeitlofs,  1073  Wigbert  von 
Thüngen  zu  Reussenberg,  löHfi  Philipp  von 
Thiingen  zu  S  öden  berg  und  G  reiffens  tein,  HiOI 
Wernher  von  Thüngen,  lfi3H  Albert  von  Thüngen 
zu  Kossbacb,  Hiöl  Neid  hart  von  Thüngen  zu 
Sodenberg.  Uebrigens  hat  frfiher  bereits*  eine  Burg  auf 
dem  Sodenberg,  ehemals  Kilianstein  genannt,  gestanden, 
die  120H  urknndlieh  erwähnt  wird  und  Hermann  von 
S  o  t  e  n  b  e  r  g  gehiirte.  Ein  Theodorith  von  .Sotenberg 
wird  130H  erwähnt.  Die  von  Thüngen  waren  schon 
im   14,  Jahrhunderte    im    Besitze   der  Burg  und  brand- 


167 


schätzten  von  da  und  dem  nahen  Reussenberg  die 
üt^pend  ebtMiso,  wi«.*  die  anderen  Rittfrgeschlechter. 
1.H93  mtifisten  !*i<'  die  Bnrg  an  das  Hufh-stift  Würzburg 
abtreti^u,  um  cli-r  Ktnchsacht  zu  Hntgehen,  ranbten  aber, 
da  sie  als  Lelicnslente  difselbe  behielten,  weiter  fort. 
Von  Bischof  Gerhard  von  W'ürzburg  wurde  deshalb 
1395  die  Bnrg  belagert  und  fT.stürmt,  welcht-r  dieselbe 
sodann  an  die  von  HuttiMi  zum  Lfhen  gab.  Nachdem 
sich  fepiltpr  dit'  von  Thiiiigen  wieder  des  Sodenberges 
bemächtigt  Iiatten,  trugen  sie,  wie  oben  bemerkt,  die 
Burg  dem  Abte  von  Fulda  als  Lehen  auf.  Götz  von 
Ber  lie  h  ing<*  n  verlebte  hier  bei  seinem  Onkel  Neid- 
hart von  Thüngen  zum  Theil  seine  Jugendjahre.  Im 
Bauernkriege  versuchten  die  atifständischen  Bauern  ver- 
geblich den  Südenberg  einzunehmen.  Die  Verpfändung 
des  Schlosses  an  das  Juliu8fi]>ital  geschah  gegen  den 
Willen  des  Fuldaer  Abtes  1660.  I)a.s  Schloss  zerfiel 
iillmählig,  i's  wurde  aber  weiter  unten  ein  nekonomie- 
Inif  angfifjiit,  weh  her  noch  in  gutem  Betriebe  ist  und 
den  Herrn  von  Thüngen  gehört,  nachdem  sie  einen 
hinj.'wifrigen  Trozesa  erst  in  der  neueren  Zeit  ge- 
wonnen hatten. 


XU  IL 


Reussenberg. 

F.ine  Stutide  südwärts  vom  Sodenberge  liegt  der 
Reussenberg  mit  schiiiier  Iluinn ;  die  Burg  war  1333 
voji  Herrn  von  Thüngen  erbaut  und  ist  von  den  Würz- 
burger Bi.icliiifiTi  (ifters  belagert  wurden.  Bei  den  dem 
Bauernkriege  vorausgehenden  Unruhen  wurde  1J22 
hier  der  fulflaische  Propst  zu  Johannesberg,  Mel- 
chior von  K  uch  en  meiste  r  ermordet,  als  er  von 
einem     ISesuclie     der    gleichfalls     fuldaisehen     l'ro[)stei 


IHK 


Holzkiruhen    in    ünterfranktin   liciitizuriMSfii    im    Begriff 
stand*). 

XLIV. 

Saaleck. 

Das  sdiüxie  iSulilo.s.s  SaalfL-k  niichst  Haiunn-Ibtirg 
hatte  für  die  Fuldaer  Abtei  einen  doppelten  Werth ; 
f'innia!  als  Cireiizfi'ste  gegen  das  ko  oft  fi-indlifli«  Hoch- 
8tift  WürÄljurg  und  die  iini>icheret)  I{iit«*r  und  oft  un- 
getreuen Vttsallen  der  dortigen  Gegend;  dann  aber 
auch  als  ergiebige  Wein-Domäne.  Der  an  dein  Süd- 
abhange  des  Sddos.sberges  gewachsene  W^in  steht  an 
Güte  den  besten  Ktieiti-  und  FrankenwciinMi  nicht  nach 
und  war  niichst  dem  gleichfalls  der  Abtei  gi'liörigHi» 
rheinischen  .Inliaimcsberger  die  Zierde  der  Fuldaer 
IloftafLd. 

Hammelburg  wurde  bereits  777  von  Karl  dem 
Grossen  dem  Stifte  Fulda  geschenkt.  Fin  idter  sagen- 
umwobenta'  viereckiger  Thiirni  auf  Saaleck  soll  aus 
diesen  früheren  Zeiten  herrühren.  Urkundlich  wird  die 
Burg  Saaleck  im  14.  Jahrhutiderte  crwäliut.  Im  Bauern- 
kriege wurde  sie  zerstört.  Die  jetzigen  hübschen 
Scldossgebäude  tiageu  die  Wappen  des  Fürstabtes  Jo- 
achim von  Graf-'ni'ck  (lü44  — 1671)  und  des  letzten 
Fürstbischofes  Adalbert  von  Harstall.  Saaleck  kam 
18]  ß  an  die  Krone  Bayern  und  wurde  1866  an  Herrn 
Banqnier  Vornberger  in  Würzbuig  verkauft**). 

XLV. 
Trimberg  ***). 
Zwei  Stunden   aufwärt»  im  Saalthale  von  Saaleck 
entfernt   liegt   die  alte  Burg  Trimberg.     Von   derselben 

•)  Sehnrider,  Joseph,  Buthouia  4,  Uand.  2.  Ucll,  S  32. 
••)  Se/iiieider,  .Fustus.  Führer  dtiifti  die  IMiün  (4.  Auf!  Würz- 
burg bei  Staliol).  S.   lüJ. 

*•*)  Sehneider,  JustUH,  1.  e.  S.  U>5. 


169 

stflipn  noch  die  Hiiuptmauern  und  zwei  CÜHbt;! wände, 
worin  ein«  Rfstiiuriition  mit  altdfutsuliiu'  Kiiuiclitung 
i'ingebaut  ist.  Kdle  voji  Trimberg  wtrdc!»  IIH? 
genannt.  Nach  dem  Ausstt^rben  der  Familie  1239  kam 
die  Burg  an  das  Hochstift  Wiirzlmrg  als  Amtssitz.  VAn 
Zwoig  der  von  Huttrn  war  llil^r  erblich  belehnt*). 
Wenn  auch  Tritnberg  nie  zu  Fulda,  gelnlrt^^  wurden 
doch  die  .-\nitsleute  Hartrad  und  Friedrich  von  Hütten 
zu  Trimberg  KiK4  und  Friedrichs  8olin  Conrad  als 
erbliche  Burgmannen  zu  Saaleck  vom  Fnldaer  .'\hte 
Friedrich  von  Romrod  (1383 — 1395}  eingesetzt. 


ZuWtzt  haben  wir  nun  nocti  der  Burgen  zu  er- 
wähnen, welche  in  dem  vormals  fuldaischen,  ji-tzt  bay- 
ri.scl)en  Amt  Brück  enau  g^-legen  .nind.  Zwei  Ruinen 
fin4h'n  sich  nur  in  dieser  Gegend,  welche  wegen  ihrer 
romantischen  Lage  d«'!!  Bc^ruch  der  Bhrnitouristen  veran- 
la.ssen,  Schildeck  und  Werl) erg.  beide  waren  eigent- 
lich keine  Bitterlnirgen,  sondern  Amtssitze,  niii.s.sen 
aber  zu  jenen  in  so  fern  gerechnet  werd<'n,  als  sie 
vielfach  den  mächtigen  Kitterge.schlecht<;rn  der  liegend 
ver]»fäTidet  und  verkauft  und  von  diesen  mit  mehr  oder 
weniger  Recht  wieder  an  andere  verkauft  wurden. 
Beide  Burgen  liegen  im  südlichen  Vorgebirge  der  Blum, 
der  8childeck  (5s)<J  m),  auf  einem  schönen  Kegel  dicht 
an  der  Landstrasse  von  Brückenau  nach  Kissingen  mit 
ziemlich  ansehnlichen  Mauer-  und  Thurmresten,  der 
Werberg  nahit  bei  dem  Horfe  gleichen  Namens,  l  Stunde 
von  Kothen  in  einsamer  waldiger  Gegend,  ein  kleiner 
steiler  Kegel  mit  mächtigem  Basaltfelsen,  der  nur  sehr 
spärliche  Mauerre.ste  der  ein.stigen  stolzen  Burg  trägt, 
von  Ge.^talt  dem  Haselstein  ungemein  ähnlich. 


*)  SrliatnifiL  i'licritcla,  pa^^.  117. 


17U 


XI.VI  UM.I  XIA'll. 
Schildeck  und  Werberg. 

liu  (juscliiühte  tliespr  zw(m  Burgon  gcbi'ji 
die  fulduisc-hen  Gcsc!iifht8sclireib<^r  iSchatm/it  und  Ürvitcr 
iui.s!?t>rst  geridgp  Auskunft ;  und  doch  li<!gt  bczüglit-li 
drr.Holhcii  in  d^m  fuldaisclien  Archive,  wfltln'.s  sich  nuii- 
melir  in  Marburg  bt>findet,  uiu  walircr  Schatz  vc*n  IV 
künden  verborgen,  welch«*  uns  darüher  Auskunft  geben 
können.  Mit  Hülfe  eines  lunfHiiglichen  Manuseriptes 
über  die  ehomals  fuldaisi;hen  Aemter  des  früiipren  Ar- 
cliivars  Jfcnurr,  wm-in  dieser  Mann  mit  walirein  Bie- 
neuHtäss  .siimnitlichc'  Arcliiv-I Urkunden  co|iirt,  kritistli 
gesiclitet  und  übersichtKch  besprochen  Init,  bin  ich 
in  den  Stand  gesetzt,  einen  richtigen  hi.storischen 
Utiberblic'k  betreffs  diei^er  Rurgeri  und  Aetnter  zu  gehe», 
wie  derselbe  noch  nirgend.s  in  alteren  und  inHiemi  Ar- 
beiten   unserer  Lokalgescbit-hte  vi>rlipgt. 

Vcni  8 eil  11  deck  berichtet  Ihriffcr *)^  dass  esi  ein 
heriilmites  Schloss  und  der  Aufenthalt  vieler  Herren 
gewesen  sei,  auch  den  Titel  eines  Gerichtes  und  Amtes 
getragen  habe.  Es  sei  aber  unter  der  Regierung  des 
Fürstabtos  Heinrich  IV.  von  Ertba!  das  Amt  nach 
Drückenau  gekurnmen  (124^}).  weither  Ort  den  Namen 
von  der  hier  über  die  Sinne  geschlagenen  Brücke  be- 
kommen habe,  früher  sei  er  Sinnaa  genannt  \vc>rden. 
Nach  den  von  Ik'mtur*'^]  angeüogein-n  Urkunden  ist 
Schildeck  ein  Burgschloss  und  .\nit  gi'Wesen,  welches  die 
Ortschaften  Schondra,  Singcnrain,  Cii-rod.  Mitgenfeld 
und  Hiedenberg  umfitHste  und  in  dem  den  Karolingischen 
Kai.sern  geliürigen  Salzfortst  gelegen  war,  von  welchen 
Theilc    diesem     Walde.s    dein     Klo>ttr     Fidda    gesehenkt 


•)  Bnjinr,  Hbei-  IV,  pag.  307. 
*•)  Denner,  FulJ.   Aointer  1.  Bd.  S.  72—181. 


I 


wiiriien.  ]i\v  Avhiv  halifii  .stuts  d'ivHe  Schenkung  als 
ihr  Eigi-nthitm  geg*^n  fremde  Ans[>iik-lte  VHrtheidij;t,  bis 
1575  (Irr  lialhe  Antlieil  von  d«-»  von  Thüiigoii  aU  fruiws 
Eigetitliiim  bi-an.spnu-ht  iiml  durch  liiiii  IKimdi'clianten 
zu  Würzburg,  Neidliart  von  TliüiigBU  an  Fürstbischof 
Julius  verkauft  wnrdf.  Jt:doc:h  wnrdi-  auf  Bebcliwt'rd«.^ 
Fu!<hts  durch  Kaiser  Hudulph  11.  di-r  Kauf  wieder  rück- 
gängig gemacht  (10711),  wi-il  der  Vertrag  vom  Fürst- 
aht  Balthasar  von  Deriibach  przwiuigpii  wniilen  sei. 
Fulda  mnsi^to  indessen  für  den  „Rückkauf"',  bewirkt 
von  den  Kaiserlichen  Kommisaarien  Heinrich,  Hocli- 
und  iJeutsclinu'i.ster  unil  .Joliann  Achilles  Jesting  zu 
Kirchberg  und  Linde.  15,<A)0  Gulden  zahlen  (l;>7!Jl. 

Viele  klf>iiie  und  grosse  Dynasten  haben  von 
Kulila  durch  Verpfändung  Schloss  und  Amt  Sclnideck 
itti  Laufe  der  Zeit  erworben,  aber  nie  als  Krblehen, 
.sondern  stets  nur  auf  Wicdurkauf  oder  Kinlosuug.  Das 
Besitztiuiin  war  deshalb  oft  in  Gefahr  verloren  zu 
gehen,  da  mehrere  dieser  Herren  widerrechtlich  darüber 
verfügten,  wie  der  Herzog  .Schwantebnrg  zu  .Stettin, 
welcher  den  halben  Theil  als  Erbeigenthum  an  Dietrich 
von  Bibra  um  ;WKJ  Gulden  veräusserte.  lirkiindlich 
liegen  .solche  Kaufliricfe  au.s  der  damaligen  Verpfiin- 
dung-s-Epoche  vor  von  dem  Kurfürsten  von  Mainz,  den 
Herzögen  von  Stettin*)  und  Sachsen,  den  Für-stbüschiifen 
von  Würzburg,  Landgrafi-n  von  Hessen,  Grafen  von 
Henneberg,  Herren  von  Haberkorn,  von  Bibra,  von 
Merlau,  von  Riedesel,  von  Sauwenheim,  von  Döring- 
berg, von  Görz,  von  Steinau  genannt  Steinrück,  von 
Hütten  und  von  Thüngen.  Schliesslich  kam  Sehildeck 
an  die  in  Ib»mer.shag  von  Fulda  belehnten  Herrn  von 
der  Tann.     Im  Jalu-e   1(>'.I2  wurde,  aber  dieses  Tannische 


•)  Ich  vormuthe,   dann   , Stettin"  ein  SflireihMilcr  mioi    (n- 
thatu  seitens  Detuiera  ist  und.  dahs  es  .,VVt'ttin''  lierh^cii  iiiukj. 


Lülii-n  zu  Ildnirrsliaj:  samnit  8i.-lnldt«ck,  Gerud  und 
Mitgeiiffld  für  105.(XK.)  Ciulden  witnlnr  von  dem  Abte 
riaridus  vnii  Drnstc  gekauft.  Dio  Hnrg  SL-Inldeck  soll 
iin  di't'issigjiilirigi^n  Kriege  zorstört  vvoid«^ii  sein.  Ihr« 
Trüinmer  dicntun  noch  im  Anfangt?  des  vorigim  Jahr- 
hunderts dazu,  um  den  bekannten  wohlthätigen  Fnhlaer 
l\:it)zli?r  Johannes  V'ogeHns  als  Herren  von  Sehihleck 
in  den  Adidstand  zu  erhi-ben,  von  welehem  die  .Schil- 
deck'sche  Stiftung  zum  Nutzen  verannti^r  Fuldaer 
Bürger  lierrührt. 

Das  Scidüss  Wcrh^^rg  gehörte,  wie  Sthihh'ck, 
ebenfalls  zu  dem  TheiU*  des  Salzforstes,  w«dcher  be- 
reits Hlfj  von  i'ipin  und  Karlmann  dem  Kloster  Fulda 
geseheukt  wurde.  Der  Nanu-  Wtrberg,  auch  Warherg, 
Werenberg,  Wernberg  in  d'-n  Urkunden  genannt,  dtüut-et 
darauf  Iiin,  da.ss  diese  Hurg  gebaut  ist,  um  di?n  Feind 
vvalirzunehmen  (gleich  wie  Warte,  Warttliunn),  oder 
öiih  dessen  zu  wehren.  Da  i^n  adfdig*-.s  tiestddecht 
vnii  Werberg  nie  hetitandejj  hat,  ist  wohl  anzunehmen, 
diiss  dit-  Burg  in  diesem  Sinne  von  den  Fulda**r  Aebten 
trbaut  worden  ist.  Eine  ge.-iLliiclitlirlie  NactirJeht  über 
deren  Erititehmig  feldt  gänzlich,  die  älteste  Urkunde 
ist  von  DUO,  in  weleher  der  Fiirstabt  Heinrich  VI.  von 
Huhenherg  dem  Ajjel  Kiirlienmeister  ein  Bnrggut  zu 
Werberg,  näniluh  eint-  llofstutt  i,iii  demselben  Huße 
bei  der  Ca|)ellen  und  ilie  halben  St;illungeu  nswendig 
dem  Hülle,  ubeii  dem  Thorhuli  etc."  für  UÄ)  l'fmid 
Helk;r  auf  Wiederkauf  übergiebi 

Die  zweite  Urkundi'  von  l'Sl'ri  b»'sagt,  dass  Fürst- 
abt lieinricli  VII,  von  Cralucke  das  fuldaischi?  vSchloss 
und  Veste  Werberg,  ww  auch  da-s  Gericht  Motten  mit 
allen  Widdern,  Wa.^^sern,  Diufi-rn,  Vorwerken  etc.  dem 
fuldaisclien  Mar.schalle  Kunrad  von  Hütten,  Frowin 
seiueni  FSruder  uiul  ihren  Erben  für  HUUJ  l'fiind  Heller 
versetzt    und    die    Kinlü.sung    des    KücJienmeister" sehen 


1 


Bnrglehi^iis  für  10)  PfiitvJ  I heller  {,'ftstat.tet  Imbo.  Die 
Grenze  lIl-b  Aiiite.s  Werbcjrg  gp^jt-ii  tJi'ii  \\  ürzburgisfluMi 
Tlieil  ilfS  iSjilzfortstes  ist  1512  v<m  KuiiK  Sclmd  zu 
Kotlniii  un<l  VValtiier  äljvitin  als  Sf!mltln'i.ss  di-rer  zu 
WeyhiTs  bestimmt  und  verstPint  woideii;  sie  ging  von 
Riedfiibfrg  bis  zum  Sinuboni,  scluMiit  ;ily(>  von  der 
vojderen  Sinn  gebikb-t  worden  zu  sein. 

Kaeb  der  Verpfündnng  von  1362  ist  Werberg  eine 
eclite  ll.'iubrittr^rbnrg  gowonb^n  und  gtibÜ^^bi^n  bis  zu 
ihrer  ZerstTtrung  im  Jidin^  140H.  tSi>:itt!r  vr^rhintet  vom 
Amte  „Werberg"  nichts  muhr.  da  der  Amtssitz  muh 
Motten  kam.  Das  Amt  ,. Motten"  war  also  mit  dem 
frnherüti  Amte  „Werberg"'  identisch,  gleich  wie  Amt 
Orückenau  mit  Amt  Schihleck.  In  Weiberg  und  Um- 
gebung verübten  nun  die  von  Hutttiu  die  bekannten 
Öcbandtbaten  als  ..Reiebdungen".  Krowin  Vater  und 
Scdiii  und  llartiiiann  von  Fhitten  gaben  den  pfandwr'ise 
t'rhnlteJien  Besitz  als  Eigenthum  aus,  verkauften  'k 
davon  an  lu'zbisciinf  Koniad  von  Mainz  und  gaben  dem- 
selben ant.h  die  Deffining  der  l'urg,  welche  Fulda  aus- 
schliesüliL-li  vurhehalten  war.  Sie  beraubten  niir  andern, 
dem  Stift  feindlichen  ftittiTu  die  fuldaistlieii  TTnter- 
thanen  in  den  Aenitern  Saluiünster  und  Neuhof  durcli 
Brand.schatznngen,  beraubten  die  (jeistlichen,  Kirchen 
und  Friedhöfe,  hoben  die  ülnckcn  aus  den  Tljürinen, 
raubten  Pferde,  Schweine  und  Kühe  und  plünderten 
die  Weisenden.  Sogar  bis  nach  Fulda  erstjeckto  eich 
ihr  freches  Riiuberhandwerk.  Aus  der  Walkmühle  da- 
selbst entwendeten  sie  das  WoUtutb,  welches  die  da- 
mals in  Fnlda  blühende  VVollvveberzunft  gefertigt  hatte. 
Aus  dem  Kloster  Johaunesberg  bei  Fulda  raubten  sie 
300  Stüek  Schafe-  und  Pferde. 

Zwei  Helagerungen  des  Schlosses  sind  gescbicht- 
liili  bckioitit.  Die  erste  1351  seitens  der  Grafen  von 
fleniirberg    ereignete    stell    vor  der  VeriiRnidung  an  die 


174 


von  Hiitt*'!!,  als  Wcrlx-rp  iiorli  fiildaisclitr  Amtsitz  war. 
Sie  wurdn  durch  i-nw  VAnh-  vfiatilaHiit,  di«  Kürstaht 
H«^inrich  VI.  von  Holionburg  mit  dem  Landgrafen  voh 
HesH^'U  liattt*.  Der  Fiir-stabt  hflafff-rtt^  di«  liessische 
Stadt  AlsMd:  tJraf  Heinric-h  von  Ilpunt^bprg  war  mit 
dorn  LrtTidgniff'u  verbtiiidct  und  snchtt!  AlsfeKI  zu  ent- 
setzen, wurde  iilicr  VMiii  Pürstabt  gpfunjrHn  genommen. 
Um  sein<ni  Vater  zu  riichnn,  zog  tJnif  Mfrmani)  von 
Hi^nneberg  gegen  Werberg  und  bekam  ilurult  List,  diase 
Hurg  in  sRinp  ru-iwalt,  wurde  aber  v<in  dem  Ftirstjxbt 
wieder  dnrau.s  vertrieben.  Nochmals  versuchte  dor 
Henneb^rgfir  Graf  die  Belag<^rang  mit  verstärkter  Mann- 
schaft, wurde  ab*ir  durch  den  folgenden  Fürstabt  Hein- 
ricli  Vll.  von  Craluke  abermals  zuröckgeschlagen. 

Die  zwtiite  Belagerung  und  Vernichtung  der  Burg 
Werbt'rg  aber  geschah  in  Folge  der  Hutten'schen  tJränel 
und  Häuber^ien  durch  ein  kaiserliches  Kriegsheer,  ge- 
bildet VOM  würzhurgtHcheti,  fuldaischeti  und  henne- 
bergischen  Mannschaften  unter  Anführung  des  Haupt- 
manns Friedrich  Schenk  zu  Limburg  auf  Befehl  des 
Kai.sers  Ruprecht  im  Jahre  1403.  Es  hat  dabei  sehr 
blutig  hergegangen  und  wird  urkundlich  erwähnt,  dass 
nicht  nur  die  hehigertcu  Matinen  der  von  Hütten  sich 
tüchtig  gewehrt,  sondern  dass;  aucli  die  Belagerer  durch 
andere  Hutten'sche  Mannschaften,  die  zum  Entsätze 
herbeigezogen  waren,  von  den  Geschützen  bedrängt 
wurden.  Es  kamen  also  hier  schon  Feuerwaffen  in 
Anwendung,  obwohl  grösgtentheils  noch  damals  mit 
Pfeil  und  Bogen  ge.'schossen  wurde.  Die  Burg  Werberg 
ist  dabei  gründlich  zerstört  worden,  so  dass  aich  gegen- 
wärtig nur  ganz  spiirliche  Reste  davon  finden.  .\ber 
bereits  seit  2(X)  Jahren  graben  und  ackern  die  Bf»- 
wohner  des  Dorfes  Werberg  immer  wieder  F'feile  uinl 
Lanzeiispitzen  von  Zeit  zu  Zeit  aus  den  Aeckern,  die 
die  alte  Burg  umgeben. 


175 

Im  Jahre  1404  vvnnJ*-  wicHiT  Fritnlen  geschlossen 
und  die  Liquidatinn  dns  Fiirstabtüti  zu  Schwein  fürt  für 
dir'  durcli  von  linth^u  «erlittenen  Bf.sch«diij;nng«Mi  auf 
^  Ki/O)  tinldcn  b^'n^chuftt.  rK)c-)i  ist  dicht  urkimdlith 
H  festg(*stellt,  (d)  d*^  Fiirstabt  das  Geld  »^rluiltHn  hat.  Die 
AnHj>riithp  d^rer  von  Hntten  waren  indpsHeii  mit  der 
Zerstörung  von  Wt-rbcrg  nicht  erledigt.  Dun-li  Wieder- 
verpfändnng  und  Vererbung  oder  Ueirath  machten  fol- 
geiidi^  Familien  noch  Ansprüeh«  auf  das  Amt  Werberg 
oder  Matten:  von  Kiiclienmeister,  von  Huiie,  von  Lich- 
tenstein, von  Stein  zu  Altetistein,  von  .Seckendin-f,  voji 
IMörle,  von  Schenk  zu  Schwoinsberg  und  von  W'eyhers. 
Da-s  Stift  Fulda  kündigte  zweimal  (1540  und  154K)  die 
l'famlsehaft  auf.  Es  entstand  ein  l'rozess  ant  Kanimei"- 
gericlit,  welcher  bis  1504  währte.  Von  da  ab  kam  das 
Amt  Motten  nach  Befriedigung  aller  Ansprüche  der 
l'fandinbaher  wieder  unmittelbar  zu  dem  Stift  Fulda 
und  verblieb  dabei  bis  1810,  wo  es  »amtnt  Brflckeuau 
und  Hamnielburg  an  Bayern  überging. 


176 


III. 

Johann    von    Pappenheim    nnd     seine 

Fehden  gegen  den   Bischof  Johann  IV. 

Yon  Hildesheim. 

Von 
Gustav   von  Pappenheim. 

Ungodruckto   Quellen. 

Akten  des  Marburger  StAatsarchiv's :  Politische  Abthei- 
lung Hildeslieim  und  Paderborn. 

Akten  des  Stammer  Archiv's :  Ehepakten  und  Verträge. 
Copialbuch  der  Gebrüder  von  Pappenheira  a.  1570. 

Gedruckte  Quellen. 

Die  Stiftsfehde  von  Hermann  Adolf  Liintxel.  Hiides- 
heim  1846. 

Die  Hildesheim'sche  Fehde  von  Dr.  A.  Delius  zu  Wer- 
nigerode. 

Ileinemann,  Geschichte  von  Braunschweig  und  Han- 
nover 2.  Band.      Hildesh.  Stiftsfehde  S.  275. 


^^ohann  von  Pappenheim  war  der  zweite  Sohn  des 
dl^aus  dem  hessisch  -  paderborn'schen  Kriege  (1464 
—1471)  .schon  bekannten  Burchard  von  Pappenheim. 
Zur  Gemahlin  hatte  letzterer  in  zweiter  Ehe  Elisabeth 
von    Boineburg-Hohnstein.      Die    Ge.schwisti>r    Johann's 


177 

hiesseii:  Frictärith.  Hfinliaid.  In-org.  Uiuxliardt,  der 
jniigH  mrul  Olitki-,  Im  .hilirr  1508  war  Johatiii  Senior 
di^r  FiiiriiliH  und  tii-list  seiru'Oi  Unidcr  Guorg  Amt- 
mann zu.  Gieselwfrdt^i.  Sciiin  Gfiiiahliu  Kunue  von 
l  ffidn,  widühe  ihm  einen  iSohu  und  eine  Tochter  ge- 
boren hattf.  liinterliess  er  im  Januar  des  Jahres  1518 
als  \Vit\v('.  I)*n'  Sohn  Johanns  Ww.^s  Lndnjf  und  f3eine 
Tochter  Maryaretlui.  Lctztcrti  heiratliftt!  im  Jahr«  läHü 
iIi'h  Hitt<'r  und  Üuctor  der  Rechte,  Georg  Vf»n  Boiiie- 
bur|jr-Lt'n}j;.sfi-ld ,  den  Sohn  des  bekannten  hessi-scheu 
Lnud(>s-irofnieisteri=i  Ludwig  von  Boineburg. 

Nachdem  über  <lie  Gründe,  welche,  ßurchhardt  — 
den  Vater  Johanns  —  veranhissten,  im  hessisch-i>ader- 
born'schen  Krieg  die  Partei  des  Landgrafen  zu  Hessen. 
zn  ergreifen,  trotzdem  ihm  die  Hälfte  der  Stadt  Liebe- 
nau  für  fiOllO  Goldgulden  vcim  Bischof  Simon  von 
Paderborn  veridVindet  worden  war,  noch  nichts  ge- 
naueres bekannt  ist*),  so  sei  es  gestattet,  hierüber 
folgendes  aus  den  Paderhnrner  Akten  d.  Marb.  St.  A. 
nvitzutheilen  :  1)  hatte  der  Bi^lchof  voji  I'aderborn,  nach 
dem  Tode  Habe.s  vom  Caleuberg  (im  J.  1464),  den 
Bnrchard  von  Pappenheini  mit  dem  Calenberge  bei 
Marburg  nicht  beliehen,  obgleich  Burchard  der  leibliche 
Yettt*r  Rabe's  v.  C.  war  und  mit  demselben  in  einem 
Ganerbscbafisvertrag  gestanden  hatte ; 

2l  war  der  Bischof  vor  Li^benau  gezogen,  hafte 
den  Burgfrieden  gebrochen  und  versucht  den  Burchard 
von  l*ap])enheim  gefangen  zu  nehmen.  Letzterer  wurde 
jedocli  bei  fliesein  imerwarteten  IJeberfal!  von  er-sterem 
nicht  Zinn  G<'fang«'nen  j;emacht.  sondern  es  gelang  dem 
Bisehof  nur  einen  Knecht  Burcliard.s,  namens  Muth- 
.scll,  in  seine  Gewalt   zu  bekommen.     Ausserdem   hatte 


*)  Vergl.  ZeitsHirift  fiir  hrssisnlie   Oosiliirlite   uinl    Laiidcs- 
kiuide.     Neuo  Folgo  Bd.  2  flnft   l  S    'J(>  u.  lü.   v^n  .s'/';/;r/. 


N.  V.  B4.  xv;. 


12 


178 

iIl'I'  lii«clHtl  itliiie  dazu  Ih-ieuliti^t  zu  >i'iiu  it»ii  im  lit- 
füiijüii^ss  zu  IjiL'beiiau  bctindln  luii  Fciiiil  llnrc-hardN, 
iiiiiiiliLli  den  .Sju-ckljorirl*  vnii  (iodliiigi'ii,  iius  Mfiiieni 
üeUiiigJiiss  freigi'lii.vsni.  IjurL-liicul  war  liifrdurch  st.- 
wohl,  wie  iuul)  dunli  die  Kiitzii-lmiijj  sciiHT  l'adei- 
bornschpn  Ki-blcSn-ii,  Wfk-iu'  iliin  di-r  l!i>iln>f  nun  v«»]- 
piitbielt-,  gt'zwmijm'ii  nvouUmi  :  iIlt  Feind  drs  BiMiliofs 
und  <U>s  iStift.s  raderbnrn  zu  weidrn. 

„Musste  fck  von  Noitwt'jjt'n  ut  di-iue.  Liiiidi'  ntvu 
und  eintüi  gutnibgen  Hi-nen  fsuktMi,  das«  ftk  iindu'  d^n 
imib  viff  dusend  (lulden  tlu»  Si-liadHii  yi-komnu-n  bin 
u.  s.  1.  !*"  bi'klagti-  sitli  Btirilinrd  in  seinem  Fclidebrirf 
an  d<'n  Uistljof  vtui  Paderborn i  vorlaiigtf  «»'int-  Krb- 
h'Jien  im  Stift  raderbitm  znnhk,  sowie  die  ä()(M)  Gnld- 
^uldcn,  fni'  neltlif  iliui  die  Iläitte.  von  Liebeium  vor- 
pfändet worden  war  *j.  l  utr-r  dem  gniidigeu  H«'rrn, 
dem  sich  Bnrcbard  nun  in  dem  liessistli-iiiiderbornischen 
Krieg  anscldoss ,  ist  utt'enbar  I.and;iraf  Ludwijr  II. 
zu  Hoswen  gemeint.  IHesser  Fehdebriuf,  d«\s.snn  l>atnrn 
nicht  ersiclitlicli,  ist  oftVnbjir  erst  nach  dnm  im  .labre 
1471  zwisthfn  Hi:!esi»'n  und  l'a<ierbi>rn  abjjtesfhlosisi'nen 
Frieden  auf  'A'ii  Jahre  von  Bunliard  von  l'apjjfTdu'iin 
verfasst  word4Mi.  iJvini  der  Biwhof  Simon  von  l'adefbnru 
konnte  sich  nicht  H.ntÄcJdit'sst'n,  dem  linreliard  von 
Pap]H']dKMm  die  ihm  entzogenen  Lehen  im  Iloeh>tift 
Paderborn  wifder  herauszugeben,  wie  es  di««  IJostini- 
nningen  des  Frieden.sscldusscs  erhoiscliten.  Auch  di« 
Spiegels  vom  Desenberge,  wekiie  zum  Aulning  dos 
Uischofs  <j;ehürten,  waren,  da  sie  (iii*  ihnen  vor  dem 
Friedens-sclduss  gehörige  Hälfte  der  St;ult  Liebenuu 
Yorloren  hatten,  die  erlnttersten  F'einde  des  vont  Land- 
grafen von  Hessen    zum    Amtmann    in  ]<ii-Vienan    eing»«- 


*)  I'a'lerliiiiii.  Akt.  «Ics  Marburger  Staatsarchivs. 


setzt«ii  Burcfiurd  vnn  i'iipitfnbeim  gfvvorileii  *J,  Wie 
iiiflit  iiii<l<;r8  XU  i'twiuti'n,  fiUiiien  dies»!  Mi.sshclligkciteii 
iiiicfj  iKt  Fflidi'ci'kliining  Ikirchai'ds  sehr  bald  zu  Tliüt- 
liuljki'itci).  Ks  wariin  zunächst  di«  .Siihin'  des  Aint- 
mtiniH's  Hprinanii  vim  Spiegi-I  zum  SchönebHig  inul 
s<!lii»'r  (ii'inatdiii  .lutta**):  llunrich  und  Selion<'h<'rg, 
wt'lrln'  den  iSuiilKird  v^m  1'.  und  seiin'ii  iJriuler  Fiicd- 
rirh  bidVinde'tiMi.  In  Fulj.««'  dessen  wiird**  ziinüflist  am 
20.  Ortidjt'r  1471)  Ih'iuii-h  viin  Spiegel  vnn  Bm-eliard 
und  Fiii-drich  v.  l'.  im  iVeii-ti  Felde  !jei  Liebeuau  ge- 
fiingwn  gfsnommpii. 

8eine  Freiliissung  erlangte  er  erst,  nachdem  p.t 
Urphetl*'  p«'.scljwoivn  und  gegen  genügend«  Bürgstdiaft 
gelobt  liaftf  bis  znin  2(1.  Dcldber  8(K)  gute  rlieiiiisclie 
üuldgulden  zu  liezahlen  ***l.  Die  ganze  Fehde  wurde, 
am  ]B.  Miirz  1474  auf  Ansuehm  des  Ri!>eliid"s  zwar 
durth  die  Vtinntthuig  des  Landgrafen  beigelegt,  doL-h 
war  di*>si'lbe  hiermit  nfuli  langt*  iiiuht  boendet f).  Denn 
im  ( k'toher  di-s  Jahres  1477  überzog  IJurcliard  von 
l'a]t{ieidieiiu,  verbündet  mit  Werner  von  Ifaiistein  und 
Hans  vnn  Stock luinsen,  das  Hiiclustift  Paderborn  wieder 
mit  Krieg  tf).  Ferner  wurde  Schoneberg  von  Spiegel 
am  2H,  Juli  1478  sun  Hurchard  v.  I'.  und  seinen 
Freunden  —  dem  Joliaiiii.  Hermann  und  Caspar  von 
Midsebug  -  gefangen  genommen  und  zu  Zusehen  ins 
Ciefäugniss  gesetzt.  Nach  Kriegung  (tiner  betriichtlieInMi 
Summe    Geldes     und    Angelobung     der    Urphede    kam 


*)   ZoilschrilY    für   hessische    Ooscliiehte   und    LaiHleskiiiKlD 
Xoufl  FiAfin  -2.  Bd.  von  Stiihei  S.  21  ii.  22. 
♦•)  Wormoler  ürk.  aun.  HM  n.  1468. 
♦*»)  Cojijnlljuih   lier   Uolirüdpi    vair    rapiiGuhoiin,    Kozos-s  uud 

t)  .Stniiunor  (Vjpialljui^h  IJl.  äTU,  Fnlrlcnilirhier  S.  272. 
ft)  Lniulnii.  Hi'ssisilH'  li'ittfiluiij^'eii    I     IJiind  S.  t'>9. 

12* 


180 

Öchonebt^rg   von    Snifgi-I   dann   wieder   frei*).     Wieder 
wurde  am   5.    August.    1478   (Imcli    den    Liiiidynifm   zu 
Hessen  Friede  zwischen    den    fclKlfiideiv    riirthiM4'n    ge- 
stiftet.    Doeh  lange    nneh    na.ch   dßni    Todi'    ßimhards 
von    Fapjienlniini  (|  14!]8)  dauerten  die  Misshelligkeiten 
niid  Güterstreitigkeiten  zwischen  den  Nacti kommen  der 
Familien    Faiipenheim    und    Snit^gel   und    führten    auch 
vielfach    noch    zu    Thätlichkeiten,     In    diesen    Verhält- 
nissen, unter  Kämpfen  und  niaacht^rli*i  Gcfaliren  waren 
Johann  von  l'appenheim  uihI  simih-  Brüder  zu  tüehtig»»! 
ritterlichen  Männern  herangewachsen. 

Bevor  nun  zu  einer   eingehenden    DarstidUuig    der" 
Fehde   des  Johann    von    I'appeidieini    mit    dem    Bischof 
J(diann    dem    IV.    von    Hildesheim    gesehritten    werden 
kann,    ist  es  durchaus  nöthig  im,  allgomeint-n    über   die 
damaligen    Hildi'sheinier    VerhiiUnif«ste    orientirt   zu   sein. 

Das  liisthum  Hildesheiua  dehnte  siel»  damals  im 
Osten  bis  zur  Ocker  und  im  Westen  noch  über  din 
Leine  aus.  Ausserdem  gehörte  noch  zum  Disthnm  das 
Gebiet  von  Dassel  am  Sülling.  An  allen  .seinen  Marketi 
war  das  Bisthum  von  Braunschweigisch-Wolfenbüttel- 
schen  Länderg»^bieten  begrenzt.  Auch  das  (Jebift  um 
Dassel  am  Solling  war  von  denselben  gänzlich  um- 
schlossen. Das  Land  zwischen  Deister  und  Leine  bildet 
die  nördliche  Hälfte  dir  Herzoglieh-Brauiischweigischen 
Länder,  welche  zum  Fürstrnthum  Kaienberg  gehörten. 
An  der  oberen  Leine,  von  Nordheim  über  Göttingen 
südwestlich  bis  über  Münden,  dehnte  sich  die  südliche 
Hälfte  des  Kalenbergischen  LänderantheiU  aus**). 

Der  Ländi.-rantheil  Braunschweig-  Wolfenbüttels 
zerfiel  in  die  nördliche  vtm  ostwärts  der  Aller  bis  west- 


*)  CopialbacU  der  Gebrüder  von  Pappciiheim,   ßezcss   und 
Vertilge  in  Akt.  des  Stanuuer  Archiv's. 

♦•)  NiV'Ji    godiucktou    (juoltcii   üWr  djo   Hildcälioiuicr   Fohdo 
nnd  Mittheiluugon  des  llorni  Arcliiv-Attsiblonteu  Ikliu*  w.  n. 


181 

lieh  iii-v  Ocker  rtiicliende  luid  die  aüdlicht;  etwa  vua 
Goslar  bis  über  die  Weser  sich  ausdeliuende  Hälfte. 
Joliaiin  IV.  Herzog  zu  Siichsrin-Latienburg  war  seit  dem 
Jaliru  160H  Bisc'liuf  zu  Hildesheini.  Sein  Bruder  Erich 
war  sein  Vorgüngt>r  gewesen,  welcher  iui  Julire  15t>2 
niieh  dem  Tode  des  Bischofs  Barthold  zum  Bischof 
da.selbst  erwiddt  wurden  war.  Das  8tift  Hildesheim 
war  schon  zu  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  derart  ver- 
schuldet gewesen,  da-sji  der  Bischof  desselben  oft  nicht 
eine  unvei'pfiindete  Burg  besass,  wo  er  seinen  Woluisitz 
nehmen  konnte.  Diese  Verhältnisse  veranlassten  wahr- 
scheinlich den  Herzog  P-ricIi  zu  .Sachsen  -  Lauenburg 
sehr  bahl  nach  seinem  P!linzug  in  die  Stadt  Hildesheim 
auf  seinen  Biscliofsstuh!  zu  verzichten*).  Derselbe  wurd« 
dann  im  Jahre  1508  zum  Fürstbischof  von  Osnabrück 
und  Baderborn  erwählt. 

Sehi  Bruder  Bischof  Johann  IV.  versuchte,  nach- 
dem er  vom  Papst  noch  im  Jahre  1503  zum  Bischof 
von  Hiklesheim  bestätigt  worden  war,  die  finanziellen 
Veihältni-sse  des  Stifts  wieder  zu  ordnen,  wobei  er  aber 
In-i  di!r  Ritterschaft  des  Stifts  auf  grossen  Widerstand 
stiess,  theils  weil  dieselbe  befürchtete,  die  Macht  des 
Bi.Sfhofs  würde  hierdurch  zu  gross  werden^  theiis  weil 
sie  di(!  ihnen  verpfändeten  Burgen  schon  längst  als  ihr 
uijablösbares  Erbe  betrachtet  hatten. 

Mit  di'H  MiTzögen  von  Braunschweig-Kalenberg 
und  Wolfenbüttel  befand  sich  der  Bischof  nicht  in 
gutem  Einvernehmen,  weil  dieselben  die  Burgen  und 
deren  Zubehörungen,  welche  Herzog  Bernhard  von 
Lüneburg  und  seine  Sühne  Otto  und  Frie(h'ich  von  der 
Grafschaft  Kbersteiri  und  Herrschaft  Homburg  im  Jahre 
143'-{  dem  Bisehof  Maunns  von  Hildesheim  für  eine  Summe 


*)  Lüntxel,    LkUtta;   Jkinemanti,    Brauriscbwoig.  öesoh.  2. 
Band  u.  y.  f. 


182 

Geldi'8  vt!i>cliriL'ljiiii  liatttii.  au-sliweii  wullk-u.  Iliiimit 
war  natürlich  der  Bisehuf  von  Hildtisht-im  niilit  wohl 
zufrifdcn.  iJi^  andere  an  diesen  Hi'.sitzungen  noch  Ati- 
thcil  iKibf.'inJe  Linie  Braiinschweiy-Ltuieljur}/,  welche  das 
Land  iniie  liatte,  das  im  Süden  an  \V»jlf'eid)iittel,  Hildes- 
heim und  Kalenherg  angrenzte  und  sich  nürdlich  bis 
Harburg  erstreckte,  liatte  kein  Interesse  daran,  die  an 
llildesheini  verpfändeten  Scldüi^ser  einzul^isen,  weil  («in 
Sohn  Herzog  Heinrich  dt'!<  Mittleren  zum  Nachfolger 
tle.>s  I{i*.(hof.s  Johann  IV.  hcstimmt  worden  war.  Sclion 
frühzeitig  eiiistarnlen  Reibereien  zwischen  den  unzu- 
friedenen Stiftsrittern  und  dem  Hischof  vnti  Hildesheiin, 
welche  von  den  Herzogen  l^rich  und  Heinricli  von  Braun- 
öchweig-Kalenherg  und  Wolfenhüttel  auf  «las  bereitwil- 
ligste unterf^tiitzt  wurden  und  die  V<irboten  und  Anfänge 
der  grossen  Hüdesheim'sthen  Fehde  bildeten.  In  Lihi- 
t^cFs*}  Besclireibung  der  Stiftsfclide  wird  auch  ein  auf  den 
Hiscliüf  abgesehener  Ueberfall  erwähnt,  dem  der  Bischof 
aber  nidit  zum  Ofifer  fiel,  sntidem  nur  einig«^  Herren 
seines  tlefolges.  Nachdem  letztere  am  li  eine  |{(dle  in 
der  l*a)>jH'iilieiin'.sclieM  Fehde  spielen  und  der  Hergang 
beim  Leberfall  iu  dm  Akten  des  Warb.  St.  A.  ent- 
halten ist,  stv  dürfte  e.s  nicht  ganz  un zweck mii.ssig  .sein, 
über  den  Bericht  der  Akten  hierunter  MittheilungKn 
zu  macJien. 

])en  Hergang  hei  diesem  Heberfall  schilderten 
die  llofJu'rrn  des  Bischofn  in  einem  Schriftstin-k  vom 
'3.  Juli  1514  folgendermassen :  -In  dein  Jalire.  vifften 
Jjimdert  und  elwün  (1511)  am  Abend  der  heiligen  dreier 
Köjiige  dem  hocliwüidigen.  dnichlauclitigen  Imehge- 
Imruen  •''ürsten  und  Herrn.  Herrn  Johann  Biseinip 
tili«  JlildeidJen,  Hertoge  zu  Sal'ien,  lungern  nnd  We-st- 
Ufilcn,  unsre  genädtgen  Herren:    also    K.  f.  (in,   Hmn-d- 


•;  Elioiida  .S    )U 


las 


tii^rru  in  cliit  Kluster  MariciUMtit'  hv  UiklttnljtMi  belegnn, 
ilarfiilvvHht  K.  f.  (1.  der  lir>m'st.eii  FJne  f>yiii'>'  KvunuMpe 
iK^s  DiigHs  linfft  willig  riitfarigeii,  gi'folget  lu'litcii ;  also 
\v\  iiji  (]<"  N^'gede  by  dat  Kloster  gekommen  durch  itt- 
lii;he  liittiT,  dann  hown»  dpni  Kloster  (^yn  Holt  gesti- 
elii't  {Holz  vcrstf'tkt),  ewt-ryleth  (iibctffillen),  ürder  go- 
würpHii  und  gffenklithM  iuigpnomnuii  syu  worden.  L'nß 
iß  nverst  dt's  dagejj  Tiiclit  geseclit,  in  Wfß  Hcnde  wy 
g<*f;mg(*n  syu  und  liefite  wy  fnrdürt  (und  würden  wir 
g(^ford«'rt)  nnli  stelliMi  sollten,  snndenv  unt*  zugesagt, 
wey  wy  au  diMi  Hüjih  kommet),  solle  unß  sodanli  tho 
wi'tendc  wenli'ii.  80  awer.st.  dt-r  Hiip»:^  dy  Flucht  ge- 
nommen nnd  wy  davon  nicht  hcbbrn  kommen  mügtm, 
.sind  «leßludlii'U  zu  Zwillinge  (im  Zweifel)  gestunden,  so 
lange  dat  iirimr  May  Lodcwich  von  Veiten  au  de  Rid«-- 
schap  des  StiH'ts  von  llitdenfieu  gisehreven  und  si<di 
beklagt  hcfft,  dat  lum^  di\s  angetzHgeden  Itages  durch 
lioclige)».  iniimTu  gn  Hern-tr  von  llildenljt'U  mnrglich, 
Ikdranknilic  niyt  der  Najacht  gesulndieir,  dardurch  he 
von  ]*ferdr  und  Knechte  gedrungen.  Heffte  sich  in  der 
8ehri(t  vor  «'inen  llnmntm:inn  de.s  Ftndeli  zu  Marienrodts 
o|ifiitli(k»'  angcgt'upn  nnd  uns  och  ungefülirliche  in  dry 
\\  ML-hi-n  na  .sodau  Ciefenkniss  mit  eyiie  opeii  Brewe, 
daran  8yn  wontlich  lugesegHlle  geih'ucki  mul  gee.schet 
ai»    eyn   Huwetln-r    dt-s  Kadeß,    wy  E.   f.  g.   und  gy  uts 


lierinu   liegende 


Koj 


neu  u.  s.  w. 


Dieser  Urh'i  war  von  den  Hoflierren  den?  Bischof 
drin  Kurd  uinl  llcrbur«!  von  Mamlesloln-  und  .'\srhe  von 
8teinbi-i-g(^  an  dm  Bi.sLhuf  und  dir  Stift^ritti-r.schaft  gi- 
riclitt't.  um  .sic-h  gpgeii  ungereclitn  Jii'.scbuldigungen  der 
Stiltsfrinde:  Jnbst  von  (ileiflingtoi  und  IjU<lwig  von 
Wlthrnu  zu  rrchtlVrtigt'n.  hie  ganze  Saclif  vcrtiielt 
sitdi  ntui  fidgeiulcrnuissi'n ;  lli*»  (ir<i.ssv«if^tt*  nnd  Ibtfhfrrcn 
des  I5i.sclit»l.->  Kord  und  Ibolnud  von  MandeslolH-  mul 
Asche  von  Steiuber^f  waren  von  den  Stiftsfeinden  Jubst 


1H4 


VLtii  GluidiiigLii  und  ilriii  llunuiitii  vuii  Marifnrode 
Luihvig  von  Veltlieim  bei  dem  IJeborfalK*  gi-fangcn  ge- 
riouiTiu^n  worden  und  gegen  das  G«dübde  :  sicli  auf  üiiä 
Begehrten  dtr  Sieger  zu  jeilcr  Zeit  wieder  als  G«;fiinguiiK 
in  diu  HändH  derselben  zu  stellen,  freigelassen  wonk'n. 
Niich  S  Wocben  war  ihnen  dann  ein  offener  Brief  von 
Ludwig  von  Veitheim  zugesendet  worden,  worin  ihuen 
d<«rBe)be  befahl :  dass  sie  samt  zweien  Knechten  mit 
Harnisch  und  rfc-nU-n  drei  Tag  nacli  Empfang  dief^et» 
Briefes  in  der  Taverne  zu  Ilarpeke  bich  eiiizusttillen 
hätten  und  daselbst  so  lange  ein  (lefängnias  lei&ten 
wollten,  bis  er  ihnen  weiteres  befehlen  würde.  Selbst 
wenn  der  Krug  i Wirthtihausi  aUbn-njite,  sollten  sie  so 
lange  auf  der  kalth-n  IStiittt'  halten,  bis  er  ihnen  wei- 
tere Befehle  ertheilen  würde.  Acht  Tage  nach  Empfang 
dieses  Rriefeh  und  nachdem  sie  dem  Bischof  von  Hildes- 
heim sowohl  wie  d»'ni  Herzog  Hi'inrich  dem  Aelteren  von 
Braunschweig-Lfmeburg  ihre  Landes-  und  Heereskraft 
aufgekündigt  hatten,  traten  die  lloflierren  des  Bischofs 
ihr  Gefängniss  zu  llarpeke  an  und  Idiehen  dastlbst  11 
Wocheji.  Erzbiscliof  Ernst,  Prinz  von  .Sachsen,  welcher 
damals  bei  ausbrecliendr-ri  Streitigkeiten  zwischen  be- 
nachbartf^n  Kürstenthümern  zumeist  als  Schiedsrichter 
erwählt  wur<J<%  war  auch  in  dieser  Sache  von  dem  Stift 
Hildesheim  und  seinen  Feinden  zu  Uathe  gezogen  worden. 
Die  gefangenen  Hofherreu  des  Bisehofs  wurden  in  seine 
Hände  gestellt,  naciidem  dieselben  ihr  Gefängniss  zu 
Harpeke  abgeleistet  hatten.  Von  demselben  hatten  die 
Gefangenen  dann  B<'fehl  erhalten,  sich  nach  Wnltuir- 
stiidt  zu  verfügi^n,  wo  ihnen  abermals  ein  Gefängniss 
von  21  Wocben  auferlegt  wurde.  Nachdem  diese  Zeit 
abgelaufen  war,  wtirden  .sie  einstweilen  freig(das.stin. 
Ihre  Saclie  war  unterdessen  zur  Verhandlung  gekommen. 
Der  Erzbisciiüf  Ernst  von  Magdeburg,  der  Bischof  von 
Hilde^sheini   iiful  Ijudwi;^  von  Veiten  hatten  in  Maricnrode 


J 


ia5 


eiuu  ZiKHatmuBiikuiift  gelitibt,  wo  der  StM;liv(T]Kilt  ln-i  ilt^iii 
I  clK-rfiill  festgestellt  wurde.  Diu  Stiftsfeinde  Asche  vom 
Kiiuniiic  mi"l  Jnst  tUeidiiijzen  liatten  tiäiidieh  hehiuiptet, 
dasü  siu  die  Hnflierreii  bei  dem  1  (d)rrfall  idiein  gtfiingen 
genommen  hätten,  und  dietielhen  deshalb  nur  ihren  l!e- 
feliien  sich  fügen  müsstf-'n.  Ludwig  von  Veiten  g.'«b 
hiergegen  indessen  freimUtliig  an:  die  llofhwren  des 
nisclittfs  wären  ihm  durch  seine  Knt^chtp  in  die  Hiinde 
geliefert  worden,  und  die  Fanggidden  seien  im  Heisein 
der  beiden  «Inngherren  Jost  von  Gleiditigen  ntui  Ast:he 
von  Kr.imme  von  ihm  den  tlefangenen  absrenomme.n 
worden.  Anch  Kord  von  Mandeslohp,  dei<  .seligeu 
Hartolds  Sohn,  hatte  brieHitb  angegeben:  niubt  Joböt 
\on  trieidingen  od^r  Ascbe  von  Kranune  hätten  sie  ge- 
fangen geuoninum,  sondern  ein  Kurcht  Vernt  genannt. 
Jter.">elbe  Knecht  habe  ihm  dann  auch  zu  llarpi-ke  einu 
güldene  Kette  abgenoinnn^n  und  im  Beisein  vi^Oer  Juiik- 
herren,  Franen,  Jnngfrauen  und  Knechten  xu  Aschwrs- 
k4)eM  zn  Ludwig.s  von  Veiten*  Handsuhidil  gemacht. 
Letzterer  erbot  sich  dann,  die  Gefangenen  gegenüber 
den  Forderungen  des  Jost  Gleidingen  und  Asche  von 
Kramme  zn  verantworten,  wenn  dieselben  sieh  ihm 
wieder  zu  Wolmirstädt  .<tellen  vvCirrlen.  Asehe  Kramme 
und  Jost  Gleidingen  hatten  hingegen  verlangt,  die  Ge- 
t'aijgwnen  sollten  sich  ihnen  zu  Züptzen  in  Polen  stellen. 
Letztere  Ixguheii  sieli  jedoch  nach  Wdlmir-städt  und 
leisteten  dort  abermals  ein  !iart<'s  Gefiingniss.  I>arauf 
wurden  sie  in  den  llnf  Kormessen  auf  der  S.  Moritz- 
burg  zu  Halle  iK-folih-n,  wo  dann  der  Erzbisehof  Krtist 
von  .Magdeburg  eirn-u  Recht-ssfiiuch  in  dicsi-r  Streit- 
sache zwischen  dem  lüsebof  von  llildeslieim  und  dem 
Ludwig  von  Vcitnu  dabin  tliat,  dass  die  Gefangenen 
1  r[»bi'di'  /u  leisten  hatten  und  dann  fr<'ige8]iroi-ben 
werden  »ullten.  IHeser  Rechtsspruch  wurdi-  angenommen 
und    dii-  Gefangenen,   nachdem  sie   ürphede    gesihwuren 


ISli 


liatlen.  ilm-s  (i*  f;uiyrji.ss;ib  i-iitlii&si;ii.  Nutli  ileiii  Tode 
df«  Fii/bisi:b(tfs  Killst  von  Mu^ilebur^  (tK>l3)  wnitl«'ii 
die  Hiiflicririi  d«'.s  UlsiliotVi  uuf  niin-  unbciTtlitiHtf  M;ili- 
nuiig  sicli  zum  Gefiingiiiss  zu  st<^ll*Mi  gt^nüthiyt,  .sich 
vor  der  vf^rsaTiiriTcItMii  Kitterschiift  di's  Stift«  Hiklehlieini 
iiHcliinals  zu  vrnuitwortHn,  w;<s.  wie  ol>cii  angeführt, 
im  Jalir  ir>14  geschah,  worauf  du-  tinbfgrüiuhten  Khigen 
di'i' Stiftsfiimlf  ahgf'wicsi'ii  wurden  nud  weitere  Anklagen 
unterhliflieii.  Im  h('>l(eien  Vxiud  zu  f^rustlielieren  An- 
lässen —  zur  ;.'n>?^sen  Mildeslieitiier  Felmle  ---  wurden 
dit'^  JStreitijikeiten,  wt'kiie  im  Jahte  1014,  lölf»  urnl 
ir>](>  zwischen  dem  Hisilmf  vnn  llilde.sheim  und  seinen 
iStift.srittern,  den  Metren  von  iSaldern.  wegen  der  Eiu- 
jnsini;;  Üinr  Hurgen  ausgelirnL-hcn  waren,  wuraut'  hier 
niehJ    vM'iter  i'inge^angen   werden   kann. 

Zu  iliesfr  Zeit  hatte  auch  tlie  Fehde  des  Johaiui 
von  Tappenlieirn  mit  deuj  lii^ehnf  v(ni  llildesilieini  ihren 
Anfang  genonnni'n.  Am  11.  November  Ifilö  beritditete 
der  Üischof  Kri<h  von  n.suiihriiik  und  l'ailerbnrn  au 
rien  Stntthniter  zu  Kas.-;el,  Krnfit  von  lin<lenhanseti ; 
Johann  \nn  FaftpiMiheiin  .sei  mit  seinem  Anhang  in 
das  Amt  Aertzeii  hei  Hameln  eingefallen  und  habe 
den  lUssehötlieh-llilde.stieiniiHehen  rntt^rthauen  dn^eibst 
gros.«en  SeliadtMi  zugefügt.  l)ieser  Angrifi"  auf  da.s  Stift 
Hildpsh*'itn  wiUe  aiitli  von  etlitdien  seiner  l'ntfrtLanen 
ohne  sein  Wissen  und  Willen  unterstützt  worden,  wes- 
hiilb  er  heiiireirte.  obgh'ieh  er  sonst  mit  .seinem  Hruder 
gut  stände,  der  ISistlnif  könne  ihm  entgelten  lassen, 
und  er  bitti'  ihm  nntzntlieiliii,  wa.s  er  zu  erwarten 
liiihen  würd*',  wenn  er  die  Verwalter  und  liäthe  dus 
Für.'ätejithums  H^jssen  um  Hülfe  er.'^iK'hei»  vviinlH, 

DtT  Hischof  von  Hildesheim  befand  sich  indessen 
s(dinn  zur  Zeit  in  Virhandhingen  nnt  der  dainaligen 
Jtegentin  von  lb'.s,sen  —  th/r  Lanilgr.itin  .\tina,  )un  dem 
gewaltsamen    Vorgehen     dos    Johann    von     ['aii|>iMiheun 


gegBii  daM  iStift  Hi!(lt'«lifiin  wiii  Kiulc  zu  itucluii.  Jinlcin 
ft  sicli  liittcr  tiluT  .Itiliaiiii  vdii  I'u|i}it'ii]iriiii  ln>i:linfi'te, 
wnkher  ilnn  v'uvm  M.'iiini|iHiili"Mi  liaik'MiM-lilii],'  vci^ctzt 
habe  —  wie  t-r  fiiifjiili  -  vi-rliiiigt>'  im-:  Kiitsiliiuligmij^ 
iinil  Einstellung  Ai-v  Kdiilc  hif  LinnlgräHn  viTsicUcrk^ 
(Ifin  Hiscliof  in  «'iiieni  Siliicilicn  vuiii  2!{.  l)<-zt'niht'r  löli"): 
«las.s  ihr  (lii-  Filid*-  ni<|it  lieh  mA,  und  sit!  .-sicIi  hIIi; 
Miilic  gfbfn  \\r>liH,  den  Jtdiiiiiii  von  Pappenlie-itn  zur 
Kini>ti'llnnjur  d«  r  F(did<'  zu  bewrgcii.  nrn  alle  Streitigkeiten 
auf  friedlicliejn  AVege  zu  selilii  Ideii.  Jnliann  vuu  raji[ien- 
luniu  äusserte,  »ich  djinti  auch  f<ilgi  iideruiassen  auf  ein 
Oll  dm  vciu  der  Laudgrätin  gori(ljtetes  Schreiht-ii :  nach- 
dfUi  er  mit  dem  Grossvrtgt  di's  liiseht^fs,  dem  Herbord 
vnn  ]Majide.slwhe.  Sfreitigkeitin  gehabt  liabe,  su  sei  an- 
fangs Sein  ganzes  Ik*mnti»ni  darauf  hin  gerichtet  gewesen, 
dieselben  auf  friedlichi-  Weise  zn  sihlieliteii.  Mit  (.'iner 
V'ursihrift  (d.  li.  liegb-itsthreibHu  i  der  l^andgräHii  liabe 
er  dein  Bischdf  dann  scliriftlieh  seine  [lesclavt-rdcii  über 
3[aiid*-silolje  zugesendet,  aber  wtder  vom  Uiscliuf  nueh 
dem  Mande^lnhe  eine  Antwort  darauf  bekornnu'n.  In 
F<ilge  dessen  hätte  sich  iliinii  die  Fehde  zwisttnii  dun, 
dem  f{i>ch()f  und  Herbord  von  Mandeslohe  entwickelt. 
Jedutli  nur  die  äuf>serste  Notli  habe  ihn  dazu  bt;w»igen 
oder  gehracdit,  dem  l!iselif>f  und  seinen  ruterttiaiien 
die  \Varuiu)g  und  Erklärung  zu  übersendHU :  da.s.s  er 
von  nun  au  mit  seinen  Helfern  und  Itelfer.sheitVrn  de*; 
Hiscliofs  und  «eines  F^andes  Frind  sein  wulle.  Damit 
dit'  Landgriitin  nur  iiielit  glanbr  -  wie  vniii  liischof 
bi  liaiiidet  uiinb',  —  daö«  er  die  Feluh-  aus  Miitliwilleii 
bi'gontien  habe,  erklare  er  sich  zu  eiueui  W  affetistill- 
stand  in  der  l''idnie  und  »n  einer  '1  ugsatzung  bereit 
und  sehing  <'iiii'ii  lli-stand  der  Fehdi-  bis  xuiii  'M.  Mai 
vor.  nirsei  'l'tiiiiin  eix  bieii  iler  Ijandgrätiii  zu  kurz, 
und  dieselbe  rrsuthtf  itiii,  d<'ii  Stillstand  dt-r  Fehde 
liucb  zu  verlängern.     F.ine  Tag.sat/ung  mit  dem  lüsthof 


188 

wurde  (liiiiii  <un  17.  Juli  zu  Höxter  verabrydet  uud  dw 
Stillstaiifl  der  Fuhde  bis  zum  25.  .hili  hinausgeschoben. 
Kurz  vor  dvr  anpesctzten  Tajjsatziini?  liattr«  nun  di-r 
Bischof  durch  M-incn  Diünfr,  den  daumli>,'pn  Amtinaiin 
auf  der  Toncnburj;  bin  Höxtpr  Starius  vnn  JJiincbhaiiseu 
dvr  Lundgiätin  schriftlich  inittheilwn  lassen,  dass  er  zu 
diT  aiigcsiftztcii  Tagcssatznng  nicht  kommen  köniio, 
ihr  später  aber  («iue  Tagsatzung  am  5.  August  vur- 
öcliltigcii  lassen,  mit  dem  Krstuhen,  dit'sclbt»  ])ersöt«lich 
zu  besuchen  und  mit  ihm  daselbst  zuj^amnicnzutreffen, 
Dilta  letzte  Scliretbrn  ist  vom  29.  Juli  datirt  und  vom 
Hischof  wurde  eine  i»f»rsiinlic'he  Zu.samiiicnkunft  mit 
der  Landgriltin  hauiit.säcbhch  desshalb  begehrt,  wuil 
vv  wünsehti;,  einen  früher  .schon  zwischen-  Hcs.sen  und 
Uildcfiheim  aufgerichtetiiii  Vertrag  zn  enuHU-rn  und  zu 
befestigen,  —  DiT  Statthalter  Krafl"t  von  Bodenhausen, 
w^'lchem  dies  Schreib<*n  von  einem  Boten  des  .Starius 
von  Münchhuusen  zugestellt  worden  war,  konntt*  das- 
selbe di-r  l^andgrätid  nicht  gleich  zustellen,  da  dii^selbe 
abwe.'it^nd  war.  Fast  am  H.  Angu.st  Morgen.s  war  dies 
Schri'ibeii  zur  Beaidwtirtiirig  dem  Jobann  von  Pappen- 
liuim  zugesendet  witrden.  Tnter  anderem  schriet»  der 
letztere  wiirtlich  folgendes:  Diewi-ile  .solche  Zusammen- 
kunft meiller  gnädigen  Frau  und  des  Bi.sehofs  mir  wio 
meinoi  Gesellen  zu  hiugweilig  werden  raöelite  und  in 
vorliegender  Gestalt  nur  zu  IJii kosten  und  iScbadon 
gereichen  wiirile,  so  habt  ihr  wohl  abzunehmen,  was 
ich   ihrer  Gnaden    für  eine    Antwort    darauf    nur    geben 

kann 

Der  Hess.  Katb  lt<  1  Löweiistein  zu  Löwenstein  tlieiltc 
dem  Johann  v(iii  l'anpi-idieini  ilar:^uf  am  4.  August 
mit:  Sobald  er  zur  Regi-ritin  ntui  .seinen  Freunden  käme, 
würde  er  anf  Mittel  und  \Ve|;e  denken,  die  ihm  gidegen 
wären,  um  airf  seiner  Feh«bf  zn  beliarren  —  doch  bis 
dahin  —  möge  er  in   Ruhe  stehen.  —   Die   Tagsatzung 


fand  nun  wahrschRinlich  dessbalb  niclit  Ktatt,  wi-tl 
Jdliaitn  von  raiipfiilifiai  nitlit  znjürSLjiricl)i'ii  Imth',  dur 
angf.sttztL-  'IV-iuiiii  zu  kurz  wm-  iiiul  die  Landgräfin.  dimh 
R(^giprui)gögescliäftt'  vi'rliindi-rt.  vvtirdi-,  dciistilbfu  zu  hi-- 
sucliMi.  Die  Antwort  iK'S  Johann  v<.)n  Pappfnlifirii  war 
dfim  St.  von  Miiiii.ljliaust'ji  auth  üngtsamlt  vvordon. 

Nach  den  Angaben  des  Starius  von  MihicldiauHen, 
war  der  Bischof  chuth  das  Nichtzuatanilekommen  d^r 
Tagsatzung  nnd  Nichtersciunni'n  der  [/andgrätin  sn 
iirgerhch  geworden,  tiass  ein  paar  Wochen  vergingen, 
ehe  er  geneigt  war,  die  Verliandhingen  vvii-der  aufzu- 
nelmien.  I'is  zum  Eiule  des  Jahres  IhUi  wurden  noch 
nndirere  Schreiben  zwiselien  der  Ilildesheinisclieu  und 
Hessischen  Itegieruug  gewechselt,  welche  jedocdi  zu 
keineu  Verhandhingeu  fährten,  weil  der  Bifseliof  die  :in- 
gesi^tzten  Tagessatzungen  jedesmal  kurz  vor  ihrem  He- 
gitni  absehrieb.  Vielfach  liatte  Johann  von  Pappeu- 
heim  der  Landgriilin  schon  abgenithen,  sich  mit  dem 
Bischof  in  weitere  Verhandlungen  einzulassen,  da  der- 
selbe eine  Beendigung  der  Fehde  auf  dem  Wege  des 
liechts  gar  nicht  beabsichtige,  sondern  nur  danach 
strebe,  ihm  dieselbe  bis  in  den  Winter  hinein  unmöglich 
zu  madien,  I)<ich  die  Landgräfin  hatte  trutzdeiii  die 
Versuche  einen  Frieden  herbeiKuführen  nicht  aufgegeben, 
und  Jobaiui  von  Pappenheim  war  dadurch  gezwungen, 
den  Stillstand  der  Fi-hde  bis  zum  Jalu-  1517  einzuhalten. 

Im  Anfang  des  Jahres  1517  gelang  es  dann  auch 
dem  bischöHichen  Ditiier  Starius  von  Münehliansen  den 
alteil  Vertrag,  welclier  ehemals  zwischen  den»  Biselmf 
Bartholt  von  Hildesheiui  und  dem  Landgrafen  Wilhelm 
von  Hessen  im  Jahr  14111  den  24.  Septendier  auf 
20  Ja)ire  abgeschl(»syen  worden  war,  wieder  mit  d**u 
Hessischen  Ruthen  zu  Kinheek  aufzurichten  und  zu 
erneuern.  Dieser  Vertrag  erschien  dem  Juliann  von 
l'aiipenln'im    für    ilie     Fiu'tfiihrnng    seiner    Fehde    sehr 


nachtlieili)z.  wiilirMlMrnlic-li  weil  sie  auf  Gruiiil  iWsi>lbi'ii, 
ganz  lUH'li  l'K'lii'beii  der  nevolluiätliti^'tcn  bci<li*r  Lntidfr 
ht^igt'lfgt  wcrdi'u  kdiint»',  olin»'  üubei  auf  sfini'  i?viMitnr!l 
bfri-clitigt»Mi  Kftnb'ruiigiMi  liüi-ksii-ht  zu  ju-hmfii.  An 
diMnsi'liir'ii  Tiigf  —  walirscheinlicli  am  I.  April  — ,  an 
wclclieni  di-r  Anifnianii  Stnriu»  von  Müiichhausm  nnd 
di«*  ht\si<istli»'n  Ixiitln'  in  Kinbtck  sieb  zur  Alt.scldifhsung 
don  VertragHs  versammelt  hatton.  f^rgriff  Jobatin  vim 
I'a|>p<'nbeini  wieder  die  ( •ffi-nsive  in  der  Febde,  indem 
er  im  (Jeriilit  Aertzen  bei  Hameln  die  StiftHunterthanen 
angriff.  Kin  Dort.  Lfider  gKiannt.  wurde  hierbei  vpr- 
brnnnt.  Krlolgrridi  drang  er  dann  nucb  weit  nb«*r  «Im- 
WeHer,  Leine  und  Innerste  ini  Stift  llddesbeim  vor. 

lieber  die  Art  und  Weise  seine»  Vf>rgehejis  und 
die  Ansfrdnung  dieser  kriegerischftn  Ihitwnebmungen  ist 
wenig  bekiinnt,  <la  die  {'tirresiniiub-nzon  darüber  nur 
einige  Tlüitsarlien  beiiiliten.  Das  Haus  und  Cieri<dif 
Aertzen  war  damali>  vuii  ilmi  HisLlmt'  von  Hilde!^beim 
nn  den  StiirinH  von  Müncbliau^^ien  und  den  Heinricli 
vrni  Hiircicnberg  veri>rän<let  worden.  Letzterer  war 
Unterfban  des  Bischofs  von  I'iiderborn  und  hatte  früher 
zn  den  Feinden  de.s  Stifts  Hildesln*ini  gehurt*).  Auf  das 
Aiisijtheti  uiiil  die  Hitte  des*  Hi.sihofs  vou  Paderborn 
lies.s  Jobann  von  Va|iiienlieini  die  Güter  und  linterthanen 
des  Heiniitli  von  Hardenberg  im  (Sericht  Aertzon  nn- 
behelli>it.  Kh  bei  lioch  erwiUuit,  dass  Heinrich  von 
ilardetiberg  im  Jalir  lälH  mit  den  Müinbhaiisens  in 
eiupn  ern.stlichen  Streit  wegen  der  l'jnuahmen  des 
Pfandliaiines  Aertzen  gerieth  und  dadurch  veranhiMst 
wurde,  stcb  in  die  |)ien,«ste  des  Bischofs  Franz  V(»n 
Minden  zu  Itegebeti.  Letztf^rer  zog  dann  mit  aller 
Matld  atu  H,  Se|itenil><-r  ir>l.S  vor  das  Haus  A«^rtz«"n, 
Ulli  da<si'lbr  .tii/.iuii'litnen,     was  ilini  aber  nicht  gehing. 


')  llfiucnntnu.  ilfw-lt,   von  Hrauiisuliwei«;  2.   IJd.  S.  213. 


UM 


D**i"  Hiscliof  Juliiijiii  IV.  liattf  zu  ilii'Nfi'  Zi'it  ila^  {iunze 
ilans  Ai'tt/.fJi  fiir  !KK^  lliililcii  Jii  den  Sfinins  tiixi 
.l(jl».'>t    Villi     Miiiirliliitiiwii     \ri|it;iiKlrt.      CtHrt'sjminlriiZHii 


Vdiit  7.,   1*.   und  '2H.    Aiiiil    Miuir    vuui    l.   M;ii 


■k-li 


vom  Hisfliof  vuii  HiMfslicirii  und  ziuiii'ist  vinn  Sturius 
voit  Müiiuliliiitiscii  iiii  dii!  Landgrüiin  Anna  ntui  diu 
hii-ssisclie  llt'gifi'ting  abg»\si'nilt't  wurilt'ii,  hiTiidjtfti  in 
klagender  \Vi;is(>  über  ilii-  Anyriffi-  des  Jnliaiiii  vrin 
]/a)>jK'idifim  luid  die  Bcstliiidijiungen,  w^kdiw  tlerselbn 
ilincii  utnl   ih'ii  iStift.snntritliitncii  zugntögf  liiibf. 

StiU'lHS  vuii  llünL-hliuusoii  b(.'bt  in  dvn  Klagen 
g<-^i'n  Juliariii  von  Fji(i[ifnFn'iin  buti|tt>iu  Idirb  bi^rvor, 
dass  U'tzti'i-*'!'  ihn  sn  scbuiidilit  b  ruissbatulflt  und  j;h- 
scliädigt  bald-,  weil  rr  dnn  iilti^ii  Biitidnissvi^rtrag 
xwistbcri  Ib'ssru  tind  Hddr.sbi'im  üum  Wnble  hi'itb'f 
Liiiub-r  wii-diT  Hutgt'iitrbt«'!  und  t'innnt  -  zu  Abscldtis^ 
gebracht  buhe.  Ki-rrn-r:  .lubjuin  von  PappHhliwim  be- 
fürthti'  li:ni[)tsiudjb(b  dniib  den  Vintnig  in  sc^irnT  Fcbdc 
bi'eiiihiitbtigt  und  briiuLbtliieiligt  zu  Wfrdi'ii,  bcstntidfrs, 
wriut  IM-  g^•zwungen  .sei,  .sieh  auf  friedlichem  Wi-ge  mit. 
dpiai  Jli-schof"  zu  Vfrgli'itln'ti.  Im  wciti^rcm  bH;iri.>[)riKhti' 
StarJn«  den  Schutz  Ib'sstMis  gegen  das  genv:dt>!anii'  \«jr- 
gehen  seines  Gegners,  Weil  er  als  Amtmiuiii  von  der 
Toiienburg  mit  Hessen  verwandt  oder  besisissther  l  iitri- 
than  warf.  —  (Das  Stift  Corvey,  zn  welchem  die  ebe- 
nialige  Tinienbnrg  gehörte,  stand  datnuls  unter  bessiisubeiii 
Sfliutz.)  —  Auch  über  den  Bisubnf  von  Paderborn  er- 
ging sieh  Starifis  in  Klagen,  weil  derselbe  den  Heinrieb 
von  Hardi-nlierg  unter  meinen  Sebutz  gestellt  habe, 
während  i-r  iini  dem  gewalttbätigen  Vorgeben  dis  Jubann 
von  l'apivenbeim  gänzlich  preisgegeben   liabe.   -- 

Der  Hiscliof  von  Hildesheim  btTlclitete  ebentalls 
in  seinem  Brief  an  die  Landgriilin  Anna  nichts  andern« 
als  Beschuldigungen  gegen  spinen  Feind,  den  Juhafni 
von   I'a]i]<enlieim,    und  tbeilte  ibr  unter  vielem  anderen 


192 


mit:  (laas  Jolianii  von  Pappi'nhcini  in  di-in  Hylensi^chpii 
Walde  ilrei  Männer  —  sein«?  Unt«*rthnnen  —  gefangen 
gi'ii(»Mini<Mi  hiibc,  wclclic  sich  noch  im  G<'f;ingnis*.  za 
Linbenau  befainJi-ii.  Jubann  von  Pappeuhfini  «^rklurte 
anf  alle  dicso  Anklagen  dtr  Landgrätin  Anna:  vor  Ab* 
»chluHS  d<^8  HiiTiduissvpvtragPs  —  d*T  oben  erwähnt  — 
habe  er  dem  Bisclmf  und  Sfim-n  Intcrtlianf^n  gcnfig«>ndi« 
Waniungfii  iiiiil  F('b<i«'brief('  zngcdien  lassen  und  werdo 
ihre  unbtTechtigtiMi  und  übermütbigen  Klugen  nicht 
weiter  btTra-kniubtigen.  Ausserdem  wären  ihm  im  Ge- 
richt Aertzeii  Knechte  in  einer  ganz  gi-ausamen  Wi'isp 
getödtet  W(»rden. 

Die  Liuidgräfin  hentühtf  sith  indi^.sssen,  auf  dif  vie.l- 
faehcii  (Jesiiche  d^s  iJiscIiots  und  d<-s  Amtmanns  von 
Müucldiausen,  einen  Stillstand  der  Fehde  und  friedliche 
Violiaiidliiiiyf^n  zwiBchen  dnu  beiden  feindlichen  l'ar- 
thi'ieii  hi'ib»>izuftilirfti.  Am  7.  Mai  hatte  sie  eine  Tag- 
»atznng  für  dt;n  !l.  Joiii  aiiberaiiint,  womit  »ich  der 
Biscliof  «'inviTstandi'U  nklärte.  —  Aber  am  nämlichen 
Ta;^  sendet^'  Jüliaim  vdh  Pap[)enheim  von  noiieni  einen 
F(*]id«"tniiif  an  das  Donikapitel,  an  den  Dürj/ermeister 
und  liath  der  Stadt  llildesheim,  die  Ritterschaft  und 
alle  Stünde  des  Stifts,  worin  er  den  benannten  ins 
tji'diielitiiiis  zurückiuft :  —  dass  er  wegen  der  Anforde- 
rung, Welche  er  an  den  Ileibold  von  Rlandeslohe  zu 
nia<']ien  habe,  wie  iliiieii  wuliUji-kanut  sei,  dem  ganzen 
Stift  die  Fehde  s<rhon  lange  erkliirt  habe.  Fevner  stellte 
er  sie  folgendermassrn  zur  Rede:  Sn  bah"  iefi  mich 
solcher  Fehde  etliche  meiner  Knechte  zn  Fuss  jüngst 
gewesener  Zeit  auf  Fach  als  meinen  Feind  anzugreifen 
auHgefi^rtigt,  <lie  dann  auf  dem  Holts  (wahrscheinlieli 
(Holz  oder  Wald)  nach  Lntger  mit  etlichen  LandstraMseii. 
Waiulerei-ii  und  Kohh'ufülireni,  den  von  Schwiecliels 
ziigehihig,  gemangelt  (gefuchten.)  In  solcher  Handlung 
einer    tm-iuer    reisigeti   Kiieeht,   Kiniz    genannt,    den    ich 


von  Jiigpiid   auf  reisig   erzognn   von   den   Wyilderwetien 
(Feinilen)    «rsclir>ssfi(    uml    «tiitlcibt.     Davon    waren    sie 
aber  nicht  gosiittigt,   sondt^ni   darüber  durch  den  hoch- 
miifclügen    und     blutgierigen     Kurt     und     Ludwig     von 
Scbwifchel    ihm    nach   Entleibnnge    durch    den    Diebs- 
henker   ohnp  rechtliche    Ürdnimge    als   einen    rovetter- 
lichen  (raubritt*'rlichen>  Obenkttitthor  (Abenthf-'urer)  rath- 
stosen   und    richten    laßfii:   und   hewct   lliiie    mir    zum 
Hohn    und   schniähligen   Spott  und  möglichen    Nachteil 
zu  Salzkittel  bei  dor  Ilnndwaßen  (Landstrassen)  gesetzt 
und    vor  ein   Sjjiegel  aufgerichtet.      Das    ich    mich    mit 
dem   erwehren,   dermassen     zu    handeln,    das«    genannt 
und  7M   ihme    —   al«    KitternUis.sigen    —    noch    keinen 
andfrn   dess  adelichon  ritterlichen   Gelübdes   oder  ihren 
Mitthelfern    solches    zu    bestehen     nit    hat    vennuthet. 
Auch    soJiches  obens  aus  alten   Herkommen,   sonderlieh 
in  gute  Verwarnungen  und  Fehde  meines  Vorsehens  nit 
gebräuchlich.     Wi*'    erhahrlich    ihm    dasselbe    ist:    Das 
steil  ich  zu  Euch  uiul    alli-    bysinnige    Menscheuherzen 
zu  ermessen;   —   mu.ss   solchen    dem    allmächtigen    Gott 
und  der  Zeit  befehlen.    Ich  habe  Jetzo  einige  der  Euren 
aus    euer    Stadt    Hildesbeim,    die    da    wohnhaftig    sein, 
in    meiner    Haft    gefiinglicli:    was    ich    mit   denselbigeu 
euch    wieder    tliueus    wiederum    beginnen    werde,    syn 
ich    noch   he    bedacht "    Den    Brief   der    Land- 
gräfin vom    7.   Mai   beantwortete   Johann,    nachdem    er 
ihr    den    Verlauf   der    Fehde    mitgetheilt    hatte,    wie    es 
schon  erwähnt  ist,  folgenderma.ssen  :  Dass  er  seinen  so 
schändlich  geschmähten  und   ermordeten    Knecht   noch 
nicht  gerächt  habe  und  seine  sämmtlichen  Knechte  sich 
solange  darüber  nicht  beruhigen    würden,    bis  entweder 
diese  grausame  an  seinem  armen  Knecht  verübte  schänd- 
liche That  durch  Wiedervergeltung  gesühnt  worden  wäre, 
nder  der  K(ir]ier  seines  getödteten  Knechtes  in  geweihter 
Erde  nach    christlichem    Brauch    bestattet   worden   sei. 

N   F.  XViJ.  Bd.  13 


UM 


Erst,  wc'jiii  tl:is  ».'iii>'  ndi-r  amlcri'  gcsclii-fimi  wäro.  kiiiine 
t>r  sich  auf  t*MitMi  Stillstand  ült  Fflide  eiulas.snn.  Die 
LaiuIgiiiHii,  wi'K-h<i  bi'sorgt  war,  diM"  üisf[u>f  könne  der 
HHSsisclitiii  H<'gii'rniig  ScInviorigk^Mtfii  bri-citeii,  da  er 
di«  strcngöti'  Kinhaltuug  d<'.s  l'liuungf^vi'rtrajji'.s  forderte 
ntid  die  Einstt'lluiig  der  ihm  so  lästigen  Fidide  des 
Johann  von  I*ai>p('id)eini  unt4n' alltMi  rm.stäuii»^  vt-rlaiiffte, 
8nclitt>  —  dinTli  vi(-lfa<ln>  Erinalmnngifn  und  llmhutigen 
—  den  Johann  vnn  l'a]t])»']dH'ini  zu  Itewegen,  seine  An- 
ftirderiingf'n  an  di-u  iÜM-lmC  vuid  s<üne  Stiftsritt.<'i'  fallen 
zu  las.si'H  und  in  einen  Stillstand  der  Fehde  "■niziiwiiligen. 
Ausdrikklieh  fügte  sie  auch  nocii  hinzu:  sie  müsso 
diesi's  ihres  Herren  und  iSidmes  wegen  verlangen,  um 
den  Frieden  mit  dem  Stift  Hildesheim  aufrecht  zu  er- 
halten. Nachdem  Johann  von  Pappeidieiin  hierauf  aber 
nif-'ht  einging,  befall!  sie  ihreu  Käthen  init  ihm  /u 
handeln  und  hdgendes   von    ihm    zu    verlangen: 

1 .  den  Bestand  der  Fehde  ohne  Weigerung  an- 
zunehmen ; 

2.  ilinr  vcirznlialtcn  :  dass  er  vernuige  der  hifbenauer 
Pfandversebre.ibung,  -  keinerlei  Fehde  oder  Krieg  gegen 
andere  zu  führen  berechtigt  sei ;  er  tliu**  dann  das  mit 
Erlaubnis^  eines  Fürsten  zu  Hessen  oder  desselben  Ver- 
walters ; 

3.  wenn  er  sich  länger  weigere,  den  Anstand  und 
die  Tagsatzuvig  anzunehmen,  sollten  sie  ihn  mit  keinerlei 
Hülffi,  Verschub  und  rntersthleifmig  unterstützen  und 
im  äusserstf^u  Fall  gfgen  ihn  werben  Auch  wurden 
diese,  gegen  Johann  von  Papiieuheim,  von  der  hessischen 
Regierung  ergriffenen  Älastsregeln  dem  Iii.sthof  von 
HUdesheim  schnftbch  mitgetlieilt,  um  ihn  zufrieden  zn 
stellen.  Aber  zugleich  raussten  ihm  auch  die  hessischen 
Käthe  am  2H.  Mai  mittheih^n:  da.s.s  Johann  von  Pappen- 
heim den  Stillstand  tler  Fehde  noch  niclit  bewilligt 
habe,  weil  sein  geschmähter   Kjiecht    noch    kein  christ- 


I 
I 


Ulf» 


lichf-s  Rfgrübnifjs  iTlialtcn  hätte.  Naclulem  der  Riscltof 
und  Hi-\\w  Stiftsrittcr  (liesem  Verlangen  des  Johann  vun 
rappfidifinv  nicht  imi-tikainen,  so  verstrichen  die  von 
(ItT  Laiulgriitin  !iiig»',s('tzt«'n  Tagsatzungeii  im  Monat 
Juni,  ohne  dass  verhandelt  werden  konnte.  —  In  Zu- 
si-h ritten  vom  1.  und  H.  Juli  vom  Bisehof  an  ttie  Land- 
Ijjrätiu  berithtete  derselbe:  dass  Johann  von  l'appen- 
heim  ibni  nun  Antwort  auf  die  angesetzten  Tages- 
satzungen gfgebi^n  habe,  indem  er  über  die  Weser, 
Leine  und  Iinierste  •  im  Stift  vorgedrungen  sei,  seinen 
geistlielien  l:r>t<'rtliatjen,  den  MarscliiUlen  Knrdt  und 
Ludewig  von  Sehwieheide,  aus  ilein  Kleister  Reichen- 
berg  am  Harz  (hei  Gofdar),  44  Oehseu  tiehst  mehreren 
üeffiiigeiien  genommen  habe  und  auf^serdem  noch  viele 
Bescliädignngen  zugefügt  habe.  —  Obgleicli  nun  die 
Schwichelder  den  Johann  von  l'ap|ienlieim  treundlieli 
hatten  bitten  lassen,  ilmen  dii?  ()ch*icn  nnti  Gefangenen 
wieder  zuzustellen,  so  habe  Joliann  dieselben  doch  bis 
nach  Liehenau  mitgenommen. 

Ferner  beschwerte  sich  der  Bischof  über  den  an 
seine  sämmtlithen  Stiftsnnterthanen  gerichteten  Fehde- 
brief des  Johann  von  Pappen  heim,  in  welchem  der 
Bischof  gjinzlieh  ignorirt  worden  war,  und  sagte 
nnter  vielem  anderen  folgendes:  „Uiide  können  über  des 
Fappenheims  Sehreiben  nit  to  fül  utwundern,  dat  my 
alle  liandeln  schol,  wo  ome  gefällig.  Went  J.  Tj.  und 
gv  liebben  gut  wetten,  dat  in  allen  lianden,  geistlich 
und  weltlich,  de  Onynge  (Ordnung)  und  Gehork  (Ge- 
hrauehl:  dat  nich  Kapittid,  Ritterschap  oder  Landschap, 
sondern  allein  de  regerende  Landesfürsten  vor  sich 
und  de  seine  Geleide  pflegen  tliuende.  Wir  laten  uns 
averst  uth  ('a|ipenheims  mntlnvilligcn  Handlunge,  der 
he  sick  von  Tagen  zu  Tagen  inuner  und  m^tn'  betlitigt, 
nit  anders  bedunken,  wie  dat  J.  L.  und  gy  seiner 
niflit  mächtig  sei  u.  s.  w." 

13* 


Ks  geht  liieraus  hervor,  wie  wenig  dvr  BLschnf  diu 
beleidigpiidf  HaiidluiigsweisH  sf  iner.Stiftsriiter  dum  Johann 
von  l'aji[)HnIipim  g(^gfnübfir  in  H(!tracht  zog.  Ferner  be- 
richteti'  der  Bischof:  Johann  von  F'a{)p(.'ulit;im  habe  8i*ine 
KiSrg<T  hl  Hodenwerd«^*  geschätzt  (das  lioisst:  gcf.ingi'U 
genommen  und  gegen  genügende  Bürgschaft  »nd  Ge- 
lübde wieder  fn^gelasscn),  —  Der  Bischof  verhingte  dess- 
lialb :  das  dnrch  (ieiühdi;  von  den  iSiirgi'rii  binlungene 
Geld  sollte  angefordert  bh'ihen. 

Fcrnf-r  enthielt  der  Brief  des  Biüihofs  ein  Knt- 
schuldigniigs.'sehreiben  des  Kord  und  Ciodelbert  von 
Scbwicheld,  welche  den  schon  todteii  Pappenheimschen 
Knecht  gerichtet  hatten.  Dieselben  berichteten  über 
diesen  Vorfall  folgendes:  Von  Katenauer  dein  Schweine- 
meistet  und  nocli  ein  paar  Buben  seien  ihnen  schon 
vor  längerer  Zeit  etliche  l'ferde  geraubt  und  nach 
Hessen  geführt  wordeik.  In  Folge  dessen  hätten  sie 
später,  als  ihnen  abermals  21  Pferde  hinweggefiihrt 
worden  wären,  dieselben  durch  Nacbjäger  den  l'ferde- 
wegfübrern  wieder  abnehmen  la-snen  wollen.  Die  Nach- 
jiiger  liätten  dann  die  letzteren  auch  eingeholt  und 
angegriffen.  Bei  dem  Kampfe  wären  2  ihrer  Kneclite 
erschlagen  worden  und  ein  Knecht  ihrer  Gegner  sei 
ebenfalls  bei  dem  Kani[if  ums  Leben  gi;kommen.  Auch 
die  Pferde  seien  fa.st  alle  todt  gestochen  worden.  Nach- 
dem sie  inin  nicht  gewusst  hätten,  da.?s  Johann  von 
Pappenheim  ihr  Feind  sei  und  sie  den  getödteten 
Knecht  ihrer  Gegner  nicht  als  Pappeiiheim'schen  er- 
kannt hätten,  so  könne  die  Hinrichtung  des  Knechts 
ihnen  nicht  zum  Vorwurf  gemacht  werden,  hesonder.K 
da  bei  dem  Kampf  zwei  ihrer  Knechte  getödtet  worden 
wären,  während  ihre  Gegner  nur  den  einen  verloren 
liätten.  — 

Der  Schweinemeister  Katenauer,  der  Knecht  Gott- 
lingk  und  noch  Andere,  welche  den  l'faffenmarschällen 


197 


ti  etliche  Pferde  vor  «liesem  letzte»  Riiucontre  weg- 
geführt hatten,  waren  von  dnm  hessischen  Amtmann 
F'rhan  vrtn  Eschwege  ausgefertigt  worden,  lebten  in 
n'dilichpr  Fehde  mit  dem  Stift  Hihleslmiin  und  gp.hörten 
nicht  zu  den  Knethtcn  des  Johann  von  Pajjpenheim. 

Indf'ni  nun  noch  mehrere  Schreiben  zwischen 
Hildesheim  und  Hessen  hin-  und  hfrgospndet  wurden, 
ohne  eine  Tag.satzung  herl>eizufiihrei),  niilierte  sit-b  der 
Monat  seinem  Kndo.  Dir  Landgräfin  Anna  wie  auch 
der  Hischof  wünschten  dringend,  die  ihnen  so  lästige 
Fehde  des  Johann  von  I'ai>[>«nheim  zu  schlichten. 
Drith  ijer  Fjetztere  besorgte,  dass  ein  R«c!itssprucb, 
wekhtT  auf  Grund  des  vorerwähnten  Vertrags  zwischen 
den  vorbiindeten  Kegierung*ni  gefüllt  wurde,  ihm  nacli- 
theilig  sein  könnte,  wesahalb  er  seine  Reclitserbietnngen 
80  stellte,  dass  ein  .Stillst^^nd  der  Fehde  noch  nicht 
eintreten  konnte. 

Der  Bischof  hatte  ausserdem  noch  hundert  Gulden 
Schatzgeld  an  die,  l.andgriiHn  gesendet,  welche  die  von 
Johann  von  ra)>]H*nheini  freigelassenen  Bodenwerder 
Bürger  —  ihrem  üelübde  nach  —  jim  25.  Juli  dem- 
selben zu  bezahlen  hatten.  Der  Bischof  schrieb  noch 
der  Landgrätin :  Bis  zum  Tage  des  Vei-hörs  wolle  er 
seine  Fordi-rnngen  einstellen  und  bitte  die  LandgrilHn 
nur  dringend,  den  Johann  von  l'appenheim  zu  bewegen 
die  Feliile  bis  dahin  zu  nnt>'rlassi'?i.  Doch  der  Land- 
grätin gelang  «-s  ni<;ht  (h'n  Johann  v<ni  Pappenbeim 
znr  Kinstellung  der  Fehde  bis  zum  Itt.  f)ctober  zu  be- 
wegen, tmtzdeni  ihm  zur  Kinsiebtnabme  ih-r  oberwithnte 
Bündnissvmtrag  zugesendet  worden  war  und  ihm  ferner: 
keine  Hülfe,  Vorschub  und  Unterschleif  im  P'iirstenthum 
Hessen  mehr  gi-wtatti't  werden  sollte.  Indem  er  der 
Landgrätin  noebnnils  den  Verlauf  der  Fehde  auseinander- 
setzte, den  ll»*heruuitb  und  die  nnritterlic}ie  Ihmdlung.s- 
weise   seiner   Gegner   schilderte,   den    Schaden,    den   er 


198 


durch  die.selhen  «rlitteii,  beaehrit'b,  ilie  Kittscliuidigiiiigs- 
Bchreiben  der  Pfaffenmarschälle,  als  mit  den  Tliatsachen 
nicht  ühereiiistiinmi'nd  erwies,  wt'igerte  er  sich  dem 
Befehlo  der  Landgrätin  Folge  zu  leisten. 

Ferner  äusserte  er :  Der  erst  neuerdings  abge- 
8ch1o&sene  Biindnissvertrag  zwischen  Hessen  und  Hildes- 
heim  könne  seine  Fehiie,  die  viel  älter  wäre  als  der 
Vertrag,  weder  ungeschelum  machen  noch  beenden, 
bevur  der  Biächof  und  seine  .Stifts ritter  nicht  seinen 
vielfach  erwälmtftn  billigen  Forderungen  nachgekommen 
wären.  Die  Reclitskräftigkeit  des  Bündtiisu  Vertrags 
würde  erat  hiernach  Geltung  für  ihn  erlangen  können. 
Wenn  nun  aber  der  Hündnissvertrag  in  gänzlich  unge- 
rechter und  unbilliger  Weise  gegen  ihn  gebraucht 
werde,  um  ilin  danach  wegen  seiner  Fehde  abzu- 
nrtiieilen,  tat  würde  er  sich  mit  Gotte.-<  Hülfe  und 
üeinem  Schwert  weiteren  Rath  zu  scliaffeii  wissen. 
Denn  er  sei  nur  dnrclj  den  Uebermuth  und  die  Unbillig- 
keit seiner  Gegner  7,u  der  Fehile  gezwungen  worden 
und  sei  um  seiner  Kfire  willen  gezwungtMi  die  Fehde 
80  lange  noch  fortzuführen,  bis  er  von  seinen  Gegnerti 
genügende  Genugthuung  erlangt  haben  würde.  Nicht 
um  schnöden  Gewinn,  Haub  oder  MuthwillBn,  —  wie 
ihm  seine  Gegner  vorwürten,  —  fehde  er,  sondern  um 
seine  Khre,  welche  er  mit  Gut  und  Blut  vertheidigen 
mflsse.  Kbfiuso  wolle  er  der  LandgräHn  und  seinem 
Landesherren  mit  seinein  Gut  und  Blut  dienen  und  in 
allem  gehorsam  sein,  ausser  in  seiner  Fehde.  —  Hier- 
mit endigten  nun  die  Verhandlungen  in  der  F<«hdM 
wieder,  ohne  dass  ein  .Stillstaiul  derselben  zu  St^inde 
gekommen  wäre. 

Nachdem  die  I.,andgriitin  die  vom  Bisehof  über- 
sandten lOÜ  Giddeii  von  den  durch  Johann  von  Pappen- 
heim  gegen  Gelübtte  freigelassenen  Bürgern  von  Boden- 
Wei'der  wi<'der  zurückgeschickt    hatte,    bestellte    Johann 


I 

I 


1<19 


von  l'appenlieim  die  Bürgen  dieser  Bürger  für  den  17. 
Anglist  in  ein»!  Herburgt*  iiiicli  U'ürbiirgj  iitn  ilim  ihrem 
üelühde  gemim  die  liiuiiiert  Guldeji  bis  zum  25.  August 
zu  b*,'zaldeii. 

In  dipscv  Zeit  kamen  die  Streitigkeiten  zum  Aus- 
trag, welelif  der  Biscliof  mit  f^eineu  Ijntertliaiien,  dötu 
Hillebnuit,  Burcliart  und  Kord  v(m  Saldern,  wegen  der 
Au.sliisung  der  ihnen  ver[ifitndeteii  hisi-hütliclieti  Bnrg 
Laneiistein  hatte.  Das  Lösegeld  für  die  Burg  Itatte  der 
Biscliof  in  Hildesheim  bei  dem  Abt  zu  S.  Michaelis  in 
Hildesheim  deponirt,  da  die  iSaldern  dasselbe  nicht 
hatten  annehmen  wollen.  Die  Saldern  sollten  nun  ge- 
waltsam aus  der  Burg  vertrieben  werden,  wnxii  der 
Bischof  von  dei  Laudgrätin  für  die  Zeit  eines  Monat* 
hundert  Reisige  —  laut  des  BündnissvertragBö  -  ver- 
langte. IHe  Landgräfiii  erkiärte  sieb  damit  einverstanden 
und  schrieb:  Den  Bedingungen  fies  Vertrags  wolle  .sie 
natjlikommen.  nuf  bitte  sie  den  Biselinf,  ihr  es  54  Tage 
vorher  wi>v^eii  xu  la.s.sen,  wenn  er  die  HtdlV  tiötiiig  habe. 
In  einer  ajig(diiingten  Beischrift  jedotdi  stellte  die  Land- 
giütin  mich  ilte  Bedingung;  da.ss  ^sie  vor  Uebersendung 
der  Hülfe  noch  einen  Vergleiehsversuch  zwisclien  dwrn 
Bisciiof  und  seinen  rnterthunen  —  den  Salderri  — 
Versuchen  wolle. 

Hierauf  wtdlte  sich  der  Bi.schof  aber  nicht  ein- 
lassen, somhn'n  schrieb  ihr  auf  das  Schreiben  vom  10. 
August  am  "Jfi.  August  wieder:  IHe  Ijandgräfin  «olle 
iilim,  ohne  vorher  i'inen  .Aui^gli-ichsversucli  zu  machen, 
<he  Hülfe  idti'rsendcn,  Wenn  er  sie  veriangeii  würde.  — 
lndes.sen  wurdi-ii  die  von  Satdern  durch  einen  Schieds- 
spruch der  Hilde.sheitner  Stände  ge/wungen,  dem  Bischof 
den  tjjiueii.stiiM  zu  filiergeben  und  somit  hatte  derselbe 
die  lns>ii.K(lii-  Hülfe  nicht  nöthig.  —  Dunh  Zuschriften 
vom  11,  und  27.  Angu.st  hatte  die  LandgriiKn  ixn  hmals 
vei'ciuclit  den    Johann    von   ruppetiheiui    zum    Stillstand 


200 


der  Fehde  bis  zum  16.  October  xn  bewegen.  —  Starins 
von     Mütuiiliausen,     welcher    das    BUndniüs     zwischen 

H«?«sen  und  Hildesheini  zu  Stande  {iebrarlit  hatte,  durch 
wt^lchefs  df^r  Biscliof  hoffte,  dit^  Fnlide  des  Juhann  von 
Pappenheim  zum  Nachth<^il  dt^sselbeii  zu  bewndigfn, 
hatte  letzteren  auf  der  Tfineuliurg  bei  Höxter  über- 
fallen, wiH  Münchhaiisen  am  1.  »September  an  den 
Statthalter  K rafft  von  Bodenhausen  berielitete,  walir- 
.scIiHinlich  um  ihn  für  die  gegen  ihn  gerichteten  An- 
klagen und  lutrtguen  zu  bestrafen.  Müuchhausen 
schreibt  hierüber:  „Ick  hedde  my  nicht  verhopet,  dat 
Joliann  von  Papenheim  hedde  vergcmth  worden,  dat 
hy  my  thor  1'hnneuborch  und  dat  myn  alle  darßo 
rofflich  angetastet,  so  ik  in  Huldi-u  dene  Fürstinne  von 
Heßi'n  da  vfirgewauth  was  (verwant  oder  untertimnig) 
und  ick  niyu  hohe  Kechte.s-Arbediuge   hedden  ange-ssen 

werden ,    dat    ik  viel   ündankeß  und   Unwillen 

kregen  hebte  um  des  Fürsteudomß  Heß«u  wyllen  dare 
my  duth  alle  und  to  gefnppet  warth  ..,..,  dat  ik 
up  myji  Alter  nun  honer  werden  linrfFt  wento  gy  hebbt-n 

wol  afftrennende daß    vi!   ouer   veerhnndert 

Gulden  to  Schaden  u.  s.  f." 

Die  Landgräfin,  welche  damals  gerade  mit  Kegie- 
rnngsgeschäften  sehr  überladen  war,  schrieb  dem  Statt- 
halter von  Kassel,  er  solle  den  St^vrius  von  Münrldiausen 
gegen  Juhann  von  Pappenheim  beschützen  und  was 
ihm  genommen  wäre,  soSIe  ihm  wieder  zugustelit 
werden,  was  aber  wohl  nicht  geschah,  denn  am  4. 
October  richtete  MünchhausfU  ein  dringendes  Gesuch 
an  die  Landgrätin,  ihm  zu  stMuem  Recht  zu  verhelfen. 
Er  führte  auch  an,  dass  er  als  Amtmann  des  Stifts 
Corvei  Steuer  an  Hessen  zu  bezahlen  habe  und  dess- 
haib  auch  den  Schutz  Hnssens  beanKjinKhen  könne. 
Es  sei  nur  bemerkt,  dass  er  in  Wirkliehkeit  nur  des 
Bischofs    Diener   war    und    bei    <ler    Fehde   nur  die  In- 


2m 


teressen  deeselben  und  die  «einige»  vertrat.  Die  Land- 
gräfin liatte  schon  am  7.  »Sept^rnber  von  Johann  von 
I'apjxMiluMni  verlungt,  einen  Stiltstantt  der  BVhde  und 
Tagsatiinng  anzunehmen  und  dem  Starius  von  Münch- 
hausen  das  genommene  wieder  zuzustellen.  Indessen 
liatte  der  Statthalter  Krafft  wn  Hodenhausen  wegen 
einem  Hilde.siieimer  l'nterthan,  Namens  iSternt-r,  welelier 
ohne  eine  Fehde  gegen  Hessen  zu  haben,  einem 
Mann  ausj  Witzenlausen  zwei  Pferde  und  eine  Sunim»-. 
Geldes  genommen  hatte  und  in  dem  G törichte  der 
Gebrüder  Kordt  und  Ludewig  \on  Schwithelde  Schutz 
gefunden  hatte,  bei  dem  Bischof  Klage  geführt.  Dii« 
von  Schwichel  verweigerten  aber  denselben  zn  strafen 
oder  auszuliefern. 

Die  Landgrätia  übersandte  dem  Johann  von  Pajtjien- 
heim  nochmals  einen  ernstlichen  Hi?fehl,  den  .Stillstand 
der  Fehde  gegen  den  Bischof  und  eine  Tagsatzurjg  an- 
zunehmen, ohne  auf  den  vorher  an  den  Bischof  ge- 
stellten Anforderungen  zu  bestehen,  da  derselbe  diese 
nicht  annehmen  wolle.  Doch  Jidiann  von  rajipenheim 
antwortete  am  9.  Dezember :  dass  kurz  vor  dem  vom 
Bischof  bewilligten  Stillstand  der  Fehde  ihm  luid 
seinen  Brüdern  das  Dorf  Sunrike  bei  Borgentreich 
von  bischriflichen  Unterthanen  geplündert  und  verbrannt 
worden  sei,  ^  Auch  waren  einige  Leute  von  dort  als 
Gefangene  mit  fortgeführt  worden.  LJer  Latidgräfin  zu 
Gefallen  wolle  er  einen  .Stillstand  der  Fehde,  aber 
nochmals  bis  zum  2.  Februar  1518  «nnelnnen^  wenn 
die  Sache  wegen  seiner  2  Knechte,  welche  von  den 
Herrn  von  Alfeld«  (Linie  der  von  Steinberge  auf 
dem  Wispenstein  bei  Alfelde)  getödtet  worden  wären, 
zur  HauptverbandJuiig  gemaclit  würde  und  alles  Uebrige 
zu  einem  gütlichen  Yerbtir  kommen  solle.  —  (Die  Al- 
felde hatten  zwei  Knechte  des  Johann  von  Fappenheim 
ermordet  und  sich  damit  entschnldigt,  dass  sie  dieselben 


•202 


ntctit  als  PappM'nlieim''8che  Knrcbtf  erkannt  bitlva.. 
Sollte  dies  der  Bischof  nicht  annehmen,  so  hÄtp  **r  die 
I^ndgräHn.  ihn  nicht  iirMitr>r  za  bedrängen.  Bondem 
nai.-h  I^ntlefiKinang  zu  b^M.-hfitZfn.  Dem  ULscbof  tbeilt« 
dann  die  LandgräRn  d^n  Inhalt  di«i<  PHppenhfim'Mben 
Krii^fpH  oiit  and  bat  den  Stillstand  d^r  Fehde  bis  ram 
22.  Pebrnar  anzunehmen.  Doch  der  Bt«ehof  schira 
Mehr  itngnhaltf^n  über  das  Schreiben  des  Johann  tob 
Fa{»|tf nhtfiin  zn  sein  nnd  behauptete :  da«s  s^ine  roter> 
thaiii^n  limt  Dorf  Sunrike  nicht  während  de«  StilUtaads 
der  Fehde  beraubt  hatten.  Auch  würde  es  ihm  schwer 
werden  —  wie  er  erklärte  —  «ich  mit  Pa|ipenbeim  in 
einen  Stillstand  der  FVhde  zu  begaben,  bevor  derselbe 
ihm  nicht  seine  tiefangeiien  ausgeliefert  hätte.  Femer 
tbeilt«  er  der  I^andgräün  am  17.  Januar  mit:  Han$ 
von  Steinberge  habe  tiich  bei  ihm  beklagt,  dass  Jobann 
von  l'appenheim  ihm  kürzlich  2  »einer  Knechte  ge- 
fangen genommen  habe,  welche  noch  im  Gefängnis^ 
zur  Liebenan  nassen.  Auch  der  H^nwische  Statthalter 
Krafft  von  Hodenhansen  habe  ihm  geklagt:  das8  ««ine 
Ilnterthaneii  aus  dem  Stift  llil(ie.sheim  den  Hansen 
von  Stockhansen  in  Stammen  beranbt  hätten.  Doch 
solle  der  Hani«  von  Stockhnusen  »ich  über  die  Hildeä- 
heim^schen  nicht  weiter  be.scliweren.  da  sie  durch 
Pappenheim»  gewaltsame  Handlungsweise  gezwungen 
worden  wären  sich  zu  entsfhädigen.  Johann  von 
Pappenheim  war  iiacl)  dem  Zeijg»i.s,s  der  Lehnsurkunden 
schon  vor  dem  11'.  Januar  1518  gestorben  und  ein 
Volkslied  ans  der  d:imaliu*'[i  Zeit,  von  dem  nur  der 
erste  Vers  noch  bekannt  i.st,  bi'.'^ingt  ihn  aU  den  Helden 
der  Fehde  folgeiidermassen : 

Ocr  ale  Hüb'   von  P))|i«nheiin. 

I>e  llog  vüii  sirior  Mi^te: 

ilc  si-littt  ^ivn\  üiskopp  U|)  den  Ko|i|t; 

Nu  bil)i.  Jleir  Jet^u  Cliriste! 


I 
I 


^ 


Ain  17.  PVbruar  1518  hatttMi  Itf  ITaridlicin-ii  den 
.Stift«  Hiklf'shtfim  PUi  Bündiiiss  gegen  den  liiscliof  von 
Hildeshi'ini  abgeschlossf^n  und  «ich  uiitfr  den  Schutz 
«ler  liurziVgi»  von  BniunschwfMg  t^fsttllt  für  den  Fall 
da88  sie  mit  dem  Üisehof  in  tone  hVlide  konmien 
-Jfurden.  Auf  den  Lanensteiii  hatte  der  llischof,  uach- 
'dem  er  denselben  von  den  von  l^aidern  ansgehist  hatte, 
den  Statins  von  Müm-hfiausen  gestützt.  Als  derselbe 
am  22.  Februar  IT)  18  vom  Ijauenstein  ztnn  Rist-hof 
reiten  wollte,  würde  er  unterwegs  —  vvahrseln'inlii-h  von 
den  t^tiftsrittern  des  i3nnde8  —  ermordet  und  am 
andern  Morgen  erst  von  Mühlenschntten  in  der  Innerste 
gefunden. 

Im  Monat  März  de«  Jalires  151b  war  dt-r  Land- 
graf Pitilipp  zu  Hes.sen  von  deni  Kaiser  Maxitnilian 
alft  volljährig  erklärt  worden  und  hatte  die  Firgierung 
des  Fürsti^nthunis  Hessen  im  14.  Jahr  angetreten.  Der- 
selbe -suchte  nun  auch  sogleich  die  Feluh'  de&  ver- 
storbenen Jobann  von  Pappenheim  mit  dem  Stift 
Hihlt'.slinim,  wehdie  letzterer  auf  aeim-n  LSruder  Georg 
und  Vtdter  Christoph  den  Aelteren  vererbt  hatte,  bei- 
zulegen. 

iSchon  am  8.  Mai  1518  hatte  Landgraf  Philipp 
Hiti  Schreiben  an  den  Bischof  gerichtet,  worin  er  sich 
über  etliche  Buben;  (.'orde  Sterner  und  iindere  be-* 
Hthwerte.  welche  »einen  Ilntertbanen  ilrei  Pferde  ge- 
nommen und  die  Leute  auf  der  Strasse  angefallen 
hatten,  üeber  die.selben  hatte  .'*ich  auch  der  Statthalter 
in  Kassel  sehon  besc-.hvvcrt,  konnte  aber  von  dem 
Bischof  nichts  erlangen.  Landgraf  Philipp  setzte  dem 
Bi-schof  auch  mich  auseinander,  «la.sa  er  aus  einem 
Brief  der  vom  Bischof  an  Johann  von  Enzenberg  gf^- 
richtet  gewesen  wäre,  er.sehiMi  habe,  dass  er  diesen 
Bnln'n  srlber  habe  entlaufen  la.ssen  nnd  machte  ihm 
darüber  heftige  Vorwurfe.     Auch  über  den  Dietrich  von 


204 


Ilticke  zu  Nordholz  l)escli\verte  sicli  der  Landgmf.  Der 
Bischof  erklärte  darauf  am  15.  Mai  1518:  da»s  nr 
fiiurhaus  kfiii  Gefiilli'u  an  dt^n  Thaten  des  .Steriier.s  und 
üenosHeii  färid»",  ?*<iiiclerii  die  Sache,  wie  der  Landgraf 
■AMH  den  beigeti'gteli  Briefen  des  Hietriclj  von  Bocke 
ersehen  könne,  —  habe  untersuchen  lassen.  Dem 
.Statthalter  von  Kassel  wären  auf  seine  Zuschrift  hin 
Hti<h  schon  2  Pferde  wieder  zugesendet  worden.  Mit 
Dietricli  Boke  wolle  er  die  Verhandlungen  wegen  seiner 
vr-rmeinteti  Klage  ganz  nach  dem  UefallHU  de?«  Land- 
grafen einleiten,  wenn  er  es  wünsclie.  Auch  wäre  es 
sein  Wunsch  sich  mit  den  Krben  des  Johann  von 
Pappeiilieim  in  Verhandlungen  einzulassen,  um  eine 
Abstellung  und  Beilegung  der  Pappenheimschen  Fehde 
gegen  das  Stift  herbeizuführen.  Die  grosse  Hildcsheimer 
Fehde  hatte  inde.ssen  im  Anfang  des  Jahres  1519  be- 
gonnen, auf  welche  hier  nicht  weiter  eingegangen  werden 
kann.  Es  sei  nur  bemerkt,  doss  der  Bi.scliof  von  Hilde«*- 
heim  schon  am  W,  April  den  Landgrafen  Philipp  bat, 
ihm  hundert  Heilige,  gerü.stet  mit  Harnischen,  am 
25.  April  nach  Bas-sel  zu  >>cl)icken,  indem  er  .sich  auf 
den  Einungsvertrag  zwi.schen  Hessen  und  Hildesheim 
berief.  —  Der  Landgraf  lehnte  die.ses  ab:  da  er  auch 
in  einem  Büiidnii^svertrag  mit  den  Herzeigen  von  Braun- 
schweig  stände,  wi-h-hen  seine  Mutter  im  Jahr  1514 
abgeschlossen  habe,  wobei  tue,  mit  denen  Hessen  früher 
in  Rinung  gestanden  hatte,  au.sgeniimraen  worden 
wären. 

Wiederholt  suchte  mui  noch  der  Bischof  den 
Landgrafen  zu  überreden,  die  dem  Herzog  Frich  von 
Braunseliweig  zugesendeten  Hülfstru])pen  abzuberufen 
und  ihm  Bei.staiul  zu  lei.sten :  worauf  ihm  aber,  der 
Landgraf  l'liJliii|»  zuletzt  um  '2iK  .Mai  ir)H>  einen  ganz 
entschiedenen  AKsagehrief  iibeisandte.  iJie  lle.s.sisc.hen 
Hülfatruppen,  welche  der  Landgraf  den  Braunöchweigischen 


p 


HpTzögRn  ziig«^s:in(H  hatte,  waren  intie.ssen  schon  ano 
liK  Mai  im  LugiT  von  (jHiuiiJrsheini  mit  lit'ii  Hrauii- 
scljvvHigi^c-ljeii  Truppen  in  Streit  giTHtlii-n,  tlii  letztere 
den  Hi'.Sfsiöciien  Löwen  —  in  dem  Banner  derselben  — 
fnr  einen  Hnnd  gehalten  hatten.  Das  Wnrt  Htinde- 
Ijessei»,  welfln'S  von  den  Drannsciuveigenj  gebrancht 
worden  war,  führte  dann  zu  AuseitianderKfttznngen, 
wobei  die  Hessen  ilire  Waffen  gegen  ihre  BiindeHge- 
nossen  gebrauditen  nnd  in  Folge  dessen  auf  ihr  An- 
suchen voji  di'u  Herzügen  von  Hraunsehweig  entlassen 
wurden.  An  der  für  die  Braunse.liweiger  Herzöge  so 
nngliu-kliclien  Scidaclit  bei  Soltau  am  28.  Juni  wan-n 
keine   Heüsen   betfieiligt. 

Arn  (i.  Jnti  bekam  der  Lundgij^if  durch  ein  Hand- 
schreiben Herzog  Heinrieh  des  Jüngeren  von  Brann- 
schvveig-Wolfenhiittel  die  ersten  Nachrichten  über  diese 
merkwürdige  .Schlacht*),  wm-in  die  Verbündeten  (Herzitg 
Heinrich  vun  Braunsehweig-Lüneburg  und  der  Bischof 
von  Hildesln-iui)  durch  Üire  ritterliclie  Reiterei  einen 
glänzenden  Sieg  über  ihre  Gegner  erfochten.  —  Kurz 
vor  der  Schlacht  bei  .Soltau  hatte  der  Landgraf  den 
Herzögen  wieder  350  Reiter  und  (iOO  Mann  zu  Fus» 
zugesendet,  welche  am  Harz  die  SchUisBcr  Herzog 
Heinricli  des  Jüngern  von  Braunsciiweig-Wolfenbüttei 
nach  der  Schlacht  gfgeii  die  Lnneburger  deckten. 

Am  3.  Juli  1519  hatte  der  damalige  Statthalter 
von  Kasi.sel  Christian  von  Hantitein  abermals*  ö(K)  Mann 
Hülfstruj-ipen  abgesendet  und  die  an«  BraunschwHig 
früher  abgezugenen  Iles-sen  sich  zurückziehen  lassen. 

Nachdem  nun  im  Spätherbst  in  der  groswen  Felule 
ein  Stillstand  eingetreten  war,  fingen  die  Verhandlungen 
zwisctien  dem  Landgrafen  l'hilipp  nnd  dem  Hiscletf  von 
Hildusheim    iu    der    kleinen    Fehde    wieder    an.      Der 


*)  Siehe  Anlage. 


20ß 


Hisclinf  liHittc  iiin  2f).  Novi'inln-r  1519  iui  den  Land- 
gnifnii  gHSthriir'bHn  :  er  Imbn  (Ifswlln'ii  Sclirt-ibfn  gnli-seii 
und  hrdank«'  wicli  für  dif  Mülu*,  wdi  ln^  sich  der  Land- 
graf p'irüKlif  hnb»',  urti  ^ti^^  Ffhd*.«  ?,ti  Etulo  zu  hriiif.'eri 
lind  erhiit*'  sich  mnen  Sfiilstaiid  der  Ft-Iidf  bis  zum 
20.  Mfirz  1520.  .Indnch  «inp  Tagsatzung  in  d^r 
Zwi5ifbpiiZ4'it  vftni  2fi.  NnvcmbiT  bis  \\  pihriat  Idt-ii 
kimiH*  or  nicht  annehmfn,  da  er  durch  vi<dfucbH  (ir- 
schftft«  verhindert  wäre  dit*s(ilbe  zu  bftsucht^n. 

Durch  wfiten'  Verhniidliiiigcn  wurd*'  am  27.  März 
ciiiH  Tap.satüung  v«'rabredef,  vvidchi:'  aber  aucli  nicht 
»tatitinden  konnte,  weil  iler  Hi.schfd'  damal.t  anssi^r 
Lancb's  war.  Ahrr  auch  dieser  wurde  nicht  «'ingfhalt«-!!. 
jedoch  trat  ninH  V«rlängHriing  d^s  Stillstands  d^r  Fflide 
bi.s  zum  29.  April  ein.  Am  IH.  April  bi'jzaunfu  ihuin 
wicdpr  dip  Verhandlungen  wegen  einer  Tagsatzung. 
Hessische  rnterthaneii,  welche  der  hischöHiche  Vogt 
zntr»  fjauenstt'in  im  ticriutgni.ss  sitzm  hatte,  wollte  der 
Bischof  nicht  eher  ans  ihrem  (lefängnis.'»  entla.ssen 
wis<si^n,  bevor  nicht  auch  lUo  Hildcshfiin'schen  Hntcr- 
thanen,  vvelcli«^  sich  im  Liehenauer  (lefängTii.ss  befanden, 
freigelassen  worden  wären.  Der  Landgraf  Philipp 
bewng  ilann  auch  sehr  bald  die  beiden  Ün'idcr  von 
Pappenheim,  ihm  ihre  befangenen  in  die  Hände  zn 
.«^teilen,  was  er  dem  Hischof  am  21.  April  mittheilti*. 
indes«  hatte  der  Landgraf  auch  dem  Bnrcbardt,  Cord. 
Hilmar  und  Vsebwig  von  .Steinberg  geschrieben  und 
um  Auslieferung  des  Corde  Sterner  gebeten.  Dersell)? 
hatte  nämlich  im  Amt  Immen han.sen  durch  Mord  und 
Raub  viel  Schaden  angerichtet  und  hessische  Strnssen- 
wanderer  vielfach  niedergeworfen  und  beschädigt.  Seine 
Frau  und  Kind  wohnten  im  Amt  zu  Bukeinheim,  von 
denselben  wie  auch  von  seinem  Hrnder  und  seinen 
Freunden  war  er  bei  seinen  iJaiib-  und  Mordthaten 
immer  unterstützt  worden.      Die  v<>n  St»nnberge  stellten 


daran t"  ilnvn  GefangHuen,  den  Cord  8t<>riu!r  nämlich, 
in  dii-  Hiindn  iIhs  Bisthofs  von  llildf.sluMni.  NhcH- 
dctii  liifraiif  vojn  f'iistoflVl  uikI  (.H^m-tr  von  rajipeidieim 
t'in  diHiinoiiatiiclna'  Stillstunil  iIi^t  hV-lidn  b«-\villigt  woril<-n 
war,  hat  drr  l>niitliriaf  Pfiilipii  den  liiscliof  Joluinn  ihm 
t>in«^ii  Tui;  iinil  ^t."lcj.'i<ji«'  Malsliitte  anzuwcbeM,  wo  iIhi' 
Fi'icdcn  j^cseldos,<fii   \vi*rdf'ji   .soUi^ 

EinigH  Wftiif  tiodi  lihtM-  das  fernfTH  Le.ben  d<^r 
luddfti  ai>  di-r  Ftdidi*  hi'tlj<"ilijit»'ri  Vettern  von  Papppii- 
hi'im,  dun  Erbfii  dt'H  Fi^hiUAiMen  Johanji,  mögen  tliese 
Mittltt'ihmyen  bnsehlij'ssen.  —  Gtsorg  von  Pajijienheiin, 
wt'khi'r  nach  seiner  viirziipJicliHu  Schrift  zu  artheilen  *) 
cini'n  für  din  diimaligH  Zrit  }»nti*n  rritt-rricht  genossen 
haben  muss,  wurde  vom  Landgraf  fhilipp  znm  liessisc-lien 
Kalh  enniunt.  Ferner  im  Jahr  \hM,  als  Landgraf 
Phiitjjp  sich  auf  seinem  Kriegzug  znr  Einsetzung  ih-s 
Herzogs  Tllrieli.s  von  Wiirtendierg  in  sein  Land  befand, 
gehörte  er  zu  den  Statthaltern  und  Landesverwesern 
zu  ib-ssen.  Mit  der  von  (h-r  niederhessisthen  Ritter- 
Schaft  aiifgebraehteii  HißH}  Heiter  starken  Reiterei  ver- 
iiiehtete  bekanntlieh  Landgraf  l'hilifip  bei  dem  ober- 
widjnten    Kriegiszng    dar*    uns    ]8,4(K>  Mann    bestelienib* 

I  kaiserliche  IJeer,  welclies  bei  Lanffen  am  Nekar  eine 
überaus  starke  und  feste  StelUmg  eingenommen  hatte. 
In  erster  Ehe  war  Georg  votJ  Pappenheim  mit 
Christine  vcui  Uerle|),>^ch  und  in  der  zweiten  Ehe 
■  niit  Margarethe  von  Hopfgarten  vertiiiihlt.  Seine  Nach- 
kommenschaft blühte  noch  lange  in  Hessen  und  auch 
in  Dänennirk  unJ  erlosch  im  Jahr  171U. 

Cristoffel  von  l'iip[ienheim,  der  Sohn  des  schon 
infangs  orwidinten  Friedrich  des  älteren  von  Pappen- 
leiia,    ist    der    .Stammhalter    der    noch   jetzt   lebenden 


I 


*)  SelniftsHick  vom   .Fahre    iSltt,   feste   scliiino    IlaudschrifL, 
üamnls    .■.eilen,     llildeslieimer    Akleit   doH    Marl>iu>;er   Staats- 

iV8. 


äOR 


l'app('iiliinnrsi;]mn  Familie  gewesen.  Seine  erste  Frau 
war  Ortliif  von  Dutingtrude  und  seine  «weite  Anna 
von  Liebenstein. 


Bpilagp  I. 

Schreilit^n  des  Jolmmi  von  Papprnhcint  an  ihe  Land- 
yräfht  Anna,  uoriti  er  derselben  crUärt,  utut  ihn  l>e- 
■n'ogpii  Itahf,  dem  BLschof  von  nUdeshvhn  und  dem  Oross- 
roift  iffssrllu-n  —  dem  HrrUH'd  von  Mnndenlohr  —  die 
Fvhde  \u  rrkiaren  und  div.sclliiH  im  Gericht  Avrixrn 
XU  üfM'r fallen.     1516  April  4. 

Durchlauchtige,  hncligfiborne  Für«tinnfi,  genÜ4]ige 
Fran,  meine  und<»rdänig*>,  schuklige  und  ganz  willige 
Dienste,  sy  E.  f.  g.  worin  alle  willig  lewen ! 

Erentveste,  liebe  flheinn',  Schwäger  und  gnde 
Freunde,  myne  freundlichen  Dienst  tounr ;  genüdige 
Fürstin  und  erenvi'ste,  liebe  Oheime,  Sehwäger  und 
guten   Freunde ! 

Euer  fürstlichen  Gnaden  und  Freundschaft  Sriven 
und  itzund  eyne  Absrivet  eines  Hrewes  K.  f.  g.  nnd 
Freundschaft  tho  gesrewen  von  dem  Hiscop  von  Hildes- 
heim, nnd  bedrifiende  die  Fede,  so  sick  twischen  dein 
obgeiiannt  Bischoppe,  auch  Herhorde  von  Mandeslo 
seinen  Untersätzen  und  mir  intfaldit  bette.  Inhalts 
desselbigen  Bribess  und  Schrift  geleßen  und  verstanden. 
—  Gebbe  darauf  ¥..  f.  g.  nnd  Freundschaft  dienstlich 
und  freunillich  tor  Antivort:  dat  iny  K.  f.  g.  und 
Freund><chaft  sollen  to  recht  mächtig  syn,  in  der  Foiz  nai 
Retzi  (=  Aertzen)  mid  ausirhalben,  was  mit  Feden  nnd 
Venvirrunge  geschein  ist.  Winttin  Ich  mich  sunner  Sache 
allezeit  von  Anfange  wintti  hier  E.  g.  s.  und  Freund- 
schaft zu  Rechte  erboten  hau  und  erbede  mich  so  noch: 


dass  Ich  dann  keyne  Antwordt  uf  E.  f.  g.  und  Freund- 
scliaft  geaädigeii  uiitl  üeuiidücheii  Vorschrift  vor 
mich  haben  gedan  von  dnm  Bisclioppe  vorgenannt 
habe  erlangen  mögi'H  und  das  dorch  hett  mich  die 
Not  das  heingebracht :  dass  ich  des  Bischofs,  synes 
Landes  und  Lud<^  und  Herbrirdess  von  Mandeslo 
Feynt  geworden  bin.  Das  aver  E.  f.  g.  und  Freund- 
schaft nicht  etwa  poniren  sollin,  dass  ich  moitwilligen 
Lüsten  zu  Fiideai  habe,  mag  ich  wohl  erliden  pynen 
Best^tnd  twischen  irst  kommende  Fingsten ;  Und  wie 
mir  der  Bestand  vom  Bischop  und  den  Sinen  der  Sachi 
mit  Oeme  tho  schiken  —  haibt-n  tho  gesriv^e  wird, 
dann  soll  der  Bestand  aingein.  Und  dat  dann  ein 
dach  in  der  Sachi  bynnen  Eimbecke  gemachet  und 
angesakt  würde,  und  Ich  mit  mynen  Freunden  tho  so 
dannen  Tage  —  tho  und  äff  —  mit  felichen  Geleyde 
und  vSffkerheit  in  unsir  Gewarsam  mögen  versorget 
werden :  dann  sollen  E.  f.  g.  und  Freundschaft  myner 
tho  rechte  mächtig  sein.  Des  geben  Ich  E.  f.  g.  und 
Freundschaft  stt  dienstlich  und  freundlich  vvidderuinb 
tor  Antwordt.  —  Geschrieben  unter  mein  Insiegel  am 
Dage  Ambrosius  dv.  x*-"xvi. 

Joliann  von  Fapenheim. 


Beilage  11. 

Em  Schrp.ilten  Johamis  ron  Pappenfieim  vom  8.  Atigitst 
J517  au  lUc  Ldwlifififhi  Aiiftn  ;m  [ffssru,  icon'n  rr 
ihr  wiUliriH,  tairnni  er  einen  Sfilfstaiid  in  dn-  Fehde 
(ffye.H  den  [iisthof  Johann  ron  ffildeaheim  nicht  ein- 
gehen kann. 

Durchlauchtige,  Hochgeborne  Fürstinne,  gnädige 
Frau  und  «'rnvestcn,  grossgiinstigen  Freunde,  Euer 
fürstliche  Gnaden  und  Euch  meinen  underdünigen  Dienst 
in  allen  Fleiss  gewend! 


N.  V.  XVll.  Hü. 


14 


210 


Kuer  Liebden,  fiirhtlioh  ünudfn  titui  »^iicr  Schr^-iben 
mit  inliegeiidt'.r  dss  Uischofs  von  Ililii('sl)i>im  hahf  ich 
sammt  anderen  Copieen  «ntertliäiiig  itinpfang«'»  und 
Inlialts:  als  Aufscliluss  und  Verlüng«'rung  dfs  angesetzten 
Tag»'s  un<i  Bestand«  vermerkt,  mit  erai!.tlicher  Krmali- 
nunge,  des  bis  aaf  nächstkünftigen  S.  Gallen  zn  VRr- 
folgen.  Wie  aber  ic!i  nit  peftinnt  —  hat  ich  als  dtm 
Inhalt  der  anfgerirhten  Kinung  norh  zwyschen  den  löb- 
lichen Fürstentimm  Hesaeu  und  IIildosheim''schen  Stift 
zu  ermessen  —  des  mir  weiter  meine  Fehde  obgedacht^R 
Fürstenthiim  zu  enthalten  gar  nit  gegönnt  wird ;  darauf 
S.  f.  g.  lind  Euch  ich  underdiinig  und  freundlichst  zu 
erkennen  geben  :  nachdem  E.  f.  g.  und  Euch  zweifellos 
alin,  unviTgessen  —  vvelche^s  Mass  ich  meines  mannich- 
faltigen  Klagens  und  Erhietens  des  mir  Jahre  und 
Tage  zuwent  alles  unfruchtbar  erhoffen  zu  solcher 
Fehde  bewegt,  diem^  K.  f.  g.  und  Eufh  zu  gonädigen 
Gefallen;  vylmal  ich  undcrdäniglichen  willigen  Bestand 
und  Tage  verfolgt,  ili*r  mir  dann  zum  Theil  so  ich  mit 
meiner  Freuiulschaft  in  meiner  Behausung  gewest,  in 
Willent  des  Tages  Aiisut^uiige  zu  verfolgen  —  durch 
den  Bischojjp  abgekündigt  und  folgenden,  da  ich  eines 
Tages  zu  Hexnr  mit  sanmit  meine«  Beistand  Handlungen 
gewartet,  war  aussonblieben,  — ■  kein  Widerbot  schrifft- 
lich  noch  mündlich  dahin  verfertigt.  Solches  Uratreibens 
und  Auflialtens  myin-n  armen  Cit-scUen  zu  möglichen 
unüberwindlichen  Schaden  erHossen  ist  und  doch  bisher 
nicht  bittlich  sein  mügen  —  und  das  der  Bischop  jetzund 
ein  unziemlich  Längerunge  des  Bestaudts  bis  in  der 
Wintert'ige  —  derzeit  dann  jene  armen  Gesellen  noth- 
dürftige  Wanderung  in  Fehden  nit  vorniöglich  stille 
stehen,  uns  ansinnen  thut,  kann  ich  solches  seines  ob- 
knndigen  Aunsenhloibens  und  manniclifaltigen  Auf- 
haltens, auch  anderer  möglich  bewegendi-r  Ursach  — 
anders  nichts  ermessen:  dann  das  mich  df^r  Hildesheimer 


Bischof  snU'ln's  seines  nnitlnvilligen  L!ratroihtn3  und 
Aiiflialti;tis  in  ewigen,  vertlerblielien  .Scliadcit  bringt  und 
dif  Ftluk*  in  di«  Länge  mnth  *)  zu  maclien  vermeint. 
Aus  solchen  Allen  abgezeigten  und  andRr<m  üraachen, 
kann  noch  will  ich  furtur  keins  gütlirlien  Anstand* 
dulden  noch  leiden.  Ich  will  doch  zu  E.  f.  g.  und 
Euch  mich  di-ssfalU  mit  Zuvordenken  genüdiglich  und 
gtittn'  lioff innige  trugen,  auch  iiiennit  undrrdilnig  und 
freundlich  bitten,  —  solchen  Uebermuths,  so  mir  von 
dvni  Htldi'sheimsclien  Bischof  und  etzlichen  seiner  Ver- 
wandten begegnet,  aus  fürstlicher  Unbilligkeit  und 
adelicher  Tugend  zu  beherzigen  lassen  und  de,s  FürsttMi- 
thums  Hessen  und  sunderlich  der  Liebonau,  daran  icli 
mein  Geld  hab,  auch  meine  seligen  Voreltern  —  die 
dem  und  anderen  —  immer  ihr  Hecht  zu  vielmalen 
daraus  gewährt,  mich  armen  Gesellen  nit  verzagen 
wollen,  sundern  micli  hinfürtt-r  —  so  bisher  Inhalt  der 
aufgerichteten  Vereinunge  noch  des  Fürstfuithums  Hessen, 
80  ich  rechts  alhveg  erb(itig  und  erduldet  habe,  mög« 
genädiglich  liden  laden  und  rechts  giinnen  möge  mit 
Bedacht,  das  ich  derselben  Vereiningt?  und  Fürstenthums 
ine  Geleit  -  und  das  meine  Verfnlgunge,  Verbot,  Ver- 
warnunge.  und  Felule,  chn  der  Vereinunge  des  Fürsten- 
tums zu  Hessen  und  Hddesheiinschen  Stift  aufgerichtet^ 
der  ich  jetzo  Inhalt  copeilich  empfangen  und  erstanden 
und  angefangen  ist.  —  Sei  aber  ich  über  soliches  Alles 
des  Fürstenthums  zu  Hessen  und  meiner  Behausung  — 
dfis  dorch  zu  K.  f,  g.  und  Euch  ich  gar  kein  Vertrauen 
—  noch  Zuvorsicht  habe  verurtheilen  werden  —  des 
Holt  Gott  allmächtige  erbarmen  !  went  mich  soliches 
auch  ahn  gemeiner  Landschaft  mei  Herr  und  Freund, 
der  dl  »eil  allenthalb  mit  sammt  K.  f.  g.  und  Fach 
meiner   aller  Ehre  und  Billigkeit  —  nusgesundert  (was 


')  (I,  li.  matt. 


14 


212 


mit  V^^rwarnunge  nnd  Fehde  bestehe)  mächtig  sein  solle. 
Und  Erstr;hen8  solches  Gewaltü  zu  beklagen  und  dem- 
nach wieder  Rath  haben,  meine  Anfordemnge  mit 
Hülfe  des  Ailmüchtigkeit  zu  erfordern.  Des  aUo  E.  f.  g. 
nnd  Euch  dahin  ich  mich  mit  Unterthänigkeit.  freund 
willig  zu  dienen  schuldig  erkenne  ich  im  Widern  nit 
gewiss  zu  verhalten:  bei  meines  Siegels  des  Tages  S. 
Cyriacus  anno  '=xxvii. 


213 


IV. 


Burgfriede  der  Gran  erben  des  Schlosses 
Sehildeek. 

(Montag  den  22.  Februar  1425.) 


Hitgetheilt  von 

L.  von  Loewenstein, 

Major  z.  L).    zu  Kassol. 


Vy  I  i  1  .loliaims  vor»  gots  gnaden  apt  zu  Fuld«  bekeiiUBii 
lA^  ut'Hntlifhin  an  dispm  hricffe  füre  uns,  nnspr 
Hill  likoiniui  und  stift,  und  Dittcrith  here  zu  lUckinb.icli, 
Kikitigcr  v(ni Siiuwinshfciine  i-ittm-,  Conrad  von  Sti'inuuwe, 
Stuinruckf-  gonant,  und  Conrad  vom  Hütten  bekennen 
an  disem  uHin  brieffe  geyn  aller  menlicb,  wir  Joliann 
apt  füre  uns  unser  nacbknmeii  und  stift,  und  wir  die 
andirn  uns  icblicber  behindern  füre  sich  und  sine,  erbin, 
daz  wir  eines  rt^chten  bin'kfrid«»s  als  von  des  sloßes 
Sebildeck  wegen  obttr  eyne  knmen  sin  als  ferre  der 
borkfride  wendet  und  begriffen  hat  als  hernach  ernand 
wirdft.  Älit  namejT  daz  wir  Johanns,  unser  nachknrnen 
und  stift  zu  eyuum  halben  tnyle  des  itzund  genanten 
slnßes  und*  siner  zugfhorungo,  und  wir  dy  andirn  alle 
und  unser  erbin  zu  dem  andirn  halben  teyle  ueuielichen 


214 

unser  iklicher  und  sine  erbin  zu  eynem  virden  teyle 
desselbin  halbin  teiles  gutlich  sitzen  und  unser  einer 
den  andirn  und  dy  sinen  ire  lip  und  gud  us  und  in 
deme  borkfride  getruwhch  scluuen,  schützen  und  schirmen 
sah  Und  sal  unser  keyner  ader  dy  sinen  den  andirn 
ader  dy  sinen  darus  ader  dar  yne  nicht  angriÖin  ader 
beschedigen  mit  worten  ader  werken  ader  nicht  ver- 
unrechten, nemlich  daz  unser  keiner  des  andern  gesinde 
in  neraen  sal,  es  were  dann  daz  sie  sich  es  weren 
knechte  oder  meyde  mit  gunst,  willen  adder  rechten 
von  yme  gescheiden  hetten  angeverde.  Were  auch  daz 
zweitracht  worde  also,  daz  unser  eines  ader  mere 
knechte  des  andirn  knechte  obergeben  mit  scheltworten 
ader  werken,  raesser  adder  ander  waffen  gewonnen, 
ader  wonten  in  deme  borkfriden,  da  solte  nymands  der 
darzu  queme  dem  andern  heliTen,  sundern  welich  unser 
adder  die  sinen  darzu  quemen,  die  sohlen  getrewlicli 
scheiden  und  denselben,  der  dene  frebel  ader  bruch 
getan  hette,  begriffin  und  in  unßme  gemeinen  thorme 
und  beheltnis  daselbest  zu  Schildeck  behalden  bis  ere 
deme  cleger  eine  gnuge  getan  liette  umbe  solichin 
frebel  und  bruch.  Und  were  daz  sy  sich  des  nicht 
vereinen  konden,  waz  danne  dy  andirn  ganerben  dy 
dannoch  weren,  dy  der  sache  nicht  zuschicken  hetten, 
derkennten  ader  ire  der  merer  teile,  daz  umbe  so- 
lichin frebel  und  bruch  buse  gnuck  were,  darby  solde 
es  bliben  und  von  beiden  teilen  gehalden  werden.  Sluge 
aber  ir  einer  den  andern  tod,  da  god  füre  sy,  were 
danne  darzu  queme  der  ganerbin  oder  dy  sinen,  der 
solde  denselbin  hemmen,  uffhalden  und  gefangen  legen 
in  unser  aller  beheltnis  dene  thorme  daselbest  zu  Schil- 
deck, und  dene  getruwlich  berwaren  und  bewaren  lassen 
alsolange  bis  er  buse  umbe  solchin  frebel  und  totslak 
getede  nach  rechte,  ob  er  anders  nicht  gnad(^  an  dene 
nehesten  frunden   des   der  derschlagen   ader   derstochen 


N 


were  findi-n  inoclite,  allt's  an  arglistu.  Wem  aiiüh  daz 
unser  eynne  knecht«  ader  raere  eynon  der  ganerbin  oder 
inert'  ohergebßM  mit  wurten,  werken,  messer  adtr  ander 
waffin  geuorinen,  frebelich  woiiteii  ader  tod.slugeii, 
des  god  nicht  wolle,  were  darzu  queme,  der  solde  den- 
selben der  alftu  gi^frebelt  hfttc.  iifflialden  ntid  kommern 
aislange  bijs  ere  denie  clegor  ader  dinie  clegeni  darumbe 
Wandel  und  buse  getan  hette  nauii  deine  als  vorgoschriben 
steet  an  geverde.  Snndern  were.  ancb  daz  unser  der  gan- 
pi'biu  einer  ader  mere  den  andirii  sinen  aniptman  ader 
vtjyd  hise  ligen  frehelicb  in  deme  borkfride,  der  soldö 
von  atunt  als  ere  des  vormant  werde,  us  deine  öIoü 
Scbildcck  und  dorne  borkfride  daselbst  rid«^n  und  da 
yne  nicht  körnen  itmewendig  vire  wocben  den  nebelten 
(larnauh  als  ere  soliches  gernand  worden  wt^re,  und 
sülde  ihinu  darnach  abor  dar  in  nicht  komen  bis  daz 
ero  darunibt'  busü  nnd  waiulel  getede  nadi  demo  dy 
gekoren  drie  un.ser  frnnde  dy  wir  ober  dison  borkfride 
gekoren  haben  ader  zu  zyten  von  uns  ader  unsern 
naclikonien  uml  erbin  gekoren  werden,  ader  ire  der 
raereteil  erkenten.  Were  aber  daz  unser  einer  ader  mere 
dt'r  ganerhin  den  andrin  sinen  amptman  ader  voyd 
obergebin,  also  daz  wir  messer  ader  ander  waftin  ober 
ay  gew(uinen  ader  sie  wenten  in  tieme  borkfride 
frebelichen,  so  solde  derselbe  der  solicbin  brach  getan 
bette,  von  stund  als  eve  des  verniaud  werde,  us  deme 
slolifi  und  borkfride  riden  und  byinien  eyme  gantzen 
virteil  jare-s  dem«  neht^sten  darnach  darin  nicht  komen, 
bis  daz  ere  buse  darnnibe  getan  \u-tit*  nach  derkentids 
der  drier  gekoren  ober  den  borkfride  ader  ire  deme 
nieren  teile,  es  were  danue  vor  mit  deue  ciegeru  in 
rruiitsiliaft  abgetragi'ii  an  geverde.  Were  aber  ungeverlich 
daz  dy  drii-  in  deme  virteil  jares  nicht  zusanienkomen 
mochten,  ader  mit  was  sacbin  sich  daz  vnrschickete, 
doch  also  duz  daz  sumen  an  deine,  der  deue  bruch  getan 


2lß 


hette,    niclit    werr,    .si>    nim-liti-    dMisrlin'    .sich    wiiltT  zu 
sinem    tnily  gehaldt'ii,    dar   vim-   riil'-u  tiu»!  tsich  de-s  ge- 
l)nK']i**n,   nUiy  ddch  duz  rr<'  dariiucli    buse    untl    wände] 
tede  wann    crt'    daiurnho    gcf<»rdi-ii    werdi-,    alles    nach 
derkentni.s    der  drier  miuh  dömn  als    vor   und  nach  gv- 
stlirÜHMi  sfeet.     Wer«    es   hucIt,    daz    got    verbiete,  daz 
uiiser  der  gaiierlicii  eyinT    den   andern    totslOge,    werde 
der  begriffen,  da  danne  audi  alle  gaiierbin  die  geiiiwerJig 
weriMi  und  die  iren  getrewlich  zu  belffeii  und  yne  halden 
solden    ob    sy    mochten,    so    lise    man    mit   yme   gehin 
waz    recht   were,    ob   ere   anders   nicLt   f^nade   an  den« 
clegern    Hnden   kende.  —  Were   aber   daz  ere  dar  vone 
(jiaem*%  so  sal  ero  sinr^s  teiles  an  Schildetk  beraubt  xiii 
mit    allem    deme    daz    darzti    gelioret.    und    solliii     des 
derslagen    erbin  sinen  teile  an  ftcbildcck  mit  sinen  zu- 
gehornngen  inneinen    und    inm-liaben    alsolange   bis  der 
morder  dariimbe  zu  bnse  ader  riclitunge  kometi  were.  — 
Nemelich  ist  geteidinget,   daz  unser  keim-r  der  ganerbin 
dem  andern  nymaiid  vor  vnrteidiiigen  iubr  verantworten 
sal.  ere  sitze    daiui    buwelieli  by  yme  ader  tbue  es«  mit 
rechte  an  arghst.  —  Sundern  ist  geteidinget,  daz   unser 
kyner  des  andern  finde    ader    die    yme  adder  den  sinen 
nji-rkliclieij    ad»'r    gröblichen  schaden    getan    lietten,    zu 
Schild^'ck  in  denie  sloße  add^r    borkfride    nicht    lialden 
ader    verteidingen    sal    mit   furesatze,    geschee  es    aber 
an  Vorsatz,  so   morhte  der    deme,    der   .sinen  find    atb-r 
der    yme    ader  den  sinen  solchiii  .schaden  gethan   bette, 
schribin  und  an  yme  muten,  daz  ere  yne  vcrmochtL*,  ob 
ere  anders  sin    find    were,    daz    ere  die  fwhede  und  ver- 
warunge  ab  tede    ader  yme  buise,    karunge  und  Wandel 
tede   umbe    Bolichin  schaden.     Tede   ere   es  dann  nicht 
von   stunt,    so   salde    ere    yne    da    dann    heisen    komen 
mit  siner  habe  innewendig  zweier  tage    und    nachtfrist, 
dar  an   man   yne   auch   niciitis   hindern    sal.     Tede    ere 
des    aber   alsdann  nicht,    so  möchte   der,    des   find   ere 


wero  utlder  tk-tin'  f-ri'  .suIuhIfii  f^t-tliuii  liette.  es  mit 
ytiiL^  liiiklijüi  wif  yup  yelustft  ati  witldtrsprechen  eines 
ic'klic:t)pn  an  allt^s  gevciili'  und  an  iirgclii^te-.  —  Nfmlifli 
ist  grtetilinget  ditz  unser  keyner  tli'r  gancrhin  niumaud 
zu  Scliildeck  in  deniR  slfißn  oder  borukfride  lialden  s*al, 
daryne  adtT  darus  ynianden  iuiztigritt'fn,  ere  wolli?  nin 
dann  zti  rechte  mechtig  sin.  —  Wi-re  auch  daz  unser 
einer  ader  mere  der  ganerbin  undereinander  zu  feheden 
ader  krige  queme  adder  daz  andere  heren  adder  ludo 
mit  eyne  krigeten,  ;tl.so  daz  unser  einer  ader  niert)  ufF 
eyne,  und  eyne  ader  niere  nff  dy  andere  syten  wereti, 
so  sal  diicli  unst^r  keiniT  adder  die  sinen  dene  andern 
adder  die  sinen  ns  adder  in  dene  borkfride  nicht  an- 
griffi^n  ader  besi-liedigeu,  snndern  dar  yne  als  giide 
ganerbin  uiKlereyiiander  sitzen  und  bliben  nach  allera 
deme  als  vorgerort  ist  angeverde,  —  Snndern  ist  bered 
und  geteidinget  worden,  ab  wir  Johann  apt  abgingen 
und  eine  niiw^e  apt  zu  Fulde  worden,  daz  der  zu  deme 
.slnße  Schildeeke  niclit  gelalien  werden  sal  von  unser 
keyrae  der  ganerbin  noch  auch  deme  voite  der  von 
des  Stiftes  wegen  da  were,  ere  habe  danne  disin  bork- 
fride vore  gelobet  und  gesworen.  Desselbin  glichen 
were,  daz  unser  einer  adder  mere  der  ganerbin  sone 
betten  dy  zu  iren  jaren,  nemelioh  zwelff  jaren,  komen 
weren,  wolden  sieh  die  n.s  und  in  daz  vorgenante  sloß 
und  borkfridf^  iScliildm-k  xielien  und  isich  des  gebrochen, 
adder  ob  unser  einer  adibr  itiere  der  ganerbin  irert 
teile  verpffettden  ader  vt-rkeuffin,  musten  ader  wolden, 
ader  ob  der  ganerbin  einer  ader  niere  fnrmunder  ge- 
wonnen, adder  ob  unser  einer  der  ganerbin  ader  mere 
zu  zyten  einen  amptmann  ader  volt  daselbst  liine  setztn 
wolde,  daz  man  der  keine  zulaßin  sal,  ere  habH  danne 
zuvorntan  disin  borkfride  gelohnt  und  gesworen  zu 
halden  an  argliste.  Me  i.st  gered,  ob  unser  der  ganerbin 
einer  ader    inere,    sine    naclikunu-n    ader  erbin   iieii  teil 


218 


initciiiiaiulcr  iult-r  ciu  tcyh-  miil  ii'H  zugf^liorurigu  an 
dfinu  voigfUtintfn  iiiiHHrme  aloßf.  Schild t»ck  verpffenden 
ufi'  wnUnkauflF  ader  nrtfcIt'cUchin  vcnkaufHii  wnUl»«!!, 
wordf  (laz  uif  uns  Johanns  apts  syten  also  g«legen, 
waz  wir  dann  an  ntisi-rnu-  t«*ile  \ t^rpfFendüii  woldeii,  daz 
sr>|(|(>ii  wir  ilcti  aiidirn  tinscrn  gancrbiii  addtT  ir«ii 
crbiii  anbieten  ein  gantz  virteil  jari;s  vore  sant  IVter» 
tage  ad  cathedram  genend.  Wolden  sy  dann  ir  «.'iner 
ader  nxert*  uns  als  vile  als  andi^ie  darufF  lihen,  so  soldeii 
wir  yne  des  gönnen  vor  allin  ajidurn,  wolden  wir 
t'H  aber  verkt-uffin,  so  solden  wir  p«  yne  aber  aolicht-r 
nui.si'  v<^rkondigr'n  als  nulifst  gerort  ist;  and  waz  wir 
dann  also  daran  verkHufFeri  wolden  alles  oder  oin  t«ilt». 
daz  .stilden  wir  yne  nicht  thnrer  at-htün  dann  daz  sich 
ye  ein  acbienteib  an  denie  vorgenanten  gantzen  sloßü 
und  siner  zugfborunge  gebore  fnre  nnnbundert  giilden 
naili  ant/ak',  usgenüinen  waz  wir  ader  unsere  nacli- 
konifii  an  nnsernie  teile  sundern  gebuwet  betten  nach 
dato  dis  briffes,  daz  nicht  an  genieynen  buwe  ge- 
scbeen  werü,  dene  solden  sie  uns  aucdi  nacbgiiche  ab- 
legen und  liiniiach  geben,  und  idi  wir  uns  darumbc 
under  eyne  nicht  vereynen  m<'chten,  waz  dann  unser 
gekoren  dry  frinde  erkenten  in  eyuie  glichen,  daz  sy  uns 
dafure  geben  solden,  darby  sohle  es  bliben  und  gehalden 
Werden.  Were  aber  daz  sy  der  v(>rsatznngn  (ub-r  kauflW 
mit  uns  stilieliermasi-n  nicht  nng<diin  widden,  .so  niechten 
wir  des  kauffes  mit  andern  unsern  genoßen  oder  sinnen 
hnlwn  angelten  uird  daryn«*  tun  mich  unserrnn  besten 
niitzt«n  an  ire,  irer  erbin  und  eines  icklichen  widd*'r- 
sinechen.  also  dotdi  daz  dinselbin,  dy  darzii  also  kuniLMi 
sohlen,  disrn  bnikfride  nach  sineju  innholden  gelobet 
und  geriworeii  hallen,  rre  dann  sy  zu  denie  vorgenanten 
slolie  adder  siner  zugehormige  gelassen  werden  nach 
dunie  als  nehest  gerort  ist  »n  hIIus  geverde.  Were  aber 
duz   es   uns    Dytterichu   her«   zu   Bickenbach,   Erkinger 


von  SauvvinslioyiiKi  rittttr,  Conrad  vun  .Sti'iiuiuwe  Stein- 
rucke gfii;m*l,  •iilder  Conrads  vom  Hnttfn  luisur  eines 
addiT  lucri'  sache  also  gflrgt-n  vvonlen.  ilaz  wir  ridef 
udshj-  (-rbiu  tjiißern  teile,  welcher  daz  \ver<^  vrrst-tzrn 
iuli-r  vt'rkeuffon  musstfii  ader  wolden,  daz  soldc  uiihit 
einer,  \vi'It]ifm  daz  also  gflt^gcn  wi-rdt',  dene  iitidr^n 
itznnd  geiiunteii  sint'ii  ganeibin  anbieten ;  wold«u  sy 
dann  daruflF  nicht  lilifii  ad«r  dai-uuibe  kmiffi'n,  so  soldeii 
wir  fs  darnacb  unserme.  obgenaiitt-n  gnedigen  lierren  von 
Fuldu  iidcr  sinen  naclikomen  aiibictt^n  und  demt'  aucL 
btlgi-n  und  iiacligeben  mit  der  pttandunge  oder  verkautTu 
welches  daz  were  in  alle  der  mase  als  neht>st  von  dem- 
.si'lben  unsme  berren  vun  Fulde  und  sineu  nachkoineii 
gHBcIiriben  sttn-t,  und  wokl**«  alsdann  ir  kf-iner  danitf 
lilien  adi-r  dnrumbe  keuiffen,  so  uiaebten  wiv  di^s  kautfes 
adrr  pffandunge  mit  i-yme  odi-r  ineren  un.serti  genoliin 
angeliiii  und  dar  ynnf  tun  nacli  unBuie  willt^u  und 
nutzen  an  widderspreclien  eines  ikliehen,  also  auch  daz 
dt'rs<'lbt'  ader  diftelben,  dy  also  zu  t'yneni  teile  da 
konien  wolden,  zu  voran  disiu  borkfride  globet  und 
gsworen  haben  zu  lialden,  alles  nach  deme  als  nehest 
und  auch  da  vore  gescbriben  steet  angeverde.  Und 
welicli  unser  sinen  teile  solicberma.se  also  verpffente 
ader  verkeuflfte,  so  Kfilden  die  anflern  ganerbin  deme 
der  daz  keufFte  ader  daruft"  übe  naeh  deme  als  nelioöt 
geroit  ist  zum  borkfride  ncraeu  und  kernen  lassen  an 
inleguiige.  —  Ujid  were  daz  der  vurkeuHVr  sine  teil 
des  dickgcnanten  sloßes  »Schildecke  mit  der  zugehorunge 
miteinander  verkeuffte  und  nieht  an  derae  sloßy  he- 
hilde,  sio  sokb-n  dy  andirn  ganeibin  yine  ader  ort  yne 
widerumbe  deiiselbin  iren  nachkonien,  stitfto  ader  erbtn 
vorderme  von  dys  luirkfrides  wegen  lenge  nicht  verbunden 
sin  an  alles  geverde.  —  Auch  ob  man  sieh  füre  dys 
nbgeuante  slr>ß  legem  ader  daz  verbnwin  woldt»,  wie 
das    queme,    welicbo    ganerbin     daz    dann    erfuren,    dy 


220 


.siililrii  i'M  \nii  ^tll|lt  tlcti  aiiilci'n  zu  wiüHun  tun  und  »dliif 
al^  dann  unser  iekli<jht'i-  von  stunt  gptruwlich  darzu  tun 
mit  allnr  siner  vprniögende  und  es  helfen  pintsehuden 
mit  luden,  kosten,  gi'schotze  addrr  was  dann  «m  not- 
dorfft  wer«  angfverde.  —  Worde  aber  daz  vorgenante 
sloß  vinloreii,  wii  daz  (jueme.  so  eolde  icklich  gauerbt« 
getrnwlich  daran  helfi^n  und  tun  mit  lii-bu  und  gutn 
ob  wir  daz  widder  gt'wyinien  niouliten,  und  wii  daz 
wiilili'r  gewonnen  worden,  so  solde  ilfich  icklicher 
Widder  zu  sin^ni  teile  komon  angeverde.  —  Ks  ist 
auch  nemolich  gered  und  geteidinget,  daz  ans«^r  ik- 
licber  dor  ganerben  thonnem,  tborhutern  und  wechtrrn 
h>nfn  ntul  beköstigen  sal  nacli  antzale  und  geborunge, 
als  er«  teil,s  an  deme  vorgenauten  sSoß  hat,  an  arglist. 
Vorder  ist  beteidinget,  daz  wir  den  ganerben  alle  jare 
zweene  n«  uns  kysin  sollen,  dy  da  niaclit  haben  zu 
buwen  und  y.u  beisaern  unsern  gemeinen  buwe.  daselbest 
zu  Scliildeck,  doch  nach  rate  und  derkentnis  unser 
aller,  es  sy  an  bruken,  czunen,  siege  adder  andern 
saclien,  des  dann  nod  ist,  darzu  dann  auch  unser  ick- 
licher gebin  nal  nach  geborunge  als  ere  an  dem  sloße 
hat,  und  were  das  unser  etlicher  daran  sumigk  worden 
und  sine  teil  nicht  usrichte,  so  mochten  dieselben 
buweuieister,  welche  dan  zu  jare  weren,  dis>elben  ader 
dy  iren  darunibe  jifFenden  unil  solche  antzale  und  ge- 
boriinge  durvrm  u^richti'H  und  daz  auch  als  dicke  tun 
des  not  wii'det  an  alles  gevi'ide.  —  Auch  sal  unser 
keiner  buwin  an  dc-r  gemeyne  des  dickgenanten  sloßes 
an  der  andirn  gam-rhin  aller  wilkn  und  rad  an  geverde. 
KemelRh  ifst  bered,  daz  wir  Johann  apt  des  stiftes? 
Ftilde  und  unser  iiachkouien  einen  der  gekoren  darzu 
kynin  und  gehen  snlleu,  und  wir  Dittericli  here  zu 
Hiekenhacb,  KrkingiT  von  Sauwinsheyin  ritter,  Conrad 
von  Steinawe  Steinniek«»  genaud,  und  ( -imrad  vuni  Ilutten 
dtn    andern,    mid    uir    obgenaiiten    miteinander    einen 


gem«ynen  obprmun,  als  wir  Johann  ai»t  ilaiui  itzunder 
Hansen  vom  Huttoi  ik-tic  jungten  gokoren  Jiaben,  und 
wir  obgemmtini  dtMi  iiiuliru  jiinu'rbin  Casjvar  von  Hybra, 
und  daniu^  initeJuandfi-  Älanguldc  von  KliiT-stnin  als 
einen  nberman  gekornii  liabeii.  Und  wann  man  von 
gebrecht^n  w^'g^^n  des  Imrkfrides  vorgonirte  di^r  itzunt 
gfnantnn  bedaiif,  ho  sollin  die  jiaitbifn,  die  der  .sauli« 
dann  widdtfr  einander  zu  schicki-ii  liaben.  die.selbin  ir 
iküchw  besundern  darzu  bidden  und  daz  auch  tun  als 
dicke  den  not  wirdef.,  und  yne  die  saclii^  furlegen ; 
was  sie  dann  alle  adder  ir  der  merer  teil  erkenten  by 
irme  eyde,  also  solde  es  von  allen  teilen  gelialdeu 
werden.  —  Und  wie  dicke  derselben  gemeynen  gekoren 
einer  abginge,  wer  der  uff  unser  .fohanus  aptes  siiteu 
gekoren  gewest,  so  solden  wir  adder  unser  nachkoniftn 
einen  andern  an  desselbun  abgegangen  stad  kyt^ntl 
innewendig  vire  wocben  dene  nehesten  als  wir  darunibu 
gemand  worden  von  den  andern  unseni  ganerbin  ir 
eyme  ader  mere.  Desselbigen  glichen  solden  wir  die 
andern  ganerbin  auch  tun,  ob  unser  gekoren  fruinl 
abginge,  wann  wir  des  vermanet  worden  vuu  denie  vor- 
genanten onsern  bern  von  Fulde  oder  sinen  naclikonnn, 
Und  welchem  teile  daz  also  gelogen  worden,  wenne 
der  ader  die  gekoren  betten  nacfideme  als  nebest  ge- 
scbriben  steet,  die  solden  daz  der  andern  parthie  zu 
wissin  tun.  —  Were  aber  daz  unser  gekoren  obernian 
abginge,  so  solden  wir  innewendig  zweien  nienden  den 
nehesten  darnach  als  uns  daz  zu  wissen  worden  were,  uns 
zusanien  verboten  und  eines  genieynen  obernians  an  des 
abgegangen  stat  oberkomeu  und  kysin  an  all  geverde.  Rs 
sal  un.ser  icklicher  und  die  sinen  den  andirn  und  die  sinen 
futcrunge  erlassen  in  demeborkfride  ungeverlich.  Welch 
unser  der  ganerbin  einer  ader  mere  von  «ine  ader  der 
sinen  von  borkfride  wegen  zu  dem  andern  zu  sprechen 
hette,    darninbe  ere  yne    meynte   antiulangen,    tede   ere 


090 


darnnihf!  iiiclit.  kctiitl'n  Itt'  vnriliTiiiipc  bynnft  der  jarsfrist 
ndifst  )i;h;IhIoiiK'  iVn^  ;<;»<  hr  i,'fS(-litTi<  wi-rt\  wo  8okK'  sie 
vurd»*r  tu«!  iiinl  iibi*.  syii  und  kv'uw  v«nd4'niiig(;  darunibe 
zutundc.  litibi-n  angnverd«.  —  IHser  burkfride  sal  weren 
und  nicht  fibgi'bin  mit  godt-j^  bfiffe  dii  wile  wir  di^s 
vorgfiianfai  sloß  imd  gi^richti«  also  inne  bab«>n,  und  sal 
dune  unaiü"  keyncr  widdt'rejncehi^n  adur  uicbt  daruß  sin 
mit  Worten  adfi'  wirken,  Ji^ynielitb  »der  oflinlich  in 
keynti  wys  andurs  dann  diser  britf  von  wortt?  zu  wort«' 
ludet  und  Kuget,  u.s  wt-rn  danne  daz  wir,  uns(*r  nacli- 
koTTifu  und  erbiu  gemeinlicli  «Mn«s  andern  bessprn  Imik- 
fride  nbMrquenien  und  t^ine  wurdfii,  alifr.s  au  argk. 
iJistn"  vurgescliribi'iK"  binkfiidi^  sal  angi^lien  an  dpin<" 
sloßft  Schitdftck  und  dar  ym-  und  darambe  so  ferre 
bis  gt^in  Sclauitra,  von  iStlinutra  bir^  gnin  Metcbinfeld, 
von  Mutcbinfeld  biss  gein  Ititeubergk,  von  Ilitenbergk 
biss  gein  Gtirnode,  von  Gp.rnodt!  g«yn  Sincliinrayne,  von 
Sinchinrnyiu'  widder  gein  Schuntra  und  darynne  unibp 
und  unibe  biß  an  daz  sloß  vorgonanto,  also  doch 
diAZ  taiiser  kuynnni  der  ganerbfu,  »iutn  naclikomeu  oder 
erbiti  daz  keyneu  stdiaden  bringe  an  inusj'r  iklicbes 
rechte  daz  wir  in  dene  itzund  genanten  dorffen  und 
borkfridi'  liabin  ongeverde.  —  dise  obgeschribin  artikpl 
alle  und  iklicbin  besundern.  als  diu  von  Worten  zu 
worti'u  liinr  inno  gcMdu'iidx^n  sti-i^n,  haben  wir  ob- 
genantHU  Johann  apt  des  stiftes  Fulde  und  wir  Ditterich 
here  zu  Bickenbacb,  Elrkingur  von  Sanwinsheyme  ritter, 
Cnnrad  von  Steinawe  Steinrucke  genand,  und  Conrad 
vom  lluttf^n,  wir  Jubann  ajit  iure  uns,  unsnr  naclikoineii 
und  ötift  und  wir  itzund  gfnanten  hnxt  uns  und  unser 
F^rbin  unser  Biner  dem  andirn  mit  hande  in  bandn 
mit  einc^r  rethttn  steten  tniwen  gelobet  und  darnach 
mit  uftgeraebten  bngern  liplich  /u  den  heiligen  gesworen 
stete,  feste  und  unverbrüchlich  zu  balden  an  alle  geverde 
und  argliste,  —  lind  des  zu  bekentnis  mul  merer  sicher- 


223 

heite  haben  wir  Johann  apt  unsor  groser  ingt-sigcl  furo 
uns,  unsor  nachkomen  un<l  stift,  und  wir  Ditterich  lier« 
zu  Bickenhach,  Erkiiig(;r  von  Sauwinsheinie  ritter, 
Conrad  von  Steinawe  Stoinruck  gonand,  und  Conrad  vom 
Hütten  füre  uns  und  unsere  erbin  unser  iklicher  sin 
eygen  ingesigel  mit  rechtin  wissin  aucli  an  disen  -britf 
gehangen,  datum  anno  domini  millesimo  quadringente- 
simo  vicesimo  quinto,  ipsa  die  beati  Petri  ad  Cathedram. 

Die  schadhaften  Wappen  der  Herrn  von  Bickenbach, 
Steinau  und  Hütten  hängen  an,  das  des  Aptes  von 
Fulda  ist  abgefallen. 

Dio  wohleihaltene  Porganicnt-Urkundo  bcfiiultit  8ioh  im  Hc- 
sitzo  der  Bibliothek  des  Voreins  für  hess.  Geschiolito  und  T.and<'S- 
kimdo  zu  Kassel. 


o-örs^ 


r<?^, 


Mt^Ewö'-'' 


:ß-<. 


224 


V. 

Die  Kasseler  Bibliothek  im  ersten  Jahr- 
hundert ihres  Bestehens. 

(IG.  und  17.  Jahrhundert.*) 

Von 
Dr.  Carl   Scherer. 

^l'^^uncker  hat  in  seiner  als  Festschrift  zum  300jäh- 
4^^rigen  Bestehen  der  Landesbibliothek  zu  Kassel 
erschienenen  Abhandlung:  Landgraf  Wilhelm  IV.  von 
Hessen,  genannt  der  Weise,  und  die  Begründung  der 
Bibliothek  zu  Kassel  im  Jahre  LÖ80,  Kassel  (Theodor 
Fischer)  1881,  ein  anschauliches  und  lebendiges  Bild 
gezeichnet  von  der  ersten  Entstehung  dieser  schönen 
Sch(>[)fung  jenes  Fürsten,  von  dem  warmen  Kifer  des 
Stifters  für  ihr  weiteres  Wach.sthum  und  von  den  Be- 
mühungen   und    Hilfeleistungen   befreundeter  Gelehrten 


*)  Die  nachfolgende  Darstellung  beruht,  namentlich  in  ihrem 
zweiten  Theilc,  soweit  nicht  andere  Quellen  namhaft  gemacht 
worden  sind,  vorwie{>ond  auf  den  bislang  unbeachtet  gebliobciicn 
Akten  der  Landosbibliotiiok.  Ich  habe  den  betreffenden  Angaben 
die  Bezeichnung:  A.  L.  15.  zugefügt. 


zimial  v<iii  dt;r  Thiitigkt'it  u»il  ilem  Lt'bfii  des  ersten 
Bibliothekars  .loSuinu  Buch.  Das  frühste  Zeugnis  da- 
für, diiss  dur  GenaJuitt:  UibliuthL'kiir  dtr  landgräfiichcn 
Bik-htTsaramhiiig  war,  .staraiut  aus  dt^ni  Jahre  1584  und 
bildet  siuh  in  v.'iuvr  R«de,  die  dw  Marburger  Professor 
riiiHiipns  Matth.ieus  am  16.  Februar  dieses  Jahres  auf 
den  Tüd  des  Landgraffsn  l^hilippa  IL  des  Jüngeren,  der 
eiiiHt  des  Magisters  Huch  lJnt«nTicht  genossen  liatte, 
hielt  und  zu  Marburg  dem  Druck  übergab  *).  Ist  hier- 
nach gewiss  Buch  der  Bibliothek  als  deren  erster  Vor- 
steher gesichert,  so  müssen  wir  doch  andererseits  die 
Zeitgrenzen  für  die  bibliothekarische  Wirksamkeit  jenes 
Mannes,  wie  sie  Diincker  gezogpn  hat,  einschränken, 
denu  tbatsiichljch  ist  Buch  nicht  bis  zu  seinem  Tode 
iin  September  1 599  **)  u  ii  u  n  t  e  r  b  r  o  c  h  e  n  an  der 
Bibliothek  tliätig  gewesen.  Es  findet  sich  unter  den  aus- 
gewiihlten  Gedichten  des  Rodolphus  Godenius  ein  Lied, 
welches  dem  »Joanni  Ko<lingo:  illustrissiuii  Principis 
D.  D.  Guilielmi,  Hassiae  Langravii,  (Jtc  Bibliothecario : 
&  opt.  Miitrouae  Margaritae  Transfeldiae,  novis  Sponsis« 
gewidmet  ist***);  wir  wissen  andererseits  aus  der  poe- 
tischen Zueignung,  die  drei  Freunde  Rudolf  Goclenius, 
Hieronymus  Treutier  und  Jacob  Thisius  dem  Joh.  Ro- 
dingus    beim    oben    erwfihnteu    Anlass  zusandteji,    dass 

•)  Oratio  do  vita  ot  obitu  illustris.simi  Principi«  ao  Domiui 
Domini  PLilippi  Junimis  .  .  .  habita  Maipurgi  a  Phili[ipo  Mattliaoo 
.  .  ,  Marpuigi  (Ter  Au}j.  C'olbium.)  1584.  4.  AViodorliolt  im  I'a- 
negjr.  Aoad.  Marjj.     Maij».  1590.    8. 

")  Dor  29.  Sejitembor  ist  der  Bcf,Tä bmatat;  Buchs  nach  doo 
von  SfJtmiticke  aiigefcntigteii  Auszügen  aus  deu  Kasseler  Kirchoii- 
bücborn.  Mscr.  IIa««,  foi.  113  [Stand.  Laiidosb.]  s.  dazu  Dutieker 
ft.  a.  0.  S,  9. 

***)  Libor  selectkjrum  carminum  Rodoljtbi  Godonii  .  .  .  Nuuc 
priitiuin  in  lucetn  edil:iis.  Marburg  (lIiitwolokerK  IGOö.  8.  Flbcu- 
so  bezeiohuGt  ein  Anugi'ainin  des  Fabrouius  auf  ,)oh.  Kodin^  die.son 
in  dor  lioberscbrift  als  „Poeta  et  Magister  artiuui  Üibliütiiüc.  Ca.s- 
seltamis'-  .s.  Mst-r.  Poot.  foi,  12  S.  762.     (SHlnd.  T-.-B.| 

N.   K    XVII.  Bd.  ir> 


S26 


die  Hochzeit  im  Jahre  1588  stattgefunden  hat*).  Wir 
gtnviiiTifi)  somit  für  dicwn  Zeitpunkt  oiiu-n  zwciti'ii 
BibliothekMr  in  clrr  l'ci-soi»  dos  Jnliannos  iiodiiigUä.  Ale 
Soho**)  dets  iM'kaiiiitiMi  Marburger  Theologen  nnd  l'ro- 
fessors  Nikolaus  Koding  und  Enkel  des  vermnthlicb 
ans  der  Schweiz  eingewanderten,  sjüiteren  Treysaer 
Bürgermeisters  Johann  Uoding***)  zu  Marburg  geboren, 
erhielt  der  Jüngling  seine  akademische  Bildung  auf  der 
Hochschule  seiner  Vaterstadt,  in  deren  Album  er  vom 
zeitigen  Rektor  Oldendorpius  am  22.  September  ir>62 
eingeschrieben  istf).  Johannes  hatte  sich  wie  sein 
berühmterer  Hmder  Wilhelm  ff),  der  zuerst  das  Ca- 
mendrecht  in  ein  System  brachte,  der  Hechtswissen- 
Hchaft  gewidmet  und  erscheint  so  als  Notar  und  An- 
walt in  Kecbtsurkunden  aus  den  Jahren  \hH2,  1592 
und  löilTttt)-  I'ii  Jf»hre  1(JU2  begegnet  er  uns  wieder 
als  Bürgermeister  von  Kassel  und  Oberhaupt  des  dor- 
tigen Stadtgerichts,  im  folgend(Mi  Jahre  noch  einmal 
unter  den   Schößen  der  Stadt  *t)-      Wajin   Roding,   der 


•)  Stniyirr,  üol.  Gesch.  Bd.  XI  S.  326;  Rodings  crstr  Krau 
war  am  15.  Nov.  158ö  begraben,  s.  Älscr.  Ilsuis.  fol.  113  111.  330. 
ISttod.  1^-ü.j 

•*)  Siölxel,    Die   Eutfliüklung    dos    gclolitleu     Kichtorthuui«. 
Bd.  I  S.  121  u.  145. 

•♦•)  Slrüder  Bd.  XI  S.  322  und  SlöluJ  a.  a.  0.  Bd.  I  S.  121 
Note  28. 

+)  Catalorfus  atudiosorum  ...  ed.  Cncxar.  P.  IJ  j).  64, 
tt)  üebor  iliu  s.  üUniXring,  Uesohichto  der  Deutsch,  ßechte- 
wissenscJiaft.  B<1.  I  >S.  520;  in  der  Ausgabe  der  l'atidectAruui 
Comerolium  dos  'Wilhelm  Boding  von  1(KI4  (Ca-ssol  Itui  Weisel 
gedruckt)  bat  Jobaoue«  dorn  verstorl>cnon  Firuder  ein  Epitaptiiuiu 
geeetzt. 

ttt)  Slöixei  a.  a.  0.  S.  445;  die  Urkunde  vmi  1592  Uifüzt 
dio  BiblJothok  des  Oeticbiubtjivoroius. 

't)  t^tc'hrl,  BürgermoiKtcr  und  Uath  der  StiuJt  Ka.«j!al 
(ja^^'J— KJ50).  In  der  Zeitschrift  dMVoreins  für  Hoss.  Otmah.  N.R 
Rd.  V  8.  150. 


zum  letzten  Mali'  misci'es  Wissens  im  Jahre  1606  als 
fiirstliclHT  Rjitli  iTwäliiit  wird,  g<?storl><Mi  ist,  war  nicht 
zu  ürmittelij ;  sicher  war  er  bereits  nicht  mehr  am 
LeVidi  etwa  im  Jahru  1(121. '22,  wo  wir  in  einem  Knt- 
wurt  ilt^s  Miiritzschen  Hof-  und  Kanzley-Staats  Johannis 
Koilitigi  H'M'ligt-n  Wittib  mit  uinem  CiiiatU-iiguhalt  von 
47  tt  und  211  all»,  jiilnlich  htnlaclit  sehen*).  Kodiiig 
niuss,  das  lässt  sich  «oibst  aus  den  spärlichen  Nach- 
richten suhliessen,  eine  angesehene  8teihing  einge- 
nommen haben.  Wir  sehen  ihn  in  Bezielmitgen  zu  D. 
Jnliannes  Magnus,  dem  fürstlichen  Kath,  dem  er  als 
litteraristher  Beistaniä  den  Abdruck  t^iners  Werkchens  in 
Nürnberg  und  Bescluitfnng  von  Büchern  aus  Kassel 
nach  seinem  Wohnorte  Treysa  vermittelt**).  In  dem 
umfangreictien  Foliobande,  der  die  noch  zum  grössten 
Theile  nugeih'iK'kten  Dichtungen  des  Philologen,  'rheo- 
logeu,  Rechtsgelfdirten  und  gekrönten  Dichters  Her- 
mann Fabrouius  ***)  enthält  und  der  nach  uianclien 
Schicksalen  schliesslich  in  der  Kasseler  Bibliothek  ein 
sicheres  iJhdach  gefunden  hat,  steht  —  denn  nicht 
leicht  ist  eirj  damals  Lehendt^r  von  des  Fabronius 
Mus«*  verschont  gebliehen,  —  auch  eine  dem  Rodinguss 
gewidmete  Klegiefj.  Voii  Kassol  aus,  wo  die  Pest 
tobt,  schreibt  der  Heimgekehrte  an  den  Magister  Job. 
Iiodingns,  den  Dichter  und  einzigtheuren  Freund,  der 
sich    nach    der    ländlichen    iStille    von    Rengersbausen 


♦)  Mscr.  nass.  fol.  77  Bl.  21.  [Stand.  Landesbibl.]  und 
wnten  B.  236. 

•^)  Mscr.  lia&s.  fol.  101  Bl.  296.  [SUind.  Landesbibl.]  Jo- 
aimis  Fodingii  ad,  D.  Jobaiiiiein  Magnmn  .  .  .  Epistola  data  o 
Iiago  lioDgoi-sliauseu.  9.  die  Oct.  1598.  Abschrift  von  Kalck- 
bulTs  liand. 

*)  Jiomuiel  Bd.  VI  S.  479  und  Slrieder  B4.  IV  S.  48  ff. 

t)  Mscr.  Poet.  lol.  12  Elogiar.  Libcr  IV.  Elegia  XV  S.  341. 
ücbfir  die  Scliitksulo  derliandschnft  s.  die  Bemerkung  ifej7i/<arf/i* 
vorn  in  dei-selben. 

15* 


228 


geflüchtet  hat  und  hier  in  Trauerliedern  der  Opfer  ge- 
denkt, die  dit^  grimme  Semhc  in  der  Stadt  tbrdt;rt. 
Ein  ürigiiialbrinf,  gleichfalls  im  lj<'sitz  dnr  Landes- 
]>ibUothek*J,  zt-igt  veitrauttn  Vtrkflir  mit  Jatobus  Mo- 
fianus,  di-nj  spraehenkundigi-n  Leibarzt  und  eifrigi^n 
JlitnrbL'itor  des  fjandgrafiTi  Moritz  in  dessen  tliennsuhem 
Ijaburatorium  **),  demselben  Mainie,  der  im  Verein  mit 
seinem  Frennde  Hermann  Wolff  im  Jahre  1609  eine 
Besclireibiuig  de.s  dainuls  „neu  eröffneten  und  an  seinen 
thngunden  vvunderbarlich  befundenen"  miniTnlischen 
Hrunnens  bei  Nordshauseji  unweit  von  Kassel  lierausge- 
geben  hat***).  Das  »Schreiben,  unterm  18.  August  1599 
in  gewandten  Distichen  abgefabst,  wendet  sich  an  den 
Freund,  der  augenbltcklicjj  in  Kntenburg  weilt,  mit 
einer  eiligen  l^HchricIit.  Der  Inhalt  ist  leider  dürftig; 
es  haiulelt  sich  um  eine  für  den  Briefempfänger  wichtige 
Angelegenheit,  die  der  Sclireiber  offenbar  nicht  dem 
Papier  anvertrauen  mochte  und  von  der  wir  nun,  weil 
sie  allzu  wielitig  und  geheim  behandelt  ist,  nichts  er- 
fahren dürfen.  Die  Nachschrift  emptiehlt  den  Dr.  Lu- 
canus  —  es  ist  vernuitliltcli  der  Dr.  jur.  und  Hers- 
feldische Rath  Laurent!  US  Lucamis  gemeint  f)  —  der 
gelegentlichen  Frirs|irache  und  Unterstützung  beim  Land- 
grafen. Für  die  gute  .Stellung,  die  Kodiug  zu  seinem 
Fürsten  einnahm,  spricht  am  besten  eine  kleine,  launige 
Finladung.'fkarte,  die  Moritz  an  den  rechtskundigen  Mann 
am  <>.  October  KiOö  aii.s  .seinem  staubbedeckten  Museum 


I 


•)  Mscr.  litt.  fol.  4  iintci'  Rodingus. 
••)  f{ornmei  Bd.  VI  S.  493  u.  Strialcr  RJ.  XVII  S.  2S5. 
***)  Bescbrc'ibuug  dos  MinemlischeD   Biuuoens,  so  newlicher 
Zeit  boy  Cossol  in  Hosson   M'iderumb  in  Brauch   gebracht  -wordeu 
.  .  .  Cassol  (Wossol.)    160il.    Jn  doiiiselben   Jftbr  erscbiou  ebenda 
auch  dor  lateiiiiscbo  Text. 

t)  Pio  auf  den  Tod  seiiior  Onttiii  (8.  OH,  ir»9())  crscliienenon 
,Elegiao  ot  üoiisolatioucB'-  wiirdt-ir  löHl  bei  I'.  Egeuolph  in  Marburg 
godruukt. 


229 


richtet*).  Der  Golohrte  soll  ilin  am  andern  Moi'gon  um 
6  Uhr  besuchen  und  einpauckpii  für  dw  juristischen 
In.stilutinntf^ii,  dit-  dor  T.aiulgruf  iui  dHmselb<^ii  Tage  mit 
binigt'.ii  juugen  EdelleutBii  troiben  will;  aber  kurz  und 
klar  soll  die  Vorlfsung  sein,  denn  so  iiräge  er  *hs  sich 
am  leichtesten  ein  und  iUjfimittete  es  am  besten  seijien 
Schülern. 

Von  der  Thätigkeit  Rodings  als  Dichter,  die  gewiss 
dt-r  öitti!  dur  Zeit  entsprechend  sowie  den  ihm  verliBhenen 
Titel  „roi'tn*'  reclitfertigend  eine  grosse  gewesen  ist, 
habe  ich  nur  zwei  gedruekto  Kinzelwerke  in  den 
Händen,  eine  dem  Landgrafen  WilJielm  IV.  gewidmete 
Tniuerklage  auf  den  Tod  vtui  Reinhard  Seheffer,  Johann 
von  Meysenbngk  nnd  Eckbrecht  von  der  llalsburg  aus 
dem  Jahre  1587  und  ein  Glückwuti.scligedichtfür  Augustus 
Sagittarius  **).  Fane  Ethik,  deren  Vorrede,  datirt  vom 
1.  September,  sich  an  Bernhard  von  Anhalt  wendet, 
ist  mir  nur  in  der  Hanauer  Ausgabe  von  1593,  wo  sie 
zusammen  mit  des  Scribnnius  Etliik  erschien,  bekannt***). 
Sie  gibt  nach  Ramistischer  Methode  in  schulmässiger, 
knapper  Form  die  liegritf^hestiinninngen  der  Sitteidehre. 
Nach  einer  Bemerkung  Kalckhoffs  soll  Roding  auch  den 
Pandekteucommentar   des   Matthaeus  Wesenbeek  zuerst 


•)  Mausol.  Maurit.  S.  20.  s.  auch  liominet  Bd.  VI  Ö.  499. 
**)  Quoriinoiiia  lugubris  super  obitum  Roinli.  ScholFuri  .  .  . 
Joamiis  de  Meysenlmgk  ...  ot  Egbroditi  de  Mal-sburgk  . .  .  .\utoie 
.luanne  liodiugo  llasso.  Mai'burg  (P.  Egeuoliili.)  1587.  Das  Titel- 
blatt des  Kasseler  Exemplars  hat  3  handscbnftticlie  DiBtiulien, 
ciiio  Widmuni;  an  einou  ungcüanuton  Dr.  med.  —  Carmen  in  Lü- 
norem  .  .  .  Dri  .\ugusti  Sagittarii  Dresdeiisis,  yradmn  Raccalau- 
reatus  in  Acaduiiiia  lhu'[turgensi  consoquentis,  2.S  Maij  Anno  &c. 
77  soriptuni  a  Jolianno  Rotüngo  Martispargousi,  o.  IX  u.  .1. 
1  Bl.  fol. 

*♦*)  Ethitae  Libri  Quatuor  Joaiinis  Kodiugi  Marpurgensi» ; 
Ad  irictbodi  Hamce  Icgcs  confoimati.  Nuuc  secuudo  in  lucem  cditi. 
llanoviae  1593, 


2m 

1602  zu  Lieh  veröffentlicht  hitlxii  *).  Hati»ltecliriftlich 
b«!.sitzt  <li»^  Laiuleshihlidtliek  von  Unding  eine  ..Parie- 
gyris"  auf  Pltilip]»  uiul  .,Mi'moralii|ia"  a«8  Wilhelms 
Leben,  bfidt-  dem  Landgraft-n  Moritz  gewidmet  **). 

Kndings  Thiltigkeit  an  der  Kasseler  Bibliothek  ist 
vt'rmuthlich  nicht  von  langer  Dauer  gowesen,  denn  bereite 
Hin  1,  Jatiutir  1593  wird  der  alte  Ruch  wiederum  v^r- 
pHiehtet  „die  Fürstliehe  Bihliipthec,  Mappen  und  in- 
fttrumenta  mathematica  in  guter  Verwahrung  und  in- 
ventario  zu  halten"  ***).  Möglich,  dass  Buch  nunmehr  daa 
Amt  bis  XU  seiiiöm  Tode  iiine  gehabt  hat, 

Der  Mann,  dem  an  dritter  Stelle,  soweit  wir  wissen, 
die  Verwaltung  der  Bibliothek  übertTagen  wurde,  war 
J acob u s  T hy s ins.  Ein  Vlamliuider  von  Geburt  und 
gebildet  auf  den  Schulen  zu  Antwerpen  und  Löwen,  liatte 
Thysius  als  Jüngling  die  Fremde  aufgesucht,  in  Mar- 
Itnrg,  Heidelberg  und  Ingolstadt  studirt,  sich  in  Frank- 
reich, Ungarn  und  Italien  umgesehen  und  auf  den 
dortigen  Hochschulen,  zuletzt  in  Padua,  gute  Sprach- 
kcnntnisae  und  juristisches  Wissen  erworben.  Die 
inneren  religiösen  und  politischen  Unruhen  versuheuchten 
ihn  später,  wie  so  manchen  seiner  Landsleute,  ans  der 
Heiinath;  in  Hessen,  wohin  er  mit  Empfehlungen  kam, 
fand  er  sein  zweiU-s  Vaterland  f).  Bis  zum  Jahre  1788, 
wo  das  Gebäude  dem  neuen  Brückenbau  weichen  niussto, 


*)  .Toll.  Christ.  Kalr&hoff'a  Hassia  liternta.  Mscr.  lla^s.  Col.  TAi. 
[Stand.  Landesbibliothek.] 

♦♦)  Im  Sammolbaiid  Mscr.  llass.  fol.  48. 
•••)  Sfrkder  M.  11  S.  50  Anmorkung. 

t)  Die  HauptquLdln  für  Thysius  ist  Williolm  IHlirh. 
LUbe  ot  Acadeiiiia  Mfli|.urgetiMi  cd.  i'uosnr.  l*.  IV  S.  3»i  Daraus 
abgOBchriobeu  .sind  die  KfilrJJiii/J'm-]\ou  handschriftlichen  Nach- 
richten der  Kasseler  Bibliothek  (Ms.  Hass.  4"  79  und  4"  13H)  sowie 
Freher,  Theatruin  virorum  eruditioiie  clarorum.  S,  IU28,  der  auch 
das  Bildnis  iibemotntneD  hat;  s.  auch  Jio/mnrl  Bd.  VI  S.  5(.)3  u. 
808;  Frieder  Bd.  XVI  S.  181  u.  Duncker  a.  o.  0.  S.  27. 


pries  *;ini--  liisuluift  ;iiji  Thysiiisschen,  dem  öiiäteri'U 
ftiltuigi;t.-hi;ii  Haus(.i  iiiti  Markt  zu  Kassi'l  lUiti  gastliclu^n 
(iL-rüiiü  des  LuiidgrafL-ii  Moritz,  dfr  liit^r  (fiin?m  Ver- 
triebenen eine  ZuHiichtsstüttu  bereitet  hatte  *).  Etwa 
löi>5  mag  Thyöius  nach  Kassol  gtikommen  sein;  im 
folgoiiden  Jahre  finden  wir  ihn  noch  einma!  in  seiner 
üfbnrt,sstu(]t  Antwerp<^n.  VAn  BriHf,  dt-n  vi  von  dort 
am  10.  Juli  nach  Kas.sol  an  den  Dr.  jur.  und  FüjrsH. 
Uath  Magnus  VV*.il!"Hnbadi  schickt  **),  lässt  einmal  ein 
gewisses  Anseilen  ln-ini  Antwwrpener  Rath,  bwi  dem  er 
siel)  in  Saeiitii  dt-s  Weiffenbaeh  verwendet,  erkennen 
nnd  Hiiderer^seits  ein  bereits  günstiges  Einvernehmen 
mit  seinem  neuen  Landeslierrn  vermuthcn. 

Am  4,  August  UVLHJ  gründete  sich  Thysius  seinen 
Hansstand,  indem  er  die  nachgelassene  Tochter  des 
Hes.si.sclii'n  {'apitäns  Caspar  Geysc,  der  beim  Bau  do8 
JägerbaiHes  zu  Kassel  umgekommen  war,  als  (.iattin 
heimführti'  ***}.  Was  der  befrenndete  Kabronius  in  seinem 
unvermeidlichen  Hodizeitsgediubt  den  jungen  l*jlielcuten 
ge.wiin.scht  hatte : 

„Tliysi,  fausto,  [)recor,  rognont  jii  noujugo  locto, 

Thysius  ut  blandus  {»rodoat  iurJo  puer*f) 
gijig  überzeitig  in  Erfüllung,  denn  im  Kirchenbucbe  lesen 
wir  bereits  unterm  "21.  October  desselben  Jahres;  ,,liat 
Jaccdms  Thysius  taufen  lassen,  Gevatter  gewesen  der 
Cammerraeister  Johann  Heugel  und  dem  Kind  der  Namen 
Johann  P'riedrich  gegeben"  und  der  Schreiber  fügt  hinzu : 

•)  Ca»]iarswi,  Gesohh'hto  sarnnitl.  tlessen-Cassel.  frauis. 
Colonien.  8.  6 — 7  und  Strieilcr  Bd.  XVI  S.  181  Anmerkung. 

»♦)  Abschrift,  vou  Katckiwffs   Hand    in   Msor.  üa»,s.  4"  101. 
[tituad.  Laude»bil>Iiothok.j 

*'*)  .Si.htiiiuili'C-''  A\iB7Ä\ge  aus  doü  Kircheubüuberu  in  Mäcr, 
Ilass.  M.  UJ  Bl.  :^21  b  [Stand.  Lauilehbibliothek.]  und  Strieder 
Bd  IV  S.  33. 

t)  Fabiumi  Epigr.  Lib.  11.  Macr.  Poet.  fol.  12  S.  436.  [Stand. 
Laudesbibiioth.l 


232 


„Es  ist  abi-r  Thysiana  nona  pn^t  nuptias  septimana  ins 
Kindsbett  kommen  non  .sine  graiuli  i-irclesiar-  hnjus  scaii- 
dalo  weil  sie  in  cinnni  Kraritz  zur  Kirch*'!  gegangen"  *).  In 
(-beiulieftom  Jahre  wäre  iiat-b  nomnu'l**)  Thysius  Sekre- 
tarius  und  Bibliothekar  geworden,  nach  Strieder  li^tzteres 
t-rst  1(320***).  Ich  tiiuh-  dem  gegenüber  folgendes. 
Kabron ius  nennt  im  Jahre  li6(.K.>  den  Tliysius  Licentiatii« 
juris,  ebenso  bezeichnet  sich  der  Gekehrte  selbst  in  einem 
Huldignngsgedicht,  das  der  itiililuiischen  Sprachlehre 
seines  Fretuides  Catharinus  Ditlcis  vom  Jahre  lt305  vuige- 
drnckt  istf),  sowie  in  einejn  kleinen,  handschriftlich 
vorhandenen  Lobgediclit  auf  Melsntigen  aus  dein  h-tzten 
Jahrzehnt  des  16.  oder  ersten  des  17.  Jahrhunderts  fj). 
Ein  kurzer,  wohl  derselben  Zeit  angehöriger  Firief  des 
älteren  Goclenius  trägt  die  Aufschrift  an  den  Geheiitj- 
Sekretär  Jacobus  Thysius  f'i't)-  Ttiese  Zeugen  wissen  also 
nichts  von  einer  Stelhing  an  der  Bibliothek.  Der  erst«.-, 
den  ich  als  Gewährsmann  dafür  anführen  kann,  dass 
Thj-.^ius  fürstlicher  Bibliothekar  war,  ist  Bartoloniarnis 
Hilovius  in  den  dem  Letzteren  gewidmeten  VerscMi  im  40. 
Ruch  seiner  Epigramme  *fj,  wo  er  diesen  ausdrücklich  mit 
I.  IT.  L.  l*üeta  egregius  und  Bihlinth.  Cas.sell.  praefectus 
anredet.  Das  genannte  Büchlein  des  Bilovius  ist  zwar 
ohne  Angabe  des  Druckjahres  erschienen,  muss  aber 
zweifellos  im  Jahre  Kill  entstanden    und    veröffentlicht 


•)  Mscr.  llasa.  fol.  113  Bl.  321  h.  [Stand.  Undcsbiblioth.] 
")  Bd.  VI  S.  fJ03  iitid  Diaiclcr  a.  a.  0.  K.  27. 
"•)  Bd.   XVI  S.  Ifll. 
t)  Cathariiü  iKdcis  Scb<>In  Ilalioa  .  .  .  FraiiTOfotti.  [IHOö.J  8. 
b.  auch  Ilouimd  LJd.  VI  S.  477  utnJ  ,SlrHtlcr  VA.  III  S.  243  ff. 

tt)  Mscr.  Hass.   fol.    12    Bl.   202.    Überschriebon:    Dedicatio 
MilBUDgiae,    [Stund.  T<andesbibl.J 

ttt)  Mscr  Hass. 4*  101  S.  2ö7.  [Stand.  I^indesbiblioth.]  Absohiift 
von   Kaickhoff. 

*t)  narptolomaoi  Uilovii  Epigramtnatam  Libeilus  XL.  Magd« 
bürg  (Joachim  Boehus.I  o.  J.  8. 


233 


sein.  Ein  unsteter,  nicht  iinbf^anlagtt'r,  iib»>r  i'twas  liidf/r- 
licher  und  vyrlit'hter  Geselle,  dum  die  Kn'inung  zum 
kaifvinliehen   l'oeta   laurcatu.-?  vennutldicli  den  Kit|>f  vcr- 


war 


B 


ilovnif*  iiai'h  man 


c'hen   KHiseii  K511    nach 


(h'f'htc 

Hp^isen    iiuf|,'L^hrochpn.     Von    Marburg,    wn   t-r   mit   (h'U 


l'rnf 


cssorcukfeisiMi 


Fühl 


IUI 


g  E 


(nvanii. 


am  *•!■  iia( 


h  K: 


d 


an  den  Huf,  vvu  Moritz  den  Gel(*lirtfU  günstig  aufnahm. 
Entweder  in  dankbarer  Gesinnung  oder  eher  noch  in 
Hoffnung  auf  Anst«dhing  trat  der  l)icht<M'  ilamal.s  das  40. 
Buch  seiner  Epigramme,  das  sicii  fast  aiusKchliesshch  an 
Hessische  Persönlichkeiten  wendet,  geschrieben  und  dem 
Landgrafen  gewidmet,  noch  ehe  er  um  Neujahr  1612 
auf  Kasseler  Empfehlung  hin  die  Recturstelle  in  Schmal- 
kaldeii  erhielt*).  Fällt  somit  jenes  Gedicht  auf  Thj'.sins 
ins  Jahr  1611,  so  erhalten  wir  hierdurch  ein  sicheres 
Zeugnis  für  dessen  Thätigkeit  als  Bibliothekar.  Wenn 
es  i-rlaubt  wäre,  ein  Mahnschreiben  des  Thy.stus**J,  in 
dem  er  am  6.  Februar  16<J5  Bücher  zurückfordert,  als 
Dienstsache  und  nicht  als  Privatangelegenheit  aufzu- 
fa.sscn  —  und  beides  ist  möglich  —  so  kämen  vvir  höher 
hinauf  in  das  Jahrlf)05. 

Bereits  161  ;i  erhält  dann  der  Gelehrte  seine  Be- 
rufung an  die  Hucbschule  in  Marburg,  wo  er  an  StelSe  des 
schon  1614  erkrankten  Hermann  Kirchner  sich  als  Pro- 
fessor der  Geschichte  und  I'oetik  mit  Gregorius  8chönfeld, 
der  die  Hedekunst  ühernalim,  in  des  Erstgenannten  Lehr- 
thütigkeit  theilt***).  Nach  b  Jahren  kehrte  'fhysius 
nach  Kassel  zurück,  um  noch  8  Jahre  am  (^oUegiura 
Adeipbicum    als   Lehrer  der  ausländischen  .Sprachen    zu 

•)  Über  ßilovius  s.  Strieder  Hd.  1  S.  421)  H.  Ausliilirlicliere 
Niu'lin'.htofi  bietet  dor  von  Strieder  nicht  honntzio  (ieialliirf  iü  der 
Hisloiia  Schnialeal'iica  [jpft  II  S.  128  (Zuitschrift  des  Vereins  Für 
Huimoti.  Gesch.  .Siip[>!.  Hff.  tll 

•*)  .Msür.   litt.  fül.  4  unter  Tl<\  sius.  (Stäud.  LaJidesbJbl.J 

*)  Vatalogus  studiosoruiii  .  .  ,  od.  Caesar,  t'art.  IV  S.  95. 


234 


wirk«!!*).  Am  80.  November  1628  trag  man  rlen  THjiili- 
rigf-ii  zu  (.Irahe;  »eint«  Ciattin,  «li«  ihn  um  einige  Jalire 
üfH'ilebte,  ist  am  17.  April  16^52  gestorben  **i. 

rn»ben  seiner  Knnsütf^  itigkeit  als  Dicht^-r,  wie  ihn 
tlii'  beredten  V<!rse  .seiner  IVJitjüiiger  in  Apoll  gern  fi-iern. 
hind  gedruckt  wie  ungednickt  verstreut  erhalten  Anders 
stellt  es  mit  einem  vernieintlieljen  ^^öi<seren  Werke  des 
Tlijbius.  "  Als  Nebelthau  im  Jahre  18ÖH  die  sog. 
hKbijisc-he  Congeries  herausgab  ***),  verwendete  er  für  die 
iJrucklegun^f  neben  zwei  anderen  Hiinrlschriften  einen 
SainnieÜKiiid  der  .Ständischen  Landesbibliothek  zu 
Ku8!*et  f ),  der  n.  a.  von  Bl.  17H — 202  eine  Beschreibung 
des  Liindes  Hessen  nebst  den  Sitten  und  Thaten  seiner 
Hewiitiner  entbiilt,  die  unter  dem  Titel :  Lk.svnptio  lolmn 
Jlufisi.w  ut  vi  (hi  mofihus  et  rrhitJi  gestis  Ila.ssorum  aU 
herrenlose  8chrift  auch  in  den  huideskundlichen  }land- 
bücbern  von  Walther  und  Ackermann  verzeichnet  ist. 
Am  Knde  dieser  Beschreibung  ^iebt  nun  unglücklicher 
Weise  aufjHer  anderm  ein  Gedicht,  geschrieben  von  einer 
«ndi'ren  Hand  als  die  vnrbergebenden  Blätter,  wohl  von 
der  des  Verfassers  -selbst,  der  aus  der  Unterschrift  sich 
als  unser  Jarubiis  Thysiiis  I.  [I.  L.  ergibt.  l>ie  Verse, 
ilie  der  Stadt  MeUungen  rulinivnllr  Vergaiij/eidieit  preisen, 
haben  mit  der  vunuisgehenden  Beschreibung  llessscns 
nicht  da«  gpringste  zw  tluin.  Trotzdem  hat  Nebelthau  ft), 
die  von  iJuncker  ftt j  offenimr  ohne  Nachprüfung  ge- 
theilte  Vermnthung  gewagt,  dfws  jene  Unterzeichnung  des 
Thy-sin«   auf  die  gesammte    Desjcriptiu    zu  beziehen  und 

*)  Slrirdcr  l!d.  XVI  S,  ISI.  Imbümlich  Iflsst  ihn  Fabronius 

bei  liilicli  (.s.  o.  .S,  L>;jU  Aiim.)  ^ils.  <iioihiiaili  IJLltjieii  /.inuekkclireit. 

♦*)  Mucr.  Hass.  fol.  ll'J    Ul,  33T  u.  löö.   [Stumi.   Ltiridesbjbl.) 

**•)  Zeitaohrift  Aa^  Vereins  für  hesiisulie  Oeschiclite.    VA.  VII 

.S.  309  ff. 

t)  Mscr.  HasB.  lol.  12. 
tt)  a-  0-  0.  S.  311. 
tft)  a.  0.  0.  S.  27  Aarn.  2. 


235 


womit  diese  als  Arbeit  de«  Genaiuiten  anzusi'hen  sei. 
Nebeltiiau  wiire  «cliweiTich  ani  diesen  (ledanken  ge- 
ktmuiH'ii,  liiitte  rr  die  dem  f'if.'i'iitlieltc)i  Texte  vonui- 
geseliickten  Widmungen   niilier    aiigeseluMi. 

Die  Zueignung  iles  Werkes  ist  gesclirieheii  und 
untiTzeJelinet  von  Johiiiitie.s  Hjirtmannus  AmWergens  [mint. 
Will  man  aus  ilir  allein  Selilrnse  ziehen,  —  und  dun 
konnte  nmn  wnhl,  so  lange  man  wie  Nebeltlmir  nur  eine 
^Niederschrift  der  Kescriptio  kaiuite,  —  so  inus.s  niun 
in  Hiirtmann  *),  dem  bekannten  Chemiker  und  Leibiirzt 
des  Landgrafen  Moritz,  den  Verfasaer  seilen.  Freilieli 
liegt  die  iSaebe  thatsächlieh  etwatu  anders.  Die  auf 
der  Landesbibliothek  betindlielie  Hand«chrjft  ist  nnr 
eine  Abschrift  des  Uriginals,  welches  ausser  dem 
Texte  auch  die  Federzeiühnungen  der  beschrtebunen 
Ortecliaften  enthielt,  angefertigt  von  einem  Manne,  der 
sieh  lange  in  Hessen  nmgeseben  iiatte.  Aneh  dies 
üriginalwerk  ist  zum  Glück  erhalten;  aus  der  fürstlieben 
Bibttrvtliek  zu  Ka.s.sel  kam  es  einst  ins  Wilhelmshölier 
Sthluss,  von  wu  es  ins  Marburger  ^>taat.*:artdiiv  gelangt 
ist.  Diese  Handschrift  gibt  uns  den  Vfill-stiindigen  Titel 
des  Werkes  und  mit  ihm  dessen  Hau[)tverfasser,  Wilhelm 
Dilich**).  Diliehs  BezieJiungeJi  zu  Johannes  Hart- 
niann  .sind  bekannt;  er  war  es,  der  seinen  nin.stigen 
Lehrer  veranlasste  von  Wittenberg  nach  Kassel  zu 
kommen  ***),  wo  fr  sieh  alsbald  mit  ihm  verband  zu 
diesem  gemeinsamen  llnldigungswerk  für  Mi>ritz,  der  irj'.U 
entstandenen  Desuriptio  Hassiae.     Von  Dilich  sind  Text 


•>  Hunmul  Bd.  VI  8.  483  ft.  u.  Strieder  Bd.  V  S.  281  IT. 
2*)  s.  Caesar,  Ueliei  Willi.  Uilii'hs  lieben  und  Snlmlteri.  I.d. 
Zoitsrhrift  den  Vereins  f.  ho8s  <Sescli.  N.  F.  Bd.  VI  S  318,  der  irrig 
die  I>C8criptto  in  J>llt«•b^  <)|iäterc  Zeit  set«t,  uud  bosotiders  Kf/cftea- 
tUirffn.  Wilhidiii  l)ili(:ll^  lies.sisctie  rhnmik,  Im  IVintiftlMaU  füi 
BiUiothükswebou.  IM.  II  S.  485  f, 
•••)  Caesar  a.  o.  0.  S.  313-314. 


236 


und  FtHliTZHieliiiniigeii  ejit.worfen,  von  HHrtrnaiin  stammen 
dii*  Widmurij^svur^H  iiml  die  zalilrciclifn  inictischt-Mi 
Kinlugen  «um  lAthc  der  .Stiidtc  Mit  di-r  Autoiiichaft 
di's  Tliysiu>  für  dii-stj  H<'.sL-lirt'il)uny  ist  h,s  also  nicht» ; 
w<ihr.si'lii'inli<lxcr  ist  di«  Vfrnmtltiiii^',  da.s.s  dm-  Samimd- 
band,  dir  Jviit'  ctitltiilt,  aus  dem  Besitze  Diliclts  in  den 
de«  Thysiti«  ültprging,  tmd  sich  so  der  Zusatz  Jos 
lÄ'tztcn-n  t'rklürt*).  Die  l'rivatbibliothwk  des  Thysjus 
i.st  deshalb  Wühl  entgegen  der  Aiinaiiiiie  Rom  tu  eis**), 
nueb  der  sie  gesthhissfn  an  den  Cirafen  Ernst  von 
Scliaumbiirg  gekommen  wäre,  wenigstens  zum  Tbeil 
in   den   Besitz  des  Landgrafen  Moritz  übergegangen. 

Tliysius  hat  die  Aufsicht  über  Bibliothek  und 
Kunstkanimer  nach  seiner  Rückkehr  von  Marburg  und 
naeb  Antritt  der  Ka.sseler  Professur  im  Jahre  1620 
nicht  wieder  erhalten,  wofür  wenigstens  der  Meg;ativo 
Beweis  zu  «'rbringeu  ist***).  Die  StäJidisclie  Landr-s- 
bililicithek  besitzt  handschriftlich  eine  Uebersicbt  des  llof- 
uiid  Kanzleystants  unter  Landgraf  Moritz  f).  die  zwar 
nndatirt  i.'*t,  aber  m.  K.  aus  inneren  Gründen  nur  in 
das  Jahr  1&2]  22  fallen  kiniu  tf).  In  diesem  VerziMchriiss 
werden  alle  Beamten  und  Bediensteten  n:ich  ihren 
amtlichen  .Stellnngen  und  Uidiidtern,  meist  unter  Bei- 
fügung der  Namen,  aufgeführt  Aus  dem  Umstände, 
da.ss    die   Stelle   eines  Vorstehers    von    Bibliothek    und 


♦)  Ich  glaube  aucli  sonst  in  dor  cnviihuten  ilandschrirt  {Mser. 
Ila8.s.  fol.  12)  die  iSpurcn  des  Thysius  zu  eiitdeukou. 

♦♦)  Bd.  VI  S.  50:^  11.  80H. 

•*•)  Stn'rticr  HJ.  XVI  S.  l81  durfte  sii^j  zur  Slülxc  scifier" 
yioKonlUoiligoii  Ansicht  tiii'ht  aul  da»  augefülirle  Epigiamin  Uo» 
Ijilovius  bcriifpii. 

it)  Mscr.  Ilass.  ful.  77. 

tf)  T)io  zmtlirlio  l'Viistsetziuig  ergiebt  sich  darauä,  üas&  Job. 
Hnrliiiaun  schon  fd.s  Leihntzt  vnilioouiU.  was  er  orst  seit  1621  war 
iS/tiriffi  Ltd.  V  S,  28.'{j.  lind  djLss  Wilhelm  lJiiivkhai-d  Sixtinue, 
der  am  13.  .iHimur  IG2'ä  heiiie  iJietiste  verliess  (>Strü'dcr  ßd.  XV 
ti,  2t)),  uocli  uutei  den  luiüieu  aufgeführt  wird. 


237 

Knnstkammpr  gar  nieht  vorkommt,  dürfti*  zu  schliosspu 
spin,  dass  sie  unbesetzt,  niso  iiitht  in  den  Händen  de» 
Thysius  war  *). 

ürf^ifl)are  Spuren,  diu  sich  bis  auf  unsure  Zeit  hin 
auf  der  Bibiiotln'k  verfo|tr(»ii  lies8«*n,  hat  die  Wirk-sairiki-it 
ji'iier  drni  erxten  rJibIi«tt]irkarp  nieht  hintfrlassen,  s|iiitt*n- 
Thiitigkeit  liat  ihre  beseheidi'iieji  Leistmigi'H  aufgehoben. 
Yjü  ist  ein  Irrthum,  wenn  Hembardi  glaubte**),  dass 
di'i"  nnili  jetzt  in  Gebr;uich  betiiidlicln'  aliiSiabetisch«' 
Zettelkatalog  der  Bibliothek  in  seinen  Anfängen  auf 
Buch  zurückgelu^,  ich  vermag  vielmehr^  was  hier  zu 
weit  fnhriMi  würde,  dwn  sicheren  Beweis  zu  linfem,  dass 
fr  nicht  früher  als  zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts, 
wahr.sclu'inlicb  in  den  20er  Jahren  desselben,  angelegt  ist. 

Rs  ficheiut,  dass  die  Anstalt  in  der  Zeit  des  Land- 
grafen Moritz  grössere  und  wichtigere  P^nverbungen 
nicht  gemacht  liat  ***).  wenn  wir  absehen  von  dein,  was 
des  Fürsten  Litblingsbesehäftigung,  die  Chemiu  und 
Althemie,  schliesstich  für  die  Handscbriftfnsammhing 
gelmulit  hat.  Ks  ist  nicht  eben  wunderbar,  wenn 
Kojn),  flu  berufener  Fachkundiger,  sich  mit  diesen 
Beschäftigungen  des  Ih-Sfjisclien  Landgrafen  in  seiner 
Geschichte    der  Alchemie  f)    in  nur  wenigen  Zeilen  ab- 

•)  Mscr.  Haas.  fol.  77  J51.  22  wird  eiuo  Kii.sal«th  ] Ligen 
mit  einem  Gnndengolialt  von  47  11.  und  ÜO  Alb.  als  Buchor- 
"\V[ärtorin|  geführt.  Sie  wird  zu  dcui  besoheidenen  Aemtiheii  des 
Slaubwischeus  und  Fegens  verwendet  woi-don  sein. 

**)  Vier  Kriefo  die  Begilinduu^  der  .  .  .  Laiidcsl)ililiothck 
betr.  L  d.  Zeitschrift  des  Vereins  f.  hess.  ticsoh.  Bd.  VI  S.  148. 
**•)  Im  Jaliro  1596  erwarb  Moritz  von  Halthasar  Marold  die 
BiblJütholc  von  dessen  voi-storbcnoin  Vater,  wofür  er  ihm  ein  „Out 
zu  Elgershnuscu,  welches  3  llufon  Landes  hält  und  dasOrebeugut 
genannt  wird,  gegen  eine  12  Viertel  partim  jährlich  uad  die  Haltung 
eines  Freififcrdos  zu  Erblehen "  gab.  s.  lAtudnii%  flandschr.  Nachl. 
unlor  ^KasscL"     [Stand.  L.-H  j 

t)  Die  Alchemie  in  älterer  und  iioueror  Zeit  Th.  I  S.  120 
u.  220.    Th.  11  P.  34.^.    Heidelberg  1886. 


238 

findet,  harren  doch  die  hierhin  einschlägigen,  hand- 
schriftlich auf  der  Kasseler  liibliothek  erhaltenen  Studien 
Moritzens  und  seiner  Mitiirbeiter  zumeist  nOf,h  der 
Durchsicht  und  Bearbeitung.  Und  doch  war,  wie 
Joseph  Quercetanus,  der  französische  Leibarzt,  in  seuier 
Pharmacopoe  *)  rühmt,  die  Officin  dieses  Fürsten  da- 
mals die  trefflichste  und  bestversehene  in  Italien, 
Frankreich  und  Deutschland.  Würdig  zur  Seite  stand 
dieser  Sammlung  chemischer  Präparate  die  zugehörige 
Handschriftenbibliothek,  die  sich  auf  600  Werke  belief. 
Moritz  liess  kurz  vor  seinem  Tode  die  sämmtlichen 
„Codices  Mstos  Chymicos  in  sein  Schlafzimmer  bringen, 
ordnen  und  katalogisiren"  **).  Si»;  sind  indessen  nicht 
sofort  nach  seinem  Tode  in  die  Bibliothek  übergeführt 
worden,  sondern  sie  blieben  noch  im  Laboratorium, 
bis  sie  etwa  Anfang  der  70  er  Jahre  des  17.  Jahrhunderts 
in  die  Bücherkammern  gebracht  und  dann  auf  Befehl 
vom  22.  Juli  1675  nach  dem  vorhandenen  Inventar 
dem  zeitigen  Bibliothekar  überliefert  wurden  ***). 

Während  der  geschilderten  Zeit  hat  die  Bibliothek 
mehrmals  ihren  Unterkunftsort  gewechselt.  Man  nimmt 
seit  Dunckers  Abhandlung  anf),  dass  bereits  unter 
Wilhelm  lY.  im  Jahre  1585  eine  Übersiedelung  aus  dem 
Kanzleigebäude  im  Renthof  nach  dem  Oberstock  des 
damals  errichteten  Marstalls  stattgefunden  habe.  Ich 
glaube,  dass  diese  Ansicht,  für  die  ich  zweifellose  Belege 
vergebens  gesucht  habe,  Misverständnissen  ihren  Ursprung 
verdankt.  Einmal  konnte  die  angeblich  früher  am  Mar- 
stall  eingehauen  gewesene  Iiuschrift  „Pro  Mulis  EtMusis" 
zu  dem  Glauben   verleiten,  dass  jener  Bau  von  Anfang 


*)  Pharmacoi)oea  dogiuaticonim  lostituta.    KU.  2.    S.  500. 
**)  KaUktioffs   Hassia   literata.   Mscr.    flass.  fol.    71    | Stund. 
Ixindcsbiblioth.]  und  limnmcl  Bd.  VI  S.  426  ff. 
"**)  Voifügung  an  Dr.  Angolocrator.  A.  L.  B. 
t)  a.  o.  0.  S.  16  f. 


230 


Uli  (J«'ii  Manlthiercii  niul  zugU-icli  tli-ii  Kiml*  rji  ilrr  Mu.st'ii, 
i\vu  HüL-lit'i'ii,  cinf^tTiinint  «icwcsi'U    «(ii.      Nun    ist    ahcr 
jnii!     lii«lirift,    ilii-    ziuTst    im    Jahre    1H12    «iifiauLlit., 
»lurL-hiius   ;i|K)kfV[ili  und  kinini  «:?twas    aiiderH    als    l'bfr- 
tiaguiig  iMiies  Witzes,  der  von  Voltaire  mit    Brzng    auf 
die  Berliner  Academie  erzählt  wird,   auf   die    ;llit>li(hi'ii 
Kasseler    Vcrliältuissü  *).      Zwt'it**iis    abi-r     ktiniti«-     nui* 
dem  IJmstaiidi-,  ilass  die  lübliritliek  im   17.  Jiid-  .sieh  min 
einmal  im  Murstall  befand,  li'ieht  rälschlich  geschlossen 
werilen,  dasa  «ie  von  jeher  dort  yuwe.seu    sei,    wie    dies 
iSchminckc    in    seiner    Heschrribung    von    Kassel    denn 
wirklich    thut**J.     Sicher    bezeugt   ist  jedoch  nun***), 
<htss  die  Bibliothek   KUH  aus  dem   Schlots    in    das    von 
Moritz    gestiftete    Collegium    Adclphicum    d.  li.    in    die 
Gebäude  dei>  ehemaligen  Carnieliter-  oder  Brüderklosters 
gebracht  wurde,  um  den  Zwecken    der   Schule    dienlich 
gemacht  tu  werden.     I>iese  Biblinthek  wird  „amidi.ssima*' 
genannt,  e8  kann  also  niinniglieh,   wie   Duncker  willf), 
eine    etwa   der    früheren    Hofsclmle    gehörige,    kleinere 
IJüchersammlung  gemeint  sein,     lleberhaupt  gab  es  eine 
solche  nicht,    vielmehr  hatte  man  damals,   wie    ich  ilein 
Berichte  eines  späteren   Bibliothekars    entnehme,    nur  2 
Bibliotlieken  ff).      Die  eine  war  die  gros^se,  die  Wilhelm 
begründet   und    Moritz    für   das    Haii.s    Kassel    be.stätigt 
hatte,    die    andere  die    vom   Letztgenannten    erst   ange- 
legte  sog.  Kammer-Bibliothek,    die    in    de-s    Landgrafen 
eigenem    Cieinach    getrennt    aufge.st^illt    war    und  nacti- 
nials  in    den  Be.sitz   seines   Sohnes    Hermann   überging. 
Besass    die    Ilofschule    sonnt    keine    besondere    Bflcher- 


•)  Dttneker  a.  o.  0.  8.  18. 

♦*)  a.  a.  0.  R.  105. 

•**)  Joli.  tVoMMÄ,  l)e  vilft  et  olutu  Maurilii . . .  im  Moii,  Sop.  II 
S.  21 ;  Ilariiviff^  Die  Ilufsclnüo  zu  Cas.s<il.  H.  8Ö, 
t)  a.  «.  0.   S.  18  Anin.  2. 
•ff)  Memorial  den  SdioJastieus  vum  4.  Jauuai-  1653.    A.  L.  B, 


240 


eammluiig,  sr»  liegt  die  Vfrmutliunp  iiah«^,  dass  Moritz, 
wie  er  im  Jalii'e  1(518  dvin  Ailuljthicuin  die  grosse 
Bibliothek  zi]gi'iiif;licli  niaehtt?,  so  sie  früher  aus  Röck- 
sieht  auf  die  HoLscliuh'  aus  dem  Kanzleigebiiiide  etwa 
159.')  nach  Hegriiiuluiig  jener  Anstalt*)  ins  Schloss 
hat  biirigi'ti  lassen,  von  wo  sie  dann,  wie  oben  erwähnt, 
1B18  in  Jen  Ilenthof  ziirüekkehrte.  Von  hier  ist  sie 
vielleicht  im  Jahre  1633,  ats>  iJas  (.'uUeginrn  Adelphicuni 
in  der  nengegründeten  Kasseler  Universität  anfging. 
veruinthlich  jeducli  noch  später,  in  den  Oberstock  des 
Marstallgebäudes  gelangt.  „Nacli  dieser  Translation 
der  Bücher  aus  dem  Collegio".  wie  es  ausdrücklich 
heisst  **),  hat  die  Bibliotiiek  „etliche  Jahre  ganta  confuse 
über  einem  hauffen  gelegen",  so  dass  länger  als  4  Jahre 
nöthig  waren,  um  die  Büclier  zu  „separiren,  xu  coliocirn 
und  in  ihre  Stellung  zu  bringen"  ***).  Auch  dieser  Um- 
Btsmd  sprielit,  tienke  ich,  dafür,  dass  die  Bibliothek 
nJL'ht  schon  1585,  sundern  erst  in  den  30er  oder  40er 
Jahren  des  17.  Jahrhunderts  in  den  Marstall  gekommen 
i.st,  denn  man  darf  doch  unmöglich  g!aul;en,  dass  vier 
Bibliothekare  an  der  Reihe  weg  es  verabsäumt  haben 
sollten,  der  Unordnung  auf  derselben  ein  Knde  zu 
machen.     Wuzu  wiireu  «ie  sonst  dagewesen? 

Indem  ich  von  4  Bibliothekaren  rede,  bleibt  der 
Name  des  vierten  noch  zu  nennen.  Es  ist  der  bisher 
in  dieser  Stellinig  unltekamite,  au.s  den  Akten  derLandes- 
bibliothek  nun  ausgegrabene  i^icolaus  Crugius  oder 
K  rüg,  der,  als  Rektor  der  Stadtschule  thätig,  von  Moritz 
zngleich  an  die  Hofschule  berufen  wurde  und  zu  der  Zeit, 
wo  er  die  Bibliothek  unter  sich  hatte,  was  sicher  von  1633 
bis  1^44  der  l''all  war,  als  rrufeäsor   der  Logik  an  der 


•)  Earbrig  a.  a.  0.     S.  7  f. 

**)  Mcitiorial  des  ochctlasticus   ps.  d.  VJ.  Moi  1664.  K.  L.  IJ. 
•*•)  Schreiben  dossolljöii  )),s.  d.  20.  Juni  1665.  A.  L,  D. 


sler  Universität  wirkt*^*).  Damals  war  di«  Kuust- 
kanirruT  vt)n  «kr  Bibliotliyk,  mit  dor  sie  bislang  zu- 
samtni.'n  vt-rwalt^'t  war,  getrennt  tmil  der  Aufsicht  eines 
flr.  Grau,  ilf.T  Mediciner  und  Physiker  war**),  unter- 
stellt, bis  erst  im  Jalim  1644  beide  Samnilniigen  wieder 
in  finer  Hand  vereinigt  wurden.  Uebrigt'ns  stallte  man 
sich  der  Lliiiversitiit,  die  1633  den  Antrag  auf  iSe- 
uiitzung,  nicht  auf  Ueberlassung  überhaupt  gestellt 
hatte,  merkwürdig  schroff  und  ablehnend  gegenüber; 
auch  wurde  die  Zugänglichkeit,  die  früher  offenbar  all- 
gemeiner gewest'ii  war,  damals  sehr  dadurch  erschwert, 
dasa  Wilhelm  V.  in  einem  eigenhändigen  Schreiben 
seinem  liibliothekar  befahl  ,, Keinem  kein  Buch  ohne 
Ihrer  Fürstlichen  Gnaden  .special  befehi  aussfolgen  zu 
lassen"  ***}. 

Wohl  mag  die  Zeit  für  die  Bibliothek  oltnedies 
jetzt  eine  ruhige  und  stille  geworden  sein,  waren  doch 
die  Stürme  des  dreissigjährigen  Krieges  mit  ihren  mäch- 
tigen Wehen  auch  über  das  Ilesseidand  inzwischen 
längst  hereingebrochen.  Lnsrer  jungen  Anstalt  war  es 
indessen  nicJit  nur  beschiedeu,  ihren  alten  Besitzstand, 
was  nicht  jede  ihrer  Mitschwestern  vermochte,  zu 
wahroTi,  nein,  sie  ging  auch  unter  dem  schützenden 
Schilde  ihres  siegreichen  Landeslierrn  auf  glückliche  Er- 
oberungen aus, 

W'ir  werden  hierbei  auf  die  Erwerbung  der  Fuldaer 
Handächfiften  mit  ihrem    grüssten    Schatz,    dem    Hilde- 

*)  Memorial  des  Schdasticus  v.  4.  Jau.  bS.  A.  L.  B.  s.  auch 
Sfrieder  Bd.  U  fcS.  46.^  und  Weber,  Gesch.  der  »lädt.  Uelehrteu- 
schule  zu  Cossol.   8.  132  ff. 

*')  Memorial  des  Scholasticus  ps.  d.  19.  Mai  1654.  A.  L  B. 
und  dazu  Strirder  Bd.  V  S.  76  und  Hartmg  a.  a.  0.  S.  79. 

***J  Memorial  vom  4.  Jan.  16[)3.  A.  L.  B.    Die  Angabe,  dass 
dor  Landgraf  nich.t  habe  nncligebeo  wolion.  dass  ,eittein   oder  an- 
dern [irivat«»  L'iu  Buch  auss  dor  Bibliotkok  geliebea  werden  »oUte", 
liownist,  djj.'.s  früher  dio  Ansloiliuug  lil)eralor  geli»n»^hnM  wordou  war, 
N.  V.  XVII.  Bd.  lt> 


242 


braadsli«6<^,  und  aaf  die  Schicksale  der  hoclil 
dortigen  allun  Bibliothek  geführt.  Ein  etgcotllf 
Dnnkel  lagert  noch  immer  aber  dem  plötslicbMi  Ver- 
»cbwindeD  die^ier  Sammlang  aus  Fulda ;  nur  wenige 
dflrftige  Nachrichtpn  lassen  Vermathangen  Spielrmatn, 
Micbdren    Aafschiiiss  vermag    ans   wohl    nar  noch    ein 

raiger  überraschendtT   archivaJi^her  Fund  zu  bringen. 

stimmt«  Zeugnisse  geben  un.s  die  Gewähr,  dass  im 
Jahre  1618  die  Haudschrifteussammlung,  wenn  auch 
mit  kleinen  Locken,  noch  dastand,  gleich  sichere  Angab«'n 
belehren  uns,  da«»  »ie  noch  dem  dreissigj ährigen  Kriege 
•porlns  verschwanden  war  *).  Während  dieser  Zeit  wird 
demnach  auch  Hessen  für  die  Kasseler  Bibliothek  seine 
Heute  davongetragen  liaben  **).  Es  fragt  sich  nur ;  wann  ? 
Ehe  Gii.stav  Adolf  im  Februar  1632  nach  Franken 
zog,  hatte  er  dem  Landgrafen  von  Hessen  die  Abtei 
Fulda  sowie  die  Stifter  Paderborn  und  Cor\'ey  eigen- 
thünilich  und  erblich  Qbergeben.  Bereits  Ende  Februar 
waren  die  landgrüHichen  Bevollmächtigten  in  Fulda, 
um  die  Vereidigung  vorzunehmen.  Eine  der  er.sten 
Handlungen  der  zugleich  einrückenden  hessischen  Sol- 
daten war  die  Austreibung  der  Jesuiten,  in  deren  Kirche 
bereits  am  29.  Februar  ilfr  Kalvinische  Hofprediger  aus 
Kassel  predigte  ***).     Man  begnügte    sich   jedoch    nicht 


*)  Rutand,  Die    Bibliothok   des  alten    Benedictiner-Stifts  xu 
Fulda.     Jm  Soraiieum  Jhrg.  XX  S.  2'J2  ff. 

*•)  DasH  (iie  Hiaudbth.itzunp  von  FuliJa  darch  Philipp  lö2B 
auch  die  liibliüth»?k  betioflen  habe,  wie  Kindlimftr,  Katalog  und 
Nauhriuhton  von  der  ehemniigen  .  .  Bibliothek  in  Fulda.  8.  lö, 
liuloful  a,  A.  0.  R.  143,  Orosit,  Über  den  llildebrandts-Lied-Codex 
...  In  d,  Zeit.s<.-brift  des  Vereins  f.  bess.  Oescii,  N.  F.  Dd.  VlU 
S,  149  nnd  Dwirhr  a.  0.  0.  S.  30  annehnien.  glauli«  ich  nicht. 
weil  in  d(Mi  Vcrhiitidlungen  liber  die  Wiedercrlanguu^  der  damals 
eutfiibiton  äiKrhau  ausser  von  Ilauftgenitlien,  Geschützen  u.  a 
nur  von  Urkunden   die  Rede  ist. 

••*)  Rommel  Bd.  VIII  S,  18S  f.  und  Rfhut  Bd.  IT  S.  348. 


243 


mit  der  Ausweisung,  mau  machte  sich  mm  auch  an  die 
Hinterlassenschafton  des  geHüchteten  Orduns.  Am  6. 
März  wnnd»,'rteii,  wii*  di-r  gleichzi-itig  lebpiuh;  Fuldaer 
Chronist  Gangolf  üai't  ii  ng  *)  berichtet,  nicht  nur  die 
„Schöne  Neuwe  Sfackfass*'  aus  dem  Schlosskeller  auf 
des  Landgrafen  i^igens  geschickten  Wagen  nach  Kassel, 
sondern  mit  ihnen  auch  viele  Sachen  „auss  dem  Jesu- 
witters  Kloster",  und  unter  dem  20.  März  schreibt 
derselbe  Mann  weiter:  „ist  dnckter  andRech  der  audydor, 
undt  sein  Brudi-r,  der  Cantzl^r,  aus-s  dor  Stadt  fulda 
gi^zogm  uaciii  Kassfll,  undt  haben  im  Schloss  die  aentften 
mit  nach  Kassell  g^^nohmen,  undt  die  Senfften  im  Schloss 
auss  der  Bibelüteck  fohl  Bucher  gelahtf-n  undt  auch  mit 
nach  Kassell  gpfulirf' **).  Wir  können  m.  K.  bei  dieser 
Bücherentführung  nicht  an  die  wenigen  Handschriften 
denken  —  es  mögen  deren  20  —  25  sein***),  —  die  die 
Landesbihliothe.k  noch  heute  aus  Fulda  besitzt;  hätte 
man  sich  wohl  überhaupt  als  Herr  des  Landes  mit  einer 
80  geringen  Zahl  von  Bänden  begnügt,  wenn  man  es 
in  der  Hand  gehabt  hätte,  die  ganze  Handschriften- 
bibliothek, die  nacli  Hunderten  zählte,  mitzuuehmen ; 
hätte  man  aus  jeder  Repositur  nur  einen  oder  wenige 
Codices  ausgesucht  anstatt  die  gesaramten  Schränke 
auszuräumen V  üanz  gewiss  nicht.  l>ie  alte  Bencdictiner- 
Bibliothek  muss  damals  schon  aus  Fulda  fortgewesen 
eeinf),  sie  konnte  aus  diesem  Grunde  nicht  mehr  ent- 


*)  Kino  Fuldaisehe  Chronik  aus  der  ersten  Hälfto  des  17, 
Jahrhds  von  Gangolf //«»/hm//,  Ug.  von  Oegenhaur.  l'rog.  des  UyiuD. 
z  F.  186:i  S.  28  f. 

**)  a.  «.  ü.  S.  29. 
••*)  Gross  a.  8.  0.  S.  163  ff. 
t)  Ruland  a.  a.  0.  8.  312  ff.  und  Gross  a.  a.  0.  8.  168. 
Sidier  wüide  doch  Abt  Johann  liBiubard  Schonet  zn  Schweinsberg 
im  Juli  1631,  wo  er  .\ichiv  und  Kirchciischatz  flüchteto,  auch  die 
Bibliothek  gesichert  haben,  wcdd  sie  noch  bestanden  hätte,  a. 
Oross  a,  o.  0.  S.  lf)7. 


führt,  werden ;  sie  kann  deahalb  unter  der  von  Härtung 
erwähnti»!!  nicht  verstandpn  wei-den,  wir  müssen  uns 
nach  einer  anderen  umsehen. 

Es  ist  bislang  iincii  unbemerkt  gehlioben,  dass  die 
Kasseler  Bibliothek  eine  recht  bftdftutende  Anzahl  von 
nieist  der  kathnhschen  Theologie  aiigHliörigen  Drucken 
besitzt,  die  sich  durch  den  handschriftlichen  Eintrag 
„S.  Societatis  Jesu  Fuldae"  als  ehemaiigu  Angehörige 
der  1573  mit  dem  Einzug  des  Ordens  in  Fulda  be- 
grüiuletcn  Jcsuiteiibibliothck  ausweisen.  Die  Jesuiten 
haben  bis  auf  die  Jahre  1632/33,  wo  hessische  Besetzung 
sie  fern  hielt,  bis  zur  AuHüsung  des  Collegiums  1773 
in  der  Stadt  gesessen.  Ich  habe  dagegpu  trotz  eifrigstem 
Nach.suchen  bis  jetzt  -  und  das  ist  kein  Zufall  — 
kein  Werk  im  Kasseler  Hibliotheksbesitz  von  denen, 
die  au.s  der  Jfi.suitenhibliotliek  stammen,  auffinden 
können,  welches  junger  wäre  als  die  20er  Jahre  des 
17.  Jahrhunderts.  Was  in  Kassel  ist,  wird  also  nicht 
erst  in  späterer  Zeit  hergebracht  sein,  es  muss,  um  es 
kui'z  zu  sagen,  aus  der  Zeit  stammen,  wo  man  die 
Jesuiten  verjagt  hatte  und  ihre  Anstalt  ausplrtndftrt.e, 
aus  dem  Jahre  1H32*),  Jene  Bibliothek  des  Härtung 
ist  die  Jesuiteiibibliothek.  Sollten  aber  damals  nicht 
auch  unsre  wenigen  Fuldaer  Handschriften  mit  nach 
Kassel  gekommen  sein?  Es  ist  nicht  eben  unwahr- 
scheinlich. Wir  wissftn  aus  gleichzeitigen  Berichten, 
dass  den  Jesuiten  die  SttftAbibliothek  offen  stand,  und 
dass  sie  deren  Handschriften  namentlich  für  ihre  Ver- 
öffentlichungen fleissig  benutztt^D.  Zweifellos  sind  so 
Manuscripte  vorübergehend  in  ihre  Behausung  gekommen, 
die  entweder  zurückbehalten  wurden  oder  zu  einer  Zeit, 
wo    die    Handscbriftenbibliothek    schon    entfuhrt    war. 


I 


*)  Aas  der  jüngeren  Jesuitenbibliothek  kamen  218  Bände 
in  die  neube^ündeto  Laudesbibliothek  zu  Fulda,  s.  Zwcnyer,  Zur 
Gesch.  der  Fuld.  Ijandeslibliotltek.    Im  HessflnlHiid  .Ihrg,  IV  S.  ,S22. 


nicht  mehr  zurückgegeben  werden  konnten  *).  So 
können  immerhin  auch  die.  Fuldaer  Handschriften  der 
Landfsbihliothek  in  die  J^suitf^nbibhothek  gewandert 
und  dann  s.  Z.  mit  ihr  nach  Kassttl  gokommfiii  sein. 
Dass  dif  Fuldaer  Jesuiten  alte  Handschriften  aus  der 
früheren  Bibliothek  auch  noch  später  hatten,  die  sie 
1632  bei  ihrer  Austreibung  mit  sich  genommen  haben 
müssten,  war  dortigen  Orts  im  18.  .taltrhundert  offenes 
Geheimnis.  Der  letzte  Bibliothekar  des  Ordens  Schul- 
theis verschwand  bei  der  Aufhebung  1773  mit  ihnen 
nach  Breslau  auf  Nimmerwiedersehen  **).  Was  von  den 
Fnldaischen  Erwerbungen  nach  Kassel  gelangt  war, 
kam  vielleicht  zum  Theil  sofort  zur  dortigen  Bibliothek, 
ein  Ueberre-st  hingegen  stand  noch  im  April  Ißöl  im 
Schloss  „bey  der  Kirchstuben"  und  wurde  erst  damals 
tuif  Antrag  des  Bibliotheksingpektors  nach  dem  Marstall 
gebracht  ***). 

Wir  verlassen  hiermit  den  immerhin  nicht  ganz 
sicheren  Bodeji  der  30er  Jahre,  um  uns  desto  be- 
stimmteren Schrittes  ins  folgende  Jahrzehnt  zu  wenden, 
zur  Thütigkeit  des  5.  Bibliothekars,  liudolphus  Scho- 
lasticus  oder  Schäl  er  f).  Als  Sohn  des  ehemaligen 
Mathematikers  an  der  Hofschule  und  später  an  der 
Ritterschule  zu  Kassel  Johann  Scholasticus  1617  zu 
Marburg  geboren,  bat  Rudolph  seine  Jugendzeit  in 
Kassel  verbracht,  wo  er  in  der  Freihuiter  Gemeinde  im 
Jahre  1630  kontirmirt  wurde  ff).  Seine  Studien  schlugen 
eine  der   Lehrthätigkeit   des  Vaters    ähnliche   Richtung 


•)  Gross  a.   a.   0.  Ö.    155;   KüuUntger  a.  a.   0.  S.   16  ff.; 
andei«  Ruland  a.  a.  0.  8.  292. 

♦•)  KinHlhtger  a.  n.  0.  S.  17. 

*••)  Mcnioriai  des  Änjjoloorator  ps.  d.  6.  April  1661.    K.  L.  B. 
t)  Harttcüj,  Dio  Ilofrtchule  .  .  .  S.  75. 
tt)  iilriefier,  IM.  IX  Ö.  19G  u.  Mscr.  flasa.  fol.  113  Bl.  156. 
[Stüud.  Lande.sbibl.] 


246 


eio,  wofür  die  Berechnung  der  Mondfinsterniss  vom 
Jahre  1R45  spricht,  die  er  am  30.  Januar  dem  Land- 
grafen Wilhelm  überreichte  *).  Scholasticus  war  da- 
mals bereits  9  Monate  im  Amte,  in  tias  ilin  Amalie 
Elisabeth  am  1.  Juli  1644  als  Bibliothekar  und  Mathe- 
maticus  gesetzt  hatte  **). 

Die  wenigen  Berichte,  die  wir  von  Scholasticus 
Hand  unter  den  Akten  der  Landesbibliothek  besitzen, 
sind  werthvnll,  weil  sie  manche  Streiflichter  auf  die 
frühere  Bibliotheksgeschichte  werfen  und  fernerhin  die 
Persönlichkeit  des  neuen  Bibliothekars  mit  guten 
Strichen  kennzeichnen.  Dieser  Mann  ist  eifrig  bedacht 
auf  das  Interesse  seiner  Sammlungen  und  macht  ver- 
ständige Vorschläge  zur  Hebung  derselben,  Während 
man  die  Vorbereitungen  für  die  Zurückverlegung  der 
Hochschule  nach  Jlarburg  traf,  tauchte  der  Gedanke 
auf,  die  Fürstüclie  Bibliothek  dorthin  abzugeben  und 
nur  die  für  die  Universität  nicht  nöthigen  Werke  zu- 
rückzulassen. Ein  Memorial  Schülers  vom  4.  Januar 
1653  trat  diesem  Plane  mit  aller  Entschiedenheit  ent- 
gegen ***).  Die  Bibliothek,  so  führt  es  aus,  ist  von 
Wilhelm  IV.  für  Kassel  gestiftet  und  in  diesem  Sinne 
von  Moritz  bestätigt,  sie  gehört  zum  Hause  Ka68«l; 
komme  die  Universität  einmal  davon  ab,  so  gehe  aucb 
die  Bibliothek,  falls  man  sie  damit  verbände,  zugleich 
verloren.  Wolle  man  einzelne  Fächer  geschlossen  au» 
ihr  abgeben,  so  sei  folgendes  zu  beachten.  Die  juri- 
stischen und  politischen  Werke  müssten  der  Käthe  wegen 
zurück  bleiben,  die  matht-mati^cheu  Bücher  gehörten  zu 
den  Instrumenten,  die  botanische,  zoologische  und 
chemische  Sammlung  aber  könne   in   Kassel  nütjslicher 


*■)  Mscr.  AstroD.  foi.  8.  [Stand.  Landesbiblioth.] 
**)  Sobreiben  der  Wittve  des  Scholistioiu  ps.  d.  15.  Jan.  1672. 
A.  L  B. 

•*^  A.  L.  B. 


247 

gebraucht,  werden  als  in  Marburg.  Habe  man  dagegen 
vor,  aus  sänimtlichfii  Abtlieüuiigen  einzelne  Stücke 
auszuliefern,  so  mache  man  alle  Fiicher  unvollständig. 
Entweder  —  und  dieses  ist  die  energische  Schlnss- 
fnrderung  —  man  giebt  alles  ab  oder  nichts.  War 
Scholastitiis  so  auf  Krlialtung  des  Ueberkommenen 
eifrig  bedacht,  so  suchte  er  auch  für  die  Vermehrung 
de.s  Bestandes  zu  sorgen.  Seit  35  Jahren  und  noch 
länger,  so  führt  eine  Kingabe  vom  19  Mai  1654  aus*), 
sei  nichts  mehr  hinzugekauft,  und  doch  werde  täglich 
neues  gedruckt.  Man  möge  die  lUibletten,  zumal  die 
raedicinischen,  vertauschen  oder  verkaufen,  man  solle 
Beträge  für  Neuanschaffungen  auswerfen  und  müsse 
schliesslich  den  Bxicbdruckern  hier  im  Land  zu  Marburg, 
Kassel  und  Kioteln  auferlegen,  von  jedem  bei  ihnen 
gedruckten  Buche  einen  Abzug  frei  zu  liefern.  Wir 
stossen  mit  dieser  Forderung,  die  gewiss  mit  den 
scharfen  Bt-stimraungen,  die  der  Kaiser  hinsichtlich  der 
l^fliehtlieferntig  für  den  Frankfurter  Bücherverkehr 
damal.s  erlie.ss  **),  in  Verbindung  zu  bringen  ist,  zum 
[ersten  Mal  in  Hessen  auf  die  Angelegenheit  der  Frei- 
exemplare, deren  Beitreibung  dank  den  höflichen 
Weigerungen  maiicher  VerpHichteten  noi.li  heate  nicht 
eben  zu  den  annehmlichsten  Dienstobliegenheiten  des 
Bibliotheksheamb'U  zählt.  Ile.brigens  war  der  Vorschlag 
des  Suhola.stifus,  der  unberücksichtigt  blieb,  damals 
von  grösserer  Bedeutung  als  jetzt,  weil  zu  jener  Zeit 
in  Hessen  verliältnismässig  mehr  gedruckt  wurde  als 
heute.  Unter  Scholasticus  —  vielleicht  erst  durch  ihn 
—  war  die  Bibliothek  nach  Fächern  aufgestellt.  Ob 
er  (»der  bereits  ein  früherer  Beamter  den  Katalog  an- 
gelegt hatte,    der  nachweislich***)    am    20.    Juni    1670 

♦)  A.  L.  B. 

••)  Kajip.    Cteschichlü    des  Deutschen  Buchhandels.      Bd.    I 
8.  661  ff. 

***)  Sohraibea  des  Aageloci'stof.    A.  L.  Ü. 


seinem  Nachfolgor  ilberlipfert  wurde,  aber  leider  verloren 
ist,  war  nicht  festzustollen. 

Scliolasticiis  sollte  ilio  Früchte  seines  Schaffens 
nicht  langt'  grniessen.  Schon  im  Mai  3654,  nachdem 
dir  Kunstkammer  mm  hergerichtet  war,  ging  man  damit 
um,  iiini  dio  Vcrwidtung  derselhf^n  zu  nnhnien  *) :  ein 
Jahr  darauf  sollbni  ihm  Bibliothek  und  Kunstkaramer 
f  ntzogen  werden  **).  Ein  Uechtfcrtigungs-  und  Bitt- 
gesuch bewirkte  noch  einen  Anfsclinh  der  Entlassung, 
bis  im  März  1657  endgiltig  der  Dr.  Michael  Angelo- 
crator  (Engelhard),  ein  Mediciner  and  fürstlicher  Leib- 
arzt, den  Befehl  erhielt,  sich  von  Sciiolasticus  die  beiden 
Sammhmgen  überliefern  zu  lassen  ***).  Die  Abnaiime 
zog  sich  mehrere  Jahre  hin  f ),  denn  es  stellte  sich 
herans,  dass  sowohl  3t)  instrumenta  ff)  als  auch  eine 
grosse  Anzahl  von  Rücheni  nicht  mehr  vorhanden 
waren,  Scholasticus  starb  am  4.  December  1669,  ohne 
dass  die  verlorenen  Werke  beschafft  waren ;  man  hielt 
feich  nun  an  seine  Wittwe  Elisabeth  Christina,  die 
wunderbarer  Weise  alsbald  die  mathematischen  In- 
strumente und  darauf  die  Bücher  bis  auf  1  h  Bände  am 
20.  Juni  1670  ablii-fHrte  Iff).  Die  noch  fehh;ndeii  waren 
bis  zum  15.  Januar  1672,  wo  die  Wittwe  in  einem 
Gesuch  um  Erlassung  des  Ersatzes  flehte,  noch  nicht 
zurückgekommen*!).       Ob    der    biedere    Ehevogt,    der 


*)  Memorial  des  ScholasHcus  |»s.  d.  19.  Mai  l(J54.     A.  L.  B. 

^^^  •*)  Sohreiboii  des  Soholastinus  ps.  d  -"0  .luiii  1655.     A,  L.  B, 

^^^r  ***)  Einifabe  der  Wittwe  pa.  d.  16.  .Iiuuiar  l(j72.     A.  L.  B. 

V  ■}•)  Bfiriclit  des  Aiigoloi-rator  vom  8.  Nov.  1658  and  Yerfuftung 

■  vom  16.  .luni  1650,     A.  L   B 

■  ff)  IhtncX-er,   Die  Erwerbung   der   ITalzer  nofliibliotliek.     Im 

■  CentralWatt  für  Bibliotheksweseu.   Bd.  II  S.  214. 

■  .|^j  Bericlit  des  Aiit;elocrator  vom  20.  Juni  1670.  A.  L.  B. 
I  üeber  deu  Todestag  des  t!choIasli«ni9  s.  dos  flans  TleiDrich  Aniold 
I  Hauschntnika.  8.  UX  Ms.n.  ilass.  4"  II.  |Rtiliid  lAndosbililtnthek.J 
I  *f)  Schreiben  der  Witlwe  ».  o, 


einer  P^hehiilftt  nach  deren  ÜHständnis  reichliche 
Schulden  hinterliess,  die  Folianten  versetzt  oder  ver- 
iUissert  liatte,  und  die?*  dtT  Grniid  zur  Amtsr-nthehting 
gewestfu  ist?  Zwei  andere  Möglichkeitfii  bleiben  fn^ilich 
ufFfn.  Die*  fraglidn^n  Werke  konnten  einmal  bfi  dem 
Urazug  in  die  neuen  Käame,  bei  welchem  nach  des 
Seliolusticus  Berichte  *)  die  BihSiothek  thntsäddich 
llichstahle  zu  erleiden  gehabt  hatte,  mit  verloren  ge- 
gangen sein,  uder  «ie  waren  verliejien,  und  der  Benutzer, 
der  nicht  gebuclit  war,  liatte  die  Rücklieferung  ver- 
gBäsen. 

I  Wie  schlimm   es  in   Ausleihesaehen  gerade  damals 

bestellt  war,  beweist  ein  Fall,  der  kurz  aus  den  Akten 
dargestellt  werden  möge.     Her    Trofessor  ('rocius  hatte 

ei  seiner  Uebersiedelung  imch  Marburg,  an  dessen 
rjeuhegründeter  Hochschule  er  einen  Lehrstuhl  erhielt, 
eine  grössere  Anzahl  meist  werthvoller  Weike  am  24. 
Juni  1653  aus  der  Fürstüchen  Bibliothek  zu  Kassel 
geliehen  erbalten,  um  .sich  „deren  bey  der  hohen  8chul 
ein  Jahr  über  zu  gebranclien"  **j.  Crocius,  der  nach 
Jahreefriöt  nach  Kassel  zurückzukehren  gedacht  hatte, 
kam  hinterher  niciit  wieder  von  Marburg  fort,  und  so 
sehen  wir  ihn  auch  noch  1659  im  Besitz  jener  Bücher. 
Damals  bewog  die  Hesurgnift  vor  baldigem  Tode  den 
Gelehrten,  sich  am  15.  Juni  freiwillig  zu  melden  mit 
der  Anfrage,  wohin  er  die  entliehenen  Werke  ai>liefern 
könne  ?*■**)  Entsprechend  dem  landgräHithen  Befehl 
wurden  die  Bücher  durch  den  Dr.  med.  Chr.  Fr.  Crocius, 
der  Liniversitiit.sbibliothekar  war,  aus  dem  Hause  des 
Entleihers  abgeholt  und  „nebenst  der  Universität 
Bibliothec      absonderlich      und     wohlverwahrt*'     hinge- 

*)  Schreiben  des  Soholasticus.  s.  S,  248  Atmierk.  • 
♦•)  Wüisutig  ati  Suholasticius  vom  9.  Juni  I6n3  uikI  Schreiben 
•ebst  Kntleiliscbein  des  Crocius  vom  24.  d.  M.     A.  h.  B. 
♦♦♦)  Brief  den  Crocius  vom   1ü.  .luni  1659.     A.  L.  B. 


setzt  *).  Nun  ruhtti  die  Angelegenheit  und  mit  ihr 
dJH  Bündle  nuf  der  Marburgur  Universitäts-Bibliotlifk, 
bis  AiigHlocrsitor  unterm  6.  Aprit  16(il  diP  Rückliefernng 
vvi<id»;r  in  Aiirnguiig  brachte  **1.  Aber  es  gingen  weitere 
4  Jahre  ins  I^and,  ehe  nach  Marburg  die  Verfügung 
erging,  die  dort  aufbewahrten  Bücher  sollten  eingepackt 
und  so  lange  hinge.st^'^llt  werden,  bis  man  Gelegenheit 
zur  lli'ht^rfiihrung  naoh  Kassel  hätte  ***).  Jetzt  scheint 
zum  Ijnglück  die  Gelegenheit  ausgeblieben  zu  sein, 
weshalb  Angelocrator  nochmals  am  27.  September  1666 
in  recht  bestimmtem  Tone  die  Angelegenheit  höheren 
Ortes  in  Krinnernng  brachte  f).  Dies  half  endlich. 
Bereits  am  näxdisten  Tage  wurde  der  Dr.  Crocius  an- 
gewiesen, die  „fasse"  mit  den  Büchern  dem  Kammerrath 
Walther  zu  zeigen,  während  Letzterer  den  Befehl  erhielt, 
dafür  zu  sorgen,  dass  sie  „von  ampt  zu  ampt  durch 
einen  expre.s  wohlverwahrt  und  unbeschädigt  abge- 
schickt" und  „womöglich  in  Begleittung  jeden  ortea 
Landtkneclite  bi.s  anhero  zur  Bibliothek  gebracht  und 
Dr.  Aiigelucrator  überlieffeii"  würden  tt)  Damit  wird 
dtMin  die  in  dieser  Hinsicht  recht  lehrreiche  Entleiliungs- 
geschichte  endlich  iliren  .4bschluss  gefunden  hab**n. 
Ange.sichts  solcher  Misstände  war  es  begreitlith, 
wenn  der  neue  Bibbotln-ksinnpektor  Angelocrator,  um 
ähnlichen  Vorkomm ni.ssen  vorzubeugen,  in  einer  Eingabe 
vom  10.  April  tftöö  u.  a.  durum  hat:  „Das  Ihro 
Durchlaucht     möthte     ein    befeUli     urtlieilen,    das    wer 


♦)  Laiidgi-ftflifhes   Srhreibeti  an   Joh.   Crocius   vom  28.  Juni 
lt)5ü   und  dc-^gl.  an  Pr.  innd.  Crocius.    A.  L,  B.  und  fhas  in   den 
Ileaa.  Beitnigew  zur  (^olelirsanikeit  u.  Kiinsf,  Bd.  H  S.  2H3. 
♦•)  A,  L.  B. 
•*•)  Schreiben    der   I.aiidgralin   an   Dr.  Crocius   vom  10.  Ajiril 
1665.     A.  L.  B. 

t)  Memort*]  dos  Angclocrator.     A.  L.  A. 
ff)  Verfügungen  an   Dr.  med.  Crocius  und  Wallher  vom  28. 
Seilt  166«.    A.  L.  B, 


ler  auss  der  Fürstl.  Bibliothf^c  «ntlehnen  würde, 
las  er  solche  innerhaäb  vi<T  woclit'n  wider  gaiitz  undt 
'uiibfifli'tkt  wider  (^inliefft^rcn  uiult  iiiflit  jalir  undt  trig 
bey  sich  bfdialtt^i  inüsten"*).  Diesem  Voschlag  wurde 
unt^rra  gleicben  Tage  entsprocben  und  hinzugefügt, 
dass  jeder  K-ntleilun*  oinp  ..pobriftliehe  einschickende 
und  beylegende  uhrkuiidt"  auszustellen  hab«  **),  und 
sofort  nach  Ablauf  von  4  Wochen  bei  Nichfeinlieferung 
Anmahnung  erfolgen  solle. 

Nahm  sich  so  Angelocrator  d«r  Bücher  draussen 
nach  Kräften  an,  so  suchte  er  ihnen  auch  in  ihrem 
eigenen  Heim  den  Auf*^nthalt  möglichst  augen<dim  zu 
machen.  Da-s  f,Losament''  auf  dem  Marstall  bedurfte 
der  Wiederherstellung,  es  regnete  hinein,  Kalk  und  Stuub 
verdarben  die  Werke***).  Auf  dem  Gange  vor  dej 
Bibliotlieksstube,  an  dem  auch  die  Zugänge  zur  Rüst- 
nud  (.ie.scliirrkammtjr  sich  befanden,  lagerte  getroekn^iter 
Flachs,  im  Räume  nebenan  waren  Fruclitvorräthe  aufge- 
sfieichert.  Danach  zogen  sieb  die  Mause,  die  öfters  ihren 
Raub  bei  den  Büchern  bargen  und  diese  benagten  f). 
Auch  hiergegen  schritt  der  neue  Bibliothekar,  zumal 
ihm  der  Stallmeister,  der  erste  Mann  im  MarstHilsg<d)äude, 
gro8se  »Schwierigkeiten  bereitete  und  sogar  g«degent]ich 
zum  Schabernack  Bibliothek  und  Kunstkammer  ver- 
riegelte, mit  allem  Nachdruck  ein.  Auf  seine  Vorstel- 
lungen hin  wurde  befohlen  den  Uang  sauber,  rein  und 
unter  stetem  Verschluss  zu  halten,  wäbrond  die  bisherige 
Fruclitkamraer  den  Zwecken  der  dem  Angelocrator 
anvertrauten  Sammlungen  eingeräumt  wurde  ff). 

»*)  A.  L.  B. 
'*)  Befehl  an  Angelocrator  v.  10.  Aiiril  Ißttö.    A.  L.  B. 
m*")  Memorial  Vüm  10.  April  16«ö   A.  L.  H. 
|p  f}  EiDgabeu  vom  6.  Apiil  liHib    und   10.   Stipt.    1666    nebst 
n  zugeborigen  Kettulutiiinen.  A.  I<.  B. 
f  t)  s.  die  vor.  Aumerk.  und  das  Sclireiben  des  Augel.  v.  Nov.  66 
nebst  Resolution  v.  10.  Nov.  1666.  Ä.  L.  B- 


252 


Zur  Vurmehning  der  Bücherbestände  griff  man 
zuiiiu'tist  zwei  Vorschläge  des  Scholasticus  von  neuem 
Huf:  dif  Vt^räusserung  dt^r  überflüssigen  und  unvollstän- 
digi'ii  Wt'rkr«  und  d'w  Huranzit-hung  der  Buchdrucker 
niiil  Verlf'gi'r  in  den  Fürstlichem  Landt^n  zur  Li»*ferung 
VDii  Frnicxemplareu  *).  Ersteres  bheb  auf  ^ich  beruhen, 
|ft/t.t'T('8  wurdn  einer  weiteren  Verfügung  vorbehalten, 
dit*  jedoch  ausidieb.  Von  grösster  VVicIitigkeit  dagegen 
war  08,  dasH  Angejocrator  unter  Berufung  auf  die 
KrJtliirmig  dei»  ver.storlienen  Landgrafen  Wilhelm  VI., 
diT  zu  jeder  Frankfurter  Messe  5C)  bis  100  Ueichsthaler 
für  die  Bibliotliek  hatte  bewilligen  wollen,  im  Jahre  1665 
bei  der  Ijandgräfin  Mutter  es  durchsetzte,  das«  „alle 
ilieHsi^n"  aO^  im  Jahre  also  100  Thaler,  zu  Bücher^ 
ariBchaffiingen  ausgeworfen  wurden.  Dem  Inspektor  der 
Hibliothi'k  wurde  befohlen,  jedesmal  eine  „SpeciticAtion" 
tier  Bücher,  die  mau  zur  Frankfurter  Mes«e  oder  sonst 
niitbringen  lassen  wolle,  bei  Zeiten  zu  übergeben,  worauf 
dann  „Assignation"  und  Zahlungsbefehl  erfolgen  sollte **). 
Haue  rnau  hiermit  einen  ständigen  jährlichen  Verlag  ge- 
WHiuien,  iso  blieb  derselbe  jetzt  merkwürdiger  Weise  fast 
utiangebrochen  und  war  so  bereits  ira  Jahre  1672,  wo 
man  ihn  in  Angriff  nahm,  auf  öOOTlialer  angewachsen***). 
Man  zog  aus  dieser  übel  angebrachten  »Sparsamkeit  den 
SchluBs  der  UnbedürftigkiMt  und  setzte  deshalb  den 
jährlichen  Zuschuss  auf  die  Hälfte,  also  auf  ÖO  Thaler 
herab.  Eiiizelni'  Ankäufe  hatten  freilich  immerhin 
inzwisclien  stattgefunden,  unter  denen  ein  grösserer  die 
Erwerbung  der  Hücher.sammlung  des  Hofmalers  ßngel- 
hardt  Schäffler  war,  die  für  l'i  TJialer  gekauft  und  am 
10.  Üeceniber  1666  der  Bibliothek  einverleibt  wurde  f), 

•)  s.  die  öfters  erwähnten  Meiuorialia.    A.  L,  B. 
••)  Memorial  vom  6    A|»ril    VUlh  nebst   Resolution   vom    10. 
A|.iil  a.  .].    A.  L.  B. 

**•)  Veifüjjuiig  Rti  *lie  Hpnlkainmer  vom  1.  Februar  1672.  A.  L.  li. 
f)  Büülioirecliuuütj  vom  17,  De«.  1660.    A.  L.  B. 


Warf  II  wir  in  der  Lage  von  der   Wirksamkeit  des 
Ingelncrator  ein  deutliches   Bild  zu   gewinnen,   so  sind 
'wir    hinsichtlich     seitu^s    Nachfolgers    auf   nur    äusserst 
dürftig!'  Nachrichten  bi-fithränkt.  Johann  rhili[jp  Il»>ppt>, 
der  fdienialigc  Lclirer  der  Söhne  Wilhelms  VI.,  der  nach- 
mals vom  Artillpripoffizier  zum  Obersten  und  Comman- 
danten    von  Kassfl  eniporstifg,  muss  die  Geschäfte   der 
Bibliothek  schon    im    Februar    1673    geführt    haben*), 
wenngleich  die  endgiltige   ITt-berliffcrung  der  genannten 
.Anstalt    sowie  der   Kunstkainmer  an    ihn    erst   am    11. 
^pril  1G73  dem  Leibarzt  Angelocrator  befohlen  wurde**), 
^'ach  kaum  einem  Jahre  seilen  wir  indessen  schon  wieder 
einen  neuen  Herrscher  in  der  Hibliotliek,  den  aus  Bern 
als  Krzielier  der  hessischen  t'rinzen  im  Jahre  1670  nach 
Kassel  berufenen  Johann  Sebastian  Haas,    den    treuen 
JE^reund  Denis  Papins. 

Seit  Heppe,  besonders  aber  seit  der  Amtsthiitigkeit 
jines  Nachfolgers,  herrscht  auf  der  Bibliothek  regeres 
Leben,  jetzt  erst  nntJite  man  die  Mittel  ans,  die  fürstliche 
Gnade  der  Anstalt  bewilligte.  Hatte  man  früher  schon 
ausser  zu  Kasseler  Buchhändlern  wie  Joliann  Schütze 
nn<J  Johann  Ingebrand  auch  gelegentlich  zu  auswärtigen 
Druckern  und  Buchführern  wie  Matthäus  Merian  und 
Jjakob  Gottfried  Seylnr  in  Frankfurt  in  Beziehungen 
gest-anden,  so  finden  wir  den  Let-ztgenantiten  seit  dem 
Jahre  1673  in  regelmässigem  Geschäftsverkehr  mit  der 
tibliothek  ***).  Landgraf  Moritz  hatte  einst  der  Bnch- 
biritlerzunft  zu  Kassel  den  nlh'inigen  l'apierverkanf 
^verbrieft,  woxu  Wilhelm  VI.  am  29.  Mai  1652  das  wnitere 
^^Vorrecht  hinzugefügt  hatte,  dass  die  Zunftangehtirigen 
^KnUein  auch  die  Kalender  und  andere   gebundene    oder 

•)  Buchen echruiiif:  vom  20.  Februar  1673.     A.  L.  li. 
")  s.  Dwivker   im   Centralbl.  f.  Rihliotlieksw.    lld.  11  S.  214 
nu.s  Akten  des  Kas!<eier  Museums. 

***)  Büc'herreciinxiufjeu  aus  doni  17.  ,Ihd.     A.  L.  B. 


1^: 


PFr. 


_Ja 


254 

ungpbundf  nt'  Bütljer  feil  haben  sollten  *).  Dies  galt 
jedoch  nur  für  dit*  innrktlusc  Zeit  im  Jahre;  an  dea 
hieben  offenen  Jaiirinärkten,  wo  die  Budenreihen  auf 
dem  Markt  und  den  iiächstgelegenen  Gassr-n  und  Plätzen 
aufgeschla-^en  wurden  **|,  war  auch  den  answärtigeu 
Bnchführern  dpr  Handel  mit  Büchern  freigegeben.  So 
sehen  wir  denn  aiuh  ijeii  Frankfurter  iSeyler  zunächst 
zar  Zeit  der  .lahriiiärkte  in  Kassel,  falls  ihn  nicht  Reisen 
nach  anderen  Orten  am  Erscheinen  behinderten.  Jedoch 
wurde  bereits  Anfang  1674  entgegen  den  Zunftbriefen 
dein  Cieiiannten  von  der  Landgrätin  bewilligt,  auch  za 
anderen  Zeiten  im  Jahr  als  zur  Messe  seine  Bacher 
feil  zu  halten  ***).  Seyler  bezahlte  fOr  die.««e  Erlaubnis 
jährlich  zwölf  Tlialer,  gab  aber  statt  dessen  auch  ge- 
Ifgeiitlicli  Hru^kwurke  wie  z.  B.  1675,  wo  er  der 
Bibliothek  2b  Karten  von  Samson  anbot,  die  bereitwillig 
statt  de«  (ieldes  angenommen  wurden.  Uebrigens  flos.sen 
die  Mittel  für  die  Anschaffungen  ziemlich  reichlich, 
auch  konnte  man  vermuthlich  zunächst  noch  von  den 
Ersparnissen  der  Vorjahre  zehren.  Allein  für  Bficher- 
ankauf  ohne  dif  Knsten  des  Kinbindens  wurden  im 
Jahre  1673  rund  150  Thaler,  1674  etwa  30()  und  1675 
ungefälir  wiederum  Ifvt)  Thaler  verausgabt  Eine  be- 
sonders kostspielige  Krwerbung  machte  man  im  Jahre 
1674,  wo  aus  London  die  unter  Leitung  des  Theologen 
Brian  Walton  in  den  5Üer  Jahren  erschienene  grosse 
l'olyglnttenbibul  nebst  dem  zugehörigen  Lexicon  hepta- 
glotton  des  Castelli  bezogen  wurde,  die  allein  die  Summ« 

•)  Sammlung  Fürstlicli-Hessiucher  LAndcsordHungen.  Tli.  III 
S.  401.     Dies  Privileg  bestätigte  Carl  aiii  12.  A|iril  1682. 

•*)  SrJimnuke,  Beschreibung  der  Hesideiiz-  und  Hauptstadt 
Oassel.  S.  3"J2  ff.  Die  Ruulidrueker  hatteo  ilir<?  Staude  in  der  Nabe 
der  Kmizlei  s.  Brunner.  üescluclite  von  liaudel  und  Uewerbo 
in  Ca-ssel  ...  In  d.  (.'asael.  Allgein.  Zeitung.  Jbrg,  1891.  Doc. 

•*•)   Eine  Vorurdiiung  vom  18.  Februar  lüäG  [IjandesorUnaageQ 
Th.  III  8.  400J  machte  dies  überhaupt  für  künftig  giltig. 


Hbi 


115  Th.  24  all).  6  lilr.  verschlang.  Diese  sog, 
Londoner  Polyglnttn  lijl<1ct:  mit  d«*!-  snlir  .selt«?ii  gu- 
word^ri*'!!  Couiphiti'iist'r  i'olyglotti"  von  1513 — 17  und 
dt-r  Ajitwerpener  oder  Hiblia  regia  vnti  ir)B9  c-ine  Zinrdp 

er  reichlialtig<*n  Kasseler  BibelsammliHvg  und  ist  wegon 
ihres  liühen  wissenschaftlichen  Werthes  noch  lu-ute 
ein    gesuchtes    und    theueres    Werk  *).     Hei    den    Neu- 

eschaffiingen  bediejito  man  sicii  ziiweih^n  des  sach- 
kundigen Bciraths  des  hukHiiuten  Johann  Dietrich  von 
Kunovvitz,  der  selbst  eine  bedeutende  l'üc-hersamnihnig 
besass,  die  später,  alh^-dirtgs  auf  l'mwegen,  z.  Th.  in 
Besitz  der  Laiidesbibliotbek  gekommen  ist**). 

Für  deu  l*jiubaiid  wurde  meist  alsbald  nach  dem 
Einkauf  der  liücher  gehiiriger  Massen  gesorgt.  Ausser 
dfu  liuehbindern  Gerhard  Henckel  und  Johann  Dieterich 
Abel,  von  denen  der  Letztere  z.  B,  1672  ein  Kh^inod 
der  Anstalt,  die  Luift'tscbe  auf  Pergament  gedruckte 
Bibel  von  15fil  ***),  neu  band,  erscheint  als  Meistbe- 
scbäftigter  Juliaini  (ieorg  Striegel,  der  nachmals  am 
27.  August  lÜ8ti  07  JahrtJ  alt  zu  Kns.sel  verstarb  f)- 
Uebrigeiis  Hess  man  dem  biederen  Meister  nicht  immer 
die  Rechnung  unbeanstandet  ihirchgehen,  sondern  sie. 
wurde  zuweih-n  zunäclist  vom  Bibliothekar  um  etliche 
Thaler  und  Albus  „decourtirt*',  worauf  dann  der  nach- 
prüfende Kassenbeamte  gelegentlich  der  glatteren 
Rechnung  wegen  auch  noch  die  übrigen  Albus  abzog 
und  nur  die  Tbaler  stehen  lies»  ff). 

*)  Ileoi-Eitri/k-lopädie  f.  protest.   Theologie  .  .  hg.  v    Ilerxoti. 
d.  Xri  S.  23  IT.  und   Qraesi^e.  Ti.'sor  1  8    :KJ2  f. 

•*j  iSYr/a/rc  Bd.  V  S,  190  Aiiinerk. ;  Schieibeu  des  Hopptv 
vom  7,  Aug.  1H73.  A.  L.  li.  Dir  Kataloge  der  Kunowitzscheii 
Bibliotliok  bcsiUt  die  Landi-sbibliotlieV  unter  Mscr.  litt.  fol.  11 
und  4«  10. 

••*J  Bibl.  German.  fol.  6. 
I  f)  B.  Auszüge  aus  Hans  Ileinricli  Arnolds  Hauschrou.   Msci 

Hasä.  4»  11  S.  19Ü.   [Stiiud    Uiidesbild.j 

■(••(•)  BücherrechDungeu  17,  Jhd.  A,  L.  B, 


Säinmtliche  Bücher,  die  neu  ankamen^  wurden 
nach  hohem  Befehl  in  den  Bibliotht^kskatalog,  von  dem 
eine  zweite  Aanfertigang  sich  auf  der  Land-Can«lei 
befand,  eingetragen.  Es  ist  dies  der  oben  bereits  er- 
wähnte alt.(^  Katalog,  der  m.  W.  nicht  auf  uns  gelangt  ist. 

Eb  war  im  September  lti77.  als  der  Bibliothekar 
Haas,  um  der  unnützen  Ballast  auf  der  Bibliothek  los 
zu  werden,  in  einem  Schreiben  an  den  Landgrafen 
Carl  diesem  die  Veräasserung  der  bei  der  Sammlung 
„sich  in  du[ilo  befindenden  oder  deroselben  sonst  uuan- 
stiitjili;^<*ii  Bücher"  vorschlug  mit  der  Bitte  um  weitere 
Verfügung.  Der  Fürst  genehmigte  unterm  6.  September 
di'ii  Antrag,  worauf  der  Verkauf  der  I>nbletten  -  -  es 
waft'ii  fjüij  Stück  —  begann  *).  Kaum  hatte  sich  die 
Kunde  hiervon  verbreitet,  als  ein  Störenfried,  der  dem 
Kasaelsehen  Hause  schon  mehr  als  einmal  Schwierig- 
keiten bereitet  hatte,  Ernst  von  Hessen-Kotenburg, 
brioflieli  beim  Landgrafen  die  Ansprüche  seiner  Linie 
auf  einen  Theil  der  Bubletten  aussprach  und  zu  begründen 
suchte**).  Wir  müssen,  um  dies  Auftreten  zu  versstehen, 
in  die  20er  Jahre  des  17.  Jhds.  zurückgehen.  Als 
im  Jahre  1627  der  erste  Abschied  zwischen  den  beiden- 
genannten  Linien  aufgerichtet  wurde,  hatte  man  rflck- 
sichtlieh  de«  Zeughituses,  der  Bibliothek  u.  a.,  ohne 
sich  darüber  völlig  auseinanderzusetzen,  von  Roten- 
burgischer Seite  sieh  den  vierten  Theil  für  den  Fall 
des  Ablebens  des  Landgrafen  MoritK  vorbehalten.  AU 
man  dann  im  Jahre  1(>4<)  in  einem  weiteren  Abschied 
u  a.  die  noch  .schwebenden  Funkte  erledigte,  gab 
Kotenburg,  damit  die  Bibliothek,  die  ohnehin  von  ge- 
ringem Werthe  sei,  der  Universität  nicht  entzogen 
würde,  zumal  e.s  schon  nach  dem  Tode  Moritzens  dossen 

")  Orig.  Schreibeu  de.i  Wasta  und  laiidgr.  Verfügung  (Eatw.) 
A.  I^  B. 

••)  Orig.  Briof.  Rlioinfelss  d.  S./18.  Mai  1078.  A.  I^  B. 


I 


besontlern  Kamnit>il>ibliotlifk  frhalten  hatte,   seine    An- 
spriube  :inf;  dagugni  gcstliaL  damals  von  derKassPÜschea 
Seite    aus    das    Erbifti'ii,    ,,wari  etwas   von   Juristischen 
Bücliem  in  diiplo  vorhanden,  das  solches  der  Fürstbchon 
Roti'nhfrgiscliiTi  Ib-rschafft.  wan  sie  es  begehrte,  ausge- 
fidgt  werden,  niL-ht.sdt'ätüw*Miigfr  aber   in   dem    übrigen 
d^r  FürstUehen  Rutfenbergischun  Herrschaft,    und  deren 
Bedienten  sich  derselben   zu  gebrHUchen   und  darzu  ein 
freyer  Access  zu  dem  Ende    nicht    henummen,    sondern 
ausdrücklich  vorbehalten  seiji  solk'  *).    Auf  dies  Zugeständ- 
nis   gestützt,    das    er    in    Anlage  abschriftlich    htüfiigte, 
b(^Bnftj>ruchte    jetat    Landgraf     Krnst    für     seinen     Be- 
volliiiiiclitigten     Kies     freien     Zutritt     zur     BibUothek, 
Auslieferung  der  noch  vorhandenen  juristischen  Dubletten 
und    Schadenersatz    für    die    bereits    veräusserten.     Ks 
war    wunderbar,     dass    die    Linie    jetzt    nach    dreissig 
Jahren     mit     diesem     Anspruch     hervortrat.     Landgraf 
Carl  Hess  sich  zweifellos  durch  den    sicheren    Ton    des 
Schreibejis    einschüchtern    und    verlangte    alsbald    eine 
Liste  der  noch  unverkauften  sowie  der  bereits  verkauften 
Dubletten,  ja  er  ging  in  seiner  Auslegung  der  Ahniachungen 
von  lü4ü    so    weit,    dass    er    nicht    den     Det^tand    der 
Hihliothek  von  damals,   sondern    den    des  Jahres    1677 
der  Auslieferung  zu  Grunde  legen  wollte.     Hiermit  wäre 
er   der    gleichen,   aber  irrigen  Auffassung  Ernsts  völlig 
entgegengekommen. 

Der  Bibliothekar  Haas  Hess  sich  inz\vischen  ge- 
nügende Zeit  zur  Abfassung  des  ihm  auferlegten 
Verzeieliiiisses,  er  hielt  es  für  nothwendiger,  zunächst 
den    Hoteuburgischen    Gesandten    und    alsdann    seinen 


*)  Für  diese  AuBeinandersetzQDg  s.  Abdruck  Derer  Zwtschea 
dem  ilooh-KüiHtl.  Regier,  llauso  Hepscn-Cnssol  Und  dfi"  Aljgcflicilten 
Für.stl.  JvolenlturRisthen  Linie  Weijoti  der  Qunit  erriuliteteii  Vor- 
triigi'.  Cassel  1762.  besonders  S.  7  ii.  25.  Fornur  liie  Eingabe  dos 
Scliulasticus  vom  4.  Januar  1663.  A.  L.  B. 

N.  F.  Bd.  XVII  17 


fflnstlichen  Herrn  über  die  Gmndloeigknt  der  "wt»^ 
d««  Landgrafen  Krnst  geraachten,  vermeintlicben  Rechte- 
«nupriiclie  auf2uklär<MK  Diese  Kingabe  des  Haas  ist  von 
eritschHidendera  KinHiK<s  auf  den  weiteren  Verlauf  ge- 
wesen *),  Kr  erklärte  mit  vollem  Hechte,  der  AnHpmch 
auf  Dublptten  könne  sich  nach  dem  Abschiede  von  UH6 
»inngemäsf*  nur  auf  den  damalig«.»n  Bestand  erstrecke«, 
»eitdem  »i>i  vieles  zur  Sammlung  liinzugekomme-n ; 
dift  iJiblintheken  Wilhelms  V.  und  VI.  seien  mit  ihr 
vereinigt  worden,  die  siegreichen  hessischen  Waffen 
hätten  in  Fulda  und  Paderborn  Beute  eingeholt,  eine 
Lhizahl  von  Büchern  sei  durch  Kauf  hinzugewachsen; 
daher  kiinien  die  jetzt  vorhandenen  Dublcttpn.  nicht 
aber  au8  rier  Bibliothek,  wie  .sie  von  Morit^ä  hinterlassen 
wäre;  wären  damals  I)<ippelstflcke  vorhanden  gewesen, 
so  würde  sicher  s.Z.  l>uiMlgrafH<'rnianii  nicht  v»rabsäuint 
haben,  sie  einzufordern.  Vollständig  im  Sinne  dieser 
Aufsfiihrungen  fiel  nun  das  Antwortsschreiben  aus,  welches 
am  18.  Mai  von  Kassel  nach  Rheinfels  abging.  Caii 
wies  nicht  nur  das  Kotenburgische  Ansinnen  rundweg 
ab,  nein  er  führte  auch  zugleich  einen  Gegenstoss  aus, 
indem  er  den  Landgrafen  Ern.st  ersuchte,  zu  vi-ranlnssen, 
dass  die  Bücher,  die  sein  Bruder  Herrnann  vor  vielen 
Jahren  aus  der  Kasseler  Bibliothek  eutliehen  habe, 
endlich  an  ihren  Platz  zurückerstattet  würden  **).  Nnn- 
nu'lir  trat  der  Ittiteiiburgfr  in  seiner  ICrwiderung  ***)  in 
so  weit  {h'ii  UückzDg  an,  als  er  jetzt  entgegen  den 
iliirrli  stMiien  Bevolhdächtigten  Ries  ausgesprochenen 
Fiirdennigen  erklärti-,  dass  auch  er  seine  Ansprüche 
nur  auf  dieje.ivigen  Werke  bezogen  sehen  wolle,  die  aus 


*)  Entwurf  uiidafirt;  zu  sotzeti  xwisolieii  8.  n.  18.  Mai  IC78. 
A.  L.  B. 

••)  Entwurf.  A.  L.  B. 

•*•)  Orig. -Seh reibe II   vom  -^  107S.  A.  L.  B. 


259 

seines  Vaters  Bibliothek  noch  doppelt  vorhanden  wären 
sowie  auf  die,  die  „in  wehrendem  Krieg  auss  den  Clöstern 
und  anderweitig  acquirirt"  worden  seien;  wie  er  hierin 
auf  Entgegenkommen  hoffe,  so  sei  er  andererseits  zur" 
Aufsuchung  der  von  Hermann  entliehenen  und  bisher 
nicht  zurückgegebenen  Bücher  in  jeder  Weise  erbötig. 
Leider  lässt  sich  der  jedenfalls  nach  seiner  grundsätz- 
lichen Seite  hin  wichtige  Rechtsstreit  nicht  weiter  ver- 
folgen ;  wir  werden  jedoch  kaum  annehmen  dürfen,  dass 
Hessen-Kassel  aus  seiner  einmal  eingenommenen  Stellung 
wieder  herausgegangen  ist.  Gewiss  aber  sehen  wir  Haas 
auch  in  dieser  Angelegenheit  als  tüchtigen  und  treuen 
Beamten,  wie  er  sich  stets  im  Dienste  seines  gnädigsten 
Herrn  und  Fürsten  bewiesen  hat. 

Wir  sind  am  Ende,  denn  wie  wir  unsre  Dar- 
stellung im  Anfang  anlehnen  mussten  an  einen  Auf- 
satz Dunckers  über  das  Gründungsjahr  der  Kasseler 
Bibliothek  von  1580,  so  können  wir  sie  auf  der  anderen 
Seite  stützen  durch  das  Jahr  1686,  über  deren  glänzende 
Erwerbungen  aus  der  Pfälzer  Erbschaft  gleichfalls  erst 
Licht  verbreitet  zu  haben  ein  schönes  Verdienst  des 
verewigten  Gelehrten  ist  und  bleiben  wird  *),  Ein 
zweiter  Beitrag  mag  uns  demnächst  ins  18.  Jahr- 
hundert führen. 

*)  s.  0.  S.  248  Anm.  .O, 


17 


260 


^l^ei 


VI. 

Znr  Geschichte  der  Schmalkalder  Eirchen- 
hibliothek. 

Eine  Berichtigung 

von 

Dr.  Carl  Scberer. 

reimbach  schreibt  in  seinem  Aufsatz  „Die  Bibliothek 
im  Lutherstübchen  zu  Schmalkalden"  in  der  Zeit- 
schrift des  Vereins  für  Hennebergische  Geschichte  .  .  , 
zu  Schmalkalden.  Heft  l  (1875)  S.  8 :  ,,Es  ist  von  noch 
jetzt  Lebenden  behauptet  worden,  dass  diese  unsere 
Bibliothek  zu  Gunsten  der  Landesbibliothek  zu  Cassel 
im  2,  oder  8.  Dezennium  unseres  Jahrhunderts  geplündert 
worden  sei"  und  sucht  sodann  diese  Angabe  als  irrig 
zu  erweisen  einmal  mit  der  Begründung,  dass  der  Bücher- 
raum zu  Schmalkalden,  der  niemals  grösser  gewesen  sei, 
noch  jetzt  vollständig  und  lückenlos  besetzt  sei,  und 
zweitens  aus  der  Erwägung  heraus,  dass  es,  die  „Plün- 
derung" vorausgesetzt,  räthselliaft  erscheinen  müsse, 
warum  man  dann  gerade  die  werthvollsten  Bücher  der 
Lutherbibliothek  unberührt  zurückgelassen  habe.  Ich 
bin  in  der  Lage,  diese  Beweise  zu  entkräften  und  in 
diesem  Falle  den  alten  Leuten  zu  ihrem  Rechte  zu  ver- 
helfen, denn  thatsächlich  besitzt  diu  Ständische  Landes- 


261 


lübüotht'k  zu  Kassel  «inige  wenige  Werku,  die  der 
iScbiiuilkukier  !S;uiimIiing  lijitiiommt-n  t*ind,  ohne  dass 
freilich  hiiirdiircli  dür  Ausdruck  „riünderurig*'  gerecht- 
fertigt wikde. 

In  dem  Abdruck  des  1752  zu  iSchmalkaidfin  bei 
Ilfiiirich  Willjchn  (.iül)el  erscliiciietieii  Catalugiis  I  Biblio- 
thm-ae  Kwlesiae  Sniak'uUlensis  *),  den  dio  Küsswk'i- 
Uibhothek  besitzt,  findet  sich  von  dw  Hand  Jacob  Grimms 
dr-r  F'iiritrag:  a"  1829  sind  aus  Schmalkalden  folgende 
dieser   Bücher    nach   Kassel  zur  Kurf.   LSibl,  gekommen: 

fol.  3.  deutsche  Bibel.     Nb.   14H3. 

Ö.  Docretum  Gratiani.  Basil    1486. 
107.   1Ü8.  Vischers  Postill.  Schmalk.  1570.  1574. 

2  voll. 
114.  rrbuni  Regii  teutsehe  Sehr.  Nbg.  1562. 
134.  JUjusv%itae  opera.     Norimb.   1501. 

4"  20.  Graf  Boppen  loci  communes,  Ulsen  1587. 
Nur   6   Nunnnerii    sind    tm    mit    7    Bänden,    aber    kein 
Werk    ist    ohne    einen    gewissen   Wertli,  wührend    zwei 
darunttsr  von  hervorragender  Bedeutung  sind. 

Die  loci  communes,  eine  nach  saeblichen  Gesichts- 
punkten geordnete  Spruchsammlung,  ititeres.sireu  nus 
ihres  Verfassers  wegen,  des  eifrig  lutheranischen  Boppos 
XU.,  eines  der  let.zten  Grafen  der  Schleusinger  Linie**); 
die  Ausgabe  des  llhegius  ist  die  erste  der  deutscheu 
kSchrifteu  des  hervorragenden  Lüneburger  Reformators 
überhaupt  ***) :  die  Yischer.schen  Werke  haben  für  eine 
hessische     Bibliothek     ihre    besondere    Bedeutung    als 


*)  Leiiubach  schciat  ihu  ebenso  wenig  7.u  leenneu  wie  den  in 
Oet'til/n'rts  flistoria  SchnialL-aldica  enthaltenen  Katalog,  naiid- 
.SLhrinUt:h  auf  der  Ijinfle.sljibiiiitliek,  jptict  gedrückt  in  der  Znit- 
schrift  des  Vereins  l'.  lleuiiolK  Gösch.  .  .  .  Suii|il,  Hft.  I  .S,  4n  IT. 
••)  s.  SfhuUei:,  Dijilomat.  Gcsoh.  des  GriUll.  llnusos  tlenuc- 
borg.    Th.  II  Abth.  C  S.  18&— 191. 

•♦•)  AllRemeino  Deutsche  Diograj.hio.  üd.  28  S,  374—378. 


262 

Schmalkalder  Drucke,  die  Rasier  Ausgabe  des  Decretums, 
eine  der  39  *j,  die  allein  schon  das  15.  Jhd.  brachte, 
stammt  aus  d(}r  berühmten  Druckerei  des  zweiten  be- 
kannten Daseier  Druckers  Michael  Wenssler  **).  Ein 
prächtiger  Druck  ist  die  Nürnberger  Bibel  von  Koberger 
aus  dem  Jahre  1483,  die  neunte  unter  den  hoch- 
deutschen und  von  diesen  wiederum  die  erste,  die  einen 
gebesserten  Text  und  zu  demselben  grosse,  in  unserem 
Exemplar  grob  kolorirte  Holzschnitte  brachte***).  Letz- 
tere sind  freilich  bis  auf  die  acht  zur  Apokalypse,  die  in 
Nürnberg  gefertigt  wurden  f),  nicht  neu ;  sie  sind  viel- 
mehr von  denselben  Holzstöcken  abgezogen  wie  die  der 
älteren  niederdeutschen,  Kölner  Bibel,  als  deren  Zeichner 
manche  den  Israel  van  Meckenem  (Meckenheim?), 
andere  mit  grösster  Ilnwahrscheinlichkeit  den  Nürn- 
berger Michael  Wohlgemuth  ansehen  wollen  ff). 

Dios  unter  fol.  134  verzeichnete  Werk  schliesslich 
mit  dem  vollständigen  Titel  „Opera  Hrosvitac  Illustris 
Vir  I  Ginis  Et  Monialis  Germanae  Gen  j  Te  Saxonica 
Ortae  Nupet  A  Gonra  |  Do  Gelte  Invtmta"  wurde  nach 
dem  handschriftliclien  Eintrage,  wie  so  manclies  andere, 
von  David  Pforrius  am  26.  üctober  1687  der  Kirchen- 
bibliothek geschenkt.  Wir  haben  in  ihm  den  Erstlings- 
druck der  Werke  der  Gandersheimer  Nonne  vor  uns, 
deren  Handschrift  Conrad  Geltes  bn  Kloster  St.  Emmeram 


•)  Ilain,  liopcrtor.  bibliograpli.  Vol.  I  P,  1  S.  496—504. 
•*)  Kappy   ('loschiuhte    des    deutschen    Buchhandels.     Bd.  1 
8.  113  IT. 

**♦)  Walfhcr,  Die  Deutsche  Bibclüborsctzuug .  ..  Th.  I  (1889.) 
Sp.  106—111  u.  116—117.  Hase,  Diu  Kobergor.  S.  IIG  ff. 
t)  Thmmnij,  Dürer.  Bd.  I  S.  65. 
ff)  Haue  a.  a.  0.  MtiÜier.  Die  ältcsteu  deutschen  I^ildur- 
Biboln.  S.  6—13;  und,  Die  deutsche  Bücherillustration  der  Ootliik 
.  .  .  Bd  I  8.  51—52.  Gracsse,  Tresor.  Bd.  1  S.  376;  Xagler, 
Künstler- Lex icon.  Bd.  VIII  S.  535  ff. 


263 

zu  Regensburg  aufgefunden  und  1494  für  die  Heraus- 
gabe, die  1501  zu  Nürnberg  erfolgte,  geliehen  erhalten 
liatte*).  Acht  grosse  (h.  215  br.  145  mm)  Holz- 
schnitte sind  dem  Druck  zur  Zierde  beigegeben,  sie 
wurden  einst  Dürer  **)  un  d  werden  neuerdings  Wohl- 
gemuth  und  seiner  Schule  zugewiesen***). 

*)  Die  Werke  der  IlrotstciVia.  Ilg.  von  Baraek  S.  LV  if. 
**)  Oraesse,  Tn'jsor.  Bd.  III  S.  381.     Dies  erhöhte  noch  be- 
sonders den  Werth  der  Ausgabe.    Sie  sind  Dürer  cntscliioden  ab- 
gesprochen von  Thnusiiuj  a.  a.  0.  Bd.  I  S.  276. 
*♦♦)  MtUhcr,  Büchorillustration  Bd.  1  S.  63. 


2ft4 


VII. 


Zur  hessisehen  Familienffeschiehte. 


Von 
Aug.  Heldmacn. 


1.  Das  Bachsackische  Familienstipendimn  zu 
Marburg. 

fr  I'farr*-r  Conrad  Buch  sack,  wek-her  s^fit  J^'in 
Anfangs  dts  16.  Jahrhamlert-i  zn  Ros^nthal  stand 
nnd  dur«;li  »-iin^  am  Cäcili^'ntajre  22.  Nov.  IS*"*!  von 
Schi»MUfreuiidtn.  H»'nruh  von  I)»T<ch  und  Volpert 
.Schenk  zn  Schweinsbt-rg.  au^gt-st-^lltt"  Irknnd^  DifF»^ 
renz'^'n  mit  d*-m  Klostt-r  Ilaina  Wfg»»n  streitiger  Pachte 
beil*-gen  lif-^.s  *  .  hinterlie.ss  bei  seinem  um  154C>  ••"»rf<"»lgten 
Tode  neben  «rinigf-n  frühzeitig  verstorbenen  Kindern  einen 
gleichnamig»'n  Sohn  Conrad  Buchsack.  gen.  Hess.  w»»lohor 
als  Schulth»-i»s  zu  Marburg  am  15.  Januar  lo^Mo  kinder- 
los starb,  und  zwei  Töchter,  beide  Catbarina  genannt, 
von  welchen  die  eine  au  den  Marburger  Hofgerichtsrath 
Dr.  jur.  David  Laucke  Lucanus ■  aus  Frankenb^rs.  die 
andere  zu  Kosenthai  verheirathet  war.  Von  der  letzteren 
wissen   wir   nur.    dass    .sie   zwei  Töchter,  Elisabeth  und 


Kloäter  Haiaai^che-  CopialbucL  Xr.  119. 


265 


Margaretha,  und  mehrere  Knktil  Lattt\  deren  einer  Nico- 
laus Bössler  hiess. 

Der  Schultheiss  Coiinid  Biiclisack  bestimmte  laut 
Stifhings-  und  Donationsurkundp  vom  S.  Thoniastage 
21,  Dez.  1565  die  Zinsen  eines  Kapitals  von  lOOO  Gulden 
harter,  grober,  ganghafter  Münze,  wnlchns  die  Univer- 
sität Marburg  mit  Genehmigung  des  Stittlialtt-rs  Hur- 
kard  von  C ramm  und  des  Kanzlers  Reinh.  Scheffer 
zur  Einlösung  der  von  den  Klöstern  zu  Wirberg,  ürün- 
berg  und  Nordshausen  vordem  versutztm  Fruclitreiiten, 
niiinlich  72  Ma!ter  Grünberger  Masses  und  70  Kasseler 
Viertel,  von  ihm  geliehen  hatte  *),  zu  einem  Benetizium 
für  zwei  .Studierendu  aus  seiner  Verwandtschaft  derge- 
stalt, dass  zunächst  der  obige  Nieolaus  Bossler  bis  zur 
Erlangung  einer  Anstellung  die  Zinsen  der  Stiftung  ge- 
niessen  sollte.  Nach  ihm  sollten  dit^setben  in  zwei 
gleichen  Theilen  an  je  zwei  Knaben  aus  des  Stifters 
Freundseljaft,  welche  zum  Stadium  dienlich  befunden 
und  ins  l'ädagogium  zu  Marburg  aufgenommen  werden 
könnten,  und  zwar  jedesmal  nur,  „bis  sie  zu  Conditinnen 
geljraucht  werden*'  könnten,  sofern  aber  keine  Studie- 
rende aus  seiner  Verwandtschaft  vorhanden,  mit  Vor- 
wissen des  Rectors  und  Decans  <U^r  Universität  Marburg 
ran  je  einen  bedürftigt^i  Stndterendmi  aus  Marburg  und 
Rnsenthal,  eventuell  an  arme  Studirende  überhaupt,  die 
sich  fromm  und  fleissig  erweisen,  aber  nicht  länger,  als 
bis  jeder  durch  seine  eigene  Gesehicktichkfit  sicli  das 
Brod  selbst  erwerben  köntu^  von  zwei  Kxecutoren  ver- 
thuüt  werden.  Der  Empfang  uiul  Genuss  des  Bene- 
fiziums  soll  jedoch  nicht  an  ein  bestimmtes  Faknltähs- 
studintn  geknüpft,  .soiuiern  die  Fakultät  gleicligfUtig 
sein.  Ditj  Kx4'cut<irt'n  sollen  im  Falle  der  KückzalilnTig 
des  Kapitals  Seiten  der  Universität  Marburg  für  and<.'r- 


•)  Caesar,  C^talogi  studioiäorujui  scholao  Marpurg.  Part.V,  p.  11. 


266 

weite  sichere  Anlage  desselben  Sorge  tragen.  Als  erste 
Exekntoren  ernannte  der  Stifter  »einen  Schwager,  den 
HofgerichtÄrath  Dr.  D.  Laucke,  und  seinen  Vetter  Hein- 
rich H  o  f  m  a  n  n,  gen.  Rosenthaler,  zu  Marburg  und  Hess 
die  Stiftungsurkunde  durch  den  Universitätsroktor  Dr. 
jur.  Cour.  Matthaous  und  die  Professoren  Dr.  theol. 
Joh.  Lonicer  und  Wiegand  ürth,  sowie  den  Dekan 
Mag.  Peter  Nigidius  und  Mag.  Theoph.  Lonicer  be- 
siegeln. 

Die  Universität  war  durch  den  mit  diesem  Kapital 
erlangten  Vennögenszuwachs  an  Früchten  im  Stande, 
das  Kapital  schon  1572  wieder  abzutragen,  worauf  es 
die  Stadt  Marburg  „zu  sich  genommen  mit  der  Ver- 
pflichtung, davon  jährlich  Stipendia  mit  50  fl.  Pension 
(a  fl.  =  26  alb.,  a  albus  — ■  12  hlr.)  uff  Trium  Regum 
vermog  gemelts  Curdt  He.ssen  selig  Stiftung  verrichten 
zu  lassen."  Seitdem  ist  das  Stiftungskapital  bei  der 
Stadt  Marburg,  welche  neben  Rosenthal,  wie  bemerkt, 
eine  Eventualexspectanz  auf  das  Benefizium  für  ihre 
Söhne  hat,  verblieben  und  bei  der  StJidtkasse  unter  be- 
sonderem Titel  neben  dem  von  P'Jisabeth  Schönbach, 
gen.  Lasphe,  1539  für  zwei  Marburger  Bürgerssöhne 
zum  Studium  der  heil.  Schrift  ge.stifteten  Benefizium 
von  400  fl.  und  dem  im  Jahre  1720  für  einen  lutheri- 
schen Studenten  gestifteten  Brunn  ersehen  Benefiz 
von  100  fl.  verrechnet,  eine  Aufkündigung  aber  von  der 
vorhinnigen  Regierung  zu  Marburg  am  25.  August  1823 
dem  Stadtrathe  ohne  desfalls  vorher  dazu  erwirkte  Ge- 
nehmigung der  Regierung  untersagt  worden.  Ungeachtet 
die  Collatoren  bereits  180L  und  1802  beantragt  hatten, 
da.ss  die  Stadtkämmerei  die  Zinse  nach  der  hessischen 
Verordnung  vom  18.  August  1786  berichtigen  solle,  und 
laut  einer  von  dem  Mttnzrathe  Fulda  unter  dem  18. 
März  1800  aufgestellten  Kvalvation  das  Stiftungskapital 
von  1000  fl.  im  10' /s  Guldenfuss,  wovon  die  Stadt  nur 


I 


W^' 


Rtlilr.  20  C.  alb.  Ziasen  bezahlte,  nuninelir  im  20 
Gtilclenfuss  UmO  Guldfin  47  xr.  =  1307  Rthlr.  ß  G. 
aih.  1  hlr.  iiietJerhcssiscliPr  Wiilirung  In>tnig,  so  wurcU; 
dit!  Stadtkikminerrn  doch  erst  durch  Verfügung  des 
Steuercollegs  zu  Cassel  vom  17.  Mai  I81i)  angewiesen. 
die  Zinsen  nach  diesem  Fusse  mit  jährlich  08  H.  "2  xr. 
1  hlr.  =  ri5  Rthlr.  10  sgr.  8  hlr.  vom  Jahre  181i>  ab 
au.szuzahlen,  sodass  die  Stiftung  dadurt:h  in  dieser  Zeit 
»einen  Verlust  von  mehr  als  15  Rthlr.  jährliuh  oder  864 
fi.  40  xr.  2  hlr.  im  Ganzen  erlitten  hat,  welche  der 
»Stadt  zu  Gute  gekommen  siad.  Als  diu  Stadt  Marburg 
1856  ein  grüsseres  Anlehen  durch  Ausgabt}  von  vier- 
prozuntigL-n  \Vei-t.h[vapi(!n-u  aufnahm,  Iil'.ss  dieselbe  ohne 
Rücksicht  auf  di^'  Regieruiigs-Vt^rfügung  von  182B  das  Stif- 
tungskapital aufkündigen,  verglich  .sich  jedoch  sclilieas- 
licii  mit  den  Iteidcn  ('(ȟatnren  ill.  und  17.  Febr.  1858) 
dahin,  dasselbe  vum  Jahre  1858  ab  zu  vier  I'ntzent 
verainstich  zu  behalten,  sodass  seitdem  der  Zinsenertrag 
auf  156  M.  85  Pfg.  zurnckgi'gangen  ist,  welcht-r  jähr- 
lich, am  lieil.  Dreikönigstag  fallig,  an  zwei  Studenten 
mh^'  Schüler  ih-r  Oh{*rklasscn  des  Gymnasiums  aus  den 
Kaclikommen  der  Sclivve.ster  des  Stifters,  Catharine 
Lucanus,  verwilligt  wird. 

Eint'  Oeschräukinig  auf  das  ehemalige  Kurfürsten- 
thum  oder  Studierende  zu  Marburg  ist  von  den  CoUa- 
toreii  niemals  anerkannt,  .'sondern  das  Benefiz  auch  an 
die  ^'achkomnieri  im  Grossherzogtliurn  um!  Studierende 
zu  Giessen,  als  Tochteruniversität  Marburgs,  und  weil 
zur  Zeit  der  Stiftung  Hessen  noch  ungetheilt  gewesen, 
verliehen  worden.  Es  ist  dieser  Grundsatz  schon  im 
origen  Jahrhundert  hinsichtÜch  der  ganz  aus  Hessen 
verzogenen  Familien  Dorn.seif  und  von  l'renschen  ge- 
bandliabt  wordi-n. 

Minüiehtlich  der  Collatnr  trafen  im  Jahre  1587  die 
vom    Stifter    dazu    ernannten    Dr.    lJavi<l    Laucke     und 


268 


Hcinr.  Hofmaiiii  d.  A.  die  Bestimmang,  dass  nach  ihrem 
Ablt^bea  ihiu-n  ihre  Söhne,  welche  dazu  tauglich  sein 
würden,  darin  folgi;n  sollten,  nämlich  der  .spätere  kaiser- 
liclie  Hofratli  und  uuj^urische  Festungsdirekttor  Job. 
Lucanus  und  Joh.  Hof  mann  oder  Heinr.  Hofmanns 
Bruder  Ludwig,  „damit  nicht  die  Freundschaft  um  das 
herrlich»'  Kleinod  durch  fremder  oder  nngesipter  Leut«i 
Verwaltung  utul  Nachlässigkeit  kommen  müg«."  Ludwig 
Hofmann  wurde  nach  seines  Bruders  Tod  vor  dem 
8tadtschreiber  am  16.  Jan.  1589  alsCoUator  verpflichtet^ 
und  nach  Dr.  David  Lucanus  Tod  (151HJ)  folgte  ihm  sein 
Enkel  Mag.  Ludwig  Lucau  in  der  Collatur.  F.im; 
Veri)tlichtung  dt*r  ('olliitnr*'n  ist  .«^iiäter  ausser  Gebrauch 
gekomuu'U.  Der  überlebende  ('ollator  hat  in  der  Regel 
den  anderen  cooptirt,  wobei  darauf  Rücksicht  genommen 
worden  ist,  da.ss  jede  der  beiden  berechtigten  Linien, 
die  Lynkeritjche  und  Herdenische  .sowohl  in  der 
Cullatur  vertraten,  wie  bei  der  Verleiliung  thunticlist 
bedacht  worden  ist.  Meistens  ging  die  Collatur  auf  die 
Sühne,  wenn  diese  dazu  tauglich  waren  und  in  Marburg 
oder  des.sen  Nähe  wohnten,  über.  Doch  i.st  es  in  älterer 
Zeit  auch  zuweilen  hinsichtlich  der  Collatur  und  der 
Bezug«lunechtigung  zu  förmlichen  Processstreitigkeiten 
zwisclum  den  Cum pi-ti-ntcti  vor  der  R<*gierung  zu  Marburg, 
so  H>88  zwischen  dein  Dr.  jnr.  Dan.  Reysser  und  Lic. 
Simmer  zn  Marburg  gckomnn-n.  Aiuh  s]Ȋter  noch  be- 
vollmächtigten die  unter  anderen  Herrschaften  geseeseuHn 
Familien  Prenschen  und  Chelius  den  Regierungs-Pro- 
cnrator  Rabe  zu  Marburg,  ihn'  Anspruch»'  g"gen  einige 
Cullatoren  zu  Marburg,  welche,  die  ("ullatur  und  den  Ge- 
Tiuss  des  Eieiiebciums  auf  ihre  Familien  zu  beschränken 
sucliten,  geltend  zu  machen,  indem  hs  durch  unge- 
nügende Aufsiebt  der  Universität  dahin  gekommen, 
dasi^^  Simmers  Sohn  das  Beiiebcium  17  Jahre  bezogen 
und  im  Genüsse  gestorben  sei. 


I 


I 


^ 


Die  Verleihmig  erfolgte  in  älterer  Zeit  in  der  Regel 
für  die  ganze  Studienzeit;  in  Folge  der  grossen  Aus- 
breitung der  Nachkommen  des  Stifters  geschielit  die- 
selbe seit  1853  nur  noeh  von  Jahr  xu  Jahr.  Ks  bat 
daher  auch  die  von  der  Stadt  Roseiithal  in  ihrem 
Steuerkataster  für  ilirr  Kiiidin'  gewahrte  Eventuali'xs|Jek- 
tanz  keine  Aussicht  <xuf  Vi-rwirklichuiig.  I>ie  beigefügte 
Stammtafel,  welche  die  Nachkommen  bis  zum  Ausgange 
des  18.  Jahrhunderts  gibt,  aber  keiTieu  Anspruch  auf 
Vollständigkeit  macht,  gibt  nur  die  Hauptzweige  und 
Namen  der  berechtigten  Familien.  Es  gehören  dazu 
noch  die  Familien :  Justi,  Schedtler,  Kolhe,  Kahler, 
Wenderoth,  Clinlius,   VVieber  etc.     Nnbilitiii  wurden: 

1)  Der  kaiserliche  Hofrath  Dr.  jur.  Nicolaus  Christoph 
von  Lynker  (geb.  zu  Marburg  2.  April  1643,  f  zu 
Wien  27.  Mai  1726  und  begrahtMi  im  Kloster  dur 
Bchwarzen  Spanier  daselbst],  ein  Sohn  des  Universitäts- 
vogt Aegidius  Lynker  und  Urenkel  dos  Job.  Daniel 
Lynker  d.  J.  zu  DagobfrisliausiMi,  welcher  mit  Catha- 
rina,  der  letzten  dtvs  Hallenberger  Zwejg.s  der  Sclu^nck 
zu  Schweinsberg,  vermählt  war.  Nicolaus  Christoph 
von  Lynker,  welcher  1670  Professor  der  Jurisprudenz 
zu  ü!ies.sen,  1680  zu  Jena  und  wiederholt  von  den 
sächsischen  Herzögen  mit  Gesandtschaften  an  den  Kaiser- 
hof betraut  war,  wurde  durch  Diplom  Kaiser  Leopukls  1. 
d.  d.  Wien  7.  Oet.  1G8S  in  den  Adels-  und  Kitterötand, 
und  7,  Aug.  17(Xt  in  den  lieithsfreiherrnstand  erhoben. 
Die  Nachkommi^n,  welche  im  Wappen  ein  silbernes 
Lamm  in  blauem  Feldn  führen,  theüf-n  sich  in  die  grättich- 
liitzt'nwieck.sclH^  in  Bühnii^n  ansässige  und  in  die  frei- 
h+^>rrlichen,  schlesische  (ältere)  und  thtiringi.'3che  (jüngere), 
Linien,  die  schlesischi!  Linie  in  den  älteren  Damnier- 
schen  und  jüngeren  briindenburgisehen  Zweig*). 

)  Uotbaiscbus  frcUicrrl.  TascbeubucL  185«,  8.  4üy  ff.   1870, 
8.  533. 


270 

2)  Aus  der  Familie  Preuschen,  welche  sich  von 
dem  aus  Frankenberg  stammenden  Pfarrer  Mag.  Henrich 
Preusch  zu  Roddenau,  f  1657,  und  dessen  zu  Schün- 
stadt  gestandenen  Sohn,  dem  Pfarrer  Joh.  Michael 
Preuschen  herleitet,  durchs  18.  Jahrhundert  die  beiden 
milchlingschen  Patronatpfarreien  Schönstadt  und  Sterz- 
hausen inne  hatte  und  am  letztgenannten  Orte  mit  dem  am 
29.  Januar  1832  verstorbenen  Bauer  Joh.  Michael  Preu- 
schen im  diesseitigen  Lande  erloschen  ist,  wurde  für 
Georg  FiHist  Ludwig  Preuschen,  bad.  Geh.  Rath,  spät.er 
Kaiserl.  Reichs-Kammergerichts-Assessor  zu  Wetzlar,  zu- 
letzt Nassau ischen  Geh.  Rath  und  Regierungspräsident  zu 
Dillenburg,  und  dessen  Bruder  Ludwig  Conrad  Preuschen, 
Burg-Friedbergisdien  Kanzleirath,  durch  Diplom  Kaiser 
Josephs  IL  d.  d.  8.  März  1782  der  angeblich  alte  Adel 
ihrer  angeblich  luxembnrger  Vorfahren  von  Preysch 
erneuert,  28.  Juli  1791  der  erstgenannte  unter  Vermeh- 
rung des  Wappens  und  mit  dem  Prädikate  „von  und 
zu  Liebenstein"  in  den  Reichsfreiherrnstand  erhoben, 
nachdem  derselbe  (11.  Juli  1783)  von  Nassau  mit  der 
Burg  Liebenstein  und  Herrschaft  Osterspey  und  von 
Baden  als  Graf  von  Spanheim  mit  der  Burg  Osterspey 
belehnt  worden  war.  Ihre  Nachkommen,  welche  in 
nassauischen  Diensten  standen,  theilen  sich  in  eine 
ältere  von  Georg  Ernst  Ludwig  und  jüngere  von  Lud- 
wig Conrad  von  Preuschen  abstammende  Linie  *).  Beide 
Nobilitirte  waren  Urenkel  des  am  11.  Jan.  1683  beim 
Brande  des  Pfarrhauses  zu  Schönstadt  umgekommenen 
Pfarrers  Mag.  Joh.  Aegidius  Ruppersberg  und  des  obigen 
Pfarrers  Henrich  Preusch  zu  Roddenau,  Enkel  des  obigen 
Pfarrers  Joh.  Mich.  Preuschen  und  Söhne  des  Pfarrers 
Gerhard  Helfrich  Preuschen  zu  Nidda.  Zwei  andere 
Brüder  August  Gottlieb  und  Friedrich  Wilhelm  standen 


')  Oothaisch.  frciborrl.  Taschonbuch  ia^7,  S.  558. 1859,  S.  594. 


in  badisclien  Diensten  als  (  onsistoiisilrath,    bezw.  Geli. 
Rath  zii  Karlsnilip. 

3j  Alis  der  Familie  1'' c  ii  ii  e  r,  wulctu^  von  diun  aus 
Hejdelbach  bei  Alsfeld  gebürtigen  und  als  Kaplan  zu 
Lohra  ICibii  gpstorliL^nfiti  Heinrich  Fenner,  bezw.  dpss<>n 
a!s  l'farrer  daselbst  I72(j  g''stni'benen  Ktiki'l  Joli.  Liidwif^ 
Fenner  abstammt,  wurde  den  Hrndeni  Au;^.  Ferdinand 
(t  als  Krtdsrath  zu  Kirclihain)  und  Friedrieli  Wilhelm 
Fenner.  Sühnen  des  Majors  Hcinrieli  ('hristoph  Pfiiiier. 
von  welelien  der  erstere  Major  im  1.,  der  andere  r;i]dtjin 
im  2.  Hess.  luf.-Rpgiment  war,  d.  d.  Wien  *J1.  Jan.  liSl7 
und  rbi-nso  ilirein  Vetter,  dein  Geli.  Hath  und  llruniieiiMrzt 
Dr.  med.  Heinrich  ('ln'i.sto|ih  Mnttbarns  Fenner  zuSrlivval- 
baeh,  einem  Solin»'  ile.s  Oberpfarrer.s  Ludwig  Hejinieh 
Fenner  zu  Marburg,  am  17.  Febr.  1821  dio  Krianhnis.s 
j5nr  VViederannahnie,'  ihres  angeblitli  TyroK-r  Adels  als 
Fenn  er  von  Fen  neberg  ertJieilt.  Ein  Enkel  des  obigen 
Friedrich  Wilhelm  Fenner  und  Sohn  des  k.  k.  öster- 
reiclii.schen  Feldmarschall-Lieutenants  Franz  Philipp 
Fenner  von  Fenneberg  aus  dessen  h'Aw  mit  einer  tirätiii 
Ferraris  war  Ferdinand  Fenner  von  F.,  welcher  in  Folge 
seiner  Führerstellung  in  den  iy48er  Hevolutionsbewe- 
gungen  in  Oesterreich  und  in  der  Pfalz  1849  den  .^del 
verwirkte  und  zu  Newyork  im  Wahnsinn  verstarb,  dessen 
Trielitern  Agnes  und  .'\delgunde  ji-doch  in  Folge  des  all- 
genuinen  Auiiiesstiedekrets  vom  20.  Juni  1807  durch  Ordre 
d.  d,  Laxenburg  21.  Juli  1871  der  Adel  restituiert  wurde. 
Die  in  den  erwähnten  Diplomen  eirthaltenen  Uedewen- 
dungen  von  Erneuerung  das  abgelegten  Adels  der  an- 
geblich luxemburgischtüi  oder  tyrolisehen  Vorfahren  sind 
nach  der  in  den  Diplomen  seit  dem  17.  .Jahrhundert 
üblichen  Redeweise  zu  beurtheilen.  Eine  Erneuerung 
di's  Adels  liegt  hüehstuns  vor  bei  der  Familie  Lynker, 
welche,  wie  bemerkt,  mit  den  Schenken  zu  Schweins- 
berg   schon    im  1(>.  Jahrliundert  verschwägert  war  und 


im  Bt'sibEe  ritterschaftlicher  Giiter  zu  Dngobertshausen 
bfi  Marburg,  sowie  clnrch  [Kundschaft  dos  Hnhnisch»Mi, 
seit  1570  Dersischon  Kittcrguti's  Tu'isbach  bfi  Vi.-r- 
münden  sich  befunden  hat.     Endlich 

4)  aus  dpr  in  der  Stammtafel  wiederholt  vorkom- 
mendon  Familif  Fabricin.s,  widche  aus  oinor  Börger- 
fainilip  Schmidt  zu  Schlitz  abstammt  und  im  17.  Jahrb. 
zu  dem  das  lutherische  Kirchen we.son  restaurirfndt'n  nnd 
li'ittMidcn  Marburger  SupfrintfndcntHn  Dr.  thftol.  (j«'f»ry 
Herduni  118  in  naher  verwandtschaftlicher  Hezif^hung 
stand,  ist  der  hessen-daimstädtische  Geh.  Rath,  nachherigo 
Kanzler  und  kaiserliclu'  Hofpfalzgraf  Dr.  jur.  Philipp  Lud- 
wig Fabricius  ans  Bierstein  (geb.  1599,  |  14.  AugUbt 
IH66)  durch  Kaiser  Ferdinand  III.  am  19.  Nov.  1644 
in  den  Ueichsadelstand  crlKtbcn.  Fabricius,  anfangs  bei 
der  IlegifTung  zu  Marburg,  dann  zu  Giossen,  zuletzt  zu 
Darnistadt,  liatte  zur  Wrwirkliclmng  der  Be.strebjnigen 
Landgraf  Georgs  JI.  die  Wirren  des  drei.ssigjährigen 
Kriegs  beizulegen  und  dem  Vaterlande  den  F'rieden  ■wieder- 
/.ugeben,  schon  in  jungen  Jahren  wiederholt  Gesandt- 
scliaftiMi  bekleitlft;  er  war  namenilich  zu  den  Friedensver- 
liaiHUungenzu  Prag  and  Pirna  und  dem  Reicbsileputations- 
tig  zu  Frankfurt  i  lG4"ll  deputirt  und  enifFnete  am  5.  Mai 
1650  aufs  Neue  die  Universität  Gieasen.  Landgraf 
Georg  II.  elirte  .seine  Verdien.str  durch  Htdehnung  mit  den 
hessischen  Lehen  der  27.  Ukt.  Iüii4  erlüsdienen  Familie 
V.  Schleyer,  gen.  Schlaegerer  zu  SchifFelbach,  nämlich 
deren  Gut  zu  Gemünden  an  der  Wiihra  und  der  Wüstung 
llerting.shauseti  zwischen  Rosentba!  und  Gemünden  *) 
Kowie  mit  mehreren  i.senburgisfhen  Lehen,  über  welche 
dem  Laiulgrafen  Georg  11.  kraft  der  ihm  v<un  Kaiser  ein- 
gerüumtiMi  Bi'sitznahmp  iler  (iiafscliaften  Isenburg  und 
ISruitngeij  die  Lehn.sh(dii'it  danial.s  zustand.  Es  wnreti 
dieses    die   ilurch   das  im  Dezember  16H<>  erfolgte.  Aus- 

♦)  Lebiibriof  d.  d.  8.  Nov.  16.Sö. 


273 

sterben  der  Familie  Schlaiui  von  Linilen  eröffneten  Ltlinn 
zu  GrossrMilimlpn  *),  sowio  ein  durolj  den  Tod  des  Joh. 
Wilhelm  von  Lautern  und  Pihrliard  Wilhelm  von  Sal- 
ffld  frr)ffn(4r>s  isenhurgisches  Ilafgnt  zu  Stnniinht'ini  **}. 
Als  die  desliaihige  Kaiseil.  Cessirmsakte  vom  7.  Juli  1635 
später  durch  Vertrag  vom  24.  Nov.  1642  zwischen  Darm- 
stiidt  und  den  Grafen  von  Isttnbarg  rückgängig  gemacht 
wurde,  erkannten  h-tzti-re  die  vollzogenen  Belehnungen 
ausdrücklich  an.  Fabrizius  Nachkommen  wandten  sich 
später  nach  Norden  in  Mansfeldische,  Lüneburgische 
und  Mecklenburgische  Dienste  und  änderten  ihren  lati- 
nisi**rten  Namen  Fabricius  in  den  französierten  Fabrice; 
ihre  hessischen  Lehen  zu  CJemünden  verkauften  sie  1710 
an  den  Major  Wolrad  von  Hornung.  Aus  ihnen  stammt 
der  königlich  siichsische  Staats-  und  Kriegsminister  Alfred 
von  Fabrice,  geb.  23.  Mai  1818,  f  '-^ö'  März  1891, 
welcher  wegen  seiner  Verdienste  um  Erhaltung  der  Königl. 
sächsischen  Armee  in  drvn  Bedrängnissen  des  Jahres  1866 
und  seiner  rastlosen  Tliätigkeit  um  deren  Reorganisation 
in  der  Folgezeit  von  des  Königs  von  Sachsen  Majestät 
am  1.  Juli  1H84  in  den  erblichen  («rafenstand  er- 
hoben wurde. 

AnJagon  zu  1. 
Ich  Conrad  Buchsagk,  genandt  Heß,  Schultheiß 
zu  Marpiirgk,  bekenne  und  thue  kund  hiermit  inännig- 
lich:  Nachdem  ich  ohnlängst  dem  Elirwürdigen  und 
Hoehgelahrten  Herrn  Rectori,  Decauo  und  Professoribus 
der  liiblichen  Universität  Marburg  Tausend  Gulden 
Landeswebrung,  den  Gulden  zu  26  alb.  gerechnet, 
um  rutid  auf  50  Ü.  jährlicher  Ztnß  auf  einen  jeden 
Neiienjahrstag  fällig  nächst  berührter  Wehrung,  Kraft 
darüber  aufgerichteten  und  mir  zugestellten  versiegelten 
Verfichreibung  ausgethan,    und    durch  beschehene  wirk- 

•)  Essfiectaiizbricf  d.  <i.  6.  Nov.  163ü. 
")  Lehubriofe  d.  d.  8.  Mai  1636  uud  6.  .Jan.  1638. 

N.  9.  XVII.  Bd.  I  S 


274 


liehe  tradition  in  ihre  Gewahrsam  cingfantwortfit,  d* 
ich  luit  zt'itigor  guter  VorhHtntclitmim  initl  zur  B<>for- 
derung  Gottus  Ehrnn,  in  der  allerbesten  beständigsten 
Form  und  Gestalt,  wi(^  das  in  Kraft  nnd  Macht  einer 
ffichtinässigen  beständigen  nnd  in  Rechten  privilegirter 
disposition  oder  Legati  ad  pias  causas  «um  kräftigsten 
aller  Gtriclit  und  recht,  Geistl.  und  weltlich  beschehfii 
aolle  und  möge,  obberrührte  1000  H.  wie  hernach  un- 
dersciiiedlicben  folgt,  ad  pio.s  usus  verordnet,  ausgemacht 
und  gegeben  habe,  thne  das  auch  jezzo  hier  mit  diesem 
Brief  mit  Mnnd,  Hand  und  allen  Worten,  auch  Gewahi«- 
sainkoiten,  wie  da«  am  furmliehsten  Kraft  und  Macht 
haben  solle  und  möge,  also  und  der  Gestalt,  dass  an- 
fänglich Nicolas  Bösslern,  meiner  Schwester  C'athariua 
sei.  Tochter,  nelinilicli  Hli.sabetlien  Sohn  von  Rusenthal 
obberührte  50  fl.  jährliclie  pension  zu  Vollführung  seiner 
angefangenen  Studien  durch  meine  unten  henante  und 
angegebene  execntores  von  dato  diegeö  und  fort  von 
Jahren  zu  Jahren  und  so  lange  biß  er  wird  eine  cou- 
dition  versehen  können  und  länger  nicht  sollen  gereicht 
und  zum  Unterhalt  wirklicii  folgig  gemacht  werden. 
Wie  ich  denn  ferner  in  luid  mit  Kraft  dieses  Briefes 
ordne  und  will,  da  berührter  Nicohuis  Uössler  bei  seinen 
angefangenen  Studiis  verbleibt,  und  somit  darin  pru- 
moviret,  dass  er  wird  eine  condition  versehen  können, 
dase  alsdann  die  viel  angeregte  50  H.  jährliche  pension 
forter  in  zwei  Tlieile  gesezt  und  zweyn  Knaben  aus 
meinen  nächsten  Freumlen,  sie  seyen  gleich  allhier  zu 
Marburg,  Rosenthal  oder  sonst  zum  studio  dienhch  sich 
wohl  anlegen,  auch  sti  fern  kommen  sind,  dass  sie  all- 
hier im  Paedagogio  können  aufgenommen  werden,  und 
also  eiiHMJi  jeden  jährlich  25  H.  sollen  gereicht  und  zu- 
gesteltet  werden :  doch  mit  der  Maas  und  Bescheiden- 
heit, da  solche  meinem  nächsten  Freunde  zuständige 
Knaben    so    weit    ihre    Studia    bringen  und  vollführen, 


276 


dass  Bie  gleichfalls  zu  cojiditiojit'n  küuiit'ti  gpbraucht 
1111(1  iM'stHllt  werdiMj,  dasö  atsdann  «olche  viel  berührte 
50  H.  |H'iisioii  zwBeu  anderen  Knaben  aus  berührten 
meinen  Freunden  in  allermas,  wie  nächst  gemt'ldüt, 
sollen  ausgt'than  und  von  Jahren  zu  Jahren  davon 
wuterlialtüu  werden  und  sollen  hiorinneu  die  ärmsten 
Freunde  nllvvege  den  Vorzug  haben. 

Im  Fall  sich  aber  über  kurtz  oder  lang  zutragen 
oder  begeben  würd«',  dass  aus  meiner  Freundschaft  sich 
kein«  Knaben  zum  8tudieri^n  verschicken  nnd  begeben, 
oder  aucii  dazn  tiiglich  befunden  werden  milchten,  und 
aber  allhier  zu  Marburg,  deßgloichen  zu  Rnsenthal 
arme  Kinder,  so  an  beyden  Orten  gezogen  und  ge- 
bühren, deßgleichen  auch  fromme  und  zu  Stndiis  dien- 
lich vorhanden  seyn  würden :  so  sollen  mit  Vorwißen 
und  Itatli  eines  jederzeit  regierenden  Rectoris  und  De- 
cani  die  zwey  Executores  meiner  Freunde  und  Ver- 
wandten einen  armen  Knaben  aus  Ilosenthal,  welche 
alsdann  hierinnen  in  allerwege  den  Vorzug  haben  sollen, 
2ö  H.  und  einen  ans  Marburg  gleichfalls  auch  25  fl.  so 
lange  und  langer  nicht  dann  biß  ein  jeder  durch  seine 
eigene  Geschicklichkeit  sein  Brod  selbst  erwerben  kann, 
jiihrlich  zum  Unterhalt  liandreichen  und  geben,  wie 
ich  denn  auch,  dass  auf  den  Fall,  da  keine  Knaben 
aus  Marburg  and  Rnsenthal  hierzu  tüglich  und  dienlich 
befunden,  ferner  geordnet  und  in  Kraft  dieser  meiner 
letzten  dispositioii  und  Verschafi"eniß  gesetzt  tiaben  will, 
daß  durch  berührte  meine  Freunde  und  die  Herrn  Rec- 
toren,  Dccanum  und  Professores,  so  zu  jederzeit  sein 
werden,  oft  angeregte  &0  H.  jährlicher  Pension  zwey 
armei^  Stndiosis,  so  sich  frömlich  und  fieissig  erzeigen 
und  zum  Studio  wohl  anlegen  werden,  jährlich  zur 
nnferhaltung  gereicht  und  darge.streckt  werden  sollen, 
doch  länger  und  weiter  niclit,  dvuu  biß  einer  oder  sie 
alle  bnide  eine  conditi<in  nach  Nothdurft  versehen,  und 

18* 


276 


ihnen  selbst  Unterlialt  schaffen  mögen.  Es  sollen  auch 
diese  Knahcii  niolit,  wif  aiidtTi-  geaieine  Stipeinliaten 
gehalten,  sondern  ciiinn  jeden  tnügelaßen  worden,  sich 
zu  pinrr  Fütultät.  ii;izu  in  Lnst  hat  und  dieiiHth  be- 
funden wird,  zu  bfgelu'ti  und  wie  andt^re  frumniC'  >Stu- 
denton,  so  keine  Sti|>endia  liahen,  zu  Icluu.  \ui\  ila 
»ich  hiiikiinftig  über  kurtz  oder  lang  /iitriigen  «idcr 
begeben  würde,  dass  dn;  lü bliche  Universität  ullbier  zu 
Marburg  (welches  doch  der  Almächtige  nach  seinem 
gütlichen  Willen  verhüten  woU)  in  Abtall  kojnnuMi, 
odtT  aber  von  derselben  lUCK)  H.  vorgestreckten  Haupt- 
geldes abgeloist  und  meinen  Krben  wiederum  verlegt 
werden  solten,  so  ordne,  will,  befehle  und  heisse  ich, 
dass  meine  Krben  und  Nachkommen  solc;lie  ll/K)  H. 
wiederum  an  gewisse  Urte  alsbfdd  austhun  und  an- 
logen, und  die  gewisse  Verordnung  und  Vorsehung 
thun  sollen,  dass  die  jährliche  Gülten  und  Hentheii,  so 
jederzeit  darüber  fällig  sein  werden,  Kraft  dieser  meiner 
Stiftung  jährlich  ausgegeben  und  in  keinen  andoren 
Gebrauch,  deini  wie  vorgem«ldet  und  vuu  mir  in  tliescr 
meiner  Kinsezung,  Versehung  gethan,  angewendet  und 
ausgelegt  werden  sollen  ;  darauf  die  itzige  und  nachkom- 
mende F.xecutores  jederzeit  zu  dencken  haben,  und  da- 
mit diese  meine  fujulation  und  Stiftung  stet  atid  vest 
gehalten,  auch  zu  jederzeit  alle  dasjenige,  so  darinnen 
verordnet,  wirklich  und  Heissig  vollzogen  werde,  so  er- 
nennt ich  hiermit  den  Ehrenhaften  und  Hochgelahrten 
Herrn  David  Laucken,  <ler  Kechte  Doctoren  und  Fürstl. 
Hofgerichtsralh  alUiier  zu  Marburg,  meinen  frenndl. 
lieben  Schwager,  deBglcichen  Henricli  Rrvsenthal,  nifMnen 
Vetter,  zu  Kxecutoren,  und  wen  dipselhen  forters  nadi 
ihrer  Gelegenheit  heut  oder  morgen  dazu  aus  der 
Freundschafft  an  ihrer  statt  ernennen  werden,  will  an«»> 
dabeneben  liierniit  und  in  Kraft  dieses  so 
alle    und  jede    übrigkeiten,    sie    seyen    G 


277 


Weltlii-h,  unteTthänig  und  fleiösig  gebeten  haben,  ob 
diKser  meiner  dispn.sition  und  Einsezzung  fleissig  zu 
Imlten  und  nit  zu  gestatten,  daß  dersolhen  im  geringstfin 
widerlich,  oder  auch  einigen  Abbruch  gehehen  m(3ge. 
TJocIi  soll  mein  Testament  dispositinu  und  donation,  so 
ich  vur  die«.<»r  Zi-it  andi-rer  nieiiuT  Güter  und  Naiu'iiiig 
halber  aufgerichtet,  stet,  fest  und  kräftig  bleiben,  und 
dawider  auth  g»^gen  diese  meine  fnndation  und  Stiftuug 
von  den  iiistituirten  Erben  bei  l'oen  ilin-s  geordneten 
Anthejls  nichts  vorgenommen  oder  ins  Werk  gerichtet 
werden.  Alles  iihiie  Gefardi^  und  Arglist.  Des  zu 
wahrer  llrkuiid  habe  ich  mich  mit  eigenen  Händen 
unterschrieben  und  mein  Insiegel  hierunter  au  wißent- 
licli  gehenkt,  auch  zur  Bewilligung  der  vorgedachten 
i'Xf'rution  und  zu  mehrerer  Bekräftigung  und  ewiger 
Handhabung  di«*ser  fundation  die  Ehrwürdigen,  Hoch- 
uml  Wohlgelahrten  Herrn  Conradum  Matthaeum,  der 
Rechte  Doctorem  und  itziger  Zeit  der  löbL  Universität 
Marburg  Kectorem,  tlerrii  Joh.  Lnnicerum  und  Wigan- 
dum  Urtliiuni,  beide  der  H.  Schrift  Doctores,  M.  Pe- 
inim  Nigidium,  Decannui  und  M.  Theoph.  Lonicerura, 
alli-  iler  l.'iiiversit^it  allhier  KU  Marburg  Professores,  ab 
vci?i  mir  hierzu  insonderheit  erforderte  Zeugen,  dienst- 
lieh und  freiuidlich  gebeten,  dieser  meiner  Stiftung  und 
Insazzung  siel)  mit  eigenen  Händen  zu  unterschreiben, 
auch  vor  sich  die  gantze  Universität,  und  alle  ihre 
Nachkommen  mit  der  Universität  grosen  anhangenden 
Vnisirgel  zu  bekräftigen,  welcher  Subscriptiüu  und  Siege- 
hing  wir  vorgenannte  Rector,  Üeeunus  und  l'rofessores 
vor  uns,  die  Universität  und  unsere  Nachkommen  also 
hiermit  bekennen,  auch  neben  dem  allen  den  Ehrbaren 
linil  Wnidgclahrtt'n  Joh.  Hartmann  als  üfifentlicht-n  No- 
"•«(.juirirt  und  ersucht,  beneben  ubberührten  Herrn 
m,  diese  meine  fundation  gleichfalls  zu  unter- 
I    sein    gewöhnlich  Notariatszeichen  hier- 


278 


neben  atifzudnicken.     Welches  geschehen  Marburg  Tia( 
unseres    Ilt.'rni    und    Seligmachers    Jesu  Christi  Geburt 
als  man  zählt  15H5  in  <liii  Thnmae  Apostoli,  4en  21.  xbris. 

Conrad  Buchsack,  gut.  Hess. 

Cnnrad  Mattliaens,  Rector. 

Joliatint's  Lonicerus  D. 

Wiegand  Orthius  Th.  D. 

l'i'tras  Nigidius,  I)oc!iri. 

Thi'ojih.  Lonicerus. 
Kgo   Jnh.  Hartmannus,   auctoritati'  impvriHÜ  pubJ. 
Notarins,  udl  liuiic  actum  reijuisitus,  tru-  in  Yulvni  omnium 
praedictorum  subscripsi  et  Notar,  »igiuim  apiiobui,  quott 
hac  manu  mea  propria  attestor. 


Disposition  der  beiden  ersten  Executoren  der 
Buchsackischcn  Stipendienstiftung,  wer  nach  ihrem  Ab- 
sterben ihnen  succediren  solle: 

Zu  wissen  und  kundt  sey  Jedermann,  so  dessen 
von  Nöthen  haben,  dalJ  nachdem  weilandt  der  Ebren- 
geachte  ('urt  Buchsack,  genannt  Heß,  gewesen  Schul- 
theiß zu  Marpurgk,  Gott  zu  Ehren  und  seiner  ganzen 
Kruuudschaft  zu  Gute,  Ihme  selbst  zu  löblichen  Ge- 
dechtnuß  ein  Beneticium  oder  Stiftung  von  Taosendt 
Gulden  Capital  oder  Haupt  Summa  lauths  Brief  and 
Sigelln  aufgericht,  dergestalt,  daß  jherlich  Fünfzig 
Gulden  Pension  davohn  erhoben,  welche  Inhalt  gemelier 
Stiftung  an  seine  Blutsverwanthen  vornemblich  nnd  in 
Mangel  derselben  sonsten  nach  Außweißung  der  fan- 
dation  zum  Studiren  angewandt  wtirden  sollen,  und  datui 
zu  steifer  und  Vesthaltung  derselben  Stiftung  Wir  Nacb- 
benandte.  nemblich  ich  Davidt  Lauck  von  wegen  mstner 
Hausfrauen,  gemeldtes  Stifters  [SchwesteniJ,  and  ich 
Henrich  Hofmann,  genannt  Rosenthaler,  als  auch  Blnth»- 
verwandter  und  Vetter  des  Stifters,  zu  '" 
solcher  Stiftuni»  mit  dt'm  Anbang  vornem' 


279 


uml  verordnet  worden  seyndt,  Also  daß  Wir  die  Tage 
unsers  Lebens,  wie  treuen  F^xecutoren  zusteht,  dieselbe 
Stiftung  so  viel  iiiäglicli  vcrwaltt^u  luid  handliahon, 
auch  auf  den  Fal)  richtig  andere  Kxecntores  an  unserer 
statt  zu  erwehlen  Macht  haben  sollen. 

So  haben  Wir  beyd<^  obbemeldt**  verordnete  it^ige 
ExecutoreB  IJnß  dahin  freundlichen  vergUiihen  und  Kraft 
dieser  Bekahntnuss  vereiniget,  Wenn  der  liebe  Gott 
nach  seinem  Gottl.  Willen  unser  eineu  über  kurz  oder 
langk,  odtn'  aucii  beide  samptt  von  dieser  Welt  zu  sich 
abfiutleni  würde,  daß  alsdann  an  unserer  stedte  zu 
Veiwaltung  solches  Beneficii  und  Stiftung  unsere  Söhne, 
wi'lclie  dazu  dienlich  «eyn  mochten,  hiermit  geordnet 
seyn  .sollen,  inmassen  Wir  sie  auch  hiermit  darzu  am 
kreffttgsten  solches  beschehen  macht,  verordnet  haben 
wollen,  und  benennen  anfengltch  dazu  Ich  David  Lauck 
meinen  ältesten  Sühn  Jolianncm  Lucanum  und  Jcb  Hen- 
rich Hofmanr»  meinen  Bruder  oder  meinen  Sohn  Jo- 
hanneni  Hofniann  dergestalt,  da  Unser  einer  oder  Wir 
beyile  sanijit  mit  Tüdt  abgeben  .solten,  daß  alsdann 
diese  benielte  beyde  Johannessen,  oder  uflf  den  Fall 
andere  Unser  Söhne  darzu  dienlich  seyn  wurden,  an 
Unser  stadt  tretten  und  solch  Henefieiuni  oder  Stiftung 
in  seim^n  WurdiüJ.  .so  viel  ihnen  mt'iglich,  eriialten  jjollen, 
im  Fall  aber  dieselben  ernandte  als  Ludwig  Hofniann 
nder  andere  beydc'rseit.s  Freuiidschafft  darzn  zwo  tüg- 
licbe  IVrsonen  sich  solcher  Verwaltung  annehmen  und 
aHesanipt  dahin  bedacht  sh}-!!,  das  solche  Verwaltung  in 
der  zufiehfh'igen  Freunde  Hainjen  hit-ibc,  und  die  Freund- 
bchaft  iiit  umb  das  herrliche  Kleinoth  durch  Fremder 
oder  ungesipter  Leut  Verwaltung,  wie  es  gemeiniglich 
in  solchen  Fällen  durch  Nachlessigkeit  zu  beschehen 
ptiegt,  kommen  möge. 

Vcrnialim-n  derhalben  und  bitten  Wir  itzige  Exe- 
cutoreii  uii.sei'  jSnchkooimen  zu  die-ser  Stiftung   gehörig 


280 

allfsampt  daß  sie  dieselbe  in  ihren  Würden  und  krefFtig 
iussen  und  erhalten,  so  licL  iluicii  iÄvti  und  d'w  Freund- 
schaft ist. 

Desen  zur  Urkundt  etc.  Actum  Marpurgk  im  Jahr 
Tausend  Fünfliundert  achtzig  und  Sieben. 

David  Lauck  Dr. 

Henrich  HofFmann,  der  Blter. 

Zu  wilien,  Nachdem  weilandt  der  EhrgeHchte  Cnrt 
Bitchsack  etc.  kurtz  vor  seinem  Tndt  fine  Stiftung  von 
IfKlO  fl.  Cupita!  etc.  uffgericht  «ftc.  und  daiui  zu  Execn- 
toreii  und  Verwaltern  solclier  Stillung  den  Ernvesten  etc. 
Dr.  David  Lauck  etc.  und  Henrich  Hoffmann,  gen.  liosen- 
thaler,  Bürgfr  und  L(>\ver  zu  Mur[)urg,  von  ermeltem 
Stifter  henantet,  aber  nncl)  Schickung  Gottes  der  «ine 
Executor  neniWich  Henr.  Hoffmium  des  nechst  ver- 
gangenen Jars  Achtzig  Acht  mit  Todt  abgegangen  und 
daher  an  des.sen  Stadt  der  Erb.  Ludwig  Ihiffmann,  gen. 
Rosenthaler,  gedachtes  Henrichs  sei.  Bruder  zum  anderen 
Executor  und  Verwalter  vor  anderen  als  (h'ssen  Stifters 
Verwandten  durch  gedachten  Dr.  David  Lauck  erwi-hlt 
i.st  worden,  ao  hat  gedachter  Ludwig  in  Beiseyn  Meiner 
unterschriebenen  Notarii  und  Stadtschreibers  zu  Mar- 
purg  zugesagt  und  gelobt  solche  obengemeldte  Stitt'tung 
treulich  helffeii  Hand  zu  haben,  bis  etwa  derlmlben 
weiter  Verordnung  erfolgen  mag.  Dessen  zu  Urkunth  otc. 
Actum  Marpurg,  den   16.  Jauuarii  anno  89. 


2.  Die  Faustischen  Stiftungen. 

Der  seit  dem  Jahre  1804  zu  Treisbach  im  An»t.e 
Wetter  zuerst  als  Adjunkt,  seit  1807  als  Pfarrer  ge- 
standene C 0  n  r ad  D a n  i e  1  F a u s t,  gt-boivu  zu  Löhlbach 
den  26.  Okt.  1772  als  Sohn  des  Pfarrers  Job.  Friedr.  Faust, 
hatte  aus  seiner  Ehe  mit  Charlotte  Dorothea  Eigenbrodt, 
geb.  22.   JuH    1784   zu    Hof  Lauterbach    bei    Vöhl   uu' 


einen  Sahn  W  i  1  h  e  l  m  G  e  o  r  g,  welcher  nach  volltindeteni 
theologischen    Stiuliura    als    Pastor    extraordinariiis    29. 
Okt.    18^-^8  zu  Treisbacb  starb.     Eine   gt-lt'g^ntliche  Bv- 
mfii'kung  des  letzteren,  dass  fT,  wenn  nr  über  Verniögnu 
zu  testieren  hiitti',  dasselbe    zu    FuiniliRnstipendien    be- 
stimmen würde,  wurde  seinen  Eltern  Anlass,  in  diesem 
8iniHr  über  ihr  Vermögen  k'tztwillig  zu  verfügen  und  dureh 
Testament  vom  21.  Juni  1H3'J  neben  mehreren  kleineren 
Legaten  für  iiire  l'athen  und  Dienstboten  und  einer  Stif- 
tung von  50  Tblrn.,  di-ren  Zinsen  unter  Verwaltung  der 
Kirche  zu  Treishacb  zum  Ankauf  von  Schulbüeliern  für 
arme    Kinder    daselbst   verwendet    werden    soIIhh,    zwei 
weitere    Stiftungen    zn  inaciien,    niimlieh   1200  Thlr.    zu 
einem    Stipendium  für    Studierende    und    HOU    Thlr.    zu 
einem  Benefizium  für  VVittwen  und  unverheiratbete  arme 
Töchter  aus  den  Nachkomuifin  der  Geschwister  der  Stifter. 
Hinsichtlich    beider    Stiftungen    sollen    die    Nach- 
kommen des  seit  dem  Jahre  1800  zu  Löhlbach,  seit  1823 
zu  Röddenau  gestandenen  Pfarrers  Job.  Wilbelm  Faust 
(f    15.    Jan.   1836)    und    des.sen    Ehefrau  Mari<!    Sophie 
Amalie  Antonette,  geb.    Eigenhrndt    (f     11.    Dez,    1845) 
vor    den    Nachkommen    aller    amleren    Geschwister   den 
Vorzug  des  Genusses    haben,    ein   Heligiun.swechsel    und 
liebertritt  zur  katholisclien    Kirche    aber    V(ni    den    An- 
sprüchen an   diese  Stiftungen  sowohl    ilen    ( 'onvertiten, 
wie  dessen  Nachkonunr-u  au.sscldiessen.     Die   Zinsen  der 
Stipendienstiftung  .sollen  einem  Studierenden  ohne  Kück- 
sicbt  auf  die  Fakultät  für  je  3  Jahre  des    Universitäts- 
studiiims,  jedoch  nicht  über  dasselbe  hinau.s,  aber  auch 
schon    einem    Secundan^r,   der    sich   durch   Fleiss   und 
gute»  Betragen    auszeichnet,    nach    Ahlauf   der  ü    Jahre 
aber  einem  andern  Berechtigten  verliehen,    in   F-rmaiigi'- 
lung    derselben     die     Zinsen     zum     Capital    gt-sehlagen, 
und  die  Zin.sen  davon  wieder,  wie   bezeichnet,  verlieben 
werden. 


282 


Ebenso  sollen  flie  Zinsen  der  anderen  Stiftung  fiir 
arme  liintcrlasscnH  und  nnvurheirailifte  Töchter  n«d 
Wittwen,  welclin  einen  christlichrn  und  sittlichnn  Wandel 
fiilir<'n,  an  i'ine  oder  zwei  solcher  Töchter  und  Wittwen 
von  drei  zu  drni  Jahren  verliehen  werden,  der  Ge- 
nuxM  des  Lt'gatfs  ahir  dnrch  Vorheiratlumg  oder  sonstige 
Besserung  der  Lagis  wimmi  dies«*  der  Unterstützung  nicht 
mehr  hodarf,  erlöschen.  Auch  „sollen  die  Töchter  ond 
Wittwen  vom  Stande,  wt-i!  diese  iiii.ht  taglühnern  können, 
denen  vorge!ien,  die  aus  niedrigem  Stamle  sind,  und  so 
lange  die  ersteren  d»  sind,  stehen  die  Letzteren  immer 
nach,"  Die  Verleihung  beider  Benitizien  soll  (§  H)  ilureh 
zwei  der  Aeltesten,  je  einen  uns  der  Familie  Faust 
nnd  Eigenbrodt,  unter  Aufbicht  des  Con&istoriums  xu 
Marburg  geschehen  und  dieser  Behörde  jährlich  Retdi- 
uung  gelegt  werden,  die  Vermarhtnis.se  aber  er.««t  nach 
dem  Ableben  beider  Stifter  ins  Leben  treten,  der  über- 
lebende! Khegatte  als  Universalerbe  des  erstverstorbenen 
im  Hesitz  und  (Jenuss  des  ganzen  Vermögens  bleiben  (§  8). 

Der  rfurrer  Cour.  Dan.  Faust  starb  Jim  25.  März 
1843.  Seine  Wittwe  überlebte  ihn  uui  28  Jahre  und 
starb  erst  am  2^.  Dez.  1871  zn  Wetter;  .?ie  wurde 
neben  ihrem  Manne  und  Sohne  zu  Treisbach  be- 
graben. In  die.ser  langen  Zeit  hatten  .sicli  die  Ir'reis- 
verhältnisse  der  Lebensbedürfnisse  gegen  die  frühere 
Zeit  wesentlich  verändert:  und  die  Wittwe,  welche  „ihr 
Tlerz  und  Hand  gegen  Bedürftige  nicht  verschliessen 
konnte",  infolge  dessen  einen  Tbeil  des  Vermögens  ver- 
braucht, so  da.ss  dasselbe  zur  .\uszahlnng  der  Vermächt- 
nisse und  Stiftungen  nicht  ausreiehte.  i.'nter  Berück- 
sichtigung dieser  Vermögeiisverminderung  und  weil  das 
Testament  vom  Jalire  18311  niani  he  juristische  linvoll- 
k'tmtnenheitf'n  hatte,  uamentlieli  über  die  Nachlaas- 
regulirung  und  .\usfülining  der  Vi'rmachtni.s.se  nichts 
enthielt  und  ein  löachungsfühiger  Erbe  nicht  vorluitKltm 


283 


war,  äo  setzte  diu  Wittwu  uuf  (irund  thv  ihr  über- 
tragenen Univpr-salk^rbschaft  dnrrh  feinen  Tesfcunents- 
iiaclitiag  vom  5.  Angu.'^t  1870  nebon  einigen  gering- 
fügigen Zusätzen  unter  Wii-dürhnlurtg  des  lH3^*er 
Testaments  den  Einsender  dieses  znm  Erben  ein. 

Nach  einer  vom  damaligen  Consiatnriai-  uml  Kieis- 
gorielitasdirektor  Kraushaar  zu  Marburg  entwurteneu 
Consistorial-uud  einer  derselben  beipHichtenden  Gericlits- 
vevfügung  vom  6.  bezw.  18.  April  1872  erfolgte  dann 
diese  Nachlassregiilierurig  in  der  Weise,  dass  der  Testa- 
inentserbe,  der  die  Erbschaft  unter  der  iiechtswohlthat  des 
Inventars  angetretPTi,  auf  die  faicidische  ^luirt  gegen  eine 
angemessene  Vergütung  für  s^iuc»  Mühewaltung  ver- 
zichtete, und  aus  dem  Erlös  des  Nachlasses  zunächst 
alte  Gerichts-,  Begräbniss-Kosten  etc.  berichtigt  und  die 
Legate  an  die  Dienstboten  und  für  arme  Schulkinder 
zu  Treisbacti  im  stiftunj^niässigen  Betrage,  dagegen  die 
Legate  an  Fanrilienglieder  und  an  beide  Faniilienstif- 
tungen  pro  rata  ausbezalilt  vvurdi  n.  Aus  dem  Nachlass 
von  insgesammt  '22*J1  Tldr.  IH  .Sgr.  0  Mir.  konnten 
nach  Erfüllung  obiger  Verbttidhchkeiten  (ii24  Thlr.  H) 
Sgr.  6  Hir.)  an  die  Stiftungen  (*tc.  85*/»  Prozent  be- 
zahlt wt-rden,  d.  li.  an  die  Stiiiendierisfiftung  102f5  Tlilr. 
7  .Sgl".  1  HIr,  und  an  die  Tr>chterstiftung  riÖ4  Tidr. 
4  8gr.  1 1  Hlr.,  vk-orin  die  Erlischaftssteuer  {&)  l'ldr.) 
enthalten  ist.  Letztere  wurde  mit  'S  Prozent  tiicht  von 
dem  obigen  wirklich  gezaidten,  sondern  laut  einer  älteren 
preussischen  l"ubinet8or<lre  vom  18.  Juli  1845  von  dem 
gestifteten  ganzen  Ca|)itale  [l'äß)  und  S(tO  Thlr.'),  also 
auch  von  den  nictit  gezahlten  14';;-  i'rozent  des  Stif- 
tungjskaintals  arigefurdcirt  und  bezahlt.  Da  von  den 
i>tiftern  keine  Bestimmungen  über  die  ( 'ollatur  getroffen 
waren,  so  bestimmte  der  Tesiniieutiserbe  den  Pfarrer 
und  Metropolitan  Reitih.  Daniel  Faust  zu  tJrosseii- 
wiedeu    bei    Rinteln    von    der   Faustischen  FumilJ*' 


284 

den  Pfarrer  Oitstav  Eigfiibrodt  zu  Steinbach  b»'i 
Giessen  von  th^r  Eigen brotiti.soluni  Si-ite  zu  f'ollatoren. 
Boidf  Collatoren  vereiiibarton  alsbald  cnri  vom  Con- 
üistorium  genehmigtes  Verwaltungsstatut  über  die  Bc- 
.stt'llung  der  Collatort-n,  Reclinungsiegung  und  Verlei- 
Iiuiigsmodiis  der  Stipi-ndii-u,  .su  dass  die  Stiftungi-n  seit 
1K72  in  Kraft  trrt»-»  kcttuiten.  I'er  erste  Henehziariiis 
war  der  stnd.  [iliil.  l^'ritz  Möller  au?>  Dodenhausen, 
welclier  im  Jaliri'  zuvtir  nacli  der  Scldaclit  bei  Sudan 
zum  Leutnant  avanciert  und  das  eisern^  Kreuz  erlialtL'u 
liatt<".  lurd  als  f  )l»*'rtelirer  am  Kaiserlichen  Lyceum  zu 
Mt'tz   ll>.   August   18H9  verstorheji  ist. 

Das  GttsamnitconHiütorium  zu  Kassel,  auf  welches 
naeli  Aufhebung  des  Marburger  C-ousistoriumö  die  Auf- 
sicht über  diese  Stiftungen  übergegangen  war,  wollte 
.sich  dieser  ihn»  anvertrauten  Aufsicht  ganz  entscblagen, 
weil  diestdb^Mi  ein  kircldicht-'ts  hiteress«  iiiclit  bütiMi  und 
jitellte  höheren  Orts  dabin  gehenden  Antrag,  der  jedoch 
selbst  von  dem  damaligen  f'ultusministHr  hr.  Falk  nicht 
gtiindimigt  vvurdf,  so  dass  dassrlbf  erst  l!S.  Sept  187f> 
dem  Testamentserbeii    dir   crbet^-ne    Dechargc   ertbeilte. 

Ht-n-cbtigt  zn  bi'idi'u  Stiftutigcn  sind  die  Nach- 
kunum'n  der  (.T('!^t]i\vi.st('r  di-r  Stifft'r.  Die  Familie  Faust, 
aus  welcher  seit  171;')  bis  in  die  Neuzeit  15  Glieder  in 
geistliehen,  einige  auch  in  jutistisehen  Aenitern  in  Hi'sseu 
gestarub'n,  v^isehieden  von  dervrni  d«'m  Hersf^-ldm"  Hürger- 
nii'ister  < 'unrad  Faust  (ff  (il5)  abstammenden  Familie*), 
stammt  von  eini'tn  Bergmann  Alban  Faust  zu  Kllers- 
hausim  bei  Fraukenberg  (f  vor  1(335),  dessen  JCnkt-l 
Andreas  Faust  zu  GL'ismar  drei  Söhne  geiistlicli 
studieren  Hess.  Die  Naebkoinnieti  des  Pfarrers  Jnh. 
Paust  zu  Maina  if  1745».  Halsdorfer  Linie,  haben  keinen 
Antheil  an  dtJii  Stiftungen. 


*)  Strieder,  Hobb.  Gel.  Gesch.,  4,  75. 


2% 

Die  Familie  Eigetibrodt.,  welclie  sich  von  einem 
aus  MarioiihagfMi  bei  Vöhl  stammenden  .Schmiedf"  Jo- 
hannes F,  igenbrodt  nnd  d<'ss<'ii  nach  lSachsenhau,«ien 
in  Waldock  verheirathntt-t»  Sulm  Ji>4it  H  t-  i  u  r  ic  h  (f  U>97| 
und  dessen  Khefraii  Anna  Klisah«jth  Bchenu  herleitet 
inul  im  Laufe  WHiiigci'  Jahrzi^tnitii  die  tiüclisteh  Staats- 
iimtf'i'  erreichte,  ergibt  die  Uiiclisarkisudit'  Stammtafel. 
Der  daselbst  genannte  älteste  Hriider  der  Stifteriii, 
Staatsratii  Carl  Christian  KiijtMibrodt  zu  Ihirmstadt, 
ist  der  Begründer  des  IH'M  lan<!eslierrlieh  bestätigti'u 
historischen  Vereins  für  das  ürossherzogthuin  llessiMi 
ntid  dessen  Zeitschrift,  iU'.h  sogenainiten  „Hessiächfn 
Archivs",  welchns  derselbe  mit  einer  diplomatisclu-n  tii'- 
schichte  der  Dynastmi  vnn  FalkeiisttMii  t'rriffiict  und  mit. 
mehreren  anderen  PublikatintiiMi  ("ibt-r  di*'  Hessische  Vor- 
zeit versehen  hat. 

:i.  Die  Plittischen  Stiftungen  zu  Wetter. 

Im  Jahn'  lfii(2  vrrheirathete  sicii  dnr  Bürgprssnlni 
Job.  Jacob  IMitt  aus  Hindenkopf  (f  1744),  wti  di«;si.' 
Faniilin  nncli  in  zaidreicben  Glied«*rn  bhllit,  mit  .'\niui 
F^hsiibeth  De.\bach  zu  Wetter  und  wunh'  hierdurch  der 
Stammvater  einer  zahlreichen  Natlikoinmen.schaft,  die 
zwar  im  Mannesstamme  zu  Wetter  seit  100  Jahn'u 
wieder  erloschen  ist,  abf-r  ausserlialb  noch  fortblüht  und 
namentlich  eine  Reihe  von  nainhaftt^n  Theologen  ht*r- 
vorg*'bracht  hat.  Von  Job.  Jacob  1'lit.t.s  zwiilf  Kindern, 
deren  sechs  jung  starben,  war  der  dritte  Sohn  Georg 
Matthaeus,  geb.  1.  April  1701.  nach  kurzer  pfarr- 
ainthebtr  Adjunktur  in  seiner  Hcimatb  173Ü  Pfarrer  und 
Dekan  zu  Caldern,  wo  er  nach  gesegnetem  Wirken  IT. 
Juli  I7n7  starb  und  in  der  Kirche  begraben  wurdo, 
wühlend  Johann  Conrad  1*1  itt,  geb.  KiitT,  vermiihlt 
mit  Anna  Maria  May,  den  St-amm  zu  Wetter  fortsutzte. 
Auch  von  seineu   11  Kindern  starlveii  4  frühzeitig.    Der 


286 


ältestr  Sohn,  nach  seinem  Grossvatpr  benannt,  Joliaun 
.lac.ob  l'lit.t.  geb.  27.  Fr.biuar  1727,  wurd«' nach  voll- 
endeten theulogischen  und  jjhilosui)liischen  Studien  zn 
Marburg  (1744)  und  Halle  (1745)  und  nach  erlangter 
philiixiphi.si.lMM-  JliigirsterwiJrdf  von  seiner  akademischen 
Laufbalifi  abgelenkt  und  1748  zum  zweiten  Pfarn-r  an 
der  lutherischen  Cl«,'.meinde  zu  Kassel,  wo  er  sich  (17r)()) 
mit  Henriette  Sophie,  des  f  Tfarrers  Friedrich  Philipp 
Schlosser  Tochter,  vermählte,  1755  aber  nach  aieben- 
jidiripei-  reioh  jj;esegneter  Anitsthätigkeit  znni  nnlent- 
licheii  I'rofL'ssor  der  Theologie  nacli  Kinteln  berufen. 
Auf  seiner  Reise  nach  Rinteln  erwarb  er  am  17.  S«pt. 
j,  J.  hei  der  theologischen  Fakultät  zu  Göttingen  di#* 
tlienlogisclie  Ddctürwiirde,  iiiiclidetn  er  allen  denhalbigen 
Anforderungen  genügt  hatte.  Irn  Jahre  I75ü  übernahm 
er  neben  seinem  akadetiiiseheii  Lehranite  auch  zugleich 
wieder  ein  Pfarramt  als  Diakotui.s  und  bald  nachher  al.s 
P;j.stur  jiriniririnis  zu  Hintchi  und  wurde  nach  dem  1701 
erfolgten  AbSeben  des  \h.  Jnli.  l'liil.  Fre.siMiius  17Ü2 
zum  Pfarrer,  ("un.si.stftrialrath  und  Senior  des  geistlichen 
lutherischen  Ministeriuni.s  zu  Frankfurt  a.  M.  berufen, 
in  Welcher  ötelhing  er  auch  die  Hebungen  des  dasigen 
theulogischen  Candidaten.seminars  zu  leiten  hatte  und 
Hill  6.  April  1773  starb.  Ur.  Juh.  Jacob  Plitt  stand 
gegenüber  dem  eindringenden  Ratinnalismu.s  noch  fetit 
im  alten  Glauben  der  lutherischen  Kirche,  wie  seine 
zahlreicJien  t!iecilogi.schen  und  philosopliischen  «Schriften, 
welche  meist  apologeti.schen  Inhalte  sind,  und  .seine  ge- 
druckten Predigten  beweisen.  Namhaft  und  bekannt 
•sind  be.«ii>niler.s  seine  Schriften  über  die  Kijidertaufe*). 
l'htt  i*i  über  ni<'ht  blos  wegen  seiner  theologiscljen  und 

*)  Beu-nK  "lass  die  Kindortaitro  in  der  JI.  Schrift  befoltlcu 
utid  in  der  oiRfon  cbrjstliuhcn  Kirch«  üblitth  gowogen.  Hamburg 
1751,  Ih'nactinlt'o  liistorictwthcologifn  sistciis  tcstimoiiia  quorundani 
otM'Iexiao  ['ntriuii  ]>m  lia|itiNriui  iiirantiirn  a  fulsiK   iiitcrpreUtiouibiut 


yfarramtliclioii  Wirksanikfit  an  ili-r  liitlM-ri^ilhii  (lemeinde 
zu  Kassel  urnl  zu  tiiiitcln,  sujuNtii  aiuli  w«f(eii  seiner 
,,Nacliriclitrti  Villi  (Irr  ol)fi-i)''.ssii.'>clu'ti  ^St;ult  Wt:'tt«'r  und 
d**r  darauis  stainnu'inii'ii  GtOt'brtun."  I7G9,  in  (li-m-n  <t 
seiner  Heimatli  iitid  soioen  Landslouteii  ein  ehrenvoll«'«; 
GtHlächtiiis  gt^setzt  hat,  von  Bcdt'utnng.  Plitt  hnU>' 
liifi'zu  zwei  Vorarbfiti'n  vmi  VVettfiiscIuMi  Ijanilbli-utfii 
und  Anitslirürlfni,  welch«  er  überarbeitet  und  zum  Druck 
bf'fürdi-rt  hat.  Von  dem  Pfarrer  Jnh,  Liulwig  Mahrt 
zu  N*"Ustadt  sin  d*'r  Hardt,  spater  zu  Hersberg  in  der 
CirafsL-haft  Falkenbi-rg,  geb.  12  November  1087,  rübrt 
der  erstp  Th^il,  die  eigentliehe  Wetterische  Stadt-  und 
Amtschronik  her,  ein  Werk,  in  dem  man  über  die  vor- 
reformatorisclie  GeschichtH  Wcttor»,  nftineiitbeli  übi-r  die 
Vt'rhültnisse  Hessens  zum  Erzstifte  Mainz,  sowie  über 
das  dasige  ,,frei  weltliciie  Stift  unserer  lieben  Frauen 
vom  Himmelreich''  und  vieles  andere  vergeblich  .•Vuf- 
schluss  sucht,  das  ahrr  wegen  dpr  rn-tlichen  Keschrei- 
bung,  der  l'farr-  und  Scbulvcihältnisse,  sowie  «lunli 
Abdruck  älterer  auf  diu  Grsthitdite  der  Stadt  bezüg- 
lichen Urkunden  aus  d«?ni  17.  Jahrhundert  niclit  ganz 
unwichtig  ist  und  für  die  VorbescJireibung  zum  Steuer- 
kataster die  Hau]itqu«'!k'  abgegeben  hat.  Von  grösserem 
rnitl  blfibeiideiii  Werth  i.st  der  zweite  Tlieil,  die  Wet- 
terischo  Gelehrt.engi-schichte,  welche  von  dem  zu  Treis- 
bach  h»d  Wr-tb-r  17H0  bis  17fi6  gestandenen  Pfarrer  Joh. 
tii'urg  Junk  verfasst  ist,  welcher  sich  auch  durch  eine 
1745  herausgegebene  lateinisehe  Lebensbesclireibung  di's 
hiMilbinten  Ileidelbergiscben  Phihdogen  Friedrich  Sylbiirg 
aii.'^   Wi'tter  bekannt  Hcmaciit  hat. 


nl.  novoiiii  vindicata  ITUf*.  —  Seine  IwObeiisbosclireil'Unt;  uiuJ 
Si'liiirii'ii  sind  in  den  i^'imt  nvi»  fftUninslim  17ti8.  Tom.  IUI,  S.  53il 
euflifilten  und  deroii  Titol  iu  linri  ^,X»rhrir/ilrn  von  der  olwrhes». 
Stndt  Wetter".  Frankfurt  17<i^.  S.  252  -'JtüJ  al»pednK>kt. 


288 


Zwei  jttngiTP  Brüder  des  Frankfurter  Seniors  mit 
Namon  Joli.  Philip[)  Tlitt,  geb.  5.  Nov.  1729,  und 
.loli.  II<tIh)1iI  riitt,  gt'b.  7.  Nov.  1732,  zogea  nach 
Norden  Joli.  IMiilip|)  wurdrr  Kaufmann  in  Hamburg, 
Joli,  Hetbold  l'ustur  äu  NeMeiikirtheii  und  Hoheidukow 
in  Mt'klfnburg,  wo  er  sicli  mit  de.s  Superinteiidenti*n 
Menkel  xii  Schwerin  Tncbter  veriniildte.  Weil  ihniMi 
(Jott  Glück  uihI  Segen  auf  ihren  Lebenswegen  in  d^r 
Fremde  beschert  hatte,  erriehteteu  .sie,  d.  d.  Hamburg 
12.  Miirz  und  ir.  August  1779,  zum  Dajik  gegen  ihn  und 
die  Lehrer  ihivr  Jngeiul  zwt-i  Stiftungen  von  je  r)<KJ 
tluldoji  für  die  Lehrer,  Schulen  nud  Armen  ihrer 
\  at^r'^tadt. 

A. 
Im  Namen  Gottes. 
Wir  unterzeichnete  Gebrüder,  Sühne  des  weilnnd 
Herrn  Juliann  Cnnrad  l'Iitts,  Bürger  und  Handels  Mann» 
in  W«'tter,  haben  bei  vergnügtem  .^ndenken  an  unser« 
Scliuljahre  in  unserer  Vuterstidt  un.s  ziugleicli  der  mau- 
uigfaUigerj  Wohlthaten  erinnert,  woiriit  der  Herr  uns 
bei  oft  wunderbarer  Führung  in  fernen  Landen  über- 
schüttet hat.  Innigst  gerührt  über  seinen  Segen,  haben 
wir,  da  wir  wohl  nicht  mahl  den  Wunsch  haben  können, 
jemaLs  wieder  in  un.sere  Vaterstadt  zu  kommen,  doch 
gurne  ein  Denkmal  unserer  Liebe  zu  derselben  darinnen 
aufrichten  vv<dlen.     Demzufolge 

1. 

schejiken  wir  der  evangelisch-lutherischen  Schule  zu 
Wetter  zu  ewigen  Zeiten,  Gott  zu  Ehren  und  der  Schulf^ 
üum  Hellten,  Fütifhuridert  Gulden  Frankfurter  WüJirung-, 
neun  Gulden  auf  einen  liunit^dor  g»'recliiit't .'  nemlich  icli 
Johann  Philipp  l'litt,  Kauf-  und  Handels-Mann  in  der 
KnyserlielH'n  freien  Heichsstadt  flaiuhnrg,  schenke  dazu 
4(J(J  tl.  und  ich  Johann  Hfrbold  l'litt,  Pastor  zu  Neuen- 
kirchen im  Herzogthum  Mecklenburg,  schenke  dazu  100  fl. 


289 

2. 

Für  diese  500  fl.  soUi'u  entweder  Grundstücke,  als 
Aecker,  Gärten  oder  Wiesen,  auf  dem  8tadtWde  gekauft 
und  nachher  vermictliet  werden,  oder  wenn  solches  der 
Stadt  Yerfaßung  etwa  nicht,  gemäß  sein  sollte,  so  sollen 
aia  an  keinen  Particulier,  sondorn  an  eine  ganze  Com- 
mune, es  mag  nun  eine  Stadt  oder  ein  Dorf  sein,  zins- 
bar uusgetlian  werden.  Die  Anwendung  der  Einkünfte 
oder  Zinseji  von  diesen  ÖOO  H.  soll  folgendermaßen  ge- 
schehen. 


Am  Tage  Gregorii,  den  12.  Mertz,  sollen  alle  Jahr 
die  Einkütifti^  odrr  Zinsen  von  300  fl.  an  die  drei  Herrn 
Sehul-Cül legen  dergestalt  vertheilt  werden,  dass  wenn 
z.  E.  das  Geld  H  pro  Ccntum  Einkünfte  bringt,  so  soll 
der  Herr  Rector  (i  fl.,  der  Herr  Coiirectur  ;")  fl.  und  der 
Herr  ( 'ollega  tertius  4  fl.  davon  haben ;  trägt  es  aber 
ü  i».  Cent.,  so  bekornmt  erster  7,  der  zweite  6,  und  der 
dritte  5  fl.,  imd  trägt  es  nur  4  p.  Cent,  so  bekommt 
erster  5,  der  zweite  4,  und  der  dritte  3  fl.  und  nach 
diesem  Verhältnis  soll  die  Vertheilnng  allemahl  ge- 
schehen. Wir  wünschen  von  Herzen,  dass  diese  geringe 
Ergötzliclikeit  den  Herrn  Schulcollegen  ein  nnuer  Be- 
wegungsgrund sein  möge,  mit  unermüdeter  Treue  an 
den  Seelen,  welche  der  Herr  Christus  so  theuer  erkauft 
hat,  zu  arbeiten  und  auch  bei  der  kärglichen  Belohnung, 
welche  die  Welt  oft  für  die  saure  Schularbeit  gibt, 
immer  der  göttlichen  Vtirheißung  eingedenk  zu  sein,  dass 
Er  die  Worte  der  T(»chtcr  Pharaonis,  Exod.  2,  9:  Nimm 
hin  das  KiniUein  und  säuge  mirs,  ich  will  dii's  lohnen, 
an  allen  redlichen  Schulmännern  erfüllen  wird. 

4, 

Die  Einkünfte  von  den  übrigen  zweihundert  Gulden 
sollen  zu  Bücher  für  Stadtkinder  angewandt,  und  solche 
bei  den  gewöhnlichen  Frühjahr-i-  und  Herbst-Examinibus 

N.  F.  XVIJ.  Bd.  \\) 


290 

folgender  Gestalt  von  dimi  jedesmabligeii  iltTrn  Obor- 
pfavrer  verthfilet  wcrdfii.  Bei  jptlpni  Kxainine  werden 
die  Einkünfte  von  ItX*  fl.  genommen.  Sind  solche  5  fl., 
«0  aollon  für  2'/s  fl.  2  Bücher,  ein  latpioisches  und  ein 
deutsches,  gekauft  werden.  Dftvon  soll  das  erste  einem 
fleißigen,  gottesfürchtigen  und  gehorsamen  Schüler  aus 
der  ersten  Classe,  und  das  andere,  nemlich  d-An  deutsehe, 
einem  fleissigen  und  frommen  Schüler  aus  der  anderen 
Classe  gegeben  worden.  Für  die  anderen  2';-  fl.  oder 
wie  viel  auch  die  Hiilfte  dnr  Einkünfte  betragen  mag, 
sollen  geringere  Rücher  gekauft  werden,  und  solche  an 
nicht  bemittt^lte  Kinder,  «lie  sich  aber  durch  Gehorsam, 
Frömmigkeit  und  Lernbegierde  auszeichui'n,  gt-geb^^n 
werden. 

Wir  wünschen  herzlich,  dass  diese  kleine  Ermun- 
terung die  liebe  Jugend  ZU  Weiter  erwecken  möge, 
frühe  Gott  fürchten  zu  lernen,  und  auf  diesem  W'ege 
allein,  wie  wir  es  zum  Preiße  Gottus  aus  Erfahrung  be- 
zeugen können,  die  Glückseligkeit  dieses  und  jenes 
Lebens  zu  finden;  wie  der  heilige  Apostel  Pauln.s  1. 
Tim.  4,  8  bezeuget:  Die  Gottseligkeit  ist  zu  allen  Dingen 
nutjz  und  hat  die  Verheißung  dieses  und  des  zukünftigen 
Lebens. 


Damit  nun  aber  auch  diese  unsere  Donation  ins 
Künftige  allemahl  gewisst'nhaft  un.serm  Willen  gemäß 
verwandt  werde,  so  wollen  wir,  dass  der  Herr  Metro- 
politan als  Scholarcha  der  Schule  mit  Zuziehung  des 
Herrn  Rectors  und  Conrectors  bestimmen  soll,  welchen 
Schülern  ohne  Ansehen  der  Person  diese  Bücher  sollen 
gegeben  werden.  Und  wenn  sie  dann  von  dem  Herrn 
Scholarcha  am  Schluß  des  Examinis  vertheilt  werden^ 
80  soll  der  vorhergehende  §  4  vorher  laut  von  ihm  als 
ein  Extract  aus  dieser  Donations-Acte  verlesen  werden. 


6. 

I)ip  Anfbewahnm^f  dieses  von  uns  b«idpn  eig(^n- 
häiidig  unterschrifbem'n  und  mit  unseren  gewölmliL-hen 
l'ittschaftcn  besiegelt*»!!  Uriginals  soll  in  dnm  Kirrhen- 
Arcliiv  geschehen.  Ks  soll  aber  auch  eine  begiaubte 
Abs*chrift  davon  genomniRu  nnd  in  dem  Stadt-Archiv 
niwiergclegt  werden.  Und  w<'nn  das  (.'apital  zuerst  ver- 
wandt oder  80  oft  nachher  eine  Veränderung  damit  vor- 
genommen wird,  soll  alleinahl  die  obrigkeitliche  Be- 
stätigung da  gesucht  werden,  wo  das  Jus  patronatus 
über  die  .Schule  hingehört. 

Wir  Erbitten  uns  für  diese  Donation  das  gütige 
Andenken  und  Gebet  U(iser*'r  lieben  Landes  Leute,  und 
wünschen  von  Herzen,  dati  die  gute  .Stadt  zu  ewigen 
Zeiten  grünen  und  blühen  und  ihre  F'inwohner  wohl 
gedeihen  mögen. 

llrkundÜcli  geschrieben  zu  Hamburg  und  Neuen- 
kirchen den  VI.  Mertz  1770. 


Johanti  Philipp  PUtt, 

Bürger  und  Kauf  Mnuu  in  (lain- 

buig.     nipprja. 

(L.  S.) 


Johann  Herbold  PUtt, 

Pastor    ZM  N'eueukircheu    uud 

llobeDluckow.    mppria. 

(L.  S.) 


B. 


Im  Namen  Gottes! 
Wir  unterschriebene  Gebrüder,  Söhne  des  weiland 
Herrn  Johann  t'onrad  l'litt,  Bürger  und  Handelsmann 
zu  Wetter,  haben  mit  Vergnügen  vernommen,  dass  die 
Donation  von  ÖUO  ti,,  welche  wir  zum  Besten  der 
Schule  in  un.serer  gnten  Vaterstadt  Wetter  im  Frühjahre 
a.  c.  gi?macht  haben,  zur  P'reude  der  Lehrenden  und 
Lernenden  gereicht  hat.  Wir  haben  uns  daher  bewogen 
fundeii,  niicli  eine  andere  Donation  der  Lutherischen 
Schule  und  den  Armen  /u  Wetter  zu  machen.  Dem- 
zufolge 


292 


schenken  wir  Gott  zu  Ehren  und  unserer  Vaterstadt 
zum  Beßten  noch  einmahl  Fünnmnderi  (.iniden  Frank- 
furter Währung,  den  Lrmisdor  zu  l>  ti.  gtjroehnet,  zu 
ewigen  Zeiten  an  die  cvangelisch-hitherische  Schule  und 
die  Armen  zu  Wetter,  nemlich  ich  Johann  Philipp  Erlitt, 
Kauf-  und  Handels-Mann  zu  Hamburg,  schenko  dazu 
vierhundert  Gulden,  und  ich  Johann  Herbold  riitt^  Pat'tor 
zu  Neuenkirchen  im  Herzogthum  Mecklenburg,  schenke 
dazu  Einhundert  Gulden,  und  zeiget  beiliegende  Assig- 
nation,  wo  diese  5UU  H.  zu  erheben  sind. 

2. 

Für  diese  500  H.  sollen  entweder  Grundstücke  an 
Aeckern,  Gärten  oder  Wiesen  auf  dem  Stadtfelde  zu 
Wetter  angekauft  oder  auch  das  Geld  mit  obrigkeit- 
licher Bestätigung  an  eine  Commune,  es  mag  nun  eine 
Stadt  oder  ein  Dorf  sein,  nicht  aber  an  einen  Privatum, 
sicher  ausgethan  und  die  Hinkünfte  davon  folgender 
Gestalt  verwendet  werden. 

3. 

Wir  nehmen  an,  dass  diese  500  fl.  zu  5  pro  Cen- 
tum  bestätigt  werden  und  folglich  25  fl.  jährlich  ab- 
werfen dürften.  Davon  sollen  dann  gegeben  und  im 
nächstfolgenden  .hiüir  1780  der  Anfang  gemacht  werden, 
wie  folget: 

a.  Beim  Herhst-Examine  1780  und  zu  ewigen 
Zeiten  alle  Jahr  in  diesem  Termin  sollen  davon  haben ; 
der  Herr  Rector  Scholae  4  fl.,  der  Herr  Conrector  3  fl, 
und  der  Herr  Collega  tertius  2  fl.,  zusammen  9  fl. 

b,  sollen  6  fl.  zu  Bücher  verwenilet  werden,  der- 
gestalt dass  für  3  fl.  2  deutsche  Bibehi  gekauft  und 
beim  Oster-Examine  an  2  Knaben,  einen  aus  der  la- 
teinischen und  den  anderen  aus  der  deutschen  Classe, 
gegeben  worden,  die  sich  durch  FleiÜ,  Frömmigkeit  und 
gute    Sitten   dieser    Wolthat    würdig    gemacht    haben. 


293 


Sollten  diese  2  Bibeln  nicbt  völlig  3  fl.  kosten,  so 
mögen  für  das  übrigp.  einige  klfine  Bücher  gekauft  und 
an  arme  Kinder  gegeben  werden.  Auf  eben  die  Art 
soll  e<<  mit  den  anderen  3  fl.  beim  Herbst-Examine  ge- 
lullten werden.  Die  Vertlieilung  dieser  Bücher  soll  vom 
jedesmahligen  Herrn  Oberpfarrer  mit  Zuziehung  der 
Herrn  Scbulcollegen  beim  Kxaraine  geschehen. 

c.  sollen  4  fl.  zur  Disposition  des  Herrn  Rectoria 
überlaßen  werden,  die  er  zum  Beßten  der  Schule  nach 
seinem  Belinbeu  verwenden  mag  ;  entweder  Büelier  zum 
allgemeinen  Gebrauch  dafür  anzuaeluiffen,  oder  auch  zu- 
weilen zur  Verschönerung  des  Schulgebäudes  zu  ver- 
wenden. Doch  muß  das  letzte  nicht  auf  Reparaturen 
gezogen  werden,  welche  eine  .andere  Cas.ge  bisher  hat 
besorgen  müßen,  .sondern  auf  eigentliche  Verschöne- 
rungen, z.  B.  Äirmahlen  der  Classon  mit  sinn-  und  lehr- 
reichen .Sentenzen,  Anschaffung  eines  Ventilatora  in  den 
Fenstern  zur  Erhalturjg  gesunder  Luft  in  den  Claaseu, 
Ansdiaffung  bequemer  Stühle  und  Tische  für  Lehrende 
und  Lernende  u.  üs.  w.  Doch  soll  niemahlen  über  die 
Hälfte  auf  dergleichen  Dinge  verwendet  werden,  sondern 
wenigstens  2  fl.  jährlich  zu  Büchern,  Landkarten,  Noten- 
bücher, auch  wohl  musikalische  Instrumente  zu  gottes- 
dienstlichem Gebrauch,  bestimmt  bleiben.  Wenn  dieses 
cum  grano  salis  geschieht  und  die  angeschafften  Dinge 
opconomisch  bewahrt  werden,  so  kann  die  Schule  mit 
der  Zeit  einen  Apparatura  von  nützlichen  Dhigen  er- 
langen. 

d,  für  die  übrigen  6  H.  soll  am  Sonntag  Laetare 
gutes  Roggenbrod  von  einem  Bäcker  gekaiift,  in  die 
Kirche  getragen  und  von  d*^n  lutherischen  Herrn  Pus- 
toribus  und  Kirchenältesten  an  alle  dürftige  Leute  ge- 
geben werden,  welche  sich  dazu  in  der  Kirche  einfinden, 
sie  mögen  nun  unserer  lutherischen  oder  der  reformierten 
Confession  sein. 


294 

Sollten  diese  500  fl.  nun  oielir  oder  weniger,  als 
25  fl.  Einkünfte  jährlich  tragen,  so  wird  der  Ueberachuß 
oder  Mangel  verhiiltnisinilßig  von  Lit  a.  b.  c.  and  il 
entweder  abgezogen  oder  zugelegt. 

4. 

r>aniit  aber  mm  di(-SB  unsere  Donation  obne  alle 
rurteiliubkeit  zu  ewigen  Zeiten  nach  unserer  Absicht 
verwendet  werde,  so  soll 

a)  dieses  Original  in  da.s  Kirchen-Archiv  gelegt, 
eine  vidimierte  Abschrift  über  im  Stadt- Archiv  ver- 
wahrt, und  dm  Einhebung  der  Zinsen  und  Wahrneh- 
uuuig  des  Capitrils  der  lutherischen  Geistlichkeit  und 
Kirubenältesten  überlaßen  werden. 

b)  Wird  der  Herr  Oberpfarrer  den  Interessenten, 
welche  Lit.  a.  b.  c.  d.  genannt  sind,  von  Zeit  zu  Zeit 
einen  Auszug  aus  dieser  Douations-Acte  vorlesen,  der 
sie  eigentlich  angehet,  und  damit  ein  jeder  wiße,  daß 
ihm  kein  Unrecht  geschehe. 


So  wie  wir  nun  hoffen,  daß  diese  jetzige  und  auch 
die  vorliergohen<le  Donation  niemahlen  einen  Vorwand 
geben  werde,  andere  hergebrachte  Eniolumenta  den 
Herrn  Schuleoliegen  und  SchüSeni  zu  schmälern,  also 
erbitten  wir  uns  zum  gesegnett^n  Furtg:iiig  aller  unserer 
Handlungen  und  Wege  das  Gebet  und  die  guten  Wünsche 
unserer  lieben  Vaterstadt,  welche  wir  der  treuen  Hut 
und  Wache  unseres  guten  Guttes  übergeben  und  zu 
ewigen  Zeiten   empfehlen. 

Diesem  Höchsten  und  allein  gewaltigen  Gott,  dem 
König  aller  Könige  und  Herrn  aller  Herrn,  sei  Khre, 
Anbetung  und  ewiges  Lob,     Amen. 

Urkundlich  haben  wir  dies  eigenhändig  unter- 
schrieben   und    mit    imseren   gewöhnlichen  Pittschafteii 


btatärkt.     So  geschehen  zn  Hamburg,  den  6.  Aug.  1779 
und  zu  Neuenkirchen,  den  1.  Aug.  1779. 


Jobunn  Philipp  Pütt, 
Bürger  uud  Kaufmann  zu  Ham- 
burg,   infipria. 
(L.  S.) 


Johann  Herhold  Plilf.. 

Pastor  zu   Neut'tikirchpii   und 

Uohenluckow    im    Horzofrtam 

Mecklenburg,     inpprin. 

<L.  S.) 


I>a  sich  eine  Gelegenheit  zur  Ausleihung  des  8tif- 
tungskapitiJ.'*  an  *Mne  Commune  nicht  alsbald  darbot, 
die  Ausleihung  an  einen  Privaten  aber  ausdrücklich 
untersagt  war,  «o  gab  der  l'.  Joh.  Herbold  Plitt  am 
20.  Mai  1780  eine  von  seinem  Bruder  Joh.  Philipp  Plitt 
am  30.  desselbfn  Monats  bestätigte  authentische  Er- 
klärung über  die  verzinsliche  .Ausleihung :  „Weil  vsrir 
in  (lieser  Gegend  oft  gesehen  haben,  daß  Gelder,  welche 
Private  angelielien  haben,  verloren  gehen,  so  haben  wir 
durch  jene  Clausel  diesem  besorglichen  Verluste  vor- 
beugen wollen.  Wenn  aber  diese  Besorgnis  in  Hessen 
vergeblich  sein,  im  Gegentheil  der  Fundation  ein  Schade 
durch  die  Clausel  entstehen  sollte,  so  heben  wir  solche 
sehr  gerne  auf  und  überlaßen  es  der  Weisheit  der  Vor- 
ge.setzten,  wekihen  Gebrauch  sie  von  den  lOOÜ  fl.  machen 
wollen,  wenn  nur  die  Zinsen  davon  jährlich  richtig  ge- 
geben werden. 

Auch  beim  xVckerkaufen  ist  es  gar  meine  Meinung 
nicht  gewesen,  daß  die  Herrn  Sulmlcollegen  solchen 
selbst  verwalten  sollton.  Das  gereicht  auf  dem  Lande 
schon  der  Geistlichkeit  zur  Hinderung,  noch  viel  mehr 
in  Städten.  Dah^r  habe  ich  hier  in  meinem  Ort  schon 
vor  If)  Jahren  mit  Bewilligung  d(rs  Durchl.  Herzogs  den 
grüliten  Theil  meines  Pfarrackers  zu  ewigen  Zeiten 
gegen  75  Dukaten  jährlicher  Hebung  verpachtet  und 
mir  nur  ein  Stück  Land,  das  völlig  ausser  aller  Cora- 
munion  ist,  von  circa  8000  Q  Ruthen  vorbehalten,  um 
doch  4  Pferde  uud  8  Kühe  bequem    halten  zu  können. 


296 


Wenn  dfiranach  für  die  1000  fl,  Güter  gekauft  werden 
sollten,  so  müßten  solclif  vrTpachtet  und  die  Miethe 
davon  zum  bestimmten  Helinf  angewendet  werden,"  J 

Der  in  der  ersten  Stifturigsurkunde  erwähnte  Gr«- 
goriiistag  (12.  März)  war  von  Alters  Iier  für  die  Schulen 
und  Schfi!t*r  zu  Wetter  t;iii  Festtag.  An  diesem  Tage 
wiirdi'u  die  neu  angehenden  Schüler  in  die  Schule  auf- 
genommen und  derselben  voix  den  Schülern  der  (>b«'r- 
clas.se  zugeführt,  oder  richtiger  auf  den  Schultern  zu- 
getragen, wobei  dann  die  Kleinen  mit  Bretzein  behängt 
waren  und  ihnen  su  ein  Geschmack  am  ]'>rnstö  des 
Schullebens  beigebracht  wurde,  wiihrejid  die  übrigen 
Schulkinder  paarweise  vorangingen  und  folgende  latei- 
nischen Verse  .sangen : 

VoB  ad  8e,  Pueri,  priniia  invitat  ab  arini.s, 

Atque  sua  ('hristus  voce  venire  jubet. 
Praemiaque  ostendit  vobit»  venientibus  ampla. 

Sic  vos,  o  pueri,  curat  amatfjne  Dens. 
Vo8  igitur  laeti  properate  occurrere  Christo; 

Prima  sit  haec  Christum  noscere  cnra  ducem. 
Sed  tarnen  ut  Dominum  possis  agnoscere  Christum, 

Ingetiuaa  artes  discito  parve  puer. 
Hoc  illi  gratum  officium  est,  hoc  gaudet  honore, 

Infantum  fieri  notier  ore  cupit. 
Qnare  nobiseum  studium  ad  eoriimune  venite, 

Ad  Christum  monstiat  nam  schohi  no.stra  viara*). 

Die  Knabenschule  zu  Wetter  verfolgte  wesentlich 
die  Zwecke  einer  Lateinschule,  welche  den  Schülern  im 
Lateini.schen  ungefähr  die  Vnrbildung  bLs  zur  Obertertia 
eines  heutigen  Gymnasium.s  gewährte.  Nur  hii-rdureh 
war  es  möglich,  dass  aus  Wetter  eine  vorliäitnismässig 
grosse  Zahl  von  studierenden  Jünglingen  zur  benach- 
barten   Universität    Marburg    udt'r    der   Grlehrtenschule 


*)  7oA,  Jtic.  Pliti,  Nacliriübtea  vou  Wettor,  S.  71  ff. 


zu  Soest  zielinn,  und  so  viele  Gelehrte  aus  rlie-ser  Stadt 
iiervorgelicii  kfjiiiitt'ii.  Seit  d^r  Unibililiiiig  des  Schul- 
wesens in  der  Neuzeit  und  dc^m  Vorwiegen  der  realietischen 
Ausbildung  luu.sste  auch  dif  liumiiiiis,ti8fln!  Bildung  In 
der  Wetterischen  iSchuh'  dieser  Richtung  weithi'u.  Da- 
mit erhieltHn  auch  die  l'littiselu-n  Stiltungen  theilweise 
i'iue  andere  Verwendung.  l)ie  Austheilnng  lateinischer 
Hüeher  bei  der  Herbstprüfung  hörte  auf  und  statt  dessen 
wird  in  neuerer  Zeit  jedem  Kinde  beim  Abgang  von 
der  Schule  am  rontirmationstermine  ein  Gesangbuch 
aas  der  Stiftung  bewilligt.  Auch  die  Verlesung  der 
Stiftungsurkunden  liat  spiitor  nur  noch  selten  .stattge- 
funden. Dagegen  ist  die  den  Lehrern  aus  der  Stiftung 
bewilligte  „Ergötzlichkeit"  in  den  behufs  Ausmessung 
der  Staats-  etc.  -seitigen  Besoldungszu.sehüsse  aufge- 
.stellten  Besoldungsnoten  und  Competenzen  nicht  zur 
Anrechnung  gebracht,  sondern  vor  die  Linie  ge.stellt 
worden,  weil  es  eben  eine  „Ergötzlich keit"  für  die  Leiirer 
für  ihre  sauere  Schularbeit,  aber  nicht  für  die  Staats- 
kasse und  andere  Verpflichtete  sein  sollte. 

Auch  hinsichtlich  der  Verwaltung  dieser  Stiftungen 
wollte  sich  der  l.lebergang  der  Schulangelegenheiten  von 
dem  Consistorium  auf  die  Regierung  und  der  Zug  der 
Neuzeit,  die  Stiftungen  in  weltliche  Hände  zu  legen, 
geltend  machen.  Obwohl  das  Consistoriuin  zu  Marburg 
selir  geneigt  war,  zu  seiner  Erleichterung  derartige 
Stiftungen  für  Sclml-  und  Armenzwecke  abzugeben,  so 
trat  da.s.'ielbe  in  dij'.seni  Falle  doch  dem  deshalbigen 
Verlangen  der  Regierung,  „wegen  de.s  Mts.sfallens,  das 
diese  Verwaltungsändernng  in  den  Gemiithern  der  Ver- 
wandten und  Anbünger  der  Stifter  erngen  mochte'*, 
entgegen  und  für  die  Beibehaltung  di^r  Viisherigen  Ein- 
richtung, als  der  Absicht  der  Stifter  entsprechend,  nach- 
drücklich ein,  und  auch  das  vorhinnige  Ministerium  zu 
Kassel  wies  unter  dem  2U.  Februar  1832   die  [{egierung 


wegen  ihres  Verlangens,  die  Plittiscben  Stiftnngen  in 
ihre  Verwaltaog  zu  nehmen,  ab,  weil  die  nach  Inhalt 
der  Minidterial Verfügungen  vom  7.  September  1822  and 
4.  September  1826  der  Regierung  zukommende  Ober- 
an&icht  eine  Abänderung  der  von  den  Stiftern  ange- 
ordneten nnraittelbaren  Aufsicht  der  lutherischen  Geist- 
li«*heM  und  Kirchenältef<ten  zu  Wetter  und  deren  Ver- 
waltung nicht  nothwendig  zur  Folge  haben  müsse. 

Va  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  auch  der  in 
der  Pfarrkirche  S.  Maria  zu  Wetter  befindliche  schöne 
Kronleuchter  ebenfalb  eine  Stiftung  aus  der  Plittischen 
Familie  ist,  nämlich  der  jüngaten  Schwester  obiger  drei 
Brüder  Anna  Maria  Plitt  (f  15.  November  1794), 
Ehefrau  di^s  Postmeisters  Joh.  Jakob  Göbel, 


4.  Die  Schmidtischen  Stiftungen  zu  Ebsdorf. 

In    dem    frühereu    kurhessischen    Staatähaiidbuch, 

jetzigen  Königl.  Freusa.  Staatsdienst-Kalender  für  den 
K«^g.-Bez.  Kassel  werden  die  Schmidtischen  Stiftungen 
zu  Kbsdorf  als  unter  der  Aufsicht  des  Consistoriuras 
stehend  aufgeführt.  Es  sind  dieses  zwei  ganz  verschie- 
dene Stiftungen,  verschieden  nach  ihrem  Zweck,  wie 
nach  der  Zeit  und  Person  ihrer  Stifter.  iJie  eine  Stif- 
tung, deren  Zinsen  der  Stduillelirer  zu  Ebsdorf  bezieht, 
ist  von  einem  Henrich  Schmidt  um  1 640  errichtet 
und  wird  bei  der  dasigen  Kirche  verwaltet.  Die  andere 
i«t  eine  von  dem  seit  175(3  zu  Treisbach,  seit  1758  zu 
Ebsdorf  gestandenen  Pfarrer  Joh.  Georg  Jacob 
Schmidt,  eim-m  Sohn  des  1732  verstorbenen  Mar- 
burgischen  SujierintendentHn  Joh.  U  iet  r  ic  h  Sr  h  midt, 
d.  d.  17.  März  1789,  am  Tage  vor  seinem  Tode,  er- 
richtet»*  Familien-Stipi'ndienstiffuiig,  welche  von  den 
Senioren  di-r  Familie  unter  Aufsicht  des  Consistoriums 
verwaltet  wird.     Der  Pfarrer  Joh.  Georg  Jacob  Schmidt 


setzte  seine  Niulite  Barbara  Margaretlia  Elisa- 
beth Uhr  hau,  Tochter  des  zu  Hauisch-Hnlzhausen 
1735  vcrstoiiH'iR'ii  PIVirnT«  J  oh.  W  i  I  h.  V  h  r  h  a  n,  wf^lch« 
ihrn  den  Hausltalt  geführt  und  ihu  in  dev  Kriiiikheit 
gepHt^gt  hiittf,  zur  Universalerbin  seines  Verniügens  ein, 
mit  der  Auflage,  jedem  drr  KindtT  seiner  drei  Schwestern 
t.'in  Legat  von  'iOO  Thlrn.  Frankfurter  Währung  zu 
zahlen,  ausserdem  seine  Bibliotliek  und  Mannstripte, 
Kleidiiiigsstik-ke  nebst  Stock  und  den  znr  priesterlichen 
Kleidung  gehörenden  (silbernen)  Schuhschnallen  zwischen 
seinen  Patheii,  dem  Rector  J  o  li.  Philipp  Jacob 
Phrhan  zu  Rauschenberg,  und  dessen  Neffen  Joh. 
Jacob  üeorg  Uhrhan  zu  verloosi^n,  und  endlich 
„zum  Pehufe  eines  Familienbeneüziums  ein  Legat  von 
1000  Rthirn.,  welches  diejenigen  Studierenden,  welche 
sich  dnni  «tudio  theologico,  aus  seiner  Familie  und 
seiner  Anverwandten  P\'imilie,  widmeten,  auf  drt'i  Jahre 
gegeben  werden  solle,  dass  solche  alsdann  die  Interessen 
davon  geniessen  sollten,  an  den  Pfarrer  Christian 
Wilhelm  Uhrhan  zu  Wittelsberg  als  Subsenior  ab- 
zugeben. Bei  des  Pfarrers  Ulirhaii  Sohn  zu  Wittels- 
berg, der  jctzo  jura  studiere,  solle  allein  «ine  Ausnahme 
gemacht  und  solclietn  diesus  bn-neficinui  zuerst  und  dann 
seinem  Bruder  auf  drei  Jahre  contVrirt  werden.  Von 
dem  Pfarrer  Uhrhan  zu  Wittelsberg  .solltu  auch  sobald 
fin  Instrument  über  diest^s  beneficiuni  gemacht  und  von 
ihm  ais  Subsenior  der  Familie  die  t'ollatur  desselben 
besorgt  werden.  Nach  diesen  6  Jahren  .solle  alsdann 
dieses^  beneticiuin  der  Professor  Enge  Ischali  zu  Mar- 
burg drei  Jahre  lang  geniessen,  welchem  jedocb  frei- 
stehe, ob  er  es  behalten  oder  seinem  Vetter  üeorgH, 
des  f  Oberpfarrers  Justi  Sohn  zu  Marburg  abtreten 
wolle." 

Der  Erblasser  hatte  drei  Schwestern,  von  welchen 
1)    Margare the    Elisabeth    an    den     lutherischen 


300 


rfarrpr  Thpopbi!  Ludwig  Marschall  zu  Waldalges- 
licini  in  (Kn-  l'iuiz  vi-rmählt  war,  derpu  7  Töthter  schon 
17S9  thcils  in  Scbwabun  an  mehrftre  gräHich  Dt^ge-n- 
ff kusche  öt-amte,  CramtT,  Cliristlinb  etc.,  andere 
zu  Mannhi-im  (Linmin)  und  Worms  (Walther),  eine 
an  f'uwn  llausvi^rwalter  des  holländischen  Gesandten  zu 
Wifji  verlieirathet  und  so  zerstreut  waren,  dass  der 
Krbla.'ise.r  die  Zahlung  der  Legate  von  gHniigeniler  Legi- 
timation abhängig  niaclite.  2)  Catharine  Marga- 
retha  war  mit  dem  Marburgischen  Superintendenten 
Mag.  Jnli.  Cliristoph  F,n  g  elscbal  1  (f  1753)  und  3) 
Anna  Cathariiia  rnit  dem  zu  Rauistli-Hnlzhausen 
1735  verstorbenen  Ffarrer  Joh.  Wilhelm  Uhrhan 
v»'rmiihlt  gt'we.spii.  Der  letztgenannten  Kinder  waren 
die  üniversah^rbin  Barbara  Margarethn  Elisa- 
beth Uhrlian,  und  deren  4  Brüder,  der  Pfarrer 
Christian  Wilh,  Uhrhan  zu  Wittelsberg,  dessen  zwei 
Söhne  das  Rent'tiziiim  zunächst  und  zwar  Joh.  Jacob 
Georg  Uhrhan  ausnahmsweise  als  Jurist  geuiessen  sollte, 
und  Job.  Philipp  Jacob  Uhrhan,  Hector  zu  Rauschen- 
bt*rg,  Tbeophil  Friudi'ich  Uhrhan,  Verwalter  zu  Ros- 
berg, und  Ludwig  (.'bristuph  UbrhaTi,  Verwalter  zu  G(!- 
münden.  Von  dem  Pfarrer  Christian  Wilh.  Uhrhan 
sstammun  die  s[)ätt'r  zu  Kirehvers  und  Lohra  gestandent^n 
Pfarrer  dieses  Namens  ab,  während  sich  die  Nachkommen 
dnr  verheiratheten  Engelscball  in  der  Familie  des  späteren 
Professors  und  Marburgi.schen  Superintendenten  Dr.  Carl 
Leonhard  Justi   fortsetzen. 

Das  von  dem  Erbla.sser  in  seinem  Testament  an- 
geordnnte  und  durcli  den  PfarriT  Uhrhan  zu  Wittels- 
berg aufzurichtende  Instrumiait  über  das  FamiliiMibene- 
lizium  ♦•rrichtHti'  dii-ser  d.  d.  22.  OctoluT  1789  wie  folgt: 

„Der  weiland  hochebrwürdige  und  hocbgnlahrte 
M«*rr  Job.  Jacob  George  Schmiilt,  gewesener  Pfarrer  zu 
Kbsdorf,  hat  iu  suiueiu  den  17.  Mertz  1789  gerichtlich 


gemachten  and  durchgängig  als  rechtsgültig  und  be- 
ständig anerkannten  Testament  oder  letzten  Willeirs- 
meuiung  snb  iiumero 

Drittens,  ein  Legatuiii  vnii  Kintausend  Hthlr.  frunkf. 
W.  KU  einem  Faniili<*ii  Stipendiu  ausgesetzt,  wie,  solches 
hesiigti'fi  und  in  den  Händen  der  dreyeu  darati  th'-il- 
neliinendeii  Stämme  seiende  Testanietit  aiiswfiset  und 
bestätiget,  und  mir  dem  i)isherigeji  Subseiiiori  der 
Schmidtisclien  Familie,  nun  aber  an  seine  Stelle  treten- 
den .Seniori  den  Auftrag  gethan,  nacli  seinem  mir  ila- 
rüber  bekatiiit  guinachteti  Willen  nicht  nur  ein  Instru- 
ment, als  eine  Norm,  Regel  und  ujuibünderliches  Gesetz, 
nach  welchem  dabei  nun  und  zu  ewigen  Zeiten  ver- 
fahren werden  solle,  aufzurichten,  sondern  auch  die  Cul- 
latur  zu  besorgen.  Es  will  denn  aber,  setzet  und  ver- 
ordnet oben  gedachter  Herr  Pfarrer  Schmidt  als  Stifter 
dieses  Beneticii: 

I.  Daß  dasselbigo  denjenigen,  die  sich  jetzt  und 
forthin  zu  dem  allgemeinen  Ahnherrn  und  Stammvater, 
dem  weiland  hnehwiirdigen  Herrn  Superintendenten  und 
Consistorial-Rath,  Herrn  Jv)h.  Dietrich  Schmidt,  als 
seinem  im  Leben  liebgewesen  Vater  rechtsbeständig 
werden  legitimirfn)  künnen,  mithin  seine  Collateral-Krben 
1,  einzig  und  alli-in  eonferirt  werden  solle;  die  Kinder 
ter  im  Leben  ihm  lieb  gewesenen  drei  Schwestern 
ul  dtren  Deset-ndenz  haben  sich  also  allein  desseibigen 
zu  erfreuen,  nemlich  —  folgen  die  Namen  der  oben 
genannten  drei  Schwestern  und  ihrer  Khemänner  — . 
Alle  aber,  welclie  sicji  nicht  zu  den  Kindern  und  An- 
stämmlingen  vorgedachter  dreier  Schmidtischen  Töchter 
legitiiniren  können,  sind  davon  auf  immer  und  ewig 
ausgeschloßen. 

und  damit  ein  zeitiger  Director  und  DIspensator 
hierin  ordentlich  verfahren  könne,  so  soll  ein  ordent- 
licher Stammbaum  der  resp.  Schmidtiächen  Descendenz 


sind. 


unt 


SOS 


und  Familk^  nat-h  beglauhten  Attestatis  verfertiget  werden 
und  der  zeitig«  Collator  in  Händen  haben.  In  welchem 
Stamnibauni  das  Alter  ein«!*  jeden  Zweiges,  nach  Jahr, 
Monat  und  T«g  beizusetzen  ist.  Und  ein  jeder  zu  der 
Familie  gehörig«  soll  schuldig  iiiid  gehalten  sein,  am 
Ende  des  Jahres  die  Veränderungen  seines  Hauses  mit 
beigelegten  Kxtiactfn  au>*  den  Kinhen-l'rotocollen,  dem 
(.'iiratturi  franeo  cinzusendHn,  um  den  StaRimbauui  voll- 
stündig  erhalten  zu  können,  in  dessen  Kntwtehung  aber 
sieb  selber  zasehn-iben,  wenn  ihm  und  seiner  Familie 
Seliuden  daraus  erwäclmt.*' 

Die  Kosten  des  Stammbaums,  des  Kinbandes  des 
Instrmuents,  sowie  eines  Rcehnungabuches  aollen  dif 
drei  Stamme  gemeinsam  trag(ni. 

„n.  Zu  einem  immerwährenden  Schmidtischen 
Familien  Stijjendio  hat  Herr  Stifter  desselben,  Herr 
rtarrtfr  J.  J.  G.  Schmidt  nach  dem  dritten  Abschnitt 
seines  Testaments  Kin  TausDud  Thaler  Frankf.  W.  den 
Thaler  zu  4h  alb.  dt^n  alb  in  ü  ^^  gerechnet,  nach  dem 
Fuß  der  Louisdor  zn  9  fi.  gezablet,  auch  bei  Lebzeiten 
schon  ausgeliehen  und  die  dahin  gehörige  documenta 
oder  Schuldbriefe  mir  dem  nunmehrigen  Seniori,  Pfr. 
Cbn  Wilh,  L'brhan  durch  die  Universalerbin  zugestellt. 
Und  da  Eintausend  Gulden  davon  laut  Versicherung  nur 
zu  4  pro  Cent,  und  500  fl.  zu  5  pro  Cent  ausgeliehen 
sind,  so  hat  er  noch  verordnet,  daß  erstere  auch  auf 
5  pro  Cent  gebracht,  auch  jedem  Studierenden  seine 
löO  Itthlr.  als  eine  dreijährige  Interesse  von  1000  Rthlr. 
voll  gewährt  werden  solle,  auch  wo  möglich  dahin  be- 
dacht zu  sein,  daß  die.se.s  Capital  in  einer  unzertrennten 
Summa  auf  einen  sicheren  Fond  ausgeliehen  und  di« 
Interes-sen  richtig  gezogen  werden  können. 

111.  Als  ohnabiinderliche  und  ewig  geltende  Ge- 
setze verordnet  aber  der  Stifter  diese.s  Schmidtischen 
Familien-Stipendü ; 


I 


I 


1.  daß  solches  nur  ilHiien  aus  seiner  Familie,  die 
sich  dem  studio  thfologico  widmen,  c-onferii-t  werden 
solle  mit  drr  im  Testament  etc.  gemaehteti  exception 
etc.  (fiilgt  tjliigtt  Testainejitwbt^Htimmuug  zu  (Tiinstnn  des 
Ktud.  juf.  Iihrhan,  des  Prof.  Engelschall  u.  »»v.  Georg 
Justij. 

2.  Ein  jeder,  der  dasselbe  genießen  wolle,  wenig- 
stens 2  Jahre  auf  einer  hessischen  Universität,  Marburg 
oder  Rinteln  studieren  solle. 

3.  Hit  Conferirung  desselben  solle  t's  also  gelialten 
werde»,  daß  nach  dem  St4inimbauni  jederzeit  der  Aelteste 
unter  denen,  die  Theolngiam  studieren  wollen,  und  der 
seinen  citrsnrn  acadernicnm  eritwed^n-  schon  augefangen 
hat,  aber  noch  nicht  vollendet,  oder  im  Begriff  ist,  eine 
Universität  zu  beziehen,  oder  auch,  wenn  er  schon  ab- 
solviret  hat,  Zeugnisse  beibringt,  daß  er  seine  Zeit  wol 
angewendet,  drei  Jahre  haben  solle.  (Eine  Ausnahme 
hinsichtlich  der  Alter.sreihe  soll  nur  für  etwaige  Tauf- 
pathen  des  Stifters  stattfinden.) 

4.  Fände  sich  der  Fall,  daß  keiner  in  der  Familie 
vorhanden,  der  sich  dem  studio  theologico  gewidmet, 
so  aollen  in  der  Zeit  die  eingehenden  Interessen  zum 
neuen  Capital  gemacht  und  das  BeneHcium  vergrößert 
werden.'' 

5.  Besonders  fleißigen  und  fähigen  Familien-Sti- 
pendiaten „soll  als  eine  außerordentliche  Aufmunterung, 
zu  den  schon  genoßeTn^i  drei  Jahren  der  Collator  noch 
das  vierte  Jahr  zuzusetzen  bt^fngt  und  berechtiget  sein." 

6.  „Es  solle  auch  Keiner,  wenn  er  gleich  rechts- 
beständig zu  der  Familie  sich  legitimiren  könnte,  der 
aber  niclit  Seiner,  des  Herrn  Pfarrer  Schmidts,  als  des 
Il*n-rn  Stifters,  und  seiner  Väter  Heltgion,  nemlich  der 
Kvangelisch-Luthoriscben  zugethan  ist,  daran  Antheil 
haben,    sondern    eben  deswegen,   weil   er  sich  zu  einer 


304 

anderen  Rpligion  b^kennpf,  von  dem  Gennß  dieses  Bene' 
ficii  schlt^t'ht<'i(lings  ausgeschlnlien  sein. 

7.  Der  Collator  und  Dispensator  dieses  B'amilien- 
Stipendii  soUn  jederzeit  einer  aus  der  Fatnilie  im  Vater- 
land sein  unil  zwar  jede.siii;il  der  Aeltfst*^;  weswegi«» 
dann  oueli  der  Merr  Stifter  den  derinaligen  1*.  Plir.  Willi. 
L'ljrlian  zu  W.  ».4c.  im  Testainont  znin  ( 'oliat-or  ernennt 
und  verordnet  liat,  und  demHelbigcii  die  Verfertigung 
dieses  Instruments  nach  seiner  ihm  bekannt  gemachten 
„Willeniä-Meinnng"  anbefohlen  und  anvertrauet  hat. 

Nacli  der  Bestimmung  des  Stifters  solle  sieh  der 
Senior  am  Einle  eines  jeden  Jahres  vor  dem  Subsenior 
liinsichtlich  des  Rechnungswesens  etc.  legitimiren,  nach 
Heinem  Tode  die  i'apiere  etc.  dem  Subsenior  überliefert 
werden  ;  jeder  CulLitur  soll  dieses  Amt 

8.  „lebenslänglich  führen,  es  wäre  denn,  daß  der- 
sidbe  erweililich  betrüglich  gehandelt  hatte'',  daher  nur 
ein  sulclier  dazu  heütellt  werden  soll,  der  150  Thir, 
Caution  zu  stellen  im  Stande  ist. 

IV.  Jedem  Senior  der  drei  Stämme  soll  eine  von 
allen  3  Stämmen  anerkannte  Abschrift  die.sea  Instru- 
ments ertheilt  werden. 

In  Folge  der  Beschränkung  auf  Theologie  Stu- 
dierende lutherischer  Confes-sion  aus  der  Sclimidtschen 
Descendenz  und  der  Zerstreuung  der  Nachkommen  der 
etc.  Marschall  in  Süddeutschland  ist  das  Henefizium  oft 
ünvergeben  gi-hlichen  und  daher  der  Kapitalstnck  durch 
dmi  Zinsetizuwaehs  narneiitlieh  in  neuerer  Zi-it  sehr  vcr- 
melirt  worden.  Derselbe  beträgt  dermalen  3921  Mark 
58  Pfg.  Collator  ist  der  Ikrr  Geh.  Eath  Prof.  Dr.  F.  Jn.sti. 


&. 


iker, 

g,  geb. 
1673. 


Bth  L 


.  Wilh.  Ust, 

r.  jur., 
Advocat  zu  ' 
;,  QX.  Heloni 
des  Dr.  jun 
1.  Sälzer  T.  [ 

l  Dan.  Wilh.  I 

idvocat  zu  1 

bürg,   ux.  M 

Christ  Cral 


4.  Catha 
Marii 

mar.  PU 

Domsoii 

Eisenbau 

oto. 


IrF.. 

»frnt 
»m, 
)th 


l. 


305 


Via 

Beitrag:  zur  Geschiehte  des  Postamts 
Bebra. 


Von 

Joseph  Ruhl, 

pQsteekreUlr  zu  Marburg. 

— ÖJ»^ 

fi  der  Zusammpustpllung  dieser  Geschichte  des  Post- 
amts Br'bra  sind  vor  allem  di»^  Im  KMniglifheii 
8taatsarchtv<>  zu  Miirliurg  bt-KmllicIiLM»  ültt»reii  hessisclK'ti 
Postakten  benutzt  worden ;  die  Akten  des  Postamts 
Bebra  siiul  zum  grussten  Theile  noch  vollständig  und 
gut  erhnltfn  und  als  solche  auch  änsserlich  bbzeicbnut. 
Für  d'w  jüngste,  uns  am  nächsten  liegende  Zeit  sind 
einigte  Aktfn  benutzt  worden,  welche  sich  bei  der  Kaiser- 
lichen tJber-Postdirektion  in  Ka.ssel  befindeji  und  mir 
s.  Z.  auf  meinen  Wunsch  zur  Benutzung  gütigst  über- 
lassen wurden.  Die  neuesten  statistischen  Angaben  über 
das  l'ostamt  Bebra  verdanke  ich  dem  vorhinnigen  Herrn 
Postdirektor  Sclnnidt.  Lü'rade  der  limstand,  daas  ich 
über  das  Postamt  Bebra  ein  so  vollständiges  Akten- 
nmterial  vorfand,  hat  mich  bewogen,  eine  Geschichte 
desselben  zusanimenzustellen.  Wenn  diese  Darstellung 
auch  zunächst  nor  für  Bebra  selbst  von  Wichtigkeit  ist, 
so  lässt  sie  doch  zugleich  noch  manche  allgemeine 
ünindsätze  erkennen,  die  in  der  Verwaltung  unseres 
alten  hessisclien  Postvvesens  massgebend  waren  ;    dies(»s 


N.   V.  Bd.  XVIl. 


2U 


306 

letzteren  Umstandes  wegen  ist  auch  diese  Darstellung 
öfters  etwas  ausführlicher  gegebt^n  worden.  Dieselbe 
behandelt  die  tleschichte  des  Postamts  Hebra  von  ihrer 
Einrichtung  1704  bis  zum  Jahre  1886;  unter  den  in 
diesem  Zeiträume  von  182  Jahren  in  Bebra  gewesenen 
7  Vorstehern  gehörten  5  der  dort  ansilssigen  Familie 
Rehwald  an;  da  man  den  Posthalter  Johann  Heinrich 
Graf,  welcher  von  1760—1783  die  Posthalterei  in 
Bebra  verwaltete,  als  Schwiegersohn  des  im  Jahre  1739 
verstorbenen  ersten  Bebraer  Posthalters  Johann  Reh- 
wald auch  zu  dieser  Familie  rechnen  darf,'  so  sieht 
man,  dass  ausser  dem  Posthalter  Mathias  Dietz,  von 
1739— 17(K),  die.  übrigen  6  Vorsteher  der  Postanstilt 
Bebra  einer  und  derselben  Familie  angehörten,  ein  Ver- 
hältnis, welches  früher  in  Hessen  vielfach  vorge- 
kommen isi 

Die  Darstellung  hat  folgenden  Inhalt: 
I.  Johannes  Rehwald,  Posthalter  .     .     .  1704—1739. 
U.  Mathias  Dietz,  „         ...  1739—1760. 

III.  Johann  Heinrich  Graf,     „         ...   1760—1783. 

IV.  Johann  Christoph  Rehwald,  Posthalter  1783-1793. 
V.  Johann  Heinrich  Rehwald,  „  1793—1825. 

VI.  Johannes    Rehwald,    Posthalter    und 

Postmeister 1825—1850. 

VII.  Christoph  Rehwald,  Postverwalter  und 

Postdirektor 1850- 188(). 

VIII.  Verlegung  der  Posthalterei  von  Bebra 

nach  Rotenburg (1837—1839). 

IX.  Der  Postbote  Johann  Martin  Wepler 

in  Bebra 1715—1751. 

X.  Privatbesteller     der    Postverwaltung 

Bebra 1838-1852. 

XI.  Landbriefbestellung  in  Bebra    .     .     .  1815-1863. 
XII.  Einiges    über    die  jetzigen  Verhältnisse   des  Post- 
amts Bebra. 


* 


I.  Johannes  Rehwald  1704—1739. 

Als  ini  Jahre  170O  der  dsinriiiligp  kursächsischa 
Obfir-Postmeister  J  oh  u  im  Jacub  Köss  zu  Leipzig 
mit  Erlaubnisö  des  L  an  dg  raf  e  ii  Carl  in  Kassvl  eine 
fahrende  Post  von  Leipzig  durch  W  :i ii  tri h  d  und 
Kassel  über  J-'aderborn  und  M  ü  ii s t u  r  tiach  II n  1- 
1  u  II  d  eiugftichtot  hatte,  wurde  alsbald  im  Anschlüsse 
an  diese  Post  auch  eine  neue  fahrende  Post  von  Kassel 
naeb  Nürnberg  eingerichtet,  welche  in  Kassel  die 
,,Nürn  berger  Post"  genannt  wurde.  Diese  Post 
nahm  nach  Verhandlungen,  welche  im  Jahre  1705 
zwischen  dem  hessischen  Postmeister  Johann  Philii»]» 
llüddickt.'r  in  Kassel  im  Auftrag»-  de»  Landgrafrn  (^arl 
und  dem  l'tistmeister  von  Waldsach.stn  zu  i\bniiingen 
im  Auftrage  des  Herzogs  Ernst  Ludwig  zti  Sachsen- 
Coburg  und  Meiningen  stattgefunden  haben,  ihren  Weg 
von  Kassiel  ans  über  Weisungen,  Morachen,  Bebra  und 
Hersfeld  nach  Vaeha,  vnn  wo  dieselbe  ihren  Weg  über 
Saizungen,  Meiriingeu  und  Coburg  nach  Nürnberg  fort- 
setzte. Zum  Püsthalter  in  IJebra  wurde  beim  Ein- 
richten dieser  Post  im  Jahre  1704  der  dortige  Gerichta- 
schultheiss  Johannes  Rehwald  von  dem  Land- 
grafen Carl  besteilL  Die  Nürnberger  Post  fuhr  jede 
Wochi^  einmal  hin  und  zurück  und  der  Bebraer  Post- 
halt«r  Rehwald  fuhr  dieselbe-  von  Bebra  nach  Hersfeld, 
sowie  von  Bebra  nach  Morschen,  bezw.  Heyda  bei 
Morschen.  Wie  aus  weiteren  Verhandlungen  aus  den 
Jahren  1717  und  1718  zu  ersehen,  erhielt  der  Post- 
halter Ptehwald  für  diese  beiden  Fahrten  jährlich  200 
Thlr.,  der  Posthalter  in  Kassel  erliielt  108  Thlr.,  der 
Posthalter  Süss  in  Melsungen  280  Thlr.  und  der  im 
Jahre  1715  in  Iler-sfeld  angestellte  Posthalter  Betz  200 
Thlr.  für  das  Fabreu  des  Postwagens.  —  Im  Jahre  1717 
fanden  Verhandlungen  statt  zwischen  dem  damaligen 
lieBsischen  General-Postamtc    und    dem  Land- 

20* 


kammerrath  von  Waldsachspii  in  Coburg  wegen  Ä.ende 
rung  dieses  Postkursas,  Von  dem  sächsi.sL'lK»ii  Vprtrctt-T 
wurde  beantragt,  die  Post  über  Eisenach  und  Wanfried 
nach  Kass&l  xu  führ*'n,  während  der  damalige  hessi- 
sche G  eneral-l'ostme. ist»^r  von  liar  die  Post 
von  Hersfpid  aus  auf  dt^m  kürzestiMi  Wegp  uiit  Ueber- 
gehiing  der  Stationen  Bebra,  Morschen  und  Mclsungen 
üb^r  Hfjmbf-rg  iuu;h  Kassel  fuhren  wollte.  tienenil- 
Postmeister  von  Bar  brachte  seineu  Vorschlag  zur  Aus- 
führung, demgemäsa  die  „Nürnberger  Post'*  zum  letzten 
Male  am  31.  Dezember  1717  über  Melsungen,  Morschen, 
Bebra  und  Hersfeld  nach  Vacha  und  von  da  weiter 
nach  Nürnberg  fnlir:  von  da  ab  fuhr  dieselbe  v(»n  Hers- 
feld  über  HoinbHrg  nach  Kassel  hin  und  her.  Da  aber 
dieise  Fahrpost  mit  jhrun  Po-stsendungen  aus  Holland 
sehr  oft  nicht  den  Anschluss  an  die  von  Coburg  nach 
Nürnberg  abgehende  Reichspo^t  erreichte,  fanden  im 
Dezember  des  Jahres  1718  Verhandlungen  zwischen  dem 
hessischen  Pustküinmissarius  Renner  und  dem  Post- 
meister von  WaUlsachsen  statt,  d<Mien  /ufolgt-  diu  Nürn- 
berger fahrende  Post  vom  14.  DezembLT  171K  an  von 
Kassel  aus  zugleich  mit  der  hoiländischen  Po«t  nach 
Leipzig  über  Lichte  n  a u  und  E  s c  h  w  e g  e  bis  W  a  n- 
fried  gemeinsam  befördert  wurde,  von  wo  ab  dann 
eine  besondere  Fahrpost  über  Eisenach,  Salzungen, 
SchmalkaldtMi  n.  s.  w.  nach  Coburg  be^w.  Nürnberg 
iliren  Auschhiss  erhielt.  Doch  auch  diL-se  Einrichtung 
bewährte  sich  niclit  und  auf  Grund  von  neuen  Verein- 
barungen, welohü  am  16.  März  1723  zwischen  dem 
hes.sisch*Mi  Ober-Po.sttneister  Kminer  und  dem  sächsi- 
schen Kammerrath  und  Postdirektor  vcm  Waldsachsen 
zu  Coburg  in  Salzungen  stattfanden,  nahm  die  fahrende 
Nürnberger  Post  vom  ö.  Afjril  17'23  an  wieder  ilircn 
anfänglichen  Weg  von  Kassel  über  Melsungen,  Morschen, 
Bebra  utnl  Hensfeld  nach  Vacha  u.  s.  w.  bis  Nürnberg. 


I 


Dio  Nürnberger  falirf-nde  Post  hattn  also  vom 
.luluu  1718  an  bis  zum  5.  April  1723  die  Station  Bebra 
iiirlit  borührt:  von  diesem  Z<Mtfmiikt(^  ab  aber  nahm 
di<'SL"lli(!  \viucl^>^  stets  iliron  Weg  über  B*'bra  bis  zur 
Anfliobung  dii's<n'  Post,  welche  mit  der  Kiiifiihmng  der 
Kisciibabn  von  Kassid  nach  Rt'bra  im  Jahrf*  1849  nr- 
fiilgh".  Als  vom  .lahnt  1718  ab  di«^  Falirpost  nach 
NünilM-r«,'  übt-r  Ibitnbt'rg,  bzw.  äbt-r  Wanfried  und  Eise- 
nat;h  gelt^itet  worden  war,  wurde  zwischen  Kawsel  nnd 
NürnbtHrg  eine  „Nu  r  n  bi^rgc  r  rc.  itnndt?  Post" 
ins  Leben  gerufen,  welche  über  Melsungen,  Bebra  und 
von  hier  geraden  Wegs  auf  Vacha  n.  s.  w.  nach  Nürn- 
berg ging.  Das  hessische  General-rostanit  machte,  die 
Einrichtung  dieses  neuen  reitenden  Postkurses  den 
Stationen,  also  auch  der  Poststation  Bebra,  dnrch  „ein 
besonderes  N  nt  ifications  -  Pate  n  t"  bekannt. 
Die  reitende  F'ost  von  Kasstd  nach  Nürnberg  nahm 
ihren  Anfang  Sonnabend,  d«n  1.  Januar  1718;  diese 
reitende  Post  ging  wöchentUcJi  "2  Mal. 

Als  die  fahrende  Nürnberger  Post  von  1718  an 
nicht  mehr  die  Stationen  Meldungen,  Morschen  und 
Bebra  berflhrte,  war  jedoch  in  Betreff  der  Kxtra- 
pofsten  nnd  Knnriere  bestimmt  worden,  da.<5S  diese 
nach  wie  vor  über  MeUnngen  und  Bi.'hra  und  von 
hier  aus  auf  „der  reithenden  Ruute'*  geraden  Weges 
auf  Vacha  und  Salzungeu  geleitet  werden  sollten  und 
ebenso  umgekehrt. 

Ausser  diesen  Posten  bestand  nachweisbar  vom 
Jahre  1715  an,  wenn  nicht  noch  früher,  eine  wöchent- 
lich 2nuilige  Botenpost  von  Bebra  nach  Hersfeld. 
Im  Jahre  1751  ging  diest^r  Bote  in  Bebra  ein  und  es 
musste  ein  Bote  von  Rotenburg  aus  die  Briefe  nach 
Mersfeld  und  wieder  zurück  befördern.  (Vergleiche  den 
liesonderen  Artikel:  IX.  Johann  Martin  Wepler,  Post- 
bote zu  Bebra  1715-1751.)     Der  Posthalter  Johannes 


310 


Ilcliwfild  ist  im  JaJin-  17f)4  als  solcher  bentellt  wordnn ; 
dfiHt  (Irr  im  Jahn'  1760  zum  I'osthalter  Lii  Bebra  bc— 
stellti!  Juhatin  Heinrich  Graf,  Schwiegersohn  des  1730 
verstorbciii'ii  l'osthaltor.s  rlubaiiims  R<?hwaUl,  erwähnt 
gi'legi'iitlich  im  Jalir(i  1764,  dass  «ich  di«  l'ost  seit 
1704  in  ijüinem,  dem  ehemals  R  e  h  w  a  1  d'schen  Hanse 
hi'linidi'ii  und  dasH  sein  verstorbener  Schwiegervater  die 
ruüthtatioii  Bebra  Von  17(>4  bis  1739  verwaltet  habe. 
Hieraus  ersieht  man,  dass  die  Nüriiberger  fahrende  l'ost 
im  Jiihre  1704  ihren  wirklichen  Anfang  genommen  hat. 
Wa«  nun  die  Vergütungen  betrifft.,  die  der  Post- 
halter Rehwald  für  seine  Püstdienstle istungen  erhielt, 
80  erfaiiren  wir  diese  ans  den  Verhandlungen,  welche 
Seitens  des  licssischen  Ober-Postamts  in  Kassel  (G>  (i. 
Geschwind  und  Elias  Ewald)  im  Jahre  1739  mit  seinem 
Nachfolger,  dem  Posthalter  Mathias  Dietz,  geführt 
worden  sind  Darnach  erhielt  der  Posthalter  Rohwald 
vierteljübilich: 

1.  Für  wöchentlich  einmalige  Fahrt  d«s 
Postwagens    nach    Morschen    und 

nach  Hersfeld .Hl  Thir  6  Ggr. 

2.  Für  wöchentlich  2  Postritte  nach 
Vacha  und  wieder  zurück       ...  25     „ 

'S.  Für  den  Boten,  welcher  wöchentlich 
zweimal  das  Bri<?fpacket  nacfi  Hers- 
feld und  zurück  tragen  musste     .     .    5     ,, 

4.  Ein  Dritttheil  des  erhobenen  inländischen  Pnrtos. 

b.  Jährlich   74Wei  Livreen    für    2  Postilione    und    alle    2 
Jahre   1  LivrcH'  für  den  Horsf eider  Boten. 

Di«    festen  Eitmahmen    des    Posthalters  Johannes 

Rehwald  betragen  hiernach  in  der  Zeit  vor  seinem  Tode 

vierteljährlich     Gl    Thlr.     ß    Ggr.,     also    jährlich    245 

Thlr.    —    Der    Posthalter  Johannes  Rehwald    starb    im 

April  1739. 


311 


I 


k 


n   Mathias  Dietz  1739-1760. 

Als  (ItT  l'ostlialt^r  Ji>liann«'S  Rehwald  im  April 
]  73ii  gestorben  war,  luf^ldeteii  sich  zwei  Bürger  von 
B("l>ra  bt'i  der  hfsHischen  Regierung  zu  Cassel  als  Post- 
lialtiT  und  zwar:  l)  Heinrich  Christoph  Oraf, 
Scliwicyersnlin  dt's  vtu-sturhenenKi-hwald  und  2)  Alnthiaa 
IHft/,  wnlchur  mit  Klwruiarf  Magdaleiiu  Auitduux  ver- 
lieinitht-t  war.  (irgcti  den  MiihiMVprlxT  IMathiii.s  Diütz 
rtMcfiit'  der  geimiinte  tiral'  licini  Laiidgrufeii  Wilhelm 
ein  beaoudere»  Gesuch  i-iii,  worin  er  sagte,  dass  der 
seitherige  Gastwirth  M.  Dietz  zu  Behra,  der  ausserdem 
mit  seiner  dem  Trünke  sehr  ergebenen  tSehwiegermutter, 
der  VVittwe  Amelutix,  in  „schlechter  Harmonie"  lebte, 
„sehr  leiitscheu  wäre  und  zu  einem  Pnsthalter,  wie 
ietjsiger  Zeit  erfordert  wird,  schlecht  nualiHeirt  wäre"; 
das  Amelunx'sche  Hau«  Hesse  sich  wold  ztun  l'osthause 
einrichten,  doch  sei  der  Hofraum  um  dasselbe  nicht 
gros«  genug,  so  dass  die  Postwagen  nicht  gut  vorfahren 
könnten;  das  lielivvald'sche  Haus  passe  sich  am  Besten 
zur  Post  und  da  diese  schon  vor  vielen  Jahren  sich  in 
demselbeji  befunden  habe,  so  möclite  ihm  der  Fürst, 
als  dem  jetzigen  Besitzer  des  Kehwald'schen  Hauses, 
die  Post  in  Bebra  übertragen,  obwohl  auch  der  Amt- 
mann .1.  Ä  WVnderoth  zu  Rotenburg  auf  Krsuchen  des 
Uber-l'ostumts  in  Kassel  die  Angaben  des  H.  Chr.  Graf 
über  den  M.  Dietz  bestätigte  und  noch  besonders  her- 
vorhob, dass  Graf  als  ehemaliger  Wachtmeister  im 
Schreiben  und  f-technen  wofil  erfahren  sei,  dass  er  Be- 
sitzer des  Reliwald 'sehen  Hauses  geworden  und  schon 
„seit  den  letzten  Jahren  das  Pustwesen  in  Bebra  ad- 
jninistriref  habe,  so  wurde  doch  die  Posthalterei  in 
Bebra  am  8.  Mai  173U  dem  oben  genannten  Mathias 
Dietz  übertragen  unter  denselben  Bedingungen,  wie  sie 
der  verstorbene  Posthalter  Rehwald  seither  gehabt  hatte. 
Dietz   hinterlegte    mit   seiner  Frau  Eleonore  Magdalena 


312 


Amelunx  zu  Rotenburg    am  25.  Miii  1739    als  Kaution 

von  KHKJ  Tlilvii.  da«  überkomnu'iH.^  Aitielunx'sch<*  Haus 
liebst  Hofn'itc,  .suvvi»!  die  von  seinen  t'^igi>n<'ii  Filtern  «r- 
i'rbti'ii  Gnindutiickt'  in  der  (.Tein;irk.iiiig  H4'})r;i.  [)araut' 
wurde  derselbe  am  24.  Juni  1739  von  Landgraf  Wil- 
ln'lm  definitiv  zum  I'ostbülter  von  Hebni  b<'stfllt  njid 
t's  wurden  ihm  folgende  tte.züge  v  iurte)  j  ä  brl  ich  zu- 
gesprochen : 
„1)    Für  wöubentlicb  Imal  den  l'o*>twiigen 

„nach    Morschen,    sodann    Imal    nach 

„Hersfold  ohne  Retour  zu  fahren   .     .  31  Thh.  6  Ggr. 
„2)    Für    wöchentlich    2ma]    die    ordinair 

„reitende  Post  nach  Vatha  und  ziu"ück 

,,zu  iiberfühnm      .......     .25     ,,       — 

„3)   Für  dpn  Boten,  so  wöchentlich  2mal 

„das  lirief-Paquet    nach  Hersfeld    und 

„zurück   bringt. 5     „        - 

,,4)  Pro   expt'ditiono    '/»theil   von  dem  erhobpiien  inlän- 

„dischen  Briefporto : 
„5)8odann    erbieit    er    noch    jährlich   2  Livreen    auf  2 

,.Pnstilloni*    und   alle  2  Jalire   eine    dergleichen    auf 

„den  Ilersfelder  Boten.*' 
Die  festen  Bezüge  des  Posthalters  in  Bebra  waren 
also  damals  vierteljährlich  61   Tblr.  6  Ggr.    einschliess- 
lich des  Lohnes  für  den  Bebra-Hersfelder  Boten. 

Am  14.  Januar  1752  erhielt  Dietz  für  Anschaffung 
bzw.  Stellung  eines  besonderen  Reitpferdes  für  die  Nürn- 
berger Reitpost  eine  jährliche  Zulage  von  20  Thiru, 

Dietz  hatte  zur  Beförderung  der  Posten  einen  Be- 
stand von  10  Pferden  zu  halten.  Er  starb  am  27.  April 
1760  und  hinterliess  neben  seiner  Wittwe  5  Kinder, 
darunter  eim^n  Sohn  von  22  Jahren,  rier  in  den  letjsten 
Jahren  schon  das  l'ostwesen  in  B<'hra  für  seinen  kranken 
Vater  besorgt  hatte.  Die  Wittwe  bat  nach  dem  Tode 
ihres  Manues  das  Ober-Postamt,  ihr  und  ihrem  ältesten 


Sohne  die  Posthalterei  flbertragen  zti  woIKmi,  Ferner 
lui^lflete  sk-ii  <I*T  frastwirth  Johan»  Heinrich  Graf, 
(ItT  sdion  oben  genannte  Schwiegtn'solin  lies  im  Jahre 
1H3?1  ver^itnrbenen  Posthaiters  .fnhannes  RehwaliK  Als 
dritter  meldete  sich  noch  als  Posthalter  zu  Bebra  Gg. 
rhristnph  Ivnobfl,  Sohn  fWn  verstorberuMi  iJekiUis 
Knnbel  zu  Kotenhurg  und  Pfarrers  in  ()herelribaL;li.  I>i« 
l*nsthalterei  Bebi*a  uurdn  von  dem  Landgrafen  Frit'drich 
durch  Ri'stallungsnrkuudf^  vom  10.  Juni  1 7f>(j  vam  1. 
Jub  iTbü  ab  dem  Gastwirth  Johann  Heinrich  Uraf 
übertragen. 


rm.  Johann  Heinrich  Graf    1760—1783. 
I         Graf  musste  auch  eine    Caution    von    1(KX>    Thlr. 
gerichtlich  hinterh^gen.     Seine  Bezüge    waren    folgende 
fiir  das  Vierteljahr: 
1)  für   die    Beförderung    der  fahrenden 
Post  wöchentlich    einmal  nach   Mor- 
schen und  Hers^feld  nlnie  Ketour      .  HlTlilr.  ÖGgr. 
2)  für  Befiederung  der  ordinaireu  reiten- 
den Post    wöchentlich   zweimal  nacli 
Vacha  und  zurück ,H2 
3)  für  Expedition  der  Posten  den  dritten 
Theil  de«   in    Bebra    aufkommenden 
iidänd lachen    Rrief-Portos    excl.    der 
fremden   l'ortoau.slagen ; 

4)  jährlich  zwei  Postilhuis-Livreen  nebi^t 
Brust.scliihl,  Hut  und  zwei  ('<u'<ious; 

5)  Vergütung  für  Schreibmaterialien 
B)  Freier  Bezug   bzw.     freie    Lieferung 

von  zwei  (,'as8e1er  Zeitungen. 
^m        .\m  4.  Juli  1 7W>  wurde  (Iraf  zu  Rotenburg    von    dem 
^f        Reservat-CNnnmissarins  Ullrich  als  l'osthalter  von  Bebra 

verpflichtet  und  vereidigt.     Seine  dienstliche  Tbätigkeit 

begann  er  mit  dem   l.  Jiiii. 


Pi 


—    ..     H 


314 


Graf  musste  für  die  Beförderung  der  Posten  9 
Pferdt'  halten,  für  welche  er  im  Interesse  einer  ordent- 
lichtMi  P(»<tbffürdtTiuig  um  Befreiung  von  den  MfFentlichen 
Fuhren  bat,  die  ihiu  auch  gleich  den  underen  hebsibchen 
Posthalttsrn  gewährt  wurde. 

iJer  Piislhalter  (iruf  heiacliwei'te  sich  im  Juli  17B2 
hei  dem  ( Hier-l'u.stanit  zu  Cassel,  da.ss  ihm  französische 
Soldaten  bei  ihrem  Uurch/.uge  durch  Bebra  Flier,  Brannt- 
wein und  Wein  abgefordert  und  nieht  bezahlt  hätten  ; 
ebenso  hätten  aie  ihm  am  5.  Juli  16  Rationen  Hafer 
abverlangt  und  ihm  einen  Revers  darüber  ausgestellt. 
Kr  habe  «ich  mit  diesein  an  den  Magazinverwalter 
Rittmeister  ("haumont  in  Rotenburg  um  Erstattung 
der  M>  Rationen  Hafer  gewandt,  ji-dorli  ohne  Krfolg ; 
darum  bitte  er  das  Ober-Postamt,  ihm  zur  Wiederer- 
langung de«  Hafer«  behülfiich  zu  sein.  Wie  aus  den 
verscliiedfnen  Schreiben  hervorgeht,  hatte  der  Marschall 
Prine  von  Sttnbise,  lun  den  l'< istverkehr  in  Hessen 
aufrecht  zu  erhalten,  schon  vorher  am  6.  Mai  1762 
BefehJe  gegeben,  „dass  den  Postbedionteii  nichts  iiin- 
weggenommen,  betionders  aber  die  Fonrage  gelassen 
werden  sollte."  Das  Ober-Postamt  wandte  sich  daher  in 
einem  französischen  iSchreiben  an  <len  Prinzen  von  Soubiae 
und  bat  detLselben,  „</<'  vuuloir  Idcn  maintenir  l'onion- 
navce  qvelle  a  doiiu4e  pour  la  police  des  posics  et  accorder 
unc  saure  ijurdr  ä  rette  stntion  de  Hehm,  comme  atissi 
dordonner  qw  ks  iß  raiion^  d'aroinc  soycnt  ic^tÜv^j 
du  magasin  de  ilotenbourg  et  qtie  (es  iroupiies  nr 
doivent  rien  cxiger  des  maitrcs  de  jx)ste  conformemcid 
ä  la  (/'«  (dite)  ordonnance  du  6.  Mrn  1762.'''  (Zu  Deutsch: 
„Er  wolle  den  gegebenen  Befehl  zur  W^ohifahrt  der 
P(i«t  aufr»-{ht  erhalten  und  der  Station  Bebra  eine 
Sicherheitswache  gewähn^n,  wie  auch  anordnen,  dass 
die  16  Rationen  Hafer  aus  dem  Magazin  zu  Rutenburg 
wieder  erstattet    würden    und    dabs    die   Truppen    den 


315 


Postmeistern    nichts    wegnehmen    dürften    gemäss   der 
genannten  OrHiinng  vom  H,  Mai   1762;'''') 

Im  April  1764  stolltf  di-r  alte  I'osthaltf r  tJraf  bei 
dem  Ober-1'ostamt  in  C*assel  den  Antrag,  „daas  sein 
jüngster  Sohn  Genrg  Anthon  Graf  Ihme  zur  Pust- 
Administration  cum  s]>e  yuccessiniiis  adjungiret  werden 
miKdite."  iJas  Ober-Postamt  legte  dieses  (itisuch  dem 
Landgrafen  vor  und  bat  um  Gewährung  diesi-r  F^itte, 
,,weil  der  jungi-  Grnf  von  Per?inn  fin  hübscher  Menscli 
Hc\,  dess«Mi  Bruder  als  Kittmeister  untt^r  den  Ilessiseh*-n 
Husaren  gestand**!!,  und  weil  jener  sich  bissher  zu  d»m 
Post-Expeditionen  Üeissig  appliciret  habe,  das  jetzige 
Post-Hauss  in  Bebra  auch  am  besten  gelingen  und  in 
gutem  Rufe  sei."  Her  Landgraf  aber  bestimmte  am  28. 
Äprih  dass  dem  Gesuche  des  Graf  nocfi  nicht  zu  ent- 
s]>rechen  sei,  da  er  f  rst  4  Jahrw  Pusthalter  gewesen  ■ 
er  möchte  seinen  Sohn  ferner  im  Postdienste  unterweisen 
und  später  sich  wieder  middcti.  Der  Posthalter  Graf 
reichte  aber  sclion  am  24.  Mai  desselben  Jahres  wieder 
ein  ähnliches  Gesuch  bi-im  Ober-Postamt  ein.  Er  be- 
gründete dieses  sein  Gesuch,  ihm  seinen  Sohn  als  Ad- 
junct  zu  geben,  auf  folgende  Weise : 

1;  sei  es  nicht  unbekannt,  dass  die  Post  seit  1704  sich 
in  seinem,  dem  Rehwald'schen  Hanse  befunden 
habe,  und  zwar  habe  sie  sein  verstorbener  Schwieger- 
vater von  1704  bis  1 7 HiJ  versahen;  bei  Lebzeiten 
seines  Schwiegervaters  liabe  er  schon  das  Poat- 
wesen  in  Bebra  raitv^rsehen;  von  1739  bis  1760 
sei  M.  Dietz  Posthalter  gewesen  und  von  1760  au 
habe  er  die  Posthalterei  inne; 

2)  gab  er  an,  dass  er  schon  aSt  sei  und  „durch  die 
assistence  seine«  jüngsten  Sohnes  soulagiret  werden 
müsste" ; 

3)  führte  er  au  wohl  als  hauptsächlich  durchschlagen- 
den Grund :    „Ueber  dies,    so  könnte  dieser   mein 


316 


Sohn  anjptzo  sein  Glück  durch  oinft  Hoyrath  machen, 
dHs  abfr  blos  darauf  hftrnhet,  wunn  Er  mit  pinom 
All«!ry^nädi(^'.steii  Hesfri|)t  v^rsdien  wäre  (als  Post- 
halter-Adjuiictl." 

Schon  am  folg«ndeii  Tage,  Aan  25.  Mai  1864,  ge- 
iit'liMiigt**  (If'r  T/;«tKlgr»f  die  Knu'triuuij^  dfs  jungen  Graf 
zum  l'osthiilJi'r-Adjunct  und  uiti  '2Ci.  Mui  fertigte  dtT 
Obe;r-Po8tdirfctor  Canngiossfir  das  bezügliche  Riiscript  ans. 
Im  .Jahn?  1780  liatten  der  alte  rostiialter  Graf  und  sein 
ihm  hiMgegc'bniiirT  Sohn  um  Zulage  geboten,  da  sie  imraer 
noch  trotz  der  eingetretenen  grossen  Theuerung  diiiselben 
Bezüge  gtMiöseen,  tlie  ihnen  1760  vm'willigt  waren.  Das 
Gehalt  des  rnstbaiters  in  Bebra  betrug,  wie  oben  schon 
mitgethfilt  jährheil  255  ThaSer  vierteljährlich  68  ,tf  18 
Ggr.  In  den  Jahren  1772  und  1773  war  dem  Posthalter 
in  Bebra  wegen  ganz  ungewöhnlicher  Tlieuerung  eine 
aussergewöhnliche  Zulage  von  15  und  12  Thlr.  viertel- 
jährlieh  verwilligt  worden.  Da  aber  die  ungünstigen 
TlieuerungsverhiiltnisHe  beständig  andauerten,  so  befür- 
wortete da.s  Ober-l'ostamt  am  ^Ü.  November  1780  das 
Gesuch  des  Graf  und  bat  den  Landgrafen  um  eine  jähr- 
liche Zulage  von  50  Thlr.  für  den  Posthalter  von  Bebra 
„zur  nntigen  bessern  8ubsjstenz  vors  künftige  und  zum 
„Besten  des  nienste»  üherliaupt."  Diesem  Gesuche  wurde 
aber  nicht  willfahren. 

Der  Po.-<thalter  Graf  kam  in  seinen  Yermögensver- 
hältnissen  nach  iitid  nach  zurück ;  dieser  iUickgang  war, 
wie  das  Über-rostamt  selbst  am  12.  Dezember  1782  in 
einem  Berielite  »n  den  Ltindgrafen  Friedrich  ausführte, 
iiielit  allein  durch  die  allgemeiiu':  Theuerung,  sondern 
auch  durch  die  Verluste,  Beschädigungen  und  Drungsale 
des  7iährigen  Krieges  verursacht  worden.  Da  der  alte 
Graf  und  sein  »Sohn  nicht  mehr  im  Stande  waren,  die 
Post  in  Bebra  zu  verwalten,  so  schlug  da.s  Ober-Postamt 
den  dortigen  wohlhabenden  Gerichtsschultheiss  Johann 


Ch  r  i  .s  1 0  p  h  R  e  h  w  a  1  d  als  PostliaUer  vor,  welclier  Vor- 
sehlag auch  vnrii  Laiidgraffii  F  ium)  r  i  fh  am -iO.  Ilüzem- 
ber  HS"!  gHiiGJiniiyt  wurde.  Kfhwald  illn;rrtiihiii  die 
rosthaltei'ni  Bebra  unter  denselben  Bedingujigen,  wie 
sie  sein  Vorgänger  Graf  gehabt  hatte.  Da  Graf  «einen 
Dienst  stets  treu  und  redbch  besorgt  hatt«  und  vhxw. 
sein  Verschulden  in  so  schleolite  YerinGgensverhäitnisse 
gekommen  war,  empfald  das  Über-Pustamt  den  beinahe« 
ÖOjälingen  Greis  der  Milde  des  Lainigrafen,  worauf 
Landgraf  Friedrich  den:  alten  i^osthalter  Graf  am  20. 
Dezember  1782  eine  jälirliche  Pension  von  50  Tblr. 
vom  Jahre  1788  an  gewahrte.  Durch  dif  schlechten 
Verniügensverhäitniisse  \hü  Postlialters  Graf  war  bei  seinem 
Abschiede  178i5  aucli  nuch  ein  Rezess  vtn-bandeu,  wegen 
dessen  Bezahlung  das  Oher-Pustanit  mit  den  Graf'sclien 
Kindern  einen  Prozess  führte.  Im  Jahre  1788  betrug 
dieser  Rückstand  noch  2öH  Thlr.  9  alb.  und  die  Graf- 
schen  Erben  erboten  sich,  die  Hälfte  zahlen  zu  wollen, 
wenn  der  Landgraf  dann  die  Arjgelegenheit  beruhen 
lassen  würde.  Da«  Ober-l'ostaint  bat  ara  7.  Juli  1788 
den  Landgrafen,  den  Vergleich  annehmen  zu  wollen, 
da  die  Familie  Graf  ihr  selir  beträchtliches  Vermögen 
durch  die  Verluste  an  Pustpferden,  so  wie  durch  deji 
Krieg  und  dessen  Verwü.stungen  und  Drangsale  verloren 
habe.  Am  II.  Juli  1788  genehmigte  der  Landgraf  den 
angeboteneti  Vergleich,  so  dass  der  Prozess  endlicli  durch 
die  Zahlung  von  126  Thlr.  20  alb.  0  hlr.  Seitens  der 
Grafschen  Erben  seine  Erledigung  fand. 


IV.  Johann  Christoph  Rehwald.     1783—1793. 

Joliaun  ("hri.stüiih  Hehwald,  welcher  vom  Landgrafen 
Friedrich  am  20.  Dezember  1782  als  l'o.stlmlter  an- 
gen<mimen  war,  wurde  am  27.  Dezember  desselben 
Jahres  durch  den  liatb  und  Heservat-Conimissariu« 
Lieutenant  Kh-inluins  /u  ludenhurg  vereidigt.     Kr  über- 


318 

nahm  sämnitliclie  Geschäft^!  der  Station  Bebra  vom  1. 
Januar  1783  an.  .Se.iiifi  Bezüge  waren  g^nau  dit^selben, 
welch«'  süiti  Yorgiiiigcr  Graf  genossen  hatte.  Zur  Be- 
wältifiung  des  l'ost.ilit'jistf-s  auf  df^r  Station  Bebra  musst** 
er  auf  ausdriieklicUe  Anordnung  2  vollständige  Gespanne, 
tüchtig«  Pfftrde  und  ,.ge8chickte  wegknndige 
Kn  wehte  und  kleine  Jungens  bernit  halten". 
Die  l'ostrechnung  nius-ste  er  vierteljährlich  aufstellen 
und  späte.stens  8  Tage  nach  Ablauf  d«s  dritten  Monats 
an  das  CJber-Pofcitanit  in  Caseel  einsenden;  ebenso  musste 
er,  wie  seine  Vorgänger,  eine  Cantion  von  1000  Thlr. 
hinterlegen.  Er  starb  gegen  Enile  des  Jahre.«  179H  und 
ihm  folgte  als  Posthalter  zu  Bebra  sein  Sohn  Johann 
Heinrich  Rehwald. 


V.  Johann  Heinrich  Rehwald.     1793—1825. 

Joliann  Heinrich  Kt'hwald  wurde  am  14. 
Dezember  ITOI-J  vom  Landgrafen  Wilhelm  als  Post- 
halter von  Bebra  angenommen  und  bestellt;  am  30. 
Dezeinher  1703  wurde  er  zu  Rotenburg  durch  den  Cora- 
niissarius  ('.  Älartin  als  Posthalter  vereidigt.  Seine 
Leistungen  waren  dieselben,  wie  hei  seinem  Vater;  seine 
Bezüge  waren  folgende: 

1)  Für  Beförderung  der  ordinairen  fahrenden  Post 
wöchentlich  1  mal  nach  Morschen  und  Hersfeld 
ohne  Rückfahrt  jährlich  125  Thlr.  oder  vierteljähr- 
lich 81  Thlr.  6  Ggr: 

2)  Für  die  Beförderung  der  ordinairen  reitenden  Post 
wöchentlich  2  mal  nach  Vacha  und  wieder  zurück 
jährlich  IfTfi  Thlr.,  oder  vierteljährlich  38  Thlr. 
1«  Ggr; 

3)  Ein  Drittheil  von  der  Briefporto-Einnahme  aus- 
schliesslich der  fremilen  Briefporto-Auslagen : 

4)  Vergütung  für  Schreibmaterialien  vierteljährlich  8 
Ggr. 


5)  Freier  Bezug  von  2  Casseler  Zeitungen  ;  untl 

6)  jährlich  zwei  complete  Poftillons-Livreen 
In    jener  Zoit   waren    dk:  Hebt^rfällö    unJ    Hnrau- 

buDgiui  der  Posten  in  Deutsolilantl  su  häutig,  dass  sogar 
von  Reiehawegen  allgemeine  Verordnungen  zur  Be- 
kämpfung derselben  angeordnet  wurdfui ;  ebenso  waren 
di«  Liniidesfürsten,  welciie  ihre  eigenen  Posten  hiitb-n, 
geiiftthigt,    für    die    Sicherheit    derselben     zu     sorgen. 

Meistentlieils  ent-schlnss  man  sich  erst  zur  Siche- 
rung der  Posten,  wenn  sie  beraubt  worden  waren.  So 
ging  es  auch  mit  der  reitenden  Post  von  Bebra  über 
den  Säuliug.swald  nach  Vaeha.  In  der  Nacht  vom  29. 
auf  den  3U.  Octoher  1790  war,  so  berichte^  der  Post- 
haiter  Jobann  Heinrich  Heliwald  von  Bebra  am  'M. 
October  nach  Cassel,  „sein  Postknecbt  auf  dem  SUu- 
lingswalde  von  zwei  Ränbern  überfallen  worden;  die- 
selben hatten  ihm  da.s  Felleisen  abgeschnitten,  alles 
durchsucht  und  den  Postillon  geprügelt  und  abscheulich 
misshandelt;  auch  war  dreimal  nach  dem  Postillon  ge- 
schossen worden.''  lU-.r  ResiTvat-Commissariu.s  Martin 
in  Koten  bürg  wurde  mit  der  sofortigen  Untersuchung 
des  Vitrfalie.s  beauftragt,  und  der  Amtmann  Gössel  in 
Friedewald  musste  den  Säulingswald  durchsucheti  lassen. 
Wegen  Gefährdung  der  Post  über  den  Säulingswald 
stellte  die  Ober-PustdirKction  am  7.  Dezemhar  1799 
beim  Landgrafen  Wilhelm  den  Antrag,  ein  Kommando 
Soldaten  von  1  Unterofhzier  und  8  Mann  nach  Friede- 
wald  zu  legen,  um  dem  Räuberwesen  zu  .steuern,  wjis 
aucli  gHschah. 

Der  Po.sthalter  Johann  Heinrich  Rehvvald,  wie 
.schon  oben  gesagt,  von  I^audgraf  Wilhelm  am  14. 
Dezember  1793  bestätigt,  erlebte  luid  überlebte  die 
traurige  Zeit  der  französischen  Fremd  her  r.schaft  in 
Messen  und  nach  der  Verti'eibung  der  Franzosen  diente 
er  noch  der  hessischen  Post    bis    zum    Jahre  1825  ;  er 


320 


Tiat  fs  auch  frlcbt,  das»   das    Landgrafontluim    Hessen 
zum  K  u  r  f  ü  r  s  t  f  II  t  h  n  m  (-r]iobt;ij  wurde ;  it  hat  i^s  ferner 
miterlebt,    daas    die     Ausführung     des    Postwesens    in 
Kurhessen   vom  1.  Juli  1816  an  den  Fürsten  von  Thurn 
und  Taxis  übertragen  wurde,  infolgedessen  in  Fran  kf  iirt 
am  Main    eine  k  u  r  fürs  tl  i  cli    hessische  General- 
P  ostdirectio  n  und  in  C  asse  1  eine  kurhessische 
Gen  eral-Postinspectif>n  ins  Leben   traten,  welchen 
beiden   lieliörden  die  Leitung    und     Teberwachung     des 
Püstdienstes  im  Gebiete  des  kurhessischen  Staates   ob- 
lagen.     Während    der    Franzosenherrschaft    in     Hessen 
blii'li    das    Postwesen    des     Nürnberger    Kurses    unver- 
ändert bestehen.     Im  November    1818    bat    der    schon 
bejahrte  l'nsthaltt^r  Rehwald  die    kurfürstlich    he^isische 
Ueneral-PostiJirection   in  Frankfurt  am   Main,  „dass  ihm 
rücksifhtlich    seiner     Alterscliwäche,    wie    auch    seiner 
langjährigen  treu    geleisteten    Dienstzeit  mnn  Sohn  Ju- 
lian ni^s  cum  sjie  stjccedt'ndi  adjungirt  werden  möchte.* 
Die     kurht'ssische     General-rvjstiiisiiection     in     Cassef^^ 
welcher  diese-s  Gesuch    zur    vveiter*m    Hehandlung    von 
der    kurhcfesisehcji    (leucral-PnNtdirectinn    in     Fraukfiu-t 
abgegeben  w<trden  war,  bidnrwortete    das    Gesuch    des 
Rehwald  in  vinem  besonderen  Berichte  vom  13.  Dezember 
181 B    an      den     Kurfürst<>n,     denigcmäss    dessi-u    Sulni 
Johannes    Rehwaid    Unit    kurfürstlicher    Fintschliessung 
vom    18.  Dezember  1818  als  Adjunct  mit  der  HoflFnung 
der  Nachfolge  bestellt  wurde,  jedoch  unter  der  Bedingung, 
„sofern  und  so  lange   die    lV>sthalterfi    in    Bebra    bei- 
behalten würde."      (Die  über  die  Aufliebung  bzw.  Ver- 
legung der  Posthalterei  Bebra  gepHogenen  Verhandlungen 
folgen  in   einem     besonderen     Artikel     Vlll.)     Die  dem 
Pot!thalter-.\djunct      Johannes      Heliwald      zugefertigte 
F'rnennungsiirkunde  ist  am  24.  Dezember  1818  ausgestelU 
worden:    die  Vereidigung    und     Verpflichtung    als  Post- 
lialter-Adjuiict    für  den    Pustdienst    in    Bebra    erfolgte 


I 


am  31.  Dezember  1818  vor  dem  Reservat-CommiMarius 
und  Rath  Arsteiiius  in  Rotenburg  an  dor  Fulda.  Noch 
iyi'cha  Jalirt?  Ii-Mo  der  alte  Po^ihalter  Johann  Heinrich 
Rehwahl:  er  siarh  am  17.  Januar   1825. 

VI  Johannes  Rehwald  1825—1850. 

Nach  dem  Tode  seines  Vaters  bat  der  .seitherigH 
Po«t.lialter-Adjunct  Johannes  Rehwald  al.sbald  die  kur- 
fürstliche General -l*ostdirt'ctiou  in  Frankfurt  lun 
llebertrag\ing  „des  durch  den  Tod  seines  Vaters  erledigten 
Postdienstes     in     Bebra."        Alexander     Freiherr     von 

^B  Vrints-Berberich,    der    damalige     kurhpssische    General- 

^  rnstdirector  iu  Frankfurt,  hinrichtete  am  21.  Januar 
1825  an  die  kurfürstlich  liessist:hy  Gcneral-I'ostinspi'ctidn 

^1  zu  C'assel,  dass  er  gegen  die  definitive  lU'bertragung 
der  Posthalterei  Bebra  an  den  bi.sherigeu  l'*t,sthalter- 
Adjunct  Johainiep    liehwald   nichts    einzuwenden    habe, 

B  zumal  derselbe  ja  die  Anwarischaft  auf  diese  Stell« 
schon  seit  d^ni  IH.  Dezember  181Ö  besitze:  b»*v(n- 
jedoch  die  Stelle  in  Bebra  wieder  definitiv  besetzt 
würde,  möchte  die  General-Postinspection  darüber  noch 

^^  Auskunft  geben,  wie  e.s  steh  zur  Z«Mt  mit  BcibeJialtung 

^"  oder  Aufhebung  der  Posthalterei  Bebra  verhalte.  Am  21). 
Jajmar  wurde  in  dieser  Ängelegeuh('!it  beschlns.*mu,  dass 
die  Station  Bebra  vorläufig  beibehalten  werden  sollte; 
ji'doch  sollte  in  das  Bestellungs-Rescript  des  Johanne.s 
liehwald     wifdi-runj     die     ülausel :     „so    lauge    die 

^h  Po  sts  t  ation  in  Bebra  beibehaltetr  wird'' 
eingf.'<chaltct  \v(-r(it*n.  Hiervon  wurde  die  kurhe.sni.^che 
Geiu'ral-Pnstdirection  in  Frankfurt  am  7.  Februar 
benachrichtigt.  Am  IH.  März  1825  stellte  die  General- 
Postdirec'tiou  in  Frankfurt  im  Auftrag  den  Frbland- 
postniei-stei-s,  des  Fürsten  von  Thuru  und  Taxis,  bei  der 
GH]i(»ral-Po.stiuappctioii  zu  (Jassel  den  Antrag,  „dem 
Johannes  llclnvaild  die  hikdisitlandes-  niid  lidHisherrliehe 
N   y  ud  xvir  2i 


322 

B^ätfttignng  als  ku!für.stlii:ln-r  1  Visthaltor  üu  IJ«;bra 
t-rtheilfin  zu  wollen. "^  Auf  Anfrag  ih-r  Gfiu-nil-l'ost- 
inspection  vom  5.  April  wurde  der  hislinrigc  I'osUialter- 
Adjunut  Johantips  Hcliwnid  laut  kiirfür.stlicbMr  Ent- 
scliliessuiig  vrmi  S.  .Imvi  am  17.  .Iiiiii  1825  zum 
Posthalter  in  Hi-bra  crniinnt  ,,init<*r  ilcni  V«>rh»'lialtf'  der 
fi'.riHnpn  Heihelialturig  di>r  l'obtiialti'rri  in   Iti-brn." 

Im  Febnnir  1H31  bat  der  Posthaltt-r  Johannes 
Rehwald  dio  General-Postdirection  in  Frankfurt  uuj 
(iHhaltst'rhöhung  lizw.  um  Gleiclistellung  seines  IHenst- 
eiukonimcns  mit  dern  des  damaligen  Postmeisters 
Scheuch  in  Morschen,  worauf  ilim  am  25.  Februar 
eint?  iiiliiliehe  Zulape  von  25  Thir.  gewährt  wuid«-. 
Aui  7.  Juli  1838  bat  Hehwald  die  Gftneral-l*r»stiiiKpe.ctinn 
in  Cassel  um  Verleihung  des  Titels  „Postmeister"; 
er  begründete  sein  Gesuch  damit,  dass  andere  Post- 
itffiziatiteTi  mit  nicht  so  ausgedehnten  Postgeschäften 
ebenfalls  diesen  Titel  schon  belassen ;  die  iStelle  in 
Bebra  habe  sich  seit  seinem  Dienstantritt  im  Jahre  IblK 
ganz  verändert  und  ,,aus  der  ehemaligen  L'niiedeuten- 
heit  sei  sie  zu  einer  anselinlicljen  Station  geworden. 
Wöchentlich  habe  er  ausser  den  bedeutenden  extra 
Arbeiten  gegenwärtig  viermal  F  a  li  r  p  o  st  und 
13  Brief-  und  liu  th  en-P  ost-Ex  ]iediti  o  neu.  Mit 
Cassel,  Melsungen,  Morschen,  Botenbiirg,  BischhautiPU, 
Sontra,  Ivschwege,  Nentershausen,  Hersfeld,  Fuldiv, 
Vacha,  Schmalkalden,  Herrenbreitungen,  Salzungen. 
Friedewald  u.  s.  w.  stehe  er  in  unmittelbarem  Karten- 
und  l'ackete-iSchhjss" ;  in  Betreff  seiner  iJJeustfühning 
betonte  er,  daüs  ihm  noch  nie  ein  Verweis  zu  Tlieil 
geworden,  dass  er  aber  schon  mehrmals  „Bei  ob  u  n  gs- 
sch  reib  eil"  erhalten  habe;  ja  er  habe  sogar  durch 
BeschhisH  des  kurffirstUchen  Staatsininisterinms,  Abtbei- 
lung  des  Inueni,  am  15.  September  1830  als  Beweis 
und     Ausdrack     besonderer     Zufriedenheit    mit    seinor 


323 


I 


rtieiistfiihnmg  dii:-  silinTue  Vfrclienstmedaillf  trhaUen. 
Obwohl  diu  gute  DietistfiüirHng  des  JNjsthalters  Heliwald 
aligemein  anerkannt  wurde,  so  erfolgte  doch  Seitens 
th'x  GeMeral-l'ostins|iectii>a  am  19.  August  18.HJJ  ein  ab- 
Rchläglicher  Bescheid  aufsein  Gesuch  vom  7.  Juli  desselben 
Jahiv.«:.  Die  General  -  Postinspection  führte  in  ihrem 
liest  heide  unter  anderem  an,  dass  es  um  der  ConsHqenz 
willen  gegenüber  den  anderen  hessischen  l'osthaltern 
nicht  angängig  sei,  dem  I'osthalter  von  Bebra  den 
Titel  „Postmeister"  zu  ertheileu.  Die  kurhessisclie 
General-Postiuspection  hatte  dieses  Gesuche»  wegen 
auch  an  die  kurhessiHchn  Regierung  berichtf^n  müssen  • 
der  damalige  Postrath  Günstj  welcher  bei  der  General- 
Pnsitinsjyectioti  die  Uf^handluiig  der  PostsaclH'ii  auszu- 
führen hatt*^.  berichtete  bei  dieser  Gelegenheit  an  die 
kurfürstliche  Regierung,  dass  nach  dem  Reglement 
vom  13.  März  1762  auf  die  Post  halt  er  die  Post- 
V  er  Walter  folgten,  welcher  Titel  für  die  Posthalter 
lUid  kleineren  Postex]n^diteure  schon  eine  Anszeichnurvg 
sei  ;  die  Postverwaltt-r  erhielten  dann  späterhin  auf 
Nachsucheji  den  Titel  .,Püs  tm  e  istt»  r";  gewrvhnlich 
aber  sei  dieser  Titel  nur  den  Inhabern  von  bedeuten- 
deren   Stationen  gegeben  worden. 

Kehwald  begnügte  sich  aber  nicht  mit  diesem 
üdwuhliglichon  Bescheide,  sond<^ru  wandte  sich  srhou 
Skia  31.  August  mit  einem  gleichen  Gesuche  an  den 
damaligeji  Kurprinzen  und  Mitregenten  Friedrich 
Wilhelm,  welcher  dasselbe  der  General-Postinspection 
zur  Herichterstattung  zugelien  Hess.  I>er  Bcriclit  der 
Gi'neial-PohitiuspwtiMii  laut^de  wiederum  dahin.  tla.ss  der 
I'ctsthulter  Keliwald  in  Bebra  höchstens  Anspruch  aitf 
den  Titel  Postverwalter  habe :  da  aber  Rehwald  „als 
ein  thatiger,  pünktlicher  und  n-chtlichcr  Postoftiziant 
bekannt  sei",  so  stelle  es  die  Ueneral-Postinspection 
dem     Kurprinzen    anheim,     dem     iNisthalter     Johannes 

21* 


324 


Ei'hwald  ilfii  Titel  Postmp  ister  als  eine  pprsönliche 
Begüiistigntig  zu  (»i-tlu-ilon.  So  wind»*  nun  don>  Po»t- 
halter  Hehwalfi  cndlicii  am  10.  Januar  1834  von  dem 
Kurprinzen  und  Mitrt'genten  B'riedrich  Wilhelm  der 
Titel  „rostmeistor''  verliehen.  Im  Jahre  1841  hatte 
der  Posthalter  Knhwald  wiederum  um  Krliidiung  seines 
Dienateinkoinmens  gebeten.  Die  kurfih>tlit'}ie  General- 
Püstdirection  zu  Frajikhirt  willfahrte  diesem  Gesuche 
am  10.  September  1841.  Ihus  Ge.saromteinkommen 
des  Pf»stmeist.er8  Itehwald  bestand  vf»n  da  ab  ll  au« 
einem  Fixum  (festen  Gehalte)  von  100  Thlr  jiUirlich, 
2)  aus  5  J'roeeiit  vom  Brief-  und  Päckerei-Pnrto  und 
Franko,  welche  nach  den  Üechnungen  von  18H9  4() 
ungeHihr  IH  Thlr.  4  Gr.  7  ^j  betrugen,  H)  aus  <Umi 
s  g,  Kmohunenten  (Nebeneinküiiften),  welche  ungefähr 
47  Thlr.  jährlich  betrugen,  ho  tla.s.s  si<'h  das  gesammte 
Einkommen  jährlich  auf  nngefälir  U>5  Thlr.  heliof 
Aus  dem  unter  3  genannten  Betrage  musstf«  der  Post- 
meister K(4iwald  jedoch  die  sämnitUcheu  Amt-sausgaben 
und  Schreibmaterialien  be-streit^-n ;  das  bisher  bezogene 
Schreibmaterialien-Aversum  (Vergütung)  kam  in  Wegfall. 
(lieber  den  Orts-  und  Landbestelldienst  der  Poststation 
Bebra  siehe  die  besonderen  Abhandlungen  X  und  XI.) 
Der  Po.stmei.ster  Johannes  Rehwald  »tarb  am  6.  März 
1850;  sein  Sohn,  der  damalige  Pnstpracticant  ("hrisloph 
Heliwald,  zeigte  den  Tod  .seim'«  Vater«  am  8.  März  der 
Kurfürstlichen  Gencial-Postinspection  zu  Cassel  an. 

VH.  Christoph  Rehwald,  Postverwalter, Postmeister 
und   Postdirector.  1850—1886. 

Da  Herr  I'ostdirector  Rt'hwald  noch  im  Ruhestand 
in  Bebra  lebt,  folgen  hier  rmr  die  nachstehenden  wenigen 
Angaben  über  denselben.  Christoph  Rehwald,  der  Sohn 
des  am  t).  März  \Si)0  ver.storbeneii  Bt-braer  Postjneist,er8 
Johannes  Kehwald,  ist  am    12.  Dezember  184.^  als  Post- 


325 


geliülfe  eingntrek-n  nnil  IUI  dwnselbeii  Tage  für  den 
rustdieiifjt  vfrpHit'litt't  worden.  Am  20.  Juni  1848 
•  ■rfnlgte  iiaelj  vortiusgirigangeiinr  Vt'r]if1ic]itiing  seine 
Krucnmnig  zum   l' ostp  r  ak  ti  k  an  t  cn. 

Nuclulem  sfin  Vater  am  6.  März  1850  veretorben 
war,  hat  t-r  dir-  Fostanstalt  in  Hubra  verwaltut  bis 
zum  2.  Juni  IHol,  im  welchem  Tuge  er  vom  Landes- 
lieirii  üiiin  P  o  st.  v  er  w  al  1 1;  r  in  Hebra  ernannt  wurde, 
Steine  Kmennung  znni  l'ostme ister  erfolgte  am  27. 
Mai  IH6H,  dit'^jenigi.' znm  1' oiJtd  i  r  ec  to  r  am  1.  Januar 
1872.  —  Vom  15.  September  1848  bis  zu  der  am 
1.  Juli  1886  eiiigoiretenen  Versi^tziuig  in  den  Rnbestand 
ist  Rflnvald  utuinterbruchen  bei  der  Poatanstalt  in 
Bebra  beschäftigt  gewesen,  —  Beim  Uebergange  des 
Tburn  und  Taxi.s"3e.ben  I'ostwesens  an  Preus-sen  Wurde 
das  reine  Difinsteinknmmen  des  Rehwald,  welches 
grösstentheils  im  Bezüge  vun  Emuluroeuten  beöt^uiden 
hatte,  auf  img<'räbr  450  Thir.  jährlich  festgesetzt.  .Sein 
Gi.'Iialt  als  Püstdirector  richtet«)  sich  nach  den  Bestim- 
mungen des  l'ostetats. 


¥ 
* 


VIII.  Verlegung  der    Poßthalterei    in  Bebra    nach 
Rotenburg. 

Wh  der  nachmalige  Postmeister  Jobannes  Kehwald 
in  Bebra  am  24.  Dexember  1818  zum  PostbaUer-Ad- 
junct  seines  bejahrten  Vaterü  Johann  Heinrich  Behwald 
ernannt  wurde,  erfolgte  diese  Ernennung  unter  dem 
ausdrüeklicben  Vorbehalte,  „so  fern  und  so  lange  diu 
Pii-stbalterel  in  Bebra  beiliohalten  würde" ;  ebenso  er- 
folgte die  detinitive  llebertragung  der  Posthalterei 
Bebra  an  i\vn  Posthalter,  den  späteren  Postmeister 
Jolianne.s  lieliwaW  am  8.  Juni  1825  unter  demselben 
Vorbelialte.  Man  ging  also  schon  im  Jahre  1818  mit 
dem  IMant*  um,  die  Posthalterei  in  Bebra  aufzuheben 
und  zu  Verlegen    und    zwar    nach    Rotenburg.     Dieser 


326 


F'lan  rnlite  jedoch  bis  znm  Jahre  1837;  am  8.  Ffbr«iar 
diese«  Jahres  re.gte  das  kurliessische  Ministerium  pndhvh 
diese  »clion  sü  lange  Zeit  offene  Fragw  hei  der  (äeneral- 
rüstiiis[)ec.tion  in  Cassel  an.  Nachdem  der  Pontroeister 
Kehwald  von  der  beabsichtigten  Auihebung  der  Poet- 
halterei  in  Uebra  und  V<?rli'*ning  derselben  naeh  Rotenburg 
Kenntnis  bekuiiiinrn  hatte,  wandte  er  sicii  am  4.  Mira 
1837  an  den  kurhessitichen  Minister  von  Motz  und 
bat  um  Beihelialtung  der  Bebrai-r  l'ostbalterei ;  Ileiiwald 
hob  in  jjeinem  (jfsuche  hervor,  dass  die  Station  Bebra 
iin  der  Nürnberger  Landstrasse  im  Mittelpunkte  zwischen 
Hersfeld  wnd  Kotenburg  liege:  hier  treffe  auch  die  Son- 
traer  Nebenstrasse  mit  der  Nürnberger  I^andstrasse 
zusammen  und  Bebra  sei  wieder  der  Mittelpunkt  zwischen 
Hersfeld  und  Bischhausen ;  ebenso  sei  Bubrn  der 
Mittelpunkt  eines  bedeutenden  Holzhandels  zwischen 
Kriedewald,  Herka  und  Morschen :  seiner  günstigen 
Lage  wegen  erfolge  von  hier  aus  am  besten  dio  Be- 
förderung allf^r  Sendungen  imch  dem  RichelsdorA-r 
Bergwerk,  nach  Neiitershausen,  Wildeck  u.  s.  w, ;  durch 
die  geplante  Verlegung  der  Posthalterei  von  Bebra  nach 
Rotenburg  werrle  er  in  seinem  Haushalte  sehr  geschädigt, 
ja  vollständig  ruinirt ;  ausserdem  werde  die  Tour  so 
erheblich  verlängert,  dass  für  die  Pferde  der  grösattf 
NachtheU  erwachsen  müsse;  zu  dem  habe  er  geradein 
den  letzten  Jahren  grosse  Ausgaben  gemacht  zum  Ankauf 
von  guten  l'ostp leiden,  welche  noch  nicht  alle  gedeckt 
seien ;  schliesslich  berief  sich  der  Pustmeister  Kehwald 
noch  auf  seine  gewissenhafte  und  treue  Dienstfiihrung. 
Am  14.  April  1837  erstattete  die  General-Pofct- 
inspection  ihren  Bericht  über  diese  Frage  an  das  Mini- 
sterium ;  dieselbe  erkannte  die  von  dem  Postmeister 
Kehwald  betonte  für  (Jen  J'ostdienst  und  den  allgemeinen 
Verkehr  so  günstige  Lage  Bebras  voUkummen  an.  Bei 
Fortsetzung    dieser    Verhandlungen    mit    der    General- 


Piiistiiispeciinn  crkUirte  sich  Rehwald  undltuh  ln-fBit, 
iWi!  ['osthultiTi'i  von  {Si'lua  iiauh  Htit«nburg  zu  vi-ilegt-n, 
in  Hcbra  iil)«*r  die  JVi,stc'xi«'ditiuii  weiter  Ix'izubt'halten, 
sowii-  t.'iji  Ri-Iais  einzurichten  behonJers  wegen  des  neu 
ciiigiM'iL-ljteti'n  15  r  i  e  f-( '  o  u  r  i  e  r-K  ii  r  s  e s  von  Bebra 
iibiT  Siintia  uiiuli  HiscJihausen.  Auf  allcrbüchste  Geni'h- 
iniyinig  wnrdp  dann  um  24,  Mai  1 8*37  vuifflgt,  dass  diu 
l'ii^lli;iltiTi'i  vfin  He4nvi  nach  llutcnbnrg  verlegt,  wurden 
sollte.  Duch  war  iliusi^  Verloginig  nicht  sri  lek-ht 
ausgeFüln-t.  al.s  t^'w  angi;c>rdni't  windt-u  war ;  d<.*nn  diu 
Eiitffrnuiig  von  llersfuld  nach  Hf»t«iiburg  betrug  2^/4 
Meilen  und  war  ffir  iUr  rnstpfcrdf  üu  yrowr*  und  iiach- 
theilig :  dii-  KjitlVrnuiig  zwischtMi  Ihnsfidd  und  I5i'l>ra 
bt'trug  nur  2  Mi^ilfu.  i)in  iVisthaltfroi  Ilotunhurg  sulltu 
drni  riishiU'istff  Uihwidd  übu-rtraguu  vvordtni,  wtluhur 
sich  IV'intT  \i'r[iHiclitcn  nuiüste,  in  lJ»d)ra  fin  Pfurdu- 
Relais  beizubL-balten,  sowie  tlie  dortigu  t^ustexpudition 
weittn-  zu  VfrHi'liL-n.  Vor  der  Vrrh^guiig  dm-  Pusthal- 
teri'i  von  Bebra  nach  Uotenburg  sollte  abt>r  erst  noch 
ein«  geeignete  ZvvJscbenKtation  zwiscbcti  Bebra  und 
Jb-'i-stVld  fingerichtet  worden,  ftvva  tu  den  (h-ten  Breiten- 
bach odi-r  lälankcnhain.  Das  Kurfürstliche  Finanz- 
iMiuiiiti'riuni  furdt-rte  bit^rüber  unterui  5.  September 
eingelienden  Bericht  von  der  GeneraJ-l'ustdirection. 
Iliese  wandte  sicti  am  14.  Septenilier  an  die  kurfürstliche 
(^t'Meral-l^rstdirection  in  Frankfurt  inid  bat  utn  deren 
gutacbtliclie  A<'UBserung.  Der  Bericht  der  General- 
l^ofitdirnetion  vom  14.  (JetoluT  sagt,  „dass  allerdings 
die  Entfernung  zwischen  liotenburg  und  H^rsfeld  —  ä'V* 
Meili;n  —  für  eine  Station  bei  den  jetaigen  Anforderungen 
an  den  Fostdien.st  zu  gross  sein  würde"  ;  sie  stimmte 
nicht  für  Einrichtung  einer  Zwischenstation  in  Breiten- 
bach oder  Blankeidiain ;  denn  wenn  naan  dieses  thun 
wollte,  müsste  zwischen  Blankenhain  und  Bifichhauaen^ 
wo  die    Entfernung    ö  Meilen    betrüge,    ebenfalls    noch 


328 


eimi  Station  eingerichtet  werden ;  die  General-PüBtdLrec- 
tion  spricht    schliesslich    ihre    Ansiclit    dahin    ans,    diu 
Htation    Bobra    in    ihr»>in  dormalijifen  Stand»;  zu    la.sst^n 
und  von  tiiner  Yrrlugung  der  Pusthalterei  tiiu,'ii    Kot^n- 
burg  abzustihen.     Nachdem   die    üeneral-l'ostinspection 
dicHfii  IlHriilit  dt-r  Cienerat-rostdiruction  am  21.  November 
d<-iii  kiirftjrstiii.lieii  Ministerium  raitgetheilt  hatte,  wiirdv 
atn  2ö.  desselben  Monata  im  Ministerratlie  diese  Ange- 
legenheit wiederum  verhandelt.     Minister  von  Motz  hat 
damals    unter    den    Bericht    der    Cieneral-Postdiri'ction 
eigenhändig  folgende  Worte  geschrieben:     „Die  tieneraJ- 
l'ostdirection  hätte  nicht  erst  ihre    Hereitwilligkeit    zur 
Verlegung  der  Pusthalteroi  von  Bebra  nach    Rotenburg 
an  den  Tag  legen  sollen.'*     Das  Resultat  des   MinisttT- 
rathea  war  der  Beschluss    vom  29.  November,    welcher 
lautete :     ,,Die  Verlegung    der    Posthalterei    von    Bebra 
nach     liutunburg    Lst    festzuhalten    ohne    eine    Station 
zwischen  Bebra  und  Hersfeld.*'     Am  5.  Dezember  wurdi« 
die    Geneial-Postinspection    von     dt*m    Miiu.Siterium    mit 
der      Ausführung     die.'jt.'r     Verlegung     beauftragt,     dio 
General-Postdirection    wurde    von     diesem     Beschlüsse 
am    28.    Dezember    in    Kenntnis     gesetzt.      Diese     traf 
sofort  die  nötliigen  Einleitungen,  uin  die  Verlegung  der 
Posthalterei  von  Bebra  nach  Rotenburg   vom    1.    April 
1H3H  ab  ins  Leben  trf'teii  zu    lassen,     Sie    verhandcdte 
zuerst    mit     dem     Postmeister    Hehwald,    w^elcher    an- 
fänglich    sieh     auch     geneigt    zeigte,    die    Pcmthalt^rei 
vom  1.  .\pri!  IJ^SH    ab    in    Rotenburg    zu    übernehmen 
und  zti  unttnhalten.     Am  2:-*.  Februar    1838    berichtete 
aber    die     General-Postdirection     an    die    kurfürstlich« 
üeneral-Postinspection     in    Cassel,    dass     Rehwald    ihr 
ganz  uin'rwartet  Tnitgetlieilf  habe,  das«    er  «dine  beson- 
dere Kiitschiidjguiig  und    l.inter.stützung   aus   der    Post- 
kasse die  Posthalterei  in  Rotenburg  nicht   tibernehmen 
und  unterhalten  könne  und  daaa  er  es  vorziehe,  gestützt 


329 


Hilf  Hi'in  Anstt'llnngs-  iukI  lii^stiitigungsrnscript,  so  wie 
auf  §  56  tler  Verta.ssurif;.sm'kuride,  s«ine  Poötlialterei 
ganz  in  hislitn-igfr  Wnisi.-  fort  zu  versehen.  Trotz 
nochmaliger  Auffot'ck'riiiig  Soitt-iis  der  Geiu^rul- Post- 
dircctiftii  ist  Rehwald  hei  dieser  seiner  aldtdinenden 
Mrklärung  stelu-n  gehliidn-Ji.  Uie  CieJieral-l'n.Ntdin'Ltinii 
WH»'  jedoch  nicht  der  Meinung,  da,s.s  Hehwidd  eimi 
Kntschädigung  für  die  Verlegung  der  Posthalterei  nach 
!uttenl)urg  zu  verlangen  habe  •.  im  Gegentheil  würde 
die  An.stellniig  desselben  mit  der  Verlegung  der  Pust- 
halterei  von  Bebra  nach  Kotenburg  ihr  Ende  erreichen, 
da  er  nur  unter  der  Bedingung  in  Bebra  angestellt 
worden  sei,  „so  lange  die  i^üsthalterei  in  Bebra  bei- 
behalten würde'*;  wenn  er  darauf  beharre,  nicht  nach 
Rotenburg  zu  gehen,  so  sei  ihm  nur  auf  Widerruf 
die  Po^^texpedition  in  Bebra  zn  belassen  und  ihm  für 
die  l^xtraposten  nach  Witxeiihausen  eine  Rehis-Post- 
halterei  daselbst  zu  übertrugen,  wofern  er  sich  hierzu 
noch  verstehen  würde.  Die  Gerieral-Po.st<iirection  ersnchtB 
schliesslich  das  Ober-Po.staint  Hassel ,  wegen  Hehernahme 
der  Postlmlterei  in  Rotenburg  mit  dem  dortigen  Post- 
meister Gessner  zu  unterhandeln  Die  General-Post- 
inspection  tlieilte  die  iiat  hträgliche  Weigerung  des 
Postmeisters  Rehwald  zur  Pebernahme  der  Posthalterei 
in  Rotenburg  am  5.  März  1HB8  dem  kurfürstlichen 
Ministerium  mit  und  bat  um  weitere  Vi'rhaltuugs- 
massregeln  in  dieser  Aiigelegeidieit-  Unter  diesen 
Umständen  war  die  Verlegung  der  Pnsthalt.eri'i  nach 
Rotenburg  vom  1.  April  an,  wii*  angeordnet  worden 
war,  natürlich  tinausfüluhar.  Die  nun  mit  dein  Post- 
meister Gessner  wegen  li (.'hernähme  der  l*osthalterei 
in  Rotenburg  geführten  Verhandlungen  waren  v«*n  dem 
besten  Krfolg,  da  Gessner,  der  als  tiiclitiger  Beamter 
bekannt  und  durch  seine  günstigen  Yermögensverhält- 
nisse  im  Stande  war,  die  Posthalterei  zu  errichten  und 


330 


zii  iintorhultRti,  sofort  »ich  zur  UnbiTnahra«  deniflben 
ln'ivit  »rkliirt  liat+c,  wie  «in  Bciicht  der  (ioneral- 
l'd^Wirectiori  vom  20.  März  lsH8  an  diu  (iein-ral-l'obt- 
insiiKM'tion  in  Cassel  ausweist.  Dnch  als  di^r  robtmei&tt-r 
] {(.-li Willi  I  hiervMii  KHiuitnis«  bekommwn  hatte,  bat  «r  d»^n 
iiiiiSi  [{utf.'nhiirg  ^'f8iuidti.'ii  Coiuniissar,  bvi  iiv.r  Tost- 
bulttTf'i-Verlfj^imji  dcieli  auch  auf  dm  Kiu-ksiclit  iifhiinMi 
zu  wollen,  iiideni  ir  versprach,  auf  die  verlangtt«  l'nt^r- 
stütziHi^'  und  Kntstliädigung  aus  der  l'nötkusist'  iiiinrriidir 
VHiüiuhten  zu  vvoll^m.  I>ii<  CiriuTaUPostdirectitin  »uhliig 
abur  in  <.'aäsid  an  ursier  IStellp  diMt  I 'uätmeisttM'  (jif«9U«>r 
als  ] 'osibalti^r  in  Rotenburg  vor,  den  I'üstnKdsb'r 
Kidjwald  Wut  in  zwidtor  Stellf.  Dir  Civnfral-l'dstin- 
sjiiüitiuti  thfilte  diesen  Sachverlialt  dem  kurf'ür.stliL-lii.-n 
JVlinisti'riuin  am  HJ.  April  mit  und  macht«-  dt-n  Vnriscbhig, 
dem  l'iistnii'iKtiT  tiessiufr  in  f{(d.rnhurg  «lit;  dortige 
rortthaltin'i  /M  libertragen,  dugi-jien  dem  I'twtnitiister 
Kehwald  in  Hnbra  nebun  dtir  Kxjjudition  da^s^•lb»t  noch 
ein  Kelais  fiir  dio  Seitcnrouten  von  da  libur  8ontra 
tjaclt  Hisch  hausen,  suwie  nach  Yacha  zu  btdasät'n. 
Aiti  4.  Mai  1838  genehmigte  dii«  kurfürstliche  llegiuruug 
(Üh  vcm  der  Cien(U'al-l'u.stdin'<tnMi,  siowiu  von  d»tr 
(.■i('ni'ral-l'(>stiiispecti(jn  ihr  uiift'i  breiteten  Vurwhljige, 
.  wtirrmch  der  l'o»tuieister  Ge««nfr  die  l'o^tlialtt^rei  in 
Rotenburg  erhielt  :  ilie  Geiieral-rosiinepeetiou  wurde 
vimi  Jlinife^teiiiun  beauftragt,  die  nüthigen  Verfügungen 
zu  treffen  und  zu  erlassen.  Postmeister  Geis8iier 
versprach  die  Pufsthalterei  vnrn  ].  Januar  lv*3*.>  ab  ins 
Leben  treten  zu  lassen.  Uie  kurlHssiwche  Itegierung 
verlangte  von  der  General-l'ostinspoction,  da&s  sie  darauf 
halten  sullte,  dass  die  Verlegung  der  l'oathalterei  von 
Bebra  nach  liotenburg  nunundir  auch  wirklich  mit 
dem  l.  Januar   183ii  erfolge. 


331 


IV.    Johann   Martin    Wepler,   Postbote    zu   Bebra 
von  1715     1751. 

Juliiiim  Martin  \\'<|tli-r,  guliürtig  aus  Hn-ib'iihacli 
bei  IJt'bru,  \v;ir  im  .hilim  171Ö  von  dem  rn^tliiilfur 
JuhiiiuiKS  Ri-lnvald  zn  Ik'bni  als  l'ostbote  HngHtniniimni 
wortlüM,  um  (l<Mi  Hrit'riK-uti'l  wöchmitlirU  2  ma!  vun 
Hebra  nach  Hersfeld  nitJ  vvieck'r  zurück  zu  b<'s<irgt;t>. 
J}ieseii  rostbottfiitiieiiiht  luit  vx  unnnterbruclii'ji  ,S(i  Jabrn 
lang  bis  Kmb;  April  1751  „tnMi,  Huissig  und  unvut- 
droBSfii  vi>rricbtL't  und  ssicli  jctltrzt'it  fci  auf^nluhrt,  duss 
Niemand  t>icii  übfr  tlin  zu  bescliwcrun  jt-nials  I;r«ucht' 
gi^iubt".  Vom  Mai  1751  an  war  dieser  Postbotyiidicnst 
so  eingL'viclitt't  worden,  das-s  ein  Postbittt'  vun  liiiten- 
burg  aus  über  Hebra  nach  flerst'eld  und  wieder  zurück- 
ging, infolge  dessen  der  alte  Weplei-,  wie  er  sich  sellj.st 
ansdri'nkt,  ,,dimittirt"  wurde.  Kr  wandte  »ich  deis-sbalb 
an  duö  Uber-rtwtamt  in  ("aösel  uiul  Itat  um  eine  jähr- 
liche Ihiter-stützung  au.s  tier  Tostka-Sbe.  In  dicöem  Ge- 
suclie  sagte  er  unter  arulerem  noch  iolgende.s:  „Kr  habe 
nun  sein  Stückchen  Brud  verloren  und  durch  die  vielen 
Strapazen  und  die  beschwerlichen  saureji  Gänge,  su  er 
über  36  Jahre  jedesmal  bei  Nachtszeit  habe  verrichten 
niüösen,  sei  er  ein  alter  abgelebter  und  .schwikliiitdier 
öOjähriger  Mann  geworden  und  derget?talt  von  Kräften 
gekommen,  daas  er  mit  anderer  schwerer  Arbeit  tseiu 
Stückehen  Urod  und  Lebensunterlialt  zu  verdienen  fast 
nicht  mtdir  capable  jsei,  mithin  als  ein  alti-r  (Htjähi'iger 
Mann,  vvelclier  36  Jahre  als  l'ofjtbute  treu  gedient,  einer 
(tnade  wohl   würdig  wäre." 

Wepler  musste  auch  wirklich  ein  treuer,  recht- 
schaffener Postbote  jederzeit  gewesen  sein,  wie  drei 
von  ihm  beigebracht^^  Zeugnisse  beweisen.  Die  im 
Jahre  17r4  noch  lebende  Wittwe  di's  i.  .1.  1739  ver- 
.stürbeuün  l'osthaltei-.s  Johannes  llidiwald  IClisabetha  be- 
scheinigte   ihm    am   lilteu  August  1751,    „dass  Johann 


332 


Martin  Wepler  a,us  Breitenbacli  in  anno  1715  buy  mir, 
ulß  ich  die  I'osthalterey  zu  Bebra  gfliabt,  alß  l'oßtbotte 
angciiomint'n,  auch  diu  gantze  Zeit  über,  so  lang  ich 
diu  Post  gehabt,  seinen  Dienst  jeder  Zeit  treu  und  erlich 
Verrichtet  und  übtahaupt  seine  hierin  (in  dem  Bittgesuche) 
angeführte  motiven  in  der  walirheit  gegründet,  mithin 
derselbe  einer  Gnade  wohl   werth  »eye.'* 

Die  Postmeisterin  WittweM.  C  Fuhrmännin  zu  Hers- 
feld bezeugte  ihm  am  22.  Ang.  1751,  dass  „Wejjpeler" 
die  ganze  Zeit  ihre»  Hierseins  den  Pustbotengang  zwischen 
Bebra  uiul  Hersfeld  stets  exact  besorgt  habe ;  ,, sogar 
bei  dem  allerschlimmsten  Wetter  habe  er  seine  Zeit 
richtig  eingehalten,  und  habe  sicli  des  Nachts  zwischen 
II  und  12  Uhr  urdeutÜch  eingefunden;  dahey  habe  ex 
sich  stets  treu,  ehrlich  und  redlich  verhalten  und  so 
gedienet,  dass  nicht  die  geringste  Klage  eingelaufen, 
vielmi'hr  jedermann,  besonders  die  hiesige  Station,  wohl 
mit  ihm  zufrieden  gewesen  sei." 

Ein  ebenso  günstiges  drittes  Zeugnis  stellte  ihm 
am  24.  August  1751  der  Gerichtsschultheis  zu  Breiten- 
biich  P.  P.  Eckhardt  aus. 

Das  Ober-Postamt  befürwortete  das  Gesuch  des 
alten,  ehrlichen  nml  verdienten  Wepler  am  28  October 
1751  und  am  14.  Januar  1752  verfügt*^  der  Uber-Post- 
director  und  llegierungspräsideut  f'alckhoff,  dass  dem 
alten  Hebräer  Postboten  Wcpler  „ad  di»'s  vitae"  der  dritte 
'J'heil  desjenigen  Gehaltes,  das  er  als  l'ostbote  zuletzt 
erhalten,  als  Pension  aus  der  Postkiwse  gezahlt  werden 
sollte.  Der  Commissariua  und  Postkassirer  Ewald  wurde 
beauftragt,  diese  Summe  gegen  Quittung  jährlich  an 
dtiii  Wepier  au.süuzahleji  und  im  Postetat  in  Ausgabe 
nachzuweisen.  Wie  tibeu  unter  1  und  11  zu  ersehen, 
zahlte  die  Iies.sisclu*  Piistverwaltuiig  jährlich  für  diesen 
Boten  an  die  Pusth;ilter  /,u  Bebra  "iU  Thlr. :  ausserdem 
lieferte  sie  alle  2  Jaliie  lür  d'^uselbon  ein«  Postbut'inlivree. 


I 


X   Privatbriefbesteller  der  Postverwaltung  Bebra. 

Am  4.  Juli  1838  wurde  d^r  Pn>stmkiist<n-  Rohwald 
von  dem  Ober-Postamt  Cassel  aufgiifordt^rt  zu  berichtpii, 
,,durt:h  welches  Individuum  die-  aiiktuiimeiiden  Briefe  etc. 
Hir  den  Ort  selbst  an  die  Adressen  befördert  würden", 
worauf  derselbe  nm  8.  Jnli  naeli  Cassel  bfrichtete:  „dass 
lue  lirit'fe  und  TiHjuet^e,  welche  in  den  Ort  selbst  ge- 
liörten,  von  den  Betiieiligten  selbst  abgeholt  würden";  uuf< 
dem  Zusätze  des  Berichte»,  dass  diese  Sendungen  nur  für 
Staatsdiener  und  Lotterie-Colleeteure  bestimmt  seien, 
geht  hervor,  dass  der  damalige  l'ü-stverkehr  des  Ortes 
Bebra  ein  sehr  geringer  gewesen  ist;  ein  Briefträger  für 
Bebra  selbst  war  damals  noch  ki-iii  Bedürfnis.  An; 
10.  Februar  184'2  führte  aber  das  nber-!'i»Htaint  Ca.'i.se! 
Klage  über  die  hiVuhst  mangelhafte  Briefbe.stellung  bei 
der  Postverwaltung  Bebra  und  forderte  den  Postmeister 
Rehwald  auf,  auf  Grund  seiner  i.  J.  1841  stattgefundenen 
(jehalt.«ierhühung  und  der  ihm  demgeniäss  fd>liegenden 
Verbindlichkeit,  für  ordnnngsmässigo  Bestellung  der 
Postsachen  zu  sorgen,  ,, binnen  14  Tagen  ein  (jualiti- 
zirtes  männlichef>  Individuum  zur  Briefbestelhing  anzu- 
nehmen und  davon  unter  Vorlage  von  Zeugnissen  über 
dessen  seitherigen  sittlichen  Lebenswandel  Anzeige  zu 
machen,  resp.  dessen  Verpflichtung  zu  beantragen". 
Daraufhin  nahm  Postmeister  Kehwald  einen  gewissen 
Georg  Gleim*)  als  Briefträger  für  Bebra  an.  Am  2.  Juni 
184.H  beantragte  Postmei.ster  Relnvald  für  denselben 
b4"im  Ober-Pu.stamt  Cassel  eine  jahrliche  1  nterstützung 
aus  der  Postkaase,  „da  die  Kinnahme,  welche  dem 
UrieflKiten  durch  die  Be.st<^llgebühren  wih'de,  zu  unbe- 
deutend wäre,  al.s  dass  ein  Mann  seine  Famdit^  nrdentlicli 
davon     ernähren     küinite";     aus    .seinem    eigenen     un- 


*)  hioaei'  Georg  Oleim  ist  nicht  zu  verwonhselii  mit  dorn  im 
Jrtliie  JH47  augeuouiitioueii  lAiiübrioftrager  llkiinu 


bfdr-iiiciidfii  rrish'iiikomrnfn  köiiiiti'  fv  den  Glfim  nicht 
doch  l»est»iid«'i.s  uiitri>.tüti5(Mi.  lMi"s«'s  (ii-siicli  dfs  l'ost- 
ineistHrs  Ktdiwald  wurdi;  am  H>.  Juni  1843  von  dem 
^)bt•r-l'r>^;tamt  Casst-l  ahgi'uicsiMi  tiiit  dt-ni  Bemt^rk»Mi, 
dass  t'J'  nach  Sf^iiwr  iai  Jahte  1841  am  lU,  Suptenibor 
erfolgten  (rchültsorliöhung  verjifiichtet  sei,  aus  seinen 
Alittflii  für  eine  ordnungsmiis.sige  Bestellung  in  Bebra 
zn  sorgen.  Gleiin  war  bis  zum  1,  April  1849  Brief- 
träger in  Bebra  und  von  da  an  versah  er  die  Stelle 
eines  Wagen  meisters  daselbst  und  hatte  vor  allem 
das  l'ndadeii  der  F'nstsachen  anf  dem  Bebraer  Bahnhofe 
zu   h<*.sorgeii. 

Am  14  September  1849  bat  G  leim  das  Ober-Post- 
amt ('asael  um  d<'tiiutive  Austeilung  als  I'ostwagen- 
meist>'r.  Dieses  (lesiuli  des  (.ih'im  wurde  von  dem  da- 
maligen t)ber-rt>stmeister,  dem  Fostrath  Sezekoni,  am 
ö.  Februar  1850  abgelehnt,  da  nacli  dem  neui'aten 
üebereiiikommeii  mit  dem  Tostmeister  Rehwald  vom  26. 
März  1849  dieser  lediglieb  verpHicbtet  sei,  auf  seine 
Verantwortung  hin  den  Wag*^nmeisterdienst  durch  ein 
geeignetifis,  in  sseincm  l'rivatdien.st  steln'ndes  Individuum 
versehen  zu  lassen. 

Am  21.  Januar  18.^0  bat  der  E^ostraeister  Rehwald 
für  den  Wagenmeister  Gleim  um  Bewilligung  eines 
Mantels,  der  ihn  gegen  die  strenge  KiÜte  .schützen  könne, 
da  Gleim  täglich  von  (i  Uhr  Morgens  bis  Abends  9  und 
10  Ihr  Dienst  habe  und  besonders  auf  dem  Bahnhofe 
beim  Abwarten  der  ßahnzüge,  sowie  beim  Umladen  der 
Postsachen  sehr  dem  Luftzuge  und  der  Kälte  ausgesetzt 
.sei.  Der  Über-IVistmeister  und  Ober-Postrath  Sexekorn 
legte  die.ses  Gesuch  am  7,  Februar  1850  der  kurfürst- 
lichen General-Postdirettion  in  Frankfurt  vor  und  be- 
fürwortete dasselbe.  Die  General-Postdirnction  aber 
lehnte  da>  Ge.suth  am  11.  April  ISäO  ab,  erklärte  sich 
Jedoch    bereit,    dem  Postwagen meister  Gleim  süitt   des 


Mai)ti'l.s  „i'uw  vollständige  ri)?tbotciiniontnur,  iilso  das 
niur  Jahr  Jatke  utirl  Müt/x-,  dfi«  aiui*-!'«^  Jiilir  dagi-gen 
nbi-rrnck  iiinl  Mütze  zu  verwilligeji".  Dir  Wageii- 
iin'ister  (ileim  erbiolt  aiifängliL-h  vun  dem  l'ustrtU'istFr 
tU'liwaid  monatlich  5  Thlr  ;  hierzu  frhielt  t^r  vom  J.  iHfiO 
ab  „(Miip  vollstündigt'  Postboteiiinoiitom" :  .spütcr  wurde 
sBin  Gehalt  von  5  Thlr.  auf  nioiiatlich  7  Thlr.  «rliülit. 
Am  "I.  März  1SÖ2  niaehti-  üiiorg  Gleim  als  Brief- 
triigpr  und  Bureaudit-ncr  zu  Ihibra  ein  Gesuch  an  ihis 
(Mjer-Postaiiit  f'a'jäel,  worin  er  unter  Darb'gUDg  seiner 
häusliehen  und  FanulienAerijültinsMe  um  GrhaltserbidHiiig, 
(utvt'w  um  Ijieferung  eines  Mantels  bat:  das  b^tztere  bp- 
griiudete  vr  hesnuders  damit,  da».s  i-r  wi-gen  seiner 
dienstlaben  Verrithtuiigiui  am  Bebraer  Bahnhofe  gar 
sehr  allen  unfreundlichen  Witterungsverhältnissen  aus- 
gesetzt wäre.  Der  Btistverwalti^r  KeliwaUl  bcfiirvvorb'tp 
dieses  Gesuch  des  tileim  und  b*gte  es  am  26.  März 
lHo2  dem  Ober-Postanit  Cassel  vor.  Dieses  lehnte  je- 
doch da.s  Gesucli  unterm  2.  April  ab,  indt?m  es  dem 
I'ostverwalter  Rehwald  erklärte,  dass  er  nach  seinnm 
Anstellungsdecret  verj)tlit;htet  sei.  alle  Amts- und  Bureau- 
kosten  ohne  Unterschied  aus  seinem  IMensteinkomuien 
zu  bestreiten,  mithin  auch  das  erfnrderliche  Tuterbe- 
amtenpersoual  auf  .seine  Ko.steu  zu  halten  und  zu  be- 
zahlen ;  glaube  er,  dass  sein  Einkommen  zu  gering  sei, 
so  werde  ihm  anbeim  gegeben,  nach  Ablauf  eiims  vollen 
Uienstjahres  eine  genaue  Uebersicht  idjer  alle  seine 
Dienstbeziige  und  all«  davon  be.stritteueii  Ausgaben  vor- 
zuh'gen,  worauf  rnan  dann  nach  Betinden  die  Erhöhung 
sp.iner  Dienstbezüge  in  atigemes.sener  Weise  bei  der 
Gber-Potjtilirection  in  Frankfurt  befürworten  w<ille. 

XI.  Landbriefbeatellting  in  Bebra.  (1815—1836). 

Nneh    dem    Anflniren    der    fraiizüsischen    Fremd- 
herrschaft    in     Hes.set^    .suchte    di*'    kmliessischi-     Ober- 


336 


Pöstdirpction  in  Casspl  das  hossische  PoHtw»\sexi  überall 
SU  \tc.\u'U  und  zu    lit^ss*'rn.     Am  25.  Juni  1815  fordtrie 
der     damalig«»     kurftirstiiche     Obor-Postdirector     von 
Sta  rekln  ff  di<'siimrjitliLlieti  kurhessischeii  l'ostanötalten 
anf.  piii    V^rzivicIiniKs    übfr  alle    Orte  und    Dörfer    mit 
Angab«'  iliM-    l*"ntfHriuuig  von  don    bptn^ifendeii    Postaii- 
fltaltm   aufzustellen  und    «-iiiznrficlicu.    um    auf   Grund 
•<iuor  solchen  allgemeiniMi    ZusanuntMistelhnig    die    Wr- 
»4>ndung  der  Hnstsachcu  auf  den  hi-ssischt'u  Post^^n  ohiif 
jt'glich»*  \Vrs])ütur)g  rasch  erfolgen  zu  lassfni.     Ks   läset 
hieb  nicht  verkennen,  djujs  auf  diosi^  Wi-iso  die  Leitung: 
dwr  {'oütsfMidntigeii    geregelt  und  di«    IVfördprung    der- 
«f?lbeii  be.Hchleunigt  wurd4\     li>    dpu  Unbraer    l'oRtact.en 
tindcMi   wir  nach  d»'r  oben  erwähnten    Aufforderiing    des 
Obf^r-l'nstdirertoiM  vnn    Stjirtkloff   voui    Üf).  Juni     18IÖ 
bc'treffVi  der  lian(n>riefstelhnig  erst  wieder  im  Jahr«  18iJ8 
f'i?ie  Virfiignng  de^  knrfür.stli<.lK'n  dber-PoHtanit»   ('asstd, 
wiuin  die^  l'»istst;(tii»n  llebra  aufgefnnlert  wird,    zu    be- 
richten, durch  welclii>  Personen  in  Bebra    dio    Postsen- 
dungen im     Clrt     selbst,     sowie     in     den     zugehörigen 
liinrdnrttoT  bestellt  würd4'ii.     Am  30,  .luni  183H  berichtetH 
der  Pustmeiater  Uehwald  in  Betrytf  der  föt  den  dortigen 
L(iiidb<'.st,ellbezirk  bestimmten  l'ostseudungen,  „dass  kuinp 
solche    Individuum  (!)  daselbst  angcistcllt   seien,  wcdcbn 
die    Briefe     bestellen" :    er    tbeiite    in    diesem    Bericht 
ferner  mit,  dass  die  Herrn  von  IVott  zu  Solz   und  das 
kurfürstliche  Bergamt  zu  Fricdricbshütte  ihre  l'ostsachen 
dnrch  eigene    Boten  und    zwar    die    Herrn     von    Trott 
wöchentUcli  2  mal  und  das    Bergamt    täglich    abholen 
Hessen :    die    stinstigon    Sendungen    mussten    von    dmi 
Empfängern    selbst    in    Fiebra    abgeholt    werden.     Auk 
den  noch  vorhandenen    l'nstacteu  der  Postanstalt  I3(;bra 
ersehen  wir,  da,<iH  im  Jahre    11^39    ein    gewisser    Paul 
S  p  o  h r  a  I  s  .L  a  n  d  b  r  i  e  f  t r  ä  g  e  r  in  Bebra  thätig  war 
und  dasa  von  Bebra  aus  folgende  21    t)rt«    ilire    Post- 


337 


Sachen  erhielten:  1.  Asmnshausen,  2.  Breitenbach,  3.  Bo- 
ilentlial,  4.  Braunliausen,  5.  Blankeiiliain,  Ü.  Friedrichs- 
hütt(!^  7.  Gilfershauseii,  8.  Höiiebach,  5).  lmshaus(.'n,  10. 
Iba,  U.  KieÜK-iiööc,  12.  Li«penliuusfn,  13.  Liidcrsdorf,  14. 
Mfickbach,  15.  Mecklar,  16.  Richelsdorfur  Gebirg,  17. 
Rk-helsdorfer  Hütte,  18.  Ronshausen,  19.  Solz,  20.  Wei- 
terode  und  21.  Wildeck.  Docb  wurden  damals  diese  21 
Orte  nicht  sämmtlich  von  dem  Landbriefträger  Spohr 
b»'gangen;  derselbe  bestellte  nur  die  für  die  Ortx  Blan- 
kenliain,  Lüdersdorf,  Meckbach  und  Mecklar  vorliegenden 
Postsejiduiigeii  und  zwar  täglich ;  dagegen  war  die 
Bestellung  nach  den  übrigen  Orten  noch  immer  eine. 
Rrivatbestellnng  ;  wie  nämlich  Postmeister  Reliwald 
unterm  29.  Juni  ISSH'  an  das  Ober-Ro.stanit  Cassel 
berichtet,  wurden  die  für  Asmushausen  vorliegenden 
."^*Midutigen  tilghch  durch  den  Unterfüräter  Gleim  bestellt; 
die  für  die  Orte  Bodenthal,  Friedriehshütte,  Iba,  Richels- 
dorfer  Gebirg  und  Richeladorfer  Hütte  vorliegenden 
Sachen  wurden  täglich  durch  den  Boten  der  Richt^l.s- 
dorfer  Hütte  abgeholt  und  bestellt;  die  Sendungen  für 
die  Orte:  Braunhausen,  Gilfershausen,  Irashausen  und 
Solz  wurden  jeden  Dienstag  und  Freitag,  zuweilen  auch 
noch  öfters  von  dem  Solzer  Boten  abgeholt  und  btfstellt ; 
die  Sendungen  für  die  Orte  Hönebach,  Kleinensee, 
Ronshauaen,  Weiterode  und  Wildeck  wurden  durch  einen 
Boten  des  Herrn  von  Ziegh^r  in  Wihh-ck  abgeholt  und 
bestellt;  die  Bewohner  von  Lispeidiauaen  muasten  sich 
ihre  Sachen  auf  der  Post  üi  Bebra  selbst  abholen. 
Der  W'ildecker  Bote  besorgte  die  Bestellung  ohne  Kr- 
hebung  der  Bestellgebühren ;  di«  übrigen  Privatboten 
erhielten  für  die  Bestellung  die  tarifmässigen  Bestell- 
gelder und  zwar:  '.'2  Gr.  für  einen  Brief  und  1  Gr.  für 
einen  Geldbrief  oder  ein  Packet.  —  Die  Landbrief- 
bestellung war  also  noch  im  Jahr  183Ü  in  Bebra   mehr 

eine  private,  alö  eine    amtlich    geregelte.     Dif    kurhes- 
K.  r.  Bd.  xvu.  2'2 


338 


sischo  Postbt'lic)ri]o  war  aber  damals  sclioii  st'hr  bestrebt, 
auch  tlif  LaiKÜiricJbt'istellung  nach  niid  nach  nur  durch 
hierzu  eigens  aiiKestellte  Personen  ausführen  zu  lassen. 
Wit'  au»  di'ii  Acttn  ferner  zu  erselien,  betrugen  damals 
die  Bostellgeldfr  für  Briefe  und  Packete  bei  der  Post- 
anstalt Bebra  jährlich  ujigütälir  30— ciH  Thlr  ,  welche 
die  Briefträger  bzw.  liuttiii  erhielten. 

Im  Jahre  1845  fanden  Veiliundlmigen  statt,  um 
dio  am  weitesten  von  Bebra  ••ntlegmen  Orte  änderten 
näher  gelegt^.nen  l'ostanstalten  zuzuweisen.  Auf  Grund 
dieser  Verhandlungen  wurdf  am  17-  Februar  1847  vom 
Ober-i'ostunit  Cassel  verfügt,  dass  die  Orte  Bodenthal, 
Kichelsdorfer  Gebirg  und  RicheUdorfer  Hütte,  sowie 
Wildück  und  Solz  dem  Landhestfllbezirke  der  Pust- 
nnstalt  Nentorshausen,  das  Dorf  Lispenhausen  dem- 
jenigen von  Rotenburg  und  der  Ort  Klein<Misee  dem- 
jenigen von  Friedewald  zugetheilt  würden.  Gleichzeitig 
wurde  der  Postmeister  Hehwald  aufgefordert,  für  die 
der  Postätation  noch  verbleibenden  Orte  eine  geregidto 
Bestellung  durch  verpflichtete  Briefhesteller  derart 
einzurichten,  dass  jeder  Ort  niindefttenii  2  mal  und 
nach  Bedürfniss  auch  niehremal  in  der  Woche  an  be- 
stimmten Tagen  und  zu  be.stimmten  Stunden  durch  den 
Briefbesteller  begangen  winde  .  ferner  nuisste  der  Post- 
meister Kehwalii  für  diene  liandbriefbeHtellung  ein 
Tourenverzeichniss  aufstellen  und  an  das  Ober-Post- 
amt Cassel  einreichen,  aus  welcliem  die  einzelnen  Orte, 
welche  zu  einer  Tour  gehörten  und  deren  Entfernung 
von  einander,  sowie  Tag  und  Stunde  der  Begehung 
durch  den  Ijandhrieftrager  z\i  ersehen  waren.  Post- 
meister Rehwald  Muchte  von  den  vorher  genannten 
Orten  das  Dorf  Sulz  nebst  Gunkelrode  beizubehalten, 
doch  verfügte  das^  r)ber-Postatnt  Casse!  nochmals,  das.s 
nach  den  getroffenen  Bestimnnnigen  vom  17.  Februar 
1847   Solz    nebst    Gunkelrode    zum    Landbestellbezirk« 


339 


dpr  Postverwaltnng  NentPrsLau8en  gehören  sollte.  — 
l'ostnipister  Eeljwalil  nalmi  ri\ni  zum  Liuidbriefträger 
einen  gewissen  Gleim  an,  vvuiüheni  er  jälirlich  36 
Thlr.  gab.  Während  der  vürh'ui  gescliilderteii  Unter- 
liandluiigen  mit  dorn  Ober-rostamt  Ca.sscl  und  auch 
noch  später  bat  Poötmeister  Hehwald  am  Bewilligung 
einer  Unter.stiitjzung  zur  Unterhaltung  dieses  Briefträgers 
und  zwar  um  monatlich  2  Thlr.,  sowie  um  Abgabe 
eiller  „Pastboten-Moutour'*.  Am  16.  April  1847  ant- 
wortete das  Ober-Postamt  Cassel,  dass  dem  Postmeister 
Kehwald  nach  seiner  Gehaltsierhöhung  vom  10.  September 
1841  die  Verbindlichkeit  obliege,  mit  seinem  Dienstein- 
kommen alle  Amtskost«n  zu  bestreiten,  wozu  auch 
gehöre,  dass  er  sowohl  für  den  Landbrieftriiger,  sowie 
auch  für  eine  geordnete  LandhrieftH'steüung  .sorgen 
niü.'^se,  zumal  er  ja  auch  alle  Bestellgebühren  beziehe; 
wenn  er  glaube,  dass  sein  Aversum  (Entschädigungs- 
summe) für  die  Amtsknsten  und  die  Höhe  der  Emohv- 
mente  (Nt>beneinknnfte)  unzulänglich  seien,  so  möchte 
er  darüber  einen  sicheren  Kaehweis  führen  und  den- 
selben vorlegen,  damit  höheren  Orts  eine  Erhöhung 
seiner  Entschädigung  für  Amtskosten  beantragt  werden 
könnte.  Diesem  kam  der  Postmeister  Kehwald  baldigst 
nach  und  auf  Grund  seiner  nochmaligen  Ausfiihrungen 
beantragte  das  Ober-Postamt  unterm  12.  Mai  1H47  bei 
der  kuifürstliclien  IJeneral-Postdirection  in  Frankfurt 
für  den  Postmeister  Kehwald  eine  Erhöhung  seines 
Avorsutiis  um  jäiirlich  25  Thlr.,  sowie  utrr  Gewährung 
einer  ,,P»riefboten-Montour"  für  den  Landbrieiträger. 

Am  30.  April  1847  reichte  der  Postmeister  Rehwald 
das  verlangte  Tuureiiverzeichniss  für  die  neu  einzurich- 
tende bzw.  zu  regehide  Ijundbriefbestellung  von  Bebra 
an  das  Ober-Postamt  in  Cassel  zur  Begutachtung  und 
Geiielmiignng  ein  und  zwar  in  folgender  Ausfertigung 
und  Form : 

22* 


340 


Tour  en-Verzftichni.s8 
für  den  Landbriefbesteller  der  Postverwaltung  Bebra. 


Abgang 

Ankauft                       Der  Bote  trifft  ein 

von  Bebra 

in                        zur  Tageszeit 

Stunde. 

Braunhausen  .     .     .  '      Morgens 

^~8',s 

Ü  Vockerode .     . 

'l                        M 

9 

Mittwoch 

Iinshausen  .     . 

!■ 

9',  2 

und 

ji  Gilfershausen  . 

!■                    » 

10 

Sonn- 

'! Friedrichshütte 

1                    n 

10 '/s 

abend 

Iba    .     .     .     . 

» 

11V4 

Morgens 

Hönebach  .     . 

Nachmitt-ags 

2 

7  ühr. 

i,  Ronshausen    . 

'            »> 

3^4 

1  Weiterode  .     . 

1            " 

4^4 

1'  Bebra    .    .    . 

.1                                               ! 

5»/2 

Ulfermühle.     .     . 

1      Morgens 

71/2 

Sonntag 

Meckbach  .     .    . 

! 

!                        »5 

8»,' 2 

und 

Kneipmühle     . 

1                         " 

9V2 

Donners- 

Mecklar.    .    .     . 

1                       )> 

UV* 

tag 

Blankenhain   .     . 

,  Nachmittags 

1 

Morgens 

Lüdersdorf     .     . 

1 

3 

7  ühr. 

Breitenbach    .     , 

"            1 

3"'/4 

Bebra     .... 

»1 

4'/2 

Täglich 

|i  Breitenbach    .     . 

1 

1           "            ' 

4-5 

Dienstag 

il 

1 

und  Freitag 

i 

nach    Rück- 

1 Asmushausen .     .     .  '           „ 

5«  2 

kunft    von 

!■                                  \ 

Breitenbach. 

1                                  1. 

Bebra,  d 

en  30.  April  1847. 

Der  Postmeister: 

Rehwald. 

Dieses  Tourenverzeichniss  für  die  Landbriefbestel- 

lung  von  Bebra  legte  das  Ober-Postamt  Cassel  am  12. 

Mai    1847   der   kurfürstlichen    üeneral-Postdirection    in 

Frankfurt  zur  weiteren  Begutachtung  und  Genehmigung 


841 


vor  glt'iclizeitig  mit  dem  schon  oben  erwälmtfn  Ersuchen 
fk's  IVi^tnu'tisters  Relnvattl,  demselhen  für  den  Land- 
briefbfstrllur  t-iii  fixes  Gehalt,  mindestens  aber  eine 
„Muntour'*  zuweisen  zu  wollen.  Das  Ober-Postamt 
(.'usshI  fülirte  auf  Grund  des  Gesuches  des  Postmeisters 
Jtfliwald  aus,  dasj?  die  letzte  Regtilirung  des  Gehaltes 
desselben  am  10.  September  1841  stattgefunden  habe; 
dumaU  seien  seine  Nebenein  nahmen  auf  ungefäbr  H5  Thlr. 
jiUirlich  veranscdilagt  wurden  ;  diese  könnten  aber  nicht 
inelir  alt»  hinreichend  betrachtet  werden,  da  er  hiervon 
«•owobl  die  Landhriefbestellungskosten  bestreiten,  sowie 
den  Dienst  hn  der  Bebra  wieder  berührenden  Cassel- 
Hersfflder  Personenpost  versehen  lassen  mtisste ;  diese 
Kfiijten  könnten  sich  leicht  auf  60  Thlr.  jährlich  be- 
laufen, üa  Rehvvald  nur  35  Thlr.  hierfür  habe,  „so 
aiüsste  er  das  Fehlende  aus  .seinem  übrigen,  ohnehui 
sehr  geringen  Dienstehikommen  von  100  Thlr.  Fixum 
und  etwa  20  Thlr.  Tantiemen  decken."  Das  Ober- 
Pustamt  beantragte  daljer,  dem  Reliwald,  der  seit  1^25 
im  Dieiuste  wäre  und  sieh  stets  einer  treuen  Dienst- 
fiihrung  befleissigt  bätte,  ausser  seinen  jetzigen  Emohi- 
menten  noch  ein  Aversum  von  25  Thlr.  sowie  eine 
,,Montotir"'  zu  gt^:wä]n-en.  Hierauf  antwortete  die  kur- 
fürstliche General-l'üstdirection  am  26.  Juni  1847,  dass 
sie  jnit  der  beabsichtigten  Landbriefbestellung  einver- 
standen sei,  dagegen  könne  sie  keinen  haaren  Zuschuss 
zn  den  Kosten  der  Landbriefbestellung  gewähren,  da  das 
Gehalt  des  Postmeisters  Reliwald  so  reichlich  bemessen 
sei,  dass  er  recht  gut  auch  diese  Kosten  noch  aas 
seinem  Einkommen  hätte  decken  können;  jedoch  erklärte 
sie  sich  bereit,  dem  Landbriefbesteller  zu  Bebra  eine 
Montour,  welche  abwechselnd  in  euiem  Jahre  aus  Jacke 
nnil  Mütze  und  im  anderen  au«  einem  Oberrock  bestand, 
zu  liefern,  Dns  kurfür.stliche  Obr-r-Postamt  Cassel  theilte 
dieses  alles  «hna  Tostmei-ster  Rehwahl  am  H.  Juli    1847 


342 

mit  und  fordort«  ihn  auf  zu  b«jri«:hten,  von  welchem 
Tilgt'  ab  min  die  Ljxiidbni'i"be8telUii»tjr  iiacli  dem  vor- 
gelegten und  genehmigten  Plane  ihren  Anfang  nehmen 
sollte.  Am  IB.  Juli  1847  erstattete  Postmeister  Reliwald 
den  verlangten  Fiericht  nach  Cassel,  indem  er  meldete : 
,,da8S  die  Landbriefliestellung  für  den  Di.strihut.ions- 
liezirk  (Bebra)  in  der  begutachteten  Weise  durch  einen 
verpflichteten  Landbriefträger  seit  dem  8.  d.  Alts,  in 
Ausführung  gebracht  worden  sei."  In  einem  besonderen 
Ausschreiben  wurde  dieses  am  2t>.  Juli  vom  C>ber-P<)»tamt 
("assel  sänimtlicheii  kurhessischen  l'oj^tanstalten  zur 
Kenntnisa  gebracht. 


Zum  Landhestellbezirke  Bebra  gehörte  auch  die 
Friedrichtshütte,  woHelb.st  der  erste  Hergheamte  vt»m 
Richelsdurfer  Bergwerke,  der  Bergruth  Fulda,  sowie  der 
Ilüttentichreiber  Krause  und  der  Kuhh-nmesser  Schn- 
ell a  r  d  t  wohnten.  Das  Bergamt  holte  bekanntlich  schon 
früher  seine  Postsachen  durch  einen  besonderen  Boten 
in  Bebra  ab.  Nachdem  nun  die  regelmässige  Land- 
briofbestellung  nach  der  Friedrich-shütte  von  Bebra  aus 
eingeführt  worden  war,  bestellte  die  Postverwaltung 
Bebra  die  für  das  Bergamt  vorliegenden  Briefe  durch  den 
Landbriefträger  und  erhob  auch  dafür  die  entsprechen- 
den Bestellgebüliren.  Das  kurfürötliehe  Bergamt  weigerte 
sich  aber  diese  Be.stellgebühren  zu  bezahlen  und  wollte 
seine  Postsachen  nach  wie  vor  durch  seinen  besonderen 
Boten  abholen  lassen.  Die  Pos^tverwaltung  Bebra  be- 
stellte aber  die  für  die  Friedrichshötte  vorliegenden  Post- 
sendungen nach  wie  vor  auf  (»rund  des  §.  5  c  des  kur- 
fünstlichen  (Jenerale  vom  Jahre  1843,  worin  bestimmt 
ist,  das-s  von  der  Erhebung  der  Bestellgebühren  nur 
dann  abzuhehen  sei,  „wenn  die  .\dressaten  in  Krniang- 
lung  einer  regelmässigen  Briefl)estellung  ihre  Briefe  von 
dem   Postbüreau    abholen  oder  abholen  lassen."     Auch 


343 


das  nbi!r-Po«tamt  ('ussul,  wttlchfm  iV[v.>ni  Angelegenliest 
vor;,'rtriigc'ri  worduii  war,  war  der  Meinung,  daiss  ditJ 
HritilV  nach  der  Friedrkhsliütte  diireh  den  Landbiief- 
träger  von  Bebra  zu  bestellen  und  dass  auch  die  Bu- 
uti'llgebülin'ii  zu  erheben  seien.  Dagegen  entschied  die 
(.«ejieral-ro.sti]iK]it'ction  zu  Cassel,  welcher  diese  Ange- 
legejdieit  zur  Kntsclieidung  vorgetragen  worden  war, 
ara  2.  August  1847,  dass  das  Bergami  nach  wie  vor 
seine  Oorr<'S|)undena  durch  eigene  Boten  abholun  lasseji 
köjitite  und  iiiiiit  gelullten  wäre,  die  Befetellgebiihreii 
zu  bezahlen ;  dieser  Eintscheiduiig  der  (jKneral-I'ostin- 
»[ledion  zu  ('assi'l  trat,  auch  die  kurfürstliche  General- 
l'nstdirectiun  zu  Frankfurt  aiu  l'.).  November  1847  hui. 
Am  29.  November  1847  wurde  die  Postverwaltung  Bebra 
vt»ii  dem  ( Jber-Postanjt  Cassel  denients[jrecheiid  benach- 
richtigt und  angewiesen,  die  für  die  Frietlriohshütto 
bzw.  für  das  BergJirat  vorliegenden  PostsendungRU  nicht 
inelir  durch  den  Landbriefträger  bestellen  zu  lassen, 
sowie  lue  dem  Bergamt  angesetzten  Bestellgebühr<ru 
wieder  abzusetzen  bzw.  zu  vergüten. 

Wegen  freier  Bestellung  der  herrsc haft- 
lichen Briefe  und  Packete  durch  die  Landbrief- 
träger von  Bebra  und  Nentershausen  hatte  auch  die 
kurfür.stliche  Hnfdomainen-Karomer  Anfangs  April  1847 
bei  der  tleiu-ral-Postinspection  zu  ('ai*sel  eine  Anfrage 
gestellt.  lUese  wandte  sich  am  8.  Aiuil  an  das  Ober- 
Postamt  Cassel  und  forderte  dasselbe  auf,  zu  berichten, 
wie  dieses  in  Bebra  und  Nentershausen  geliandbabt 
würde  Auf  Grund  der  von  den  beiden  gonainiten 
Postanstalteii  eingeforderten  Mitthi-ihitigen  berichtete 
das  Ober-I*ostatnt  am  3.  Juni  1847  an  die.  General- 
PostinH[iection.  dass  die  an  die  in  den  Bezirken  der 
Lundbriffträger  von  Bebra  und  Nejitershausen  wohnenden 
liofrvvierfurstcr  bestimmten  Sendungen  schon  immer 
unentgeltlich  durch  die  Landbriefbesteller  heaorgt  worden 


344 

seien;  dafür  jedutb,  dass  die  Brii^fträger  die  von  den 
Förstern  abzusendenden  Briefe  in  ihren  Wohnungen 
abholten  und  mit  zur  Post  naliraen,  erhielten  die  Brief- 
träger in  Bebra  und  NenttU'sbauHen  unter  Zustimmung 
der  Hofdomainen-Kammer  jährlich  ein  bestimmtes  Quan- 
tum Holz.  Das  <.)ber-l'(jst«mt  sprach  eich  schhesslicli 
dahin  aus,  dass  die  Briefträger  herrächaftliche  Briefe 
und  l'aekete  unentgeltlich  an  ihre  Enij>fiuiger  zu  bestellen 
hatten,  dass  sie  jedoch  nicht  verpflichtet  wären, 
Briefe  und  Packete,  welche  mit  der  I'ost  versandt  werden 
sollten,  zu  sammeln  und  mit  znr  I'ost  zu  bringen,  da 
die  Auflieferung  der  Sendungen  zur  Post  lediglich  dem 
Absender  selbst  zukomme. 


Wie  aus  dem  Tourenverzeichniss  für  die  Land- 
hriefbestellniig  der  Fostanstalt  Bebra  vom  30.  April 
1847  zu  ersehen,  fanden  auch  die  LaudbesteUgänge  am 
.Sonntage  statt  und  dauerten  von  Morgens  7  lihr  bis 
4'/»  Uhr  Nachmittags.  Im  Jahre  1850  wurde  in  Kur- 
hessen allgemein  die  Sonntagsbestellung  wieder  beseitigt. 
Am  ^2.  Jmii  ordnete  das  Ober-Postamt  Cassel  an,  dass 
die  Landbriefbestellung  an  den  Sonntagen  in  Bebra 
aufhören  und  von  da  ab  nur  der  ganz  nahe  bei  Bebra 
gelegene  Ort  Breitenbaeh  am  Sonntage  noch  begangen 
werden  sollte.  Die  Landbriefbestellung  der  Postanstalt 
Bebra  wurde  demgemäss  neu  geregelt  in  der  Weise, 
dass  ein  Tlieil  der  zugehörigen  Orte  wöchentlich  4mal 
und  ein  anderer  Theil  wöchentlich  2mal  begangen  wurde. 

Jm  .lahre  1857  wurden  Seitens  des  Ober-Po.stamts 
Cassel  auch  Verhandhnigen  mit  der  Postverwaltung 
Bebra  gepfiogen  wegen  Aufhebung  bzw.  Beschränkung 
der  Landbriefbestellung  an  den  auf  einen  Wochentag 
fallenden  Festtagen,  nämlich  am  Neujahrstage,  am  Kar- 
freitage, am  zweiten  Oater-,  Phngst-  und  Weihnachtstage, 
am  Himmelfahrtstage,  sowiß  am  jährlichen  Busstage. 


345 


Das  Bestreben  der  kurliessiscben  I'ostbehörde,  die 
Lautlhrierbesti-lliiny  bei  ibr^u  PoBtanstalten  »tots  zu  ver- 
bcstjorn,  iTkiMinnii  wir  aiicli  au^  inner  Verfügung  des 
ObtT- Postamts  Cassel  vum  fi.  Juni  1861  an  die  l'ostver- 
waltung  Bubra,  durch  welcbe  eine  weitere  Vermehrung 
der  Landbri«!fbestellung  dort  erstrebt  wrrrden  sollte.  In 
der  angeführten  Verfügung  wurde  die  Vermehrung  der 
[iandbriefbestellnug  auch  iu  Bebra  gefordert,  ,,da  »i:tn 
in  dieser  Beziehung  nicht  hinter  den  Pust Verwaltungen 
benachbarter  Länder  zurückbh-ibeu  wolle,  welche  taeisteu- 
tbeihs  sogar  tägliche.  Bestellung  nach  all»n  Landorteu 
eingeführt  hätten".  Am  24.  Juni  1861  berichtete  der 
i'üstverwfilter  Kehwald  uach  Cassel,  dass  seine  beiden 
Ijnterbediensteteii,  der  Privatwageunieister  Klein  und 
der  Landbrieftriiger  Gleim  so  vollötändig  be.scbäftigt 
seien,  dass  er  den.selben  keine  Mehrarbeit  zumutheii 
könne;  wenn  eine  Vermehrung  der  Landbriefbestellung 
eintreten  solle,  müsse  er  noch  einen  dritten  Ihiterbe- 
amteu  aniudimen.  Die  Vermehrung  der  Laiulliriefbe- 
stellung  liesse  sich  am  besten  iu  Bebra  .so  ausführen, 
dass  diejenigen  Orte,  welche  bis  jetzt  viermalige  Bestel- 
lung in  der  Woche  hätten,  demnächst  ömalige  Be- 
stelhuig  und  diejenigen,  welche  jetzt  nur  2  malige 
Bestellung  hätten,  4malige  Bestellung  erhielten.  Das 
Ober-Postiimt  erklärte  sich  am  19.  September  t8(>l  mit 
diesem  Vursclilage  des  Postverwalters  Rebvvald  einver- 
standen und  forderte  ihn  auf,  die  Landbriefbestellung 
in  Bebra  demgemäss  einzurichten.  Laut  Bericht  der 
Postverwaltung  Bebra  v^un  18.  October  18(il  au  da« 
Ober-Postamt  l'assei  fand  die  Landbriefbestellung  vom 
1.  November  1861  an  in  folgender  Weise  und  nach 
folgenden  Orten  statt: 

1)  Kine  wöcli  eut  1  i  c  h  •'  4  mal  ige  Beste]  Jurtg  er- 
erliielten  folgende  Urte :  .'^snmsbausen,  Blankenbain, 
Braunhausen,   Hof   Fassdorf,    lliinebach,   Knei|iinühle 


346 


böi  Mecklnvi-Ii,  r/iKlursilorf,  MLukhiicli,  Mncklar,  Ob«r- 
iiuihlo  bi'i  WeitiTodt',  RanteriliausMji,  Roiislmusen, 
rilViinühlH,  l'nUTinillili-  be-i  [Jonslinusoti,  lintHrmülilr 
büi  Wtiiturodü  und  ZiubachsinüLli!  bin  Ronsliausen: 

2)  uine  wöchentliohe  6 malige  B wstellnng  er- 
liiwlttMi  die  Oiie;  Hof  Bodt-iithal,  Bocksrode,  Gilfers- 
liauMfU,  Giinkteh'odt',  Iba,  Irasbauson,  Solz,  HufFricscli 
lujd   VockiTiide ; 

3)  einif  täglicliH  Bestellung  erlilelteti  die  Ort*: 
HreitmbHch,  Cornbei'g  und  Hof  Misclu-Iö.  (^irnhfTg 
•'iliiult  seine  Pot^tsaehfii  tä^^lit-di  dun-h  d<ai  Wagen- 
buyluit«r  der  Bt-bra-Escltwegor  l'yst 

Nachdem  im  September  186H  zu  Uaboldsiiausmi 
»'iiii"  iH'iie  l'obthitidhi  t'iiigei'iulitet  wnulpir  war,  wurden 
diu  bis  dahin  zum  Landbfstellb^.'zirke  der  To^tverwaltung 
Rotenburg  gehörigen  Höfe  Diekenröck  und  PHanzen- 
grabfu  dem  Landbestellhezirke  Bebra's  zugi^tfuMlt.  Das 
„Ijamlbt'st*<lltuur-Verzeieljni»s  der  Postverwaltung  Bt'bra*' 
vom  22.  Sf.'i>teiiiber  18()3  umfasst  fulgende  lirtsciiaften, 
Hitfi'  und  Mühlen  und  deren  Begang  fand  in  folgender 
Weise  dureh  2  Landbriefträger  statt: 

Monktfjf  I.  L  a  n  d  b  r  i  e  f  t  r  ä  g  e  r :  Asniushausen ,  Braun- 
hausen, Kleine  Mühle  bei  Äsmuübausen,  RautenhauHen, 
Hodt-ntlial,  Bockarude,  Bruchinülili;  bei  Iba,  Gilfers- 
hauseii,  Grundmidde  bui  ]ba,  Guukelrode,  Iba,  hus- 
hausen,  Oberniüble  bei  Uilf<^Tshau8eii,  Oberiiuibie  bei 
Solz,  8ehnei(l(imüh!e  bei  Iba,  8(dz,  Ta^jpgemiible  bei 
Iba,  Vurwi-rk  Tr)*\>)L-b,  üntermühJe  und  Windmühle 
bei  Sülz,  sowie  Muf  Vnekerude; 

IL  La  n  d  bri  i'fträger :  Breitenbach,  Hof  Mischeis, 
Ihckcnrück  und  l'Haiizengrabfn,  Hof  P'assdnrf,  H«uu— 
l)aL'b.  nlurmühh"  Ix'i  Weiterode,  Ronshau-seu,  UlftT- 
uiülilc,  Ijnterun'ihlc  bt'i  Ronshausen,  Untermühle  hei 
Weiterode  und  Ziebuchemühle  bei  Ronsbausen. 


347 


JHcuaUui,  ].  L  u  II  d  b  r  i  e  f t  r  ä g t<  r :  Bodunthal,  Bucks- 
rode,  Biucl]UiJiliIi>  bei  Iba,  üiUVrsImuüen,  GrundnuihV- 
hi^i  1ha,  (niiiknlrnilv,  ]ba,  Imsluiusifn,  OheriniiliU?  bei 
tiilftirwliauseii,  Übuiriiidil«  bei  Solx,  ^icliiUiidiMimhle 
bei  Ibu,  Solzj  Tapjtgt'inüldo  btn  Iba,  Vorwerk  Triiiseh, 
l!iitt'riiiühli.'  bei  Sulz,  Hof  Vockerode  und  Windiniildi' 
hei  Solu; 

IJ.  L  a  n  d  bri  t' ft  räger:  Breitenbacli,  Huf  Miscliels, 
I)ii-k*'iu'iuk  und  I*Hat)ZHngrabi,Mi,  BliiukHnhaiii,  LüdHix- 
durf  mit  Müblr,    Muckbaclj  und  ilecklar  mit  Mülili;. 

Mühvmk,  1.  Laiidbriefträger:   Win  Montag. 

II.  Landbritifträgtir:  Blankptiliain,  BrfitKiibaid», 
Miscliels,  Dickenrück  iiiid  l'tlaiizeiigi'abt'n,  Hfif  Fas«- 
durf,  Htuiebacb,  Km-ipinühk'  bi-i  RIi'tkbat:li,  Liid«!-«- 
dorf  mit  Rliilde,  Meckbacli,  Äb^cklar  mit  MüIj1»s 
Obermüble  bei  \Vi;iti?rode,  Ruiishatisi'n,  Ulffinnibh', 
iJiitermühJe  bei  Konsliausen,  Liiitcrinüblf  bfi  Weite- 
rode und  Ziebachsmühle  h<i>\  lloualiausen. 

Dotiiurstaq^  1.  L  an  db  rieftrüg  er:     wie  Montag. 

'    II. 
Freitcuj,         I. 

11. 
i:iotmabcH(i,   1.  „ 

n. 

Sonniatf:  Breitfubaeli  um!  Miscliels. 

J)er  ürt  ('oruberg  erhielt  noeli  immer  seine  I'h.sI- 
sachen  täglich  durch  den  Wagenbegleiter  der  Bebra- 
Eschweger  l'ost. 

XII.    Einiges    übet-  die  jetzigen  Verhältnisäe  des 
Foetamts  Bebra. 

Naclidem  der  l'tJütdirector  ('hri-stuph  Uehwnld  am 
1.  Juli  188H  in  den  Rulie-stand  getreten  war,  wunle  der 
damalige  Über-Postaecretair  Schmidt  zu  Marhurg  zum 
l'ustdirector    in  Bebra    Krnannt.     Das    l'astamt    Bebra, 


., 

wie  Montag. 

)> 

wie  Dienstag. 

M 

wie  IHen.Htag. 

»> 

wie  üontag. 

^J 

wie  Mittwoch 

348 


welcliKs  als  Station  des  alten  Nürnberger  I'ostkl 
stets  von  geringer  Bedeutung  gewesen  war,  venJitnkt 
Heine  jetzige  Bedeutung  liauptsik^hlicli  dem  Umstünde, 
das»  Bebra  ein  Knotenjmnkt  der  Hahnen  Frankfurt 
(Main) -Eise nach,  B  eb  ra—üött Ingen  und  d«r 
Bergisch -Märkische  n  EJHenbahnen  geworden  ist, 
wodurch  eine  nicht  unbedeutende  Umleitung  und  Um- 
HilH'itnng  der  Postsendungen  daselbst  täglich  stattzn- 
liuden  hat.  Das  Postamt,  mit  dem  eine  Telegraphen- 
betriebststelle  Verbunden  ist,  befindet  sich  auf  dem  um- 
fangreichen Bahnhofe,  Täglich  kommen  an  und 
gehen  ab  nach  dem  Stande  von  1889  36  l'osten 
und  zwar  kommen  nn  und  gehen  ab  bei  Tage  1  Land- 
post  und  25  Kisenbahn|iosten  und  bei  Nacht  kommen 
an  und  gehen  ab  10  F.iÄeidiahnposten.  —  Wie  oben 
unter  X  und  XI  niitgetheilt,  war  der  Postverkehr  zu 
Bebrt»  noch  im  Jahre  1838  so  gering,  daas  der  damalige 
PoKthalter  Johann  Kehvvald  die  Anstellung  von  Brief- 
boten  nicht  für  luibedingt  nothwendig  erachtete.  Im 
Jalire  188H  war  die  Zahl  der  für  den  Ort  Bebra  allein 
eingebenden  Postsachen  so  gross,  dass  täglich  eine 
4nialige  Heütellung  der  Briefe,  Packete,  Geldbriefe  und 
Postanweisungen  daselhirt  statt  fand  ;  Sonntags  fand  nur 
eine  Bestellung  statt.  Die  Zahl  der  im  Orts-,  Land-  und 
EiHenbahndienste  zu  Bebra  beschäftigten  ünterbeamten 
betrug  laut  Bapjjort  vom  13,  Februar  1889  18,  die  Zahl 
der  Beamten  einschliesslich  des  Postdirectors  7  Personen. — 
Zum  Landhestellbez.irke  cles  Po.stamts  Bebra  gehörten 
1881*  20  Ortschaften,  von  welchen  13  Orte  eine  werk- 
täglich eiimialige  Bestellung  iiatten,  während  7  Orte 
wcrktäglith  eine  zweimalige  und  sonntäglich  eine  ein- 
malige Bestellmig  hatt<ni. 

Während  die  Finiialune  an  Porto  und  Franko,  wie 
oben  unter  VI  zu  ersehen,  bei  der  Postnnstalt  Bebra  för 
das  Jalir  183U  40   uiig-lähr   303   Thir.  betrug,    beträgt 


349 

dieselbe  jetzt  jährlich  etwa  10000  Mark  ohne  die  son- 
stigen Einnahmen. 

Das  Postamt  Bebra  ist  Abrechnungspostanstalt  für 
die  Postagenturen:  Cornberg  (Bz.  Cassel),  Heinebach 
(Kr.  Melsungen),  Hönebach,  Mecklar  und  Solz  (Bz. 
Cassel). 

Diese  wenigen  Angaben  mögen  genügen,  um  zu 
zeigen,  dass  die  einst  so  unbedeutende  Postanstalt  in 
Bebra  durch  die  jetzigen  für  Bebra  so  günstigen  Ver- 
kehrseinrichtungen in  ganz  kurzer  Zeit  einen  grossen 
Aufschwung  genommen  hat,  den  man  noch  vor  50  Jahren 
nicht  geahnt  hat. 


••>. 


IVr 


351 


berg'sclieii  Aufötaiulfcs,  Wi'lcliu  trotz  all  den  niederschla- 
genden Erfignivssi-H  in  Hi-fs^etj  nicht  ganz  erstickt  war", 
vorliegt*).  Der  Marburger  Aufstand  ist  eine,  wenn  auch 
kleint)  Episode  in  dein  Kriege,  ilen  Oesterreich  1809  mit 
Frankieidi  führte.  Er  sollte  den  geplaut«Mi  Einfall  der 
Oesterreichischpii  Corps  unter  d<'U  (ieneralcii  Rndivn- 
jevics  iijul  Am  Ende,  welcli  letzten-n  .sich  die  Kurfürst- 
lich Hessische  Legion  angeschlossen  hatte,  in  da-s  König- 
reich  Westfalen  unterstützen**). 

Die  Quellen  für  eine  Geschichte  des  Marbiirger 
Aufstaudes  Hiessen  nicht  reichhaltig,  Di*^  Untersuchungs- 
akteji  der  Fühi'er  dm  Aufstaiides  sind  nicht  erhalten  ***). 
Wii'  sind  auf  die  Untersnehungsakten  einiger  Theiltiehmer 
an  dem  Aufstande,  auf  eine  Anzahl  officieUer  Berichte, 
Briefe  und  l'niversitätsakten,  die  sich  im  Staatsarchiv  zu 
Marburg  befinden  t),  und  auf  mehrere  Fbig»chrift<*n 
jener  Zeit  angewiesen  ff).  Hit*  Briefe  fff),  die  der  Hiiii» 
Führer  des  Aufstandes,  Professor  Sternherg,  vur  seinem 
Tode  aus  dem  Castell  an  seine  Frau  schrieb  und  die 
in  der  Anlage  veröffentlicht  werden  *t)»  enthalten  für  die 
Gesuhiclite  des  Aufstandes  nur  weni"  Bedeutendes.     Die 


♦)  Lynckrr,  a.  a.  0.  S.  173. 

*•)  Vgl.  Aufsatz  1  diese  Zeitschrift.  1891.  S.  326.  329. 
••*)  Auch  im  Berliner  Staatsarchiv,    wohin  dor   Nachlivss  .lo- 
rotnes  gckojiiinen  ist,    lielindon  sich  die  den   .\ ufst.iiid  hetreffendeii 
Kriegsgcrit'htsakten,  wie  mir  die  Direktion  giiligst  mittheiltc,  nicht. 

t)  Es  kommen  bosondors  in  Betracht  die  .,aetft,  dio  wcnon 
dPH  Aufiuhra  nm  24.  Juni  ari-etirteu  Luätrig  Koch^  Johann  Sloil. 
Jiihitnn  Mooff  hefrtfletid."  lu  den  Akten  cioutra A'or/*  bcliiidet  siili 
L>iu  Auszug  aus  dem  Vorhcji-  Sti?rnbcrgs.     Vj;!.  Hoilago  H. 

t+)  Die  entlarvte  hohe  und  geheime  l'nliitei  des  «ersttJitou 
Kiinigreitthos  Wustfalen  1814,  r.  Wcdff,  Kurzr»  Harstwllung  der 
Vei  wiiltting  der  liohoti  Polizei  iüi  ehonialigen  wehtfidisohen  Depnr- 
tenK'iit  der  Wcria  eto.  Apiil  1814. 

ttt)  Die  Briefe  sind  im  Piivat-Bcsitz.  HofTeiitiinh  wenlen 
die.wlbeii    späfoi'  iloni  Maiiiinfier  Archiv  ühoiwiesfiii. 

•t)  Vgl.  Beiluge  IV. 


363 

auf  die  Politik  bezüglichen  Stellen  sind  von  dem  franzö- 
sischen Censor  gestrichen. 

In  meinem  vorjährigen  Aufsatz  ist  die  Vnrg« 
schichte  des  Aufstandes  kurz  berührt  worden  *).  Die^ 
Anregung  des  Aufstandes  geht  auf  den  Erzherzog  Karl, 
den  Generalissimus  der  Oesterreichischen  Armeen  zurück. 
Ks  war  für  ihn  von  grosser  Wichtigkeit,  dass  das  von 
Truppen  fast  ganz  enthlösste  Norddeutschland  in  Auf- 
.stand  gebracht  wurde,  und  hier  im  Rücken  der  Fran- 
zosen und  Tiheinbundstruppen  ein  Guerillakrieg  nach 
.spanischer  Art  organisiert  wurde.  Der  Kurfürst  von 
Hessen,  den  der  Erzherzog  aufforderte,  in  seinem  frfi- 
h«^r«ii  Lande  mit  getreuen  l^euten,  mit  denen  er  ja  in 
Verbiiulung  stand,  die  nothigen  Vorbereitungen  zutreffen, 
verhielt  sieh  zuniiclist  ablehnend.  Er  wusste,  dass  In- 
surrektionen des  Landvolkes  ohne  Beihülfe  regulärer 
Truppen  selten  Erfolg  haben  **J.  Auch  wollte  er  seine 
früheren  Unterthanen  schonen***).  Bezeichnend  ist  die 
Stelle  in  dem  Briefe,  den  er  am  3.  Juni  1H09,  nachdeniij 
der  DLiruberg^sehe  Aufstand  missglückt  war,  an  den  Erz-* 
herzog  Karl  schrieb  :  „üebrigens  kann  ich  nicht  genug 
bedauern,  dass  die  Insurrektion  in  Hessen  gegen  meine 
ausdrüeklicli  e  Aeusserung  zu  frühe  ausgebrochen 
ist.  Insurrektionen  ohne  militärische  Hülfe  glücken 
selten,  dass  man  diese  und  namentlich  ein  Kaiserlich 
Oesterreichisches  Corps  (des  Bellegarde)  abwarten  sollte, 
war  gleich  anfangs  Ew.  Liebdon  Idee  und  auch  die  mei- 
nige I)."  —  Erst  als  der  Erzherzog  dem  Kurfürsten 
nach    der     Sclilacht     bei    Aspern    mittheilte  ff),    di 

•)  Diese  Zeitschrift.  S.  324. 
'•J  ebenda  S.  324.  A.  1. 
•♦*)  ebenda  S.  333. 

t)  Akten  „Krieg  mit  Frankreich  1809"  im  Staatsarchiv  eu 
Marburg  Bd.  I.  S.  122.  (Goncept)  „des  Beltegarde''  ist  im  Ooncopt 
diUThgostaicIieti. 

t1)  ebeada  Bd.  I.  S.  115.  Vgl.  Aufsatu  I.  S.  325  und  341 
(Beilage  II)  und  Brief  vom  31.  Mai.     Akten  etc.  I.  8.  119. 


35S 


man  dpn  flau  gpfasst  haW  zwei  Owsterruichische  Corps, 
von  denen  jedes  durch  4— f)(XKJ  Mariti  Landwehr  unter- 
stützt würde,  riatii  Deutscldand  zu  werfen,  ontschloss 
sioh  der  Kurlürst  zu  einem  energischeren  Vorgehen. 
Am  3.  Juni  *)  erhalten  die  hessischen  Truppen  ih'u 
ISefehl  .sich  den  üesterreicliern  anzuschliessen.  tUeich- 
zpitijU  wiril  der  Man  zu  einer  Insurrektion  in  Hessen, 
die  die  Westfälischen  Truppen  im  llüfken  hedmhen 
soll,  gefasst.  Th-r  Zeit.[ninkt  für  einen  Aufstand  war 
sehr  günstig  gewählt.  .Schill  hatte  durch  seinen  leicht- 
fertigen, eigenmächtigen  Zug  die  nordlichen  Teile  des 
Ki'inigreichs  Westfalen  in  grosse  Unruhe  versetzt**). 
Seine  KatiiHtn>i>hn  war  allerdings  schon  am  31.  Mai 
prfolgt,  aber  sein  Auftreten  wirkte  nach.  Von  Sachsen 
her  wollte  der  Herzog  von  Ikaunächweig  im  Verein  mit 
einem  OesterreichiscJien  Corps  unter  Am  Knde,  V(»n 
Franken  ein  anderes  Oe-sterreicliibches  Corps  unter  Ka- 
divoJBvici  in  das  ]inich  Jerumea  eindringen.  Den  (Tbt^r- 
hefelil  über  beide  Cor[is  erhielt  .später  General  Kien- 
mayer.  Eine  glückliche  Erhebung  Hessens^  das  theilwei.se 
noch  von  dem  Dörnberg'schen  Aufstande  her  in  einer 
gewi.ssen  Gährnng  war,  jnus.ste  auf  die  allgemeine  po- 
litisclie  Lage  von  grosser  Einwirkung  sein. 

Die  Verbindungen,  die  der  Kurfürst  in  Hessen 
unterhielt  ***),  zeigten  ihm  den  Ort  und  die  geeigneten 
Leute,  die  einen  Aufstand  organisieren  und  leiten 
konnten.  Die  Wahl  des  ()rte3  war  nicht  leicht  gewenen. 
Schon  bei  Dörnbergs  IJntenu'hmeii  war  es  zu  Tage  ge- 
treten, dass  sich  keineswegs  nlle  liev»JlkerungHkn;i.se  von 
der  Bewifgung  mit  fortreis.seji  liessen.  Die  Einwohner 
von  Kassel  hatten    während   derselben    eine   apathische 


♦)  Akteu  etf.  I.  S.  122. 
♦♦)  Vgl.  Lym-Ler  a   n.  O.  S,  1B2  (T. 
'»*)  rticpo   Zoifsdnifi.    IHül.  S.  324. 
läge  11.  S,  .T4:{. 

N.  F.  Bd.   XVII. 


V^;!.  ,1111  li  ebfiida  Bei- 
23 


Rah«>  bewahrt.  Im  Werrathal  vergfigenwärti§:te  man  «ich 
wohl  (las  Misslingeii  der  Versnchf  zur  Nii'tl^rwprfung 
der  Franzosen  aus  dem  Januar  1807  und  deren  F<dgi»n. 
Selbst  Fritzlar,  das  ganz  in  der  Nähe  von  lioniberg 
liegt,  hatte  trotz  angestrengter  Bemühungen  ebenfalli« 
nicht  zum  Anschlnss  gebracht  werden  künnen  *).  An 
die  Kasseler  Gegend  war  auch  deshalb  nicht  za  denken, 
weil  Jerome,  der  mit  seinem  Heer  in  Sachsen  st^nd, 
leicht  zurückkehren  und  den  Aufstand  im  Keini  er- 
sticken konnte. 

Am  geeignetsten  erschien  Obcrhessen  nnd  Mkt- 
hurg.  Obeihessen  hatte  sich  an  dem  rnternehmen 
Iitniibergs  mit  Eifer  bethniligt;  am  22.  Mai  war  in 
Marburg  nur  deshalb  alles  ruhig  geblieben,  weil  man 
versäumt  hatte,  Naclirichten  von  dem  Au.»<bruch  dt«.H 
Anfitandes  zu  geben.  Die  (.Jährung  nnd  F.rbitt<»rung 
im  Lande  war,  besonders  nach  der  Schlacht  bei  AsiKrrn, 
gross;  die  Bauern  und  althossiöchen  Soldaten,  welche 
schon  an  den»  Aufstande,  welcher  180ti  in  Marburg 
.stattfand,  theiigenoninien  und  an  die  Befreinng  von  der 
Frenulherrschaft  durch  Dörnberg  geglaubt  hatten,  wett- 
eiferten in  ihrem  Hass  gegen  die  Herrschaft  Jeromes, 
Hierzu  kam,  dass  die  Provinz  Überhessen  von  Truppen 
entblosst  war**).  In  Marburg  befanden  sich  ru  jener 
Zeit  au.sser  einer  Veteninen-Compagnie  und  einer  etwa 
bO  Mann  s^tarken  Departemental-rompagnie  (IVäfektur- 
garde)  IjV)  Mann  grossherzoglich  Bergische  Soldaten. 

.Ms  Hiiuptort  des  Departements  war  die  Stadt  d«»tj 
Sitz  de.t  f'innmandanteii  des  Werra-Departements,  al 
d.-r  l*nf«ten  war  damals  nicht  besetzt  Der  bisherig« 
Inhaber,  der  französische  General  Börner,  hatte  F.nde 
Februar  mit  der  zweiten  westpliälischen  Armeedivision 
den  Marsch  nach   Spanien    angetret*?n,    und  Sftin  Nnch- 

•)  fiorrlr  und  Ilifrn.  K')nij;rci<'li  Wosl|iliftlon  a  a.  O.  8.  IB3. 
••)  hjfirh-r  o.  a.  U,  S.  17»>. 


folger,  der  Oberst,  von  Dahvigk,  f'ln'f  don  Generatstabs 
des  Gouvernftnients  in  Cassi'l,  war  iukIi  lUL-ht  (mh^**- 
troffrii.  Das  iijklistp  {^rüsse^ro  fraiiztwiscli«'  Ciirps,  ihis 
lies  llrrzLtgs  von  Valmy,  befand  sieli  ln'i  Hanau.  A» 
(lur  Spitze  des  Departements  stind  ilor  rdifekt,  Banin 
Friedrich  Ludwig  von  Bfi-lp|isclj.  Kr  führti*  zugieicli 
ilas  Commando  über  die;  I'riiftd<tn»gftrde,  die  Imnptsiiuli- 
lich  den  rolizeidicnst  zu  verrichten  hatte.  General- 
Prrjkurinir  —  prncureur  du  roi  —  war  <^in  Herr  von 
Han.stein.  Cliuf  der  hohen  Pulizei  war  der  Gcnoral- 
Commissar  von  Wolff,  ein  ElsiLsser,  ein  Mann,  der  iti 
der  Gescinthte  des  Anfstandes  eine  bedeutende,  aber 
wenig  schone  HoHe  spielt.  —  Auch  die  fe.ste  Fjage 
Marburgs  kam  bei  der  Wahl  de.s  Brennpunktes  fiir  den 
Aufstand  in  Betracht.  Eine  kleine  gut  organisiei-te 
Truppe  konnte  Ricli  liier  eine  Zeit  lang  auch  gegen 
eine  llebei'jnacfit  halten.  Am  entselieidendsten  war 
aber  der  Idoment,  chiss  man  von  Marburg  und  Ober- 
lie^-sen  aus  ]<'icht  in  Verbindung  mit  dem  ö.sterreieliisehen 
Cor]>s  des  Genc^rals  Radivojevics  und  mit  thi  fränki- 
schen Legion  des  Major  von  Nostitz,  die  einen  Kinfall 
in  Franken  inacben  .sollten,  treten  konnte. 

Vielleicht  ist  es  Dörnberg  gewesen,  der  auf  Mar- 
burg und  Oberhessen  hingewiesen  hat.  Dörnberg  stand 
bekanntlich  vom  Mai  1808  bis  Februar  18U*.>  in  Mar- 
burg in  Garnison.  Er  WiU'  Oberst  und  Cominan- 
deur  des  dort  liegenden  Elite-Bataillons  der  Jiiger 
(Carabiniers).  Nach  seinem  ini<>sglückten  Aufstand  be- 
gab er  sich  zunächst  zum  Kurfürston  nach  Prag  und 
von  da  ins  Hauptquartier  der  Ocf^terreichi^chcn  Armee 
zum  Erzherzog  Karl,  wo  er  bestens  aufgenommen  wurde. 
Nach  seinem  Eintreffen  schrieb  der  Erzherzog  an  den 
Kurfürsten  :  „Uen  Obersten  Baron  von  Dörnberg  halte 
ich  mit  Vergnügen  aufgenommen.  Seine  Kenntnis.«»« 
df-r  neuen   VerhäUnis.s*'  im    Königreich  Westphalen  kann 

23* 


356 


sehr  dienlich  sein"*).  Vormüge  seiner  Kenntnis  der 
Marburg^^r  Verhältnisse  ist  er  es  wohl  aucli  gewesen, 
der  den  Kurfürsten  auf  einen  geeign4'ten  Leiter  und 
Organisator  des  Anfstundes  hingewiesen  hat.  Es  war 
hierzu  ein  Jlanii  mithig,  der  vermöge  seiner  Stellung 
ohne  in  Verdacht  zu  gerathen  in  leichte  Verhinilung 
mit  den  üniversitätükreisen.  den  PrnfeKsnren  nnd  Stu- 
denten, der  Hürgerschaft  und  vor  allem  mit  den  Bauern 
und  den  alten  hessischen  .Soldaten  treten  konnte.  Man 
fiind  denselben  in  dem  Professor  der  Medicin,  dem  Hof- 
rath  Jnhann   F'riedrich  Sternherg. 

Im  IT).  Band  von  Strieders**)  Grundlage  zn  einer 
hessischen  Gf'lelirtengeschiehte  hat  Steruherg  »Mne  Selbst- 
biographie bis  3!u  seiner  Berufung  nach  Marburg  ge- 
geben. —  Kr  wurde  am  15.  April  1772  zu  Gtislar  ge- 
hnren,  wo  sein  Vater  8tadtpli\>;iku8  war.  Da  letzterer 
früh  starb,  wuchs  di-r  Knabe  unter  der  Obhut  seiner 
Mutter  heran,  die  treu  für  ihn  sorgte  nnd  in  jeder 
Weise  für  seine  Anshildung  bemüht  war.  Er  besueht« 
die  Stadtschule  und  erhielt  nebenbei  Privatunterricht., 
nauieutlieh  in  den  Sprachen.  Besonders  fe.sselte  ihn 
das  Studium  de^s  Tlomer  und  des  Horaz.  Er  liebte  die 
Kün.ste,  vor  allem  die  Musik.  1793  bezog  er  die  Uni- 
versität tiijttingen,  um  Medicin  zu  studieren.  Er  ver- 
lie.ss  dieselbe  1796  und  wnrdi'  1797  Stadt-  und  Berg- 
)t!iysikus  in  der  Harzstadt  Elhingerode  180(>  siedelt«» 
er  nach  Goslar  über,  wo  er  sich  bis  IH<>4  aufliielt  und 
.sich    mit    Charlotte  Siemens»    der    Tochter   des   Stadt- 


•)  Akten  , Krieg  luil  Fjviukreich  cto.'*    Hd.  1,  S.  On.     Moni- 
leur  wcst|ihalieu  v.  27.  Juui  lüOQ. 

•**)  Sfrmipr,  (Jniii*ila^o  äu  oiiier  1  Irssisclten  nj-lelirtoiige- 
scliiclite.  Sflit  der  I{or(irmation.  ('hhkoI  IRXi.  Mol  oiiior  I/>l»'iis- 
goscliirlitc  Stenilnirgs  koiniiion  fiiicli  ilin  (rKirdtMii  St.ialsarcliiv  zu  M.ii- 
Ixug  aijflxnvnlirten)  l'nivprsil;it,saJihiii  lii  H»'lrai-lit.  Ein«  Silhnui-'tte 
Steriiliergs  li*>fiiidot  aich  iiii  l'jivatlicsil/, 


357 


diiHkloi's  Jdliunii  Gf;urg  Si^nu'rib  viainahftH.  Er  Itihti-i 
in  frutcn  V('r[iäU(ii.ssi;ri  und  bniuulite  rl;iln^r  filr  si'ine 
üiüHiclif  Helmndlmig  k«in  Honorar  zu  nelinicn.  fn  der 
Zfit  seines  titislarcr  Aufenthalts  cntstiindt-n  hu«  sfintr 
Feder  eine  Anziild  medicinisclipr  Abliarulhinguri  *),  di-nMi 
Titt'l  er  in  seiner  Selbstbiographie  angiebt.  Im  Jülir« 
17518  starb  sein«!  Mutter,  und  vinr  Jahn^  spütt-'r  seitit; 
t'inzigt»  in  Gusliir  verlieiratlietu  Scli\vest»*r. 

Im  Oetober  1804  wurde  it  als  Naclifulger  liul- 
dinpiTs  als  ürdfiitlicber  I'rofessur  tlfir  l'atliolugic  und 
Thfrapie  nach  Marburg  berufen.  Er  wurdu  zuji^leicJi 
zum  Direclor  dor  inedicinischen  Krankenanstalt  und 
znni  Hofratli  ernannt.  Kr  erhielt  eiu  (lehalt  von  8(JU 
„schwerfiu  Thalfrn".  Bei  seinem  Tude  1809  bozog  ei 
ein  Gelialt  von  fWXl  Thalern  =  B4ilt>  francs  50  cent ; 
jHo  Monat  291  francs  37'  ä  cent.  oder  75  Thaler**]. 
• —  Die  inedifinisc'he  Fakultät  der  Universität  Marburg 
war  damals  recht  bescheiden.  Es  gab  iu  derselben  7 
Profeasoren,  die  zusammen  einen  Gehalt  von  3500 
„schweren  Thalern"  erhielten.  Im  Jahr«  WOS  wurtle 
für  Gehalt  der  Profe-ssoren  und  für  Hrlialhiug  der  In- 
stitute die  gewaltig«  Summe  von  5000  RciehstliaiHrn 
verbraucht.  Die  Zahl  der  studierenden  Mediciuer  war 
isehr  gering.  Im  Jahre  IKOi)  besuchten  die  Universität 
1;^  Mediciner,  18t*8  wurde  «'in  studiosus  medicina(;  ini- 
niahikuliert***).  Mau  vergleiche  damit  die  heutigen  Ver- 
hültiüsse.  — 

Im  Jahre  1809  hatte  Sternberg  die  Aufsicht  liber 
das  „Marburger  clinicum",  ausserdem  trug  er  von  10  —  12 
Llhr  ein  practicum  vor,  „das  von  dem  t'atliolngi.stheu 
und  Therapeutischen    der   einzelnen    Krankheiten    han- 

*)  Vgl.  (Jus  Vorxpichnis  l)ci  .S'/ri«/«-  a.  a  <i,  Ud.  Ih  ühIit 
„Stortiljerg". 

•')  Pemunalabteo  Steruboigs.     I 'iMveiyitilLsuktcii  a.  a.  U. 
***)  Vgl.  Universitiitaakteü  a.  a.  Ü. 


358 


lU-lU?"  *),      Nach  si'iiiHf  Veiliiiniin^'  tibtntiahiii    I'rofes.'jor 
runradi  ,,di<'  Kiihniiif:  des  i.rmtcuni.**"**). 

Stembnig  war  ein  tüchtiger  Arzt  und  guter  Do- 
zent. Er  wusste  sitli  huld  bei  s«Mnen  Hiirern,  btM 
dl' II  übrigfn  Studenten  und  hui  di-r  Bürgfrscliaft  beliebt 
zu  machen,  kam  aber  schnell  in  «'in  gespaiinti's  Ver- 
hiiittiis  zu  einigen  seiner  Ketllegen.  Schon  in  Elbingt^ 
rode  \v:ir  vv  ent-rgisch  gegon  .,deri  «ehr  kranken  Zu- 
btand  im  Medicinalwesen"^,  wie  es  in  seiner  Selbstbio- 
grajihip  heii^st***),  aufgetreten  und  auch  in  Marburg  ging 
er  gegen  jeden  alten  Schlendriiin,  dfcr  sieh  namentlich 
unter  IJaldinger  eingeschlichen  hatt«',  Vor.  In  den  Se- 
nats-sitzungei)  em[ifahl  er  Neueningen  und  gerieth  da- 
durch vielfach  in  Streit  mit  diin  [ledantischen  Kolleg«'n, 
<lie  nieisst  Anhänger  des  hergebrachten  Alten  waren. 
iSo  kam  er  auch  bei  den  Professoren  der  übrigen  Fa- 
knitäten  in  d*'n  Huf  nirirs  revidutionären  und  unruhigen 
Ivüpfes.  Nach  der  Aufrichtung  des  Kruiigreiches  West- 
phalen  wnnh-  diese  Spannung  noch  durch  die  politischen 
Verhältnisise  vergrössert.  Witlirend  die  mei!<t<tn  Pro- 
fessoren sieli  in  die  VerhiUtni.><se  geschickt  hatten  und 
sich  unter  der  Regierung  Jeronies  sehr  wohl  befanden, 
fühlte  sich  Sternbeig  als  deutischer  und  hessischer 
l'atri(rt.  I''r  stand  mit  den  anderen  frctheitsliebt^ndeii 
Mannern  in  KorreH[)onder)z,  ö(t  mit  Friedrich  von 
Schlegel  f),  dem  Verfasser  der  gliihi'nden  Proklama- 
tionen des  Erzherzogs  Karl  von  Oosterreicli,  und  ^uchto 
initt^r  Bürgern  uiul  Studenten  den  Cn-dankcn  an  eine 
Befreiung  des  Vaterlandes  vom  Jitche  der  Fremden  vor- 
zubereiten. l)ie  We.'^tphäli.sche  Ui'gierutig  kanntn  seinen 
l'jintiuss    wnld    und    liättt;    ihn    gerne    aus  seinem   Ainly 


♦)  Vgl.  tlio  l'orsoualakteii  Sf,  n.  n.  (>. 
*')  cboiida. 

♦♦♦)  Strieder,  a.  n.  ü. 
t;  Vgl.  r.   Woiff.  tt.  a.  (J.  ö.  -14. 


359 


eiiÜunit.  Jni  Juli  1H08  fia^^te  tlt-r  iMitiMi'u'litsiiHiiiütt^f 
an,  ob  iSternbKrg  so  nothwendig  für  ili(;  L'niversität 
stii*).  Es  wiu'iln  ihm  gejintworti't,  «n*  sui  mifiitln-lii- 
licii.  Man  licss  ilm  daher  in  neiiier  .Stellung,  chikiiniciiu 
ihn  aber  in  jeder  \Vt;ise ;  unter  andm-uni  wurde  ir  ge- 
rnassri'gtdt,  wtnl  er  ein  Buch  der  Güttiiigi-r  rtiivrrsitiit 
übur  die  gewöhnliche  AusdiMhezwit  bebaltun  hatto  **). 

Dio  Spannung,  in  der  Sti^'nbt'rg  mit  seinen  Kol- 
legen lebte,  hat  viel  dazu  beigetnigtni,  die  Meinung 
Aber  ihn  in  der  Geschichte  zu  trüben.  Dur  Professur 
der  Theologie  Dr.  M  uns  eher  sprach  sieh  über  ihn 
folgejulertnassen  ans:  „Dieser  unruhige  Kopf  hatte  selion 
im  akademiHchen  Senat  viele  Händel  angefangeu  und  mit 
den  meisten  Professoren  sich  entzweit.  Kr  hatte  dnreh 
leere  Vorspiegelungen  und  durch  Yerniistaltuug  v<jn  Lu.st- 
partien  sich  einen  Anhang  unti-r  den  Studenten  ver~ 
Bchaffi  Die  Uegierde,  eine  Rolle  zu  spii-leu,  verführte 
ihn,  sich  auch  in  politüsche  Händel  zu  mischen"***). 
Lyiteker  liat  sich  diesem  harten,  ungerechten  Urthnil 
angesehlo.ssen,  „Wenn  nicht  die  seit  der  Jenasclihiclit 
in  Norddeutschhind  sehr  verbreitete  abenteuerliche  Sucht, 
durch  kühne  waghalsige  Lnternehmutiigen  gegen  den 
Lande.>?feind  sich  au.szuzeicbneti,  die  Ibiujittriebfeder  der 
Chefs  gewesen  ist,  so  mr>chte  e-i  scliwer  fallen,  irgend 
ein  Motiv  zu  finden,  welches  mit  Ilück.siidit  auf  Zeit 
und  Umfang  des  Aufstandes,  vor  dem  Richterstulde  der 
gesunden  Vernunft   be.stelitn    lviirinte"t}.      Auch   fiocclcc 


♦)  riiivorsiUUsaktuii  a.  a.  (•. 
*♦)  Pcrsonalaktcu  St  a.  a,  (.>. 

**•)  Liftirker,  a.  a,  Ü.  B.  174.      Lyntkei-s  I5ui  Ii   wuidu   iiiub 
seinem  Todo  beraus|j;egebeji.    Mail  merkt  iinuR-iitliH.li  tu  ilen  lotzti-icn 
Tlieileii,   dnas  dorn   Woik   dio    letzti?   roliliu    lelilt..      Vgl.    Lijnt:ker 
S.  179.  —  u.  unten  S.  3<}6.     Aiini.   1. 
t)  oljt'iida. 
tt)  Guecke  Uüd  lUfm,  u.  a.  U.  S.  l&. 


360 


itennt  Stt-rnberg    ,, einen  unruliigpn  uml   tmcli  Au.szeich- 
lumg  Irailitt'iulun  Mann'' ff). 

Die  hiirten  UrHieiU^  Münscliers,  Lynckcis  und  Goec-ktfs 
sind  nicht  1)ena;litigt.  Miinscher  war  gfgen  Sternbi-rg 
i'iiigenumnn'ii,  und  weder  Lynckcr,  nocli  Goecke  haben 
den  Zn.sammenhang  erkannt,  den  der  Mtirburger  Auf- 
stand mit  den  Ereignissen  des  Jiihres  180l>  iint.  Woder 
AbeMteut'rsuclit,  noch  Ehrgeiz  hiib**n  Steniberg  Hnge- 
Irieben,  die  Organisation  und  Leitung  des  Aiif«tand«s 
zu  übernehmen,  sondern  die  Liebe  zum  allgenieinnn 
deutschen  und  besonderen  hessischen  Vaterland  und  der 
Hass  gegen  die  fremden  Interdriieker.  Er  liandeltu 
nic-ht  aus  eigenem  Antriebe,  sondern  auf  Befehl  des 
Kurfürsten  von  Hessen,  seines  alten  Herrn.  Ihn  trifft 
weder  die  .Sohuld,  einen  nutzlosen  Aufstand  provoziert 
zu  haben,  noch  die  Schuld  des  Misslingen«,  wie  wir 
unten  sehen  werden*).  Die  Insurrektion  Hes.sens  war 
nütliig,  sie  äpielt  ein«  Holle  im  Kriegsplan  der  üe*t»^r- 
reicher.  Um  diesen  Plan  .auszuführ<^n,  wurde  Sternberg 
ein  U[)fer  für  das  Vaterland**). 

Ob  Sternberg  auch  am  Dornberg'scben  Aufstand 
betheiligt  war,  wissen  wir  nicht,  doch  ist  es  mehr  als 
wahrscheinlich.  Dürnberg  liielt  sich  ja  ein  Jahr  lang 
iti  Marburg  auf  und  wird  sjcIhm'  mit  dem  bekannten 
Professor  in  Verkehr  gostauden  haben.  Die  Kinver- 
stiindnisse  wurden  selir  gi'heini  gehalten.  —  Der  Kur- 
fürst hatte  die  Ideen,  die  Erzherzog  Karl  in  seinem 
Brief  vom  24.  Mai  angiebt***),  zn  seinen  eigenen  ge^ 
maeht.  Er  wies  Sternberg  an,  die  Mis!>vergnügten  nnd 
vor    allem    die    gedienten    Soldatf'ti    zu    sanuneln.       Er 


•)  Vgl.  nueh  Lijncktr  S.   17D.  ii.  unten  S.  »i6.     A.  l. 
•*1  Vgl.    die   lloilage   III.    Verhör  Sternl>erf;p    vom    II.    Juli 
la»  S.  *il  und  Ueil,  IV.  Brief  I.  ,kli  bin  iiiHit  Anstifter*   S.  396. 
•")  Vgl.  Jalnt;,  1892.     Ik-ilag«  Jl,   S.  343.     (Brief  des  En- 
lierzogs  Carl.) 


361 


schickt»!  st'iiit^iji  frülR-rrii  riuffShsor  Atjwiisuiigf»i  und 
rrokljimatiotibii  *)  und  orklärtp,  ur  wordi;  soforl  heim 
Ausbruch  dfs  Aufstaiidus  im  Liuide  ersclu-iiieii  und  sich 
an  dits  Spitze  ih'H  Vitlkshet^res  8ti.dlen  **).  Ul)  vr  t's 
wiiklicii  beabsichtigt  hat,  sich  in  das  fuindliche  Limd 
zu  bfgeben,  ist  nicht  melir  zu  entschi-iden,  JeilHnfidla 
liat  di«;  Kunde  von  dem  Kninmtm  des  KurfürstiMi,  vviu 
Ki-zherzog  Kar]  riclitig  annahm***),  in  der  Kiitst"e:hungö- 
geachichte  des  AnfstanJes  einti  grosse  Rolle  g4'Si>ielt. 
Das  Volk  hing  in  blinder,  hessischer  Tn;ne  an  dem 
Für.-iten,    den  man  für  einen  Miirtyryr  hielt. 

Steniberg  ging  khig  ans  Werk.  Sein  Beruf  als 
Arzt  ermöglichte  es  ihm,  ohne  Verdacht  zu  erregen, 
mit  Leuten  jeden  Berufs  in  Verbindung  zu  treten |),  Er 
gewann  äo  Bürger,  unter  denen  sich  bekannte  Mar- 
hurger  Namen,  wie  Klingi-lhüfer,  Cramtrding,  Jüä- 
bächer,  Hiiuser,  Ahitthaei,  Justi  linden,  einige  frühere 
liessische  Ofticiere,  so  den  Lieutenant  Hesse  ^oder 
Hess)  und  vereinzelt  auch  einige  Professoren,  wie 
den  Mineralogen  Ullmarin,  für  seinen  Plan.  Vor  allem 
kam    es    ihm    darauf    an,     die    alten    hessischen    8ol- 


*)  UDtprem'liuiij,'Mklcii  widor  .lolianiies  Mo')|^.  1.  Sciiteuibcr 
IHIÜ.  ^Stcrnberg  liulc  ilmi  Pa[iicre,  auijublicli  von  dem  olanui- 
ligt'n  Kurfih-stou  von  Hc.*seii  utTter^chrieben,  gezaigl.' 

•♦)  ebenda  7.  Sept.  18 10.  ,Es  .soUtoti  Hriefo  vom  KiiiTiirstoii 
da  soin,  derselbe  werde  an  deu  l'lntz  kommet).  . . .  Dies  habe  ihm 
Stemborg  gesagt  und  ilitii  die  Briefe  j^ozeint.'* 

•**)  Riicf  des  Erzherzogs:  .Dio  Vulkcr  künueu  nur  (iiuin  er- 
inuiiternde  llnQiHiiigoiv  rasson,  wenn  die  Füllten  zoi^oi.  da»s  siu 
selbst  von  llöfFrnuig  beseelt  sind.  !>ii?  Vülkor  schoiuort  ülwruU 
brav  und  ku  Opfüro  bereit,  —  violos  ist  zu  hoffon,  wemi  in  dioser 
Krisis  die  Fiii-steti  selbst  sich  an  die  Spitze  stellen,  um  die  'i«v- 
triiiivuiortfri  Fürsteiistiihlu  wieder  aufKiiiiohtoti,  wekhos  nur  durch 
kühnen  Miitli  und  scliiiellir  Ents(hlii?<sii  erieirbb.'xr  ist."  — 

tj  Vgl.  das  Vorzeichiiiti  der  iiaeliwei.sbaroii  Theilneluner. 
Ueilago  I,  S.  388. 


308 


daipn,  di«  tlKÖlwcpM*  «cbon  am  Aafstaiid  von  läU6 
(lieifgH)oniin*^ri  hnltA:n,  za  gtrwianen  aml  sa  b«u^ 
h«!it«n*).  H<M  «eiiiHoi  L'ntcrnehtnpn  lei^Mt-n  ihm  be- 
ttonüffM  xwfi  alt«?  8rilc]at»'n,  d^t  Tagelöboef  M  o  og  anb 
cl«ni  I)urf(!  •Sti'rzliauttei]  nnd  der  GärtD«r  StembefigB 
Vorm  Hell  lag  W^mdere  Dienitie.  Sie  sucliUfii  di«  aHem 
8oldiiti-n  auf  und  frilirt»*n  .sie  dem  Professor  zn.  Geld 
und  KninritWKin,  V«Tsi)rec hangen  and  auch  Ürubungcn 
wurdtm  nicht  g(;»|mri,  um  die  Leate  za  gewinnen **X 
H4<(iondiirM  wirkti^n  die  Briefe  des  Kurfürsten,  dt^r,  wie 
VH  (»cliijint,  nicht  sehr  »chonungsvoll  mit  seinen  früheren 
Ilntcrthnnen  umsprang.  „Jeder  hessische  Soldat  mOä^e 
nifh  einfinden,  wer  ausbleibe,  verliere  den  Kopf."  ,,Wer 
nicht  dabei  gewesen,  würde  als  Feind  betrachtet*'***), 
—  dat)  waren  Worte,  die  die  alten  Soldaten  und  anch 
di«!  Hauern  «lufeicbrcckteii.  Aus  den  alten  Soldaten 
Bf»llle  ein  ft'hter  Kern  für  da.s  Vulksheer  gebildet  werden. 
„Wiiren  die  Stddateii  zusammen,  so  sollten  sie  aus  sich 
ihre  Anführer  erhalten,  und  zwar  sollte  Moog  den  Hest 
der  alten  fb'.ssiscUen  Garden  und  Vormschlag  den  Rest 
ile.s  rhi'm;iligt'ii  Hegiuiciits  -Kurfürst'  knmiaandieronf). 
Ihr  alten  Soldaten  wühlten  unter  dem  Land- 
vulk.  In  allen  (trti'ii  (Jbcrhessens  bildeten  sich  wie 
iiu  iJalin-  1H(M>  kleine  IJanden,  die  nur  auf  ein  Zeichen 
von  Marburg  warteten,  um  luBzubreclim.  Die  besseren 
Stäiule  vi'rliielti'u  Bieii  ileni  Inttriu-hnien  gegenüber 
nblelniend.      Ynn    den    luiberea    IJeamten    des    Departo- 

*)  Kfi  w'ml  alho  rlersotlw  IMaii  wio  \mm  Marburger  Aa£»taut] 
Vfiti  1S0<1  vcrfaliift.      Vgl,  dio    Aumh«({0    Kix-li»  ülicr  18("M5.      .Jj»  da 
luiKci)  nllu  Id'trf«"»-  in  Utcser  «iogend  tlicilgonomiiK«»,  «uil  die  Unlre 
vuh  K«utM>|  ({ekdimiien  wiiio.  dasH   nllo  nlton  Soldaten  sich  sloUeii 
»ollton.*  —  rii(or'siu'lmny[>iiikltMi  n    a.  o. 
••)  V|«l,  |fnioiiJHehimjp<nkf(-<ii. 
*")  elHMida. 
t)  Verhör  Stcrulx'i-gs.     licilogo  III.  h».  3l>i.    Vgl.  auch  Bei- 
U^  I,  N.  12.  IB,  8.  389. 


I 


3f>3 


nu-iilsi,  ilif  fast  iillu  Ikiit>tljt;  witreii,  l)*^Uj«niigi<"  ^k:li 
Niemand.  Audi  dif  StiidiMiti'ii«  bclieincii  hieb  iiulit 
betlji'iligt  zu  liabi-fj,  *ibw4ilil  sie  gerade  duixli  iiriniitliijiif« 
Veiordruingen,  wie  ilas  herüliuiti-  Kdict  <tf.s  Herrn  vun 
Wulff  über  da»  Barttragen,  gereizt  waren.  „Ks  läsjst 
.sich  vbt-ij  nicht  leuguen,  duss  ein  grofiser  Teil  gerade 
der  gebildeten  Deut.scliei),  durelidrungen  von  der  Un- 
möglichkeit des  Fortbestehens  der  alten  ZiistiindH,  sich 
durch  die  Neuordnung  der  Dinge  angezogen  fühlte  und 
an  sie  Hoffnung  auf  dauernden  Bestand  knüpfte,  Wolil 
iät  der  Mang*'!  an  Nationalgefühl,  der  dabi-i  zum  Vor- 
schein kommt,  zu  beklagen,  aber  wir  diirfen  doch  auch 
nicht  vergessen,  dass  unsere  Laudsleute  von  dunials  in 
einer  ganz  anderen  Kntwickehing  gestanden  habi-n  als 
wir,  ihre  weit  glücklicheren  Naclifahreii.  Im  Kaufnianus- 
und  Handwerkerstaude  bcwirktt^n  rein  praktissche  Hück- 
sichten,  duaa  man  sich  mit  dem  neuen  Gouvernement 
aussöhnen  zu  künrißn  meinte.  Sab  man  sich  auch  fast 
überall  in  den  Erwartungen,  die  man  anfanglich  auf 
(hiind  der  glrK'kverhci.sscnden  französi.^cben  Matiifestu 
hegen  zu  dürfen  berechtigt  schien,  «elir  bald  .^^tark  ge- 
täuiäclit,  mau  erkannte  doch  in  manclier  Bezieliung  eine 
Besserung  und  hoffte  immer  iictch  auf  die  Zukunft." 
So  schildert  tJoecke  treffend  die  Stimmung  der  besseren 
Kreise*),  —  Der  MarUurgor  Aufstand  ist  im  wesent- 
lichen eine  ICrliebiing  des  juedereii  Volkes,  vor  fdlem  der 
Lajulbevnlkerung,  iler  Hauern  und  der  alten  bes.sisehen 
Soldaten,  die  sich  aus  dem  rSauernstande  rekrutierten. 
Alles  ging  gut  von  Statten;  I'ulver  und  Blei  waren 
in  SIenge  vorbanden,  Man  gi>ss  Kugeln  und  suchte  die 
alten  hessischen  l'niformen  hervor,  „damit  der  Kurfürst, 
wenn  er  käme,  gleich  rlie  Seinen  erki'nne"**f.  Die 
Führer  der  Verschwörung  versammelten  sich    entweder 

•)  Ooerkc  a.  n.  0.  S.  l&i     Vgl.  niiteii,  S.  373.  374. 
**)  Vorhör  Moogs.  IJotersuchungsaktea  a.  a.  0. 


364 


in  8ternbergs  H:m.s  atii  lifiithof  in  Marburg  oder  in 
tiuriji  «insamcri  (idiöft  vor  der  8t<idt,  dem  (lörtzliHiiser 
Hnf.  Ks  war  siiiitt'r  ein  Aiikhigt>[iunkt  ^»'geii  Sternberg, 
,,rr  liubi!  mit  sriiieji  (VHisurteti  in  seiiii-tii  tiarten  üfture 
Knuren-rizitii  wobei  man  l'apiere  und  Landkarttrn 
br.iuclitc,  gvhaht,"  *J  Die  Führung  dos  Ynlkslitn^rt-Jä 
hatte  Stertjberg,  der  wolil  wussti^  das«  i'X  nicht?  vom 
Krie{•^5^v*)«e^  verstand,  dem  Obersten  Emmerich  über- 
,ueil  dief«»'!'  Jie  Soldaten,  wenigstens;  die  alten, 


■bei 


aus  Amerika  kenne  und  aueli  von  diesen  gekannt  sei."**) 
Sowie  man  genauere  Nachrichten  vom  Herannahen 
der  oesterreieliiscben  und  hessischen  Truppen  und  betref- 
fende Ordre«  vom  Kurfiirsti;n  hatt<\  wollte  man  los- 
schlagen  und  Marburg  überrumpeln.  Die  westphälischen 
Behörden  hatten  noch  keinen  Verdacht  geschöpft. 
Sternberg  hatte  so  klug  operiert,  dass  nicht  einmal  all« 
Betheiligten  vvussten,  dass  er  der  Leiter  war.  Kr  hatte 
die  Zöndsclinur  klug  im  Yerborgeufin  gelegt ;  auf  oinen 
Wink  von  ihm  platzte  die  Mine,  und  ganz  Uberhessen 
«tand  im  Aufstande. 

Aber  dieser  Wink  wurde  von  Sternberg  nicht  ge- 
geben. .Auch  über  diesem  rnternebnien  waltete,  wie 
über  den  übrigen  Aufstandsversuchen  dieser  Zeit,  kein 
glücklicher  Stern.  Gerade  als  der  Leiter  am  nöthigsten 
war,  wurde  derselbe  durch  eine  bö.se  Krankheit,  den 
Typhus,  auf  das  Krankenlager  geworfen.  An  Sternbergs 
Stelle  trat  jener  Mann,  dem  die  militairi.scbe  Führung 
de.s  Aufstundes  übertragen  war,  der  Oberst  Andrt*as 
rjunK-rJch. 

Andreas  K  m  m  e  r  i  c h  **)  wurde  im  Jahre  1 737  jtn 
Kilianstätt*'n  bei  Hanau    als  Sohn  iles  Hessisch-Hanani- 

•)  f.  Wotff',  Kurze  lJRi>ito!liinp  der  Verwaltung  dor  hoben 
I'olizci  etc.  1814.    S.  44. 

•♦)  Veihür  «torobergs.     Boilago  III,  S.  391. 
***)  Eine   auisführliehe  Lcbensgpscliichte  Ejtmtoriohs  existier 


sehen  Fitrstfirs  geboren.  Kr  widmetf  sit-h  zuerst,  dem 
Waidwerk.  I75ö  ging  er  «lacli  KngliUKl  und  tr;xt  als 
Jäger  in  die  Dieiistf*  des  Herzogs  von  {'umberland. 
Als  dieser  1757  das  Kommando  der  verbündeten  Armeen 
bekam,  kehrte  Emmt-rifh  mit  ilim  nsitli  Dentschland  zu- 
rfifk.  Er  trat  jetzt  als  Freiwilliger  in  das  neu  erricbtete 
Jägercorps  des*  Grafen  von  Scbuleiiburg  ein  und  zeiolinet« 
sieb  bald  als  kühner  I'arteigänger  ans.  Zum  Lubne 
für  seine  Dienste  wurde  er  Lieutenant.  Naeb  dem 
Kriege  ernannte  Friedrich  d«*r  Grosse  ihn  zum  Forst- 
meister, Krieg«-  und  Domainenrath.  F<r  legte  tlief*e 
(Stellen  aber  bald  wieder  nieder  nnd  ging  narli  Kiiglaiid, 
mii  bei  iler  Scli.'itzkamnnn*  seine  auK  dein  letzten  Kriege 
herruhenden  Forderungen  einzutreiben.  Kr  haue  bier- 
mit  ki^ineti  Krf<rlg,  erhielt  al)er  di»'  Stelle  eiin's  l)e|)nty 
.Snrveyor  General  in  den  königlichen  Forsten.  llt*j 
Ausbruch  des  Amerikanischen  Krieges  errichtete  er  als 
Obersttieutenant  und  Commandeur  ein  Cor])S  Küchter 
Trtijipen.  Auch  in  dem  fremden  Krdtbeil  zeichnete  er 
siub  aus.  Nach  dem  Kriej^e  kehrte  er  nach  Deutschland 
zurück.  Mit  der  Kintreibuiig  der  Forderungen,  die  er 
aus  dem  Amerikanischen  Kriege  an  den  Kngli.scln-n 
Schatz  zu  stellen  hatte,  hatte  er  ebenso  wenig  Frtolg, 
wie  mit  den  früheren  Ansprüchen.  Kine  englische 
Pensioei  bezog  er  nicht,  wie  Lyncker  annimmt.  So 
versank  er  immer  mehr  in  Dürftigkeit.  Er  lebte  zu- 
erst in  Köln,  dann  unstüt  bald  hier,  bald  dort.  Zuletzt 
hielt  er  sich  in  Marburg  auf.  Hier  trat  er  in  Ver- 
bindung mit  Dtirnberg.  Bei  dem  Unternehmen  des- 
selben war  er  zum  Führer  des  Aufstandes  in  Oberhessen 


nicht.  E-s  würde  dazu  luii  h  an  .Matnial  felilcu.  Rr  sollest  kiViulpto 
lliH  oino  KDlhstblofjrapIric  in  5  ISiiiiüon  nn.  DK'«elW<  ist  uKor 
uichf  orsehioricn.  Vj;L  /.iirn  K(vI(;(>iiiJoii  f.»,  lAtmiun,  Kiniiunrrli, 
llesHisches  Jalirbiii-h  lSö4.  S.  148  IT. 


bcstiranit*).  Kr  liat  sicli  dann  oliiic  Zaudcfni  Storii- 
berg  zur  Verfügung  gestellt  WHSPntlich  er  hat  dazu 
bf'igotragf^n,  die  alten  Saldaten  zu  g^winnfii,  denn  er 
kaiintn  dio  ältoron  vim  AnuTika  her.  Sein  Name  war 
g«u-ht<*t  und  gefürchtet.  Audi  verschmrihte  er  es  keinps- 
w<*g8  dip  Kneipen  des  niedenii  Volkes,  das  den  martia- 
lischen Erzählungen  df*.s  alti-n  Ofticier«  gern  lausfiite, 
anfzustirhon, 

Kmm**rich  war  seiner  Aufgabe  nicht  gewaclis«m. 
llun  ist  (lit*  Sclmlcl  zuzusjtlireibi'ii,  dass  der  Aufstand 
unter  den  ungünstigen  VerliiUfuishen.  die  zum  Mifjslingen 
fiihreu  inussten,  nicht  unterblieb.  Wäre  Steniberg  nicht 
erkraidU,  so  hätte  der  Anfstand  wahrHeheinlicli  niP 
stattgefuiulen  **).  Aus  den  Briefi^n,  die  Sternberg  vor 
seinem  Tode  sehrieb***),  sclieint  hervorÄUgeh<*n,  dass 
Kmniericli  gegen  das  ausdrückliche  G«*bot  Sternberg-s 
Insgeschtagen  hat.  Steinberg  fidlt  über  ihn  ein  selir 
hartes  lirteil.  Kr  .schreibt:  „Jetzt  erst  erkenne  icli. 
Welch  t'iii  Mensch  der  Emmerich  ist:  ein  Prahler,  ein 
Lügner,  ein  l'nver.ständiger,  ein  Manu,  dem  weder  Ehren- 
wort noch  Ihindscldag  lieilig  sind.  Ich  kann  nichts 
mehr  als  —  ihn  verachten?  am  wenigsten  doch  als  einen  H 
ErUiirnTlicheii  bemitleiden,  und  seine  Handlungsweise 
verachtet).  ICiii  Ptdtron  i.st  er.  ein  Aventurier.  Viel- 
leicht t.'^t  e-s  hart,  da^^s  ich  von  einem  Manne,  der  noch 
einmal  .so  alt  ist,  al.s  ich,  iio  .spreche,  aber  ich  habe 
auch  wolil  Ursache  dazu."!)  Aehulich  nrtiieilt  Landau: 

*)  Vgl.  LijHcker  a.  a.  ü.  Lyuckrr  stützt  sich  nuf  oino 
Acusscrun^;  Maitiu?;,  des  bokaunfon  Thoilnchmcrs  nm  Dörnbor^;- 
H<.'heu  Aufstaud. 

•*)  \'^\.  I.iinrLnn  l!rinoiktnig  a.  a.  0.  S.  179.     .„Bin  Aurcii- 

Koupe  crxJihit  jedoch,   dn.^s  Stoinberp  an  dein  unzciligori  Ausbruch 

des  .\uf*.tnnd<>s  nicht  St:lai!d  goweaen.'' 

"»♦♦)  VkL   UeilaKö  lY.  S.  393  fT. 

t)  \\'l.  Ih-ilaf-e   IV,    2.   S.   397.      Vgl.   nnnh    die   Stolle   in 

Üiii'l   ri:  „Miiiicid  iiinl  Vormthcifi  stürzou   iiiith  his  Grab.''     Vgl. 


„Kmmerich  gphörte  zu  ji-iirii  waglialsigen  Mensclien, 
die  zu  allein  bereit  siiK.I,  nur  um  iliren  Tliuti-iiiliir.^t  zu 
befrietligtri,  uini  b^i  (Iciien  es  mir  du  von  uliliiiiigt,  tu 
weltlio  lialni  das  Schicksal  sie.  wirft,  um  ,siu  zum  Hidden- 
tlmme  zu  fübreii  oder  sie  zum  Sclu-etkun  dt^r  Mi^iiscbhfit 
zu  uiacliftn/'  *)   — 

Die  Urtlieile  sind  wohl  t^twas  zu  hart.  Etnnu'rii-b 
bat  nitdit  blns.s  au.>i  Abrntfiuer.sutht  **) ;  sondern  nncdi 
bestem  Wissen  und  in  be&ter  Absicht  gehandelt,  abpr 
er  war  seiner  Aufgabe  nicht  gewacbstn.  Er  war  ein 
t4i|)ferer  Handegen  und  Daranfgiinger  der  alten  Schule. 
Er  Ware  geeignet  gewesen,  die  Bauern  und  Srddateii 
gegen  eiiui  Batterie  zu  führen,  denn  Muth  hat  er  oft  be- 
wiesen***), aber  er  war  nicht  fiUiig  eine  Erhebung  klug 
KU  leiten,  l'-r  war  kein  Politiker  und  I)i|diirn;\t,  sondern 
nur  Soldat.  Vielleicht  ist  aus  diesejn  Grunde  die 
Leitung  des  Aufstände»  8ternberg  und  nicht  Emmerich 
übertragen.  Sternberg  und  Emmerich  ergänzten  sich. 
Ersterer  war  der  Kopf,  letzterer  die  Faust.  .Sowie  der 
Knjjf  fehlte,  machte  die  Faust  Thorheiten. 

Sobald  der  alte  Oberst  an  der  Spitze  steht,  zeigt 
sich  eine  Planlosigkeit  und  Ljnvorsichtigkett,  dio  grenzen- 
los ist.  Die.  ("orrespondenz  mit  den  auswärtigen  Leitern 
—  aut-di  Briefe  von  Schill  wurden  gefunden  |l  —  wurde 
so  otfenherzig  betrifdien,  da.ss  es  allgemein,  nieiit  bloss 
seinem  llau.swirth,  dem  Bäcker  Justi,  nufhei.  Wie  un- 
vorsichtig er  war,  geht  daraus  hervor,  da.ss  er  qh  ver- 
säumte bei  Ausbruch  des  Aufstandes  seine  compromit- 
tiert^ntlen     BrietVichaften    zu    verbrennen.     Als    er    narh 


aueli    den    Aiisdruek:    „Eininoiiehs   nnlioaonnones    Reginnots'"    in 
Uiiet  2. 

*)  Lnmlfni  a.  ft.  O.  S,  149. 

^*)  \^\.  (iiierJce  ii.  a  0.  S.  193.  dagepoii  t-aitrhr  nii.ii  S,  \1'.\. 
"**)  Vgl.  Lmuiftu  a.  a  D.  S.  ir.0  IT. 
t)   Vgl.  Monilenr  wesl|ili.alion 


368 


Ka$8f>l  abgf'fiilnt 


dem  Mitgefange- 


ilf,  äusserte  e 
11**11  üCititlMT "').  „Wtim  man  seine  Briefe  fände,  würde 
er  unausbleiblich  erscliusst-n."  **)  —  Auch  sonst  ver- 
säumte er  die  einfaelisten  Vurstuhtsmassregeln.  Er  hi«lt 
in  den  Sciienken  Marburgs  und  der  umliegenden  Orte, 
besonders  in  Ockershausen,  aufregende  Keden.  So 
wnsste  bald  Jedermann,  das.s  ein  neuer  Aufstand  ans- 
zubrecben  drohe***).  Sternberg  konnte  niclit  warnend  auf- 
treten, deim  er  war  dem  Tnde  nahe.  Auch  dtsm  fran- 
ztisischen  l'räfecten  Baron  von  Berlepsch  kamen  die  Ge- 
rtielite  ku  Ohren.  Rr  liess  Emmerich  vor  sieh  kommen, 
aber  der  alte  Mann  machte  einen  so  nnbe<l«'ut)'nden 
KijulriH^k,  dass  er  frei  gelassen  wurde.  Dneh  erhit'U 
der  Generalkuramissar  der  Ijolim  Polizei  v.  WolflF,  «1er 
sich  auf  einer  Dicnstieisi:  in  Vaelia  luvfand,  am  21.  Juni 
Bef<'lil,  iiacli  Marburg  zurückzukt-liren,  da  man  einen 
Aufstand  befürcbtete  j), 

Der  Vorgang,  da.s.s  Emmerich  zum  Trüfecten  b<»- 
Rchieden  wurde,  hat  den  .Aufstajid  zur  Unzeit  hervor- 
gerufen. Kmmerich  glaubte  sich  verrathen,  er  wollt.e 
daher  der  Wcstphälischen  Regipruug  zuvorkommen.  In 
KrinneniDg  an  all  die  kühnen  Thaten,  die  er  früher 
v«dlbraclit,  hielt  er  es  für  mcighcb  auch  mit  einer  kleinen 
Schaar  Leute  Marburg  in  Besitz  zu  nehmen.  In  der 
Citadclle,  dem  Schloss,  wollte  ev  sich  dann  so  Inn^e 
halten,  bis  nach  der  Verabredung  die  Verstürkungen 
aus  den  anderen  Orten  und  die  Hessischen  und  Ot»8ter- 
reichi.sch»>n  Trui»]»en  eingetioffiii  wären.  Die  Gerücht«» 
halten  die  Aimidierung  dieser   Troppen   gewaltig   uber- 


')  Verliiir  des  Onutlu«r.  oi-tirlmsson  nni  19.  Jiili  1H09,  Tnler- 
siieliiiugwikteii  n.  n.  0.      Vgl.  Ifoil.  l  u.  11,  S.  ;j8y.  .S90, 

♦♦)  Verhör  Oüiitliei-s  vfun  'A.  Juli  tWKi.     l'ntentuchungsakU'n 
ft.  a.  0. 

*•*)  V<;J.  Uutci-sucliunpsaktcji  a.  n,  O. 

t)  '■•   nW/T"  a.  a.  O. 


triftben.  HJRrzu  kam  noch,  das:«;  die  iingstlicli  in  WVst- 
phaleii  gelieiui  gehaltciu'  Nachricht  vom  dt^r  Niederlagn 
Napoleons  Iku  AsperTi  die  Hfiffnung  auf  bessere  Zeiten 
rege  gemacht  hatte. 

Kmmerich  glaubte,  der  güiistigti  Moment  für  den 
Aufstand  sei  gekommen  und  so  schlag  er  los.  Auf 
Sternherg  hat  ftr  wahrs^chtMiilieh  iiioht  mfhr  gehört, 
weil  nr  annahm,  dass  dics^ir  todtkrank  sei  und  ho  kein 
Urthteil  über  di«  zeitige  Lage  habe^  die  er,  Emmerich. 
für  sehr  günstig  hielt.  Kr  gab  Befehl,  dass  sich  die 
Verschworenen  aus  den  Orten  ückersliausen,  Kaldern, 
Sterzhausen  am  23.  Juni  in  OckershauHen  versammeln 
sollten.  Mit  dieser  kleinen  »Schaar  wollte  er  den  Hand- 
streich wagen. 

Schon  am  22.  Juni  erfolgten  iii  Sterzhausen  bei 
Marburg  Tumulte.  Auf  einer  Holzversanunlnng  erschien 
der  oben  erwühnte  Moog  mit  einer  Proklamation  des 
Kurfürsten  und  forderte  die  Bauern  zum  Aufstand  auf. 
Die  Mahiunige»  di^s  Mair^s  fruchteten  nicht*j,  am 
nächsten  Tage  folgten  die  Bauem  dem  Aufwiegler  nach 
Ockershausen. 

Am  Abend  des  24.  Juni  %'ersammelten  sich  die 
Verschworenen  an  dem  angegebenen  Orte.  Emmerich 
und  Vormschlag  hielten  zündende  Reden  und  suchten 
die  Ziigernden  durch  Drohungen  fnrtzureissen.  Nach 
der  Aassage  de.s  Daniel  Muth  bedrohten  sie  diejenigen 
mit  dem  Tode  und  mit  Verbrennung  des  Hauses,  die 
uiclit  mitgehen  würden  *). 

In  der  Nacht  gegen  1  Uhr  rückte  die  kleine  Schaar, 
nach  einer  Nacbricht  waren  es  45,  nach  dem  ofHciellen 


♦)  Verliiir  des  Üauiel  Muth,  erscbosseo  am  la.  ,luli  IRiy. 
Tn  den  UntcrBiiohiingsakten  der  illiiigen  Angeklagton  finden  sich 
dagegen  Aussagou.  datw  Nioinand  diirHi  Droluingoii  zur  Tlteil- 
imhino  am  Aufstand  gezwungen  sei. 

N.  F   B4.  XV Jl.  24 


irr 


S70 


Rpriclit*)  IBO  Mann**)  —  gfgpn  Marburg  vor.  Der 
grösste  1  heil  dcrstillmn  rückte  durch  den  „rothen  Graben" 
zu  dem  vr>r8c-hl*iss«iien  Harfüss^r  Thor  vor  und  machte 
hier  Hiili  Auf  dem  Marsche  nach  diesem  Thore  traten 
ihnen  ttinige  üeiisdarmen  entgegen.  Sie  trieben  die- 
selben zurück  und  nahmen  dem  Gensdann  Wellhausen 
sein  I'ferd  ab.  Kiu  Theil  der  Verschworenen  drnng 
am  Grüner  Thor  durch  ein  offenes  Seitenpfuttchen 
in  die  .SüuU.  ein,  eilte  durch  die  »Strasse  „Am  Grün" 
zum  Barfü.sser  Thor,  überrumpelte  die  Thorwache  und 
öffnete  die  Thore.  Die  Aufstündischen  drangen  ein, 
entwaffneten  die  Soldaten  und  rüsteten  sich  mit  den 
abgenommenen  Flititeii  und  .Säbeln  aus.  Emmejrich 
rflckti^  iruii  bis  /.um  Markt  vor  und  bereitete  der 
dortigen  Wache  dasHelbe  Schicksal.  Dann  zog  er  durch 
die  Stadt  bis  zum  Ritter***).  Hier  stellte  sich  ihm  die 
Priifectwrgarde  in  den  Weg,  wurde  aber  zurückgetrieben. 

Es  entstand  ein  gewaltiger  Tumult.  Die  Bauern 
scho8!<en  und  lärmten.  Die  Bürger  stürmten  mit  den 
Glocken,  um  der  Umgegend  da»  Zeichen  zum  Losschlagen 
zu  geben.  Berittene  Baueniburschen  galoppierten  durch 
die  Stadt  und  riefen  :  „Lichter  heraujs,  die  kurhessische 
Kavallerie  vor". 

Die  westphäli^clien  Beamten  und  Offiziere  wurden, 
obwohl  sie  wusstt-n,  dass  ein  Aufstand  auszubrechen 
drohe,  völlig  überrascht.  Nur  der  Prufect  verlor  den 
Ko]>f  niclit.  Er  schickte  sofort  einen  Konrier  nach  Hanau, 
wo  der  Herzog  von  Valmy  mit  einem  grösseren  Corps 
.stand,  und  bat  um  Hülfe.  Unter  den  übrigen  Beamten  und 
Offizieren  herrschte  eine  grosse  Panik.  Wolff  gibt  ilavnn 
in    seiner    Flugschrift    eine,     ergötzliche    Schilderung  f). 

*)  Vgl.  S.    371. 
*♦)  Na«:h  dem  Monilour  \Ve,Hfplialic!i  wai'eu  es  liOO. 
•**)  B^-lcaimtes  L]a.sniauH  ki  Marluirg. 
t)  r.   ll't,l/l  a.  a.  U.  S.  40. 


371 


„Manehpr,  sagt  er,  fühlte  sclmn  das  Kisen  in  seinpn  Ein- 
geweidi'ii."  Dift  meisten  suchten  ihr  Heil  in  der  Flucht, 
andere  verstet'kten  awh.  So  verkrocli  sich  dfir  Gen- 
darni<n'it*-Kapitaiu  Duduri ;  ein  Bc-rgisülior  OÜiziiT  fand 
hidtor  di-'n  Mörsern  des  Hofapotheker  Hesse  sich  nicht 
sicher  genug  und  kroch  ins  Stroh";  ,,ein  angesehener  Be- 
amte ttüchtete  sich  unter  das  Bftt  seiner  Magd".  Die  kleine 
Garnison,  etwa  110  Mann  grossherzogUch  Bergiftcher 
Tru[ipen,  verliess  die  Stadt  durch  das  ElisabethtT  Thor 
und  stellte  sich  vor  demselben  auf,  um  die  Strasse  nach 
Kassel  zu  decken.  Der  Plan  war  gelungen,  Emmerich 
war,  wenn  auch  nur  auf  sehr  kurze  Zeit,  Herr  der 
Stallt.  Der  Zufall  entriss  ihm  den  Sieg,  den  er  freilich 
wohl  schwerlich  lange  behauptet  hatte,  von  Wolff*) 
erzählt  den  Vorgang  etwa  folgendermassen :  „Der  Kom- 
mandeur der  Westiihälischen  Truppen,  Major  von  Dalwigk, 
welcher  etwa  mit  200  Mann  —  ßergische  Truppen,  Prä- 
fecturgarde,  Gensdarmen,  Veteranen  —  vor  dem  Eli- 
sabetber  Thor  stand,  schickte  seinen  Bedienten  in  die 
Stadt,  um  aus  seijier  Wohnung  etwas  Leinwand  und 
Geld  holen  zu  lassen.  Der  Diener  wurde  unterwegs 
von  Bauern  befragt,  wer  er  wäre.  Er  verlor  die  Geistes- 
gegenwart nicht,  machte  glauben,  er  sei  auch  einer 
der  Aufrührer,  worauf  der  andere  klagte,  da.ss  alle  Ver- 
bündeten ausblieben,  und  daes  sie  etwa,  45  Mann  stark, 
zu  schwach  wären,  was  au.szu richten."  Der  Diener 
kehrte  sofort  zu  seinem  Herrn  zurück  und  meldete  ihm 
das  Gehörte.  Dieser  rückte  nun  mit  .seiner  Truppe 
in  die  Stadt  ein  und  drang  unter  Trommelschlag  bis 
7um  Markt  vor.  Hier  stellten  sich  ihm  die  Aufstün- 
dischen entgegen,  aber  durch  einige  Salven  wurden  sie 
auseinander  getrieben.  Einzelne  fielen,  den  Meisten 
gelang  die  Flucht,  Emmerich  und  sieben  seiner  An- 
hänger   wurden  gefangen.     „Dem  Spass   war   ein    Ende 


•)  r.   VVolff  VL.  a.  0.  S.  41. 


24 


372 


gemacht",  sagt  Wolff  in  st^iiipr  frivolnn  Weiae.  Die 
Ruhe,  wurdn  schintJI  wieder  hprgest*.*Ht. 

Am  folg(iiid(>n  Tage,  dem  25.  Juni,  wurde  der 
"Vorfall  durch  den  Substitut  du  procureur  general  an 
den  Justizmiuister  »Siuieoii  gemeldet*).  E«  begannen 
sofort  die  Verhöre  durch  den  Untersuchuiig.srichter  (juge 
d  Instruction)  dnn  j>einliichen  Gerichtshofes  ^Tribunal  cor- 
rectioni^l)  —  weil  einzelne  Gefangene  sehwer  verwundet 
waren,  und  man  fürchtete,  daas  sie  sterben  würden, 
bevor  die  Commission  militaire  die  Untersuchung  über- 
nelimen  köiintf".  Am  26.  Juni  Abends  10  Uhr  rückte 
dt'T  Cieneral  Boyer,  t'hef  des  Genera Istabe.s  der  Obser- 
vtitionsarmee,  mit  150U  Mann  französischer  Infanterie, 
einr^r  starken  Abtheihmg  liragom^r  und  einer  Batterie 
leichter  Artillerie  in  Marburg  ein**). 

Jntzt  konnte  die  Untersuchung  durch  den  General- 
Cnmiiii.s.sar  v.  Wolff  in  Scene  gesetzt  werden.  In  der 
Stadt  herrschte  die  Stille  des  Todes.  Tag  und  Nacht 
zogen  die  Patrouillen  durch  die  »Strassen.  Am  28.  Juni 
kam  die  Antwort  vom  Justizminister  aus  Kas.sel  ***).  Es 
wurde  zunächst  Bericiit  vom  Präfecten  und  vom  Pro- 
cureur du  roi  von  Hanstein  eingefordert.     Dann  wurde 

•)  Wir  theilen  den  Bcriclit,  der  auch  durch  sein  ecbünes 
Frau  ziisisch  auffallt,  theilwoise  mit;  Va-g  les  um //eures  «prh  müuiU 
um  fimlp  des  itatjtfaun  'Jen  rnrtiißn«,  n  />««  prr»  15(K  *'«•«'  fHtU'e 
PPTS  ks  itorte.<f  de  la  rille,  a  deanitnr  la  garde  i)  la  portt  de  l)rniik- 
fort  et  en  orcupant  l'ctflisc,  ils  aonnireni  pendant  quelques  wiuutm 
lea  toram.  l^phiparl  ik«  bmtrgoüi  restoü  tranquilk,  t/ttoiqtse  quclt/ucs- 
Hti9  fonl  suspi-rl«  d'aroir  pris  pari  n  ce»  (roublcs.  Stluii  taut  n/t' 
jtarence   k   sieiir   EtnmfrMi^    aneien    coloiicl  ilniiritraut  ici  il  y  a 

qurlqttfui  iMui«  e*l  l'atüt'nr  de  ceife  imiurrection Ia-  dit  Kui- 

merirh  a  He  fail  prifotmier  votiime  ptu^ieum  autrt*,  qui  la  pfu- 
part  ont  He  blcsscB  ä  la  mort  etc. 

Brief  vom  25.  .Tiiui    1809.  —  A  »wi   KmUtnrr.  Mrmsieur  k 
mmislrr.  da  jualice  -    im  Sloatsaichiv  zu  Marburg. 
••)  Maiiiteur  Westi>)ialicii  vnin  27.  .\mn  1800. 
••*)  Brief  vom  28.  Juni    iSUtf.     StanLsjudiiv  zu  Marburg. 


373 


hnfohiBH  die  verdiicIitigKn  Bürger  zu  vi'rhöreii  und  Em- 
merich mit  den  andi-reii  Gefarigeiieji  nach  Kasst^  zu 
.scliick«n  *).  Der  Befehl  wurde  sufdii  ausgeführt.  Die 
Gefangenen  —  mit  Emmerich  acht  an  der  Zalil  —  wuiden 
unter  starker  Bedeckung  nach  der  Hauptstadt  gebracht 
und  am  1.  Juli  in   das  Oastdl  eingehefert. 

In  Cassel  beginnt  jetzt  die  kriogsgefiditliche  Unter- 
suchung. Man  hatte  den  Briefwechsel  Emmerichs  und 
darin  die  schwerwiegendsten  Schuldbeweise  gefunden. 
J*tnch  dem  Moniteur  fand  man  auch  einen  an  Schill 
adressierten  Brief,  in  dem  er  diesem  mittheiit,  „dass 
Diirnberg  bald  zu  der  unter  seinem  Befehl  btehenden 
lliUiberhfiude  stossen  würde."  Emmerich  benulitn  sich 
vor  dem  Kriegsgericht  standhaft  und  muthvoll.  Als  er 
nach  seinen  Genossen  gefragt  wurde,  antwortete  er  un- 
wilhg:  Ich  heisse  Emmerich,  und  verweigere  jede 
Aussage  **).  —  Nicht  so  verschwiegen  waren  die  anderen 
Gefangenen,  es  wurden  Geständnisse  gemacht,  die  eine 
Arizald  Marburger  Bürger  und  Bauern  der  Umgegend, 
besonders  aber  Sternberg  hart  belasteten.  So  .sagte  der 
mit  Sternberg  zusammen  erschossene  Günther  aus: 
Sowie  er  gehört,  sei  ein  gewisser  Namens  von  Sternberg, 
wohnhaft  in  Marburg,  mit  in  dieser  Sache  begriffen. 
Der  Muth  (ebenfalls  erschossen  am  19.  Julij  und  Haber- 
korn müs.sen  aiich  darüber  mehrere«  wis-sen,  denn  .sie 
hätten  ihn  mehrmals  erwähnt  ***)".  Nach  BVj/^*f)  sollen 
gegen  Sternberg  auch  eine  Anzahl  Denunciationen  ein- 
gereicht sein. 

Am  2.  Juli  traf  aus  <*aösel  der  Befehl  an  den 
General-Commissar  von  Wnlff  in  Marburg  ein,  tSterttberg 
zu  verhaften.     Wolff  erzählt  in  seiner  Flugschrift  tt)>  ^^ 

*)  Moniteur  Wcstphaüen  vom  27.  .luni  1809. 
**)  So  Lyncker,  a.  a,  (>. 
•••)  Aussage  Günthers. 
t)  p.  Wolff  a.  a.  0.  S.  44.  —  ff)  übenda  S.  43. 


374 

Imhp  diK  Kranklu'it  Stembtirgs  als  Vorwuiul  luMiutzt,  um 
AuFsuliub  für  dii'  Aiisführuiig  tler  Verhaftung  zu  erlangen 
und  dann  zw«i  Herrn  im  Urt'idensteinischen  Garten  den 
eben  erhaltenen  Befolil  mitgcttuiilt  in  der  Krwartung,  sie 
würden  Stcrnherg  warnon  und  ilini  zur  Flucht  verhelfen. 
„Ich  will  zur  Ehre  dieser  Menschen  anniihmfin,  fiihrt  er 
dann  fort,  dass  sie  nicht  dachten,  die  Sache  würde  sulche.n 
Ausgang  nehmt-n,  als  sih  nahm,  sonst  wäre  ihre  «Schaden- 
freude satanisch  gewesen  ;  kurz  sie  warnten  Sternberg 
nicht,  und  leider  erfuhr  ich,  dasH  einer  jener  beiden 
Boin  geschworener  und  grösater  Feind  war.  Noch  in 
Händen  habende  Papiere  geben  hiervon  sichere  Kunde''. 
—  Üb  die  Aussagt^  des  Herrn  v  WolfF,  der  als  «in 
ziemlich  dunkler  Khrenmann  erscheint,  wahr  ist,  kann 
nicht  mehr  entschieden  werden.  Es  ist  kaum  glaublii-h, 
dass  er  sich  „des  einmal  erkiesenen  Staatsopfers  wegen", 
wie  er  sagt,  in  dienstliche  Lnannehnilichkeiten  gestürzt 
hatte,  zumal  er  Steniberg  nach  seiner  Behauptung  gar 
nicht  kannte.  Sollte  die  Warnung  aber  wahr  sein,  so  zeigt 
sie  uns,  wie  ablehnend  sich  die  besseren  Stände  dem 
Aufstand  gegenüber  verhielten.  Man  gab  den  Schnl- 
digeu  Preis,  um  Stadt  und  Universität  zu  retten.  Stern- 
berg hätte  die  Warnung  freilich  auch  nicht  ausnutzen 
können,  denn  er  lag  immer  noch  schwer  krank  zu  Bett. 
Am  *>.  Juli  traf  i'ine  ausserordentliche  Unter- 
sm-lmngskummission  unter  dem  Vorsitz  des  Haupt- 
manns im  3.  Linienregiment  fhf  Lonije  tle  Beauveset., 
Coiiintnuihitt  in  chef  du  Revnttemcnt  dans  la  /c  IHH- 
sion  inllilaiie  et  Rnpiiorteur  du  Sr.  Ttihunal  sjnkial 
militnirc  iKnnancnt,  .sf'aui  d  Cdiufcl  in  Marburg  ein. 
Ihr  gehörte  aueli  ein  Abgeordneter  des  Justizministers 
Simeon  an,  ein  Herr  Detroy*}.     Die  Sitzungsräume  der 


*)  Lipicker,  a.  a.  0.  S.  178  sclireiljt    Detroit.     Steruberg  ia 
seineu  Briefen  Detroy.     Vgl.  Beilage  IV.  L  S.  35M. 


375 


üntei'sDL'liiingK-(V»nimiKsic»]i  lu-fuiulnii  .siuh  im  8(-h\varzRn 
Adlt;r.  Jutzt  wurdn  iHo  Verliaftiing  iStüi  uburgs  ausgt?fülu-t. 
ööin  Haus  wurdü  durchsucht  und  allü  sein*;  8acheii  ver- 
siegelt*). Er  selbst  wurde  aber  Jiicht  in  die  G«tanguisse 
des  Schlosses  gebracht,  sondern  Wolff  wies  ihm  in 
seinem  Hause  —  dem  jetzigen  Hanse  des  Dr.  Hüter  auf 
der  Reitgasse  —  eine  Wohnung  an,  obwohl  dies  die 
Missbilligung  vieler  Einwohner  Marburgs  fand. 

Ob  dies  nur  durcli  Mensclicnfreundlichkeit,  um 
den  kranken  Mann  zu  schonen,  veranlasst  war,  ist  sehr 
fraglich.  Wolff  .scheint  vielmehr  die  Absicht  gehabt  zu 
haben,  eich  Stfirnbergs  Vertrauen  erwerben  und  so  den- 
selben zu  einem  Geständnis  zu  veranlassen.  tSternberg 
hatte  Zeit  gefunden  alle  verdächtigen  Papiere  zu  ver- 
nichten. Es  wurde  freilich  der  Comnüssiün  von  einem 
iJenuncianten  die  Adresse  von  Friedrich  Schlegel  in  Wien, 
die  man  bei  Sternberg  gefunden,  was  allerdings  sehr 
verdächtig  erschien,  überliefert,  aber  hierauf,  wie  auf  die 
unbestimmten  Aeusserungen  der  Gefangenen  hin,  konnte 
man  iho  nicht  zum  Tode  verurtheilen.  Man  wollte  das 
Geständnis  seiner  Theilnahme  an  der  Insurrektion.  Sein 
Tod  war  so  gut  wie  beschlossen,  da  man  von  seiner 
Schuld  überzeugt  war.  Auch  sollte  wohl  an  einem  hodi- 
gustellten  Mann  ein  Exempel  statuirt  werden,  um  so  den 
überaus  gefährlichen  Insurrektionen  ein  Ende  zu  machen. 
Wie  stark  die  Erbitterung  gegen  Sternberg  war,  zeigt 
sicJi  auch  darin,  dass  seine  persönlichen  Gegner  noch  ein- 
mal den  \ersuch  machten,  den  Gefangenen  in  ein  ge- 
wöhnliches Schlüssgefängnis  zu  bringen,  aber  ,,ein  Con- 
silium  niedicum'',  das  aus  den  l'rofessuren  Michaelis, 
Ullmann  dem  jüngeren  und  dem  St^dt-  und  Land- 
physik us  Hofrath  Schumacher  bestand,  sprach  sich 
gegen  den  Transport  des  Kranken  aus. 

*)  Ujief  des  iiauiituiantis  de  Longo  <ie  Beauveset  au  die 
Wittwe  Sterobergs. 


776 

Da  SUmberg  noch  sdir  «diwach  imd 
war,  hielt  maji  es  nicfat  fftr  schwer,  dciM^ben  snati  Gv- 
vtändnu)  zu  bringen.  Man  erklärte  deoMelben,  dans 
alles  verraihen  sei,  und  daas  namentlich  Emmerich 
wettgebtTode  Geständnisne  gcsBacbt  habe*). 

Als  Stemberg  trotzdem  lengneiei,  griff  WoW  an 
«in«;m  diabolischen  Mittel  das  Geständnis  zn  erlai^en. 
^¥ün(  Tage  lang,  erzählt  «r  **),  b<>harrte  Stemberg  dar- 
auf, HT  sei  UQJscbntdig,  da  *;rwi9chtf>  ich  von  ni 
diH  Aktfin,  —  an  anderer  Stell«***!  sagt  er,  man 
iiim  den  Einblick  in  die  Akten  s^^iner  Tbeilnabme 
dfn  Angeklagten  wegtun  nicht  geittatttrt,  —  die  mir 
«ehr  viel  Licht  gaben.  Die»  stellte  ich  ihm  den  6.  Tag 
Morgen«  gleich  nach  seinem  Erwachen  vor,  —  ich  be- 
stürmte ihn  zu  bekennen,  und  sich  so  wenigstens  den 
Wng  der  Gnade  nicht  zu  versperren."  \\s  der  Hofrath 
wankend  wurde,  wendete  der  edle  Commisitar  eine  Art 
geibtiger  Folter  an,  am  zum  Ziel  zu  kommen.  Er 
liatt"^  die  Gemahlin  des  Hofraths  aufgesucht  und  der- 
«(;lhen  vorgestellt,  dass  Alles  entdeckt,  und  dass  ihr 
Mann  verloren  sei.  Nnr  ein  offenes  Gestiindni.s  nnd 
di<:  Appellation  an  die  Gnade  des  Königs  könne  ihn 
retten,  hatte  er  zugefügt.  In  ihrer  Herzensangst  bat 
die  Frau,  die  keine  Ahnung  von  den  Plänen  ihres 
Manne»  nnd  den  Folgen  ihres  Vorgehens  hatte,  den 
Commits^ur  un)  Zula.ssung  zu  ihrem  Manne;  sie  wolle 
denselben  bewegen,  da.s.s  er  gestehe  nnd  sich  der 
(Inude  des  K«(nigs  empfehle.  Wolff  bestellte  darauf 
die  Frau  auf  denselben  Murgen,  an  dem  er  den  An- 
fstiirtn  auf  Sternberg  machte,  ~  eü  war  der  11.  Juli,  — 
Hin  4   riir  in  sein  Haus.     Kr  erklärte,  er  wolle  ihr  den 


*)  Fliomiif  gohcn   wohl  die  Anklagen   Stembergs  in  Brief  2 
Beil.  TV  Kuniok.    S,  397.     Vgl.  oben  S.  366. 
")    \l'„l/f  a.  a.  0.  .S.  47. 
•♦•)  obuuda  Ö.  4G. 


a77 


Zutritt  zu  ihrem  Manne,  den  dip  Commis.ston  ihr  vrf- 
wehrt  hiittfs  gütigst  gnwahnui.  Als  Sternberg  nun  bei 
(Ipii  Enthüllungen  Wffiffs  scliwankBnd  \vurtJi\  holte 
dieser  die  im  Nebenzimmer  harrende  Frau  herein.  Es 
spielte  sieh  nun  eine  ergreifende  Scene  ab.  Die  Frau 
beschwort  ihren  kranken  Mann  nffen  zu  bekennen,  nur  so 
könne  er  sich  retten.  Rndlic;h  wurde  Sternberg  mürbe, 
„er  ward  ühnmächtig,  begehrte  Wasser,  trank  und  rief 
dann  in  achraerzliich-sichtbarer  Verzweitiung  aus;  Ü 
Mann!  wie  hab  ich  Sie  zu  mHinem  Unglück  verkannt I 
—  ja  ich  bin  schuldig,  aber  nicht  wie  man  glaubt,  — 
ich  worfe  mich  in  Ihre  Arme!"*).  -—  Kr  forderte  Pa- 
pier und  Feder  und  setzte  sein  Bekenntnis  in  einer 
Form,  die  ihn  so  wenig  wie  möglich  compromittirte  **), 
selbst  auf. 

Wolffs  Plan  war  gelungen.  Lieber  seine  Infamie 
ein  Wort  zu  verlit-ren,  ist  iiherfln.**üig.  Er  giebt  zwar 
an***),  er  habe  sofort  ein  Begnadigungsgesucli  an  den 
König  nach  Sachsen  und  an  die  Minister  durch  Staf- 
felte gesandt,  aber  diese  Angabe  des  Ehrenmanns  ist 
zu  bezweifeln. 

Sternberg  hat  das  Spiel,  das  mit  ihm  getrieben 
wurde,  nicht  durchschaut.  Bis  zu  seinem  Tode  hielt 
er  Woltf  für  seinen  Freund  und  Wohlthäter.  Am  Rande 
seines  letzten  Briefes  steht :  „Dank  dem  G[eneral|-C[om- 
missair]  v.  Wolif'f).  Seine  Frau  hat  erst  s]Ȋt  durch- 
schaut, dass  sie  als  Werkzeug  benutzt  wurde,  um  ihren 
Mann  zu  vernichten,  Nach  dem  Tode  ihres  Mannes 
verehrte  sie  WolfF  einen  wertlivolleu  Flügel  ff). 

♦)  Wolff  a.  a  O.  S.  47  >icliteiht  hjp,  ihre  klein;  gomeiiit 
ist  V.  Wolff. 

*♦)  Vgl.  unten  Boüage  ill.  S.  391. 
'•»)  IViAff  ti.  a.  tl.  H.  48. 

f)  Beilage  IV.  Brief  4. 
ff)  Wulff  orklärtc  freiiidi.   or  habe  dewselbeti    von  der   Huf- 
itttbia  St.  gekauft. 


378 


Durch  Hhs  (Tfetfiiidnis  war  da«  Schicksal  dva  Hof- 
raihes  ent-jchiiedijn.  Man  hatte  jetzt  küinen  Grund 
mehr  d^Tiselben  in  Marburg  zurückzuhalten.  Am  12. 
JuU  wurde  ^'.T  mit  den  anderen  Angeklagten,  e« 
waren  fihif  Wagen  voll,  nach  Ivassel  abgei^chickt.  Stern- 
berg fuhr  in  seinem  eigenen  Wagen.  Bei  seiner 
Abreise,  geschah  dem  Armen  noch  eine  öffentliche 
Beschimpfung.  Die  Kunde  von  i?einem  Gestän<lniä  hatte 
sich  in  Marburg  verbreitet,  und  man  fürchtete,  .Stern- 
berg habe  %'iele  comproniittirt.  Als  er  abfuhr,  rief 
man  ihm  aus  der  Menge :  Judas,  Judas  I  —  zu  *}. 
Am  14.  Juli  wurde  er  in  das  Kastell  eingeliefert**); 
er  sollte  dasselbe  nur  zu  seinem  Todesgange  verlassen. 
Er  wurde  im  Kastell  gut  behandelt.  Der  f'ommandant, 
Major  von  Krupp,  ein  leutseliger,  menschenfreundlicher 
Herr,  der  Hauptniann  de  Longe  de  Beauveset,  der  oben- 
erwähnte Herr  Detroy,  die  Officiere  des  Kriegsgerichts, 
die  Wärter,  Freunde  in  ("assel  selbst  wie  die  Hofräthin 
lltlmantj,  suchten  dem  Mann,  der  im  Geheimen  schon 
zum  Tode  verurtheilt  war,  seine  Lage  so  leicht  wie 
möglich  zu  machen  ***). 

Die  kriegsgerichtliehe  Untersuchung  hatte  einen 
schnellen  Fortgang.  Sternbei'g  und  die  anderen  Ge- 
fangenen wurden  täglich  zweinml  verhört.  Der  Hofrath 
legte  sich  nicht  aufs  Leugnen.  ,,Ich  habe  nichts  Vftr- 
schwiegen,  verschweige  nichts  und  werde  nichts  ver- 
schweigen, Was  sollte  ich  für  Gründe  dafür  haben.  An- 
fangs glaubte  ich  verhindern  zu  können,  dass  nicht  Km- 
merichs  unbesonnenes  Beginnen  eine  Menge  Menschen 
ins  Unglück  stürtzte.  Dieser  Grund  fällt  jetztganz  weg", 
schreibt    er    an   seine  Frauf).      Er  glaubte   nicht   zum 

*)  Vgl.  von   IVoiff'ä   DfiretcUung  a.  a.  0.  8.  49.     ,Er  spielt 
sich  auch  hior  wieder  iiis  Froiind  titoniivergs  auf." 
••)  Vgl.  Beil.  II.  S.  390. 
*•")  Vgl.  die  Briefe  Storaborgs.     Beilage  IV.  1—2. 
t)  Vgl.  Beil.  IV.  Brief  2. 


379 


Tode  VHruitlieiit  zu  werden,  sondern  huffte  mit  Fe.stung8> 
liaft  —  walivsclitinlich  in  Mainz  —  davon  zu  kommen. 
Diese  HoH'nung  tüusehti'  ifin. 

Arn  IH.  Juli  wurde  Andreas  Kramericli  und 
zwei  ehemalige  kurhessischü  Soldaten,  Wendid  G  ü  iith  er 
Hus  Sterzliausen.  33  Jahr  alt,  frülieriir  Husar  (seit  17il2) 
und  Diiniel  Muth  aus  Ockershausen,  am  17.  Juli 
Sternberg  standrfichtlich  zum  Tode  vernrtlifilt. 

Am  18.  Juli  am  frühen  Morgen  wurde  Emmerich 
auf  dem  Forst  bei  Kassel  erschossen,  üer  alt«  Soldat 
sah  dem  Tode  kühn  ins  Auge.  Wie  die  Schill'schen 
Ofticiert!  verschmähte  er  die  Binde.  Die  brennende 
Tidjuk.spfeife  in  der  Hand  erwartete  er  die  tödtliche 
Kugel,    Kr  starb  mit  dem  Rufe:  ,,F!s  lebe  der  Kurfürst"*). 

Sternberg  wurde  durch  die  Verkündigung  des 
Todesurtheils,  obwohl  er  dasselbe  nicht  erwartet  hatte, 
nicht  erschüttert.  Kr  traf  seine  letzten  Anordnungen 
mit  Ruhe  und  schrieb  an  seine  Frau.  Auf  die  Giiado 
des  Königs  rechnete  er  nicht  mehr.  Der  Pfarrer  Götz 
btsreitete  ihn  zum  Tode  vor. 

An  seinem  Todestage  munn  ihm  noch  etwas 
Scbrecktiches  passirt  sein.  „Und  wenn  mir  jetzt  der 
König  Gnade  geben  wollte  --  nein,  diese  üeschimjtfnng 
ist  zu  gross",  schreibt  er  eine  Stunde  vor  seinem 
Tode**).  Worin  diese  Beschimi>fung  bestanden,  ist 
nicht  mehr  zu  erkunden. 

Am  19.  Juli  Nachmittags  5  l'hr  trat  er  zusammen 
mit  Günther  und  Muth  den  Tndesweg  nacli  dem  Forst 
an.     Um  6  L'hr  wurde  das.  Urthuil  vollstreckt. 

Heber  das  Endo  Sternbergs  liegt  ein  Bericht  des 
Majors    von    Krnpp     vor***),    „Die     fünfte    Stunde, 

♦)  Vgl.   lAtttdau  a    a.  O.  .S.  148,     Lyurker  a.  B.  0.  S.  180. 
•♦)  Vgl.  Beilago  IV,  Brief  4. 
♦*♦)  Brief  des  Major  vod    Krupp  an  dou  Geuei-al-Commissar 
von  Wolff.     Vgl.  Beilage  V. 


heiüst  es  darin,  Mittags  den  ]!).  dieHes  war  es,  in 
wtlchein  yr  mit  noch  zwei  des  Aufruhr.s  Angeklagi*^n 
und  lk'bt'rwi<*s*Mi(>i),  durch  ein  militairibches  Commando 
zum  Executionö-Platz  geführt  wiirdü.  Die  Zeit  vum 
Mittag  bis  dahin  um  5  Uhr  dauerte  Ihm  no  lange,  das« 
Kr  oft  nach  den  Kpnstern  ciltt;,  um  za  sohen,  oh  da» 
für  diu  bestimmte  (.'ommando  noch  nicht  komme.  Mit 
ausserordentlicher  Standhaftigkeit  betrat  er  tlen  Kxe- 
cutiona-Platz! trat  einige  Sehritte  zurück,  ver- 
band sich  selbst  die  Augen  und  empfing  ho  das  ihm 
zuerkannte  Hiei."  Er  war  schlecht  getroffen  und  lag 
wimmernd  am  Hoden.  Die  Kugel  eines  mitleidigen 
Jägers  machte  seinem  Leben  ein  Knde*).  Die  Opfer 
wurden  auf  dem  Executionsplatz  begraben;  eine  ein- 
same Eiche,  die  Sternberp-Eiche,  bezeichnet  ihr  Grab**j. 
Sternbergs  P'rau  glaubte  sicher,  dass  der  König 
Jerouie  Gnade  üben  W(«rdt!.  Sie  wollte  sich  nach 
Katjsel  begeben,  um  den  König  persönlich  um  dieäeUH< 
anzufachen,  aber  in  Jesberg***)  musste  sie  umkehren,  weil 
sie  die  Geburt  eines  Kindes  erwartete,  Sie  würde, 
auch  wenn  sie  die  Heise  ausgeführt  hätte,  ihren  Mann 
nicht  mehr  am  Leben  getroffen  haben.  Er  war  am 
Selben  Tage,  wo  sie  aufbrach,  erschossen.  Am  Tage 
nach  dem  Tode  ihres  Manne«  gab  sie  einem  Knaben 
das  Leben.  Sie  hat  erst  spät  erfahren,  dass  ihr  Mann 
erschossen  ist.  Ursprünglich  glaubte  sie,  er  sei  in  Folge 
seiner  Krankheit  gestorben  j). 


I 
I 


*)  Vgl,  Liftickrr  a.  a.  O.  S.  180. 

♦*)  Vgl.  ebeuda  S.  Iü8.  Das  Denkmal,  Uesäen  Grundstciii 
lü^'i  gelegt  wurde,  ist  uiclit  vollendet.  Auch  iu  Idarburg  findet 
sich  keitie  Oedonktafel. 

♦**)  .Jesberg,  zwei  Meilen  südlich  von  Fritzlar.     Wolff  schreibt 
.losliach,    OS   kiiniitu  deinuneh  aucli  der  Ort  .Inhbauh  gemeint  seiu^ 
walirs<,'lu>inlii.'iier  ist  abec,  dass  der  Flecken  .lusberg  gcineitit  ist. 
fj  Vergl.  Vorbemerkung  zu  Boilago  IV, 


381 


Die  Rädelsführer  waren  bestraft;  man  hatte  ge- 
zeigt, dass  man  alten  Anfstan dsversuchen  energisch  ent- 
gegentreten würde.  Jetzt  liess  die  Regierung  Milde 
walten.  Der  Justizministev  Simeon  war  gegen  jede 
unniithige  Strenge  xind  bewog  den  König,  „nachdem 
das  Exempel  gegeben  war",  Gnade  walten  zu  lassen. 
So  wurden  am  5.  August  18CK1  Friedrioh  Hrvhl^  Jo- 
hann Muth,  Daniel  Haberkorn,  C'hrisjtian  Matthaei, 
Friedrich  Keppler  and  Ludwig  Klos,  die  vom  Tri- 
bunal special  militaire  zum  Tode  verurtheilt  waren, 
begnadigt  und  in  Freiheit  gesetzt,  nachdem  sie  die 
Kosten  des  Verfahrens  getragen*).  Von  dem  Üeld, 
da«  Klos  bezalden  musst-e,  erhielten  der  marechal  de 
logis  f>0  francs  und  die  Agenten  der  Polizei  r>(>  frauca 
Belohnung  **). 

Der  Professtor  der  Mineralogie  Ullmann  erhielt 
nach  fiinfwöchentlieher  Haft  seine  Freiheit  wieder***). 
Die  am  Aufstand  betheiligten  Bürger  Josbächer, 
Cramerding  und  der  Chirurg  Klinge  I  hoefer 
waren  ,,in  das  Darnistädtische*'  geflüchtet  Die  Flucht 
erfolgte,  als  man  dieselben  ins  Gefängnis  bringen 
wolltet).  Am  2b.  August  theilte  der  JustizmTni.«*ter 
mif,  dass  der  König,  nachdem  das  Kxempel  statuirt  sei, 
gegen  alle  Flüchtlinge  eine  stillschweigende  Amnestie 
erlassen  habe :  sie  könnten  zurückkehren,  sollten  aber 
polizeilich  überwacht  werden  ffj.  Ausgenommen  von 
dieser  Amueistie  .sollten  die  Rädelsführer  Moog,  Koch 

♦)  Brief  des  JustizministerK  vom  ö.  August  180B.  Staat.H- 
art-hiv  tu  Marbiirp, 

**}  VerfügiiDg  des  HauptniaiiDä  do  Ijongc  de  Dcauveset. 
eiH?uda. 

*•♦)  Ijyneker  a   a.  tl. 
f)  Bericht    au    den    Justiz  in  itiistor    vorn    22.    Augiisr    1H09. 
Staatnarchiv  zu  Marburi;. 

tt)  Brief  dos   ■Justiziiiiiiistei^    vom  28    Aug.  IHK).     Staats- 
arohiv KU  Uarburg. 


nnd  Scholl  als  anverbesserlicb  werden,  denn  ees  3 
indivtdua  otU  prü  reilaviivemntt  pari  aus  troi*  rt- 
voUc$  siicceifshes,  ö  cellc  J806,  sur  Casaei  ei  Mai  bürg  f 
ces  iroia  Jtomiuea  sont  iitcorriifUAts* ). 

Auf  die  Amnestie  hin  kehrten  fast  alle  PlOcbt- 
tiiige  hl  ihre  Hcimath  zurück.  Obwohl  ea  sich  im  Ltttf 
der  weiteren  Uiitej»uchui>g  zeigt*?,  dass  noch  roanclt^r 
derselben  arg  compromittiert  war,  wie  Vormschlag, 
der  Gärtner  SternbergB,  der  Wirtli  Heuser  zu  Ocktr»- 
haaeen,  die  Ackersl^ute  Schneider  aus  Oberwalgero, 
Heuser  und  Rhein  aus  Cyriaxweitnar,  —  so  hielt 
die  Regierung  Wort  und  begnügte  sich  damit,  die- 
selben zu  überwachen  **J. 

Im  März  1810  wurden  die  Flüchtlinge  Koch  und 
Stnlj  prgriff«n  und  in  Marburg  eingeliefert,  »Sie  sollten 
abpr  nur  auf  reinen  ausdrückhclien  Befehl  des  Ministfrs 
vor  die  Geschworenen  gestellt  werden***).  Im  August 
wurde  auch  Moog  ergriffen  und  dem  Gerichtshof  über^ 
wiesen.  Kb  konnte  nun  das  Verfahren  gegen  sie  vor 
dem  peinHclH'tt  Gerichtshof  zu  Marburg  eingeleitet 
werden.  Die  öffentlichen  Verhandlungen  fanden  im 
Oct<ib»'r  statt.  Liebrigens  hatte  man  Mühe,  die  nötliigt'.n 
(iHKi-hworHuen  zusammenzubringen  f).  Am  29.  October 
I81Ü  wurden  die  Angeklagten  auf  Grund  der  Gesetze  vom 
14.  Februar  1795  und  vom  9.  April  1809  —  betreffend 
Hoc-hverrath  und  persönliche  Sicherheit  des  Landed- 
herrn  —  zum  Tode  verurthfilt,  aber  der  Gnade  des 
Königs  (empfohlen,  weil  ih  sotü  si^uittt  ])ar  le  profes- 
seuf  Sternlicnj,    qui  na  t'ftaryw'   ni  promesses   ni  me- 

*)  Brief  di<s  Jus-tiKininisten»  vom  12.  Mürz  1810  an  <leo 
Oeneral-Pnwui-our  v.  Hftustoiu.  Staatsarchiv  zu  Marburg.  IV- 
gleit«ohrc«Jbcn  dcH  Aiiuiestie-Erlassos;  obcnda. 

**)  Brii'f  dofe  Ministers  vom  28.  Miirz  1810.  Marburger 
Archiv. 

**•)  Brief  de»  Mini.sters  vom  3.  .Vpril  1810.     elieuda. 
f)  Bericht  an  den  Miuister   vom  28.  August  I8l0.     ebeoda. 


H83 


naces  ni  argent  pour  les  4garer*).  —  Am  selben  Tag 
erliielt  der  Superintp'ndpiit  .Insti  die  Weisung,  die 
Vt»riirtln'ilten  von  einem  l'rediger  lif^sni-lien  und  zum 
Tod«  vorbereiten  zu  lassen**).  Man  rechnete  also  auf 
die  Vollstreckung  des  Urthoils.  Aber  der  König  Hess 
;inch  jetzt  (Inade.  walten.  Unter  dem  3.  Dezember 
IWIO  wurde  mitgetheilt,  dass  die  Verurtheilten  be- 
gnadigt seien.  Die  Todesstrafe,  wurde  in  Gefängnis 
(Eisenstrafe,  peine  de.s  fers)  umgewandelt.  Miwtg  er- 
hielt 20  Jahre,  die  übrigen  je  10  Jahre  Gefängnis 
(Festung)  ***).  Die  Verurtheilten  wurden  nach  Magde- 
burg gebracht,  um  dort  ihre  Strafe  abzubü.ssen.  l>ie 
Freiheitskriege  brachten  auch  ihnen  die  Freiheit, 

Man  muss  aiierkenneu,  dass  die  Wastphklische 
Regierung  bei  der  Bestrafung  des  Aufstandea  viel  Milde 
hat  walten  lassen.  Es  ist  dies  wohl  vor  allem  dem 
Justizminister  Simeonf)  zuzuschreiben,  der  gleich  nach 
Unterdrückarig  des  Aufstaudes  die  Kommission  anwies, 
jede  unnüthige  Strenge  zu  vermeiden.  Er  traf  aber 
damit  auch  die  Absicht  des  jungen  Königs,  der  eben- 
falls kein  Freund  von  Grausamkeiten  war. 

Der  Aufstand  hat  wie  das  Drvriiberg'8{:he  linter- 
itehmen  keinen   glücklichen    Ausgang  gehabt.      Er  war 

•)  Bericht  an  den  .lustizniinistpr  vom  2ft.  Ocf.  1810.     ebenda. 
•*)  Bncf  des  flerichtaliofs  an  Snperintondont  Jnt-ti  vom  29, 
i><:t.  1810.    Staatsarchiv  zu  ilarliurg. 

•♦•)  Brief  des  Justizministcni  vom  3.  Doz.  1811).  olvetida. 
•\)  ^SiniMOu,  frühor  i'rofossor  der  Keelite  nj  Aix.  hatte  sieb 
in  A^w  stüiDiisolieD  Zoiteu  der  hV'volutiou  uctt  des  l'onsulats 
mchrf.arh  boiiierkliar  i^omadit,  wesliaU)  NapolMii  ihn  nach  Sfiiier 
K.aiäeikmDung  zum  Grafnn  nhotioii  ud<1  in  den  Staatsratb  («rufen 
hatte.  Er  i^t  als  ein  Mamt  voti  hoher  sittliu'her  Bildang  tiud 
^liinzoudcm  Ycrstandi«  bekauut  uitil  hat  dmch  liio  .]uhtizvi.Mfas.sxuig, 
welclio  das  Konigrojrh  wilhrend  der  s^hsjülirigeii  l>aucr  si-hios 
Ministeriums  urliii'll,  diu  IxTedtcstcn  I'roben  s<>iiioi-  Hi-fiihiguitg 
gegeben.  LyncKrr,  ^.Konig  Jerwiiie  umi  wiiie  Minister".  IJea^. 
Jalirb.  1B64,  8.  m. 


384 


wie  dieses  Vorhaben  an  lit-r  Theilnahmlosigkeit  der 
BeviVlktfiung  gescheitert  Nur  in  Folge  dieser  Apathie 
hatte»  die  Versuche  zur  Befreiung  des  Landes  von  der 
Knechtschaft  Napoleons  im  Wesentlichen  so  rasch  im 
Keime  erstickt  werden  können.  Jerouie  hatte  nur 
zu  recht,  mit  seiner  Behauptung:  ,,Der  Deutflchu  ist 
kein  Verräther.*'  Sein  gerader  Sinn  maelite  es  ihm 
schwer,  die  Schleichjifade  des  Verschwörers  zu  wandeln. 
Dazu  kamen  Schwerfülhgkeit  und  Nüchternheit  hi  seinen 
Anschauungen,  ja  auch  ein  gewisser  Grad  von  Indolenz, 
namt^nilich  unt«r  der  städtischen  Beii  ölkeruiig,  die 
ihn  nicht  sofort  begeistert  in  den  Aufruf  seiner  Be- 
freier mit  einntimnien  liessen.  Sein  Bilhgkeitsgefiilil 
erkannte  und  würdigte  auch  an  dem  neuen  Regiment 
manches  Gute"').  Kmmerich  hatte  gehofft,  das.s  sich 
lliin  .sofort  ganK  Marburg  aii-schhessen  würde,  aber  wie 
Ka.sseJ  bei  iJürnbergs  Laiteriiehmen,  so  verhielt  sich 
jetzt  Marburg  ruhig.  Nicht  einmal  die  Studenten,  die 
doch  json.st  für  ein  leichtlebiges  Völklein  gelten,  schlössen 
sich  ihm  an.  Die  Städte  sahen  mit  sehr  wenigen  Aus- 
nahmen die  Erhebung  ruhig  mit  an,  ohne  die  WafTeii 
zu  ergreifen.  Aber  auch  die  Landbevölkerung,  auf  die 
man  sicher  rechnete,  versagte  im  enbichejd  enden  Augen- 
blick. Die  Leute  wollten  erst  einen  Erfolg  sehen,  und 
als  dieser  ausblieb,  hielten  sie  sich  ruhig  zu  Hause. 
He.ssen  war  kein  Tirol. 

Es  ist  nicht  zu  hedüuern  und  zu  beklagen,  dass  der 
Marburger  Aufstand  zu  früh  ausgebrochen  ist  Hatte 
Emmerich  auch  noch  einige  Zeit  gewartet,  hätte  er  auch 
alle  seine  Streitkräfte  zusammen  gezogen,  er  würde  doch 
kein  glückliches  Resultat  gehabt  haben.  Im  besten  Falle 
hätte  er  sich  der  Stadt  Marlturg  und  Oberhessens  auf 
kurze  Zeit  bemächtigt  Gegen  die  überlegenen  Streit- 
kräfte aber,  über  die  die   ^Vest^)häl^sche  Regierung  ver- 

•)  Outr/.r  u.  liijen  a.  a.  ü,  S,  196, 


885 


fügte,  konnte  er  sich  auf  keinen  Fall  halten,  df*im 
das,  was  einzig  seinem  llnternplimeii  Bestand  und 
Erfolge  gegeben  linttf,  der  Kinfall  der  O^isterreicher  und 
KurlH'SSMi  in  da&t  Königrc^icli  VVest[<lialeii,  iiuttTblinb  in 
Folge  der  Ereignisse  auf  dum  grossen  Kripgssehau- 
(datze.  Kin  Abwarten  Emmerichs  liiitte  nur  vie]  mehr 
Leuti!  ins  Unglück  gestürzt  und  auf  den  Sandhaufen 
gebracht  —  Vip.lmehr  zu  tadeln  und  zu  bedauern 
ist,  dass  der  Aufstand  überhaupt  ansgebrncben  ist. 
Hierfür  trittt  Emmerich  die  Schuld  allein.  Wäre  »Stern- 
berg nicht  krank  geworden  und  hätte  er  die  Ober- 
leitung behalten,  so  wäre  der  Aufstand  nnterblieben, 
Sternberg  liiitte  bei  seiner  Vorsicht  nur  losgeschlagen, 
wenn  er  des  Erfolges  ganz  sicher  gewesen  wäre,  wt'un 
eben  die  Oesterreicher  in  das  Land  eingefallen  wären. 
Wie  der  Kurfüret  sali  auch  er  ein,  dass  Insurrektionen 
ohne  niilitJiirische  ßeihülfe  selten   Erfolg  haben.  — 

Auf  die  Ereignisse  des  gros.sen  Krieg.sscbau|)latzes 
hatte  der  Aufstand  wenig  Eintluss.  Jerome,  der  mit 
seinen  Truppen  in  Sachsen  stand,  scheint  sich  nicht 
sonderlich  beunruhigt  zu  haben,  da  er  sofort  über  die 
Fiinzelheiten  desselben  unterrichtet  war.  Er  gab  darauf- 
hin nach  Kassel  die  nötliigen  Weisungen  zur  Unter- 
drückung des  Aufstandes  und  zur  Bestrafung  der  Theil- 
nehmer  an  demselben  *).  Lyncker  **)  nimmt  an,  dasa 
Jerome  in  Folge  der  Nachricht  von  dem  Aufstande 
unruhig  geworden  »ei,  was  .sich  in  der  llnsicherbeit  dr^r 
Bewegungen  seiner  Armee  gezeigt  habe,  und  sich  bald, 
zur  Verwunderung  von  Freund  und  Feind,  mit  seinen 
Ciarden  in  Eilmärschen  nach  Cassel  zurück  begeben  habe. 
Diese  Annahme  ist  nicht  richtig.  Der  .aufstand  fand  am 
23.  Juni  statt,  aber  erst  am  19.  Juli  ***)  kehrte  Jerome 

♦)  Ooeckn  u.  Hgm  ft.  a.  0.  S.  196. 
••)  Lgtteker  a.  a.  o.  S.    180. 
••*)  Eh  war  ilor  ToUwstag  Sternberga. 
N.  W.   Bd.  XVll.  2Ö 


386 


mit  seinen  Gardpn  nach  Kassel  znröck,  „nachdem  ihm 
am  17.  Juli  Juli  10  Uhr  Abends  durch  dnn  Lieutenant 
Septeuil,  Adjutant  des  Marschalls  Berthier  in  Obtr- 
Frautnidorf  di«*  Nachricht  und  die  Artikel  finps  eben  be- 
.schlosst-iiRn  Waffenstillstandes  der  krif^gsführemten  Mächte 
überbraeht  war**  *).  Kr  wuHste,  dass  auf  dtjn  Waffenstill- 
stand dtT  Friede  folgen  würde  und  kehrte  deshalb  in  sein«» 
Residenz  zurück.  Vielleicht  stützt  sich  Lyncker  auf 
eine  Bemerkung,  die  sich  in  dem  Tagebuch  des  Gene- 
rale von  Wachhol  tz  tindet**).  Ale  dieser  nämlich 
den  missglückten  Ueborfall  von  Schiejz  erzählt,  durch 
den  Jerorae  von  den  Oesterreichern,  BraunBchweigern 
und  Hessen***)  aufgehnhen  werden  sollte,  beni*'rkt  pr, 
,,nian  könne  sich  nicht  erklären,  weshalb  d»'r  König 
von  Westfalen  Schlei/,  verlassen  hätte."  Wachholtz 
nimmt  als  Grund  des  Abzuges  die  Landung  der  Eng- 
länder hei  Vlissingen  an.  Lyncker  hat  wnhl  den  Mar- 
burger .Aufstand  als  Ifr.sache  des  Rückzuges  ange- 
nommen f ). 


♦)  Srfmeidan'mi,  Dor  Krion  Oesterreichs  ge^n  Frankreich. 
dessen  Alliirtn  und  tinn  Rhuiiibmid  im  .laJirc  l!S(jy.  1842.  IW.  IJ. 
S.  102.  194.  —  Europas  raluitibiicsJc,  llesterroiclia  Kiiogsgeschichto 
im  Jnhrü  1809.     I^ijizig  u.  Alteoliurg  1810.  Bd.  II.  S.  230  ff. 

••)  Aus  dem  TagelmpU  iJos  Oenerals  von  Wachholtz. 
Uraunschweig  1843.     S.  293  und  Anm. 

***|  Vgl.    uieinen  eretcn   Aufs,     .lahrg.   189J  dieser  Zoitschr. 
S.  330  u.  Anm, 

t)  WachholtÄ  giebt  an  der  angeführtea  Stelle  a.  a.  0. 
S.  293  Anm.  die  Schilderung,  die  sich  ülter  den  Feldrug  Jeromos 
in  T^  rtn/aume  de  We^lphulie^  Jeronie  linimajmrte,  m  rour,  «« 
famri'ta  et  «es  JumtMlres.  I'av  u»  trmoiti  orulaire  Paris  JS20 
S.  IIÜ  findet.  Die  Schilderung  ist  üli'rtrielieu,  sie  tautet:  Totit  Ir 
niomU  domiait  <ks  (/rdren^  et  j^emunnr.  n'en  rcccrail:  v'Hail  wie 
vraie  )H'lnudiere.  I^»  fimmtissnirr^  dcit  ffiierren  pillaieiil ;  Ifx  sol- 
dttta  Haind  eti  mnraude;  ks  yiWraux  jemaietif  rl  huuHpHiaieMt  le» 
piks;  un  iir  »arail  dans  tnut  crla-,  tpii eommntidni'f.  Ijn  mi  x'rUiil 
fait  minr  i/iir  um  partie  dt  sn  rour;   r'i'ldif  h»  ntnuuhrt^n^tt  de 


»87 


Auf  österreichischer  und  kiirhessischer  Seite  war 
der  Anfatanil  von  gntsserer  Bedeutxiiig  *).  Am  16.  Juli 
erhielt  der  Feldmarschalllieutcnant  von  Kienraayer 
sehr  übertriebene  Nachrichten  von  dem  i\ufstande.  In 
Hessen  sollte  eine  grosse  Revolution  ausgebrnchen  sein, 
und  in  Kassel  und  Marburg  viele  Franjinsen  umge- 
bracht sein.  Es  sei  scldeiuiigste  Hülfe  nüthig.  Kien- 
mayer theilte  diese  Meldungen  sofort  dem  Commandenr 
der  Hessischen  Legion,  dem  Oheratlientenant  von 
Müller  mit.  Dieser  fasftte  sofort  den  Plan  abzu- 
marsehiren  und  in  Hessen  einzufallen.  Es  wäre  so  das 
umgekehrte  Verhältnis  von  dem  eingetreten,  was  ur- 
sprünglich beabsichtigt  war.  Die  Insurrektion  sollte 
stattfinden,  wenn  die  Hessen  und  Oesterreicher  im 
Lande  wiiren.  Jetzt  rief  der  Aufstand  den  Plan  des 
Rinmarsehes  hervor,  Kienmayer  wollte  sich  zunächst 
gegen  Junot  wenden  und  rsach  Hesiegung  desselben 
auch  in  Westphalen  einfallen.  Müller  wollte  schon  ab- 
marschiren»  als  die  Nachricht  von  dem  Waffenstillstand 
von  Znaim  kam  Die  Expedition  war  so  vorliuitjg  ver- 
eitelt. Müller  hoffte,  dase  der  Waffenstillstand  nicht 
zum  Frieden  führen  werde.  In  diesem  Falle  wollte  er, 
vereint  mit  dem  Herzog  von  Braunschweig  in  West- 
phalen einfallen.  Aber  ohne  einen  Befehl  des  Kurfürsten 
mochte  er  niclit  vorgehen,  Er  war  ein  vorsichtiger 
und  verständiger  üfticier,  der  nicht  eine  abenteuerliche 
und  eigenmächtige  Politik  treiben  wollte.  Er  wusste, 
das»  er  mit  seiner  kleinen  Schaar  nicht  viel  gegen  die 
Truppenmassen,  die  die  Feinde  während  des  Waffen- 
stillstandes zusaramtMtgezogen  hatten,  ausrichten  konnte, 


fftMiaux,  (ir  voiiures,  tle  ealels  et  ik  gens  iniäikfi,  a  faire  ^n-ur;  ß 
w.  »nitt  m^mt,  s'il  n'y  arait  pna  quelfftte«  eomMima  au  qiutrtit^r 
ijrni'rni,  j>our  jtmrr  leit  prorertwf<  au  camp, 

•)  Vgl.   moijioii   Pisten  .\iifsatz  .lalirg.  iH91,  S,  :131,  334  und 
die  RniMiortc  v.  Müllers  iti  "Ion  Knotjsantcn. 

25* 


388 


aber  einem  HeMil  st^nes  Kriegsherrn  lilitte  er  Folge 
gtdinstet.  Ein  Bi-fehl  ths  Kurfürst«^»  traf  nicht  ein  und 
so  unt«?rhli«;b  die  ICxiH'dition  nach  Hpssen. 

Das  Complütt  des  Rittmeisters  v<iji  Itten- 
hofeii*),  der  mit  einem  Theil  der  Truppen  und  der 
Artillerit*  in  Feindesland  einrücken  wollte,  hat  mit  dem 
Marburjjjer  Aufstanii  nichts  zn  thun.  Die  Verschwörer 
gabRu  zwar  vor  dem  Kriegsgericht  an,  sie  wollten  Hessen 
insurgiren,  aber  sie  hatten  vielmehr  den  Plan  nach 
Ureinen  vorzudringen  und  in  Englische  Dienste  zu 
treten  **).  Auch  die  Desertion  des  Lieutenants  von 
N  atzmer  hängt  mit  dem  Aufstand  nicht  zusammen***)* 

Zum  Schluss  soll  noch  eine  Unrichtigkeit  Dynckers 
berichtigt  werden  f).  r*erselbe  sagt:  „Selbst  der  Kur- 
fihfit  von  Hessen,  weteheui  sicherlich  übertriebene  Kunde 
von  einem  Aufstand  in  Oberhessen  zugekommen  war, 
erwachte  auf  einmal  vtdl  FlotFnung  zu  neuer  Thatkraft. 
Kr  eilte  nach  Kger,  um  siich  an  die  Spitze  seiner  900 
Mann  starken  böhmischen  Armee  zu  stellen  und  seinen 
für  ihn  aufgestandejien  g(;treuen  Unterthanen  die  Hand 
zu  reichen."  —  Der  Kurfürst  hat  diesen  Plan  nicht 
gehabt.  \'A  begab  sich  erst  Ende  Juli,  also  nach  Ab- 
schluss  des  Waffenstillstandes  nach  Kger,  um  seine 
Truppen  zu  bi'sichtigen.  Nach  der  Revue  kelirte  er 
nach  Prag  zurück.  An  einen  Kampf  hat  er  nicht  ge- 
dacht tj)- 

♦)  Mein  Aufs.  Jahrg.  1891  8.  332. 
••)  ebönda  8.  333. 
•*•)  ebenda  8.  333,  A.  6. 
t)  Lyncker  a.  a.  0.  S.  180. 

ff)  ßri«r  des  Kurliirsteti  an  Ei7.liei7<i{;  Karl  vom  1.  Aug. 
ISniJ.  Kiirgsaktei)  BU.  I.  S,  t4i>,  8ta.'it-yin;l»iv  /.u  Matinirg.  .^loh 
bio  vuii  eiiior  Tour  ^.iirückgokonimoii,  die  iuli  iiuteiQüiuiueii  )iabe, 
um  meine  Tnippeu  zu  Ruhen.'* 


Beilage   1. 

Verxek'hnis  ävr  naihtrnsban-n  Thcihivhvicr  am  Auf- 
fitattä  XU  Marburg. 

1.  Johann  Hoinrich  Sternberg  aus  Marburg, 
Hufratb,  Professor  der  Medizin;  geb.  15.  April  1772 
zu  Goslar,   erscho-ssen  am  19.  Juli   180()  zu  Kassel. 

2.  Professor  der  Miiieralogit;   LI  11  mann    aus  Marburg. 

3.  Andreas  Emmerich,  Englischer  übrist  a.  D. 
aus  Marburg,  geb.  1737  zu  Kilianstättcn  bei  Hanau, 
frschos.seii  atn   17.  Juli  iHQi)  zu  Kassul. 

4.  Lieutenant  Hess  (Hesse)  aus  Marburg,  Bruder 
des  VBrwalters  der  füratlichen  Kalkbrennerei  (wolin- 
haft  am  Grün). 

5.  Bürger  Josbächer  aus  Marburg,  amnestirt. 

6.  Bürger  Crunierdinger  aus  Marburg,  amneötirt. 

7.  Chirurg  Klingelhöfer  aus  Marburg,  amnestirt. 

8.  Christian  Matthaei  aus  Marburg,  vom  Tribu- 
nal special  rnilitaire  zum  T<ide  vexurtlieilt,  be- 
gnadigt. 

9.  Friedrich  Keppler  aus  Marburg,  ebenfalls  zum 
Tode  verurtheilt,  begnadigt. 

10.  Daniel  Wuth  aus  Ockershansen,  Landmann,  ehe- 
maliger hessischer  ßoklat ;  erschossen  am  19.  Juli 
zu  Kassel. 

11.  Johann  Muth  aus  Uckershausen,  vom  Tribunal 
special  niilitaire  zum  Tode  verurthcilt,  begnadigt 

12.  Siegfried  Vorras chlag  aus  uckershausen,  28 
Jahre  alt,  diente  H  Jahr  beim  Kegiment  > Kurfürst* 
zu  Marburg,  Gärtner  »Sternberg»,  amnestirt. 

115.  Wirth  Heuser  aus  Ockershausen,  amnestirt. 
14.  Daniel    H  a  b  e  r  k  o  r  n    aus  Ockershausen  (?),    am- 
nestirt. 


390 

15.  Wendel  Günther  aus  Sterzhausen,  Landmann, 
33  Jahr  alt,  von  1792 — 1806  hessischer  Husar,  er- 
schossen am  19.  Juli  zu  Kassel. 

16.  Johannes  Moog  ans  Sterzhausen,  56  Jahre  alt; 
ehemaliger  hessischer  Soldat  29.  Oct  1810  zum 
Tode  verurtheilt,  zu  20  Jahr  Festung  begnadigt. 

17.  Ludwig  Koch  aus  Caldern,  32  Jahre  alt;  diente 
12  Jahr  8  Monat  bei  der  Garde-du-corps.  29.  Oct. 
1810  zum  Tode  verurtheilt,  zu  10  Jahr  Festung 
begnadigt. 

18.  Johannes  Stoll  aus  Wenkbach,  43  Jahr  alt; 
diente  27  Jahr  bei  der  hes.sischen  Garde  in  Kassel, 
29.  Oct  1810  zum  Tode  verurtheilt,  zu  10  Jahr 
Festung  begnadigt 

19.  —  Schneider  aus  Oberwalgern,  Landmann,  ehe- 
maliger Soldat,  amnestirt 

20.  Johann  Heuser  aus  Ciriaxweimar,  Landmann, 
amnestirt 

21.  Heinrich  Rhein  aus  Ciriaxweimar,  Landmann, 
amnestirt. 

22.  Andreas  Löwenstein  aus  Wetter,  Kaufmann, 
amnestirt. 

23.  Ludwig  Klos  aus  (?),  vom  Tribunal  special  zum 
Tode  verurtheilt,  begnadigt 

24.  Friedrich  Hohl  aus  (?),  vom  Tribunal  special 
zum  Tode  verurtheilt,  begnadigt. 

25.  —  Günther  aus  (?),  amnestirt 

26.  —  Rimmel  aus  (?),   ehemaliger  Soldat,  amnestirt. 


391 


Beilage    11*). 

XI.  He«8.  Geh.  Acten  16»«»  Colieft  **)  Nr.  27. 

Natneiälirhea   Verx mit h is 
derer  Rlilitair-  und  CiviFpftreonen,    welche  wegen  Itisur- 

rektion    durcli    ein    Krieg.sgericlit   zum  Tode  vorurtbeilt 
und  erschossen  worden  sind. 


Tag  dos        I 

^*"«-       1      UrtbeiLs. 

Eintritts                Vor-  und  Zuuaiiio. 

im  Kaätel. 

1809 

Zweite  Insurrektion. 

29,  April 

1. 

Wachttneister  im  1. 

Elbe-De- 

den 3.  Mära 

Cuira8sier-Reg.  Chri- 

partement 

1809. 

stoph  Honemann. 

30.  April  2J,  Friedrich  v.  Hasseroth 

AUendorf  den  13.  May 

\ 

1809. 

Dritte  Insurrektion. 

1.  Juli 

1-'    Andreas  Emmerich 

Im  Hanau- den  17.  Jiily 

1  ehmal.  Kngl.  übrist 

ischen          1H09. 

2. 

Wendel  Kinder***) 
Ackersmann 

Sterz- 

bau.sen 

3. 

Joh.  Heinr.  Sternberg 

Marburg 

dt-n  19. 

'             Professor 

JnlylÖOO. 

14.JuU 

4.          Dani««l  Muth 

Oekers- 

Ackersmann 

1 

bauäen 

*)  Eiujselblatt  im  StoatsarL-hiv  zu  Marburg.     Unten  aal 
doin  Utatt  stobt  mit  Bleistift:  I>ic  IIau|vt-  und  s|»czielinn  Verzcich- 
ijisso  liudon  sieh  in  dor  Bit^üotliok  zu  Williclmsliöli*)  uotof  doi  Ku- 
luik  llißtoirp  do  Hesse  in  ciut>tn  bcbond.  Foliobajid. 
")  nit'bt  lesbar. 
•*•)  Wendel  Uunthor. 


392 


Btiilagu   III. 
Verhör  Skrnbcrtjti  am  IL  Jtdi  ISffü. 

Da-ssnlhe  ist  eiäialtpii  in  tieii  L  nt.trsiiL'hniig.sakten 
des  L.  Kuch.  Der  Kommissar  v.  Wollt  giebt  in 
»einer  Flug:jelirift  S.  50  den  Inhalt  dus  Selltts>tb«kennt- 
nisses  .Sternbergs  ;in,  das  mit  einem  Tht^il  dus  Verliörs 
AHiinliclikeit  hat.  Zur  Vergleichuiig  w«^rd«n  beide  Aus- 
äugen  neben  «inander  mitgetheilt. 


Verhör, 
in.  Frage. 
Was  Comparent  seiner 
Seits  fiir   a'intm  Plan  habe 
btifolgen  wollen. 

A  n  t  w  o  r  t. 
Nachdem  ( "unipareiit  von 
der  Erliitterung  der  Bürger 
auffallende  Proben  gehabt 
nnd  von  seinem  Ciurtner 
Vormschlag  Nachrichten  er- 
halten habe,  dass  die  Bauern 
ebenso  gestimmt  seien,  da 
er  besonders  geliOrt  habe, 
du8s  diese  Erbitterung  be- 
sonders gegen  einzelne  Per- 
sonen gerichtet  gewesen, 
da  sei  bei  ihm  der  Ent- 
sehliiSä  gefasst  worden,  da- 
hin zu  wirken,  dass  die 
bevorsteliejiden  Grausam- 
keiten vermieden  würden, 
und  einen  nicht  zu  ver- 
meidenden Aufstand  zur 
Ordnung  und  einem  be- 
stimmten zu  leiten. 


Darstellung  v.  Wolffs 
a.  a.  0.  S.  50. 

Sternbergs  selbst  gesulirib- 
benes  Gestiindniss  war : 


er  habt!  durch  die  BesOP-' 
gnng  <ies  Clinicums  mit 
vielen  Handwerkern  Um- 
gang gehabt,  von  diesen 
das  allgemein  —  durch  die 
übertriebenen  Steuern  und 
das  Nichtbezahlen  für  ge- 
schehene Lieferungen  — 
verursachte  Elend  erfahren ; 
er  hätte  also,  wenn  er 
einige  tausend  Mentschen 
gesammelt,  mit  diesen  mit 
Casset  ziehen,  und  den 
König  vermögen  wollen, 
seine  Einan/plüne  zu  än- 
dern.  — 


393 


Hiurzu  haben  ihm  diu 
Suljordination  gewohnten 
Meiiselien  die  brauehbEirsten 
erschienen  und  deshalb 
habe  er  beiii  erstes  Augen- 
merk auf  die  alten  Soldaten 
gerichtet. 

Zum  Anführer  dieser 
Soldaten  habe  ihm  Emme- 
rich am  tauglichsten  er- 
schienen, weil  dieser  die 
Soldaten  aus  Amerika  kenne, 
wenigötens  die  Alten,  auch 
er  von  diesen  gekannt  sei 
und  weil  Comparent  ihn 
für  einen  guten  Menttchen 
gehalten  habe.  Waren  die 
Soldaten  zusammen,  ao 
solltun  sie  aus  a'mh  ihre 
Anführer  erhalten,  und  zwar 
sollte  Moog  aus  Sterz- 
hausen den  Rest  der  alten 
Hessischen  Garden  und 
Vormschlag  den  Rest 
des  ehemaligen  Regiments 
Kurlürst  konimamliuren. 


Beilage   IV. 
Briefe  Stcntberijs  an  seine  Ftan  ^). 
SternbiTgs    Frau,  Cliarhitte,    war  die   Tochter  des 
Kriegsraths  und  Stadtdirectors  Georg  Heinrieh  Siemens 

*)  Die  Briefe  sind  im  pjivafbesitz.  Sie  waren  dem  \'ev' 
fassor  von  der  EokeJüi  Storubürga,  Krau  Helene  Greve,  geb. 
Stern berg,  welche  vor  kurxem  gestorben  ist,  gütigst  eur  Pubti- 
ktttion  zur  VerfüguDg  gestellt. 


394 


za  Goslax.  Dit^selbe  hat  erst  sehr  spät  oder  gar 
erfahren,  dass  ihr  Mann  erschosäen  ist.  Man  liese  aäe 
in  dem  Gianben,  da&s  derselbe  an  deit  Folgen  seiner 
Krankheit  gestorben  sei.  Sie  hat  dalier  die  nachfol- 
gendt-n  Briefe  nie  erhalten.  Dieselbe  fanden  sich  im 
Nachia&s  ihres  Bmders  vor  and  wurden  dein  Sohue 
Sternbergs*),  der  Privatdozent  und  Rechtsanwalt  in 
Marbiug  war,  ausgeliefert. 

pjngeleitet  werden  die  Briefe  darch  ein  Schreiben 
des  Hauptmanns  du  Longe  de  Beauveset^}. 

Cassel  den  26.  Juli  18UM. 
Hochzaverehrende  Frau  Hofräthin  I 
Indem  ich  die  Ehre  habe,  Ihnen  einliegend  drei 
Briefe  Ihres  verstorbenen  Gatten  zu  übersenden,  benach- 
richtige ich  Ihnen  zugleich,  dass  derCoffr«  in  Verwaiimng 
bei  dem  Herrn  Major  Krupp  steht,  und  zu  jeder  Zeit 
verabfolgt  werden  kann.  Genehmigen  Sie  Frau  Hof- 
räthin die  Versicherung  meiner  Hochachtung. 

de  Longe  de  Beanveset, 
Kap|)orteur  vom  Militairischec  rermtincnlen 
Special  TribonaL 

Brief  U 

Kastei,  am  Tage  meiner  Ankunft 
1809,  Nachmittag»  •**)w 

Mein  theuerstes,  inniggeliebtestes  Weib! 
Kränker  am  Körper,  als  ich  von  dir  scheiden  mosal 
bin  ich  zwar  nicht  hier  angekommen,  aber  —  ich  fühle 


*)  gelwreii  am  20.  Juli  1800,  also  ain  Ta|^  nach  dem 
Todestage  seines  Vatcn..  Vgl.  oben  S.  380.  Er  ist  der  Verfaaser 
einer  Rc<;htsge6chichte.  Das  Geschlecht  der  8t«mbergs  ist  seit 
kurzer  Zeit  erloschen. 

•'J  Vgl.  Brief  l.  Äom.  6. 
•••)  Am  U.  Juli  1809.  -  Vgl.  Beilage  IL  S.  3ai 


395 

äin  Lükkti  neben  mir,  nur  allzuKelirü  Doch  iiniri,  ich 
will  für  nichts  davon  siig«ii:  Hu  wfisstj  wiis  icJi  dir 
sagen  iiiücbte.,  und  ich  besatir«  dir  und  mir  nichts  damit, 
wenn  ichs  ausspreche.  Gott  wird  geben,  dass  wir  uns 
bald  wiedersehen;  und  dann  soll  alles  vergessen  seyn, 
—  Alles  Ungemach I  Du  kommst  mir  dann  mit  einem 
gebunden  Kinde  entgegen,  das  unseren  Träumen  gleicht, 
und  nie  werden  wir  wieder  getrennt.  0  meine  beste 
Lotte  M! 

Mein  Kopf  ist  mir,  wie  du  denken  kannst,  »elu* 
wüat,  und  schon,  was  gestern  geschah,  ist  mir  wie  vor 
einem  Jabre  geseheben.  Aber  mein  gefährlielister  Thei], 
meine  Brust,  leidet  doch  nicht.  Uebrigens  bin  ich  nur 
auch  raati 

Der  Major  von  Krupp*),  Commandant,  ist  ein 
alter  leutseliger  und  menschejifreundiicher  Mann.  Er 
bat  mir  sogleich  von  der  alten  Hätbiii  L!  11  mann**) 
ein  sehr  gutes  Bettzeug  besorgt;  und  diese  bat  mir 
sagen  lassen,  wenn  ich  etwas  bedürfe,  so  möchte  ich 
es  nur  fordern  la.ssen.  Mein  Zimmer  ist  gut,  hoch  und 
trokken,  und  bell.  Auch  mein  Wärter  ist,  wiü  es  scheint, 
recht  gut.  Das  Kssen  hab  ich  heut  Mittag  auch  recht 
gut  ans  einem  Spi^isequaiiier  gehabt.  Also  von  dieser 
Seite  habe  ich  in  meiner  Lage  nichts  weiter  zu  wünschen. 

Herr  Detroy  ***)  ist  schon  heute  Morgen  bei  mir 
gewesen  und  !iat  mir  etwas  Schreibmaterialien  gebracht. 
Ich  bin  dabei  noch  alle.s  aufxnsetwn,  wa.s  ich  mich  nur 
irgend  erinnere,  und  mit  Wahrheit   sagen  kann.     Auch 


•)  Mjyor  von  Krapp,  t'oninvandaut  des  Kastol  in  Kassol, 
♦•)  Käthiü  riliiianii,  MuÜgi  (?)  Jes  rrofoHsois  der  Mitier»- 
logie  U.  JD  Marburg'. 

***)  Dt'tiax  (Ltfiirkei-  sclireiU  Delmit),  Beamter  des  Justii- 
iinaistorinm,  war  Mitglied  der  vnii  Kassel  naeb  Marturg  gescndoten 
auäseroideatlicboD  Uutcrsachungsuommiasioa, 


396 


habe  ich  an  Sn.  Kxut'llunz  den  Hyrrn  Kri^gsmintster  *) 
noch  einmal  guscliriebun,  und  ihn  um  seine  Fürsprache 
gebeten. 

Späterhin  hat  mich  Herr  Hauptmann  de  L  o  n- 
ge**)  besucht.  Kr  liat  mir  mit  st-ineni  biederen  Erns.-t<* 
noch  einmal  versichfirt,  das»  er  alles  mögliche  für  mich 
thun  vv^rde :  und  ila.s  thnt  er  auch  gewiss,  denn  er  hat 
ja  selbst  Frau  und  Kind !  Ich  besinne  mich  hin,  und 
ich  besinne  micli  her,  was  mir  wohl  noch  zu  sagen 
übrig  ist,  das  ich  aufzuschreiben  hätte,  und  ich  glaube, 
das  viele  Busiurien  auf  einen  l^uiikt  in  seinen  Details 
niacht  mir  ehen  den  Kopf  erst  noch  recht  wüst.  In 
einigen  Tagen  erwartet  man  den  König***),  und  dann 
kann  die  Entsclieidung  gleich  da  seyn.  Ich  sehn« 
mich  danach  mit  festem  Vertrauen  auf  das  Mitgefühl 
meiner  Richter.  Denn  ich  bin  ja  kein  heiser  Menäch 
und  nicht  Anstifter.  Werde  ich  dann  nach  Mainz 
gebracht,  so  sehe  ich  Dich  doch  einige  Stunden  in  Mar- 
burg :  und  wenn  Dein  Wochenbett  vorüber  ist,  kommi^t 
Du  zu  mir  nach  Mainz.     Nicht  wahr? 

ü,  leb  wohl  meine  Lotte  I 

Ewig  dein 

Stenibcry. 

(Gesehen  und  gelesen  de  Longe  de  Beauveset.) 

An  die  Frau  Hufrätliin  Sternberg  in  Marburg. 

Abgeschickt  von   Cassel  de  Longe  de  Beauveset. 


*]  Haroti  £bli\  franznsischor   Divisioosgcneral  und   Ueaeral 
dur  Artiibrio,  vorher  Comirmndant  von  Mapdeburp. 

")  de  Longo  de  Dcau  vrset.  Flmiiitniann  im  3.  Liiiien- 
ipgiinonl  wnr  !r  Cotumtiudant  nt  Chef  du  IfrerulefuriU  dnns  la  F  CH- 
rifion  Militaire  et  Rapjxjrteitr  du  St:  Tribunal  ttpeeiai  militaire per' 
vianeut,  smnt  ii  Ca-c/tel.  Er  war  der  Vorsitzetide  der  in  A.  4,  er- 
wähnten Kommission. 

***)  Jerome  traf  am  19.  .iuJi  in  Kassel  ein. 


3!^7 


Brief  2. 

Casse!  am  .  .  July  *). 

Bestes,  theuerstes  Weib ! 

Friihei-  kiuirite  icK  Dir  nicht  schreiben,  so  gern 
ich  CS  auch  gethan  hätte:  vor  einem  Vorwurf  dit'ser- 
halh  hin  ich  bei  Dir  ganz,  sicher,  Du  wirst  dich  nach 
Nachricht  von  mir  sehiitn,  und  ich  schreibe  Dir  gern 
alle.H,  was  ich  Dir  schreiben  kann.  0  dass  ich  es  Dir 
niiitullich  sagen  könnte,  meine  Lotte.  Wan  gäbe  ich 
nicht  darum  !  Aber  dann  würden  wir  eine  Zeit  lang 
die  Vergangenheit  über  die  Gegenwart  vergessen ! 

Ich  weiss,  Du  bist  für  jetzt  am  meisten  über  meine 
Gesundheit  besorgt,  und  wünschst  gewiss  zuerst  zu 
wi.ssen,  ob  meine  jetzige  Lage  nichts  mit  sich  führe, 
was  mir  besonders  schaden  könne.  Meine  liebe  Lotte, 
gewiss  nicht.  Mache  Dir  darüber  keine  unnüthige  Sorge. 
Ich  habe  erstlich  ein  gutes,  hohes,  trockenes  Zimmer, 
das  zugleich  hell  ist.  Ich  habe  ferner  ein  Bett,  das  so 
gut  ist,  als  ic!i  es  nur  wünsclien  kann.  Mein  Ewsen 
bekomme  ich  recht  gut:  Mittags  nehme  ich  nur  Fleisch- 
brühe und  Gemüse;  und  Abends  etwas  Salat  und 
Braten.  Oft  liabe  ich  es  in  diesen  Tagen  meiner  se- 
ligen Mutter  im  Stillen  Dank  gewusst,  dass  ich  so 
wenige  Bedürfnisse  kennen  lernte,  und  in  Allem,  wa« 
Aensseres  ist,  so  leicht  zufrieden  zu  stellen  bin!  Der 
Major  V.  Krup|>,  Kommandant,  ist  ein  sehr  leutseliger, 
menschenfreundlicher  Mann:  und  die  Aufwürter  scheinen 
recht  gutnuithige  Menschen  zu  seyn,  nicht  so  hart  und 
rauh,  wie  man  sonst  wohl  dergleichen  Menschen  zu  er- 
warten hat.  In  einer  Lage  wie  diese  sind  auch  Kleinig- 
keiten gross,  und  es  thut  dem  Herzen  wohl,  nicht  auf 
Härten  zu  stossen.  ITfbrigens  hab»?  ich  ao  wohlf<*il 
noch  nie  gelebt.     Mein   Betinden   ist  erträglich  :   freilich 


*)  Oenaueres  Datum  ist  niolit  augegeben. 


lait,  dan   ich  tub   rinca   llaaiMi,  der  »oek 
all  M  als  ici^  ao  apieebe:  aker  ick  haW 

Ick  bin  jrtzt   gaai  wwiüg   fiber  aw»  üitkea. 
wanBin  Blut  ist  owin  Srngehem^  nickt  cta 
VielaMkr  kabe  irfa  das  Gate  gmüt     Ick  kia 
gfwmattt^  nad  bin  es  aoch.     Und  aiit  JMf 
tw^iiL,   niul  b^i    menschlich  fahleaden   RiektatB   ^tf  idk 
ja  wohl  rahip  iwjrn,     S<>]r  da  es  aack.   nngwi  drr  Zn- 


399 

kanft,    mein    bestes  Weib!     Denk    zurück,   wie  sich  in 

nipirifin  Sf-hk-ksalp  immer  Glück  auö  Unglück  ent- 
vvickt'lt».':  und  was  mir  so  uft  bogegtipte,  kann  mir  auch 
dii^snial  bpg^'gneii.  Nur  das  eine  öchimTzt  mich  tief, 
sehr  tief,  daws  Du  mit  mir  leiden  musstü 

Meine  Gedanken  sind  nun  mit  Dir  und  rapinen 
Kindern*)  beschäftigt,  so  oft  ich  nun  nicht  mit  meiner 
Lagp  üu  thun  habo.  Ich  seline  mich  nach  Nachricht 
von  Dir.  Vielieicht  hast  Du  die  Schmorzensstuiule 
hchon  gincklich  üherütanden  V  Gott  gebe  es,  und  kurz 
und  gut!  Oft  sehe  ich  in  Gedankon  schon  dnn  Kind 
an  Deiner  RruBt,  dan  unseren  beiden  seltsam  überein- 
stimmenden Triinmen  gleicht,  sehe  Riekchen  und  Lott- 
chen  **)  und  Deine  trauen  Freundinnen  mit  der  zärt- 
lichsten Sorgfalt  um  Dich  beschäftigt.  Aber  lange  darf 
ieli  mich  »ojchen  Gadanken  nicht  überlassen !  — 

Lass  mir  doch  recht  bald  Nachricht  geben,  wie 
Dir  ist!     Du  weiset  ja,  was  sie  mir  seyn  wird. 

[jeb  wohl,  meine  Lotte  ?  Grösse  die  Kinder,  nnd 
alle,  die  uns  gut  sind  von 

Deinem  treuen 


BHef  S. 
Theuerstes  WeibI 

Diess  ist  schon  mein  dritter  Brief  an  Dich,  und 
Da  hast  meinen  ersten  noch  nicht !  Ich  habe  Nach- 
richt von  dem  Inhalt  Deines  Briefes  (o,  den  innigsten 
Dank  dafür  I)  aber  ihn  selbst  habe  ich  nicht  gesehen. 
Du  Hprichüt  mir   Trost  nin?     Leider  muss  ich  es  Dir. 


♦)  Es  sänJ  Lottplien  und  Rk-krhen  Pllcgpit Inder  SiokiImmub. 
(lio  i'irio  t'io  Kind  si^irtnr  vnvtorltcneii  Schw»'stor.  die  audcre  eine 
Schwester  seiner  Frau. 

•*)  l'Hcfji'lindi^r  S(oiiil>c*rt,'R. 


•KX) 


Mache  Dich  auf  alles  g^tfasst *). 

ist  alles  iiniHon.si.  In  B6  Stunden  bin  ich  nicht  mehr. 
Ich  hahf.  männlich  stets  gehandelt,  ich  gedenkt»  auch 
männlich  zu  äterheii.  Nur  der  Gedanke  an  Dich  und 
die  Kinder**),  ist  mir  fürchterlich,  fürchterlich.  Vergebt 
mir!  Ich  riäs  Euch  ins  UnglUck,  weil  ich  die  Meiiischnn 
nicht  für  das  hielt,  was  si«i  sind.  Lebt  wohl !  S^ti» 
über  Euch  !  Lebt  wohl  I  Grüsst  Carl  ***),  die  Geschwlst*^, 
dit'  Freundo  noch  einmal  und  wem  ich  etwas  hi-h^i- 
digendt^s  gethan  liahe,  den  bittet  für  mich,  dass  pr 
mirs  nun  vergesse;  ich.  dagegen  scheide  ohne  allen 
Groll.  Thi'Uerstf'S  Weib,  was  hast  Du  mit  mir  nicht 
.schon  eitragnnl  (>  Dank  für  Deine  Liebe,  Deine  gren- 
zpjilose  Liebe  zu  niirl  Gott  lohne  sie  Dir.  Wir  werden 
uns  wiederfinden,  wieder  lieben:  vielleicht  wo  «8  besser 
ist.  Kinder  werdet  und  bleibt  gut:  ich  hätte  Euch 
gern  gross  und  glücklich  gesehen,  aber  es  hat  nicht  so 
aeyn  sollen,  Meineid  und  Verrätberei  stürzen  mich  ins 
Grab.  Seid  tugendhaft,  trt^u  und  fest  von  Wort:  dann 
könnt  ihr  einst  dem  Tod  ruhig  ins  Gesicht  sehen,  und 
wie  et*  Euch  auch  ergehen  mag,  ihr  werdet  nie  un- 
glücklich seyn. 

Noch  einige  Kinrichtiingi-n  habe  ich  Dir  zu  em- 
pfehlen,  da  das  ganze  Vermögen  Dein  ist,  und  man  das 
Deinige  Dir  nicht  nehmen  wird. 

Vor  allen  Dingen  werden  sie  Dir  den  Wittwen- 
gehalt  iler  Professorenwittweji  nicht  versagen  können. 

Der  Wagen,  worin  irli  liergekomnu'n,  und  der 
noch  Dir  und  Deinen  Gp.scIiw ister u  gemeinschaftlich  zu- 
gehört, steht  liier  auf  der  Post. 


*)  Zwei  Zeilen  siud  von  dem  iVoBor.  Haiiptmanu  do  IiOng«> 
de  Geauveset  gesüieheu. 
••)  Vpl.  Brief  2.  A.  2. 
"•)  Schwagei  Btembergs. 


.A. 


401 


Von  meiner  Bibliothek  ist  manches  verliehen.  In 
dem  unterfiten  Fache  links  auf  meinem  Sehreibtische 
liegt  ein  gelbes  Bikhelelieii,  darin  ist  das  meiste  Ver- 
liehen« aufgezeieliiiet.  Ausserdem  haben  nur  Studenten 
noch  etwas.  Der  Student  Schmidt  in  Wetter  hat 
noch  vom  Hovens  Handbuch  2  Bände,  —  dagegen  ist 
auch  einiges  nicht  mein  Eigenthum.  Auf  der  Kammer 
in  dem  Präpositorium  an  der  Bibliothekstabe  im  3. 
und  4.  Fach  stehen  Bücher,  die  Ullmann  gehören. 
Anf  meinem  Arbeitstische  liegen  die  „Sammlungen  für 
Wundärzte",  die  gehören  dem  guten  Claus.  Auf 
meiner  Kommode  liegt  Wedelii  de  Pathologia  und  Lower 
de  torde,  die  gehören  ztir  Universitätsbibliothek.  Auch 
liegt  da  Westra  vom  Spiessglanze,  das  gehört  dem 
iiltesten  Ullmann.  Ausserdem  habe  ich  von  Wielands 
Werken  noch  an  den  Präfecturrath  H  i  1 1  e  luid  Dr. 
Grau  mehre  Bände  geliehen. 

Ist  da»  Unglückskind  unter  Deinem  Herzen  ein 
Knabe,  so  magst  Du  ihm  nach  Belieben  die  Bibliothek 
erhalten,  ist  es  ein  Miidchen,  so  verkaufe  sie.  Aber 
übereile  Dich  nicht  damit,  sondern  verzieh,  bis  es 
Frieden  ist,  und  sorge,  dass  der  Katalog  gut  verbreitet 
ist.  Sende  ihn  an  Hofrath  Hörn  in  Berlin,  Professor 
Kühn  und  Rosen müll  er  in  Leipzig,  Professor 
Seiler  in  Wittenberg,  Professor  Gontt  [?)*}  und  Hil- 
d  e  h  r  a  n  d  t  in  Erlangen,  Hofrath  Ackermann  in 
Heidelberg,  Dr.  Beyerle  in  Mannheim,  Dr.  Henard 
in  Mainz,  Hofrath  Schäfer  in  Regensbnrg,  Hofrath 
üünly  in  Göttingen,  Dr.  Mühry  in  Hannover,  Pro- 
fessor Pf  äff  in  Kiel,  Professor  von  Siebotd  in 
Würzburg,  Professor  Krämer  (?)*)  in  Helmstedt,  Pro- 
fessor Goyer  und  Spangenberg  in  Braunsclnveig 
u.  s.  w.  —  Am  liebsten  ist  mirs,  wenn  er  systematisch 


*)  nicht  IcHbar. 
N.  V.  Bd.  xvn. 


26 


l 


geJruckt  wird,  t-twa  in  der  Ordnung,  wie  in  dem  v< 
mir  Hclion  angi^fangenen  Verzeichnisse.  Die  Ordnung 
folgt  eo:  erst  da«  kleine  Kepositorium  über  der  Stuben- 
tbüre,  dann  das  grössere  daneben,  dann  das  gerade 
gegenüber,  dann  das  über  der  Kammertbür,  dann  das 
grosse  daneben,  dann  das  an  der  hinteren  Wand,  dann 
das  nobr'ii  ^iom  Kleiderscbrankf.  Die  Foliobände  werden 
an  iliNKm  Orte  uingeüchaltet.  Du  kannst  gleich  nume- 
rieren lassen. 

Meine  Hefte  kann  Niemand  brauchen,  denn  sie 
Bind  nur  meine  Concepte  gewesen,  und  ich  möchte 
nicht  gern,  dass  sie  in  fremde  HaiuU^  kiimen.  -  Barth  n 
bitte  um  ViTzeihung,  rlass  ich  nun  mein  Werk  nicht 
biM'ini4'ii  kann:  es  schmerzt  mich  bitterlich.  Schicke 
ihm  aus  dem  gelben  jjergamenti-in'm  l  inschlag  die 
bereits  ausgearbeiteb-n  Krankengeschichten  (Morrom 
lt<*nnt  sie!  und  aus  der  Sehieblade  meines  SchreibtiM^hes 
links  ditf  Ahhanillung  über  tiallen-steine.  iJies  mag  er 
zusammendrucken  unter  dorn  Titel:  Nachlese  aus  den 
Papieren   des  unglücklichen    Hofrath  Sternberg. 

Die  ungebundenen  Hefte  der  Jenaer  Literntur- 
jteitung  schicke  an  die  Expedition  zurück,  und  bitte 
sw  dieselben  wieder  anzunehmen. 

Meine  Musikalien  betreffeud,  so  habe  ich  noch 
mehrt'res  von  Uli  mann,  was  er  sich  aussuchen  mag. 
Was  icli  noch  von  anderen  habe,  und  uuaufgescbnitteu, 
und  luibeschmutzt,  sende  zurück.  Die  Suite  von  aus- 
gesthriehtinen  Arien  lass  in  den  Zeitungen  ausbieten, 
80  auch  die  Partituren.  Wo  bei  den  ausgeschriebenen 
Arien  die  Singstimmen  fehlen,  lass  sie  von  Zeiss  dazu- 
Rchreiben.  Findet  sich  nicht  zu  dem  Ganzen  ein  Käufer, 
8o  lass  einen  Katalog  drucken  und  vertheilen.  MehrRr«s 
liegt  bei  Arnoldis,  Heins,  und  Möllers.  M^ino 
Variazionen  suche  in  einer  guten  Buchhandlung  anzu- 
bringen, so   auch  meinen    Monolog,   den  du    durch  tlejn 


Professor  Bacher  wieder  erhalten  wirst.  Meine  Flöte 
las»  dem  Professor  ÜUraanii,  meine  Geige  verkaufe. 
Meine  neuen  Klarinetten,  (nebst  diMi  beiden  Schnäbeln, 
die  auf  der  Bibliothek  auf  dem  Tische  Hegen,)  wird 
Meyer  in  Goslar  Dir  am  besten  anbringen  können. 
Kine  Klarinette  hat  l'cter  nofh,  sie  ist  etwa  4  Rthlr. 
werth.  Die  B-Klariiiette  mit  A-iStück,  welche  Karl  Dir 
senden  wird,  wird  Peter  für  b — 6  Rthlr.  gern  behalten. 
Peter  hat  auch  noch  ein  Bassethorn :  beide  können  für 
5  Rthlr.  verkauft  werden.  Die  Oboen  gehören  Zeiss. 
Den  Flügel  b«*halte  doch  zum  Andenken.  Meine  Bratsche 
verkaufe  auch.  Von  Sehmitj!  ist  noch  eine  Violine  ohne 
Bogen  da;  von  Gillen  eine  mit' Bogen,  die  bei  der 
}]v\n  oder  Müller  liegt.  Das  Papier  wird  Krieger 
behalten  oder  Boyerliäster. 

Lass  meine  Zuhörer  zusammen  kommen,  und 
ihnen  durch  DU  mann  für  ihren  Fleiss  und  ihre  Liebe 
danken,  besonders  Claus  und  Kronemeyer.  — 
Wächtern  und  Bauern  Inss  ein  Lebewohl  sagen. 
Und  allen  meinen  Freunden.  —  Besonders  danke  Ar- 
n  oldis,  Heins,  Müllers,  grüsse  Schm  itz,  Pistors, 
Schindlers,  Gillen s,  Sehlarbaums,  ganz  vor  allen 
Dingen  aber  den  guten  Uli  mann  und  Usener  für 
ihre  treue  Liehe  zu  mir.  —  Von  Usener  habe  ich  noch 
einen  Band  von  Kiehhorns  Geschichte,  er  liegt  in 
meiiKvr  Bibliothek. 

Vermuthtich  wirst  Du  bald  nach  Goslar  ziehen. 
Was  der  Nachfolger  unserer  Wohnung  im  Garten  be- 
halten will,  zu  meinen  Anlagt«n  gehörig,  das  laas  ihm 
um  billigen  Preis,  damit  er  sich,  wer  es  auch  sein 
möge,  zuweilen  meiner  im  Guten  erinnere. 

Wo  werden  die  Kinder  bleiben?  Lottchen  nimmt 
vielleicht  Koch  in  Hamburg.  Oder  die  Familie  erzieht 
sie   nach    Deines  seligen  Vaters   Willen.     Für  Riekchen 

26» 


404 


soigen  vielleicht  rnfthrere  zusammen,  Schlüter  und  Grum- 
brechts  etc.     Sag  ihnen,  ich  fmpffhie  sin  ihnen. 

0    Lotte!      Dit'h     nicht    iiocIj    eninial    sehen,    die' 
Ivinder    niciit   uoch   «iuDial,     dieö    ist    mir   schrecklich, 
Hchrecklicli  peinigend.     Ich  hätte  ja  gerne   Tagelöhner- 
arbeit  gethan,   wenn    ich  nur   bei  dir  geblieben    wäre ! 
Aber  HS  sollte  nicht  aeyn *) 

Die  Fakultätsfikten  und  das  Fakultätssiegel  (es 
liegt  in  meiner  mittelsten  SchreibtisL-hschublade)  wird 
Busch  zusammennehmen  und  abholen. 

Unseren  Mägden  danke  nochmals  für  ihre  treue 
Anhänglichkeit,  welche  sie  mir  in  den  letztf'n  Tagen 
meines  Auf«Mithaltes  in  Marburg  so  sehr  bewiesen  babnu. 

Schuldig  bin  ich  auch  noch  an  die  Musiker  für  H 
Konzerte,  jedem  a  8  ggr.  für  das  Konzert,  und  au  Rein 
für  einige  Buch  Papier  a  [-10  xr. 

Die  Notenpulte  guliüren  Zeiss  bis  auf  den  braunen 
und  noch  zwei  andere.  Schmolz  liat  ni»eh  Musikalien, 
di«  zu  den  Andreeschen  gehören,  nämlich  4  oder  6 
(ganz  neuer)  Violinkonzerte. 

Meine  Briefschaften  und  Papiere,  die  nicht  Fami- 
liensnchen  betreffen,  kannst  Du  alle  verbrennen ;  sie 
können  für  Niemand  weiter  Werth  haben,  oder  von 
Nutzen  seyn,  selbst  mein«  medizinischen  Mannscripte 
nicht  au.sgenommen,  da  sie  noch  nicht  korrigiert  sind, 
und  der  Korrektur  erst  noch  bedürften. 

Zur  Standlmftigkeit  will  ich  Dich  nicht  ermahnen. 
Weiber,  wie  Du,  werden  selten  geboren.  Du  hast  Kraft 
in  Dir,  um!  ohne  mich  je  zu  vergessen,  wir.st  Du  doch 
auch  von  dem  harten  Schlage  nicht  ganz  niedergebeugt 
wt'cden.  Du  bist  ein  herrliches  Weib,  einps  günsti- 
geren Loses  würdig !     Gott  gebe  Dir  glücklichere  Zeiten. 


*J  Drei  Zeilen  sind  von  der  r"eu8ur  gestrichen. 


106 

Ich  will  seilen,  ob  iuli  Ilir  niuht  noch  titwas  von 
meinen  Haarwn  schicken  kann.  Du  hasts  doch  gern, 
und  kannst  es  tiebfu  Jennys  nncl  l'hili[ip«*)  Haaren  k-gen. 
Wohl  Euch,  ihr  ruhimdcn  Kinder! 

Am  IB.  J. 

Leb  wohl,  bestes  Weib,  in  ein  paar  Stunden  bin 
ich  nicht  mehr.  Auch  der  König  ist  angekummen  **), 
aber  —  keine    Unadt;,     Leb  wulil!     Küsae   die  Kinder! 

Ewig  dein 

Stbg. 


Brief  4.  ••*) 

Kassel  1  Stunde  vor  meinem  Tode,  f) 

Hier  beste»    Wi-iib!    noch    eine    Hajirlokke !     Noch 

ein  Lebewiili]    da/,u  Dir    und    den    Kin<lern!     Gott   sey 

mit  Kuch !     Er  verzeihe  allen,  die  Unrecht  thun !     Sieh, 

ich    bin    voll    Fassung!     Eltern,    üeschwister,    Kinder! 


*)  Kioder  8tombergs,  die  im   frühen   KindoHEÜter  gostorbou 
siud. 

'*)  Jeromc  tinf  am  19.  Juli  in  Ksäsel  ein :  dnrauis  fulgt,  da&ü 
der  ijuliluss  doti  Briefes  am  {Morgen  de.«»)  Vd,  Juli  geschrieben  iät. 
(Vgl.  Boilago  V.) 

♦*•)  Wolff  kannte  dioseu  Brief;  vielleicht  ist  der  Brief  durch 
Wvl^'  all  seine  AdrcsKO  j!;elaegt.  Kt  tliuilt  deiiseUien  in  spiuer 
Schrift  alwr  utcht  genau  uiit,     Die  Fasnuug  bei   iro///"  lautet :  a.  a. 

0.  S.  60. 

Kassel  am  19.  Juli  1809. 

Liebe  Lotte! 

In    oinor  Vlorfelstuiide    ist   mein    Endo   da,   ich   stcrl)0   ge- 

triwtot,   überzuuRt,    dass   w\\    nk:iits  B'isti;.  wollte,   tiouh   gethan  — 

jiL  ich  bin  80  gefaast,   dass  es  mich  silinierait'n    wiü-do,    weini   dur 

Kiiuig  mir  jetzt  uoch    Unade   wiederfall ren    Hess.     Fasse  auch    [>u 

dich  und  sey  gewiss,  das»  ioh  auch  noch  Jenseitä  bin 

Deiu  iStemberg. 

Dank  noch  einmal  daii)  (icueralkominissair  von  WolfT. 

t)  19.  Juli  1809  4-5  Uhr  Nachmittags. 


406 

Bald  werd  ich  bei  Euch  seyn!     Bald   in  einer  besseren 
Welt!  .  .  .*) 

Nie  bin  ich  böse  gewesen.  Menschenwohl  war 
mein  höchstes  Ziel !  Pfarrer  Götz  ist  bei  mir  gewesen : 
die  Linterhandlung  mit  ihm  war  mir  erhebend,  denn 
seine  Ideen  sind  die  meinigen.  0  hätt  ich  Euch  nicht 
Weib  und  Kinder,  wie  gerne  schied  ich  aus  einer 
Welt,  die  mir  nur  Jammerthal  war.  Die  Freuden 
gingen  meinen  Leiden  voraus,  um  diese  desto  fühlbarer 
zu  machen.  Genug  ich  habe  ausgekämpft.  Nie  war 
mein  Herz  böse.  0,  an  Dir  und  an  den  Kindern,  wie 
innig  es  daran  hängt,  das  fühle  ich  jetzt  Aber  ich 
will  Mann  seyn,  wie  ich  immer  gewesen  bin.  Und 
wenn  mir  der  König  Gnade  geben  wollte  —  nein  diese 
Beschimpfung  ist  zu  gross.  Gott  sorge  für  Euch  und 
sey  Euer  Vater!     Lebt  wohl. 

Ewig  Dein  Sternberg. 

Dank  dem  G.  K.  v.  Wolff.  **) 


Beilage   V. 

liericht  des  aotmnwidanten  des  Kasteis,  Major  von 
Krupp  über  Sternbergs  Ende. 

Castel  zu  Kassel  den  23.  Juli  1809. 

Herr  General-Commissair ! 

Ich    beehre    mich,    Sie   zu    benachrichtigen,    datss 

zwey  Briefe  von  Ihnen  mit  Einlagen  an  den  Herrn  Hofrath 

und    Professor    richtig   eingelaufen    sind.     Die   erstere, 

nehmlich    der   Brief  von  dessen  Frau  Gemahlin,  wurde 


*)  Von  dor  Oensiir  gestricheu. 
**)  Stobt  am  Rande  dos  Briefes.  Vgl.  v.   Wolff  a.  a.  O.  8.  50. 


407 


mit  (ienehmigung  der  Üntersuchuiigs-Coiuinission  Ihm 
eitigHhiuidigt  5  und  zwar  ;iiii  iifhnilichen  Tag,  an  welchem 
Hr  duiijh  den  Ausspruch  des  Krit'giäguricliita  zum  Tod  vi;r- 
urtlit'.ilt  ward.  Die  Fünfte  Stunde  Mittags  duti  19. 
DifHHs  war  es,  in  welcher  er  mit  noch  zwei  des  Auf- 
ruhrs Angt'klagton  und  üeberwiesenen  durch  ein  mili- 
tairisehes  Koniniandn  zum  Executioii.s-L'latze  geführt 
wurde.  Die  Zeit  vom  Mittag  bis  dahin  um  5  Uhr 
dauerte  ihm  so  lange,  dass  Er  oft  nach  d(mi  Fenster 
eilte,  um  zu  sehen,  ob  das  für  Ihn  bestimmte  Com- 
matido  noL'h  nicht  komme. 

Mit  ausserordentlicher  Standhaftigkeit  betrat  er 
den  Executions-lMatz  ;  überreichte  hier  den  obgedacbten 
Brief  seyner  Frau  mit  einigen  Zeilen  von  ihm  selbst 
begleitet  des  Inhalts;  „dass  Se.  Majestaet  der  König  die 
zurücklassenmüssenden  Seinigen  mit  einer  Pension  be- 
gnadigen möchte",  dem  commandirenden  Offtziwr,  mit 
Bitte  ihn  Sr  Majestaet  selbst  oder  durch  einen  anderen 
einliänUigen  zu  lassen ;  er  trat  einige  Schritte  zurück, 
Verband  sich  selbst  die  Äugen,  und  empfing  so  das  ihm 
zuerkannte  Bley.  Morgens  schon  nahm  er  schriftlich 
Abacbied  von  seiner  Frau,  lies»  sich  eine  naiir-Lücke 
abschneiden,  und  bath,  diese  als  letztes  Andenken  von 
ihm  aufzubewahren.  Dielintersuchungs-Commisaion  nahm 
jenes  Verniächtniss,  weil  sie  Bedenken  trug,  ohne  Vor- 
wiesen Sr  Excellenz  des  Kriegs-Ministers  es  fortschicken  zu 
dürfen,  mit  unter  der  Versicherung  nach  erfolgter  höherer 
(Genehmigung  es  der  Behörde  sogleich  zu  übertnachen. 
Die  zurtickgelassenetj  Kleidungsstücke,  Uhr,  ein  Louiador 
und  einige  ggr.  an  Geld  etc.  finden  sich  in  seinem  ver- 
schlossenen Coffre,  wozu  ich  dem  Capitame  R  a  p  p  o  r- 
teur  de  Longe  den  Schlüssel  übergab,  nebst  einem 
Bette  den  l'fühl  und  Kissen,  unter  meinem  Gewahrsam, 
und  ich  erwarte  nur  die  Nachricht,  wann  und  wohin 
ich  diese  zur   weiteren   Besorgung  absenden  soll.    Die 


408 

xwoif«^  KinlH^ii  liab«;  ich  anliegend  die  Ehre  za  remit- 
iiriai,  lind  Sie  nitünor  vorzÜgHchsten  Hochachtung  zu 
vnrHiuherun. 

Der  Cummandant  de8  Catttels: 
(gez.)  Krupp. 

IKmii  Hnrrn  ivn   Wolff. 

(iuni>ral-(yoinmiHHuir  der  Ober-Polizei 
im  Womi-l)o|)artomont 
XU 

Marburg. 


X. 

Beiträge  zur  Geschichte  des  Landgrafen 
Hermann  11.  von  Hessen. 

Von 

Friedrich    KUch. 


Vorwort. 

I'ie  im  Folgenden  gegeltuneii  Beitrag«  bHziHhen  sich 
*aiif  einige  für  die  Gescliiclite  Hurmann»  des  üe- 
lehrten,  wie  für  die  des  Landes  Hessen  gleich  wich- 
tige Begebenheiten.  Die  kriegerisi;hen  Verwickelungen, 
welche  der  Kintritt  den  ursprünglich  zum  Geistlichen 
bestimmten  Neffen  Heinrichs  II.  in  die  Regierung  zur 
Folge  hatte,  sind  zu  verschiedenen  Zeiten  der  Gegen- 
stand eingehender  Spezialuntersuchungen  gewesen.  Wenn 
hier  noch  einmal  auf  diese  wegen  der  Kargheit  und 
UnMicherheit  der  cbrüinkalischen  Nachrichten  und  der 
Nüchternheit  der  urkundlichen  Zeugnisse  sehr  lücken- 
haft und  häufig  in  schlechter  Beglaubigung  uns  über- 
mittelten Begebenheiten  zurückgekommen  wird,  so  ge- 
schieht es,  um  auf  eine  in  den  bisherigen  Darstel- 
lungen unberücksichtigt  gelassene  Quellenkat^gorie  hin- 
zuweisen, die  mehr  als  jede  andere  gec-igntit  ist,  die 
rhrtvni-sten  auf  ihre  Glaubwiudjgkett  zu  prüfen  und  sie 
zu  ergänzen.      Es   sind    die«  di«  Rechnungen  der  land- 


410 


ftnhmm^ymg, 


RenC- 


diiaM« 


2mm  Zwcckfe  4er 
V«nraMs4er  kadedbecri 
■ad  Am^ikca  gcHU  Bock,  aad  ■■  SeUane  des  Jahnm 
oder  «■  Eade  der  AaiiBlak«ug  «noEdea  die  Tag  ftr 
Tag  geaaditea  Aabeidhamgca  bi  eia  Heft  ode«  ciaae 
RobdaB  iiMuaaieageaduiebeB.  la  ndugea  Zeüan  otMl 
dieee  ReduHugea  il»eai  lahabe  natk  liiiailä  li  dficfitg 
aad  BMcea  aieeK  aar  wuMiadHfciaeedacBDKaHa  ut~ 
t>ri'aiii,  ia  kiiegeiiwA  bewegten  Jahrea  ij^yyn  achaiJloa 
eie  dafdi  die  gntese  ZaU  der  aasec  rofdcai&che  n  Ao»- 
ffuttn  aa  and  gewnuMS  daoaini  eine  era§iile  Bedaa- 
taag^  daas  bn  einxelaeo  Falle  mit  gröeeerer  oder  g*- 
nagenr  AnsfilhriicbkeTt  dnr  Aalaas  fdr  die  y^r^'t» 
An^gabe  oder  Kinnahm«»  angegeb«n  «ritd.  So  koauat 
em^  daae  sie  aebea  einer  FfiUe  gleichgültiger  oder  aar 
lokale  Bedeotottg  hakender  Kotixe«  binfig  Nachnchbo 
über  wichtige  poliäsche  Ereignisee  biiagea,  von  deaea 
ant»er«  chroDikaliächeii  and  orkandiicfaeB  Qaellen  acbwei- 
gen,  tmd  der  Werth  dieser  Notizen  ist  nm  ao  groeaer, 
ab  die  einzelnen  Posten  oft  ancb  mit  geaaner  Tagce 
angäbe  eingetragen  sind. 

Die  hier  herangezogenen  Rechnungen,  die  sämmt' 
lieh  im  Staat^rubiv  zu  Marburg  aufbewahrt  werdea« 
dürfen  auch  n<x:h  deswegen  fine  besondere  Bedeatang 
beaiigprachen,  weil  .sie  zn  den  älteren  huidjgiÜlieb- 
he«»si8chen  Einnahme-  and  Ansgaberegtütern  guhOiaa. 
die  sich  fiberhuapt  erhalten  haben.  Sie  sind  ala  Beii- 
Ingen  den  einzelnen  Abtheilungen  beigeüBgt«  ab« 
nur  im  Aaszag,  da  die  Wiedergabe  der  ganaen  Kech- 
nangen  einen  unverhältnisämässig  groeeen  Raum  er- 
fordert hätte.  Immerhin  glaubte  ich  mich  b«»i  dfr 
Auswahl  der  abzudruckenden  Fartieen  nicht  auf  das  be- 
schränken zu  sollen,  was  in  der  Üarstellung  selbst  rer- 


411 

Wendet  wordvji  i«t,  ich  lialw  vu^Jmdir  anvU  eine  Reihe 
voll  sonstigen  Notizen  aufgL-nommen,  die  t^ntweder  in 
den  Zusammenhang  gehrirtem  oder  mir  wiehtig  er- 
schienen; so  Naclirichteu  über  den  jewuilignn  Aufent- 
Jialt  der  Landgrafen,  über  Ankunft  und  Abreisi/  be- 
me.rkenswerther  l'ersönlichkeiten,  über  B(>t<'nst;ndn(igen 
IL  A.  m.  Die  einzelnen  wörtlich  wiedergegebenen  Posten 
«ind  des  leichteren  Citirens  wegen  numeriri  Bei  der 
Hehandhing  des  Textes  sind  im  Allgemeinen  die  in  den 
„De.ntÄthen  Reichtagsakten"  zur  Anwendung  gekom- 
meniin  (irundsätze  massgebend  gewesen.  Die  in  den 
Originalen  iiuäscbliesslich  verwandten  römischen  Ziffern 
sind  durch  arabische  ersetzt  worden. 


I.  Der  Sternerkrieg  *). 

Der  Sternerkrieg  hat  in  dieser  Zeitschrift  bereits 
durch  Landau**)  eine  eingehende  Behandlung  gefunden, 
die  besonders  dnrch  die  Heranziehung  eines  reichen 
Urkundenmateriales  von  Wertli  ist,  Unter  den  von 
ihm  abgedruckten  Beilagen  zeichnet  sich  vor  Alli-m  der 
Briefwechsel  zwischen  Landgraf  H^^rmann  und  dem 
Grafen  Gottfried  IX.  von  Ziegeiihain***)  durch  den  sich 
auch  mit  den  kriegerischen  Ereignissen  beschäftigenden 
Inhalt  aus.  Leider  hat  aber  Landau  die.sß  Scbriftatiicke, 
welche  ohne  Jahresdatuni  siind  und  nur  üuin  Tbeil  den 
Tag  der  Ausfertigung  »juthalten,  in  ein  falsches  Jahr 
gesetzt    und    dadurch  die  chronologische  Folge  der  Be- 


•)  Das  Naclistoheudo  bildet  den  laliiiU  oiaob  am  2.  März 
181i2  in  der  MouatHt>itzuug  des  ^weigveiciab  Marburg  gelialtoueti 
Vorti-agB. 

**]  Die  RjttergeseUsvhafteii  iu  Hesseo  während  dc^  14.  uud 
15.  Jfthrh.  1840  Suppl.  I  S.  24-90.  Vgl.  Colombel,  der  Steruer- 
bntid  u.  Kupreeht  d.  Streitbare  vod  Nassau.  Nass.  Aonalon  Bd.  8 
S.  293  ff. 

♦*•)  Ö.  1U8-I14. 


gebenh«^iten    und    ihri^n  iirKHchlicIicn  Zimainmenhang 
arge  Verwirrung  gebrailit.     Diu»  soll  im  Folgenden  be- 
richtigt werden. 

Klie  auf  dit*e  Diug«  nähur  eingegangen  wird, 
dürft«  eine  kurze  Ueberfeicht  der  in  Betracht  kommenden 
cbninikalischen  (Quellen  geboten  sein,  da  dieselben  von 
Landau  olin«  genugendf  Kritik  b^-nutzt  worden  sind. 

Eini^  glnicbzt;itige  hessische  Chronik  aus  dieser 
Zeit  besitzen  wir  bekanntlich  nicht*),  dafür  treten  aber 
einige  gleichzeitige  Chronisten  benachbarter  Gebiete 
ein :  die  Limburger  Chronik  des  Johann  Elhen  von 
Wulfhiigen**),  zwei  anonyme  inhaltlich  nahe  verwandte 
tliüringische  Chronisten***)  und  die  Mainzer  Bischof»- 
L'hronik  I).  Alle  stimmen  im  Wesentlichen  überein,  sie 
behandeln  aber  den  Krieg  ziemlich  kurz  und  be- 
schränken sich  auf  die  Hauptsachen.  Dazu  kommt 
eine  Ajizabl  späterer  Autoren:  der  thüringische  Chro- 
nist Johann  lUitlieffl,  der  die  eben  genannten  thürin- 
gischen Clironikert  benutzt,  sie  aber  mit  einer  ganzen 
Reihe  detailltrter  Nachrichten  ergänzt,  die  nicht  selten 
Erzeugnisse  seiner  Phantasie  sind :  dann  ein  Hersfelder, 
der  gegen  Ende  des  15.  Jahrhundert»  eine  thüringisch- 
hessische    Chronik    geschrieben  hatfft).      Auch  er  be- 

*)  Mit  AuHtialii:i«j  dei'  kurzeu  Aur2eiijlmuugeii  eines  Kaäso- 
lanors  au»  den  Jaluen  1.385—1388  io  der  , Hessische»  Zoibtsch- 
nimg",  wiedei'  «b^odiuikf  von  Frkiknshtri)  in  dieser  Zeitechrift 
N.  F.  11  S.  310  f. 

**)  Ausg.  voa  Wys8  in  Monum.  Germauiao  hist,,  Deutsche 
Chrüuikon  IV  1  S.  62  f. 

♦••)  Anonymus  Eq)buHfordesusiw  bei  Pistorni» -  Stritae  rer. 
4iciiii.  suri[iL  od.  3  Bd.  1  8.  1351  tT.  und  Uistoria  de  landgravitb 
Tliuriii(,'i«t'  twi  Knarilii^  Uistur.  geuoal.  piiin.-.  Saxoniae  stip.  S.  460. 
Hiwher  gehört  auch  das  Chroniton  Thiuingicum  l>ei  Schöttgen  u, 
Kretfuatg^  Ili|>[oiiiatana  et  scrifitt.  S.  103. 

t)  llrgei  Chroniken  der  deutschen  Städte  18  8.  188. 
tt)  <'•  LUirnirwh  Thiiring.  Gcsi;lii<;hts>|uollpu  Bd.  3  S.  020  H. 
fttJ  i>encktnbcr(jr  SelecU  juris  et  histt>n*uuni  Bd.  3  SS.  3068. 


I 
I 

I 


413 


nutzt  die  aiionymon  thüringischen  ClironistHt»,  fügt  aber 
ein*'  Anzalil  anscheiupmi  auf  uiiindlielier  Tradition  be- 
ruht^nder  Nachrichten,  meist  von  iokai  hersf<'ldisL;hem 
Charakter,  hinzu.  Die  Keih«'nfülg«  der  Kreignisse  be- 
handelt *^r  sehr  willkürlich.  Der  Frankenberger  ChroniHt 
Wigand  Gerstenberg  hat  den  Vorzug,  dass  er  in  seinen 
beiden  Werken*)  die  von  ihm  benutzten  Quellen  in  der 
Regel  angibt;  für  den  Sternerkrieg  sind  es  die  Lini- 
burger  Chronik,  eine  thüringische  Chronik  und  die  ver- 
lorene Hessenchronik,  der  einige  glaubwürdige  Nach- 
richten zu  entstammen  scheinen.  Auch  er  fügt  einige 
aus  mündlicher  IJeberlieferung  hervorgegangene,  auf 
BVankenberg  bezügliche  Mittheilungeii,  hinzu.  8i'hliess- 
lich  sind  noch  zu  erwähnen  :  der  Hersfelder  Chronist 
Nnhen**),  Wigand  Lanze***),  die  Hessische  Reim- 
chronikl)  und  die  Kasseler  Congeries  |f).  Alle  diese 
sind  Compilationen  aus  den  uns  grösstentheils  be- 
kannten alteren  Quellen.  Nur  Lauz.e  hat  daneben  ur- 
kundliches Material  benutzt;  was  er  aus  eigenem  Wissen 
iiinzufügt,  i-st  in  der  Hegel  falsch. 

Was  nun  die  Vorgeschichte  des  Sternerbundes 
betrifft,  so  kann  im  Allgemeinen  auf  die  Ausführungen 
Landaus  verwiesen  werden  fit).  Als  der  einzige  Sohn 
L.    Heinrichs     11.,    Otto,    gestorben    war,    waren     vorn 


*)  ThüriDgisch-hessisuhe  Chronik  bei  Sc/iminclr  Muniin. 
Ilafis.  tom.  11  S.  490  ff.,  die  .sog.  Riedeselschen  Kxeerpte,  die  imv 
oinoii  Tlieil  iJDisSGlbeu  W'oikos  bildon.  bei  Knclienbe^l,er,  .Inal.  Haas. 
<Vi||.  IIT  S.  24  ff,  und  die  Frarkonberger  CJiroiiik  bei  Kiu-hm- 
Urkpr  Anal,  Coli.  V  Ü.  204  ff. 

**)  Sewiniberg,  Soloutn  .juris  t»t  hiat.  Bd.  6  S.  438  ff. 
••*)  llaiidschnflürli   auf  der    Ijandi^sliihlioHiok   zu    Kas.sol  foil. 
252  ff. 

t)  KueliPttber/xr,  Am\.  Ha.'».  Coli.  V]  S.  280  ff. 
ft)  NfMthnu   in  Zeit.s<ihr.  f.  hess.  Opsnli.  ii.  I^jtkdf-,     Bd    7 
S.  309  BT. 

ttt)  a.  a.  0.  S.  24  f. 


414 


Mannfflstamm  iIpr  hp88isch(»n  Fürstpnhaasps  nur  noch 
am  Lfben  d^r  Bruder  Heinrichs  II.,  Hermann,  der  nn- 
verlieirathet  und  hoclibetagt  war,  nnd  Hermann,  beider 
Neffe.  Der  ältere  Hermann  hatte  sich  bereits  am  24. 
.^iignst  1H66  mit  seinem  Neffen  in  Betreff  der  even- 
tuellen Krbfolpe  geeinigt  nnd  der  Rückkehr  des  j(inj>eren 
Hermann,  der  Domherr  in  Magdeburg  war,  in  den  welt- 
lii-heii  »Stand  lag  nichts  im  Wege*),  Ueber  den  Zeit- 
imnkt,  wann  dieser  von  seinem  Oheim  zur  Mitregie- 
run«;  berufen  wurde,  wissen  wir  nichta  Bestimmtes. 
Landau  schlies.st  aus  der  angeblieh  bereits  am  15.  März 
^13ü7  vollzogenen  Verlobung  Hermanns  mit  Johanna 
von  Nassau,  dass  wegen  der  kurzen  Zeit,  die  zwischen 
di^ni  To«iestag  Ottos  (H.  oder  10.  Dec.  1366)  nnd  diesem 
Termin  gelegen  habe,  die  Berufung  sofort  erfolgt  sein 
müsse  nnd  bekämpft  ans  demselben  Grunde  die  Erzählung 
der  späteren  Chronisten,  wonach  Heinrich  II.  ursprünglich 
si'intni  Knkel  Otto,  den  Sohn  seiner  Tochter  Elisabeth 
und  des  Herzog»  Ernst  von  Braunachweig,  für  die 
Nachfolge  bestimmt  habe,  deren  dieser  aber  durch  eine 
voreilige  Aeussening  verlustig  gegangen  sei**).  Die 
Angabe  des  Verlohungstages  ist  aber  falsch.  Die  Ur- 
kunden, auf  welche  sieh  Landau  stützt***),  sind  datirt: 
1367  Montag  nach  Rfminiscere,  aber  nach  dem  Trierer 
Styl;  dies  würde,  da  der  Trierer  Jahresanfang  bekannt- 
lich der  25.  März  ist,  dem  6.  März  1368  nach  unserer 
Bezeichnung  entsprechen.  Die  betreffHuden  Urkunden 
enthalten  die  Wittumsverschreibung  für  Johanna  von 
Nassau  und  den  Befehl  an  die  Burgmannen  und  Büi-ger 
Giessens,  ihr  zu  huldigen.     Sodann  handelt  es  sich  hier 


*)  Landau  a.  o.  0.  S.  26  A.  1. 

••)  Der   Ansicht  iMndmui  tritt   auoli  Frinhtt*hiirfi  bei,  Zeit- 
sohrifl  N.  F.  Bd.  ll  S.  10  Amn. 

•**)    Wnirk,    IlesN,    Lamlos^'oseli.    Uli.  2  S.  AX\  u.  432    und 
Kuchefifierker,  AuaI.  liaMS.  «lutl.  II  S,  273. 


bä 


■^ 


415 


nicht  um  iVie  Wrlf^bung,  sondprii  t\\p  Vormiilihuig  Her- 
maiiits  mit  lipr  damals  nocli  nicht  dr*M/(^ljiijalirigen  Jo- 
hanna war  bereits  vollzogHn  *),  walirÄclit-iivlich  an  dfm- 
selbeii  Tage.  Als  Tag  der  Verlobung  ist  vielmehr  der 
17.  November  1367  anzusehen,  an  welchem  die  Khp- 
berednng  aufgesetzt  wurde**).  Die  ersten  mir  bi-- 
kannten  Fälle,  wodurcli  llermanuH  Auftreten  als  Naili- 
folger  in  Hessen  urkuttdlith  bezeugt  wird,  sind  zwei 
Urfehdebriefe  vom  6.  Mai  1367,  die  die  Gebrüder 
Ludeger,  Adam  und  Jobann  Grebe  imd  die  Gebrüder 
Johann  und  Jordan  von  Reen  dem  L.  Hermann,  dem 
Jüngeren  und  dem  Lande  zu  Hessen  ausstellen***). 

Trotzdem  hierdurch  derZcitninni  zudem  „Zwischen- 
akt für  Herzug  Otto"  vergrössert  wird,  la.ssen  es  dnch 
die  übrigen  von  Landauf)  geäusserten  Bedenken  als 
höchst  uuwahrscheinlich  erscheinen,  dass  L.  Heinrich 
bei  Lebzeiten  eines  männlichen  Sprossen  seines  Hauses 
dem  Sohne  seiner  Tochter  bindende  Versprechungen  in 
Betreff  der  Nachfolge  gemaclit  habe,  Ea  sind  zudem 
nur  die  ^späteren  Chronisten,  welche  dies  überliefern 
und  ihre  Erzählungen  tragen  das  Gepräge  des  Sagen- 
haften an  der  Stirn.  Wie  die  Sage  entstanden  ist,  ist 
übrigens  leicht  ersichtlich.  Sie  geht  zurück  auf  die 
anonymen  Thüringer  Chronisten,  weiche  berichten,  dass 
Hermann  bei  seinem  Oheim  nicht  besonders  beliebt 
gewesen  sei  nnd  dass  die  Sterner  die  Absicht  gehabt 
hätten,  den  ersteren  aus  seinem  Erbe  zu  vertreiben  ff). 

')  Johanna  v.iid  auHdriicklicb  alü  üotiiiaiius  elieliitlic  Friui 
Imzoiclinet. 

♦*)   Wetirl-  a.  n.  0.  S.  432-434. 

***!  Oiig.-rikJk.    im   Slaatsarcbiv   Marluirg,    Abt.  Fehde-    nnd 
Siilmcbiieie. 

t)  n.  a.  0,  S.  -M. 

tt)  f^.  n.  f^.  "ilfi  Aiun.  3  (Latidgraviiis),  t|ui  non  babiiif  Uae- 
redem,  um  tihuni  Ftahis  nnn  ituiltinn  liili'ituiti,  i|iiotii  oxliueiedi- 
tare  uitubaului. 


410 


Rothe    hat   dies   nacli    seiner    Art   ausgeschmückt  und 

hagt,  ntto  sei  .seinem  Grossvater  lieber  gewesen  als 
Hermann  und  hätt*'  das  Land  gern  an  sich  gebracht., 
was  aber  nicht  angeguiig«'ii  sf\.  Dies  hat  sich  schliess- 
lich in  die  von  den  spät^-ren  Chronisten  wiedergegebene 
K.iziihliing  ausgestilt-'t. 

Viel  grössere  Wahrsthi-iulichkeit  hat  die  Annahme 
[{(irnmels*),  dass  Heinrich  seinem  Enkel  HoiYnung 
auf  die  Erbscltaff  hessischer  Gebietstheile,  etwa  Be- 
sitzungen an  der  Werra,  gemacht  habe.  Hierfür  spricht 
nicht  nur  der  am  'ä.  August  1371  abgeschhissene  ziegen- 
li!iiiiisrh-hraunt*c!iweigi.sLh«'  Khevertrag**),  wonach  Otto 
seinem  Schwager  Cmttfried  als  ßrautschatz  tausend 
Mark  von  dem  nach  Heinrichs  11.  Tode  zu  erwartenden 
Anfall  von  dem  Ijande  zu  Hes.sen  verschreibt,  sondern 
auch  das  uns  von  dem  Hersfelder  Anonymus***)  er- 
haltene Bruchstück  eines  Volksliedes,  dessen  Ursprung 
nicht  weit  hint«'r  diesen  Ereignissen  liegen  kann.  Die 
Weigerang  Hermanns,  sich  auf  die  Abtretung  eines 
Theils  seiner  Erbschaft  einzulassen,  wird  dann  den 
Bund  gegen  ihn  in's  Leben  gerufen  haben,  der  es  sich 
schliesslich  zum  Ziel  setzte,  ihn  ganz  aus  seinem  Erb- 
theil  zu  verdrängen. 

Das»  Otto  von  Braun-schweig  der  Urheber  und  das 
eigentliche  Haupt  de.'i  Bundes  war,  wird  von  den  zu- 
verlässigsten Chronisten  übereinstimmend  berichtet.  Die 
Mainzer  Bischofschronik  nennt  ihn  den  capitaneus  der 
Sterner,  die  beiden  anonymen  thüringischen  Chronisten 
sagen :  „ciuorum  capitaneus  principalis  erat  Otto  dux 
Binnswigensis  et  adhue  tres  alii"  und  dementsprechend 
die  Limburger  Chronik:  ,,mit  namen  was  der  (geseih 
Schaft)  ein  anheber   herzöge  Otte  von  Brunswig  .  .  , 

•)  GeBohiclitd  von  Hessen  Bd.  2,  Anin.  62,  S.  125. 
•*)  Landdii  a.  a.  0.  S.  IOC,  fiilBchlioh  unterm  2.  August. 
•♦•)  Senckenberg.  Solecta  Bd.  3,  S.  37«. 


der  grebe  von  Zigenhan,  grebe  Johan  von  Nassauwe 
berre  zu  Dill<?nb«rg,  dftr  grebe  von  Catzeneliibogen,  her 
Johan  von  Hu<:iing«:>n  undt*  anders  du-  liRrreii"  etc,  Krst 
Gerstenberg,  dum  fjHMdau  folgt,  nennt  als  den  Haupt- 
mann des  Bundes  den  Grafen  Gottfried  von  Ziegenbain. 
Die  Zabl  der  TKeiliiehinRr  wird  übereinstimmend  auf 
2000  Ritter  und  Kneclite  mit  350  Schlössern  angegeben. 

Was  nun  den  Verlauf  des  Krieges  selbst  betrifft, 
.so  mag  zunächst  der  hauptsächlichste  Irrthum  Landaus 
berichtigt  werden. 

Unsere  zuverlässigste  Quelle,  die  Limburger  Clironik, 
meldet  zum  Jahre  1372,  dass  Landgraf  Heinrich  Feind 
des  Herrn  (Friedrich)  von  Liesberg,  eines  Mitgliedes 
des  Sternerbundes,  geworden  sei  und  deshalb  seinen 
Neffen  Hermann  mit  mehr  als  1000  Rittern  und  Knechten 
vor  den  Herzberg  geschickt  habe.  Der  habe  zur  Be- 
lagerung dieser  Burg  ein  Haus  aufgeschlagen,  sei  aber 
durch  die  Stemer,  die  mehr  als  1600  Mann  stark  heran- 
gezogen seien,  abgetrieben  worden,  worauf  die  Sterner 
das  Land  bis  Fritzlar  verwüstet  hätten.  Dort  hätten 
sie  sich  nach  acht  Tagen  aufgelöst.  L.  Hermann  habe 
dann  den  „täglichen  Krieg"  gegen  die  Sterner  mit 
grossem  Erfolge  „bei  Jahr  und  Tag"  fortgesetzt.  Aehn- 
lich  lauten  auch  die  Berichte  der  anonymen  Thüringer 
Chronisten.  Man  sieht,  die  gleichzeitigen  Chronisten 
betrachten  die  Unternehmung  gegen  den  Herzberg  und 
den  Entsatz  durch  das  Stemerheer  als  das  Hauptereignis 
des  Krieges,  soweit  er  wenigstens  in  Hessen  geführt 
wurde.  Die  genannten  Quellen  geben  übereinstimmend 
das  Jahr  1372  als  die  Zeit  des  Zuges  an.  Landau  da- 
gegen setzt  das  Ereignis  in  das  Jahr  1371  und  beruft 
sich  dabei  auf  den  von  ihm  abgedruckten  Briefwechsel, 
hauptsächlich  ein  undatirtes  Schreiben  des  Grafen  Gott- 
fried von  Ziegenhain  an  die  Stadt  Marburg*),  indem  er 

•)  A.  ».  0.  S.  112. 
K.  F.  Bd.  xvn.  27 


418 

folgendermasaen  argmnentirt  *) :  „Der  Graf  spricht  hi^r 
mit  klaren  Worten  von  der  Belagenuig  des  Herzbergs 
und  dftin  Kntsatzt'  durch  die  Sternor,  indem  er  sich 
wogen  der  auf  dem  Heereszag  vorgefallenen  Verwü- 
stungen rechtfertigt  Den  Vorwurf  dieser  Verwüstung 
eutbält  schon  der  landgräHiche  Brief  vi>m  30.  November 
1371-  Da  nun  in  dem  Schreiben  des  Landgrafen  vom 
2.  September  und  der  Antwort  darauf  noch  nicht  davon 
die  Rede  ist,  so  muss  die  Belagerung  etc.  iu  den  Oktober 
oder  Anfang  November  1371  fallen,"  Nun  hat  aber 
das  Schreiben  an  Kassel  **)  gar  nicht  das  Datum  des 
30.  November  1371,  sondern  entliält  nur  das  Tages- 
datnm :  »Sonntag  vor  Nicolai;  dies  kann  aber  ebensogut 
der  5.  Deceraber  1372  sein.  Die  ganze  Beweisfühning 
Landaus  schwebt  demnach  in  der  Luft.  Dass  aber  der 
Kam}tf  um  den  H<»rzberg  in  der  That  dem  Jahre  1372 
gehurt,  wie  unsere  zuverlässigen  Chronisten  berichten, 
dafür  liefern  die  Aufzeichnungen  des  Marburger  Rent- 
roeisters  Heinrich  von  Ecki^richsberg  den  sicheren  Be- 
weis ***j.  Dass  die  Belagerung  auch  nicht  „in  den 
Oktober  oder  Anfang  November"  fällt,  wird  später  zn 
zeigen  sein. 

Landau  war  nun,  da  die  Fehdeerklärungen  und 
andere  urkundliclie  Zeugnisse  deutlich  für  das  Jahr 
1372  als  erstes  Jahr  des  Krieges  sprechen,  genöthigt, 
die  Belagerung  des  Herzbergs  untl  den  Zug  der  8terner 
nach  Fritzlar  als  „FnindseJigkeiten  vor  dem  Beginn  der 
Fehde"  f )  aufzufassen.  In  Folge  dessen  stehen  die  Be- 
gebenheiten, die  er  zum  Jahre  1372  schildert,  ohne 
rechten  Zusammenhang  da,  während  sie  mehr  oder 
weniger  mit  dem  Zug  nach  dem  Herzberg  in  Verbindung 
stehen,    Ohne  auf  die  dadurch  hervorgerufenen  weiteren 


•)  8.  41,  Inm.  2.    —    •*)  S.  110. 
•••)  Boilapp  Nr.  91,     —    f)  A.  a.  0.  H.  39. 


419 

Irrthümer  Landaus  näher  einztigehen,  mögen  deshalb 
im  FolgBinlen  die  Kreignisse  des  Jahres  1372  in  kurzen 
Zügen  geschildert  werden. 

Ueber  d«n  Zeitpunkt  der  Entstehung  des  Bundes 
wissen  wir  nichts  Bestimmtes.  Nicht  unwahrscheinlich 
\^\  die  Wrmuthung  Landaus,  dass  schon  am  5.  Oktober 
1369,  als  Friedrich  von  Lieaberg,  einer  der  bedeutendstfn 
Theilneiimer  di>s  Bundes  und  der  Besitzer  des  Herz- 
herges,  bei  Herzog  Otto  in  Münden  war,  die  Vorberei- 
tungen dazu  getroffen  wurden.  Jedenfalls  dauerten  die 
freundlichen  Beziehunge»  H*?inrichs  II.  und  Ottos  auch 
nach  Herraann.s  Verlobung  und  fCintritt  in  die  Mitregie- 
rung fort,  ein  Grund  mehr  zu  der  Annahme,  dass  Ottos 
Absichten  nicht  von  Anfang  an  auf  die  Nachfolge 
Heinrichs  11.  in  Hessen  gerichtet  waren.  Auch  in  dem 
Khevertrag  vom  'A,  Angust  1371  verpflichtete  sich  Otto 
u.  A.,  ohne  seinen  Schwager  Gottfried  von  Ziegenhain 
kein  Abkommen  mit  Hessen  (in  Betreff  der  auf  ihn 
fallenden  bessi-schen  Erbschaft)  zu  treffen  und  noch  am 
b.  Oktober  dieses  Jahres  .sehen  wir  L  Hermann  als 
Ottos  Gast  einem  Turnier  in  Göttingen  beiwohnen  *). 
Erst  nach  dieser  Zeit  kann  also  der  Bund  mit  seiner 
gegen  Hessen  gerichteten  Tendenz  hervürgetreten  sein, 
wahrscheinlich  zu  Anfang  des  Jahres  1372,  denn  am 
16.  Februar  erliessen  die  Landgrafen  ein  Ausschreiben 
an  die  oberhessische  Ritterschaft,  sich  nicht  am  Sterner- 
bunde  zu  betheiligen  **). 

Hermann  niuss  überhaupt  sehr  rührig  gewesen 
sein,  seine   Streitkräfte    gegen   die  Sterner  zu  sammeln 


•)  C.  0,  Schmidt,  Göttiog.  Urkundentuoli  Bd.  1  S.  291. 
*•)  iMudau,   a.  a.  0.  S.  115  aus  Lauz«8  Chronik.   Unter  don 
Orten,    nn    welche    das    Ausschroiben    gBriohtet   ist,    hat  k  dawM 
l'oboraplilagutig  einorZeilo  ansgolasfion:  jltocDiberg  auf  der  Ohme, 
Nordeckoii,  ("irueiiborg''  (hinter  ,SchwoiiiH(»er|{"  einzusühalten). 

27  * 


420 


und  auch  ausserhalb  Hessens  Ritter  und  Knechte  an- 
zuwerben *),  dunn  als  er  gegen  den  Herzberg  zog, 
gebot  er  über  eiiin  für  die  damalige  Zeit  recht  stattliche 
Macht.  Auch  war  er  eifrig  bemüht,  sieh  durcli  Bünd- 
nisse zu  kräftigen  **)  und  die  AemtHr  und  Hurgen  mit 
geeigneten  und  energisclten  Männern  zu  besetzen  ***). 
Nach  atlen  diesen  Vorbereitungen  kann  Hermanns  Lage 
beim  Beginn  des  Krieges  nicht  so  trosth>8  gewesen  sein, 
wie  die  späte  chronikalisc!ie  UeberUeferung  sie  hinstellt, 
und  man  wird  die  dramatische  Sceue  auf  dem  Markte 
zu  Marburg,  wo  Hermann  difi  Bürger  mit  Thränen  in 
den  Augen  um  Hülfe  gebeten  haben  soll,  da  er  seine 
Anhänger  mit  einem  Hbllerbrode  speisen  könne  f),  in 
das  Reich  der  Fabel  verweisen  müssen;  die  Erzählung 
ist  wohl  nur  die  sagenhafte  Umgestaltung  der  oben 
erwähnten  Abmahnung  vor  dem  Sternerbund. 

Den  Ausbruch  des  Krieges  kann  man  mit  ziem- 
licher Wahrscheinlichkeit  in  den  Anfang  Mai  setzen; 
damals  sandten  die  Anhänger  des  Landgrafen  dem  Grafen 
Gottfried    von    Ziegenhain     ihre    Fehdebriefe  ff).       Zu 

•)  Meist  thüringische  und  eichsfeldische,  Von  einigen  haben 
sich  die  Quittungen  über  orfolyre  Besoldung  erhalten;  so  quittireii 
am  4.  Jan.  1373  die  Wappnor  Horman  und  Curt  von  HastenbecL, 
Eukebreoht  vou  Viitikin  und  Julian  von  Sledere  den  LI.  Heinrich 
und  Hermann  über  Sold  und  Gleviougeid  für  sich  imd  die  Wuppner, 
die  sie  in  ihre  Dienst«  gebracht  haben,  am  1^.  Jan.  quittiren  Diet- 
rich Schttwe  und  Cuit  von  Osseo,  aoi  28.  April  Reinhard  Radgobe, 
Fritz  von  Teytelebin  und  Albreoht  Horiu<>i8ter,  am  21.  Mai  djc 
Brüder  Cuit  und  Jan  von  EUdaleybin,  Iloinridh  von  Husin,  L'urd 
Wendelrod,  Hans  von  Fryniar  u.  A.,  am  16.  Mai  1374  Ciut  von 
Natza  über  Schuld  und  Schaden,  ^den  ich  voitlinet  undc  gauuiueu 
hatta  in  erme  diuste  da  sii  kregin  tnid  den  Storneru".  Orig.-Urkk. 
im  tjtaatsarch.  Marburg,  Abt.  Quittungen. 
")  Vgl,  iMftdau  a.  a.  0.  8.  50. 

•♦♦)  Dere.  S.  47. 

t)  Kuchenhecker,  Aool.  Coli  m  S.  27  f. 
tt)  Vgl.  Landmt  a.  a.  0   8.  48. 


421 

gleicher  Zeil  muss  auch  der  Kanj|>f  g<;geii  den  Bischof 
Heinricli  von  Paderborn  untbrannt  sein,  der  von  den 
Brüdern  Werner  und  Heinrich  von  Gudenburg,  den  In- 
habern der  Aemter  Wolfhagen  und  Freienhagen,  mit 
Krfolg  geführt  wurde*).  Ihnen  gelanges  am  17.  Juli**) 
den  Bischof  mit  einer  grossen  Zahl  Heiner  Anhänger 
gefangen  zu  nehmen.  Von  dem  Krieg  gegen  Ziegeiüiain 
wissen  wir  wenig.  Den  Hauptschlag  versuchte  Hermann 
durch  die  Eroberung  der  Burg  Herzberg  zu  führen. 

Dass  das  Unternehmen  nicht,  wie  Landau  will,  in 
den  October  oder  November  fällt,  sondern  bereits  im 
Juli  oder  August  ausgeführt  sein  muss,  dafür  sprechen 
folgende  Gründe.  Aus  der  im  Anhang  abgedruckten 
Amtsrechnung  geht  hervor,  dass  der  Zug  vor  den  29. 
September  fallen  muss.  In  dem  Briefe  L.  Hermanns  an 
die  Stadt  Cassel  vom  5.  December  1372  ***)  macht  dieser 
dem  Grafen  Gottfried  unter  Anderem  den  Vorwurf,  dass 
er  ,,Kirohe  und  Kirchobe  gebrant  und  geschinf  und 
seine  Klöster  gt^brandschatzt  hätte.  Gottfried  erwidert  fj, 
dergleichen  sei  ohne  sein  Verschulden  geschehen,  als 
L.  Hermann  vor  dem  Herzberg  gwlegen  hätte  und  die 
Stornei'  ihm  nachgezogen  seien,  um  ihn  zu  suchen. 
Nun  berichtet  Gerstenberg  ff)  —  die  bestimmte  Tages- 
angabe lässt   eine  gute  Quelle   vermuthen  — ,  dass  die 


*)  Schon  kurz  vorher  hatten  sio  mit  Glüok  gegen  west- 
{ihäÜBcbe  Gegner  gokäinpft.  Am  24.  Marx  d.  J,  rechnen  sie  mit 
rlen  LaudgrafeD  ab  j^azgenomoa  ....  snlobea  schadon,  den  sie 
iioiuüu  tif  dem  walde,  alse  aie  die  von  der  Brackinburg  uado  die 
von  Hedömynne  niderworfin".  Cop.  iin  Staataarch.  Marburgs  0«n. 
Rop.  Wolfliagen. 

**)  Die  Augabe  de»  Tages  stammt  von  LAuze,  aus  unbekannter 
Quelle,  das  Faktum  berichtet  auch  die  Mainzer  Biflchofschrauik. 
•••)  Landau  a.  a.  0.  S.  111. 

t)  Ebenda  S.  112. 
tt)  ikhmincke,  Mou.  Haas.  Bd.  2  S.  492. 


422 


Sterner  am  14.  und  15.  Angust  da«  Kloätvr  Cappfl  hv- 
ratibt  hätten.  Man  darf  wohl  anneliinun,  das«  L.  Her- 
mann dlöHe  Tliat  ineintt^,  ala  er  dem  ürafen  d«n  er- 
wähnten Vorwurf  machte,  und  wird  danach  die  Belagerung 
iler  Burg  Herzberg  kurz  vor  diese  Zeit  setzen  dürfen. 
Ijandan  bezieht  sich  noch  auf  den  Brief  dvs  L.  Hermann 
an  „seinen  lieben  Neffen",  den  Grafen  Gottfried  *),  der 
Mittwoch  nach  Aegidii  datirt  ist  und  worin  er  sich 
entschuldigt,  daaa  seine  Mannen  den  Grafen  geschädigt 
hätten.  Aber  dieser  Brief,  der  ofTenbar  an  den  jüngeren 
Gottfried  gerichtet  ist,  —  der  Vater  starb  am  8.  October 
1372  —  ist  jedenfalls  erst  am  2.  September  1373  ab- 
gtifasst,  zu  einer  Zeit,  wo  die  Landgrafet)  mit  den  Stex- 
nern  in  Unterhandlung  standen**). 

Knvähnt  werden  muss  noch  die  von  den  beiden 
anonymer)  Thüringer  Clironisten  gebrachte  und  von 
Hothe  erweiterte  Nachricht,  dass  auch  Markgraf  Bal- 
tlia.'iar  von  Meiesen-Thüringen  an  d(^r  Belagerung  Theil 
genommen  habe.  Dieser  Bericht,  welcher  von  Landau ***j 
augezweifelt  wird,  gewinnt  aber  dadurch  an  Glaub- 
wiirdjgkett>  dass  in  dieser  Zeit,  am  12.  August  1372, 
Graf    Hermann    von    Beichlingen,    Graf    Hiinrich    von 


•)  Landau  a.  a.  Ü.  S.  lUy,  1. 

•*)  Man  kann  die  Zeit  der  .i^nkuuft  des  L.  Heniianu  \u 
bürg  aus  doD  Angaben  den  Marbui-gi>r  RcDtmei.stors  bcrochne 
Wenn  dieser  aeit  der  Rückkobr  den  I^andgrafcu  vom  llorzberg 
Michatdis  18  Mattier  Korn  und  86','i  M.  Hafur,  und  von  Michaelis 
bis  rauh  Bflkoliiung,  also  iu  118  Taj^üii.  60'j»  Malter  Korn  und 
löO  M.  llafor  verausgabte,  sn  kommt  mau  auf  oiuo  Dumhschnitts- 
summe  von  40  Tagen,  dio  zwiscliiiii  der  Ankunft  des  Landgrafeu 
und  dem  29.  Sci^tomber  licgoii,  diese  würde  also  etwa  am  14.  Aug. 
erfolgt  sein.  IHo  Berpolumiig  kann  natürhnh  auf  Oenauigkcit  keinen 
Anspruch  niaohon,  dn  der  Vcrln'auch  an  tlcdvidc  nicht  immer 
dor»eIbfl  war. 

♦•♦)  A.  a.  U.  B.  42, 


423 

JSchwarzburg    u.    A.    WHg(;n    d«s    Markgrafen    Balthasar 
dem  Grafen  Gottfried  die  Ft'hde  erklärtBn  *). 

Den  Abzug  des  L.  Hermann  vom  Herzberg  und 
die  Verfolgung  durch  die  Sternür  hat  der  anonyme 
Hersfelder  Chronist**)  mit  einer  ganz  sagtniiaftjm  Kr- 
Zählung  durch  flochten,  die  ihm  auch  getreulich  nach- 
erzählt worden  ist.  I.lf^r  Landgraf  und  sein  Heer  hätten 
heim  Herannahen  der  Öterner  kaum  Z«it  zum  Aufhruuli 
geliabt,  seieji  eilig  nach  Hersfeld  getlohen  und  von  den 
Bürgern,  trotzdem  sich  Abt  Beiihold  selbst  als  Sterner 
zu  erkennuii  gegeben  habe,  mit  knapper  Noth  in  Sicher- 
heit gebracht  worden.  Aus  dem  eben  angezogenen 
Briefe  des  Grafen  Gottfried  von  Ziegenhain  geht  aber 
hervor,  dass  die  Sterner  dem  Landgrafen  gar  nicht  so 
dicht  auf  den  Fensen  waren***),  und  ferner  kann  man 
ans  der  Stelle  der  beigegebenen  Marburger  Amtsrech- 
nuiigf):  „do  min  juncher  der  lantgrefe  nz  dem  here 
tjuam  und  daz  grolle  folk  tzti  Marpurg  quam  von  dem 
Hirtzberge",  folgern,  dass  L.  Hermanns  Abzug  nicht 
nach  Hersfeld,  sondern  in  der  entgegengcHetzten  Rich- 
tung, nach  Marburg,  stattgefiuiden  hat  ffj.  Unterdessen 
zog  das  Sternerheer  sengend  und  brennend  nach  Fritz- 
lar tif},  wo  es  sich  nach  einiger  Zeit  auflöste. 


•)  Ebenda  S.  50. 

•♦)  Sendietibcrg,  Selocta  B<].  3  S.  .'iSö  zum  .lahr  1.^76. 
***)  flDo  zogen  yme  uiisir  herrin,  wir  und  unsir  (josellin  asch 
und  suchüa  i:i  an  den  stedin.  do  luisir  kerrin,    uoh  uad  ansir  ge- 
E^jUin  diichta.'^ 
t)  Nr.  91. 
tt)  Der   Heraberg  liogt  etwa  4  StandoQ  östlich    vou  Alafold 
uud  für  L.  (lennaun  war  dioso  laudgräfliche  Stadt  leichter  zu  er- 
roioheu,  als  das  weiter  gelegene  Uersrelii. 

ttt)  ^'acb  Imu\c  a.  a.  <>.  wurde  bei  dieser  Gelegenheit  die 
uicht  lange  vorher  orbaulu  Ki-oihoit  von  llemberg  i.  H.  uieder- 
gebranut. 


424 


Während  die  Unterndiniung  L.  Hermann»  gegen 
den  Herzberg  an  der  Ueberraacht  der  Gbgner  scheitert*;, 
gülang  dagegen  die  Eroberung  einer  anderen  feindlichen 
Burg,  des  Schonsteins,  welche  ebenfalls  in  dieser  Zeit 
erfolgt  sein  muas.  Der  Schönstein  war  eine  Ziegen- 
liainische  Feete  westlich  von  Jesberg  und  im  Pfand- 
besitz der  von  Gilsa.  In  einer  Urkunde  vom  9.  Mai 
1376  *)  erwähnt  Johann  von  Gilsa  eine  Verschreibung 
des  Grafen  von  Ziegenhain  und  sagt :  „daz  wir  den  brieff 
virloren,  do  die  lantgrebin  daz  hus  Schonstein  gewonnen." 
Auf  dies  Ereigniss  ist  es  jedenfalls  zurückzuführen,  dass 
am  26.  September  1B72  Henne  von  Gilsa  dem  Grafen 
von  Ziegenhain  einen  erzwungenen  Felidebrief  sandte**); 
die  Eroberung  der  Burg  muss  also  vorher  erfolgt  sein. 
Im  Juni  1373  war  sie,  wie  aus  der  Marbuiger  Amts- 
rechnung hervorgeht***),  bereits  im  Besitze  des  Land- 
grafen. Auch  Borken,  Romrod  und  Falkenstein  scheint 
L.  Hermann  damals  in  seine  Gewalt  gebracht  zu 
haben  f). 

Das  Üperationscentrum  aller  diaser  Unternehraungen 
wird  Marburg  gewesen  sein,  wohin  L.  Hermann  den 
grösaten  Tljeil  sumea  Heeres  geführt  liatte  ff).  Nach 
der  Liniburger  Chronik  hatte  er  mehr  als  600  Gleven 
Rittrr  und  Knechte  im  Sold,  mit  welchen  er  den  Kampf 
gegen  die  Sterner  im  kleinen  Krieg  fortsetzte.  Auf  der 
Marburg  %vurde  im  Herbst  und  Winter  fleissig  daran 
gearbeitet,  die  Keller  für  die  Aufnahme  der  Gefangenen 


•)  Landau  a.  a.  0,  S.  163. 
•♦)  Ebenda  S.  49. 
**♦)  Beil.  Nr,  62  u.  53  mm    25.  Juni.    I,.    Hermaan    veri)ro- 
viantirte  damals  den  Schönatein. 

t)  Vgl.  den  oft  (jnvähntcn  Briefwechsel  und  die  Erörterungen 
Lafulaua  a.  a.  0.  S.  43  Aum.  l  u.  2  und  K.  41  Aiim.  1. 

ff)  tJie  ausserordentlichen  Auagabeu   au  Koru   und   Hafer  in 
der  M&rburger  Amtsrecliaaiig  daueru  noch  bis  zum  25.  Jan.  1373. 


^ 
^ 


in  Stand  zu  setzen  *)  und  die  Burg  vertheidigungsfähig 
zu  machen  **). 

Von  der  TlieilnafimH  Ottos  von  Brannscliweig  an 
diBSt^n  Kämpfen  im  heHsisch<;u  Gebiet  wiesen  wir  nichts. 
Nach  ßothcs  Bericht  wurdu  der  Krieg  gegen  ihn  ge- 
meinsam durch  hessische  und  meissnische  Trn[ipc'n  ge- 
führt, welche  (im  J.  1373)  seine  Stadt  Dranafekl  ein- 
nahmen und  ausraubten. 

Während  des  Winters  ruhte  in  Überhessen  dtr 
iStreit  mit  den  Wafifun,  er  wurde  aber  zwischen  L.  Her- 
mann und  Graf  Gottfried  um  sr>  eifriger  mit  der  Feder 
fortgesetzt.  Der  Ziege.nhainer  schrieb  an  liHssische 
Städte  und  den  alten  Landgrafen  und  macht«  dem  L. 
Hermann  die  bittersten  Vorwürfe  wegen  aller  möglichen 
IlebBlthaten.  Der  Landgraf  blieb  nichts  schuldig,  er 
sandte  «eine  Entgegnungen  an  die  »Städte,  die  sie  wieder 
an  den  Grafen  befürdurten  ***).  Landau  hat  aus  einer 
Aeuöserung  des  Landgrafen  in  einem  dieser  Briefe  |) 
einen  »voreiligen  Schluss  auf  dessen  Charakter  gezogen, 
der  auch  für  spätere  Beurtheiler  massgebend  gewesen 
ist  und  de8halb  hier  berichtigt  werden  mag.  Graf 
Gottfried  hatte  ihm  den  Vorwurf  gemacht,  da.s8  er  einen 


I 


•)  8.  Beil.  Nr.  4,  5,  fl-l'i. 

**)  Beil.  Nr.  13—15.  Besonders  iDteressftiit  ist  die  aus  Nr.  18 
und  19  hen'orgohende  Thatsacho,  dass  bei  der  .\rmii'nng  der  Burg 
bereits  Fouorwaffon  eine  Rollo  gospiolt  liabon.  Nai-li  Winkclmami 
{C'hroaik  S.  343)  soll  L,  Hemianii  1380  ,die  danialeii  neu  erfundetion 
Biichseu"  bei  der  Belagerung  von  Hatzfcld  zuerat  argowandt  habau. 
Icli  glaube  auoh,  dass  in  dem  Brief  des  Grafen  Gottfried  v.  Z. 
{Lantiau  a.  a.  0.  S.  109),  ia  welchem  sich  dieser  beschwört,  dass 
L.  HermanQ  „ubir  uaseu  bodin  raute,  der  trnse  bussin  trug,  und 
brach  yme  dy  äff",  nicht  von  „(lerii-htsbußen*.  wie  l^udau  (8.31') 
nntiimmt.  die  Rede  ist,  Botiderti  ubenfallM  von  HJner  Feuerwaffe. 

*'*)  iMudau  a.  a.  <  *.  nie  Rcüieiilbige  itud  Datirung  der  SchriJt- 
stücte  ist  Dar.Ii  dem  Vorstehenden  zvt  borichtigeu. 

t)  Urtdau  S.  U4;  vgl.  auch  Nr.  6  8.  113. 


426 


gräfliclieii  Diener,  Wigand  von  Diftcrshausdn,  der  doch 
nicht  aein  Ft^ind  wäre,  gefangen  genommen  habe,  worauf 
li.  Hcrmaiitv  erwidert:  „Oich  als  her  schrybit  iime  Wi- 
gandn  von  Dytirshusen,  wis-sit,  daz  wir  des  grebin,  sinea 
landes  und  lüde  fyent  sin  und  wollin,  daz  wir  er  vide 
Iiettin^'.  Liuidau  fsusst  dieäe  Aeusüeruiig  sü  aaf,  aU 
jiätte  sich  i\tii  Landgraf  in  frovelhaftein  Lk'bermiitii 
Huigliclist  vii'Ns  Fi'iddf  g^nvünsclit,  während  er  nur  bagen 
will,  da  er  des  Grafen  und  seiner  Leute  Feind  sei, 
könne  er  sich  nur  wünschen,  möglichst  viele  von  ihnen 
zu  Gefangenen  zu  haben.  L.  Hermann  war  eine  rück- 
sichtfllose  und  eiiergifjche,  beinahe  starrköpfige  Natur, 
aber  derartige  l*rahlerftieii  lagen  ihm  fern. 

Dieser  Briefwechsel  scheint  den  Anlass  zu  den 
ersten  mündlichen  Unterhandlungen  mit  den  Sternern 
gegel)en  /m  haben.  Knd»'  Januar  1373  fand  in  Fritz- 
lar, vielleicht  unter  Mainzischer  Vermitteluiig,  eine  Zu- 
sammeidtunft  statt,  die  von  iandgrätlicher  Seite  mit 
dem  iJeutschorderiskrimthnr  zu  Marburg*)  und  dem 
landgrättichrn  Kanzler  l'eter  beschickt  wurde**),  lieber 
die  dort  ge|itltigeiien  Verhandlungen  ist  uns  nichts  be- 
kannt, .sie  müssen  aber  jedenfalU  erfolglos  geweäen 
sein,  denn  im  Frühjahr  brach  die  Fehde  aufs  neue  aus, 
die  diesmal  hauptäitehlich  in  den  solniäischen  und 
naasauischen  Gegenden  wiithete  ***).  Aber  auch  Ober- 
hessen wurde  wieder  durch  den  Krieg  heimgesucht;  und 
u.  A.  Iiatte  Marburg  einen  erustlichen  Angriff  der 
Gegner   au.szuhalten.      Wenigstens    entnehmen   wir  d«n 


*)  Jobann    vom   Uoiu    (iia<;li    Itout^cliordontjurkJc.  im  Staats- 
arüliiv  Mar  barg). 

•*)  Bull.  Ni'.  23.  l'usoro  Kochiiunii  ist  die  einzijre  QuolK 
die  4\e  Kunde  von  diotjoii  und  den  s|»utoren  Voiiiaiidlungcn  or- 
hnlten  hat 

*•*)  üober  diese  Kiiiiipfo  vergl.    iMiuJau,   Rittergesellschafttia 
S.  56  ff.  und   CJotombei  a.  a.  O. 


427 


* 
f 


Aufzeiclimmgeii  dfö  Marburger  Rentnieiöttrs,  da-ss  bei 
eiiHMii  feindliclKP  Angriff  das  Thorhaus  an  ih>r  Burg 
iiietlcirgtibraimt  wurde*).  Dtni  Kampf  g''gyn  d<'ii  Ziegwn- 
liairiKr  fühi-te  L.  H^rniajH)  bis  zum  Sommer  tort,  wie 
aus  den  Lebensmittelsenduiigen  desselbHii  R«nt.iuttisters 
nach  Kircbhain  zur  Verproviantiruug  des  Schöiisteins 
lieivorgnbt**). 

]ni  Juli  wurden  die.  Verhandlungen  mit  d«ji  Ster- 
nurii  wieder  aufgeuommc.n.  Gegen  End«  dieses  MiuiHts 
fand  «iue  Zusammenkunft  in  liürgttlii  östlich  bei  Mar- 
burg statt***),  der  am  19. September  eine  zweite  folgte 'ji. 
Zwischen  diese  beiden  Tage  fällt  eine  abermalige  Be- 
lagerung der  Burg  Herzberg,  die  Kraft  Rode,  der  Amt- 
mann zu  Marburg,  leitet-e||). 

Mit  dem  Ende  des  Jahres  1373  war  die  Kraft 
Sternerbundes  gebrochen.  Zwar  hatte  das  land- 
r&fliche  Gi-biet  viel  unter  dem  Kriege  zu  dulden  ge- 
habt fff),  und  die  Landgraft^n  hatten  eine  Schuldenlast 
auf  sich  geladen,  die  für  die  innere  Kntwickelung  des 
Landes  von  verhäiigni.svollen  Folgen  war,  aber  es  war 
doch  der  Thatkraft  L.  Hermanns  gelungen,  sich  das 
Erbtheil  seines  Oheims  ungesclimälert  zu  erhalten.  Man 
muss  auch  das  Geschick  bewundern,  mit  dem  er  durcii 


♦)  Beil.  Nr.  48.     DiBse  Reparatur    wviriie  etwa  Mitte  Müit; 
gemacht.    Vgl.  Nr.  29. 

♦♦)  Beil.  Nr.  .'>2  u.  &3  mit  dem  Datum  des  26.  .luni.  Vgl. 
obtin  S.  424. 

***)  Oeil.  Kr.  ijy.      Da  dor   iiiiclihte    I'osteu    uiitciiii    2b.  Juli 
iiotirt  ist,  wird  dioser  crsto  Uürgeler  Tng  uiigoHlhr  lu  dieaoibo  Zeit 
oder  mclit  laiigii  vorher  fallen, 
t)  Beil.  Kl.  9U. 

tt)  Beil.  Nr.  65.  —  üui  dieselbe  Zeit  wurde  auch  ati  der 
Befestigunt;  dor  Mm  (»urg  iloiH.si|r  gearbeitet,  wie  aus  Nr.  57,  58. 
63,  B7-7:1  lu'iA  Ol  gellt. 

"H"!')  Mau  vgl.  ■/,.  I>.  vvn.'s  'iei'stiiiiliur^'  von  de«  Diauysalen 
eizählt,  die  some  Vatorstadl  Fratikeiibütg  durcli  diu  Wcstj»ü&len 
za  erlfliden  hatte.     Kuciieubecker^  Aual.  Coli.  V  S.  205. 


428 

eine  Reihe  von  Bündnissen  *)  die  aaswärtigen  Mit- 
glieder de«  Stenierbundes  im  Scbach  zu  halten  ver- 
stund, wfährt'-nd  i't  •julbst  im  eigenen  Lande  die  Gegner 
einzeln  niederwarf.  Auf  diese  Weise  brachte  er  es  za 
.Stande,  dass,  wie  die  Thüringer  Chronisten  sagen,  der 
Bund  bfietts  im  dritten  Jahre  seines  Bestehens  zerfiel, 
nnd  seine  Mitglieder  sich  schämten,  fernerhin  die  Sterne 
zu  tragen. 

Am  6.  Decemb«  1"  1373  wurde  L.  Hermann  der 
Preis  des  Kampfes  zu  Theil,  als  er  aus  den  Händen 
Karls  IV.  die  Landgrafschaft  Hessen  zu  Keichslehen 
eni])Kng  und  zugleich  die  kaiserliche  Genehmigung  zu 
der  am  9.  Juli  1378  geschlossenen  Erbverbräderung 
mit  Thüringen-Sachsen  einholte.  Im  Verlauf  des  Jahre« 
1H74  schloss  eine  ganze  Reihe  von  Mitgliedern  des 
Sti'rnerbundes  einzeln  ihren  Frieden  mit  dem  Land- 
grafen, das  deutlichste  Zeichen,  dass  der  Bund  zer- 
fallen war;  am  4.  F<>bruar  Friedrich  von  Lisberg,  An- 
fang März  die  von  Eisenbath,  im  Juni  die  von  Hatz- 
feld.  In  einer  Urkunde  vom  2.  Juni  1374  bezeichnet 
Hans  von  Reckerud,  der  ehemalige  Amtmann  in  Roten- 
burg und  Friedewald,  den  Krieg  als  bereits  im  März 
erloschen**).  Freilich  dauerte  es  noch  fast  ein  Jahr, 
ehe  auch  das  Haupt  des  Bundes,  Herzog  Otto  von 
Braunschvveig,  .sich  unter  dem  Druck  der  gegen  ihn 
geschlossenen  Bündnisse  zum  Frieden  fügte***),  wenn 
auch  nur  zum  Schein :  denn  er  wartete  nur  auf  eine 
günstige  Gelegenheit,  um  sich  den  Gegnern  des  ver- 
hassten  Rivalen  aufs  neue  in  die  Arme  zu  werfen. 

*)  Das  Näher«  über  dieso  Verträge  bei  Lanckui  a.  a.  U. 
8.  52  ff. 

*•)  Ong.*Urk.  im  Staatsarchiv  Marburg,  Abt.  Quittungon. 
*)  lieber  das  Ende  des  Krieges  vgl  iMwlau  a.  a.  0.  S.  62  ff. 


429 


Beilage. 

Att.<t:?i(f   atis   tfetn    Einvahvif-    mul  Jttsi/nltfmfistcr  des 

landyrü  fit  keil  Heniweklers  Heinrhh  tun  Eekvrkhsbeiy*) 

ui  Marbttry  1372—1373. 

Diit    ist   min   usgebin    in   dem    andern    jare    mccclxxn. 

1.  T^um  erstin  uff  unser  frowfn  abint  nativitatis**) 
loste  ich  iiz  der  hcrbfirge  in  Thidi'rich  Schützen 
hu8  den  von  Brand infelß,  hern  Heinrich  von  Stoc- 
husin    und    hern    Kolmetz   vor  9  lib.  h.    5  s.    und 

3  h.*^). 

2.  Item  ich  gab  Theynharte  niins  herren  boden  4  gross, 
tzti  taerne  und  daz  fudir  wynes  uf  den  wegin  tzii 
fuUene,  daz  tzü  Grunenberg  geladin  wart. 

3.  Item  von  dem  oben«  uf  der  bürg  tzü  machene, 
eynen    nüwen  hals    und  eynnen   nüwen   herd  darin, 

4  gross. 

4.  Item  meystir  Heinrich  dem  steynmetzin  von  eyme 
nfiwen  obinloclie  und  von  eyme  steyne  dar  vor 
tzü  howene  und  von  eynir  treppin  und  von  tzwen 
wengirn  f)  in  dem  ketre,  dar  dy  gefangen  under  der 
großin  stobin  inne  sitzen,  10  gross. 

5.  Item  von  dem  nüwen  bergfride  by  der  köchene 
und    von    dem    schribhftz    u.svvundig    tzfi  bewerfen? 


J:i72 


')  In  dem  lieyister  seibul  wird  der  Name  den  HentwtmsterH 
uicfU  ffetiannt,  dagegai  wird  in  einer  Urkunde  von  1,172  Mai  24 
Jier  neinricJi  von  Eckerichesbejgo  a(^  reiitnieister  zft  Alsfelt  uiul 
üft  Murubfng  eririiJml,  .Slaatsarchir  Morburt/.  Abt.  Quittungen,  ht 
filier  ('rk.  ifou  lH7i  Apr.  S  kommt  Elöinrich  vom  Etcliosbergu  m/j* 
renloineystir  tzü  Marburg  ror.     f^batda. 

**)  Die  Tageabexeichniing  i*t  nacUtriiglich  iibergeseitrieben, 
***)  Die  rorkwmiicnden  Bexeicfinungeii  dar  Qeldaorten  »ind: 
lib.  li  =  Pfund  Hdkr,    s,  äol.  h   =    ScfiiUing,   b,  lill.    =  heller, 
grosB.  =  Orosehen, 

fl  ü^fer  die  Bedeutung  des  Wortes  vgl.  Schiller  n,  Lübbeu, 
Alittelniederd.   Wurterbitoh  Bd.  5,  S.  670, 


IS. 


Tkt. 
tS-lfi. 


und  in  dem  grnßin  kelre  oyn  stocke  eynir  mären 
widdcr  tzü  maciiun^i  und  lucLert-  hindtr  der  al- 
mäsinkamern  tzO  stoppt^ne,  da  d:tz  waßir  in  der 
gffnngiMj  kf^Ifp  ging,  6  gross. 
(i.  It<'ni  icli  koyftf  eyn  vas  wyneß  umme  Johann«*  von 
Martorf,  da/,  inyme  liprreij  tzü  C'assel  ward,  dax 
bnliilt  fnidtcdudhe  ann-  nnde  koste  51  lib.  b.,  daz 
linlbe  vor  17  h. 

Ai/Miftifien  für  tlert  Ankauf  eiiws  weilcren  Fasses   Wiin 
und  für  den  Transport  nacft  CkisseL 

7.  It^ni  in  df'r  fronefastin  vor  Micliaheljs  don  por- 
tcMUTH,  tnndiudern,  wncht«rn,  wingertir  und  dem 
armborstir  14  lib.  h.  und  5  8.  b, 

Ausyabfrn  für  Kelterarbeiteii.  Ablöhnnnt)  von  Hand- 

irfrkeni  }uid  Kurrldtn  und  Ausrhüffnufi  von  Geriiihen. 
S.  Itoni  in  der  fronffa.stin    in  dem  advente  *)  don  jmr- 
teneni,  tbornhudern,    weclitern,    wingertir   und  dem 
armhorstir  13  lib.  h.  und  5  s.  h. 

Verschiedene  Ansgahcfi,  hauptsäddicb  für  Handioerkfr- 

arbeiten  auf  der  Burg. 
9.  Item  Hennen  steynmetzfin  von  fiinft«»halbin  tagt-n 
tzrt  erbo^ydin  in  den  tjswHu  kidrin  und  dpr  küchen, 
da  dy  gefangen  in  gusast  wordiu,  funftcdialbin  gross. 
l(f.  Itnm  dei)  tzymerlud«n  von  tzwen  törin  darvor  tzü 
machen  und  anders  des  in  dt-n  kelrin  not  was,  da 
dy  gefangen  sitzen,  l'a  lib.  h.  und  2  s.  h. 

11.  Item  umme  gebcnkR  und  gesmyde  tzü  denselben 
türen  6  grotäs. 

12.  Item  umme  tzwey  sloz  mit  tzwen  ketJijn  an  dy 
seibin  tfirn  8  gross. 

/.'/.  Item  den  tzymprhidin  von  dm-  tzogobrncken  daz 
holtz  tzft  walde  tzu  liowi-no  nnd  sie  tjiü  inachene, 
8  lib.  h. 


•)  aduuöuto  Orü/. 


14.  Item    vir   knoehtin,   dy    ien   liulfen  dy  brücken  nbe 

brpchf'ii    iiihI    dy   tzogebruL-kcn    dar    liftikni,    hfbin 

unde  tragen,  1  lib,  h. 
lö.  Iteni    dfiu    ainydp   vor   ysinwerg   und   vor  gesmydp, 

daz  tzti  der  brücken  quiini,  un«!  vor  sin  ;irb*-yd  0  lil>, 

!i.  niul  4  h. 

Ifi.  Item    von    eyme    iiüwen    slagen    vnr   df^m    hnin    tzn 

maclien,  1',«  lib.  und  2  ».  b. 
/7.  Itf^in  iini  butirn  4^/«  gross. 

0 

7<S'.  Itt'in  von  cynir  ryndesliiit  und  vir  kalbizfrlliii  tztt 
gt^rwen  tzi^  ücn  tzi'ibnichfii  buliin  G  gross. 

W.  Item  dorn  korsiiLT  dy  bidliii  und  dy  imlvvf  t,zfi  nt^wnn 
ntid  t/A\  bulfen,  4  a,  b 

2(1  It*  in  umme  gugelflr  tzü  dt^n  pulwen  32  h. 

21  Itcni  dfm  segern  3  Hb.  b.,  dy  dyl  titi  .snydene  tzflr 
tzogebrucken  und  tzfi  eynir  m'iweii  [jurtin  vor  ily 
bürg. 

22.lti'iu  di-m  sloßir  von  eyme  tniwwn  sclianke*)  in  dem 
kloyiicn  ktdiir  tzti  boalaliin  nnd  um  gehtsnko  unde 
sUjz  dar  an,  nnd  von  dren  andern  sloßin  an  dy  bft- 
telige  **)  und  an  dy  kamern  uudir  der  cajipeUen, 
11  gross. 

2'i.  Item  nf  den  maiitag  vor  convorsionpm  l'anli  n-yd 
ich  tzü  AletVdt  mit  dem  kiiuitur  tzü  Marburg  und 
mit  hern  Petir,  mins  jungliern  schribir,  do  sie  vor- 
baz  ryden  geiu  Cassel,  um  den  tag  mit  den  St^rnern 
tzü  Fritzlar  tzti  leystin,  unde  gald  vor  sie  in  Ede- 
lindti  Stfbins  hüz  l'/s  lib.  h. 

2'L  lt<  in  ich  blpyb  Ipngir  dar  dorch  des  tjsolliz  und  andpr 
geschffFede  willfn  und  vortzf*rtc'  ti  grn,HB. 


i.m 

Jan.  24. 


♦)  =  Schrank. 


Ausgatten  für  Bierbraueti,  DacftdeckerarbeHen  auf  der 
Iturtf  und  Arbeitslöhne, 

Fdr,  26.  25.  Itera  uf  den  söriabiiid  vor  Flsto  mtchi   reyd  ich  tzü 

Alsfelt  von  gcht'jßi-  iriiirs  jnngliirn  des  lantgreven, 
da  uf  tzil  lu^bin  dy  rfnti%  daz  ich  da  mydu  betzalte 
junghürii  HßitKrith  von  Nassowe  und  junghern  Jo- 
hanna vuii  8olmes  ir  bftrglehen,  darum  sie  do 
phendeii  woldirij  den  mir  enward  da  nicht,  und  vor- 
tzerte  6  gross. 

26.  Item  ich  gab  demselben  junghern  Heinrich  von 
Nassowp  5  marg  tzft  bnrglene  von  geheiße  niins 
junghern,  daz  sind  9  üb.   h. 

27.  Item  junghern  Johanne  von  Solmes  12  marg,  das 
ist  21'/»  lib.  h *),  auch  tzö  burglene. 


W^ 


Löhne  für  Ktiechte  und  Mätfdc. 

W.  28.  Item  uf  dy  mittewoehen  vor  Oculi  sand  ich  myme 
herren  dem  lantgreven  eynen  sahnen,  den  koyft  ich 
vor  5  lib.  h.  und  2  gross. 


9—12. 


Arbeitslöhne  u.  A.  m. 

29.  Item  in  der  fronefastin  nach  dem  Eschedi^  den 
portenern,  torn hudern,  wuchtern,  wingertir  und  dem 
armboratir  13  lib.  h.  und  5  s.  h. 

30.  Item  meystir  HHittrich  dorn  steynmftt^en  und  sime 
ge^ellin  8  lib.  h.  den  bürnen  vullen  tzü  machen  in 
dem  höbe. 

31.  Item  demselbiii  steynmntzen  3  lib.  h.,  .sieyne  tzö 
bri't-hin  tzA  demstdbin  burnen. 

32.  Item  tzwen  knechtin,  dy  den  burnen  08«tin**)  und«» 
fegetin,  4  gross,  ane  4  h. 


•)  Loch  im  Papier. 
**)  oBea  =  oumeMpfm. 


433 


Andere  Ausyaheji   xu  demselben  2ki'€ckc  und  Löhne  für 
L'ültner  und  Schröter. 

33.  Item  meystir  Heinrich  dem  tzym«raiau  von  (Iren 
tagen  tly  blocher  m  dem  walde  tzü  howene,  dar 
man  dy  dyl  uz  sn^yt  tzür  bnickin  und  tzft  dt^ai 
btirgtorb',  6  s.  h. 

34.  item  demselbiii  vi  in  dreii  tagen  dy  btmke  iti  der 
kücbeni-  tzü  btliow^ne  und  widder  tzft  maehene 
und  anders  da  innü  tzü  machene,  dt;s  not  waz, 
und  von  eym«  schankf  in  dem  kleynen  kelre  tzü 
machent',  ti  s.  h. 

35.  Item  demseibin  vuii  5  tagwn  dy  dyl  tzü  richtene 
und  dy  tzogebrucknn  uminu  damyde  tzfl  bewndHnt^ 
und  eyne  nftwe  bune  uf  dem  toniH  tzü  niachiii,  H)  s.  h. 

36.  Item  demselbiii  von  vir  tagin,  dy  winden  ubir  dorn 
bürntm  in  dem  hohe  by  tzü  rucken«  und  sie  anders 
tzü  setzene,  dax  man  dem  buruKn  geosin  mochte 
und  dy  winden  do  tzü  legene  und  von  spanbottin  *) 
uf  (ItT  bürg  tzü  machene^  8  e.  b. 

37.  Item  demaelbin  von  5  tagin  ein  nüwe  to  und  eyner 
nüwft  portin  in  dfn  heingartin  tzü  machen  und 
von  ander  erbeyd  in  dem  hofe  10  s.  b. 

38.  Item  deniselbin  von  tzvven  nüwen  gateru  uf  dem 
sale  au  dy  poteligtm  tzü  machin,  7  s.  h. 

39.  Item  Syffride  dem  smyde  5  gross,  vor  9  nüwf  spad- 
yain  in  den  heingartin, 

■to.  Item  demselben  32  h.  vor  4  klamerii,  dy  vir  steyu« 
oben  uf  dem  burnen  t^üsamene  tzü  klanu^rti*^. 

41.  Item  dren  knechtin,  dy  dy  erdin  widder  um  den 
börnen  fürten  und  trugen,  5  s.  h. 

42.  Item  tzwen  .steynmetzen,  dy  den  burnen  mit  eyme 
steinwegp  umme  gredetin,  28  8.  h. 

43.  Item  eyme  knechte,  der  ien  half,  M  s.  h. 


♦)  =  BetUUUeu. 
N,  V.  BX  xvu 


28 


4B4 

44.  Item  eynen  gross,  um  eyn  ysern  band  unden  an 
daz  tor  in  dem  hofe. 

45.  Item  4  gross,  am  gebenke,  nehele  and  gesmyde  an 
daz  tor  unde  portin  in  dem  heingartin. 

46.  Item  2  s.  h.  um  gehenke  an  dy  tzwene  gadern  af 
dem  sale  an  der  potelige. 

Ansgahen  für  Bierbrauen  u.  A. 

47.  Item  Wentzeln  dem  smyde  2'/»  lib.  h,,  6  s.  h.  nnd 
2  h.  am  tzw  nüwe  ysim  schufein  amme  dry  näwe 
kerste  unde  von  27  kerstin  tzä  irlegene  in  dem 
wingarten. 

48.  Item  von  eyme  stucke  der  müren  by  dem  obirstin 
tore  in  dem  wingartin,  do  dy  viende  daz  torhüz 
abbranten,  gab  ich  tzwen  steynmetzin  18  gross,  vor 
rechtiz  ....*)  tzü  machen. 

49.  Item  Ruprecht  Wisgerwir  38  lib.  h.,  dy  gefilen  von 
der  bede  zu  Lare. 

Atisgaben  für  ausgeführtes  Bier  und  Hafer. 
Juni    50.  Item    in    der   fronefastin   tzü  phinkestin   den   tom- 
^—^^-  hudern,   den    dorwertern,    den   wechtero,   dem  win- 

gertir  und  dem  armborstir  13  lib.  h.  und  5  s.  h. 
51.  Item  26  guldin,  daz  sind  23  lib.  h.  und  8  s.  b.,  vor 
tzwey  doch,  mins  herren  nnd  junghern  dyner  mit 
tzü  kleydin. 
Juni  25.  52.  Item  uf  den  sunabent  nach  sente  Johannis  tage  des 
toyfirs  sant  ich  mime  junghern  dem  lantgrebin 
12  stocfische  tzüm  Kirchein,  dy  kostin  2  lib.  h., 
do  man  den  Schonenstein  spisete. 

53.  Item  3  lib.  h.  um  brot,  daz  ouch  dar  quam  tzum 
Schonensteine. 

54.  Item  eyme,  der  gertin  hiew  tzü  dem  tzün  an  den 
wingartin  uf  der  bürg  by  der  smittin  und  tzü  dem 

*)  lA>ch  im  Papier. 


435 


55. 


üf}. 

57. 


■38. 
59. 


(iO. 


r,L 


02. 
ÜH. 


heingartin  unde  welliii  tnide  doriiir  dartzft,  11  grOBS. 
ane  4  h. 

Itpin    tzwen    kiiHclitin,    dy    den    tziln    maolititi    und 

welleten    und    t-ynen    nfiwt'ii    w<'g    niaihtiii    in    dtiJi 

heingartin,  28  s    lt. 

Item  pyme  knechte,  <)<'r  yn  half,  6  s,  h. 

Item   tzwMi    steyiimt'tziu   den    swynstal    nuder   di'iu 

bachiiz  tzü   grt'di'ue   und   dy   mön*n  by  der  sniittin 

tzö    hocliene  und   t/ü  luirnteno   und  eyn  swfllfn  in 

mins   hem^n    staU«    uf   der    bürg    nndir   t/ft  mftrne, 

21  8.  h. 

Ifpui  eyuH^  kneclite,  der  \<t'^\  half,  6  snl.  h. 

MfMx  des  abiiuliz,  do  der  burggrt'be  her  Jnhan  von 

Bf^ldirsheJm  und  dy  andern  qnamen  von  dem  er.stin 

tage,  den  man  tzü  Birgein  mit  don  Steniern  gflfty- 

stit   hatte,    gab    idi    8   s.    li.    um    eyn  virteyl  gndiz 

wines. 

Item  um  staute  Jacobiz  tag  gab  Heinric!)  den  karten-  Jidi  2a 

knechten  *)  in  dem  höbe  ehi  phund  heller  vor  sinen 

lialbin  Ion. 

Anstfnhcn  für  Lohn  nmi  Wein. 
Item  ich  reyd  gein  Alsfelt  von  gebpyiie  mins  jiing- 
hern,  dy  vorwerg  tzft  vorpachtiu  und  den  tzol  tzft 
bfistellene  und  liern  .St<-bin,  dem  jdi*'rrer,  sin  gelt 
tzü  betzalne,  nnde  waz  da  tzw  nacht  nnd  vor- 
tzerte  6  gross. 

Verschiedene  kleinere  Attsgalien. 
\U^v[\  die  mure  in  dem  hofe  by  dem  mitte  ....  **), 
da  von  gab  ich  5  gross  widder    y.  .  .  .  **). 
Item   dy    wand    in   dem  brühuse  hin  ....**)  unde 
brante ;    dy    lies   ich    abbrechen  .  .  .  **),  so  lies  ich 


*}  So,  wM  karrpuknechte, 
*'J  fjirhir  im  Paiiiri;  fji  felileii  jedesmal  eitea  4—5  Wartt. 

28* 


436 

eyne  mnren  machen  dar  by  von  ....  biz  an  dy 
müren,  dy  nmme  den  hop  get;  davon  gap  ich 
6  gross. 

64.  Item  Emerich  mins  herren  knecht  der  mich  w  .  .  . 
.  . .  *),  daz  Krone  tzü  Ludi  ....**)  gestorbin 
were  und  wolde  sich  unde  ....*)  hain  von  mins 
heren  wegen,  waz  sie  gesassin  hette,  des  enwoldin 
yme  dy  voyde  tzü  Alsfelt  nicht  gehengen  vnd  reyd 

Aug.  29.  darumme  dar  af  sente  Johannis  tag,  als  he  ent- 
hoybtit  ward,  und  vortzerte  6  gross,  und  mir  en- 
ward  da  nicht. 

Ausgaben  für  Handv^erkerarbeiten. 

65.  Item  demselbin  ***)  von  zweyn  tagin  von  vier  blochern 
in  dem  walde  zcü  hauwcn  zcü  den  tylen,  die  hnr 
Craft  Kode  vor  den  Hirtzberg  lech,  4  sol.  hll. 

66.  Item  Cünen,  sime  gesellen,  2  gross. 

67.  Item  demselbin  meistir  Heinriche  von  zwein  tagin 
daz  holtz  in  dem  walde  zcA  hauwen  zcü  eyme 
nüwen  tore  uff  dem  steinwege  vor  der  ußern  portin 
geyn  der  stad  uff  der  bürg,  4  sol.  hll. 

68.  Item  Conen,  syme  gesellen,  2  gross. 

69.  Item  demselbin  meistir  Heinrich  von  16  taghi,  daz- 
selbe  tor  unde  eyne  portin  zcü  machen.  Vi*  Hb.  hll. 

70.  Item  Conen,  syme  gesellen,  15  gross. 

71.  Item  von  dem  seibin  tore  zcü  deckene,  dy  bredir 
tzü  ho  wen  und  tzü  nüwen,  10  s.  h. 

72.  Item  dem  sraede  umbe  gesmyde  darzcü  1  lib.  h. 

73.  Item  umb  zwey  sloz  dar  ane  16  gross. 

74.  Item  demselben  sloßer  8  s.  h.  vor  nüwe  sloßele  und 
sloz  Widder  tzü  machen  uf  der  bürg  und  in  dem  hofe 
und  von  krappen  tzun  kanelin  uf  der  bürg  4  sol.  hll. 


•;  FefUt  ehoa  1  Wort. 
**}  I^nch  im  Papier,  Ludirbach? 
^**}  sc.  Meister  Heinrich.,  dem  Ziinmemunw. 


437 


AiiSfjaben  für  Botenlohn  : 

Tft.  Item  eynem  bodiii  zcil  Honberg  zcü  Heinrich  von  Nese, 
du  Wigand  von  Erfirshusöii  die  swin  gBuommen 
hattf,   20  hll. 

7f),  Item  eyriem  boduti  zuü  Krmgibburg  30  liJl.,  daz  li« 
die  swin  ließe  bolen  zcu  Marpurg. 

77.  Item  Hynem  bodin  zcö  Caasel  zcö  niymtj  jünchern 
unde  vorbaz  geyn  ürebinstein  durch  der  raestetswine 
willen  5  gross. 

78.  Item  uflf  sante  Stephans  tag  eynem  bodeu  zcrt  Wettir  i;i72 
10  lill.  nach  Johann  sohriber  unde  -sime  geöellen,  ^^' 
du  man  die  habirn  setzin  sohle. 

70.  Item  eyme  boden  zcu  Damme  nach  Gumpracht  von 
Stedebach  durch  dezselbin  willen  oucli  10  bIL 

bO.  Itera    ufF   unser    frauweii    tag    puriticatiuiiis    eynem     13?^} 
bodin    zcü    Cassel  zcfi  myme  junchem,  unde  muste  *'*'■•  ^• 
mau  yn    vorbaz    suchen    mit    bryben    hern   Stebius 
unde  Petira,  6  gross. 

8J.  Iteui  eynem  zcü  Heinriche  von  Nese  durch  der  ha- 
birn willen  zcö  Wettir  30  hll. 

8^.  Item  eynem  bodin  geyn  Wettir  zcur  eijtilieu  unde 
zcu  den  von  Fleckebol  urabe  er  Ö  niarg,  die  sie 
myme  herren  geb^n,  1  sol.  htl. 

63,  Item  eynem  boden,  der  myme  herren  den  salmen 
zcü  f"as.sel  brachte,  2  gross. 

84.  Iteni  «ynera  boden  zcü  Alsfelt  zcü  Petro,  dem 
scliriber,  mit  der  antwort,  die  her  Johan  der  cappe- 
lan  von  hern  Johan  Setzepande  brachte  von  der 
brybe  wegin  von  abe  ....  unde  von  der  leistunge 
wegin  zu  Frankefurt  2  gross. 

85.  Item  eynem  boden  zcu  Wettir  tzu  Johan  .schriber 
1  sol.  hll.,  du  dy  wegin  uff  dem  burgwalde  uff  ge- 
rumet  waren. 


I 


-338 


Satt.  19. 

I 

1372 
Aug.  'Ji. 


1372 
Sept.  29. 


S6.  Ittim  t'jTiein  boilin  zcft  Casst-I  dmch  der  dryßeg 
immli'  helliT  willpi),  die  liprn  Gräfte  von  HntzMt 
zcü  Wettir  werd'm  snllpii,  wart  gevangin  iiff  dem 
wege,  daz  he  nyt  vulleii  gtnk,  2  gross. 

87.  Itpm  eynem  bodin  zcti  AlsfVlt  uuibe  daz  gedingecze 
von  Engiinradp,  daz  der  marschalg  daz  behilde 
myint'  jiititlit'rn  nnde  aiidirs  nymande  gebe,  2  gross. 

88.  Item  eyrntm  bodin  zcii  Grüiienberg  diircli  Johan 
Snmdis  gndis  willeji,  alse  myn  herre  mir  geschrebin 
battf,  30  hll. 

8Ü.  Item  eynem  bodin  zcti  AnnT-iirbnrg  durch  dez  gudis 
wilSen  zci'i  Rcwdorf,  daz  Hille  Frantzen  gekomert 
liattü,  10  hll. 

00.  lt«m  oynem  bodin  zc<l  Blankenstein  mit  junchem 
Wigand<*s  brybe  von  Krtirshusen  unibe  den  tag.  der 
uflF  den  mantag  nach  Lanipi-rti  zcu  Birgiln  soldin  (!), 
1  sol.  hll. 

Es  folffi  dan  Geld-Eintiahnieregisicr,  welches  mit  den 
WoricM  bc(jinni:  Diit  ist  duz  iiinvinen.  Tzum  erstin  tif 
sunte  Bartliolumcus  tag  2'ia  lib.  und  4  s.  b.  von  «l«r 
voydige  tzö  Ebistorf,  und  den  Rest  der  vorderen  Seite 
dfs^  Rotuliia  tinuimmt.  Das  Folge  ad*'  skhi  auf  tter 
Rilckseile. 

Diit  iat  daz  uzgeben  der  Irutbte. 

Ul.  Tzum  ersttm  do  min  jftncher*)  der  lantgrefe  nz 
dem  h(^re  quam  und  daz  große  folk  tzfl  Marpurg 
quam  von  dem  HirtzpLTge,  dar  nach**)  gab  ich 
Tliiderich  .Steyiideckir  an  biz  uf  st-ntt;  Michels  tag 
17  malder  kornis  und  1  maider  kornis,  daz  quam 
vor  rtcboncbrojl,  daz  uf  dem  liiiz  do  gi-ßin  ward. 

02.  Item  ich  gab  yuic  uuch  8f)'  t  maldnr  bavern  izd 
fuderne. 


^)  .Innher,  Oriy, 
*)  l'cber  der  Linie. 


439 

93.  Item  von  den  tzwen  frunefastin  vor  sente  Michehelis     ^*P<- 

jg jg 

und  dy  andir  vor  Wynachtin  gab  den  tzwen  porte-    /j^ 
nern  2  malder  kornis.  15—18. 

Weitere  Löhnungen  an  Korn. 

94.  So  hain  ich  Thiderich  Steyndeckir  gegebin  von  sente    1372 
Michels  tage   biz   uf   sente   Paulus  tag,    als  he  ^^1373 
kard  ward,  60  V^  malder  kornis  unde  hundert  maldir  Jan.  25. 
unde  80  maldir  havern  tzü  fuderne. 

Verschiedetui  Ausgaben  an  Korn  und  Hafer. 

Jils  folgt  das  Fmcht-Einnafwieregister  und  schliesslich 
das  Register  der  Ausgaben  für  den   Weingarten. 


Papierrotulus  im  Staatsarch.  Marburg.  Abt.  liechnungen. 


440 


XI. 

Die  Porzellansammlnng  des  Schlosses 
TVilhelmsthal  bei  Kassel. 

Von 
Dr.  Chr.  Scherer. 

o-.ae.-o 

J^jftngefähr  zwei  Stunden  von  Cassel  entfernt  und  mit 
^^der  Bahn  von  Station  Mönchehof  ans  bequem  zu 
erreichen  liegt  halbversteckt  in  Mitten  eines  pracht- 
vollen, sorgfältig  gepflegten  Parkes  das  kleine  Schloss 
Wilbelmsthal.  Unter  Landgraf  Wilhelm  VIII.  durch  den 
Architekten  Carl  Dury  in  den  50er  Jahren  des  vorigen 
Jahrhunderts  erbaut,  hat  dasselbe,  wie  fast  alle  Schlösser 
dieser  Zeit,  im  Grundriss  und  Aufbau  wenig  Bemerkens- 
wertlies  *) ;  erst  wenn  man  das  Innere  betritt  und  die 
Reihe  der  zumeist  noch  beinahe  unversehrt  erhaltenen 
und  nur  zum  Theil  durch  spätere  Zuthaten  veränderten 
Gemächer  des  Erdgeschosses  und  ersten  Stockes  durch- 
wandert, staunt  man  über  den  Reichthum  und  die  Fülle 
zierlicher  Ornamente,  die  über  dieselben  ausgegossen  sind. 
Zwar  kann  sich  Schloss  Wilhelmsthal  an  Gross- 
artigkeit der  inneren  Ausstattung  nicht  mit  jenen  über- 
reich verzierten  Schlössern  zu  Würzburg,  Bruchsal,  Brühl, 
Schieissheim    und    manchen    anderen,    in  jener   prunk- 

*)   Vgl.    C.   Gitrlitl,  Geschichte   des  ßai-ockstyles  und  des 
Rococo  iu  Deutschland  S.  439  f. 


liebenden  Zeit  untstaiidenün  mbsstin,  allein  es  wird  duch 
stets  zu  den  reizvuUäten  SchöpfungHii  de»  Roeocustyls 
auf  <leutsch«ni  Roden  z;ildf*ii,  den  es  in  «iin-r  zwar 
glanzeuden,  aber  ducb  aia('wsv<)!len  Gmstalt  veik*irpert. 
Die  mit  prächtigen,  buntfarbigen  Hulzachnitzereien  ge- 
sclimückten  Wandt;  und  Tbüreii,  die  hurrUclien,  hier 
und  du  Itiiclit  vergoldeten  Stuckverzierungen  der  in  den 
zartesten  Tönen  gelialtenen  Decken,  tJie  feingeinusterten 
Seideutapeten  und  endlicli  auch  di«  zahlreicbHii  Gemälde, 
die  in  die  Wände  eingelaüsen  von  J.  W.  T  i  scbb^'i  n's 
Meisterband  gesübafFt-n  sind:  Alles  dies  wirkt  zusammen 
zu  einem  glänzenden,  aber  vornelun  und  anheimelnd 
gehaltenen  Ganzen. 

Allein  nicht  dieser  Wand-  und  Deckenschmuck*), 
der  noch  immer  einer  würdigen  Verütfentlichung  harrt, 
wie  sie  anderen  äbnlicben  Rococoaeblössern  hcIjoii  längst 
zu  Theil  geworden  ist,  soll  uns  im  Folgenden  beschäf- 
tigen, vielmehr  mochten  wir  die  Aufmerksamkeit  der 
Leser  auf  feinen  Zweig  der  Kunstindustrie  lenken,  der, 
wie  in  allen  Schlössern  und  Palästen  dieser  Zeit,  so 
auch  hier  in  Willielmsthal  eine  reiche  Verwendung  ge- 
funden bat  und  einen  wesentlichen  Bcstandtli«*il  der 
gesammten  inneren  Ausstattung  bildet  Es  sind  die  Por- 
zellane, ostasiatisebe  wie  deutsche,  die  in  den  Kcken 
der  Gemächer  sowie  auf  reichverzierten  Wandtischchen, 
Kaminen  nnd  Konsolen  aufgestellt,  mit  ihren  zum  Tbeil 
phantastischen  Fornu'u  und  leuchtenden  Farben  sieb  so 
wunderbar  in  diese  heitere  und  anmuthige  Umgebung 
einfugen. 

Zwar  ist  schon  hier  und  da  gelegentlich  auf  den 
Wertb    dieser   Sammlung    hingewiesen    und  wohl   auch 

*)  Dei-selbe  wurde  uoler  lioitung  des  BildbaiKM-»  J.  A.  Nahl 
(1710— 1781)  ausgeführt.  Vfp,]  KriarkfutiK,  Yi^iitscho  KunstgesoliiohtP 
II,  S.  274  ff.  Hier  wird  üagh  Scüloss  W.  uod  soiuo  AussMilitiiückuug 
eingohead  gewüi-di^. 


442 


(li»'?;i!s  (»der  jciifis  Stück  l)i!s[ir<>i;lu'n  wonliui*!,  allein  t-iiie 
nitigi'laeiidt*  Würdif^ung  hat  dieselbu  bisher  noch  nicht 
erfahren.  IJad  doch  enthält  sie  80  viele  Stücke 
er« teil  Ranges,  die  das  Auge  des  Kpnners  wie  des 
Laien  in  gleichem  Maasse  erfreuen  und  wohl  verdienen, 
auch  weiteren  Kreisen  bekannt  zu  werden. 

Ueber  die  Geschichte  der  Wilhelmstlialer  I*or- 
zelhmsammhing  ist,  so  viel  wir  wisäen,  keine  sichere 
Nachricht  vorhanden;  nur  das  eine  steht  fest,  dass  sie 
in  ihrem  jetzigen  Bestände  verschiedenen  Zeiten  angehört 
und  nach  und  nach  hier  zusammengetragen  ist.  Den 
Grundstock  wird  vermuthltch  Wilhelm  VUI ,  der  Kr- 
baa«r  des  Schlosses,  gelegt  haben,  der  während  seines 
langjährigen  Anfeiithaltes  in  Holland  im  Dienste  der 
ticiieralätaaten  genug  Gelegenheit  hatte,  o&tasiatisches 
Porzellan,  dessen  grossartige  Einfuhr  nach  Kuropa  in 
erster  Linie  durch  den  holländischen  Handel  vermittelt 
wurde,  für  seine  Schltisser  anzukaufen.  Zu  diesem 
Grundstock  kamen  später  —  wie  es  heisst,  im  Jahre 
1827  —  eine  Anzahl  anderer  Stücke,  so  z.  B.  säiumt- 
liehe  Berliner  Figuren  und  einige  sechseckige  Vasen 
von  noch  nicht  sicher  aufgeklärter  Herkunft,  welche 
bis  dahin  der  von  Landgraf  Friedrich  II.  in  der  „Schil- 
derey-Galerie"  auf  der  Oberneu.stadt  zu  Kassel  errich- 
teten „l'orcellaine-Galerie*'  angehört  hatten;  endlich 
fanden  iu  der  Mitte  der  80er  Jahre  drei  grosse  Bis- 
knitgruiipeu,  die  ursprünglich  im  Schlosse  zu  Wabern 
aufgeötellt  gewesen  waren  **),  in  Wilhelmsthal  ein 
neues  Heim.  Wie  und  wann  alle  übrigen  Stücke,  be- 
sonders die  vielen  figürlichen   Porzellane  der  Meissener 


•)  So  r.  B.  bei  Zai«.  Die  Kurrnainzischo  rorzellan-Manufaktiir 
zu  Hf'tcbst  S.  89  und  in  dor  lk)spreohun{;  ilicüos  Uuohes  von  A, 
Pab$l  im  K  uustgewcrbcblatt  IV.  (1888)  S.  41. 

**\  Mimdlicho  Mittheilung do8  Horra  KasteliauSteitidecker 
in  WUUehiuilbal. 


443 


uml  Fiililaer  Manufactui' ,  dortliin  Relatigtun,  lä-sst  sich 
bei  deiu  F«itltMi  jetlt!s  ulitcninässigun,  Ausweises  nicht, 
mehr  genau  feststellen.  Docli  ist  anzuiveiinien,  dass  si« 
schon  friihe  dort  untergebracht  wurden,  du  sie  sämint- 
lich  der  in  das  vorige  Jahrhundert  fallenden  Bhithc- 
zeit  jener  Fabriken  angehören  und  bereits  in  dwm 
ältesten  vorhandenen  Mobihar-Iiiveiitiu-  des  Sclilosaes 
aus  dem  Anfange  dieses  Jahrliunderts  Erwähnung  finden. 

Ohne  uns  auf  weitere  Vermnthunget»  iiht!r  die  Gb- 
öchiuhte,  der  Sammlung  einzulassen,  ge!ien  wir  nunmehr 
auf  deren  nähere  Hetrachtung  über. 

Untier  den  tjstasiati-schen  Porzellanen  der  Wilhehns- 
tlialer  Sammlung,  nm  mit  diesen  ais  den  ältesten  z«  be- 
ginnen, nimmt  ihrer  Zahl  nach  eine  Gruppe  japanischer 
Erzeugnisse  die  erste  Stelle  ein.  Ks  sind  melirere,  der 
I'rovinz  Imari  entstammende  Gefässe,  die  in  den  wir- 
kungsvollen Farben  blau  (unter  Glasur),  eiseuroth  und 
gnid  bemalt  seit  dem  17.  Jahrhundert  in  grossen  Massen 
durch  die  Holländer  nach  Europa  gebracht  wurden*). 
Weitbauchige  Deckelvasen,  zum  Theil  von  beträehtlifher 
Hölie,  ferner  sog.  Stangenvaaen,  jene  nach  oben  stark 
aubladeiulen  Gefässe  von  cylindrivscher  Form,  von  denen 
einige  als  besonderen  8chmuck  in  je  zwei  länglich 
ovalen  Feldern  plastisch  gebildete  Bhiinen  tragen,  und 
kleine  gedeckelte  Na[>fclien  bilden  die  llaupttyjjen  dieser 
Gruppe,  welcher  fernerhin  zwei  schlanke,  U,t)Ü()  hohe 
Vasen  angehören,  hei  denen  der  vorherrschend  schwarz 
gehaltene  Grund  dnrcli  ausgesjiarte,  regtdlo!^  hingestrenie 
und     mit     bunten    Landschaften     uml    IMumen    bemalte 


•)  Eine  bedeutende  Znlil  dioser  Gerässe,  die  iibrif,'ens  iii 
Jnpnti  vorzugsweise  für  die  Ausfuhr  hergestellt  wurden  und  «Jäher 
licute  vnn  ihrer  Woithschiltzuag  erholiiich  eJngcl>üs.st  haben,  besitzt 
die  I'i.trAellansammlung  im  Dresdener  Johanneum;  andere  schöne 
Exotupiare  helindou  sieh  u.  A.  in  der  Kothschilil'seboii  Va-seii- 
y^miiiluog  zu  Frankfurt  a.  M.  uud   im  Königl  Museum  zu  Kassel. 


444 


Felder  von  ikir  raannigfaelistoii  Form  belebt  ist.  Es 
iät  dk'h  ein  nngenu'?!!!  reicher  und  eigenartiger  Dekor, 
ih'.r  jviclit  allzu  liiuiHg  anzutiv.fft.'n  ist. 

Dieser  auaerwäliiteji  (.Jrujijie  von  ErzHUgniüiseii  »If- 
japHnitjchen  l'orzeiliiii.s  reiht  sich  eine  andere,  nicht 
minder  werthvolle  an^  als?  deren  Heimath  China  an- 
zustehen ist.  So  zunächst  vier  Staiigenvaöen,  die  in  der 
Rlittn  vuti  einem  Hachen,  görtelartigen  Wulst  umgeben 
und  ziui)  Tlieil  mit  buntfarbigen,  figürlichen  Darstellungen, 
Scenen  aus  dem  liüusiiclien  Leben  der  Chinesen,  zum 
Theil  mit  Vügehi  und  Blumen  geschmückt  sind;  eodann 
vier  andere,  iiaarweise  zusanimengehörige  Vasen,  bei 
welchen  auf  künig.-iblauen  ürund  von  grosser  Schönheit 
und  Tiefte  Hhirnen  im  zartesten  (ioldton  aufgemalt 
sind,  ferner  zwei  prachtvolle  becherförmige  Gefässe  und 
vier  schon  durch  ihre  kolossale  Grösse  als  Ausfuhr- 
artikel erkennbare  Vasen  von  jenem  nur  in  blau  unti-^r 
Glasur  gemalten  sog.  Nankingporzellan,  schliesslich 
zwei  weitbauchige,  0,620  hohe  Vasen  der  sog.  famillc 
verte,  deren  hutföruiige  Deckei  mit  dem  idiantastinchen 
Hunde  des  Foh,  dem  Sinnbild  des  Friedens  und  häus- 
lichen Glückes,  bekr<int  sind.  Der  Körper  dieser  V)eidea 
Vasen  zeigt  auf  dunkelgrünem,  fast  schwarzem  Grunde 
sorgfältig  und  flott  gezeichnete  grüne  Ranken  mit  bunt- 
farbigen, asternähnlichen  Blumen  dazwischen  und  in 
z\\*'\  weissi'u  Aussparungen  lebendig  gezeichnetes  Ge- 
Hügel und  Blumen  in  bunten,  leu(!htenden  Farben. 

Ein  be.sonderes  Interesse  beanspruchen  aber  zwei 
kleine  sechseckige  Deckelvasen,  von  denen  die  eine 
mit  Blumen  und  Frauengestalten,  die  andere  an  ihren 
sechs  unteren  ISeitenflilchen  mit  vielfarbigen  Vögeln 
und  Blumen  bemalt  ist,  während  die  an  den  mit 
mäanderartigeni  Mn.ster  in  ziegolrirth  verzierten  Hals 
anstossenderi  oberen  Flächen  grüne  Planken  in  rothem 
Felde  und  an    den    Ecken    abwechselnd    eliien    in 


446 


gespartem  Kaume  gemalten  liahniilinlichf-n  Vogel  mit 
ausgebreiteten  Sdiwingi-n  und  eine  asternartige  Blume 
als  Huhiriuck  tragt-n.  I)i<'.sr  letzten'  Vase  ist  nun  üfiViibar 
das  Vorbild  für  di»^  vier  in  WilliflniHthul  hetindlichtin 
0,720  bolien  Fayence-Vasen  gewesen,  welche  in  Form 
und  Dekor  merkvvürdig  jnit  jener  übereinstimmen  *). 
Freilich  unterscheiden  sich  dieselben  hinsicfitlich  der 
Ausführung  wieder  wesentlieli  von  ihrem  Vorbihi.  Di-nn 
während  difses  und  sein  itbi'u  Hrvvälnitt'8  (}cgi'n.stück 
sich  durch  grossn  t^urgfalt  und  L«?iclitigke'it  di-r  Malerei 
auszeichnen,  sind  jene  vi^r  Fayence-Vasen  an  ihrem 
ungleichmässigen,  diiiineu  F:irhen;iut"trag  .stiwin  an  dem 
geringen  Gescliiek  imd  der  At^ngstlieLkfit,  mit  welcher 
besonders  die  Ranken  gezeichnet  sind,  sofort  als  schwache 
Nachahmungen  zu  frkennen.  Indem  wir  uns  vurbeliaitHu, 
bt'i  anderer  Gelegenheit  auf  sie  zurückzukomrneu,  b«- 
merken  wir  hier  nur,  dass  man  dieselben,  gestützt  auf 
die  Thatsache,  dass  nie  bis  jetzt  mir  in  Schloss  Wil- 
helmsttial  und  in  der  Porzeüansainrnlung  des  Kasseler 
Museums  nachzuweisen  sind,  für  Erz«Mignisse  einer 
Fayencefabrik  hält,  die  in  der  zweiten  Hälft«^  des  vorigen 
Jahrliunderts  in  Kassel  gegründet  werden  war  **).  Wie 
weit  diese  Vermutbung  richtig  ist,  rauss  uine  eingLdien- 
dere  Untersuchung  lehren. 

Wenn  wir  hiermit  unseren  Kundgang  durch  die 
Sammlung  der  ostasiatischeu  Porzellane  des  iSchlosses 
beendigen  und  uns  nunmehr  den  übrigen,  aus  deutschen 

*)  Es  mag  hier  envälmt  weiilen,  dnss  diese  Oattnug  chine- 
Hischer  Xusi'u  auch  von  dor  Meis»uiior  Manufaktur  iu  ihrer  Früh- 
zejt  Uftchgehildnt  woiduii  ist.  In  üeii  l'oi-zellaasamndaDgen  zu 
Drefideu  und  Kassel  sind  soklie  MeJssf-nor  Naclibiliiuugen  vou 
derselben  Form  uuti  doinselberi  Dekor  vorliaiideii. 

•♦)  Mündliche  Mittheilung  des  Herr»  Miiseunis-Custos  Pro- 
fessior  Lenz  in  Kassel,  üeber  die  Faycnce-Fabrikeu  von  Knssol 
vgl. -.d.  I'.  Lh-apfi,  FftioncH-  ujid  Porzellan -Fnliriknit  in  Alt-Kjiss<>l. 
Heüseidnnd  181H  Nr.  9  IT. 


446 

Fabriken  li«rvorgpgangpnMTi  Erzengnissnn  zuwenden,  so 
müflueii  narli  Zahl  uinl  Kunstwi'rth  difjpiiigen  der 
MeisBPiier  Mmiiiftikliir  an  »Mst^T  Stellt«  gi-nunnt  werden. 
Unter  ilini-n  losst-tt  zunächst  «In  Sata  von  fünf 
Vasen  unsere  Aufmerksamkeit,  die  durch  ihr  Alter  und 
die  Ynllendunp  ilires  malerischen  Schmuckes  in  gleich(>tr 
Weise  ;iufin:r'Äi'ichiiet  erscheinen.  Es  sind  eine  0,560 
liohe  wiMtUitneliige  Ueckelvaae,  zwei  ähnliche  kleinere 
und  zvvi'i  n,4()0  hohe  Stangenvaeen  mit  gai-telartigen 
Widfiten.  SämmtJiche  Stücke  sind  an  der  Vorderseite 
mit  di'm  hessischen  Hauswappen  in  bunten  Farben  ge- 
schmückt und  mit  von  Figuren  belebten  Landscliaiten 
im  zarb'sti'H  l'urpurcaniayeu  bemalt,  die  von  zierlichen, 
zum  Tlieil  stliwarz  contvirirten  üoldornamenten  von 
feinster  Zeichnung  lunscljlossen  werden.  Dazu  kommt 
auf  der  Rückseite  der  drei  zuerst  genannten  Vasen, 
deren  Körper  hier  und  da  mit  den  gerade  für  ältere 
Erzeugnisse  Meisyens  charakteri8ti.schen  Streublürncheu 
und  Insekten  bedeckt  ist,  ein  grellbunter  ßhtmenstrauss 
mit  Vögidn  dazwischen  in  den  leuchtt-ndsten,  sattesten 
Farben,  di^  zu  der  vprltältnissmiissig  sich  vornehm  zurück* 
ha!tt;nd«Mi  übrigen  Malerei  einen  eigenartigen  Gegensatz 
bilden.  Es  i.st,  als  ob  hier  zw>!i  Farbensysteme  und 
Dekorationswi'isen,  die  ursjjriingiich  nichts  miteinander 
gemein  haben,  zum  Kampf  um  den  Vorrang  zusammen- 
gestos-sen  wären :  dort  dit^  alte,  noch  ganz  von  deti 
Vorbildern  (Jstasitms  beherrschte  farbensatte  Palette, 
liier  die  bereits  vom  nahenden  Rococo  berührte  feine 
und  zarte  RIalweise  *).  Dieser  koloristische  Gegensatz 
in  Verbindung  mit  den  noch  vollständig  nach  chinesisch- 
japanischen  Mustern  geschaffenen,  .schweren  Formen 
würde    an   sich    schon    deutlich    genug    für   eine    frühe 


*)  DJQ  Presdenor  PorzßKansnuHiiluug  besitzt  mehrere  ganx 
aiiiilicJi  vArzioric  ficRlsse,  boi  ilonni  sieb  gleichfalls  diese  boiden 
Malwoisrn  fiiifloii. 


447 


Entstehung  der  Gefässe  spi-echfii,  auch  wenn  die  eine 
der  br^idnri  Stangenvasen  nicfit  mit  Hi-m  aus  A  und  H  ge- 
bildettMi  Mdiiiigriunm  Ijezuitlniet  wjuh,  das  sich  bckamit- 
lich  nur  an  ältttrcn,  d.  h.  dw  zweiten  l'eriode  d«n'  Mei-ssener 
Manufaktur  (1720 -174U)  angidiüiigHii  StütkiiH  Hndet*). 
Mit  dipsem  Ansatz  stimmt  audi  dio  auf  einer  I{andhemer- 
kung  im  „Mobiliarinventar"  von  182^  beruh«Mjde  Ueber- 
lit'ferung  vortrtd'flich  übert^id,  nach  wcdcher  di^^sR  Vasen 
vuij  König  August  dt^m  Starkt.'ii  an  fjaudgiaf  f'arl  ge- 
schenkt wurden  seien ;  zweifelhaft  bleibt  jedoch,  ob 
wirklich  dieser  ganze  Satz  oder  nicht  viehnelir  imr  jene 
eine  mit  dem  Monogramm  versehenem  Vase  dieses  Gp- 
flchenk  gebildet  habe,  welchem  dann  später,  vielleicht 
ah  ein  weitere»  Gwsclienk  oder  auch  in  Folge  eiupr 
Nachbestellung  seitens  des  Landgrafen,  die  übrigen  vier 
Stücke,  die  merkwürdigerweise  die  Cliurschwerter  aU 
Marke  tragen,  hinzugefügt  worden  wären.  Allein  wie  dem 
auch  sei,  das  eine  steht  fest,  dass  wir  hirr  hervorragende 
Kraetignisse  ans  der  älteren  Periode  Meissens  (etwa  um 
1730(  vor  uns  haben,  wenn  anch  die  Bemerkung  im 
Mübiliariuventar  des  Schlosses,  dieselben  stammten  aU 
die  ersten  Stücke  der  Dresdener  Fabrik  aus  den  Jahren 
17Ü7  oder  1710,  zwar  gut  gemeint  ist,  aber  keiner 
weiteren   Wi<h»rlegung  bedarf. 

Ungefähi'  derselben  Zeit  der  Meissener  Manufaktur 
gehört  ein  zweites,  nicht  minder  werthvolles  Stück  an, 
ein  vollständig*^s,  für  sechs  l'ersoneu  bestimmtes  Service 
nebst  allem  Zubehör  von  zum  Theil  noch  ziemlich 
schweren,  an  Metallstyl  erinneniden  Formen.  Die  säiumt- 
liehen  Tlioiie  desselben  sind  mit  vielfarbigenj  fein  ge- 
malten ('hinoi-^ierien  nach  franzüsi.schein  Geschmack 
ver/Jert,  die  von  zierlichen  und  reich  ornamentirtHn 
Huhmen  in  Gold,    mit    farbigen    Blumen    durchHochten, 

*)  Vgl.  W.  V.  Shidtiix.  Dio  Spitziior'soha  Sammlung  AM- 
Meisj«enpr    PorzHhne.     Kniisl-llinmik.  V.  F.  [[,   (1891)  S.    .%6  ff. 


44« 


nmgf^bpn  sind.  Kin  Stück  dieses  Services  trägt  npbeii 
Jen  ("litirseliwerteni  iVw  Marke  K.  V.  M.  *)  Uful  weist 
(ladurch  in  Vt'rbiudnug  mit  d««»  F'ornien  und  der  De- 
koration auf  die  Kntstt'linng  di*s8»^lben  etwa  in  den  20er 
oder  Anfang  der  30er  Jabre  dea  18.  Jahrhunderts  hin. 
Wenn  wir  sodann  noch  eine  kleine,  leider  nicht  un- 
versehrt erhaltHn»^  Vase  nennen,  deren  eigenartige  De- 
koration, ein  Belag  mit  plasti.sclj  gebildeten  Schnee- 
ItrtllenblüthtMi,  auf  die  mit  den  weissen  Hlüthen  der 
Mumepflaum«  belegten  tJefässe  altchinesischer  Herkunft 
zurückgeht,  an  haben  wir  liiernüt  die  Reihe  der  deut- 
schen Gefassporzellane  der  «Sammlung  erschöpft  und 
können  uns  nunmehr  den  zahlreichen  Gruppen  und 
Figuren  zuwenden,  jenen  reizenden  Werken  der  Klein- 
plastik des  18.  Jahrhunderts,  in  welchen  uns  das  Ro- 
coco  von  seiner  liebenswürdigsten  Seite  entgegentritt. 

Voransteht  auch  hier  wieder  Meissen,  das  ja  im 
vorigen  .Jahrhundert,  beiäoiiders  unter  J.  J.  Kändlers 
Leitung  (um  173B),  auf  diesem  Gebiete  die  grössteii 
Triumphe  gefeiert  hat  und  hierin  von  keiner  der  anderen 
Fabriken  erreicht  worden  ist.  Leider  müssen  wir  uns 
bei  der  grossen  Menge  altmeissener  tigürlicher  Porzel- 
lane, welche  die  Gemächer  des  SchlosBee  enthalten, 
darauf  beschranken,  nur  die  vorzüglichsten  und  inte- 
ressantesten Stücke  hervorzuheben  und  können  denen, 
welche  sich  als  Forscher  oder  Liebhaber  mit  diesen 
Gegenständen  beschäftigen  wollen,  einen  Besuch  des 
.Schlosses  Wilhehn.stlial  nicht  dringend  genug  anem- 
pfehlen. 

Kiner  der  kleinsten  Räume,  der  vermuthlich  einst 
als  Ankleidekabinet  diente  und  trotz  oder  vielmehr 
gerade  wegen  der  Schlichtlieit  seiner  Farbenstiuimang 
einen    überaus   vornehmen    Eindruck  macht,    birgt  cinf» 


*)  Köiiiglitjho  Pontellnn-Mnnnfartur. 


449 


ganze  Reilie  altmuisjjener  Gruppen  und  Figuren,  deren 
Aufstellung  im  (.'ngöti^n,  man  könnte  sagen,  im  orga- 
ni.scht!!!  Zusainnipnbang  mit  di^-  gosrimmtfn  Dekttration 
dieses  Raunit,*H  sbdit  luid  sit'h  mit  derselben  zu  einem 
wirkungsvollen  Ganzen  vereinigt.  Da  stehen  zunächst 
auf  dem  SimsM  des  Kamins  jene  bertthnit*;n  Figuren 
d<*r  fünf  Sinne,  eine  der  reizendsten  Schöpfungen 
der  Meissuner  Manufactur,  für  deren  einstige  Beliebtheit 
schon  der  Umstand  spricht,  dass  sie  in  drei  verschie- 
denen Entwürfen  bekainit  sind.  Ausser  den  fünf 
sitzenden  kleinen  Damen  im  Zeitkostüm,  welche  u,  A. 
die  Dresdener  Sammlung  besitzt,  und  jenen  Frauen- 
Hgürclien  in  buntgeblümter,  antikisirender  Tracht,  von 
denen  eine  jede  neben  ihren  Attributen  noch  ein 
Tbier  zur  Seite  hat,  welchem  der  betreffende  Sinn  in 
ganz  besonderem  Maasse  innewohnt,  begegnen  wir  hier 
in  Wjlhelmstbal  noch  einer  Rrweiterung  dieses  zweiten 
Entwurfes  durch  Hinzufügung  von  kleinen  Knaben, 
welche  in  humorvoller  \Vei.se  einen  jeden  Sinn  durch 
ihr  lustiges  CJebahren  verköri>ern,  und  durch  die  Ein- 
fügung dtir  einzelnen  Sinnesorgane  in  das  zierliclie 
MuBchelwerk  der  Kococopostamerite.  Man  könnte  viel- 
leicht an  dieser  starken  Häufung  von  allerlei  Attri- 
buten AustosH  nehmen  und  dem  Modelleur  zum  Vor- 
wurf machen,  dass  er  nicht  Phantasie  genug  besessen, 
um  auch  ohne  dieselheu  dem  Gedanken,  den  er  ver- 
ki'irjiern  wollte,  An.sdrnck  zu  verleilieo,  allein  die  naive 
Freude,  mit  welcher  er  Alles  darstellt,  und  der  frische, 
humorvolle  Zug,  den  er  in  viele  Einzelheiten  hinein- 
gelegt, versrduien  vollkommen  mit  dieser  Schwache, 
und  wohl  Niemand  wird  sich  dem  wunderbaren  Reize 
entziehen  können,  den  die  Anmutb  dieser  meiüterbuft 
modellirten  Formen  und  der  zarte  Schmelz  dieser  duf- 
tigen Farben  ausüben. 

N,  K.  n*i  xvti.  29 


4f.O 


W«iid<'n    wir    uns   sodann  dmi  übrigen  Statuetten 
dieses   «^utzückendMn    Itaumes  zu,    die  auf  je  zwei  öher 
einander  befiudlichi'n  I'orzellankonaoUm  stehen,    welche 
zu    beiden    .Seiten     des    über    dem    (.'aniiiie    hängeuden 
Spiegels    angebracht    und    niiteinan<ler   durch  das  holz- 
geschnitzte,    farbige    Kankenwerk    der    Wandfüllungen 
Verbunden    .sind.      Die    Itiik.s    auf  der   unteren  ronsoje 
stehende  (rruppe  stellt  den  Uaub  der   Proserjüna  durch 
Pluto  dar,   eiru^  jener   heftig    bewegten    und  völlig  ma- 
lerisch   aufgefassten    sog.    Haptusdarstellungen,    welche 
von    Giovanni    da    Bologna,     Bernini    und    Giirardon    iu 
die     monumentale     Plastik    der     Zeit     eingeführt     die 
Ivjeblingsprnjipen  der  damaligen  (Jartensculptur  bild*»ten 
und    von    da    auch    in    das    Porzellan  übergingen.      Auf 
seinen  iSchnlteni  trägt  der  muskultiae  Gott  mit  Zacken- 
krone  und    lose    umgeworfenem    Lendentuch    die    sich 
heftig     sträubende     Schöne,     deren     Körper     nur     mit 
einem    leiuhteo    Hatternden    Gewände    bekleidet  ist,    in 
hastiger    Eile    von    diiiiiieii.      Im    Gegensatz    zu    dieser 
heftig  bewegten,   iuiili   |iatheti8cheii  Gruppe,   in   welcher 
niiinnliche    Kraft  mit  weibJicher  Ohnmacht  ringt,    doch 
ohne    das»    Manier    und    llebertreibung   so    stark  darin 
zum     Ausdruck     kamen,     wii*    in    fast    allen    ähnlichen 
Werken    jener  ohengetiannteu  Bildhauer,    zeigt  uns  die 
reizende  Sfaituette    auf  der   über  ihr  betindlichen  Con- 
sole  ein    Bild  heiterster  Ruhe.      Eine  junge  zarte  Mild- 
chengestalt  hat    sich    zum    Bade   entkleidet  und  ist  im 
Begriff,  das  Wasser  vorsichtig  mit  der  Spitze  des  Fusses 
berührend,    das   letzte    Gewandstück    fallen    za   lassen, 
nm  den  Körper  der  erfri-schenden    Fluth  anzuvertrauen. 
I)iese.s  kö.stliche,  vom  Zauber  keuscher  Sinnlichkeit  tim- 
tiossene  Werkchen,  nicht  minder  fein  in  der  Modellirung 
wie    zart    in  seinen  Ffiiben,    i.st  jedoch  keine  Original- 
schüpfniigMei.ssens,  sondern  die  getreue  Copie  eines  in  den 
Sammlungen    d»'S  Louvre  b-'fitidliehen  Marmorbildwerks 


461 


von  i1<*r  Hand  dt'»  bekannten  franzö«isclieii  Rouocobild- 
Imtiprs  K.  M.  FhI  kfUK^t.  dpr  auch  als  MatlHUfur  für  rlit- 
I'orzt'llanmjinufKct.iir  vun  Sevres  eiiif  unifangreiclu'  und 
fiiiL'hfhringL'iid»;  Tliät.igktiit  entfaltet  hat.  Auf  ein  für 
Sf'vriis  ciTigt^ft^rtigtee  Modell  dies<;s  Künstl<*rs  geht  also 
o(!'cid)ar  unsere  Meisöeiier  Figur  zurück*).  Ihr  üegeii- 
stück  auf  der  oberen  Conaole  der  rechten  .Seit«  bildet 
die  iStatuette  eines  in  behaglicher  Rahe  an  einen  Raum- 
ötamm  gelöhnten  jugendlichen  Apollo,  die  frwie,  itn 
Geiste  des  Rouoco  umgescliaffenti  Copie  einer  jener 
zahlreichen  antiken  Statuen  des  Gottes,  denen  wir  so 
oft  in  Gärten  und  Mu!*<u^n  begegneti.  Während  sich 
in  diesem  fai'beufrohen  Kigürchen  männliche  Jugend- 
fribche  mit  Schönheit  paart,  zeigt  uns  »ein  Genosse  auf 
der  darunter  bt^tindlichen  vierten  Consolo.  ein  Bild 
greisenhafter  Gebrochenheit.  Ks  ist  di«;  bekannte  iVn'- 
sonitikation  des  Winters,  eine  Einzelfignr  aus  der 
Gruppe  der  vier  Jahreszeiten,  welche  nicht  minder 
volksthüralich  gewesen  waren  wie  die  Sinne,  die  Krd- 
theile  oder  die  Elemente.  In  einen  Pelz  gehüllt  steht 
die  weissbärtige  Gestalt  fröstelnd  neben  einem  Kohlen- 
becken, ihr  zur  Seite  zur  weiteren  Ausmalung  des  dnrcli 
sie  verkörpertRn  Begriffe.?  dienend,  ein  nackter  Knabe 
mit  Holzhacken  beschäftigt**).  Leider  ist  nur  diese 
eine  Figur  aus  jener  berühmten  Gruppe  in  Wilhelnis- 
thal    vorhanden    und    vergebetts    sehen    wir    uns    nach 


*)  Eid  anderes  für  Sevres  angoferttgtas  Modell  diosor  Mois^ters, 
oineu  sitzenden  Cit|iidü,  der  iu  Fürstonborg  oachj^ebildet  worden 
ist,  hftlw  ich  an  anderer  Stelle  iiacUgowieseu,  vgl.  Kiiostgewerbe- 
Jilfttt,  N.  F.  III.  S.  31  f.  l'ebrigeiis  hat  aucli  die  Herüber  Mtuiu- 
lat'tur  die  Badende  von  Fnlkonet  tiarhgebiidot. 

••)  Der  Yoüständigkeit  wegen  seinn  hior  noch  die  in  diesotii 
("abiuet  auf  einoiii  Tischchen  ateheiule  Figur  eines  Apostels  ge- 
iisinat,  vornrulhlich  Moissotier  Fabrikat  und  a»  L.  MatfioUi's  Sta- 
tuen au  der  Hofkircbc  xu  Dresden  erii»iJornd,  sowie  die  zwei 
buchst  naturwahr  und  lebendig  dargestoJlten  PudelJmode, 

29* 


452 


iht'i-n  flffalirtcn  um,  jeiu-m  trauhynverzehn'iiden  BacdjUK, 
iler  ilt'ii  flerbst  verköriH'rt,  luiti  jt;iipn  Vieiden  ivizfiulen 
wt-iblichi^ii  Clestalteii,  von  denen  die  Hine  an  einer 
Hlnnie  rieclifiid  d^n  Frühling,  dii^  arKleif  mit  Siclif»! 
und  At'hren  dtMi  Somuior  versiTuibildlicht.  Gewiss 
waren  auch  sii^  ursprünglich  hier  vorhanden  und  wurden 
wohl  mit  violfni  anderen,  was  lii'ute  noch  dort  vermiHst 
wird,  unter  Jeronies  ziigcUosvt  Herrschaft  ihren  Unt^r- 
gung  gefunden  haben.  Zum  gnten  Glttck  besitzt  da« 
Schlösschen  noch  manches  andere  kostbare  Stück  Alt- 
meissens,  so  dass  uns  jener  Verlust  nicht  allzu  schmerz- 
lich zu  berühren  braucht. 

So  befinden  sich  u.  A.  im  ersten  Stockwerk  zwei 
grosse  lUiren  aus  Goldbronze,  die  eine  von  Collier  fils, 
die  andere  von  Etienne  le  Noir  in  Paris  gefertigt.  Jene 
stellt  einen  Triumiihwagen  dar,  der  von  zwei  weisjsen 
llüH.sen  in  Sevresporzellan  (?)  gezogen  wird  und  einen 
Knaben,  der  den  Frühling  darstellt,  zum  Lenker  hat 
Dieser,  sowie  alle  anderen  Insassen  des  Wagens : 
ein  in  die  Posaune  stossender  GeniuH,  eine  sitzende 
ininervenartige  Gestalt  mit  Helm  und  Scepter,  die  von 
einer  Siegesgöttin  bekränzt  wird,  ferner  Knaben  als 
Ja!iresz4^it.en,  ein  Adler  auf  der  Spitze  der  Uhr  und 
.schliesslitb  auch  die  zierlichen  Blümchen  und  Guir- 
landen,  die  das  ganze  ßronzegestell  ak  Schmuck  um- 
geben, sind  säninitlich  Erzeugnisse  aus  der  besten  Zeit 
der  Rleissener  Fabrik  und  von  feinster,  sorgfältigster 
Anaführung.  Dasselbe  gilt  von  den  verschiedenartigen 
Gruppen  und  Kinzeifiguren,  mit  welchem  das  zu  lauben- 
artigen Verschlingungen  sich  rankende  Gezweig  der 
anderen  Uhr  besetzt  ist.  In  Inintem  Durcheinander,  aU 
Jiätte  öie  der  Zufall  oder  ein  lustiger  Maskenscherz  zu- 
samnrengeführt,  sehen  wir  hier  die  Grupp'-  eines  Edel- 
maiuies  mit  seini^r  Dame,  einen  sit/i-inli'n  Lantenspielor, 
ein  Neg.-rpaar,    vinen    Harlequin,    di-r    mit    einer   Katze 


463 


spielt  und  einen  Knabtsn  mit  Blnraeii,  de»  auf  fintsm 
PuHfamKntf  sitzuncl  den  Friilding  verkörpert, 

Vauv.  älinlicli*'  Vi;rwL'!idiing  als  Schmiuk  vnti  (in- 
iätlnMi  liabtTi  zvvi'i  als  Gegt^nstücke  gcdacliti-  tiiupiicn 
gttfiind«n,  von  welclien  die  eine  den  unter  einem  Baunns 
mit  seiner  Lyra  sitzfiidfein  Apollo  darstellt  und  nebten 
ihm  (lüi)  getüdtt"ti-n  PythtnidracluMi,  dii',  andern  eine 
(ibenfalls  unter  einem  Huume  «itjtende  weibliche  Gestalt, 
wabrsclieinlicli  ilie  Muse  des  Gesangea,  die,  unturstiitzt 
vun  einem  nackten  Knaben,  ihre  Melodien  ans  einem 
Notenblatt  in  die  Lüfte  schmettert,  Kine  jede  dieser 
beiden  Gruppen  dient  zur  Ausschmückung  eines  Tafel- 
iHuehters  hwh  Goldbronze  in  Gestalt  einer  blätterreiehi^n 
Laube,  aus  deren  Ae^ten  die  fünf  Leuchterdillen  lier- 
vorwachseiu 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  auch  unter 
den  übrigen  kleineren  Aitmeissener  Figuren  nocli  manelifs 
Stück  sich  bt^tindet,  wnlches  einst  ähnlich  wie  die  so- 
eben genannten  verwendet  worden  war;  bei  einigen 
weist  schon  die  Beschaffenheit  der  LnterHüche  ihrer 
Postamente*)  deutlich  auf  diese  ursprüngliche  Bestim- 
mung hin.  Wohl  die  .schniiste  unter  den  »Stittuetten 
dieser  Art  ist  jenes  weibliehe  Miniatnrtigürcben,  das  in 
luftigem  Gewände  mit  untergeschlagenen  Beijien  da- 
sitzend die  Finger  über  die  Saiten  der  Ijaute  dahin- 
gleiten lässt. 

Andere  Figuren  wiederum  sind  sicher  von  vorn- 
herein für  keine  dekorativen  Zwecke  bestimmt  gewesen^ 
vielmehr  als  durebans  selbständige  Kunstwerk«?  anzu- 
sehen;  doch  müssen  diese,  wie  die  meisten  l'nrzellan- 
tignren  des  IH.  Jahrhunderts,  nielit  snw()lil  für  sich 
;dlein,  als  vielrnefu'  zumeist  mit  eiia-ui  Gegenstück  ge- 
paart   oder    zu     Gruppen    und    Jteihen    viTeint   gerhicht 

*)  riioRi'lboii  xtnjjr'ii  JKH'h  deiillirlii'  S|)iiicii  von  licim,  mit 
welulieui  sio  auf  de»  Oruiid  licft-stigt  wiiu'ii. 


wiTileii*).  Iiuliiii  gi'liört  z.  B.  t-ino  Folgt;  von  fein 
juisgBführtfn  Figiiicii,  wek'li«',  /uin  grosstvii  Tlifik«  ilt-r 
['linkt-  uikI  St.(^injiL*rioJK  Meis.sPii.s  (1763  — I78U}  ange- 
hiVrig,  Typen  des  Marktes  veraiisihuuliclien,  wif  eine 
{.ifHugül-  und  FrücliteliändU'i'iri,  ein  EierhiindltT  u.  «.  w.; 
ferner  müssen  hit-r  genannt  werden  ein  Gärtner  und 
eine  Gärtnerin  und  si-bliesslich  als  Stücke  von  ganz 
besondiTer  Peinlicit  und  liebenswürdigem  Reiz;  ein 
junger  Cavalier  itt  hlam-r,  mit  feint'n  Gülds{iitzt;n  be- 
setzter Jacke  nnd  hellblauer  Kniehose,  der  mit  dem 
DreispitK  unter  dem  Arm,  wie  es  die  Sitte  erlipischt, 
in  der  Itwltten  einen  Kranz,  auf  der  Linken  einen 
Vogel  liält  und  seine  Gf^nossin,  eine  jung«  Damu  In 
ft-in  geniUHtertum  Kleide  und  spitzenbesetztem  Mieder, 
die  einen  Vogelbauer  trägt. 

Während  diese  und  andere  Stücke,  unter  denen 
tuicb  die  als  »Annette  et  Lubin«  bezeichnete.  Gru[i|ie 
dreier  Figuren  zu  nennen  wäre,  welche  offenbar  irgend 
eine  Kührscene  aus  einer  der  zeitgenössiHcheii  Hund- 
vverksopern  darstellt,  die  üblichen  geringen  Maassu 
nicht  oder  doch  kaum  überschreiten,  zeichnen  sich 
einige  von  ihnen,  mit  welchen  wir  zugleich  die  Be- 
trachtung der  Meissener  Plastik  beschliessen  wollen, 
durch  besondere  Grösse,  vor  allen  übrigen  aus.  Es 
sind  vier  paarweis  verbundene  Statuetten:  ein  Chi- 
nesenpaar  und  ein  in  arkadischer  Nacktheit  dargestelltes 
Schäferpaar,  jene  0,350,  diese  gar  0,360  hoch,  die 
ersteren  mehr  durch  ihren  höchst  lebendigen  Ausdruck, 
die  letzteren  mehr  durch  ihre  körperliche  Anmuth  und 
die  Schönheit  ihrer  Formen  fesselnd,  beide  Paare  aber 
gleich  sorgfäitig  und  liebevoll  l)!.^  in'»  Kleinste  und 
ICinzelste  au.«>geführt. 

*)  Neuerdiogs  hai  •/.  Urhtkmann  wieder  aiil  den  eugeren 
ZusaiDniMiliang  doi  PurzellaiiügutcMi  des  18  .laliiliuudeils  hinge- 
wiesen, verg!.  fJetuht  dos  Musmuiis  für  Kunat  und  Goworbo  in 
liauibui-g  189U  S.  10. 


455 

Ohne  mit  den  hier  genannten  Werken  die  Zahl 
der  in  Schloss  WiUiflmstlinl  tnu-rhaiipt  vorhandenen 
Krzt.'iignisse  d«T  l't>iz<'ll:tiiplji.stik  Altmt'JKs*'iis  rr-sehöpft 
zu  haben*),  verlasüi^n  wir  docli  ilicstllM-n,  um  aiiuh  den 
übrigen  älnilicln'ii  Wcrkt^Ji  dni  andi-ri'ji  deiitsehen  Fa- 
briken i'ine  kurz*^  Betraclitung  zu  gönnen.  Unter  ihnen 
müssen  an  erster  Stelle  diejenigen  der  (ehemaligen 
bisLliüflithen  Manufactur  zu  Fulda  genannt  werden, 
Welche  hier  so  ausgezeichnet  vertiett-n  sind,  wie  man 
sie  anderswo  kaum  kennen  lernen  kann.  Die  Fuldaer 
Porzellanmianufactar  **)  hat  trotz  der  Kürze  ihres  Be- 
stehens —  sie  wurde  1763  durch  den  Bijschof  Amandus 
gegründet,  aber  schon  1780  von  dessen  Nachfolger 
wieder  aufgelöst  —  Leistungen  aufzuweisen,  widclte 
einen  Vergleich  mit  denjenigen  anderer  Fabriken  nicht 
zn  scheuen  braucheji  ;  ja  wir  tragen  .sogar  kein  Ht^- 
denken,  das  aus  Iß  kleinen  Musikanten  bestehende 
drehe  st  er  und  die  vier  T  änzer  paa  r  e,  die  Schloss 
W'ilhclmüthal  besitzt,  dem  Besten  und  Zii-rlichsten  beizu- 
zählen, was  überhau [it  auf  dem  Gebiete  iler  l'orzellan- 
[ilaötik  hervorgebracht  worden  ist  lieber  diese  Werk- 
ehen, welcln?  wie  es  scheint,  einst  zum  Ausputz  einer 
Tafel  oder  eines  Tafelaufsatzes  dienten***),  ist  der 
ganze  Zauber  jener  köstlichen  Anmiitb  und  Grazie  aus- 
gegossen, wie  sie  nur  der  heiteren,  lebensfrohen  Kunst 
des  Rococo  eigen  war.  Es  i.st  nicht  nur  die  überaus 
feine  und  zarte  Modellirung  nebst  der  duftigen  uiitl 
diskreten  Farbengebung,  welche  wir  an  diesen  Figürchen 


♦)  Zu  erwähnen  wiiren  om^h  inohrerc  kuiocnde  ^.^liineseii- 
finuren  mit  Bcbnioii  in  den  Hlirideii,  ofTonbnr  .ins  der  frühesten 
Zeit  MeiHseiis,  und  «tas  Kigürclien  einer  iiltei-en  Dame  in  liüuslicher 
Timhl,  die  nn  einem  TiRchchea  «tzend,  auf  vvf«l<.lioin  ein  SiiiimLiil 
stellt.  Spindel   iini]  Bm.:h  iu   den  Iliindeit  li.ih. 

**)  Vgl,  F.  Ji'imnHr.  (irundrtKS  d«'r   K'iTnntik  S.  786. 
••n  \'td.  ÄiiV  a,  a.  U.  S.  89. 


45fi 


bewunfl(^rn,  sondern  v<ir  AlJeni  auch  die  höchst  indi- 
vidw'lh'  Bchaiidhui);^  j»'4lcs  ciriZfhH'U,  diu  sich  ebeuso 
sehr  in  d(^r  Manniirfaltigkeit  der  Stt'llunj^i'ii,  wie  im 
Ausdruck  (h'r  Köpf»;  kuiidgil>t.  Da  bi-rncrkt  man  nichts 
von  jeiiMiii  stMmotypdi,  spitzigen  Läciiehi  oder  jenem 
sinnlich<*n  Zug,  den  man  so  oft  an  den  Köpfen  der 
Gross-  und  Klciuplnstik  jener  Zeit  beobachten  kann ; 
hier  ist  viebnehr  Alles  schlicht,  einfach  und  wahr 
wiedergegeben,  wie  es  dem  Modelleur  die  Natur  bot. 
Auch  der  Maler  hat  sich  nur  aufs  äusserste  beschränkt 
und  in  dieser  sonst  so  ungewöhtdichen  Zurückhaltung 
eine  vollendete  Meisterschaft  bewiesen.  Die  vorherr- 
schend weisse  F^arbe  der  Gewiinder  ist  nur  hier  und  da 
durch  zarte  Goldränder  oder  Goldmusterungen  in  Ver- 
bindung mit  farbigen  Händern  und  .Schleifchen  belebt, 
die  an  Feinheit  der  Behandlung  nur  noch  durcii  die 
von  den  Tänzern  und  Tänzerinnen  gehaltenen  Blumen- 
kränze und  Guirlanden  übertrofFeti  werden,  welche  in 
ihrer  minutiösen  .\usfiihrnng  unsere  laute  Bewunderung 
hervorrufen. 

Mit  die.seJi  reizenden  Fignrchen  kann  sich  denn 
auch  keins  der  übrigen  plastischen  Erzeugnisse  Fuldas 
messen,  Am  nächBten  kommt  ihnen  noch  jene  zur 
grossen  Gattung  der  sog.  Pastoralen  gehörige  Gruppe» 
die  einen  jungen  »Schäfer  darstellt,  iler  seiner  unter 
einem  Baume  eingeschlafenen  Geliebten  ein  Körbeben 
mit  einem  unter  Blumen  verstrickten  Briefe  überbringt, 
«Sie  gehiirt,  was  Formen-  und  Farbenge bung  anbetrifft, 
gewiss  zu  dem  Besten  in  ihrer  Art,  wenn  auch  die 
Composition  selbst  auf  besondere  OriginRÜtät  keinen 
Anspruch  erheben  kann.  Dasselbe  gilt  von  den  beide«, 
dem  gleichen  Gebiet  entnommenen  Gruppen,  die  als 
Gegenstücke  gedacht  ebenfall»  Scliäferpaare  dai'stellen, 
in  ihrem  harten  Colorit  aber  wenig  erfreulich  wirken, 
wähniid    in    vier  anderen  zusammengehörigen   Gruppen 


m 


457 


zweimal  derselbe  Vorwarf  mit  geringen  Verändern ugen 
behaiid<?lt  worden  kt:  hier  drei  Kinder  bei  der  Obst- 
ernte, dort  ein  Kinderpärchen  in  vornehmer  Tracht  mit 
einem  als  Pierrot  gekleideten  Knaben  unter  einem 
Baum.  So  anniuthig  und  natiirlieb  hier  die  Figuren 
wiedergegeben  sind,  so  ungeschickt  und  geradezu  häus- 
lich sind  die  Bäume  gebildet,  an  denen  man  die  Un- 
zulänglichkeit dea  Materials  und  die  Grenzen  seiner 
Leistungsfähigkeit  nur  allzu  dentlich  erkennt. 

Nennen  wir  ferner  noch  die  Figuren  eines  Gärtnei*» 
und  einer  (lärtnerin,  die  in  ihren  weissen,  goldgerän- 
derten Costümen  an  jene  obengenannten  Musikanten 
erinnern,  mit  denen  sie  jedoch  an  Frische  der  F'rfindung 
und  Feinheit  der  Detailbehandlung  in  keiner  Weise 
wetteifern  können,  eo  haben  wir  hiermit  die  sümmt- 
lichen  Stücke  der  Fuldaer  Manufaktur  aufgezählt  und 
gehen  nunmehr  zu  denjenigen  von  Berlin  und  H  ö  c  h  a  t, 
den  beiden  einzigen  Fabriken,  die  ausser  den  genannten 
noch  in  Wilhelrnstha!  vertreten  sind,  über. 

Von  Höchst,  um  mit  dieser  letzteren  zu  be- 
ginnen, besitzt  die  Sammlung  nur  ein  einziges,  aber 
vortreffiichea  Stück,  das  den  alten  Ruf  der  Manufaktur 
auf  dem  Felde  dwr  Porzellanplastik  im  vollsten  Maasse 
rechtfertigt.  Ks  ist  eine  gro.sse  Schäfergruppe*)  in  der 
Art  der  Pastoralen  Fran<;-ois  Boucher's.  Vom 
^Vande^n  müde  ii^t  ein  Schäferknabe  am  Fusse  eines 
von  einer  Urne  bekrönten  Postaments  in  tiefen  Schlaf 
gesunken,  nachdem  er  zuvor  Tasche  und  Hirtenstab  ab- 
gelegt hat.  Da  naht  sich  die  Geliebte,  ein  junges 
Schäferniädchen,  uivd  setzt  dem  von  seinem  treuen  Hund 
bewachten,  in  süssen  Träumen  gewiegten  Schläfer  einen 
Blumenkranz  aufs  Haupt.     Dies    der    Gegenstand,    den 

*)  Ea  ist  vermuthliub  du'selbw  tJnappe,  die  in  dem  bei  Zaia 
a.  a.  0.  S.  151  aligediui'kt«!)  WaareuvermabnisH  uater  Nr.  29  an> 
{^erüliH  wird. 


m 


Modelluur  und  Maler  zu  einer  anmuthsvollen  Kompo- 
sition gestaltet  haben,  die  einen  Vergleicli  mit  »hnlichea 
MeLssener  GrHp]Kui  wohl  auszuhalten  vermag. 

In  einen  völlig  atulnron  Gedankenkreis,  in  das 
Gebiet  der  Mythologie  und  Allegorie,  führen  uns  drei 
Prachtgruppen  der  altbertiner  Manufaktur,  die, 
wie  schon  obnn  erwähnt  wurde,  ursprünglich  in  der 
l'(»rzeltiingalterie  des  Landgrafen  Friedrich  II.  aufgestellt 
waren.  Die  Stärke  und  Schönheit  v(^rkörtJBrn  die  etwa 
0,330  hohen,  sitzenden  Figuren  einne  Herkules  and 
einer  Venus,  beide  berührt  vom  Geiste  der  Antike,  wie 
Kie  die  Fla»tik  des  18.  Jahrhunderts  verstand  and 
wiedergab.  So  erinnert  zwar  der  mit  Keule  und  Löwen- 
fell dasitzende  Heros  mit  di.;m  mächtigen  Körper  in 
mauchen  Einzelheiten,  so  vi>r  Allem  in  der  sorgfältigen 
Durchbildung  der  Muskulatur,  an  das  antike  Vorbild 
des  Herakles  Farnese,  mehr  aber  noch  an  andere,  ähn- 
liche Werke  von  l'igalle  und  Paget;  die  auf  ihrem 
Taubenwagen  sitzende,  kranzhaltende  Venu-s  ist  nun 
vollends  gana  im  Geiste  eines  Coustou  und  Allegruin 
geschaffen  und  hat  mit  ihren  griechischen  Schwestern 
nur  wenig  noch  gemein ;  trotzdem  sind  beide  Figuren 
in  ihrem  zarten,  durch  den  Glanz  und  die  Reinheit  der 
Glasur  noch  gehobenen  Fleischton  sowie  in  der  frischen, 
naturwahren  Wiedergabe  der  Körperformen  und  der 
wundervollen  Leuchtkraft  der  Farben  von  entzückender 
Wirkung.  Dasselbe  Lob  gebührt  im  vollsten  Maasse 
der  fast  monumental  aufgefassten  Gruppe  des  Mars  und 
der  Gescliichte,  in  welcher  eine  gewisse,  schon  das 
Nahen  eines  neuen  Styles  verkündende  Strenge  im  Aufbau 
der  Komposition  durch  den  Reiz  der  Farben  und  die. 
Schönlieit  der  Umrisse  gemildert  und  ausgeglichen  wird. 

Schon  vüllig  auf  dem  Boden  der  von  Antonio 
Canova  mit  Kifer  erstrebten,  von  Thorwaldsen  aber  erst 
erreichten  Antike  stehen  dann  jene  drei  figurenreicUen 


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ti  luppenbildwfrke  in  Bisknit,  die  au»  dem 
SchloKSK  zu  WabtTii  nach  Wilhelmsthal  versetzt  worden 
sind.  Mit  ihnen  wollen  wir  unsere  Bt^trachtiing  \u'- 
scliliessen.  Alle  d^^Ji  führen  una  in  streng  pyramidalpm 
Aufbau  alltigurische  Gestalten  vor,  wie  detön  so  viele  die 
Kunst  des  18.  Jahrliunderts  hervorgebracht  hat.  Die  eine 
dieser  Gruppen  zeigt  uns  Apollo  mit  der  Lyra  im  Arm 
auf  rundem  Postament,  um  welches  Iierum  vier  wtiibliolie 
Figuren  stehen,  welche  die  Künste  personitiziren.  Es 
sind  die  Architektur,  Bildhauerei,  Malerei  und  Musik, 
eine  jede  mit  den  sie  bezeichnenden  Attributen  aus- 
ge-stattet.  Die  zweite  stellt  die  Welttheile  vor :  auf 
holn^m  Felsen  Europa  in  einer  an  Athena  erinnernden 
EröcUeinung  und  unten  um  den  Felsen  steheml  ilie  Oe- 
btalten  eines  Negers  (Afrika),  einer  Türkin  (Asien)  und 
einer  Indianerin  (Amerika».  Dir  dritte  endlich  ver- 
körpert in  vier  Figuren  die  Klmu-nti?;  hier  bildet  die 
(iestalt  der  Luft,  die  in  der  erhobenen  Rechtim  «nnen 
Vogel  hält,  die  Spitze  und  den  Mittelpunkt  der  Grupiie, 
um  welchen  die  Figuren  der  Erde,  iles  Wassers  und  des 
Feuers  mit  ihren  zugehörigen  Beizeichen  gruppirt  wind. 
Ist  der  materielle  Zusammenhang  unter  den  ein- 
zelnen Figuien  dieser  drei  Gruppen  auch  nur  ein  loser  und 
rein  äusserlicher,  entbehren  dieselb^-n  auch  jeder  tieferen 
Cliarakteristik  und  jt^der  nur  einigermassen  bewegten 
Handlung,  so  rauss  doch  jede  für  sich,  was  den  Adel 
der  Zeichnung,  die  Feinheit  der  Ausführung  und  die 
Schärfe  der  Modellirung  anbetrifft,  als  ein  kleines  Meiater- 
werk  bezeichnet  werden.  Eine  gewisse  Vornehmheii 
de-s  8tyles  in  Verbindung  mit  dem  an  den  Marmor  i^t- 
innernden  Material  vorleiht  diesen  Figürchen  trotz  ihrer 
Kleinheit  einen  echt  monumentalen  Charakter,  der  sich 
ebensosehr  von  einer  allzustrengen  Nacliahmung  kla.s- 
sischer  Vorbilder  wie  von  einer  naheliegenden  theatra- 
lischen Gespreiztheit  oder  affektirten  Grosaartigkeit  fern 


zn  haiton  verstanden  hat.  Leider  sind  sämmtliche  drei 
Stück«'  unbezeiclinet,  sodass  <«ich  weder  fiber  ihre  Her- 
kunft nr>ch  über  ihren  Schöpfer  —  unzweifelhaft  sind 
alle  drei  von  derselben  Hand  modellirt  —  Sicheres 
sagen  lässt*;.  Dass  der  Letztere  zu  den  bedeutenderen 
Modelleuren  seiner  Zeit  gezählt  werden  muss  und  die 
drei  Gruppen  nur  einer  von  denjenigen  Fabriken  zu- 
geschrieben werden  können,  die  auf  diesem  Gebiete 
wirklich  Hervorragendes  geleistet  haben,  kann  keinem 
Zweifel  unterliegen.  Vielleicht,  dass  in  nicht  allzuferner 
Zeit  das  Dunkel,  welches  noch  über  diesen  Gruppen 
schwebt,  gelichtet  und  der  Name  ihrer  Herkunft  wie 
ihres  Schöpfers  entdeckt  werden  wird. 

Wir  sind  hiermit  am  Ziele  unserer  Wanderung 
durch  die  Sammlung  der  Wilhelmsthaler  Porzellane  an- 
gelangt und  blicken  zurück  auf  eine  reiche  Fülle 
schöner  Werke,  die  in  diesem  einsamen  Schlösschen 
ein  nur  Wenigen  bekanntes  Dasein  führen.  Wer  nicht 
aus  blosser  Neugierde  getrieben  das  Innere  desselben 
betritt,  sondern  von  wirklichem  Interesse  geleitet  ist, 
wird  wohl  in  erster  Linie  dem  reichen  Wand-  und 
Dßckenschmuck,  den  Tischbein'schen  Gemälden  und 
kostbaren  Möbeln  seine  Aufmerksamkeit  schenken  und 
nur  vorübergehend  auch  den  Gefässen  nnd  Figuren  in 
Porzellan  eine  flüchtige  Betrachtung  gönnen.  Gerade 
diese  Besucher  möchten  wir  durch  den  vorstehenden 
Aufsatz  auf  den  hohen  Werth  auch  dieser  Gegenstände 
hingewiesen  haben ;  daneben  aber  wollten  wir  Dem- 
jenigen, der  sich  ernster  mit  denselben  befassen  will, 
den  Inhalt  dieser  Sammlung  nutzbar  machen,  welche 
Keiner  umgehen  kann,  der  die  Kleinkunst  des  18  .Jahrhun- 
derts znm  Gegenstand  seiner  Forschungen  gemacht  hat. 

*)  Dasselbe  gilt  von  der  vorzüglich  modellirten,  weis.««  gla- 
sirten  Gärtnorgrappe,  die  ebeofalls  ohne  Marke  ist. 


IM  lINlhllMN 


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