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Full text of "Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde"

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ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ÄGYPTISCHE  SPRACHE 


ALTERTHUMSKÜNDE 


HERAUSGEGEBEN 


C.  R.  LEPSIUS 

zu  BERLIN 


UNTER  MITWIRKUNG  VON  H.  BRUGSCH 

SEGHSZEHNTER  JAHRGANG 

18T8 


LEIPZIG 

J.  C.  IIlNiaClIS\SC'IIE  BLCHHANDLUNCt. 


Inhalt. 


Demotische  Paradigmata,  von  H.  Briigseh 1 

Der  Zug  Nebucadnezars  gegen  Aegypten,  von  A.  Wiedemann 2 

Die  Stele  von  Neapel,  von  J.  Krall 6 

Sahidische  Inschriften,  von  Ludw.  Stern.     (Mit  1  lithograph.   Tafel) *.        9 

Trois  reines  de  la  XXL  dynastie,  par  Ed.  Naville.     (Mit   1   lithogr.  Tafel)  .....     29 

Offenes   Sendschreiben  an  Hrn.  Naville,  von  H.  Brugsch 32 

Ein  wichtiges  Denkmal  aus  den  Zeiten  Königs  Sesonq  J,  von  H.  Brugsch ,37 

Historische  Notiz,  von  H.  Brugsch 43 

Aesopische  Fabeln  in  einem  ägyptischen  Papyrus,  von  H.  Brugsch.  (Mit  1  lithogr.  Tafel)     47 

Ein  strophisch  angeordneter  Text  auf  einer  Mumienbinde,  von  G.  Ebers 50 

Koptische  Briefe,  von  Ludw.  Stern 55 

Soss,  Ner,  Sar,  von  Friedr.  Delitzsch 5G 

Le  roi  Teta  Merenphtah,  par  Ed.  Naville.     (Mit  1  lithogr.  Tafel) 69 

Une  page  du  Roman  de  Satni  transcrite  en  hieroglyphes,  par  G.   Maspero.    (Mit  1  litho- 
graph. Tafel) 72 

Sur    l'auxiliaire     ö  ^^.    ^   ,  par  G.  Maspero 84 

Erklärung,  von  H.  Brugsch 87 

Nebucadnezar  und  Aegypten,  von  A.  Wiedemann 87 

Die  Phönix-Sage  im  alten  Aegypten,  von  A.  Wiedemann 89 

Osiris- Bacchus,  par  Aug.  Baillet.     (Mit  1  lithogr.  Tafel) 106 

Neue  Funde  griechischer  Papyrusrollen  in  Aegypten,  von  Adolph  Bauer 108 

Über  Theilgewichte  der  babylonischen  Mine  und  deren  Bezeichnung,  von  Eb.  Schrader  110 
Fragmente  von  Pahlavi- Papyri  aus  Aegypten  von  Ed.  Sachau.  (Mit  2  lithogr.  Tafeln).  114 
Erschienene  Schriften 28,  70,   IIG 


I 

I 


Zeitschrift 


für 


Äg}^)tische  Sprache  und  Alterthiunskunde 

Sechszeluiter  Jalu'gang.  Erstes  Heft. 

Inhalt: 

Demotische  Paradigmata,  von  H.  Brugsch.  —  Der  Zug  Nebucadnezars  gegen  Aegypten, 
von  A.  Wiedemann.  —  Die  Stele  von  Neapel,  von  J.  Krall.  —  Sahidische  Inschriften, 
von  Ludw.   Stern.  (Mit  1  lithograph.  Tafel).  —  Erschienene  Schriften. 

Demotische  Paradigmata. 

(Aus  einem  Briefe  an  den  Herausgeber). 


"Was  mich  am  meisten  bis  jetzt  interessirt  hat,  ist  eine  Reihe  von  Scherben- 
inschriften, welche  in  demotischer  Schrift  ganze  Paradigmata  der  ägyptischen  Gram- 
matik enthalten,  ähnlich  den  grammatischen  Texten  der  assyrischen  Thon-Tafeln.  So 
findet  sich  unter  der  grammatischen  Form^V^P,  koptisch  peq,  folgende  Reihe  von 
Beispielen  vor: 

A.  B. 

)k  j/t"i^yn>j  etc. 

Von  ganz  besonderem  Interesse  sind  die  Negations-Tabellen. 
Ein  wunderbares  Wort,  i^^  =8    [1(1^  ^  _  ^  ^  mit  der  Bedeutung  von  „conjux", 
habe   ich    neuUch   mit  Hülfe  schlagender  Varianten    entdeckt.     Die   grofse  Tabelle  der 
Geschlechter  der  XXII  bis  XXM!  Königshäuser  habe  ich  durch  einen  überraschenden 
Fund  um  beinahe  100  Mitglieder  vermehren  können. 

Kairo,  15.  November  1877.  H.  Brugsch. 


Zeitscbr.  f.  Aegypt.  Spr.,  Jahrg.  1878. 


Der  Zug  Nebucadnezar's  gegen  Aegypten, 


Der  Zug  Nebucadnezar's  gegen  Aegypten 

bestätigt  durch  eine  gleichzeitige  hieroglyphische  hischrift. 


Im  Jahre  588  war  es  Nebucadnezar  nach  langen  Anstrengungen  gelungen,  Jeru- 
salem zu  erobern  und  sich  ganz  Palästina  unterwürfig  zu  machen;  nun  gab  es  in  dem 
weiten  Gebiete,  welches  seine  Eroberuugslust  reizen  konnte,  und  unter  allen  denen, 
die  ihm  feindlich  gegenübergetreten  waren,  nur  noch  zwei  unabhängige  Staaten,  Tyrus 
und  Aegypten.  Zunächst  wandte  sich  der  König  gegen  Tyrus  und  begann  es  zu  be- 
kriegen, allein  trotz  einer  13  jährigen  Belagerung,  in  der  er  sogar  versuchte,  das  Meer 
zwischen  dem  Festlande  und  der  Insel  durch  Dämme  anzufüllen,  gelang  ihm  die  Er- 
oberung nicht  und  er  war  genöthigt,  mit  dem  König  lihobaal  einen  Vertrag  abzu- 
schliefsen,  durch  welchen  die  Stadt  zwar  nominell  die  Oberhoheit  Babyloniens  aner- 
kannte, aber  nicht  tributpflichtig  ward.  Während  dieser  Zeit  hatte  die  Flotte  Nebu- 
cadnezar's Cypern  erobert  und  ein  Theil  des  Landheeres  Arabien  besetzt,  so  dafs  jetzt 
Aegypten  ganz  isolirt  dastand. 

Schon  kurz  nach  dem  Falle  Jerusalem's  hatte  Jeremia,  der  die  Unterwerfung  von 
Tyrus  früher  erwarten  niufste,  Aegypten  den  Untergang  geweissagt,  Nebucadnezar 
werde  seinen  Thron  vor  dem  Palaste  des  Pharao  in  Thachpanhes  aufrichten,  die  Tem- 
pel der  Götter  Aegyptens  mit  Feuer  zerstören  und  die  Götterbilder  zerbrechen.  Den 
Hophra  aber  werde  er  den  Händen  seiner  Feinde  übergeben  und  denen,  die  ihm  nach 
dem  Leben  ständen.  Gleichzeitig  mit  ihm  hatte  auch  Ezechiel  mehrmals  seine  dro- 
hende Stimme  erhoben,  und  Aegypten  Rache  versprochen  dafür,  dafs  es  Judäa  in  der 
Noth  verlassen  habe.  Bis  an  die  Feste  von  Syene  und  bis  au  die  Grenze  von  Kusch 
werde  Gott  das  Land  wüste  und  öde  machen,  die  Städte  verheeren  imd  ängstigen, 
die  Männer  sollten  erschlagen  und  die  Weiber  fortgeschleppt  werden.  Denn  Nebu- 
cadnezar habe  sein  Heer  mit  grofser  Mühe  vor  Tyrus  geführt,  doch  keinen  Lohn  da- 
von gehabt,  aber  siehe :  „ich  will  Nebucadnezar  Aegyptenland  geben,  dafs  er  alle  ihr 
Gut  wegnehme  und  sie  berauben  und  plündern  soll,  dafs  er  seinem  Heere  den  Lohn 
gebe." 

Josephus^)  läfst  die  Prophezeihungen  nicht  nur  in  Erfüllung  gehen  und  Aegypten 
von  den  Babyloniern  erobert  werden,  sondern  setzt  noch  hinzu,  dafs  Nebucadnezar 
den  damals  regierenden  König  getödtet  und  einen  andei'n  an  seine  Stelle  eingesetzt 
habe,  dann  aber  mit  den  geflüchteten  Juden  nach  Babylon  zurückgekehrt  sei;  und  ein 
derartiger  glücklicher  Eroberungskrieg  scheint  auch  der  Notiz  des  Megasthenes  in 
seinen  Indica  ^)  zu  Grunde  zu  liegen,  in  welcher  Nebucadnezar  mit  Hercules  ver- 
glichen und  ihm  die  Eroberung  von  Libyen  und  Iberien  zugeschrieben  wird. 

Der  Zeitpunkt  des  Ereignisses  läfst  sich  aus  der  oben  angeführten  Prophezeiung 
des  Ezechiel  ^)  bestimmen,  welche  im  Jahre  27  seines  Exils,  d.  h.  573/2  v.  Chr.  ge- 
sprochen worden  ist,  und  den  Angriff  auf  Aegypten  erst  als  bevorstehend  erwähnt; 
während  auf  der  andern  Seite  daraus,  dafs  in  den  Prophezeiungen  keines  Regierungs- 


0     Ant.  lud.  X,  9,  7. 

2)  Fragm.  48-9,  ed.  Schwanbeck. 

3)  Ez.  29  V.  17  ff. 


von  A.  "Wiedemann. 


wechseis  Erwähnung  gethan  wird,  und  aus  Jeremia's  Angaben,  hervorgeht,  dafs  der 
damalige  Pharao  Hophra  war.  Da  nun  letzterer  im  Jahre  572/1  seine  Regierung  be- 
schlofs,  so  mufs  Nebucadnezar  zwischen  573  und  571  Aegypten  angegrifien  haben. 

Schon  sehr  frühe  ward  aber  das  Historische  dieses  Ereignisses  bezweifelt  und 
sogar  von  theologischer  Seite  aufgegeben,  einzig  und  allein  aus  dem  Grunde,  dafs  He- 
rodot  und  Diodor  über  dasselbe  schweigen,  ja  den  Apries  sogar  als  Eroberer  von 
Palästina  und  Cypern  bezeichnen.  Aber  die  Besetzung  Palästina's  bezieht  sich  ent- 
schieden auf  Nichts  Anderes,  als  auf  den  erfolglosen  Zug  des  Königs  nach  Asien,  um 
Jerusalem  zu  entsetzen,  und  die  Eroberung  Cypern's  steht  mit  den  Kämpfen  in  Asien 
in  gar  keiner  Beziehung  und  mufs  jedenfalls,  wenn  sie  überhaupt  historisch  ist,  in 
die  ersten  Jahre  des  Apries  fallen.  Den  Aegyptem  aber,  welche  den  griechischen 
Reisenden  die  Geschichte  ihres  Landes  erzählten,  wird  es  naturgemäfs  nicht  einge- 
fallen sein,  ihre  Niederlagen  zu  berichten,  sondern  sie  werden  sich  auf  eine  Aufzählung 
ihrer  Siege  beschränkt  haben,  so  dafs  es  also  nicht  erlaubt  ist,  aus  dem  Schweigen 
der  Griechen  einen  Schlufs  zu  ziehn. 

Der  Sieg  ISebucadnezars  über  Aegypten  wird  aber  durch  eine  bisher  vollständig 
unbeachtet  gebliebene  Stelle  einer  ägyptischen  Inschrift  im  Louvre  bestätigt,  welche 
um  so  wichtiger  ist,  als  die  bisher  entdeckten  babylonischen  Inschriften  nur  von  den 
Bauten  und  nichts  von  Feldzügen  des  Nebucadnezar  zu  berichten  wissen.  Die  be- 
treffende Inschrift  bedeckt  eine  uaophore  Statue,  welche  zuerst  von  Pater  Kircher  ^), 
zu  dessen  Zeit  sie  sich  in  Rignano  am  Fufse  des  Soracte,  befand,  in  freilich  recht  un- 
genügender Weise  edirt  wurde.  Der  Nächste,  der  die  Inschrift  ganz  mustergültig  heraus- 
gab, war  Clarac^),  der  sie  bereits  im  Louvre  vorfand.  Der  Haupttheil  der  Inschrift 
ward  dann  nochmals  von  Pierret  ^)  publicirt,  der  eine  interlineare  Übersetzung  bei- 
fügte. —  Der  Mann,  den  die  Statue  darstellte,  war  ein  sehr  hoher  Reichsbeamter,  ein 
Erbfürst,  Siegelbewahrer,  u.  s.  w.  Namens  Nes-Kor,  dem  der  König  aufserdem  ein  Amt 
verliehen  hatte,  welches  sonst  nur  dem  Kronprinzen  zukam,  nämlich  das  eines  Gou- 
verneurs der  Südländer,  damit  er  die  feindhche  Bevölkerung  der  Grenzländer,  die  gegen 
Aegypten  andrängte,  abwehre:  dies  gelang  ihm,  er  verbreitete  im  Süden  die  Furcht 
vor  dem  Könige  bei  allen  denen,  die  ihre  Wohnsitze  verlassen  hatten.  Eine  Angabe, 
die  uns  daran  erinnert,  dafs  Psammetich  II.  gezwungen  gewesen  war,  gegen  die  Aethio- 
pen  zu  Felde  zu  ziehen,  \md  dafs  er  bald  nach  diesem  Zuge  starb  *).  Unser  Nes- 
llor  scheint  es  dann  gewesen  zu  sein,  der  den  Krieg  fortführte  und  beendete.  Seine 
Residenz  hatte  derselbe  in  Elephantine  und  hefs  es  sich  angelegen  sein,  theils  im  Na- 
men des  Königs,  theils  in  seinem  eigenen  dem  Tempel  des  Chnum,  der  Sati  imd  Anuk 
reiche  Einkünfte  und  Geschenke  zufliefsen,  ja  sogar  aus  Syrien  "Wein  für  die  Priester 
kommen  zu  lassen,  er  baute  auch  neue  Kapellen  in  dem  Tempel  und  verschönerte  die 
schon  bestehenden.  Die  folgenden  Worte,  welche  auf  den  Angriff  der  Babylonier  Be- 
zug haben,  geben  wir  in  wörtlicher  Übersetzung: 

1)  Obelisci  aeg^'ptiaci  interpretatio  pl.  137. 

2)  Musee  de  sculpture  II  pl.  246  —  8. 

3)  Recueil   dinscr.   p.  21flf.  —  Die   Übersetzung    findet   sich   nochmals   abgedruckt   in   den 

Rec.  of  the  past.  VI  p.  79  fif. 

■')    Her.  II,  161. 

1* 


Der  Zug  Nebucadnezar's  gegen  Aegypten, 


9     I 

/VWVWl 


Ich  habe  zubereiten  lassen  meine  Statue,    mein  Name    wird   beständig   sein  durch  sie; 


nicht  wird  er  vernichtet  werden   in  diesem  Tempel,  weil  (wörtlich:  im  Verhältnifs  da- 


von,   dafs)    ich  Sorge    trug  für  das  Haus,  als  es  gelitten  hatte  durch  die  Truppen  (1) 


1 


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der  Syrer  (2),    der  Nordvölker,    der  Asiaten,    der  Elenden [welche    Schlechtes 


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beschlossen]  in  ihrem  Sinn ;  nämlich  auszuziehen,  um  zu  durchstreifen  das  obere  Land 

>-¥vV  I     AV^AA^  ^  1     U       (iy   <*— 

(d.  h,  Oberägypten)   lag   in    ihrem  Sinn.     Die   Furcht  vor   seiner  Majestät  war  gering 


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(3).     Sie  führten  aus,   was  beschlossen  hatte  ihr  Herz  an  Plänen.     Nicht  liefs  ich  sie 
gelangen  nach  Ta-Kens  (4),  ich  liefs  sie  sich  nähern  dem  Orte,  an  dem  seine 

1    _Cr^  A/WW\  i^Üii^  W=iJ  /WWVA 

Majestät  war,  es  bereitete  seine  Majestät  eine  [Niederlage]  (5)  unter  ihnen. 

„Ich  habe  zubereiten  lassen  meine  Statue,  mein  Name  wird  beständig  sein  durch 
sie,  nicht  wird  er  untergehn  in  dem  Tempel,  weil  (wörtlich  im  Verhältnifs  davon  dafs) 
ich  Sorge  trug  für  das  Haus,    als    es   gelitten   hatte  durch   die  Truppen  (1)  der  Syrer 

(2),  der  Nordvölker,  der  Asiaten,   der  Elenden [welche  Schlechtes  beschlossen] 

in  ihrem  Sinn,  nämlich  auszuziehn,  um  zu  durchstreifen  das  obere  Land  (d.  h.  Ober- 
ägypten) lag  in  ihrem  Sinn;  die  Furcht  vor  seiner  Majestät  war  gering  (3),  sie  führ- 
ten aus,  was  beschlossen  hatte  ihr  Herz  an  Plänen.  Nicht  liefs  ich  sie  gelangen  nach 
Ta-Kens  (4),  ich  liefs  sie  sich  nähern  dem  Orte,  wo  war  seine  Majestät,  es  bereitete 
seine  Majestät  eine  Niederlage  (5)  unter  ihnen."  —  Nes-Hor  schliefst  dann  mit  der 
Versicherung,  dafs  diejenigen,  welche  ihm  Opfergebete  durbrächten,  gedeihen  und  An- 
sehn erhalten  würden. 


1.  Das  Wort  nmfs  hier  wohl  als  „Fremder,  fremdes  Volk,"  und  dann  spe- 
ciell  „fremde  Truppen"  (vergl.  Brugsch  "VV.  1391)  gefafst  werden,  da  es  nicht  zu  er- 
sehn ist,  wie  man  mit  Bogen  einem  Tempel  Schaden  zufügen  kann. 

2.  Äm-u  sind  diejenigen  Völkerschaften  Asiens,  mit  welchen  die  Aegypter  am 
frühesten  in  Beziehung  traten,  also  die  Grenzvölker  in  Arabien  und  Palaestina,  später 
auch  die  Syrer,  während  Sati  meist  die  entfernter  wohnenden  Stämme  bezeichnet. 


3.     Der  ägyptische  Ausdruck  ist  hier  sehr  eigenthümlich,  ..     "^^^    würde 

.      .  I  D  ©  "~*~ 

wörtlich  bedeuten :  „zum  schlechten  Male,"  wie  her  sejp  uä  zum  ersten  Male,  was  aber 


von  A.  Wiedemann. 


kaum    etwas   anderes   bezeichnen   kann,   als   im    Schlechten,   im  Gerino-en    seiend,  d.  h. 
schlecht  oder  gering. 

4.  Das  Land  Ta-Kens  ist,  wie  Brugsch  i)  überzeugend  gezeigt  hat,  die  Geo-end 
bei  dem  ersten  Katarakt,  dessen  Hauptort  Kens  auf  der  Insel  Konosso  bei  Philae  la"-, 
ein  Distrikt,  der  noch  heutzutage  den  Namen  Kenüs  trägt, 

5.  Das  betreftende  Wort  ist  in  der  Inschrift  zerstört,  auf  1.  G  (bei  Clarac)  unten, 
ist  entschieden  j(^iiv^^_  zu  lesen,  aufl.  7  ist  am  Ende  des  Wortes  noch  erkenn- 
bar, vor  welchen  Zeichen  nur  1  —  2  andere  fehlen  können.  Es  ist  also  wohl  zu  er- 
gänzen           ^; /]   er  überwältigte  sie,  er  machte  sie  zu  Gefangenen  oder  Besiegten. 

Aus  der  Inschrift  geht  somit  hervor,  dafs  unter  der  Regierung  des  Königs  Apries 
die  vereinigten  Truppen  der  Asiaten  und  Nordvölker  Aegypten  angriflfen,  bis  nach 
Oberägypten  vordrangen,  dort  Elephantine  besetzten  und  den  daselbst  befindlichen 
Tempel  des  Chnum  beschädigten,  dafs  es  ihnen  aber  nicht  gelang  die  Katarakten  zu 
überschreiten,  sie  vielmehr  dort  von  Äpries  besiegt  und  zurückgetrieben  wurden.  Da- 
mit war  die  Prophezeihung  des  Ezechiel  eingetrofien;  bis  zur  Feste  von  Svene  und 
bis  an  die  Grenze  von  Kusch  hatten  die  Feinde  das  Land  besetzt  und  hatten  es  be- 
raubt und  geplündert. 

Der  Einfall  des  Nebucadnezar  scheint  aber  für  Aegypten  noch  weiter  gehende 
Folgen  gehabt  und  sogar  zu  einem  Herscherwechsel  geführt  zu  haben.  Wir  sahen 
oben,  dafs  derselbe  chronologisch  nach  dem  Jahre  573/2  vmd  noch  unter  Äpries,  also 
vor  572/1  erfolgt  sein  mufs:  die  Inschrift  des  Nes-Hor  ist  nun  noch  unter  der  Regie- 
rung  des  Apries  niedergeschrieben  worden,  so  dafs  also  dieser  nicht,  wie  Josephus 
meint,  bei  dem  Einfall  seinen  Tod  gefunden  haben  kann;  sondern  noch  eine  ziemliche 
Zeit  länger  regiert  haben  mufs,  da  Nes-Hor  noch  unter  seiner  Regierung  die  Beschä- 
digungen, welche  die  Asiaten  dem  Tempel  zugefügt  hatten,  reparirte.  In  der  Dauer 
der  Regierung  des  Apries  ergeben  sich  aber  auch  sonst  noch  Schwierigkeiten,  indem 
Herodot,  der  sonst  in  seinen  Zahlenangaben  in  der  26ten  Dyn.  überall  mit  den  Mo- 
numenten übereinstimmt,  dies  hier  nicht  thut,  indem  er,  ebenso  wie  Eusebius  dem 
König  eine  25jährige  Regieiauig  zuertheilt,  während  sich  aus  dem  Afrikanus  und  den 
Monumenten  nur  19  Jahre  ergeben.  Da  der  Regierungsantritt  des  Apries,  wie  sich 
aus  allen  Synchronismen  ergiebt,  keinenfalls  vor  592/1  gesetzt  werden  darf,  so  kann 
die  Verschiedenheit  der  Zählung  nur  am  Ende  der  Regierung  gesucht  werden.  Die 
Lösung  der  Schwierigkeit  ergiebt  sich  aus  einem  schon  von  Champollion  in  Kairo  ge- 
fundenen 2),  später  aber  ganz  unbeachtet  gebliebenen  Monumente,  welche  uns  den 
König  Apries  zeigt,  wie  er  gefolgt  von  der  Königlichen  Person  des  Amasis  einen 
Tempel  weiht.  Aus  diesem  Denkmale  ergiebt  sich  mit  Evidenz  eine  Doppelregierung 
des  Amasis  und  des  Apries,  welche  auch  dadurch  bestätigt  wird,  dafs  auf  einem  Li- 
bationstische  in  Paris-*)  ein  hoher  Reichsbeamter      ^  0  ^^  "^  y  "^      Ahmes-sa- 

Neit-Rä-uah-äb  erscheint,  der  in  seinem  Namen  die  Namen  beider,  nach  der  Ilerodo- 
teischen  Erzählung  einander  feindlich  gegenüberstehenden  Könige  vereint,  was  nur 
durch  die  Annahme  einer  Zusammenregierung   beider  begreiflich   wird.     Dieselbe  wird 


1)  Geogr.  Inschr.  I,  löOtr. 

^)     Champ.  Mon.  IV,  pl.  443  No.  1. 

2)  Louvre  O,  50.  —  Pierret.  Rec.  d'Inscr.  p.  82. 


Ein  Zug  Nebucadiiezar's  gegen  Aegypten,  von  A.   Wiedemann. 


auch  dadurch  glaubhch,  dafs  Amasis  der  Schwager  des  Apines  war,  iudem  er  dessen 
Schwester  Anj-en-s,  die  Tochter  Psammetich  II  zur  Gattin  hatte,  und  wie  durch  deren 
luigemeiu  häufigen  Erwähnung  auf  den  Monumenten  hervorgeht,  besonders  auf  diese 
Ehe  seine  Thronansprüche  begründete.  Dieser  Doppelregierung  würden  dann  die  6 
Jahre  Differenz  zwischen  Afrikanus  und  Herodot  zuzuschreiben  sein,  welche  Afrikanus, 
um  die  richtige  Dynastiensumme  zu  erhalten,  nur  einmal  zählen  durfte,  ebenso  wie  die 
Monumente,  welche  die  Regierungsjahre  des  Königs  stets  von  seiner  faktischen  Thron- 
besteigung und  nicht  vom  Beginn  seiner  Alleinregierung  an  rechneten,  während  es 
Herodot  nur  darum  zu  thun  war,  anzugeben,  wie  lange  Apries  als  König  geherscht 
habe. 

Der  Sturz  des  Apries  und  seine  Ermordung  durch  das  aufständige  Volk,  wie  sie 
uns  von  Herodot  und  Diodor  erzählt  werden,  mögen  zum  Theil  richtig  berichtet  sein, 
wenn  sie  auch  sagenhaft  ausgeschmückt  sind,  jedenfalls  wird  die  Erzählung  durch  die 
Geschichte  von  dem  Helm,  den  ein  Soldat  Amasis  aufgesetzt  und  ihn  dadurch  zum 
König  gemacht  haben  soll,  verdächtig,  da  die  Analogie  dieses  Ereignisses  mit  dem 
Helm,  der  der  Grund  zu  Psammetich  I  Thronbesteigung  war,  im  höchsten  Grade  be- 
denklich erscheinen  niufs.  —  Möglich,  dafs  Amasis  mit  Hülfe  von  Truppen  des  Königs 
von  Cyrene,  dessen  Tochter  Laodike  er  in  zweiter  Ehe  geheirathet  hatte  ^),  seinen 
Schwager  besiegte  und  dafs  dann  das  Volk  den  geschlagenen  König  ermordete,  so 
dafs  an  ihm  die  Prophezeihung  des  Jeremia^)  buchstäblich  in  Erfüllung  ging: 

„Ich  will  Pharao  Hophra  in  die  Hände  seiner  Feinde  geben  und  derer,  die  ihm 
nach  seinem  Leben  trachten ;  gleichwie  ich  Zedekia,  den  König  Juda's  übergeben  habe 
in  die  Hand  Nebucadnezar's,  des  Königs  zu  Babel,  seines  Feindes,  der  ihm  nach  sei- 
nem Leben  stand." 

Leipzig,   18.  Januar  1878.  Alfred  Wiedemann. 


Die  Stele  von  Neapel. 


Die  Stele  von  Neapel,  von  dem  Priester  des  Samtaui  Tafna^t  herrührend,  wird 
von  ihrem  Herausgeber  und  Übersetzer  Brugsch  3),  dem  sich  auch  Prof  Lauth  an- 
geschlossen hat,  in  die  Zeit  Alexanders  des  Grofsen  verlegt.  Die  Betrachtung  der 
auf  der  Stele  erwähnten  Begebenheiten,  hat  Brugsch  zu  seiner  Annahme  geführt;  wir 
wollen,  auf  seiner  meisterhaften  Übersetzung  fufsend,  dieselben  durchgehen  und  prüfen, 
in  wieweit  seine  Ansicht  besfründet  erscheint. 


^)    Her.  II,  181. 

2)     Jerem.  44  v.  30. 

^)  Edirt  in  seinen  „Geogr.  Inschriften  I,  Taf.  58  (cf,  pag.  40)  und  in  der  Aeg.  Chresto- 
mathie von  Prof.  Reinisch  I,  17.  Übersetzt  von  Brugsch  in  seiner  Geschichte  Aegyptens 
(p.  762 — 4)  sowie  theilweise  von  Prof.  Lauth  in  seiner  akademischen  Abhandlung  „Alexander 
der  Grofse  (p.  20/'.  Die  Übers.  Goodwins  im  IV  Bande  der  Records  of  the  Past  war  mir 
leider  nicht  zugänglich. 


Die  Stele  von  Neapel,  von  J.  Krall, 


Gimstbezeugungeu  sich  bertthmen,  die  er  durch  Ochus  und  seine    [!  t  Vq^        (ii'Xct 
Herodot  VII,  39)    ei-fjihren   hatte   (h  9.  die  "Worte    „zweimal   fünf"'    in  JBrugsch's  Ül 


L.  8.  Als  du  deinen  Rücken  kehrtest  dem  Lande  Aegypten,  da  wandtest  du  dich 
in  deinem  Herzen  dem  Perserkönige  *)  zu,  d.  h.  Aegypten  unterlag  im  Kampfe  gegen 
den  Perserkönig. 

^Venn  die  Stele  nach  der  Annahme  von  Brugsch  und  Lauth  in  den  Beginn  der 
Herrschaft  der  Makedouier  über  Aegypten  gehört,  so  kann  der  \  a\J  S~3  kein  An- 
drer  als  Ochus   sein.     Unmöglich   konnte  aber  Tafnaj(t  in  der  Zeit  der  Ptolemäer  der 

cf. 
Über- 
setzung sind  natürlich  zu  streichen)  durch  jenen  Ox}is^  der  nach  Bewältigung  Aegyp- 
tens  gegen  dasselbe  aufs  grausamste  verfahren  hatte,  die  Tempel  geplündert,  die  heili- 
gen Bücher  geraubt,  ja  den  Afis  erstochen  imd  so  zahlreiche  Hinrichtungen  vorneh- 
men liefs,  dafs  er  den  Beinamen  der  „Dolch"  vom  Volke  erhielt  (Diod.  XVI,  51  und 
Aelian  Var.  Hist.  IV,  8  und  VI,  8,  cf  Rawlinson  A.  M.  IV,  538  und  Droysen,  Gesch. 
Alexanders  I,  62).  Die  Stelen  der  Ptolemäerzeit  sind  vom  Hasse  gegen  die  Perser  er- 
ftiUt.  Das  Decret  des  Ptolemäus  Lagi  (Aeg.  Zeit.  IX,  1  übers,  von  Brugsch)  nennt  den 
Xerjces  V^  Feind    (1.  9  und  10),  es    erzählt    Chabbas    habe  den  Frevler   Xerxes 

aus    seinem    Palaste   hinausgeworfen    ( 1,  11.    |     W      L[^  czezi  (1  [1  T{T?T  ^.    Cpjj  j; 

ja    die    bilingue  Inschrift    von  Tanis    spricht    geradezu    (1.  6.)    von   den    bösen    Persern 


(  ^1   I     n     h?  1      Können    wir    schon    der   Fassung  dieses  Satzes  weoren  die 

Stele  nicht  in  die  Zeit  der  Makedonierherrschaft  über  Aegypten  verlegen,  so  ist  es 
ebenso  unmöglich  den  folgenden  Satz  (1.  10.):  „Du  hast  mich  beschirmt  in  dem  Kampfe 
der  lonier  (darunter  soll  Alexander  der  Grofse  gemeint  sein,  doch  kann  Brugsch  selbst 
nicht  umhin  seiner  Deutung  eini  beizufügen),  als  du  verch'ängtest  den  Asiaten,  sie 
tödteten  100,000  an  meiner  Seite,  aber  Jsiemand  erhob  seine  Hand  wider  mich"  auf 
die  Besetzung  Aegyptens  durch  Alexander  beziehen.  Die  griechischen  Autoren  stellen 
dieselbe  also  dar. 

Arrian  de  exp.  AI.  III,  1.  'AXE^avd/sog  oe  btt  KiyvnTcv  la-iWirc,  y.ut  kzociiri  ruspy. 
0.710  T'/Jg  Ta^r^g  IXavvujv,  ry.sv  s;  Ur^'KovaLcv  ty;  AiyvTnov.  Ma^ax'/jg  ce  6  Uipar^c,  cg  r^v  aurpa- 
nr^g  Klyvnrcv  Ik  ^apsicv  y.a^zarrfy.wg^  Ti\v  ts  Iv  'Icaw  fJ-ciX'f^tV  onwg  ffuvsß'/j  ttsttuo-juevos  kui  Aa- 
psicv  cri  atVx/sa  ^vyr^  l^vys  xai  ^civixr^v  rs  y.ai  J.vp{o.v  y.ai  rrjg  'Apaßiag  rd  ttcXKo.  vno  'A\j^«v- 
^pcv  h/cy-Dia,  uvrw  ts  cvk  cva-r^g  ovvdjiVJL'g  Uspcny.r^g,  idix^'o  TaTg  ttcXsc-l  (liiXia-g  xai  rf,  yi^pci 
'AXi^avopov  0  08  stg  Ur^Xcv^LCv  (^vKayr^v  zlar^/ayz  ....  y.o.i  caa.  yaS'  cocv  x^'P'''*  bv^i^ovtwv 
Twv  BvoLycvvTwv  xaraffxcuv  dict  T7]g  Ip'/j'jucti  o^txeTo  lg  'H.Xi.cv7zoXlv.  Diod.  XVII,  49.  AXs'^uv- 
&pcg  d\  fjLsrd  TraVy^g  Tijg  dvvdfxswg  TcapriX^ev  slg  AiyvTrrov  y.at  TrapiXaßs  jräaag  rag  hi  aurrj'  ncXsig 
X<jupt5  /cuvöt'vcüv  Ol  yd.p  Aiyunrici  twv  Tispa-wv  '/;'cr£,6 yjKcrwv  et^  rd  tepu  yai  ßiaCwg  apxovrwv  aa- 
fxsvcL  —poa-E6i'£^avTO  Tovg  Maycsdcvag. 

Ja  selbst  wenn  diese  Stelle  nicht  im  geraden  Gegensatze  zur  historischen  Wahr- 
heit stände,  selbst  wenn  es  bei  der  Besetzung  Aegyptens  durch  die  Makedonier  zu  so 
blutigen  Kämpfen   gekommen    wäre,    wie   sie   1.  10.    voraussetzt,    schwerlich   hätte   der 

^)  Sowohl  aus  der  bil.  Inschrift  von  Tanis,  der  zufolge  Ptolemäus  um  die  von  den  Per- 
sern geraubten  Bilder  wieder  zu  gewinnen  nach    ^  ^  r^y^n    zieht,  als  auch  aus  dem  Decrete  des 

} — e 

Ptolemäus  Lagi,  wonach  Alexander  sich  / £)  ^  E~2   befand,    ergiebt    sich,    dafs    wir  unter 

dem      \  ^^  '^'^^    ^^^  Herrn  Asiens  speciell  den  Perserkönig  zu  suchen  haben. 


g  ■  Die  Stele  von  Neapel, 


Tafnaj[t  unter  den  Ptolemäern  einer  so  gewaltsamen  Begründung  ihrer  Herrschaft  ge- 
dacht. Haben  ja  doch  die  Ptolemäer  die  Priesterschaft  jederzeit  begünstigt,  wofür  die- 
selbe mit  Ehren  und  Lob  nicht  sparsam  gewesen,  wie  die  Dekrete  von  Tanis  und  Rosette 
hinreichend  darthun.  Wir  müssen  im  Gegentheile  in  dieser  Stelle  die  Erwähnung 
einer  unruhigen  Zeit  sehen,  in  der  Aegypten  sich  im  Aufstande  gegen  seinen  recht- 
mäfsigen  Oberherrn  (nach  der  Auflassung  Tafna^ts)  befindet,  während  es  den  ver- 
bündeten loniern  gelingt  die  Perser  aus  dem  Lande  zu  jagen.  Ausdrücklich  wird  der 
Beruhigung  Aegyptens,  also  seiner  Unterwerfung  unter  den  Perserkönig,  1.  12.  gedacht. 
Dieser  Aufstand  kann  gegen  Darius  und  Xerxes  unter  dem  Könige  Chahbas  (Cf.  Herodot 
yn,  ],  4,  5,  7,  8)  wegen  der  Erwähnung  der  lonier  nicht  sein,  ebenso  wenig  kann  die 
Erhebung  gegen  Darius  Nothus'^)  gemeint  sein,  denn  auf  diese  folgte  eine  über  60 
jährige  Unabhängigkeit  Aegyptens,  welche  Tafjia^t  nicht  überlebt  haben  kann  (auch 
würde  1.  12 — 14  mit  dieser  Annahme  nicht  zu  vereinigen  sein,  worauf  wir  später 
zurückkommen).  Es  bleibt  sonach  nur  der  Aufstand  der  Aegypter  gegen  Artaxerxes 
(460 — 54  fallend)  übrig.  Die  Nachrichten,  die  wir  von  demselben  haben,  stimmen  vor- 
trefflich mit  unserer  Stele  überein.  Thukydides  schildert  denselben  in  I,  104.  109. 
110.  112,  die  für  uns  entscheidende  Stellen  sind: 
(c.  104.)    Ivdp'jüg    dl    6  ^ajjLfxiTixov    Aißus    dTriar'qaBV  AiyvTTTOv    tu  7r}Jw  olko   ßas-i'Kiwg,  'ApTU^ip- 

gou,   y.al  aurog  apx<^v  ysvojjisvog  ' AB'rjvaiovi;  IrtrjydyETO    l  ^ [P  i    i    i  |    ol  6b  .   .   .   dvaTrXsvcravTsg 

dno  ^(xkaaar^g  lg  tov  lia'kov  tcv  t£  noTüfxcv  nparowrig  y.al  Tr^g  MijXipLd og  T'jüv  6vo  fxspwv  Tvpog 
To  rpiTov  \i-ipog  o  aaXziruL  Kzvy.ov  tei^os  (  j  F  I  'Se6  hui  weifse  Mauer  j  Inckiiiow'  Ivr^aav  b\ 
avro^'L  Ti.zpa(j!)v  koli  Mrjöwv  ol  Kara(l)vyovTBg  hol  AiyvnTiwv  cl  jurj  'S,wa7roa-TdvTEg  (unter  den 
nicht  abgefallenen  Aegyptern  befand  sich  auch  Tafna^t;  jetzt  begreifen  wir  den  Satz 
„100,000  fielen  an  meiner  Seite")  (c.  109)  ro  [xlv  ydp  Trpwrov  ly.pd.rovv  rr^g  AiyonTov  ' A^r^- 
vaXcL    .   .   .    ßaaiXBVg    Ttiintti    .    .   .    Msydßvl^ov    avdpa.    TlipaViV    juera    aTpandg    TrcW^g,    og    d4>i>io- 

fxsvog  xara  yr^v  rovg  re  AiyvTrriovg  y.ai  rcug  ^vuuaxovg   uax'^    E^parrGs    I  awvaaav ^  /}^ ß-'-cx. 

v/  C     1^    I      .....     '..    ^.•^,     t\,t/..j..ä'-,,     '>-Ji  « ).    'iT'i-i /1 1  A^  A^ 


O     X  Zl  V  ci  ^  )     y.ai    l-/.    T/jg    Msucfiidog    l'^yjXaas   Tovg  "EWrvag  ....    (110)   ..    .   Alyvirrog 

6  s  Tvakiv  vno   Üaatkza  ivcvsro    (  uC2.:>~  ^ d  ^-^  ^      ). 

Fassen  wir  nun  die  Stellung  ^iamtaui  Tafnaj(ts,  2)  näher  ins  Auge.  Es  kann  kein 
Zweifel  darüber  sein  (Brugsch  hat  dies  mit  Recht  hervorgehoben),  dafs  derselbe  ein 
eifriger  Parteigänger  der  Perserherrschaft  gewesen  und  unter  derselben  seine  Stele  ge- 
setzt: die  Feinde  der  Perser,  die  lonier,  sind  auch  seine  Feinde;  unter  einer  andern 
den  Persern  feindlichen  Regierung  würde  er  daher  sich  der  Gunst  des  Perserkönigs 
und  seiner  Freunde  nicht  gerühmt  haben,  ja  schwerlich  in  den  Ämtern,  die  er  von 
denselben    erhalten   hat,   belassen   worden    sein;    kein  Wunder   dafs   ihm   die  Rückkehr 


^)  Zu  Beginn  seiner  Regierung  etwa  401  —  400,  denn  wir  halten  mit  Lepsius  an  der  An- 
nahme fest,  der  von  Manetho  erwähnte  Amyrtaeus  sei  der  aus  den  griechischen  Autoren  bekannte 
König  im  Nildelta;  noch  bei  der  Schlacht  von  Kunaxa  401  kämpfen  im  Ferserheere  ägyptische 
Truppen  (Xen.  Anab.  J,  8,  9);  dagegen  erfahren  wir  schon  Anab.  II,  5,  13,  dafs  die  Aegypter 
aufgestanden  seien,  400  beginnt  sodann  die  XXIX  Manethonische  Dynastie. 

)  Ich  will  hier  daran  erinnern,  dafs  Samtaui-Mastura  der  Thronname  des  Cambyses  ist; 
sollte  Tofnaj^t  gar  ein  Priester  desselben  gewesen  sein,  etwa  wie  wir  auf  der  "Wiener  Stele  88 
(Reinisch.  Chrest.  I,  18)  einen  Priester  des  ISectanabo  finden!  Das  würde  sein  zähes  Aus- 
harren bei  den  Persern  hinreichend  erklären. 


von  J.  Krall,  9 

ihrer  Herrschaft  als  gleichbedeutend  mit  der  Herstellung  geordneter  Zustände  erscheint 
(1.  12).     Unter  diesem  Gesichtspunkte  müssen  wir  auch  1.  12 — 14  betrachten. 

L.  12.  Nachdem  gemacht  war  lluhe  darauf,  sprach  deine  Heiligkeit  zu  mir:  „Zieh 
gegen  Chinensu,  ich  werde  mit  dir  sein  Führer  durch  die  rN-^x^i  fremden  Länder  (1.  13). 
Ich  war  allein,  ich  fuhr  auf  dem  Mittelmeere  i)  dahin,  nicht  hatte  ich  Furcht,  denn 
ich  gedachte  deiner.  Da  ich  dein  Gebot  nicht  übertrat,  so  erreichte  ich  Chinensu 
(1.  14),  ohne  dafs  mir  ein  Haar  auf  meinem  Haupte  gekrünmit  worden  wäre. 

Was  soll  diese  Stelle,  wenn  wir  uns  an  die  Annahme  Brugsch's  halten,  bedeuten? 
Ist  denn  Samtaui  Tafnaj(t  nicht  Priester  in  Chinensu?  Wozu  denn  die  Aufforderung 
nach  Chinensu  zu  ziehen?  Wir  müssen  diesen  Zug  als  eine  Rückkehr  auffassen.  Wo 
war  Samtaui  inzwischen?  Warum  berichtet  er  uns  nichts  davon?  In  welchem  Zusam- 
menhange steht  seine  Rückkehr  nach  Chinensu  mit  der  Beruhigung  des  Landes? 
Durch  welche  r^^^^  fremde  Länder  mufs  Tafnajt  ziehen,  ehe  er  nach  Chinensu  ge- 
langt? Und  vollends  was  soll  die  Fahrt  auf  dem  Mittelmeer  bedeuten!  Wo  bleibt 
denn  die  Klarheit  das  Textes,  welche  nach  Chabas  mit  Recht  den  besten  Mafsstab 
der  richtigen  Auffassung  desselben  bildet?  Bei  unserer  Darlegung  fällt  uns  die  Ant- 
wort auf  diese  Fragen  nicht  schwer.  Als  die  Perser  aus  Aegypten  weichen  mufsten, 
konnte  Tafnaj(t  nicht  zurückbleiben,  er  flieht  nach  Asien  ins  Perserreich  (dieses  unan- 
genehme Ereignifs  erwähnt  er  natürlich  nicht) ;  als  dann  die  Ruhe  hergestellt  wird 
kehrt  er  über  das  nK  ''^^^  und  durch  die  C::^^^  nach  Chinensu  zurück,  und  wird  na- 
türlich  von  Artaxerxes  für  seine  Treue  gebührend  belohnt. 

Tafnajt  hat  den  König  Artaxerxes  überlebt  (gest.  Winter  425  nach  Thuk.  IV,  50) 
in  1.  17  gedenkt  er  des  Todes  desselben    "^^»Cc^  I  1  |  "^^  *i-=^-  T^   (ähnlich  die 

Inschrift  von  Tanis  1.  27/28    ^  |  ^^  ^  O  D  "^  "^  ^  ?a  ^  ;    die   von   Prof. 

Ebers  entdeckte  Inschrift  des  Amon-m-heb  hat  dafür  1.  37    I  ^^  <=::>  )     der 

Sohn,  welcher  lieb  hatte  (Lauth  übersetzt  „geliebt  von")  den  König  von  Ober-  und  Un- 
terägypten (i.  e.  Chnum)  ist  eingegangen  ins  Himmelreich  um  zu  schauen  was  dort  ist. 
Die  Ereignisse,  von  denen  Samtaui  Tafna^t  berichtet,  fallen  demnach  zwischen 
460 — 24,  und  es  stimmt  vorzüglich  damit  sein  Ausspruch  (1.  14)  „du  gabst  mir  eine 
lange  Lebensdauer  in  Herzensruhe." 

Wien  den  2.  Januar  1878.  J.  Krall. 


Sahidische  Inschi'iften. 

(Mit  der  lithogr.  Tafel  I.). 


Die  profanen  Schriftdenkmäler  der  Kopten  sind  von  besonderer  Wichtigkeit  für  die 
Kenntnifs  von  Verhältnissen  in  einer  Epoche  der  ägyptischen  Geschichte,  welche  sonst 
wenig  bekannt  ist.  Sie  sind  ausschliefslich  sahidisch  und  führen  uns  in  jene  Zeit, 
als  die  Kopten  den  Einwanderern  an  Zahl  noch  überlegen  und  in  der  Ausübung  ihrer 
Religion  unbehelligt  waren,  als  das  Schriftthum  noch  unter  ihnen  blühte  und  von  Siut 
bis  Esne,   von   wohlbestellten  Gärten  umgeben,    sich  Kloster   an  Kloster  reihte.     Sehr 


1)     Es  liegt  kein  Grund  vor   gerade  hier  ]|  ^^  durch  „Nilstrom"  zu  übersetzen. 


Zeitschr.  i.  Aegypt.  Spr,  Jahrg.  1878. 


IQ  Sahidische  Inschriften, 


wenio"  ist  von  diesen  Klöstern  mit  ihren  Tausenden  von  Mönchen  und  ihrer  Geschichte 
überliefert  worden.  „Sie  sind  alle  verschwunden",  sagt  Maqrizi,  „und  in  Vergessenheit 
gerathen,  die  einst  so  blühend  waren,  deren  Mönche  so  zahlreich  und  deren  Pfrün- 
den so  ausgedehnt  waren,  und  denen  man  so  viele  Geschenke  darbrachte."  Einen 
Einblick  in  dieses  klösterliche  Leben  gewähren  uns  jene  Contracte  imd  Testamente 
aus  Theben,  die  zum  Theil  unlängst  ein  eben  so  gelehrter  als  genialer  Forscher  der 
Wissenschaft  zugänglich  gemacht  hat.  Einer  derselben  stammt  aus  dem  Jahre  735 
n.  Chr.,  ein  anderer  aus  dem  Jahre  777,  ein  dritter  aus  dem  Jahre  812;  einer  im  Briti- 
schen Museum  aus  dem  Jahre  750.  Sie  werden  in  willkommener  Weise  durch  Stein-  und 
Scherbeninschriften  jener  Zeit,  die  sich  in  den  Museen  zerstreut  vorfinden,  ergänzt,  so 
gerin o-fügig  meisten theils  deren  Inhalt  sein  mag.  Auch  diese,  von  denen  ich  indefs  nur 
eine  geringe  Zahl,  grofsentheils  fragmentarischer,  kennen  gelernt  habe,  stammen  gleich- 
falls aus  Theben  und  namentlich  aus  der  Ortschaft  Geme,  S.  ■s.HM.e,  M.  (S'hmi  i).     Die- 

1)  Das  Wesen  der  palatalisierten  Gutturah's  und  Dentalis  (3*  und  •:&  erhellt  am  besten  aus 
ihrem  Ursprünge.  Das  letztere  Zeichen  ist  jedenfalls  das  demotische  A  t\  das  erstere  höchst 
wahrscheinlich  das  demotische  v,_^  k,  und  nicht  ®jf,  wie  Revillout  annimmt,  da  dieses 
Zeichen  im  Demotischen  ohne  Zweifel  die  Aussprache  s  hatte,  eine  dem  <^  nur  ganz  spät  zu- 
kommende. Als  die  Kopten,  d.  h.  die  wesentlich  sahidisch  sprechenden  Einwohner  Ägyp- 
tens, ihre  Schrift  erfanden,  mufsten  sie  mehrere  Zeichen  den  cursiven  Schriftzügen  der  Hiero- 
glyphen  entlehnen.     Für    A     t'aämu  schrieben  sie  also  mit  Beibehaltung   des    i     t'a 


•XOüCü.l 


lAie,  für  (g  j\  \\  i\  oms.iKi,  und  ebenso  ersetzten  sie  das  gleichbedeutende  ^^  regelmäfsig 
durch  'S:  t'et  -xo),  t'etfet,  im  Dem.  bereits  mit  ^  geschrieben,  •xö.Tqe,  nicht  minder  (C^:  t'au 
■siOTe;  auch  andere  Dentale,  namentlich  s  >  hatten  diesen  Laut  angenommen:  öes -sice,  öen're 
•scoojpc.  Sah.  'S.  läfst  sich  wohl  ausnahmslos  auf  ein  altes  (,  f,  Ö,  «'  zurückführen,  zunächst  ist 
es  ein  t.  Unter  den  Gutturalen  fanden  sie  einen  palatalisierten  Laut,  den  sie  weder  mit  k 
(welches  von  ihnen  früh  wie  g  gesprochen  wurde)  noch  mit  i^  (welches  ihnen  vor  hohen  Vo- 
calen  wie  unser  j  klang)  wiedergeben  konnten;   z.  B.  ^      ^^   ker  (für     ö      wie    die 

ältere  Schreibung  ist);  sie  entlehnten  auch  dies  Zeichen  und  schrieben  «S'oA.  kol  und  so  in  allen 
Wörtern  mit  5  oder  dafür  eintretendem  v_^;  die  demot.  Form  des  erstem  fügte  sich  nämlich 
schlecht  in  das  gr.  Alphabet;  also:  ker  (igitur)  <3'e;  kahu  (schwach)  s'cofe;  kabu  (Arm)  (3'fioi;  kabi 
(Blatt)  ö'cofee;  kern  (finden)  (3'eAi;  kehkeb  (Stück)  is'ifecs'ifii;  kahes  (Gazelle)  (S'^g^ce;  kereh  (Nacht) 

ö'opg.     Die  Laute    o  t  und  ^^^  t  wurden   meist  t,  /\  q  und  richtiges  v ^  ^•  meist  k.     Als 

nun  bedeutend  später  die  Nordägypter  ihre  eigne  Sprache  schrieben,  schlössen  sie  sich  meist  den 
Vorgängern  an,  indem  sie  für  A  ta  -s.  schrieben,  wie  •sioaV|  o-ys*.!,  "scj;  aber  in  einigen  Fällen 
war  die  ursprüngliche  Dentalis  zur  Gutturalis  oder  Palatalis  geworden;  z.  B.  t'etfet  's.e>.Tqe  lau- 
tete ihnen  katfi  ^Ä.Tqi,  t'iive  wie  (S'iotc,  iise  wie  (S*!«.  Dahingegen  lautet  hol  ihnen  vielmehr 
wie  -soA  t'ol,  kboi  wie  t'x)hoi,  köbi  wie  t'öbi,  u.  s.  w.,  d.  h.  stark  palatalisiert.  Nur  gewisse  phone- 
tische Combinationen  scheinen  in  wenigen  Fällen  bei  ihnen  der  Erhaltung  eines  ursprünglichen  S"  k 
günstig  gewesen  zu  sein,  wie:  krompi,  klo,  Aale,  klot'  (sah.  und  dem.  klok)  ,  köm.  Die  Frage 
nach  der  Aussprache  dieser  beiden  Buchstaben  ist  eine  schwer  zu  lösende.  Sah.  ö*  steht  für  k, 
in  (S'Tm^TTnoc  für  Kin-^-Tnoc  (Rev.  Pap.  p.  3),  während  dieses  n  auch  sonst  durch  r  wieder- 
gegeben wird:  reAe-ye  (ib.  p.  94).  Selten  steht  ö"  für  ^,  w^ie  in  cind.pnd.(S'H  (Pap.  Berl.). 
Ferner  lautet  das  pers.  »Sjji^\  äb-glneh  sah.  a.&Ä.a'&eitt  (Glas).  Sah.  's  wird  mitunter  durch  t« 
vertreten,  wie  vi  für  -si  (Pan.  p.  239),  M*.e.ue  für  jiii.AL'se;  und  i?  wechselt  in  einem  Namen  mit 
i;  aufserdem  steht  -s.  gelegentlich  für  ig  wie  Rev.  pap.  p.  99.  Unter  Erwägung  der  verschiede- 
nen   verbürgten  Aussprachen,    ward   ^  aus   k  zu  g,    g,    c,    s  —  's  aber   aus  t'  zu  d',  g,  g.,  z. 


von  Ludw.   Stern.  JJ 


selbe  lag  im  Nomos  Ermeut,  aber  doch  nicht  in  unmittelbarer  Nähe  dieser  Stadt,  da  im 
dritten  Papyrus  von  Bulaq  einer  der  Unterzeichneten  aus  Ermeut,  zur  Zeit  in  Genie 
ist  (Revillout,  pap.  p.  49) ;  sie  heifst  auch  MeMnojmton  oder  K*.cTpoii  n  -s.hmc.,  indem 
castrum,  arab.  j^aS,  zur  Bezeichnung  der  alten  Tempel  zu  dienen  scheint,  obwohl  xd- 
arpov  in  der  spätem  Gräcität  auch  einfach  für  „Stadt"  steht;  es  war  eine  Kirche  des 
heiligen  Patermuthios  daselbst;  Jacob  und  Elias,  die  Contrahenten  des  dritten  Vertra- 
ges von  Bulaq,  Averden  zum  Kastron  n  G'eme  gerechnet,  wohnen  aber  auf  dem 
heiligen  Berge  von  G'eme  (Rev.  pap.  p.  48) ;  auf  demselben  hatte  Abba  Mena,  Abba 
Paulos  und  Abba  Phoibamön  ihre  Klöster  —  während  als  grofser  Heiliger  des  Ortes 
meist  der  letztere  genannt  wird.  Seinen  Namen  finde  ich  auf  mehreren  aus  ,'Abd  el 
qurnah  stammenden  Scherben,  z.  B.  Berl.  Mus.  N°  2166:  o  A.rioc  i»n*w  c^i£iö.M[toit] 
nAid.pTTrpoc ;  auf  demselben  und  auf  andern  wird  auch  eines  „orthodoxen  Bischofs"  i^ne». 
eȣipe>.^&M  gedacht.  Von  einigen  jener  Papyri  von  G'eme  ist  mir  bekannt,  dafs  sie 
aus  Qurnah  stammen:  sie  wurden  daselbst  vor  beinahe  30  Jahren  aufgefunden.  Aus 
den  koptischen  Urkunden  können  wir  hinlänglich  erkennen,  dafs  die  Stätte  des 
Abba  Phoibamön  im  Ansehn  grofser  Heiligkeit  stand,  wie  denn  noch  heutigen  Ta- 
ges in  ähnlicher  Weise  die  thebanischen  Frauen  zu  dem  gnadenreichen  Orte  wall- 
fahrten, um  den  Segen  des  heiligen  Scheichs  ',Ähd  el  qurnali  zu  erflehen.  Der 
Name  G'eme  ist  alt  und  kommt  schon  in  demotischen  Urkunden  vor  —  unter  der 
Form     tarn,     welche     dem     hierojrl.     [     v\    \>  fC^    V\  rvermuthlich    neiö>    it    ■xHMe 

1  /m  I  y:^   hhin 

Rev.  pap.  p.  37,  ,,die  Schlucht  von  G'eme")  entspricht,  während  der  griechische  Name 
der  Ortschaft  Msjuvouvta  ist.  Ilaarjjuij,  welchem  Brugsch  (Geogr.  I,  185  und  sonst) 
die  gleiche  Bedeutung  beilegt,  ist  in  den  von  Parthey  gesammelten  Belegen  nicht 
der  Name  einer  Ortschaft,  sondern  der  Name  eines  Mannes;  ob  sich  dieses  Wort  etwa 
in  unpublicirteu  Texten  als  Ortsname  findet,  scheint  nicht  nachgewiesen.  Das  Dorf 
ist  jedenfalls  im  westlichen  Theben  zu  suchen,  vermuthlich  beim  heutigen  iAbd  el  qur- 
nah oder  in  der  Nähe  des  Setitempels,  falls  dieser  mit  dem  Ke»cTpon  gemeint  ist;  der 
heilige  Berg  von  G'eme  würde  alsdann  die  Nekropole  von  ,'Abd  el  qurnah  mit  ihren 
zahlreichen  Anachoretenhöhlen  sein,  die  denn  in  der  That  den  Weltmüden  und  Verfolgten 
oftmals  eine  Zufluchtstätte  gewesen  zu  sein  scheinen;  vgl.  Zoega  p.  42.  Die  Blütezeit 
des  Klosters  des  heiligen  Märtyrers  Abba  Isidöros  in  Deir  el  medineh  scheint 
etwas  früher  zu  fallen. 

Die  Scherbeninschriften,  deren  ich  einige  wenige  mittheilen  möchte,  haben  ihre 
besondern  Schwierigkeiten,  daher  ich  das  Folgende  der  gütigen  Nachsicht  der  Ge- 
übteren angelegentlichst  empfehle. 

1.     Eine  Sonneiifinsternifs. 

Ein  Steinchen  in  Turin  trägt  folfjeude  Inschrift  in  deutlicher  Cursivschrift : 


^  wurde  gewifs  lange  Zeit  wie  g,  -x  ähnlicb  unserm  clj  gesprochen.  Die  heutige  Aussprache  des  's. 
wie  g  für  g  ist  auf  arab.  Einflufs  zurückzuführen,  da  —  in  Aegypten  wie  g  lautet.  Ob  das 
armen,  zf  dem  kopt.  -x  entlehnt  ist,  scheint  sehr  fraglich,  da  jener  Buchstabe  in  alter  Zeit  wie 
tsch  gesprochen  wurde,  für  welche  Aussprache  des  kopt.  's  es  überhaupt  keine  Gründe  giebt. 
Ich  bin  zu  dieser  Darlegung  durch  die  verschiedenen  Transcriptionen  der  beiden  Buchstaben 
angeregt,  deren  bedingte  Berechtigung  ich  nicht  bestreiten  wilh.-x  umschreibt  Lepsius  durch  c, 
Lagarde  mit  g,  &'  beide  durch  c.    Vergl.  Lepsius  in  der  Zeitschr.   1867  p.  71. 

2* 


22  Sahidische  Inschriften, 


[a.]     "T      £^ii  COT  MnTÄ.qT€  m  [b.]     Ä.Tca  gii  TepoMne 

t^jKAveiicoe  THC  exepe  ncTpoc  m. 

es.  npH  pKöwKe  u  -xn  €  «HAie  u§htc. 

qTO  M  ne£^ooTr  -\~  -|- 

„Am  14  Phamenoth  der  vierten  Indiction  verfinsterte  sich  die  Sonne  in  der  vierten 
Stunde  des  Tages  —  und  in  dem  Jahre,  in  welchem  Petros  der  Sohn  des  PaUi  Orts- 
vorsteher von  Geme  war". 

Der  Name  des  Dorfschulzen  (A*.tiyd.ne  n  timc  Rev.  pap,  p.  34  oder  «.px^^n),  der 
sonst  wohl  nicht  auf  die  Nachwelt  gekommen  sein  dürfte;  ist  nexpoc  m  n*.AoT,  so  dafs 
Palu  der  Name  des  Vaters  wäre,  wie  es  sonst  heifst:  iwcHd^  n  d.£tp«.^&M  (Rev.  pap. 
p.  52),  ncTpoc  M  MWTTCHc  (ib.),  oder  ohne  Praeposition :  «.fcpe.2*.M  encox  (ib.),  und  wie 
die  Kopten  noch  heute  Namen  führen,  wie:  Bulos  Todros,  d.  h.  Paulus  der  Sohn 
des  Theodor. 

Die  griechische  Datierung  ^)  zeugt  für  ein  hohes  Alter.  Leider  gewährt  die  kleine  In- 
schrift kein  ausreichendes  Datum,  nur  das  Jahr  der  Indiction  oder  Steuerveranlagung,  dem 
bekannten,  im  byzantinischen  Reiche  besonders  übhchen  Cyclus  von  15  Jahren,  dessen 
Anfang  ins  Jahr  312  (September)  fällt.  Diese  Art  der  Datierung  mochte  gerade  für  ein 
Menschenalter  ausreichen,  für  uns  ist  sie  aber  ganz  unsicher.  Indefs  werden  die  vielen 
Denkmäler  von  G'eme  vermuthlich  derselben  Periode  angehören,  und  ungefähr  läfst  sich 
aus  dem  Umstände,  dafs  ein  Papyrus  aus  der  3.  Indiction  =  451  nach  Diokl.  =  735 
nach  Chr.  herrührt,  vermuthen,  dafs  das  vierte  Jahr  unseres  Textes  etwa  736  gewesen 
sei  oder  721,  706,  691,  676,  661,  646,  631  oder  früher,  schwerlich  später.  Eine  ander- 
weitige Bestätigung  dieser  Sonnenfinsternifs  könnte  allein  diese  Frage  entscheiden. 

2.     Brief  des  Azarias. 

Meistentheils  sind  es  weniger  bedeutende  Ereignisse,  von  denen  diese  kleinen  In- 
schriften erzählen.     Ein  Scherben  in  Turin  enthält  den  folgenden  vertraulichen  Brief. 
IC  ne^c  -^ujnte  oii  e  nd.con 
d^noK  d.'^ij.pidwc  nepeq  d^efeÄ.Müiii  mh  itccnHir 
piiofie  eqcgd.1  equjiue  THpoT  eTgd^^THR 
e  TieqMcpiT  n  eiuiT  OTis.d.i  gM  n-soeic 
M  Aiis-moTTcreT^t^üipei  ndw.uepiT  n 
M  ne^c  gn  ottmc  :  qp&.nie  coii        ^ 

„Ich,  Azarias  dieser  Sünder,  schreibe  und  grüfse  meinen  lieben  Vater,  den  Gott 
liebenden    und   Christum    in  Wahrheit   tragenden,   Frange.     Ich    grüfse.  ferner   meinen 


f 


)  Die  altern  Grabtafehi  pflegen  griechisch  datiert  zu  sein,  auch  mit  den  griechischen 
oder  memphitischen  Formen  der  Monate,  welche  noch  in  den  spätesten  sahidischen  Inschriften 
als  die  amtlichen  angewandt  werden.  Dagegen  haben  sich  bis  heute  im  Arabischen  die  sahidi- 
schen Formen  erhalten;  die  memphitischen  finde  ich  auch  bei  Birüni  in  dessen  wissenschaftlichen 
Werke  Qänün  Mesiüdl  (Ms.  or.  oct.  275  in  Berlin,  fol.  \ß,  r.),  wo  sie  folgender  Mafsen  lauten: 
i^^^  O^^^  \^b^j^  ^y^ysli  (*-Lo  i^~>U)  »SU  ^yh  (ö^^Ä   ,Jij=>)  ^]yS  j^\    ^s^li    o^i- 


von  Ludw.  Stern.  23 


Bruder   Phoibamon   und    alle  Brüder,    die    bei    dir   sind.     Lebe   wolil  im  Herrn,    mein 
geliebter  Bruder". 

Das  letzte  AVort  der  vierten  Zeile  der  Inschrift  ist  im  Originale  undeutlich;  wahr- 
scheinlich ist  es  cTc^copei,  von  (^cpiw  abzuleiten:  „der  Christus  in  Wahrheit  (im  Herzen) 
trägt",  das  heifst,  ein  xP'-<^'^°'pop°9>  vgl-  e'f^opj  •"  nejcc  Zoega,  p.  428;  ^eoc^opoc  eTe 
c^*.!  ne  CTepc^opm  m  t^-^  ZOEGA,  p.  19:  mpcoMi  CTcpc^opm  .u  c^'t  GeORGI,  Pan.  XXXVI. 
Für  MÄiitoTTTe  bei  Eigennamen  dieser  Zeit  findet  sich  auch  A10.1  ne^c,  so  in  der  In- 
schrift in  Berlin  No.  2163.  Der  Name  scheint  qpa^nfe  oder  qp«.nie,  mit  Erweichung 
des  ^  zu  j  zu  sein;  derselbe  Name  findet  sich  unter  der  Form  eqp*.nKe  (Zeitschr. 
1868  p.  65);  ich  finde  ihn  noch  auf  zwei  Berliner  Scherben.  No.  2175:  -f  «.noK 
qpÄ.ni'e  eqcg^Ä.!  eqTT&pö.Ki>.Ai  jw.  neqAiepiT  n  con  &n&.ni«.c  •s.e  &pi  Ti.t'ii.nH  kö^ta.  -ee  nTd.K'sooc 
nö>i  n  TeKTiwnpo  und  Xo.  2198:  -f  ahok  qpd.nre  eqcg^is^i  eqiyine  e  Teqctone  e'yAH^'i[  ]  Ä.pi 
Tiiocs'  n  e.^'ö.iTH  1).  Zu  nepeqpnofee  bemerke  ich :  Der  sahidische  Artikel  lautet  bekannt- 
lich n,  T,  n;  vor  mehrconsonantigem  Anlaute  aber  ne,  tc,  ne;  dazu  gehört  auch  der 
Anlaut  g^oir  und  01,  der  dem  dänischen  hc  und  hj  entspricht,  mit  nachfolgenden  Vo- 
cale;  sowie  ^p  im  Anlaute  griechischer  Wörter;  ferner  die  Aspirata  ^,  ^,  X-  In  schlech- 
tem Texten  trefien  wir  den  volleren  Artikel  auch  sehr  häufig  wie  hier  als  eine  ab- 
geschwächte Form  des  Demonstrativs  nei,  ni  (daher  Teno-s-  allgemein  üblich  gewor- 
den ist),  —  indessen  nicht  in  den  alten  Turiner  Papyren,  welche  als  der  Canon  der 
sahidischen  Grammatik  gelten  können. 

3.     Brief  des  Panesnew. 

Derselbe  steht  auf  einem  Topfscherben  im  Königl.  Museum  zu  Berlin  No.  7421 
und  ist  in  sehr  flüchtigen  Characteren  geschrieben: 

[a.]  [b.] 

*r  '5  T«.dwC  11  T€UMÄ.i  T"  5  'f  d.cnÄ.'^[e] 

uoTTTe  11  Md.d.7r  TVä.  mmoj  «to  n  Ten 

gMÄwii  g^iTii  ndiiitie'i  MÄid^TT  XdigAd».M&-n 

CMHT  n€i'\e«.^€icTÖc  Ä.Trco  on  TiRujme  (.) 

5     M.  n.uoondw^oc  -se  uj(x)n€[ii?]€  STp  5    mii  necojHpe  THpooT  kss. 

^peici^  \\  o-cr£e>.nKU)\c  (?)  n  Te  Td^  iiCTpSöi  eTTÄ.eiHT  §m 

poAie  TÄ.I  -sooTT  «Äwi  itT&.«jü)ri  OT  n-Äoeic  «se  tccootR  [m  .  .] 

TcpMicei  UÄ.I  MMon  eic  g^HHTe  ce  n  Mneipa^CMÖc  Rtä.^  .  01  n  Tei 

KioTe  OTTix  M  ni.wd.  eujcone  «se  Sid.  p  po.Xine  '^fewK  £^oot  ^oott  «se  n&. 

10     XP^^'^CO  '^^'^'^  "*^  *  Tis-x«  M^^vT^>w  10    ei  egoTn  nT*^(y'm  ai  ncTno-yxdwY 

TOT"^  OTTcpAiHc  o^Tii  nevciiHTT  Ä^TTco  itiveioTC  cXinoS 

Kd^Tiv  ee  iiTd^i'sooTr  njs.iiTÖc  Ä.TeTnca)TAi  €  nciKrr 

l\^>.'I  eT€cooTii  e  [eJXeinon  nd^tiTÖc  S  .  .  «x  n^ 

MAioq  ^«e(?)  oeic  -^  ee  m.T  .  ei  R 

15      S"!«  neTOT-XÄ.!  16       Itd».CttHir 

1)  Der  Ausdruck  A.pi  tä.^'ä.tih  ist  häufig  und  entspricht  dem  in  griechischen  Legenden 
häufigen:  IlolriTov  AyccTZY^u.  Vgl.  M.  A.pi  ■f*>t'«>TiH  nxeKTcoi  n  otkot'si  a».  aiwot  „sei  so  gut,  gieb 
mir   ein   wenig  Wasser   zu  trinken"  Georgi,  Pan.  LXXXIX.  Ä>pi  'fewt^Ä.nH  nT€KepfcoH-»m  epoi 

„sei  so  gut  und  hilf  mir"   Zoega  p.  42. 


2^  Saliidische  Inschriften, 


Der  vorstehende  fehlerhafte  Brief  ist  von  einem  Panesnew  an  seine  Mutter  Lahman  (so 
lautet  wohl  der  Name)  gerichtet.  Nachläfsig  wie  die  Schrift  desselben  ist  die  Orthogra- 
phie und  der  Stil ;  ich  habe  mich  daher  auf  eine  getreue  Wiedergabe  des  Textes  beschränkt. 
Die  Form  dieser  Briefe  ist  eine  sehr  gleichmäfsige,  besonders  wenn  sie  lediglich  Griifse 
übermitteln,  wie  eine  von  Leemans,  Monuments  L  438  veröffentliche  Scherbeninschrift: 
'^niCTe-ye  iii>.i  '2te  n'^'SLo[c?]  ä>ii  eiigine  itc<v  iickot'Xä.i  Ain  TeKKökTivCTA.cic  eTitö^noTC  Ain  -e^e 
CTKono  AiMOC  2^M  iinoin[e]  m  nnew  ctc  lyekis'ine  [«Co.]  ncKOT'Js.ei.i  lyö^ipoc  ocac  eiite>.-!r  epoK 
n  po  Ol  PO  n*.nT{j}C  TniiooT  ncKO-s-xö^i  uMi  nTOOTq  it  e^fiA  nnp  tö-öwC  n  itoCH[c^]  giTii  ico- 
g^ö>i\nHC  OTT-x.*.!  g^M  n-xoeic. 

Ich  finde  noch  mancherlei  Briefe  auf  Steinen  und  Scherben  in  unserm  Museum, 
doch  leider  in  so  schlechter  Erhaltung,  dafs  ihr  Verständnifs  auch  einem .  geübte- 
ren Forscher  schwer  fallen  möchte.  Durch  T^^e^c  pflegt  in  diesen  Briefen  die  Adresse 
eino-eleitet  zu  werden;  so  auch  auf  einem  Steine  unseres  Museums  No.  2165  aus 
,'Abd  el  qurnah,  mit  zierlicher  und  schöner,  aber  sehr  verwischter  Inschrift.  Die  Schrei- 
ber, welche  unter  Bedrängnifs  und  Verfolgung  zu  leiden  scheinen,  beklagen  sich  über 
den  Doctor  Phoibamön  und  seine  Söhne,  von  denen  sie  sich  seit  geraumer  Zeit  ver- 
einsamt sehen,  indem  sie  auf  das  Wort  des  Psahnisten  (if/  37,  18)  zurückgreifen: 
„Meine  Brüder  haben  sich  von  mir  entfernt,  meine  Freunde  haben  mich  vergessen". 
-|-  TOs.d>c  M.  nöwAiepiT  n  cou  eTT*>iHir  ncewg^  c^oifi^.utort  Mn  nequjHpe  neo'soTsfi]  Mii  ceirnpoc  g^iTii 
fcd.p^o'AoAVÄ>ioc  Aiit  necirnöioc  iv  €A*>5(;^/:  kö>A.(jjc  Ä.q'xoc  n^'i  nev^i.AAUo'a.oc  •^d.vei'^  -xe  &. 
nA>cnHT  oTe  aia\oi  ä.  tiei.u]£iHp  pne>.U)£iuj  ii':soeic  cooth  "se  ÄiMeeire  -se  Aiö.Kp  OToefi'^oMö.c 
AincKCi  u'fitS'nTK  ^iTst  TAvriTCoii  CTe  oTitTHC  Ain  neitepHir  kö.ii  eKU{6.ti-:£ooc  -se  cipg^oTC*  kco- 
OTTii  u  TegiH  er^ig^oTit  -xe  Ave>>Ki^n  A&.ö^it  ix  pcoAie  CKiiHir  h  eKtte«  k6.i  i^ivp  aia.  otooot  ovei 
iie  A«neupneKAveeTe  £int  Tn[o(3'  Ai]  MnTCon  eTUjoon  itÄ>n  cooth  cpoK  Avrt  ncKujHpe  n*.i 
cTiyoon  i\e>.u  iig^cvo  cou*  ö^ts-co  ncivfiA  u'J-cooTit  6.n  -xe  ckoth^  Ttoit  [«]eirt*>ci  nTÄ><?'nTeT 
TU  n  g^ö.o[uco]n  £1tu  n4)wAi[e]  eg^oTii  eptoTJi  e^-yco  T!t[p]tynHpe  aiavcotsi  -se  *.TeTiipnentofeuj  .  .  . 
e  THpc*  AineTitei  uTucS'nre-irTii  Kö^inep  enujine  iicd>  neTnoojfc  e  ujAhA  oö.  neTjio'vsö.i  ka.«  TenoTT 
d.MHi7(t  itTiKS'irre-u'Tii  ute  npö^iye  -xiok  eko'X  ott-xö-i.  Auf  einem  andern  Steine  No.  2163 
empfiehlt  ein  gewisser  opnAieur  [?]  seinen  Freunden  auf  Gott  zu  vertrauen:  .  .  .  ä^toj 
Tuujittc  e  ■^«.Te  Mtt  uecniiTT  ct^hii  eg^oTJi  epcorii  g^Av  [nJeirgHT  iieTnMMö.n  lyinc  e  TeTno.T'Ä^nH 
eMÄ.Te  ei.'vto  tuujAhA  kö^t*.  TnA\nTeAe>.5(;^/  eTfc[e]  nnoTTe  oi.peg  epcoTn  e  nnoir[Te]  eK-yto  nq-xoop 
e  iieig^ice  eko'X  ^i-xn  [  ]  .  .  ue*  nq5(;^A.pi7e  m  tit&.Aö'o  n  n[eTuj(x)]ne  eko\  cioA  (»ie)  noHTOTP 
riqKT[o  At]neq<S'u)iiT  cTceipHUH  e£pe>.i  e'x[oi)tt?]  n  Kccon*  Tnno.pd.Ko.Aei  it  T€[K]AinTcon  •xeKo.c 
eKuö.'s.  .  .  .  Am  Schlufse  fügt  er  eine  Bitte  um  Getreide,  Datteln,  Honig  u.  a.  hinzu : 
[rJituooTq  UÄ.I  eic  Teitgovoc  mco  e  poic  u  coto  2}  ^""c  es.TCo  cutc  .  .  .  eico  Ain  otAö.k  n 
cfeico  Av  .  .  .  u}  Arn  oTT^d^oTs/  u  g^cK  Aiii  oTTKOTi  u  .  .  .  Ich  wcifs  uicht,  was  igoTToc  be- 
deutet; A*.K  ist  jedenfalls  dasselbe  wie  Aok  Lev.  14,  10  y.oTvXrj  „Schaje",  ein  bestimm- 
tes Maafs  (Scala  p.  148),  dem  Air  (Sc.  p.  150)  verwandt  scheint.  Eine  Inschrift  auf 
einem  Topfscherben  No.  2205  drückt  eine  Bitte  für  „eine  kleine  Kranke"  aus:  +  n 
ujopn  Aveii  ■^ujHve  e  TeuMiiTeiioT  CTOTd.ci.fe  Avnnccoc  '^nd.pö.KÄ.Aei  n  TeKAi«TCiWT  eTOT*.*.fe  -xe- 
KA.C  eKiie>.pn  •  .  eigcone  oTitTi>.K  K[*.i]pH  m^TniiooT  otö'i'js.  nes.i  e  tekoti  gtaiok^  eujcone  A»Ai«- 
THK   Ai*.Tö.Atoq  e  TT5(^Hp   itq-xiTc   UTooT[q  npjpoc  neicu6.T  n   ooot  [t]ä.ä.c   n  A.ni\  mcütchc  £ITAI 

ncTpoc  euj'se  otiita.kc  t*. AvnTeicoT  bezeichnet  (vgl.  Z.  p.  428)  den  einzelnen  und 

ist  ganz  analog  dem  engl.  Lordship,  gleichsam  „fathership",  ebenso  das  sonst  häufige 
AinTcoit  „brothership«.  Was  nach  der  Adresse  folgt,  ist  ein  Postscriptum ;  k[ö.i]ph  habe 
ich  ergänzt,  indem  ich  es  für  £iiKd.ipe   nuces    halte ;    zwei   andere  AVörter    der  Inschrift 


von  Ludw.  Stern.  \^ 


wage  ich  nicht  zu  erklären.  Das  hier  und  weiterhin  im  Laufe  dieser  Abhandkino- 
Eingeklammerte  ist  von  mir  ergänzt. 

Alle  diese  Inschriften  beginnen  mit  dem  Zeichen  des  Kreuzes,  hinter  dem  sich  oben 
einmal  noch  ein  andei-es  einem  ^  ähnliches  befindet.  Es  ist  ein  allgemeiner  Gebrauch  bei 
den  Kopten,  dafs  sie  ihre  Schriften  mit  einem  Kreuze  beginnen,  welches  in  alten  Urkun- 
den die  merkwürdige  Form  'T'  oder  eine  ähnliche  hat.  Mag  diese  nun  auch  das  P 
von  CTAYPOC  zu  dem  T  fügen,  so  erinnert  sie  doch  an  die  wohlbekannte  Hiero- 
glyphe •¥"  „Leben"  —  ein  magisches  Zeichen,  welches  die  Christen  den  Heiden  ent- 
lehnten. Denn  Sokrates  erzählt  in  seiner  Kirchengeschichte  (5,  17  ed.  Valesius),  man 
habe  bei  der  Zerstörung  des  Serapistempels  auf  Charaktere  aTavpwv  1-xpvTo.c,  rvTrcvg  Acht 
gehabt;  rovTcvg  op'Mvr^c,  xP'-<^'^'-^-v°^  '^^  ^"'  'EKkrivsg  rr]  idici  exarspci  2-pria-/:sia  TtpogYipjxoXovTo. 
Die  noch  zu  jener  Zeit  Schriftkundigen  hätten  erklärt,  rov  a-TavpoH&rj  xafcxTiJpa  o-rjjuat- 
yeiv  ^wr^v  lnzpxo\iivr(v.     Ähnlich  berichten  Sozomenos  7,  15  und  Rufinus  2,  29. 

4.     Ein  Geschäftsbrief. 

Noch  will  ich  den  Versuch  einer  Übersetzung  mit  einem  Briefe  wagen,  dessen 
Text  lange  vorliegt,  ohne  eine  Erklärung  gefiinden  zu  haben,  und  von  dem  auch  ich 
nur  ein  unvollkommenes  Verständnifs  erlangen  konnte.  Ich  rede  von  jenem  Briefe  auf 
Papyrus,  den  Lei'SIUS  aus  Deiv  el  baliri  mitbrachte  und  in  den  Denkmälern  VI.  122,c 
veröffentlichte,  der  aber  heute  im  Museum  zu  Berlin  aufbewahrt  wird. 

JL  _ 

eicoT    ri^Tof»    ccj    A\i\peq<3'€nH    iiq[oTÄ.'2£eq?  n]qii[Tjq    e£^HT 
5     iiq-si    iicKeTH*    e[ujcßne    qiiivnco ?]'\<5'    npwMe    cixoK    R    coiru 
Tgo"iT€    MivpeqnoAfyq •  [^iyin]e    eptofü    €.uis.Te«  lyiiie    e 
nÄ.eiu)T«    T^o'iTe    ÜTevKÜTc    egHT    hä.i    ö^'itctoc    epnc 
^s.T'sooc   -xe    ce^   mm[o]c    €.h.o\    ^    [cujq]€    "^  S  uje«    eujwne    ce 

„Ich    gieug   hinauf  und  besuchte  die  Brüder.     Abba  Sabine  der  Presbyter  sagte: 

,Ich    habe    die  Kleider    verkauft   und    die    zwei  Ducaten    bekommen, in  Eile', 

Schicke    nach    meinem  Vater    und  treib  ihn,    er  soll  eilen,    dafs  er und  ihn 

herunterbringe  und  das  Geschirr  nehme.  AVenn  er  den  Menschen  mit  dem  Preise  des 
Affen  abfinden  will,  so  möge  er  ihn  abfinden.  Ich  grüfse  euch  sehr.  Grttfs  meinen 
Vater.  Den  Affen,  den  du  mir  herunter  gebracht  hast,  habe  ich  wieder  hinauf  ge- 
schickt. Sie  sagten,  sie  verkaufen  ihn  für  (siebzig?).  Gieb  hundert.  Wenn  sie  ihn 
dir  geben,  so  gieb  sie  und  hole  ihn". 

Die  verschiedenen  Lücken  des  Textes  konnte  ich  trotz  sorgfältigster  Betrachtung 
des  Originals  nicht  ausfüllen.  Die  Sprache  dieses  jedenfalls  aus  vorislamitischer  Zeit 
herrührenden  Briefes  ist  in  mehrerer  Hinsicht  eigenthümlich :  -roo'iTe  wird  zAvar  gewöhn- 
lich ^-^S  «die  Hyaene"  erklärt,  doch  in  der  griechisch -sahidischen  Scala  aufser  mit 
w.tva  auch  mit  KV\ioxi^aKoi\    die  Form  cot«  als  Status  constructus  und  ohne  Artikel   ist 


2ß  Sahidische  Inschriften, 


bei  Peyron  noch  unbelegt;  ebenso  tc»o  in  der  ursprünglichen  Bedeutung:  „zurück- 
schicken" ;  welches  Wort  sich  in  der  Gruppe  tcx*  •  •  verbirgt,  ist  mir  nicht  er- 
sichtlich. —  "iCtocofie  ist  ein  noch  nicht  genügend  aufgeklärtes  Wort;  es  scheint  ihm 
die  Bedeutung:  „übersteigen,  übertreffen"  zu  Grunde  liegen.  Kn6>T  -xe  nTa.qcnT 
jwuHTe  TiipoTT  II  d>ii}  w  gc  g^M  neq'AoricMoc  d.-s'U)  e  A.qpg^irne  mmoot  THpoTr  j^to)  nT^^qepoiTne 
u  TeK-akTrcic  cvii  Mevirakö.c  orre  muhtc  exrinisir  epoov  e^AAe^  eujcune  övii  ^enKooire  oit  eiroTOTfe 
e  niM  «».q-s-oofioTr  TupoT  om.  neqMOKMCK  „Du  siehst,  wie  er  die  Himmel  alle  mit  seinem 
V'^rstande  geschaffen  hat  und  wie  er  über  sie  alle  erhaben  ist,  und  nicht  nur  über  die 
Schöpfung  allein  und  die  Himmel,  welche  wir  sehen,  erhaben  ist,  sondern,  wenn  noch 
andere  höher  als  diese  sind,  so  übersteigt  er  sie  alle  mit  seinem  Gedanken".  Ming. 
p.  288.  Hier  steht  -js-cocofee  parallel  dem  p^iTne;  es  scheint  aber  von  derselben  Grund- 
bedeutung auszugehen  wie  das  hier  ebenfalls  begegnende  oTo-rfe,  mit  dem  es  auch  in 
der  abgeleitetern  Bedeutung  übereintrifft,  noiroein  ctc  Aiepe  AdwÄ^-s-  -xocfieq  „das  Licht, 
welches  nichts  übertrifft",  Zoega  p.  451,  1.  In  einer  Beantwortung  derer,  welche 
fragen,  ob  das  Mafs  des  Himmels  auch  das  der  Erde  sei,  heifst  es,  der  Sonne  Auf- 
gang sei  vom  einen  Ende  des  Himmels  und  ihr  Niedergang  am  andern  Ende  (}p  18,  7), 
und  ebenso  beleuchte  sie  auch  die  Erde  von  einem  Ende  bis  zum  andern,  *^ifoi>  n-&e 
eTq-swojüie  it  Tne  q-xcocofce  MAtoq  g^cotoq  „und  wie  sie  (i^Ph)  den  Himmel  übersteigt,  so 
übersteigt  sie  auch  diese"  (hkocmoc)  ;  Zoega  p.  465.  Von  den  Lehren  der  Schrift 
heifst  es,  sie  seien  g^enMoerr  n  ■xcDwfi.e  it  Te-yv^TX«  e^p*.!  gM  nö^np  „Wege  der  Auf- 
steigung für  ihre  Seele  in  die  Luft",  Zoega  p.  529.  Wie  hier  ■xwcofee  mit  e^pa^i  ver- 
bunden ist,  so  in  dem  obigen  Briefe  mit  c^oth;  der  Sinn  der  Ausdrucksweise  zu  An- 
fang dieses  Briefes  ist  ganz  ähnlich  in  :  «.nfiioK  c^ht  e>n(?'Avniyine  m  neiteicoT  ZoEGA 
p.  548.  —  Das  Adverb  c^ht  in  diesem  letzten  Beispiele  sehen  wir  zweimal  in  diesem 
Briefe  in  der  allgemeineu  Bedeutung  „herunter",  eig.  nordwärts ;  es  ist  in  dieser  Ver- 
wendung nicht  selten,  wie:  e^qei  eg^HT  ncs*!  Ä>nd.  M*.Kft>pioc  „es  kam  Abba  Macarius  her- 
unter", MiNG.  p.  212;  eK-yei  eg^HT  ujö.  rtciteiwT  nd.g^ojM  „sie  kamen  herab  zu  unserm 
Vater  Pahom",  ib.  p.  231,  Seltner  findet  es  sich  in  so  deutlichem  Gegensatze  zu 
epHc  „herauf",  eig.  südwärts,  wie  hier;  ein  anderes  Beispiel  für  das  letztere:  *^Tei  epHC 
u)«.poi  „sie  kamen  herauf  zu  mir",  Rev.  pap.  p.  22.  —  Ein  Wort,  welches  endlich  noch 
einer  Erklärung  bedarf,  ist  ntoA«';  mit  Suff.  uoAö'-,  mit  unter  nioAu  geschrieben;  es  heifst, 
mit  oder  ohne  efcoA,  ursprünglich:  „trennen,  sich  trennen."  *>  neq-xo  nco^  «.Tto  ä^t- 
TiO)A(S'  e&oA  n  iteirepH-ir  -se  nccMHp  d.n  „seine  Wände  spalteten  und  trennten  sich  von 
einander,  da  sie  nicht  verbunden  sind",  Zoega  p.  490.  nTitTMeujncoAö'  htootot  „dafs 
wir  uns  nicht  von  ihnen  trennen  können",  Z.  p.  393.  eTpeTCTnntoAts'  efeoA  n  TAoiö'e 
MÄ.Td>ö.c  M  nnofee  „dafs  ihr  euch  trennt  allein  von  der  Schuld  der  Sünde",  Georgi, 
Fragm.  p.  439.  Aus  dieser  Grundbedeutung  leitet  sich  die  abstractere:  „abfinden, 
sich  abfinden,  sich  auseinandersetzen."  eT&e  Tga.Tpe  "^e  -r&iyeepe  Ä.inoAs'c 
ctoA  M  necMepou-c  £ii  gwfe  niM  eio  n  -».oeic  epoq  „Was  meine  Tochter  Thatre  betrifft, 
so  habe  ich  sie  abgefunden  mit  ihrem  Antheil  an  allem,  was  mir  gehört",  Rev.  pap. 
p.  25.  Ä^nncoAK  nMM*.-y  eiron^  jjwir  haben  uns  mit  ihnen  bei  ihren  Lebzeiten  abgefun- 
den," ib.  p.  26.  evnnojAu  Mit  ncTneicoT  eqon^  «wir  haben  uns  mit  euerem  Vater  bei 
semen  Lebzeiten  abgefunden",  ib.  p.  27.  neTeqnÄL-snoq  THpq  g^Av  neqep'cto  ^.^^P^"  eqnÄ.T&,&,q 
egOTit  e  nMonikCTHpioii  eTOTe>.ek.&  npoc  -»e  eTqii*.n(oAK  mh  nK«k.TAKA.!pw  oiKonoMoc  „Alles, 
was   er  mit  seiner  Hände  Arbeit  erwirbt,    das  soll  er  an  das  heilige  Kloster  geben,  je 


von  Ludvv.   Stern.  \J 


nachdem  er  mit  dem  zeitigen  Öconomen  sieh  abfinden  oder  vereinbaren  wird";  Rev. 
pap.  p.  73  und  ebenso  p.  98,  wo  ncoAs"  geschrieben  ist  und  Mn  fehlt.  Diese  Bestim- 
mung in  Bezusj  auf  die  Ablösunix  eines  Gelübdes  ist  nach  Mafsiiabe  der  heiligen 
Schrift  (Levit.  27,  8)  getrofien,  nach  der  ein  Gelübde  abgeschätzt  und  losgekauft  wird, 
„nachdem  seine  Hand,  defs,  der  gelobet  hat,  erwerben  kann". 

5.     Ein  Kücheninventar. 

Es  befindet  sich  in  kleiner  ziemlich  deutlicher  Schrift  auf  einem  Scherben  im  Ber- 
liner Museum  No.  2222.     (S.  das  Facsimile  Tafel  I,  1.) 

I      nAoW  u  MCRHTe 

igoMitT  K  ujewoTV.  it  wc  •  OToripiö  • 
oTOToee  •  igoMT€  ii  «ytoJae  • 

OTT*. 

Wir  sehen  aus  vorstehender  „Liste  von  Geräthen",  wie  reich  diese  kopt.  Sprache  au 
Wörtern  war;  ich  wüfste  keine  Erklärung  für  g^Ä>p*>T;  tg&oA  ii  coc,  c^ipcon.  In  (üc  scheint 
das  hier,  ast  „Thon"  (Pap.  Eb.  und  Chab.  Mel.  III  2,  145)  erhalten,  ö'ipton  begegnet 
sonst  unter  der  Form  «s'epcüit  (Z.  1871,  p.  47)  oder  Kcpcoit  (Berl.  Pap.).  S.  Aa.kht, 
M.  A«i.K€nT  ist  „eine  Bi-atpfanne" ;  in  einem  Berliner  Pap.  finde  ich  A*.K«Kit  n  fea.poaT 
Z.  43;  es  ist  dies  das  bei  Ducaxge  I  p.  783  verzeichnete  y.uy.h  patina,  paroptis;  vgl. 
M.  '^Aä.kä.uh  qÜüJI  crater  (Scala  p.  150).  X^P*'  craticula,  „der  Rost",  M.  i-x^P*^ 
iüCj-iJ!  bei  Kircher  (lies:  iüC^-i^JI,  iCÄjk^J!  nach  einer  Handschrift),  welches  also  nicht 
ein  Irrthum  für  ia-xäpct  ist,  wie  Peyeon  Lex.  p.  271  vermuthete.  Das  Wort  ist  schon 
von  GoODWix  (Zeitschr.  1870  p.  135)  nachgewiesen.  oTo^e  kommt  in  der  sahidischen 
Scala  in  Paris  unter  der  Form  oTOTg^e  vor  und  wird  durch  ^^Ixa  „ Schöpf löflfel"  er- 
klärt. Ob  s'tof-e  etwa  dem  M.  ■fKe.fii  io»_»JI  „die  Lampe"  (Scala  p.  150)  entspricht, 
will  ich  nicht  entscheiden,  «.ö'd.n  ist  ein  aus  Erz  gefertigtes  Geräth,  vielleicht  „ein 
Becken"  imd   ist    entweder  das  hgl.    (1         '  \j  äken    (Pap.    Prisse  1,    5)     oder    das    in 


einem  demotischeu  Papyrus  (Zeitschr.   1876  p.  65)    vorkommende  C^^    äher. 

obwohl  das  letztere  aus  Silber  zu  bestehen  scheint.  Bemerkenswerth  ist  der  Plural 
cKHire  von  crxcucg,  cy.vjr/,  es  ist  eine  Entstellung  aus  ckc-vh,  welches  auch  begegnet 
(L.  D.  VI.  122  c.  Rev.  pap,  p.  23.  24),  und  nach  der  Analogie  von  nn-ye  gebildet, 
jedoch  nicht  unerhört  in  den  koptischen  Texten,  wie  denn  il'  7,  13,  ^encKH-ire  steht, 
wohingegen  dieselbe  Stelle  in  der  Pistis  Sophia  p.  175  oencKCToc  hat.  Die  Form 
kommt  auch  bei  Zoega  p.  546  vor  und  ist  von  Peyron,  der  sie  im  Wörterbuche  an- 
führt, mifsverstanden :  ttiot  nTe*..iTei  nTooTOT  n  no-yp.«pÄwTH  n  g^ncKHTe  ertgoTeiT  „Lauf  hin, 
Frau,  und  erbitte  von  deinen  Nachbarn  leere  Gefäfse".  Zoega  p.  548  lesen  wir  da- 
gegen nercKe-ye  ii  s'oo'se  „ihre  Geräthe  zum  Graben." 

6.     Ein  Schuldschein. 
Derselbe  ist  in  aller  Form  von  dem  schriftgeübten  Mönche  David  aus  G'eme  auf- 
gesetzt,  von   dessen   Schrift  mir   verschiedene  Proben    durch  die  Hand  gegangen  sind. 

Zeitschr.  f.  Aegypt.  Spr.,  Jahrg.  1878.  3 


Ig  Sahidisclie  Inschriften, 


Es  handelt  sich  um  ein  Daiiehn,  welches  die  Mönche  von  Patubasten  von  denen 
in  G'eme  für  den  Zeitraum  von  4  Monaten  erhielten.  Die  Urkvmde  ist  auf  einen  ge- 
wöhnlichen Feldstein  geschrieben,  welcher  sich  im  Museum  zu  Berlin  unter  No.  2168 
befindet. 

[a.]  [b.] 

'Y    Ä.[noK]  n^^TJvnH  ncgnpe  m  &.noK  nÄ.T&.nH  ntynpe  m  no 

noTC  [n]pMnd>>TOTriQdwCTii  eiei  ttc  ^cTOi^e  [e]  T€ie)^ct^dw?V.iÄ.  mh 

pc  M  nnpoconoon  ii  itivciiHT  €i  g^tof»  sii.u  «[qcJHg^  epoc  .  dwtiOK  •xjs. 

cod^i  u  uevciiHOTT  M  RTonoc  n  ÄwRÄ.  Tei-x  n€i€AÄ.[^°]  M  Aiono^oc  Ä.  nd^TA. 

5     (^ojfedwMwn  €i[^p]€a)CTei  iihtw  n.  5    nn  ä.it€i  mm[oi]  &.ic£d>.i  neinXe».^  jn 

oTooiV.OK/  n  noirfe  €  Ä.T€Ti\TÄ.ö».q  KÄ.n         cott  AtnT'^[o'y]  m  nefiOT  Me^ip  n  Tpo 
€  Tcii'vpeiÄ.  d^TTü)  ni^.1  Tuo  K  geTOi  Mne  n  Te[cc]dkp€CKe«>.i'xeKd.THc  in 

Moc  nTiiTd.i\q  «HTK  gM  nd^uiue  "^ik/  d^noK  Ä.ri'^pe&.c  n  §iHXi*iC 

'^co[pi]c  ?V.&.Ä.Tr  n  ö^i\T\\ouid^  npAvssHMe  "^o  m  M&.pTirpoc  . 

10     ...  wtükT^  .  .  ttHTii  eq 
.  .  .  £M  neTntoi 

„Ich,  Patape  der  Sohn  des  Püs  aus  Patubasten,  in  Vertretung  meiner  Brüder, 
schreibe  meinen  Brüdern  an  der  Stätte  des  Abba  Phoibamön,  da/s  ich  euch  einen 
Goldducaten  schulde,  den  ihr  uns  für  unsere  Nothdurft  gäbet.  Und  diesen  sind  wir 
bereit  euch  im  Payni  ohne  irgend  welche  Widerrede  zurückzugeben,  (wofür  ich  mit 
meinem  Eigenthum  bürge). 

„Ich,  Patape  der  Sohn  des  Püs,  bin  mit  dieser  Sicherstellung  und  allem,  wie  es 
geschrieben  ist,  einverstanden.  —  Mich,  David  den  geringen  Mönch,  ersuchte  Patape 
ihm  diese  Tafel  zu  schreiben  am  15.  Mechir  der  14.  Indiction.  —  Ich,  Andreas  der  Sohn 
des  Elias  aus  G'eme  bin  Zeuge". 

Der  Name  Püs  ist  wahrscheinlich  identisch  mit  dem  sonst  vorkommenden  IIou»;- 
fft;.  Die  Redensart  eipe  m  nnpoconojit  ist  eine  Umschreibung  des  gr.  npoc,iMno7tod'x ;  vgl. 
Rev.  pap.  p.  24.  76,  x^P**^  ist  eine  sehr  gewöhnliche  Praeposition  in  den  koptischen 
Texten;  für  S.  x'^P**^  oTcog^M  niM  Hebr.  7,  7  hat  die  M.  Übersetzung  d.Tö'ne  «.nTiAoniew 
ni&en.  In  den  Worten  e.ic^d.i  neinAö.^  sind  mehrere  Fehler,  da  er  correct  eicgowi  «  Tei- 
n<ViK^  heifsen  müsste  (n^*>^  fem.  Deut.  9,  17). 

Die  Form  des  Namens  •Ä.e^irei-2^  ist  die  eigenthümliche  sahidische,  die  nicht  etwa 
auf  einen  Irrthum  (vgl.  Revillout  in  den  Comptes  rendus  de  l'academie  des  instrip- 
tions  et  heiles  lettres  1870  p.  329),  sondern  vielmehr,  wie  auch  die  Schreibung  euo- 
^*.ni\Hc  u.  a. ,  auf  ein  bestimmtes  orthographisches  Gesetz  dieses  Dialectes  zurückzu- 
führen ist.  Die  guten  Handschriften  schreiben  für  den  Vocal  i  regelmäfsig  ei,  das 
natürlich  die  gleiche  Aussprache  hat,  im  Anlaute  der  Wörter  und  im  Anlaute 
der  Silben  nach  Vocalen;  gebrauchen  sie  im  letzteren  Falle  ausnahmsweise  i,  so 
versehen  sie  den  Vocal  beständig  mit  den  beiden  Punkten  *i.  Daher  schreibt  man 
eipe  für  M.  ipi;  oeiu  für  M.  ojik,  daneben  auch  oTk;  a^ocit  für  M.  mioit,  daneben  auch 
AvoiT.  Sonst  sind  die  Punkte  über  V  überflüfsig  und  werden,  wie  in  andern  Sprachen 
der  Punkt,  nur  wegen  der  Winzigkeit  des  Buchstabens  gesetzt;  der  Cod.  Borg.  C 
setzt  (nach  Georgi  fragm.  p.  322)  dafür  ?,  der  Cod.  CLXIX.  (nach  Georgi  Pan.  p.  65) 


von  Ludw.  Stern.  JQ 


sogar  i  (s.  die  Probe  bei  Zoega,  tab.  V.).  Die  wirklichen  Diphthonge  ei  und  oi  sind 
im  Sahidischen  ziemlich  selten ;  ci  ist  zum  Beispiel  dem  Pronomen  nei  eigen,  wofür  nur 
späte  Handschriften  m  oder  «e  schreiben;  oi  findet  sich  in  mmoi^  wofür  eine  schlechte 
Form  MAioei  ist.  Sonst  ist  ei  im  Inlaute  nach  Consonanteu  nur  fehlerhaften  Manu- 
scripten  eigenthümlich,  die  .ueme  für  Aime  u.  dergl.  aufweisen.  "iCoeic  „der  Herr"  wird 
mit  demselben  Rechte  -sloTc  geschrieben;  bekanntlich  findet  sich  in  meniphitischen 
Handschiiften  dieser  Name  aus  Ehrfurcht  nie  ausgesehrieben,  sondern  regelmäfsig  öt. 
Dies  Sigel  ist  aber  Avohl  nicht  s'oeic  zu  lesen,  sondern  correct  memphitisch,  wie  schon 
der  vortreffliche  Mingarelli  geschrieben  hat:  s'wic. 

7.     Ein  Vertrag. 

Von  der  Hand  desselben  David  finde  ich  einen  andern  Stein  im  Berliner  Museum 
No.  2160  vielleicht  einige  Jahre  früher  beschrieben.  Die  nicht  ganz  leichte  Inschrift, 
deren  Facsimile  auf  Tafel  I,  2.  gegeben  ist,  handelt  von  einem  Vertrage  zwischen  einem 
Mönche  Jacob  und  einem  Azarias  aus  Ramau  oder  Ramou,  einem  vermuthlich  dicht 
am  Nilufer  gelegenen  Dorfe  der  thebanischen  Ebene. 

[a.]     T*    ii^noR  d.7e)vpi*<c  nujH  [b.]        .efepic... -^e  m« 

p€  n  KTpiKOc  npMpiw  nd.«^d<?V[ui].ujv  THpq 

nujHpe  K  •XÄ.niH^  rmo  ä^ttio  n-^HMOcion  nTnT[d.] 

5     no^xi^oc  «se  enei-xH  ö^kwi  5     c^q  Ain  itenepHOT  ö^tw  [rt] 
ee  n.vi.u*.!  e  Tpd.'su)  c[i'S€?]  cog^uTimoujq  e-soiii  2^n- 

[n]€KAiepoc  n  eitog^e  's[i?  ]  tAin  Tei^OAioXouiÄ.  aik 

[k?  ]i.Ai€  H  nxooc  TenoTT  weitepHOT  n  eniTponn 

^Ai  nOTOiUJ  AI  nilOTT  Ä.liOn  A.'^d^pid.C  Mll  liK 

10       T€  'fo  M  OeTOIMOC  €  Tp[d.]  10       KUjfl  TnCTOI^e  ^^nOR 

p^uifi  €poq  €«ti  KÄ.TÖ.  •2wd.T€i'x  neicXö^x"  -^^  ^ 

t^poKHcic  nTnp  onoxoc  e^icgevi  T€ien[i] 

£^Lofc  epoq  n  trh  Tponn  n  T^v<?I'x  n  cot 

rae  €  OTTÄk.  '^o'''  ^  e&.TT  n  TpoAine 

15      n  TpiTHC  in-xiK. 

„Ich,  Azarias  der  Sohn  des  Kyrikos  aus  Ramau,  schreibe  an  Jacob  den  Sohn 
des  Daniel  den  Mönch.  Da  du  mit  mir  übereingekommen  bist,  dafs  ich  besäen  soll, 
wenn  deine  Ackerparcelle  wirklich  (?)  die  Düngererde  bekommt  (?),  so  bin  ich  jetzt 
nach  dem  Willen  Gottes  bereit  sie  zu  bestellen  ohne  Übervortheilung,  indem  Avir  die 
Hälfte  für  einen  (jeden)  bestellen.  Das aber  und  alle  Kosten  werden  ge- 
meinschaftlich ausgeglichen,  die  öfientlichen  Abgaben  geben  wir  zusammen,  und  das 
Stroh  theilen  wir  unter  uns. 

„Wir  haben  dieses  Übereinkommen  unter  uns  als  Contract  aufgesetzt,  wir  Aza- 
rias und  Jakob.  —  Ich,  David  der  geringe  Mönch,  schrieb  diese  Vollmacht  mit  meiner 
Hand  am  5.  Thoth  der  dritten  Indiction." 

Wenn  ich  den  Sinn  dieser  Inschrift  recht  erfafst  habe,  so  erbietet  sich  Azarias 
dem  Jacob    sein  Feld   zu   besteUen  unter  der  Bedingung  des  gleichen  Gewinnantheils. 


2Q  Sahidische 'Inschriften, 


Leider  aber  wird  der  Zusammenhang  durch  einige  Lücken  erhebhch  unterbrochen. 
Ich  vermvithe,  dafs  x^o^  für  x^^S  (00.°^^  ^  7,  5)  „Schutt,  angeschwemmte  Erde"  steht. 
Die  vorhergehenden  Wörter  kann  ich  nicht  mit  Sicherheit  ergänzen,  die  Wörter 
ei-xe,  -xi,  ni>.M.e  beruhen  auf  Muthmafsung,  der  Anfang  der  Kehrseite  bleibt  mir  dunkel. 
Das  erste  Wort  der  6.  Zeile  ist  vermuthlich  iitw^  „palea,  foenum".  Aiepoc  „der  An- 
theil"  (Rev.  pap.  p.  10  etc.)  ist  ein  stehender  Ausdruck  für  ein  Stück  Land,  fJLipo;, 
nAvepoc  M  nKJ»2^  Rev.  pap.  p.  84,  daher  ins  Arabische  übergegangen  (j«jUi^,  welches 
KiRCiiER,  Scala  p.  128  durch  „terra  germinibus  consita"  tibersetzt,  ich  weifs  nicht  wes- 
halb. Die  übrigen  Ausdrücke  dieses  Documentes  sind  die  gewöhnlichen:  avaXwjwa  (Zoega 
p.  548),  sTTLTpoTT'^,  aTcix^Tv,  ofxoXoyiu  (vgl.  CMme  ii  orooAioAoiriÄ.  Ain  Z.  p.  375),  xaTacjj/joV/ja-ig 
(vgl.  Rev.  pap.  p.  68),  drifjLoaLov  (vgl.  ib.  p.  91;  manchmal  tiaiocioh  geschrieben,  vergl. 
Zeitschr.  1870,  p.  134;  oder  thmocio«  und  ^\j£  -\.s>  Scala  p.  267  erklärt).  Die  Sprache 
dieser  koptischen  Verträge  findet  ihre  Erklärung  in  den  ihnen  zeitlich  am  nächsten 
stehenden  griechischen,  deren  uns  eine  erhebliche  Anzahl  erhalten  ist.  Es  gilt  in  ihnen 
noch  byzantinisches  Recht,  wie  sie  denn  mitunter  auf  die  Gesetze  der  christlichen 
Könige,  nptooT  ai  Md^me^cc  oder  nppiooT  n  •2i.iKe.ion,  Bezug  nehmen. 

8.     Ein  Recept. 

Dieses  findet  sich  auf  einem  Steinchen  im  Museum  zu  Berlin  No.  2173.  (S.  das 
Facsimile  Tafel  I,  3.).  Vermuthlich  stammt  es  aus  Theben,  indem  es  dort  mit  an- 
dern koptischen  Scherbeninschriften  von  Dr.  Brugsch  erworben  wurde. 

OlTÄw  eqT&.TTO  U|<V.KKOO<V.C  Mit 

cnocLj  cfioX  KOTi  u  ciqe  itq 

„Für  einen,  der  Blut  speit  aus  seinem  Munde.  Nimm  ein  Ei,  lafs  es  auslaufen, 
und  ein  wenig  Cedernharz.     Das  trinke  er,  und  er  wird  genesen." 

Das  kleine  Recept  liest  sich,  als  gehöre  es  zu  dem  medicinischen  Buche  bei  Zoega, 
defsen  Formeln  die  nämlichen  sind.  Auch  die  nicht  ganz  reine  Sprache  dieser  In- 
schrift nähert  sich  demselben.  Das  erste  Wort  der  fünften  Zeile  glaube  ich  ujAkkojTVc 
lesen  zu  müssen,  eine  in  mehrfacher  Hinsicht  aufserordentliche  Form;  ohne  Frage 
liegt  ihr  ein  redupliciertes  Verbum  zu  Grunde,  dessen  Wurzel  auf  A  auslautet.  Das 
doppelte  K  scheint  mir  mifsbräuchlich  und  drückt  vielleicht  eine  harte  Aussprache 
dieses  wie  g  lautenden  Consonanten  aus.  Das  Wort  ist  nicht  etymologisch,  sondern 
vulgär -phonetisch  geschrieben;  uj  und  k  scheinen  mir  die  Vertreter  desselben  Lautes 
zu  sein,  nach  einem  Gesetze  consonantischeu  Gleichgewichts,  welches  in  diesen  Wur- 
zeln besonders  deutlich  im  Memphitischen  Avaltet,  indem  der  hohe  Vocal  den  mildern 
Consonanten,  der  tiefe  Vocal  den  emphatischen  verlangt,  wie:  Ten-acon  (Job  37,  23. 
41,  24),  aber  -»onTen  (Job  41,  19).  Wenn  Zoega  p.  314  in  ähnUcher  Weise  rAö^cM*.- 
kAö^cm*.  bietet,  so  bemerke  ich,  dafs  Georgi,  Pan.  p.  63  dieselbe  Stelle  x'Aä.caiö.kkAä.cai*. 
(vermuthlich  nach  der  Handschrift)  ediert  hat.  uj  und  k  können  zu  gleicher  Zeit  aber 
nur  aus  -Jt  oder  d  hervorgehen.  S.  ■^A-sA  4)paVo-£iv,  „umgeben"  pafst  hier  nicht  in  den 
Zusammenhang.  M.  -äoA-xcA  heifst  i/^'i/x-'»'?  „abkühlen,  trocknen"  und  aufserdem  >cara- 
jrpayyii^sLv    „herabträufeln   lassen",   Lev.  5,  9.     Ich   glaube   dieses  Wort    ist    in   unserm 


von  Ludw.  Stern.  21 


Texte  gemeint,  so  dafs  jenes  räthselhafte :  nv-ujAKKccAc  heifsen  müsste  nr(3^(3'cüAc  „tröpfele 
es  aus"  oder  „vermische  es  mit^.  Es  sollte  ferner  eqxevTe  heifsen,  wie:  T&>Te  moot 
efeoA  Georgi,  Pan.  p.  19;  Ta.-ye  Kö^pnoc  e£oA  Matth.  7,17,  was  synonym  mit  '^Kö^pnoc 
ist^);  ferner:  oTcooTg^c;  c&.c  ist  die  breite  baschmurische  Aussprache  für  cooc;  nicht 
minder  ist  die  starke  Nasalierung  in  on  n  pcoq  für  ^n  ptoq  baschmuriscli  oder  damit 
verwandt;  vergleiche  o«  n  oTno(S'  n  .uk«>.o  Quatremere,  recherches  p.  249,  und:  ai6.tot- 
■xoi  cfcoA  on  n  ev.unTe  ai  necHT  Georgi,  Pan.  p.  254,  wofür  d'  85,  13  ^n  *wAHiTe  steht,  «re 
n  TeKKAHcii.  xb  100,  32  (bei  TuKi  p.  170),  wohingegen  g^At  AineoooT  (TuKi  p.  500)  ein 
Fehler  sein  mag.  Indefsen  kommt  auch  in  vorzügüchen  Texten  dieses  \\  nach  *sm  vor: 
-xjn  n  TekAijiTKOiri  xb  87,  14  =  M.  icsen  Td^AieTö.AoT ;  ferner:  "JS-hi  n  -»k  PiST.  SoPH.  p.  58 
ftir  "xin  €1  on  -en  xV  70,  6 ;  nu*.©  kiai  -sin  it  neqceitTC  CT&e  n(5'tonT  n  ToprH  ai  it-xoeic 
Jes.  13,  13  (bei  TuKI  p.  304);  -ssn  n  tkä.tö.£ioAh  ai  hkocmoc  Luc.  11,  50;  'xin  n  •s.ioc 
ZoEGA  p.  464;  "sjn  n  Tenoir  „von  jetzt  an",  passim.  Die  Erklärung  dieses  n  finden 
wir  in  der  ursprünglich  substantivischen  Bedeutung  des  gn  (^j^emt)  und  -xm  (qen). 

Ich  kann  hier  einen  Excurs  über  diesen  sogenannten  baschmurischen  Dialect  nicht 
unterdrücken,  dessen  ganze  Existenz  auf  einer  Hypothese  beruht,  die  mir  unhaltbar 
erscheint. 

Als  man  im  vorigen  Jahrhunderte  die  beiden  Dialecte  des  Koptischen,  den  mem- 
phitischen  und  den  sahidischen,  unterscheiden  lernte,  bemerkte  man,  dafs  einzelne 
Schriftfragmente  sich  unter  keinen  dieser  Dialecte  ordnen  liefsen.  Man  tiaf  in  den- 
selben d.  für  Ca  und  o,  e  für  *>,  'A  für  p,  nn  für  n  —  alles  dieses  indefsen  nicht  regel- 
mäfsig;  aber  man  fand  auch  eigenthümliche  Worte,  wie  Ai.nc  2)  für  S.  Aa-ä^t  M.  gAi 
Joh.  4,  33.  Bar.  6,  68;  mfci  für  mten  neben  niAi,  fecopK  (ira),  -»cavo  (pulvis)  u.  a.  Ein- 
mal schien  diese  Sprache  sich  dem  Memphitischen  zu  nähern;  denn  sie  behält  ein  aus- 
lautendes I  für  S.  e  bei,  sie  schreibt  e  für  das  gr.  *>i,  «^'^  für  nnoiPTe,  nöc  neben  ti-SÄ.eic 
und  AieT-  für  aiht-;  auch  hat  sie  einzelne  memphitische  Wörter,  wie  «jh  (ire)  gleich 
M.  ige;  KeKö.Tni  M.  Ke5(^coo"yni,  S.  kootc;  cnes.Tis.g  M.  cnerg  neben  AveAAi  S.  Aippe  u,  a. ; 
sie  ist  weniger  sparsam  in  der  Schreibung  eines  inlautenden  e  als  das  alte  Sahidische. 
Dann  aber  wieder,  und  zwar  vorwiegend  und  in  den  Hauptsachen,  trägt  dieser  Dialect 
sahidischen  Charakter:  er  kennt  keine  Aspirata  und  kein  ^,  er  schreibt  ö'i's,  (S'cavs'ä.a«, 
pp«>-  für  oTpo,  oTeet  für    oTö^f-,  ■scocopi   für   •xojpi;   für  M.  q    tritt  nicht  selten  ii  ein,  für 


^)  u}e>.nTe  TeTH'f  Kei.pnoc  m  Mt  n  TeAion  „bis  dafs  ihr  wahre,  vollkommene  (rsAsicc) 
Frucht  tragt''  Zoega  p.  643  ist  von  Abel,  Kopt.  Untersuch,  p.  25,  nicht  richtig  übersetzt:  «do- 
nec  fructum  verum  vobis  det  Helios".  Verschiedene  sahidische  Stellen  in  diesem  Werke  würde 
ich  anders  fassen.  P.  26.  171:  cgiMe  cnTe  ne  ai  hicth  gcoc  e  geneAcT^epoc  ne  „mulieres 
duae  7?on  erant  m/c/e  Tiec  liberae  in  Domino",  vielmehr:  „Zwei  gläubige  Frauen  waren  gleichwie 
Freie";  p.  .33:  -s.!  av  ncKMce-ye  n  «"onc  n  otkoti  ö^tio  *.itoK  oto  n  otkoti  „ne  injuste  co- 
gites  de  minima  (re);  ego  vero  praecipio  (g^ton)  paululum",  vielmehr:  -nimm  deinen  Gedanken 
ein  wenig  tüchtig  (zusammen)  und  auch  ich  ein  wenig";  p.  204:  ö.ipujeepe  „socia  fui",  viel- 
mehr: „ich  bin  die  Tochter";  ib.  ^(«ctc  nre  g*.o  htc  neTgAi  u^mc  taiu}(3'a<(3'oai  e  TtoAvnx  epoq 
n  g^».o  n  con  „sicuti  plurimi  eorum  ruri  (viventium)  qui  ambulare  non  possunt",  heifst:  „so 
dafs  viele  Einwohner  des  Dorfes  ihm  nicht  oft  begegnen  konnten";  p.  510:  Aiei.wTon  e  -siTq  eooTit 
e  n*>Hi  „promtus  et  paratus  fui  recipere  eum  domum",  heifst  umgekehrt:  „ich  kann  mich 
nicht  entschliefsen  ihn  in  mein  Haus  zu  nehmen". 

^)  Peyron  lex.  p.  82  sagt  zu  der  letzten  Stelle:  'Subest  ne  aliquod  erratum'  —  aber  das 
"Wort  kommt  zweimal  vor. 


22  Sahidische  Inschriften, 


Tp  wird  mitunter  ■»  geschrieben.  So  häufige  Wörter  wie  die  Conjunctionen  äu-uj  und 
Atn  sind  sahidische;  oirog^  und  ucai  sind  ganz  unbekannt.  Dem  negativen  Verb  steht 
die  Form  jweq,  mcv  zu  Gebote,  wie  denn  die  gesammtc  Flexion  sahidisch  ist.  Aber 
schon  in  den  correctesten  dieser  Texte  macht  sich  grofse  Unsicherheit  in  der  Anwen- 
duno"  dieser  sprachlichen  Eigenthümlichkeiten  bemerkbar,  wie  das  von  Schwartze  mit 
gewohnter  Umständlichkeit  verfolgt  ist  (Altes  Aeg.  p.  1128);  schon  in  den  reinsten 
Stücken  dieses  Dialectes,  den  Klageliedern  und  dem  Buche  ßaruch;  mehr  noch  in  den 
Fragmenten  des  Jesaias  und  des  Johannes;  am  meisten  in  den  Bruchstücken  der 
Episteln.  Eine  von  Quatremere,  recherches  p.  248  und  von  Zoega  p.  106  i)  aus  dem 
Cod.  Vat.  LXVIII.  mitgetheilte,  vennuthlich  aus  dem  Fayyum  stammende,  Notiz  trägt 
denselben  freilich  etwas  verwischten  Charakter;  nicht  minder  der  Codex  CLXXII.  bei 
Zoega,  und  selbst  der  berühmte  medicinische  Codex  CLXXYIII.  und  ein  anderer 
No.  CCLVI.  ist  ähnlich  gefärbt,  so  dafs  man  von  einem  vierten  Dialecte  sprach. 
Endlich  führt  TuKi  in  seinen  unersetzlichen  Rudimenta  p.  446.  161  zu  Stellen  der  klei- 
nen Propheten  aufser  der  sahidischen  und  memphitischen  Übersetzung  hinter  der  letzte- 
ren noch  eine  dritte  („alia  versio"  oder  „Memphiticus  alter")  an,  welche  weiter  nichts 
ist  als  der  sahidische  Jargon,  der  bisher  als  baschmurisch  bezeichnet  wurde;  da  lesen  wir 
nämlich  für  das  M.  *>iigenHi  vielmehr  ö^i&cüK;  ein  im  M.  imbekanntes  Wort;  für  S.  k-^2. 
vielmehr  mit  M.  käoi;  für  S.  ei^AVÄ^^^re  und  M.  *.aiä.oi  ein  eigenes  ö^Me^g^^;  endlich  «-^e- 
piwTOT  für  M.   ogi  ep^T01r. 

Georgi  glaubte  nach  einer  Stelle  des  Herodot  in  diesen  Fragmenten  Überreste 
der  Sprache  der  Oase  des  Jupiter-Amon  sehen  zu  müssen.  Quatremere  brachte  die 
nahe  Verwandtschaft  des  Sahidischen  in  Anschlag  und  suchte  daher  ihre  Heimath  in 
den  südlichem  Oasen  und  hat  diese  seine  Ansicht  mit  der  Gelehrsamkeit,  über  welche 
er  verfügte,  mehrfach  vertheidigt.  Während  er  zugleich  bestritt,  dafs  von  dem  durch 
koptische  Grammatiker  als  ehemals  vorhanden  bezeichneten  baschmurischen  Dialect 
überhaupt  Schriftdenkmäler  erhalten  seien,  glaubten  Zoega  und  Engelbreth,  die  Heraus- 
geber jener  Fragmente,  dafs  dieselben  eben  diesem  baschmurischen  Dialecte  angehör- 
ten. Und  ihre  Ansicht  hat  die  wissenschaftliche  Welt  erobert,  wie  sie  denn  noch 
jüngst  von  Mariette  (Melanges  d'archeol.  1,  93)  wiederholt  wurde.  Ich  vermag 
keiner  dieser  Ansichten  beizupflichten. 

Für  den  Dialect  der  Oase  Siwah  wird  niemand  mehr  diese  Sprache  halten,  seit 
es  bekannt  ist,  dafs  deren  Einwohner  eine  Berbersprache  reden.  Dafs  die  südlichem 
Oasen  einen  ähnlichen  Dialect  gehabt  hätten,  ist  nicht  imglaublich  2) ;  Beweise  indefs 
für  diese  seine  Annahme  konnte  selbst  Quatremere  nicht  beibringen;  ich  möchte  auch 
bezweifeln,  dafs  diese  entlegenen  Gegenden,  die  in  der  Kirchengeschichte  Aegyptens 
.  kaum  vorkommen,  ein  so  reges  geistiges  Leben  entfaltet  haben,  dafs  sie  eine  eigene 
Bibelübersetzung  besefsen  hätten.  Dafs  aber  der  baschmurische  Dialekt  hier  vorliegt, 
ist  eben  so  wenig  wahrscheinlich,  ja  schlechterdings  unmöglich. 

^)  Das  Stück  ist  bei  Zoega  nach  Tuki  sehr  fehlerhaft  wiedergegeben,  wie  schon  Cham- 
pollion  erwähnt  hat;  Millin,  magasin  encyclopedique  1811.  V  p.  290. 

^)  Kürzlich  hat  Brugsch  in  einem  Werke  über  die  Oasis  magna  Taf.  XX.  einige  daselbst  be- 
findliche koptische  Inschriften  veröffentlicht;  ich  vermag  in  denselben  das  Datum  <^A  (allerdings 
hält  die  erste  Zahl  zwischen  einem  ^  und  einem  \^  genau  die  Mitte)  d.  h.  813  (oder  1013) 
nach  Chr.  zu  unterscheiden.  In  No.  7  steht  neicg^K^Ä^A,  wofür  neK^Mg^ö^A  zu  lesen  ist:  „Dein 
Knecht;"  dieses  Wort  ist  sahidisch,  ebenso  die  Schreibung  •jki.Tei-i.. 


von  Ludw.   Stern.  23 


Durch  das  Zeuguifs  des  koptischen  Grammatikers  Athanas  von  Qüs,  welches 
QuATREMERE  rech.  p.  21  aus  dessen  Grammatik  mitgetheilt  hat,  wissen  wir  von  drei 
koptischen  Dialecten.  In  der  memphitischen  Bearbeitung  derselben  ^c  s  r'j^^'  '6S^'i 
.^^.wÄiwt,  von  der  die  Berliner  Bibliothek  eine  Handschrift  besitzt  (ms.  or.  oct.  194), 
lautet  die  beregte  Stelle  ausführlicher  i)  wie  folgt:  „Und  du  wisse,  dafs  die  koptische 
Sprache  in  drei  Sprachen  eingetheilt  wird;  erstens  das  ägyptische  Koptische  d.  h.  das 
Sahidische,  welches  jetzt  von  Munyet  abi  Qais  oder  Munyet  beni  Chusaib  bis  an  die 
Grenze  von  Aswan  gebraucht  wird;  zweitens  die  bohairische  Sprache,  welche  in  Bo- 
hairah  gesprochen  wird  und  jetzt  auch  der  Dialect  von  Alt-  und  Neu-Cairo  ist^);  drit- 
tens die  busclmuirische  Sprache,  welche  im  Gebiet  von  Buschmur  gebraucht  wurde; 
jetzt  aber  ist  sie  ausgestorben,  so  dafs  nur  noch  das  sahidische  und  bohairische  Kop- 
tische gebraucht  werden."  Maqrizi  (ed.  Buk  2,  507)  kennt  nur  den  sahidischen  und 
den  bohairischen  Dialect,  von  denen  ihm  jener  als  der  ursprünglichere  gilt.  Als  Grenze 
des    sahidischen   Dialectes    wird    also   die   Stadt    Minyeh    angegeben.     Der   zweite    hat 

.  o  »  > 

seinen  Namen  und  Ursprung  aus  dem  Gebiete  3;*^^  oder  Lx^s^o  (z.  B.  Maqrizi  1,  74) 
und  darunter  versteht  man  'sJ.yXJJ^"^]  '^j^.^^  „das  Flachland  von  Alexandrien"  (der 
Sage  nach  ein  ausgetrockneter  See;  Maqrizi  1,  160.  Abulmahasin  1,  50.  Yaqut  1,  154), 
sodann  die  unterägyptische  Provinz  mit  der  Hauptstadt  Damanhür.  Eine  Aussprache 
Bah'irah  (^-^.s^  ist  nach  dem  Qamus  ein  Eigenname)  in  der  Bedeutung  von  Unter- 
ägypten habe  ich  nirgends  bestätigt  gefunden;  indefs  hat  sich  der  Dialect  von  Alexan- 
drien  früh  über  das  Delta  verbreitet,  wie  denn  alle  namhaften  memphitischen  Sprach- 
lehrer, mit  Ausnahme  jenes  aus  Qus,  ihres  jungem  Zeitgenossen,  hier  ihre  Heimath 
haben.  So  der  berühmte  Anbei  Yoänes  Samannüdi,  der  Verfasser  der  ersten  sachlich 
geordneten  Scala  (sullani);  SachäwZ  und  Ibn  Ralüiäl^  gleichfalls  Verfasser  einer  Scala; 
die  Grammatiker  DahlzJ,  Kätib  Qaisar,  Ibn  Sadaqah  Qalijftbi  lebten  etwas  später  in 
Unterägypten.    Ibn  'Assäl,  der  Verfasser  der  alphabetischen  Scala,  conferierte  im  Kloster 


1)  Der   Text   lautet:    ^^^kJiil    ^yi\   'xX^\   io^Ü   ^Icl   .»^vJLo   iwJoAäi^   iUU5   ^.,\   JLxi"   c;^t^ 

l_^j^^w.  Jv:ilw.x  Q^l  _^_5  a>^^L>  J.^^;.^;  L5rV^'  o^-^  c?^'^^^  ol^*"^  J*^  lt'  V^r^^^^ 
^^\  "il  Jüis  ^^LJÜ\  i>ÄP_5  jj-*-^5  S±^  JvvtX.v-Ji  t_c;_j-«-ixJ!  vi^JUii^  iw.^JI  a^-pLüII^,  ^ 
^j^^  L?W^'3  Lf^Vf«^^  Lf^t«j5  ^^^\  Jsja.v^L  Dafs  derselbe  Athanas  (nach  Quatremere 
im  11.  Jahrh.  lebend)  der  Verfasser  dieser  Qilädeh  ist,  darauf  hat  mich  eine  Stelle  der  Ein- 
leitung geführt,   wo  er  von  seiner  sahidischen  Grammatik  sagt:   jCxUi   ;^^^   i^  ^•^'^^r';^^^  ci>-Ii'^ 

^":ii  j^xxvoJ;  ^i  '^jjir^^  LJLxii  (joyj  S^i  ^  ^]  bJ>^L*J  iJL.ou^i  iv.^Xot^^t  ÄAIi^ÄiL 

2)  Misr  (heutzutage  Magv)  ist  gleich  Fustät  oder  Ah-Cairo,  unterschieden  von  Qähirah; 
jenes  war  die  Hauptstadt  von  Oberägypten,  dieses  die  von  Unterägypten;  daher  bedeutet  der 
Titel  des  bekannten  Werkes  von  SiujütJ:  as>\jil\^  ^^  ;W^5  ^^  „über  die  Geschichte  Alt- 
und  Neu-Cairos".  Noch  im  14.  Jahrh.  hatte  jede  dieser  einander  so  nahe  gelegenen  Haupt- 
städte ihre  besondere  Verwaltung.  Wativät,  ein  bekannter  Geograph  (f  718.  d.  H.)  sagt  (Ms. 
Berol.  Sprenger  12  p.  399):    ^   ^^JtX^^^   U.J^   \X=>\^  J^    qU*.^>c   q|-»^^    ü^j"^^    *^^    c^   ^3 


24  Sahidiscbe  Inschriften, 


Neliya,  welches  im  J,  1354  zerstört  wurde,  mit  dem  >Abdehnesl1i  aus  Bilbeis,  mit  dem 
Bischof  Anbä  Marqus  aus  Sandub  und  mit  dem  Anbä  Äbraam^  dem  Bischof  von 
Neschterawah  (oder  Nesterawah)  und  Etrib. 

Lange  vor  der  Zeit  dieser  Gelehrten  bestand  ein  dritter  Dialect,  der  buschmurische. 
Busmür,  wie  der  wohlunterrichtete  Yaqut  1,  634  mit  Nachdruck  den  Namen  ausspricht, 
ist  nach  Abulfida  das  kleine  Gebiet  zwischen  dem  Nilarme  von  Damiette  und  dem 
kleinen,  sich  bei  den  Städtchen  Gauger  am  östlichen  und  Tarcha  (so  nach  Idrisi), 
dem  heutigen  Talcha,  am  westlichen  Ufer  davon  abzweigenden  Canal  (NÜ  Usmüm 
Tannä/i  oder  heute  auch  el-baJir  el-soyair  genannt).  Die  Fischerbevölkerung  dieses 
sumpfigen  Landes  war  bekanntlich  in  den  ersten  Zeiten  des  Islams  besonders  hartnäckig 
und  wurde  vom  Chalifen  Mamun  216  d.  H.  =  832  n.  Chr.  nahezu  ausgerottet.  Bei  den 
arabischen  Schriftstellern  wird  indefs  der  Ausdruck  oft  weiter  gefafst,  wie  denn  ein  alter 
Geograph,  Ibn  Hauqal  (ed.  de  Goeje  p.  90),  den  heutigen  Burallas-See  .y^Ji^S  ä^-x^u 
nennt,  indem  er  an  die  Ufer  desselben  die  zwischen  Alexandrien  und  Damiette 
liegende  Stadt  Nesterawah  legt  —  eine  Angabe,  die  Quatremere  sich  nicht  er- 
klären konnte,  weil  er  die  richtige  Lesart  der  Stelle  nicht  kannte.  Daher  tritt 
für  den   Ausdruck  ,^^^4^^  auch   ^^L+aj   „ein   Nordägypter"  ein,    welches  Mariette    von 

1  ^^  ^1  herleitete,  wie  er  jenes  in  m  c^  wiederfand  i).  Auch  wird  Busmur  öfter 
I  _S<^  ^  I  .  .  III    III 

mit  Basarüd,  einer  Stadt  in  dem  angrenzenden  sogenannten  Rif  gleichgestellt. 

Es  scheinen  im  Delta  einst  zwei  Dialecte  bestanden  zu  haben,  der  bohairische 
als  der  westliche  und  der  buschmurische  als  der  östliche.  Der  buschmurische  starb 
am  frühesten  aus  und  der  bohairische  dehnte  sich  über  das  Delta  aus;  darnach  erlosch 
das  Sahidische  und  das  nicht  sehr  pafsend  so  benannte  Memphitische  verbreitete  sich 
über  ganz  Aegypten.  Weshalb  sind  nun  die  oben  erwähnten  Schriftdenkmäler  busch- 
murische? stammen  sie  etwa  aus  den  sumpfigen  Küstendistricten,  welche  ehemals  den 
Buschmur  bildeten?  Schwerlich;  sie  kamen  mit  andern  sahidischen  Fragmenten  aus 
Oberägypten  2).  Haben  sie  etwa  ein  so  hohes  Alter,  dafs  sie  an  die  Zeit  hinan- 
reichten, als  die  Bammireli  noch  eine  selbständige  Genossenschaft  bildeten?  Keines- 
wegs ;  der  Schriflcharacter  dieser  Fragmente  ist  der  sahidische  und  die  Proben  bei 
ZoEGA  No.  XXVII  nähern  sich  jener  sahidischen  Schrift  bei  Woide,  appendix  Tab.  I, 
No.  5  —  und  diese  trägt  das  Datum  1393  n.  Chr.  Wenn  dieser  Dialect  schon  so  früh 
ausgestorben  ist,  wie  kommt  es,  dafs  jene  Notiz  bei  Quatremere  aus  dem  J.  1033 
noch  wieder  Eigenthümlichkeiten  desselben  zeigt?     Das  einzige  überlieferte  echt  busch- 

murische  Wort  ist  nitonity  ».j^säii  (Quatrem.  rech.  p.  214);  dafs  im  buschmurischen 
Dialect  Geschriebenes  erhalten  wäre,  dafs  derselbe  überhaupt  eine  Literatur  besessen 
hätte,  kann  niemals  erwiesen  werden. 


^)  Zoega  bemüht  sich  das  nach  Stephanus  Byzantinus  das  Delta  bezeichnende  Ilr/uo;«? 
mit  Busmür  gleich  zu  setzen;   es  scheint  vielmehr  das  hierogl.   />^  (1  \   Q  pa-ta-merd 

zu  sein. 

2)  Es  ist  leider  nicht  näher  bekannt,  wo  die  Schätze  der  sahidischen  Bibliothek  des  Car- 
dinais Borgia  gesammelt  sind.  Vieles  davon  stammt  nach  einer  Bemerkung  bei  Georgi  (Fan. 
p.  3)  aus  Naqqädah  diesseits  Theben.  Ich  war  vor  fünf  Jahren  mit  meinem  berühmten  Freunde 
Prof.  Ebers  in  diesem  Orte  und  wir  besuchten  die  koptische  Kirche  daselbst;  aber  einige 
zerfetzte  liturgische  Bücher  im  memphitischen  Dialect  waren  alles,  was  wir  Koptisches  vorfanden. 


von  Ludw.  Stern.  25 


Die  Kopten  haben  den  Dialect  jener  Fragmente  jedenfalls  nicht  für  einen  solchen 
anerkannt ;  seine  wesentliche  Eigenthümlichkeit  ist  nur  eine  trübere  Vocalaiissprache ;  ein 
halbes  Dutzend  besonderer  Wörter  fällt  nicht  so  sehr  ins  Gewicht.  Es  ist  ein  mera- 
phitisch  gefärbtes  Sahidisch.  Wo  sollte  man  die  Existenz  eines  solchen  Dialectes 
wohl  eher  vermuthen  als  in  Mittelägypteu'),  da  ja  das  Sahidische  erst  bei  Minyeli 
beginnt?  Merkwürdiger  oder  vielmehr  natürlicher  Weise  zeigen  die  wenigen  mittelägyp- 
tischen Denkmäler  aus  alter  Zeit,  welche  uns  erhalten  sind,  dieses  selbe  Schwanken 
zwischen  sahidischer  und  memphitischer  Aussprache.  Ich  denke  besonders  an  die  Cau- 
tionsscheine  aus  dem  Kloster  des  Abba  Jeremias  (jjt*.j^J>  _^j!)  von  Memphis  Avnfie,  Meqe 
(Rev.  pap.  101 — 109).  Da  lesen  wir  •:si's  für  ö'i's,  -sm  für  (S'm,  aict-  für  Mni-,  AvcTpe  für 
MnTpe,  o-ypo  neben  ppo,  epo,  ujTtope  neben  igTtopi,  und  häufigst  «n  für  n  u.  s.  w.  Die 
letzte  Eigenthümlichkeit  scheint  weit  vei'breitet  gewesen  zu  sein,  wie  sie  denn  im 
Pap.  II.  von  Bulaq,  der  von  Paham  aus  Qift  geschrieben  ist,  immer  wieder  erscheint; 
aber  auch  sonst,  z.  B.  un  A\Aie'Aoc  Geogi,  Pan.  p.  259.  Wenn  ich  nicht  irre,  so  hat 
sich  dieser  Dialect  am  vollkommensten  im  Fayyum  ausgebildet,  dessen  geographische 
Lage  am  ehesten  einer  dialectischen  Eigenthümlichkeit  förderlich  gewesen  sein  dürfte. 
Es  kommt  noch  hinzu,  dafs  jene  Notiz  bei  Quatremere  aus  dem  Fayyum  datiert  ist; 
auch  las  ich  auf  übrigens  werthlosen  koptischen  Papyrusfragmenten,  Avelche  kürz- 
lich im  Fayyum  aufgefunden  worden  sind ,  z.  B.  das  AYort  ■xcReec  für  das  bekannte 
sah.  'xeKÄ.c.  So  stehe  ich  denn  nicht  an,  diesen  sogenannten  „baschmurischen"  Dialect 
aus  Wörterbuch  und  Grammatik  zu  verbannen  und  hinfort  als  unter sahidischen 
oder  mittelägyptischen  zu  bezeichnen. 

9.     Eine  Grabschrift. 

Koptische  Leichensteine  finden  sich  in  den  verschiedenen  Museen;  einige  ältere 
sind  von  dem  ausgezeichneten  Eugene  Revillout  veröffentlicht  und  mit  jener  Gelehr- 
samkeit und  Sicherheit  erläutert  worden,  welche  denselben  eine  erhöhte  Bedeutung 
verleihen  2).     Unser   Museum    besitzt    aufser    den    von   Lepsius    veröffentlichten    einen 


^)  Auch  Peyron  gramm.  p.  14  neigt  sich  dieser  Ansicht  zu,  obwohl  er  sich  von  dem 
Ausdrucke  'baschmurisch'  nicht  Rechenschaft  gegeben  zu  haben  scheint.  Er  sagt:  „hac  (dialecto), 
utpote  ex  Memphitico  et  Thebano  idomate  conflata,  usae  videntur  regiones,  fortasse  Oases,  quae 
inter  superiorem  atque  inferiorem  Aegyptum  continebantur."  Und  Champollion  meinte,  Basch- 
mur  sei  ein  Name  des  Fayyum  und  der  Dialect  jener  Fragmente  der  Dialect  desselben. 

2)  In  dieser  Anmerkung  will  ich  zur  Vergleichnng  noch  zwei  ältere  Grabschriften  mit- 
theilen. Die  erste  im  Museum  des  Yaticans  besteht  gröfstentheils  aus  Namen:  nitoT  nigHpc 
nenitö^  eTOTevikfi  o6..uHn  neneicoT  i>.n&.  lepHAiiö^c  av«  e>.n*.  encop^^  ö^Ave.  cifiTAAfe.//  TenAi&.ö.T  Aie>.pi<k. 
Aii5(;^*.HA  Ttencort  oH'Aiei.c  neirujHpe  Ä.qAiToii  AiAioq  n  cott  ujoaiht  n  Ttofce  on  OTeipHnn  ^&.AVHn 
nencö  Aid.Ka.pe  ö.qAiTon:  MAioq  n  cot  qxooT  n  KI^s.g^K  nencon  nne>.TTA.feiKT(op  i\C6.tgT.  Das  letzte 
Wort  dieser  Inschrift,  bisher  unbelegt,  scheint  „der  Enthaltsame"  0^\j]\  zu  bedeuten.  Jünger 
ist  eine  bereits  datierte  Grabtafel  im  Museum  von  Turin,  deren  Sprache  indefs,  soweit  ich 
mich  auf  meine  Copie  verlassen  kann,  sehr  unregelmäfsig  ist.  +  nnoTTe  n  nscooT  n  na^no- 
CToAoc  eTOTÄ.es.fi  enep  OTn*.  Ain  Te\^H%H  ai  n[Ai]Ä.KÄ.pioc  eniAiei.5(^e  nencoT  itT*.qeAiToii  AVAioq 
n  co-y  AVHnT6.qTe  ai  nefcoT  na.cone  n  TpoAV.Tie  T*.iKeTeKei.Tec  ntcKTieknoc  e.pi  To.Kd.ne 
ujHp  e-xcoi  OTon  ni.w  excoo-y  aimoi  Te  nnoirTe  eip  oto*.  ai«  TeK^^H^d^H  «  Ti.penopoc  ^A.AiHn; 
eq[e]tgcoTTe.  ic  ^qS-.  -f  •  „Gott  der  Herren,  der  heiligen  Apostel,  habe  Erbarmen  mit  der  Seele 
des  seligen  Epimachus  Peköt,  welcher  entschlief  am  14ten  des  Monats  Payni  der  I2ten  Indic- 

Zeitschr.  f.  Aegypt.  Spr.,  Jahrg.  1878.  4 


26  Sahidische  Inschriften, 


solchen  Stein  No.  7734:,  dessen  Inschrift  inclefs  sehr  verwittert  ist^).  Dagegen  gebe 
ich  eine  andere  Grabinschrift  aus  dem  Jahre  932,  welche  sich  im  ägyptischen  Museum 
zu  Miramar  befindet.  (S.  das  Facsimile  Tafel  I,  4).  Dieselbe  stammt  aus  der  wohlbe- 
kannten  Stadt  Bulyana  U^L  (vulgär  Belyane),  hier  £nrAi«.itH  oder  vielleicht  Tfe-vAid^nH, 
sonst  auch  Tnoirpi^nH  und  Tno'Air£ii*>ne  genannt,  von  der  der  Weg  nach  Abydos  führt, 
und  ist  einer  gewissen  Kyra  Susine  geweiht. 

eqKH  eg^pivi  m  niMd^  n&i  n€[cR7rn] 

coMÄ.  u  Tev  neipnAieeTre  ei[ ] 

TMi>^Rd>.pies.  KTrpÄ.  coTTcmH  €  [.  .  Tujee] 
5        pe  AI  nMd^KÄ.pioc  \\j"d.Te  npM[T] 

£lT!\l^v«H  •  llTüvCAV-TOtl  MMOC  [m^] 

^u)U  ivi  ii«.no  '^iokÄh  ^a*[h] 
cevpdiKenoc  tk  •  'xeKe^.c  epe  ws. 

10       Tec\irT^H  nqtio'xc  e  kotucj 

U  iS.fepiS.£iS.M  Am  ICÄ.dwK  Mit   IiS.KCJL)fe 
»qd>.C  U  MnUjÄ.  II  COOTAl  €  TeCAiH  €[c] 

Aveg^  ji  Ü3^  £1  MUTtyivtie^THq 

dwMHITn  iyd«.pOI  tieTCAldwMiVJvT 
15         IlTC  nÄ.eiUiT  UT€TllRA.HpO\tOA*[ei] 
U  TMIlTepO   HTÄ.Tc£lTOiTC  ItdwTT 

•xm  tkä.tä.£»o\h  Ai  nKOCMOc 
^vMHim  eqeiycone     -]- 

„Jesus  Christus!  hilf!  —  Es  liegt  an  diesem  Orte  die  irdische  Hülle,  der  Gegen- 
stand dieses  Gedächtnifses,  die  selige  Kyra  Susine,  die  Tochter  des  seligen  Psate  aus 
Byliane,  welche  entschlief  am  24.  Pachon  648  nach  Diocletian,  320  der  Saracenen,  auf 
dafs  der  Herr  Jesus  Christus  ihrer  Seele  Ruhe  gebe  und  sie  lege  in  den  Schoofs 
Abrahams,  Isaaks  und  Jakobs  und  sie  würdig  mache  zu  hören  die  Stimme  voll  Gnade 
und  Barmherzigkeit:  Kommet  her  zu  mir,  ihr  Gesegneten  meines  Vaters,  dafs  ihr  er- 
erbet das  Reich,  welches  ihnen  bereitet  ist  seit  ■  der  Erschafiiing  der  Welt.  Amen! 
es  sfeschehe!" 


tion.  Bete  über  mich,  jeder  der  mich  kannte,  dafs  Gott  Erbarmen  habe  mit  meiner  armen 
Seele.  Amen,  es  geschehe!"  Man  bemerke  hier  Te  für  nje,  welches  auch  von  Revillout  ver- 
öffentlichte Stelen  darbieten  (Mel.  d'arch.  2,  267/8);  vgl.  Zoega  p.  45.  Der  Name  Peköt 
kommt  auch  Zeitschr.  1868  p.  66  vor,  ujHp  scheint  mir  eine  ungewöhnliche  Form  oder  ein 
Fehler   für  igAnA,    wie  denn  auch  Td^penopoc  für  -aXwtVw^o?  steht. 

^)     Ich  habe  das  Lesbare  entziffert;  der  Stein  ist  jedenfalls  von  hohem  Alter  und  stammt, 
wie  es  scheint,  aus  dem  Kloster  des  Abba  Jeremias  in  Memphis.     Der  Text,  dessen  elfte  und 

zwölfte   Zeile  mir  unverständlich  sind,    lautet: «JHpe  2[ne]nnd.TOT4>*>fii  ^[nje^p^e- 

e..ntTe'AocMi  *5(;^<s.H'AoÄ.n(jocc6.&p  '''iHAA.n*>iepHMi*>c  ^».Ti*>ettco5(^«kMÄ>ci[fc]  ^  [TAA]A>Md.pidkÄ>ndwnto 
^'A[cA.]n*L<^i[fe*>]n<>>*>n  ^OTn*.n&Me.K4>p€^n  i'^e«ca)[n]*.fepik^ö.Avn*>.  ^^  TcefiiKA>&HT  .  .  .  m*w  i^^jn^e  .  . 
nn&.<&«.n&.icpH    ^^Mi*wCg^Hn[oT]epHnH^    i'*d>jWHn«iü)g^ö.nHcneig  ^^Hpevjjfi*.     Diese  Inschrift  erwähnt 


von  Ludw.  Stern.  27 


Die  Inschrift  schliefst  mit  dem  Bibelverse  Matth.  25,  34,  den  man  sich  bei  AVoide 
daraus  vervollständigen  kann;  die  ausgezeichnete  Ausgabe  desselben  giebt  für  ne^T 
(Zeile  IG)  richtig  das  nothwendige  nH-rn.  Die  dritte  und  vierte  Zeile  vermag  ich  nicht 
mit  Sicherheit  zu  ergänzen;  aus  einer  gleichfalls  fragmentierten  Inschrift  in  Turin  (Mel. 
d'arch.  1,  195)  ersehe  ich,  dafs  das  erste  "Wort  der  dritten  Zeile  auf  .  .  Tnco.we^  aus- 
geht; dies  ist  aber  zu  ckthcomä.  zu  vervollständigen,  welches  Zoega  p.  42  begegnet 
und  von  Tattam  in  sein  Wörterbuch  p.  468  aufgenommen  ist,  es  steht  für  o-xrfvcyjua, 
ein  Wort  der  graecitas  barbara,  welches  Ducange  im  appendix  172  verzeichnet,  imd 
bedeutet:  „irdische  Hülle",  als  das  zeitliche  Zelt  der  ewigen  Seele.  Am  Ende  der 
8.  Zeile  ist  ein  überflüssiges  n-s;  in  der  letzten  Zeile  ein  überflüssiges  n.  Die  cor- 
recte  Form  für  nqei.c  ist  Z.  12  nqö.d.c.  Das  Gegentheil  von  tccmh  ecue^  n  ne.  Z.  12 
ist  oTCAiH  ecMe^  n  g^oTc  (ZoEGA  p.  641.  Georgi,  fragm.  p.  433)^).  Aufserdem  hat  der 
Lapidai'ius  zwei  Constructionen  verwirrt,  da  er  ■xeKö.c  epe  n-xoeic  '^.utou  (vgl.  epe 
n«OTTe  ■:^e  '^.uto«  n  Te [q]\|j-T5(;^H  L.  D.  VI.  103,  44)  oder  's.eKö.c  ii'xoeic  eqcJ-AVTo«  (vgl. 
n-s-oeic  ■2k.e  ic  eqe'^AiToit  AVMoq  e  Te5(^a)p«.  n  ncTCjn^  L.  D.  VI.  103,  41)  sagen  wollte.  Auf 
einer  griechischen  Grabtafel  unseres  Museums  finden  sich  dieselben  Ausdrücke  uvd- 
Travacv  T-qv  ^'VX'^i^  ww^X  a)iay.\(.\iwv  aurouj  zic,  y.oKn:cv(i)  'Aßpaajx  ■/..  'laaay.  y..  'laywß.  In  der 
13.  Zeile  ist  nä^  (wie  auch  Eev.  pap.  p.  14)  durch  den  Strich  als  besonderes  Wort 
kenntlich  gemacht,  was  uns  sogleich  auf  das  Wesen  und  die  eigentliche  Bedeutung 
dieser  koptischen   „Accentuation"  führt,  worüber  man  mir  noch  einige  Worte  gestatte. 

Die  Worttrennung  ist  etwas  den  Kopten  Unbekanntes  und  daher  von  ihnen  nicht 
weiter  Erwosrenes.  Statt  ihrer  wenden  sie  in  alten  Handschriften  bald  einen  schräji^en 
Strich  '  an,  besonders  nach  vocalischem  Auslaut,  oder  hinter  griechischen  Wörtern, 
aber  auch  sonst;  oder  ein  Kolon  •  oder  einen  Apostroph  ',  oder  über  vocalischem 
Auslaut  €,  o,  I  einen  Circumflex  ^.  Alle  diese  Bezeichnungen  sind  nicht  nothwendig, 
sondern  statthaft  und  in  unsern  Drucken  natürlich  vollständig  überflüssig.  Denn  unser 
Auge  kann  die  Worttrenmuig  nicht  becpTem  entbehren;  es  empfiehlt  sich  vielleicht 
aus  praktischen  Gründen,  die  Partikeln  n,  ak,  e  (sowohl  für  <n=>  als  für  [1  ^)  und  c^ 
vom  folgenden  Worte  zu  trennen,  so  lauge  sie  keine  Suffixe  haben,  den  Artikel  aber 
und  das  Demonstrativ,  das  Relativ  e-v,  nt  und  alle  suffigierten  Hülfsverba  mit  demselben 
zu  verbinden.  Wo  die  Einheit  des  Sinnes  die  Einheit  des  Wortes  fordert,  scheint  es 
rathsam  nicht  zu  trennen  —  in  Anerkennung  der  in  der  posthumen  Abhandlung  Pey- 
rons  vertretenen  Grundsätze.  Was  nun  den  Punkt  im  M  und  der  Strich  im  S  über 
Consonanten  anbetrifi't,  so  bedeuten  sie,  wie  schon  Revillout  (Mel.  d'arch.  3,  10)  be- 
merkt hat,  dafs  die  bezeichneten  Buchstaben  für  sich  eine  Silbe  bilden,  imd  dafs  die 
Aussprache  nöthigenfalls  den  kurzen  Vocal  e  vorzusetzen  oder  einzuschalten  hat,  der 
auch  in  den  meisten  Fällen  gelegentlich  dafür  geschrieben  wird.  Dieser  Strich  imd 
Punkt  ist  hiernach  in  unsern  Drucken  da,  wo  es  nicht  auf  diplomatis-ihe  Treue  an- 
kommt, meist  zu  entbehren;  denn  wie  wollte  man  e^STT,  oTt^  cAcA,  öTT,  üuje.'s.e,  mto«  u.  s.  w. 


gleich  der  ersten  in  der  vorigen  Anmerkung  mitgetheilten  die  Amma  Sibylla ;  aaucc  oder  a>av&. 
ist  der  Ehrentitel,  den  Frauen  durch  ascetisches  Leben  erwerben,  gleich  wie  aßßct  oder  äua., 
arab.  Lo!  anbä,  frommen  Mönchen  zukommt. 

')     Zoega   hat   beiläufig   nicht   bemerkt,   dafs   sein  Codex  No.  CCCXI  ebenso  wie  CCLII 
ein  Bruchstück  der  XVII.  Homilie  des  heiligen  Chrysostomus  über  den  Hebräerbrief  enthält. 

4* 


28 


Erschienene  Schriften. 


ohne  diese  Zeichen  aussprechen  ^ )  ?  Doch  scheint  es  thunhch,  diese  diacritischen  Zei- 
chen beizubehalten,  wo  sie  dem  Verständnifs  zu  Hülfe  kommen  oder  die  Aussprache 
sich  von  der  gewöhnlichen  entfernt,  wie  z.  B.  la^p,  und  wo  in  Compositis  einconso- 
nantige  Wörter  nach  oder  vor  einem  Vocale  stehen,  z.  B.  Me»nuiu)nj,  Mö^ätycone,  pd.iTÄ>c 
u.  u.  Wir  sehen  die  besten  memphitischen  Texte,  welche  wir  haben,  von  Punkten  uud 
Accenten  wimmeln,  ohne  dafs  dieselben  irgend  einen  Nutzen  für  die  Aussprache  oder 
das  Verständnifs  gewährten.  In  -»«.mio,  kiio\  aiwVchc,  oiomi,  otoaiot  bezeichnet  der 
Punkt  der  Handschriften  ähnlich  dem  franz.  treina,  dafs  der  betreffende  Vocal  nach 
der  Ansicht  der  Schreiber  für  sich  allein  eine  Silbe  ausmacht  —  für  uns  kein  Grund 
ihn  beizubehalten;  auch  ctcmi  für  e-vcMi  wird  niemand  verkennen,  um  so  weniger,  wenn 
man  das  Wort  e  nicht  mit  dem  folgenden  Worte  verbindet,  l-i-xe  bedarf  aber  erst 
recht  keinen  Punkt,  denn  wie  wollte  man's  sprechen,  wenn  nicht  oi^e^  da  doch  nege 
nach  aller  memph.  Orthographie  ne-xe  geschrieben  werden  müfste?  Übrigens  ist  die 
memphitische  Punctation  um  vieles  unklarer  und  verworrener  als  die  des  Sahidischen, 
und  sie  verdient  gewifs  das  Urtheil,  welches  De  Lagarde  in  seinem  Pentateuch  p.  IX. 
darüber  fällt.  Sobald  wir  die  Worttrennung  in  koptische  Texte  einführen,  gewinnen 
die  Striche,  Haken  und  Punkte  eine  ganz  andere  Bedeutung;  ursprünglich  haben  sie 
keinen  andern  Zweck  als  den,  den  fortlaufenden  Text  verständlicher  zu  machen;  sie 
übernahmen  theilweise  die  Kolle,  welche  in  der  Hieroglyphik  und  in  der  demotischen 
Schrift  den  Determinativen  zukam. 

Berlin,  im  November  1877.  Ludw.   Stern. 


^)  Die  Annahme,  dafs  der  Strich  ein  einzuschaltendes  e  bedeute,  ist  unrichtig  und  ver- 
anlafst  Irrthümer,  wie  wenn  man  für  S.  ^op^  ho7'es  schreibt,  während  es  doch  selbst  im  Bo- 
hairischen  g^opuj  ho7's  heifst.  Wenn  man  sarex  für  CA.pc  schreibt,  so  ist  das  zwar  erträglich; 
denn  es  findet  sich  die  Orthographie  CA>pc^  (z.  B.  mittelägypt.  Hebr.  9,  13)  nicht  selten;  aber 
mastigex  für  MAcriic^  ist  doch  wohl  nie  gesprochen  worden.  Wenn  die  Kopten  nnovre 
oder  ÄvAve'A.oc  schreiben,  so  wollen  sie  weniger  ausdrücken,  dafs  der  Hülfsvocal  vor  dem  Con- 
sonanten  zu  sprechen  ist,  eine  Sache  die  sich  bei  AiA\eAoc  von  selbst  versteht,  als  dafs 
sie  ihre  Schrift  deutlicher  machen  wollten.  Denn  auch  der  Artikel  des  Sg.  nuoTr-re  wurde 
schon  ziemlich  früh  wie  ep  gesprochen.  Nach  Ibn  Faqlh,  einem  alten  arabischen  Geographen 
(c.   340  d.U.),   heifst  „Gott"    auf  koptisch   ebnfideh.     Er    sagt  (Ms.  or.  Berol.  Spr.  3):     iü_^AJls 


Erschienene  Schriften. 
J.  Lieblein,    Egypten    i   dess    minnesmärken    och   i    dess   förhallande    tili  Palestina   och    Grekland.     (Ut    var 

tids    forskning    populära   skildringar    utgivna   af  Prof.  Akel  Key    och  Prof.  Gust.  Retzius.   19.)     Stockholm. 

1877.     8.     120  pp. 
S.  Birch,  on  Obelisks  (Brit.  Archaeol.  Assoc.  Proceedings.     Nov.   1877.) 
G.  Maspero,  Üeux  monuments  nouveaux  du  regne  de  Bamses  II  (Rev.  Archeol.   1877.) 
G.  Maspero,    Fragments   d'un    commentaire  sur  le  second  livre  d'Herodote  (Annuaire  de  1' Assoc.  pour  fen- 

couragement  des  etudes  grecques  en  "France.   1875.   1876.   1877.) 
R.  Lepsius,    Weitere   Erörterungen    über    das    babylonisch -assyrische   Längenmafssystem    (Monatsbericht   der 

Berliner  Akademie.     Dec.  1877.     Febr.   1878). 


Leipzig,  J.    0.  Hinrichssche   Buchhandlung.    —    Verantwortl.   Redaeteur   Dr.  R.  Lepsius,   Berlin,  Bcndlerstr.  18.  (W.) 
Buchdruckerei  der  Köuigl.  Akaaemie  der  Wissenschaften  in  Berlin  (G.Vogt). 


Beilage  xifr  Zr/lrcÄr  /i'i^  Je^.  'ip7:'/S7(f. 


Taf  I. 


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Bert  Mus.  N?  2173. 


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C  ^-^  CC  j;^  0  C  T  IC  -X  e«CA.C£P€TTx) 
Tr2£D e I c •  CTTE.^  £  1/ fO^xro NN 

rFC>t:x>CH  N43NO  Acer  r  o^^NH 


GraOste/n  im  Mas.  van  Mirairuir. 
SAHIDISCHE    INSCHRIFTEN. 


'i  d.  not  Gr. 


29 

Zeitschrift 


für 


Ägyptische  Sprache  und  Alterthiimskunde 


Sechszehiiter  Jahrgang'.  Zweites  Heft. 

Inhalt: 

Trois  reines  de  la  XXI.  dynastie,  par  Ed.  Naville  (Mit  1  litbograph.  Tafel).  —  Offenes 
Sendschreiben  an  Hrn.  Naville,  von  H.  Brugscb.  —  Ein  wichtiges  Denkmal  aus  den  Zeiten 
Königs  S^sonql.,  von  H.  Brugscb.  —  Historische  Notiz,  von  H.  Brugscb.  —  Aesopische 
Fabeln  in  einem  ägyptischen  Papyrus,  von  H.  Brugscb  (Mit  1  litbograph.  Tafel).  —  Ein 
strophisch  angeordneter  Text  von  einer  Mumienbinde,  von  G.  Ebers.  —  Koptische  Briefe, 
von  Ludw.   Stern.   —   Soss,  Ner,  Sar,    von  Fried r.   Delitzsch.  —  Erschienene  Schriften. 

Trois  reines  de  la  XXI.  dynastie. 

(Avec  la  planche  II.) 

Le  musee  du  Louvre  a  fait  dernierement  mie  acquisition  importante.  C'est  un  pa- 
pyrus  funeraire  d'euviron  8  metres  de  lougueur,  d'une  conservation  excellente,  et  au- 
quel  il  ne  manque  que  le  conimencement  ^).  Ce  beau  document  a  ete  ecrit  pour  une 
reine  de  la  transition  entre  la  XX.  et  la  XXI.  dynastie.  Compare  a  deux  autres  textes 
de  la  meme  epoque  publies  par  M.  Mariette,  (Pap.  d.  Boulaq  Vol.  III.  pl.  XII— XXI) 
il  souleve  une  question  importante,  eelle  du  role  preponderant  qu'ont  joue  les  reines 
sous  la  XXI.  dynastie,  dont  les  princes  sont  jusqu'ici  peu  connus. 

Le  papyrus  se  termine  par  une  seene  d'adoration  dans  laquelle  nous  voyons  Osiris 
et  Isis  dans  un  sanctuaire,  auxquels  le  pretre  Anmutef  fait  des  offrandes;  derriere.  le 
pretre  est  un  autel  charge  de  presents  de  toute  espece  aupres  duquel  sont  assis  un 
homme  et  une  femme  portant  tous  deux  l'uraeus  au  front.  L'inscription  qui  se  lit 
au-dessus  est  la  suivante: 

^=^   etc 


U 


n 


„Offrande  royale  ä  Osiris  etc.  dans  toutes  les  fetes;  de  la  part  du  premier  pro- 
„phete  d'Ammon,  Herbor,  et  de  la  mere  royale  du  roi,  de  la  mere  divine  de  Clionsu, 
„l'enfant,  de  la  recluse  d'Ammon -Ra,  le  roi  des  dieux,  de  la  superieure  des  favorites, 
„de  la  reine  Net'em  justifiee,  etc. 


1)  Gräces    ä   l'obligeance    de   MMrs.  .  Pierret  et   Revillout,    j'ai    pu    etudier  ce  papyrus   au 
moment  oü  il  venait  d'etre  deroule.     Je  leur  en  fais  ici  mes  sinceres  remerciments. 

Zeitschr.  f.  Aegypt.  Spr.,  Jahrg.  1878.  5 


30  Trois  reines  de  la  XXI.  Dynastie, 


Cette  inscription  presente  ce  caractere  special,  que  le  nom  de  Herhor  n'est  point 
renferme  dans  im  cartouche,  tandis  que  celui  de  la  reine  Net'em  est  inscrit  dans  un 
cartouche  qui,  il  est  vrai  est  reste  incomplet  comme  cela  arrive  qnelquefois  dans  le 
cours  du  texte.  Cette  difference  entre  ces  deux  noms  me  parait  indiquer  que  la  reine 
Net'em  u'est  pas  la  femme  de  Herhor,  comme  cela  a  ete  admis  jusqu'a  present,  mais 
sa  mere.  Si  nous  examinons  le  nom  de  la  reine  pendaut  tout  le  cours  du  papy- 
rus,  nous   voyons   que   ce  n'est   que   rarement    que   le   nom  de  Net'em   se  trouve  seul; 

presque  toujours  le  cartouche  est  ecrit  ainsi 


l 


la  mere  royale  Net'em.    Pas  une 


L2 


seule  fois  nous  ne  voyons  apparaitre  le  I  ,  qui  est  le  titre  habituel  des  femmes  de 
roi.  Quant  a  Herhor,  outre  l'exemple  cite,  il  n'apparait  qu'une  seule  fois,  dans  le  ta- 
bleau  ci-joint  (voir  la  planche  II)  qui  est  place  ä  la  fin  d'une  serie  de  vignettes  dont 
la  derniere  est  celle  du  chapitre  84.  Dans  cette  vignette  aussi,  Net'em  porte  simple- 
ment  le  titre  de  reine  ===  et  de  mere  royale.  Ainsi  le  fait  que  dans  uu  des  cas  seule- 
ment  le  nom  de  Herhor  se  trouve  dans  un  cartouche,  et  en  outre  le  titre  de  reine 
mere  donne  partout  a  Net'em  me  parait  prouver  que  Net'em  etait  reine  de  son  chef 
avant  Herhor,  et  qu'elle  a  transmis  le  pouvoir  royal  h  son  fils.  Herhor  n'etait  donc  pas 
simplement  un  usurpateur,  mais  il  avait  des  titres  au  pouvoir  royal  du  fait  de  sa  mere. 

Qui  etait  Net'em?  etait-elle  de  la  famille  des  Ramessides?  C'est  lä  une  question 
sur  laquelle  nous  n'avons  aucune  donnee.  Mais  cela  est  probable,  car  on  ne  voit  guere 
Sans  cela  comment  eile  serait  arrivee  au  pouvoir  royal.  Son  nom,  de  meme  que  celui 
de  Honttaui,  du  papyrus  de  Boulaq,  rappeile  ceux  de  deux  filles  de  Ramses  II;  ils 
avaient  dejä  ete  portes  dans  la  famille.  11  est  etrange,  cependant,  que  si  Net'em  etait 
de  famille  royale,  on  neu  voie  d'autre  indication  que  son  titre  de  I  \N-  Les  rei- 
nes egyptiennes  aimaient  beaucoup  a  faire  parade  de  la  noblesse  de  leur  race,  surtout 
lorsqu'elles  pouvaient,  comme  la  reine  Titi,  dire  qu'elles  etaient  fille,  soeur,  femme 
et  mere  de  roi.  Cette  circonstance  peut  s'expliquer  par  le  fait  que  le  papyrus  n'est 
pas  complet;  c'est  en  general  dans  les  tableaux  d'adoration  que  les  reines  citent  tous 
leurs  titres,  et  nous  n'avons  pas  celui  du  commencement  qui  devait  etre  le  plus  con- 
siderable.  Puis  il  parait  evident  que  ce  papyrus  n'a  pas  ete  ecrit  pour  la  reine.  De- 
puis  une  epoque  deja  ancienne,  les  papyrus  se  faisaient  en  fabrique;  on  laissait  en 
blanc  le  nom  du  defunt  et  quelques  uues  des  vignettes:  et  lorsque  le  papyrus  avait 
ete  achete,  on  remplissait  les  lacunes  au  nom  de  celui  a  qui  il  etait  destine.  L'etude 
des  papyrus  funeraires  fournit  de  curieuses  remarques  h  cet  egard.  Dans  ce  cas  ci, 
le  papyrus  avait  ete  fait  pour  un  homme;  il  est  pi-obable  meme  que  le  tableau  de  la 
fin  etait  fait  d'avance;  il  devait  representer  un  simple  particulier  et  sa  femme;  car 
dans  la  coiffure  de  Herhor  et  de  sa  mere  il  n'y  a  absolument  rien  qui  indique  la  roy- 
autc  sauf  les  uraeus  qui  pouvaient  facilement  etre  ajoutes  apres  coup. 

Le  peu  de  documents  que  nous  avons  jusqu'a  present  sur  la  XXI.  dynastie  rend 
le  classement  de  ces  princes  fort  difficile.  Ce  qui  est  incontestable,  c'est  qu'ä  ce  mo- 
ment-la  les  reines  prirent  une  graude  preponderance,  et  qu'elles  semblent  meme  avoir 
regle  dans  une  certaine  mesure  les  lois  de  l'heredite.  Le  titre  que  la  plupart  d'entre 
alles   portaient     ]       ,     ou     i  "^^^^      "1  ^  /..^wa  (J  '~~~' ,    leur    donnait    probablement    un 


par  Ed.  Xaville.  31 

rang  eleve,  peut-etre  uieme  le  droit  d'iuscrire  leur  nom  dans  uii  cartouclie,  saus  ce- 
pendant  quelles  fussent  reines  a  proprement  parier. 

A  cet  egard,  la  publication  recente  que  vient  de  faire  M.  Mariette  de  deux^-pa- 
pyrus  du  musee  de  Boulaq  no.  22  et  23,  nous  apporte  des  reuseignements  tres-curieux, 
mais  dout  rintelligence  est  encore  difficile.  II  s'agit  de  la  princesse  appelee  Tiu  Hatlior 
Honttaui,  ou  simplement  Honttaui.  Rien  de  plus  bizarre,  et  en  apparence  de  plus 
contradictoire,  que  les  titres  quelle  s  attribue. 

Relativement  a  sa  desceudance.  eile  se  donne  souvent  pour  n\  I  aaawv  I  ^i^ 
(  ^  (  ^  f^\  fille  de  la  reine  Teutamen.  Or  que  veut  dire  ici  1  ^  ?  ce  nest  pas 
fenime  de  roi,  comme  nous  allons  le  voir;  ce  pourrait  etre  femme  de  sang  royal;  c'est 
plus  probablement  femme  revetue  de  la  dignite  royale  sans  cependant  que  son  epoux 
le  füt.  En  effet,  le  pere  de  Honttaui,  par  consequent  le  mari  de  Tentamen,  se  uom- 
mait  tj:!^  (10^  (Mar.  Pap.  de  Boulaq  III  pl.  17)  et  etait  simple  -^^.  On  peut  donc  . 
conclure  de  lä  quil  y  a  eu  apres  Herhor,  comme  vraisemblablement  cela  avait  ete 
le  cas  avant  lui,  une  reine,  Tentamen  qui  a  possede  seule  le  pouvoir  royal.  Cela  me 
semble  coineider  avec  la  lacune  qui  se  trouve  apres  Herhor  dans  la  serie  des  rois. 
M.  de  Rouge  a  suppose  que  Piankhi,  le  fils  de  Herhor,  n'etait  pas  arrive  au  trone 
parcequ'un  Ramses  avait  reussi  ä  ressaisir  le  pouvoir.  C'est  peut-etre  la  reine  Ten- 
tamen, sans  doute  de  la  famille  des  Ramessides,  qui  mit  momentanement  de  cöte  la 
famille  de  Herhor,  et  qui  pendant  quelque  temps  revendiqua  avec  succes  les  droits 
des  descendants  des  Ramses. 

Quant  k  Honttaui,  eile  etait  femme  de  roi,  il  n'y  a  pas  k  en  douter;  eile  avait 
meme  la  premiere  place  dans  le  harem  du  souverain    I  <^  ^=5^      aaaa/>a  1/  1''^  ^<-=^:      mais 

voici  les  autres  titres  qu'elle  s'attribue,    eile  est  pl.  12    1        I   c^    I   ^r^  ^C\  c:,     \\  ^^'^'"^ 

femme  royale,  mere  royale,  mere  du  grand  pretre  d  Ammon,  et  mere  de 
la  grande  femme  royale.  Ailleurs  les  deux  premieres  designations  se  retrouvent 
sous  cette  forme    ]  c^  ^v\  ^,w^A^  ■===  c^  Vx  AA^AAA   |      aa^aaa  (1  •      H    semble    donc 

que  dans  ce  cas-ci  ==   le  souverain,   est  exactement  Tequivaleut  de   /s5\     I  V 

^         ^  r^umi,  ^       I  \>  .  .   l/>s\    I  k  D 

/vw>/v\  n  ,   en    d' autres   termes,    que   le   titre    de    souverain  est  attache  d  une  maniere 

I      AAAAAA 

indissoluble  au  titre  de  premier  prophete  d' Ammon.  II  en  est  de  ce  papyrus  comme 
de  celui  de  la  reine  Net'em,  c'est  ä  dire  qu'il  a  ete  ou  achete  ou  ecrit  au  moment  oü 
par  le  fait  de  la  mort  de  sa  mere,  la  couronne  passait  sur  la  tete  du  grand  pretre 
dont  vraisemblablement  le  pere  etait  dejä  mort. 

Qui  pouvait  etre  la  1  -^^si  l^tt.  grande  femme  royale,  dont  Honttaui  etait  mere? 
Dans  ce  cas-ci,  ce  ne  peut  pas  etre  reine,  ni  femme  de  roi,  puisque  Honttaui  serait 
ä  la  fois  mere  du  roi  et  de  la  reine ;  ä  moins  cependant  que  dejä  sous  la  XXI.  dy- 
nastie,  les  rois  aient  epouse  leurs  soeurs,  comme  le  firent  les  Ptolemees.  Je  crois  que 
ce  titre  qui  correspond  ä  quelquechose  comme  princesse  royale  est  ici  un  titre 
sacerdotal,    et  qu" apres  les  mots    1       -^^j    il  faut  suppleer   /vw^  Ij  •      C'est    donc 

quelquechose  qui  ressemble  ä  la  ]  et  qui  doit  remonter  assez  haut,  car  nous  retrou- 
vons  ce  titre  dans  la  XVIII.  et  la  XIX.  dynastie.  II  ne  serait  meme  pas  impossible 
que  ce  ftit  le  second  titre  de    la     ]       ou    | 


32  Trois  reines  de  la  XXI.  Dynastie,  par  Ed.  Naville. 


A  defaut  du  ^rand  pretre  d'Ammon,  la  couronne  devait  passer  ä  sa  soeur,  la 
cj^c  c|c::s>^  ou  I  /vww\(j'^^,  qui  devenait  ainsi  reine  de  son  fait;  et  voila  pourquoi 
des  »reines,  des  pretresses  d'Ammou,  comme  la  reine  Titi,  peuvent  porter  dans  leurs 
titres   celui   de    1   11  ^  soeur  de  roi,  et  etre  reines  elles- meines. 

Relativement  a  la  place  de  Honttaui  dans  la  XXI.  dynastie,  les  textes  nous  di- 
sent  clairement  qu'elle  fut  la  femnie  de  Pinet'em;  mais  ce  n'est  que  rarement  que  ce 
prince  fait  entourer  son  nom  d'un  cartouche;  il  semble  qu'il  n'ait  pas  considere  son 
titre  comme  hors  de  contestation.  Cela  vient  probablement  de  ce  quil  n'arriva  au 
trone  que  par  son  mariage  avec  Honttaui,  fille  de  la  reine  Tentamen. 

Nous  savons  egalement  que  le  fils  de  Pinet'em  fut  le  prince  Ramen;)(;eper,  le  heros 
d'une  longue  inscription  de  Thebes,  que  M.  Brugsch  a  traduite  dans  son  Histoire; 
c'est  sans-doute  lui  que  Honttaui  designe  sans  le  nommer  lorsqu'elle  nous  dit  qu'elle 
meme  est  mere  du  grand  pretre  d'Ammon,  et  mere  du  general  en  chef  des  troupes 
d'Egypte  (pl.  21)  o'^^.^^  1^  ^  I  ^^ /vwwn  ^  ^-  Ces  deux  titres  sont  exacte- 
ment  ceux  que  Rameu'\;eper  porte  dans  la  stele  publice  par  M.  Brugsch  (Brugsch, 
Rec.  I  pl.  22).  Apres  lui,  je  crois  qu'il  faut  de  nouveau  placer  une  reine,  cette  pal- 
lade d' Amnion  qui  est  la  fille  de  Honttaui  et  C|ue  je  crois  etre  (  Oj§U  J  d' apres  le 
tableau  publie  par  M.  Lepsius  (Denkin.  HI  pl.  250). 

En  resume,  il  nie  parait  ressortir  de  ces  donnees  genealogiques  des  deux  papyrus 
un  fait  important;  c'est  que  les  premiers  souverains  de  cette  dynastie  n'occuperent  le 
trone  qu'en  vertu  des  droits  que  leur  donnaient  des  femmes,  probablement  de  la  fa- 
mille  des  Ramessides.  Me  fondant  sur  ces  donnees  j'etablirais  la  serie  des  rois  de 
cette  maniere: 

1°.     La  reine  Net'em,  mere  de  Herhor,  qui  tj-ansmet  le  pouvoir  a  son  fils. 
2°.     Herhor,  fils  de  la  reine  Net'em. 

3°.     Tentamen  qui  reprend  ses  droits  au  detriment  de  Piankhi,  fils  de  Herhor. 
4°.     Honttaui  (fille  de  Tentamen)  qui  epouse  Pinet'em,  fils  de  Piankhi. 
5°.     Ramen-^eper,  fils  de  Pinet'em  et  de  Honttaui. 
6°.     Ramaka,  grande  pretresse  d'Ammon,  soeur  du  roi  precedent. 
II  est  probable  qu'en  meme  temps  que  ces  princes,   il  y  eut  une  dynastie  collate- 
rale  dont  Manethon  nous  a  conserve  les  noms. 

Edouard    Naville. 


Offenes  Sendschreiben  an  Hrn.  Ed.  Naville. 


Verehrter  Herr  College, 
In  dem  voijährigen  ersten  Hefte  der  Zeitschrift  haben  Sie  S.  31  unter  dem  Titel; 
Une  forme  rare  du  pronom  demonstratif  aus   dem   reichen  Schatze    der  von  Ihnen  ge- 


sammelten Varianten  des  Todtenbuches  die  Form    ^^   ^  ^^^    paß  des   demon- 

strativen   Pronomens    aufgeführt,    mit    dem    Bemerken,    dai's    dieselbe    bis  jetzt   in    den 
Grammatiken  nicht  angezeigt  sei.     Erlauben  Sie  mir  darüber  folgende  Bemerkungen. 


Offenes   Sendschreiben  an  Hrn.  Ed.  Nuville,  von  II.  Brugsch.  33 

Zunächst  liaben  Sie  übersehen,  dass  ich  bereits  vor  zwei  Jahren,  in  einem 
Aufsätze  der  Zeitschrift,  wek-her  erschienen  ist  unter  dem  Titel  „Eine  neue  Bau- 
urkunde des  Tempels  von  Edfu*'  (1875),  Seite  119  nach  dem  Originaltexte  der  in  Rede 
stehenden  Bauurkunde  eine  lange  Stelle  ausgezogen  und  übersetzt  habe,  in  welcher 
die  merkwürdige  Verbindung  Srf  SjrS   hir   vif  pen    auftritt,    die    ich    durch 

„nach  hier  und  dort"  übertragen  habe,  mit  der  Bemerkung  dazu:  „Philologisch 
möchte  ich  nebenbei  auf  den  Ausdruck  ////■  jjif  pen  „nach  hier  und  dort"  d.  h.  nach 
allen  Seiten  hin  aufmerksam  machen".  Über  die  Richtigkeit  der  von  mir  vorgeschla- 
genen AujQFassimg  kann  dem  ganzen  Zusammenhange  nach  nicht  der  mindeste  Zweifel 
obwalten,   ebensowenig  werden  Sie  Bedenken  ti-agen  in  jener  Gruppe  ^T^T'/  ^"^^ 


Variante  der  von  Ihnen  notirten  Form  a^   *^  £52  paß  wiederzuerkennen.   Dem- 

gemäfs  werden  Sie  als  nächste  Folgerung  zugeben,  dafs  möglicher  Weise  in  den  von 
Ihnen  aufgeführten  auch  mir  bereits  früher  bekannten  Stellen  des  Todtenbuches,  paß 
die  Bedeutung  von  hier  haben  könne,  unter  Berücksichtigung  des  auffallenden  Um- 
standes,  dafs  in  den  von  Ihnen  angezogenen  Stellen  (selbst  das  dritte  Beispiel  nicht 
ausgeschlossen,  da  in  den  vorangehenden  von  Ihnen  nicht  aufgeführten  Gruppen  es 
sich  um  [j handelt,  worüber  w^eiter  unten  das  Nähere)  überall  von  einer  bestimm- 
ten Ortlichkeit  die  Rede  ist.  Das  erste  Beispiel  würde  demnächst  zu  übertragen 
sein:  „Ich  schaue  den  grofsen  Gott,  welcher  lebt  hier  in  dem  „Feuerpfuhl",  das 
zweite:  „das  Land  hier  der  Unterwelt",  das  dritte:  „es  ist  Gott  Set  hier,  der  Sohn 
der  Nut^^   das  vierte  und  letzte  endlich:   „es  ist  hier  der  Berg  von  Baj.^ 

Diese  Möglichkeit  zugegeben,  möchte  ich  Ihnen  die  Beweise  nicht  vorenthalten, 
welche  mir  die  Möglichkeit  in   die  Gewifsheit  zu  verwandeln  scheinen. 

In  dem  vorjähi'igen  Bande  der  Transactions  of  Biblical  Archaeology,  welchem  Sie 
durch  Mittheihmg  der  Inschrift  aus  dem  Grabe  Königs  Seti  I.  einen  so  werthvollen 
Beitrag  gespendet  haben,  findet  sich  ein  besonderer  Aufsatz  über  die  längste  der  In- 
schriften des  Oasen-Tempels  von  Hibe,  welche  auf  Grund  alter  Abschriften  eines  eng- 
lischen Reisenden  Hr.  Birch  nach  der  Original-Zeichvmg  veröffentlicht  und  durch  eine 
Ubertragiuig  dem  allgemeinen  Verständnifs  zugänglich  gemacht  hat.  Mit  Hülfe  dieser 
Abschrift  (aus  den  zwanziger  Jahren  dieses  Jahrhunderts,  damals  als  der  Text 
noch  vollständiger  erhalten  gewesen  zu  sein  scheint)  und  meiner  eigenen  Copie  habe 
ich  den  ganzen  Text  so  herzustellen  versucht,  wie  sie  ihn  auf  den  drei  letzten  Tafeln 
(25 — 27)  meines  vor  kurzem  erschienenen  Werkes  über  meine  Reise  nach  der  grossen 
Oase  von  Khargeh  vorfinden.  Der  Inhalt  der  beregten  Inschrift  ist  in  mythologischer 
und  geographischer  Beziehung  unendlich  lehrreich.  Es  handelt  sich  um  das  Wesen 
luid  die  Verbreitung  des  Sonnencultes,  wobei  die  göttliche  Personification  des  leuchten- 
den Tagesgestirnes  als  Amo7i-rä  in  ihrer  höchsten  Potenz  gepriesen  wird.  Nachdem 
der  nächtliche  Lauf  der  Sonne  in  den  Regionen  der  geheimnifsvollen  Unterwelt  poe- 
tisch-lebendig geschildert  worden  ist,  bemerkt  (col.  17 — 18)  der  unbekannte  Verfasser 
des  prächtigen  Stückes: 

--1^,,^   AAAA/VA  '\n       (ü    AAAAAÄ  N III  h    A    AA/vAAA 

bes-nek  hir  maiui  sest-k  t-nek 

„du  steigst  empor  |  über  |      der  Tiefe,     |  deinem  geheimnifsvollen  |  Bist  du  gekommen  \ 

Aufenthalte. 


3-j.  Oifenes  Sendschreiben  an  Hrn.  Naville, 

em  pif  sehei-nek  em  pen 

von  1       hier,        |  so  spendest  du  Helle  |  nach  |      dort,      ]   [stehst  du  im  Zenith  so  er- 


hellst] du 


w 


^1  II       AAA^AA 


ni/au  inä  neu  hir  sa  ta 

dies  hier       |   gleichwie  |  jenes  dort  ]   auf  |  der  Oberfläche  |  der  Welt." 

Trotz  der  zerstörten  Stelle  (es  ist  ein  eigenthümliches  Mifsgeschick  der  ägypti- 
schen Texte,  dafs  sie  uns  in  entscheidenden  Fällen  meistens  im  Stiche  lassen)  ist  in 
diesem  Texte,  in  welchem  sich  wiederum  pif  und  peii  combinirt  findet,  nichts  unklar, 
nichts  undeutlich,  und  ich  glaube  kaum,  dafs  Sie  die  Richtigkeit  meiner  Aufiassiuig 
in  Zweifel  ziehen  werden.  Der  Sonnen-Gott  steigt  empor  aus  der  Tiefe,  welche  als 
sest  bezeichnet  wird.  Über  den  Ausdruck  Th  AAftA^^,  dessen  Bedeutung  unzweifelhaft 
ist  (vgl.  Sie  mein  Wörterbuch  S.  1672  und  die  daselbst  angeführten  schlagenden  Bei- 


spiele), dürften  keinerlei  Bedenken  obwalten.  Die  Gruppe  (znzi,  gewöhnlicher  ^S  ses-ta. 
auch  nur  .  ...  >  .-rry-»  hta,  seta-t  geschrieben,  ist  gleichfalls  wohl  bekannt,  denn  sie  be- 
zeichnet  die  verborgene  Welt  der  Todten,  die  unterirdische  Nachtregion  des  Sonnen- 
laufes, gewöhnlich  als  Göttin  personificirt,  wie  Sie  sich  durch  einen  Einblick  in  mein 
Kecueil  1.  Taf  33  überzeugen  können.  Aus  dieser  Welt  emporsteigend  am  östlichen 
Punkte  des  Horizontes  verbreitet  der  Sonnengott  sein  Licht  und   zwar      ^K\  £5^ 


em  pif^    ??von    hier    aus",    wo    er    eben    emporgestiegen    ist,    erleuchtet    er    das    was 
T  j^  t  em  poi    „im  dort,    dort"    d.  h.    jenseits    (bis   zum  Westpunkte   hin)    ge- 


legen ist.  Nichts  kann  einfacher,  nichts  klarer  als  diese  Auffassung  sein.  Wie  das 
absolute  pif  „hier,"  und  pen  „dort"  bedeutet,  so  die  Verbindiuig  em  pif  und  em  •pen 
„diesseits"  und  „jenseits." 

Ich  habe  die  im  Originale  zerstörte  Stelle,  welche  unmittelbar  hinter  dem  oben 
besprochenen  Theile  der  Inschrift  folgt,  in  der  Übersetzung  ergänzt  durch:  „[Stehst 
du  im  Scheitelpunkte  des  Himmels,  so  erhellst]  du  dies  wie  jenes  auf  dem  Rücken 
der  Welt"  d.  h.  oben  auf  der  Erde,  der  Welt.  Wie  Sie  auch  immer  über  die  zu  er- 
gänzende Stelle  denken  mögen,  so  viel  ist  gewifs,  dass  sie  im  Zusammenhange  stehen 
mufs  mit  dem,  was  ich  durch  meine  eigene  Übersetzung  angedeutet  habe,  die  ihrerseits 
bedingt  ist  durch  die  Anwesenheit  der  beiden  Pronomina  ^"XT^  \\  Srf  1/  (J  -L  -L  '^^^^ 
nifau  mä  nen  „dies  hier  wie  jenes",  lateinisch:  haec  sicut  illa  (im  plur.).  Wenn  ich  mit 
Bezug  auf  nifau  sage:  „Pronomina",  so  werde  ich  weiter  unten  darauf  zuräckkommen. 
Die  Sonne  kann  „dies  hier  und  jenes  (dort)"  eben  nur  zugleich  nach  zwei  Seiten 
hin,    nämlich  nach  Osten  und  nach  Westen  hin,  nach  ^^ pif  und  nach  i^ 

pen  hm,  mit  gleichvertheilten  Strahle  erleuchten,  wenn  sie,  wie  angemerkt,  im  Scheitel- 
punkte steht.  Dieser  letztere  Standpunkt  ward  im  Ägyptischen,  wie  aus  der  Inschrift 
der  Sphinxstele  hervorgeht  (s.  Zeits.  1876,  S.  91  in  der  von  mir  behandelten  Übertragung 
dieser  Stele  unter  dem  Titel :  „Der  Traum  Königs  Thutmes  IV.  bei  der  Sphinx")  unter 
anderem  ausgedrückt  durch:  f^  .  ^^^^  ^^'^  »'^  ^^  4p-^  w^^^'  Augenblick  (oder 
allgemeiner:  die  Zeit)  der  Sonne  im  Scheitelpunkte". 


von  G.  Brugsch.  35 


In    der   Verbindung       \\ '  "^  %ä  0  (1 1  1   ^'^^  «(/«m    mä     nen     „dies    hier    wie 
jenes    (dort)'^    verhält    sich  nifau   zu  netu  wie  ^  ^-^    pif    „hier"    zu       ^    ^-^    peu 

„dort".  Ein  weiterer  Schhifs  würde  sein,  dafs  m/au  („diese  hier")  eine  PJuralform  von 
pi/au  („hier")  darstelh,  wie  ?ien  („jene")  eine  solche  von  pen  („dort"),  so  wie  Sie  es 
ganz  richtig,  nur  vermuthungsweise  (wenn  ich  Ihren  Ausdruck  doit  avoir  richtig 
verstanden  habe)  in  Ihrer  Notiz  über  paß  ausgesprochen  habe.  Jene  beiden  Pronominal- 
fornien  ^^u^  IK  SjrS  yiifau  und  \  T  """^^  nen  „diese  hier"  und  „jene  dort"  spielen 
eine  grofse  Rolle  in  den  ägyptischen  Texten  und  es  liefsen  sich  ganze  Abhandlungen 
über  den  Gebrauch  derselben  niederschreiben.  Ich  gehe  sogar  so  weit  die  Behauptung 
aufzustellen,  dafs  alle  «J/Vm  der  hieroglyphischen  Texte  durchaus  nichts,  ihrer  Grund- 
bedeutung nach,  mit  den  Vorstellungen  des  Schlechten,  Irrigen,  Sündhaften  zu 
thuu  haben,  wie  es  zuerst  von  Hrn.  Chabas  behauptet,  inid  später  von  mir  und  Hrn. 
Goodwin  angenommen  worden  ist.  Ein  sehr  einleuchtendes  und  belehrendes  Beispiel 
gewährt  in  dieser  Beziehung  folgende  zuerst  von  Hrn.  Chabas  (vovage  S.  35)  erklärte 
Stelle  des  Pap.  Anastasi  1  (S.  4  1.  8)  ^l  ^  ^  ^  1  ^  ^  ^"^  J  7^  ,^  4"  ^ 
^Qv   S^ri  ^  Q7\  ^cz:7/vw^A^»  J      I  v    ii    naik-ßes    aebennu    neu 

AAAAAA     I     *<-«=»^     _CC^  .     "    '=^         '    ■^   ^^3P«  ».      -l\  \ 1]   A'.^AAA   I      III    H ->        -\       ^yy^^^^ 

hir   ne/ai  X^''~^    "i^  penä    ben    set  ^es^    in    welcher    wiederum    das    J.    I  «<''««  je- 

nes",   illa^   einem  ^Qv   fx^  ne/ai  „dies  hier",  haec,  zur  Seite  gestellt  ist.     Hr.  Cha- 


bas überträgt  diesen  Satz  folgendermafsen :  „les  phrases  sont  brouillees,  cela  est 
pour  intriguer.  Tes  paroles  toutes  renversees,  non  elles  arrangent  (ton  intention", 
se\erlu-k,  was  indefs,  nebenbei  bemerkt,  zu  dem  nachfolgenden  Satze  gehört). 

.  Hr.  Goodwin  (Zeitschr.  1872  S.  32)  schlägt  dagegen  seinerseits  die  Übertragung 
vor:  „Thy  various  phrases,  they  are  füll  of  wildness,  all  thy  words  overthrow,  they 
do  not  raise  up.~ 

Ich  selber  (im  Wörterbuch  S.  757)  glaubte  meiner  Sache  sicher  zu  gehen,  indem 
ich  die  folgende  Übersetzung  vorlegte:  „deine  Sätze  sind  verwirrt,  sie  sind  falsch, 
alle  deine  Worte  sind  verdreht,  nicht  sind  sie  geordnet." 

Sie  sehen,  mein  verehrter  HeiT  College,   wie    I     I  ^^  rj-^    neu  niv  ne- 

jai  bei  dem  einen  Erklärer  als  „cela  est  pour  intriguer"^,  bei  dem  andern  als  „the 
are  füll  of  wildness",  bei  dem  dritten  endlich  als  „sie  sind  falsch"  aufgefafst  wor- 
den ist,  während  thatsächlich  von  uns  dreien  keiner  das  Richtige  getrofien  hatte,  wie  ich 
heute  sicher  weifs.  Berücksichtio-en  Sie  nämlich  zunächst  das  Verbum  i  v^  i  1  '^^^^^ 
sebenmi,  von  dem  ich  S.  1372  meines  Wörterbuches  ausführlich  gesprochen  habe,  so 
erscheint  dasselbe,  in  seiner  Grundbedeutung  „mischen,  sich  vermischen"  construirt 
bald  mit  ^v  em.  bald  mit  5  '""'^^  Iwnä  und  bald  mit  hir.  Die  letztere  Construction 
liegt  in  der  von  mir  angezogenen  Stelle  vor.  Vergleichen  Sie  des  Beweises  halber  den 
Satz:  ^  (^Jj  !  r-TT-i  jj  ^  ^ ''^^^^  Äirti«  sebe/m  hir  (ha?)  „die  Weiber  mischen  sich  unter 
die  Männer",  sind  vermengt  mit  den  Männern  (Wörterb.  1.  1.).  Nunmehr  wird  alles 
klar,  denn  unsere  Stelle  darf  nicht  anders  verstanden  werden,  als  wie  folgt: 

^Deine  Sätze  n=D    V ^^^^^"^ '1\'^?^  vermengen  j  enes  mit  die- 

„sem,   alle   deine  Worte   sind  verkehrt,   sie  sind  nicht  geordnet." 

Die  Verbindung  ähnlicher  Art  zwischen  nen  und  einem  gegenüberstehendem  ne/ai, 
nifau  etc.  findet  sich  ungemein    häufig  in   den  Texten    aller  Epochen.     Das  Verstand- 


3ß  Offenes  Sendschreiben  an  Hrn.   Naville, 


iiifs  derselben  ist  indessen  leicht  wenn  man  einmal  Kenntnifs  von  dem  gegenseitigen 
Zusammenhange  der  beiden  grammatischen  Formen  hat,  obschon  die  Inschriften  oft 
die  wunderlichsten  (capriciösen)  Mittel  in  der  Wahl  der  Determinatif- Zeichen  anwen- 
den, um  den  einfachen  Sinn  zu  verhüllen. 

Ehe  ich  Ihnen  meine  weiteren  Bemerkungen  über  die  beiden  Gruppen  pif  und  pen 
in  Form  einer  Studie  vorlege,  gehe  ich  auf  ihren  grammatischen  Ursprung  zurück, 
den   ich  ganz  naturgemäfs  in  den  beiden  Pronominalformen     a<^      pefi^  (]  j]    pefi^ 

(D^vljlJ   P'i".,  D^     pui]  "id  pe7i    (  P^    pe7i,  pgn]    wiedererkenne.     In    dieser 

Beziehung  theile  ich  also  Ihre  Meinung  vollkommen.  Ohne  mich  auf  eine  Untersuchung 
über  die  Ableitung  dieser  Formen  aus  älteren  Wurzeln  einzulassen^  eine  Untersuchung 
die  recht  nützlich  sein  mag,  aber  zur  Kenntnifs  der  fertigen  Sprache  in  unserer  Epoche 
der  ägyptischen  Studien  zu  gar  nichts  hilft  —  scheint  mir  aus  meine  Bemerkungen 
im  Anfange  meines  Sendbriefes  so  viel  mit  vollster  Sicherheit  hervorzugehen,  dafs  be- 
deuten müssen  : 

^^     pefi  „der  hier,    dieser," 
pen   „der  da,  jener," 


AJVV\A\ 


ebenso  wie  die  zugehörigen  Pluralformen: 

"'u^  nK^  T^?   ni/au  „die  hier,    diese," 


u 


nen  „die  da,  jene. 

/W\AAA 


Aus  peß  und  pen  entstanden  die  Adverbien,  als  solche  durch  das  Determinativ  der 
örtlichen  Kichtung  £5^  gekennzeichnet: 

>lZ_^X^    oder  ^'^  ^-^  pefi,    |>i/'  „hier"   (ebräisch:  ns,  ^2,  ns   „hier").i) 

^    ^-^  pen  „dort". 

Die  Erscheinung,  dafs  aus  dem  demonstrativen  Pronomen  sich  Adverbien  mit 
den  Bedeutungen  von  hier,  dort,  u.  s.  w.  im  Sprach-  und  Schriftgebrauche  entwickel- 
ten, läfst  sich  in  vielen  Sprachen  nachweisen.  Ich  bleibe  zunächst  beim  Koptischen 
stehen,  in  welchem  z.  B.  aus  den  Pronominibus  Te>.i  haec  und  th  illa  (weibl.  Form 
von  n*.!,  c^iKi  hie  —  nn,  c!^h  ille,  beider  plur.  h*>i,  nei  hi,  hae  —  nn  illi,  illae)  entstan- 
den ist  ein  tcki-th  hic-illic,  grade  wie  iid>i-nd>i,  irei-nH  iste-ille,  aber  auch  hinc-hinc 
bedeutet.  Im  Ebräischen  ist  dieselbe  Erscheinung  nachweisbar.  Aus  dem  Pronomen 
nj  hie  „dieser",  entwickelte  sich  ein  r\\  hie  „hier",  aus  Nin  „er",  ein  Nn  „hie",  aus 
■,n  eae,  ea,  selbst  aurai',  ipsae,  ein  n:n  „hier,  hierhin",  n;(n  ron  „hierhin  und  dort- 
hin", nin  r;:ri  „hier-dort".  Wie  der  Ebräer  aus  T\\  „dieser"  sein  n^c  „von  da", 
nia  „an    diesem    Orte"   u.  s.  w.  schuf,    so    der   Aegypter    sein  ^~^    H''     Pif 

„nach   hier   hin",  S^Shir  pen  „nach  dort  hin",     ^\  S:^  em  pif  ,,na,ch  hier, 

diesseits",   ^^^  ^^f-j^   ein  pen   ,,nach   dort    hin,  jenseits."     Zu  letzterem  bildet  wie- 

derum  das  Koptische  ein  Analogon  in  den  Wortformen  m  ne.i  hie,  hoc  loco,  huc,  cm- 


^)    Die   Grammatiker  bezeichnen  dieses  Wort,    dessen    Form    durchaus    an    das    ägyptische 
peß,  pui  f  D  Y^    )    erinnert,  als  eine  Prominalwurzel. 


von  H,  Bnigscb.  37 


n*.!  huc,  CM  n»>i  ncAi  cm  n*>i  hinc  et  inde,  m.  hh  cm  iih  illuc,  huc,  hinc,  in  denen  wie- 
derum nt^i  hl,  hae  sich  verhält  hh  zu  iUi,  illae,  wie  im  Hieroglyphischen  '^^'^^fapS 
ni/au    zu    4.  J.  ne7i.     Zu  gleicher  Zeit  führt  mich  die  Yerbinduus:  .u  «0.1,  €ai  ne.i, 

M  nn  direct  auf  die  älteren  Formen : 


m 


ma  nefa  „gleich  wie  diese  hier", 


,. gleich  wie  jene' 
ersteres  auch  in  der  schwächereu  Gestalt: 


^^^^^  ^S\      <J>  •^   cm  nifaii  ,,wie  diese  hier". 


In  dem  oben  aufgeführten  Aiifsatze  des  Hm,  Goodwiu  (Zeitschr.  1872  S.  31  fl.)  „On 
the  Word  nefav'-  war  es  zuerst  dieser  Gelehrte,  welcher  scharfsinnig  die  Rolle  heraus- 
erkannte, welche  mä-nefa  und  die  Variauten  in  der  ägyptischen  Grammatik  spielen, 
in  dem  er  dieser  Verbindung  die  Bedeutung  des  lateinischen  quo  modo  zuschrieb. 
Genauer  wäre  es  gewesen,  wie  Sie  sehen,  die  Übertragung  „wie  diese  hier"  zu 
Gnmde  zu  legen.         (Schlufs  folgt). 

Graz,  den  1.  JuH  1878.  H.  Brugsch. 


Ein  Avichtiges  Denkmal  aus  den  Zeiten 
Königs  Sesonfj  I. 


Bei  einem  Besuche,  welchen  ich  im  Anfang  des  vergangenen  Monats  Api-il  der 
Ruinenstätte  der  alten  Residenzstadt  Memphis  abstattete,  zunächst  in  der  Absicht  mich 
mit  eiixeneu  Augen  von  der  Hebung  des  gewalticren  Ramses-Colosses  zu  überzeugen, 
der  seither  in  seinem  ofl'eneu  mehr  als  dreitausendjährigen  Grabe  der  Auferstehung 
vergeblich  zu  harren  schien,  bis  endlich  englische  Theilnahme  und  englisches  Geld  ihn 
aus  seiner  traurigen  Lage  gegenwärtig  befreit  haben:  hatte  ich  die  besondere  Genug- 
thuung  ganz  unvermutheter  Weise  ein  ebenso  merkwürdiges  als  wichtiges  Denkmal 
aus  den  Zeiten  Königs  Sesonq  I.  zu  entdecken.  Der  eben  erwähnte  Colofs  des  zwei- 
ten Ramses,  der  bekannte  Abu-l-höl  der  arabischen  Legende,  liegt  —  oder  jetzt  rich- 
tiger gesagt:  lag  bekanntlich  in  einer  Vertiefung  am  nördlichen  Rande  des  grofsen 
Palmenwaldes,  der  sich  südwärts  von  dem  Gebiete  des  ehemaligen  Ptah-Tempels  hin- 
zieht. Dies  Gebiet  ist  heute  zu  Tage  eine  dem  Feldbau  zugänglich  gewordene  Ebene, 
ein  gewaltiges  Ackerfeld,  welches  regelmäfsig  von  den  Wassern  der  alljährlichen  Über- 
schwemmung gedüngt  wird  und  seinen  alten  Lrsprung  als  Ruinenstätte  durch  die  stets 
sich  wiedererzeugende  Salzkruste,  welche  sich  auf  seiner  Oberfläche  bildet,  in  der  un- 
zweideutigsten Weise  kennzeichnet.  Lenkt  mau  vom  Abu-l-hol  aus  den  Schritt  in 
westlicher  Richtung  und  verfolgt  den  Fufspfad,  der  einem  mit  Palmenbäumen  besetz- 
ten Hügelcomplex  zuführt  und  bei  dem  modernen  Araberdorfe  Mitrahinneh  endet,  so 
begeguet  man,  kaum  hundert  Schritt  vom  Ramses-Colofs  entfernt,  der  Stelle,  hai-t  am 
Fufse  des  ersten  Hügels,  au  welcher  ich  die  Freude  hatte  das  in  Rede  stehende  Deuk- 

Zeitsch.  f.  Aegypt.  Spr.  Jalir.  1878-  6 


38 


Ein  wichtiges  Denkmal  aus  den  Zeiten  Königs  gesonq  I., 


mal  zu  entdecken.  Der  Glanz  eines  weifsschillerndeu  Alabaster-Blockes,  auf  dessen 
Vorderseite  sich  hieroglypbische  Charaktere  in  deutlich  ei-kennbaren  Zeichnungen  dem 
Auge  darstellten,  veranlafste  mich  mit  den  Händen  eine  gröfsere  Fläche  von  der  sie 
bedeckenden  Erdschicht  zu  befreien,  um  mich  zu  vergewissern,  ob  ich  es  an  dieser  ein- 
samen Stelle  mit  einem  erhaltenen  Denkmale  oder  nur  mit  einem  Fragmente  eines  zer- 
störten Baues  zu  thun  habe.  Die  hereinbrechende  Nacht  verhinderte  mich  meine 
Untersuchungen  fortzusetzen  und  ich  kehrte  nach  Kairo  zurück,  um  die  neue  Bekannt- 
schaft baldmöglichst  fortzusetzen.  Die  Gelegenheit  dazu  liefs  glücklicher  Weise  nicht 
lange  auf  sich  warten. 

In  einer  Unterredung,  welche  ich  die  Ehre  hatte  mit  dem  Khedive  von  Ägypten 
zu  pflegen,  liefs  ich  eine  Bemerkung  über  meinen  unerwarteten  Fund  auf  der  Ruinen- 
stätte des  alten  Tempels  von  Memphis  fallen.  AVie  in  allen  ähnlichen  Fällen,  so  hatte 
auch  diesmal  der  Khedive  die  Güte  mir  im  Interesse  der  Wissenschaft  für  den  nächsten 
Tag,  also  ohne  Verzug,  eine  entsprechende  Zahl  von  Arbeitern  zu  Gebote  zu  stellen. 
Am  14.  April  in  der  Frühe  zog  ich  mit  meiner  Mannschaft  nach  Mitrahinneh,  wo  ich 
an  Ort  und  Stelle  die  Freilegung  des  Deukmales  sofort  in  Angrifl"  nehmen  liefs.  Nach 
einer  achtstündigen  Arbeit  ward  die  ganze  Vorderseite  eines  Alabaster-Blockes,  dessen 
Länge  ]'"90,  die  Höhe  0'"50,  die  Breite  l'"5  betrug,  von  der  ihn  umgebenden  Erde 
blofs  gelegt,  und  es  zeigte  sich  mir  eine  reiche  Zahl  hieroglyphischer  Inschriften,  in 
Begleitung  zugehöriger  Darstellungen,  welche  ich  nachstehend  der  Reihe  nach  be- 
sprechen will. 

In  der  Mitte  der  Vorderseite  des  gewaltigen  Alabaster-Blockes  erscheint  eine  Vcr^ 
tical-Columne  hieroglyphischer  Charaktere  folgenden  Inhaltes:  H  rJf  @  Jl  V=^  V^ 
r-]"©  d.  h.  y^Osiris-Apis-Tum-Hor-en-sopi^^.  Diese  vier  Götternamen,  welche  miteinander 
in  Verbindung  gebracht  sind,  waren  mir  nicht  unbekannt,  denn  sie  enthalten  die  Be- 
zeichnung des  Apis-Stieres,  wie  ich  sie  bereits  im  Jahre  1852  in  dem  Apis-Grabe  des 
Prinzen  j^ä-«i-?<5,  Sohnes  Ramses  II.,  im  Serapeum  von  Saqqarah  kennen  zu  lernen 
Gelegenheit  hatte. 

Rechts  und  links  von  dieser  Legende,  deren  hervorrragender  Platz  aiif  dem  Steine 
allein  schon  hinreicht  um  ihre  hohe  Bedeutung  für  den  ganzen  Zweck  des  Deukmales 
zu  kennzeichnen,    befinden    sich,    von  Königsringen  umrahmt,    folgende  hieroglyphische 


Gruppen : 


Rechts  —  Links 


o 


M 


LH 


O 

/Ol 


o 


^' 


Q 


In  den  Verzeichnissen  der  Pharaonen-Herrscher 
sind  beide  Legenden  durchaus  nicht  unbekannt, 
denn  sie  gehören  dem  Könige  Seso?iq  /.,  dem 
Sisaq  der  Bibel  an,  über  dessen  geschichtliche 
Bedeutung,  besonders  mit  Rücksicht  auf  seine 
Abstammmii;  von  einem  mächtigen  Zweite  des 
V  y  V  y  assyrischen  Königshauses,  ich  kurzweg  auf  den 
fw^  r>iirtr'.       betreffenden    Abschnitt     in    meiner    Geschichte 

Ägyptens  verweise. 
Linker  Hand  von  dem  Königsringe  mit  dem  Namen  Mi-ämun  Sesonq  erkennt  man 
die  halb  verwitterte  Zeichnung  eines  stehenden  Anubis,  welcher  in  der  erhobenen  Rech- 
ten ein  Libationsgefäfs  dieser  Gestalt   0  trägt,    dessen    Inhalt,    fliessendes  Wasser  (keb 


von  H.  Brugscb.  39 


oder  hehh)  sich  über  den  Königsring  hinweg  in  die  Vertical-Cohimne  mit  den  Namen 
des  Apis  zu  ergiefsen  scheint. 


Die  von  dem  Gotte  ausgehende  Handhing  wird  bezeichnet  als    ■<^>-  ri 

S  J|  «eine  dem  Osiris-Apis    dargebrachte  viermahge  Weihe." 

Als  Gegenstück  dazu,  auf  der  rechten  Seite  vom  Königsringe  mit  den  offiziellen 
Namen  des  Königs  Sesonq,  erscheint  diesmal  keine  göttliche,  sondern  eine  menschliche 
Person,  die  in  ihrer  äufserlichen  Auffassung  (Haarlocke,  Pardelfell)  sofort  an  die  den 
Denkmälern  sehr  geläufige  Darstellung  eines  Oberpriesters  des  Gottes  Ptak  von  Mem- 
phis erinnert.  In  der  linken  Hand  trägt  diese  priesterliche  Gestalt  das  wohlbekannte 
Scepter  () ,  während  die  erhobene  Rechte  das  Zeichen  i^^ — ,  trägt,  welches  in  den  Scenen 
einbalsamirter,  auf  dem  Todtenbette  ruhender  Ägypter  eine  so  eigenthümliche  Rolle  spielt. 

Eine  dazu  gehörige  Inschrift,  aus  zwei  kleinen  Vertical-Columnen  bestehend,  giebt 
uns  über  den  Zweck  der  Anwesenheit  jener  priesterlichen  Person  den  genügendsten 
Aufschlufs.     Die  Inschrift  lautete  nämlich  wie  folgt:    ^s>-  \J  ^'^     h     Jf  g  J|  Ü 

^y  nl  ^V\  X^  / "^^^  000   „Handlung  der  Mund  Öffnung  (ausgeführt)  sel- 

tnem  Vater  Osiris-Apis  durch    den  ^l?i-/nw?e/"  und  Libisten  in  dem  Grofshause  . . . ." 

Der  Text  endet  hier  noch  nicht,  sondern  setzt  sich  augenscheinlich  fort  in  einer 
aus  sechs  kurzen  Columnen  bestehenden  Inschrift,  welche  sich  über  dem  Kopfe  unseres 
Priesters  befindet   und  folgenden  Inhahes  ist:   "^^  8  f  0  ^  ^^  ^^  ^^'^  ^^  ff"?" 

ü  r^^J"*    "'"  X^^^'P  ^^   ^'^^•i    ^^'^^    (Namens)    Setes-no/er-tum,    den    Sohn    des 

ur  j^orp  ab  (Namens)  änj(^-nef-so j{^et.'^  Am  Schlüsse  jedes  der  beiden  Eigennamen  be- 
findet sich  aufserdem  das  Epitheton  oi-naus  maä-j(eru^  welches  bekanntlich  am  häufig- 
sten den  Eigennamen  verstorbener  Personen  angefügt  wird,  ohne  dafs  indefs  Lebende 
nicht  auch  denselben  Ehrentitel  trugen. 

Im  Grofsen  und  Ganzen  ist  so  viel  klar,  dafs  Setes-nofer-tum  Sohn  des  än^-nef- 
so^et  in  der  Gesammtdarstelluug  eine  besondere  Rolle  spielt,  und  dies  bestätigt  schliefs- 
lich  der  eigentlich  historische  Theil  der  hieroglyphischen  Inschriften,  welche  in  zwei 
Absätzen  das  Denkmal  schmücken  und  gleichsam  den  Abschlufs  des  Ganzen  bilden. 
Ich    gebe   nachstehend    den  Text   in    seiner  Originalform    und    in    seiner   Übertragung: 


AAAAA/* 


„Der  Auttrag  ward  zu  Theil  dem  vr  j(orp  ab  und  sem  (Namens)  Setes-nofer-tum 
„Seitens  Seiner  Majestät  (nämlich)  zuzubereiten  (dies)  Sanctuarium  seines  Vaters 
„Osiris-Apis  durch  ein  wohlgelungenes  Werk." 

Ehe  ich  mir  erlauben  will,  die  Folgerungen  zu  ziehen,  welche  sich  an  diesen 
Text,  so  klein  er  auch  sein  mag,  knüpfen,  möchte  ich  des  besseren  Verständnisses 
halber,  einige  Bemerkungen  vorausschicken. 

Wir  begegnen  sowohl  hier,  als  in  der  vorher  besprochenen  Inschrift  einem  eigen- 
thümlichen  Doppel-Priestertitel,  welchen  ich  umschrieben  habe  durch  ur  jo7y  ab  und 
sem.  Auf  Grund  der  Priesterverzeichnisse,  welche  den  Wänden  der  Tempel  von  Den- 
dera  und  Edfu  zur  dauernden  Erinnerung  überliefert  sind,  bezeichneten  die  in  Betrach- 
tung kommenden  Gruppen  den  Oberpriester  des  Gottes  Ptah  im  Haupttempel  von 
Memphis.  Die  grosse  wichtige  Nomenliste  von  Edfu  erwähnt  des  Oberpriesters  des 
Gottes  Ptah  von  Memphis  mit  folgenden  Worten: 

6* 


^Q  Ein  wichtiges  Denkmal  ans  den  Zeiten  Königs  S^hnq  I., 


•^_^  ö  Y    I  ^^^  M?i -<s>-  AAAwv  „ein  ü>'   jorp    ab    und    seni    vollzieht    das    zu 

„seiner  (des  Gottes  von  Memphis)  Verehrung  Erforderliche".  Ich  bemerke  aufserdem 
dazu,  dafs  nicht  selten  die  einfache  Schreibung  sem  durch  die  Lesungen  seteni  und  se- 
met  in  den  Texten  aller  Epochen  vertreten  wird.  Über  die  Bedeutung  dieses  Stammes 
sem  läfst  sich  nichts  Sicheres  bis  jetzt  feststellen,  nur  so  viel  lässt  sich  mit  einiger 
Bestimmtheit  angeben,  dafs  ein  Pardelfell  das  äul'sere  Abzeichen  des  sem  darstellt. 
Anders  verhält  es  sich  dagegen  mit  der  Hauptbezeichnung  nr  jorp  ab  für  denselben 
Oberpriester.  Das  Wort  ab  wird  ebensowohl  auf  die  bildende  Kunst,  wie  auf  den 
Künstler  angewendet.  Das  dem  Zeichen  ()  inhärirende  Wort  jorp  bedeutet  in  der  alt- 
ägyptischen Hierarchie  die  niedrigste  Rangstufe  eines  Vorgesetzten,  während  ur  die 
des  höchsten  Vorgesetzten  zu  bezeichnen  pflegt.  Der  in  Rede  stehende  Titel  des  ge- 
nannten Priesters  hat  daher  die  Bedeutung  eines  „obersten  Vorstehers  der  Kunst- 
meister". Ein  solcher  Titel,  Avelcher  dem  Priester  des  Ptah  von  Memphis  bereits  in 
den  ältesten  Zeiten  der  ägyptischen  Geschichte  zu  Theil  ward  (man  vergl.  Lieblein's 
Namen -Lexikon  Nr.  29)  entspricht  durchaus  der  Natur  und  der  Auffassung  des 
Künstler  -  Gottes  par  excellence,  dessen  Name  patah  (vergl.  mein  hieroglyphisches 
Wörterbuch)  und  Bild  in  den  Texten  der  Ptolemäer- Zeiten  geradezu  zum  Ausdruck 
eines  bildenden  Künstlers  dient  und  dessen  Tempel -Werkstatt  unter  der  Bezeichnung 
ha-nuh  „ Goldhaus '^  so  unendlich  oft  in  den  memphitischen  Inschriften  erwähnt  wird. 

Dem  namentlich  aufgeführten  Oberpriester  des  Gottes  ward  nach  den  unzweifel- 
haften Worten  unseres  Textes  durch  Seine  Majestät  d.  h.  doch  wohl  Sesonq  I.,  der 
ehrenvolle  Auftrag  zu  Theil  das  Sanctuarium  des  Apis-Osiris  durch  ein  wohlgelunge- 
nes AVerk  zuzubereiten.  Ich  habe  im  Deutschen  in  der  Übertragung  das  Wort 
„zubereiten"  gewählt,  um  auch  in  der  Übersetzung  den  Sinn  des  altägyptischen 
Ausdrucks   A    d.  i.  sojjet  möglichst  treu  wiederzugeben.     Das  Sanctuarium    des   Osiris- 

Apis  heifst  in  dem  altägyptischen  Texte   z""*^  äb-t,    wörtlicher    wohl     „des    reine 

*"  f  i-  — ' 

Haus,"    oder    „das    Haus,    die    Stätte   der  Reinigung",  und  mit  Bezug  auf  Verstorbene 

gesagt:  die  Stätte,  an  welcher  die  Einbalsamirung,  gleichsam  die  Läuterung  des  Da- 
hingeschiedenen statt  fand.  Unzählige  Beispiele  geben  dafür  die  schlagendsten  Beweise. 
Dafs  auch  in  dieser  Inschrift  mit  der  Örtlichkeit  äb-t  der  Ort  in  Memphis  gemeint 
sein  mufste,  an  welchem  der  verstorbene  Apis- Stier  einbalsamirt  Avard  oder  vielleicht 
auch  nach  seiner  Einbalsamirung  die  Todtenweihe  nach  vorgeschriebenem  Ritus  empfing, 
dafür  spricht  vor  allem  die  Anwesenheit  des  Anubis  und  des  Oberpriesters,  insofern 
beide  in  ihren  Händen  des  Zeichen  f^ — »  tragen,  welches  rcgelmäfsig  (wie  z.  B.  in  den 
Darstellungen  der  Königsgräber  von  Bibän-el-moluk)  den  Act  der  Weihe,  an  einer  ein- 
balsamirten  Mumie  ausgeführt,  zu  veranschaulichen  bestimmt  ist. 

Nach  diesen  Bemerkungen,  deren  Richtigkeit  kaum  Jemand  bezweifeln  dürfte, 
gehe  ich  auf  die  geschichtliche  Bedeutung  unseres  Denkmals  ein,  indem  ich  an  die 
Spitze  meiner  Besprechung  darüber  die  Behauptung  stelle:  dafs  das  Denkmal  von 
Memphis,  in  seinen  Darstellungen  und  Inschriften,  die  Thatsache  zu  überliefern  be- 
stimmt ward,  dafs  unter  der  Regierung  Königs  Sesonq  1  (um  die  Mitte  des  10.  saec. 
a.  Ch.)  dem  Oberpriester  des  Gottes  Ftah  von  Memphis  Setes-nofer-tum,  einem  Sohne 
des  Oberpriesters  desselben  Gottes  Ä7t:(-?ief-so2^et,  der  königliche  Befehl  zu  Theil  ward, 


von  H.   ßiugsch. 


41 


dem  Osiris-Apis  d.  h.  dem  gestorbenen  Apis -Stiere  der  Epoche  eine  künstlerisch  ge- 
hmgene  Weihestätte  anfi"ühi*en  zu  lassen. 

Die  genealogischen  Studien  haben  heute  zu  Tage  auf  dem  Gebiete  der  geschicht- 
lichen Forschungen  Aegypten's  eine  zu  hohe  Bedeutung  erreicht,  als  dafs  nicht  jede  An- 
gabe bekannter  und  unbekannter  Denkmäler,  insofern  sie  die  Abstammung  der  Könige, 
Prinzen  imd  der  bedeutendsten  Personen  der  äg.  Geschichte  betriflft,  mit  Sorgfalt  registrirt 
werden  sollte.  Wo  die  Namen  der  Könige  fehlen,  um  die  Epoche  eines  Denkmales 
genauer  zu  bestimmen,  müssen,  soweit  die  Monumente  es  gestatten,  die  leisesten  Spu- 
ren genealogischer  Angaben  benutzt  werden,  und  mit  welchem  Erfolge  dies  geschehen 
kann,  darüber  habe  ich  mich  bei  meinen  eigenen  historischen  Studien  oftmals  zu  über- 
zeugen gehabt.  Auch  die  vorliegende  Inschrift  eröffiiet  uns  eine  unverhoflPte  Quelle 
zur  Erweiterung  des  bekannten  Materiales. 

Der  Oberpriester  Sefes-nofer-tuvi  nennt  sich  einen  Sohn  des  Oberpriesters  Än^- 
nef-soxet.  Er  ist  aufserdem  ein  Zeitgenosse  Königs  Sesonq  I.  Die  Kamen  beider 
priesterlichen  Würdenträger  finden  sich  auf  einer  im  Louvre  befindlichen  Apis-Stele 
wieder,  aus  deren  Inschriften  Hr.  Lieblein  unter  No.  1027  seines  Namens -Lexikon's 
den  nachstehenden  genealogischen  Auszug  zusammengestellt  hat: 


1. 
2. 
3. 
4. 
5. 
6. 
7. 
8. 
9. 


^tfPK^ 


© 
I  I 


I 
idem 

I 
idem 

I 
idem 

I 
idem 

I 
idem 

I 

idem 
I 


O 


D 


^  II! 


{sie) 


LMIiH 


^:^ 


idem    P^(V) 


Ö 


D 


Pa-sepi  (?) 

Horsiesis 

Tempü 

AS-aj  (Asychis) 

Anj-nef-so^et 

Setes  -  nofer  -  tum 

Sesoqti  (sie) 

Oasarkon 

^akelo^. 


Die  hieran  sich  reihenden  Nachkommen,   nämlich 

"^^'      T^l  ^^  ^  TJasarkon 

I ' 
11.      J^T<=>     1  Pa-Xar 


1 


12. 


c.    III 


IM 


Äs-ax  (Asychis) 


lasse  ich  bei  Seite,  da  sie  nicht  mehr  die  Würde  ihrer  neun  Vorfahren  bekleideten, 
welche  ohne  Ausnahme  als  ur  jorjy  ab  und  se7n  (oder  semet)  d.  h.  als  Oberpriester 
des  Ptah  von  Memphis  bezeichnet  werden. 

Eine   Aufeinanderfolge    von    neun    Oberpriestern   von   Memphis,    von   denen   zwei, 
Änj-nef-soxet  und  sein  Sohn  Setes-nofer-tum  historisch  sicher  gegenwärtig  ihrer  Epoche 


42 


Ein  wichtiges  Denkmal  aus  den  Zeiten  Königs   SeSonq  I., 


20. 

Dynastie. 

König 

Ramses  XI. 

21. 

Dynastie. 

König 

Hirhor 

?i 

Piänji 

J5 

Pinot'eni 

55 

Pi-sebj(än 

22. 

Dynastie. 

König 

Sesonq  I. 

55 

üsarkon  I. 

55 

11 

^akelo^  I. 
üsarkon  II 

nach  bestimmt  werden  können,  ist  ein  unschätzbarer  Gewinn  für  die  Wissenschaft 
auf  dem  Gebiete  der  geschichthchen  Forschung.  Ausgehend  von  dem  Epochenkönig 
Sesonq  J.,  dem  Zeitgenossen  des  Oberpriesters  Setes-nofer-ttim,  erhahen  wir  nunmehr 
in  auf-  und  absteigender  Linie  folgende  Reihe  königlicher  und  oberpriesterlicher  Zeit- 
genossen: 

istie.         König    Ramses'K.lI.    Oberpriester  von  Memphis:   Pa-sepi  (?) 

„  „  „  Horsiesia 

55  55  55  Tem-pit 

55  55  55  ^«-«yf     (Asychls) 

„  „  „  Än;(-ne/-sojet 

,,  „  „  Setes-no/er-tum 

„  „  „  Sesoqn  (1.  Sesonq) 

„  „  „  Uasorkon 

5?  55  55  ^akeloB 

Eine  Vergleichung  der  Eigennamen  der  Könige  und  Oberpriester,  welche  in  dieser 
Epochenreihe  vins  entgegentreten,  führt  zu  folgendem  interessanten  Schlüsse.  Unter 
den  Königen  thebanischen  Ursprungs,  welche  zur  20.  imd  21.  Dynastie  gehören,  führte 
kein  Oberpriester  in  Memphis  den  Namen  seines  königlichen  Zeitgenossen.  Als  Se- 
sonq I.  dagegen,  der  erste  König  der  22.  Dynastie,  den  Thron  bestieg,  taufte  der  Ober- 
priester seinerzeit,  Sef.es-nofer-tum,  seinen  Sohn  und  Nachfolger  sofort  auf  den  Namen 
des  Königs  und  jeder  seiner  Nachkommen,  Träger  derselben  priesterlichen  Würde, 
liefs  es  sich  angelegen  sein,  den  Namen  seines  königlichen  Gebieters  auf  seinen  Erben 
zu  übertragen.  Diese  Thatsache,  grade  in  ihrem  Gegensatze,  kann  nicht  auf  Zufällig- 
keiten, sondern  mufs  auf  historischen  Gründen  beruhen.  Unter  den  aufgezählten  the- 
banischen Königen  hatte  sich  die  priesterliche  Macht  nur  in  den  Amonsstädten  The- 
ben und  Tanis  zu  einer  besonderen  Höhe  emporgeschwungen.  Memphis  ward  bei 
Seite  gesetzt.  Erst  mit  dem  Usurpator  Sesonq  I.  erhebt  sich,  unter  der  22.  Dynastie, 
das  Oberpriesterthum  von  Memphis  zu  einer  gewissen  ausgezeichneten  Stellung.  Ich 
ei'innere  nur  daran,  dafs  unter  dem  Könige  Pimm  (derselben  Dynastie  angehörig)  einem 
späten  Nachkommen  Sesonq''s,  ein  Abkömmling  desselben  königlichen  Stammes,  Namens 
AK^  A   n      M^   Petisis^    Sohn    der  Prinzessin  ^es-best-pir,   das  Amt  eines  '^=i  (|  ¥    I  ^\ 

Oberpriesters  in  der  Stadt  Ptah  d.  i.  Memphis  bekleidete. 


Es  Aväre  von  besonderem  Interesse,  wenn  einer  meiner  verelu'ten  Collegen  in 
Paris  sich  der  Aufgabe  unterziehen  wollte,  die  im  Louvre  befindliche  Apis-Stele,  aus 
welcher  die  oben  mitgetheilte  Genealogie  entlehnt  ist,  ihrem  Inhalte  nach  genauer  zu 
studiren  und  das  Ergebnifs  seiner  Untersuchungen  der  Öffentlichkeit  zu  übergeben. 
Vielleicht  dafs  die  Inschriften,  welche  die  Stele  bedecken,  noch  andere  Anhaltspunkte 
gewähren,  welche  für  Chronologie  und  Geschichte  nicht  ohne  Werth  sein  dürften. 
Ich  würde  das  als  den  eigentlichen  Gewinn  dieser  meiner  Notiz  über  das  Sesonq- 
Denkmal  von  Memphis  ansehen. 

Zum  Schlufs  noch  eine  Bemerkung  über  die  Anlage  des  beregten  Denkmales 
selber.  Der  Alabasterblock,  auf  dessen  nach  Süden  gerichteter  Seite  sich  die  be- 
sprochenen Darstellungen  und  Inschriften  befinden ,  erhebt  sich  kaum  1  Meter  über 
dem  Thalniveau.     Zwei  gewaltige  Blöcke,  gleichfalls  aus  Alabaster  bestehend,  schliefsen 


von  H.  Brugsch.  43 

sich  in  der  Axe  von  S  —  N  an  den  vorigen  an  und  bilden  eine  Art  von  Platte,  in 
Gestalt  eines  Rechteckes,  deren  Fundamente  aus  roh  gemeifselten  Alabaster  Stücken 
bestehen.  Unterhalb  dieser  Werkstücke  beginnt  bereits  das  Reich  des  infiltrirten  Erd- 
bodens. Die  Stelle,  an  welcher  sich  die  Inschrift  befindet,  die  eigenthümliche  Ge- 
stalt des  tischartigen  Aufbaues,  der  Maugel  an  Nebenconstructionen  in  der  Um- 
gebung des  Denkmales,  alles  das  führt  zu  dem  Schlüsse,  dafs  die  oranze  Anlage 
eine  frei  stehende  war.  War  hier  der  Platz  an  welchem  in  der  Nähe  des  Apis-Tempels 
von  Memphis,  der  jedesmalige  todte  Apis  ausgestellt  war,  um  die  Todtenweihe  von 
den  Händen  der  Priester  zu  empfangen?  In  dichter  Nähe  des  Denkmales  erheben 
sich  Hügel,  mit  Palmen  besetzt,  unter  denen  wahrscheinlich  die  Auflösung  des 
Räthsels  begraben  liegt,  ich  meine  Tempelreste,  welche  sicherlich  einst  dem  Apieum 
von  Memphis  angehört  haben.  Leider  verhindert  mich  die  Rücksicht  auf  die  frucht- 
beladenen  Palmeubäume,  welche  einer  unvermeidlichen  Zerstörunor  anheim  gefallen 
wären,  meine  Untersuchungen  auch  auf  die  Nachgrabungen  in  den  nächsten  Hiigeln 
auszudehnen. 

H.  Bruo-sch. 


Historische  Notiz. 


Im  Aufauge  des  Monates  April  laufenden  Jahres  hatte  ich  Gelegenheit  in  Kairo 
zwei  demotisch  abgefafste  Urkunden  kennen  zu  lernen,  deren  Inhalt  und  Datirung  mein 
ganz  besonderes  Interesse  erregte.  Beide  beziehen  sich  nämlich  auf  die  Regierungs- 
zeit eines  Königs,  dessen  Name  iu  demotischer  Schreibung  sich  folgendermafsen 
darstellt : 


Wer  den  so  überaus  lehrreichen  Artikel  des  Hrn.  Revillout  in  der  Revue  archeologi- 
que  1877  p.  333  fll.  gelesen  hat,  wird  mit  mir  einer  Überzeugung  sein,  dass  wir  es 
auch  iu  dieser  Urkunde  mit  demselben  Könige  zu  thun  haben,  welcher,  nach  der  Mit- 
theilung des  genannten  Gelehrten,  in  einem  demotischen  Papyrus  des  British  Museum 
unter  der  Gestalt: 

auftritt.  Hr.  Revillout  hat  den  Eigennamen  dieses  bisher  unbekannten  Pharao's  durch 
Horhotep  umschrieben.  Es  kann  auch  nicht  der  mindeste  Zweifel  bestehen  über  die 
Identität  dieses  Namens  mit  demjenigen,  welchen  ich  oben  aus  den  beiden  Kairenser  Pa- 
pyri ausgezogen  habe,  nur  will  es  mir  scheinen,  dafs  möglicherweise  die  Abschrift  und 
die  Transscribirung  meines  verehrten  französischen  Collegen  verbessert  worden  mufs. 
Wemi  es  sicher  fest  steht,  dass  die  Aufangsgruppe  des  demotisch  niedergeschriebenen 
Eigennamens  dem  hieroglyphischen  Gottesnamen  ^^  Hur,  Hör  d.  i.  Horus  entspricht, 
so  kann  die  folgende  Gruppe  «^^^,  wie   mir   scheint,    durchaus  nicht   zusammengestellt 


44  Historische  Notiz, 


werden  mit  dem  hieroglyphischen  =^=.  g  hotep^  da  hierfür  die  demotischen  Texte 
die  Schreibung  ^  oder  2 %  anzuwenden  pflegen.  Dagegen  ist  wohl  zu  bemer- 
ken, dafs  die  beregte  Gruppe  ^^.^  in  dem  demotisch  abgefafsten  Exemplare  des  Todten- 
buches,  welches  in  der  National-Bibliothek  zu  Paris  aufbewahrt  wird,  an  der  entspre- 
chenden Stelle  Kap.  125  Col.  10  und  18,   auftritt,  an  welcher  der  hieroglyphische  Ur- 

— fö — 
text    zweimal  ein  deutliches  set  oder  seta^  sat  darbietet.    Demnach  würde  der  un- 

bekannte  Königsname:  (^j^'  "y^J  Hor-sat  gelesen  werden  müssen.  Ein  so  lauten- 
der Eigenname  ist,  nach  meinem  Wissen,  bisher  noch  nicht  nachgewiesen  worden, 
aber  es  ist  das  grofse  und  unbestreitbare  Verdienst  meines  im  Demotischen  so  kundi- 
gen Fachgenossen  die  Beweise  geliefert  zu  haben,  dafs  dieser  König  sowohl  als  ein 
anderer  >j\  jS  C^\  \  ^-  ^-  {\  '^\\  ö.nj(^-tu  oder  änj-ut  genannter  Pharao  unter  die 
Zahl  der  Usurpatoren  gehörte,  welche  um  die  Epoche  Königs  Ptolemäus  Epiphanes 
in  Oberägypten  die  Herrschaft  an  sich  gerissen  und  mit  Erfolg  den  Ptolemäern  die 
Spitze  geboten  hatten.  Ich  glaube  im  Stande  zu  sein  die  von  Hrn.  Revillout  mit  so 
grofsem  Scharfsinn  dargelegte  Thatsache  der  Herrschaft  einheimischer  Könige  in  Ober- 
ägypten in  den  Zeiten  der  Ptolemäer  auf  das  Schlagendste  und  Genauste  des  Weiteren 
zu  begründen. 

Unter  den  Bauurkunden,  mit  welchen  die  Wände  des  Horus- Tempels  von  Edfu 
bedeckt  sind,  befinden  sich  zwei,  welche  die  Fortschritte  im  Bau  des  genannten  Heilig- 
thumes  unter  Aufzählung  der  Ptolemäischen  Bauherren  und  unter  gleichzeitiger  Angabe 
der  Daten,  in  einer  fortlaufend  historischen  Darstellung  zur  Kenntnifs  der  Nachwelt 
bringen.  Ich  beziehe  mich  hier  auf  den  Text,  welchen  Hr.  Dümichen  in  den  „Tempel- 
Inschriften"  Bd.  I.  Taf  94.  Lin.  1  fll.  nach  seinen  Abschriften  an  Ort  und  Stelle  ver- 
öfi'entlicht  hat.  Zum  weiteren  Verstäudnifs  sei  noch  vorweg  bemerkt,  dafs  die  in  Rede 
stehende  Inschrift  unter  der  Regierung  Ptolemäus'  Euergetes  IL  abgefafst  worden  ist. 

Der  Text  beginnt  mit  einem  Gründungs-Datum,  welches  als  Jahr  10,  Monat  Epi- 
phi,  Tag  i-h-gV  d.  i.  der  7.  Tag  des  genannten  Monats,  unter  der  Regierung  des 
Königs  Ptolemäus  Euergetes  I.  hingestellt  wird.  Der  letztgenannte  König  wird  bei 
dieser  Veranlassung  ausdrücklich  als  der  ürgrofsvater  Euergetes'  II.  bezeichnet,  oder, 
wie  es  der  hieroglyphische  Text  ausgedrückt  hat,  als:  „der  Vater  des  Gottes,  welcher 
erzeugt  hat  den  Vater  des  Königs  Ptolemäus  Euergetes  11." 

Hieran  reiht  sich  ein  zweites  Datum  (Lin.  8  fll.)  vom  Jahre  10,  dem  7.  Epiphi 
unter  der  Regierung  des  Königs  Ptolemäus  Philopator,  welcher  in  ähnlicher  Weise 
aufgeführt  erscheint  als  „der  Erzeuger  des  Vaters"  (also  als  Grofsvater)  desselben 
Königs  Ptolemäus  Euergetes  II.  Zwischen  den  beiden  aufgeführten  Daten  der  Könige 
Euergetes  I.  und  Philopator,  welche  beidemal  auf  das  Jahr  10,  den  7.  Epiphi  hinaus- 
laufen, soll  nach  Lin.  12  (Taf  95)  ein  Zeitintervall  von  25  Jahren  gelegen  haben,  was, 
wie  ich  anderwärts  in  unserer  Zeitschrift  nachgewiesen  habe,  der  chronologischen  Rech- 
nung entspricht. 

L^nter  der  Regierung  Ptolemäus'  Philopator  nahmen  die  Bauten  ihren  erwünschten 
Fortgang:  eine  grofse  Tlmrp  und  die  Thürflügel  der  Säle  des  Tempels  wurden  vol- 
lendet: tfi^  J  n  n  Ci  K  IOl  ermen  {renpl)t  16  ent  honf  „bis  zum  Jahre  16  Seiner 
Majestät",  d.  i.  Philopator's. 


von  H.  Briigsch. 


45 


Von  da  an  tritt  eine  plötzliche  Unterbrechung  ein,  in  Folge  innerer  Unruhen, 
welche  bis  zum  Jahre  19  der  Regierung  seines  Sohnes  und  Nachfolgers  Ptolemäus  Epi- 
phanes,  Vaters  Euergetes  IL  andauerte.  Der  hieroglyphische  Text  (Lin.  14  — 16)  giebt 
davon  mit  folgenden  Worten  genauere  Kunde: 

Vi  ^^AA^^  &-SI  |     |_J  /v\/vw\  J^ 

„es  brach  herein  |   ein  Aufstand  |   so  dafs  |  mau  war  |         hinter         |    dem  Gegner. 

d.  i.  im  Verfoliren 


„Treulose 


£S  o 


n 


O 


(waren)  in  |  dem  Theile  |  oberen, 

d.  i.  des  Landes. 


Das  endete  |  im 


1 

Jahre 


„19  I  der  |  Sonne  |  des  Erben  |    der  Götter  Philopator, 


/wwvv\ 
erkoren  vom 


Ptah^ 


^       U     l       \  f         4  o  a 

„siegreich  |  durch  |  i?ä,  ]  des  Bildes  |  lebenden  |  Amon's  |  des  Sohnes  |  der  Sonne,  ] 
„Ptolemaeus     |  des  Freundes  |  des  Ptah,  \  des  Verstorbenen,  |  des  Gottes  |  Epiphanes, 


„des  Vaters  |  des  Sohnes 
D 


a 

der  Sonne 


fl^ü        f 


des  lebenden  ]   ewiglich, 


Ptolemaeus, 
„des  Freundes    |    des  Ptah    \  des  Gottes    |  Euergetes  (II),    |    welcher  zur  Rvihe  brachte 

„das  Land  |  und  besiegte  |     seine  Feinde." 

Was  in  aller  Breite  des  ägyptischen  Lapidar-Stiles  gesagt  wird,  beschränkt  sich 
auf  die  Mittheilung,  dafs,  nachdem  man  bis  zum  Jahre  16  Königs  Ptolemäus'  Philo- 
pator am  Tempel  von  Edfu  gebaut  und  gezimmert  hatte,  plötzlich  ein  Aufstand  in 
Oberägypten  ausbrach,  der  bis  zum  19.  Jahre  der  Regierung  Ptolemäus'  Epiphanes 
(Vaters  des  regierenden  Königs  Ptol.  Euergetes  IL  —  parenthetisch)  andauerte, 
welcher  das  Land  wieder  zur  Ruhe  brachte  (sekerk)  und  seine  Gegner  besiegte. 

Der  Aufstand  in  Oberägypten  hatte  somit  volle  19  Jahre  gedauert  (Jahr  17  Königs 
Philopator,  Jahr  1  — 18  Königs  Epiphanes),  in  welcher  Zeit  die  Ptolemäer  auf  die 
Herrschaft  in  Oberägypten  Verzicht  leisteten,  so  dafs  in  Folge  dessen  die  angefange- 
nen Bauten  am  Tempel  von  Edfu  eine  nothweudige  Unterbrechung  erdulden  mufsten. 
Könige  aus  altägyptischem  Stamme,  darunter  (oder  nur  allein?)  Hor-sat  imd  Änj[tu 
hatten  in  diesen  Theilen  des  Landes  die  Herrschaft  an  sich  gerissen,  bis  es  einem  der 
Generale  des  Königs  Epiphanes  gelang,  die  Aufrührer  und  ihren  König  an  der  Spitze 
ein  für  allemal  zu  veiuiichten. 

Der    oben    erklärte    ägyptische   Text    nennt    als    den    Sitz    des  feindlichen  Haupt- 


quartiers 


<£? 


ma  jont    „den  oberen"    d.  h.  den    südlichsten  Theil  des  Landes.     Zur 


Zeitschr.  f.  Aegypt.  Spr.  Jahrg.  1878- 


^Q  Historische  Notiz,  von  H.  Brugsch. 


genaueren  Bestimmung  dieser  allgemein  gehaltenen  Bezeichung  gewährt  uns  ein  ande- 
rer Text  aus  der  ptolemäischen  Epoche  die  genügendsten  Anhaltspunkte. 

Bekanntlich  befinden  sich  an  einer  Tempelwand  im  Vorhofe  des  Isis-Tempels  von 
Philae  zwei  Decrete,  welche  in  hieroglyphischen  und  demotischen  Schriftzügen  abge- 
fafst,  der  Regierungszeit  Ptolemaeus'  Epiphanes  angehören  und,  wie  Lepsius  zuerst 
richtig  erkannt  hatte,  eine  erweiterte  Republication  des  Decretes  von  Rosette  enthalten. 
Leider  sind  die  im  kleinen  Schriftstil  gehaltenen  vier  Inschriften  (je  zwei  hieroglyphi- 
sche vmd  demotische  Texte)  durch  andere  in  späterer  Zeit  darüber  gemeifselte  hiero- 
glyphische Charaktere  arg  mitgenommen  worden,  so  dafs  man  im  vollsten  Sinne  des 
Wortes  zwischen  den  Zeilen  zu  lesen  genöthigt  ist.  Dazu  fehlen  in  den  beiden  hiero- 
glyphischen Texten  die  ersten  zwei  oder  drei  Zeilen  vollständig.  Das  eine  Decret 
ist,  nach  Angabe  der  demotischen  Version  im  Jahre  21.  der  Regierung  des  genannten 
Ptolemäers  abgefafst  worden,  und  zwar  in  Memphis,  Avohin  sich  die  Priester  zur  Feier 
der  Intronisation  eines  neu  erschienen  Apis-Stieres  begeben  hatten.  Das  zweite  De- 
cret hat  keine  Spur  seines  Datums  erhalten.  Nur  soviel  erhellt  aus  dem  Studium  der 
beiden  Texte,  des  hieroglyphischen  und  des  demotischen,  dafs  seine  Abfassung  Namens 
der  Priestei',  in  Alexandrien  stattgefunden  und  dafs  im  Jahre  19  seiner  Herrschaft 
der  König  eine  allgemeine  Amnestie  bewilligt  hatte.  Ohne  mich  an  dieser  Stelle  auf 
nähere  geschichtlich  wichtige  Einzelheiten  dieses  Decretes  einzulassen,  will  ich  nur 
hier  erwähnen,  dafs  gleich  in  der  ersten  Zeile  berichtet  wird,  wie  einer  „von  den 
Freunden  des  Königs",  zugleich  Hipparch,  dessen  Name  uns  auch  ein  Schriftsteller 
des  Alterthums  treu  bewahrt  hat,  dem  Könige  Ptolemaeus  Epiphanes  eine  Meldung 
macht     (10  [1^^  )    und  zwar,  wie  der  Text  es  ausdrückt: 

„ich   hatte    gekämptt^)    im  Südlande   auf  dem  Gebiete    der  Theba'is   mit  den  Feinden, 
damals  .  .  .  ." 

An  dieser  Stelle  ist  das  Gebiet  des  Aufruhrs  genau  bestimmt.  Es  war  die  The- 
bais,  mit  dem  Mittelpunkte  Theben,  in  welcher  Horsat  und  Änj(tu  als  Könige  herrsch- 
ten. Über  die  vollständige  Identität  dieser  Kämpfe  mit  den  oben  erwähnten  j|^en^?i 
werde  ich  mir  erlauben  in  einem  Artikel  der  nächsten  Nummer  der  Zeitschrift  zu 
sprechen. 

Noch  einmal  sei  hier  erwähnt,  dafs  selbst  ohne  Kenntnifs  der  oben  besprochenen 
Texte  Hr.  Revillout  mit  ungemeinem  Scharfsinn  die  Örtlichkeit  und  die  Zeit  des  Auf- 
standes (der  rapaxy]  der  griechisch  abgefafsten  Papyri)  durch  seine  musterhaften  Com- 
binationeu  auf  das  Genauste  bestimmt  hat. 

Graz,  den  I.Juli  1877.  H.  Brugsch. 


)     rU/N  Statt  f\y\  ;  in  der  Inschrift  wechselt  nämlich  .  -  .  .  fortdauernd  mit  /vw^. 


Aesopische  Fabeln  in  einem  ägyptischen  Papyrus,  von  H.  Brugscb.  47 


Aesopische  Fabeln  in  einem  ägyptischen  PapjTus. 

(Hierzu   Tafel  III.) 


Dafs  die  unter  dem  Kamen  der  Fabeln  Aesop's  bekannten  Thiergeschichten,  welche 
in  einer  griechi:>cben  und  lateinischen  Redaction  uns  aus  den  Zeiten  des  Alterthumes 
überliefert  sind,  möglicherweise  einen  ägyptischen  Ursprung  haben  dürften,  ist  von  ver- 
schiedenen Philologen  auf  dem  Gebiete  des  klassischen  Alterthumes  zu  beweisen  ver- 
sucht worden.  Täusche  ich  mich  nicht,  so  bin  ich  in  der  Lage  diesen  auf  kritischen 
Forschungen  bemheuden  Untersuchungen  ein  Material  zuzuführen,  welches  ein  für  alle- 
mal die  Frage  nach  dem  ägyptischen  Ursprung  der  Aesopischeu  Fabeln  erledigen  dürfte. 
Es  handelt  sich  dabei  um  nichts  geringeres  als  um  die  wichtige  Thatsache,  dafs  ein 
in  demotischen  Schriftzügen  abgefafster  Papyriis  des  Leydener  Museums  (I,  384) 
äsopische  Fabeln  offenbar  in  ihrer  ursprünglichen  Fassung  enthält.  Ich  erlaube  mir 
diese  Entdeckung  duixh  ein  Beispiel  zu  erhärten,  welches  jeden  Zweifel  an  der  Richtig- 
keit der  von  mir  behaupteten  Thatsache  zu  benehmen  im  Stande  sein  wird.  Ich  habe 
zu  diesem  Zwecke  die  auf  Seite  18  Lin.  11  fll.  des  in  Rede  stehenden  Papyrus  (von 
Leemans  in  den  Monuments  du  Musee  de  Leide,  pl.  CCXXIII  veröffentlicht)  befindliche 
Fabel  vom  Löwen  und  der  Maus  ausgewählt,  die  weniofe  Lücken  der  Erklärun<x  dar- 
bietet  und  an  Deutlichkeit  und  Klarheit  nichts  zu  ^vünschen  übrig  läfst.  Die  nach- 
stehende wortgetreue  Übersetzung  beruht  auf  den  grammatischen  und  lexikalischen 
Principien,  wie  ich  sie  in  meiner  demotischen  Grammatik  und  in  meinem  hieroglyphisch- 
demotischen  Wörtei-buche  niedergelegt  habe. 

„(11.)  „Es  ereignete  sich,  dafs  der  Löwe  sich  in  einer  [Höhle?]  befand,  und  dafs 
..er  nach  Schlaf  verlangte.  (12)  Eine  kleine  Maus  kam  in  seine  Nähe.  Sie  war  win- 
-zigeu  Leibes,  und  (13)  so  klein  wie  ein  Ei.  Da  erwachte  (?)  er,  und  bemächtigte 
„sich  ihrer.  Zu  ihm  sprach  die  Maus:  o  du  anderer  (14.)  der  mir  überlegen  ist,  mein 
-Herr,  o  du  Löwe,  wenn  du  mich  auffrifst,  so  wirst  du  nicht  von  mir  satt  werden,  und 
„wenn  du  mich  laufen  lässt  (15.),  so  wirst  du  doch  keinen  Hunger  nach  mir  haben. 
„Wenn  du  mir  jetzt  die  Freiheit  schenkst,  so  werde  ich  dir  (16.)  einst  die  Freiheit 
„schenken  bei  dem,  was  dir  bevoi'steht.  AVenn  du  mich  los  läfst,  so  wird  das  dein 
„(eigenes)  Heil  sein,  denn  ich  werde  dich  erlösen  (17.)  aus  deiner  elenden  Lage.  Da 
„lachte    der   Löwe    über   die  Maus,   indem   er    sagte:    was    ist    denn  (18.)  das,    was  du 

„mir  thun  wirst ?    Ist  denn  irgend  Jemand  auf  Erden,  der  meinen 

„Leib  vernichten  kann?  (19.)  Sie  (aber)  leistete  eineu  Eid  vor  seinem  Angesicht,  in- 
„dem  sie  also  sprach:  Ich  werde  dich  erlösen  aus  deiner  elenden  Lage  (20.)  an  dem 
„schlimmen  Tage,  der  eintreffen  wird.  Da  dachte  der  Löwe  nach  über  das,  was  ihm 
„die  Maus  gesagt  hatte  im  Gespräch.  (21.)  Er  machte  bei  sich  selbst  die  Erwägung 
„indem  er  also  sprach:  Wenn  ich  sie  auffresse,  so  werde  ich  in  Wahrheit  nicht  satt 
„werden.  .  Er  liefs  sie  laufen.  (22.)  Kurz  darauf  geschah  es,  dafs  ein  Jägersmann  dem 
„Löwen  nachstellte,  an  der  Stelle  unter  einem  Palmenbaume,  (23.)  in  der  Weise  dafs 
.,er  ein  Loch  ffeerraben  hatte  vor  dem  Löwen.  Es  fiel  hinein  und  ward  gefafst  der 
..Löwe  in  dem  Loche.  (24.)  Er  ward  mit  Gewalt  der  Hand  des  Menschen  unter- 
„worfeu,  man  brachte  ihn  bis  zum  Palmenbaum,  man  band  ihn  (daran)  mit  (25.) 
„trocknen  Lederriemen,    man    fesselte   ihn   mit  frischen  Lederriemen  und  also  stand  er 


48  Aesopische  Fabeln  in  einem   ägyptischen  Papyrus, 


„da  angesichts  des  Gebirges.  Da  ward  er  traurig.  (26.)  Als  nun  die  Nacht  herein- 
„brach,  da  wünschte  der  Gewaltige,  dafs  sich  bewähren  möchten  ihre  Worte  (27.) 
„gegenüber  der  Behauptung  von  der  Stärke,  welche  er,  der  Löwe,  ausgesprochen 
„hatte.  Da  stand  (28.)  die  kleine  Maus  vor  dem  Löwen  und  sie  sprach  also  zu 
„ihm:  Erkennst  du  mich?  Ich  bin  die  kleine  Maus,  (29.)  welcher  du  einst  die  Frei- 
„heit  schenktest.  Das  werde  ich  dir  an  dem  heutigen  Tage  wiedervergelten,  dadurch 
„dafs  ich  dich  erlösen  werde  (30.)  aus  deiner  elenden  Lage,  in  Folge  der  Gewaltthat, 
„welche  du  hast  über  dich  ergehen  lassen  müssen.  Eine  gute  Handlung  (3L)  voll- 
„ zieht  der  welcher  vergilt.  Die  Maus  näherte  ihren  Mund  den  Fesseln  (32.)  des 
„Löwen.  Sie  zernagte  die  trocknen  Lederriemen,  sie  zerbifs  die  frischen  Lederriemen, 
„welche  ihn  fesselten,  alle  insgesammt.  Es  trat  heraus  der  Löwe  aus  seinen  Banden. 
„(34.)  Es  versteckte  sich  die  Maus  in  seiner  Mähne  und  er  begab  sich  ins  Gebirge 
„mit  ihr  an  diesem  Tage." 

Diejenigen  Fachgenossen,  welche  nicht  versäumt  haben  auch  den  demotischen 
Studien  ihre  Aufmerksamkeit  zuzuwenden,  werden  nach  einer  kurzen  Vergleichung  der 
von  mir  vorgelegten  Übertragung  mit  dem  hier  abschriftlich  beigefügten  Textstücke 
des  Leydener  Papyrus  auf  der  Stelle  zu  der  Überzeugung  gelangen,  dafs  ich  das 
Richtige  getroffen  und  der  so  merkwürdigen  ägyptischen  Urkunde  den  einzig  mög- 
lichen Sinn  abgerungen  habe.  Andererseits  mögen  die  des  Demotischen  unkundigen 
Kenner  des  Altägyptischen  die  nachstehenden  hieroglyphisch  umschriebenen  Stich- 
wörter des  beregten  Textes  prüfen,  um  sich  zu  vergewissern  ob  meine  Auffassung  des 
Ganzen  ihren  Glauben  verdient  oder  nicht. 

D  ^  i\\^h^  p-maäu  der  Löwe,  K.  n  aioti  leo. 

®  ^v   -^^^  X^ni  klein  K.   ujom  tenuis,  gracilis. 

(1  V;^  i^  2)-penäu  die  Maus  K.  n  nm  mus. 

M  c-=^  (1  (1  -^&-  koti  schlafen  K.  hkot  quiescere,  dormire. 

T  -ü    I  ö  "^^^  äuf-tereh  winzig  K.  eq(S'pu)o  deficiens-pauper 

^   !r    I     Mfe^   äuf-sehek  klein,  K.  eqcfeoK,  tqcofiK  exiguus-deficiens. 

n%^0(]'^    siihl-t  Ei,  K.   cwoT^i,  't  Ovum. 

^^^^  iäm^  mächtig  sein,  K.  -xo-u  vis,  robur,  potentia. 


/«>,  Oberster,  Herr,  cf.  K.  e^p*.!  super. 
■S7,  sich  sättigen,  K.  ci  saturari,  satiari. 
•^^^   heka^  K.  gKÄ.  fames,  g^Ko  famelicus  esse. 

A Q  2^3   tu-nif,  den  Odem,  die  Freiheit  gewähren,   (hieroglyphisch  ebenso). 

^    -/i   nohem  befreien,  K.  nogcM  salvare,  liberare. 
^   aahl  lachen,  K.  ccofei  ridere. 


C^ 


von  II.  Bruesch. 


49 


^  gA   (inx'  schwören  K.  «.ne^uj  jusjurandum. 


ho  Tas;  K.  ooott  dies. 


J 


A^^^^^^ 


schlimm,  schlecht,  K.  fiom  malus,  noxiiis. 
n    g     «j,,,  erwägen  G.  ton  existimare,  compntus,  ratio, 
n  J  (j  fl  ^  ^   s^fi  reden.  Rede  K.  ce.-si,  loqui,  sermo,  verbum. 
j|n(|  V\L=fl   t>ehesäu,  Jäger  (hieroglyphisch  ebenso). 
^^  ü  Q  1^    *'^-'''  g^'aben,  cf.  K.  ujwTe  puteus,  fovea. 
riD  1]  (J  ^^  ''^  fallen,  B.  ^ei  cadere. 
a;^    ^<:^  ;(efi:,  gefafst  werden  cf.  K.  g^toqj  furari. 

in  (1  (1 ■'^^^  hu  Loch,  Grnbe  K.  oieiT  fovea. 

"     0    V  t     /]  *^"^^'  binden,  Fessel  G.   ccono  ligare,  vincire. 
*^  Xar,  Haut,  Lederriem  K.  a*>p,  ujö.eyp  pellis,  corium. 
Q     0      kenh  fesseln,  K.   ö'cono  ligare,  vincire. 
U  V  fii    '^^  trocken,  gedörrt  K.  ujooTe  arescere,  aridus  esse. 
uoi  frisch  K.  oTtor  viridis. 

zi  ^.    ■^^,  akem  traurig  sein,  K.  okc.u  tristis  esse. 
(1  Y^^=^  X-^wdM,  Kraft,  Stärke  (hieroglyphisch  ebenso). 
I  Syv^  ^^  Q  gT\    simnu  kennen  K.   cooTrn  cognoscere. 

I       —ZI      AAAAAA  cf-J! 

IK^  (ij  j    to-as  die  Vergeltung  K.  oci  mulcta,  pretium  redemptionis. 
^^3:^  A  ^::z:^  A  Yr»  ^^^^  keikei,  zerbeifsen  K.  ^e-xs'ecs.  caedere,  concidere. 
R  D  [p^    ^ap  sich  verstecken  K.  ^con  abscondere,  occultare. 
v-^     p-sen  das  Haar,  die  Mähne  (hieroglyphisch  ebenso), 
^w,  BeriT  K.  toot  mons. 


Ich  denke,  diese  Auswahl  wird  vollständig  genügen  um  als  Richtschnur  bei  der 
Vergleichung  zu  dienen.  Die  grammatischen  und  syntaktischen  Theile  des  Textes 
werden  nur  dem  wirklichen  Kenner  des  Demotischen  mit  aller  Schärfe  der  Unter- 
schiede sofort  entgegentreten  und  seinem  Yerständnifs  zugänglich  sein.  Für  den 
Nichtkenner  müfste  ich  eine  vollständige  Analysis  des  Textes  niederschreiben,  für 
welche  mir  zum  Buchdruck  die  erforderlichen  Typen  fehlen. 

Der  Inhalt  einmal  zugestanden  bleibt  mir  noch  ein  Rückblick  zu  thun  auf  die- 
selbe Fabel,  welche  nach  dem  griechischen  Texte  folgendei'mafsen  lautet: 


50  Aesopische  Fabeln  in  einem  ägyptischen  Papyrus,  von  H.  Brugsch. 

AiovTog  y.QLjj.u)fj.ivov  fxvg  tw  crro/uian  Bnidpafxev  o  t\  E^avaorag  xat  avWaßwv  avrov  ejueWs 
xaradoivriaaa-B-ai.  'O  ä'  l^zr^ßri  avTov  jutj  ^ayuv  aurov,  \iyu)v,  otl  awßsl;  x^^^<^S  näpuTag  avTw 
arroSujaEL'  ysXdaac,  6\  avTov  aTrikvae.  1,vvsßYj  ovv  avTcv  jusr'  ov  ttoXv  ty]  tov  juuos  yjxpLTL  nspi- 
aw^T^vcLi.  'ETTEidi^  yap  avWri^Quc,  vno  tlvmv  Huvrjywv  KuXiü  zdißri  eni  rtvt  divö'pw,  TYjVHiCLVTa  o  [ivc, 
ctKova-ag  avTcv  a-Tivovrog  IXßwv  tov  koKwv  TrBptirpujye,  j^at  Xvaag  e(pri'  „av  jjlbv  cvv  tote  juou  hute- 
yiXaaag,     wg    jjlyj    npoadoKwv   irap    efjiov    dfxoLßriv  xofj.iaaa-ä'ai'   »vv  6'  laS-i,    ort  lari  xai  Tcapa.  fxvai 

'O  jj.vßo<;  dr^XoT,  otl  h  -/.atpiu  ixcTcißoXrfi  y.a\  ol  a^oöpa.  ^maTol  twv  a.a^zvz'JTzp(jov  Ivdzuc, 
ylvovTai.  ^) 

Eine  Yergleichung  dieses  Textes  mit  der  ägyptischen  Darstellung  giebt  zu  folgen- 
den Schlüssen  Veranlassung.  1.  Die  Identität  des  Inhalts  ist  in  beiden  Redactionen, 
der  ägyptischen  und  der  griechischen,  unzweifelhaft.  2.  Der  griechische  Text  erscheint 
wie  ein  Auszug  aus  der  ägyptischen  Redaction.  3.  Der  ägyptische  Text  darf  mit  als 
der  eigentliche  Grundtext  der  Fabel  vom  Löwen  und  der  Maus  angesehen  werden, 
da  er  ausführlicher  und  lebendiger  schildert,  was  der  Grieche  in  trocknen  dürren 
Worten  auszugsweise  erzählt. 

Den  Lesern  wird  es  nicht  entgehen,  Avie  der  griechische  Erzähler  oft  wörtlich 
kürzere  und  längere  Stellen  der  Fabel  in  seiner  Sprache  wiedergegeben  hat,  an  ein- 
zelnen Stellen  mit  einer  gewissen  Unbestimmtheit  die  für  die  Textkritik  nicht  ohne 
Interesse  ist.  Ich  möchte  vor  allen  dazu  die  Stelle  rechnen  xdX'j)  l^ißr]  Ini  tivl  öiv&pw. 
Die  letzten  Worte  sm  tivl  dsv&pw  entsprechen  im  ägyptischen  Texte  dem  Ausdrucke 
p-ma  ^er  heliel  „au  der  Stelle  unter  einem  Palmenbaum",  wenn  anders  ich  das  ägyp- 
tische AVort  behel  richtig  verstanden  habe,  in  welchem  ich  die  ältere  (demotische)  Be- 
zeichnung des  koptischen  fceotoA,  nach  Peyron :  wXzsUapnoc,,  palmae  species,  wieder- 
erkennen möchte. 

Sollte  mir  bei  meinem  unstäten  AV anderleben  die  nöthig-e  Zeit  und  Ruhe  zu  Theil 
werden,  so  bin  ich  bereit  den  vollständigen  Text  des  so  wichtigen  demotischen  Papy- 
rus zu  Leyden  demnächst  in  einer  wortgetreuen  Übersetzung  denen,  welche  sich  dafür 
interessiren,  vorzulegen.  Eine  vorläufige  Prüfung  desselben  hat  mir  aufserdem  die 
Überzeugung  verschafft,  dafs  in  dem  ägyptischen  Originale  die  Fabeln  nicht  in  Gestalt 
abgesonderter  Kapitel,  wie  in  der  griechischen  Redaction,  aufeinanderfolgen,  sondern 
dafs  sie  miteinander  verbunden  und  verschmolzen  sind  wie  die  romantischen  Erzählun- 
gen der  arabischen  Tausend  und  einer  Nacht.  Dafs  sich  auch  nach  dieser  Seite  hin 
für  die  griechische  Textkritik  ein  reiches  Feld  öffnet,  brauche  ich  kaum  noch  be- 
sonders zu  versichern. 

Berlin,  den  20.  Juli   1878.  H.  Brugsch. 


Ein  stropliisch  angeordneter  Text  auf  einer  Mumienbinde. 


In  meinem  Aufsatze  über  den  Klang  des  Altägyptisch eu  und  den  Reim  (Zeitschr. 
1877  S.  43)  erwähnte   ich    der   allitterirenden  Texte,   welche  sich  auf  den  Mumienbin- 


^)    Citirt  nach  der  Recognitio  Caroli  Halmii  der  Aesopischen  Fabeln  (Leipzig  1875)  S.  125 
Nr.  256   mit  der  Überschrift  aL<jjv  y.c<\  Mu?. 


Ein  strophisch  angeordnetor  Text  von  einer  Mumienbinde,   von  G.  Ebers.  51 


den  erhalten  haben  nnd  will  heute  einen  derselben,  den  ich  selbst  besitze,  mittheilen. 
Er  steht  auf  einem  Leinewandstreifen,  der  jedenfalls  zu  der  obersten  Umhüllung  der 
Mumie  gehört  und  wahrscheinlich  von  der  Brust  bis  zu  den  Füfsen  der  letzteren  ge- 
reicht hat.  Er  ist  1  Meter  vmd  48  Centim.  lang  und  nur  4,25  Centim.  breit.  Der  in 
seiner  Mitte  stehende  Text  darf  als  ein  abgeschlossenes  Ganzes  betrachtet  worden, 
weil  er  rings  (auch  oben  und  unten)  mit  einem  0,75  Centimeter  breiten  orangefarbigen 
Streifen  umrahmt  ist,  auf  den  man  als  foi-tlaufendes  Ornament  ein  liegendes  braunes 
Kreuz  mit  einem  goldgelben  Kreise  am  Scheitelpunkte  gemalt  hat.  Der  für  die  Schrift 
übrig  bleibende  Raum  ist  so  schmal,  dafs  die  einzelnen  Zeilen  nur  wenige  (gewöhnlich 
nur  2  oder  3  und  höchstens  5)  Schriftzeichen  enthalten.  In  seinem  ersten  Drittel  ist 
ist  der  mit  schwarzer  Farbe  hergestellte  Text  zierlich  und  eng  zusammengeschrieben; 
vom  zweiten  Drittel  an  werden  die  Zeichen  gröfser  und  gröfser.  Man  sieht,  dafs  der 
Schreiber  bestrebt  gewesen  ist  mit  einem  gegebenen  Texte  den  ganzen  Kaum  des 
Bindenstückes  bis  zu  seinem  äufsersten  Ende  auszufüllen.  Der  Stil  des  Ganzen  nö- 
thigt  mich  seine  Abfassung  in  späte,  entweder  in  die  Lagiden-  oder  gar  in  die  Rö- 
merzeit zu  setzen.  Beim  Abreifsen  der  Binde  von  der  Mumie  mufs  ein  Zeugstück  auf 
der  letzteren  stehen  geblieben  sein,  wodurch  die  Lücke  in  ihrem  ersten  Viertel  ent- 
standen ist.  Die  Fehler,  welche  den  Text  entstellen,  erklären  sich  leicht  aus  dem 
Umstände,  dafs  zur  Zeit  seiner  Schreibung  die  alte  Sprache  der  Hieroglyphen  schon 
länsst    zu   den   todten    gehörte.     Er   ist  für  die  Dame   -«-)  ö       ^    ^   CjT   Nes- 

Tefnut^  Tochter  der  (^^  I  rj  wV  kem-s-äset  geschrieben  worden.  Dem  ersteren 
Namen  lassen  sich  viele  von  analoger  Bildung  (A'es-mnen,  Nes-  und  Nesi-j^em,  Ncs-Ptah, 
und  aufser  vielen  anderen  Nes-xensu  und  -i^  _2:Si  _2Si  d.  h.  dem  *Sm  und  der  Te/nut 
angehörend,  zur  Seite  stellen:  eine  Nes-Tefnut  kommt  meines  Wissens  nur  noch  ein- 
mal, und  zwar  auf  der  auch  von  Lieblein  im  hieroglyphischen  Namens-Wörterbuch 
unter  1058  angeführten  Leydener  Stele  V,  20  vor,  eine  kem-s-äset  ist  mir,  trotz  seiner 
durchsichtigen  Bildungsweise  an  keiner  anderen  Stelle  begegnet. 

Besonders  wegen  der  Fehler,  durch  die  er  entstellt  wii'd,  bietet  der  vorliegende 
Text  einige  Schwierigkeiten.  Vielleicht  wird  er  sich  durch  eine  Vergleichung  mit 
ähnhchen  Stücken  reinigen  und  ergänzen  lassen.  Allitterirende  Stücke  auf  Mumien- 
binden hab'  ich  in  verschiedenen  Museen  gesehen,  sie  aber  zu  copiren  versäumt. 
Jetzt  verbietet  mir  meine  Gesundheit  dies  nachzuholen  und  ich  mufs  mich  darum  auf 
eine  Behandlung  des  mir  zugehörenden  Textes,  wie  er  eben  ist,  beschränken. 

Um  dreierlei  Eigenthümlichkeiten  willen  scheint  es  mir  wohl  geeignet  zu  sein 
das  Interesse  der  Mitforscher  in  Anspruch  zu  nehmen.  Erstens  wegen  der  Allittera- 
tionen  und  Wortspiele,  zweitens  wegen  der  Synonyma,  die  er  enthält  und  drittens 
wegen  seiner  eigenthümlichen  Anordnung. 

Der  jranze  Text  zerfällt  in  drei  durch  ein  äufseres  Zeichen  getrennte  Abschnitte 
und  von  diesen  enthält  jeder  fünf,  also  eine  gleiche  Anzahl  von  Theilen.  Diese  regel- 
mäfsige  Gliederung  eines  poetisch  gehaltenen  Textes  führt  auf  den  Gedanken,  dafs 
wir  es  hier  thatsächhch  mit  einer  strophischen  Anordnung  zu  thun  haben.  Ich  theilc 
den  Lesern  der  Zeitschrift  den  ganzen  Text  mit,  bemerke  aber,  dafs  die  Zerlegung 
in  Zeilen  mein  Werk  ist.  Auf  der  Binde  enthält  jede  Reihe,  wie  gesagt,  höchstens 
vier,  manchmal  nur  zwei  Zeichen.  Die  Fachgenossen  werden  die  Schwierigkeiten 
nicht  verkennen,  welche  sich  bei  einem  so  späten  und  wenig  correct  geschriebenen 
Texte  dem  Übersetzer  entgegenstellen. 


52  Ein  strophisch  angeordneter  Text  von  einer  Mumienbinde, 


Abschnitt  I. 

a)  Anrede  m^t  (  ^ 

2       -C2>- 

I!   dl 

^Z,<m     i  V  ^Hl^ 

hat 

äsär 

Nes-Tefnut             m.  ^.  mes       en        qem-s-äset 

Wohlauf 

Osiris 

Nes-Tefnut  wahrhaftige  Tochter  der  Kem-s-äsef 
Strophe  I. 

1.     '^r   0    ''^'^^^    )     ^T^TX"  D  Q  ^  "/ 

sep  net  sep  pen 

Du  hast  empfangen  Gewand  dieses 

/WVWA  I  U 


2.  'SSI      0       /VWWA  I 

sg^j  n^i  liefert        p)en 

Du  hast  empfangen  Binde  diese. 

se/?  «ei  märt  pen 

Du  hast  empfangen  Kleid  dieses. 

sep  (sie)  7)ien;}^i  ie» 

Du  hast  empfangen  Stofi'         diesen 

5.    ^D^^^^(j 

sep  wei       M/ai       .... 
Du  hast  empfangen 
Die  letzten  Zeichen  auf  Zeile  5  sind  unlesbar. 
Die  ganze  Strophe  lautet: 

Du  hast  empfangen  dies  Gewand       sep  net  sep  pen 
Du  hast  empfangen  diese  Binde         sep  net  nefert  pen 
Du  hast  empfangen  dieses  Kleid         sep  net  märt  pen 
Du  hast  empfangen  diesen  Stoff         sep  (nei)  menji[t  ten 
Du  hast  empfangen  das  Amulett  (?)      sep  (net)  mert 
Jede   Zeile   beginnt   mit   sep   und    endet   mit  pen  oder  ten.     Dadurch   entsteht   ein 
reimartiges  Lautgeklingel  und  die  erste  Zeile  enthält  den  Stabreim:  „sep-net  sep  pen.'^ 
Man  könnte  hier  selbst  an  ein  gewifses  Metrum,   oder  doch  an  Silbenzählung  denken, 
denn    die    zweite  Zeile   braucht   nur   für  unser  Ohr  einen  Fufs  mehr  zu  enthalten,    als 
die  drei  anderen  unbeschädigten  Verse,    und  diese   letzteren  haben  die  gleiche  Silben- 
zahl.    Die  ganze  Strophe  bezweckt  das  Glück  der  Nes-Tefunt  mit  der  Umhüllung  der 


1^  Dies  ^'"'''^  ist  gewifs  die  zweite  Person  feminini  des  Praeteritum.  Angeredet  wird 
die  verstorbene  Dame  Nes   Te/nut. 

2)  Wir  sollten  hinter  dem  weibl.  sept  statt  des  raännl.  ^^en  das  weibl.  ten  erwarten;  aber 
der  Schreiber  verstöfst  gegen  manche  Regel,  die  er  doch  kennt.  Zeile  4  hinter  menj^t  schreibt 
er  ganz  richtig  ten  und  nicht  pen. 

3)  Unter  ^,==J]   ist  das  "'""^^   gewifs  nur  aus  Nachläfsigkeit  fortgefallen. 


von  G.  Ebers.  53 

Mumien  versehen  worden  zu  sein,  dadurch  hervorzuheben,  dafs  die  Vollendung  der 
Handlung  des  UmhüUens  fünfmal  erwähnt,  und  das  zur  Umhüllung  dienende  Object 
mit  vier  verschiedenen  Namen  genannt  wird:  sept,  liefert^  mart  und  men)(t. 

Abschnitt  IL 

a)   .  .  .  .   (Heil)  Osiris  Nes-Tefnut^  Tochter  der   Qem-s-äset 

j(^at         äm-s       ....  ein  ren-s  pul  en  menj[t  temäi 

Du  trittst  hervor  mit  ihr     in  diesem  Namen  ihrem  der     Binde     anschliefsenden 

äs-s      r-t      un     ren-s  pul        en         äti  maset 

Sie  ist  vielfach  für  Dich  in  diesem  ihrem  Namen  des  Netzes  der  Todtenregion 

äa-s     hev-t       em     ren-s  p>iü  en         aati 

Sie  ist  grofs  über  Dir  in  diesem  Namen  ihrem  der  Rolle 

nä-s  r-t       em     ren-s      pui         en       na 

Sie  ist  vorzüglich  für  Dich  in  diesem  Namen  ihrem  der  Binde 

teh       en       tu-(s)     en   ut'at  Her  em     teb     en      renen 
Osiris  Nes-Tefnut^  ausgestattet  ist  sie  mit  dem  Ho-      mit  dem       der  Jung- 

rusauge       Gewände  frau 

a.)  (Heil  Dir)  Osiris  Nes   Tefnut,  Tochter  der  Kem-säset. 

1.  Du   trittst   hervor    mit   ihr   (die   aus-  ^' X^^   äm-s  .  .  .  em  ren-s  pul   en   menjt 
gezeichnet   ist)   mit   diesem   ihrem   Namen      temäl. 

der  anchhefsenden  Binde. 

2.  Sie    ist    vielfach    für  Dich    (sie   um-  2.  äs-s  r-t  em  ren-s  pul  en  ätl  Her. 
schlingt    Dich    häufig)    in    diesem    ihrem 

Namen  des  Netzes  der  Todtenregion. 


2)  Doch  wohl  gleich  .= d  v\  ^\  äuti  die  Rolle.  Ehe  die  Binden  der  Mumie  um- 
gelegt wurden,  glichen  sie  durchaus  unseren  chirurgischen  Verbandrollen. 

3)  Vielleicht  qemä  zu  lesen.  Dann  müfsten  wir  auch  dem  ■=^  Ö  ^^^  gleichen  Laut- 
werth  zuertheilen.  Unser  Jr^  nä,  das  dem  <-=>  äa  folgt,  läfst  sich  sehr  wohl  für  das  hie- 
roglyph.  ^'^^  ,  w  ,  nä  und  koptische  n6.d.  praestans  halten.  -=^  ^  ist  vielleicht  das  „Jung- 
frauengewand''.    S.    ^=X^       Jj- 

*)     Vielleicht  Aoore  teniae. 

5)     Ganz  ähnlich  zu  Dendera:    A       (j        M  ^^  Ä  ^  J   ^"""^  '^'"^  B\  C)       ^^^^^^^^^     ^^* 
ihre   Majestät   mit    dem   Schmucke   der   Jungfrau.     Es  ist  dies     6    ^  °HK    ^   ^  ü      ^p      5 
hes-t  ut'-t  drut  ein  glänzend  frisches  weifses  Gewand. 

Zeitschr.  f.  Aeg)pt.  Spr.,  Jahrg.  1878.  8 


54  Ein  strophisch  angeordneter  Text  von  einer  Mumienbinde,  von  G.  Ebers. 

3.  Sie    ist    grofs    über    Dir    in    diesem  3.  äa-s  her-t  eni  ren-s  pul  en  äati. 
ihrem  Namen  der  Rolle. 

4.  Sie  ist  vorzüglich  für  Dich  in  diesem  4.  nä-s  r-t  ein  ren-s  pul  en  na. 
ihrem  Namen  der  Binde. 

5.  Osiris    Nes-Tefnut   etc.     ausgestattet  5.  Osiris   Nes-Tefnut  etc.    tehentu^s)    em 
ist  sie,  mit  dem  Horusauge,   mit  dem  Ge-  uiat  T/er  em  feh  en  renen. 

wände  der  Jungfrau. 

In  diesem  Abschnitte  werden  den  Mumienbinden  mystische  Namen  beigelegt  und 
sein  Inhalt  gewinnt  durch  Gleichklänge  und  Wortspiele  eine  poetische  Form.  Die 
fünf  Glieder  der  Strophe  werden  durch  Verba  eingeleitet  ^  ^ä<,  2.)    ^^^y    äs-s, 

3.)  23  4.)  Aji  n  mäs,  5.)  1  J  ^^  ^  C^^l  t^^^^^^^^-  ^l'c  5  in  der  dritten  Per- 
son femiu.  Praes.  Die  Gruppen  und  müssen  als  2.  Pers.  Fem.  gefafst  wer- 
den.  Es  folgen  in  vier  Stichen  die  Namen  der  Umhüllung,  eingeleitet  von  dem  in 
allen  gleichen  „em  ren-s  pul'^.     In  der  ersten  Zeile  hinter  (1  möcht'    ich  ergänzen 

A%  "^  ö  ö  ^  I  ji<<^;  und  so  würde  sie  heifsen  ^  \\ '        ^ß  ^\\\^c^\   /ä<    äm-s 

YuU  Du  trittst  hervor  mit  ihr,  —  die  ausgezeichnet  ist  mit  diesem  etc. 

In  der  2.  Zeile  entsprechen  einander  äs-s  r-t  und  äil  Her.,  in  der  dritten  äa-s  und 
wo,  in  der  fünften  tehentu-s  und  feb. 

Abschnitt  III. 

neräu  nes  netr       mä         neräu-n-s  en         uiat     Her 

Sie  ist  die  Besiegerin        der  gleichwie  ein  Sieger  über  sie  das  Horusauge 
Götter 

^■^'Hk)  --^^s  ÄJV^   ^^ 

äa-t  (eni)  ma  tehu  entu  dm 

Du  bist  grofs  durch  das  Gewand     womit  du  bekleidet  worden  bist. 

^           0**"=*                   ''^^'^^    ^                        — M—  AWWV  ö  -g^                       AWAAA  Q         \    2\ 

Ö.  \    AAAAAA  KV^  _  _       <fc>3       /l    /-v     Wv         < >  -' 


säanet      uiat  her                  se^enennuentu  er     her-t 

Es  macht  das  Horusauge  welches  schwebt  über  Dir. 
Dich  grofs 

4.     Ä     11  ^      ^"^^    Osiris  Nestefnut  etc.    ^v  ^"~^^    ^ 

tebu            nes     Osiris  Nestefnut  etc.     em  seta-s 

Es  bekleidet  die    Osiris  Nestefnut  mit  ihrer  Umhüllung 

nememti-s        her  ta  em       tut        em       qesäs       nefert       em     Resta         em     üb- 


^)     Halb   verlöscht.     Ganz   deutlich    erhalten   nur  das  erste  «>•=*.     Die  folgenden  Zeichen 
könnten  auch  zu  / äa-s-em  sie  ist  grofs  durch  etc.  ergänzt  werden. 

2)     Dies  <rr>  er-hert  entspricht  dem  dem.   '^  P  -^    und  dem  liopt.  e£pei>i. 


Koptische  Briefe,  von  Ludw.   Stern.  55 


Sie  wandelt  auf  Erden  als  eine  Gestalt  in  Umhülluncr  schöner,  zu  Reset  und  zu 

tu(m)     ämej[    pu 

Abydos  ist  sie  eine  Geelirte. 

1.)    Nun  ist  sie  eine  Besiegerin  der  Götter,  so  wie  diese  besiegt  das  Horusauo-e. 

2.)    Du  bist  grofs  durch  das  Gewand,  womit  Du  bekleidet  worden  bist. 

3.)    Grofs  macht  Dich  das  Horusauge,  welches  über  Dir  schwebt. 

4.)    Es  bekleidet  den  Osiris  Neste/mit  etc.  mit  ihrer  Umhüllunf. 

5.)    So    wandelt    sie    auf  Erden    als   eine    Gestalt   in   schöner   Bekleidung   und   zu 
Resta  und  zu  Abydos  als  eine  Geehrte. 

Diese  5  Stichen  der  dritten  Strophe  scheinen  zu  sagen,  dafs  die  Binde  oder  die 
Verstorbene  durch  das  Horusauge  gleichsam  gefeit  wird.  In  der  ersten  und  zweiten 
Zeile  scheint  Nestefnut,   in    der   dritten  und  vierten  das  utat  Her  das  Subject  zu  sein. 

Entschieden  alliterirend  ist  in  dieser  Strophe  nur  die  erste  Stiche:  y^Neräu  nes 
neter  mä  nerau-n-s  en  ufat  Her."' 

Georg;  Ebers. 


Koptische  Briefe. 

Es  sind  deren  im  vorigen  Hefte  einige  veröffentlicht  worden;  zu  zweien  auf  S.  14 
mitgetheilten  trage  ich  noch  eine  Übersetzung  und  einige  Anmerkungen  nach. 

Johannes  an  Joseph.  „Glaube  mir,  dafs  ich  unabläfsig  nach  Deinem  Wohle 
frage  und  nach  Deiner  guten  Verfassung  und  nach  der  Weise,  in  der  Du  in  Gott 
lebst.  So  oft  ich  Deinen  Grufs  empfange,  ist  mirs,  als  sähe  ich  Dich  von  Angesicht 
zu  Ano:esicht.  Schicke  mir  doch  Deinen  Grufs  durch  Abel  Ner.  Zu  «-eben  dem  Jo- 
seph  von  Johannes.     Leb  wohl  im  Herrn." 

Im  Texte  dieses  Briefes  ist  "^nicTeTe  verdruckt  für  -f  nic-ve-s-e.  Das  Original 
scheint,  nach  dem  Facsimile  bei  Leemans  zu  urtheilen,  etwas  verwischt  zu  sein;  jeden- 
falls ist  wohl  n  '^•?V,o  e.u  „ich  höre  nicht  auf  zu  lesen.  Das  Wort  ö'ine,  st,  constr.  s*«, 
st.  suff.  <^m-,  ist  im  Briefstile  häufig  und  heifst  eigentlich  „finden,  antreffen",  dann 
auch  „bekommen,  empfangen'-';  in  dem  Briefe  auf  S.  13  wird  es  mehrfach  ^m  geschrie- 
ben. 0-5-SÄ.I  heifst  geradezu  „der  Grufs"  *XvJS;  schon  in  den  hieratischen  Briefen  hat 
(D  i  ^S.  (2  )  eine  ganz  ähnliche  Bedeutung,  n  2.°  Z^  2P  TrpcgwTrov  xard  (Ttpog)  TrpoguüTrov, 
wörtlich  wie  im  Deutschen:  „von  Angesicht  zu  Augesicht",  heifst  im  Bohairischen  n  2P 
o-yfce  29  »^*  *UW  l4^-5  •     ^^    ^^^^   ^^^^    Namen    am  Ende    dieses  Schreibens  richtig  ent- 

ziffert  habe,  bleibt  mir  zAveifelhaft. 

Bartholomaios  und  Pesynthios  an  Phoibamon.  „Zu  geben  meinem  lie- 
ben geehrten  Bruder  dem  Doctor  Phoibamon  und  seinen  Söhnen  Pagui  und  Severos 
von  Bartholomaios  und  Pesynthios  den  geringen.  Schön  sagt  der  Psalmist  David: 
Meine  Brüder  haben  sich  von  mir  entfernt,  meine  Freunde  haben  mich  vergessen. 
Der  Herr  weifs  (die  Gedanken),  dafs  Du  nicht  eine  Woche  verbrachtest  ohne  zu 
kommen,  dafs  wir  Dich  getroffen  hätten  nach  der  Brüderschaft,  die  wir  unter  einander 
haben.  Wenn  Du  auch  sagst:  Ich  fürchte  mich,  so  kennst  Du  doch  den  Innern  Weg, 
auf  dem  Du   keinen  Menschen  treffen  wirst,  wenn  Du  kommst  oder  gehst.     Denn  ist 


56  Koptische  Briefe,  von  Ludw.  Stern. 

wohl  ein  Tag  vorübergegangen,  dafs  wir  Deiner  nicht  gedacht  hätten  nach  der  grofsen 
Brüderschaft,  die  wir  gegen  Dich  haben  und  gegen  Deine  Söhne,  die  uns  mehr  sind 
als  Brüder.  Und  überdies  weifs  ich  nicht,  wo  Du  weilst ;  ich  wiirde  kommen  Euch  oft- 
mals nach  meiner  Liebe  zu  Euch  zu  besuchen.  Und  wir  wundern  uns  über  Euch,  dafs 
Ihr  uns  so  gar  vergessen  habt.  Ihr  seid  nicht  gekommen,  dafs  wir  Euch  getroffen 
hätten,  obgleich  wir  nach  Eurer  Angelegenheit  fragen,  um  für  Euer  Heil  zu  beten. 
Nun  kommet  doch  jetzt,  dafs  wir  Euch  treffen,  auf  dafs  die  Freude  vollkommen  sei. 
Lebt  wohl.« 

Der  zu  Anfang  dem  Psalmisten  in  den  Mund  gelegte  Spruch  erinnert  weniger 
an  i/'.  37,  12  als  vielmehr  an  Job  19,  13 — 14.  Die  syntactische  Verbindung  in  diesen 
Zeilen  ist  mehrfach  nachläfsig;  die  Worte  -xe  AiMeeu-e  scheinen  nicht  am  Platze  zu 
sein.  In  den  Worten  ai«.  o-ygooT  o-yeine  AineitpireRMeeTe  wird  durch  die  asyndetischo 
Beiordnung  zweier  Ausrufe  eine  grofse  Lebendigkeit  des  Ausdrucks  erreicht:  „Lafs 
einen  Tag  vergehen  —  wir  dachten  nicht  an  Dich!«  d.  h.  „Kein  Tag  vergeht,  ohne 
dafs  wir  an  Dich  gedacht  hätten."  Besonders  deutlich  tritt  in  den  Worten  cRnH-ir  h 
cKitÄ.  der  Unterschied  zwischen  nnv  und  ne.  hervor ;  «ht  heifst  ^px^aS-ai  „kommen", 
n*.  nopBvta^ai^  „fortgehen".  Ebenso  im  Bohairischen :  kh  e^nHo-y  hcm  hh  e^n*.  et  Ip- 
XofJ^^vcL  xal  OL  vndycvnc,  ^^jj'S.^^  rsj^^-  rr^A^^  —  ^c.  6,  31.  In  der  sehr  verwitterten 
Inschrift  ist  mir  nur  ein  Wort  unkenntlich  geblieben,  in  ö.TeTnpnencofiiy  .  .  .  e  Tnpc; 
da  vor  dem  e  ein  ^  gestanden  zu  haben  scheint  mad  THpc  auf  ein  Subst.  fem.  hin- 
deutet,  so  ist  vielleicht  n  T^e  Tnpc  zu  lesen.   — 

In  der  Grabschrift  auf  S.  26  ist  die  3.  Zeile  zu  t*.  neipnAvee-ire  eTn«s.noTq  zu  er- 
gänzen; denn  dieser  Ausdruck  findet  sich  auch  sonst:  't"*'*^''^^*  e^pö^i  e-sn  Tö'm'xwK 
efioA  M  ne^eicoT  kjochc^  Ti6.TieipnMeeire  eTne^no-yq  „Ich  will  mich  zu  der  Vollendung  meines 
Vaters  Joseph  wenden,  dem  dieses  gute  Gedächtnifs  gewidmet  ist."  Zoega  p.  227  = 
Revillout,  apocryphes  p.  40. 

Ludw.  Stern. 


Soss,  Ner,  Sar. 

Von 

Prof.  Dr.  Friedrich  Delitzsch. 


[Die  Abkürzungen,  deren  ich  mich  in  diesem  wie  in  folgenden  Aufsätzen  bediene,  finden  sich  übersicht- 
lich zusammengestellt  und  erklärt  in  meinen  Assyrischen  Lesestücken,  2.  Aufl.,  Leipzig  1878,  S.  VIIL  In- 
sonderheit bezeichnet  I  R.,  II  R,  \\.  s.  w.  die  vier  Bände  von  Sir  Henry  Rawlinsou's  grofsem  Inschriftenwerk : 
The  cuneiform  inscriptions  of  Western  Asia.  London  1861,  1866,  1870,  1875.  Auch  die  Syllabare  und 
Eponymenverzeichnisse  sind  nach  der  in  der  2.  Aufl.  meiner  Lesestücke  angewandten  Methode  citirt.] 

Wir  wissen  aus  griechischen  Quellen,  dafs  die  Babylonier  die  Zeit  nach  Saren, 
Neren  und  Sossen  von  Jahren  rechneten,  und  näher,  dafs  sie  awaaoc,  die  Zahl  60, 
vr^poc,  die  Zahl  600,  adpoc,  die  Zahl  3600  nannten,  i) 


1)  Synkellos  30,  6  (siehe  Alfred  Schoene,  Eusehi  Chronicorum  Über  prior,  Berlin  1875, 
Col.  8):  aXX  0  jUEM  'ByjpwTTog  6<«  crccouüu  y.cxt  uyjpüüu  y.at  ct'xttwv  ctvEyoaypaTO'  wu  6  }xtv  traoog  toict- 
%i}.tMV  Hai  s^ctno(TiMu  Irüjv  %oovov  c-Y,fxaivii,  6  Bs  urj^os  irwv  l^ctHOT-ltuv,  6  Bs   j-MO-Tog  s^rjaoiiTct.      Suidas: 


Sofs,  Ner,  Sar,  von  F.   Delitzsch.  57 


Die  babylonisch -assyrischen  Keilinschriften  bestätigen  diese  Angaben. 

I.  Dafs  das  Sexagesimalsystem  in  der  That  in  Babylonien  gebräuchlich  war,  ist 
von  Hincks,  Sir  Henry  Rawlinson,  George  Smith  schon  lange  nachgewiesen 
und  erhellt  am  klarsten  aus  den  beiden  in  Senkereh  südöstlich  von  Babylon  gefundenen, 
IV  R.  40  veröflentlichteu  mathematischen  Tafeln:  nicht  die  Hundert,  sondern  die 
Sechzig  bildet  hier  nach  den  Einern  und  Zehnern  (10  —  50)  die  nächsthöhere  Einheit. 
Indem  der  vertikale  Keil  Y  nicht  nur  für  1,  sondern  auch  für  GO  und  dessen  Quadrat 
3600,  der  Winkelkeil  i)  /  nicht  nur  für  10,  sondern  auch  für  die  zehnfache  Grund- 
zahl Sechzig  d.  i.  600  verwendet  wird,  erscheint  auf  jenen  Tafeln  als  Quadrat  von  8: 
yT;p  d.  i.  64,  von  10:  y<<<  d.  i.  100,  von  24:  ^«<^  d.  i.  57G,  als  Kubus  von  10: 
^rr^<<<  d.  i.  1000,  von  18:  y«<^<yj  d.  i.  5832,^^on  30:  ^«<  d.  i.  27000.  Auch  als 
weiterhin  das  reine  Decimalsystem  mehr  und  mehr  in  Aufnahme  kam,  welches  die 
Einer  durch  y,  die  Zehner  durch  /,  die  Hundert  durch  y^^,  die  Tausend  durch  /y>— 
bezeichnete  und  demgemäfs  z.  B.  1878  y^y^_T^y^_<<<<W  schrieb,  rechnete  man  nicht 
selten  noch  nach  Sossen  (seltener  uach  Neren  und  Saren)  -)  und  schrieb  der  Kürze 
halber  z.  B.  y^  70  (III  ß.  5  Kr.  6,  51:  '^y.-y<  470),  y^<^  90  (Nebuk.  YIII,  45:  T^ 
y^y«<490).3). 

II.  Abgesehen  aber  von  diesen  wohl  ausschliefslich  *)  bei  rein  mathematischen 
Tabellen  angewandten  Ziffern  für  60,  600  und  3600  finden  sich  in  den  Keilschrift- 
texten noch  andere  Zeichen,  welche  offenbar,  wie  unser  „zehn",  „hundert",  unser 
„Schock",  „Dutzend"  u.  a.  m.  die  Namen  jener  Zahlenwerthe  repräsentiren.  Von 
diesen  Schriftzeichen  des  Sofs,  Ner  und  Sar  haben  neuerdings  Oppert  und  Lepsius 
ausführlich    gehandelt^).     Beide   Gelehrte    sind  jedoch   dabei   zu    theilweise   dermafsen 

^ctsot'  iA,iT^cu  y.cii  doi^fxog  ~ctoa  X«?.§««o«?.  Hesvchios:  —cizo<;'  u^tSuog  ri<;  TrccDu  Bciß-j/Mfiotg.  — 
Dafs  die  Wörter  Sofs,  Ner  und  Sar  feine  Zahlbegriffe  sind,  ohne  jedwede  chronologische 
Nebenbedeutung,  ist  jetzt  allgemein  anerkannt.  Vgl.  J.  ßrandis,  Das  Münz-,  Mafs-  und  Gewichts- 
system in  Vorderasien,  Berlin  1866,  S.  15 f.;  Oppert,  Uetalon  des  mesures  assyriennes,  fixe  j)ar 
les  textes  cuneiformes  (Extrait  du  Journal  asiaiique  1872  et  1874),  Paris  1875,  p.  3f. ;  Cantor,  in 
der  Hist.-lit.   Abthlg.  d.  Zeitschr.  f.  Math.  u.  Phys.,  XX,  6,  S.  157  flf. 

^)  Dieser  sog.  Winkelkeil  oder  Winkelhaken  ist  ein  einfacher  schräger  Keil  mit  etwas 
nach  rechts  verlängerter  oberer  Kante. 

2)  Siehe  hierüber  weiter  S.  33  f.   38. 

3)  Nach  Oppert  und  Lenormant  soll  der  vertikale  Keil  in  diesen  und  ähnlichen  Zahlen 
urplötzlich  50  anstatt  60  bedeuten,  was  indefs  durch  nichts  angezeigt  ist.  Siehe  Lepsius,  Die 
babylonisch-assyrischen  Längenmafse  nach  der  Tafel  von  Senkereh  (Aus  d.  Abhh.  d.  Kgl.  Akad. 
d.  Wiss.  zu  Berlin  1877),  Berlin  1877,  S.  142  f.  Vgl.  auch  Sayce,  An  elementari/  grammar  of 
the  Assyrian  language,  London  1875,  pag.  56. 

*)  Hierauf  führt  der  dem  babylonischen  Sexagesimalsystem,  obwohl  es  Stellensystem  ist, 
eigenthümliche  Mangel  eines  Zeichens  für  die  Null.  Wer  würde  wohl  die  Zeichen  ^^  y  — 
trotz  des  kleinen  Zwischenraumes  zwischen  den  vier  Winkelkeilen  und  dem  Einen  vertikalen 
Keil  —  als  4  X  600,  d.  i.  2400,  -+-  1  =  2401  erkennen  und  nicht  vielmehr  als  2400  +  60 
=  2460  (wenn  nicht  gar  als  40  4-  1  =  41)  lesen,  kämen  sie  in  einem  anderen  Texte  vor  als 
in  jener  Liste  von  Quadratzahlen,  wo  "^5^1  zwischen  den  unmifsverständlichen  Zahlen  2304 
d.  i.  482  und  2500  d.  i.   502  steht?     Vgl.  Lepsius,  Tafel  von  Senkereh,  S.  107  f. 

^)  Oppert,  Etalon  des  mesures  assyriennes,  pag.  4 — 15;  dagegen  Lepsius,  Tafel  von  Sen- 
kereh, S.  132 — 135.  Oppert,  Die  Maafse  von  Senkereh  und  Khorsabad;  dagen  Lepsius,  Wei- 
tere Erörterungen  über  das  babylonisch -assyrische  Längenmafssystem.     (Auszug  aus  dem  Mo- 


58  Sofs,  Ner,  Sar, 

abweichenden  Ansichten  gelangt,  dafs  es  bei  der  gruudleglichen  Wichtigkeit  die- 
ser Fi'agen  wohl  gerechtfertigt  erscheint,  dieselben  noch  einmal  scharf  ins  Auge  zu 
fassen. 

In    seinem  Etalon    des  mesures  assyriennes    giebt  Oppert  pag.  4 — 5    folgende  Über- 
sicht über  die  in  Kede  stehenden  Schriftzeichen: 

Sofs:  ^y^); 

Sar:.EjTT^   (EJtT^)^')- 


Von  diesen  Angaben  sind  zunächst  zwei  als  jedenfalls  irrthümlich  auszuscheiden.     Das 

Zeichen  Tt^yTT^f  bedeutet  nie  und  nirgends  den  Ker  d.  h.  die  Zahl  600.     Wo  immer 

es    vorkommt,    mit    oder    ohne  Determinativ  ^T  is    d.  i.    „Holz",    bedeutet  es  lediglich 

„Joch".       Ein     noch     unveröffentlichtes    sumerisch -assyrisches    Wörterbuch  -  Fragment 

nennt    unter    den    mancherlei    Theilen    eines   Wagens    oder    Gefährtes    neben    si-mid-tu 

„Geschirr"  u.  a.    auch   TCrTTT^^T     assyr.  ni-i-ru;    aus   den  zusammenhängenden  Texten 

aber    ist    ersichtlich,    dafs    das    „Joch"    zu    verstehen    ist.     Vgl.    Stellen   wie:    is-la-a 

^YTt^TTT^^T    büu-ti-ja  „er  mifsachtete  das  Joch  meiner  Herrschaft"   (Assurb.  256,  101. 

284,  94;  vgl.  ni  R.  35  Nr.  4  Obv.  8):  ik-nu-sa  a-na  ^TTtiyyy^T  -ja  (var.  ni-ri-ja)   „er 

vinterwarf  sich   meinem  Joch"   (Assurb.  87,  73).     Hiernach  ist  ni'-i-n/,  womit  auch  das 

grofse    dreispaltige  Syllabar  S''  45  Tt^TTT^^    übersetzt,    nicht    dem    griechischen    v'fipc;, 

^ — ^ — I 
sondern    dem    aram.    xn-:   (arab.    ,jS)    „Joch"    gleichzusetzen.     Nun    wäre  es  an  sich  ja 

möglich,  dafs  dieses  Ideogramm  ursprünglich  und  von  Haus  aus  ntr  „Ner"  bedeutet 
habe  und  erst  später  3)  für  das  mit  ihm  zusammenklingende  ntru  „Joch"  mifsbräuch- 
lich  mitverwendet  worden  sei  '^),  wie  z.  B.  in  den  Inschriften  Assurbanipal's  das  Zeichen 

^^^I  siru  „Feld,  Wüste"  (/[..jsvvo)  mifsbräuchlich  auch  zum  Ausdruck  der  gleichlauten- 
den, obwohl  wurzelverschiedenen  Präposition  sir  „auf,  gegen"  (^)  dient.  Aber 
um   zu   beweisen,   dafs    es    sich   so   verhalte,   müfste    Sir   Henry    Rawlinson    oder    Op- 


natsbericlit  d.  Kgl.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin,  December  1877).  Eine  nochmalige  Entgegnung 
Oppert's  und  abermalige  Erwiderung  von  Lepsius'  Seite  im  Monatsb.  d.  Kgl.  Akad.  d.  Wiss. 
zu  Berlin,  Februar  1878,  hat  diesen  wissenschaftlichen  Streit  zum  vorläufigen  Absclilufs  ge- 
bracht. 

^)  Der  mitaufgeführte  Keil  T  ist  Ziffer  und  wäre  darum  besser  weggeblieben,  wie  /  bei 
Ner  und   J   bei  Sar  richtig  weggelassen  ist. 

^)  Oppert's  Vermuthung,  dafs  ^W^  mit  obigem  Ideogramme  identisch  und  sa-a-ru,  wo- 
durch es  S*"  355  wiedergegeben  wird,  das  gr.  o-rtco?  sei,  ist  von  ihm  selbst  Etalon,  pag.  5  als 
fraglich  bezeichnet  (obwohl  er  sich  pag.  8  wie  auf  eine  feststehende  Thatsache  darauf  bezieht); 
sie  erfordert  kaum  eingehende  Widerlegung. 

^)  Dafs  das  Ideogramm  in  der  Bedeutung  „Joch",  was  Texte  historischen  Inhalts  an- 
belangt, bis  Jetzt  nur  in  solchen  Assurbanipals  meines  Wissens  nachweisbar  ist,  scheint  Zufall 
zu  Sern;  denn  dafs  es  schon  im  Sumerischen  mit  ebenjener  Bedeutung  gebräuchlich  war,  lehren 
die  Syllabare. 

)  Eine  solche  mifsbräuchliche  Verwendung  des  Ideogrammes  für  niru  „Joch"  scheint 
in  der  That  für  die  Zeit  Assurbanipal's  angenommen  werden  zu  müssen,  freilich  in  durchaus 
anderem  Sinne  als   Oppert  meint;  siehe  hierüber  unten  S.  40  Anm.  4. 


von  F.  Delitzsch.  59 


pert,  der  ihm  hierin  folgt,  doch  vrenigstens  Eine  Belegstelle  för  Tfc:YYT^T  =  ^^Ner" 
beibringen;  anderenfalls  könnten  sie  mit  dem  gleichen  Rechte  auch  /t^  als  ein  Zei- 
chen des  Ner  mitaufführen ,  da  dieses  doch  auch  durch  ni-i-ruv  1)  erklärt  wird 
(S**  2,  11).  Auf  eine  solche  Stelle  harren  -wir  jedoch  bis  jetzt  vergebens.  Sehe  ich 
recht,  so  -war  es  hauptsächlich  Ein  Grund,  welcher  Oppert  zu  jener  Hypothese  ver- 
leitete, der  nämlich,  dafs  er  in  dem  verwandten  Zeichen  ^TTT^^T  ein  Ideogramm  für 
den  „Sar"  sah:  hieraus  folgerte  er,  dafs  T^UJ^f  welches  ja  in  der  That  durch  ni-i-nc 
erläutert  wird,  das  Zeichen  des  „Ner"  sei,  und  erklärt  dieses  nun  kühn  als  zusammen- 
gesetzt aus  Sar  und  vorgetretenem,  „den  sechsten  Theil  anzeigenden"  T.  Aber  dieses 
ganze  Gebäude,  dessen  innere  Haltlosigkeit  sich  schon  durch  die  letzte  Behauptung, 
betrefiend  die  Bedeutung  des  vortretenden  T  ^),  verräth,  fallt  zusammen  mit  dem  Hin- 
fall der  Prämisse:  t^yTT^^I  bedeutet  nicht  den  Sar.  Oppert  verweist  auf  den  be- 
kannten Beamtennamen  t:*ij^  ^TTT^T  ^TTTT  ^^>-  G^  ^-  ^1'  ^^  c.  Eponymencanon  C* 
Obv.  10.  40.  Rev.  19.  29),  welcher  früher  als  „capitaine  du  palais"  von  ihm  gefafst 
wurde,  jetzt  aber  „chef  du  sar  (des  3600)  du  palais"  bedeuten  soll  3).  Gegen  diese 
neuere  Erklärung  ist  jedoch  zunächst  einzuwenden,  dafs  t^^«  (oder  ^^r-)  niemals 
,.chef,  Befehlshaber'  bedeutet,  sondern  immer  nur  nisu  „Mensch,  Mann".  „Befehls- 
haber der  3600  des  Palastes"  müfste  gemäfs  HR.  31  Nr.  5  etwa  C^rt;*;t:T>-  d.  i.  7'ab 
iar  ikalli  lauten,  wie  der  „Befehlshaber  über  50  Mann",  hebr.  "li":?-;  --r  (Ex.  18,  21. 
25.  2.  Reg.  1,  9  u.  ö.),  t^^mfcT>^^55  ''^'^  hamd^  ferner  der  „Befehlshaber  über  10  Mann, 
decurio",  hebr.  r->;5  -::c  {Y.^.  18,  21.  25),  ^;^^T-<1^|  rab  ulri-tiheihi  (Z.  45.  46c), 
u.  a.  m.  Sodann  aber  widerspricht  jene  Deutung  den  ausdrücklichen,  freilich  noch 
wenig  beachteten  Angaben  der  bilinguen  Keilschrifttexte,  obenan  den  Stellen  II  R. 
18,  47  a.  b  und  IV  R.  2,  23/24b,  denen  zufolge  ^TjySf  "i^ht  sar  d.  i.  3600,  sondern 
vielmehr  nagiini  d.  i.  „Führer,  Leiter"  (W.  -?:  urspr.  „ziehen")  bedeutet  *).  Die  Rich- 
tigkeit dieser  Erklärung  des  AVortes  nagiru  ist  vollkommen  gesichert :  durch  den  Zu- 
sammenhang aller  Stellen,  wo  es  sich  findet^),  durch  sein  weiter  unten  zu  erwähuen- 


1)  Dieses  ni-i-ruv  und  sein  Ideogramm  bedeutet  nicht,  wie  man  allgemein  annahm,  ^Joch^ 
(Schrader,  Smith,  Sayce),  sondern  höchst  wahrscheinlich  „urbargemachtes  Feld",  hebr.  — :. 
Wo  immer  man  dieses  —  obendrein  mit  dem  Dualzeichen  versehene  —  Ideogianmi  mit  „Joch" 
übersetzte,  z.  B.  ana  ^^jj  -ja  ü-sik-nis  (I  R.  35  Nr.  1,  13—14),  ist  es  in  seiner  andern, 
nicht  minder  beglaubigten  Bedeutung  sipu  „Fufs"  zu  nehmen  (also:  „meinen  Füfsen  unter- 
warf ich**). 

2)  Wo  haftet  sonst  an  vortretendem  J  die  Bedeutung  des  „sechsten  Theils"?  ist  etwa 
Tk>T-    „Beschwörung",  assyr.  siptu  (rrN),  der  „sechste  Theil"  Gottes,  ►»-^?  u.  s.  w.  u.  s.  w. 

3)  Etalon,  pag.  8  f. 

*)  An  beiden  Stellen  ist  von  dem  Gotte  Itak  die  Rede,  jenem  Dämon  ohne  Gleichen, 
der  dem  Pestgott  auf  seinen  Verheerungszügen  voranschreitet:  an  der  ersteren  führt  er  den 
Beinamen  na-gi-ru  rab-u  „der  grofse  Führer",  an  der  zweiten  na-gir  su-ki  „der  Führer  der 
Strafse,  des  Weges"  (suku  =  p-d);  an  beiden  aber  entspricht  in  der  sumerischen  Zeile,  auch 
II  R.  18,  47,  wie  ich  mich  durch  Collation  der  Stelle  im  Original  überzeugt  habe,  dem  Worte 
nagir  das  Ideogramm  ^Tjpf^T.  Vgl.  auch  George  Smith's  Chaldäische  Genesis,  Leipzig  1876, 
S.  309  f. 

s)     Beachte  auch  IV  R.  55,  25  a. 


ßQ  Soss,  Ner,  Sar, 

des  Synonym  ibüu  (W.  Vi-)  und  endlich  durcli  sein  Ideogramm,  welches,  ans  ^TTT^^ 
„mächtig,  Machthaber"  und  ^  ^^Weg"  zusammengesetzt  i),  den  „des  Weges  Mäch- 
tigen" d.i.  eben  den  „Führer"  bezeichnet.  Der  Titel  jenes  auch  als  Eponym  fungi- 
renden,  also  zu  den  höchsten  assyrischen  Würdenträgern  zählenden  Beamten  ist  hier- 
nach nagir  ikalli  zu  lesen  und  „Führer  des  Palastes"  zu  übersetzen,  dieses  aber  nicht 
als  „Palasthauptmann"  (Schrader)  oder  „chief  of  the  palace"  (Smith)  zu  verstehen, 
sondern  ganz  eigentlich  als  „Führer,  Wegeführer  des  Palastes":  ein  solcher  nagir  war 
offenbar  ein  sehr  hochgestellter,  besonders  begabter,  gebildeter  und  zugleich  kühner 
Officier,  welcher  mit  einer  auserlesenen  Kriegerschaar  dem  nachfolgenden  Hauptheere 
voranzueilen,  ihm  durch  Auskundschaftung  den  Weg  in  unbekannte  Länder  zu  bereiten, 
die  Marschroute  zu  bestimmen  und  das  Heer  auch  wohl  selbst  zu  befehligen  hatte  — 
mit  einem  Worte,  er  war  ein  assyrischer  Mohär.  2)  Ob  und  inwiefern  der  II  K.  53,  19a 
erwähnte  nagir  mati  „Führer  des  Landes"  von  diesem  nagir  ikalli,  dem  „Führer  des 
Palastes"  (d.  h.  vielleicht  des  königlichen  Hofes)  unterschieden  war,  weifs  ich  zur 
Zeit  noch  nicht  mit  Sicherheit  anzugeben. 

Von  der  obigen  Übersicht  Oppert's  bleibt  hiernach  zunächst  nur  übrig:  ^rr^T 
„Sofs",  Y^  und  ;::^T^  „Ner«. 

Von  diesen  Zeichen  wurden  die  beiden  ersten  schon  von  Smith  3)  in  ihrer  Be- 
deutung richtig  erkannt:  ^rr^T  bedeutet  in  der  That  die  Zahl  60  und  "f*^  die  Zahl  600. 
Es  geht  dies  klar  hervor  aus  dem  Bericht  von  AssurbanipaFs  elamitischem  Feldzug,  wo 
die  1635  Jahre,  vor  welchen  das  Bildnifs  der  Göttin  Nana  aus  Erech  nach  Elam  als 
Kriegsbeute  weggeschleppt  worden  war,  einmal  (Assurb.  234,  9)  in  reinem  Decimal- 
system  J^^TTTy^^^^  a-an^)  yT  d.  i.  I  M.  VI  C.  XXX.  V  =  1635,  das  andere  Mal 
(Assurb.  251,  16)  im  Sexagesimalsystem  T<T<^^r?T/y7  d.i.  zwei  Ner  (2x600) 
7  Sofs  (7  X  60)   15  =  1635  geschrieben  sind. 

Ebendiese  Thatsachen  und  zugleich  eine  andere  nicht  minder  wichtige  erhellt  aus 
den  Angaben  der  Sargonsinschriften  über  den  Umfang  der  von  Sargon  gegründeten 
Königsstadt  Dur-Sarrukin,  welcher  durch  zwei  im  Grunde  identische  Zahlenreihen 
ausgedrückt  wird:   entweder  (J)oitr-8arkayan  7,  90)    ''''^^)  vHv'  Cllv^  wT^  T*^  T*^  T*^ 


^)  t=lil^  -=uz-zu  „Macht"  (W.  W)  II  R.  31  Nr.  1,  5,  =  iz-zu  „mächtig"  IV  R.  6,  66a, 
verglichen    mit   64,  64b;    ^  =  har-ra-nu  „Weg,  Strafse"   S^  78  u.  ö. 

^)  Über  die  Functionen  des  ägypt.  Mohär  s.  F.  Chabas,  Voyage  (Vun  Egyptien,  Paris,  1866. 
vgl.  Ebers,  Uarda  I,  57.  —  Dafs  auch  am  elamitischen  Hofe  die  Würde  eines  „Wegeführers" 
heimisch  war,  lehrt  Sanh.  V,  69 — 71,  wo  ein  gewisser  Humbanundasa  erwähnt  wird,  na-gi-ru 
sd  sar  Ilamti  it-luv  pit-ku-du  mu-nia-i-ir  ummani-su  tu-kul-ta-su  rah-ü  „der  Wegeführer  des  Königs 
von  Elam,  der  hochgestellte,  umsichtige,  der  Befehlshaber  seines  Heeres,  sein  grofser  Helfer" 
(Adjutant).  Vgl.  auch  Assurb.  199,  10,  wo  ebenfalls  ein  elamitischer  ^^^  ^IH^I  °<^^'' 
nagiru  genannt  wird. 

3)     George  Smith,  Hi&tory  of  Assurbanipal,  London   1871,  pag.  251. 

■*)  Zur  Bedeutung  dieses  a-an  siehe  meine  Assyrischen  Lesestücke,  2.  Aufl.,  Schrifttafel 
unter  Nr.  303. 

*)  Beide  Zeichen  sind  in  Oppert's  Les  inscriptAons  de  Dour-Sarkayart,  Paris  1870,  aus- 
gelassen (richtig  dagegen  Botta,  Monument  de  NiniveUI,  pl.  31,  1.  35,  74.  39,  72.  43,  90.  57,  94); 
Etalon,  pag.  9,  ist  dieser  Irrthum  stillschweigend  verbessert. 


von  F.   Delitzsch.  Q\ 


3  ka-ni  (=  18  Ellen)    ersetzt    wird^)    (1  li.  36,  55.    Douv-Sarkaijan  19,  65),    ^I^X^ 

ÖOT<T<T<T^TTTT»^TKf=TT-TTT--  "^"^"^^  *"'"  s^^^^  ^^^^  2^"^»  «"^ 

3  Ruthen,  d.  i.  zusammen  20  Ellen,  1  Sofs  und  weiter  drei  Ner,  mit  jenen  unbestreit- 
baren Scbriftzeichen  geschrieben,  vorher.  Was  aber  wollen  die  vier  ^""^  vor  den 
drei  Ner?  Lepsius  war  der  Erste,  der  dieses  X^^  offen  und  frei  für  das  erklärte, 
wofür  es  „wohl  jedes  unbefangene  Auge"  halten  mufs  und  was  es  wirklich  ist, 
nämlich  für  das  Zeichen  des  Sar  oder  der  Zahl  3600,  so  dafs  jene  Zahlenreihe  ein- 
fach zu  lesen  ist:  vier  Sar  (4x3600)  drei  Ner  (3x600)  1  Sofs  (60)  20  ammat  == 
16280  Ellen.  Es  ist  ihm  auf  diese  Weise  geglückt,  nicht  nur  Oppert's  falsche,  ja  un- 
mögliche trbersetzung  jener  Stelle  durch  „3|  Ner  1  Stadium  20  Ellen"  zu  beseiti- 
gen, sondern  zugleich  einen  grofsen  Theil  seiner  Läugenmafstabelle,  welche  in  dem 
Satze,  ^TTT^  bedeute  die  halbe  Elle,  gipfeh,  als  unhaltbar  zu  erweisen.  Die  Gründe 
graphischer,  mathematischer 2)  und  sachlicher  Art,  welche  Lepsius  gegen  Oppert  ins 
Feld  führt,  sind  zwingend  und  allseitig  überzeugend 3)  —  Oppert  selbst  kann  sich 
ihrer  nur  durch  sachverhaltswidrige  Behauptungen  erwehren.  Um  seine  anfängliche 
Aufstellung  (siehe  oben):  J^^I^T^  =  ■^^'''  ^^^  retten,  giebt  er  sein  gleichzeitig  auf- 
gestelltes T*^  =  Ner  preis  und  behauptet  neuerdings:  das  Ideogramm  für  Ner  sei  T/« 
dagegen  bedeute  Y^  400  und  J[[[^  200.  erst  J[I^T^  zusammen  600.  Allein  diese 
Annahmen  sind,  wie  Lepsius  gleichfiills  schon  gezeigt  hat,  irrig.  Oppert  trägt  in 
grellstem  Widerspruch  mit  dem  inschriftlicheu  Thatbestand  einen  Unterschied  in  das 
Zeichen  "f*^  hinein,  der  nicht  existirt.  Denn  während  die  Sargonscyliuder ^)  das  Zei- 
chen, welches  nach  Oppert  400  bedeuten  soll,  gerade  nicht  "f*^,  sondern  T/  (genau 
so  wie  Assurb.  251,  16)  schreiben,  bietet  jenes  von  Oppert  angezogene  Syllabar^), 
welches  Ty  durch  ni-i-ir  „Ner"  erklären  soll,  gerade  nicht  Ty  sondern  grofs  und 
deutlich  T*^  erklärt  also  das  von  Oppert  für  400  gehaltene  Zeichen  ausdrücklich 
für  das  Zeichen  des  Ner,  der  Zahl  600.  Die  beiden  Zeichen  Y^  und  T/  sind  eben 
nichts  weiter  als  rein  bedeutungslose  Varianten*^),  ebenso  wie  sich  M  /«'s  nicht 
selten  mit  geringer  Herabziehung  des  Winkelkeils    /Y  geschrieben  findet,  in  welch  letz- 


1)  Zu  ^  =2  Kani  (=  12  Ellen)  siehe  Oppert,  Elalon,  pag.  9.  27.  Lepsius,  Tafel  von 
Senkereh,  S.  116  f. 

-)  Vgl.  schon  Cantor  in  seiner  oben  S.  29  Anm.  1  citirten  Recension  von  Oppert's  Eta- 
lo-n,  S.  161  f. 

^)     Ebenso  urtheilt  Schrader,  in  der  Jenaer  Literaturzeitug   1878  Nr.  16,   S.  237, 

^)     Zwei  derselben,   darunter  K.  1681,  habe  ich  selbst  auf  diesen  Punkt  hin  geprüft. 

5)  Mangelhaft  veröffentlicht  findet  sich  diese  aus  drei  (399.  303.  K.  4230  bezeichneten) 
Fragmenten  zusammengesetzte  Tafel  in  Lenormant's  Choix  de  textes  cuneiformes  pag.  199 — 203; 
sie  wurde  1874  von  mir  copirt,  wobei  ich  schon  damals  auf  die  Gestalt  des  Keilschriftzeichens 
für  den  Ner  genau  achtete.  Wie  Oppert,  liest  auch  Lenorruant  (vgl.  Etüde  sur  quelques  parties 
des  syllabaires  cuneiformes,  Paris  1876,  pag.  204)  irrig  K.  Dafs  das  Original  wirklich  nur  j" 
bietet,  hat  ganz  neuerdings  auch  noch  Mr.  Pinches  in  London  auf  Lepsius'  Anfrage  brieflich 
bestätigt. 

^)  Eine  weitere  Belegstelle  für  unterschiedsloses  Wechseln  beider  Zeichen  siehe  S.  40. 
Übrigens  scheint  sich  dieser  Wechsel  lediglich  auf  die  Thoninschriften  zu  beschränken;  auf 
denen  von  Bronze  und  Stein   scheint  hauptsächlich  die  Form   |      angewandt  worden  zu  sein. 

Zeitschr.  f.  Aegypt.  Spr,  J:ihrg.  1878-  9 


ß2  Soss,  Ner,   Sar, 

terem  Falle  es  von  Norris  und  Lenormant  bald  mit  /T>^  bald  sogar  mit  T  verwech- 
selt wird  ^).  Ist  aber  T*^  nicht  600,  so  kann  natürlich  auch  J[^[^  nicht  200  und  noch 
viel  weniger  2)  das  zusammengesetzte  J[I[]^T^  600  bedeuten.  Auch  Opperfs  J[]^T^ 
=  Ner  ist  hiernach  aus  der  obigen  Übersicht  zu  streichen. 

Dafs  nun  aber  in  der  That  ]^^^^  das  Keilschriftzeichen  für  Sar  ist,  wird  ab- 
gesehen von  der  eben  besprochenen  Zahlenkette  in  den  Sargonsinschriften  auch  noch 
o-anz  speciell  bestätigt,  indem  das  grofse  vierspaltige  Syllabar  S''  79  das  neuassyri- 
sche Zeichen  iS  und  damit  implicite  dessen  altbabylonische  Form  J[^^  ausdrücklich 
mit  sa-ar  d.  i. ,  Avie  auch  Oppert  zugiebt,  „vSar"  übersetzt.  Oppert  freilich,  der  dieses 
''""^  bereits  an  den  Zahlenwerth  200  vergeben  hat,  nimmt  seine  Zuflucht  zu  einer 
andern  altbabylonischen  Form  des  neuassyrischen  ^^  nämlich  <^X  und  proclamirt 
diese  neuerdings  als  alleiniges  Ideogramm  des  Sar.  Allein  auch  diese  Behauptung 
wird  sich  schwerlich  bewahrheiten.  Es  ist  schon  von  vornherein  bei  dem  stereotypen 
Charakter  von  Zahlzeichen  wenig  wahrscheinlich,  dafs  der  Zahlenbegriff  3600  durch 
zwei,  wohl  verwandte,  aber  äufserlich  doch  sehr  verschiedene  Schriftzeichen,  wie  J[^^ 
und  <^><  ausgedrückt  worden  sei,  zumal  da  für  Sofs  und  Ner  doch  auch  nur  je  Eines 
geprägt  war.  Sodann  spricht  alles  dafür,  dafs  altbabyl.  <^X  dvg  „gi^t-,  freundUch 
sein"  und  altbabyl.  Jl^^lJ^  ^'^'^  „massenhaft,  gewaltig  sein"  von  Haus  aus  überhaupt 
nichts  mit  einander  zu  thun  hatten,  sondern  erst  in  verhältnifsmäfsig  später,  neuassy- 
rischer Zeit  zu  dem  Einen  Zeichen  ^^  verschmolzen  worden  sind.  Endlich  aber  ist 
den  Beweisstellen,  welche  Oppert  für  <^X  =  Sar  beibringt,  nämlich  „Sintfl.  II,  11 
und  passim",  die  Anerkennung  zii  versagen.  Mit  Recht  hat  schon  Lepsius  geltend 
gemacht,  dafs  Sintfl.  II,  10 — 14  die  Bedeutung  „Sar"  gar  nicht  pafst,  und  eben  so 
wenig  pafst  sie  —  wenn  Oppert  etwa  unter  „passim"  diese  Eine  Stelle  versteht  — 
Sintfl.  VI,  31 — 32.  Die  nähere  Begründung  dieser  Behauptung  kann  ich  mir  hier  er- 
sparen, da  ich  auf  Grund  eingehender  Prüfung  gerade  dieser  Sintfluthtexte  noch  hinzu- 
setzen darf:  an  all  den  von  Oppert  citirten  Stellen  steht  gar  nicht  ein  altbabyloni- 
sches Zeichen  für  A^  etwa  <^X  sondern  vielmehr  <^s^  ^);  dies  ist  aber  bekannt- 
lich eine  der  mancherlei  altbabylonischen  Varianten  des  neuassyrischen  ^|^  iin. 

Hiernach  ist  als  die  allein  richtige  *)  Darstellung  der  Schriftzeichen  für  60,  600, 
3600  die  von  Lepsius  in  seiner  Tafel  von  Senkereh,  S.  108,  gegebene,  einfache  Über- 
sicht anzuerkennen : 


^)  Siehe  z.  B.  Lenormant,  Choix  de  textes  cuneiformes,  pag.  59,  1.  56.  57.  77.  64,  1.  70. 
73  u.  ö. 

2)  Beachte  die  treffende  Bemerkung  Schrader's  in  der  Jenaer  Literaturzeitung  1878 
Nr.  16,  S.  238,  dafs  auf  eine  Zahlengruppe  wie  200.  400,  in  welcher  die  kleine  Zahl  der 
gröfseren  voraufgeht,  nur  das  MultiplicationsverhäUnifs  anwendbar  sei,  das  Zeichen  200.  400, 
selbst  wenn  es  ein  einheitliches  wäre,  höchtens  200  x  400,  also  80000  bedeuten  könne. 

3)  Sintfl.  11,  10—14  bietet  IV  R.  50  richtig  <^  ,  während  Smith's  Ausgabe  des  Sint- 
fluthtextes  (in  den  Transactions  of  the  Society  of  Biblical  Archaeology,  III,  1874,  pag.  544  f.) 
irrig  KJ>K  schreibt;  Sintfl.  VI,  31 — 32  aber,  welche  Zeilen  IV  R.  51  nur  sehr  fragmentarisch, 
vollständiger  in  den  Transactions  III,  586  veröffentlicht  sind,  hat  das  Original  abermals  nicht 
•<^><j  sondern    <^*v,  offenbar  eine  Variante  von  <r^  • 

*)  Die  Stelle  Dour-Sarkaijan  7,  81,  in  welcher  sich  eine  Zahl  T  J|[^^^  |^  lU  ^^J  ^^ 
findet   und    welche    Avegen    des    vor  T^   mangelnden  Keils    von  Oppert  und  Lenormant  als  eine 


von  F.  Delitzsch.  (53 


Sofa:  ^. 
Ner:    f*^  oder  Y^. 
Sar:    ^. 

Beiläufig  möchte  ich  übrigens  bei  dieser  Gelegenheit  auf  eine  noch  kaum  beach- 
tete, aber,  wenn  ich  anders  recht  sehe,  hochinteressante  Thatsache  die  Aufmerksamkeit 
lenken.  Sie  betrifft  ebenjene  Stelle  der  Sargonsinschriften  bezüglich  des  Umfangs 
der  Sargonsstadt.  Die  Worte  lauten  dort  vollständig:  4  ^ai^  .3  ner  1  sus  20  ammat 
ni-hit  sum-ja^)  mi-si-ih-ti  duri-su  as-kun,  zu  deutsch:  4  Sar  3  Ner  1  Sofs  20  Ellen, 
die  Nennung  meines  Namens,  machte  ich  die  Ausdehnung  ihrer  (der  Sargonsstadt) 
Mauer.  Oppert  übersetzt:  „so  und  so  viel  Ellen  ad  gloriam  nominis  mei  men- 
suras  moenium  feci".  Aber  diese  Übersetzung  hält  nicht  Stich.  Denn  abgesehen 
davon,  dafs  bei  dieser  Bedeutungsannahme  ein  appositionelles  nibit  sumja  sehr  wenig 
verständlich  wäre,  man  vielmehr  ana  nibit  sumja  erwarten  müfste,  bedeutet  auch  assyr. 
nibit^  nibittii  niemals  ^)  „Ruhm",  sondern  einfach  „Nennung,  Kundmachung,  Name" 
(W.  NSS  „nennen",  wovon  auch  nibit  „Zahl").  Der  Gesamtumfang  der  Sargonsstadt 
soll  ebendadurch,  dafs  er  4  Sar  3  Ner  1  Sofs  und  20  Ellen  beträgt,  den  Namen  Sar- 
gon's  nennen,  soll  durch  die  Anzahl  seiner  Ellen,  welche  der  königliche  'Erbauer  ab- 
sichtlich auf  4  Sar  3  Ner  1  Sofs  und  20  festgesetzt  hat,  symbolisch  dessen  Namen 
verkünden.  Aber  freilich,  so  gewifs  diese  meine  Deutung  der  Worte  ist,  so  schwie- 
rig ist  es,  jene  Zahlenreihe  mit  dem  Namen  Sarrukin  in  ein  Verhältnifs,  geschweige 
beide  in  harmonischen  Einklang  zu  bringen  ^).  Es  versteht  sich  darum  von  selbst 
—  etwaigen  Einwänden  gegenüber  sei  dies  von  vornherein  bemerkt  — ,  dafs  ich  die 
nachfolgende  Vermuthung  nur  unter  allem  Vorbehalt  gebe.  Der  Name  Sarrukin  zer- 
fällt, er  mag  geschrieben  werden  wie  er  will,  in  3  Haupttheile:  1)  den  Einen  verti- 
kalen Keil  T  als  Determinativ,  2)  mrru  ,, König",  3)  eine  Form  der  Wurzel  kün  „fest- 
stehen"   (khiu   oder   vkhi).     Wie    nun   fast    ein  jeder  der  Götter  höherer  imd  niederer 


Hauptstütze  ihrer  Ansicht  von  dem  einheitlichen  Charakter  der  Zeichen  J[^[^^  |  betrachtet 
wird  fällt,  nach  obigen  Auseinandersetzungen  nicht  mehr  ins  Gewicht.  Der  in  diesem  Zu- 
sammenhange ganz  entbehrliche  T  ist  eben  vor  yC  in  Gedanken  zu  ergänzen  und  die  Zahlen- 
reihe zu  lesen:  1  sar  1  7ier  6  sus  50  d.  i.  4610.  Auch  sonst  fehlt  bisweilen  bei  unmifsverständ- 
lichem  Context  ein  solcher  einzelstehender  Keil.  Denn  mag  auch  Botta  III,  27,  55  das  Fehlen 
des  T  vor  sus  vielleicht  nur  auf  einem  Druckfehler  beruhen,  so  fehlt  er  doch  sicher  —  worauf 
Schrader  aufmerksam  macht  —  in  den  Stellen  III  R.   41   col.  I,  3.  4.  IV  R.  41  col.  I,   14.  16. 

1)  So  die  Sargonscylinder  (I  R.  36,  55);  in  der  Stierinschrift  Sargon's  fehlt  diese  Appo- 
sition. 

2)  An  Stellen  wie  Asurn.  I,  21.  33.  III,  127.  130,  wo  Nords,  Dictionary,  pag.  953,  „glory" 
übersetzt,  steht  ni-hit  „Berufung"   concret  für  „Berufener". 

3)  Wie  ich  nachträglich  zu  meiner  Freude  bemerke,  übersetzt  auch  Norris,  Dictionary, 
pag.  954.  524:  „the  naming  (expression)  of  my  name"  und  bringt  gleichfalls  die  vorhergehen- 
den Zeichen  in  symbolische  Verbindung  mit  dem  Namen  Sargon's.  Im  Übrigen  freilich  leidet 
Norris'  Erklärungsversuch,  der  schon  an  sich  wegen  gründlichsten  Mifsverständnisses  der  Zeichen 
J[2l^  und  T*^  scheitern  mufste,  an  derartigen  Abenteuerlichkeiten  —  die  Zahlenwerthe  der 
hebräischen  Buchstaben  werden  auf  ein  assyr.  )>-^:i  (sie!)  übertragen  — ,  dafs  wir  am  besten 
die  Anmerkung  auf  pag.  524,  als  wäre  sie  nie  geschrieben  worden,  mit  Stillschweigen  über- 
gehen. 

9* 


(54  Sofs,  Ner,  Sar, 

Ordnung  seine  symbolische  Zahl  hatte,  mit  welcher  er  auch  schlechthin  geschrieben 
werden  konnte,  z.  B.  >->-T-  ^^^  der  Mondgott  Sin,  ►^-T-  ^^  der  Sonnengott  Samas,  ^-^X- 
yyy  die  Göttin  Istar,  >->^T-TTTTT  die  Engelwesen  Igigi,  u.  v.  a.  ^),  so  hatte  auch  der 
Begriff  „König"  seinen  ganz  bestimmten  Zahlenwerth,  nämlich  TTT/^^  sumerisch  is-se- 
hu  gesprochen  (II  R.  33,  31  e)  —  ein  Zahlenidcogramm  2),  welches  auch  in  zusammen- 
hängenden Texten  (in  diesen  freilich  meist  ungenau  TTT^^  geschrieben)  mit  den  son- 
stigen Ideogrammen  für  sarru  „König"  unaufhörlich  wechselt^),  ja  dermafsen  beliebt 
war,  dafs  das  sumerische  Zahlwort  is-se-bu  selbst  als  Lehnwort  mit  der  Bedeutung 
„König"  in  die  assyrische  Sprache  überging;  siehe  Tig.  I,  31.  Asurn.  I,  21.  III,  127: 
i-sib-bu  oder  i-si-bu  na-a-du  „erhabener  König",  vgl.  auch  is-si-bu-u,  syn.  mah-hu-ü  „der 
Grofse"  HR.  51,  49e.  f.  ■^)  Der  Name  Sargon  beträgt  hiernach,  auf  Zahlenwerthe  ge- 
bracht, in  seinen  beiden  ersten  Theilen  T  +  TTT^^^  ^- ^-  TTTT^^^  oder,  da  noch  die 
Stellen  der  Sofse  und  Zehner  folgen,  4  Sar  3  Ner.  Es  würde  sich  nur  noch  darum 
handeln,  den  dritten  Hauptbestandtheil  des  Namens,  nämlich  hhi  (kinu,  vkhi)^  in  Ein- 
klang mit  1  Sofs  und  20  Ellen  zu  bringen  ^J.  Hier  ist  nun  freilich  mit  dem  Zeichen 
►~<T,  mit  welchem  sonst  die  gegenwärtig  bekannten  Inschriften  kmu^  bez.  tiktn  ideo- 
graphisch wiedergeben,  nichts  anzufangen.  Allein  Avenn  wir  uns  erinnern,  dafs  ein 
vollkommenes  Synonym  ebendieses  >--^T  kim  „feststehen"  Afel,  „festsetzen"  ^rr<T  t^V" 
ist  —  vgl.  ^v5T  jSI  =  i-mi-du  „festsetzen"  (HR.  27,  19  a.  b),  ^  kut-tin-nu  (W.  -,^^) 
„wahr,  echt,  legitim"  (II  R.  29,  64a.b),  ^]^^T  j^tT  =  ma-ka-7iu  „Ort"  (HR. 
49,  33  a.  b),  /v>^  ^VT^T  >xixl  ebenso  wie  /^f:5;<T  =  kabnsu  „mit  Füfsen  treten",  wört- 
lich „den  Fufs  fest  aufsetzen"  (II  R.  27747  g.h.  IV  R.  10,  34/35.  47  a),  u.a.m.  — , 
so  kann  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dafs  wir  vielleicht  schon  in  Kürze  dem  so 
mannichfach  geschriebenen  Namen  Sargon's  auch  einmal  in  der  Form:  TTTT^^^^^T 
^y^Y"  ßarru-kinu  begegnen.  Diese  Form  aber  deckt  sich  mit  der  Zahlenreihe  4  Sar  3  Ner 
1  Sofs  20  Ellen  durchaus,  vorausgesetzt  dafs  sich  yVy"  wirklich  als  Längenmafs  von 
20  Ellen  nachweisen  läfst.  Dieser  letzte  Punkt  ist  der  einzige,  welcher  zur  Zeit  noch 
unaufgehellt  bleiben  mufs;  doch  ist  immerhin  schon  jetzt  darauf  hinzuweisen,  dafs  sich 
dieses  sumerische  yTT"  sc/,  welches  S**  187  durch  onat-mc  „Strang,  Strick"  (W.  ',n^  „aus- 
dehnen, in  die  Länge  ziehen"),  anderwärts  durch  at-ru  „Strick"  (T^)  vmd  ähnliche 
Wörter  erkärt  wird,  zur  Benennung  eines  solchen  gröfseren  Längenmafses  sehr  wohl 
eignete. 

III.  Sind  nun  aber  —  und  damit  gehen  wir  einen  Schritt  weiter  —  für  diese 
Schriftzeichen   der  Zahlenwerthe    60,  600   und    3600   die  dem  griechischen  c-apog,  vr^pog 

^)  Siehe  hierzu  vor  allem  den  diese  „Götterzahlen"  aufführenden  Keilschrifttext  in  meinen 
Assyrischen  Lesestücken,  1.  Aufl.,  S.  39  f.  Beachte  auch  die  mit  den  Bruchzahlen  ^  und  f  zu- 
sammengesetzten Ideogramme  der  Dämonen  ikimmu  und  utukku,  S**  51.  53. 

^)     Andere    dieser    zum   Theil    noch    räthselhaften    Zahlenideogramme    sind   ^UJ  =  imnu 

„rechts«  und  yy«<  =  sumilu  „links"  (II  R.  31,  26.  27a). 

^)  Siehe  die  Unterschrift  der  Tafel  S.  954  (Assyrische  Lesestücke,  2.  Aufl.,  S.  75  oben); 
III  R.  60,  95—97.   101  —  103.  109  u.  o. 

*)  An  dieser  Stelle  scheitert  die  ohnehin  wenig  wahrscheinliche  Erklärung  des  Wortes 
aus  der  W.  sitn  „sitzen",  so  dafs  der  Sinn  wäre:   „who  is  seated"  (Norris  495). 

^)  Die  indifferente  Schreibung  der  20  Ellen,  einmal  als  1-^  ^  +  2,  das  andere  Mal  als 
3  kani  -+-  2,  scheint  zu  lehren,  dafs  es  dem  König  Sargon  bei  dieser  symbolischen  Darstellung 
seines  Namens  lediglich  um  die  Summe  von  20  Ellen  zu  thun  war. 


von   F.   Delitzsch.  (55 


und  adcczcc,  so  völlig  entspreclieudeii  kcilschriftlichcn  Namen  sa?-,  ner  und  ms  wirklich 
mit  voller  Sicherheit  nachgewiesen?  und  unter  welchen  Formen  finden  sie  sich  rein 
phonetisch  geschrieben?  Diese  Fragen  sind  zum  Theil  bereits  durch  die  bisherige 
Erörterung  beantwortet.  Der  keilschriftliche  aäpcz,  ist,  mit  einfachen  Sylbenzeichen 
geschrieben,  bis  jetzt  nur  an  Einer  Stelle,  aber  an  dieser  glücklicher  Weise  ganz 
zweifellos  sicher  aufgefunden,  jener  Stelle  des  vierspaltigen  Syllabars  S''  79  nämlich, 
auf  welche  ich  zuerst  die  Aufmerksamkeit  lenkte  und  welche  das  neuassyrische  ^ 
d.  i.  altbabylonisch  ^'^^^  durch  XIT  /Tk»-TTT  «a-o;-  übersetzt.  Der  keilschriftliche  vr^poc, 
findet  sich  in  zweifacher  Form:  in  dem  oben  S.  61  erwidmten  bilinguen  Wörterbuch 
lesen  wir  »rr-  ^T^  ^r^^  ni-i-iv  als  Äquivalent  des  Zeichens  T*^  ebenso  also  wie  m-ar 
ohne  semitische  Casusendung;  dagegen  läfst  ein  noch  luiveröfientlichtes,  wie  mir 
scheint,  noch  gar  nicht  beachtetes  und  doch  höchst  lehrreiches  Täfelchen,  K.  4319 
bezeichnet  und  zu  II  R.  40  Nr.  5  gehörig,  auf  1  m-si^  2  m-ü^  3  m-U^  5  m-si  d.  i. 
„5  Sofs"'  ^^^^T  ^TI  ^SW  ni-i-ru'^),  d.  i.  doch  offenbar  vr^po^  oder  6  Sofs,  mit  assyri- 
scher Nominativendung  folgen.  Dem  keilschriftlichen  awa-acc,  endlich  begegnen  wir, 
da  die  Assyrer  noch  bis  in  die  späteste  Zeit  neben  den  Zehnern  und  Hunderten  mit 
Vorliebe  auch  nach  Sossen  rechneten,  sehr  häufig  imd  zwar  in  vierfacher  Form: 
^T/T>^  sü-si',  so  Tig.  I,  54  (1  sü-si^)  sarra-ni  60  Könige)'.  II,  20  (3  sü-si  ruk-hi  tri 
180  Bronzeplatten).  49.  51.  61.  111,103.  VI,  31.  VII,  69:  ebenso  auf  der  eben  er- 
wähnten Tafel  K.  4319:  —  ^T^i5TT  ^^^^^  ^T^5T"^  Sü-i/s-Su  und  kc-ics-sl  in  zwei 
Exemplaren  des  Schiffverzeichuisses  II  Iv.  62,  44g.  h;  —  ^T^rr<Y  ^Y^TT>~  sü-us-sü-ü 
II  R.  45  Nr.  2.  Dieses  letztere  Fragment  K.  4314  weist  übrigens  zwischen  h'i-uS-stc-ü 
„Sofs''  und  [sü-us-]m-an  „ein  Drittel*'  noch  ein  anderes  Zahlwort  auf,  das  mir  in 
doppelter  Hinsicht  instructiv  scheint,  nämlich  ^T  ^V5T  V  ^T^>-TT^T  Sii-us-sa-ar;  instruc- 
tiv  defshalb,  weil  uns  in  ihr  wahrscheinlich  der  Name  der  dritten  Potenz  der  Grund- 
zahl 60  erhalten  ist,  zugleich  aber  auch  die  nackte,  der  semitischen  Nominalendung 
entkleidete  Fonn  hc-us  für  „Sofs"  (sus-sar  d.  i.   60  Sar  oder  60^). 

IV.     Ich  komme  zu  der   letzten  Frage,    zu    der  Etymologie    der    drei  Zahlwörter. 
In  der  Meinung  befangen,  dafs  Sofs,   Ner  und  Sar  ausschliefslich  Zeitwerthe  seien, 

dachte  Oppert  im  ersten  Anfangt)  an  Zusammenhang  mit  iCc'^  ("^~")  „Stunde"  .Uj 
„Tag"  und  Mi  „Monat".  Diesen  Irrthum  hat  er  natürlich  selbst  schon  längst  als 
solchen  erkannt,  doch  ist  es  ihm,  wie  mir  scheint,  noch  nicht  geglückt,  zu  der  sach- 
lichen Erkläning  jener  Namen  auch  die  richtige  etymologische  Deutung  zu  fügen. 
Denn  wenn  er  sum  mit  der  assyrischen  Cardinalzahl  für  „sechs"  identificirt,  welche 
zuo-leich  auch  „sechzig"  bedeutet  habe*),  so  ist  dagegen  zunächst  einzuwenden,  dafs 
es  fast  undenkbar  ist,  dafs  Ein  und  dasselbe  Zahlwort  sowohl  „sechs"  als  „sechzig" 
bedeutet  habe,  sodann  aber,   dafs  ein  assyrisches  susu  „sechs"    bis  jetzt  überhaupt 


1)  Beachte   in   den   beiden   ersten  Sylben   das   sog.  gefärbte  i,   welches   in  Sumerischen 
zweifelsohne  e  gesprochen  wurde. 

2)  Der  die   1   bezeichnende  Keil  J  fehlt  irrig  I  R.  9. 

3)  Siehe  Brandis,  Münz-,    Mafs-  und  Gewichtssystem,   S.  8   Anm.  Oppert,  Etalon,  pag.  3. 
*)     Etalon,  pag.  8. 


QQ  Sofs,  Ner,  Sar, 

nicht  aufgefunden  ist^).  Beide  Behauiitungen  entbehren  also  gleichmäfsig  der 
Grundlage.  Und  wenn  er  weiter  sar  von  einer  W.  iriiy  „entourer'-'  ableitet  und  für 
verwandt  mit  "ir;"iU  „cycle"  (^nö?)  hält,  so  scheitert  auch  dieser  etymologische  Versuch 
daran,  dafs  das  Assyrische  wie  das  Hebräische  eine  solche  W.  "fr::  überhaupt  nicht 
besitzt.  Nicht  minder  unhaltbar  ist  die  von  Schrader^)  vorgetragene  Ansicht,  dafs 
sussu  Eins  sei  mit  der  assyrischen  Bruchzahl  su-us-[hi]  „ein  Sechstel:"  diese  habe 
dann  auch  „ein  Sechzigstel"  bedeutet  und  so  heifse  die  Zahl  60  bei  den  Babyloniern 
sussu  als  „der  sechzigste  Theil  des  Saros  d.  i.  der  Fürsten-  oder  Hauptzahl  3600." 
Allein  abgesehen  davon,  dafs  das  Eine  sussu  kaum  zur  Bezeichnung  zweier  so  wesent- 
lich verschiedener  Brüche  gedient  haben  wird,  ist  sü-us-[su']  „ein  Sechstel"  an  sich 
schon  mehr  als    zweifelhaft.     Jenes    kleine  Fragment,   welches    die    assyrischen  Bruch- 

zahlen  sü-un-nu  „ein  Halb,"  ru-bu  „ein  Viertel"  (^j,  y?"i)  u.  a.  aufführt,  bietet  ja 
in  dem  Worte  für  ein  Sechstel  als  zweites  Zeichen  du;  einen  Lesefehler  Rawlinson's 
aber  mit  Schrader  anzunehmen,  scheint  mir   um  so  weniger  angezeigt,    als  sü-du-[su'\ 

eine  durchaus  correcte  Form  darstellt  (vgl.  arab.  (_^k.A^).  Dagegen  ist  Schrader's  Deu- 
tung des  Sar,  adpcc,,  als  der  „Fürstenzahl"  dem  Sinne  nach  wohl  sehr  passend,  aber 
lautlich  mit  der  Grundform  sarru  „König,  Fürst"  weniger  leicht  vereinbar  —  man  würde 
adppoc,  erwarten. 

So  zerschlagen  sich  alle  Versuche,  die  Wörter  sus^  ner  und  sar  aus  dem  Semitisch- 
Babylonischen  zu  erklären,  und  bleibt  auch  hier,  wie  in  so  vielen  Fällen,  das  Nicht- 
semitisch-Babylonische oder  das  Sumerische  als  letzte,  aber  immer  neu  bewährte, 
noch  selten  vergeblich  befragte  Instanz  übrig.  Auf  sumerischen  Ursprung  weist  von 
vornherein  die  unbestreitbare  Thatsache,  dafs  das  Sexagesimalsystem  als  solches  eine 
Erfindung  des  sumerischen  Urvolkes  ist.  Das  arithmethische  System  der  Semiten  war 
je  und  je  wesentlich  Decimalsystem ;  auch  dem  in  Babylonien  und  Assyrien  gebräuch- 
lichen reinen  Decimalsystem  ist  durch  das  Zeichen  für  „hundert"  Y>-  me  (woraus  dann 
yy^^  10  X  '«^  =  „tausend"),  welches  doch  sicher  mit  dem  allgemein  semitischen  Zahl- 
wort für  100,  riNT?  u.  s.  w. ,  in  Zusammenhang  steht,  der  Stempel  des  semitischen  Ur- 
sprungs aufgedrückt  3).  Dafs  nun  zufällig  gerade  die  babylonischen  Semiten  neben 
dem  Decimalsystem,  das  allen  Anforderungen  vollauf  genügte,  sich  auf  eigene  Faust 
noch  ein  anderes  Zahlensystem,  ein  Sexagesimalsystem,  erfunden  haben  sollten,  wie  es 
sonst  wohl  Chinesen  und  Mongolen*),  aber  nicht  Semiten  besitzen,  ist  doch  zu  un- 
glaublich, um  nicht  die    andere  Möglichkeit  sofort,    auch   ohne  weitere  Beweisführung, 


1)  In  Oi^pert's  Grammaire  assyrienne,  2*^^  edit.,  Paris  1868,  pag.  39  lautete  die  Cardinal- 
zalil  für  „sechs"  rüü,  aber  auch  diese  Form  ist  lediglich  construirt.  Sicher  ist  bis  jetzt  nur 
die  Ordinalzahl  6-?.s-[sm]   „der  sechste",  gemäfs  IV  R.  5,  24a. 

2)  Die    assyrisch -babylonischen   Keilinschriften    (ZDMG  XXVI,   1872),  S.  237  Anra.  1. 
^)     Anders  urtheilt  allerdings  Sayce  —   noch  neuerdings  in  seinen  Lectures  upon  the  Assy- 

rian  language,  London  1877,  pag.  59.  149  — ,  der  das  zweifellos  gutsemitische  Zahlwort  für 
„hundert"  als  aus  dem  Sumerischen  entlehnt  betrachtet,  nämlich  aus  sum.  me  „rufen",  dann 
vielleicht  auch  „Versammlung".  Ich  fürchte,  Sayce  wird  in  diesem  Punkte  mit  seiner  Ver- 
muthung  allein  bleiben. 

*)  Vgl.  Schrader,  Semitismus  und  Babylonismus,  in  den  Jahrbb.  für  prot.  Theol.,  1874. 
S.  120;  Halevy,  La  nouvelle  evoluüon  de  Vaccadisme,  Paris   1876,  pag.  7. 


von  F.   Delitzsch.  QJ 


als  Wirklichkeit  anzuerkennen:  die  in  Babylonien  eingewanderten  Semiten  fanden  das 
Sexagesimalsystem  bei  dem  an  Cultur  ihnen  weit  überlegenen  sumerischen  Urvolke 
vor  und  nahmen  es  während  des  Jahrhunderte  dauernden  innigen  "Wechselverkehres 
gleich  so  vielem  anderem  von  ihm  an. 

Ist  aber  das  Sexagesimalsystem  sumerisch,  so  werden  es  wohl  auch  seine  Haupt- 
fjictoren,  die  Grundzahlen  Sofs,  Ner  und  Sar  sein  i),  und  dies  läfst  sich  denn  wirk- 
lich ohne  Mühe  endgiltig  darthun. 

Im  Sumerischen  bedeutet  sar  alles  was  grofs,  viel,  massenhaft  ist :  es.  wird  er- 
klärt durch  assyr.  kis-su-tuv  „Schaar",  ma-a-du  und  mm-du--u  :,viel",  ra-hu-u 
^.grofs",  pu-hu-du  „furchtbar",  du-us-sü-u  „feist",  git-ma-lu  „ausgewachsen,  voll- 
kommen". Dafs  aber  das  Zahlwort  sar  mit  eben  diesem  sar  Ein  Wort  ist,  wird  mo- 
numental dadurch  bestätigt,  dafs  das  vierspaltige  Syllabar  S*^  das  nämliche  Keilschrift- 
zeichen ^^  altbabyl.  J[^f%  nachdem  es  dasselbe  durch  die  eben  genannten  assyri- 
schen Wörter  erläutert  hat,  schliefslich  durch  sa-ar  d.  i.  ao'pcc,  ausdrücklich  übersetzt 
(Z.  68  —  79).  Der  Sar  oder  die  Zahl  3600  ist  sonach  sar  genannt  imd  geschrieben 
als  die  „grofse",  „vollkommene"  oder  wie  man  sonst  will,  kurzum  als  die  „Massen- 
zahP). 

Im  Sumerischeu  bedeutet  ner  den  „Führer,  Leiter":  das  grofse  dreispaltige  Syl- 
labar S^  erklärt  auf  Z.  130  das  durch  Verdoppelung  von  *-TTTT  rahu  „grofs"  entstan- 
dene Ideogramm  ^IIII  iu  der  sumerischen  Columne  durch  ni-ir  (ungenau  statt  ne-i?'), 
in  der  assyrischen  durch  i-bi-hiv^  das  gewöhnliche  Wort  im  Assyrischen  für  „Führer, 
Regierer".  Dafs  aber  das  Zahlwort  ner  mit  ebendiesem  ner  Ein  Wort  ist,  wird  mo- 
numental dadurch  bestätigt,  dafs  das  nämliche  Keilinschriftzeichen  T/  oder  T^  welches 
die  Zahl  600  bedeutet,  mit  trTTT^Y  nagiru  „Führer",  dem  Synonym  vou  ^JWJ  ibüu 
„Führer",  völlig  gleichbedeutend  gebraucht  wird.  So  wird  der  nagir  ikalli 
II  R.  53,  18:  Y^  ikalli^  dagegen  II  R.  31.  39  c:  ^UJ^T  'ikalli  gesclmeben  und  hinwie- 
derum der  nagir  mati  II  R.  53,  19:  ^HJ^T  mati^  dagegen  II  R.  31,40  c:  Y^  mati. 
Aus  diesen  Gleichungen  ergiebt  sich  ein  dreifaches:  zunächst,  was  schon  oben  gezeigt 
wurde,  dafs  T*^  und  T^  blofse  Varianten  sind;  sodann  dafs  Y^  (^\  ebenso  wie  ^lU^T 
„nagiru  Führer"  bedeutet  3),  beide  darum  gleichen  Werthes  mit  ^IIII  sumer.  7ier,  assyr. 
ibüu    sind*):    ebendamit    aber    drittens,    dafs  y^     welches    seiner    grofsen    Einfachheit 


1)  Auch  Sayce  ist  dieser  Ansicht,  freilich  ohne  sie  im  Einzelnen  zu  beweisen;  siehe 
Leclures,  pag.  60. 

2)  Die  analogen  Benennungen  der  gröfseren  Zahlen  bei  Indogermanen  "svie  Semiten  sind 
bekannt  genug,  um  hier  eingehender  berücksichtigt  zu  werden. 

3)  Vgl.  auch  Khors.  140,  wo  Bei  J*"  ilani  (Oppert:  satil  ilani  „ponderator  deorum") 
genannt  wird;  ich  möchte  vermuthen,  dafs  das  Original  statt  dieses  sinnlosen  \  vielmehr  "p 
ilani  d.i.  nagir  ilani  „Führer  der  Götter"  bietet.  Zu  y<  in  der  Bedt.  „Führer-  vgl.  weiter 
II  R.  57,  71  c  und  andere  Stellen  mehr. 

*)  Sehr  richtig  liest  darum  Smith  in  seinem  Assyrian  Eponym  Canon,  London  1875,  den 
Amtsnamen  ^llJ^f  ikalU,  welcher  rein  assyrisch  nagir  ikalli  zu  lesen  ist,  halb  sumerisch 
halb  assyrisch:  niru-ekali  (p.  24  u.  ü).  —  Aus  Stellen  wie  Assurb.  82,  5.  140,4.  141,6,  wo 
eines  nisu  T^TTTS^  Erwähnung  geschieht,  dürfte  übrigens,  wenn  anders  Smith  richtig  gelesen 
hat,  zu  ersehen  sein,  dafs  in  den  Inschriften  Assurbanipals  schliefslich  sogar  das  Zeichen  für 
assyr.  niru  „Joch*   mifsbräuchlich  mitverwendet  wurde  für  das  sumer.  ner  (nir)   „Führer". 


70  Sofs,  Ner,  Sar,  von  F.  Delitzsch.       Erschienene   Schriften. 


wegen  vor  den  beiden  andern  zum  Zahlzeichen  ausgewählt  wurde,    den  Ner    oder   die 
Zahl  600  schrieb  und  benannte  als  die  „Führerzahl". 

Über  die  Grundbedeutung  von  Sus  aber  brauchen  wir  nicht  nachzugrübeln ;  es 
wäre  dies  ein  ebenso  müfsiges  und  zur  Zeit  wenigstens  aussichtsloses  Bemühen  als 
wollten  wir  das  Etymon  der  mit  ms  zusammenklingenden  semitischen  und  indogerma- 
nischen Zahlwörter  cd,  skr.  sas  u.  s.  w.  ergründen.  Sus  ist  eben  das  sumerische  Zahl- 
wort für  sechzig,  so  gut  sumerisch  wie  sussana  für  -|^  d.  i.  -|-.  Seine  Schreibung 
mit  dem  Zeichen  ^rr^Y  lehrt,  dafs  diesem  neben  den  bisher  bekannten  Lautwerthen  ?/s, 
(jü  und  nita  auch  noch  der  Lautwerth  sus  im  Sumerischen  eignete. 

* 
Die  Ei'gebnisse  der  vorstehenden  Untersuchung  dürften  sich  hiernach  in  folgende 

Übersicht  vereinigen  lassen: 

„  ,  Keil-  Namen  Grundbedeutung  der  sumerischen  Wörter 

Ziffern :- schriftzeiclien    griechisch    assyrisch    sumerisch  assyrisch  deutsch 


60 

! 

600 

< 

M< 

3600 

1' 

r:^ 

awaaoc,      sus(ö)u        sus  SECHZIG 

vripo^        neru         ner      nagiru,  ibilu        Führer 
adpoc,  —  sar      kissatu  u.  a.  m.   ScHAAR,  MaSSE. 


Erschienene  Schriften. 
Th.  Fuchs,    Die    geologische  Beschaffenheit    der   Landenge    von    Suez,    mit  mehreren  Tafeln  (Denkschr.  der 

mathem.  naturwiss.  Klasse  der  K.  Ak.  d.  Wiss.  zu  Wien.     Bd.  XXXVIII.     1877.) 
Ad.  Erman,  De  forma  pluralis  in  lingua  aegyptiaca,  diss.  inaug.  philol.  Berolini   1878.     8.     30  pp. 

—     Die  Pluralbildung   des  Aegyptischen ,    ein    grammatischer  Versuch.      Leipzig.     Wilh.  Engelmann.   1878. 

4.     47  pp. 
Charles  T.  Gatty,  Catalogue  of  the  Mayer  Collection.     Parti.  The  Egyptian  antiquities.     Liverpool.  1877. 

8.     70  pp. 
Dem.  Moscanas,    deux    mots    sur   les  obelisques  d'Egypte  et  traduction  de  lobelisque  dit  de  Cleopatre  qui 

doit  etre  transporte  en  Angleterre  et  de  la  stele  de  Ptahmosis  le  Memphite.     Alexandrie  1877.     4.     IG  pp. 

et  3  tables. 
Tho?  L.  Donaldson,    on    obelisks,    their   purpose,    proportions,    material   and  position.      (Extract  from  the 

Tpansactions  of  the  R.  Institute  of  British  Architects  1877/8  p.  213—220).     Mit  einer  lithogr.  Tafel. 
Carl  Riel,    der  Thierkreis    und   das   feste   Jahr    von   Dendera.     Mit   einer   lithogr.  Tafel.     Leipzig.     Brock- 
haus.  1878.     4.     100  S. 
J.  Lieblein,  det  gamla  Egypten  i  dess  Skrift.     (Ur  var  tids  forskning,  4.   18.)     Stockholm.   1877.     8.    86  S. 
Vicomte  J.  de  Rouge,    Etudes    egyptologiques    11^®-  livre.     Inscriptions   hieroglyphiques,    copiees    en  Egypte 

pendant   la   mission   scientifique    de   M.  le  Vicomte    Emm.  de  Rouge,    tome  III.     Paris,  Vieweg.    1878.     4. 

pl.  153  —  231. 
Ed.  Naville,    les  Israelites  en  Egypte,  (Rev.  chretienne,   1878.    p.  65—82).     8. 
Prisse  d'Avennes,    Histoire  de  l'art  egyptien  d'apres  les  monuments  depuis  les  temps  les  plus  recules  jus- 

qu  a  la  domination  romaine.     Ouvrage    public  sous  les  auspices  du  ministre  de  Tinstruction  publique  et  des 

beaux  arts.    Paris,  Arthus  Bertram  editeur.     1878.  —  Tome  I.  Architecture.  —  Tome  II.  Dessin,  sculpture, 

peinture,  art  industriel.  —  (42  livraisons,  62  et  95  planches.). 
G.  Maspero,  le  conte  des  deux  freres.     (Extrait  de  la  Revue  archeologique  Mars   1878).      16  pp. 


Leipzig,  J.    C.  Hiiirichssche   Buchhandlung.    —    Verantwortl.   Redacteur   Dr.  R.  Lepsius,   Berlin,  Bendlerstr.  18.  (W.) 
Buchdruckerei  der  Köuigl.  Akaaemie  der  Wissenschalteu  iu  Berlin  (G.  Vi-gt). 


laae  Zffr  Ze/'Z-sr/f/:  /ilrJe^.  ,ipr  /S7S.  p.  2^. 


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Zeitschrift 


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Ägyi3tische  Sprache  und  Alterthumskunde 

Sechszehnter  Jahi'gan^.  Drittes  u.  viertes  Heft. 


In  halt: 

Le  roi  Teta  Merenphtah,  par  Ed.  Naville  (Mit  1  lithograph.  Tafel).  —  Un  page  du 
Roman  de  Satni  transcrite  en  hieroglyphes,  par  G.  Maspero  (Mit  ]  lithograph.  Tafel).  — 
Sur  lauxiliaire  ö  v\  •  ^  ,  P^r  Gr.  Maspero.  —  Erklärung,  von  H.  Brugsch.  —  Nebu- 
cadnezar  und  Aegypten,  von  A.  Wiedemann.  —  Die  Phönix-Sage  im  alten  Aegypten, 
von  A.  Wiedemann.  —  Osiris- Bacchus,  par  Aug.  Baillet  (Mit  1  lithograph.  Tafel).  — 
Neue  Funde  griechischer  Papyrusrollen  in  Aegypten,  von  Adolph  Bauer.  —  Über  Theil- 
gewichte  der  babylonischen  Mine  und  deren  Bezeichnung,  von  Eb.  Schrader.  —  Fragmente 
von  Pahlavi-Papyri  aus  Aegypten,  von  Ed.  Sachau  (Mit  2  lithogr.  Tafeln).  —  Erschienene 
Schriften. 


Le  roi  Teta  Merenphtah. 

(Avec  la  planche  IV.) 


Les  petits  fragments  qu'on  rencontre  dans  les  coilections  egyptlennes  et  qu'on 
serait  tente  de  negliger,  sont  quelquefois  ceux  qui  noiis  apportent  les  reuseigneiBents 
les  plus  inatteudus.  Yoici  par  exemple  uu  petit  monument  saus  aucune  valeur  ar- 
tistique  qui  sc  trouve  dans  la  belle  collection  du  Musee  Borely  a  Marseille.  C'est  un 
petit  naos  en  pierre  calcaire  sur  lequel  etait  placee  une  statue  assise  dont  il  ne 
reste  plus  que  les  jambes.  Devant  cette  Statuette  etaient  deux  figures  agenouillees 
dont  la  tete  n'existe  plus.  Eu  fait  d'inscriptions,  il  reste  Celles  qui  se  trouvent  sur 
les  deux  cotes  du  petit  naos,  celle  qui  court  sur  la  base  du  monument,  et  la  partie 
iuferieure  de  celle  du  dossier. 

II  est  difficile  de  fixer  Tepoque  h  laquelle  il  faut  faire  remonter  ce  fragment :  ce- 
pendaut  les  noms  d'Amenualisu  et  de  liontutebu,  qui  se  retrouveut  ailleurs,  sur  des 
steles  de  Boulaq  de  la  XIX«  dynastie,  donneraient  a  penser  que  le  fragment  qui  nous 
oceupe  appartient  h  cette  epoque. 

Cette  Statuette  est  interessante,  pareequ'elle  a  ete  dediee  par  un  pretre  du  Nouvel- 
Empire  ä  uu  roi  de  rAncicn,  Teta  Merenplitali,  dont  jusqu'ä  present  nous  ne  con- 
naissions  pas  le  cartouclie  sous  cette  forme.  Voici  ce  que  diseut  les  inscriptions  que 
nous  avons  conservees. 

Inscriptiou  inferieure. 
„Qu'ou    fosse    luie  ofl'rande  royale  ä  Osiris,  le  prince  eternel,  et  ä  la  grande  Isis, 
„la   mere    divine,    atin    qu"ils    accordent   une    vie  heureuse,    un  coeur  joyeux,    et  que 
„cette   Statue    demeure    devant   eux;    (cette  demande  est  faite)  en  faveur  de  l'eclian- 
„son  du  roi,  Amenuahsu". 

Zeitsclir.  S,  Ac3:jpt.   Spr..   Jahrg.  1S78.  1^ 


„^  Le  roi  Teta  Merenpbtab, 


fOu-on   fasse   une    offrande    royale    a)    Osiris,    le    seigaeur    de  l'Ament,    a  Phtah 

Sokaris,  le  prince  eternel ;  qu'ils  donnent  du  pain,  des  boissons,  des  taureaux  et  des 

^oies,   toutes    les    choses   bonnes  et  pures,    ä  la  cbanteuse  d'Ammon 

„d' Amnion,  Ilontutebu".  ,       .,    i 

Sur    le    cöte    gaucbe    du   naos,    le   roi  Teta  Merenphtah    est    represente  dans  une 

pvramide,  le  pretre  en  adoration  devant  lui. 

Louan.es  ä  Osiris,  salutations  ä  Teta  Merenpbtab,  faites  par  lechanson  du  i;oi, 
„Amenuahsu,  qui  parle  ainsi:  O  vous  tous  les  hommes  qui  viendrez  pour  faue  des 
„Offrandes  en  ce  lieu,  si  vous  placez  des  pains,  et  si  vous  faites  couler  de  1  eau  en 
„presence   de    cette   statue,    il   vous  sera  donne  a  vous  des  pains  dans  le  temple  de 

,Phtah,  de  saintes  libations  a  On ä  l'Ouest  de  Memphis«. 

Sur  le  cöte  droit,  c'est  la  soeur  du  pretre  qui  est  en  adoration: 
„Louanges  ä  Osiris,  salutations  ä  Ma,  fille  de  Ra;  que  ces  dienx  me  donnent  de 
„recevoir  les  gateaux  qui  se  trouvent  devant  eux  sur  l'autel  des  immortels  qu  d  me 
„soit  donne  des  pains  dans  le  temple  de  Phtah,  de  saintes  libations  a  On;  (cette 
„requete  est  faite  en  faveur  de)  Techanson  du  roi,  Amenuahsu,  et  de  sa  soeur  qm 
„1-aime,    la    dame    chanteuse    d'Ammon,    le    seigneur    du    sanctuau^e    de    ihebes    }, 

„Hontutebu". 

Ainsi  un  pretre  du  Nouvel-Empire  est  attache  specialement  au  culte  dun  monar- 
que  de  TAncien,  lequel  a  pour  sanctuaire  la  pyramide  oü  il  est  enterre.  II  s  agit 
maintenant  de  savoir  ä  quelle  dynastie  appartient  ce  roi,  dont  le  nom  n  est  pas  tou- 
iours  entoure  d'un  cartouche  dans  les  inscriptions  que  nous  venons  de  traduire.  La 
liste  d'Abydos  nous  donne  trois  Teta;  Tun  appartient  ä  la  I«  dynastie,  ü  est  le  suc- 
cesseur  immediat  de  xMena;  un  autre,  de  la  IIP  dynastie,  porte  dans  la  table  de  Sak- 
karah,  le  nom  de  Serteta.  Les  monuments  ne  nous  ont  jusqu'ä  present  apporte  aucun 
rensei<rnement  relatif  ä  ces  deux  souverains;  nous  ne  savons  meme  pas  s  ds  ont  ete 
enterrls  dans  des  pyramides,  et  quels  noms  elles  portaient.  II  est  beaucoup  plus  vrai- 
semblable  qu'il  faut  considerer  le  roi  Teta  du  petit  monument  de  Marsedle  comme 
le  Premier  roi  de  la  VP  dynastie,  et  le  constructeur  de  la  pyramide  qui  s  appelait 
i  r|  rl  rl  A,  aiusi  que  nous  l'enseigne  une  stele  d'Abydos^). 

MM  de  ßouo-e  et  Brugsch  ont  fait  remarquer  qu'avec  le  commencement  de  la 
VP  dynastie,  les  monuments  se  deplacent,  et  qu'au  lieu  de  Sakkarah,  c'est  ä  Abydos 
qu-il  faut  les  chercher.  Cependant  sous  Teta,  Memphis  dut  encore  etre  la  capitale 
du  royaume,  car  le  roi  s'y  fit  enterrer  comme  ses  predecesseurs,  et  c'est  la  que  s  eleva 
sa  Pyramide.  II  est  regrettable  que  nous  n'ayons  pas  de  renseignements  sur  la  pro- 
venance  du  fragment  de  Marseille,  cependant  il  n'est  pas  douteux  quil  a  ete  trouve 
ä  Memphis,  et  qu'il  se  rapporte  a  un  culte  et  ä  un  edifice  appartenant  ä  la  grande 
necropole  de  cette  ville.  II  manque  quelques  signes  avant:  ä  l'ouest  de  Memphis; 
mais  ce  nom  a  la  fin  de  Tinscription,  la  mention  deux  fois  repetee  du  temple  de  Phtah, 
et  enfin  le  dessin  parfaitement  clair  d^une  pyramide,  tont  cela  nous  conduit  a  Mem- 
phis, dans  ce  vaste  cimetiere  situe  a  l'entree  du  desert  de  Libye,  oü  les  rois  des 
premieres  dynasties  aimaient  ä  se  faire  construire  leurs  tombeaux. 

1)  Brugsch,  Dict.  Geogr.  p.  359. 

2)  Rouge,  Six  prem.  dyn.  p.  109. 


par  Ed.  Naville.  71 

Une  autre  circonstancc  digne  de  reraarqiie  c'est  que  nous  avons  ici  une  qiialifi- 
cation  i-eligieuse:  aime  de  Phtah,  accompagnant  le  nom  vulgaire  Teta.  J'ai  fait 
observer  dans  \\n  autre  arlicle  que  nous  pouvions  raisonuablement  admettre  que  tous 
les  rois,  au  uioins  depuis  le  premier  Nef'erkara,  avaieut  porte  deux  noms  dont  \ui  seul, 
le  nom  divin,  figure  en  general  sur  les  listes.  Si  Ton  decomposait  le  nom  de  Teta 
Merenplitah  comine  celui  de  Merira  Pepi,  d'uue  forme  tres-analogue,  on  trouverait 
pour  le  premier  cartouche  Phtah  mer  en,  et  pour  le  secoud  Teta.  Mais  si  nous 
etudions  les  noms  des  tables  de  Sakkarah  et  d'Abydos,  nous  trouvons  que  ce  qui 
constitiic  les  noms  divins  des  Pharaons,  c'est  la  presence  dans  leurs  cartouches  du  nom 
de  Ra  ou  dTIorus;  il  semble  que  les  autres  dieux,  tels  que  Sebek  ou  Ma,  naient  pas 
pu  donner  a  lui  nom  Tattribut  de  la  royaute;  ils  n'occupent  dans  les  cartouches  qu'une 
place  secondaire  et  ne  s  y  trouvent  jamais  seuls,  mais  toujouis  associes  a  celui  de  Ea. 
Ainsi  le  nom  de  Merenphtah  ne  pouvait  etre  considere  comme  nom  divin,  vu  labsence 
du  dien  Iva;  c'est  probablement  pour  cela  qu"il  ne  se  trouve  pas  dans  les  listes,  et 
que  Teta  se  fait  appeler  quelquefois  ^^^         (1 

Tel  qu'il  est  la,  le  nom  de  Teta  Merenplitah  se  rapproche  beaucoup  de  ceux  des 
Menephtah  de  la  XIX.  dynastie,  et  c'est  peut-etre  a  dessein  qu'Amenuahsu  donnait 
au  roi  de  la  VI.  dynastie  dont  il  etait  pretre,  \\n  nom  semblable  h  celui  du  souveraiu 
dont  il  etait  Techanson.  Je  ti-aduis  par  echanson  l'emploi  indique  par  Hiii  WQ  •  Le 
dernier  signe  doit  se  lire  ut-h  ,  et  designe  une  table  chargee  de  boissons^).  Or, 
presque    chaque    fois    que   nous    rencontrons    ce    titre,   nous    voyons   quMl    est  suivi  des 

mots  /vwAA  . ■     du  roi,  ou  plus  rarement  /wwv\  I  du  palais.      C'est  donc  non  un 

emploi  sacerdotal,  mais  une  charge  qui  rattachait  celui  qui  eu  etait  revetu  a  la  per- 
soune  du  souverain.  Or  le  mot  J  ^  "^  ü^  se  retrouve  dans  le  mot  copte  peqoTiuTo 
Techanson,  le  np.w'^  du  chapitre  XL  de  la  Genese.  C'est  evidemment  un  tiioj  PjR  du 
temps,  qui  mecontenta  le  Pharaon  et  qui  fut  le  compagnon  de  captivite  de  Joseph. 

La  Charge  dechanson  devait  comporter  un  rang  assez  eleve;  car  si  nous  exami- 
nons  les  divers  cas  oü  ce  titre  se  trouve  dans  des  steles  ou  des  papyrus,  nous  trou- 
vons presque  toujours  que  la  femme,  la  soeur,  ou  la  mere  de  l'echanson  est  une 
-^Lä  /wwvA  (]  '"""'.  soit  que  ce  dernier  titre  correspondit  ä  im  emploi  reel,  soit,  comme 
on  pourrait  le  croire,  que  ce  fiit  un  titre  honorifique  mdiquant  une  certame  noblesse^). 
Les  Ptolemees  eurent  aussi  des  echansous  a  leur  cour,  il  est  meme  questiou  dCdpxtcLvo- 
yJcL  pai'mi  leui's  nombreux  ofliciers. 

11  est  ciuieux  que  ce  soit  un  echanson  qui  soit  attache  ainsi  au  cidte  d'une  py- 
ramide.  11  y  a  la  une  tradition  qui  remontait  jusqu  a  l'epoque  oii  les  pyramides  fu- 
rent  construites,  et  oü  Ton  chargea  des  pretres  du  sacerdoce  de  ces  monuments.  A 
l^lusieurs  reprises,  en  tete  des  titres  relatifs  au  culte  d"ime  pyramide  se  trouve  le  signe 
ideographique  ^^  ^).  La  lecture  de  ce  signe  est  encore  inconnue,  mais  le  mot  vt-h 
doit  s'y  trouver;  c  est  une  table  de  boissons  que  porte  le  pretre,  il  s'agit  de  quelqu'uii 

1)  Brugsch,   Dict.   p.  301.     Lieblein,  Dict.  no,  877. 

2)  Lieblein,   Dict.  no.  73G.  920.  975.  983.     Pap.  de  Leyde.  no.  V. 

'•'')     Rouge,  Recherches  sur  les  six  prem.  dyn.  p.  109.     Leps.  Denk.  II.  pl.  114. 

10* 


72 


Une  page  du  Roman  de  Satni  transcrite  en  hieroglyphes, 


qui  vient  foire  une  libation;  et  dans  Finscription  qui  nous  occupe,  Amemiahsu  a  bien 
soiu  de  recommander  aux  gens  qui  viendront  dans  ce  lieu  de  repandre  de  l'eau  devant 
la  statue  du  roi. 

Ce  petit  monument  est  une  preuve  de  plus  de  la  persistance  avec  laquelle  les  cul- 
tes  et  les  traditions  religieuses  se  perpetuerent  malgre  les  bouleversements  par  lesquels 
le  pays  dut  passer.  Sous  les  rois  de  la  XIX.  dynastie,  non  seulement  la  pyramide 
de  Teta  subsistait,  mais  il  y  avait  un  pretre  charge  du  culte  de  ce  monarque.  Plus 
tard,  sous  les  Psammetiques,  et  meme  sous  les  Ptolemees,  nous  trouvons  encore  des 
pretres  attaches  ä  ces  edifices  eleves  bien  des  siecles  auparavant. 

Edouard  Naville. 


Une  page  du  Roman  de  Satni  transcrite  en  hieroglyphes 

par 

G.  Maspero. 

(Cours  de  TEcole  des  H•«^  Etudes,  Nov.  1876  — Juin  1877). 

(Voir  la  planche  V). 
Voir  Zeitschrift  1877,  p.  132  —  146. 


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par  G.  Maspero, 


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74 


Une  page  du  Roman  de   Satni  transcrite  en  hieroglyphes, 


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Satni  se  fit  ameiier  une  bavque;  il  monta  au  port  sur  eile,  il  ne  tarda  pas  d  arri- 
ver  ä  ßubastis.  II  alla  ä  TOccident  de  la  ville  jusqu'ä  ce  qu  il  rencontrat  une  maison  qui 
ötait  fort  liaute.  II  y  avait  \\\\  mur  a  Teutour,  il  y  avait  un  jardiu  du  cote  du  nord, 
il  y  avait  un  perron  devant  Sa  porte.  Satni  s  informa  disaut:  „Cette  maison,  la  mai- 
son de  qui  est-ce?"  On  lui  dit:  „C'est  la  maison  de  Tbouboui."  Satni  entra  dans 
l'enceinte  jusqu'ä  ee  qu"il  se  trouvat  en  face  du  corps  de  logis  situe  dans  le  jardin. 
On  en  previut  Tbouboui;  eile  descendit,  prit  la  main  de  Satni  et  lui  dit:  „Jure  que 
ton  voyage  pour  entrer  dans  la  niaison  du  prophete  de  Bast,  darae  de  Onkh-to,  me 
sera  tres  agreable,  [et]  viens  en  haut  a^-ec  moi".  Satni  se  rcndit  en  haut  par  Tesca- 
lier  de  la  maison  avec  Tbouboui,  jusqu'ä  ce  quil  parvint  a  l'etage  superieur  de  la 
maison  qui  etait  enduit  et  bariole  d'un  enduit  et  d'un  bariolage  de  lapis-lazuli 
vrai  et  de  niafek  vrai;  il  y  avait  la  plusieurs  lits ,  tendus  d'etoffes  de  lin  royal, 
phis  de  nombreuses  coupes  en  or  sur  le  gueridon.  On  remplit  une  coupe  de  vin,  on 
la  mit  dans  la  main  de  Satni,  et  Tbouboui  lui  dit:  „Te  plaise  faive  ton  repas!"  II  lui 
dit:  „Ce  n'est  pas  la  ce  que  je  sais  bien."  Us  mireut  la  marmite  sur  le  feu,  ils 
apporterent  du  parfum  a  la  mode  du  festin  royal,  et  Satni  sc  divcrtit  avec  Tbouboui, 
mais  Sans  voir  cncore  son  corps.  Alors  Satni  dit  ä  Tbouboui:  „Accomplissons  ce  pour- 
quoi  nous  voici  venus  inaintenant."     Elle  lui  dit:   ,,La  maison  oii  tu  es  sera  ta  maison. 


par  G.  Maspero.  75 

Moi,  je  suis  chaste,  je  ne  suis  pas  personne  vile.  S"il  est  que  tu  desires  faire  tou  plaisir 
de  moi,  tu  me  feras  un  ecrit  de  donatiou  pour  argent  de  toutes  les  choses  et  de  tous  les 
biens  qui  sont  ä  toi."  11  lui  dit:  „Quon  aniene  le  scribe  pour  les  rediger I"'  Ou  Tameua 
sur  1  instant,  et  Satni  tit  faire  pour  eile  un  ecrit  sous  la  foi  du  sermeut,  et  uu  de  do- 
natiou pour  argent  de  toutes  les  eboses,  tous  les  biens  qui  etaieut  a  lui.  Une  heure 
passee,  on  vint  annoncer  ceci  ä  Satni:  „Tes  enfants  sont  en  bas.^  11  dit:  „Qu'on  les 
fasse  mouter.'^  Tbouboui  se  leva,  eile  revetit  un  voile  de  fin  lin,  et  Satni  vit  tous  ses 
niembres  au  travers,  et  son  aniour  alla  croissant  plus  encore  qu'auparavant.  Satni 
dit  a  Tbouboui:  ^Qiie  jaccomplisse  ce  pourquoi  je  suis  venu  ä  present."  Elle  lui 
dit:  „La  maison  oü  tu  es  sera  ta  maison.  Moi,  je  suis  cbaste,  je  ue  suis  pas  per- 
„sonne  vile.  S  il  est  que  tu  desires  faire  ton  plaisir  de  moi,  tu  feras  ecrire  tes  enfants 
„sur  mon  ecrit,  afiu  quils  ne  cberchent  point  ä  disputer  contre  mes  enfants  au  sujet 
„de  tes  biens. •*  Satni  fit  amener  ses  enfants  et  les  fit  ecrire  sur  lecrit.  Satni  dit 
ä  Tbouboui:  „Que  jaccomplisse  ce  pourquoi  je  suis  venu  a  present."  Elle  lui  dit: 
„La  maison  oü  tu  es  sera  ta  maison.  Moi,  je  suis  chaste,  je  ne  suis  pas  personne 
„vile.  S  il  est  que  tu  desires  faire  ton  plaisir  de  moi,  tu  feras  tuer  tes  enfants  afin 
-quils  iic  cberchent  point  h  disputer  contre  mes  enfants  au  sujet  de  ton  bien."  Satni 
dit:  „Quon  me  fasse  le  crime  dont  le  desir  t"est  entre  au  coeur."  Elle  fit  tuer  les 
enfants  de  Satni  devant  lui,  eile  les  tit  jeter  en  bas  de  la  fenetre  aux  chiens  et  aux 
chats,  et  ils  en  mangerent  les  chairs,  et  il  les  enteudit,  tandis  quil  buvait  avec  Tbou- 
boui. Satni  dit  ä  Tbouboui:  „Accomplissons  ce  pourquoi  nous  sommes  venus  mainte- 
„nant,  [car]  tout  ce  que  tu  as  dit  devant  moi,  on  la  fait  pour  toi.~  Elle  lui  dit: 
„Rends-toi  dans  cette  chambre.-  Satni  entra  daus  la  chambre,  il  se  coucha  sur  un 
lit  d"ivoire  et  d'ebene  afin  que  son  amour  reput  sa  recompense  (?) ,  et  Tbouboui  se 
coucha  sur  le  rebord(?).  Satni  allongea  sa  main  pour  la  toucher:  eile  ouvrit  sa  bouche 
si  large  quil  en  sortit  un  grand  orage. 


1)  Lit.:  -Fir  Satni  amener  eiix  une  barque  a  lui."  —  Dans  lusage  commun  de 
Ihieratique,  la  plupart  des  syllabiques  sont  toujours  accompagnes  de  leur  seconde  radicale. 
Le  verbe  AN,  n"est  Jamals  a  raa  connaissance,  nu  presque  Jamals,  ecrit  A  comme  dans  les 
hieroglvphes,  mais,  avec  /wwva  complementalr''.  j]  .  On  doit  donc  s"attendre  a  retrouver, 
dans    le    slgne    demotique,    une  ligature  de     j\    ,    et   non    pas   un  abrege  de     A   seul.     Les  for- 

AAAAAA  -JJ 

mes  hieratlques  les  plus  liees  que  je  connaisse  de  ce  groupe.  1,  sont  au  papyrus  Harris 
No.  500,  Verse,  pl.  IX,  1.  5.  EUes  offrent  trois  llgnes  horizontales  superposees,  au  Heu  de 
deux  que  presente  le  signe  demotique.  C'est  une  tendance  generale  du  demotique  de  re- 
streindre  le  plus  possible  les  llgnes  horizontales  ou  les  ondulatious  des  slgnes,  de  maniere  u  les 
redulre  de  trols  a  deux,  par  exemple,  ou  meme  de  les  redresser  tout-a-fait  et  de  leur  substltuer 
une  llgne  droite.  J"ai  donne  ailleurs  (Cfr.  Zeitschrift,  1877,  p.  136,  note  7,  p.  139,  note  19, 
p.  143,  note  45)  des  exemples  du  redressement  des  llgnes  ondees  en  llgnes  droites.  En  voici 
quelques  uns  de  la  Substitution  de  deux  llgnes  ä  trois  llgnes  horizontales  primitives.  Le  plu- 
riel  -,  raarque  d'ordlnalre  2,  devlent  quelquefois  3,  ou  3«  (Brugsch,  Gr.  Dem.  §  160,  p.  73). 
L'artlcle  feminin  -R  et  Tarticle  pluriel  -^  ,  rendus  souvent  4,  o,  sont  plus  souvent  encore 
ecrits  6,  par  une  reductlon  des  trols  llgues  superposees  a  deux,  qui  substitue  un  sigle  unlque 
aux  deux  groupes  differents  qui  correspondent  chacun  a  un  article.  Le  groupe  pour  jj  ^ 
trace    7   et  8,   de   Ihieratique,    9,    est   quelquefois  10,    (Brugsch,  Gr.  Dem.,    §61,  p.  32;,  par 


76  Une  page  du  Roman  de  Satni  transcrits  en  hieroglyphes, 

une  abreviation  identique  a  celle  qui  a  change  1  en  3.     Je   transcrirai  donc  3  par     J]    et  non 

r\  AAAAAA 

pas  seulement  par  l\.  La  Variante  3*  qu'on  trouve  de  3,  aux  epoques  recentes,  resulte 
d'un  changement  de  direction  dans  l'attaque  du  signe.  Dans  3,  le  scribe,  commen^ant  en  haut 
par  la  gauche  s'avan^ait  vers  la  droite,  puis  revenait  sur  la  gauche  jusqu'a  ce  qu'il  füt  ä  peu 
pres  au-dessous  du  point  initial,  et,  repartant  de  lä,  allait  terminer  le  trace  sur  la  droite,  11. 
Au  contraire  dans  3*^,  le  scribe  commence  ä  droite  au  point  a  12,  decrit,  en  allant  vers  la 
gauche,  une  courbe  qui  ramene  le  trait  au  point  de  depart,  et  continuant  va  finir  sur  la  droite 
tantot  par  une  ligne  lancee  droit  13,  tantot  par  une  ligne  recourbee  vers  le  bas  3^.  Le  meme 
procede,  generalise,  a  produit  la  Variante  3*  de  3,  venant  de  ö,  la  Variante  14  de  15  ÖC~I]> 
la  Variante  3^  de  3  venant   de  m    etc. 

^)  Le  determinatif  16  se  trouve  P  derriere  les  mots  qui,  en  hieroglyphes,  ont  le  bois 
scT-:?^;  2°  derriere  les  mots  qui,  en  hieroglyphes,  ont  la  barque  .--gv, .  1°  le  determinatif,  s.:»-^ 
en  hieratique  17,  est  forme  de  deux  traits  distincts,  18  et  19,  qui  ont  une  tendance  ä  s'unir  en 
un  seul  trait,  20.  La  barre  inferieure  de  ce  trait,  allongee  comme  la  barre  inferieure  de  </  21, 
dans  ^-  r,  dem.  22,  produit  la  forme  23,  qui,  par  le  meme  procede  de  simplification  que  j'ai 
indique  dans  la  note  precedente,  devient  24  et  en  demotique  16.  2°  la  barque  :s=e3Sc  est  en 
hieratique  25,  d'oü  26  et,  par  la  suppression  des  lignes  horizontales  combinee  avec  l'allonge- 
ment  du  trait  inferieur,  16.  Ici  le  sens  du  mot  etant  barque,  16  doit  etre  transcrit  .--<a»c,  de 
pi-eference.  Brugsch  ,  (Di ct.,  s.  v.  1.,  p.  1)  inscrit  ce  mot  sous  l'initiale  <— =-3.  II  me  semble 
que  le  signe  qui  le  commence  est  plus  petit  que  le  crs:^  demotique  de  0  [1  f]        qu'on     trouve     un 

<3  — M 

peu  plus  loin  a  la  meme  ligne,  et  que  nous  avons  affaire  ici  a  o.     Je  lirai  donc; 
et    non 


^)     Brugsch    ne    cite   que   <:=>  (Gram.  Dem.,  §319,3°,  p.  164)  repondant  au  copte 

^ö.po,  M.,  o&.po  T.  ^&.pÄ.,  g^&.'Ae>,  B.  Le  texte  original  porte  bien  <::=>  -=>  I ,  ce  qui  nous 
force  a  reconnaitre  pour  le  demotique  une  forme  plus  complexe  khar-r-rö,  qui  n'a  pas  survecu 
dans  le  copte,  peut-etre  a  cause  de  la  chute  de  r  final  de  khar,  produisant  au  lieu  de  khar- 
r-rö,  d'abord  kha-r-ro,  presque  identique  de  prononciation  a  khär-ro. 

*)     Le  determinatif  demotique  repond  tantot  a    /wwv\,    tantot  a   i — t  .     Brugsch  a  fort  bien 

/SAAAAA  AAAAAA 

vu  (Gram.  Dem.  §  54,  p.  27)  que  c'est  un  abrege  de  la  forme  pleine  '^C^y  toutefois  le  sigle 
demotique   27    est    visiblement    l'hieratique  28. 

^)  Brugsch  a  traduit  „au  temple  de  Bast",  et  j'ai  traduit  comme  lui  dans  un  passage  pre- 
cedent  (Zeitschr.  1877,  p.  135,  1.  8 — 9).  La  presence  du  determinatif  de  ville  ®  nous  oblige 
ä  lire  en  un  seul  mot  TT      rJf©i     Poubasti.     La    scene    passe    de    Memphis    a    Bubastis. 

Corriger  dans  l'autre  passage:   „.  .  .  tu  viendras  ii  Bubastis,  dans  ma  maison". 

^)  Le  mot  n'a  pas  ete  lu  par  Brugsch  qui  a  traduit  d'une  maniere  generale  par  terrain. 
II  semblerait  qu'il  fallüt  lire  ^  /Ij]  ®  avec  la  valeur  ^\  ordinaire  au  signe  29.  Mais 
cette  orthographe  ne  se  reiicontre  jamais  dans  les  hieroglyphes  non  plus  que  dans  l'liieratique: 
29  doit  donc  representer  l)   et  non    V\   .      On  sait  deja  que  29  a  les   valeurs    ^\    .     1^       et 

"S^  •  il  n"y  a  rien  detonnant  ä  lui  trouver  une  valeur  nouvelle.  L'hieratique  de  y  est,  aux 
bonnes  epoques  30,  qu'on  trouve  a  la  XX?  dynastie  sous  des  formes  telles  que  31,  32  (Pa- 
pyrus Harris  400,  Verso,  pl.  VIII- IX).  De  la  sont  issues  deux  formes:  P  33  qu'on  rencontre 
d' ordinaire  dans  ies  textes  oü  y.  y  [1  isole  joue  le  role  de  la  conjonction  comme,  (cfr. 
Brugsch,  Dict.,  p.  569).  Ici,  comme  ailleurs  (Cfr.  Zeitschrift,  1877,  p.  136,  note  7),  la 
pai'tie  inferieure  recourbee  a  ete  ramenee  i\  la  ligne  droite.      2"  34,  qui  se  trouve  comme  Variante 


par  G.  Maspero.  77 

de  33,  et  dans  laquelle  la  partie  inferieiire  du  signe  s'est  developpee  outre  niesure  et  repliee. 
L'hieratique  tres  cursif  offre  deja  des  exeiuples  de  ce  developpement,  35,  36  et  dans  l'hieratique 
d'epoque  romaine  on  a  37.  La  forme  nie  parail  etre  une  derivation  de  34,  dans  laquelle  au 
crochet  du  haut  on  a  substitue  une  ligne  boiizontale.  Le  meme  fait  «"est  produit,  par  exemple, 
dans  le  determinatif  7\,  oii  Tondulation  des  jambes  38  est  renaplacee  par  une  ligne  horizontale 
recourbee  38%  dans  une  des  ibrmes  38''  du  signe  38*^  pour  f=üi,   et  enfin,   dans  la  Variante  33 

deja  citee  de  la  conjonction  W  [I .  La  transcription  0~O  ®  me  parait  donc  C'tre  la  seule 
possible. 

'')     La  locution   39  -C5>- äec=^    se  rencontre  dans  d'autres  endroits  de  notre  papyrus:  [u 

'      ^ö     Ö:^^^_^<=>_®        '     ^    ^    Loo.     (l'J'I'l-SO)    voir    aussi,    PL  I,  1.  31, 
0    ""   "H      "H  /vww\  <ZI>  ^«--.     ■         ' Q  Jörv^  /wwi^  A    (Söul. 

32,   38  etc.).      C'est  une  Variante  du  ^cs>-,  si     bien     explique    par    Brugsch    (Gram.    Demot., 

§  390,   p.  191),    mais    rapproche    mal  a  propos  par  lui  du  copte  iiTcpe,  si,  quando.     Le  sens 

en  est,  quand,  jusqu'a  ce  que,    si  bien  que:   „[II  travaillerent  pour  lui,  la  nuit]  comme  le 

jour,  jusqu'a  parvenir  la'^  et  „Un  vide  se  produisit  au  fleuve,   si  bien  que  Ton  connut  un  four- 

rnillement  de  serpents."     Le  pronom  i<~      est  ici  regime  et  non  sujet:    <S2^  H-<=^     pour  faire 

ceci  ou  j  usqu'a  faire  ceci  ä  savoir,  arriver  en  tel  endroit,   connaitre  un  fourmille- 

ment  de  serpen  ts. 

^)  Le  mot,  feminin  en  vieil  egyptien,  est  deja  niasculin  en  demotique.  A  un  certain  moment, 
vers  l'epoque  Saite,  le  sens  du  genre  se  perdit  en  egyptien  pour   beaucoup  de  mots.        ^    S 

.   I      I  g  .     ^\   §  .    feminin    iadis,    devient    masculin    (Brugsch.    Zwei    Bilingue 

Papyri,  pl.  VllI,  1.  11)  en  demotique  et  en  copte,  Mg^ö^-y,  ni  M.,  Aio*.es.T,  ne  T.,  sepulchrum. 

[1  ^^\   <^^=>  rn     ^'^^^-  (Brugsch,  Dict. ,  p.  102)  est  en  copte  ä^AoAi,  ni,  M.  eAooAe,  n.  T.  uva. 

0    „,^.   .  ,  ,  ,  ,•      ^    ,•-  .Dl 

remuiin  aux  bonnes  epoques,  est  masculin  a  1  epoque  romaine,  .  et  en  copte  hi  n. 

T.  M.  domus.       fem.    (Brugsch,    Dict..   p.  231)    est   en   copte   OAie,    oomc,   n.    T., 

OMi,    ni  M.   lutum,    argilla,    pulvis.     Dans    le    dialecte    ethiopien    d'Egypte    on    trouve 
<^^  ~      „   vÄ  '*^^L==/]    r    (Stele  d"Horsiatef,  Mariette.  Monuments  Di  vers  PI.  XII, 

1.  87  —  88)  et  d(]  Q^^^nI'^'^  (Stele  de  Xastosenen,  Lepsius,  Denkm.  V,  pl.  16.  b, 
1.6;  Cfr.  Transactions  of  tbe  Society  of  Biblical  Archaeology,  T.  IV,  p.  223). 
II  est  a  remarquer  que  la  plupart  des  mots  coptes  devenus  raasculins  de  la  sorte  ont  conserve 
ä  la  finale,  la  terminaison  du  feminin.  2LAo<Vi,  V-Eg.  alolit,  et,  par  chüte  du  t,  aloli,  a  la  flexion 
i,  \,  du  feminin;  de  meme  hi,  V.  Eg.  ci'it,  i'it,  t'i,  oau,  V.  Eg.  dmit,  ömit,  omi.  Cette  flexion 
a  perdu  ici  sa  valeur  significative,  et  Vi  ne  joue  plus  que  le  role  de  vocalisation. 

•')     Le   meme  mot,    ecrit  plus  lisiblemeut.  se  recoutre  a  la  page  III  ligne  31:  i 

^ji]  . fl  [1  „         I      ^\  Tr*)     _Un  homme  grand,    dresse  sur   une   estrade(?).^ 

^^)  Le  determinatif  ordinaire  des  noms  communs  de  localite  est  en  hieratique  40,  en  li- 
gature,  41,  qui  repond    ä  Cette    ligature  devient,  par  une  Serie  de  transformations  dont 

nous  avons  dejä  donne  des  exemples,  reduction  des  ondulations  superieures  en  une  seule  ligne 
droite  (Zeitschrift,  1878,  note  1),  ligature  du  trait  horizontal  inferieur  avec  la  harre  |  qui 
se  trouve  derriere  le  groupe  (Zeitschrift,  1877,  p.  142,  note  38),  le  signe  42,  qui  se  trouve 
derriere  le  nom  de  chacun  des  quatre  points  cardinaux  (Cfr.  Brugsch,  Gram.  Dem.,  §  129, 
p.  57).     Le  signe  initial  du  mot  43  nord  n'est  pas  "=>«^  seul  en  hieratique  44,  en  demotique 

Zeitschr.  f.  Aegypt.  Spr,  Jahrg.  187S.  11 


78  Une  page  du  Roman  de  Satni  transciite  en  liieroglypbes, 

45,  mais  une  ligature  forme  de  45  et  d'un  autre  signe.  En  effet,  le  mot  nord  est  souvent 
ecrit  ',  ',  ^,    qui    est    ä   proprement  parier  la  forme  adjective,    septentrional,  de 

oc=><  septentrion.  L'hieratique  46,  en  ligature  47,  devient  aisement  48,  c'est-a-dire  le  de- 
motique  49.  II  faut  observer  que  la  ligature  hieratique  41  passe  dans  l'usage  pour  une  sorte 
de  determinatif  unique,  dont  les  parties  constitutives  n'ont  plus  de  valeur  distincte,  si  bien 
qu'on   l'emploie   derriere   des   mots  dont  la  syllabe  finale  renferme  deja  un  ou  deux  Ci,  comme 

^»^  w  .  De  merae  le  demotique  42.  Dans  la  transcription  en  hieroglypbes ,  je  pense 
qu'il  suffit  alors  de  transcrire  \>  |  .  Je  ne  me  rappelle  pas  en  effet  avoir  rencontre,  autrement 
que   comme  exception,  les  formes  '  ,    ft  ,     qui    seraient    l'equivalent    exact    des 

groupes  bieratiques  et  demotiques  de  meme  sens. 

11)  La  lecture  du  signe  50,  qui  suit  les  deux  lettres  n  s,  n'est  pas  bien  certaine.  Ce 
signe  n'est  pas  certainement  le  syllabique  j ,  qui,  dans  l'hieratique  de  la  XX®.  dynastie,  est 
toujours  ecrit  entre  ses  deux  complements  phonetiques  *— ^  ,  ou  du  moins,  devant  le  second 
_y_j .  Je  ne  vois  pas  non  plus  comment  50  pourrait  etre  le  signe  Q?  qui  est  un  autre  sylla- 
bique de  ,  usuel  en  ce  sens  de  perron,  banc,  siege.  D'autre  part,  il  faut  remar- 
quer  que  l'orthographe  pbonetique  en  est  fort  rare  en  hieroglypbes  et  en  hieratique;  enfin 
que   le  signe  50  est  susceptible  de  beaucoup  de  valeurs  diverses.  —  De  toutes  ces  considera- 

tions,  je  conclus:  1°.  que  l'orthographe  pbonetique  ^  ,  exceptionelle  dans  les  autres  systemes 
d'ecriture,  ne  se  trouve  dans  le  groupe  demotique  51  que  parce  que  le  signe  qui,  dans  l'hiera- 
tique,  repondait  au  syllabique  ordinaire  du  mot,  etait  de  forme  teile  qu'on  pouvait  lui  donner 
plusieurs  lectures;  2°  que  ce  signe  50  repond  au  syllabique  ordinaire  du  son  ,    qui,  dans 

ce  mot  est  Q,         (Brugsch,  Dictionnaire,  p.  804 — 805).     Le  groupe  me  parait   donc  devoir 

se  transcrire    >/      "  ,    comme  j'ai  fait;  mais  je  n'ai  pas  encore  la  preuve  paleographique 

de  la  degradation  du  groupe  hieratique  52,  en  50. 

1-)     On  trouve  souvent,  au  milieu  des  mots,    <^;>    pour  et  meme  pour  <cr>  simple, 

I   «^^  <rr>  (I  [I  ^^ .    U  QA  "^^^^^^^  ^^^  <2    etc.     L'orthographe  <:::>,   prise   comme   formant  une 

sorte   de    signe    unique   53  (Cfr.  ce  que  j'ai  dit  de  la  ligature  ä  la  note  10  de  ce  article), 

devient  une  sorte  de  Variante  graphique  de  <cz>,  soit  au  commencement  des  mots,  soit  pour 
ecrire  le  mot  bouche.     La   Stele    de  Nastonesen  en   ofFre  plusieurs  bons  exemples,  ainsi 

<:^i>  „toute  bouche'*  (Lepsius,  Denkm.  V,  pl.  16,  a,  1.  13;  Cfr.  Melanges  d'Archeo- 

gie  Egyptienne  et  Assyrienne,  T.  III,  p.  126,  note  2).  Le  signe  demotique  n'est  qu'une 
reproduction  de  l'hieratique  53. 

13)  Le  verbe  dejä  Signale  (Zeitschrift,  1877,  p.  141,  note  33)  que  je  ne  puis  lire  et  qui 
signifie   interroger.     Peut-etre    y  £\/\ ' 

1*)     Dans    54,   le   premier   signe  55,   peut  repondre   a  la  forme  hieratique   de  l'oie  "^^: 
mais  le  groupe  entier,    transcrit  d'apres  la  valeur  ordinaire  de  chaque  signe,  donnerait  "^^7\ 
qui  n'est  pas  l'orthographe  hieratique  usuelle,  et,  par  suite,   ne  doit  pas  etre  l'orthographe  de- 
motique.    Mettant   h   part  le  determinatif  56,   qui  repond  ä  J\  seul  ou  combine  avec  un  signe 

superpose,   55  repond   a  des   ligatures   de   o  avec  /6,    57,   58,    en    demotique  59.     Ne    pas 

oublier  qu'ä  partir  de  la  XXIP  dynastie,  la  forme  alphabetique  ,    remplace  de  plus  en  plus 

,    dans  l'usage  courant. 


par  G.  Maspero.  79 

1^)  Lit:  ^Jusqu'ä  faire  ceci:  donner  sa  face  ä  la  maison.'*  Le  premier  determinatif  60 
de  61,  repond  au  trait  isole  62  (Cfr.  63  le  passage  de  la  plaquette  du  bois  du  Musee  de 
Boulaq,  Recto,  1.1 — 2),  etc.),  ou,  acconipagne  d'un  signe  expletif,  64,  65,  qu'on  trouve  fre- 
quemment  ä  partir  de  la  XX^.  dynastie  derriere  le  mot  hieratique  66,  face.  Le  second  deter- 
minatif 67  et  ses  variantes,  68,  69,  70,  iie  derivent  pas,  comme  le  dit  Brugsch  dans  sa  Grammaire 
Demotique,  §  öß,  p.  28,  des  traits  du  signe  hieratique  pour  coeur:  ce  signe  devient  en  demo- 
tique   71  (Cfr.   Brugsch,  Dict.  p.  905  oü   71",  repond  h  l'hieroglyphe  et  a  la  trans- 

scription  grecque  'EjjeJ?).  67  repond  toujours  au  determinatif  des  membres  (^,  <^,  et  derive  de 
la  forme  hieratique  de  ce  determinatif.  A  partir  de  la  XX*.  dynastie,  cette  forme  hieratique 
71"  est  le  plus  souvent  accompagnee  de  71*^  souscrit,  probablement  par  suite  d'une  confusion 
avec  le  determinatif  du  mot  sep,  ecrit  72.  En  ligature,  73  devient  74  qui  est  deja  presque 
67.  La  Variante  68  est  plus  pres  de  l'hieratique  que  les  autres.  La  Variante  69  provient  de 
67,  par  un  simple  changement  de  direction  des  traits  constituants:  l'ecrivain  trace  d'un  meme 
jet  la  partie  75  et  ajoute  ensuite  la  partie  superieure.  La  Variante  70  est  tiree  d'une  Variante 
hieratique  76,  dans  laquelle  les  deux  traits  superieurs  sont  marques  d'une  facjon  tres  apparente. 
Je  transcrirai  ces  signes  demotiques  par  le  determinatif  des  membres  (^,  Q.,  supprimant  la  mar- 
que  \\,  qui  provient  d'une  confusion  hieratique  entre  deux  signes  et  qu'on  ne  trouve  en  hiero- 
glyphes  qu'ä  l'etat  d'exception.  Je  supprimerai  egalement  dans  la  transcription  les  signes  60, 
derives   egalement   dun   trait   hieratique    que   les  Egyptiens  eux-memes   ne  transcrivaient  jamais 

en  hieroglyphes.     61  sera  donc  simplement        Q'.     77,    le    coeur    <==^  ^^  o  _      (Cfr.     sur    la 

Ci         ^  i^  \\  J 

valeur    -^^^    =57   du  premier  signe,  la  Zeitschrift,   1877,  p.  136,  note  7),   78,  les  jambes, 

Ci  Ci    \\ 

1^)     Cette  forme,   qui,  regulierement,  devrait  signifier  le  Pharaon  ou  le  palais,    repond 


ici  au  simple  .    la  maison.     Brugsch  a  deja  Signale  le  fait  (Gram.  Dem.,  §  54,  p.  .32). 

^^)     Le   groupe   que  je   ne    sais    comment   transcrire  et  que  j'ai  deja  Signale  (Zeitschrift 
1877,  p.  145,  note  59). 

1^)     Je    ne    sais    pas    si    on    a    Signale    deja  l'existence  de  cette  preposition  dans  les  textes 
anciens.     En  tout  cas,  eile  s'y  trouve,  tantot  avec  un  pronom  pour  regime:  A      ^   1]  |^ 

(de  Rouge,  Inscriptions,  T.  I,  pl.  V.  1.  1)  „Elle  a  fait  un  per-kherou  pour  eile";  tantot, 
et  alors  sous  la  forme  '^'*'^'^^.  •  ^^'^c  des  noms  regimes:  f)  ^  "^^^  ^^^  J  ö  @  C-^  ^^  *^" 
Louvre;  Cfr.  Pierret,  Recueil  d'Inscriptions,  T.  L,  p.  22,  et  Melanges  d' Archeologie 
Egyptienne,  T.  III,  p.  147,  note  4). 

1^)     Le    demotique  79    semblerait,    de   prime  abord,  devoir  se  transcrire    T  «=>  (1  (I  ^. 

11    faut    observer:    1^   que   le  80    nest  jamais    suivi   dans  ce  mot  de  la  voyelle    ^^^,     ce     qui 

semblerait  indiquer  une  valeur  originelle  differente  de  la  valeur  T:  2^  que  l'orthographe  pure- 
ment  alphabetique     T  <==>  U  M  ne    se    rencontre  jamais    en  hieratique;    3°  que  la  plupart 

des  mots  commencant  en  hieroglyphes  par  /I\  ont  en  demotique  un  80  initial  (Voir  Brugsch, 
Dict.,  p.  1120  sqq.,  la  Serie  de  ces  mots).  De  tout  cela  je  conclus  que  80,  dans  la  plupart 
des  mots  dont  <:=>  est  seconde  radicale,  est  un  derive  de  []\.  80  me  semble  n'etre,  en  eifet, 
qu'une  Variante  de  81  <:^  ou  ffi,  dans  laquelle  le  trait  initial  oblique  a  ete  remplace  par  un 
trait  droit.  II  me  parait  bien  evident  que  les  scribes  ont,  de  bonne  heure,  confondu  le  syllabique 
ainsi  modifie  avec  80  resultant  de  T.  et  que  cette  confusion  na  pas  peu  contribue  ä  la  dispari- 
tion  des  differences  graphiqucs  fort  legeres  qu'il  y  avait  entre  les  deux  signes.     Toutefois,  meme 

11* 


gQ  Une  page  da  Roman  de  Satni  transciite  en  hieroglyphes, 


a   l'epoque    romaine,    l'orthographe   hieioglyphique  par  /H,  des  niots  commencant  en   demotique 
par  80  repondant  a  un   /ü  antique,  est  constante.     Je  transcrirai  donc  [Ig  et    non 

"'')     Le  verbe   I  marque  une  expedition,   nn  voyage,  dout  la  fin  est  marquee  par 

1  u        ^^^^  .^-  -^  ■  1     .      Oö    ^       r  •       1     j       'VJT^- ^^    "5 

le  A'^erbe  «=ViJ     atteindre,    arriver   au   but.  ,     torme   simple  de      ^ 


a  ici  le  sens  verbal  et  repond  au  copte  p*>n*>i,  T.  bonus  esse,  placere.  Le  mot-a-mot 
donne:  „Jure:  le  voyage  ä  la  maison  du  prophete  de  Bast,  dame  de  Onkhto,  pour  que  tu  arri- 
ves  a  eile,  il  sera  bon  pour  moi"   Tbouboui. 

21)  Le  determinatif     2^3   est    employe,    a    cause    du   sens   naviguer   qu'a   ce   verbe   en 

deux  autres  passages  de  notre  Papyrus.     Cfr.  Brugsch,  Dict. ,  p.  1321. 

g— >  S=i 

22)  On  pourrait  aussi  bien  transcrire  le  82  initial  du  mot  par  o  ou  <-'=^.  re- 

.  ,  .  <==>C2    I 

pond  exactement  a  l'orthographe  hieroglyphique  du  mot.      Cfr.  Brugsch,  Dict.,  p.  158ö. 

23)  83,  avec  la  vocalisation  de  <^^^>  initial  84,  est  transcrit  7'o,  ri,  par  Brugsch  (Dict, 
p.  842),    qui    semble  ainsi  considerer  85  comme  un   determinatif.    85  a  pour  valeur   ordinaire 


?83  transcrit  exactement  donne  un  mot   nouveau  «cur»  9  

compose  evidemment  du  verbe    ^  Stare,    et    signifiant,    la    chambre    oü    on  se  tient, 

le  salon.     On    a    de  meme    a   \\        ^SSj,     o  V\       <nx     l'avant,  Tarriere  d'un  navire,  lit. : 

„le  pour  avant,    le   pour   arriere"    (Pap.  Auastasi  iV,   pl.  VlII,  1.  7),  et  „le 

chef.     C'est    une  explication  que  j'offre,  faute  de  mieux. 

24)  Deux  mots  nouveaux  dont  le  premier  est  rapproche  par  Brugsch  de  Cis.pg^  T.  ver- 
rere  (Dict.,  p.  1280 — 1281).  J'ai  traduit  d'apres  la  teneur  generale  du  morceau  le  pi-emier 
par  enduire  frotter,  le  second  par  laver  peindre.  II  faudrait  d'autres  exemples  pour 
determiner  le  sens  avec  plus  de  precision. 

2'')  Le  mot  se  trouve  frequemment  dans  les  textes  avec  le  sens  de  table  d'offrandes, 
autel,  et,  par  suite,  une  table  ordinaire,  un  gueridon.  Pour  n'en  citer  qu'un  exemple, 
l'autel  carre  decouvert  par  M.  Brugsch,  sur  les  ruines  de  Memphis,  et  public  par  lui  dans  le 
dernier  numero  de  la  Zeitschrift  (1878,  p.  37  sqq.),  est  appele  dans  l'inscription   Z'"^. 

2^)  C'est  le  copte  s'ihotcoai  T.  B.  n,  ö'inoToo.vi  T.  n,  Cibus,  edulium.  Brugsch  a 
fort  bien  note  dans  son  Dictionnaire  (p.  1437 — 1438)  les  derives  demotiques  de  86,  et,  au  moins 
pour  Tun  d'eux,  la  derivation  copte.  Le  gioupe  87  derive  de  l'hieratique  88,  dont  les  varian- 
tes  89  deviennent  en  ligature  90,  91,  et  enfin  92,  d'oü  le  demotique  87  est  sorti,  par  super- 
position  des  deux  parties  93  et  94,  qui  composaient  le  signe  95. 

27)  Voir  dans  la  Zeitschrift  (1876,  p.  121  sqq.)  le  beau  memoire  oü  M.  Brugsch  a 
donne  la  preuve  de  cette  transcription. 

28)  Mot  nouveau  pour  moi  96  (cfr.?  lyine  T.  n.  y.cißog,  cabus,  mensura  frumenti). 
En  tout  cas,  le  determinatif  ö  prouve  qu'il  s'agit  d'un  vase,  probablement  de  la  grande  mar- 
mite  oü  les  cuisiniers  egyptiens  preparaient  les  mets. 

2^)  C'est  Sans  doute  une  allusion  a  l'usage,  si  souvent  illustre  par  les  peintures  des 
tombes,  d'oindre  les  invites  de  parfums  avant  et  meme  pendant  le  repas. 

3*^)  Le  signe  97  parait  etre  une  ligature  des  groupes  98  et  99,  qui,  dans  les  mots  100 
(Pap.  gnost.  de  Leyde  XVII)  et  101  (Rosette,  1.  28),  0 '2^  ^^  |  (Brugsch,  Diction., 
p.  1218 — 1219),  repondent  au  syllabique  ^^ .,  [r^-  Le  hieratique  correspondant  a  l'hiero- 
glyphe  102,  s'est  brise  (Voir  d'autres  exemples  de  ce  fait,  Zeitschrift,  1877,  p.  142,  note  36) 
103,  et  les  parties  superposees  104  ont  donne  en  demotique  98  et  99.     La  ligature,  faite  dans 


par  G.  Maspero.  81 

le  demotique,  a  pu  donner  105,  que  je  nai  pas  encore  trouve,  et  enfin  97,  dans  lequel  le  trait 
vertical   |  tepond  au  trait  a  de  106,  (cfr.  Zeitschrift,   1877,  p.  141,  note  31). 

^1)  Deux  signes,  dont  l"un  deju  Signale,  (Zeitschrift,  1877,  p.  14ö,  note  59;  1878, 
note  17)  et  que  je  ne  puis  dechiffrer.  Le  dernier  107  pourrait  bien  etre  une  Variante  de  108 
frequent  dans  les  papyrus  niagiques  de  Leyde  et  de  Paris,  et  qui  parait  servir  de  marque 
de  ponctuation. 

3-)     Voir  l'explication  de  cette  phrase.  Zeitschrift,   1877,  p.  142,  note  37. 

3^)  La  ligne  qui  commence  a  ^-^^  est  un  peu  en  recul  sur  les  lignes  precedentes.  Je 
ne  crois  pas  quil  nianque  rien  en  cet  endroit.  Le  texte,  transcrit  tel  qu'il  est,  donne  un  sens 
suivi  et  n'exige  la  restifution  d'aucun  mot. 

2*)  Le  mot  <rr>,  efface  en  cet  endroit,  a  ete  retabli  d"apres  les  passages  correspondants 
de  la  planche  III,  1.  23,  25. 

"'^)  Le  mot  a  mot  donne:  Tu  arriveras  a  ta  maison,  Celle  que  tu  es  en  eile.  Cette  for- 
mule,  trois  fois  repetee,  est  facile  ä  traduire  mais  difficile  a  comprendre.  Je  crois  qu'elle 
signifie  „Tu  arriveras  a  faire  qne  cette  maison  oü  tu  es  soit  la  tienne"  en  d'autres  termes, 
^Tu  reussiras  ä  mepouser  niais  je  demande  des  garanties." 

^'')  Ici,  un  bon'  exemple  de  la  negation  sans  determinatif.  Ajoutons  que,  dans  certains 
cas,  le  determinatif  i  ^  ■  de  la  negation  est  suivi  dun  long  trait  |  qui  sert  comme  de  second 
determinatif  au  groupe.     Ainsi,   dans  notre  papA'rus,       ^        c^         V  ^  H       Oill  '^\  H  ^  1\ 

B^    L^^  I     (PI.  II,  1.  27)   -N"eä-tu  pas  Satni  a  qui  cette  femme  a  dit  ces  malbeurs  que  tu  n'as 
pas    eprouves   tous?"    et   dans   la   fable   du    Lion    et    du    Rat    traduite    par    MM.  Lauth    (Die 
Thierfabel    in    Aegypten,    Sitzungsberichte    der   Königl.  Akademie    zu   München,   1868,)  et 
Brugsch    (Zeitschrift,   1878,    p.  47  sqq.)    „Si    tu    me  manges,    tu    ne   seras  pas     aaw^ 
rassasie." 

^")     C'est    la    menie    abreviation    que    dans    dOrbiney    y  ^M^"^^^,     oü    le    phonetique    est 

•^*)     Lit. :   Si  cela  arrive  que  tu  desires  faire  ce  que  tu  aimes  cela  avec  moi." 

^^)     On  pourrait  etre  tente  de  croire  quil  y  a  une  lacune  et  de  restituer       |        Tjei  ] 

ß\    J  i\  fö^,.     Le    passage    correspondant    de    la   meme   ligne   montre   qu  il   y  avait  bien 

dans  le  texte      |      '''^'  A   J    i\  (^^. 

*'^)  La  phrase  demotique  109,  renferme  une  formule  de  droit  dont  la  valeur  exacte  n"a  pas 
encore  ete  donnee  que  je  Sache.  Des  deux  mots  principaux  qui  la  composent,  le  premier  110  est 
AAAAA^  QQ  /vw^A^^   j^  gegond  rcpoud,  dans  le  papyrus  Rhind.  tantot  ä  .^suc:±£=i  (I,  5;  XIII,  4),  tantot  u 

/wv\^^  I      I      I 

^-"^  (IIL  8).  ßrugsch  (Di ct.,  p.  1424)  y  voit  la  transcription  de  JyTyT  V^  ][  ^^  ^^ut  ob- 
server   que,    dans  aucun    des    cas    assez    nombreux   oü   on   rencontre    ce  groupe,   le  signe  initial 


n'est   accompagne    d'une   des   lettres    qui   forment    le  complement  phonetique  ordinaire  de 

*^^\     et  fl,  doii  on  peut  conclure  que  le  signe  demotique  111  ne  repond  pas   a   JjuT-    dans 

le  groupe.  Le  lievre  .^sw  a  deux  formes  hieratiques;  lune,  dans  laquelle  les  oreilles 
sont  fortement  marquees  112,  a  donne  naissance  au  demotique  113;  l'autre,  dans  laquelle  les 
oreilles  sont  presque  effacees  114,  a  donne  naissance  au  demotique  115,  dont  111  n"est  qu'une 
Variante.    111  est  :^^.     au    pluriel    116,     -^sm  ,— wl,.        La  transcription     AAAAA^  ^^ 

/~\     \\  A/w^^  I      I      I  c^  c:i        a     \\      a 

nous   donne   une   locution   egyptienne   frequente    dans   les   textes    religieux,   oü   Dieu   est   appele 


82  Une  page  du  Roman  de  Satni  transcrile  en  hieroglyphes, 

ä  Ammon-Ra,  p.  124 — 125).  La  reunion  de  ces  deux  mots  marquait  la  reunioh  des  per- 
sonnes  et  des  choses  qiü  formaient  lensemble  de  la  creation;  dans  le  roraan  et  dans  les 
contrats,  lensemble  de  la  propriete. 

*i)     L'article    /^^    a  ete  coupe  en  deux  et  rattache  a  la  premiere  partie  de  |jp|      ce    qui 


donne    une   forme   117    difficile   a   dechiffrer.     De    meme  la  queue   du  sigle  est    en    liga- 

ture    avec   la    premiere   barre   du  pronom   possessif    Ax^  (1  [1        118. 


*2)     Le    pronom    possessif  de  la  troisieme  personne  renferme  d'ordinaire  un  rond  o  ou  un 

point    (Brugsch,    Granimaire    Demotique,    §234,    p.  108);   mais    notre    manuscrit    substitue 

"iL/^  f\      l\  Art  A^^^^^\  [1      f\ 

presque  toujours  une    barre  a  ce  point  (Cfr.   p.  II,  1.  22,      Ar<  M     4.      119;  1.  24,       1\    ^     ^i 

120).     L'origine    de   la   forme    serait    douteuse,    si    nous    ne  possedions  pas  de  nombreux  inter- 

mediaires    entre    le    demotique   121,  122,    etc.,   et    Ihieratique  123,   124  etc.,   qui    repondent  ä 

l'hieroglyphique     A^  i     t«    /?^  H  0       ^^^-   ^^^    prenant   des   formes  de  plus  cursives  se  re- 

duit    ä  125,    et  en    ligature  126.     La    premiere   ligature  de  126  est  ramenee  successivement  a 

127,  128,   129,  130,    et  la  seconde  a  131,  par  ces  redressements  de  lignes  ondulees  que  nous 

avons    deja   rencontres    maintes    fois.     Dans   le   feminin    132    et    dans    le   pluriel,    le  trait  ou  le 

point  medial  est  lequivalent  de  la  premiere  plume  (1 .    de     (1  (1    hieratique.      Dans    les     cas    oü 

le  pronom  du  pluriel,  se  substitue  au  pronom  x^     du  singulier,  les  deux  traits  ou  le  point 

et  le  trait  du  milieu  sont  le  [1  [1  bieratique,  le  signe  final  133  resulte  d'une  ligature  134, 
de  |||.  dont  les  trois  barres  ont  ete  reduites  a  une  ligne  horizontale,  par  une  abreviation  deja 
frequente  dans  Tecriture  hieratique  de  la  XIP  dynastie. 

*^)     Le    mot-ä-mot   de    la  phrase  est:    „Quon  amene  le  scribe  pour  faire  leur  redaction." 


a   le    pronom    pluriel   parce    que    le    mot   redaction    est    entendu    des  deux  actes 
dont  il  a  ete  question  dans  la  phrase  precedente. 

**)     Le   groupe  demotique  135  me  parait  etre  la  reduction  du  groupe   fi  (I  j         (Cfr. 

Brugsch,  Dict. ,  p.  1013)  dans  lequel  le^^^^^  en  ligature  a  pu  donner,  par  l'intermediaire  de 
136,  137,  138,  naissance  au  demotique  139.  La  simplification  de  [1  '^  .  en  140  est  telle- 
ment  naturelle,  qu'elle  se  produit  souvent  dans  Ihieratique  des  meilleures  epoques  et  a  donne  lieu 
ä    des   transcriptions  fausses  ü  ^  ® '    Q  ^^  ^T  '  ^  ^  -^5-  etc. ,    des    mots    „-^^ 

IJ  1  Ol    n  l\\  '^ :  ü  \  -^Ö--    qui    renferment   la   combinaison   l\  \  .     Le    mot   se   re- 


trouve,    avec   chüte  de   <zz>  finale,   dans  Fhieroglyphique    'aTP    *K\         (Brugsch,  Dict.,  p.  925), 

goT€,  T.  g^w^  M.  OT,    Hora.     Lexpression    o   ^^.     fi  [1  ■j  repond  au  copte  £ü  oTg^oxe 

T.  noTg^o'^-  sSeno-yg^O'J-  M.  confestini,   statim,  subito,  repente. 
4'^)     Cfr.  note  17. 

*^)     Le       lo    demotique,    equivalent   a  — h —  seul,    qui   lui-meme   est   la   forme  non  voca- 

lisee  de    I    v\,    se  rencontre  avec  le  meme  verbe  dans  les  hieroglyphes.     J'ai   cite  ailleurs  des 

exemples  de    ^^  (Melanges  dArch  eologie,   T.  I,  p.  150).     J'ai  retrouve  depuis,  sur 

la  momie  de  Fetemon,  ä  la  Bibliotheque  Nationale,  les  memes  phrases  que  j'avais  donnees 
d'apres  le  sarcophage  de  Heter.  Le  copte  Tornoc  T.  M.,  Tomec  T.  Toirnek.c,  B.  nous  niontre 
— M —  devenu    lettre   radicale.     Le    meme   fait    se   passe  en  egyptien  des  les  temps  anciens.     On 


par  G.  Maspero.  83 

1  -"^S;^,^,  J®  ^*k  r^^^'  ]\  ^  ^^  n  ^^^1  comme  verbe,  et  comme  substantif  ]M 
1  A  lA   etc.     Le   I  §    reflechi,    aifaibli  en     I  \\.    puis  en      1.    est   Torigine    de   la  pliipart  des  -c 

qu'on  trouve  dans  beaucoup  de  mots  coptes:  -acoKc  infingere  de  -awK  - 1  S  i  -  h  Aomc 
sordescere,    de    AtoM   -  1  <5.     -yi     noT(5'c,  irasci  de  nor«*'  -le.      -  'i    etc. 

*^)  Lit. :  „Vit  Satni  tous  les  membres  qui  etaient  ä  eile  en  lui  „c'est-a-dire,  a  travers 
le  voile  de  fin  lin. 

*8)  Le  demotique  a  la  groupe  140*,  repete  plus  distinctement  deux  lignes  plus  bas.  Je 
ne  vois  pas  d'une  maniere  certaine  l'origine  de  ce  groupe.  II  me  semble  qu'en  le  decomposant 
en    ses    elements,    on   a    deux   parties  141    et  142    dont  la  seconde  est  connue.     C'est  un  sigle 

qui  resulte  de  la  ligature  d'un  signe  varie  o,  \\,  c^,  Tj^?,  i  w   i,  etc.,  avec  j\.     La  premiere 

a  des  ondulations  qui  -rappellent  Celles  de     ß     hieratique,    et  pourrait  se  composer  de  deux    x 

en   ligature.     On   aurait   alors   le   verbe    ö  ß       ,    chercher  (Cfi-.  Brugsch,  Dict. ,  p.  987-988). 

*^)  Le  premier  signe  du  demotique  143  est  une  ligature  du  ^— ==•  et  du  <-^=-^  qu'on  trouve 
dejä  dans  l'hieratique  cursif  de  la  XX^  dynastie  144  (Papyrus  Harris,  No.  500,  Verso, 
pl.  XV,  1.  7).     145   est  d'ordinaire    l'equivalent  de  ^     /1  seul;   ici,   le  determiuatif   de  1  (2 

etant  -.  ^i  1*  ligature  resultant  des  formes  hieratique  de  rni  146,  me  parait  avoir  donne 
le  determinatif  qui  se  confond  avec  le  sigle  provenant  de  ^t_=/]  seul. 

^'^)     147   renferme   un    signe ,    qu'on    rencontre    frequemment    dans    les    mots    qui    renfer- 

/  ^^  Q        <>  -Q. 

ment  la  lettre  148,  (Papyr.  Rhind,  15,  8)  149,  repondant  ä  -'-*-'-.     Dans     un 

§  (Zeitschrift,  1877,  p.  144,  note  47)  Dans  l'usage 
commun,  place  ä  la  fin  des  mots,  c'est  lequivalent  de  -Jv].  Je  suppose  qu'ici,  le  scribe, 
entraine  par  la  valeur  am  du  poteau  | .    aura  mis    le    complexe   -X^,  au  lieu  du  simple    |,  qui 

peut  servir  de  determinatif  au  mot  (J^=^^.  eAio-y,  felis  (Brugsch,  Dict.,  p.  70  s.  v.  [1  R  H^)- 
Le  determinatif  150  des  animaux  et  ses  variantes  151  vient  de  l'hieratique  152  et  de  ses  va- 
riantes  153  etc.,  ligaturees  de  differentes  manieres.  Dans  154,  l'hieratique  155  a  subi  une  cou- 
pure:  la  partie  de  droite  156  a  ete  faite  d'un  seul  trait  et  la  partie  de  gauche  changee  en  un 
trait  oblique  157.  Dans  158,  la  transformation  a  ete  poussee  plus  loin:  les  ondulations  de  156 
se  sont  effacees,  et  ont  ete  remplacees  Selon  la  regle  (Cfr.  Zeitschrift,  1877,  p.  136,  139, 
143  note  7,  19,  45;  1878  note  1)  en  une  ligne  droite,  ce  qui  donne  un  signe  150,  identique  ä 
r une  des  formes  du  rouleau  (Cfr.  Zeitschrift,  1877,  p.  139,  note  15)  et  de  Fhomme  (Brugsch, 
Gr.  Dem.,  p.  21).  151*^  derive  de  150  par  ligature  des  deux  traits  separes.  Le  scribe 
commence  ä  droite,  decrit  un  demi-cercle  repondant  ä.  Tangle  de  150  et  vient  former  sous  ce 
demi-cercle  un  appui  repondant  ä  la  pointe  inferieure  de  150.  Enfin  159  est  l'hieratique 
lui-meme  rapetisse,  et  160  la  ligature  de  153,  dans  laquelle  les  ondulations  du  signe  *^ 
se  sont  changees  en  ligne  droite. 

51)  Le  determinatif  161  du  verbe  ^  "^^^  (Cfr.  Zeitschr.,  1877,  p.  136,  141,  note  7,  81) 
a  la  forme  du  ö,  determinatif  des  idees  de  mesure  et  de  liquides.  Je  ne  crois  pas  cependant 
qu'il  faille  y  voir  ici  le  vase  en  question.     Le  determinatif  constant   de    M  ,    dormir,  est 

j^^,  non  ö  (Brugsch,  Dict.,  p.  1482  —  1483).  La  forme  hieratique  de  j^^  devient  en  cursif 
162  (Papyrus  Harris  No.  500,  p.  VIII,  et  passim)  qui,  reduit  en  demotique  devient  aise- 
ment  161,  et  se  confond  avec  la  forme  resultant  de  ö  hieratique. 


84  ^"6  päg^  ^^  Roman  de  Satni   transcrite  en  hieroglyphes,  par  G.  Maspero. 


^2)  Le  mot  est  nouveau  en  ce  sens.  Peut-etre  faut-il  le  rapprocher  de  ywww/'^] ,  /wwu\  y^, 
qu'on  trouve  dans  les  textes  anciens  avec  le  sens  d'estrade,  divan. 

53)  Le  demotique  163  repond  ä  ^^  A  (Papyrus  Rhind,  pl.  VI,  1.  2;  VIII,  1.  1 1)  etc. 
Les  textes  hieratiques  de  la  XX*.  dynastie  donnent  dejä  des  formes  qui  se  rapprochent  du  de- 
motique, 164  (Papyrus  de  Leyde  pl.  CLXXXIII,  1.  12  dans  l'entre  ligne  et  1.  12).  Dans 
l'article  precedent  (Zeitschrift,  1877,  p.  133  et  p.  142  note  39)  j'ai  transcrit  ce  verbe  par 
,^_^.     II  faut  retablir  le  passage  comme  il  suit:    J^^  L-^f^  <:iSl  (j  U  M  o  awv\a  Tk    T 

h-  "    ^      .       ' 

^*)  En  examinant  de  plus  pres  les  variantes  de  ce  groupe,  165  etc.,  il  nie  semble  que 
le  dechiffrement  de  Brugsch  que  j'avais  d'abord  admis  (Cfr.  Zeitschrift,  1877,  p.  133,  et 
p.  140,  note  21)  n'est  pas  tout-a-fait  exact.  Le  premier  signe  166  est  <::>•,  le  second  167 
presente  dans  ses  formes  les  plus  completes  une  parfaite  i-essemblance  a  la  ligature  hieratique  168 
de  «cr:^  avec  — h — .     Je  lirai  le  groupe  <=>  I    1  o,    <;zp>  1 1  o,    copte  epoc. 

^^)  II  n'est  pas  necessaire  de  supposer  ici  un  sens  obscene.  Tbouboui,  au  moment  oü 
Satni  allonge  le  bras  pour  la  saisir,  ouvre  la  bouche,  et  cet  acte  produit  un  effet  magique. 
Les  mots  qui  marquent  l'operation  accomplie  sont  assez  difficiles  a  comprendre.  Le  premier 
se    trouve    en    hieroglyphes    (Brugsch,    Dict. ,    p.  138,   141  — 143):    il  a  dans  trois 


1 


.  ö    (2  .  « 

passages    de    notre   manuscrit    (P.  II,  1.  29   et  30)    le   sens  d'orifice,    ouverture.     Le  second 

I      (1  [1  ^=^   est    le    frequentatif  de       aaaaaa  ,    si    frequent   dans   la   Stele   de   Piankhi.     Brugsch 

n'en  donne  aucuu  exemple  hieroglyphique.     En  voici  un  que  j'ai    trouve    dans    Naville,  Mythe 

d'Horus,  pl.  XXXII,  1.  38— 39:  I °  "^  ^^  ""^^  l\     ^     fl '^  ^^  "Ü  ^  "^^^  1^ 

(sie.  d'apres  la  copie  de  Brugsch)   c:^   ^^  , ,  ^^^  ^       /:irz:  2IZ2  ^^zz  2^13 ,     „Alors   s'eleva 

un  grand  ouragan,  lorsqu'  Isis  avec  son  fils  Horus  arriva  dans  le  ciel  (lit. :  fit  dans  le  ciel 
venue)  comme  un  grand  vent  du  Nord.^  Le  mot-a-mot  donne  ici:  „Elle  ouvrit  sa  bouche  ä 
la  largeur  de  Touvei-ture  d'un  grand  orage*^*,  lit.:  „a  l'ouverture  d'un  grand  orage".  II  est 
question  parfois  dans  les  textes  hieroglyphiques  de  „la  bouche  des  vents'^,  ce  qui  semble  montrer 
que  les  Egyptiens  imaginaient  qu'il  y  avait  dans  le  ciel  des  orifices  ou  des  bouches,  par  les- 
quels  les  vents  s'echappaient  de  leur  demeui-e  pour  venir  souffler  sur  la  terre.  Le  vent  etait 
plus  au  moins  fort,  Selon  que  la  bouche  s'ouvrait  plus  ou  moins  grande.  Tbouboui,  par  art 
magique,  ouvre  sa  bouche  a  la  grandeur  qu'il  faut  pour  produire  un  violent  orage,  au  milieu 
duquel  Satni  s'evanouit.  C'est  ainsi  qua  la  page  precedente,  laction  magique  qui  pousse 
Michonsou,    Ahouri    et  Noferkephtah    k    se  jeter    ä   l'eau    est    accompagnee   d'un    ouragan  subit. 

— "^■=^l^<=.^°l^*^  — ^Py^  ft  ^  {L.9,  1*,  20). 
„Et  quiconque  etait  sur  la  rive  cria  [ä  1']  oui-agan.'*   —  Le  scribe  a  repete  par  erreur  l'article 


qui  precede    11  "'"'^•^  Q  ?    une   fois   ä   la   fin  de  la  ligne  29,    une  autre  fois  au  comraence- 
1  ö   (£ 
ment  de  la  ligne  30. 

(La  fin   ä  un  prochain  Numero.) 


Sui'  Faiixiliaire  0^.  ^ 


J'ai  eu  Toccasion  de  parier   de      ,   auxiliaire     impersonuel    et    verbe   enclitique  ^). 


(ä 


1)     Zeitschrift,    1877,   Sur  les  auxiliaires  ne,  tc,  ne,  du  Copte. 


Sur  rauxiliaire  ««,  par  G.  Maspero. 


85 


II  me  reste  a  douner  des  exemples  de  ö  (2,    conjugue   comme   [1  (g    et       ,     En  voici. 

Dans  une  erypte  de  Denderah,    rAgathodemon,  gardieu  de  la  chambre,  est  repre- 
sente  sous  forme  de  serpent,  et  accompagne  d'une  legende  dont  le  debut  est, 
en  b,  1.  1   (Mariette,  Denderah,  T.  III,  pl.  14). 

rmö^-^  —  pl'^lSY^II    etc. 
„Je  suis  la  vipere  divine  qui  reside  dans  Hai-Sito,  le  gardien  des  portes,  etc." 


en  a,  1.  1 : 


»ii.9as:si-- 


L'equivalence  est  complete: 


est   ä    ö^. 


^  X^-P  est   a    ^  ^ ,   comme    ü  ^  X\f   et     _ 
Les    exemples   de    cette   forme    abondent  a  Denderah.     Dans  le  Tome  IV  de  l'ou 
vrage  de  M.  Mariette,  deux  Mä  aflfrontees  disent,  l'une     ^  W  ■,     l'autre 

<ri^v^^  etc.  (T.  IV,  pl.  25,  a.).     A  la  planche  73,  Nephthys  commence  im  discours  par 


aiH 


et  Isis  par 


■  linum 

A  la  planche  75,  meme  forme. 

IVA     ly    AAAAAA 
§      A_l     lA    A/VWV%    O 


etc. 

Dans  le  discours  d'Isis 

ö 


2^f  u 


AAA^'v^ 


'  11 

•s 
1 


zr2 


-2^ 


gl  Y    I   etc. 
_  I  I  I 


etc. 


et  dans  celui  de  Nephthys, 

ö  y51  <=^  ^  ^  O  i5i     I  i>--  <= 

(g  ill  <rr>  ,M.  "^:r^ /wwsA  ö    ^    0    ^^  § 
Dans  le  Tome  III,  pl.  17,  a.,  la  diesse  Ouat'it  debute  par 

Dans  le  recueil  photographique  de  Dümichen,  M.  Wilbour  m'a  indique  deux  discours 
des  deesses  qui  supportent  le  ciel  devant  Horus: 

On  en  trouvera  d'autres  exemples  dans  les  ouvrages  de  Mariette  et  de  Dümichen 
(Temp.  Inschrift.  III,  pl.  96).     J'invite    les   Egyptologues   a   se   defier   pourtant   de 


certaines  formules  oü 
T.  m,  pl.  49,  f. 


O 


etc. 


'  ^   est  un  substantif  signifiant  enfant.     Ainsi,  dans  Mariette, 
r=iä  (ici    - 


T.  III,  pl.  16,  c. 

^  vSi  J  A  ZZ.  ,www  %  ?=5  (ici    — H—    pour  1  (2 ,   se  rapportant  au  roi  oblateur),  etc. 

(g    ^   0   La  aaaaaa  -LL     — "••  T  ml  1  1         r«!       T      1      O         Q       J 

Je  pense  que  cette  forme  verbale  se  retrouve  au  Todtenbuch,  Un.  1,  1.  Z— d,  dans 
lepass.ge,    Ä  :f;  ff  "^  1  1  1  i  T  W  i  5 -- IH  ^  "  ^  ^  ^ 


I  (g 


M 


e  ö 


Zeitsch.  f.'Aegypt.  Spr.  Jahr.  1878. 


yW    I    j£  2^   N-0   _zr    Ja    cli    ' -^  11    Yi        I  n  T  T"  AAA^w     I      I      I 


12 


8ß  Sur  l'auxiliaire  nu,  par  G.  Maspero. 


S.       „Je  suis  un  de^ces  dieux-gardes  qui  dcfendent  Osiris  contre  ses 

^nneinis,  ce  jour  de  peser  les  paroles;  —  je  suis  ton  vassal,  6  Osiris!" 

„Je  suis  un  de  ces  dieux,  nes  de  Nout,  qui  taillent  en  piece  les  ennemis  de  Our- 

„dou-hit    et    emprisonnent  les  rebelles  contre  lui;  —  je  suis  ton  vassal,  6  Hör!" 

Le  sens  vassal,  suiet,    resulte  pour    T  ^  ^  M?i  i     de  la   Variante  ö    \\ 

C^  Jl   Jl   ^  \  AAAA^  ^  Jr 

^      d'uu  sarcophage  du  Louvre  (Cfr.  Pierret.  Zeitschrift,  1869,   p.  138).  ö 

I      I     I  A/WVVA 

^^  ^  qu'on  trouve  au  Papyrus  Anastasi  No.  III,  comme  designant  les  habitants  de 
la  ville  Aä-nakhtou,  et  dans  plusieurs  autres  textes  (Mariette,  Karnak,  pl.  37,  1.  30-31) 
a  le  sens  de  censitaire,  sujet,  vassal  (Cfr.  du  Genre  Epistolaire,  p.  106 
note  1).  La  traduction  „Je  suis  ton  vassal,  6  Osiris!"  —  „Je  suis  ton  vassal,  6 
Horus!"  nie  parait  mieux  aller  avec  l'ensemble  du  contexte  que  la  traduction  de 
MM.  Lauth  et  de  Rouge,  suivie  par  tous  les  Egyptologes:  „Miens  (copte  novi)  sont 
tes  concitoyens,  6  Osiris!"  —  „Miens  sont  tes  concitoyens,  ö  Horus!" 

AA/^AA^ 

La  premiere  page  de  Papyrus  Ebers   renforme   un    groupe   que  M.  Stern  lit      Tk 
^   et  rapproche,   avec  doute,    de    ne>,  n{>.s,  nei,  misereri,    (Glossaire,  p.  27).      Le 
fac-simile  donne  pour  le  dernier   signe    (l^    qui  est  la  forme    antique  de  ^    dans  les 
papyrus   de   la  XH®.  dynastie   et  non  pas    A%,^   q^i?    est  1  equivalent  de   qA.      Je  lirai 
volontiers  (Pap.  Ebers,  PI.  I,  1.  7—8): 

Je  suis  Rä  qui  a  dit:    „Je  defends  de  ses  ennemis  celui-lä     (is)     dont   le   guide  est 

Thot.« 

Ces  exemples  prouvent  que  1  auxiliaire  ,  -a^  ,  conjugue,  pour  etre  rare,  n  en 
est  pas  moins  ancien.  II  se  pourrait  qu'un  texte  de  la  V*.  dynastie  renfermät  ö  y\  en- 
clitique  (Lepsius,  Denkm.  H,  pl.  43,  c.  d.),  mais  le  texte  est  mutile  et,  par  suite,  in- 
certain. 

Je  crois  que  1  existence  de  cette  forme  w^  n'est  pas  sans  importance  pour 
la  theorie  des  pronoms  absolus  des  personnes.  Les  verbes  ont,  comme  chacun  sait, 
ä  cote  de  la  forme  simple       g     \^ ,     une  forme  emphatique,      *^ 


Le    pronom  v{^,   avec  le  h  prothetique    (Cfr.    ()    ^    Vt?i   et 


etc.)   \\  ^)^i   ^^*  ^        ar^   dans  le  meme  rapport  que      ®     vÄ     est    ä   ""®"  ^*    De 

plus,  les   formes    q   g,    ^   (g  etc.,    sont   des  formes   du  radical  aaaa^^  elargies  en  o   (g. 


,,  et  analogues   a  ,   a  cote  de  <:rr>,  <=>.     Le  pronom  personnel 


absolu  ne  serait  qu'un  verbe  etre  conjugue: 

Xr?i,  ,  J  e  SUIS, 

■^ — ^El     '^ — ^ 

c»   §,     ^    ,         Tu  es, 


A/VAAAA  AA/WvA 

c^   (0,  IL      II  ou  eile  est 

H Ci      (g 


C  est  mon  opinion,  pour  le  moment 
Paris,  le  27.  Octobre  1878. 


Je, 

Tu, 

11, 

3lle. 

etc 

G. 

M 

asp 

ero 

Erklärung,  von  H.  Brugsch.  —  Nebucadnezar  und  Aeg>'pten,  A.  Wiedemann.  87 

Erklärung. 


Mein  Artikel  über  äsopische  Fabeln  in  einem  ägyptischen  Papyrus,  welcher  im 
vorigen  Hefte  dieser  Zeitschrift  S.  47fll.  erschienen  ist,  bedarf  eines  nothwendigen 
Zusatzes,  den  ich  mich  beeile  an  dieser  Stelle  nachzutragen,  um  alleu  mifsliebigen 
Urtheileu  vorzubeugen.  Erst  in  den  letzten  Taojen  bin  ich  nämlich  von  befteundeter 
Seite  her  auftnerksam  gemacht  worden,  dafs  bereits  im  Jahre  1868  Hr.  Prof.  Dr.  Lauth 
zu  München  in  einer  besonderen  Abhandlung,  welche  unter  dem  Titel  „über  die  Thier- 
fabel  in  Aeg)-pten"  in  den  Sitzungsberichten  der  K.  Bayrischen  Akademie  zu  München 
(Jahrg.  1868  Bd.  H  S.  42fll.)  veröffentlicht  worden  ist,  auch  den  genannten  Papyrus 
des  Leidener  Museums  I.  384  einer  näheren  Prüfiing  unterzoscen  und  als  wesentlichen 
Inhalt  desselben  eine  Reihe  von  Thierfabeln  erkannt  habe.  Da  mir  weder  der  betref- 
fende Band  der  citirten  akademischen  Berichte,  noch  ein  Separatabdruck  daraus,  noch 
ein  gelegentlicher  Hinweis  auf  die  in  Rede  stehende  Abhandlung  des  Hrn.  Prof.  Lauth 
zu  Gesicht  gekommen  war,  so  ignorirte  ich  eine  Thatsache,  deren  Bedeutung  ich 
heute  in  keiner  Weise  unterschätze. 

Ich  stehe  daher  nicht  au  Hrn.  Prof.  Lauth  die  Priorität  der  Entdeckung  des 
Vorkommens  äsopischer  Thierfabeln  in  einem  altägyptischen  Papyrus  gern  und  frei- 
willig hiermit  öffentlich  zu  zuerkennen. 

Der  durchsichtigste  und  am  besten  erhaltene  Text  dieses  Papyrus  enthält  die 
Fabel  vom  Löwen  und  der  Maus.  Daher  wählte  ich  diese  zur  vollständigen  Über- 
setzung aus,  wie  ohne  Zweifel  aus  demselben  Grunde  schon  Hr.  Prof.  Lauth  dieselbe 
Fabel  näher  behandelt  hatte. 

Berlin,  2.  November  1878.  H.  Brilons  eh. 


Nebucadnezar  und  Aegypten. 


Im  Januar -Hefte  dieser  Zeitschrift  habe  ich  auf  Grund  einer  äg}-ptischen ,  im 
Louvre  aufbewahrten,  Inschrift  die  Realität  des  von  Ezechiel  prophezeihten  Sieges 
des  Nebucaduezar  über  Aegypten  zu  beweisen  gesucht.  Von  babylonischer  Seite 
war  luis  bis  dahin  noch  absolut  Nichts  über  diesen  Krieg  bekannt  geworden.  Heute 
bin  ich  im  Stande,  eine  darauf  bezügliche  Inschrift  auf  welche  mich  eine  Zeitungs- 
notiz aufmerksam  gemacht  hatte,  und  deren  MittheiUing  ich  der  Güte  der  Herren 
Birch  und  Pinches  verdanke,  nachzuweisen,  und  beeile  mich  dieselbe,  besonders  da 
sie  eine  Ergänzung  meiner  Anfang  dieses  Jahres  ausgeprochenen  Ansicht  enthält,  den 
Lesern  der  Zeitschrift  vorzulegen. 

Der  betreffende  Text  findet  sich  auf  einer  beiderseitig  beschriebenen,  leider  zum 
gröfsten  Theile  zerbrochenen  Terracotta-Tafel  im  British  Museum.  Trotz  der  grofsen 
Lücken  am  Anfang  und  am  Ende  der  Zeilen  geuttgt  das  Erhaltene,  vollständig,  um 
den  Inhalt  der  Inschrift  im  Allgemeinen  mit  Sicherheit  festzustellen. 

12* 


gg  Nebucadnezar  und  Aegypten, 


Zunächst  berichtet  Nebucadnezar,  der  selbst  als  redend  eingeführt  wird,  die  Gott- 
heit habe  ihm  Siege  u.  s.  f.  verliehen;  dann  fährt  er  fort: 

Obv.  12 Im  37ten  Jahre   des  Nebucadnezar,    des  Königs  des  Landes 

[Babylon].     In  assyrischer  Transcription  lautet  das  Orginal  >-^T^  ///  ^  t^^  T  »-1 

13.  kam  der  König   des  Landes  Aegypten,  um  Krieg  zu  führen 

Rev.  1.   [Seine  Truppen  Amajsu,  der  König  von  Aegypten  versammelte  imd 

2.   [sein  Heer]  liefs  er  maschieren 

3 die  Seekttste 

4 Tribut  aus  der  Mitte  des  Landes  Aegypten  [brachte  ich  fort] 

5 15000  (?)  Soldaten,  Pferde  und  Wagen. 

Die  folgenden  Zeilen  sind  zu  fragmentirt,  als  dafs  man  ihren  Sinn  noch  erkennen 
könnte.  Wir  erfahren  aber  bereits  aus  den  mitgetheilten  Wörtern,  dafs  im  37.  Jahre 
des  Nebucadnezar  zwischen  ihm  und  einem  Könige  von  Aegypten  ein  Krieg  entstand,  in 
welchem  Nebucadnezar  siegte  und  aus  der  Mitte  von  Aegypten  Tribut  fortschleppte. 

Rechnen  wir  mit  den  bestbeglaubigten  Quellen  als  erstes  Jahr  des  Nebucadnezar 
das  Jahr,  in  welchem  Niniveh  fiel,  also  606.  so  erhalten  wir  für  sein  37tes  Jahr 
570  v.  Chr.  Unter  allen  Königen  Aegyptens  können  nur  zwei  hier  in  Betracht  kommen, 
Apries  und  Amasis,  welche  damals,  wie  wir  in  der  citirten  Arbeit  gezeigt  haben,  ver- 
eint Aegypten  regierten,  und  in  der  That,  die  Endsylbe  des  Namens  des  Königs  von 
Aegypten  in  unserm  babylonischen  Texte  —  su  pafst  vortrejfflich  auf  den  Namen  des 
Amasis  ('"=^^[1]  '  Äk-mesy-,  besonders  da  D,  wie  die  zahlreichen  Transcriptionen  ägyp- 
tischer Eigennamen  in  den  Inschriften  Assurbanipars  zeigen,  der  Laut  ist,  mit  welchem 
die  Assyrer  das  altägyptische     i  wiedergaben. 

Die  Schreibung  des  Namen's  Aegypten's  Mish'  ist  eine  neue  Form  der  Wiedergabe 
dieses  im  Aegyptischen  noch  nicht  nachgewiesenen  Namens  des  Landes  in  den  semiti- 
schen Sprachen.  Im  Assyrischen  schreibt  man  sonst  Musur,  die  Behistana  giebt  Misar, 
das  Hebräische  Masor  Dual  Misraim^  das  Arabische  Misru7i,  das  Syrische  im  Dual  Mesren^ 
das  Aethiopische  Mesr  (merkwürdiger  Weise  mit  s  und  nicht  mit  s  geschrieben). 
Besonders  beachtenswerth  ist,  bei  der  babylonischen  Form,  das  t,  welches  hier  zum 
ersten  Male  vor  wie  nach  dem  s  als  inhärirender  Bestandtheil  des  Wortes  sich  zeigt 
und  vielleicht  für  die  Nachweisung  der  Urform  des  Namens  von  Werth  sein  dürfte. 
Jedenfalls  widerlegt  es  auf  das  Schlagendste  Reinisch's  Etymologie  des  Wortes  aus 
dem  Namen  der  Stadt  Ramses  Mes-Ra. 

Vergleichen  wir  die  Angaben  dieses  babylonischen  Textes  mit  denen  der  früher 
behandelten   ägyptischen  Inschrift,   so    ergiebt   sich  als  historisches  Resultat  folgendes: 

Nach  der  vergeblichen  Belagerung  von  Tyrus  zog  Nebucadnezar  gegen  Aegypten, 
besiegte  Apries  und  drang  bis  nach  Syene  vor,  hier  ward  er  von  den  Aegyptern  unter 
Apries  und  wohl  auch  unter  dem  inzwischen  zum  Mitregenten  berufenen  Amasis  zurück- 
geworfen und  mufste  das  Land  verlassen.  Allein  die  Rache  blieb  nicht  aus,  zwei 
Jahre  später  kam  der  babylonische"  König  wieder,  siegte  über  das  ägyptische  Heer 
unter  Amasis  und  zwang  das  ganze  Land  Tribut  zu  zahlen. 

Hieran  möchte  ich  die  Besprechung  zweier  Dokumente  knüpfen,  welche  gleichfalls 
eine   Beziehung    zwischen   Aegypten    und   Babylonien    zur    Zeit   des   Apries   beweisen, 


von  A.  Wiedemann.  89 


nämlich  zwei  der  so  häufigen  durchbohrten  babylonischen  Cylinder,  die  zwei  einzigen, 
welche  bisher,  mit  einer  ägyptischen  Inschrift  versehen,  aufgefunden  worden  sind. 

Den  ersten  war  ich  so  glücklich  auf  einem  alten  Holzschnitte  in  der  reichen 
Sammlung  von  Ausschnitten  aus  Büchern,  Stichen  imd  Photographien  ägyptischer 
Gegenstände,  welche  sich  unter  Deveria's  Papieren  in  Paris  befindet,  aufzufinden.  Auf 
ihm  sehen  wir  einen  Mann,  in  der  linken  Hand  eine  Keule  halten  und  mit  der  rechten 
einen  aufrecht  stehenden  Löwen  bekämpfen,  in  derselben  Stellung,  in  der  uns  sonst 
Isdubar  im  Kampfe  mit  dem  Löwen  begegnet,  so  dafs  die  ganze  Darstellung  das  un- 
verkennbare Gepräge  babylonischen  Ursprunges  trägt.  Daneben  kniet  aber  ein  Mann 
und  adorirt  das  Namensschild  des  (oToj  ßogBW»  des  von  Ptah  geschützten  Königs 
Apries. 

Der  zweite  Cylinder  ist  von  Menant  aufgefunden  und  publicirt  worden  ^).  Auf 
ihm  erscheint  ein  assyrischer  Mann,  gefolgt  von  einem  Afien,  adorirend;  von  einem 
zweiten  Assyrer  luid  von  einem  Aegypter  sind  nur  Spuren  erhalten.  Aufser  zwei 
assyrischen  Eigennamen  Ka-ri-ri  .  .  .  .  und  Na-ra-ain-Bin,  und  dem  Fragmente  eines 
ägyptischen  ....  ;?i  ...  .  findet  sich  aber  auf  dem  Cylinder  die  Cartouche  m  O  T  |, 
d.  h.  wiederum  imseres  Apries. 

Dabei  scheint  uns  die  Vermuthung  nahe  zu  liegen,  dafs  diese  beiden  Cylinder 
während  des  Kampfes  zwischen  Babylon  und  Aegypten  von  babylonischen  Gefangenen, 
welche  in  den  Dienst  des  ägyptischen  Herrschers  getreten  waren,  gefertigt  worden 
sind;  ein  solches  Ubergehn  aus  dem  Dienste  eines  Königs  in  den  eines  andern,  war 
ja  im  Alterthume  durchaus  nichts  so  unerhörtes,  wie  es  auf  den  ersten  Blick  scheinen 
könnte.  Vor  allem  auffallend  erscheint  es  uns  aber,  dafs  die  beiden  einzigen  babylo- 
nischen Cylinder,  die  ägyptischen  Inschriften  tragen,  uns  gleich  den  Namen  des  Apries, 
des  Königs  nennen,  der  uns  als  Gegner  Nebucadnezar's  in  der  Bibel  sowohl,  wie  in 
den  ägyptischen  Inschriften  begegnet. 

Leipzig,  4.  December  1878.  Dr.  A.  Wiedemann. 


Die 'Phönix -Sage  im  alten  Aegypten. 


Unter  den  uns  von  den  Klassikern  als  ursprünglich  ägyptisch  überlieferten  Sagen, 
nimmt  an  Interesse  ebenso,  wie  an  innerem  Gehalt  die  von  dem  Yogel  Phönix  die 
erste  Stelle  ein ;  sie  ist  es  auch  gewesen ,  die  am  längsten  Bestand  gehabt  hat, 
sie  hat  den  Untergang  der  ägyptischen  Monarchie  überdauert  und  ist  in  die  christ- 
liche Gnosis  luid  in  die  Apokryphen  des  Neuen  Testamentes  eingedrungen,  sie  hat 
sich  im  Mittelalter  im  Abend-,  wie  im  Morgenlande  verbreitet,  hat  in  Poesie,  wie  in 
Prosa  ihre  Behandlung  gefunden  und  lebt  in  ihren  letzten  Ausläufern  noch  in  unsem 
Tagen  fort.  Von  Interesse  dürfte  es  daher  wohl  sein,  einmal  der  Entwicklung  dieser 
Sage  nachzugehen,  zu  suchen,  welches  ihre  ursprüngliche  Bedeutung,  welches  ihre 
ältesten  Züge  waren,  und  zu  verfolgen,    wie  sie  sich  weiter  und  weiter  ausbildete  und 


^)     Menant.  Notice  sur  quelques  cylindres  Orientaux,  p.  10 — 11.  No.  III. 


90  I^'c   Phönix -Sage  im  alten  Aegypten, 


endlich  die  Gestalt  erhielt,  in  der  wir  sie  jetzt  besitzen.  Hier  möchte  ich  freilich 
zunächst  nur  die  älteste  Gestaltung  der  Phönix- Mythe,  die,  in  welcher  wir  sie  bei 
den  alten  Aegyptern  finden,  betrachten,  die  Notizen  möglichst  übersichtlich  zusammen- 
stellen, die  uns  vom  Phoenix,  seinem  Leben  und  seiner  Bedeutung  bei  vuid  für  dieses 
Volk  berichten,  und  daraus  den  Schlufs  ziehen,  was  der  Begrifi'  Phönix  zu  der  Zeit 
bedevitete,  in  welcher  er  zum  ersten  Male  in  Umlauf  und  in  Gebrauch  kam. 

Schon  bald  nach  dem  Neuerwachen  des  Studium's  des  ägyptischen  Alterthumes 
glaubte  man  in  dem  in  religiösen  Texten  zuweilen  erwähnten  Vogel  hennu  das  Proto- 
typ des  Phoenix  zu  finden  und  ward  in  dieser  Ansicht  noch  bestärkt,  als  man  ent- 
deckte, dafs  im  Todtenbuch  als  Aufenthaltsort  des  bennu  Heliopolis  genannt  wurde, 
die  Stadt,  mit  der  auch  die  alten  Klassiker  ihren  Phönix  in  Verbindung  gesetzt  hatten. 
Allein  bald  machte  sich  Widerspruch  gegen  diese  Ansicht  geltend  und  man  glaubte 
im  Gegensatz  zu  ihr  beweisen  zu  können,  dafs  der  hennu  ein  Name  des  Venus-Sternes 
sei.  Aber  eine  Reihe  von  Notizen  auf  verschiedenen  Monumenten  haben  mich  dahin 
geführt,  die  alte  Ansicht  wieder  aufzunehmen  und  in  dem  hennu  den  Phönix  zu  sehen, 
über  welchen  sich  sogar  einige  Stellen  nachweisen  lassen,  die  auf  die  Verbrennungssage 
zurückgehen. 

Betrachten  wir  in  erster  Linie  die  Orte,  mit  denen  in  Verbindung  der  hennu  sich 
genannt  findet  oder  zu  finden  scheint,  um  so  die  Verbreitung  seines  Cultes  in  Aegyp- 
ten bestimmen  zu  können. 

1)  Abydos.  Im  Tb.  eap.  100  1.  1.  findet  sich  die  Stelle:  „Ich  fahre  als  bennu 
nach    T  ®   (Abydos,  Osten),  als  Osiris  nach    nn  (Mendes,    Ort    der  Be- 

ständigkeit)." Hier  hat  man  bisher  äht  stets  mit  Abydos  übersetzt,  obgleich  schon 
die  Lesung  des  cap.  129,  w^elches  als  Variante  des  Wortes   tk    1  gi^^bt,  hätte  lehren 

können,  dafs  nicht  Abydos,  sondern  der  Osten,  dessen  Namen  mi  Aegyptischen  genau  so, 
wie  der  von  Abydos,  nur  meist  mit  einem  anderen  Determinativzeichen  geschrieben  wird, 
gemeint  sei;  besonders  da  zahlreiche  Monumente  diese  letztere  Lesung  bestätigen.  So  liest 
man  im  Grabe  des  Hor-^^em  in  Saqqarah^):  „Ich  fahre  als  Bennu  nach  tt  o  |  i\^^  , 
während   im    Papyrus   des   Ne)[tu-Amen   sogar  -T^'  J  steht.     Freilich    haben  beson- 

ders späte  Texte  auch  die  Lesung  des  Turiner  Textes,  so  ein  Todtenbuchfragment  im 
Vatikan  2)  xmd  der  Papyrus  III.  63  des  Louvre,  während  andere,  gleichfalls  späte, 
Texte,  wie  Pap.  Louvre  III.  49  daneben  die  Orthographie  4    1  ohne  irgend  welches 

hinzugefügte  Determinativzeichen  aufweisen.  Wenn  schon  aus  diesen  Schriftvarianten 
mit  grofser  Bestimmtheit  hervorgeht,  dafs  unter  äht  eine  Himmelsgegend  zu  verstehen 
sei,  so  wird  dies  noch  sicherer,  wenn  wir  die  Fassung  der  betreffenden  Stelle  auf  den 
Berliner  Stelen  No.  7271  und  7274  zu  Rathe  ziehn,  welche  besagen:  „Ich  fahre  als 
hennu  nach   fl-  nach  Westen,  als  Osiris  nach  Tetu^.  die  somit  die  beiden  entjjefjen- 

gesetzten  Himmelsgegenden  den  Osten  \md  den  Westen  mit  einander  wechseln  lassen. 
So  erkennen  wir  denn,  dafs  wir  in  äht  den  Namen  des  Ostens  zu  sehen  haben  ;  dafs 
dieser  aber  sehr  wohl  mit  dem  Städteplan  detcrminirt  vor  kommen  konnte,  zeigt  eine 
Stele  im  Vatikan,  auf  der  gesagt  wird  Ra  sei  ^^^  ^  ^v  4  j|  *^^^^  ''^^'^^  "^  am 
Horizonte  im  Osten  des  Himmels. 


1)  Mariette,  Mon  Div.  pl.  60. 

2)  Bachinann.     Die  äg.  Papyri  der  Vat.  Bibl.  Taf.  II. 


von  A.  Wiedemann.  91 


Ebenso  weniff  dürfen  wir  aber  in  dem    n  u  Tefu   des  Todtenbnches    den  Na- 

men  der  Stadt  Mendes  suchen,  sondern  die  Zeichengriippe  mufs  wörtlich  „Ort  der  Be- 
ständigkeit" übersetzt  werden;  dieser  Ort  der  Beständigkeit  aber,  nach  welchem  Osi- 
ris  fahrt,  ist  kein  anderer  als  die  Unterwelt,  deren  Herr  er  werden  soll  und  in  der 
alles  unveränderlich  und  sich  ewig  gleich  bleibt.  Diese  Unterwelt  ist  ihrerseits  wieder, 
wie  in  zahlreichen  anderen  Texten  ein  Ausdruck  für  den  Westen;  so  dafs  also  der 
Sinn  der  ganzen  Stelle  in  der  gewöhnlichen,  correkten  Fassung  der  folgende  ist:  Ich 
fahre  als  Bennu,  d.  h.  wie  wir  gleich  sehen  werden,  als  werdende  Sonne,  gen  Osten, 
und  als  Osiris,  d.  h.  als  todte  Sonne,  gen  Westen;  ich  bin  somit  in  allen  meinen 
Funktionen  dem  Ra,  der  Sonne,  gleich  und  bin  damit  sie  selbst  geworden,  in  ewiger 
Unvergänglichkeit  und  steter  Erneuerung. 

2)  Suten-iefien.  Nachdem  im  Todtenbuch  cap.  125  der  Todte  sein  negatives 
Sflndenbekenntnifs  abgelegt  hat,  setzt  er  1.  11  hinzu:  „Ich  bin  rein,  vier  Mal,  rein  ist 
jener  grofse  bennu  in  Sut€n-j(enen,  u.  s.  w."  —  Hier  ist  die  Frage,  wer  unter  diesem 
grofsen  bennu  gemeint  ist;  da  das  cap.  17  des  Todtenbuch  lehrt,  dafs  der  grofse  bennu 
den  Osiris  bedeute  so  wird  man  von  vorn  herein  geneigt  sein,  eine  Anspielung  auf  diesen 
Gott  auch  hier  zu  vermuthen.  Diese  Vermuthung  wird  zur  Gewifsheit,  wenn  wir  aus 
der  Leydener  Stele  V.  65,  einem  in  manchen  Stücken  dem  cap.  128  des  Todtenbnches 
ähnelnden  Texte,  erfahren,  dafs  Osiris  der  Lokalgott  von  Suten-jetien  (Heracleopohs) 
war.  Allein  diese  Stele  giebt  uns  auch  über  das  Wesen  des  dortigen  Osii'is  wichtige 
Aufschlüsse,  sie  lehrt  uns  nämlich,  dafs  hier  Osiris  seine  Macht  und  Herschaft  von  dem 
Sonnengotte  Ra  erhalten  hatte,  dafs  er  also  und  damit  auch  der  bennu  hier  eine  Erschei- 
nungsform des  Ra,  der  Sonne,  war.  Diese  Idee  liegt  auch  sehr  nahe,  denn  da  wir  durch 
das  Todtenbuch  cap.  17  1.  16  wissen,  dafs  hier  Ra  geboren  war,  so  war  es  nur  natürlich, 
dafs  hier  auch  die  Juacendijestalt  des  Ra.  die  Morgensonne,  einen  Ort  der  Verehiamor  fand. 

3)  Tanis.  Das  Serapeum  dieser  Stadt  trug  den  Namen  1  ^^  Phönix- 
Stadt,  und  seine  Umgebung  den  des  Uu-Bennu,  des  Territoriums  des  Phönix.  Hier 
war   der  Bennu  das  lebende  Symbol  des  Osiris  j(ent  Amenti  und  galt  als  der    ^^k^=\ 

1  j'O:  der  Phönix,  der  hervorgeht  aus  dem  Herzen  des  Gottes,  d.  h.  er  war  der 
todte  Osiris  in  der  Unterwelt  .und  doch  daneben  der  von  Neuem  hervorgehende,  der 
neu  erstandene. 

4)  Pa- bennu  oder  JJa-bennu'^^,  eine  Stadt  auf  einer  Insel  bei  Diospolis  parva: 
der  Kult  des  Bennu  stand  hier  mit  dem  des  Osiris  in  Beziehung  und  bezog  sich  auf 
die  Auferstehung  dieses  Gottes.-  Eine  Inschrift  aus  Denderah  beweist,  dafs  auch  die 
heilige  Sonnenkatze  hier  Verehrung  genofs.  Als  Reliquie  galt  der  Phallus  des  Osiris, 
das  Symbol  der  Auferstehung  und  des  ewigen  Lebens. 

5)  Bennu  im  18.  Nomos  von  Unter- Aegypten.  Von  dem  dort  ausgeübten  Bennu- 
Cult  wissen  wir  Nichts  Näheres,  nur  seine  Existenz  wird  durch  den  Namen  der  Stadt 
bewiesen,  deren  Hauptgott  Horus,  also  eine  Form  des  Ra  war  2^, 

6)  Ha-bennu.  Ein  Ort  rechts  vom  Nile  in  der  Nähe  von  Tai-tiiai-t;  er  wird  auf 
der  Pianchi-Siele  erwähnt,  doch  wissen  wir  von  den  Kulten  in  dieser  Stadt  Nichts 
Genaueres. 


^)     Bragsch,  Geogr.  Inschr.  III  p.  9.  —  Dict.   Geogr.  p.  191 — 4. 
2)     Brugsch,  Geogr.  Inschr.  III.  p.  20. 


Q^  Die  Phönix- Sage  im  alten  Aegypten, 


7)  Heliofolü.  Im  Todtenbuch  cap.  17  1.  9ff.  lesen  wir  dafs  ^^  1»-  "f  ■•  ^ 
„osse  bennW  identisch  war  mit  Osiris,  an  diese  Noti.  .st  dann  en.e  Erklärung  der 
Nordes  Unnu  und  seiner  mystischen  Bedeutung  gefügt,  auf  die  "^t^^J^^^ 
zukommen  haben.  -  In  Heliopolis  war  einer  der  Hanptempel  das  []>„*" -*"«»«' 
in  welchem  auch  für  Su,  den  Sohn  des  Mum,  neben  Osiris')  ein  Cultusort  geschaffen 
war  als  Reliquie  ward  hier  der  Schenkel  des  Osiris,  "^j;-"  ^cepter  und  seme 
Geisel  aufbewahrt  0.  Identisch  mit  diesem  Tempel  ist  wohl  der  \^  ^--^^J^,^ 
Ha-t-benben-t  genannte,  der  in  seinem  Namen  eine  so  treffende  Analogie  mit  bennu 
Leist  dars  die  Vermuthnng,  in  diesem  Tempel  se,  auch  der  .»„.verehrt  worden  seUr 
nahe  liegt.  Dieselbe  wird  noch  wahrscheinlicher,  wenn  wr  aus  dem  Tb.  cap.  U2  1.  5 
::ens  wie  ans  dem  Holzsarge  des  Pa-tu-f  im  Louvre  erfahren  dafs  es  der  Tempel 
de    Osiris   war;  eines  Gottes,   der  auf  der  Lonvre-Stele  C.  30  als  Herscher  m  Heho- 

s  verehrt  wird,   und  hier  meist  in  der  spec.ellen,   sehr  h.ufigen.  Form  des  „r,  d 
llten    oder  des  aa  ur,  des  Uralten,  erscheint');  er  >st  es  auch,  den  das  Tb.  cap.  142 
C      als   den  Einen   Eingesalbten,   d.  h.    Begrabenen   in  Ha-t-bcr^en-t  bezeichne.     Au 
anderen  Inschriften  erfahren  wir,   dafs  hier  Osiris  als  eme  Form  des  Äa,  in  der  Ge 
^t  einer  Pyramide  oder  eines  Obelisken  verehrt   wurde.  -  Die  Frage  ist  aber,   da 
Hdopohs  auch  von  den  Griechen  als  der  Geburtsort  des  Phöni.  genannt  wird,  wich- 
,TlL     um   etwas  länger  bei  diesem  ka-t-bcnbcn-t,  das  in  den  ägyptischen,  religio- 
sI't     t'e'n   eine    sehr  gro'fse   KoUe  spielt,   zu   verweilen.     Die  Hauptstelle   über  den 
tIpcI  findet  sich  in  der  Pian^i-Stele  1.  101-6,  und  zeigt  klarer  als  wir  es  können. 
daf?in  nat.benlen-t^),  welches  Wort  Hermapion»),  der  es  au    seinem  Obelisken  f^d, 
^,.,,.a  *.V.  wiedergab,   ebenso   wie  in  HeUopoUs  und  in   --  g»-»  U^ 
gegend  i^.   der  regierende  Hanptgott  war.     Der  Worüaut  ''«■  I"- «f jj^.^^^''^^^ 
Ijne  Majestät  nach  Heliopolis  über  den  bekannten  Berg  von  Ker  auf  d«"  ^^  ^^^  "ä" 
ZL   L   nach  Cher;    es  kam  Seine  Majestät  zu  dem  Lagerplatze    welcher  lieg^  im 
W       n  von  Merti   (d.h.  nach  der  Quelle  von  Matarieh,    dem  heutigen  «.), 
reinigte  sich  im  frischen  Wasserbecken,   er  wusch   sein    Gesicht    mit    der   MU  h   d 
Himmels     da  wo   sich    wäscht   Ra   sein  Gesicht  (d.  h.  in  der  Quelle,   in  der  sich  de 
S le  spietlt).    Er  ging  nach  Sai-u-ka-em-än  (zur  SandhShe  bei  Heliopolis    er  brachte 
hiTai-ra!  m-än   eil!  grofses  Opfer  dar  dem  Ra   bei  seinem  Aufgange   ein  Opfer  an 
:ei  sl  Ochsl,  Milch.°Weihral,  Wohlgerüchen  und  allerlei  --"-J^tet 
Er  gin.  auf  seinem  Zuge  zum  Tempel  des  Ra,  er  trat  ein  in  den  Tempel  unter  g  ofsen 
Lbeti^gen,  der  Festordner  flehte  an  den  Gott,   ^'^'^^^  l^:^:-"^'  ''l^^^'^Z^Z 
Könige,  er  libirte,    er  legte  das  heUige  Gewand  an,  er  -"f  \^'.''^^„^"=\'^J,^"7, 
„nd  L^iren,    er  brachte  Blumen  des  Ha-benben,  er  brachte  herbei  Pfl;--P;f  » ' J 
stieg  hinauf  die  Treppe   zum   grofsen  Adytum,  um  zu  sehen  Ra  selbst  m  Ha-benben, 

i)     Skarabaeus  Leyden.  B.  U28.  -  Leemans.  Mon.  I.  29. 
2)     Brugsch,  Dict.  Geogr.  p.  189—90. 

^^     Verel    vor  Allem  Leps.  Denkm.  III,  282  c.                                            ,  „      .     i       j„„ 

;       ergi.  vor  ä              i                                                     heliopolitanische  Ha-t-hmben  der 

•)     Hierbei   niöchle  ich  bemerken,   dals,  «enn  aucu  ""            "^  R..idpnz 

wichtigste  unter  den  so  genannten  Tempeln  war,  es  doch  auch  ,n  Theben  und  ,„  der  Residenz 
des  Chu-en-dlen  gleiclmamige  HeiligthUmer  gab.  (L.  D.  III.  97  e). 

*)     bei  Amm.  Mar.  17.  4. 


von  A.  Wiedemann.  93 


er  stand  da  allein,  er  stiefs  auf  den  Riegel  und  öffnete  die  Thüre,  er  sah  seinen  Va- 
ter Ra  im  Ha-t-benben,  er  verehrte  die  Matet-Barke  des  Ra  und  die  Sekti-Barke  des 
Tum^  er  schlofs  die  Tliür,  legte  Siogelerde  auf  und  versiegelte  sie  mit  dem  König- 
lichen Siegel  selbst,  indem  er  befahl  den  Priestern:  „Ich  habe  angelegt  das  Siegel, 
nicht  gehe  hinein  irgend  ein  anderer  König,  der  existirt".  Sie  warfen  sich  nieder  vor 
Seiner  Majestät  und  sprachen:  „Möge  er  Bestand  haben,  nicht  möge  Schaden  erleiden 
der  Göttliche,  der  Heliopolis  liebt.  Er  trat  in  den  Tempel  des  Tum,  er  verrichtete 
die  Räucherungen  seinem  Vater  Tum-Chepera,  dem  Fürsten  von  Heliopolis".  —  Die  An- 
gaben dieser  Stele  über  den  Ra-Cultus  in  Ha-benben  werden  bestätigt  durch  den  Pap)Tus 
des  Louvre  3148  p.  IX.  1,  in  Übereinstimmung  mit  dem  auch  sonst  höchst  interessan- 
ten grofsen  zweiten  Sai-en-sinsin ,  welches  Pap.  Louvre  V.  20  und  25,  ebenso  wie  ein . 
Turiner  Text  in  schöner  Erhaltung  zeigen.  Dieser  giebt  an,  dafs  der  zu  Ra  gewor- 
dene Todte  vor  Allem  in  Ha-t-benben  aus  und  eingehen  könne,  wie  es  ihm  beliebe. 
In  dem  grofsen  Berliner  Sonnen -Hymnus  ^)  wird  Ra  gebeten  dem  Pharao  die  Opfer 
zu  gewähren  welche  mau  hier  spendete,  während  nach  einem  Sarge  im  Louvre  ^)  hier  Su, 
also  wieder  eine  Sonnenform,  verehrt  wurde.  Aus  dem  von  mir  schon  in  meiner  Ar- 
beit über  die  Unsterblichkeit  der  Seele  bei  den  Aegyptern  mitgetheilten  Texte  des 
Pap.  Louvre  III.  7  erfahren  wir,  dafs  es  die  Götter  von  Ha-t-benben  waren,  denen  es 
oblag  die  verschiedenen  unsterblichen  Theile  nach  dem  Tode  des  Menschen  zu  sam- 
melen  und  zu  vereinigen. 

Wichtig  für  das  Ha-benben  sind  weiter  die  Inschriften  der  sogenannten  Hypocephale, 
die    meist   analogen  Inhaltes   sind;    wir  wählen  hier  die  Inschrift  des  Leydener  Textes 

0.  70.  als  Beispiel  dessen,  was  sie  uns  berichten:  „Oh  du  Eingehüllt<;r  in  Ha-t-benben^ 
Erhabener  (bis).  Strahlender  (bis),  befruchtender  Stier,  grofser  Gott  (nach  Louvre  P.  25. 
Tum)  in  der  Halle  der  Alten  in  Hehopolis,  es  komme  zu  dir  die  Verstorbene  N.  Du 
giebst,  dafs  sie  werde,  wie  einer  aus  deinem  Gefolge,  sie  wird  jener  Gott  in  der  Halle 
des  Alten  in  Heliopolis.  —  Diese  Halle  des  Alten  in  Hehopolis  war,  wie  gesagt,  ein 
Tempel  des  Osiris  und  des  Ra,  und  der  Parallelismus  zu  Ha-t-benben  legt  es  sehr  nahe, 
dafs  auch  dieses  hier  zu  suchen  ist.  Dies  wird  aber  von  besonderem  Interesse  dadurch, 
dafs,  wie  ein  Hypocephal  in  Paris  zeigt,  von  hier  der  bennu  ausflog,  denn  wir  lesen 
auf  diesem:  (1%J^  II^'^S|\n"J  l^^l^ll''  „Ich  (die  Todte) 
bin  in  Gestalt  des  Bennu,  welcher  hervorgeht  aus  Ha-t-benben  in  Heliopolis".  Ltwas 
Näheres   über    dieses  Hervorgehen    erfahren   wir    aus    der   Metternichstele ,   Hinterseite 

1.  40,  wo  es  heifst:  „Du  bist  der  grofse  Bennu,  der  entsteht  auf  der  Spitze  der  Bäume 
in  der  grofsen  Halle  in  Heliopolis"  ;  und  aus  dem  Pap.  Louvre  3148  3),  wo  wir  lesen  : 
„die  Gottheit  hält  zusammen  die  Erde  in  Ha-t-benben  als  bennu,  der  sich  erneut  auf 
der  Spitze  der  AVeiden ,  sie  erfüllt  Himmel  und  Erde  mit  ihren  Strahlen,  u.  s.  w.  — 
Um  diesen  letzten  Satz  richtig  fassen  zu  können,  müssen  wir  etwas  weiter  ausholen 
und  das  Tb.  cap.  17  1.  9 — 11  zu  Rathe  ziehen.  In  diesem  wichtigen  Texte  finden  wir 
folgenden  Wortlaut:  „Ich  bin  jeuer  grofse  bennu,  welcher  ist  in  Heliopolis,  ich  ver- 
einige Alles,  was  da  ist.  Was  heifst  das?  Es  bedeutet  bennu  den  Osiris,  welcher  ist 
in  Heliopolis,  es  bedeutet  die  Vereinigung  alles  dessen,  was  das  ist,  seinen  Körper :  oder, 


1)     Lepsius  Denkm.  VL   115— 7.  2)     Champ.  Gr.  p.  510. 

3)     p.  VIII.  1.  11.  —  Pierret.  Et.  Eg.  I.  p.  42—79. 

Zeitschr.  f.  Äegypt.  Spr.,  Jahrg.  1878.  13 


94  I^J6  Phönix -Sage  im  alten  Aegypten, 

anders  gesagt,  die  Ewigkeit  und  Unendlichkeit,  es  bedeutet  die  Ewigkeit  den  Tag,  es 
bedeutet  die  Unendlichkeit  die  Nacht".  —  Sachlich  ist  hierzu  zunächst  zu  bemerken, 
dafs  auch  nach  anderen  Papyris  sich  Osiris  in  den  hennu  verwandelte,  und  zwar  ge- 
schah dies  nach  dem  Pap.   Sallier  IV.  p.  11  1.  2  am  12.  Choiak. 

Der  ganze  Satz  will  offenbar  den  Punkt  bezeichnen,  in  welchem  sich  alles  das, 
was  in  zeitlicher  Beziehung  existirt,  vereinigt,  um  einen  Kreis  zu  bilden,  der  sich  ewig 
und  unendlich  oft  wiederholt;  die  beiden  Glieder,  aus  denen  sich  dieser  Kreis  zu- 
sammensetzt, sind  nach  dem  Texte  selbst  Tag  und  Nacht.  Der  betreffende  Punkt 
kann  demnach  nur  der  Augenblick  sein,  in  welchem  sich  der  alte  und  der  neue 
24:Stündige  Tag  verbinden.  Nach  altägyptischer  Ansicht  fing  dieser  neue  Tag  nicht, 
wie  bei  uns,  um  Mitternacht  an,  sondern  begann  in  dem  Augenblicke,  in  dem  die 
Sonne  aufging  und  die  Erde  hell  wurde.  Dieser  Augenblick  ist  demnach  das,  was 
das  Todtenbuch  mit  der  Vereinigung  alles  dessen,  was  ist,  bezeichnet;  dies  ist  aber 
der  Körper  des  Osiris-Bennu ;  dieser  Körper  kann  kein  anderer  sein  als  der  der  Sonne 
von  Gestern,  welche  starb  und  doch  von  Neuem  ersteht.  Nun  wissen  wir,  dafs  mit 
Osiris  in  den  religiösen  Texten  stets  der  Todte  gemeint  ist,  dessen  irdische  Existenz 
aufgehört  hat,  bedeutet  aber  Osiris-Bennu  die  todte  und  die  lebende  Sonne,  so  ist,  da 
Osiris  die  todte  allein  bezeichnet,  hennu  die  auferstehende,  die  Morgensonne,  so  dafs 
Bennu-Osiris,  eine  auch  sonst  häufige  Verbindung  i),  den  Moment  bezeichnet,  wo  sich 
beide  Erscheinungsformen  berühren,  d.  h.  die  Sonne  im  Momente  des  Aufgehens. 

Überträgt  man  dies  auf  den  so  oft  mit  dem  Laufe  der  Sonne  verglichenen  Lebens- 
lauf des  Menschen,  so  entspricht  diesem  Momente  im  Sonnendasein  der  Augenblick, 
in  dem  die  Seele  den  menschlichen  Körper  verläfst,  und  darum  trägt  der  bennu,  die 
Seele  des  todten,  osirianischen  Sonnenkörpers,  den  Namen  "^^  e/  tl  1  ^®^^®  ^^^  Osiris. 
In  dieser  Gestalt  stellt  ihn  ein  Bild  in  einem  kleinen  Grabe  bei  dem  Dorfe  How  2) 
dar;  der  bennu,  bennu  des  Osiris  genannt,  sitzt  auf  einer  Tamariske,  die  ihre  Zweige 
über  dem  verschlossenen  Sarge  des  Osiris  ausbreitet. 

Ehe  wir  Heliopolis  und  den  dort  gepflegten  Phönix -Cult  verlassen  können,  müssen 
wir  noch  des  Baumcultus  gedenken,  der  hier  gepflegt  ward,  da  derselbe,  wie  wir  be- 
reits in  den  oben  angeführten  Stellen  sahen,  mit  dem  des  bennu  in  innigster  Verbin- 
dung stand.  In  zahlreichen  Tempeln  sehen  wir  schon  seit  Tutmes  III  und  später  bis  in 
die  letzten  Zeiten  Aegyptens  hinab  ^)  Amon-Ra,  Thot  oder  die  Bibliotheksgöttin  Sefex 
damit  beschäftigt,  den  Namen  des  regierenden  Königs  in  die  Früchte  und  in  die  Blät- 
ter der  Persea  einzuschreiben,  um  ihn  so  unvergefslich  und  ewig  dauernd  zu  machen. 
Die  begleitende  Inschrift  lautet  fast  regelmäfsig:  „Oftmals  hat  ihm  (dem  König)  ver- 
liehen der  Herr  der  Götter  das  dreifsigj ährige  Fest  auf  der  ehrwürdigen  Persea  im 
Inneren  von  Ha-t-bennu",  des  Phönixtempels.  In  Medinet-Habu  *)  sehen  wir  Tum,  den 
Herren  von  Heliopolis,  Tutmes  III  zur  Persea  führen,  in  deren  Früchte  des  Königs 
Name  durch  Amon-Ra  eingeschrieben  wird,  hier  heifst  der  Baum:  „Die  Persea  im 
grofsen  Hause",  d.  h.  in  Heliopolis.  —  Wie  wichtig  dieser  Kult  war,  zeigt  wohl  am 
Besten  der  Umstand,  dafs  er  nicht  mit  dem  Verfalle  von  Heliopolis  aufhörte  sondern 
unter   den  Ptolemäeren  nach  Ober -Aegypten,   nach  Apollinopolis  magna  verlegt  ward, 

*)     Z.  B.  Maiiette,  Dend.  IV.  73  1.  12.  ^)     Wilkinson,  M.  a.  C.  II.  Ser.  IL  262. 

3)     Leps.  Denkm.  III.  6.  5,  37  a.  —  Burton.  Exe.  Hier.  pl.  50. 
*)     Leps.  Denkm.  IIL  37a. 


von  A.   Wiedemann.  95 


wo  denn  auch  eine  den  oben  beschriebenen  Darstellungen  ähnliche^)  von  der  heiligen 
Persea  in  Hut  spricht.  —  Selbst  das  8ai-en-sinsin^)  erwähnt  des  heiligen  Baumes, 
der  in  den  meisten  religiösen  Texten  eine  grofse  ßolle  spielt;  bei  ihm  safs  ja  die 
grofse,  heilige  Sonnenkatze,  die  dem  Feinde  des  jRa,  der  Schlange  Apep^  nach  alt- 
ägyptischer Mythe,  das  Haupt  abschnitt.  Dafs  aber  gerade  Heliopolis  und  hier  speciell 
der  Phoenix-Tempel  der  Haupkultusort  dieses  Baumes  war,  beweist  auch  die  Inschrift 
der  Nadel  der  Kleopatra,  die  uns  spricht  von  dem  M  0 '^  ^^  3^ '^'^'''^  J  ^^  ^^^ 
ehrwürdigen  Baume  im  Innern  des  Phönix-Tempels. 

Im  Todtenbuche  findet  sich  eine  ganz  eigenartige  Gruppe  von  Kapiteln,  die  von 
der  Verwandlung  des  Todten  in  verschiedene  Gegenstände  der  Thier-,  Pflanzen-,  ja 
sogar  der  Götterwelt  handeln,  und  auf  die  basii't  man  bei  den  alten  Aegyptern  die 
Lehre  von  der  Metempsychose  glaubte  nachweisen  zu  können.  Unter  diesen  Wandlungs- 
formen erscheint  auch  der  hemiu^  und  er  scheint  eine  ganz  besonders  wichtige  Rolle 
gespielt  zu  haben;  denn  während  die  übrigen  Formen  nur  selten  aufserhalb  des  Be- 
reiches des  Todtenbuches  erwähnt  werden,  findet  sich  der  bennu  öfters  genannt.  So 
heifst  es  auf  einer  Naos-Stele  aus  Saqqarah  in  Bulaq  3),  der  Todte  möge     -c2>-  O    i 

/ ^§»  „Vollbringen  die  Wandlungen  in  einen  beniiu  auf  Erden"  ;  eine  Stele  in 

Florenz  (No.  2593)  sagt,  er  möge  machen  die  Wandlung  in  einen  hennu  und  in  einen 
Reiher;  während  im  Grabe  3  zu  El-Kab*)  als  Wandlungsformen  bennu.  Schwalbe, 
Sperber  und  Reiher  gewünscht  werden.  Der  Sarg  der  Bast-uia-en-nef,  der  Tochter  des 
Königs  Taharka,  im  Louvre  nennt  die  Verwandlungen  in  die  Schwalbe  und  iu  den  bennu, 
während  der  der  Ta-sep-en-junsu  folgende  aufiuhrt:  Gott,  Ptah,  bennu,  ba,  Schwalbe 
und  Lotus.  Auf  die  Darstellungen  auf  den  Särgen  des  Chaf  und  Tet-her  kommen 
wir  gleich  zurück.  Charakteristisch  für  die  Unüberlegheit  und  Leichtfertigkeit,  mit 
welcher  die  altägyptischen  Hierogrammaten  verfuhren,  ist  hier  ein  Mifsverständnifs, 
welches  dem  Schreiber  der  sonst  graphisch  sehr  schön  ausgeführten  Stele  C.  64  des 
Louvre,  bei  der  Aufzeichnung  einer  ähnlichen  Stelle,  untergelaufen  ist.  Bekanntlich 
dient  als  Ideogramm  für  den  be7i7iu  aufser  "^S:  auch  das  Zeichen  ^^=^5  welches  sonst 
meist  6äA  Fülle  bedeutet;  unser  Schreiber  fand  nun  in  dem  ihm  vorUegenden  Originale 
dieses  letztere  Zeichen  und  wollte  doch  gern  das  Wort  phonetisch  ausschreiben ;  ohne 
also  auf  den  Sinn  irgendwie  Rücksicht  zu  nehmen,  schrieb  er  ^  V  '  ö  ^^  — 
„Machen  die  Verwandlungen  in  Reichthum  auf  Erden",  statt  in  einen  Phönix,  was 
allein  einen  annehmbaren  Sinn  ergeben  hätte.  Freilich  fehlt  auf  der  andern  Seite  das 
Kapitel  von  bennu  öfters  in  Texten  des  Todtenbuches,  die  sonst  recht  vollständig  sind, 
und  in  denen  man  es  sicher  erwarten  sollte,  wie  z.  B.  im  Pap.  Cadet;  allein  das  haben 
wir  doch  wohl  nur  der  oft  beklagten  und  leider  nur  zu  gut  beglaubigten  Ungründlich- 
keit  der  ägyptischen  Schreiber  zuzuschreiben,  die  um  nur  ein  Beispiel  anzuführen,  so 
weit  ging,  dafs  der  Schreiber  des  schönen  Todtenbuches  T.  1  in  Leyden,  nachdem  er 
die  Vignette  des  5ewnw -Vogels  gemalt  und  die  Kapitelüberschrift  „Kapitel  vom  Machen 
die  Verwandlung  in  einen  bennu^  geschrieben  hatte,  als  Text  dazu  ruhig  das  Kapitel 
vom  Ment-Yogel,  d.  h.  Tb.  cap.  86  hinstellte. 


1)     Leps.  Denkm.  IV.  17  b.  2)     ed.  Horrack  IL   16.  —  p.  11. 

3)     Mariette,  Mon.  div.  pl.  56a.  *)     Leps.  Denkm.  III,  13a. 

13* 


96 


Die  Phönix -Sage  im  alten  Aegypten, 


Betrachten  wir  zunächst  die  ganze  Reihe  der  Verwandlungscapitel  in  ihrem  Zu- 
sammenhange, der  sich  von  Tb.  cap.  77-88  erstreckt  und  die  Hauptüberschrift  „Ka- 
pitel vom  sich  Bilden  jede  Gestalt,  die  man  hebt"  trägt,  so  entsteht  die  Frage,  was  ist 
die  Bedeutung  und  der  Zweck  dieser  Texte.  Klar  ist  es  von  vorn  herein  für  jeden,  der 
sich  mit  der  altägyptischen  Religion  vertraut  gemacht  hat,  dafs  wir  hier  Gebete  fin- 
den werden,  die  der  Todte,  wenn  er  die  verschiedenen  Gestalten  annahm,  sprechen 
mufste.  Lange  schwankte  man  aber,  welcher  tiefere  Sinn  den  Formen  zu  Grunde 
hege,  bis  es  Brugschi)  Scharfsinne  gelang,  mit  Hülfe  des  Bulaqer  Sarkophages  des 
Ch'lf  der  Sache  auf  den  Grund  zu  kommen.  Auf  diesem  Sarge  finden  sich  näm- 
lich neben  den  Bildern  und  Namen  der  12  ägyptischen  Tagesstunden  jedesmal  die 
Wandlungsform  angegeben,  welche  die  Seele  des  Verstorbenen  in  ihnen  annimmt.  So 
ist  die  Form  für  Stunde  1.  Schwalbe  7.  Ptah 

2.  Schlange  8.   Gold -Sperber 

3.  Bennu  9.   Grosser  unter  den  Göttern 

4.  Krokodil  10.  Seele. 

5.  Sperber  11-  Lotus 

6.  Zerstört  12.  Reiher. 

Hier  erkannte  Brugsch,  dafs  diese  Wandlungsformen  genau  dieselben  12  sind, 
welche  die  Seele  nach  dem  Todtenbuche  anzunehmen  hatte,  dafs  diese  Formen  also 
von  den  verschiedenen  Tagesstunden  abhängig  gedacht  wurden.  Es  könnte  nun  auf 
den  ersten  Blick  scheinen,  als  ob  es  leicht  sein  müfste,  aus  der  Stunde,  für  welche  jede 
einzelne  Gottheit  genannt  ist,  auch  ihre  Bedeutung  zu  erkennen.  Leider  ist  dem  aber 
nicht  so ;  wenn  wir  nämhch  die  verschiedenen  Texte  vergleichen,  in  denen  sich  unsere 
Gottheiten  genannt  finden,  den  genannten  Sarkophag  des  Chaf,  den  des  Tet-her  in 
Bulaq  und  das  Todtenbuch,  so  finden  wir,  dafs  die  Anordnung  derselben  eine  ganz  ver- 
schiedene ist  und  zwar  erhalten  wir  folgendes  Schema,  in  dem  die  Nummern  immer 
die  Stelle  bezeichnen,  an  denen  sich  der  betreffende  Gott  auf  den  einzelnen  Monu- 
jnenten  findet. 


Chaf 

Todtb. 

T'et-her 

Chaf 

Todtb. 

Tet-her 

1 

10 

1 

7 

6 

12 

2 

11 

2 

8 

1 

7 

3 

7 

3 

9 

3 

8 

4 

12 

10 

10 

9 

5 

5 

2 

11 

11 

5 

6 

6 

4 

4 

12 

8 

9 

Vergleicht  man  nun  gar  noch  mit  dem  Turiner  Texte  andere  Todtenbücher,  so  findet 
man,  dafs  von  irgend  welcher  Consequenr  in  der  Anordnung  der  Gottheiten  keine 
Rede  sein  kann,  dieselben  vielmehr  ganz  willkührlich  an  einander  gereiht  worden  sind. 
Nur  eine  Thatsache  ergiebt  sich  mit  Sicherheit  aus  diesem  Texte,  dafs  nämhch  alle  in  den 
12  Verwandlungskapiteln  genannten  mystischen  Figuren  solare  Götter  sind  und  somit 
bestimmte  Perioden  im  Tageslaufe  der  Sonne  repräsentiren ;  allein,  welche  emzelne  Pe- 
riode   die    einzelne  Götterfigur   darstellt,   das  können  wir  aus  diesen  Texten  nicht  er- 


3)     Brugsch  in  der  Zeitschrift  für  ägypt.  Spr.   1867  p.  21  —  6. 


von  A.  Wiedemann.  97 


ßchliefsen;  um  so  weniger,  als  auch  ganz  andere  Verwandlungen  au  Stelle  der  ge- 
wöhnlich genannten  treten,  so  z.B.  in  dem  Todtenbuche  des  User-ha-t  in  London  i) 
die  in  eiue  Gans.  —  Für  den  Bennu  speciell  erhalten  wir  somit  das  Resultat,  dafs  er 
die  Gestalt  der  Seele  und  damit  auch  des  i?a  zu  einer  bestimmten  Tageszeit  darstellte. 

Gehen  wir  nun  zur  Betrachtung  des  cap.  83  des  Todtenbuches,  welches  speciell 
dem  hennu  gewidmet  ist,  über  und  suchen  wir  uns  seinen  Inhalt  zu  vergegenwärtigen, 
so  müssen  wir  zur  Übersetzung,  wie  für  jede  Todtenbuch-Stelle,  eine  Reihe  von  Parallel- 
Texten  zu  Rathe  ziehn,  um  einen  leidlich  korrekten  Urtext  zu  gewinnen. 

In  unserm  Fall  haben  wir  besonders  folgende  6  Texte  berücksichtigt: 

a)  Pap.  Louvre  III.   1  (17.  Dyn.)  e)  Pap.  Netem  in  Paris       (22.  Dyn.) 

b)  Pap.  Luynes  j  f)  Turiner  Text  (26  Dyn.) 

c)  Pap.  Nebket  '    (18.  Dyn.)  g)  Pap.  Louvre.  III.  19       (Ptolemäerzeit). 

d)  Pap.  Nechtu-Ämen      \ 

Im  Grofsen  und  Ganzen  bilden  a  —  e  eine  Gruppe  und  f —  g  eine  zweite,  so  dafs 
also  die  Neu-Redaction  unseres  Capitels,  wie  ja  auch  des  ganzen  Todtenbuches,  vor  oder 
besser  an  den  Anfang  der  26.  Dynastie  zu  setzen  ist.  Der  Text  selbst  lautet: 
Kapitel  vom  Machen  die  Verwandlung  in  einen  bennu.  Es  spricht  N  und 
sagt:  Ich  fliege  unter  den  9  Göttern,  ich  entstehe  als  Chepei\  ich  wachse  im  Wachsen 
(d.  in  euerem  Wachsen).  Ich  bin  verborgen  (a.  geschmückt)  in  Geheimnissen  (b,  c  und  f. 
als  Schildkröte,  f.  in  Geheimnissen  oder  als  Schildkröte).  Ich  bin  ein  Erzeugnifs 
eines  jeden  Gottes  [d.  aller  Götter,  f  und  g.  erkennend  ihr  (der  Götter)  Innerstes]. 
Ich  bin  das  Gestern  unter  jenen  4  heiligen  Schlangen  beim  Entstehen  im  Westen;  der 
Grofse  (b.  Horus),  welcher  leuchtet  in  seinem  Innern,  jener  Gott  Setes  (a  und  c. 
jener  Gott,  Gegner  des  Setes;  f  und  g.  Suti).  Ich  bin  Thot  zwischen  ihnen  bei  jener 
Entscheidung  in  Sehern  mit  den  Geistern  von  Heliopolis  (f  und  g.  beginnen  vor  Seinem 
einen  Satz:  Oh  dn  Sejem  und  ihr  Götter  von  Heliopohs,  u.  s.  f.),  bei  denen  die  Über- 
schwemmung ist.  Ich  komme  an  diesem  Tage,  ich  erhebe  mich  im  Gefolge  der 
Götter  (e.  ich  bin  unter  Euch),  ich  strahle,  ich  trete  unter  die  Götter,  ich  erneuere 
mich  (e.  unter  den  Göttern).  Ich  bin  Chunsu,  welcher  Alles  zertheilt  (f.  welcher 
vertreibt  alle  Widerwärtigkeit). 

Von  ganz  besonders  grofser  Bedeutung  für  das  Verständnifs  dieses  Kapitels  ist 
der  Schlufs,  in  welchem  der  zum  bennu  gewordene  Todte  sagt:  „Ich  bin  Chunsu^. 
Sehen  wir  zu,  welche  Bedeutung  Chunsu  in  der  ägyptischen  Mythologie  hat  und  ge- 
lingt es  uns  die  Rolle,  welche  er  spielte,  zu  erkennen,  so  haben  wir  damit  auch 
wenigstens  eine  der  Seiten  der  i?/?n«w- Bedeutung  gefunden. 

Chimsu  war  der  Sohn  des  thebanischen  Amon  und  dessen  Gattin  Mut^  von  ihm 
finden  sich  in  den  zahlreichen  ihn  darstellenden  Bronzestatuetten  2  Haupttypen. 

1.  Ein  Gott  mit  Menschenkopf,  die  Mond-  und  Sonnenscheibe  auf  dem  Haupte, 
mit  einer  Jugendlocke  an  der  Seite.  Sein  heiliges  Thier  in  dieser  Form  war  der  Sper- 
ber, dessen  Kopf  die  Chunsu-^iaXweiien  oft  zeigen.  Als  Namen  für  diese  Form  wird 
uns  Ah-Chunsu^  M.on6i-Chunsu  überliefert. 

2.  In  dem  thebanischen  Cäw«sm -Tempel  in  2  abstrakten,  einander  ergänzenden, 
Formen,   als   Chunsu  in  Theben,    der    wohl  Ruhende,    und  als   CJmnsu,    der  Pläne-Aus- 


^)     Birch  in  der  Zeitschr.  für  ägypt.  Spr.   1869  p.  25. 


Die  Phönix- Sage  im  alten  Aegypten, 


ftthrer  in  Theben;  diese  beiden  Formen,  deren  eine  das  denkende,  die  andere  das  aus- 
führende Princip  darstellt,  treten  uns  in  ihrer  Wechselwirkung  vor  allem  auf  der 
filL-Stele  entgegen.  In  ihrer  Vereinigung  .aren  sie  dem  Mensehen  wohlgesmnt, 
beuten  Krankheiten  und  verjagten  die  bösen  Geister,  so  dafs  s.e  etwa  dieselben  Funk 
tionen  besafsen,  wie  sie  uns  sonst  bei  Tlwt  entgegentreten. 

Doch  auch  in  dem  ersten  Typus,  der  für  uns  hier  wichtiger  .st,  berühren  s>ch  d.e 
in  Chunsu  persouifizirten  Ideen  vielfach  mit  den  sonst  durch  Tk.t  -^g^^;"*ten,  und 
das  fühlten  die  Aegypter  lebhaft  genug,  um  beide  Gotthe.ten  m  emem  CW"?^  »J' 
.u  vereinigen,  der  als  Sohn  des  Mont  und  der  Mut  angesehen  wurde,  und  dem  Ram- 
Z  m  in  Theben  einen  besonderen  Tempel  gründete,  in  welchem  als  he.hges  Thter 
der  neugewonnenen  Gottheit  der  Cynocephalus  aufgezogen  wurde.  I»  -j/--^" 
Inschriff.)   wird  Chun^u  als  eine  geistige  Abstraktion  bezeichnet.     In  Cherta  tott  uns 

cLu  all  Gatte  der  Isis  „nd   als  Vater  des  T>^*  ^^^^'^J^^  THoflZ 
hier  in  ihm    einen  mit    Thot  identischen  Gott  zu  sehn  haben,  der  d>e  .m  ?*»    ™ten 
du  Ideen  zur  weiteren  Reife  gebracht  hatte.  -   T,.t  ist  aber,  wie  alle  neu  entdeckten 
Monumente  immer  wieder  aufs  Nene  bestätigen,   ein  Mondgott     n.cht  m     em  Smn^ 
als   ob   er  der  Gott  der  Mondscheibe  wäre,   die  am  Himmel  sich  bewegt,   sondern   er 
der  Gott   des  Mondes,   als   des  Gestirnes,  welches  den  Lauf  der  Ze.ten     Tag  vmd 
Nacht    nach    richtigem  Maafs   und   Zeit  theilt  „nd   ordnet,   und  darum  tragt  e,  mch 
bl    s  die  Mond-,   sondern  auch  die  Sonnen- Scheibe    auf  dem  Haupte.     Ihm  gleich  .st 
aber    wie  wir  sahen,  CM,.u,  auch  er  trägt  die  Symbole  des  Zeitenordner's  und  so  haben 
:'     denn  in  ihm,  «nn  man  so  sagen  kann,  eine  chronologische  Gottheit  zu  sehn    die 
bald  das  Princip  der  Zeit,  bald  eine  bestimmte  Zeitperiode  bezeichnet.     In  die^mW 

hat  er  auch  in  den  thebanischen  Texten  des  Todtenbuches  den  Be.nar^  ^ ^^£ 

^-^%l    der  Alles  Zertheiler  (Louvre  m  1  schreibt    ..T^Jr^^UJl^  m>     Inspa- 
S^rieii  ward  die  chronologische  Bedeutung  des  Chunsu  fast  ganz  vergessen  und  mit 
der  wachsenden  Beschäftigung  mit  der  Magie  wuchs  auch  seuie  magische  MaclA  die 
Dämonen  und  das  Böse  zu  vertreiben,  bis  man  glaubte,  im  Todtenbuche  in  dem  Worte 
Unfen  einen  Fehler  sehen  zn  müssen;  man  hielt  es  nun  für  identisch  -'  <>-  <"tj°; 
graphisch   gleich   geschriebenen  Worte    tenUn   das    anstürmende  Übel,   und  setzte  vor 
dLTes  Wort  S  Verjager,  so  dafs  man  einen  neuen  Titel  für  a.n.u  „Verjager  aller 
Übel«    erhielt,hfr   zu  des  Gottes  magischer  Bedeutung  sehr  gut  pafste,    aber  fredich 
nicht  im  Sinne  des  Autor's  des  ursprünglichen  Textes  gelegen  hatte;  denn  m   diesem 
letztem    sollte    entschieden    Chnnsu    einen    Zeitgott    bezeichnen.      Prüfen   wir 
Grundidee    als  Basis   unserer  Betrachtung  nehmend,   von   hier  aus  den  Gedankengang 
des  ganzen  83ten  Todtenbuch-Kapitels. 

Der  Text  beginnt  damit,  das  der  Todte  versichert,  er  fliege,  er  gebore  unter  die 
9  grofsen  Götter  und  wachse  stets  von  Neuem,  indem  er  als  O^per,  als  Morgensonne 
entstehe,  geheimnifsvoU  sei  sein  Wesen  -  die  Variante ,  er  sei  gebeimnifsvo  1  ds 
Schildkröte  ist  eine  jener  Stellen,  an  denen  die  ägyptischen  Priester  die  Namengleich- 
heit  zweier  Worte,  in  „nserm  Texte  von  Seta  Geheimnifs  und  '.et  Schildkröte  benutzten, 
um  einen  mystisch  klingenden  Sinn,   in  Wahrheit  aber  einen  unverständlichen  L'nsinn, 


1)     Champ.  Mon.  IIL  pl.  299. 


von  A.  Wiedemann.  99 


in  ihre  religiösen  Formeln  zu  legen.  Das  geheimnifsvolle  Wesen  des  bennu  wird  auch 
an  anderen  Orten  öfters  erwähnt,  so  sagt  z.  B.  im  Pap.  Louvre  III.  1  col.  52  der  Todte: 
„Ich  bin  der  geheimnifsvolle  bennu,  ich  gehe  ein,  wenn  er  sich  vereint  der  Tiefe;  ich 
gehe  heraus,  wenn  er  sich  vereint  dem  Himmelsgewölbe";  so  dafs  hier  der  bennu  voll- 
kommen als  Sonne  betrachtet  und  behandelt  wird.  Ähnlich  sind  die  Ausdrücke  des 
Pap.  Burton  i).  „Ich  gehe  zur  Ruhe  in  den  Gefilden  des  geheimnifsvollen  Bennu,  ich 
[gehe  zur  Ruhe],  wenn  er  sich  der  Tiefe  vereint,  ich  gehe  hervor,  wenn  er  sich  ver- 
einigt vor  dem  grofsen  Gotte".  Endlich  findet  sich  die  Redensart  in  den  Sonnen-Lita- 
nien  2).  —  Ein  Erzeugnifs  aller  Götter  ist  der  Todte  und  er  kennt  das  innerste  We- 
sen der  Gottheit,  das  Gestern  ist  er  und  doch  das  Heute,  das  ewig  sich  verjüngende 
Princip ;  er  ist  Horus,  der  grofse  Gott,  geworden  und  dabei  Set  geblieben ;  nach  der 
Jüngern  Lesung,  die  aufkam,  nachdem  der  Osiris-Kult  allgemeine  Verbreitung  gefun- 
den hatte,  ist  er  Horus,  der  Gegner  des  Set.  Die  ältere  Auflassung  der  Sage  zeigt 
uns  noch  das  kürzlich  von  Bergmann  herausgegebene  „Buch  vom  Durchwandeln  der 
Ewigkeit",  das  eine  so  hübsche  Parallele  zu  unserem  Texte  auch  im  Ganzen  bietet, 
dafs  sich  ein  Abdruck  der  Übersetzung  der  betreflenden  Zeilen  (61 — 63)  wohl  lohnt; 
sie  lauten:  „Du  (Osiris)  fliegst  nach  den  Adytis  (sexem^-ii)  der  Tempel  der  Götter  von 
Tatu,  du  fliegst  auf  über  den  Gebieten  von  Ab  [W^^  ]■  du  gehst  vorwärts  zum 
Tempel  des  Horus  und  des  Set,  du  schlägst  deine  Feinde  in  Ha-t-ünnui-t  (im  Tempel 
der  Fürsten)".  Der  ganze  Passus  bezieht  sich,  wie  man  sieht,  auf  den  bennu,  auch 
ohne  dafs  dieser  namentlich  genannt  wäre.  —  Aber  nicht  nur  Horus  und  Set  ist  der 
Todte  geworden,  sondern  zugleich  auch  Thot,  der  den  Streit  zwischen  beiden,  in  ewi- 
ger Zwietracht  entbrannten,  Brüdern  in  Sehern  entschied;  dabei  standen  ihm  zur  Seite 
die  ba-u  An  die  Geister  von  Heliopolis,  welche  nach  Tb.  cap.  115  Ra,  Su  und  Tef- 
nut,  d.  h.  lauter  solare  Gottheiten,  waren;  darauf  bezieht  sich  auch  der  Zusatz  „bei 
denen  die  Überschwemmung  ist",  da  ja  die  Nilschwelle  gerade  zur  Zeit  der  gröfsten 
Hitze,  von  Juli  bis  Oktober  steigt,  und  das  Land  befruchtet.  In  den  folgenden  Sätzen 
spricht  der  Todte  des  Weiteren  aus,  dafs  er  sich  auch  am  heutigen  Tage  mit  den  an- 
deren Göttern  erhebe,  dafs  er  in  ihre  Mitte  eindringe,  dafs  er  sich  erneue  und  ver- 
göttliche und  im  Strahlenglanze  aufgehe.  Endlich  schliefst  er  damit,  dafs  er  sich  als 
Chunsu,  den  Zeitenordner,  bezeichnet. 

Wie  man  sieht  ist  der  ganze  Text  klar  und  durchsichtig  mit  Ausnahme  des  einen 
Satzes:  „Ich  bin  das  Gestern  unter  jenen  vier  heiligen  Schlangen  beim  Entstehen  im 
Westen".  Dieser  bezieht  sich  aber  vermuthlich  in  mysteriöser  Weise  auf  die  Schlan- 
gen, die  im  Westen  entstandjen,  um  die  Sonnenbarke  nach  Osten  zu  ziehu,  so  dafs 
der  Todte  also  die  Schlange  von  Gestern  wäre,  die  im  Westen  entstand,  und  doch 
die  Schlange,  die  heute  von  Neuem  erscheint. 

Ich  glaube,  dafs  aus  dem  Texte  deutlich  hervorgeht,  dafs  sich  der  Todte  hier 
als  in  die  Gestalt  der  Morgensonne  verwandelt  darstellen  will,  nennt  er  sich  doch 
selbst  einmal  Cheperä,  Morgensonne.  In  tiefsinnigen  Worten  legt  er  dar,  wie  er 
das  Heute  sei  und  das  Gestern,  wie  er  nach  seinem  Tode  doch  von  Neuem  lebe, 
grofs  ist  das  Geheimnifs  seines  Wesens  und  seines  Entstehens,  aber  es  ist ;  als  Horus, 


1)  bei  Pierret,  Et.  eg.  p.  89—92. 

2)  NavUle.     Les   litanies   du  soleil.  pl.  16  1.  69—70,   pl.  23  1.  72,  pl.  33  1.  54.  —  Texte 
102. 


.„p.  Die  Phönix-Sage  im  alten  Aegypten, 


als  Licht<rott,  hat  er  den  Dä.non  der  Fmsternifs,  den  Set,  besiegt  „nd  ,st  dabei  das 
Zwielicht  des  Mondes,  das  zwischen  beiden  Gegensätzen  vermittetod  avrftntt.  Aber 
schon  erhebt  er   sich    frisch,    göttlich  und  strahlend,    die   Zeiten  ordnend,  m  Mitten 

'^''  to'Ischlnfs  an  dieses  ganz  dem  Phönix  gewidmete  Kapitel  des  Todtenbnches, 
ist  es  wohl  richtig,  die  «hrlgen  anf  ilm  bezüglichen  Stellen  dieses  grofsen  religiösen 

Werkes  zw  besprechen.  u  t  + 

Hier  kommt  zunächst  in  Betracht  cap.  13  1.  1  =  121  1.  1  =  122  1.  5 ;  wo  es  heitst: 
Kapitel  vom  Eingehen  nach  dem  Ansgehen  des  Osiris  Aufänx-     Worte:  Ich  gehe  ein 
als  Sperber,  ich   gehe  heraus  als  lennu,   als  Morgengott,  ich  mache  memen  AV  eg,  ich 
preiset,  in  der  schönen  Amenthe,  es   sträubt  sich   das  Haar  des  Osiris,  wenn  ich 
!h"te  als  Hnnd    (d.h.    treuer  Begleiter)   des  Horus,   ich  mache   meinen   AV  eg   und 
p7e  se  Osiris."     Auch  in  diesem  Texte  identificirt  sich  der  Todte  mit  den  Begle.teren 
des  Ra    beziehungsweise  mit  R.  selbst;  beachtenswerth  sind  dabei  besonders  die  er- 
sten Worte.     Hier  hat  freilich  Anfangs  die  Bezeichnung  des  bennu  als  „Her  fuau     t,lB 
Morgengott,  ein  Mifsverständnifs  «ranlafst,     Brugsch  >),  der  erste  Entdecker  der  Iden- 
ütätvm,   L„»   und  Phönix  fand  uämlich,   dafs  neter  ,uau   den  Planeten  \  enus   b  - 
zeichne  und  belegte  diese  Bedeutung  durch  unbestreitbare  Argumente;  allein  er  glaubte 
weiter  in  dem  bennu  den  mythischen  Ausdruck  fiir  den  Planeten  \  enus  zu  fanden.     Doch 
hoffe  ich,  dafs  unsere  bisherigen  Ausführungen  gezeigt  haben  und  noch  weiter  zeigen 
werden,  dafs  unter  hennn  vielmehr  die  Morgensonne  zu  verstehen  ist.     Lud  in  der  That 
bestätigen  selbst  die  von  Brugsch  angeführten  Stellen  unsere  Behauptung;  es  wird  näm- 
lich in  Biban  elMoluk  der  Planet  Venus  „der  Stern  der  Barke  des  Bennu-0»n.'  ge- 
nannt, d.  h.  also  der  Stern  in  der  Sonnenbarke;  die  betreffende  Barke  heifst  im  Rames- 
sei  , Barke  des  Bennu-0.irü^,  und  im  örabe  Setil  heifst  der  Stern     der  Stern  der 
Barke  des  Osiris«.     Die  Venus  ward  also  als  in  der  Barke  des  Bennu-O^ns,  der  Sonne, 
weilend  gedacht,   und  das  ist  nur  natürlich,  da  sie  ja  unnrittelbar  vor  -d-  -^l;- 
Sonnenanfgauge    zu   erscheinen  pflegt,   also  in  Wahrheit  dieses    Gestirnes  Begl  itenn 
fst    -  An  unserer  Stelle  heifst  der  iennu  der  Gott  des  Morgens,  da  die  aufgehende 
Sonne  den  Morgen  bringt  und  beherrscht.                      ,        ,      ,  ,     ,         «  fl„^p„ 

Die  ersten  Worte:    „Ich  gehe  ein  als  Sperber,   ich  gehe  hervor  als  i«».."  finden 
ihre  vollständige  Erklärung  durch   den  Holzsarg    der  mep-J>er-t-.  im  Vatikan.  ^ 
sieht  man  auf  der  Unterseite  in  der  Mitte  die  Zeichenkombination  von  U,    J  und^ 
von  2  X  4  Cynocephalen,  hü  und  Nepkthy.  adorirt,  während  am  Kopfeiide  das  Zeichen 
für  ünendHchkeit,  am  Fufsende    das  für   den   heiligen  Berg  steht.     Rechts  von   dem 
Mittelbilde  sehen  wir  auf  dem  rothgemaUen  ^^^^^^^  ^^2 
auf  der  der  Sperber  sitzt,  vor  diesem  steht    *  -g^  "U"  5>  „i  ^   »"'  ' 
T«(«      Links  sitzt  auf  einer  gleichen  Standarte  an  Stelle  des  Sperbers  der  lennu  n-^i. 
vt  ihm  steht  die  Legende:    ^  O  ^  ^  J  :;r  P- sei  «»,  wenn  er  aiifgeht.    Ahn- 
lich ist  die  Darstellung  an  der  kifr  dl  (frabes  2  im  südlichen  AsasifJ).     Hier  s.eM 
man    in   der  Mitte   der  sehr  beschädigten  Darstellung   die   Sonnenbarke ,   die   als   B^ 
und  Tum  adorirt  wird.     Ganz   rechts  stellt  der  Bennu,  vor  dem  man  liest:     Er  geh 
auf  jeden  Tag  am  Morgen,  er  befährt  den  Himmel  als ",  -ahrend  links  der 

^T'^TiTm^G.  10,  p.  650-3.  2)     Lepsias,  Denkm.m.  272a. 


von  A.  Wiedemann,  101 


Sperber   sich  bei  den  Worten:  „Er  geht  ein  in  die  Tuat,  er  leuchtet "  findet. 

Nur  aus  Mifsverständuifs  steht  wohl  auf  dem  Sarg  des  Nes-j^unsu  im  Vatikan  auf 
einem  analogen  Bilde  dem  bennu  das  Bild  des  Geiers  der  Mut  gegenüber  und  auf 
dem  Holzsarge  No.  66G0  im  British  Museum  Thot  dem  Horus.  —  Diese  Abbildungen 
und  Inschriften  sprechen  deutlich.  Es  ist  bennu  der  Name  der  aufgehenden,  der  Sperber 
(bak')  der  der  untergehenden  Sonne,  beide  stehen  sich  gegenüber  als  Sinnbilder  des 
Abends  und  des  Morgens,  des  Todes  und  der  Auferstehung,  wie  ja  die  Sonne  in  ihrem 
Wiedererwachen  jeden  Morgen  nach  ihrem  abendlichen  Verschwinden  den  Aegyptern 
ein  neues  Leben  nach  dem  Tode  auch  für  den  Menschen  verbürgte. 

An  zweiter  Stelle  ist  einzugehn  auf  Todtenbuch  cap.  24  1.  1 — 2:  „Ich  bin  Cheperä, 
der  sich  selbst  erzeugt  auf  dem  Beine  seiner  Mutter,  um  zu  durchschreiten  den  Him- 
mel als  bennu  unter  den  grofsen  Göttern.  Siehe!  ich  habe  mir  verbündet  die  Zauber- 
worte an  jedem  Orte,  an  welchem  er  ist".  Die  ersten  Worte  beziehen  sich  hier  auf 
eine  Darstellung,  der  wir  in  den  ägyptischen  Texten  sehr  häufig  begegnen  und  in  der 
wir  den  Skarabäus -Käfer  auf  die  Vulva  der  Nut^  seiner  Mutter,  die  sich  über  ihn 
beugt,  zufliegen  sehen,  um  sich  mit  ihr  zu  vereinigen  und  dann  von  Neuem  geboren 
zu  werden.  Die  Vignette  des  Cap.  17  des  Todtenbuches  zeigt  z.  B.  diese  Darstellung, 
die  nur  auf  wenigen  Hypocephalen  fehlt.  In  anderer  Gestalt  wird  derselbe  Gedanke 
ausgedrückt,  wenn  wir,  wie  besonders  in  den  Deckengemälden  der  Königsgräber,  die 
Sounenscheibe  die  Vulva  der  Nut  bedecken  sehn.  Es  ist  eben  eine  Anspielung  auf 
den  ewigen  Kreislauf  der  Natur:  das  weibliche  Princip  der  Nut  ist  ebenso,  wie  das 
Weib  überhaupt  in  den  ägyptischen  Göttertriaden,  nichts  anderes,  als  das  Gefäfs,  das 
dazu  diente,  um  von  dem  alten  Gotte  den  Neuen  zu  empfangen  und  zu  neuem  Dasein 
zu  gebären;  ein  Gedanke,  der  besonders  bei  der  ewig  jungen  Sonne  sehr  nahe  lag. 
Diesem  Cheper,  der  Morgensonne,  wird  auch  der  bennu  gleichgestellt,  er  ist  dieses  Wer- 
den, das  sich  selbst  erzeugte,  und  weilt  unter  den  9  Göttern  beim  Aufgange  der 
Sonne. 

Endlich  haben  wir  noch  Todtenbuch  cap.  64  1.  15—6  und  1.  21  zu  betrachten^), 
wo  wir  an  erster  Stelle  lesen:  „Ich  bin  der  Gott  des  Hauses  in  seiner  Fülle.  Er 
kommt  A'on  Se-^em  nach  Heliopolis,  um  zu  zeigen  dem  bennu  die  Dinge  der  Unter- 
welt. Oh  du,  der  du  bestehen  läfst  dort  die  Geheimnisse,  schafl'end  Formen,  gleich- 
wie Clieper,  hervorgehend  als  Sonnenscheibe  über  dem  Anta -Weihrauch".  —  Es  war 
in  Se-^em,  wo  die  Götter  Osiris,  Horus  und  die  Fürsten  der  Götter  regierten;  in  der 
Nacht,  in  der  man  hier  die  Opfergaben  auf  dem  Altare  niederlegte,  erglänzte  der 
Sarg  des  Osiris,  d.  h.  der  Gott  erwachte  zu  neuem  Leben,  da  eilte  er  nach  Helio- 
polis, um  als  bennu  aufzuerstehen  und  diesem  gelten  die  folgenden  Anrufungen ;  er  ist 
der  Herr  der  Geheimnisse  imd  schafit  sich  Formen,  gleichwie  Cheper^  die  Morgen- 
sonne, mit  der  er  identisch  ist ;  er  geht  hervor  als  Sonnenscheibe  über  den  Weihrauoh- 
körnern.  Diese  letzten  Worte  sind  bei  Weitem  die  interessantesten  der  ganzen  Stelle, 
besonders,  wenn  wir  sie  mit  einer  anderen  mythologischen  Vorstellung  der  Aegypter 
zusammenhalten.  Nach  dieser  letzteren,  welche  im  Tb.  cap.  109  1.  3  ausgesprochen 
wird,  entstand  die  Sonne  in  einem  Nehet,  d.  h.  einem  Sykomoren-Baume;  dieselbe  Lehre 
drückt    eine  Vignette  des  Pap.  Louvre  3092  aus,  in  der  wir  den  Todten  einen  gelben 


^)     Vergl.  Guieysse,  Rituel  funeraire  egyptien.     Chapitre  64. 

Zeitsclir.  f.  Aegypt.  Spr.  Jahrg.  1378-  14 


102  I^iß  Phönix- Sage  im  alten  Aeg}-pten, 


Baum  mit  grünen  Blättern,  über  dem  sich  die  rothe  Sonnenscheibe  erhebt,  adoriren 
sehen.  —  Im  Pap.  Louvre  3865  p.  III  1.  6 — 7  finden  wir  andererseits  den  Satz:  „Ich 
bin  die  Seele  des  Horus,  es  entsteht  eine  lodernde  Flamme,  wenn  sie  hervorgeht". 

Diese  drei  Angaben  vereint  sprechen  eine  der  Hauptlehren  der  griechischen  Phönix- 
Sage  aus.  Auf  einem  Baume,  aus  Weihrauchsköruern  und  aus  lodernder  Gluth  lassen 
auch  die  Klassiker  ihren  Phönix  entstehen,  nachdem  er  den  Sarg  seines  verbrennenden 
Vaters  verlassen  hat ;  während  sein  altes  Ich  vergeht,  entsteht  sein  neues  aus  Feuer- 
flammen. 

Die  zweite  Stelle  im  Capitel  64  bringt  uns  wenig  Neues ,  sie  sagt :  „Der  bennu 
ist  niedergeworfen  auf  den  Rücken  über  den  Feinden,  Horus  giebt  ihm  sein  Auge, 
um  zu  erleuchten  die  Erde".  D.  h.  die  Sonne  von  Gestern  ist  den  Mächten  der 
Finsternifs  zum  Opfer  gefallen,  allein  die  Gottheit  läfst  sie  nicht  untergehn,  sie  giebt 
ihr  ihr  eigenes  Auge,  ihr  eigenes  Licht,  damit  sie  von  Neuem  der  Erde  Helligkeit 
und  Glanz  spenden  könne. 

An  diese  auf  den  Bennu  bezüglichen  Stellen  im  Todtenbuche  können  wir  füglich 
sein  Auftreten  in  den  so  genannten  mythologischen  Compositionen  knüpfen,  welches 
zwar  nicht  von  solcher  Bedeutung,  wie  das  im  Todtenbuche,  aber  immerhin  häufig 
genug  ist,  um  besprochen  zu  werden.  Diese  mythologischen  Compositionen,  welche 
sich  in  den  Museen  ziemlich  häufig  fiudeu,  beruhen  nicht,  wie  das  Todtenbuch  oder 
das  Am-tuat  auf  mehr  oder  weniger  ausgedehnten  Copien  eines  und  desselben  Urtextes, 
sondern  es  sind  freiere  Behandlungen  des  gesammten,  auf  deu  Sonnenlauf  bezüglichen 
Theiles  der  ägyptischen  Religion  in  Bildern,  welche  meist  nur  von  wenigen  Text -Worten 
und  erklärenden  Legenden  begleitet  zu  sein  pflegen.     Ich  dem  Pap.  158-61  der  Pariser 

Bibliothek   fand    ich    als    ihren    Titel  ^li  ^\  <=>^_]L         ~j^  „das  Buch  von  dem, 

was  da  ist  in  der  Tiefe";  aber  trotz  dieser  Titelgleichheit  mit  den  gewöhnlich  als  ^m- 
tuat  bezeichneten  Texten  bieten  sie  doch  keine  Ähnlichkeit  mit  diesen  dar.  Um  Ver- 
wechselungen vorzubeugen,  ist  es  daher  vielleicht  besser,  trotz  dieser  Entdeckung  des 
altägyptischen  Titels  des  Buches,  es  weiter  als  Mythologische  Composition  zu  be- 
zeichnen, um  so  mehr  als  dieser  Titel  den  Inhalt  luid  die  Art  des  Werkes  auf  das 
Schlagendste  bezeichnet.  Die  meisten  der  betreffenden  Texte  von  denen  bisher  noch 
keiner  publizirt  worden  ist  entstammen  der  Zeit  der  thebanischen  Dynastien  von  der 
18ten  bis  zur  21ten,  nur  wenige  sind  jüngeren  Ursprunges  und  von  älteren  hat  man 
bisher  keine  Spur  gefunden.  In  den  Texten  werden  uns  theils  einzelne  Götter  als  den 
Todten  Gaben  an  Trank  und  Speise  verleihend  vorgeführt,  theils  ganze  Bilder  aus 
der  Unterwelt  mit  ihren  Dämonen  gezeigt,  unter  und  neben  diesen  erscheint  öfters 
der  bennu,  vor  allem  in  folgenden  Papyris. 

In  dem  schon  oben  citirten  Pap.  158 — 61  der  Pariser  Bibliothek  steht  er  an  zwei- 
ter Stelle,  hinter  „jenem  Gotte,  dem  Herrn  der  Tuat^,  und  seine  Legende  lautet:  „er 
giebt  alle  guten  und  reinen  Dinge,  von  denen  die  Götter  leben,  dem  Osiris,  dem  Prie- 
ster des  Amo7i  in  Apet-u,  Pa-ser,  dem  Gerechtfertigten  vor  den  neun  grofsen  Göttern 
in  Cher,  er,  der  Gott  aller  Götter  und  Göttinnen  der  Amenthe. 

Besonders  beliebt  ist  eine  andere  Darstellung,  die  mir  bisher  in  fünf  Papyris  von 
Priestern,  bez.  Priesterinnen,  des  Amon  begegnet  ist,  nämlich  in  den  Papyris  London 
Sams.  15  und  26,  Berlin  1458  und  1459  und  Louvre  I.  3.  In  diesen  sehen  wir  den 
Todten  adorieren   und  einer  geflügelten  Gottheit,  welche  einen  bärtigen  Schlangenkopf 


von  A.   Wiedemann.  lOS 


besitzt,  auf  dem  sich  die  Feder  der  Wahrheit,  nud  im  Louvre- Exemplar,  die  Osiris- 
Kroue  erhebt,  opfern;  der  Pap.  Berlin  1459  bezeichnet  dieselbe  als  „den  grofsen  Gott, 
den  Herrn  der  Tuat,  den  Geheimnifsvollen".  Dahinter  sitzt  eine  kleine  Figur  mit 
der  Feder  der  Wahrheit  auf  dem  Kopfe  vor  dem  stehenden  bennu,  hinter  dem  ein 
Skarabäus  auffliegt.  Dann  folgt  das  Herz  mit  dem  auf  diesen  Körpertheil  bezüglichen 
Todtenbuch- Kapitel,  und  wird  von  einer  Gottheit  ohne  Kopf,  die  in  den  Händen  die 
Zeichen  ff.  -4-.  j  und  ';3>'  trägt,  adorirt;  dies  ist  die  Göttinn  Che/t-her,  die  Herrin 
ihres  Landes ;  ihr  folgen  die  vier  Todtengenien  und  s.  f. 

In  dem  schönen  Pap.  Louvre  I.  2  wird  der  bennu  unter  der  Reihe  der  Tuat- 
Götter  nur  bildlich  dargestellt,  er  trägt  hier  die  Widderhörner  und  die  rothe  Sonneu- 
scheibe  auf  dem  Haupte.  Ohne  weitere  Legende  tritt  or  dann  auf  dem  Sarge  des 
But-Amen  in  Turin,  der  gleichfalls  mit  mythologischen  Compositionen  bemalt  ist,  auf. 
Auf  einem  prächtigen  Sarge  im  Louvre,  dem  des  Sufi-mes,  desselben  Mannes,  dessen 
schönes  auf  der  Pariser  Bibliothek  aufbewahrtes  Todtenbuch  Guieysse  und  Lefebure 
herausgegeben  haben,  spricht  „bennu,  der  grofse  Gott" :  „Ich  bin  der  ben>iu,  der  sich 
selbst  erzeugt,  der  da  giebt  Weihrauch  dem  Osiris  Sidi-mes'^ :  eine  ähnliche  Legende 
trägt  der  Sarg  der   Tent-Amon  in  Berlin. 

Ausführlich  und  klar  ist  der  Pap.  Louvre  1.  1.,  in  welchem  unmittelbar  auf  das 
Eingangsbild,  in  welchem  der  Todte,  der  Schiffsvorsteher  Ämen-em-sa-f  Ra  am  Horizonte 
adorirt,  der  folgende  Text  mit  der  ihn  begleitenden  Abbildung  folgt:  „Kapitel  vom 
Preisen  den  i?«,  den  grofsen  Gott  in  seiner  Schlange,  in  seiner  Barke,  durch  den 
Osiris,  den  Obersten  der  Fährleute  Ämen-em-sa-j\  den  Verstorbenen.  Dieser  spricht: 
Preis  sei  dir  Ra;  gepriesener  Gott  (Hor-hekenu)  in  deiner  Schlange,  Atum,  der  du 
fp^^f  ^'Honor.oU.,  öenm,,  grofsev  Gott  (fj-^lXy^äoJT^ 
^^1  0  >^  1  )'  ö^bet  den  Himmel  meiner  Seele,  die  Lnterwelt  meinem  Köi-per,  öff- 
net meine  Nase  deiu  Nordwinde,  lasset  schreiten  meine  Beine,  ebenso  Avie  ich  erfasse 
mein  Herz;  gebt  ihm  Fülle  au  Opferbroden  auf  dem  Altare  des  Ra  an  allen  Festen 
der  Unterwelt,  soviele  ihrer  da  sind,  ewiglich". 

Dann  folgen  zwei  Bilder  über  einander,  in  dem  ersten  sehen  wir  hinter  einem 
Altare  den  sperberköpfigen  Ra,  die  Sonnenscheibe  auf  dem  Haupte,  das  Zeichen  des 
Lebens  auf  den  Knieen,  sitzen,  über  ihm  liegt  eine  Schlange,  nach  der  eben  übersetzten 
Inschrift  die  Jl/tf/?<'«-Schlange,  die  getreue  Begleiterin  der  Sonne  bei  ihrer  Tag-,  ebenso 
wie  bei  ihrer  Nacht-Fahrt ;  als  Ra  in  seiner  Meli en-Schlange  wird  denn  auch  der  Gott 
bezeichnet.  Danmter  steht  „ben7iu,  der  grofse  Gott,  der  Herr  des  Himmels"  auf  seinem 
Haupte   die  Osiriskroue,  vor  sich  eine  Opfergabe,  hinter  sich  eine  Pflanze,  habend. 

Als  letzter  Text  bleibt  uns  noch  der  Papyrus  der  Pallakide  des  Amon-Ra  Tent- 
Ämen,  No.  170 — 3  der  Pariser  Bibliothek  zu  besprechen  übrig.  In  diesem  tritt  die 
den  be)inu  enthaltende  Darstellung  nicht  wie  bisher,  am  Anfange,  sondern  in  der  Mitte 
des  Papyrus  auf.  Wir  sehen  einen  grofsen  See,  der  mit  Flammen,  feurigen  Köpfen 
und  Missethäteren  erfüllt  ist,  und  in  den  zwei  Gottheiten  von  Neuem  Feuer  schleu- 
dern; über  diesem  Pfuhl  der  Hölle  steht  eine  kopflose,  mumienförmige  Gestalt,  die 
eine  Barke  mit  der  Sonnenscheibe  trägt,  rechts  und  links  davon  sehen  wir  den  bennu 
stehen,  zu  dessen  Füfsen  ein  Skarabäus  sich  erhebt.  Das  Ganze  stellt,  wie  analoge, 
mit  Beischriften  versehene,  Texte  darthun,  die  Morgensonne  dar,  welche  aus  den 
nächtlichen  Schrecknissen  zu  neuem  Leben  am  Himmel  emporeilt, 

14* 


104  I^i^  Phönix- Sage  im  alten  Aegypten, 

Fassen  wir  zusammen,  was  wir  aus  diesen  mythologischen  Compositionen  von 
dem  hennu  erfahren,  so  erhalten  wir  folgendes  Resultat.  Der  beniiu  ist  der  Gott  aller 
Götter  und  Göttinnen  der  Amenthe,  bezeichnet  symbolisch  die  Auferstehung,  trägt  die 
heiligen  Zeichen  des  Osiris,  ebenso  wie  des  Ra,  er  erzeugt  sich  selbst,  ist  Atum,  der 
entsteht  über  Heliopolis,  und  wird  endlich  mit  der  aufgehenden  Sonne  in  Verbindung 
gesetzt.  So  ist  er  denn  in  seinen  Funktionen  eine  Art  Essenz  des  Ra  und  verdient 
den  Namen  „bennu,  die  Seele  des  i?a",  den  ihm  ein  Leydener  Monument  i)  giebt, 
ebenso  wie  den  Titel  „das  Herz  des  erneuten  Ra^',  wie  ihn  ein  Skarabäus  ^)  nennt. 
Er  ist  eben,  nach  dem  Ausdrucke  des  Pap.  Busca  „der  hennu  des  Ra'-^^  in  demselben 
Sinne,  wie  er,  wie  wir  oben  sahen,  der  hennu  des  Osiris  ist. 

Die  Abbildungen  des  hennu  auf  Papyris  und  Monumenten  brauchen  wir  hier 
kaum  noch  einmal  zusammenzustellen,  da  wir  sie  schon  im  Verlaufe  unserer  Behandlung 
der  Angaben  der  Inschriften  und  Bildertexte  über  unseren  Vogel  betrachtet  haben ;  es 
erübrigt  uns  somit  nur  hier  einige  plastische  Darstellungen  des  Thieres  zu  erwähnen 
und  daran  eine  Beschreibung  desselben  zu  knüpfen.  Eine  Bronzefigur  des  Vogels, 
die  aus  alter  Zeit  stammt,  besitzt  das  Museum  des  Vatikans ;  zwei  andere  Statuen  in 
derselben  Sammlung  sind  römischen  Ursprungs ;  die  eine  von  diesen  zeigt  den  Phönix 
auf  einer  Palme  sitzend ;  bei  der  zweiten  sehen  wir  einen  Scheiterhaufen ,  aus  dem 
die  Flammen  hoch  emporschlagen,  aus  ihnen  erhebt  sich  stolz  in  Gestalt  eines  Adlers 
der  Phönix;  noch  hängen  seine  Federn  mit  den  Flammen  zusammen,  aber  bald  wird  er 
sich  von  ihnen  lösen  und  dem  Himmel  zufliescen.  Ganz  besonders  häufiar  finden  sich 
altägyptische  Gufsformen,  welche  dazu  dienen  sollten,  ausgegossen  die  Gestalt  des 
hennu  zu  erzeugen;  mehrere  Exemplare  solcher  Formen  finden  sich  in  Berlin,  andere 
in  London,  Paris,  Florenz,  Bulaq,  Leyden,  u.  s.  w. ;  ein  Florentiner  Exemplar  ist  be- 
sonders hervorzuheben,  da  es  uns  den  Phöuix  noch  im  Eie  zeigt,  aus  welchem  nur 
der  Kopf  des  Vogels  mit  den  beiden  langen  Federn  hervorschaut. 

Der  Vogel  selbst  ist,  wie  Lepsius  3)  nachgewiesen  hat,  die  ardea  cinerea  oder 
wohl  besser  purpurea,  ein  Wandervogel,  der  den  Sommer  im  Norden,  den  Winter  im 
Süden  zuzubringen  pflegt;  charakteristisch  ist  für  ihn,  wie  für  alle  Reiherarten,  das 
Federpaar  am  Hinterhaupte  und  der  auf  den  Denkmälern  oft  sich  findende  Feder- 
büschel auf  der  Brust.  Von  einer  absoluten  Consequenz  in  der  Färbung  des  Thieres 
ist  auf  den  ägyptischen  Monumenten  leider  keine  Spur  zu  finden,  so  dafs  es  uns 
nicht  W  under  nehmen  darf,  wenn  ihm  Herodt  H.  73  als  goldfarben  und  roth  bezeich- 
net, einzelne  Papyri  dagegen  schwarz  malen;  eine  Sicherheit  für  Farben  angaben 
für  Vögel  oder  andere  Naturgegenstände  dürfen  wir  bei  den  Aegyptern  eben  nicht 
erwarten,  am  allerwenigsten  in  religiösen  Texten,  die  sich  ganz  besonders  durch 
Unkorrektheit  nicht  nur  in  Detailfragen  vor  allen  anderen  Schriftstücken  auszeich- 
nen, eine  Thatsache,  welche  das  Verständnifs  dieser  schon  an  und  für  sich  schwie- 
rigen Compositionen  noch  mehr  erschwert,  ja  bisweilen  fast  vollkommen  unmöglich 
macht.  —  Eines  mufs  aber  bei  der  Beschreibung  des  hennu  noch  hervorgehoben  wer- 
den, was  in  der  klassischen  Litteratur  einen  starken  Nachklang  findet;  im  Todten- 
buche  cap.  77  1.  3  heifst  es  nämlich  von  dem  schönen  Goldsperber:  „Sein  Kopf  ist  wie 


*)     Leemans.  Mon.  egypt.  pl.  94.  —  No.  270b. 

2)     Wilkinson.     M.  e.  C.  II  Ser.  PI.  75.  3)     Aelteste  Texte  p.  51. 


von   A.   Wiedemann.  105 


der  des  hennu^  es  naht  sich  die  Sonne,  um  seine  Worte  (seinen  Gesang)  zn  vernehmen." 
Und  ähnlich  sagt  der  als  pantheistische,  alles  leitende,  Gottheit  gedachte  Todte 
cap.  145  1.  77:  „Ich  lasse  hervorgehen  den  ben?iu,  um  zu  reden".  Dieser  Gesang  des 
Phönix,  den  Hcrodot  nicht  erwähnt,  findet  sich  schon  bei  dem  hebräischen  Dichter 
Ezechiel  (um  200  v.  Chr.)  als  sehr  bedeutsam  aufgeführt,  und  bis  in  das  späte  Mittel- 
alter hinein  hören  wir  ihn  preisen  und  rühmen. 

Zum  Schlufse  noch  ein  Wort  über  den  Namen  selbst  des  Voffels      J         ^^  hennw. 

°  {0/1 

seiner  grammatischen  Form  nach  ist  dieses  AVort  eine  Substantivbiidung  von  einem 
Stamme  J  hen  durch  angehänsTtes  nu,  wie  sie  bei  den  auf  n  auslautenden 
AVurzeln  sehr  gebräuchlich  ist,  so  hat  man  ten  zählen  imd  tennu  Zahl,  ken  bezwingen 
und  kennu  Kraft,  sehen  mischen  und  sehennu  Mischung,  men  feststellen  und  mennu 
Bauwerk,  an  schreiben  und  annu  Schreibtafel,  ren  nennen  und  rennu  Name,  u.  s.  f.  — 
Die  Wurzel  J  bedeutet:  sich  wenden,  umwenden,  sich  winden,  kreisförmig  Gewun- 
denes;    demnach   bezeichnet      -^  dasjenige,    was  sich  umwendet,  zurückkehrt,  emen 

Kreislauf  ausführt ;  und  diese  Bedeutung  liegt  der  Notiz  des  Horapollo  I.  35  zu  Grunde, 
dafs  der  Phönix  einen  nach  langer  Zeit  Zurückkehrenden  bezeichne. 

Dieser  Sinn  des  Wortes  hennu  erkläi't  uns  auch  den  Ursprung  der  ganzen  Sage 
vom  Vogel  Phönix.  Für  die  alten  Aegypter  beschrieb  die  Sonne  einen  Kreislauf  und 
erhielt  daher  den  Beinamen  hennu.,  die  Zurückkehrende.  Nun  traf  es  sich  aber,  dafs 
hennu  auch  der  Name  eines  Wandervogels  war,  der  regelmäfsig  verschwand  und  wieder- 
kehrte imd  so  erklärte  man  diesen  für  der  Sonne  heilig  luid  eine  ihrer  Manifestationen. 
Die  Rückkehr  der  Sonne  geschah  am  Morgen  und  so  ward  der  hennu  das  Symbol 
der  Morgensonne. 

Von  dieser  Idee  aus  ging  man  dann  weiter,  die  Sonne  erzeugte  sich  selbst  von 
Neuem,  also  auch  der  hennu.,  er  vereinigte  Tag  und  Nacht  zu  einem  Ganzen,  bildete 
und  leitete  die  Zeit  in  geheimnifsvoller,  heiliger  Weise,  jeden  Morgen  erhob  er  sich 
unter  Sphärenmusik  und  jubelnd  ertönten  ihm  die  Gesänge  der  Götter  und  Menschen. 
Bei  seiner  Geburt  loderte  der  Himmel  in  hoher  Gluth,  im  Feuer  ward  die  neue  Sonne 
geboren  und  aus  den  erlöschenden  Flammen  der  Morgenröthe  flog  sie  neugeboren  den 
Himmel  hinan.  „Preis  wird  ihr  in  dem  Tempel,  wenn  sie  sich  erhebt  aus  dem  Flammen- 
hause, alle  Götter  lieben  ihren  Geruch,  wenn  sie  naht  aus  Arabien,  sie  ist  die  Herrin 
des  Thaues,  wenn  sie  kommt  von  Mat'au,  schön  naht  sie  aus  Phönizien,  umschwärmt 
von  den  Göttern".  Jedes  dieser  Worte  des  Bulaqer  ^/>io« -i?a- Hymnus  ^)  pafst  auf 
den  Phönix  und  seinen  Zug  nach  Aegypten,  wie  ihn  die  Klassiker  in  Hellas  und  Rom 
schildern;  auf  Blumen  und  Weihrauch  entsteht  der  heilige  Vogel,  aus  Arabien  naht 
er  sich,  in  Heliopolis  wird  er  geboren,  die  Götter  lauschen  seinem  Gesang.  Kurz  in 
Allem  und  in  Jedem  entspricht  der  altägyptische  hennu.,  ein  Symbol  der  Morgeusonne  2), 
dem  klassischen  Phönix. 

Auf  die  Fortbildung  der  Sage  bei  Griechen,  Römern  und  Orientalen  einzugehen, 
ist  hier  nicht  der  Ort,  ebenso  wenig,  wie  des  Näheren  die  Frage  über  die  sogenannte 
Phönix-Periode  von  500  Jahren  zu  erörteren,  von  welcher  sich  bis  jetzt  auf  den  ägypti- 


1)     p.  II  1.  3—5. 

-)     Auch  Horapollo  I.  34,  Plinius  X.  2,  Tacitus.  Ann.  VI.  28,  u.  s.  w.   nennen  den  Phönix 
ein  Symbol  der  Sonne  oder  der  Sonne  heilig. 


106  Osiris- Bacchus, 


sehen  Denkmälern    keinerlei  Erwähnung  gefunden   hat,  —  um  so  weniger,  als  wir  im 
Bezug    auf  diese   letztere  Nichts    thun  könnten,    als   die   mustergültigen  Ausführungen 
wiederholen,  welche  Lepsius  über  dieselbe  in  seiner  Chronologie  gegeben  hat. 
Leipzig,  25.  Dezember  1878.  Dr.  A.  Wiedemann. 


Osms  -  Bacchus. 

(Avec  la  planclie  VI.) 


Lorsque  les  Grecs  et  les  Romains  se  trouvaient  en  presence  des  divinites  etran- 
geres,  il  semble  qu'une  de  leurs  preoccupations  constantes  ait  ete  de  les  identifier  avec 
les  dieux  dont  ils  avaient  peuple  leur  propre  ciel;  c'est  ainsi  que  pour  les  Grecs  Amen 
le  dieu  supreme  de  Thebes  et  Khuoum  le  dieu  d'Elephantiue  devinrent  Zeus;  Ptah  de 
Memphis,  Hephaistos;  Hathor,  Aphrodite  etc.  Une  inscription  des  cataractes  nous  a 
transmis  une  liste  assez  curieuse  de  ce  genre  d'assimilation.  C'est  un  proscyneme, 
trouve    dans   1  ile   de  Sehel   et    adresse  Xvoußet  rw  xat  'Ajujucdw,   Zarst  r-j^  nal   Hpa,  'Avovasi 

TV]     KUl     EoTia,      IlETSjUTrajUEVTEl     TU)     KUl     AlOVllVu." ,      UeTEVarlrEL     TU)     Xai     KpOVW,     IlETEl/CryjVEt     TU»     HUI 

'Epjj.sT  2-EoTc,  jjisyd'Kcig  xal  roTc,  ciWoig  toic,  Im  tov  KarapdyiTov  daifJLoaiv  ^).  Mais  lorsqu'on  veut 
se  rendre  compte  des  motifs  de  ces  sortes  de  rapprochements,  il  n'est  pas  toujours 
facile  d'y  reussir.     On  comprend  bicn  que        ^\    '^    et   M  I  |    |    |     Jinoum 

et  Amen-Rä  suten  neterou^  Ammon  le  roi  des  dieux,  aient  ete  confondus  ensemble  par 
les  Grecs  (xvovfizi  rw  xal  "AnfxwvL)  et  puis  assimiles  ä  Zeu?,  le  maitre  de  TOlympe,  parce 
qu'ils  etaient  en  eft'et  les  chefs  des  divinites  de  deux  grands  temples  de  TEgypte  et 
des  plus  celebres  chez  les  peuples  etrangers:  mais  on  ne  voit  pas  ä  preniiere  vue 
pourquoi,  dans  l'inscription  de  Sahel,  comme  ailleurs,  lT£T£/j7rajU£VT>55 ,  „celui  qui  est 
dans  TAmenti",  c'est  a  dire  Osiris,  est  assimile  a  Aionaoc,^). 

Theodule  Deveria  a  essaye  de  justifier  ce  rapprochement  ^)  en  montrant  que  sur 
plusieurs  steles  Osiris  est  place  sous  un  naos  ou  mieux  encore  sous  une  espece  de 
treille  'jöör  a  laquelle  sont  suspendues  des  grappes  de  raisins;  que  d'autres  fois  on 
distingue  parmi  les  ofirandes  qui  lui  sont  presentees,  des  grappes  ou  des  corbeilles  de 
fruits  qu'il  prend  pour  des  raisins  noirs.  Mais  il  n'avait  pu  d'ailleurs  apporter  aucun 
texte  a  Tappui  de  sa  these.  J'ai  eu  au  contraire  le  bonheur  de  rencontrer  dans  la 
riche  collection  de  M.  Tabbe  Dcsnoyers,  d'Orleans,  un  bronze*)  qui  me  parait  propre 
ä  jeter  une  grande  lumiere  sur  l'identification  d'Osiris  et  de  Bacchus. 

Osiris  est  nu  et  debout;  il  est  coiffe  dun  bonuet  ä  longue  pointe  rejetee  en  ar- 
riere;  une  echarpe  lui  traverse  la  poitrine,  sur  son  dos  il  porte  une  sorte  de  hotte 
employee  ä  faire  la  vendange;  dune  main  il  pose  un  doigt  sur  sa  bouche  et  de  Tautre 
il  s'appuie  sur  un  cep  de  vigne  auquel  pend  une  large  grappe;  sur  ce  cep  s'enroule 
un  serpent  uraeus,  la  gorge  enflee,  la  tetc  surmontee  d'un  disque.  A  droite  d'Osiris 
est  un  chacal  assis;  a  gauche,  un  epervier  S^,  coiffe  de  la  couronne  blanche  /); 
ä  ses  pieds  une  grenouille(?). 

^)     Apud  Letronne,  Reclierclies  pour  servir  a  lliistore  d'Egypte,  p.  341. 

2)     cf.   Diodorus  Sic.  Bibl.  bist.   §  15. 

^)     Musee  de  Lyon,  p.  16.  *)     Voir  la  planclie  II,   fig.  1. 


par  Aug.   Baillet.  JQJ 


La  preseuce  du  chaeal  et  de  l'epervier,  animaux  symboliques  reprcseutaut  Auubis 
et  Ilorus,  le  geste  si  connu  du  personnage  portant  le  doigt  a  la  bouche,  et  aussi 
Tassociation  de  Turaeus  a  ce  groupe,  ne  laissent  aucun  doute  sur  le  caractere  tout 
egyptien  de  notre  representation.  Notons  encore  que  les  emblemes  cites  par  Th.  De- 
veria  se  trouvent  sur  des  monuments  funeraires,  et  qu'Osiris  est  souvent  represente 
la  figure  et  les  mains  noires^)  par  allusion  ä  son  role  funeraire  et  aux  miorations  de 
V-Xme  dans  Theinisphere  inferieur.  Aussi  je  ne  doute  pas  que  le  bronze  dont  je  parle 
ne  soit  un  ex-voto  trouve  dans  une  tombe. 

Comme  Deveria,  je    n'ai   longtemps   trouve    aucun    texte    qui    fit    allusion    ä  cette 

singuliere    representation,    mais  je  pense  mainteuant  en  avoir  rencontre  qui  s"y  rappor- 

tent   mauifestement.     Au   Rituel   d'embaumement  2)    apres    diverses  prescriptions  a 

accomplir  en  souvenir  des  ^trente-six  dieux  en  compagnie  desquelles  Tarne  se  manifeste 

au  eiel  superieur  et  des  treute-six  nomes  dans  lesquels  Osiris  prend  ses  formes  locales" 

le  texte  ajoute:     ^^wf^    ^    ^S^^^]^^=^-^^^        .Her     une 

<=>       WJ  <=>  ^        -^      I       ü  ö     I  — ^  I    I    I  <=>  Will 
gousse    de   la  plante  menes    et  des  pampres,  une  seule  pour  la  main  gauche  avec 

ce   foin   nouveau,  parce  que  le  pampre  c' est  Osiris       h    '^      '^    ri      f) 

Le  mot  vi    repond   parfaitement,    comme  le  fait  observer  M.  Maspero,    au 

copte  ni  e^AcooTi,  que  Peyrou  traduit:  rami  palmae  vel  vitis  in  quibus  sunt  daetyli 
adulti  et  uvae.  Dans  le  passage  en  question  du  Rituel  d'embaumement,  M.  Mas- 
pero adopte  le  sens  „palmes".  Je  pense  que  le  bronze  de  M.  Desnoyers  oü  Ton  voit 
Osiris  appuyer  la  main  gauche  sur  le  pampre,  rend  certaine  Tinterpretation  diflfe- 
rente  que  je  propose  du  mot  vX  . 

Je  rappellerai  aussi  que  dans  les  textes  relatifs  au  mythe  d"Horus,  le  vin  est  mis 
en  rapport  avec  ce  dieu,  et  par  suite  avec  son  pere  Osiris,  car  „il  symbolise,  selou 
Plutarque,  le  sang  des  adversaires  vaincus  par  les  dieux  3).« 

Ce  sujet  etait  peut-etre  traite  plus  souvent  qu'on  ne  l'imaginerait,  car  je  retrouve, 
dans  la  coUection  de  M.  Desnoyers,  deux  tetes  qui  ont  une  grande  analogie  avec  celle 
de  notre  groupe  3).  Sur  Tune  le  bonnet  se  termine  pareillement  par  un  corne  recour- 
bee  en  arriere  et  de  la  chevelure  sortent  deux  autres  cornes  qui  sur  loriginal  pa- 
raissent  tronquees;  sur  Tautre  le  bonnet  s'evase  de  chaque  cöte  de  la  figure  et  forme 
deux  cornes  ou  oreilles  sur  les  tempes. 

^)     Par  exemple  au  Papyrus  funeraire  de  Soiitimes,  edition  Lefebure. 

2)  Titre  donne  provisoirement  a  ce  livre  par  M.  Maspero  (Papyrus  du  Louvre,  p.  16  et 
51),  jusqu'a  ce  qu'il  ait  ete  verifie  si  l'exemplaire  de  Vienne  ne  donne  pas  le  vrai  nom  (cf. 
ibid.  p.  17).  Je  ne  sache  pas  que  la  verification  ait  ete  faite  et  publiee.  Je  n'ai  pas  non  plus 
retju  de  reponse  a  la  communication  que  j'ai  faite  (Melanges  d'archeol.  egyptienne  1876  p.  98) 
au  sujet  des  Canopes  du  basilicogpammate,  scribe  des  nefer  et  du  tresor  Nebsmen,  et  d'un 
papyrus  funeraire  portant  sur  un  vase  le  cartouche  Bä-men-^eper.  Un  echange  de  renseigne- 
ments  entre  egyptologues  en  ces  occasions  me  parait  des  plus  desirables.  En  ce  qui  touche 
la  demande  de  M.  Maspero,  en  attendant  la  verification  a  faire  ä  Vienne,  je  dirai  que  le  titre 
du  Livre  d'embaumement  pourrait  bien  etre  ^  ^=5^  ö  1  X  ^=^  cite  dans  une  inscrip- 
tion  d'Esne  (Dümichen,  Recueil  IV,  pl.  XXII  c.  129).  —  Le  texte  que  je  cite  est  h  la 
page  11   ligne  11   du  papyrus  III  de  l'edition  des  Papyrus  de  Boulaq  par  Mariette-Bey. 

^)     Voir  planche  II,  fig.  2  et  3. 


jQg  Osiris-Bacclius,   par  Aug.  Eaillet. 


La  rondeur  des  contours  de  ces  trois  figures  iiidique  un  travail  de  Fepoque  ptole- 
maique,  et  ces  trois  petits  monuments  prouvent  qu'a  cette  epoque,  Tassimilation  entre 
Osiris  et  Bacchus  n'existait  pas  seulement  dans  des  idees  theologiques  mais  qu'elle 
etait  meine  completement  adoptee  dans  le  doinaine  des  arts. 

Je  ne  veux  pas  abandonner  ce  sujet  sans  parier  d'un  donte  qui  peut  s'elever  sur 
l'identification  que  j'ai  proposee.  Le  geste  de  la  figurine  semble,  ä  premiere  vue,  de- 
signer  har  pa  ;)(;rud,  Horus  l'enfant,  Harpocrate,  et  j'aurais  pu  m'arreter  ä  l'iden- 
tification  d'Horus  et  de  Bacchus,  en  m'appuyant  alors  sur  le  texte  du  Mythe  d'Horus. 
Ce  pendant  j'ai  ete  induit  a  prendre  le  bronze  Desnoyers*-pour  un  Osiris,  surtout 
par  les  considerations  suivantes:  1°  que  c'est  Osiris  et  non  Horus  que  les  Grecs  assi- 
milent  k  Bacchus ;  2°  qu'aux  pieds  de  la  figurine  sont  places  un  chacal  et  un  epervier 
c'est-ä-dire  Anubis  et  Horus;  de  sorte  que  si  la  Statuette  est  Horus,  celui-ci  serait 
represente  deux  fois,  ce  qui  n'etait  pas  dans  Tusage  des  Egyptiens ;  car  si  les  Grecs 
avaient  pour  habitude  placer  aupres  d'un  dieu  lanimal  qui  lui  etait  consacre,  il  n'en 
etait  pas  de  meme  chez  les  Egyptiens.  On  donnait  au  dieu  egyptien  pour  tete  celle 
de  lanimal    qui  le  symbolisait  ou  bieu  on  le  remplafait  par  l'animal  lui-meme. 

Si  ma  conjecture  parait  hazardee  et  non  appuyee  de  preuves  süffisantes,  mes  con- 
freres  apprecieront  la  difficulte  du  sujet,  et  je  ne  reclame  aupres  d'eux  que  le  merite 
de  leur  avoir  fait  connaitre  trois  petits  monuments  interessants  d'Osiris    ou  d'Horus. 

Si  je  voulais  chercher  la  periode  precise  ä  laquelle  appartiennent  ces  trois  figu- 
rines,  je  la  ferais  descendre  jusqu'ä  Ptolemee  V  Epiphane,  car  ce  n'est  qu  ä  partir  de 
ce  roi,  ainsi  que  l'a  demontre  M.  Revillout  ^),  que  les  conquerants,  inaugurant  une  po- 
litique  nouvelle,  s'efforcerent  de  se  faire  passer  pour  rois  indigenes.  Ce  dut  etre  alors 
aussi  que  se  revela  la  tendance  dassimilation  entre  la  religion  et  les  dieux  de  la  Grece 
et  de  l'Egypte.  Aug.  Baillet. 


Neue  Funde  griechischer  Papyrusrollen  in  Aegypten. 

Bis  auf  die  Eroberung  Aegyptens  durch  die  Araber  und  über  diesen  Zeitpunkt 
hinaus  haben  sich  griechische  Manuscripte  erhalten,  da  noch  lange  Zeit  für  die  Kanz- 
leien  die  griechische  Sprache  in  Übung  blieb. 

Dafs  die  Menge  dieses  Materiales  noch  lange  nicht  erschöpft  ist,  zeigt  eine  An- 
zahl von  erst  jüngst  gemachten  Funden,  deren  Erwerbung  dem  deutschen  Consul  in 
Cairo  H.  Travers  gelang,  indem  er  dieselben  für  das  Berliner  Museum  bestimmte.  Mir 
war  die  Einsicht  derselben  in  zuvorkommendster  Weise  gestattet,  und  ich  halte  es 
nicht  für  unzweckmäfsiü;  darüber  vorläufig  einige  Mittheiluna-en  zu  machen. 

Die  Papyrusstücke,  welche  durch  die  Barbarei  der  Finder  vielfach  in  schlimmen 
Zustande  sich  befinden,  stammen  aus  zwei  gröfseren  Funden  in  Medinet  el  Fayüm 
und  in  der  Kähe  von  Mitrahenne,  dem  alten  Arsinoe,  beziehungsweise  Memphis.  Die 
an  ersterem  Orte  gefundenen  sind  aus  der  Zeit  des  Überganges  nach  der  Eroberung 
durch  die  Araber  und  enthalten  Rechnuugslisteu  in  griechischer  und  arabischer  Schrift. 

Besser  erhalten  sind  zwei  Stücke  der  an  letzterem  Orte  ausgegrabenen  Hollen. 
Diese  gehen  in  römische  Zeit  zurück  und  sind  Einnahms-  und  Ausgabeverzeichnisse  mit 


^)     Revue  archeologique   1877. 


Neue    Funde  griechischer    Papyrusrollen  in  Aegypten,  von  A.  Bauer.  109 

amtlichen  Vermerken  aus  der  Zeit  der  Kaiser  Valerianus  und  Gallienus  (253—260  p.  Ch.), 
sie  sind  in  griechischer  Cursive  geschrieben  und  analog  den  von  Letronne  publicirten 
Proben  eines  früheren  jetzt  theilweise  im  Louvre  aufbewahrten  Fundes  in  Memphis, 
welcher  unter  anderem  auch  Listen  aus  dem  Jahre  233  p.  Ch.   zeigte. 

Diese  Rechnungen  waren  gerollt  und  zwar  ist  das  gröfste  der  erhaltenen  Stücke, 
das  auf  beiden  Seiten  beschrieben  ist,  der  Anfang  einer  solchen  Rolle,  die  in  Spalten 
getheilt  war,  von  denen  die  drei  ersten  fast  vollständig  erhalten  sind  (denn  soweit 
ist  der  obere  und  untere  Rand  der  Rolle  erkennbar) ,  während  die  folgenden  vier 
von  oben  nach  unten  immer  mehr  zerstört  sind,  so  dafs  von  der  letzten  nur  Reste 
der  Schlufszeilen  übrig  sind.  Die  äufseren  Lagen  der  Rolle  nämlich  sind  von  Wür- 
mern zerstört,  deren  Thätigkeit  also  nicht  möglich  macht  die  ursprüngliche  Länge  zu 
bestimmen.  Dem  entsprechend  fehlt  der  Anfang  des  Textes  auf  der  anderen  Seite 
und  die  Spalten  werden  gegen  das  Ende  zu  immer  vollständiger.  Dazu  stimmt,  dafs 
die  drittletzte  und  letzte  Columne  der  Rückseite  eine  Reihe  von  Nachträgen  einer  an- 
deren Hand  enthalten. 

Der  Hauptsache  nach  sind  jedoch  beide  Seiten  von  je  einer  Hand  geschrieben 
und  inhaltlich,  wie  man  wol  aus  den  Namen  schliefsen  kann,  nicht  in  dem  Zusammen- 
hang, dafs  eine  die  Fortsetzung  der  anderen  sein  mufs.  Die  untere  Länge  des  Pa- 
pyrus beträgt  80  Cm.,  der  obere  Rand  ist  bis  auf  42  Cm.  erhalten,  die  Höhe  der 
Rolle  beläuft  sich  auf  23—25  Cm. 

Die  Seite,  deren  Anfang  erhalten  ist,  zeigt  eine  flüchtigere  Hand  als  die  andere; 
die  erste  Spalte  trägt  Vermerke  von  drei  Schreibern,  während  der  übrige  Text  von 
einem  vierten  herrührt.  Die  erste  Zeile  ist  der  Übertrag  einer  Summe,  darunter  steht; 
avTonparop\wv]  Kaiaapwv  /Tou7rX[iou]  [  Xiniwiov  ov[ak'\epLavov  y.ai  7vcvti\\iov  \i\  xiv[vi]oTJ  |  ovaXspiavov 

yoKkLYivcv I  asßaa-Twv  —  fxe[ao]pyi  d\     Hiernach   folgt   von  einer   anderen  Hand 

avpr^  ....  WwvLcg  mit  einer  Zahlenangabe  und  in  der  nächsten  Zeile  in  sehr  flüchti- 
ger Schrift,   wie   mir   scheint,   derselbe   Name.     Weiter  hat   in   dieser    Columne   nichts 

gestanden.     Dies  sind  wie  man  aus  der  folgenden  sieht  Vermerke  etwa  von  Revisoren, 

f  ??  ?  ? 

denn    diese  beginnt:    Tvapa   avpriKiov   küvXKwvlov   ^avTLarov   avarw  |  ).cvog    apyvpiy.ov    \ri\x\xa  toüv 

y.a.L  avakwfjLUTwv  und  enthält  dann  eine  ebenfalls  genaue  Datirung  aus  dem  Monate  Me- 
sori  unter  Valerians  und  Gallien's  Regierung,  mit  eo-tl  de  wird  dann  die  Spezifizirung 
der  Posten  begonnen. 

Einzelne  derselben,  wie  sich  im  Folgenden  zeigen  wird,  machen  mir  unzweifelhaft, 
dafs  es  Rechnungen  offiziellen  Charakters,  also  der  kaiserlichen  Finanzbehörde  in 
Aegypten  sind.  Das  Interesse  welches  diese  Urkunden  zu  erregen  geeignet  sind, 
mufs  als  ein  mehrfaches  bezeichnet  werden.  Wenn  man  auch  bei  der  unvollständigen 
Erhaltung  des  Fundes  (allerdings  tritt  zu  den  beiden  erwähnten  grofsen  Stücken  noch 
eine  gute  Anzahl  gröfserer  und  kleinerer  Fragmente)  auf  einen  Einblick  in  die  Finanz- 
verwaltung Aegyptens  unter  den  beiden  genannten  Kaisern  wird  verzichten  müssen, 
so  bleiben  doch  Preisangaben  von  Lieferungen  und  Erträgnissen  genug,  die  sich  fest- 
stellen lassen:  Xaxava  Gemüse,  opoQog  Kichererbse,  ax^pov  Hülsenfrüchte,  oKvpr^  Durra, 
'i|/cJvtov  oxpupidtov  Zukost,  x°P'^°9  Heu,  Tvpog  akvxo^  gesalzener  Käse,  TriVarj  Pech,  nvpog 
Weizen  u.  a.  m.,  deren  rtju»),  Schätzung,  angegeben  wird.  Dazu  kommen  die  Namen, 
wie  zu  erwarten,  sowol  echt  römische  {XovKLog,  ovfxfxCdiog  rißspsivo;^  nuTrsiptoc,)^   griechische 

Zeitschr.  f.  Aegypt.  Spr.  Jahrg.  1878.  15 


110  Neue  Funde  griechischer  Papyrusrollen  in  Aegypten,  von  A.   Bauer. 

(Xvyiapvjov,  wpiyivrjg  xvpiXXu',  aspduiog  ripa-ZKiidr^c,  m-Zkriroc,  u.  S.  w.)  endlich  altägyptische  in 
griechischer  Transcription  (na^ip\icväioc„  IjjlovS'ioc,,  aapaniwv,  vex^^F'^^  xoXkov2-ag,  xpsvS'a.riffic, 
dvovßavLwv  Xbvüvlöov,  TrpwTiuuv  u.  s.  w.).  Auch  an  geographischen  Angaben  fehlt  es  nicht 
(aKwpig,  (|)cük£i't7];).  Dafs  diese  Verzeichnisse  von  Einnahmen  und  Ausgaben  (Xi^'j^juara 
y.a\  dvakwixa.Ta')  sich  nicht  auf  eine  Privatperson  beziehen  zeigen  Angaben  wie ;  \\)tv^dY.ai 
vn\p  dvviovi^q,  ypufj-fj-aiLKov  TiXiiag  aTtvx^jg,  cxpuoviac,  vnofxvrjfJLaToypdcpw  yjjuspag  3-,  TrpiMTapxwvL  dc- 
üXrimd^ov  piqTopoc,  vrobei  immer  der  abgeführte  Betrag  angegeben  ist. 

Endlich  ist  die  Rolle,  da  sie  sicher  datirt  ist  von  paläographischem  Interesse  und 
besonders  die  zahlreichen  Zahlenangaben  sind  in  dieser  Beziehung  v^erthvoll. 

Das  zweite  gröfsere  Stück  ist  in  weniger  gutem  Zustande,  gleichfalls  von  mehre- 
ren Händen  aber  nur  auf  einer  Seite  beschrieben.  Es  enthält  vmter  anderem  folgende 
Angabe:  .  .  .  tote  apxLcic,  dia  |u>]vtat[o]u(|>ap  |  juoaS-i  rov  svsaTwrog  15  ]  utto  ....  rov  ^ieXt]- 
Xv3-0Tcc,  3^s  I  Tcv  xvpiov  yaXkLT^vov  Kaiaapog  \  orjßaaTov  vnsp  aXkwv  tottwv  \  nvpov  (^'o^t'^tOj  folgt 
eine  Zahlenangabe  Tßwacr. 

Diese  vorläufigen  Angaben,  deren  Unvollständigkeit  der  Zweck  dieser  Anzeige 
und  der  Mangel  an  Hilfsmitteln  entschuldigen  möge,  werden  vielleicht  doch  einer 
künftigen  Edition  der  Handschrift  nicht  ohne  Nutzen  sein,  und  da  sie  aus  erster  Hand 
gemacht  sind  für  die  Beurtheilung  des  Ganzen  nicht  ganz  werthlos  sein. 

Cairo,  11.  April  1878.  Adolph  Bauer. 


•  *  

über  Theilgewichte  der  babylonischen  Mine  und 
deren  Bezeichnung. 

Durch  die  Tafel  von  Senkereh,  auf  welche  bereits  durch  George  Smith  die  Auf- 
merksamkeit der  Leser  dieser  Zeitschrift  gelenkt  war,  und  welche  dann  von  seither 
dem  Herausgeber  in  einer  besonderen,  ausführlichen  Abhandlung^)  behandelt  und 
scharfsinnig  erläutert  ist,  sind  wir  unter  Anderm  über  die  Bedeutung  mehrerer  Werth- 
zeichen  aufgeklärt  worden,  welche  zwar  den  Assyriologen  schon  länger  bekannt  waren, 
ohne  dafs  aber  über  den  näheren  Sinn  derselben  bis  dahin  etwas  sich  feststellen  liefs. 
Es  sind  das  die  Zeichen  für  -J~,  ^,  -f  und  |-.  Dieselben  finden  sich  —  in  doppelter 
Reihe  —  durch  die  beigesetzten  babylonischen  Zahlenwerthe  mathematisch  genau  be- 
stimmt in  der  Tafel  von  Senkereh,  s.  die  Tafel  bei  Lepsius  a.  a.  O.  zu  S.  122  Col.  C 
Z.  26 — 29;  31 — 34.  Von  diesen  ist  das  Zeichen  für  l  =  >JL  bei  der  hier  in  Betracht 
kommenden  Bedeutung  bis  jetzt  phonetisch  nicht  sicher  bestimmbar.  Die  Namen 
für  I,  f  und  f  sind  uns  durch  das  Syllabar  III  Rawl.  70,  1.  3.  5  (F.  Dehtzsch  Ass. 
Lesest.  2.  A.  46  flg.  Z.  50.  52.  54)  an  die  Hand  gegeben,  wonach  |  J  =  -^  akkadisch 
sussana,  assyr.  sussanu  lautet;  desgl.  das  andere  Jyy  für  |-  akkad.  sanabu,  assyr.  sinibu 
(nicht  sinabu ,  wie  H.  Rawlinson  im  JRAS.  1865,  p.  207  bot,  vgl.  den  Text  bei 
F.  Delitzsch   in   Assyr.  Lesest.  2  A.  47,  52,   wonach  ABK.  176  und  KGF.  75  zu  be- 


^)     R.  Lepsius,   die   babylonisch-assyrischen  Längenmaafse  nach  der  Tafel  von  Senkereh. 
Berlin.   1877.     4. 


über  Theilgewichte  der  babylonischen  Mine  etc.,  von  Eb.  Schrader.  Hl 


richtigen  ist);  endlich  dasjenige  für  |-  =  T^i)  nkksid.  kiffU8Üi(?),  assyr.  par ab.  Die 
Richtigkeit  der  vorstehenden  Combination  findet,  was  Zeichen  und  Namen  des  f  an- 
betrifft, ihre  Rückversicherung  an  dem  Gewicht  und  der  Aufschrift  des  Löweno-ewichts 
Nr.  9,  welche  ich  bereits  ABK.  (1872)  S.  176  in  dem  Abschnitte:  „Controle  der  Ent- 
zifferung« vgl.  KGF.  (1878)  S.  75  behandelte.  Konnte  ich  aber  damals  das  Monument 
lediglich,  was  den  Namen  des  betreffenden  Gewichts,  den  assyrischen  (sinib)  einerseits, 
den  aramäischen  (2:0)  anderseits,  betrifft,  zum  Zwecke  des  Erweises  der  Gegründetheit 
der  Entzifferung  heranziehen,  so  hat  uns  die  Tafel  von  Senkereh,  wie  sie  entziffert 
und  erklärt  vorliegt,  in  den  Stand  gesetzt  auch  noch  in  anderer  Weise  die  Richtig- 
keit und  Congruenz  der  bezüglichen  Angaben  aufzuzeigen.  Denn  wenn  das  Gewicht 
des  betreffenden  Gewichtsstücks  das  Zweidrittel  der  Mine  repräsentirt  (das  Gewichts- 
stück wiegt  666  Gr.  d.i.  |  der  sich  auf  1010  Gr.  normirenden  Ganzmine),  so  steht 
anzunehmen,  dafs  in  Analogie  mit  ähnlichen  Bezeichnungen  sinib  aram.  r:c  selber  das 
f  der  Mine  bezeichnen  werde,  und  aus  der  Tafel  von  Senkereh  ersehen  wir  nun,  dafs 
das  betreffende  Ideogramm,  wirklich  auch  das  "Zweidrittel"   einer  Einheit  ausdrückt. 

Es  mag  mir  verstattet  sein  bei  diesem  Anlafs  noch  etwas  Weiteres  zu  erörtern. 
Schwierigkeiten  haben  den  Entziffern  die  Aufschriften  dreier  Entengewichte  gemacht, 
welche  bereits  von  Norris  im  Journ.  of  R.  Asiat.  Soc.  of  Great  Britain  XVI  (1856 
p.  222)  veröffentlicht  sind.  Zwei  dieser  Enten,  Nr.  3  und  5,  tragen  nämlich  die  Auf- 
schrift TTT  >_^^^^  die  dritte  Nr.  5  das  andere:  IIII  M.  Dafs  wir  es  je  bei  den 
ersten  Zeichen  mit  den  Zahlzeichen  für  6  und  8  zu  thun  haben,  bedarf  keiner  Be- 
merkung. Aber  wie  ist  beidemale  je  das  folgende  Zeichen  »^/y/T'T  und  ^^T  zu  ver- 
stehen? Nach  Analogie  der  Bezeichnungen  ///  ^T  >-^T  =  XXX  mana  =  30  Minen; 
//TT  JL  "^  =  XXII.  ^  SJ  =  22^  Körner  u.  a.  m.  sollte  man  in  erster  Linie  bei  den 
5][|[.-^^^yy  VI  SU  und  den  T^^  i^y  =  VIII  UT  an  beziehentlich  sechs  und  acht 
Gewichtseinheiten  der  Namen  SU  und  UT  denken,  und  von  dieser  Erwägung  liefs 
sich  augenscheinlich  Joh.  Brandis  in  erster  Linie  leiten,  als  er  (s.  dessen  Münz-, 
Maafs-  und  Gewichtswesen  in  Vorderasien,  Berlin  1866  S.  47)  die  betreffenden  Zeichen 
SU  und  UT  als  Monogramme  fafste  und  das  SU  als  das  y^,  das  UT  als  das  ^  der 
Mine  betrachtete,  eine  Annahme,  die  ihm  um  so  wahrscheinlicher  erschien,  als  in  der 
That  die  beiden  ersteren  Gewichte  sich  als  das  yV  der  leichten  babylonischen  Mine  zu 
505  Gr.,  das  andere  als  das  ^^  derselben  sich  herausstellte,  und  sich  ihm  dazu  bei 
dieser  Annahme  das  j)lausible  Resultat  ergab,  dafs  die  Entengewichte  sämmthch  sich 
auf  die  leichte  Mine  bezogen,  die  schwere  Mine  dagegen  ausschliefslich  durch  Löwen- 
gewichte repräsentirt  erschien  (a.  a.  O.  S.  46).  Allein  dieser  Satz  erleidet  doch 
schon  selber  eine  erhebliche  Durchbrechung  durch  den  Umstand,  dafs  uns  auch  drei 
nach  der  leichten  (babylonischen)  Mine  normirte  assyrische  Gewichte  überkommen 
sind,  welche  die  Löwenform  haben  (es  sind  Nr.  6.  10.  11  auf  S.  47  a.  a.  O.)  Warum 
sollte  also  auch  nicht  die  Entenform  für  schwere  Minen  haben  in  Anwendung  ge- 
bracht werden  können?  —  Erheblicheren  Anstofs  könnte  man  an  dem  Umstände  neh- 
men, dafs  eine  Bezeichnung  wie  VIII  UT  denn  doch  in  erster  Linie  auf  eine  Acht- 
zahl von  „Einheiten",  nicht  auf  eine  Bruchzahl  führt,  zumal  wenn  man  die  ana- 
logen,  vorhin   angemerkten  Minenzählunoren  und  Zahlbezeichnungen  in  Betracht  zieht. 


^)     Die  babylonische  Form  des  Zeichens  bietet  den  mittleren,  gebrochenen  Keil  zu  dritt, 

15* 


212  Über  Theilgewicbte  der  babylonischen  Mine  und  deren  Bezeichnung, 

Aber  auch  dieses  kann  als  ein  ausschliefsendes  Moment  nicht  betrachtet  werden. 
Denn  einmal  bezeichnen  solche  Striche  —  auch  nach  Brandis  —  ganz  unzweifelhaft 
in  den  aramäischen  Aufschriften  der  Gewichte  Nr.  13  (vier  Striche)  und  Nr.  14  (fünf 
Striche)  nicht  die  Einheiten,  sondern  die  entsprechenden  Bruchtheile,  nämlich  das 
Viertel  und  das  Fünftel:  die  Gewichtsstücke  (236,58  Gr.  und  198,22  Gr.),  und  die 
aramäischen  Aufschriften  Np^N  »n  „ein  Viertel  Landesgewicht"  und  ^^H  „ein  Fünftel'* 
lassen  vollends  darüber  keinen  Zweifel  (vgl.  auch  Levy,  jüdische  Münzen,  Breslau  1862 
S.  151).  Und  sodann  wissen  wir  aus  der  Schreibung  der  Zahlen  in  der  „Höllenfahrt 
der  Istar"  (s.  meine  Erklärung,  Giess.  1874  S.  lOff.),  dafs  die  Zahlzeichen  in  den  zu- 
sammenhängenden Texten  auch  sonst  sich  den  Auslaut  der  betreffenden  Zahlwörter 
als  phonetisches  Complement  anfügen  z.  B.  „dritter"  wird  III.  su  =  salm  geschrie- 
ben; „fünfter"  V.  su  d.  i.  hamsu  u.  s.  w.  Dafs  somit  an  sich  VI  Su  imd  VIII  UT 
ebenso  gut  auch  Zahlsubstantive  des  Sinnes  „ein  Sechstel",  „ein  Achtel"  ausdrücken 
könnten,  liegt  zu  Tage.  Eine  sachliche  Schwierigkeit  würde  auch  nicht  ent- 
stehen, da  das  Gewicht  der  Ente  V  =  127.  72  Gr.  sich  wie  als  -^  der  leichten  Mine 
(Brandis),  so  auch  als  ^  der  schweren  Mine  betrachten  läfst  (1010:8  =  126^  Gr-)»  ^^^ 
ebenso  von  Ente  III  zu  189,93  Gr.  =  ^V  der  leichten,  aber  auch  (1010:6  =  168^ Gr.) 
als  ^  der  schweren  Mine  gilt;  endlich  auch  noch  von  Ente  IV  =  177.48  Gr.  (st. 
168^  Gr.).  Dazu  merkt  G.  Smith  in  dieser  Zeitschrift  (Jahrg.  1872  S.  111)  die  In- 
schrift eines  Löwengewichts  an  als  lautend:  XL^  ^T  =  IV  UT.  Das  würden  nach 
Brandis  4  X  xj  der  leichten  Mine  sein  d.  i.  ^~  X  4  =  im  Normal  67^  Gr.  sein.  Nun 
aber  wiegt  diese  Mine  nach  Smith's  Angabe  in  Wirklichkeit  das  Viertheil  einer 
schweren  Mine  =  ^-^  =  252^-  Gr.  im  Normal.  Smith  wird  die  Mine  Nr.  12  bei 
Brandis  S.  51  meinen,  welche  in  der  aramäischen  Aufschrift  den  Namen  [Np-i]«  »an 
=  „ein  Viertel  Landesgewicht"  führt  und  deren  Gewicht  dort  auf  genau  240.34  Gr. 
d.  i.  ^  Mine  angegeben  wird;  die  Keilschriftlegende  konnte  Norris  seinerzeit  noch  nicht 
entziffern).  Somit  ist  hier  augenscheinlich  die  Deutung  -^^^  =  -^  =  fast  ein  ^  Mine 
der  leichten  Mine  unmöglich.  Noch  wollen  wir  auch  nicht  verhehlen,  dafs  eine  Ein- 
theilung  der  Mine  in  Fünfzehntel,  Dreifsigstel  und  Fünfundvierzigstel,  wie  sie  Brandis 
annimmt,  doch  immer  ihr  Bedenkliches  hat.  Wird  man  in  der  Eintheilung  wohl  über 
„ein  Sechstel"  oder  „ein  Achtel"  der  Mine  hinausgegangen  sein,  da  man  doch  z.  B. 
für  335- Mine  =  ^%-  viel  leichter  „IV  Schekel",  für  ^^^  Mine  „II  Schekel"  u.  s.  w.  schrei- 
ben konnte?  —  ein  „Dreischekel"- Gewicht  ist  uns  ja  erhalten!  s.  Brandis  51  Nr.  15 
und  vgl.  ebend.  597,  wo  sogar  ein  „Zweischekel"- Gewicht  aufgeführt  wird!  Warum 
steht  in  dem  letzteren  Falle  nicht  vielmehr  I  UT,  wenn  wirklich  UT  =  ^^  Mine  d.  i. 
=  2  Schekel?  —  Entscheidend  aber  dürfte  der  Umstand  sein,  auf  den  aufmerksam 
gemacht  zu  haben  das  Verdienst  G.  Smith"s  ist,  dafs  nämlich  da,  wo  die  Khorsa- 
badinschrift  Sargon's  Z.  141  ^  JJJ^  X.  TU  =  10  Schekel  (s.  Hincks  in  JRAS.  XVI 
p.  218)  bietet,  in  der  parallelen  Stelle  der  Berliner  Sargonsstele  vielmehr  TTT  ^__/y/YY 
VI  SU  steht  (col.  n,  6;  für  die  Richtigkeit  der  Angabe  stehe  ich  auf  Grund  der 
Vergleichung  des  Originals  ein).  Nun  wären  VI  SU  nach  Brandis'scher  Annahme 
=  1^  =  24  Sechzigstel;  gemäfs  der  parallelen  Stelle  aber  waren  es  nur  ihrer  10  Sche- 
kel =  10  Sechzigstel.  Diese  Annahme  ist  also  eine  unmögliche.  Es  stimmt  alles,  wenn 
VI  SU  =  ^  =  ein  Sechstel:  denn  10  Schekel  sind  ja  das  Sechstel  der  Mine.  Da 
nun   aber  erhebt   sich   die  Frage:   wie   denn   nun   kann  überall    VI  sie   im  Assyrischen 


von  Eb.  Schrader.  113 


„ein  Sechstel''  bedeuten?  —  Wir  erwarten  natürlich  ein  Zahlsubstantiv,  das  von 
dem  Zahlgrundworte  aus  gebildet  ist.  Eine  solche  Annahme  macht  nun  auch  in  den 
beiden  anderen  Fällen  keine  Schwierigkeit:  IV  ict  ergänzt  sich  ohne  Schwierigkeit  zu 
arha-ut  oder  rihu-ut  =  nsr-i(j<)  „ein  Viertel"  und  VIII  ut  zu  sumanu-ut  =  r'.-z'ä 
=  „ein  Achtel",  wie  letzteres  schon  Oppert  gesehen  (l'etalon  58).  Und  dafs  jeden- 
falls auch  die  einfachen  Zahlzeichen:  8,  6,  4,  2,  im  Sinne  von  „ein  Achtel",  „Sechstel", 
„Viertel",  „Zweitel"  gebraucht  wui-den,  ergiebt  sich,  meinen  wir,  mit  Sicherheit  aus 
jenem  Syllabar,  das  von  mir  ABK.  237  abgedruckt  ist  und  die  betreffenden  Zahl- 
zeichen durch  suma\iiu\^   sudtt(?),   rubu,   sunnu  erklärt,    welche  Wörter  sämmtlich  Sub- 

stantivbildungen  der  Form  s^'n,  *^.,  j_i^^cj  „Viertel"  sind.  Aber  wie  steht  es  mit 
dem  auf  su  auslautenden  Zahlsubstautiv  für  „ein  Sechstel"?  Sonst  geht,  z.  B.  Höllen- 
fahrt der  Istar  Av.  Z.  45,  das  Zahlwort  für  „sechs"  auf  m  mit  -',  aus;  woher  nun 
hier  su  mit  o?  —  Oppert  postulirt  ohne  Weiteres  ein  sussu  (in  seiner  Transcription 
sussu);  aber  mit  welchem  Recht,  da  doch  eine  Wurzel  Z'ä  für  „sechs"  nicht  existirt?  — 
Es  wäre  dieses  sussu  begreiflich,  wenn  die  Wurzel  für  „drei"  im  Assyrischen  gemäfs 
dem  Aethiopischen  und  (thlw.^  Arabischen  -a^-a  wäre,  so  dafs  als  die  entsprechende  ur- 
sprüngliche Form  im  Assyrischen  sudsu  sich  ergäbe ;  denn  dieses  müfste  nach  bekanntem 
ass.  Lautgesetze  nothwendig  in  sudsu  (==  O'ia)  übergehen.  Und  zur  Stütze  dieser  Com- 
bination  liefse  sich  vielleicht  noch  anführen,  dafs  in  dem  eben  citirten  Syllabar  sudu  für 
ein  „Sechstel"  steht.  Dieses  ist  zwar  so  schwerlich  richtig;  denn  eine  einfache  Wurzel 
■10  (oder  Tij)  für  „sechs"  existirt  in  den  semitischen  Sprachen  nicht,  auch  nicht  im 
Assyrischen,  wie  wir  dies  aus  den  Complementen  sw,  si  (Höllenfahrt  der  Istar  und  sonst) 
wissen.  Wenn  nicht  sus\su']  zu  lesen  ist  (s.  AEK.  a.  a.  O.  Anm.),  so  ist  sudu\su'\  zu 
ergänzen  (F.  Del.).  Das  käme  aber  unserem  md-su  (abgesehen  von  dem  nach  dem  Dental 
im  letzteren  Falle  ganz  correcten  Übergänge  des  s  in  s')  in  befriedigender  Weise  nahe. 
Die  Unregelmäfsigkeit  wäre  hier  eigentlich  nicht  auf  der  Seite  unseres  Textes  der  Ge- 
wichtsmine, sondern  auf  der  des  Syllabars,  welches  unter  allen  Umständen  gegen 
die  Regel  sudu  .  .  .  (mit  c  statt  mit  \u)  schreibt  (über  sussu  „Sösse"  vgl.  Del.  ob.  66). 
Glaubt  man  mm  aber  eine  Wurzel  srfs  =  \yn\a  für  „sechs"  im  Assyrischen  nicht  sta- 
tuiren  zu  können  (und  bis  jetzt  ist  sie  ja  in  dieser  Form  noch  nicht  zu  erweisen), 
so  bliebe  nur  noch  übrig  anzunehmen,  dafs  ein,  in  Analogie  mit  einer  der  übrigen 
nordsemitischen  Sprachen,  dem  Hebräischen,  statuirtes  sussu  =  yjUJ  nach  dem  be- 
sonderen, von  mir  ABK.  S.  203  aufgezeigten  Lautwandelgesetze  direkt  in  sicssu  =  tv 
übergegangen  wäre,  so  dafs  nunmehr  su  =  ^^///Tf  als  phonetisches  Complement  auf 
dem  Steingewichte  erscheinen  konnte.  Wie  immer  es  sich  aber  hiermit  auch  verhalten 
möge  ,  darüber  wird  ein  Zweifel  kaum  obwalten  können,  dafs  der  sachliche  That- 
bestand  der  Brandis'schen  Deutung  der  Bezeichung  TTT  ^^yy/TT  und  IIII  ^T  als  „6  Ätt" 
und  „8  üt^  entschieden  ungünstig  ist;  dafs  sachlich  vielmehr  die  bezüglichen  Aus- 
drücke wie  auch  der  dritte  TTT  ^Y  =  IV.  ut  =  „ein  Viertel  (Mine)"  nur  in  diesem 
Sinne,  als  Bezeichnung  also  eines  Theilgewichts,  zu  fassen  sind.  Dann  aber  stimmen 
die  Inschriften  (die  historischen  Sargons  einerseits,  die  der  Gewichtsstücke  andrerseits) 
durchaus  zusammen  mit  dem  Realbeftmde  des  Gewichts  der  betreffenden  Gewichts- 
stücke selber. 

Eb.  Schrader. 


114:  Fragmente  von  Pahlavi-Papvri  aus  Aegypten, 

Fragmente  ron  Pahlavi-PapjTi  aus  Aegypten. 

(Mit  Tafel  VII.  und  VIII.) 


Durch  die  Vermittelung  des  Consuls  des  Deutschen  Reiches  in  Kairo,  Hrn.  Tra- 
vers,  ist  im  verflossenen  Jahr  (zum  Theil  auch  schon  früher)  eine  bedeutende  Anzahl 
von  Papyrus -Fragmenten  in  den  Besitz  des  Königl.  Museums  in  Berlin  gelangt.  Ab- 
gesehen von  der  Thatsache,  dafs  sie  in  Fajjüm  gefunden  sind,  ist  über  Fundort  und 
nähere  Umstände  der  Auffindung  nichts  bekannt. 

Auf  sämmtlichen  Fragmenten  finden  sich  Inschriften  in  sechs  verschiedenen  Schrift- 
gattungen und  Sprachen     Der  Zahl  nach  geordnet  bilden  sie  folgende  Reihe: 

1.  Griechische 

2.  Arabische 

3.  Koptische 

4.  Pahlavi 

5.  Fragmente  in  unbekannter  Schrift  und  Sprache. 

6.  Hebräische. 

Die  Zahl  der  Pahlavi-Fragmente  beträgt  87,  darunter  zwei  von  Leder  (nr.  86.  87.) 
und  zwei  von  Leinewand  (nr.  77.  78.) ;  alle  anderen  sind  Papyri.  Sie  sind  von  ver- 
schiedenen Schreibern  geschrieben.  Als  Zeichen  eines  Absatzes  ist  ein  einzelner  Ring 
verwendet  (s.  nr.  21.),  als  Schlufszeichen  zwei  in  einander  gefügte  Ringe  (s.  nr.  4.). 

Pahlavi- Inschriften  sind,  abgesehen  von  einzelnen  Namen  und  Titeln,  bisher  noch 
nicht  entziffert,  obgleich  wenigstens  eine  gröfsere  Inschrift  schon  seit  vielen  Jahren 
in  einer  vollständig  zuverlässigen  Copie  allen  Gelehrten  zugänglich  ist.  Es  ist  daher 
nicht  zu  erwarten,  dafs  die  Entzifferung  von  diesen  zerfetzten  Fragmenten  ausgehen 
sollte.  Die  folgenden  Bemerkungen  über  Sprach-  und  Schriftcharakter  derselben  gebe 
ich  unter  allem  Vorbehalt  als  das  Resultat  einer  ersten  cursorischen  Untersuchung. 

Die  Schrift  (am  besten  erhalten  in  nr.  77.  78.)  ist,  was  sowohl  die  einzelnen 
Zeichen  als  was  die  Ligaturen  betrifft,  dieselbe,  welche  in  allen  Pahlavi-Handschriften 
mit  nur  geringen  Veränderungen  vorkommt.  Wenn  die  Fragmente  gut  erhalten  wären, 
so  würden  der  Lesung  wahrscheinlich  keine  erheblichen  Schwierigkeiten  entgegen- 
stehen. Immerhin  ist  zu  beachten,  dafs  die  Beschaffenheit  des  Schreibmaterials  (des 
Papyrus,  vielleicht  auch  die  des  Schreibrohr' s)  nicht  ohne  Einflufs  auf  die  Bewegung 
der  Linien  geblieben  zu  sein  scheint,  woraus  ich  die  Neigung  gewisser  wenig  bedeu- 
tender Biegungen  und  Häkchen,  in  die  grade  Linie  überzugehen,  erklären  möchte. 
Man  vergleiche  z,  B.  die  Ligatur  tnn  Fr.  2  Zeile  8,  dieselbe  die  in  dem  von  West^) 
yasharübo,  von  der  Tradition  ahlüb  gelesenen  Worte  vorkommt. 

In  den  Zeichen  für  t  und  m  ist  der  leere  Raum  in  der  Schleife  an  vielen  Stellen 
ausgefüllt,  z.  B.  in  N:^r  acht  (s.  weiter  unten)  Fr.  1  Z.  12;  rriV  vor  dir  2,  4  (nv,?  1,  3); 
in^riV  2,  7  (vgl.  nr.  39);  ini-zt'  40,  2  eine  Ableitung  von  ',rri*n-  sitzen:  =r  1,  2  (viel- 
leicht auch  2,  3  zu  Anfang  der  Zeile);  iraVi  5,  3—1,  14  —  1,  2. 

Das  Zeichen  für  p  scheint  seine  Schleife  am  linken  Schenkel  eingebüfst  zu  haben, 
vgL  •)■£  (Tradition  lyam^i)  1,  5;  N:n  yt  2,  6  (vgl.  Ende"^  von  1,  10);  "S'-ä  1,  3  (vgl.  2,  4 
erstes  Wort)  :  N3i<£  1,3  —  2,  4. 

1)  E.  W.  West,  Glossary  and  Index  of  the  Pahlavi  texts  of  the  book  of  Arda  viraf  etc. 
S.  4. 


von  Ed.  Sacbau.  115 


Die  grade  Linie,  die  ich  in  N:?:r  1,  12  als  n  gelesen  habe,  mufs  vielleicht  noch 
anders  bestimmt  werden,  denn  w^enn  sie  ein  n  und  nur  n  wäre,  so  würde  man  1,  7 
für  "(N  (das  zweite  AVort  der  Zeile),  ebenso  in  dem  zweiten  Wort  von  1,  1  die  be- 
kannte Ligatur  für  n -f- :  erwarten,  wie  sie  z.B.  2,1  in  N':n  (k^v.,  N-Tin  etc.)  wirk- 
lich vorkommt. 

Ferner  mache  ich  auf  einige  Zeichen  aufmerksam,  über  deren  Bedeutung  ich  keine 
bestimmte  Ansicht  aussprechen  kann: 

Das  erste  Zeichen  in  3,  7  (Ligatur  von  ü-hr?). 
Die  Anfangsligatur  des  letzten  Wortes  in  2,  2  (Ligatur  von  o  +  3  ?). 
Das  erste  Zeichen  des  Wortes  in  1,  7  (ein  o?),  vgl.   1,  9  das  vorletzte  Wort. 
Das  Zain  7  kommt  vor  3,  11.     Das  letzte  Zeichen  von  1, 1  und  4  (vgl.  2,  2)  halte 
ich  für   ein  M.     Die  Ligatur  is^V  kommt  vor  am  Schlufs  von  1,  12.     Das  Zeichen  für 
^  ist  vielleicht  1,  13    (in  dem  mittleren  Worte)   zu  lesen.     Das  dritte  Zeichen  in  3,4 
halte    ich  für  die  Ligatur  von  7-f-s  (vgl.  auch  1,  14).     Das  letzte  Zeichen  von  3,  10 
halte  ich  für  das  = ,  wie  es  in  der  Ligatur  rfx  erscheint. 

Inhaltlich  dürften  besonders  1  und  2  einander  sehr  nahe  stehen.  Es  kommen  in 
beiden  mehrfach  dieselben  Wörter  vor,  wie  sich  schon  aus  den  im  vorhergehenden 
angeführten  Beispielen  gezeigt  hat.  Fr.  2  und  4  beginnen  mit  der  Präposition  V^  über, 
für,  wahrscheinHch  auch  Fr.  1.  Das  zweite  Wort  in  1,  1  (s.  auch  1,  5)  kommt  eben- 
falls in  3,  5  vor.     Das  dritte  Wort  in  1,  1   siehe  auch  in  2,  2. 

Das  Fragment  78.  lese  ich  —  r-rn  und  nV,  Nr.  77.  ist  wohl  zu  lesen  n*:inhN  — 
und  •  TN   — 

Was  mich  bestimmt  auch  die  Sprache  dieser  Fragmente  für  Pahlavi  zu  halten, 
ist  das  folgende:  Zunächst  das  in  jedem  Pahlavi -Buche  so  häufig  vorkommende  Wort 
r^^N  ort  in  Fragm.  79,  7  (gleich  Syrischem  Ti'n).  Entscheidender  sind  aber  noch  folgende 
Yerbalformen,  welche  in  einer  anderen  Sprache  als  Pahlavi  schwerlich  vorkommen 
könnten : 

Eine  1.  pers.  praesentis  endigend  auf  =:'r  —  1,  7  (den  Anfang  des  Wortes  wage 
ich  nicht  zu  lesen). 

Eine  3.  pers.  praesentis  von  demselben  Yerbum  auf  rrzz.  —   1,9 
Dieselbe  Verbalform  auch  1,  14  in  n'^si^riN  er  nimmt.     Wenn  die  Lesung  richtig 
ist,    mufs    hier   eine  Abweichung   von    der  Tradition  constatirt  werden,  denn  diese  ge- 
braucht die  Form  ■jr:-'ir,n  ("irrinj). 

Dieselben  Verbalformen  scheinen  auch  auf  nr.  77.   78.  vorhanden  gewesen  zu  sein. 
Auf  Fr.  62    steht  deutlich  wie   in  einem  Druck  -r.-^-n  er  hat  gegessen  und  auf 
41,  2  r"»!-;^  er  hat  geschlagen  (diese  beiden  Fragmente  nicht  facsimilirt). 

Auch  die  Form  ■jNri-r-  (die  im  Original  vollkommen  deuthch,  dagegen  in  der  Pho- 
tographie mifsglückt  ist)  sitzend  scheint  mit  Sicherheit  darauf  hinzuweisen,  dafs  hier 
das  Pahlavi  vorliegt,  das  uns  aus  Handschriften,  Münzen  und  Inschriften  bekannt  ist, 
d.  h.  Aramäische  Wörter,  die  Eranisch  gelesen  wurden. 

Für  die  Bestimmung  des  Alters  und  der  Herkunft  dieser  Fragmente  fehlt  es 
durchaus  an  einer  sicheren  Grundlage. 

Die  Arabischen  Fragmente,  welche  Reste  von  Briefen,  gerichtlichen,  commercielleu 
und  anderen  Urkunden  zu  enthalten  scheinen,  sind  mit  geringen  Ausnahmen  in  dem 
ältesten  Naskhi   geschrieben,    das  wir  aus  Münzen  und  anderen  Papyri  (besonders  aus 


116  Fragmente  von  Pahlavi-Papyri  aus  Aegypten,  von  Ed.  Sachau.    Erschienene  Schriften. 

den  Publicationen  der  Palaeographical  Society),  zuerst  aber  durch  S.  de  Sacy's  Ar- 
beit i)  kennen  gelernt  haben.  Die  Schrift  und  das  ganze  Exterieur  erinnern  sehr  an 
die  von  de  Sacy  beschriebenen,  vom  Jahr  133  der  Flucht  datirten  Papyri.  Es  ist 
mir  nicht  unwahrscheinlich,  dafs  die  Arabischen  Papyrus  -  Fragmente  des  Königlichen 
Museum's  ungefähr  derselben  Zeit  angehören  d.  h.  der  Mitte  des  8.  christlichen  Jahr- 
hunderts, und  dafs  wie  die  Arabischen,  so  auch  die  anderen  Fragmente  aus  jener  Zeit 
herstammen  können,  da  sie  alle  in  ihrem  äufseren  Habitus  unverkennbar  einander  sehr 
ähnlich  sind. 

Wie  speciell  Pahlavi- Schriftstücke  nach  Fajjüm  kamen,  bleibt  eine  offene  Frage. 
Die  Veranlassung  dürfte  irgend  ein  Ereignifs  des  Privatlebens  gewesen  sein,  das  mit 
der  Weltgeschichte  nichts  zu  thun  hatte,  ein  Ereignifs,  welches  Acten  in  verschiede- 
nen Sprachen  in  das  Archiv  einer  Stadt  oder  einer  Familie  zusammenfliefsen  liefs. 

Die  Fragmente  scheinen  von  Christen  herzurühren,  denn  soweit  Namen  bisher 
in  den  Arabischen,  Koptischen  und  anderen  Inschriften  gelesen  sind,  sind  es  christ- 
liche Namen.  Professor  Ed.  Sachau. 


^)     Memoire   sur   quelques    papyrus   ecrits   en  Arabe  et  recemment  trouves    en  Egypte,   in 
den  Memoires  de  l'academie  des  inscriptions  et  belies  lettres  tom.  IX  p.  66 if. 


Erschienene  Schriften. 


E.  ReviUout,  Nouvelle  Chrestomathie  demotique,  mission  de  1878,  contrats  de  Berlin,  Yienne,  Leyde,  etc. 
Paris  1878.     4.     160  pp. 

L.  Stern,  Die  Literatur  der  Kopten.     (Ausland,  Oktober  1878.     p.  844—877.) 

E.  Pietschmann,  Der  ägyptische  Fetischdienst  und  Götterglaube.    (Ethnolog.  Zeitschr.  1878.   8.   p.  153 — 182.) 

G.  M asper o,  les  peintures  des  tombeaux  egyptiens  et  la  mosai'que  de  Palestrine.  (Melanges  publ.  par  l'ecole 
des  hautes  etudes.     1878.     p.  45 — 50.) 

Derselbe,  De  quelques  navigations  des  Egyptiens  sur  la  cote  de  la  mer  Erythree  (Revue  histor.)  Paris. 
1878.     8.     32  pp. 

H.  Brugsch-Bey,  Setna,  ein  altägypt.  Roman.     (Deutsche  Revue.     Oktober  1878.     8.     p.  1  —  21.) 

Derselbe,  Dictionnaire  geographique  de  lancienne  Egypte,  coutenant  par  ordre  alphabetique  la  nomen- 
clature  comparee  des  noms  propres  geographiques  qui  se  renconti-ent  sur  les  monuments  et  dans  les  pa- 
pyrus. Leipzig.  Hinrichs.  1879.  fol.  13.  Lieferungen.  (Die  14.  Schlufslieferung  wird  im  Nov.  d.  J. 
erscheinen). 

Mariette,  Yoyage  dans  la  haute  Egypte.     Tome  I.     Alexandrie,  Moures.     Paris,  Goupil  1878. 

M.  Fränkel,  Die  Isis-Inschrift  von  los.     (Archäologische  Zeitung  XXXVI.     1878.     p.  131f.) 

H.  Wal  Ion,  Notice  historique  sur  la  vie  et  les  travaux  de  M.  le  Vicomte  Emmanuel  de  Rouge.  (Comptes 
rendus  de  lAcademie  des  Inscriptions  et  Beiles -lettres   1877.     p.  381 — 432.) 

A.  Wiedemann,  Hieratische  Texte  aus  den  Museen  zu  Berlin  und  Paris,  in  Faksimile  mit  Übersetzung 
und  sachlichem  Commentar.      Leipzig,  Barth.     4.     1879.     24  SS.  und  14  Tafeln. 

G.  Schweinfurth,  La  terra  incognita  dell'  Egitto  propriamente  detto;  illustr.  con  6.  incisioni  e  una  carta 
geografica  (Giorn.  L'Esploratore.   an.  11,  fasc.  4.  5.  6.)  Milano  1878.     8.     48  pp. 

Records  of  the  Fast,  vol.  X.  Egyptian  Texts.  London:  S.  Bagster  and  sons.  (1878.)  —  Contents: 
Preface,  by  S.  Birch.  —  The  Stele  of  Iritisen,  by  G.  Maspero.  —  The  Stele  of  Beka,  by  Fr.  Chabas.  — 
Inscriptions  of  Queen  Hatasu,  by  J.  Dümichen.  —  Obelisk  of  Alexandria,  by  Fr.  Chabas.  —  Inscription 
of  Heremhebi,  by  S.  Birch.  —  The  ancient  festivals  of  the  Nile,  by  Lud w.  Stern.  —  The  Pastophorus 
of  the  Vatican,  by  P.  Le  Page  Renouf.  —  Inscription  of  King  Nastosenen,  by  G.  Maspero.  —  Tables 
of  Alexander  Aegus  II,  by  S.  M.  Drach.  —  Contract  of  Mariage,  by  E.  Revillout.  —  The  Book  of 
Hades,  by  E.  Lefebure.  —  The  Magic  Papyrus,  by  Fr.  Chabas.  —  The  addresses  of  Horus  to  Osiris, 
by  Ed.  Nävi  11  e.  —  List  of  further  texts,  Assyrian  and  Egyptian. 


Leipzig.  J.    C.  Hinrichssche  Buchhandlung.    —    Verantwortl.   Redacteur   Dr.  R.  Lepsius,   Berlin,  Bendlerstr.  18.  (W.) 
Buchdruckerei  der  Künigl:  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin  (G.  Vogt). 


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PAPYRUS-FRAGMENTE  MIT  PAHLAVI-SCHRIFT. 


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PAPYRUS-FRAGMENTE  MIT  PAHLAVI-SCHRIFT. 


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PERIODIC,