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ZEITSCHRIFT
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHÜM
HERAUSGEGEBEN
MORIZ HAUPT.
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ZWEITER BAND.
LEIPZIG
WEIDMANN'sCHE BUGIinANDLUNG.
1842.
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ALLKRHAND ZU (lüDRUN.
1. Gabilün 101, 1 heifst Parz. 383, 2. 575, 27 daz
gaynpiliin und ist das zeichen in liinotes wappen. zunächst
denkt man dabei an }<äfmog Innö'/.af^mog 'niT[0'/.üi.nrtj seepferd.
Festus cappas (campas) marinos equos Graeci a ßexu poste-
riorum partium appellant. doch zu erwägen wäre auch das
ital. span. gamharo seekrebs, altfrunz. jamhlc, gr. y.ocitu^og
nu^iliaQog, lat. cammavus gamviarus, mlat. gambarus, altn.
kumri, schwed. dän. hummer, franz. homard. ein seeunge-
heuer auf jeden fall.
2. Es ist eine schöne art dargebotne gaben so auszu-
schlagen dafs man sie segne und preise, gleichsam ihren
werth für den erhebe der sie behalten soll. Gudrun lehnt
die von Orlwin und Herwic gebotnen ringe mit den Worten
ab 1225, 1 got Idze tu iuwer bouge beiden scelic sin! und
wiederum die raäntcl 1233, 1 got läzc iu scelic sin iuwer bei-
der rnentel! gerade so Siegfried den ihm von Giselher ange-
tragnen theil burgundisches landes Nib. 640, 3 got laziu iwcr
erbe immer scviic sin ! schien höfisciien dichtem diese for-
mel zu gemein als dafs sie sie angewendet hätten? denn sie
fände sich sonst öfter, äiinliche redensarten mögen unterm
Volk- häufig umgegangen sein, um abzulehnen und höflich zu
wehren, in Ilolbergs eilftem juni 3, 6, als Studenstrup lust
trägt zu einem schmucken röhr, aber hört dafs es nicht un-
ter sechs thalern zu haben sei, ruft er vom kaufe abstehend
aus gud bevare minc sex rigsdaler I = got luze mir si sw-
lic sin! das büchlein vom salzburgischen Untersberg, Brixen
1782 s. 11 erzählt wie eine bäucrin ihren mann bei einer
wilden frau mit langen haaren überrascht und sie angeredet
habe o behüte gott deine schönen haare, was thut ihr da
Z. F. D. A. II 1 .
2 ALLKKHAiM) ZI' GUDRUN.
mit einander ? sie will in gülc sagen 'weiche von binnen
und behalt deine schönen haare für dich die meinen mann
verlocken ! ' dieses feine mahnen thnl auf die fremde wnr-
kung, vgl. deutsche sagen 1, 65.
3. Hettel gehört nicht zum ags. Menden in scöpes vid-
si3 ; es gibt sonst keinen eigennamen Menden, und das alt-
burgund. he?idinuf>, goth. ktndins bleiben billig aus dem spiel
dabei, sogar für Menden schlage ich vor dort zu lesen Meo-
den, und dann träte Zusammenhang ein. denn Meden, Meo-
dcn (nicht zu schreiben Heden, Meoden) ist ahd. Metan, das
als einfacher eigenname, besonders aber in den compositis
IVoIfhetan (trad. fuld. 2, 60. mon. boica 28 n« 52. 246),
Pernhetan :=^ altn. ilßiedinn, Biarnhedinn vorkommt, altu.
d hier, wie oftmahls, gesetzt für organisches d. IVolJ-
hetan dreht sich auch um in Metanwolf {MedentilJ'us Perlz
1, 508. 2, 213). was dies .ihd. hetan, alts. h'edan, ags. he-
den heoden, alln. hedinn (Saxo gramm. schreibt M?'lhi?zus)
bedeute weifs ich noch nicht; die goth. form wJire hidan
oder htidnn fwie iriuiun z=. ahd. tr'etnn). vom ahd. heidan
paganus, goth. hdipns^ ags. heeden^ alts. hethin, altn. hci-
dinn steht es ab, wiewohl Verwechslungen beider formen frühe
begonnen haben mögen, z. b. wenn der eigenname Pagamis
erscheint (Lacomblet u' 314. 330. a. 1132.1139), warerdoch
eher Hedan als Medan, Methan, auch Meidenreich lautete
wohl ursprünglich Medanric, ahd. Metanrih? wie jenes Me-
tanwolf nhd. als Meidenwolf Meidwolf Meidluß' erscheint
dies alles über Metan vorausgeschickt kann ich fortfahren.
Metlei in der Gudrun halte ich für entsprungen aus Metel
Meten, und die ags. Meodeningas, alln. Miadningar (gramm.
1, 352) werden ahd. geheifsen haben Hetaningd, Mb'talingä,
was allmählich entstellt wurde in Hegelinge, der letzten form
entspricht in ags. und altn. berichten durchaus nichts, aller-
dings gab es einen ahd. ortsnamen Hegilinga (Meichelbeck
u"418)S allein in unsrcr dichtung isl Hegelinge name eines
geschlechls der nur in den constructionen zen Hegelingen
oder Hegelinge laut örtlich wird, nothwendig also auf einen
Stammherrn führt, der im lied nirgends HegcL nur Hettel
I. vgl. Moue lieldensage .s. 52.
ALLERIIAM) ZU GUDRUN. 3
heilst und dem ags. Heoden, altn. Hecti?in gleicli steht nach
welchem die Hcodr/iingas^ Hiad/iingar benannt sind, mit
Hegeling kann Hygeluc im Beovulf =:: ahd. Hitgileih, ail-
fränk. (Uiochilaich nichts gemein haben.
4. In Gudrun klingen verschollene stammsagen und ört-
lichkeiteu des nordwestlichen Deutschlands an, zumahl auf die
Niederlande Friesland und einen iheil von Scandinavien be-
zügliche ; hätten wir genaue geographische künde aus dem
höheren alterthum dieser landstriche, so würden sich manche
einzelnheiten des gedichts aufhellen. Mateläne^ der Hegelinge
sitz, erinnert an ein niederrheinisches Mediolannirn des Pto-
lemäus, das man im münsterscheu Städtchen Metein an der
V^echt, zwischen Horstmar und Bentheim, wieder findet, ältere
Urkunden nennen es Molcllin ^ Peutingers tafel gibt nach
Fleiione ein Matilone, der geographus Ravennas nach Fle-
tione ein Matellione an, welche formen dem Mateldne noch
näher rücken. Fletione setzen andere westlicher nachYssel-
stein und Malilone in die gegend von Rynsburgen. die altn.
Überlieferung scheint von keinem ähnlichen ort zu wil'sen.
bei Saxo gramm. s. 88 — 90 ist Hithhuis ein rex aliquantae
Norvagiensiuvi gentis, Höginus (1. Hügnius) ein Jutorum
regiilus, während unsere diclitung den Hagene in Irland, die
ags. den Hagena in Holmrice hausen läl'st. nach Saxo käm-
pfen beide, Hithinus undHöginus, 'a\\{ HHhinsö, worunter er
sich vermutlich Hedinsey, nordwestlich von Rügen dachte,
was noch heute den namen Hhldensee führt, aber Snorra-
edda 164 legt diesen kämpf nach //«ey, einer der orkadischeii
inseln, was den sch.iuplatz wieder gegen Schottland und Ir-
land schiebt, im Sörla|)ättr (fornald. sog. 1, i03), wo sich
bedeutende abweichungen des inhalts darbieten, heilst dieselbe
inscl blofs Ha, in Gönguhrolfssaga (daselbst 3, 284) wird um-
gekehrt Hedi'nscy weit ostwärts zwischen Gardariki und die
Tartarei gebracht, man mufs binzunehmen dafs S()rla[)atti-
den Hedinn aus Ser/c/(if/d d. h. Africa, Sarazenenland stam-
men läfst, wie im (judrunliede Siegfried konig aus MnrIanI
alsbund esgenofs der Hegelinge auftritt, das alte Mauntn-
gnnin an der Elbe ist dabei nicht zu übersehn.
I. Ledfihur ßrukterer s. 327. 328.
/i ALLERHAND ZU GUDRUN.
5. Sehr merkwürdig ist etwas anderes bestimmteres,
»ach unserm epos wird zwar der kämpf zwischen Hettel und
Hagene um Hilde auf dem gestade von Waleis gefochten,
dagegen ein zweiter ähnlicher um Gudrun zwischen Helfe)
lind den Normannen auf dem Wiilpensand oder Wiilpenwer-
der. diesen aber darf man an die flandrische kiisle, wo sich
die Scheide ins meer ergiefst, auf den sogenannten Cadzand
Cassand setzen, wo noch im mitlelalter ein ort Jfulpio zu
finden war. der keurbrief von Brügge a. 1190 (bei Warn-
könig 2, 1, s. 85) nennt noch die IVidpingi, hoinines de
Wnlpia sive de Cassand. dort in der gegend sind genug
landstellen vom meer verschlungen worden, zwischen Wül-
pen und Walchern hiefs aber die westliche münduug der
Scheide vormals Hedejisee, Heidensce^, was wiederum ein
Hedenseiland gewesen sein wird, also den namen Hedens
neben Wülpen aufbewahrt, die sage knüpfte ihren schauplalz
bald da bald dort an. dafs ältere lieder die erste schlachl
zwischen Hagene und Helen bereits auf dem Wülpenwerd
geschehn liefsen ergibt sich aus der wichtigen stelle im Alexan-
der 1831, wo man freilich Hetenen für Hagenen zu lesen
und anzunehmen hat dafs nach dieser darstellung Hagene um-
kam, während ihn die jüngere am leben erhält.
6. Hettels vater bleibt im Gudrunliede ungenannt; zu-
folge der nordischen sage ist Hedinn söhn des Hiari'andi,
welchen namen man dem Horant (nicht Huratit) des liedes
gleichzusetzen hat, nur dafs Horant blofs als genofs des
Hettel, nämlich als schweslersohn des Wate und herr in
Tenelaut auftritt, jenem /^mrr«/?^// entspricht der a^s. Heo7-
re7ida, auch ein sänger bei den Heodeningen, wie Horant
bei den Hegelingen, kaum also Heodens vater oder naher
verwandter, den formen Jiiarrajidi, Heorrenda würde ein
^olh. Hairza7ida, aM. Herra/ito gleich sein, welche schwache
flexion ich nicht angetroffen habe, mhd. blofs die starke /Te/--
rant; Herant kann übertreten in Horant-, vgl. gramm. i.
1/il. 153.
1. vgl. die carte von Flandern bei ^^'arnk()nig und Kluit bist. crit.
coinit. Holt, et Zeelandiae 1, 1, 114.
%. bcispicle von Ili-rrant und Horant sammelt Mone beldensage s. 59.
ALLERHAND ZLI GUDRUN. 5
7. Mau darf auch uichl fVdte schreibeu, da PFate durcli
deu reim }Faten : gegaten (Alex. 1833) wie durcli die ags.
schreibuug Vada^ altu. raiti (uud uicht Vmla, Facti) be-
gehrt wird, ohue zweifei ist Hol. 266, 19, weil Oigir aus
Dänemark stammt, der dänische Wate des epos gemeint.
8. Für NotHlant würde ich Ortlant vorziehen, wie z. b.
565, 1 geschrieben steht, und weil es auf h'olt und Ortwin,
die herren dieses landes (716, 1. 1642,2), alliteriert, leicht
konnte aus Ortlant Hortloni werden (466, 4. 520, 1) oder
Hortriche (481, 1. 634, 3) und daraus Nort/ant, wegen al-
ter Verwechslung des H mit dem iV,- wie auch Normanie
und Onmuiie, Armenie schwanken, wovon ein andermahl.
JACOB GRIMM.
SIOZA.
Den reicheren gehalt der schönen ahd. spräche als ihn
ihre meist unbeholfnen denkmähler sammeln lafsen ahnt man
aus einzelnen verstohlnen formen die zu bisher aufgestellten
regeln ausnahmen an die band geben und vorerst nur mit
hilfe verwandter dialecte zu erklären sind, es macht mir
grofse freude ihre spuren zu verfolgen, in Neugarts Ur-
kunden las ich schon lange n» 155 a. m'ölVolfpoldes siaza
und no 22& a. 826 fFo/fpoltes siuzza; es wird dadurch ein
grundstück, ein waldeigenthum bezeichnet, jetzt findet sich
auch in einer ungedruckten Fulder glosse, die Dronke näch-
stens herausgeben will, das bestimmtere siozza praedia. da-
hingestellt bleiben mufs ob der sg. sioza fem. oder sioz
masc. lautete; vor allem zieht uns das vocalverhältnis an.
in diesem io, ia einen diphthong der fünften ablautsreihe,
also ein goth. iu anzunehmen verbietet die völlige abwesen-
heit einer goth. wurzel siut säut sut oder ahd. sios söz suz.
CS scheint also nur übrig eine brechung io :=. e oder ur-
sprüngliches i zu vermuten, so dafs unser wort der bekann-
ten Wurzel sit sal set oder ahd. siz saz säz anheim fiele, was
sich auch mit der bedeutung grundstück oder besitzung wohl
vereinbart, in der zweiten stelle bei Neugart, die der diph-
thongischen auslegung günstiger wäre, wird vielleicht iu für
0 SIOZA.
ia verschrieben oder verlesen sein, ein ungebrochnes sez
oder seza weifs ich nicht aufzuzeigen, geschweige ein mhd.
ses seze oder siez- sieze. ^
Aber die ags. spräche leistet uns gewähr; sie bietet
nicht nur geseotu ■= geseilt (gramm. 1, 349)^, sondern auch
seotol n=r setel, ahd. sezal dar. geseotu ist pl. eines neutr.
geseote, gesete praedium, plantatio, niederlafsung, anbau?
noch mehr, bei Lye steht ferner das einfache seotu bucetuni
und slota (? siotu) stabula, so dafs seote in eingeschränktem
sinn einen Weideplatz für rinder im wald ausgedrückt haben
mag, was dem ahd. siaza bei Neugart vollkommen angeme-
Isen ist.
JACOB GRIMM.
BUCH DER RÜGEN.
Die perganienthandschrifl der ich das nachfolgende ge-
dieht mit seinem lateinischen vorbilde entnehme ist meines
wifsens bis jetzt völlig iinbekannt geblieben, sie befindel
sicli in der Sammlung des hiesigen antiquarbuchhändlers Mat-
thäus Kuppitsch, der sie mir mit dankenswerther bereitwil-
ligkeit zur benutzung überliefs, ich bin nicht ganz sicher
ob ich die schrift einem oder zweien Schreibern und ihrer
abwechselnden Sorgfalt und unlust beilegen soll oder ob die
augenfällige Verschiedenheit der züge lediglich dem Wechsel
deutscher und lateinischer texte zuzuschreiben ist. denn dafs
die lateinische und die deutsche schrift desselben Schreibers,
besonders wenn die erstere, wie es eben hier der fall ist,
sich in zahlreicheren abkürzungen geföllt als die letztere, oft
kaum wieder zu erkennen sei werden mir erfahrene gern
zugestehen, auf 111 erst in neuester zeit mit reifsblei be-
zifferten blättern kleinoctav, dem alter nach an den beginn
des 15n Jahrhunderts reichend, die, wie die spuren zeigen,
I . es bedarf kaum der bemei-kuiip. dal's z hier überall nur 3 sein
kann.
'2. qfir biti'i^a i^eaeotu, Irans itpiiidoiiini praedia C. 302, 20. w"
Thorpe zu {^cscotu bcnierkl this word docs not secm to occur eise-
loherc im eod. Exon. soll aber nach Lye ein aeseti/ stehn.
BUCH DER KlGEiN. '
lauge alles scliützeüden eiubaudes enlbeliil» u. lial sich aii.>
nachstehendes erhalten.
Von blalt 1 VW. bis 16 rw. ein auszug aus dem be-
kannten werke Hugos von st Victor spcculiim de mystenis
eeclesiae, das im dritten bände seiner werke (Rouen 1648 fol.
s. 335 ff.) vollständig gedruckt hier unter der rothen über-
schritt sich findet bicipit speculum eeclesiae ilomini Hugonh
cardinalis, und am ende Explicil speculum super officium
missae. den rest der seite füllt folgendes
Quaeritur, quid sigtiißcat de.vtrum et sinistrum cor/iu
altaris. Est ratio, quod altaris dextra missae principium
ßitemque tcnet, mediumque sinistra. Dextra judeos, gen-
tiles laeva signißcat. Coepit ab Ins, transfertur ad illos.
Constat in altari carnem de pane creari.
Iste cibus deus est, qui negat reus est.
Tarn sacrum pignus ?iulhts sumat indignus,
Qui capit indignc, digne cremahitur ig?ie.
Articuli fidei sunt incarnatio Christi,
Baptismi lavacrum, mors et dcscensus uverni,
Palma resurgentis, ascensio iudiciumque.
hierauf roth Versus de xij gradibus hmnUitatis secundum
regulam beati Benedicti abbatis.
Corde timet dominum, proprium contemnit am ^^^^.^^^^
Subditur arbitino patiens, fert sponte dol^
Clausa pati pandit et vilia quoque *^^^^^^^^y
Omnibus exiremus ßt per comunia t-^
Caute silere sciens risum depellii ab ^ ^
Verbamodestus agens humiligerit omnia m^
danach auf der letzten zeile roth Incipit praefatio in sev~
mones nulli parcentes.
ßl. 17 VW. bis 26 vw. füllt das unten gedruckte lateini-
sche gedieht.
Bl. 26 VW. bis 27 rw. das bekannte gespräch zwiscliea
einem beiden Juden und Christen über die Vorzüge ihres glau
bens, und zwar unter der rothen Überschrift Nota pulchram
fabularn und beginnend
Viri tres sub arbore quadum quievcrnnl, - -<
Cuius Status melior esset contenderunt u. n, >n .
8 BUCH DER RÜGEN.
Bl. 27 rw. bis 28 rw. Nota de meritis inonachorum,
be^nnend
Recordare decet, dilecti frati^es mei,
Qualiter evadere possimus iram dei,
Ne coram tanto iudice inveniamur rei u. s, w.
siebzehn vierzeilige einreiinige gesälze.
Bl. 28 rw. bis 39 rw. ausziige aus den decretalen un-
ter der rolhen Überschrift In nomine domini Amen. Anno
MCC . . . . excerpta decretnlium. pn'tnum de si/monio.
Bl. 39 rw. bis 50 vw. Incipit über de regimine sa-
nitatis, eine schrift welche das uns bekannte halbduzend re-
gimina, die schola Salernitana ungerechnet, abermahls ver-
mehrt, sie hat zum Aerfafser Arnold probsten von s. Jacob
zu Bamberg, den ich bei Ussermann und sonst nicht finde,
und ist auf die bitte Augustins bischofs von Agrani abgefafst.
das werk ist somit in das erste viertel des vierzehnten Jahr-
hunderts zu setzen, da Augustin von 1303 bis 1323 auf dem
bischöflichen stuhle zu Agram safs und in diesem jähre da-
selbst starb (Kercselich de Corbavia, B. A., Historiarum ca-
thedralis ecclesiae Zagrabiensis partis 1 tom. 1 s. 98 vergl.
mit s. 105). der eingaug lautet Reverendo in Clwisto pairi
domino et amico suo karissimo domino Augustino episcopo
sagrobiensi suus Arnoldus sancti Jacobi in Babenberch prae-
positiis cum stn recommendatione salutem et quidquid est
optabile sane mercnti. Quia petivistis a me itt aliquid de
regimine sanitatis vobis in scriptis redigerem, u. s. w.
Bl. 46 rw. unterbricht, nach einer rothen Überschrift
auf der letzten zeile der vorhergehenden seite De cancris^
ein bedeutend gröfser geschriebener abschnitt aus dem ge-
wöhnlichen missale den Zusammenhang. der abschnitt de
cancris ist dadurch eingebüfst, denn die folgende seite 47 vw.
setzt die abhandlung an einer anderen stelle fort bis zu ende,
vermutlich sollte auf dem bereits früher beschriebenen blatte
mit dem bimssteine räum geschafft werden, unterblieb aber.
Bl. 50 VW. bis 51 rw. Nota versus aequivocales, be-
ginnend
Pluribus ojjficiis animae sunt nomina plura,
eine reimerei bei welcher sichs um wortreichthum handelt, ver-
mutlich einst als versus memoriales der lieben Jugend eingequält.
BUCH DER KUGEN. 9
Bl. 51 rw. bis 57 rw. fVie man schol peichtich iverden,
eine deutsche prosaische anleitiing, zum theil aus dem drei-
zehnten Jahrhundert, die eines auszuges in hinsieht auf sprä-
che und inhalt nicht unwerth wäre.
Bl. 57 rw. bis 70 vw. ein deutsches gedieht l^on dem
^intichrist das vieles eigenthümliche enthält und allerdings
den druck verdiente, der spräche nach würde ich es in den
beginn des vierzehnten Jahrhunderts setzen, der eingang lautet
Sweii wundert von dem antichrist
daz er also geheizen ist,
der merk an disem büechelin
waz von im sant Aiigustin
schribet) so verstet er wol
daz man in also nennen sol u. s. w.
Bl. 70 rw. bis 99 rw- unser unten gedrucktes deutsches
gedieht.
Bl. 100 vw. leer, bis auf ein paar federproben, unter
denen eine in den zierlichen zügen österreichischer Urkun-
den des 14n und des beginnenden 15n jahrh. die jahrzahl
Anno dno Mccccxxxiiij der länge nach abwärts laufend an
den rand der seite hingeschrieben hat.
Bl. 100 rw. bis 108 vw. ohne Überschrift eine deutsche
poetische erzählung von einem wunderlhätigeu Marienbilde,
wohl durch kreuzfahrer verpflanzte sagen wunderlich ver-
schmelzend, aber anziehend erzählt, ich halte dieses gedieht
mit dem oben besprochenen vom Antichrist für gleichzeitig
und demselben dichter angehörig, es beginnt
JVolt iuch sin niht hetrdgen^
ich wolt iu gerne sagen
von einem bilde ein mwre
daz guot ze hoeren ivwre,
CS was ein vj^owe lobesan
gesezzeji bi ir lieben man
ze Melopolim in der slat u. s. w.
Endlich bl. 108 rw. bis zu ende verschiedene lateini-
sche gebete.
Unser lateinisches gedieht halte ich für ein werk des
dreizehnten Jahrhunderts, vielleicht kurz nach der kaiserkrö-
10 BLCH DEU RÜGEN.
nnng des Holienstaufcrs Friedrichs des zweiten, also um 1220
gedichtet, zu den warnuugeu an pabst und kaiser war des
Stoffes genug vorhanden, wer der warnende gewesen ist
mir unbekannt, dal's er dem geistlichen stände angehörte
höchst wahrscheinlich (vgl. die zweite anmerkung zum prosai-
schen eingange), vielleicht dem eben entstandenen prediger-
orden, der in rühriger geschäftigkeit und kühnem Selbstge-
fühl an den verbrüderten geistlichen körperschalten und an
einzelnen würden nur zu viel zu tadeln fand. Quetif zog
ich vergeblich zu rathe, 3Iatthias Flacius hat ähnliche, aber
nicht unser gedieht, namen nennt übrigens dasselbe nir-
gend, wohl aber das deutsche, dessen kühnerer verfafser nichl
umhin konnte im abschnitte vom pabste diesen zweimahl zu
nennen, z. 167 und hebet aji dem tiurstcji an, ich wivn daz-
si der bübst Johan, dann z. 257 sprechet 'vater, biibst
iohan, sich din gewizzen an u. s. w. zur genaueren Zeit-
bestimmung sind diese stellen wichtig, man hat nur die wähl
zwischen Johann dem 21 n und dem 22n, ersterer erwählt den
13n September 1276, gestorben den 16n mai 1277, letzterer
erwählt den 7n august 1316, gestorben den 4n december 1334.
Dafs Johann der 22e nicht geraeint sein kann läfst sich
aus folgendem schlielsen. die den pabst betreffende stelle
z. 226 ff., wis sicherlich dar an gemant, wil du dich dar
an setzen daz du beginnest hetzen den gwelph an den gi-
belin, der graste schade der icirt din, könnte nämlich nur
in die erste zeit nach der wähl Johanns, also um 1316, ge-
setzt werden, weil nach dem was kurz danach begann eine
solche ermahnung höchst unpassend gewesen wäre, in dieser
ersten zeit war es aber ganz unmöglich von einem deutschen
kaiser zu sprechen, da der kämpf zwischen könig Ludwig
und könig Friedrich in steigender erbitterüng bis zum ent-
scheidenden 28n September 1322 die frage um die deutsche
kaiserwürde völlig zweifelhaft liefs. ebenso unstatthaft wäre
für Ludwig als kaiser, nach der Stellung die er zum pabste
angenommen, der rath des dichters z. 1011 hilf dem bdbsf
mit dinem swert ob er sin von dir begert u. s. w. mit dem
älteren lateinischen texte ist aber hier nichts zu entschuldi-
gen, weil er die stelle gar nicht hat. und wollte man be-
haupten der dichter habe einen künlligcn kaiser im äuge ge-
BUCH DER KL GEN. 11
habt und die stelle z. 224 swer ciaz ander (swert) haben
sol, dem gib <?;; schiere uz der haut deute auf diesen hin,
so widerspricht dem die stelle z. 983 bis 998, die von einem
zustande spricht der dem kaiser bereits zum vorwürfe ge-
macht wird, also ein schon bestehendes oberhaupt des rei-
ches voraussetzt, sie lautet toold aver icman her gen der
dir wolde gesten und sprveche er (der kaiser) behaltet
tool daz er se rehte behalte?i sol,' daz ividerrette ich sä
zehant und hieze in varn in alliu lant, vrdgen der mcere
ob indert vride wcrre. daz vünde er allez vridelös, berau-
bet naket unde blöz. du von, keiser, schaffe also daz arme
Hute iverden vjuj. du hast ein stvert in dincr hant, der got
zwei hat gesant der kristenheit ze guote und ze grozer
liuote u. s. w. alle diese Widersprüche losen sich aber ganz
einfach wenn man nicht Johann den 22n sondern den 21n
annimmt, dann erklärt sich zugleich noch manches andere,
obwohl ein punkt auch dann noch widerstrebt. Rudolf von
Habsburg war nämlich nicht kaiser und doch ist ein ganzer
abschnitt unseres gedichtes an denselben gerichtet, hier, so
uiufs man annehmen und kann es auch wohl, hat den dich-
ter sein Vorbild, von dem er einen ganzen theil und nach
seiner ansieht gewiss den wichtigsten hätte weglafsen mü-
fsen, verleitet der gegenwart etwas vorzugreifen, um so mehr
als bei den friedlichen Verhältnissen Rudolfs zum pabste und
bei dessen wiederholter verheifsung einer romfahrl an seiner
kaiserkrönung nicht wohl zu zweifeln war.
Wird Johann der 21e angenommen, so findet auch die
stelle z. 196 nii hwr ich daz din selbes leben niht gevallel
alse wol, also ez doch vofi rehte sol eine theilweise be-
gründung, wenn man den wink benutzt welchen die Jahr-
bücher der predigermönche zu Kolniar und zwar zum jähre
1277 über Johann geben, Joannes papa 31agus, in omnibus
disciplinis instructus, religiosis infestus, contcmnens decreta
eoncilii ge7ieralis, obiit hoc anno (Wursteisen, ausg. von
1585 bd. 2 s. 14 z. 2.1). bei Johann dem 22n würde dieser
grund wie obiger tadel ohne zweifei unterblieben sein, zur
Warnung an das reichsoberhaupl z. 1015 setze dich nihl
wider in (den pabst), habe ze der triuwe min ßndet man
ferner au dem tragischen Untergänge des mächtigen hauses
12 BUCH DER RÜGEN.
der Hohenstaufer und den darauf folgenden noch in frischem
gedächtnisse haftenden ereignissen grund genug und der stich
z. 1033 If., tlen das lateinische original abermahls nicht hat,
wird wohl vor allem Ottokarn zugedacht sein, ich meine den
rath an die könige, bürge stete unde laut hat er (got) ge-
sagt in iuwer hant, dd sUlt ir an gedenkeii, dem keiser
niht cntwenkcn. denn erst am 25n november 1276 hatte Ot-
tokar gedeniiitigt die lehen vom oberhaupte des reiches ge-
nommen, bedenkt man ferner die kurze zeit der regierung
Johanns, so ergibt sich als Zeitpunkt der enlstehung unseres
gedichtes das jähr 1276 oder 1277. — zum abschnitte von
den königen will ich überdies noch anmerken dafs, wenn
unser gedieht Johann den 22n meinte, es höchst auffallend
wäre in diesem theile desselben, wo die gelegenheit dazu
sich gleichsam aufdrängte , nirgend mit einem wörtchen
des unglückseligen kampfes zwischen Ludwig und Friedrich
rügend erwähnt zu sehen, ebenso würde mich, unter der-
selben Voraussetzung, im abschnitte von den deutschordens-
rittern das gänzliche schweigen über das abschreckende bei-
spiel der aufhebung des tempelherrnordens (1310) wunder
nehmen; das lateinische original könnte nur schwach ent-
schuldigen, weil unser dichter doch an mehr als einer stelle
von demselben abwich, so dafs seine arbeit an ausdehnung
sein Vorbild um mehr als ein drittheil überbietet.
Stellen wie z. 1073 bis 1104, die ich ihrer länge we-
gen nicht hersetze, und manche andere lafsen mich nicht
zweifeln dafs auch der dichter unserer deutschen bearbeitung
dem geistlichen stände angehört habe, die in besondere ein-
zelheiten gehenden rügen der deutschordensritler hat er zwar
zum theile seinem vorbilde entnommen, doch bleibt noch im-
mer eine gröfsere Vertrautheit mit den inneren Verhältnissen
des Ordens bemerkbar, in wiefern diese, vielleicht durch die
Stellung unseres dichters zu irgend einem der deutschor-
denshäuser Süddeutschlands, dem seine spräche ihn zuweist,
zu erklären sei, wird aus dem gegebenen wohl niemand mit
Sicherheit zu beantworten vermögen, der poetische werth
der arbeit ist übrigens gering, obwohl einige stellen nicht
ohne Schwung sind und biedere freimütigkeit ernstes tadeis
immer für sich einnimmt, an flick verscn fehlt es nicht und
BUCH DER RÜGEN. 13
der reim trägt wie häufig an manchem die schuld, dennoch
lohnte sichs dies denkmahl zu veröffentlichen, seis auch nur
weil es unter den uns erhaltenen so ziemlich allein steht
und manches in ihm in sprachlicher hinsieht heachtung ver-
dient, besonders wenn man berücksichtigt dafs nach den
obigen andeutungen dasselbe noch ins dreizehnte Jahrhundert
gehört, ohne diese bedenken würde ich es der spräche allein
nach ohne weiteres dem vierzehnten Jahrhunderte zugetheilt
haben und wohl mancher mit mir. diese spräche bietet übri-
gens ein wunderliches gemisch älterer und jüngerer worle.
an einigen stellen bleibt wohl auch zu bedenken dals unser
bearbeiter sich doch nicht ganz frei bewegte und in der ab-
sieht von seinem vorbilde nicht zu weit sich zu entfernen
oft dem lateinischen näher stehende ausdrucksweisen wählte,
waren sie auch der spräche seiner zeit minder gerecht, häufig
geschieht es aber auch au stellen, wo das original dazu nicht
nöthigte. so sehen wir diu rchtc iuslitia z. 1475, daz edel
nobihtas 248 und 1181, diu geicizzen conscientia 258 und
1429, diu übel malitia 482, zitlich iustus 745, diu lerne
disciplina 757, daz hantwerc opificium 569, der schol Spon-
sor 1475 verwendet, lauter ausdrücke die zur zeit unserer
bearbeitung theils veraltet, wie rehte edel übel schol, theils
als kühne neuerungen erscheinen musten. von minder häu-
figen Worten will ich hier noch einige anmerken, sich be-
suchen curare, disponere z. 948, einem zuo donen in-
haerere 1114, in geile in iubilo 934, hetzen exagi-
tare 228, hangare carnifex 806, von herzen guot opli-
me 936, fhahtsniden mensuram legitimam minuere 1279,
sich roufen luctari 526, riechic atrox 847, schaggun
ludi species 505, diu üzsetze lepra 99, vierharto're dolose
ludens 1281, sich vereinen constituere consilium 1320, ete-
loaz verdenken rem bene perpendere 1383, daz tvihtelin lu-
di species, tessera? 509.
Dem dichter sehr geläufig ist übrigens die verstäi'kung
der adjectiva durch beigesetzte nomina, besonders durch wun-
der, das aber die handschrift nirgend an diese anschliefst,
ich finde wunder gern z. 360, wunder vil 405, ivunder arm
1221 und 1349, wunder guot 1562. so liebt er auch die Cor-
14 BUCH DER RÜGEN.
men ernslich 1160 und geislich 457, 543, 911 und 1683,
für welche letztere beweisende reime sprechen.
Die verse sind richtig gemelsen, wenn auch zuweilen
auf kosten tonloser e und flexionssilben. wo der abschrei-
ber ohne grund kürzte schien die herstellung erlaubt.
Die reime zeigen sich, besonders was den vocalischen
theil betrifft, ziemlich tadellos, wenigstens habe ich in dieser
hinsieht keinen von der regcl abweichenden gefunden der
nicht auch bei Wolfram und Ulrich von Lichtenstein begeg-
nete ; ich nenne aus den höfischen dichtem diese beiden,
weil sie nach meiner ansieht der heimat unseres denkmahles
am nächsten stehen, was den consonantismus betrifft so fin-
det sich aufser dem selbst bei Konrad erscheinenden m : n
(s. Wh. Grimm zu Silvest. z. 80: hier z. 109 quam :mafi,
z. 117 hegan, z. 575 nimtzkint, z. 971 irint, und wie man
sieht, nirgend so hervorgehoben wie bei Wolfram z. b. im
Parz. 73, 5 getennet : gekemmet) nur noch s:z. so z. 239,
283 und 779 Ms-.u:^, z. 373 bazrwas, z. 711 blözzgrim-
delos, z. 991: vridelos. doch auch hierfür finde ich belege
im di-eizehuten jahriiundert, hüs-.iiz meier Helmpr. 1707.
glasen : gazzcn Seifrid 1, 1293. 1, 1354, und zwar wieder
bei dichtem die unserem durch zeit und heimat nahe ste-
hen, für den vocalismus war dagegen sein ohr empfind-
licher und vermied z. b. sorgfältig e-.i^ zu reimen, so er-
ficheinen im ganzen gedichte nur zwei verstöfse gegen diese
regel, nämlich 115 esten : gebr listen und 1331 erbe : verderbe.
Zuletzt noch ein paar worle über meine arbeit, die Über-
schrift Buch der rügen rührt von mir her. das ganze sollte
doch einen sammeltitel haben und ich weifs keinen kürzeren,
dabei bezeichnenderen, dafs ich die Orthographie geregelt,
fehler des Schreibers beseitigt, auch wohl hier und da dem
verrenkten verse geholfen, wird mir jetzt wohl niemand mehr
im ernste zum vorwürfe machen, besonders wenn er sieht
dafs fast zu ängstlich ein theil des unrathes unter dem texte
erhalten ist, alles dort aufzuhäufen wäre unnütz gewesen,
hiefse sand in die äugen streuen, gegen den sich kenner zu
schützen suchen, und hätte fast eben so viel räum erfordert
als der text selbst, am ende aber doch nur gezeigt dafs unser
BUCH DKH IU1GE^. 15
Schreiber nicht heiser schrieb als die meisten seiner zeitj;e-
nofsen.
Wien 22 novembcr 1841.
THEODOR VON KAHAJAlS.
hl. 10»«'. Incipit |)raefatio in sermones nulli
parcentes.
bl. 17 VW. Cum per quorumdara negligentiam pracdicaloruui,
qui nunc forte mittuntur ad praedicandum et pro parvo quaestu
gregem dominicum ncgligere mininie curanl, vel per inobe-
dieulis populi duritiam tanta mala in ecclcsia dei crevissc vi-
deantur, ut non soluni vir vicinum vel notum suum odio habeat.
sed proh dolor nee fraler fratrem suum ulcrinum nee pater
filium nee filius palrem iam perfecle et in vcra caritate diligere
invenianlur, ego cinis et favilla respectu proborum virorum,
imo omniuni peripsima', non cum parvo gemilu et dolore cordis
hoc cogitaudo considerans et quod tam egregii clerici nulluni
praebuere remediu'm, ausus sum excedere vires et possibilila-
tem ingenioli mei ad scribendum ad laudem et honorem salva-
loris nostri, nee non pro salute animarum, qüoddam opusculum
sermonum rigmicc compositum continens xxviij capitula ininio
assignata, iucipiens a papa usque ad ultimum- clerieum el ab
imperatore ^ usque ad ultimum rusticum, tam monialibus quam
aliis nuilieribus non oblitis, quod unicuique nulla pallialione
vel adulatione mediante debeat vindicari. rigmice autem idcirco
composui, ut tam lector quam audilores eo minus taedio alli-
ciantur. minio vero capitula ideo assignavi, ut lector sine la-
bore id quod voluerit eo cilius possit invenire. vocatur autem
opusculum istud Sermones nulli parcentes, eo quod unicuique
veritas praedicetur. rogo autem omni diligentia qua possum
quatenus '^ tam lectores quam audilores liuius opusculi, meae
ignoranliae miscricoritcr, sicut decet sapientes, pai'cere di-
gnentur et, quidquid minus ordinale compositum vel incomple-
1. Co?'. 1, 4, 13 laiKiiiiiiii inirgaiiu'iila liuius iiuiihH l'acli sumus.
omiiium peiipscma usque adliuc.
2. hie]- ein radierles wirrl dessen Überreste iioslrum xit ergeben
sc keinen.
3. im|)aial()re die hs. und immer so. ,
i. qls, aber nir/if sic/ier. ,•, ,• .-^f .,V\^.■:J■ :,,, , •
16 BUCH DER KÜGEN.
tum viderint, proinptiores ad corrigendum quam ad deridendum
semper iuveniautur, solummodo ut secundum inteutionem cor-
dis mei uuicuiquc, qualiter in suo statu, vel si possit in tali
statu salvari, sine omni palliatione vel adulatione ut su[n'a di-
ctum est, fideliter reciletur.
Explicit praefatlo.
Incipit prolog-us in sermones nulli parcentes.
17 rw. a Fratres, mundum qui transitis
totum atque ciicuitis
praedicantes imperitis,
cum ad hoc electi sitis,
i'ogo semper intendatis 5
loqui verbum veritatis,
et cum vetus recitatis
simul novum inseratis.
novum dico, quod videtis
malum, de quo non doletis 10
nee corrigere soletis,
sicut iure deberetis.
nobis sonat sermo vester
nunc de ludith, cras de Hester,
fructus quomodo campester 15
procreatur vel Silvester,
Adam quomodo creatus
sit, cum non ut homo natus,
ludas quare sit damnatus
et Mathyas subrogatus, 20
iam de Enoch vel Helya,
de Gabelo vel Thobya,
de precante tunc Maria,
certe vel de lippa Lya,
post haec forte de Rachele, 25
de propheta Daniele,
tunc de misso Gabriele
vel de sancto 3Iychahele,
nunc de Paulo vel de Pclro,
' cui Icsus Vade retro, 30
;{ü. vadel die hs. n. Marc. 8, 33.
BUCH DER HÜGEN. 17
tuiic de Moyse vel letro
vel de prosa vel de metro,
17 riv. b iam de dictis prophetarum,
de virtutibus herbaruni.
vel de poenis aniniariim 35
non iniliste damnataruni,
de Rebecca vel Susaiina,
de psallentibus Osanna !
modo quare flevit Anna
vel de coelo niissum manna, 40
de Aman vel Mardocheo,
nunc de Inda Machabeo,
tunc de rege Ptolomeo
vel de patre Zebedeo,
nunc de throno Salomonis ^5
vel loquela Cicero nis,
de astutia Platouis
vel liranuide Neronis,
nunc de dulci psalmodia,
de superna hierarchia, 50
angelorum melodia, , ,.•
qua laudatiir virgo pia,
iam de cursibus astroruin
canticisque canticorum.
tunc de gaudio iustoruni 55
vel de planctu reproboruin.
iam de deo incarnato,
alvo virginali nato,
iiova Stella indicato
et a magis adorato, , €0
qui pro nobis llagellatus
luit atque iudicatus,
crucillxus, perforatus,
post haec sepulturae datus
18 VW. a portas fregit infernorum, 65
vccles ferreos eoriim,
solvens aninias iustorum
a consorlio mahtrum,
terna die resurrexit,
Z. F. U. A. II. 2
18 BUCH DER RÜGEN.
potentissirae perrexit 7(»
ad fideles qiios dilexit
et fideliter protexit.
fratres, non vos reprehend«».
reverenter haec dicendo,
nee pro cerlo parvi pendo. 75
iinmo vos in hoc commendo.
sed videtur vos debere
sino'iilariter docere,
qiiisque qualiter sincere
deo poterit placere. so
ergo, vobis si videtur,
a niaiori inchoetur,
Caput mundi excitetur
reverentia cui debetnr.
idcirco, fratres, accedatis <S;)
papam neque paveätis,
sed audacter insisfatis
et in faciem dicatis :
Expliclt prolog-iis.
Incipit über sermonum.
Primo ad j)apani. caj». i.
Pater, non est tibi cura
quod iam multiplex pressura '.»(>
a dei prohibet cultura
civitates vicos rura.
18 VW. h symonia cum usura
niaculavit corda pura,
haerisis per loca plura 95
aufert Christo sua iura,
iam periurus plus amatur
quam si verax videatur,
et qui semper fornicatur
eo magis honoratur. I(H>
istis malis multo plura
certe mundo sunt Ventura :
quod tu, pater, menle pura
intercipere procura,
BUCH DER KÜGEN. 19
quia si non emendentur, J()r>
a te, pater, exigentur
cuncta palain cum videntur,
quia omnia pandentur.
non te reddas partialem
alicui nee carnalem, HO
sed cuiictis universalem .-
deus te elegit talem.
non acceptor personarum,
cultor nee deliciarum
sis, in fructu nam ipsarum 1 1 5
nihil proficis vel paruni.
tecum cur tenes pastores,
(Ihristi gregis defensores,
(|uem iani devorant raptores
hipis multo saeviores ? 120
haec ausculta grata mente,
ul lesu Christo veniente
rationemque ponenle
et talenlum exigente .:,
18 nv. n sibi reddas cum usura, 12r>
non in niodica mensura,
et pro Omnibus procura
servare Chi'isto sua iura,
ne te iudex creditori,
creditor det exactori, j;^()
exactor postea lortori,
tortor Faciat te mori.
Ad Cardinales. ea|). 11.
Cardinalibus dicatis :
Precor causa pietatis, .
vitam vestram convertatis . . 135
ad statum humilitatis,
vocamini nam seniores
et ecclesiae reclores.
igitur mulate mores, „.,. ,
ne vos dicant neglectores. ,,, ,, ) , y |40
ecclesiae non subvenitis
quam in malo statu scitis,
Ü BUCH DER RUGEN.
sed pecuniani sitilis,
quamvls modo pleni sitis.
iiam qui vobis plus donahil. 14 5
qiianivis malus, siiperabil
liostem, quod tarnen notahil
deus, quoniam iiidicabit
de talento quod sumsistis
et in terra abscondislis. 151)
miror quare recipistis. .
dum lucrari noluistis.
nam vocati honorose
estis atque gloriose.
nimis vivite pompöse, IÖ5
utinani non criminose.
is (•(/'. b recordari deberetis
quia semper non vivelis,
et post mortem quid meleli>
nisi vivi seminetis ? HiO
Ad j)atriarclias. ca|». in,
Patriarcliis quid dicetis
' ' a me statim audietis,
vel, quod oculis videfis,
illud eis praedicetis.
Quatuor iani procreatis I6ö
et in locis deputatis
quinlus sedem dignitatis
lenet et sublimitatis.
isti volunt honorari
super mutlos et ditari, 170
sed pro lide ncc necari ■
neque volunt lacerari.
habent sedes inter genles :
quamvis sint pervcrsae mentes, ' ' '
super iustos acuentes 175
tota die suos dentes,
illos debenl visitare, ' ' ' . ' ■
<•' verbum dei praedicare,
155. /. vivilis "tt--/ ,, > » ,,. ,
BUCH UEK UUGEiN. 21
puslea catecbizare
calecliizatos baptizare. IHO
Ad episcopos. caj». iv.
Ab cpiscopis quaeratis :
Patres magaae bouestatis,
precor aegre iiou feratis
sed veraciter dicatis,
curus vos auctoritatis 185
estis, quum prociiratis
ly VW. u sanguineni ut ellundatis
per vos, vel si iubealis
civitates expugaare,
multas villas spoliare, lyo
pauperes angariare
virgiuesque violare?
certe nee vos bellicosos
iieque nimium iocosos
decet esse uec pomposos, J'Jö
sed ex corde generosos.
clamorem pauperum auditis ' <
el iiou ipsis subveiiilis,
quam vis debileres sitis,
sicut ipsi bene scitis. o; j;; 200
nain deus vos dispeusalores
Fecit el nou possessores.
sitis ergo cautiores,
iie vos torqueant tortores,
qui noa cessant iiec lassautur, 200
quia semper reiiovaiitur. ■
in tortura delectautur,
quamvis simul patiantur.
AU praelatos ^cneraliler. ca|>. v.
Ad praelatos venientes,
eos stalim alloquentes 210
el iioii parum argueiiles
sie ioquamini diceutes : ••:
Patres, quum suscepislis
17'J, 180. Foslea chatezisure Cadiezisatos ba|»li>ar<; die hs.
22 BUCH DER RÜGEN.
regimeu, uon relegistis
vel obliti post fuistis 215
quod servare tunc vovistis ?
psalmistae elicitur ab ore
'servile doraino in timore.
19 VW. ü ex timore nee amore
vultis esse in labore. 220
pro labore vos honorem
concupitis, uon sudorem.
omnis disciplinae morem
declinatis et dolorem.
non oportet praedicari 225
multum nee philosophari,
sed in vita emendari ,{
vel distincte iudicari
habebitis accusatores
iufinitos, qiii labores 230
patiuntur et dolores,
quorum estis iam tortores.
pro quibus deus (num quid gratis y)
conqueritur quod oneratis
super modum honestatis 235
ueque digito tangatis.
patres, breviter dicendo ,.. ..
atque finem faciendo
vobis regulam commendo,
ut legatis retinendo , . 240
quae in ipsa reperitis.
quod si forte non velitis,
in damnationem itis, , ,,
sicut ipsi bene scitis.
Ad monachos. cap. vi.
Post haec monachis dicatis : ,; 245
In proposito si statis,
diligenter caveatis
quoquo modo, ne cadatis. ,j -,
sicut deo promisistis,
usque modo si solvistis, 250
ly rw. a vel correcti si fuistis,
BUCH DER HL'GEN. -2:{
111 4iiucuiiiqiie (leiiquistis,
libenter vellem si videtur,
(liligeüter quaereretur,
illud bojium si servetur 25r>
ad qiiod mooachus tenetur.
tria sunt quae conservare
inoiiaclmni oportet clare,
sifte quibus nee intrare
regiium polest nee regnaie. U60
obedieiitia vocatur
liiimuin, atque illi datur,
a quo fldeliter servatur
et a deo qui ainatur.
secunduin, virtus castilatis. 205
datur bonis et beatis,
qui ex virtute caritatis
scanduiit limen sanctitatis.
paupertas tertiuni vocatur,
ad quod monachus ligalur, 270
et pro certo cui datur,
lesum Christum imitatur.
religiosi qui dicuutur
atque regulae subduntur.
quam remote deducuutur, , 275
ad hoc merito cogunlur.
praeter haec novistis salis
iam de regulae maudatis,
quae si bene nou servatis,
laborastis totum gratis. 280
debet mouachus dolere,
de peractis maus flere,
ly rw. b de futuris praecavere.
dicat crebro Miserere.
erit vita monachorum 285
coram domiuo bonorum
compar vitae tot sanctoruni
martyrum vel confessorum.
fratres, isla custodile
tempore praesenlis vilae 290
24 BUCH DEH RÜGEN.
ne dicatur vobis Ite,
cum iustis dicitur Venite.
Ad criiciferos.
Capitulum septimiim.
Cruciferos, cum sint praesentes,
quantumcumque sint frementes,
nihil eos metuentes 295
occurratis sie dicentes :
Saeculuni cur reliquistis,
cum redire voluistis?
cui vale iam dixistis,
colonos eins vos fecistis 300
a saecularibus, dicatis,
si vos armis induatis,
rogo quantum differatis
vel ab Ungarls barbatis ?
consuevistis epulari 305
nimis laute et potari :
quod si contigerit negari
forte vel non posset dari^
tanta ira peteretur,
Omnibus uf videretur, 310
nisi statim largirelur, ' '
coramendator moreretur
20 V1V. a lautam post refectionem
multamque potationem
temporis deductionem, 315
vel potius perditionem,
quaeritis deanibulando
in colloquiis vel stando,
ludum aliquem parando
vel balista sagitlando 320
signa haec humilitatis
vel religiositatis
vel si causa levilatis
sint, vos ipsi discernatis.
quodsi bonum comprobatur. 325
VJi. fementes dir hs.
BUCH DER RUGEiN. 25
miror miindus quod amatur ?
cur non statiin relinquatur
et ad ordiiieut curratur?
ut opinor iam videtur,
in scripturis quod habetur IVM)
're§fnum vim iam patietur
et violenter rapietur.
hostes estis paganorum
omniunique reproborum,
utinani non aliorum, S'.ib
imo forte christianorum.
in scriptis, qualiter debetis
militare, vos habetis :
■ ' scio, si relegeretis, : .. :i;
statin! adinvenirelis. v 340
quod quicunique neglexerunl
facere vel noluerunt, ^
quoniam bonuni potuerunt,
heu, quam dure tales erunt
20 VW. b iudicati, cum videbunt 345
cunctis mala quae patebunt,
mali quam amare flebunt,
iusti semperquc gaudebunt.
Ad conversos. cap. vm.
Haec conversis suadeatis:
Fratres, quidquid laboratis 350
in opere communitatis, ; '- -
fideliter hoc faciatis. -
artem qualemcumque scitis, ':!
negotiari quam velitis, ' - ':,-
praemonill frcquenler sitis 355
facere, iam ul auditis. ' '
magnum numquam sludeatis
lucrum ut percipialis,
sed semper levius veudatis
quam in foro comparatis, ... . - 360
ne vos forte arguentes
scolares (? sccularcs ?) sint dicentes
usuarii (so) hi ementes ^
26 BUCH DEU Uü'GEN.
I'acli suut atqiie veii<ienles/
pro iufirmis laborate 3<5i)
in diviiia caritate.
in ordine perseverate
, V regulamque eonservate.
generaliter couversis,
congregatis vel dispersis, 370
suadeatur ne perversis
socientur, in diversis
(juia possunt niaculari
per eosque perturbari,
impios forsan iniitari ; 375
et perpetiie damnari.
'io rw. u Ad sarabyatas et glrovagos. cu|». i\.
Dicite sarabaytis,
girovagis quos malos scitis :
Emendari ni velitis,
in damnationem itis. 380
mentientes per tonsuram
vento datis omnem curam, -
per haec daemonis torturani
niacbinatis vobis pluraui.
deum vero reliquistis, 38ö
pro deo ventrem elegistis. ; •
miseri, quid intendistis
vel quäle cambium fecistis !
carnem quum inpinguatis,
escam verniibus paratis. . 3*J0
tilii perversitatis, . , ,
quare non consideratis
praesentis vitae brevitaleui,
huius inundi vanitatein,
daemonis acerbitatem 3Dö
alque dei pietatem?
Ad sacerdotes saeculares. cap. x.
Sacerdotcs arguetis,
scolares (/. scculares) quos videtis,
nichil cos nieluetis,
sed in raciem dicetis : * ; iOO
BUCH DER RÜGEN. 27
Miror, si tarn insensati
sitis vel tarn indurati
vel superbia inflati
certe, vel tani desperati.
ita parum quod curatis 405
in altari quid agatis,
salvatorem dum traclatis
et indigne celebratis.
'H) i'w. h nam curatur symonia
a vobis plus quam psalmodia. 410
usura quam philosophia,
taberna plus quam sacristia.
semper estis ebriosi,
semper uimis furiosi, i.
semper et luxuriosi 415
omni sorde crimiuosi.
in malis quidam gloriantur,
saepe tarnen simulautur
bonos tum ne spernantur
vel pro malis corrigantur. 420
alterutrum vos subplantatis
contra formam caritalis,
quantumcumque promittatis,
pacem numquam reformatis.
confundam vitam aliquorum 425
haec dicendo vel eunctorum,
absit a nie quid bonorum, >
sed tanlummodo malorum. ;,-
nam tu sacerdos, qui aperte
malus es et boni per te 430
confunduntur, tam experte
confunderis et tu certe.
lolus mundus abhorrerel,
vitam luam si videret,
et ne tibi adliaercret 435
pater natum ammoneret.
quia deum perturbasti,
41'J. /. bonos sc dum ne spernantur.
28 BUCH DER RLGE^.
malis quae tu perpetrasti
vitani tuaiu breviasti
et ad mortem praeparasti. 44Ü
dimitlamus modo totum,
unum tameu fiat notum,
21 VW. a cum ad ordines promotum
te vidisti, quare votum
ibi deo promisisti 445
quod servare noluisti?
(Ul continentiam vovisti,
et saepissime fregisti.
missam quotiens dixisti,
in te quautum potuisli 450
dominum crucitixisti :
i. 1 1 vide, raiser, quid fecisti !
certe tu, qui missam dicis
post amplexum meretricis,
potaberis ab inimicis 455
liquore sulphuris et picis.
V: tamen, miser, ne desperes,
si ex corde poeniteres
et de caetero caveres,
spero gratiam haberes, 4(»0
quia deus vi amoris
non vult mortem peccatoris,
sed ut viam redemptoris
carpat, spernat seductoris.
Ad iurisperitos et phisicos.
Capltiiium (un)decinmin.
lurisperitis sie dicatis, '' ' ' 4G5
phisicis associatis :
Filii cupidilatis,
dignum est, ut pereatis.
quautumcumque congregatis,
eo plus desideratis. 470
egenos semper spoliatis
Antichristumque dilatis.
ad vos paupcr si clamarel
seque flendo laceruret, ' ' '"
BUCH DER RIJGEN. 29
'21 vir. h iiisi munus apportaret, 475
inconsultus remearet.
opiime per haec apparet,
si quis tanlnm vobis darel
de quo mundus abiindarct.
adhuc vos non saliaret. 'i80
miniqiiid totum devorelis.
quo marsupia replelis,
vcl promissuni si habetis,
ut pcrpetue vivetis?
scio quod non deportatis, 485
si de vita recedatis,
sed post lergum dimiltatis
quanfumque viam declinatis. ' "■'
nuniquid legitis mandatum
oninibus a deo datum 490
non dinsittifur peccatuni
donec reddilur ablatuni?'
o quam multnni abstulislis,
numquam quid restituistis, - •
imnio, credo, decepistis 495
mullo plures quam iuvislis.
Ad scolares. capiil xir.
Haec Scolaribus dicatis :
Si ad gradum dignitalis
promoveri cupialis,
loto nisu studeatis ; 5(>()
in virtutibus poliere.
iam doceri, iam docere,
semper qualiter sincere
possitis domino placere,
nuilicrciilas vilelis, 505
nc vos ipsos maculelis,
'21 /•(/'. a sed si maciilam habetis
precor amodo cessetis.
a taberna caveatis, >
quia, credo, si intralis, 510
vix vel numquam exeatis,
uisi veslibus ablatis. '; > ..-
30 BUCH DER RÜGEN.
ibi mali sunt liisores
pessiniique deceptores,
qui vos ducunt in errores 515
et in maxiraos dolores.
dolebitis, quod introistis,
'»*: • et ingressi quod lusistis,
iudendo qnod perdidistis,
perdendo scolam neglexisti.s. 520
et sie dolor non cessabit,
sed vos amplius gravabit,
:*:»' donec nialum finem dabit,
de quo nemo vos iuvabit.
ex vobis quidam procurati 525
sunt vel beneticiati,
nimis tarnen inclinati
sunt servire vanitati.
recedenles ab altari
tarnen voluut lionorari, 530
cupienles plus damnari
in eternum, quam salvari.
elemosinis vivenles, , ,>
nil pro eis servieutes, ,
habent inter omnes geutes • 535
lii perversiores mentes.
Ad vagüs. cajmt xiii.
21 ;•//'. I) Vagis breviter dicatis
vilibus el desperatis : , .
lubet deus, ut ealis
ad inf'ernum ouni damnatis, 540
nisi cito relinquatis
viam verae pravitatis
et de male perpetratis
sibi salisfaciatis.
quoruni mala neque fari 545
possunt nee excogitari,
si ergo nolunt emendari, ..
permittantur condcmnari.
Ad moniales. ca|»ut xiiii.
Dum ad claustrum vcniatis !:,
BUCH DER RMGRN. 31
ierainaruni, inlendatis. 550
precor, nutii caritalis,
11 1 iion (Iure arguatis.
iion dico tanien, ut parcjifis,
sed ut mitius agatis,
ne contingat. ut frangatis r>r>5
vas tantae fragilitatis
de correctioue plura . x
non sit vobis magna cura :
liabeiit nam ex natiir;i
inulieres ista iura. 560
si qua re prohibeatiii'
mulier, ei videatur, ^ *- '
nisi hoc perficiatur.
ipsa statin! moriatur.
si videtur non curari, 505
dolet multum, nam laudari
'22 ('//■. a cuijit plus quam possif lari.
cuilibet confabulari.
quidquid corde cogifahil, ' ' ■
stalira ore revelabit. -' 570
et si sua non celabil.
inea quomodo servabit?
in pace nolunt sc amare
invicem nee visitare,
sed frequenter litigaie ö75
et a rixis non cessare,
saepe sibi invidentes,
mala verba proferenles
invicem el acuentes
velut aper suos dentes. 580
vitam non religiosam
•liKUMJam, sed deliciosam
ducunt cl vitupcrosani.
utiiiam non viliosam. .■
<uni oportet ieiunare, 585
durum erit loler.ire,
55y. /. iianiqiif ir ... (•.i,..,' >-
32 BUCH DER RÜGEN.
.scd de caetero gustare
nihil volunt reguläre,
istis pliira numerare
(|uideni possem et probare, 590
sed nolo toliini revelare.
nisi possem emendare.
fratres, liaec cum audietis,
apud vos deliberetis,
eis si inproperetis, 595
vel si totvmi dimittelis.
quodsi totum dimittatis,
iara iion bouum ministratis
'22 i'w. b nee in via caritatis
sicut decet ambulatis. (500
ergo nee inproperando
:!,i nee quidquam eis imperandc»
loquiniini sermone blande,
omne maluni deteslando,
boni qualiter gaudebiint, (305
cum in gloria manebunt,
mali quomodo dolebunt,
quoniam siue line flebunt.
Ad imperatcrem. caput xv.
Ad imperatorem venientes,
quamvis multi sint praesentes, 010
nullo modo obmittentes,
sie loquiniini dicentes : * '
Audi, bone imperator, ' ■
deus regni tui dator,
totius muudi fabricator, - - - ()I5
vult ut pacis sis amator, ^ i
immo solum non anialor,
sed üdelis reformator,
chrislianorum conlirmalor,
paganorum repugnalor 620
sis, eorum devastator, ' -•
et mocstorum consolator,
ccclesiarum rcstaurator,
coenobiorum fundalor, . "
BUCH DER RÜGEN. 33
dispersorum congregator, 625
et errantium viator,
pauperum aiixiliator,
infirmoruin resanator.
Ti rw. a famelicoruin recreator,
proslratoriim sublevator, ♦)30
fidelis reruni dispensator.
egenorum procurator, . .
captivorum visitator,
peccatorum increpator,
dubitantis informator, 4)35
nutantiumque sustentator.
haereticorum accusator
et eorum debellalor.
sis credentium laudator
malorum et vituperator. 040
non sis ipse fornicator,
Diali nee dissimulator,
nee sit tibi adulator,
discordiae nee sociator.
inter lites mediator 645
atque reconciliator
sis, bonorum imitator,
totius raali subplantator.
alicui si videtur
a te totum quod servetur. C5Ü
in contrariuni dicelur,
quia nusquam pax habetur.
igitur per loea plura
civitates atque rura
diligentisslme procura, tI55
ut sint paeem habitura.
et quae supra sunt notata
serva, si non sunt servaJa.
dei nam sunt mandata
et ab eo comprobata. tICü
22 r«'. b servare igitur iuberis,
659. /. namquK
Z. F. D. A. II. 3
.Vi BUCH DER RÜGEN.
in aelernum ut laeteris
et non dnre iudiceris,
ad tribunal cum voceris.
Ad reges <j;enerallter. oa|». xvr,
: ' Post haec regibus diealis -. 6t>5
Signum est perversilafis
quod non pacem procuralis
nee ecclesiam iuvatis
contra turbas paganorum,
fraiides vel haerelicoruni 670
*■"' et insidias nialoriim,
heu me ! dicam christianonun'
deus fecit vos regnare,
cunctis iuste iudicare.
contra perlidos pugnare 675
■^ et fideles roborare.
audivimus quod videatui
et coramuniter dicatnr
'cui raagis comniittalnr.
,:.; plus ab eo cxigatur. ()8(>
'' ' commisit deus vobis satis,
tantis regnis subiugatis:
idcirco bene ut regnatis
consulo, nc perealis.
quia, quoniam Christus orit 685
iustus iudex, sua querit,
reus non iniuste perit,
tortor sine fine ferit.
Ad principes et comites. (-a|)itnluni wn.
Haec prineipibus dicatis.
comitibus associatis : 69(f
23 VW. a Tantae vos pervers! tatis
estis et iniquitatis,
ut iam sitis destructores
niali atquc |)roditores,
quoruni palres fundatores 695
ivr?.
erant atque defensores.
de quocuniquc iani Iractatis,
senipor priino procuratis ^ .. ^
A .' r,o
BUCH DER RÜGEN. 35
ut iu claiistris fttciatis
ut expensa detur gratis. 700
et utiiiain acciperetis
gratanter et recederetis.
ne furiosi rumperelis
quidquid tunc reperielis.
claustra quotiens intratis, 705
statim ni reperialis
cuncta quae desideratis,
omnes ibi molestalis.
considerale, si velilis,
nullam causam invenitis 710
j^ravare claustra quae possiti.s
de iure, sicut beue scilis.
quae patres vestri obtaleruni
den, vestra uon fuerunt :
si quae poterant dederuni, 715
numquid modo vestra eruntl'
erunt iuste, si emistis
et pleuarie solvistis,
sed iniusle, si veuistis
et potenter abstulistis. 720
fenemiui regem adiuvare,
in regne pacem confirmare ;
sed consuevistis excitare
lites potius quam sedare.
23 KW. h vobis est tyraniüzare, 725
pauperes excoriare,
niulto dulcius quam orarc,
salvatorenj vel amare.
el quis cuncta enarrare
possei vel investigare 7'M)
fjuae solelis perpetrare
semper et continuare ?
daemon debet numerare,
diligenter computare,
cui vultis militare, . 735
ut sciat vos remunerare.
711. /. qua
.Vi buch der RÜGEN:
Ad mJlites. capitulum xviii.
Nunc milifibus dicatis :
iVfeae possibilitalis
non est amniirari satis,
cordibus quid intendatis, 740
tantum quod tyrannizatis
''^* contra formam honestatis,
ut erebro deum offendatis
causa vestrae pravitatis.
si mala veslra numerarem, 74 ^
tantum forte iam tardarem
' multos, ut scandalizarem,
putantes quod ego delirarem.
permittam ergo iam transire
quae non sinar expedire, 750
et quae oportet custodire
' dicam, si vultis audire.
railes deum Honorare
debet, principes iuvare,
pro iustitia pugnare, 755
semper malos debellare,
23 rw. a iustos et pacificare,
si seit eos discordare,
gratis nulluni molestare,
si molestavit, consolare, 760
peracta mala recordari,
pro eis saepe lacrimari, '■' . <. <
gemendo deum deprecari,
ut sie possit emendari.
semper ergo cogitetis, 7r>5
paucos dies quod habetis
vivendi, quibus et expletis
quo post mortem declinetis. '"":
nullus enim potest scire
nee veraciter audire, 770
quo post mortem debet ire, "'". - "
vel ad rcgnum, vel perire.
Ad nobiles. capitulum xix.
Sic nobilibus dicatis : i
BUCH DER RÜGEN. S7
Quarc ius uubilitatis
vel paleriuie digiiilaüs 775
pcrdere sie testiualis ?
videtur quod pagauizalis,
cum ecciesias fraiigatis,
cuuctis rebus et ablalis
sacerdotes nil curatis. 780
quautuiiicunujue spoüatiä,
quanla mala perpetratis,
uon videtur vobis satis,
ventres ut reticiatis?
igitur cum sceleratis 785
ad iiiferuum deputatis,
oialis vestris computatis,
rogat daemoii ut eatis,
23 rw. b de quiete ad laborem,
de blaudimeiitis ad furorem, 790
de refrigerio ad ardorem,
de gaudioque ad moerorem,
quia verecundaretur, ;
si sibi gratis serviretur,
si miles noii remuneretur, 795
sicut merito tenetur.
Ad scutiferos. capitiilum xx.
]Nuüc scutil'eris dicatis
mlseris et sceleratis :
De vita vestra quid speralis?
dum miserrime vivatis, 800
misere dum manducatis,
magis misere bibalis,
miserrimeque dormiatis,
mirur cur perseveratis,
ut uou statim relinquatis 805
vi tarn huius vanitatis
et ad deum recurratis,
cum quo semper gaudeatis.
cur miseri non cogitatis ^
quauta mala perpetratis? 810
nam Christi membra detruncatis,
38 BUCH DEK KLGEN.
pauperes cum iugulatis.
quantoscumque defraudatis,
dicite, quid deferalis
praeter pondus quod portatis 81.")
ad infernuin de peccatis?
Ad clves. capltuliuii xxi.
Ita civibus dicalis :
Miror quod iiou cogitalis
quo posl mortem transeatis.
nisi melius vivatis. 820
;'4 VW. a non quod omnes maii sitis,
c.: sed quos m.iios esse scilis,
hos tacendo pertransitis,
cum corrigere possitis.
inter vos sunt deceptores 825
tideique destructores
f>^' atque haeresis auctores.
paganis multo viliorcs.
habetis malos detractores.
proximorum traditores, 830
substanciae devoratores. '.i .
^gt tabernarios et lusores, :.f
usurarios, feneratores . .«
malos et fornicatores,
contra iustos pugnatores ■, 835
et malorum defeusores.
habetis fures et latrones,
yiQ^, lenas multas et lenones,
habetis etiam phytones,
diaboli commililones. .4, ^40
ut sermo meus recidalur,
audiatis, quid dicatur:
^.\y^. uullum malum iam tractatur ^^
quod apud vos non oriatur.
Ad mereatores. capltulum xxii.
Mercatoribus dicatis : .i . 845
Quare tantum laboratis, u -
«'it cum pro ccrlo ncsciatin ■ j.
cui modo congregalis? .i;
BUCH ÜEK UDGEiN. 39
inare magiuiiii Iransivistis
el iu Indium venislis, 850
reversi iialos inveuistis,
forte quos iiou geimistis.
'ii VW. b vel si forte bcue scitis
veri patres quod vos siti.'^
puerorum quos iiutritis. Hö5
cogilare si velitis
nequaquani diu quod viveli^,
quo posl mortem declinetis,
ibi uil iuvenietis,
ui vobiscum deportelis. 8ti0
tunc pro certo plures eruni
avidi qui vestra querunt,
quum ad tumulum steterunl,
qui vos morluos fleverunl,
e quibus sibi cligentes 8(55
uxores veslrae quamvis fleules,
cousolando suas meules,
sie in cordibus dicentes
'hie videtur esse dives
et acceptus inter cives : 870
iam cum illo bene vives „j
nee infantes tuos prives.
uumquid mulicr lacrimatur
tantum, quod resuscitatur
vir qui modo tumulatur, >i75
ut ad eani revertatur?
numquid est voluutas dei
ul ego potius veniam ei?
misereor idcirco mei
et meae pulchrae speciei. 880
ecce quantum laborastis,
mare saope Iransfretastis, , • <
tenam pedibus calcastis,
et vos ipsos devastastis.
o vos nimis insensati, 885
cordibus et indurati
24 VW. (i mentibusque desperat!
40 BUCH DER KUGElN.
cur servitis vanitali?
iaiu cessale congregare
et in vaimin laborare : S90
deum (iiscite amare
ut dignetur vos salvare.
Iteiii ad singulas res vendeiites. ea|)Ituliiiii xxiii.
Nunc dicalis ad veudentes
res diversas et ementes :
Corrigite perversas nieiites. 895
deum tautuin offendentes.
noii potestis coraparare
viles res vel venundare.
ni velitis periurare,
deum tidemque negare. 900
uon estis venditores rei,
sed veuditores estis dei,
in hoc conseiitieutes ei
quem couveueraut ludei.
ludas Christum vendens peccavil, 905
nam pecuniam amavit:
nobis vitam comparavit,
quid curo quod se iugulavit?
et quamvis deum vos vendatis.
nihil inde comparatis, 910
nisi ut cum sceleratis
ad in Fern um transeatis.
miseri, quid cogitatis?
quauta mala perpetratis,
quoniam deum maiestatis 915
vilius quanj ludas datis !
argenteis triginta ludas,
vix pro medio Christmn tu das.
24 i'w. b vel ut proximum deludas,
vel ut vendas herbas crudas. 920
ille certe quem vcndebal
deum esse nesciebat,
tantum tarnen poeuitebat
quod sc ipsum suspendebat.
sed tarn nequam lu fuisti, 925
BUCH DER RÜGEN. 41
quod tarn saepe tradidisti
deum, beue quem scivisti
et lamen uon penituisti.
Ad praecones et socios suos. capituluin xxiiii.
Post haec dicite praecoiii,
usurario, cauponi, 930
lusori, furi et latroui,
teneratori et lenoni :
Mandat daemon, ut eatis
ad inferuum cum damnatis.
cui Hdem conservatis 935
atque bene militatis.
nou habere cupit gratis
laborem vestrae probitatis :
idcirco citius curratis,
ne ingressum negligatis. 940
Ad rusticos obedientes. capituluin wv.
Rusticos aggredientes,
bonos pie alloquentes,
malos dure arguentes
sie loquimini dicentes :
Qui pro cunctis laboratis, 945
tidem Christi conservatis,
computati cum beatis
estis, si perseveratis.
sitis ergo in labore
dei semper et timore, 950
qui defendet a furore
vos malorum et errore.
ib II«'. u dominis vestris servietis,
censum decimasque detis
et de reliquo vivetis 955
vos et vestri, quos habetis.
maus vero, quos videlis,
numquam vos associetis,
sed cum bonis ambuletis i
et cum bis participetis 960
de labore acquisilis,
si necesse l'ore scitis. "'^'
42 BUCH DER RÜGEiN.
ul evadeie possitis
iraoi dei, quam nescilis,
quia fratrem uoii pavistis 965
pascere tum potuistis.
quare quod iioluislis,
vere eiiin occidistis.
quantumcumque laboretis,
illud lirmiter servelis : 970
uulla die dimiltetis,
nisi deum adoretis.
Item ad rusticos qui sunt rebelies. caj)ituluiu xxvi.
Rebelles si iuveniatis,
nuUo uiodo obmittalis,
nisi dure arguatis 975
imperandoque dicatis :
.)••- Miseri, quid superbitis?
cogitale, si nescitis, *
quia onmibus servitis
et ad hoc creati sitis. 980
non videtur vobis satis,
quod vos tantuni laboratis,
, ni velitis pro peccatis
ius habere cum damnatis,
id est poenas infernales, 985
ignem, vermes immortales,
25 vir. b omnes malos consodales
quibus eritis equales,
crudelissimos tortores,
foedissimos foelores 990
et horribiles dolores
daemonesque derisores?
Item ad mulleres, capltulum xxvii.
Mulieres honoretis, , , ,
numquam dure arguetis,
eis nil praecipielis, 99ö
pro exemplis quam habetis.
j, j, quorum primum hie nolatur :
si periccte cogilatur .^
y()0. /. lium '.•'je. hftis die h.i.
lUJCH DEK KÜGEi^. 43
inuudus quoniodü danniabatur
posteaquain salvabatur, iUOÜ
([uia virgo creatorem
peperitqiie redeniplorem,
tolius boni largilorem.
lesimi Christum salvaloreni.
({uam imilierein nomina.it. 1005
cum lolianni commendavit.
et diabolum prostravit,
peccata quoque nostra lavit.
secundo polest hoc notari,
quia nolunt perturbari, 10 10
nee in parvo niolestari,
sed a cunctis adamari.
rogo, terfio notate
et frequenter coj^itate,
vestris cordibus servate 1015
in hoc firraiterque State,
quia noslrum quisque vere
natus est de muliere: ' " ' '- *
debemus igilur sincere
honorem ipsis exhibere. 1020
ergo fratres sie agatis
rogo causa pietatis,
ne contra iura caritatis ""^ "' '
vas tarn debile frangatis,
sed in quolibet sermone 1025
pia ammonitione
sine palliatione,
conservata ratione,
iam de meritis sanctorum,
eterno gaudio eorum, ' * 1030
de tormentis infernorum ^'i
et de planctu reproborum,
de huius mundi vanitale,
ipsius instabiiilatc
et de Christi caritate 1035
Irequenter eis praedicate.
«Hi
4i BUCH ÜEK RÜGEN.
De ipsis Iratribus qui populo praedicaiit.
capituluin xxviii.
Fratres, causa pietatis
rogo aegre non feratis
quia zelo caritatis
verbum loquor veritatis. 1040
necesse est ut corrigatis
mores atque caveatis,
ne per verba vanitatis
uuquam deuni ofPendatis.
^ , nam si bouum praedicatis, 1045
nisi factis inpleatis,
testor deum maiestatis,
labor vester erit gratis,
quia quidquid praedicavit
Christus, factis inchoavit, 1050
quum fideo) reformavit
a peccatis nosque lavit.
•»5 rw. b sie et facere debetis ,
quando popuium docetis : '
quidquid verbo praedicetis 1055
saepe factis iuchoetis,
uequis possit comprobaie.
vos sub dolo praedicare,
deum verbo honorare,
sine corde vel laudare, 1060
quia deus est scrutator
cordium et non temtalor,
falsitatis condemnator,
veritatis et amator.
,, sitis ergo cautiores 1065
qui estis Christi servileres,
in domando prompliores
sensum, visum, verba, mores.
sit in ore nou vel ita
liugua semper stabiiita. 1070
ac religiosa vita,
Caritas et inünita.
mulicres fugialis,
BUCH DER RÜGEN. 45
in socielate pravitatis
ne, quod absit, polluatis »07."»
imagineni divinilatis.
quibus si confabulatur,
peto solum os loquatur
et non maniis comprimatiir,
nam sie deus non laudalur. 1080
iste über finiatur,
qui si vanus videatur
alicui, non legatur
ab eo, sed dimittatur.
oret pro me virgo pia 1085
dei genitrix Maria
26 VW. a ut in vitae meae via
vitare possim sacrilegia.
Amen.
26 vu.'. h Explicit liber sermonum nulli parceiitluiu.
hl. 70 rw. Ich bin ein buoch also getiht
daz nieman bosheit übersiht,
daz dii nieman vertreit '
noch durch liep noch durch leit.
manec man git guoten räl ' 5
der im selben keinen hat.
also tuon ich armer man
der leider weder weiz noch kan :
doch swie ungelert ich bin,
dannoch ratet mir min sin , IG
daz ich niht der kristenheil
gebresten laze unbekleit.
1088. saligia die hs. j <-f^
Hothe überschi'ift. Ditz piich lerl was man aim igfleiclieni men-
schen predigen sol von dem pabsl vnlz an den minnisten schülair. von
dem kaiser vntz an den minnisten gepaur. vnd strafet d'i predigser
waz staet ir predig ist. vnd lerl seu hin nach waz seu aim igleich
sullen predigen. 6. selber, immer diese form, nur z. 370 selbez.
diese beiden zeilen hat übrigens Thomassin im wälsehen gast, sie
scheinen s/>ric/ivör(lic/i .
4G BUCH DER RÜGEN.
Sit die hohen phaffen
die got dar zuo beschaffen
hiit daz sie sollen leren 15
zuht, unzühte weren,
lerent von der alten 6.
da von ist ach unde w<^
tV?.»fi gewahsen in den landen
diu got vor erkanden. .20
71 VW. mich riwet sere und ist mir leit
daz diu arme kristenheil
an zühten ist verkeret,
' •''' ' an Sünden so gemeret
daz man leider alle tage 25
hoere iteniuwe klage « -'"
von manger hande Bösheit .
daz si dir, Jesu Krist, gekleil
;iii;; t^äz du den bist so unerkant ^ ..
fiie nach dir, herre, sint genant, 30
ich mein die kristen, swa sir siiil.
man i'rowen unde kint, • • f : ^a
diu dich sollen eren y-.f
und von siinden keren.
diu siul leider in ir ahte 35
boeser dan deheiner slahte
beiden oder Juden sin.
got herre, durch die güete »liii
daz geruoche weoden. •// •>' i, > 'nh
mir diu geist senden, 40
'. daz ich geraten müg dar zuo
daz unser sele gewinnen ruo :.r.!
und von uns ill' erde , , ••d-n
diu vville ervoUet werde.
des hili' mir, herre Jesu Krisl, rij;!!.!^ /,;,
wan du der sünder beser bist.
71 rw. [üa strafet die prediga'r.]
• ^ -i Hoert, ir bruoder, waz ich sage,
und habt cz nihl vür eine klage,
10. vnlzuclit «eni 'il*. vndcrchan» .'U . seii '^'^. ^'^. Die
i'2. sein K'i. siirnl;n' lii^sii'i'
BUCH DER RUGEIN. 47
die got dar ziio erweit hat
daz ir lerel unde rät 50
wie wir gotes hulde
verdien und unser schulde
jjebihten und gebüezen,
als wir von rehte miiezen.
ir leret uns zuo aller stunt 55
und tuot anderz selten kunl
wan wie diu werlt geschaffen wart
und dar nach in welher arl
unser vater Adam
in daz paradis quam <>0
und Evä diu im wart jjegehen
zuo dem ewigen leben. '
wie sie sich vergäzen ' .
daz sie daz obez azen. ' "•■ ' '
von Käin und von Abel ' (55
und von dem turn ze Babel.
dar nach von herren Abraham.
wie unser herre zuo im quam '
in der drivallekeit ''
(dri er sach, mit eime er reit). ' 70
wie Sara stuont in der tür, '
da si lacht und sach her vür. '
72 i^w. do ir kunl wart getan
(
daz si Isaac solt enphaii,
als unser herre ze Abram sprach ' 75
und ouch dar nach vil schiere geschacli.
wie Abram got umb die stat
Gomorre vlizedichen bat, '"'
diu ander diu hiez Sodoma, '
die verbrunnen bede da. ' 80
wie her Lot von dannan vlocli ' ^*'''
gegen dem gebirge hoch.
wie Isaac in vrömdiu laut
boten nach llebeken sant. '"^
wie Jacob mit dem engel ranc ' ' 85
57. \iiof \\\v ()3. seil sich (17. Ii*iii 70. .lim
74. v.saacli 78. Ileizsocleizseii.
48 BUCH DER RÜGEN.
und im den segen abe dwanc.
von Lien und von Rähel
und von dem volc von Isrel,
von der arke Noe,
wie lange lebt Matiisale, 90
von Bööz und von Achor
von Nabuchodnosor.
wie in ir hüse Rahap
den spehsern herberge gap.
von Bester und von Jüdit, 95
diu mit wisheit und mit sit
,, Holofernen abe sluoc
sin houbet und ez mit ir truoc.
von der üzsetze Nääman,
warumbe gehangen wart Aman. 100
72 rw. von Moyses unde Arön,
von Amalech und Abirön,
wie ein eselinne kleit
dö si Bäläam reit,
daz er si jämmerlich sluoc lOT)
dö si in da hin truoc .,,
da er niht hin solte,
und got niht enwolte.
wie ein würz üf quam
von Jesse dem guoten man, 110
von der würz ein gerte
veste unde herte,
lanc groz unde breit,
als uns diu geschrifl seit.
an der gerten esten . /. 113
vant man niht gebresten.
do der gerten zit quam,
daz sie blüejen began, ; , ',,-.,
uf ir wuohs ein bluomc
daz man wol ze ruome l*«?0
mac gesprechen sicherlich
daz lif allem erlnch .
10(1. (Ih hin iiiihl Iriicli l<><t. ••Iiiiii 117. «an
BUCH DER RUGE^. 49
so schoeniu bluome nie wart.
wall sie von küneclicher arl
was gephlanzel und bekomen. 12;")
als wir ofte han vernomen.
diu bluome brahl so edel vnilii
daz von ir siiezer genuhi
7:? (•//•• nieman vollcsagen mar
unz an den jungisten tac. 130
weit ir nü beeren waz daz si -:
daz ir merken siilt da bi?
diu würz was her Vesse,
als ich han gesprochen e,
diu gerte waren siniu kint 135
diu von im geborn sinL
die este sin geslähte, ;•: r ' s ••
daz gezeln mähte
noch geschriben kein man 1
der daz leben ie gewan. / 140
Maria reiniu künegin,
du weist wol daz mir seit min sin
daz du diu edel bluome bist : ; < /
von der diu vruht worden ist.
waz mac diu vruht anders sin 145
dan daz zarte kindelin .' •
daz von dir geborn isl.
unser herre Jesus Krist?
daz ist diu lere die ir tuol <■:■■' '.-•ru
und ist wa'rliclien guot : l 150
doch vvolt ich, lieben bruoder min, '
raten, ob ez möhte sin,
swenn ir daz alte nu gesaget.
daz ir daz niwe niht verdagel.
ich mein daz niwe daz man siht 155
und aller tägelich geschihi
7:{ /■/'•. von manger slahte sünden,
die ich in niht darf künden. !■ ; f '
ir srhl imd IiomtI ;iIIo wo\
I2i. \\(.n UC. (liiiinc ) l'.l. ili \M. ,l:u-[ih -;
Z. F. U. A. II. 4
50 BUCH DER RÜGEN.
(laz diu werlt ist bösheit vol: 160
da von bit ich iinde rät,
Sit iu got enphollien hat
ze leren die kristenheit,
daz ir eim ieglichem seit,
ob er des lebens des er lebt 165
mit got ist oder von im strebt.
/,; und hebet an dem tiursten an.
ich wwn daz si der babst Johan
ir sük niht vürhten sine drö,
get zuo im und sprecht also. 170
[Sagt dem pabst freieich |
'Lieber vater, werder man.
wes hast du dich genomen an
ze rihten und ze lören
die kristenheit nach eren
und nach gotes hulden, 175
swie sich die liute verschulden ?
wes merkest du niht waz man seil
und so jämmerlichen kleil
von manger slahte sünden?
der ich ein teil wil künden. 180
hochvart gitekeit,
unkiusch und vnizheit,
zouber unde ketzeri,
ungeloube und simoni,
7i VW. untriu und valscheit, 185
lüge und unbescheidenheit,
wuocher unde vürkouf,
daz ist nü der werlte louf,
und ander grozer sünde vil
der ich nü geswigen wil. 1^0
vater, bezzerst du niht daz,
ich vürht du kumst in gotes haz.
der dich dar zuo erwelel hat
daz du helfe unde rät
solt der kristenheit geben. 195
1G5. dez lebens dez 181. hothvarte 183. ketzernei
IH4, syraonei 188. werte 194. hell" vader
BUCH DER RÜGEN. 51
nu ha^r ich daz dfn selbes leben
niht gevallet alse wol,
also ez doch von relile sol.
du bist uf ei'de au gotes stat,
wan er dir enpholhen hat 200
die guoten ze erloesen,
ze binden die boesen.
da von seit du Iiüeten dich,
lif min triwe daz rat ich,
daz dir an guoten dingen 205
niht müge misseliugen,
an keiner hande Sachen,
groz oder s wachen,
nn hat mit siner veiger hani
der vint gesagt in diu lant , 210
als unreine sal.
dii von ofte misserat
74 /•//'. guoter sauie und guotiu vruhl ,,^,
und wahset alliu ungenuhl.
we im der dar au hat pfliht, 215
ob er ez schiere bezzert nihJ.
der sänie ist haz unde nit.
der nü leider mauge zit
ist gewesen und noch wert. ; t
du weist wol daz zwei swerl 220
geben sint der kristenheit:
daz lä dir niht wesen leit.
du hast daz ein, daz nütze wol :
swer daz ander haben sol,
dem gib ez schiere üz der hant. .. ;., 225
wis sicherlich daran gemant, >.
wil du dich dar an setzen
daz du beginnest hetzen .
den gwelph an den gibclin,
der grtt'ste schade der wirt diu. w ..230
vater, merke ez also niht ^
l'J8. ri'i'le s('li()l '/iO'J. /f^'h. Grimm zu Freid. 5-4, 1. •.
214. wacJizset: Nib. 1854, 3. Greg. 35.50. siebenschl. 726. -.
220. zu Freid. i.vii. 224. scliol
4*
■y> BUCH DEl\ RÜGEN.
(laz ich mit in habe pflihi :
ich bin niht ein gibelin,
ich wil oiich niht ein gwciph sin.
vater, du hast wol vernomen, 235
' '' daz kein person ist üz genomen
vor gote, weder arm noch rieh.
dem tnosl du nindert gelich.
wan lät den riehen in din hus.
den armen stozet man her uz 240
7.5 VW. der vil lihte gena-mer
vor gote ist und gezsemer
dan der get zuo dir hin in.
daz ist an dir ein kranker sin,
ez ist ouch ein boeser sit. " 245
"i der dir stsete volget mit.
kumt kunst an din tor:
edel, zuht stet dervor,
so der phenninc wirf gesehen.
des müezen alle die jehen 250
I die her zuo dir komen sint, '"''
swie lützel maus geschriben viul
weder in der alten e
noch in der niwen.' we mir wr !
ich bete nach vergezzen 255
des ich mich han vermezzen.
sprechet Vater, babst Johan, -
sich din gewizzen an,
ez lit hie manger und verzert
der hin ze leste von dir vert • 2(50
äne tröst und äne rat,
der lange hie gelegen hat,
der liiite verrihtet wa?re gewesen.
ich wdtn doch wol du hast gelesen
239. «an : z^inaii. 247. Chiint chunst 248. Edel . zuchl : vcrg/.
unten z. 1 181 und zu Erec 4454. H' ackernagcl zu Simroclis Jl'al-
Iher 2, 165 'wer selbe ist ein bcese wilit, der hat siner vorvarn ädel
niht welneh. gast 4, 2. 71''.' 258. gewizsen : 'hi din gewizzen sclii-
mtn ff^ernh. Maria, funclgr. 2, 156, 16, zu JVinal. s. %0'^ u. 605,
zu ho. 85',t.
BUCH DEU RÜGEN. 53
swaz du iiilil wil daz dir gescliilil, 2tt5
des entuo dem anderm niht.'
da sol diu rede ein ende hau.
vvan ich wil von hinnen gän.
Avil aver du niht bezzern dich.
so solt du wizzen sicherlich, 270
75 rir. ez wirl diner scle ein slac
den si nihl überwinden mac.
[Den kardenaln]
Sagt den kardenalen daz
ich wände daz ir vil haz >
Wieret gerihtet > 275
nach got und niht verptlihlel
ze werltiichen dingen
von den iu mac gelingen
übel unde seilen wol.
wa3ren iuwer biutel vol, i 1 280
dannoch müescn vol sin -
sekke kästen unde schrin,
Stadel keller und daz hüs, •"; ■: '.
daz ez viele zem virste uz.
daz wiere allez noch enwihl, 285
wan es wiere ervoliet niht
der vil unreine git
der iu in dem herzen lit.
i<;h spriche von der höchvart,
daz nie noch gesehen wart 290
noch gehört von alter zit
diu höchvart diu an iu lit. -
ir Sil durcii höchvart niht erweit.
noch der kristenheit gezelt
ze hilfe und ze rate. . 295
wiere es niht ze späte,
ich wolt iu noch vil nierc sagen.
lf> VI)', doch wil ich des niht gedagen, i
ich wil noch rüegen daz an iu:
sagt mir durch got, zewiu '.U)()
261. schol 2C8. Won 281. raüsin 283. sl;ccl<il
28(). t'z 290. nie noch nie . . i . .: ,, . .
.Vi buch der hügein.
lebet ir untiigentlich,
ich sprieche gerne unkiuscheclich,
und mit andern sünden vil
der ich nü niht nennen wil?
ez weiz ein ieglicher wol 305
• r. : daz er nuioz unde sol
vor gerihte rede ergeben
wie gewesen ist sin leben.
da von merket miniu wort
und hüet ir alse goldes hört, 310
weit ir der helle kint niht sin.
r daz rat ich üf die triwe min/
[Den Patriarchen]
Vrägt die patriarken
'sint vol iuwer arken?
ir enruochet wer diu schäle schirt, 315
daz ot iu diu wolle wirt.
ir weit haben schoeniu kleil,
silber golt an arbeit,
eren unde guotes vil,
des got niht verhengen wil. 320
mich wundert wa ir hin tuot • -
als ungeviiegez guot.
die wile ir niht bekeret,
kristen glouben leret
alle iuwer undcrtän, 325
70 rw. als ir iuch habt genomen an,
man vrowen unde kint,
diu iu von got enpholhen sint,
waz sol iuwer hochvart?
si wirt iu waerlich gespart 330
da manz allez biiezen muoz,
von dem houbt unz au den vuoz.
ich wil mit iu niht kriegen,
ich wil iu ouch niht liegen,
lät ir nilit alle bosheit, 335
ilf min triwe, ez wirt iu leit.'
306. schol. 315. rücliet 321. wae 322. vugeruni-
gez 324. Cristari 326. .-u 328. Die
BUCH DER RÜGEN. öö
[Den pischolfen]
Ir siilt den bisclioven sageu
'wir hüeren vil von iu klagen
von manger hantle sacheu,
da von in mac geswachen 340
gelücke ere unde guol.
iuwer grözer übermuot
machet iuch vor got envvihl
verdenket ir daz nihl
daz iu des nihtes niht beste! 345
da mit ir hochvart heget?
ir siilt arme liute nern,
den gelt selbe niht verzeru,
er ist ir und iuwer nihl,
des in got selbe gibt. 350
saget, wer hat iu erloubl
daz ir brennet unde roubl,
kirchen heizet brechen,
slahen unde stechen
77 vir. die iu daz wern wollen, 355
als sie durch not sollen? '
daz vor die beiden haut getan
des nemt ir iuch nü an.
ir lat diu wip entern
diu vil wundergern 360
beliben bi ir reinekeit : _
ir entßrt ouch mange meit
diu hin nach so unwert
wirt daz ir nieman gerl
ze erbairem dinge. 3G5
wie iu dar zuo gelinge,
daz wirt iu allez wol geseil
e man iuch zuo dem grabe treil.
ir vart reise iu vrömdiu lant
und vehtet mit iur selber hanl 370
und weit danuoch priester sük
i'M. scliult — pischolfen 341. geluch 343. cii 344. t.u
lir. 1500. 348. schult 350. Luc. 16. 2. 358. eu
3ti0. raiz 370. cu selbez
:)0 BLCJI DKK RÜGEN.
icli iiiiii (laz üf die triwe min.
eteliclier viiere baz,
vva're er als sin valer was.
ir vvegt ouch gar ringe .'{75
•'i - willen mil gedinge,
swie diu boese simoni
doch wouet sta3te derbi.
ir wihet nibt wau urabc Ion :
da von nuioz in der himel Irön ;{80
•■'■■ vor gesperret werden,
wan ir hie uf erden
suochet Wollüste vil
ziio so winzigem zil. >
[Den prelaten gemainecleii-lij
77 nv. Sprechet ir prelaten, 38ö
habt ir iuch iht beraten
wie iuwer leben werde
gebezzert üf der erde
vür den ewigen tot?
des wwr in sicherliclie not. 390
ir Sit mit hochvart erschoben :
daz ir niht ze stunde sit zerkloben,
des wundert mich vil sere.
durch unser vrowen ere
' ein ieglicher bezzer sich, 395
wan inicli danket sicherlich
daz ez niht gar lange stc,
in werde ach unde we, •'- ' •-
swie groz gewalt ir nu habt. i/
ez si probest oder abt, 400
prior oder gardiän, : '
custer oder dekän, . -
minister oder general,
swie sie heizen über al. ■ ^ • (■
ir gebietet wundervil i' «f 405
des iwer keiner tiion wii. ' ■'
daz klcite gol vor manger stunt
:i»;i. wolnusl»; liSf). •■u :{92. y.efe/ilf. W^. Dez — inii
402. (lekclian
BUCH DER RÜGEN. ö7
durch des ewangelisteu munt.
wes seht ir niht die regel an,
als ir gehorsam habt getan, 410
und rihtet nach der rehtekeil,
als iu diu selbe regel seit?
ir habt ouch einen bocsen sit
78 rw. der iu sta'le volget mit,
daz ir iuwer undertan 415
niht vür guot wellet han,
wan ir den boesen mere
bietet wirde und cre \
dan den guoten kinden
diu sich lazent vinden 420
in gotes dienst zuo aller zil i .ij;
und an den zuht und cre lil:
den weit ir stiele herte sin.
ich sag iu üf die triwe min . , ,
swie herte ir in nü sit .; 425
ez kumet noch diu zit
daz si iu werdent herter vil,
so unser herre rihten wil.
ir bekurabert iuch ze vil,
als ich iu nü sagen wil, 430
mit werltlichen sacheu,
gröz undc swachen,
die iuch niht gehoerent au.
wir sehen daz nü selten kan
verrihtet werden ihtes iht 435
da man iuch niht bi siht,
weder groziu liirat
oder höher herren rat.
ir möht dervon wol wenken.
sprechen und gedenken 440
waz get mir der sache not?
ich bin der werlde zeijual t«')t.'
[Den munchcn]
78 rw. Lät iuch des niht belraiicn • ■>.
442. zaiiiial i43. eu
58 BUCH DER RUGEiN.
vlizeclich ze vragen
von deu miinchen, ob sie siiit 445
ordenlich und guotiu kint,
ob sie die werlt vlielient,
von üppekeit sich ziehent,
leseut unde singent,
ir gemiiete dwingent, 450
gerne in gotes ere
sprechent 'miserere!
got, erbarm dich über mich
zuo aller zit, des bit ich.'
ez sint sunderlichen driu, 455
weit ir, diu nenne ich iu,
diu ein ieglich geislich man,
der sinen orden wol bau, "
muoz behalten sicherlich,
wil er zuo dem himelrich. 460
daz ein ist willec armuot :
ich wwn daz nieman umbe guol
noch durch des libes wollüste *
deheines ordens gelüste.
daz ander rehtiu kiuschekeif: 465
wol im der si rehte treit!
kiusch an worten und an muot
und an den werken, daz ist guol.
weit ir beeren nü daz drite?
79 viv. daz ist mit tugentlichem site 470
gehorsam zuo aller zit,
als in ir regel lere git.
der diu driu niht wolle
behalten als er solle,
der sol gesträfet werden . 475
hie üf der erden,
daz er unz an sinen tot
lide äugest unde not.
•457. gaisleich : die hs. hat überall diese nebenfurm die ich int
augenblickc nur bei Nofker nachzinveisen wüste, aber dem wiederkeh-
renden beiveisenden reime geislich : vreislich 54:i. 'Jll. 1033 nach dul-
den mvfs. 403. wolriusi 104, Cluiincz — gelusi 174. schölte 477. sein
BUCH DER RlJGExN. 59
[Den creutztern]
Strafet die kriuztere,
swie ez in ist unmaere, 480
vürhtet iiiht ir nterschaft,
'noch ir übel, noch ir kraft,
sprecht 'ir herren, saget mir,
umb weihe suche vluht ir
die werlt und ir geziere, 485
dö ir alse schiere
wider weitet keren
ZUG ir und zuo ir eren?
swer die werlt vliehen wil,
der sol niht giuden ze vil, 4y()
er sol smacheit liden,
hochvart niiden,
ze armüete sin bereit
und ze rehter kiuschekeit,
gehorsam mit willen, 495
gedultic, und sol stillen
7<t rw. allen zorn, swä er mac, ' i
beidiu naht unde tac.
man hat iuch vür geislich
und Sit doch leider niht gelich 500
geislichen kinden,
wan ir lät iuch vinden
alle tage an üppekeit
und an manger llhlekeit.
mit schaggün ist iu ein spil . 595
481. furchte 482. übel: Leysers predigten s. 162.
484. flucht 494. zuo 499. eu 505. schaggaun
ze dem remther sal man nymands {yestaten keynerley spil vmb gelt suu-
der Schachzabeln und czackuucn speie und andere speie die verbiuten
wir nicht ane worfel und ane geltspil, das die glocke das speel scheide
beyde czu den gezeiten und ouch czu dem trynken. visüah'onsvolf macht
bei f'oigt gesell, Prci/ßcns 0, 504. die Statuten des orderis enthalten
nichts über nitser spiel, nur einzelne visitalionsvollmaclilen ; ich weifs
es auch sonst in unseren quellen und vntev diesem namen nicht
nachzuweisen , tvolil aber will ich eine Vermutung wagen die sich
eben für nicht mehr gicbl als sie ist. wie wenn unser schaggaun
schaggün czakun das Ischaugan der Perser Araber und Türken wäre?
60 BUCH DER KUGEN.
eiioubet, der ez luon wil
umb ave Maria :
daz lät ir uaderwilen da
und spilt mit dem wihlelin
lif dem tisch umb guoten wiu. älO
ir gezzet unde geirinicet wol.
als iu der orden gebeu sol
/• mere von gewonhcif
dan von iwerre arbeit.
ob daz niht gescha^he, 515
ez würd mit solher gajhe
gevordert daz der commendiir
miieste vliehen vür die tür
oder sä zehant gebeu,
weit er vristen sin leben. 520
wirt aver iwer wol gephlegen.
so sprechet ir den tischsegen
mit so grozem schalle
daz die knehte alle
vaste zuo loufent, 525
80 VW. wffiut daz ir iuch roufent.
ein spiel mit dem schlagbalh-, zu pferde wie zu JuJ'se üblich, das die
7'itter des deutschen hauses zu Jerusalem schon früh aus dem Oriente
in ihre abendländischen balleien komiten verpjlanzt haben, ist doch
auch das daneben genannte schachzabel orientalisches Ursprungs, dafs
der schlagbull auch in unseren gegenden üblich icar beweist schon
die art der ertvühnung desselben bei Ulrich von Lichtenstein frauen-
dienst 26, \^, und das bei Neidhard 36, 1, 3 erscheinende bickelspil
tvird wohl auch hieherzuziehen sein, über das tscliaugaii des mor-
genlandes vergl. Du Fresnes abhandhing viii zu Joinville s. 185 ff.
und die viel weitere ausführung in Quatremeres Übersetzung von Taki-
Eddin- Ahmed - Mukrizis arabischer geschichte der Mamluk- Sulta7te
{Paris lS'.i7 . 4. printed for the oriental translation-fund) bd. 1 *. 123
— 132. <iiue abbildung des Spieles bei den Persern nach einer Zeich-
nung des \tjn j'h. faulet sich auf pl. xxii des In bandes von Ouscleys
travels in various countries of the East. London 1819 ^l 4. auch
Hyde de ludis orientalibus, Ox. 1094. 8. bd. 2 s. 250 spi'icht von un-
serem spiele. 509. wichtelin : MS. 1, 157'' der sieht sich mit siii
Selbes haut, des wisheit aht ich zeime spil daz man diu wihtel hat ge-
nant, vergl. myth. 247. 512. schol 518. gommendeur
520. wolt 526. eil ;■,,,,.,, -,,, ,
BUCH Di:i{ lU GEN. M
dar nach get ez an daz spil.
man bereit armbrüste vil,
ir schiezct aber iimbe win,
da mit laf ir in wol sin. 530
ir Sil den beiden gehaz,
wolle got möhte ich daz
i-esprechen mit der warheil,
daz den kristen niht leil *
von in geschehen wa^re: 535
daz wahren guotiu nioire.
ir sprecht 'wir sin gebrnodei- ! *'
wa;r iuwer tusent vuoder.
ir Sit ein ander als getriu
als die wolve und die sin. ■- ' ■- 540
nü merket selbe ob ir sini
als gehorsamiu kini,
ob ir baz geislich ' ' • •";
heizet oder vreislicli.
wirt bewiert geislicheil 545
an dem orden den ir treil, ' ■''•■.,
so sollen uf die triuwe min • "
alle orden der iwer sin.
doch weiz ich wol wa stet gesell rilx'ii
(ez si dan alleswa beliben) 550
in einem buoclie lere,
wie ir nach gotes ere
in dem orden soltet
so /■//'. dienen, ob ir wollet.
ich sprich uf niine wärheit, ' 555
luot ir des niht, ez wirt in leil.'
[Den laipriidern]
Ir siill den converscn sagen,
wellen sie den orden tragen,
daz Inon mit sölhcm vlize
daz man inz niht verwizc, 560
ane üppigen spot
539. au iiudcr iils getreu 5i(). seii 5j<). alsva: alleswa
anderswo. verf-L Graff l^'lVi. 55:$. scIiDlie 55i. «rin — wolle
557. seln'ill 558. seu
62 BUCH DER RÜGEN.
dienen unserm lierren got,
mit aller slahte gehorsam,
mit briiederliclier mitesam.
vasten unde wachen, 565
beten, selten lachen,
daz gehoert sie allez an.
ist daz indert einer iian
ein hantwerc, swaz daz si,
da hab bescheidenheit bi. 570
swenne er sin beginne
daz er niht groze gewinne
weder siioche noch beger,
daz man niht spreche 'wer ist der
der in dem orden wuocher nint? 575
hat er wip unde kint
oder ander die er nert?
daz imz niht sin abbet werf
daz ist ein wunderlicher sin.
ich bin vrö daz ich niht bin 580
gevarn in den orden
81 VW. und ein bruoder worden,
Sit sie tribent vürkouf
und wuocher nach der werlde Ion f.'
heizt sie ouch behalten wol, 585
als ein ieglicher sol,
swigen und gedultekeil,
durch got liden hertekeit, ^
ob si wellen sin behuot ^
gerne vor der helle gluot. 590
[Den umblaufiernj
Heizt die sarabäiten
in die helle riten
und mit in gyrovagos.
die tiuvel werdent iriu ros,
si bezzern danne ir valschez leben 595
daz in der vint hat gegeben,
vürhtet niht ir zungen
563. Diu 504. mittesam 567. 583. 585. s«'ii
586. schol 591. sarabavtcu 5y2. lelle
BUCH DER RllGEN. 63
valsch und unbetwunjien,
noch ir üppige dro,
get zuo in und spreclil also (500
'ir boese liiile, saget mir.
wie lange warnet ir
iuwer leben vristen
niit so boesen listen?
ir heizt iu schern die blalton, HOS
daz ir mügt gesatten
iuwer biuche ze aller zit.
loufet durch die werlde wiL
swä ir danne belibet
den valsch ir euch tribet. 610
swaz iu kumt in den muot, ;
Hl fw. daz dunket iuch unniäzen giioi .-
swaz iu niht gcvallet wol,
das muoz bosheit wesen voi.
wie lange weif ir liegen? 615
wa*nt ir got triegen
den nienian betriegen kan i
der daz leben ie gewan ?
lat iuwer bosheit,
daz si iu kurzlich geseit. 620
oder get inz helletor,
wan ir belibet niht dervor.
[Den werllleichen priestern|
Swä werltliche priester sin,
dar get durch den willen min.
und mit grozem grimme 625
sprecht mit liiter stimme
wie habt ir so gar verzeil
an gote, daz ir sit bereit
sta'te ze boesen dingen
und gelürret singen 630
messe unwirdeclich,
meisteil aller tägelich.
mich dunkl, ir aht der simoni
()<)7. pench ül2. <'u
(54 BlICH DER RÜGEN.
inere (lau der psalniodi.
des wuochers dan philosoplii. (;:ir»
des lilhus dan der sacristi.
hiior unde Iriinkenheil
machet iawer lasier breit
und anderre bosheit vil,
82 VW. der ich uiht verswigen wil. <)/iO
'" einer kouft den andern abe
von siner pfrüend mit kleiner habe.
ist daz uiht ein simoni,
so weiz ich niht waz ez si.
eteliche rüement sich (5/15
ir bosheit, daz ist wunderlich,
den doch wsere vil leit. i .\.v. :
- würde ez viirbaz geseit,
wan sie vürhtent alle gar.
ob ez würde offenbar. i\öO
sie würden unnuere.
als daz billich wajre.
nieman habe arcwän
umb daz ich gesprochen hau :
ich mein die vrumen wahrlich niht. r»5;)
* die boesen sint vor got enwiht.
da von sagt ir armen.
lät ir iuch niht erbarmen
waz die Juden täten,
do sie gewalt bäten r.r.O
an unserm herren Jesu Krist,
der al der Averlde loeser ist.
daz sie ze rate giengen.
in an daz kriuze hiengen? - '
daz tuot ir alle sicherlich ■ (Wi.")
so ir sprecht misse unwirdeclich.
ir sült mir einez ilz legen,
daz ander läz ich undcr wegen.
82 rw. do ir niht leben wollet,
als ir ze rehte soltet, r>70
()ä8. i'ii titiO. seu ()G3. D* nlr iT wcimIc In-siiM' isl
tl()7. srinili (')•)•.•■ «oll'' (wO. sclinlii' ;
BUCH DER RÜGEN. 65
nach priesterlicher ere,
waz weit ir wihe mere
(ian ein ander werltlich man
der diu buoch nihl enkan?
ir swuort umbe kiuschekeil 675
in der wihe einen eit:
o siiezer herre Jesu Krist,
wie oft daz sit zebrochen ist!
als oft irz habt zebrochen
und also misse gesprochen, 680
habt ir, als vil an iu ist,
gemartert wahrlich Jesum Krist.
nü sprichet etlich tumber man,
der dar zuo niht baz kan,
mir hat unser herre gegeben 685
ein als gar krankez leben
daz ich mich niht enthalten kan
ich müez mit vrowen umbegän.'
er liuget, wan er zihet got
vrävenlich daz sin gebot 690
übertreffe menschen kraft :
des lougent alliu meisterschaft. • ■ ' '
got hat nie geboten iht h
dem menschen daz er möhte nihf
ervollen als er solte, 695
ob er ez tuon wolle,
da von kestiget den lip,
weit ir läzen diu wip, / .
.s;{ KW. und läl iuwer liegen sin. ; •
ich sag iu üf die triwe min, ■ 700
bezzert ir niht iuwer leben,
ir wert der bittern helle gegeben.
[Den artzden und den Juristen] '•
Ez sint zweiger slahte man
die nieman crviillen kan,
die siilt ir strafen s6re. 705
072. woU 075. svrt 081. ir fehlt. 088. muz G89. leugiM
won 690. frauenleich 09.5. nach als ein radiertes woiH.
696. swolte 705. schuK
Z. F. D. A. II. 5
66 BUCH DER RÜGEiN.
durch unser vrouwen ere
sprecht in vrävellichen zno.
ez si spate oiler vruo,
'ir meister von der erzeni
üT() und die Juristen dcrbi, 710
wie Sit ir so grundelös
als daz mer, da wazzer groz
sta-te in vliezenl
und sich dar in besliezent,
OfiO und kan doch nimmer werden vol I 7 1 .>
dem mac ich iuch geliehen wol,
wan der in zuo triiege
arken ungefüege
Silber unde goldes vol,
fi8f> dannoch dunket mich wol 720
daz iuwer witer gitsac
stüende ofleu allen tac.
wizt ir daz geschriben stat
und got selbe gesprochen hat
itl>;» 'wil du äne sünde leben, .i : i > : ; 72,')
du muost genomenz wider geben?
SS rw. ir habt tüsent genomea,
der einez nie ist wider komen. i«! 'ij^
ir lobt helfe gar vll :
.:(,';i swenne man die haben wil, 730
so ist ez allez gelogen ;i t.5 ir. do
und habt die liute betrogen,
swenne ir den armen ane seht,
in iuwerm herzen ir des jeht j/.i .ifi>
oir, ich han verzert ze schuole vil, ri 735
daz ich wider haben wil. -.i...
du mäht wol umb susl gän, uVa -j
ich trü dir uiht gewinnen an.
ob er sich danne unz in den tot i/i
zerret, des im gienge not, ... 740
i'tj't mit joggen und mit weinen \..-- ....
ba't durch got den reinen,
7iß. eu 724. selb' 725. Ezechicl 33, 15 Jf. 728. aiiiigz
738. trau 741. loggen — waiii •'.■... n vjm/s ...>
des wirt er geben iu ze Ion
der grundelösen helle trön,'
BUCH DER RÜGEN. ß7
er gel von iu an allen rat,
so er iu niht ze geben hat.
Uli seht ob daz zitlich ist? 745
mich dunkt ir weit den antikrist
schiere riebe machen
mit so getanen Sachen,
wan in die schätz gehoerent an
die beidiu vrowen unde man 750
bergent von der gitekeit. •*
die werdent im alle bereit,
er geben iu ze I61
delösen helle trön,'
[Den schuokeren]
Sagt den sciiuokeren swä sie sint, f 755
sie sin michel oder kint, ^
ir siilt zuo der lerne »
i'roplich unde gerne >
komen zuo aller zit, »
wan grözer nutze dar an lit. 760
lat iuch niht betragen i
ob man beginnet vragen 1
wie lange wil du schuoher sin? v
ich spriche bi der triwe min, '>
ez mac ein wol gelerter man ' 765
vür künec und vür keiser gan, vj -
so ein leige hin dan stet 'i
und nindert zuo if räle g6t. a
habt ir gedaht zuo priester-schaft, ■ '-^
so siilt ir alle iuwer krafl oirlrj 770
nach gotlicher ere wwii/
und nach der meister löre ->
erzeigen alle stunde. *'
von iuwers herzen gründe n.^ if ;\>'i«
vlieliet unkiuschekeit, u 'ü / 775
ist ilit geschehen, daz si iu leil,
und habet veste in iuwerm muot '''^^'''
daz irz nimmer inör geluol.
75*i. \v\il l'ü . scIiiiU 701. «üt 770. scliüll
5'
Vr>'
68 BICH DEK RIJGEN.
niidet ouch daz lithils,
daz ir niht her wider nz 780
werdet gar bestroufet
und lihte wol zeroufet.
daz w«r ein jaemerlichiu klage
diu sich meret alle tage.
.S4 rir. ir kleit daz ir habt verlorn, 785
< die schuole versümt, des meislers zorn,
vater unde muoter haz :
vür war sag ich iu daz,
ez wa'r ein lihtiu schulde,
vliirt ir niht gotes hulde. 790
iuwer etelicher hat
von alnmosen allen rät.
kirchen oder phrüenden vil.
des er niht verdienen wil.
er ist an allen sinnen loup 79.')
und izzet rehten reroup.'
[Den lotter phafFen]
Sprecht zuo den loterphafFen
ir unreine äffen,
wie verzert ir iuwer leben
daz iu got hat gegeben, 800
wan ir niwan in üppekeit ■■■;..„ «
lebt und in bosheit?
iuwer veiger orden
Solde nie sin worden,
wan ir gät so lasterlich, 805
rehte bangeren glich.
iuwerr bosheit ist so vil
daz iuwer got niht enwil:
dem vinde ouch versmähel
daz ir zuo im gahet 810
vür mangen erharren man,
790. vVrt 794. v*din 801. Won — nur 80&. auf detit
concil zu Mainz 1261 und dem zu Salzburg 1274 war wiederholt ge
gen diese quaestuarii und clerici vagabunili quos vulgus Eberhardinos
vocat verfügt worden, doch vergeblich, wie es scheint. Harzheim con-
cil. Gcrman. 3, 000. 042. 809. veint 811. fiiucrn
BUCH DER RÜGEN. 6l>
die er lieber wolle hau.
da von gel gedrate,
e daz ez werde ze späte
und dringet in daz heiletor, 815
8j VW. daz ir uiht wert verspart dervor.
doch wold ich iu raten wol,
als ich von gotes triuwe sei,
daz ir iuch bekertet,
got baz ertet 820
daune ir vor habt getan,
wan ich wol gelesen hau,
dö er uns in noeten sach
daz er süezecliche sprach
niht des siinda;res tot wil ich, ' 825
er lebe und bekere sich.'
tuot ir des niht, so vind ich wol
daz Ion daz man iu gebeu sol.'
[Den nunnen]
Ir wizzet alle samt wol
daz man weder mac noch sol ■ 830
vrouwen von ir krankheit
strafen nach der rehtekeit.
swer sie wolde strafen,
sie schrirn alle 'wäfen !
wil man uns verderben? ' 835
waz wil man an uns werben?'
si mugen niht erliden
straf, swie si niht miden
ofte daz in übel stet.
da von, bruoder, swenne ir get ' 840
da geisliche vrowen sint, ?
si sin alt ode kint, ' ''
ret in zuo milteclich, "
daz sie niht ungezogenlich
sich gegen iu vergezzen. 845
si sint so gar vermezzen,
81». wolle 819. eu-
— pecherle 830.
ertc
835. suiu1;ei
833. seu 834. schrin
836. m fehlt.
erben
843. Uod
844. seu
,70 BUCH DEH RUGEiN.
85 rw. (iaz sie rivchigeu niuol
gewinnent, ob mau iu durch guol
seit daz in doch wa-re
gar nutzebeere. 850
in git diu natüre daz,
der in verbiutet etewaz,
- . daz sie lihle liezen e,
da wirl in hin nach so we
dj»^, mit trahliinge, in welher aht 8;)5
von in daz werde vollebraht.
mit bagen und mit schelten
kunnen si wol gellen,
ob in leit ienian
pgp vor mangem jare hat getan. 800
swer in unziihte wert,
ob er vor in den lip ernert,
daz mac er haben wol viir guol
von ir grozem übermuot.
ir höchvart ist also vil *ji 865
y-x daz sie aller hande spil ^gj,
als vrilich. wellent schouwen
als werllliche vrouwen.
mit gitekeit hänt sie phlihl: -t Turt
von unkiusche sag ich niht, 870
ü'ut ^^^^ ob daz also wsere,
daz man sin niht enbaere, ^ ; üy? xn/?-
des got niht verbeugen sol,
ez geseit sich selbe wol.
waz spricli ich von der vrazheit? 875
t> ez ist etelicher leit
86 VW. daz si so lützel rihte hat
so sie zuo dem tische gät,
diu doch zuo ir munde
an etelicher stunde 880
Gic zehen rephüeneliu
na-mc viir ein ja'ric swiii.
so sie müezen vasten,
853. scu 861. vritzvcht 864. ireiii 866. 861). seu
871. selb* 879. irem 881. rcphulcin 883. ,seu
BUCH DER RÜGEN. 71
si iiuigeii iiilit gcrasleii,
zoru haz uiide nil 885
selten zwischen in gelit,
diu ungehorsam Überkraft
ahtel niht der meisterschaft.
wold aber ienicn sprechen,
sich vil lihte rechen, ifDü
daz ich den vroweu triiege liaz.
der sol bi gole wizzen daz
ich vrumeu vrowen holt bin
und gerne allen minen sin
dar zuo wolde keren 895
daz ez nach ir eren
au allen Sachen wtere. b-
da von ist mir unma^re,
ob iemen anders sprechen wil.
den danket miner rede ze vil: b 900
er sol mich aber leren
mit wie grozen eren • ' i^
diu erste rede mac bestän, s i'y^-
als sich daz buoch hebet an.
er sol ouch wizzen ane wäu ' 905
daz ich niht gemeinet liän nh i/j
sr> rw. tugentlicher vrouwen sile, ü
ich meine uiwan die dermite o,
die ze aller zit unordcnlich ,a
lebent und untugenllich, 910
wellent heizen geislich >. /,5
und sint doch gar vreislicli, giöm
da von ir bruoder tuol also m)
daz die selc werden vrö: 3
sie lident iuwer strafe niht, •" 915
swiget ir, daz ist enwiht.
so saget in, daz ist min rät
wie uns got erloeset hat.
der im des niht wolde
884. Jesajas 58, 4. 886. zwischan
8',>5. wÖlte 896. ez fehlt. ireii '.»Ol
1)09. zu 914. sein
l, J
:a
loaiTii noU
889. Willi.
M'i. schol
. 903. «Chol
908. nur
::-j?Wl .i^t
72 BUCH DER RÜGEN.
danken als er solde, 920
der verdienet sinen zorn
und wirt eweclich verlorn,
swer aver sine schulde
nach unsers Herren hulde
mit der biht und mit der buoz, 925
- CO'^ ' als ein ieglich kristen muoz,
wil unserm herren klagen,
vür war wil ich iu sagen,
mit einem zäher kleine
den er von herzen weine 930
'^.•- erlischet allez helleviur.
lät iu niht wesen zäher liur
die iu wolveile üj
ofte sint in geile,
leschet ab die hellegluot, 935
'! daz dunket mich von herzen guot.'
[Ditz schult ir dem ktiiser predigen]
87 VW. Vürhtet niht des keisers dro,
get zuo im und sprecht also
'sag mir, keiser, viirste her,
wä von wa'nst du daz got er 940
üf dich hat geleit so vil?
niwan daz er versuochen wil
ob du siner kristenheit
mit helfe wellest sin bereit.
got wil daz dir erbarme 945
ze aller zit der arme
mere dan der riebe man
der sich wol besachen kan. .
scherme in allen vreisen
witwen unde weisen, 950
klosterliute, pfaffheit, -.<■ /ü *..??.
die got ze dienste sint bereit,
mache vrid durch alliu lant
den unser herre si bekant. 'i
920. scboltc 922. euwecleich 925. pechl 927. wil /efill
peklagen 942. Nur 9-46. zu 948. Sc/imeller 3. 188.
949. raisen
BUCH DER RÜGEN. 73
ketzer und die lieidenscliart 955
viht an mit aller kraft,
la dir nieman leiden
den nakten ze kleiden,
den hungerigen spisen
und den wec ze wisen OGO
ob ein eilender man
nindert sich verrihten kan.
swie arm ein ieglicher si,
dem hilf und gedenk derbi
'got hat über mich gewalt, 965
er biet mich wol zuo dir gezall.
87 ;•«'. armer mensch, daz hiute ist din,
daz vvirt vil lihte morgen min.'
din gerihte si sieht,
nihl baz dem herren dan dem kneht. 970
got persön niht üz nint,
wan als er an den werken vint.
I die guoten solt du liep hän,
die boesen lä mit zorne gän.
alle smeichajre "■■■ 975
sin dir unmaere.
swer haz unde nil
• und missehellunge umbe git, -
dem lä niht die hulde din,
wil du mit gemache sin. 980
du solt selben hüeten dich < ;«
vor allen sünden, daz rat ich.
wold aver ieman her gen
der dir wolde gesten ..:.;'.
und spraxhe 'er behaltet wol • :' 985
daz er ze rehte behalten sei/ ■
daz widerrette ich sä zehant i ' '
und hieze in varn in alliu laut,
vrägeu der ma're
ob indert vride wajre. ' ' ' 990
daz vünd er allez vridelos,
yOl. au eilender 97?. iMir 'J87. wid* redd •
74 BUCH DER RÜGEN.
beroubet naket unde blöz.
da von, keiser, schaff also
daz arme liule werden vro.
du hast ein swert in diner hunl, yyö
der got zwei hat gesaul
der krislenheit ze guote
und ze grozer Imote.
88 vir. daz eine sol der bäbest hän,
daz gehoert die phafFen an : 1 000
daz ander nütze in diner ahl
so du aller beste mäht.
slach unde Stiche,
dich an diu vinden riebe.
die dir wellen tuon leit 1005
an der armen kristenheit.
Juden ketzer beiden.
die solt du erleiden
kristen liuten krefteclich,
daz si niht werden in gelich. 101 ü
hilf dem bäbst mit dinem swert, b
,;;i üb er sin von dir begert, £.
mit also guoter triuwe :?.. ,
daz es dich niht geriuwe. >;
setze dich niht wider in, -.li- 1015
habe zuo der triuwe min. -b
) .: i^iii swert snidet baz tr
dan daz din, und wizze daz, u2 ul)
ez ist gehert mit gotes kraft, r,'
daz aller smide meislerscbafl v 1020
ein sämelichz enmahte, ,7 irb Vjü .
;- . ob si dar nach trabte .u
unz an den jungisten tac : b '
vür war ich daz gesprechen mac. b
[Den chunigen gemainecleichj
88 rw. Sagt den küngen durch den munl 1025
,:^ 'ir herren, ist iu daz iht kunt? nl di
swem man enphilhet mere
998. zu (1003/. f* slalui slach unde stich, dich an dincii vinden
rieb. Hpt.) lOOy. Crislaii lOlö. mein
BUCH DEK HUGEJN. 75
guot oder ere,
man muol an in ze aller zil
mer danne dem man liilzel git. 1030
got hat iu enphollicn vil
daz 61' an iu vordem wil.
bürge slete unde lanl
hat er gesazt iu iuwer hant:
da sült ir an gedenken, 1035
dem keiser niht entwenken,
swenne er durch die kristenheil
ze strite muoz sin bereit.
helft im vride machen
an aller hande saciien, 1040
daz gotes dienst werde
genieret üf der erde.
hüet der liule in iuwerm rieh,
!l daz si den beiden niht gelich
noch den ketzern wellen sin: 1045
daz rat ich üf die triuwe min.
ez vihtet an die kristenheit
so manger hande bösheil.
' t_ swer ez wenden wolde,
als er ze rehte soide, 1050
89 VW. des todes muos er sich verwegen,
doch verdiente er gotes segen.
lät hi iu niht beliben
von mannen noch von wiben w;'
der mit zouber umbe get. 1055
als iuwern eren wol an stet,
alle wuochera;re . ■ i .uc .:i;j
lät iu sin unmaire.
vor vürkouf und simoni
sin iuriu küncriche vri. 'n ,-.;,/ hi.ü 1060
aller slahte bosheit .■,{>
lat iu sla'tc wesen leit. rj
hüet iuch ouch vor sündon /;>
und lät iuch niemen schünden
1032. vddern. verf^l. Hl. 6Ü0. 1035. sclii'iil 1050. scliolto
10Ü3. 1064. m
76 BUCH DER RÜGEN.
daz ir icman des gestet 1065
daz üf iuwer sßle get.'
[Den fürsten Grauen vreigen vnd dienst h*reuj
ßruoder, des niht abe gestet,
swenne ir zuo den vürsten get,
ze gräven vrien dienstman,
sprecht sie under ougen an 1070
swie Sit ir so ungert
und an tugenden verkert !
wan man von in hoeret
daz ir kloester stoeret
89 riv. diu iuwer vater hänt geslift: 1075
daz ist iuwer sele vergift.
swenne ir ze spräche gebent tac,
nindert daz geschehen mac
wan in den kloestern, da man gil
die kost umb sus zuo aller zit. 1080
da mit ir doch verdient den bau,
als ich iu wol gesagen kan.
und wolde got, biet ir vür guot,
mit iuwerm grozen iibermuot,
daz in von iuwerr gwhe i085
niht groBzer schade gescha^he.
merket selbe ob ir weit,
swaz ir üf diu kloester zeit,
da habt ir zuo dehein reht:
wan daz ist ein sache sieht, ^ 1090
daz iuwer vordem habent brahl
den kloestern von ir andäht
daz sol von reht der kloester sin,
im dürft niht sprechen 'ez ist min."
gäben iuwer vater iht, 1095
daz was ir und iuwer niht:
der iu ez wolde behalden hän,
er biet ez wa-rlich getan,
da von rat ich iu wol,
als ich von gote raten sol, 1100
10t)7. Prüder 1070. seu vnd* ir 1075. vaeter 1079. Nur
— won man 1091. voderii 1095. va;ler 1100. scliol
BUCH DER RÜGEN. 77
'.»0 VW. hit Äne trüebesal
diu gotes hiuser über al,
(laz iuwer selc nihl verlorn
werden von dem gotes zorn.
ir Sil dem künic gebunden 1 105
ze helfen zallen stunden
daz er sin künecrich
gestellen müge vridelich :
doch dunkel mich, iu wfere
unib den vrid unma'rc, 1110
wan ir habt in reisen
witewen unde weisen
ze ergrinne gewont,
daz iu noch slsete zuo dont.
swer vlizecliche dienet got 1115
von dem habt ir iuwern spol,
der aver von gole k«»rel
den lobt ir unde eret.
wer niöht nii haben in der zai
iuwer veicheit über al? 1120
der vinl zel ob er wil,
dem ir dienet äne zil/
[Den ritl*n gemainecleicli]
< I ' Den ritlern sagl gemeineclich
'ez isl umb iuch so zwivellich
ob ir ze gnaden sil erkorn 1125
oder eweclich verlorn.
man hiez iuch in dem rilter segon
zühte und ere stiele phlcgen,
'.to rw. wilewen, weisen alle zit
schermen in dem lande wil, 1130
da A'on ir sclicrma.'re
heizet, ob ez w;ere,
guofer liule durch got.
ir habt ez aber viir spol:
swer iuch schermsere hat genant, tl35
der hat iuch leider nihl erkanl,
1103. sein 1113. Zu er(i;rainne : zu llevb. CSIC 112/|.il27. ou
1128. Zueilt
78 BUCH DER RÜGEN.
ir hiezl schera're vil baz.
ir schert trucken unde naz,
ir schert mangeii ungebeit
dem iuwer schern ist vil leit. 1140
ir schert niemen äne Ion,
ir schert stiele üiide schon,
ir schert arm unde rieh,
iuwerm schern ist niht gelich,
ir schert daz guot und niht daz har^. 1145
ftljt da von sag ich iu offenbar,
ir wizzet niht wie lange ez werl
daz ir arme liute schert.
iu wirt geweret iuwer schern
so ir vil lihte scha3ret gern, :i> 1150
got wil sölher schener niht,
si sint dem himelrich enwiht.
waz hilfet daz ich rede vil
so mir niemen volgen wil?
doch wil ich mich zerloesen 1 1 55
gen frumen und gen boesen,
'.»I i'ir. sagen in die warheit, :■■
ez si liep oder leit. jj
ez sol ein ritter eren got,
ernslich und niht in spot, 1160
den viirsten helfen nach dem reht,
allez unreht machen sieht, .)
bcese liute machen guot, i •<>
die guoten haben in der huol,
daz in iht übel müge geschehen. IIC»;)
zuo im selben ouch sehen, y
ij ! . daz nieman üf der erde
von im betriiebet werde :
ob er ieman betriiebet habe,
dem sol erz gerne nemen abe : 1170
haben groze riuwe
.-, j umb Sünde alt und uiuwe, doiv. jj.-^/k
haben guot gediuge, ^'i .. li ; 'h
1137. scli^rair lli'i. sUel viiscLoii IKi'J. iiii
BUCH DER lUir.EN. 79
daz in sin cngel bringe
zuo ewiger sta'lekeit, HTT)
da alliu vreude ist bereit.
[Den chnappen|
Sprecht zuo den edelingen
'wie möht in wol gelingen
die wiie ir habt bresen muol
und lobet swaz der boese tuet? 1180
edel unde werdekeit,
der iuwer vater hänt gephleit,
',U nr. die verlieset ir da mit
daz ir den hcidenischen sit
habt iuch genomen an. 1185
als ich iu wol gesagen kan, ^
in ist diu kirche als der stal,
swa man sol rouben über al,
kelcli buoch messegewant
daz muoz allz in iuwer liaul. IHK)
bischoC brobst pharran'
apl münch messena'r,
waren si in gotes schoz, =:
möht ir, sie würden blöz.
da von mac ich geliehen 1195
iuch wol sicherlichen
der heidenischen undiet
diu nie nilit guoles geriet. i'
daz luüt ir allez umb den sliiiil. '
käme ein mal umb ein pliunf, ^^ 1200
ez dilhle iuch uiht ze swa-re,
daz Ol daz guot wa're.
da von bit die beiden
daz sie von iu niht scheiden
oder bringen iuch da hin ' 1205
dar iuch leitet iuwer sin,
daz ist diu tiele helle :
da wirt iur geselle ' ''"h«'' I''»
1181. wii(l(;cliail 1182. va'lcr — f,-c|)lilait 1183. voiIumI
1184. des 1185. 11»J6. eu ll'.IÜ. als 1191. Piscliolf
1201. dcuclil eu 1202. Daz oUj 120 i. seu 1208. wN ir
80 BUCH DER RDGEIN.
Astaröt und Satanas :
92 rir. wie kan iu ioimer werden baz, 1210
an ir wellet wider kern,
die sele vor der helle nern,
büezen iuwer schulde
nach unsers herren hulde
mit gar grozer arbeit? 1215
i tuol ir daz niht, ez wirt iu leit.
[Den schiltchnechten]
Vragt die schiltknehte
veic und ungerehte,
seht daz keiner entwiche
., . und sprechet zornliche 1220
'sagt ir wunderarmen mir
gedräte, wes gedenket ir
daz ir so vlizecliche
von dem himelriche
vliehet naht unde tac, 1225
daz niemeu iu erleiden mac?
wes habt ir iuch an genomen
mit herte zuo der helle ze komen?
ir quwmt wol ringeclicher dar
vil lihte in der ersten schar. ' 1230
iuwer ezzen ist enwiht,
ir habt ofte ze trinken niht,
ir gesläfet seilen wol.
so man ez allez sagen sol, ;.
swaz sich geziuht ze hertekeil , 1235
und ze grozer arbeit,
da Sit ir mit überladen,
92 VW. des habt ir den groesten schaden.
verspehen rouben unde braut,
daz ist iu allez wol bekant. i ; - 1240
ze steine und ze nahlschäch
ist etclichcm vil gach,
dem doch wsere gar leit j •
ob ez icman von im seit.
1227. cu 1228. h*lte 1230. IccLi 1234. s«liol
1242. par gacK ....
BUCH DER RÜGEN. 81
nu hnerl, ir ereloseii zagen, 1245
kunnet ir mir iht gesagen
waz ir von iuwer arbeit
mit iu in die helle treit
mere dan die siinde
zuo einem urküude 1250
daz ir boesliche habt gelebt
und statte wider got gestrebt?
weit ir iuch des niht raäzen,
alle siinde läzen,
bihten unde büezen, 1255
als wir alle miiezen,
ir wert gescheiden ewiclich
von got und von dem himelrich.
[Den purga^rn]
Strafet die burgaM-e,
sprecht ist iu iht swsere 1200
daz man über al seit
daz aller hande bosheil
bi iu wirt gebrüwen? ,;
wer mac iu getruwen
daz ir niht mit habet pliliht? 1265
daz sprich ich dar umbe nihi ; .V.i
93 VW. daz ich bcesen arcwuu
zuo iu allen welle hau,
mich düht aber billich
daz ir gar vlizeclich 1270
besa'ht wer scliuldic wa?re,
den liezt iu sin unmajre.
ir spiset mangen boesen wihl
der iu wa;rliche vüeget niht.
wuocher zouber ketzeri 1275
vürkouf huor simoni
höchvart gitekeit
nit haz vräzheit
phahtsniden diupheit
1253. eu 1275. chetzeriiei 1279. phochsneiden. ober pfaht
vcrgl. zum pfajfcn Konvad 'ZI, 23. der siitti ist klar, doch vermag ich
das wo7't sonst nicht nachzuweisen, vcrgl. übrigens facht in Toblers
Z. F. D. A. II. 6
81 BUCH DER RÜGEN.
und aller slahte valscheit, 1280
vierhartcere ritfiän
speha?re wert ir nimmer An.
weit ir beeren kurzlich.
uf min triu des dunkel mich.
swaz mac sin von bnesem lisf J285
bi in allez erdäht ist.
[Den kaufleutenj
Sprecht zuo den koufliulen
"waz mac daz betiuten
daz iu so we nach guot ist?
ir weit alle in kurzer vrist 1290
werden also riebe
daz iu niht si geliche ,. - >
gräve oder dienstman.
da von ich gedaht han
■* ■- ' daz ich iucb strafen wolt, 1295
wau ir gedenken soll
y3 rtv. ich lige lihte schiere tot:
sol ich mich in so gröze not
durch miniu kint versenken?
" ich wil dar an gedenken 1300
daz ich nu mere hän
dan min vater ie gewan.
ob ir des lihte niht entuot,
so nemt daz in iuwern muot,
ir varl hin gen India 1305
und belibet lange da
oder verre in andriu laut,
der iu vil ist bekant :
swenn ir her wider keret
und habt daz guot gemeret 1310
ir vindet jungiu vänzelin,
diu mugen lihte eins andern sin.
dunkel iucb des aber wol
daz man daz niht sprechen sol,
y4p])cnzrl/. Sprachschatz s. 173. 1281. virhart.rr. Oherlin 1805,
Srhmeller 1. 6."? 5. l'29r>. wolle 121M). Won — schölte
1.311. \:eiilzelciii. Schmeller 1. 545 u. TiSi. J . Grhnin Uviiih.ßichs s.Ti&.
BUCH DER RÜGEN. 83
so bedenket die not, 1315
daz nienian mac vür den tot.
so man iuch ze dem grabe treil
und iuch da vil vaste kleit,
swie ser diu vrouwe weinet,
doch sie sich vereinet 1320
und siht hin unde her
'wer ist diser? wer ist der?'
sie kleit in ir herzen
ir grözen smerzen.
'min lieber wirt ist leider tot! 1325
mich twinget dar zuo gröziu not
t)4 VW. daz ich ein andern nemen müoz
der mir tuo miner sorgen buoz.'
;i . si schowet an sie alle,
welr ir wol gevalle : 1 330
der wirt dins guotes erbe,
enruocht ob man verderbe
dine sele und dinen lip,
er hat doch din schoenez wip. .
nu merket ir koufman 1335
waz ich in geseit han : <
ir wizzet niht wer hin treit - •
daz ir mit grözer arbeit
habt über mere brähl.
ir het sin niht also gedähl. 1340
dient umb die ewikeit,
ez wirt in wahrlich nimmer leit.'
[Den die alr slacht chaufent und verchaul'entj
Sagt den kiufelsrn also
est wunder daz ir immer vro
werdet üf dem ertrich, 1345
wan ir sit Judas gelich
oder lihte bneser vil,
als ich iu bewieren wil.
der wunderarme Judas
weste niht wer der was 1350
1318. .Ml i:«-). ire
6*
84 BUCH DER RÜGEN.
den er der judischen diet
verkoufte umb phenninge und verriet,
94 rw. und gerou in doch so hart,
daz er an der selben vart
die phenninc hin und wider truo( 1355
und sich vaste ze brüsten sluoc.
dö er der Juden ernest sach,
er gedähte unde sprach
'wan ich unschuldigez bluol
verkoufet han umb kleinez gaot. 13fi(>
so wil ich vaste gäben,
mich an den stric haben.
mit unmuot er hin gienc,
einen ast er umbe vienc,
an der selben stunde gescbach 1365
daz man in da hangen sach.
du armer kiufela're,
nü vräge mich der m«re,
so sag ich dir die warheit,
ez si dir liep oder leit. • 1370
daz Judas got verkoufet hat ; ;
des mohte niht werden rät,
wan ez durch unser heil geschach,
do got uns in noeten sach.
du verkoufest ofte got 1375
und hast dar zuo dinen spot.
daz Judas einest hat getan,
da wil du nimmer von gelän.
swenn du umbe loufest,
y") viL<. koufest und verkoufest, • 1380
mit swern gist du got hin,
daz sprichet aller meister sin.
nu verdenke selbe daz,
wil du koufen etewaz,
du spriciist bi got, est des niht wert! 1385
und bist du doch der sin begert.
du nimst daz in dinen sin,
1359. 1373. Won 1385. e dez nicht w*t " ;}..
BUCH DER RÜGEN. 85
swie kleine waere din gewin,
du wil bi got dar umbe swern.
wer kan dine sele genern? 1390
des hiil Judas nilil getan,
er uiuosle drizec phenninc liän,
er gap in tiurre danne du.
armer mau, waz seist du uu?
du mäht dich niht unschuldic geben, 1395
got weiz allez din leben.
ez gerou dich nie so hart,
du woldest an der selben vart
noch zwir als vil swern,
daz du möblest dich genern. 1400
du hast an got verzwivelt nu, W:
da von b'st ouch verdorben du,
ob du dich niht bezzern wil.
got hat genäden alse vil ).
j daz er dem sündier wil vergeben 1405
swaz er in allem sinem leben
wider in hat getan: - ..; •' !•
wil er von den sünden län
und wil genäde suochen.
yä rw. got wil sin geruochen.' /" > i 1410
[Dem Schergen und sein gesellen]
Den Schergen und den wuochera*r,
litgeb unde spilajr,
den diup und den schächman, '
; den huorer und den rillian
heizet loufen bi der zit, j., 1415
daz in der vient ir Ion git.
er wil sie schone setzen,
ir dienest wol ergetzen
üf der tiefen helle trön. i '
daz ist der höhen vürsten Ion. ' 1420
sprecht ob inderl si ein man,
des ich lihte vergezzen hän,
der in wesen mac gelich,
1389. woli 139,'j. machst 1417. seu .
86 BUCH DER RÜGEN.
den nemen mit in vrilich,
im wirt diu helle niht verseil, 1425
der vient enwil daz ieman kleit
über in urab sin Ion,
er wil sie wern gar schön,
sin gewizzen ist so gröz
daz er sich schämt, ob ieman bloz 1430
von im solde keren,
der in hat in eren
gehabt einigen tac.
niht mer ich in gesagen mac,
sie wellen danne biiezen 1435
Jesu Krist dem siiezen
alle ir missetät, '.
96 VW. so mac ir niht werden rät.
[Den gehorsamen gepaurnj
Ez sint zweier slahte gebür, ■-,
einiu guot diu ander sür: .r 1440
• den guoten siilt ir guotlich,
den bcesen sagen zornlich. . .
get zuo den guoten, sprecht also
'liebiu kint, sit staete vro :
mit iuwerr reinen arbeit . 1445
spist ir alle kristenheit.
dar an belibet stajt:
swer in iht anders r«t,
der wil iuch verkeren
von got und von sin eren, 1450
den lät iu rehte leiden
als Juden unde beiden,
gelouben nach der kristenheit, ..
gotes vorht, rein arbeit,
da lät iuch nieman wisen abe, 1455
swie gesmacke rede er habe,
dient iuwern herren wol
mit triuwen, als man dienen sol,
mit zinse und mit wisät,
14*28. scu 1438. niht] wol 1441. schult 1449. 1455. eu
1459. weisat; Schmeller 4, 180. • •- "t;
BUCH DER RÜGEN. 87
als iu ez gol geben hat. 1460
gebt iuwern zehnt mit triuweii
und lat iiiclis iiihl geriiiwen,
vast und virt ze reliter zit,
leist daz man an der bihte git,
'.t6 VW. get ze kirchen, gerne bet, 1405
als iuwer guoter vater tet.
eret die heiligen zit .
diu iu got zerkennen git.
boese liute vliehet,
die guoten zuo iu zieiiet. ■• 1470
die ir seht in hungernöt,
den teilet mit iuwer bröl,
lat sie niht verderben ' , •
noch vor hunger sterben,
od ir Sit der rehte schol, 1475
daz seit uns diu geschrift wol. , ,•/;
liebiu kint, sit stajt dar an,
als ich iu geleret hau,
so hat iu unser herre bereit V
nach iuwer grözer arbeit 1480
in sinem himelriche ruo :
da bring uns got alle zuo/ '
füen gepaurn die sich zuo houeleuten geleichent]
Mir tuot gebüre hochvart
zorner dan ob sie von art
hochverlic möhten sin: 1485
da von, lieben bruoder min,
get zuo in und sprecht also,
'so, min miilrössel, so, .- . ;
ir habt iuch gcnomen an,
des iuwer vater nie began, 1490
«7 VW. also grozer hochvart
diu lihte nie gehöret wart
von keiner slahte gebürschafl,
diu doch alse gröze kraft
bieten und groezer er 1495
IWi. euz 1488. mulrSzsel 1489. hap cu
88 BUCH DER RÜGEN.
danue ir gewinnet immer mer.
iu ist zuo ungelücke ger,
svvenn ir nach schilt unde sper
geratet setzen iuwern muot.
volget mir, ez wirt iu guot. 1500
; -. ' iu ist bü wol bekant,
nemt die arl in die hant,
ert ziunet unde sael,
snit dreschet unde ma^t,
und ander slahte arbeit 1505
' . . die man gehören üf leit,
als iuwer vater hant getan,
die wären, wa?n ich, guote man.
swer des nihl gehorsam ist, i:-'
bedenke sich in guoler vrist 1510
; waz er da von widerdriez
und wie kleinen geniez i ^ i.;
wirt gewinnen her nach, • '>' ,.
dar zuo im nu ist so gach.
die edeln übersehent niht, ... 1515
daz sie mit in haben phliht
in keiner slahte geseUeschaft
oder daz sie ir kraft
97 rw. gegen in erzeigen :
sie müezen in vür eigen 1520
dien oder liden not, '
daz in wseger wa^r der tot.
dannoch ist daz groezer vil
daz in der vient geben wil
an euer werlde ze löne, 1525
dem sie hie dienent schöne, ; ;
ze spise nätern slangen, '
wil sie nach trinken blangen, . < : *, . v
er macht in eine zeche .- ^
von swebel und von peche, . • 1530
von czzich gallcn galgan,
als der übel vint wol kan.
1531. galgan. vielleicht ist galga nux, gallapfel gemeint 'i> vergl.
Carpentier zu Du Cange unter galga. .., i '
BUCH DER RÜGEN. 89
[Den werltliclieii vrowen]
Wir müezen alle des verjehen
daz mau vrowen übersehen
sol von drin Sachen: 1535
daz wil ich war machen,
ich wil die sache nennen
daz man sie mac erkennen,
von zwein sachen sol man ern
vrowen und ir lop mern: 1540
diu dritte sache erbarmet mich,
wan si ist erbärmeclich.
nu beeret unde merket wol
wä von man vrowen eren sol.
wir waren ewiclichen tot, 1545
118 VW. uns brähte ein vrowe üz aller not
diu uns den heilant gebar,
als ir wol wizzet alle gar,
si ist Maria genant,
über alle kristenhcit erkant. 1550
durch ir reinen zarten lip
eret elliu vrumen wip.
die andern sache nenne ich iu
sicherliche: daz ist diu,
wir haben alle wol vernomeu 1555
daz wir von vrouwen sin bekomen:
da von sol man sie billich ern
und ir lop statte mern. * '^ '
er wicre niht ein vrumer man'
der daz niht wolde statte hau 1560
und niht nsem in sinen muot
die zwo Sache wunderguot.
weit ir die dritten sache hän,
so gedenket dar an, i
habt ir mit in ze reden ihl, 1565
ob kein strAfe da geschiht,
der mugens niht erliden, :.
swie daz si niht miden i
15G2. 7.U0 ••';.'' .--' . .
90 BUCH DER RÜGEN.
swaz man in verbieten kan :
wolden siez niht hän getan, 157U
ez muoz zehant dar nach geschehen.
des müezen alle die mir jehen
'J8 VW. die vrouwen ie hänt erkant
in der werlt durch elliu lant.
da von, lieben bruoder min, 1575
lät iu iinmwre sin
'ii • I zuo der strafe und zuo gebot,
si hietens doch vür einen spol.
wan mugt ir sie wol leren
wie von sünden ze keren 158Ü
der mensche sol sin bereit,
zenphähen die süezekeit
die got in sinem riebe
teilen wil geliche
die sin willen haut getan, 1585
kint vrowen oder man?
swaz man vrowen sagen sol,
als ir alle kunnet wol,
daz sagt in also guotlich - " ■
daz keiniu vergezze sich. 1590
diu vil liht so gwhe
wa^re oder spa^he \ ,
daz sie zürnen wolle, v
des sie doch niht ensolle,
die nemt besunder hin dan, 1595
strafet sie als einen man
. oder triwen vürbaz,
wan ich hän gelesen daz
'kum sich vor dem wolve ernerl
der sich der wülpen niht enwert."^ 1000
91) VW. [Daz gehört die priid* selb* an die pdigeu
schullen vnd lern die cstenhait]
Hoert, ir bruoder, minen rat.
Sit iu got enpholhen hat
die kristenheit ze leren
1570. WoUiii seuz 1572. mir die 1579. waiij waz
BUCH DER RÜGEN. 91
uäch zuht und nach ereu,
so hebet mit den werken an, 1605
als unser herre hat getan:
diu süin sta*te wesen guot.
dar nach nemt in den muol
daz ir an der bredige seit
ze aller zit die warheit. 1610
geboesert niht mit ungebär
die liute, wan sie nement war
wie ir iuch da zuo keret
daz ir mit worten leret.
da von halt iuwer zuht, 1615
von allen siinden habet vluht,
keret iuch zuo gote
und ze sinem geböte,
daz nieman viir die warheit
gesprechen müge swaz der seit 1620
und mit worten leret,
mit werken da von keret/ ,. -
got weiz elliu herzen wol,
da von muoz unde sol
der mensche in allen stunden 1625
tuon des er ist gebunden,
y.t >*«'. da von, bruoder, sit gemant,
wan iu tugent ist bekant,
ze rihten iuwer sinne
nach der wären minne. . 1630
iuriu wort sin sta'te war,
heimlich unde offenbar,
iuwer leben geislich ;,
sta'te und unvreislich. ; ,
diu herzen sin vridelicli . > 1635
und der muot silelicli, , ,
daz iir iuch niht werde getriben
also wir vinden gcschriben
'swenne eigen schuld den lereer ,,5
strafet, daz ist lasterbier.' , ,,.,,,;, 1640
1607. schulii 1G^2. vcral. zu Iw. 458 und m IlerboH 828.
92 BUCH DER RÜGEN.
vlieht die vrowen bi der zit,
wan 'ungewoerer stsete lit
stro bi dem viure
da wazzer wa-re tiure.'
ob ez aber nu geschult 1645
daz ir mit in weit reden ihl,
Jl" daz si nütze und kürzlich,
des man ich iuch gar vlizeciich.
niht diu händel drücken,
niht hin zuo smücken, 1650
niht loslich an blicken,
' ' niht diu ärmel zwicken,
niht schouwen rötiu wängelin.
daz lät also durch got sin,
da kumet von boeser gedank 1655
und werdent vestiu herzen krank.
SANCT OSWALDS LEBEN.
205" Ueme noch frewden mere >
Stet alle seyn begere
Der höre czu gar ebin
Von sinte Oswalden Icbin *
Das allw geschrebin stat 5
Vnd was her begangen hat
Dem kinde lobesam ■ ' '
der todt ymbeczeite uam ' ■
Beyde vater vnd muter '
do begunde der vil gute •' ■ 10
vil willich her began
Sey vater hatte em gelan
Reichtum vnd gutis ane mosz
Synt das her eyn heyde was
Her lys jm bürge vnd lant czu eigen 15
Das nmste man jm beczeigen
dinst vnd vil eren
164'2. VVnii— uugcvvare 1649. h«(]t;l lOlö. lözlcich
SANGT OSWALDS LEBEN. 93
alle (ly grosen Herren
Dy bey den seibin jarcn
Vndir yni gesessen waren 20
Newn konig reiche
dinlin ym alle gleiche
dreyczen bischolTc
Gehorten czu seynem hole
Virczig grouen bey namen 25
Alle czu seynem dinste qwonicn
205'' Von den wart her gesundert
Ritter sebenczen hundert
Vnd dreysig tawsint man
dy ym czu geböte musten slan 30
Do der milde sinte oswaldt
Gewuch(s) vnd wort so alt
Das ym konig geiug
Seyn swert nochtrug
Do ryten em alle seyne man 35
her sulde das mit nichtc lau
her sulde nemen endelich
Eyne fraw lobelich
Dy ym wol beqweme
Vnd ir gebort ym ebin czeme '"40
Also oswalt an dy czyne qwan
do sach her komen eynen mau
Czu seynem hoffe her do ging
oswalt en wirdiglich entphing
her sprach liber bruder meyn 45
wy ist der name deyn
Her sprach ich heyse tragemund ■
Alle lant syut mir wol kunt
Czwc vnd sebeczig czungeu
das wunderte den iuugcn 50
Gar scrc das her en l'rogete
vnd bat das her ym sagete
20G " ap her yrne hette irkorn
Eyne iuncfraw zo wol geton
dy ym czu nemen tuclite 55
do her mit ir blcbin mochte ■■■■'
94 SANGT OSWALDS LEBEN.
kewsch bas an seyn ende
Vnd alle niisseweude
Neyn sprach der bruder czwor
dy werlit ist zowuste gar 60
Sinte oswalt alczu hant
Nam den bruder bey seyner lianf
Vnd fürte en vil drote
yn eyne kemenote
off seynen stul her en satzte 65
vff dy bang her sich selbir satczte
Uy hrn worn des gewar
Sy sprochin alle olfinbar
Herre ir tut nicht recht
Das ir nedir fallit also dy knecht 70
ofF dy harten bencke
Ir suUet euch bas bedenckin
das do sten czu ewer hant
Stete bürge vnd eygen laut
vnd thut ewerim leibe nicht zo we 75
vnd sitczet uff dy benche nicht me
Durch got habe ich geton . ./
das desir gar nmder man ;•
206'' Gerue doruffe diste bas
vil wol gan ich ym das 80
Her sprach liber bruder meyn
Sage also lip alz dir got mag geseyu
Kennistu yn deyne synne
Irne eyne konigynne
dy mir czum weihe tuchte . " 85
vnd keusch mit mir bleibin mochte
do sprach der bruder hyr
Ferre obir das wilde mer
Doch wil ich dir eynen rot gebin
Mit der du kewsch magist lebin 90
Do wouct eyn konig freysam
Der bot eyne tochter lobesam
Sy hot tugende vnd schonde aue czil
...V \'orwor ich das sprcchin wil
Juncfraw spangc ist sy genant . ' 95
SANGT OSWyVLDS LEBEN. 95
Ir vater ist den beiden weit bekanl
Wer sy freyet das sage ich ane czorn
Seyn lebin hol her czu hani vorlorn
Sy ist zo gar behende
Sy bleibit kewsch bys an ir ende 100
Synte oswalt ane der stunf
Spracli vil über tragemunt
Rot mir \vy ich sy gewynne
Dy selbige kewsche konigynne
207" Her sprach alz ich habe gesayl 105
Wer sy freyet dy schone mayt
Der bot vorlorn seyn lebin
Her mag nicht wol dowedir strebin
Doch mich dewehte ys notze were
du host wol acht jor here 110
Eynen rabin geczogen ane wan
das her vil wol sprechin kan
den losz balde brengen her '
vnd volge meiner lere
vorgulde ym seyn geFedere ' 115
Tsz brengit dir fromen wedere
versilbere yni dy clawen seyn
vorgulde ym seyn snabil feyn ' ^*''
Mache ym uf das hewpt schone '
Eyne güldene crone 120
Vnd losz yn jn das beiden lanl '
Flien das wirt ym bekant
Der sal freyen dir czo (gar?)
dy edele mayt das glewbe mir czwor
her sprach vil liber bruder deyn (/. meyii) 125
Got lone dir das rotin deyn
Oswalt bys hin springen - **
her hys den raben brengin
her satczte yn ut' seyne schossz
wy wenig en das vordrosz 130
207'' her streichle ym seyn gefedere
vom hewpt bys her nedere
her begunde mit ym czu kosin
der rabe horte gar lose '
96 SANGT OSWALDS LEBEN.
Her sprach vil über rabe meyn 135
du must nw meyn bole seyn
Gar ferre yn fremde lani
Mir ist worden bekant
. .; , das ein konig gar vormessiii
Obir das mer ist her gesessin 140
Der ist eyn heyde freysam
vnd hol eyne lochte lobesam
dy ist genant iuncfraw spange
; du Salt nicht beyteu lange
vil liber rabe meyn 145
Frey mir das megeteyn
Synte oswalt mit losten
do den raben koste M
Vorne an seynen spitczen munl
vnd druckte yn czu der seibin stunl 150
an seyn hercze liplich
her sprach got hy von hyüielrich
der losze dich gesunt von mir
her lachte yn an gar wunderschir
her sprach vil liber rabe meyn 155
Irwirp nw das megeteyn
208 '^ her sprach ich vorsage dirs nicht ,
Ich habe dorczu gar gute phlichl
das wil ich gerne thueu
das du mir gebewtist nw H>0
nu losz balde hin springen
Eyn gülden liugerleyn brengen
das ich dir möge vnvorczait
gebin der vil schonen mayl
ap ich sy irwerbin kan . I(>5
Wennc edele iuncfrawen han
gerne lipliche goben
her tat alz eu hys der rabe
vnd lysz eyn achtbar vitigerleyn
Brengen das was guldeyn 170
das was gewest des vaters seyn
do stunden drey steine yune
dy worn cdil vnd gut . '
SANGT OSWALDS LEBEN. m
der eyne was dy deinut
der aiidir dy gerechtikeil 175
der dritte was dy kewsclieit
dy hatte sinle oswalt
dy drey mit ym mit gewalt
das vingerleyn ym lip was
zo das her der iiy vorgas 180
hy czu cleynen stunden
dem rabe wart gebunden
das vndir den tlogil seyn
208'' her sprach vil über rabe meyn
das gib der edeln konigynne 185
.'Juncfraw spangen durch den willen meyn
wiltu eyn fromer böte seyn
So brenge mir von ir eyn vingerleyn
das ich möge dy worheit
Irkeunen zo werde ich gemeit 190
der rabe czum herren sprach
williglich gerne vnd lach ,i(
ap got von hymel wil /
Ich kome hyn yn eyne kortzy czil
vnd frolich wedere 195
her schotte seyn gefedere
vnd Hoch in das lant -- ■■ ,'- ; •;
das ym der beide wart bekant j
Ho her den herren an sach
■ Czuchliglich her czu ym sprach 200
Gegrusset seystu heydenischer man
der beide sach den rabe an
her gruste en wedir vnd sprach ^
Czu seyne herren vfi jach
wer bot hy zo sewberlich 205
desen raben wunderlich , ,. .
Mit. silbir also gccziret
vnd mit golde also floriret
dy herren alle zunder wan
200^ den raben begunden alle czu ym yen 210
Sy betten schoncrs rabin ny gesen
Der beide en do fragete .,
Z. F. U. A. IF. 7
98 SANCT OSWALDS LEBEN.
vnd bat das lier xm sagete
von wanne licr komen wero
vnd durch welcheiiey mere 215
das vmme her durch dy lanl
der rabe yni das nicht bekanl
Torste seynen willen gebin
i>8l zo bette her das lebin verloren
wer der beide worden ynne 220
das her dy konigynne
Seyne lochter wolde freyen
her bette sich über raocbt vorczeien
<..^ t doch vorsweig (her) dy worheit
das ym icht wedir werde leit 225
her sprach ys ist eyn konig reiche '
dem kan sieb nymant gieichin
vnd wonit yn dem dewtczin lande
iXil vnd hol eyn laut weit vnd grande
Her bot auszgesanth mich !> . 230
her bot bereit sicherlich
Vierdehalpbundert güldene cleyder "■
vnd sprach czu dem heydin ; ^
r.*?? Weldistu dich (ewfin Ion
der cleyder must du eyn par bau • 235
209'' her sprach libis rebeleyn ü. ü ;.■;/
lossz mich bleibin der ich bin >'
Nicht nie sage mir
•■:'■■''- Von der toffe das sage ich dir ^^ '
Meyn brot vnd meyn weyn «'' 240
Sal williglichen deyn ''■
Seyn bys an deyn ende ; ^, -
du bist also bebende
• I. Her sprach wiltu wunder sehen
zo losz balde her yen 245
das schachczagil spil brengin dir
der beide sprach nw sage mir
Off" die rechte trewe deyn
«UV Von dem schachczagil spil meyn
her sprach nw ich dirs sagin sol 250
du hast eyn brct das ist wol
SANGT OSWALDS LEBEN. 91»
hundert lote marg wert
der heide mit der fart
lys balde loffin hin
vnd brengen das spil vor en 255
das bret was von hellinbeynen
Saphiren worn dy steyne
Mit gulde zo durchslagen
das ys ir czwelfe musten tragen
dem heidin dy rede wol gefii 260
Im was übe zu dem spil
210" das bret was groz vud starg
Is koste wol hundert niarg
das schachczagil spil mit der farl
do vor en gebrocht wart 265
do hys der heydenische man | t)!)
den raben hebiu an
der rabe alvmb sich sach
Czu den herren her do sprach .
dy dort worn yn dem sal 270
her grusle sy abir al
her bat sy alle gemeyne
das ym alleyne
wünschten gewynnes heil
her sprach ich wil euch gebin eyn teil 275
Ich achte nicht wen ys berewe . . ^
Ich cleide euch alle newe
dy herren mit grosim schalle
wunschtin ym heyles alle ,., /;.!'.
Der rabe do dy weile nam f > t/ 280
(»'•;. vnd zoch gar furchtsam * > rr? rnö
das her dem heydenischin man
das spil allis an gewan
her gewan des suldis i,« ■''.'.. ',
dreyhundert marg guldis / 285
,: ••:: Goldis vnd auch wol mir
des irczornitte her den heidin zere
der heide sprach czu dem raben m
210'' Ich wil dy weile meyn ebin habin
Wol her an alle meyne man 290
7*
xm SANGT OSWALDS LEBEN.
dy Ich nw liy oben haCn)
der rabe niusz seyn hewpt
hy lossen das gelewpt
'li'.S her imisz meyn gefangyn werdiii
vor mir mag her nicht wol genesin 295
Em helfe denne eyn bedirman
Mit bescheiden werten der rabe
Sprach dem beiden den czorn abe
Di)!;: her sprach wort yr y von trewen holt
So nemet hin das selbe golt. 300
vnd kewft mir alczuhant
edil tewer gut gewant
Purpir vnd scharlachen
i;al das sal man desin herren machiii
Der beide dys nicht lysz 305
das gewant her kewffin hvs
das dy herren sulden haben
vnd hys das vor den raben - ^ ^
i'i ofF eyne lolfil do vortragin
das gap her der herczogin ' 310
vnd den andern grosin herren
Eyrae itczlichin noch seynen eren
das sy seyn wol gedechtin
4 V5 'i her gap rittern vnd knechtyn " * '^^
211" kochen gesinde vnd knaben '5 315
musten ouch seyn gewant habin
Das tat her allis vilib das
das her qweme czu der mosz
■■' Ap en der liunger twunge
das ym wol gelunge " 320
Qweme her yn das kochhaws
das en nicht her wedir aws
Trebin dy aschinbrodele > '• • '
Vnd slugen en uf seyne gefedere ''
do eyn das gewant gecleidet wart '" 325
Yderman noch seyner art
her brochte das mit hobischeil '
das der konig ouch seyn cleyt • • ' ':*i
-V- Beguudc selbir czu tragen ' ^'
SANGT OSWALDS LEBEN. 101
Juncfraw spange horte sagen 330
Off der bürg dy mere
wy do cyn rabe were
der künde Wunders also vil
wol czyen das schachczagil spil
das wunderte sich dy iuncfrawe 335
den rabeu wolde sy schawen
Sy hys bereitin ir gewant
das totin dy meyde alczu hanl
An eryn leip wart geleth
Eyn sne weysz cleyt 340
Do worn wassir perlyn uf getragen
211'' Vnd mit gulde wol durchslagin
Ir volgete noch eyne grosze schar
Sechczig frawen dy worn dar
vnd hundert iuncfrawen 345
dy man vil gerne mochte schawen f*
Dy iuncfraw ging czu hant
do sy erin vatir fant
Czuciitiglich sy czu ym sprach . .g
;f^r.v'>o Do sy en an sach .; ) n; 350
bey nieynem gote vil süsse ,- ^.,j
Edeler vater ich dich grusse : f •
her sprach edele tachter meyn £, .
Meyn got sal deyn Ion seyn
her was schaftu ,v 355
vor mir edele tachter nw , 1 - i •
Sy sprach ich habe vornomen
wy eyn rabe her ist komen
Ferre ausz dewlczin landen ,, j
Noch deme ist mir zo bange 360
Sy sprechin her kiinde Wunders so vil
vnd wol czyn das schachczagil spil
her sprach yo tachter zwor
das ist alczu mole wor
Gestirn her gewan nyi/} 365
dreyhundert marg mir an
Sich an viiib desin sal j-
212* Wy her vnscr volk obir al 1 vü
102 SANGT OSWALDS LEBEN.
Schone hot her sy gecleil
(las alle seyn gewant tret 370
desir wunderlichen sachin
dy iuncfraw hegunde czu lachin
Sy sprach vil über vater meyn
Vnd mag der rabe meyn geseyn
her sprach gestern yn der nacht 375
hat ich dir en bedocht
Jo vil libe lochter meyn
her mus yiiier deyn eygin seyn
OiC dy iuncfraw alczuhant
des rabin sich vnder want 380
her wolde nicht mehe gan «'!!,'
Sy muste en an erim arme trayn
Sy trug en vil drote
CiC' In eyne kemmenotc
So sy nymande me woste ' 385
Sy rette mit ym was sy loste ^ „^ .
Sy druckte en liplich an sich
Sy sprach meyn got behüte dich
I - her sprach iuncfraw das ist nilit wol getan
das yr dy apgote betet an 390
Glewbet an den woren got
der alle ding geschaffin hot *
Vnd loth euch tewfin vil balde , -
So werdit ir bchaldin ■- ' '
212'' vnd ir werdit da von selig ' 395
vnd aller sundcn ledig
Do sprach das edele megeteyn '
Ich tar nicht von dem vatir meyn
' Der ist zo gehas den cristen
Mit allen seynen listen >• 40O
Wo her das irfurc "-
das lebin ich vorlore . i',i
der rabe sprach iuncfraw meyn '
Nym mich an dy arme deyn
vnd merckc ebin vnd wol i <;,' /^^)^
was ich dir sagin sal . ; . .i
Dy iuncfraw lobesam - ' »^'' ' 'i>
SANGT OiS WALDS LEBEIN. 103
den rahiii an eriii arm nani
Czu haut der rabe vnvorczayt
Frevle dy schone mayl 410
her sprach gut grusse dich iuncl'raw
Got grusse dich lügen ey rosen taw
Got grusse dich licliler morgenstern
Meyne awgen dy sehn dich gerne
Got grusse dich meyeu reysz 415
Got grusse dich bluendes paradisz
Got grusse dich cdele kouigynue
Ver spange libe iuncfraw uieyn
Sy sprach got vorgelde dir
213" So was kanstu mir 420
Also schone sproche sagen
Jo torste ys ny keyn konig wageu
Vmb nich her vorturbe ^\(i
das her y gewurbe jfn -»/.
Is ginge yni an das lebin seyu 425
her sprach czartis iuncfrawleyn
Vorgysz deyner togunt nicht iy }r,-rr
das du nicht lest totin mich
Sy sprach neyn ich zwor
das bys an alle vor !|>. oG' ■ i30
Grusse mich vnd frey 'i> Il-
aiso lip das dir sey
her sprach zo merke dese ding 1
Mich hot eyn cdil iuncgeling
der obir yenisz mer wont 435
her iuncfraw czu euch gesaut
Der ist iumfczen jor alt
vnd ist geheisin oswalt
her ist eyn konig lobclich
gar gewaldig vnd reich ^^vi«?; • "^^0
Gar toguntsam vnd gut
Czu gote stet ym seyn nuil
Mit vasten vnd mit beten
Got wil her niht abe trelin
213'' In der kirchin czu allir czcil i, 445
her ouch vil gerne leyt u." :)/:
( uirjU
V,?. Vfj
V ?.fi\'f
^^viu;^
■ iV
.'■'■f
! '} "1 "■'.>
lOi SANGT OSWALDS LEBEN.
das tut her ouch vrab got
der alle ding geschoffin bot
der entpewt dir iuncfrawleyn
weldistu seyn bule seyn 450
ber weide mit dir lebin
vnd weide dir seyne trawe gebin
kewsch bas an das ende seyn
'•li Neyn spracb das edele megeteyn ^ fi)
bore was icb dir wil sagen 455
vnd vornym mir meyne clage
Is ist wol dreyczen jor
do starb mir meyne muter dar
i'^'.'i' Oucb bot mir meyn vater vorczall
Wenue icb worde xvj jor alt 460
Vnd dorczu qweme
das ber micb dy weyle neme
An meyner muier stat
'-■^^- bore was ber geton bat
Durch meynen willen synt 465
wol vierdebalp bundert konigis kynt
von ym getotit alle
warte wy das dir gevalle
''1 •' Do sprach das rebeleyn
214" Czu dem megeteyn 470
Nu bore iuncfraw wol getan
Nym oswalt czu eynem man V;r!
das du mit ym werlicb
' • kommist yn das bymmelreicb
Wiltu ouch Zunder wan . . .475
Bete vnsern got an
Sy sagen ouch wol
was vns gesehen sal ; '
Juncfraw spange saget der rabe -r; ,
Tut euch der rede abe 480
vnd glewbit an ibesum crist
der eyn worer got ist
vnd nemet an euch dy tawffc der zelikcil
<'» ♦* zo kommet ir yn dy ewigkeit ;:.
vnd wert czu den stunden 485
SANGT OSWALDS LEBEN. 105
von ewern suuden entpunden
der werdil ir alle ledig
vud ewig vnd vmmer selig
Nu hore was ich dir sagen wil
du spricht also recht vil 490
Von dem konige hochgemut
Vnd qweme ys yn meynen mut
Mochte her denne wedir sten
dem grymmigen vatir meyn
21 4'' her sprach jo edele kouigynne 495
frew dich vnd bys fro
deyme fridil musz also
dynen vnd wesin vndirtan
dreyczen bischoft'e lobesam
Vierczen grofen lobelich -; 500
vnd newn konigreich .'
Fumfczenhundert ritter vnd gut ^
Alle müssen thun seynen mut
vnd dreyssig tawsint man
dy synt ym alle vndirtan b 505
de iuncfraw spange dese wort i« ;iO" '' t, i L.
von dem raben hatte gebort .» 'i^^'il
So frolicb sy do wart 'J • /l
Sy sprach do czu desir varl i
Wol mir das ich ie gewan -1 510
das lebin liber rabe nw sage an *
bot was mir meyn fridil ausz gesant
Mir bey dir icbt obir laut
her sprach eyn guldyn vingerleyn 1
das nym vnder dem flogil meyn 515
üii'. Nu czu desin stunden
hy bot her mirs gebunden -
dor vnder mit der hant sey > JiiV-
das sal iuncfraw wesin deyn i
215'' wenne du Übe iuncfraw meyn 5 520
>(*.. An sist das vingerleyn '^Ai ;i!ilO ''*'
So gehoristu ymmer werlich iJ
Czu dem schonen hymmelreich i
Uo das dy edele mayt ü. tjji'
106 SANGT OSWALDS LEBEN.
An sach vnvorczayt 525
Sy warl also wol gcmut
Von dem vingerleyn gut
Beyde kewscher vnd toguntsam
0^', Rechtin globin sy an sich nam
her sprach iuncfraw seyt ir 530
meynem herren holt zo sendit bey mir
Ouch eyn guldiu vingerleyn i . lA
Sy sprach vil libis rebeleyn
(H:i Bälde sy hen loOin hys
Sy czu ir brengin lys 535
Eyne stolcze lade
das tat wol dem rabcn
Dorawsz nam sy eyn vingerleyn
,,,' das brenge dem Üben herreu meyn
vnd sage ym schire aber r 540
was das vingerleyn togunt habe l
Wer das vingerleyn gemeit
An seyner haut ys treyt
, . der wirt nicht irslagin '. ,1;
215'' Off Wasser noch uff wegin ; i-.l 545
her mag nicht irtrincken
Noch keynerley weise vorsinckeu j
Vnrechlis todis gerecht , -,'o.
Mag her gesterbin nicht '
Das kompl von seyner togunt dar < 550
Is hot achczen furslen crafft gar ■,
das saltu libes rebeleyn
brengin dem libeu herren meyn •
her sprach vil libe iuncfraw meyn
An bint mir das vingerleyn 555
Mit grüner seydc alczuhant :,
Mit ewcr sne weisin haut ■ i'
ßynt mir das feste vnd wol
Synt ich fei're llyen sol < •
Obir des wildis meris hoe 560
das mirs yeht entphalle jo
Dy iuncfraw her ouch bat
das sy gebe iren rot -, v
SANGT OSWALDS LEBEN. 107
wy ir fridll mit seyoer schar
Czu ir komen mochte dar 565
Sy sprach ist her also creftig
Also du sprochist vnd so mechlig
So sage ym das her bawe
Czwe vnd zebeczig schiffe nawe
216" Vnd schicke dor eyn alleyne 570
Sinte oswalt der reyne
Vnd alle seyne dinstman
dy ym alle sint vndirton
Vnd komme selbir mit yn her
In alle deme gerberde 575
Ap her wer eyn kawffman
das mag her grosen fromen hau U
Gan ys mir denne got :;
So fare ich mit ym an allen spot
heym czu lande 580
Frolich an alle schemde ,r; ;^v
der rabe do weg wolde ;,
do nam yn dy iuncfraw holde i\
liplich an ir ermeleyn :. ya iri'
Sy sprach libis rebeleyn i 585
Is stunde mir nicht wol an
Sulde ich dich von hynne Ion ,i ; [^
Flyen von mir vnbegobit
wy worde ich denne gelobil
Wo man das worde gewar :v ,i 590
(^^'■i:i Is stunde mir czu vordeucken gar i
Du mocht nicht sagin von mir ..j
das man glewbite dir - ^ut'
, dy furstcn vnd ouch dy herreu
216'' Neyn czwor ich wil dich ereu 595
Mit etlichin dingen j, :;. ■; i ;J>
Mir mag noch wol gelingen .y,
Perlen vnd gesmeide /
Purpir vnd seyde ;; Jioi i; ,'-.
Von silbir vnd von gokle 600
^>i ' Man brochte was sy wolde _
das lysz sy vor en legin ; i,;;;. liff ,
108 S.VNCT OSWALDS LEBEN.
(lea rabin vnd czyren
Ir iuncfrawen eyne
Mit golde vnd mit gesteyne 605
der iuncfrawen eyne
Czirerte ym seyne gebeyne
Mit feynen wassir perlin
Otc dy ander dy kny sein
Mit cleyne niargaritin steyn ■ 610
vnd mit edelim gesmeide reyne
dy dritte ym czu den cloen ruckite
dy vierde ym den snabil smockite
(,{•■ dy fumfte machte ym schone
Vff seyn hewpt eyne crone 615
dy vj seyn gefedir
Streichte von obin her nedir
Rechte also iuncfraw spange wolde
'tH' Wart her gecziret mit golde
217* do her also gecziret wart . ■' -: ! 620
do stunt her yn alle der art ,^
Ap her eyn engil wer
vnd ausz dem padis füre her
Juncfraw spange alczuhant
Streichte yn mit seyner weisin hant 625
do slug her seyn gefedir lang
das ys obir al clang
Seyn guldin gut gesmeyde
j Gewunden wol mit seyde
Edele iuncfraw sprach der rabe 630
Got lone euch ewer stolczin gebin
Orlop wil ich haben nw
Ich musz von hynneu nw
Sy sprach czu dem rabin ... .■ ' ji
Orlop saltu von mir habiu /''.<: 635
Sy trug en selbir an dy czynne
Vnd hys en flyen von hynue
Sy sproch fleuch hin libis rebeleyn
' ■ Got deyn beschirmir müsse seyn
vnd gedcncke an mich vil arme mayl 640
vnd was ich dir habe gesayl
SANGT OSWALDS LEBEN. 109
hin flog her mit sorgen
Bvs an den eylften morgen
do qwam her vnfro geczogen
217'' VfF das wilde mer geflogen 645
her warte wo ys ym tochte
das her geruhen mochte
do was eyn kawfman irtrunken
3Iit seyme schiff"e was her vorsuncken
des mastbomes wart her gewar 650
Der rabe flog uf en aldar
üoruff"e her gerute sedir
vnd her irschotte seyn gefedir
Zo das von dem geschotte seyn
Entphil ym das vingerleyn 655
czu hant yn der selbigv stunt '.'^ ' -
In des wildis meris grünt
der rabe do crang wart
Dorviiib sulde ich irtrincken *" .
Vnd yn das wilde mer vorsinken ■ 660
Vnd besorgete ich meyn nicht
An vnserm herrn ihesum crist '' ^' -
Wol X sechczentawsin jor
habe ich versewmet das ist wor
Svnte oswalt dem herren meyn 665
Vnd iuncfraw spange dy edele konigy
Im was leide vnd bange
Seyne clage werte en lange ''
Eyn fischer qwam geswnmen '
218* Vff des meris vnden - 670
In eyme schiff"e balde ' h -■ '■
das was des rabin salde ■
Eyn fischer gut vnd weise
der hysz meister reys ■> '■'■'■'
der den seibin rot bcvant 675
do mete der engil den konig bewanl
do her den rabin blicket an
heiligen globin her gewan
her vil uf seyne bare kny '
Nedir yn seyn keneleyn ' ''* OSO
110 SANGT OSWALDS LEBEN.
her sprach bistu ys raphael
Adir der engil gabriel
Adir hol dich got von hyramelreich
r.i7\ her nedir gesant czu mir dich
her sprach geruche dich wer ich hin 685
Vnd wirir eyn das netze deyn
dir wedir fert gut heil
du feest fische eyn michil teyl
f),'.0 Fische alhy an desir stat
der fischer das czu hant tatd 690
Das en der rabe hys
der gute got das nicht lysz
her fing vil schire wol
r,,': Seyn schiff gutter fische voi T
218'" Der fischer sprach nw nym du rabe 695
Also vil fische also du wilt habin
Gip mir eynen sprach der rabe
do mete ich mich mochte gelabin
r. , das arme crancke hercz mey(n)
her irwoschte eynen mit dem snabil sey 700
der do hatte das vingerleyn / . .
Geslungen yn den magen seyn
In sich her das geslungen hat
;:. ; der rabe den fischer gar zere bat
das her ym en uf sluge 705
vnd gebe ym seyn gefuge ([
wedir das guldin vingerleyn -;
her sprach ys ist gewest deyn
Zo saltu ys wedir habin
des irfroyte sich der rabe 710
her sprach bint mirs vndir den Hogil meyn
vnd fische bas an das ende deyn
dorvmb wil ich so schone :;: i. ri»
Betin got das her dir lone
vnd her dyr seyn cngcl sende 715
An deymc lelztin ende
A-lso wart dem rebeleyn i ;
wedir seyn guldin vingerleyn ;i
Do von her frewde vil i-ewan '. ,'L
SANGT OSWALDS LEBEN. 111
viid her flog vorbas von dan 720
Obir eylfi" tage fort
219* das her gar mfide wart
dy weyle her oiich ny entpeysz
Gutter speise wedir kalt noch heys
Off eyme steyne her do sas 725
der ausz dem mere gewachsin was
doruffe was her noe gestorbin
vnd vor hunger vilnnoch vortorbin
bette got von hynimelreich
nicht irneret seynen leip 730
dem yni seyne speyse
Sanle ausz dem paradise
dy her also lange nani
Bas her wedir czu creflin qwam
do swang her seyn gefedere 735
vnd flocli abir wedere
Bys das her jn seynes herrcn lanl
Quam der oswalt ist genant '-'
Synte oswalt an der czynne
wart des rabin ynne - 740
her sprach frewet euch ir herczogen
vnd ir grofen vnbelrogin
Ich see meynen rabin czart ^
wedir komen uf der farl
Der rabe qwam gellogin 745
her achte nicht uff der herczogin
Noch der grofen keyne
In wer das lip adir leyde
219'' her floch ym uf dy achsii seyn ii ' <
her sprach bys wilkomeu liber rabe niey 750
wo bistu gewest also lange
was entpeut mir iuncfraw spangc
dy edele czarte konigynne
des saltu werdin ynne
Sy bot dyr entpoten das 755
mit gantczin trewin anc has
dyr wil sy sich ergebin
vnd keusch mit dir lebin
112 SANGT OSWALDS LEBEN.
an cris leibis ende
an alle missewende 760
Ich begere ouch nicht mere
Sprach oswalt der edele herre
So was hol sy mir gesanI
das saitu mir thuen bekant
dyr hol gesant dy edele konigynne 765
Eyn schon guldiu vingerleyn
das was entphallin mir
In das mer das sage ich dir
tii:", das hot dir got gegebin wedir-
das losz en genisen sedir 770
das dy armen lewte
Also ich dich kan bedewtin
obir dy irbarme dich
:r; 7 durch den got von hyilielreich
So wirstu komen schone 775
Czu dem ewigin trone
220" her sprach gerne libis rebeleyn
Zelig sey dy lere deyn
i»; her sagete ym des vingerleyn craft
vnd dy macht dy dor an lag i 780
Also lip alz ich bin dir
Zo sage Über rabe mir iii
hostu icht vornomen /
.; Wy ich czu ir mochte komen
Her sprach gehabe dich wol ! 785
Ich dirs allis sagen sal .../.
Ich habe ys irfaren gar •., '
wy du czu ir körnest dar < > .
1, mit wunderlichin sachin j
Salin dir losin machin >■> 790
Czwe vnd sebenczig keyle : r. . ., ,r .
IJeyte nicht vnd eyle
vnd losz sy gar schirc blicken
'i. dor eyn zo saItu schicken ; '<
hantwcrg allir hande c 795
dy man yn dem lande
dy man yrnc vinden kan . . i :^
SANGT OSWALDS LEBEN. 113
dorczu nym alle deyne man
So sal ich mit dyr komen aldar
komen yn alle dem dir vur 800
Ap du seyst eyn kawfFman
Ap dirs deiinc got gan
So fert sy mit dyr czu lande
220'' dy iuncft-aw an alle schände
Oswalt nicht lange beyte 805
dy schiffe gar schire bereyte
Dor eyn vnvorczogin
hys allis das gut doreyn legin
das man dorczu solde habin
Eyn sas her vnd alle seyne man 810
hyn füre her mit seynen herrn
Bys uf das wilde mer
do vorgas her des rabin
den her methe sulde habin
her ryf ir herrn alle gemeyne 815
hot den rabin ewer keyne
Sy sprochin alle neyn
In hette denne yrne keyn • .: :
her sprach woluf endelich
Sewmit nicht das wil ich 820
Ewer achte adir vier
Brenget mir en vil schier
Czu hant do bereyt wart
Sy musten do wedir an dy farf v;; "'f5
do funden sy den rabin gan 825
Alczo eyne arme man
In eyner snodin art
wenig gulis yin getan wart
Sy sprachin czu dem raben
du must mit vns drabin 830
221'^ Von hynne alczuhant
Ferre yn fremde lant
her sprach ich wil do heyme bewain
vnd wil nicht von hynne varn
Meyn herre bot meyn vorgessin 835
vnd ich mustc mit den sewen essin
Z. F. D. A. II. 8
114 SANGT OSWALDS LEBEN.
des worn sy gar zere vordrosseu
Sy habin mir mey gefedir czu stossin
Vnd raeyii schon gefedere
wy sulde ich denne wedere 840
koiiien nagkt gegangin
Blosz vor iimcfraw spangin
das stunde mir nicht wol an
wil mich meyn herre han
mit ym czu seyner iuncfrawcn 845
her musz selbir noch mir komm
mit allin seynen herren
vnd mit seynen dyncrn
1 - Dese wort dy boten
Oswaldin wedir kunt totin H50
Oswalt czu haut uf der fart
mit den seynen vmb kart
do her den rabin an sach
i her knyte nedir vnd sprach
Eya vil liber rabe meyn 8ö5
Losz wendin den czorn deyn
221 '' Vare mit mir von hynne ; /
das bete ich dich mit ynne
wo du bleibist hynder mir
Juncfraw spange ich entpir 8G0
her sprach ir habet meyn vorgessin
mit den sewen nuiste ich essin
dy habin mir dy fedir meyn
ausz gestosin das ich blos bin
So habin dcyne kochin knechte N05
mir geton gar vnrechte
Sy haben mir czuslagin
Meyn hewpt das ich musz clagin
Oswalt rylF mit schalle
Sy müssen hangen alle 870
her sprach das sal nicht seyn
das ymant durch den willin meyn
wurde benomen seyn Icbin
das ym got bot gcgebin
Nu setze mir dy crone recht 875
SANGT OSWALDS LEBEN. 115
Meyn gefedere mache siecht
So fare ich mit dir vnvorczait
Vnd schicke dir dy schone mayl
Oswalt nicht lengir beyte
den rabin her bereitte 880
Vnde her eylte ane mosse
vfF des meris Strosse
222" Im czu farin wart bescheidin
Sebinczen tage reyse
Sy musten wol acht jor 885
Vmb farn das ist wor
Im was aus der mosen bände
her künde nicht kernen czu lande
In vil manichin joren
Von des wildin meris strömen 890
Czu der iuncfrawen seyn
Vor spange der edelen konigyn
das machtin hose winde
dy en vmb trebin swinde
In dem erstin jore 895
lys em got czwore
Alczu mole irtrincken
Eynvnsebeczig schiffe vorsinckeu
ym wedirfur grosz vngcmach
Leydes ym ouch vil geschach 900
Off des wilden meres ström
doch en got yn seyne hutte nam
vnd dy libe muter seyn
Maria dy hyilielkonigynne
Do vor spange das vornam DOö
das ir fridil nicht qwam
Sy gedochte ir vil leyde
vnd ging czu dem heidin
222'' das tat sy allis vmb das
das sy ym das vingerlcyn 910
weyste das her muste seyn
kewsch wen her das an sach
vnkewscheil an ym gebrach
dy selbe logunl hatte ys ouch
14C SANGT OSWALDS LEBEN.
Ällir czorn von yni (loch 915
von seynen togunden das geschach
der heide begunde czii frogen
das sy ym sulde sagin
wer ir das gegebin liette
vil vngerne sy das tete 920
Juncfraw spange wart gewar
wol jn dem newndin jor
das ir lyp an vndirlasz
In vil grosin nolin was
Noch mochte her nicht irdrinkcn 925
Noch yn dem mere vorsinckin
Em was gegangen abe
Brot Irincken essin vnd ir habe
,,,.^ was czu speyse tochte
das her nicht mehe gehabin mochte 930
Oswalt want seync hende
dem schiffe ging her czu ende
do stunt eyn alter
doruffe gotis martir
223" Her sprach got von hyüielreich 935
Irbarme dich hewte obir mich
Mir deyne hilfe sende
Ich forchte meyn leip habe eyn ende -,
0 du rosen vares blut
vnser herre nym mich yn deyne hut 940
dy clage horte der rabe ouch
dem herren her ouch uf den arm floch
her sprach was gewirt dir
Liber herre das sage mir
do sprach hen wedir synte oswalt 945
Meyne clage ist zo manchfalt
das clage ich nymaude raere
Wenne gote vnserim herren _.
Ich weys was ich dir sagin sal
du weist ys selbir wol 950
das nw dirs yeilierlichin gat
Is sal wesin gut rat
Globe got an desir frist ; . f \'h
SANGT OSWALDS LEIJEIN, 117
Au vnserm lierren ilnli crisl
(Irey tage yii der wochiii 955
vasleu viigebrocliiu
So (lastu keyner hande wey»
Giillcr speise nicht entpeysl
So wirt dir marien kint
Sendin eynen gutin wint i)00
ti*J3 '* das du koiliist czu laude
Czu vor Spange noch der ist dir zo hange
Oswalt das nichtiu lys
her tat was en der rabe hys
do qwam eyn vil gutter wint 1)05
der en czu lande brochte synl
do her czu lande komen was
der rabe wart nv zo lasz
Czu der bürg her hin floch
vnd dor vndir swebete ouch 1)70
das treib her also lange
das dy konigynne vor spauge : - ,
Seyn do gewar wart
des rabin zo czart
her floch durch eyn fensterleyn D7ü
dorvndir sas dy konigynne
do eyn muterleyne
13ey ir was der meyde keyue
Do sy den rabin an sach
Sy entphing en vnd sprach 1)80
I3ys wilkom vil libis reheleyn
wo ist oswalt der herre meyn
her sagete ir dy mere
wy her mit groser swere
Mit not vnd mit sorgen grandc DNö
komen wer nw czu lande
224' vnd das grosz vngemach
das ym uf dem mere geschach
Liber rabe nw sage an
wo bot her dy schifle gelon 1>1)U
lier sprach sy scyn irlruncken
vnd vn dem wilden mere vorsuucken
118 SANGT OSWALDS LEBEiN.
Sy sprach zo rausz ich bleibiu hir
Vorwor das glewbe mir
her sprach edele iuncfraw gut 995
Czwor alz ir ys nichtin tut
vnd wo das vorginge
vud do hen nymmer qweme
do man euch nymmer nente
Adir ewern namen irkente 1000
Ich ouch mit uichten dar
wo ich ewer worde gewar
Sy sprach lip liher rabe bleib hy bey mir
, V Ich Ihu allis das lip sey dir
her sprach iuncfraw meyn 1005
Ir sprecht alz eyne czarte konigyn
Kiot euch tewfin balde
das wirt ewir sulde
do wirt von euch getrebin
vnd alle ewer sunde vorgebin 1010
Sy sprach ist her eyn heiliger man
Meyn fridil das ich nicht gewissin kan
224 "' So heysz en betin seynen got
das her ym helfe das ist not
vmb eyn hirsch das sal seyn silberin 1015
vnd fewir rot guldin
der sal loffin alczu haut
durch meynes vatern lant
kan her den gehabin nicht
von seyne woren gotis phlichl 1020
So musz her von hynne gar vnsewberlicli
von hynne farin ane mich j.
der rabe sagete ym dy mere
vnd ouch nymande mere
Bessz yn alle der not 1025
wenne vnsers libin herren got
vnd libe muter seyn
Allis sunder eyne trosteryn
. Ich rote euch allir zuudir wan
Rufft sy mit gantczin trawen an ^ 1030
Vttd her sagete euch da bey ,. >
SANGT OSWALDS LEBEN. 119
von dem hirs geweye
Wy das salde gelon seyii
Viid wy der hirsche lifl'e hyii
Sulde do czu haut 1035
lofFeii durch eris vater lauf
wo das nicht geschit
So maglslu Ir habin nicht
•i2ö'* vnd must an surgen banden
varin heym wedir czu lande 1040
Oswalt fil uedir uf dy kny
her sprach ich bin nw alhy
komen in surgen vnd yn peyn
herre durch den willen deyn
hilf mir durch den werdin gel 1045
das ich konie aus not
vnd gip mir czu desir frisl *
den hirsch also her mir befoin ist
Losz mich nicht vorterbin
dorvmb wil ich werbin 1050
Czu eyner kirchin dir
Also ich sy allir beste habe
das ich möge dor abe
Eyn prister daste bas gehan
vnd yn deyme dinste bestan i055
Williglichin czu allir czei»
An dir alle meyn trost leil
do her dese wort gespracli
Eynen hirsch her do vor ym sach
Ap her aws dem padise 1060
vnd yn alle der weyse
Vnd yn alle dem geberde
Ap ys eyn heiliger engil were
Von silbir vnd von guldc
225'' also gol von hymel wolde 1005
das der hirsch wonniglich
Czu der bürg machte sich
Obir berg vnd obir tal
lylT der liirsz obir al
her lyf vil manche farl 1070
120 SANGT OSWALDS LEBEN.
das der heyde seyn gewar wart
her rifF wol uf alle meyne dinstmaii
Ich sehe eynen stolczin hirsz stan
den schonslen zo ich eii y gesach
Czu hant das volle uf brach 1075
dem hirsche folgelen sy noch
wol dreisig tawsint man vilnoch
Czu hant uf der selbigen fart
dy bürg veste geslossin wart
Gar wol unvordrossin 1080
Mit czwe vnd sebeczig slossen
In der selbigen stunde
der rabe abir begunde
iijO i Czu sprechin mit der edelyn mayt
her hup uf vnd sayt 1085
Ir dy swere mere
wy dy bürg geslossin were
Gar zere her sy bat
<>u ■ das sy selbir gebe rot
226 " wy sy ir fridel were 1 090
Vnd das sy von der bürg qweuic
Sy sprach ist her eyn heilig man
alz ich an dem hirsche gesehn hafn)
■ -i:ii.' vnd eyn teil irkant wol
Seynen got her betin sal 1095
das sich dy slosz uf slissen
vf der bürg das mag her wol gcnissen
Geschit das von seyner bände
*»'j1..' zo fare ich mit ym czu lande
do her dy botschafft vornam 1100
der rabe czu oswaldin qwani
her sagete ym dy mere
das dy bürg geslossin were
'' Oswalt vil nedir uf dy kny
her sprach got ich bin alhy 1105
Irfrewc meyn gemute
durch alle deync gute
Gedenke über hcrre meyn
'■ ^<-M das ich durch den willen dcyn
SANGT OSWALDS LEBEN. 121
vnd durch rechter kewscheit 1110
dy du an meyn hertze host gelclh
Ich wil dir leistin dy gobe
dy ich dir globet habe
mit willen liber herre meyn
226'' deyn dyner ich ymmer wil seyn 1115
des losz mich herre genissen
das sich dy slosz uf süssen
dese bürg alle gemeyne
vnd das ich kewsch vnd reyne
mit der edelen konigynne 1120
Bälde möge komen von hynne
Ee her dy wort ausz gesprach
dy slosz man alle offin sach
A.lczu hant der rabe
dy iuncfraw nam her abe 1125
do fürte her sy bey der weisin hant
do her seynen herren fant
her antworte seynem herren
dy iuncfraw mit grossen eren
Synte oswalt alczu hant 1130
Juncfraw spange vndirwant
her entphing sy frolich
vnd vmbgreifF sy liplich
mit den beyden armen seyn
her koste sy an beyde wengeleyn 1135
An allin argen wan
Vorbas her sy nymmer an
Gerurte czu keyner stunt
her druckte sy an seynes herczin gruni
227" her sprach der alle ding bot 1140
Geschaffin mit seyner maicstal
der losse vns allen beiden
In rechtir kewscheit vorscheydin
Ap stysz her das schilf seyn
hyn furle her dy konigynrie feyh 1145
Sinlc oswalt der milde
Lür des meris wilde
Gzu hani vol komen was
122 SANGT OSWALDS LEBEN.
do qwam der beide vnd dast
Mit dem hirschiu guldiu 1150
vnd wolde den der libin tachter seyn
Vor libe habin gegebin
Sy was ym lip alz seyn lebin
do her dy tachter nicht fant
Eyn hörn nam er yn dy hant 1155
das satczte her an den niunt
Vnd blysz das czu der selbigen stunl
das hörn lawte vnd bedewlet das
Seynen czorn vnd grymmigen has
vnd seyne grose grimmickeil 1160
dy her an dy tachter let
dornoch alle samen
dreisigtawsint heidin qwomen
-' dy do alle bey dem hörn
227'' wol irkanten seynen czorn 1165
dy irboten alle sich
Czu seynem dinste williglich
her sprach ir herrn gebil rat
' '' Synt mir eyn kawffm(an) hol
weg gefurt dy tachter nieyn 1170
das musz mir leyt seyn
dy weile ich lebe eynen tag
ßys ich mich gerechin mag
' Ausz der sammelunge her do kosz
dreisigtawsint beiden grosz 1175
dy bey den selbigen joren
dy beste alle woren
dem heidin was vil yoch ^
- her machte sich snelle hernoch
do juncfraw spange gewar wart 1180
Eres vaters nachfart
Sy gyng alczu hant
do sy oswaldin fant
Czu des Schiffes ende
Sy koste ym seyne hendc 1 1 85
Grosse libe musz geschcidin seyn
Jo sprach sy Über herrc meyn n. '^
SANGT OSWALDS LEBEN. 123
Meyn vater hot irschellit eyn honi
das bedewlet seynen czorn
her ist eyn freisim man 1190
228" vnd koüiet her vns an
her brengit vns in grose not
An bete wir balde vnsern gol
An den ich gerne glewbin wil
das her kawme also vil 1195
In dreyen tagen gefarin kan
Also wir hewte habin geton.
Synte oswalt knyte nedir
mit ynnickeit bette her sedir
her sprach hymelischer got 1200
Sich an meyne grosse not
vnd gedencke ouch doran
was ich dir habe geton
willigUch durch rechte reynikeit
vnd vmb laulir kewscheit 1205
Ich wil dir leistin y dy gobe
dy ich dir globet habe
Vnde ich ouch dorczu
obir vier wochin yo
Machin eyne spende 1210
mit meynes selbis hende
So wil ich alle dy gewern
dy an mir icht begern
durch den willen deyn
hilif vns herre ausz desir peyn 1215
vnd mache das meyn swer
Bey dreyen tagen möge nymer her
228 ^ An dy stat gefarin kan
Also wir hewte han geton
do machte das hymelische kint 1220
- . das do qwam eyn gut wini
her hinderte den beiden
das her sich voste leide
Czu bedenckin begunde dorynne
hin her für vil manche kroine 1225
vnd manchen irren gang
124 SANGT OSWALDS LEBEN.
das machte ym dy weile laug
Also qwam sinte oswall
heym vor dy Strosse mit gewall
In seyii eygin lant 1230
vnd sammilte sich alczu haut
her czu hoffe brochte alsam
wol dreisiglawsent mau
an dem dreiczeudeu tage och
do qwam gefarin hen noch 1235
Seyn swer der heide
Vmb seyne tachter was ym leide
Mit dreisigtawsint reckin
Dil'.** Begunde sich wedir sy czu streckin
Oswalt hatte dreisigtawsint man 1240
her begunde wedir en czu stan
Streitlich czu sampne quomen
229" dy heidin grosen schaden nomen
(^t;': Eyn teil wart irslagin
Alz ich horte sagin 1245
das andir teil irtrang
In dem mere ys vorsang
Gar obil ys dem heidin ging
v '[ den heidin man selbir ving
Seyn leip vnd ouch seyn lebin 1250
Sinte oswalt wart gegebin
JJo lys her seynen swer
legin yn eynen kerker
. . der do was gelegin
Gar none bey dem wege 1255
do man hen vor muste gen
Is was gut das man iing den mau
Eynes tages das geschach
, : der engil czu ym qwam vnd sprach
Lebistu noch du heideuischcr man 1200
wy lange willu ym vngioben stan
du Salt nw alhy seen
was gegebin wirl den
• vi"! 'ly 'ly Ö'**^*^ gedynet hau
vnd gute wcrg hau gethon 1265
SANGT OSWALDS LEBEN. 125
Ouch saltu gewar wenliu
was vordynel liabiii dy nf erdin
dy do lebetin wedir gol
229'' vnd nvv getoten seyn gcbolli
her begunde selbir czu ycn 1270
her weide ys gerne sehn
do sach der geselle
nedir eyn dy helle
do sach her legin ynnc
Eyne grosse wolffynne 1275
dy tewfil stunden vmb sy
Swefil vnd pech gossin sy yn sy
In den balz an vndirlosz
Ir peyn gar grosz was
von hitcze stang vnd roch 1280
do bey stunt eyn stul ouch
der beide czu haut frogelc
vnd bat das her ym sagete
vnd ym tele offinbar
wes der stul wer aldar 1285
vnd was das mochte gcseyn
dy wolfin in der hellin peyn ;
her sprach ys ist dy hausfraw dcyn
So ist der andir stul gegebin dir
her ist aldo gesatczt dir 1290
Do her sach obir sich
In das hoe bymelreich
do wart her gewar
Drey stule offinbar
230" Sten bey marien schone 1295
An des hoen hyiiielslronc
der beide en abir frogete
vnd bat das her ym sagete
Was dy drey stule wem
her sprach der eyne oswaldin sal seyn 1300
der andir der tachlcr deyn
der dritte mag wol werdin dir
wiltu andirs volgin mir
Vnd will dich tewün Ion
126 SANCT OSWALDS LEBEN.
vnd got belin on 1305
der beide czu hant do
Sprach yo herre yo
aller deyner lere
w'il ich williglich fulgen gerne
Des morges do das wart 1310
Juncfraw spange an der fart
Begunde czu der kirchin gan
Ir vatir sach sy vnd riff sy an
Tochter gehe her vnd höre mich
Mit trewen das bete ich dich 1315
Mir ist hewte vorkomen
vnd wy ich das habe vornomen
das wunderliche mere
i wy eyn gutter got wer
230 *" der wonit yn dem hyiiielreich 1320
Wir habin geglewbit torlich
das wir alle sundir wan
den tewfil gebetet habin an
(■.PlSi Ich habe irkant in desir frist
das eyn warer got ist 1325
Nu vil übe tachtir meyn
Bete oswaldin den herren deyn
das her betit seynen got
'5)Ut-; Vmb raeyne lewte dy her hol
Irslagen vnd irtrenckit 1330
vnd yn dem mere vorsenckil
das her mir czu desir stunt
dy lebendig vnd gesunt
■" So wil ich mich tewfin Ion Vf.V
Mit en vnd got betin an 1335
dy iuncfraw vil fro wart
hyn lyff sy mit der farl
Sy fanl Oswalden an scym gebetc
Inniglichin her das tete
Vor dem crewczc sy en legen l'ani 1340
Seyne andacht was gote bekant
den her steti glich
Bat vmb das hyinelrcich
SANGT OSWALDS LEBEIN. 127
do her dy iuncfraw an sach
Czuchtiglich her czu ir sprach 1345
Juncfraw was macht ir vor mir
231" das berichtet mich
Ir wisset wol was ich en gebetiii habe
das ir stete sullet stan
[n der kirchin vnd betin vil 1350
do sprach dy konigynne feyn
herre mich hot der vater meyn
her czu dyr gesant
vnd her hol mir zo hoch genant
Liber herre ich bete dich 1355
das du got von hyiiielreich
Vnsern herren ihesu crist
Vinb seyn volk betist das do tot ist
Bete das en das lebin
Wedir wirt gegebin 1360
So wil her lossin tewfin sich
vnd wil an got glewbin von hymelrcich
Juncfraw das vormag ich nicht
Ir tut denne gote rieht
Eyn ding das ist ewer kewscheit 1365
vnd ewer lawtir reynikeif
Globet czu haldin gote
Gancz fru vnd spote
das ir czu allen stunden
kewsch vnd reyn werdit funden 1370
So wil ouch got von hyfnelreich
231 '■ Dese bete gewerin mich
An desin grosin sachin
Seyn volk lebendig machin
dy iuncfraw das fro was 1375
Sy sprach gote ich globe das
vnd marien der üben inuter seyn
dy ist dy kewschit meyn
Vnd meync reynigkeit lewterlich
Wil ymmcr behaldin ewiglich I3S0
Stete an allen gcwanckin
Mit Worten vnd mit werckin
128 SANGT OSWALDS LEßEiN.
Wo ich das ymmer breche
Got das an mir reche
Sy sprach über herre meyu 1385
Bete ouch vor dy sele meyn
vnd dy deyneii den glitten got
Vil gerne wil ich an seyn gebot
Wo ich bin yn weidin
mit dem volke adir mit de winde 1390
mit den hyden czu keyner stunt
Seyner übe vorgist nymmer der munt
Ich trincke adir esse
Seyn ich nymmer vorgesse
Vnd dy bitter martir seyn 1395
Vnd der yemmerlichin peyn
232" dy her an dem crewcze leit
vnd der grosin yonierkeit
U^< dy seyne libe muter leit
Vnd seyn grosz vngemach 1400
do sy ir kint hangin sach
an dem crewcze vil hoe
Gleich eyme dybe also
lUK, 0 vater hyiiielischer got
Gedencke an den bittern lol 1405
den du ledist gedultiglich
an desim gebete irhore mich
Ich dich bete hewte
,, Mache das dese lewte
Wedir müssen lebin 1410
dy hy dem tode synt gegebin
Uo her dese wort gesprach
dy lewte man alle sach
■,';• lebindig bey dem vber stan
Vnd bcgundeu czu der bürg gan 1415
Czu der selbigin stunt
Wordin sy alle gesunt
Vff dy bürg qwamen mere
t..-,. wy sy alle lebindig weren
do sy alle bey namen 1420
vor sinte oswalt qwomen -, \^t
SANGT OSWALDS LEBEN. 129
her sante eyn scyn laut
Noch bischoffen alczu hant
232'' Do qworaeu her gefarn
dreyczentawsent ir worn 1425
vnder ym gesessin
her hatte sich vormessin
Sy rausten dorczu tichtin
wy sy dy heidiii machlin cristiii
Dy bischoffe oswaldus iiam 1430
vud ouch ere capellan
Tawftiu czu dem selbigen mole
dy heidin allis obir al
dornoch nicht hinge
wart gelawft iuncfraw spange 1435
vnd ir vater mit der vart
Johannes her geheysin wart .
Dy getawfftin alle '■ '-'■-
Riffen uf mit schalle
Sint oswalt ist eyn heiliger man 1440
der dys wunder hot geton
Johannes do alczu hant - •• -
heym für yn seyn lant
her lysz alle vrab steydin
Tewfin dreysigtawsinl heidin 1445
dy sich nicht woldin Ion
vnd noch rcchlim giobin stan
dy lysz her alle tolin
In zo yemmerlicliin nolin
233* her lysz en gar ufle 1450
Binden hende vnd fasse
Czu sampne vnd irdrenckin i ;
Vnd yn das mer voi'senckin
Alhy hot das buch eyn ende
Got vnsz seyne hülfe sende 1455
Hüft an synle Oswaldin
das her vns yn seyner hüte behalde
Vnd czu dem konige gut
das her vns ncmc yn seyne hut
vnd bessir vnser lebin 14G0
z. F. I). A. II y
130 SANCT OSWALDS LEBEN.
So das wir komen ebiu
Czu ym alle gleiche
In golis hymraelreiche
Das VHS das allis werde wor
So sprechit alle amen offinbar 1465
Et sie est finis
Aus der ff^ie7icr handscJmft 3007, früher N. 297, pap. vom
f. 1472; rerg'l. Hoffmanns Verzeichnis s. 180.
FRANZ PFEIFFER
BIBLISCHE GESCHICHTE.
' Von der beseliaffunge diser weit bils auf das jungst
gerieht gereymt.
So steht auf dein decket einer pa]pierhandschrift der
Nürnberger stadtbihliothek (Bibl. Solger. Cod. N. 15. fol.),
geschrieben im j. 1465, enthaltend a) Diels sint konig Sal-
monis buchere und zivar 1. Salomonis spräche (proverbia)^
2. der zureder oder lerer (ecclesiasticus), 3. gesangk vber
alle gesenge (cantic. canticorum), schliefsend Hie hant Sa-
lomons bucher ein ende Anno dfii tc Ixv'". — b) Hie vahet
an Seneea von den vier angel tugende. — c) eine Wibel
oder biblische geschichte a. und n. t., in 2 columnen mit
bildern {vorn die 4 elemente) und vergoldeten anfangsbuch-
staben, 51 bl., schliefsend Finite hta feria p9 galli Anno dfii
Moccccolxquito. die vo7Tede vie/Teimig, ivohl nach Gott-
fried von Strafsburg ^ dessen Tristan auch wohl gemeint ist.
die handschrift zeigt einige eigenthümlichc laute und reime ^
sie hat nicht nur det, du, trede, rede : stede, baden : gnaden,
drost . . . entstunt : frunt, sondern auch noil, loifs, koning,
könne : wonne u. s. w.
1 ' dot herre in diner trinitat
Welich ein wunderlicher ralte
Von erst bifs herre gewurcketl hat
Ifin aller siner hant gedate
Gar wunderlich ist din gewall
Das sinl wunderlich {restall
BIBLISCHE GESCHICHTE. MM
Din dinge gar manigfalt
Viid ist din wunder vngezalte
Was ein man von wunder mag
Gelesen alle eynen tag
Das ist als Jn die bach ein slag*
So grosser wunder gott ye pflag
Das bruffet wole ein wyser man
Der wunder wole gebruffen kan
Das gott noch nicht nye begaü
Man sehe da wunder allein au
Die Elemente besunder
Ertzeugent alle wunder
Wie sich der erden bunder
Hat gesetzet vnder
Vnd das wasser alda neben
Darumb hat sich der lufft gegebn
Das fuer will obe Jne allen sweben
Das ist ein wunderliches leben
Nu bruffet an das firmament
Wie wunderlich von Orient
Es gahet an den Occident
Diefs ist ein wunderlich euenl
Die sonne hat auch jren gang
Viel tusent mile lang
Bus widder an Jren anfang
Diel's ist ein wunderlich gedanck
1 '' Was die erde auch ye getrug
Da siecht man wunder an gnug
Welich maA wart ye so clug
Der da funde semlichen fug
Were mochte des ein meister sin
Das sich ein rotfarwe roselin
(]lare geferwet vnd fin
Vif slusset gein der sonnen schyne
Diefs zeichenlich wunder diil
Lylien vnd aller bände blute
Were heran setzet sinen mute
1, ;// ff alt für Vii, 14.
9*
132 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Den Avunder nicht wafi got ist gut
Nu mercket was der vrliabc sy
Personen vnderscheiden dry
Da erkennen wir ein gotheit by
Nu sehet obe das sy wunders fryho
Gol der nach wunder richtet sich
Des dinge sint billich wunderlicli
Wasser erde hymelrich.
Die sint wunder alle glich
Vnd darzu der bäumen frucht
Vnd aller creatuer züchte
Von wunder hat die kein flucht
Sie sint von wunder gar gewuchl
Were mochte das wunder mee gethun
Das vfs eym ey wirdet ein hüne
Ein falcke. ein lerche. ein fafsethune
Ein swane. ein pfahe. vnd ein grün
Das ist yedoch noch ein wicht
Sint Hyüiel vud erde was nicht
V^nd ist noch wunder an gericht
Das ist der wunder vberpflicht
Sint wunder also viel da ist
So horent den wunderlichen list
1 " Wie got vnser herre Crist
Geborne warde jn zyttes Frist
Von eyner keyserlichen maget
Wo ist das wunder mee gesaget
Der solich gnade was betaget
Das sie jme zu mutter hat behage!
Was Sache jne hie hat getriben
Das ist nit vnder wegen bliben
Man findt an dielsem buch geschriben
Des ist mir jn dem synne becliben
Das ich des gantzen willen bann
Obe ich die gnade möge emphan
Das ich die rede sunder wan
Will betutten so ich beste verstan '.
Verneinet von erst doch ein clage
Sint ich uch durch mvn sage
BIBLISCHE GESCHICHTE. 133
übe uch der rede icht myls hage
Das rnirs uwer guiist vertrage
Ich kau uit vll gesmyren
Noch die worl gezieren
Ich wil die rede fureo (gevieren'O
Ane alles floriren
Geblumet rede seyt der gral
Herr ywyu vnd herr parzifal
Vud wie gewarp zu Coruual
ßraugeue ysot tristau rewal
Vnd wie die clare plfitzillur
Bestricket jäfi der mynue suür
Mit tristaude durch aniiir
Heyme zu parmenie füre
Solicher rede ich uit euger
Were sich daun uit will kereu here
Der findet doch sineu were
Der sehe vor sich dirre vud der
Diels rede ist ein ernstlich gefar
Des rede ich ernstlich dar
Mit blossen wortten vnd bar
Nu hört vnd nemet die rede war
Hye vor da sich die zijt aufiug
Vnd die weit anginge
Da gott hat vnser heylant
Mit siner gollichen haut
Alle Creature
So zarte vnd so gehure
Geschaffen wole nach pryse
Da hat er sin wise
Noch gotlicher wirdigkeit
So wirdiglich auch augeleyt
Das der hyüiel vmb gang ^ J
Vnd der planeteu widder fang
V^as gemachel ordenlich
Vud die sonne wonniglich
Vber scheyne die well wyt
Vnd underschicd das lagez zyt
Von der fiuslerlichcu uachl
134 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Der auch zu luchten was gemacht
Der monde vnd auch die Sterne
Diels dachte den herren
Alles wunderlicher gütt
Die baüme stunden jnn der blute
Die erde wole gezieret was
Crutler blumen vnd grals
Mangerley könne
Stunde jnn gantzer wonne
Die tier vor Jme Helfen
JgHch jre styme rieffen
Diefs was gryme diefs was gut
Diefs wilde das was wole gemute
^ " Die fische flussent jnn dem niere
Ein gar wunderlichs here
Vische dein vnd vische grols
Diefs ruche vnd diefs blofs
Als sie geschaffen waren
Gar wunderlich gevaren (gebären?)
Wart von fischen da gesehen
Als es noch dick mag gescheen
Embore die fogel sich swungen
Sie gurren vnd sungen
Jglicher sin wise
Die nachtigal zu ryse
Die lerche jnn die luffte swang
Sie hübe jre styme an vnd sang
Die winde hatten jren dofs
Jenes wasser here diefs hin flofs
Vnd funden doch jren vrspring
Sust waren aller hande ding
Geschaffen wole noch wünsch gar
Des name jre schopffer gut war
(bild)
2 ^ Er sprach nach gotlicher Ee
Wir sollent dannocht scliaffen mee
Einen man gar wunderlich
Der sol vns selber wesen glich
Er soll vnser bilde hafm • ' '•
BIBLISCHE GESCHICHTE. 135
Jnie sol auch wesen vnderthane
Was nu hie geschaffen ist
Er nam dar nach Jfifi kurtzer frisl
Ein gar lulzel erden
Dar auls so hiefs er werden
Einen man lobesam
Mit nanien hiel's er jne adam
Er satzte Jne Jfm das paradilse
Das er vvere jnn aller wil'se
Alles dinge ein Crone
Das sie jme alle schone
Vnderthenig solten sin
Diel's sach vnser Drechtin
\nd duchte jne alles gilt
Nu was sin gotlicher mute
Der man were vbel eyne
Der nam vfs sym gebein " ?
Ein Rypp vfs siuen brüsten
Er schuff" jme wole noch gelüsten
Eynen freuwelichen lyp ;v
Das sie were sin elich wyp
Das sie wern beide alleyne
Zwene korper an jn zweien
Doch zwey an eynem lybe
Das ganlz truwe blybe
Zweien gemechten yiner mee
Da gäbe jne got all soliche Ee «
'Xy was der woune garte
Geplanzet also zarte u. s. iv. i
Sündenfall. Lucifers fall.
Der vnge truwe slange
Der da vor vnlauge * ^ ■ v
Von dannen was Verstössen )
Mit sinen falle genossen
Dem was Seligkeit gegeben
Freude vnd ewigs leben
Jnn dem hymel trone
Safs er mit wirde schone
Got hatte grosse schonheil
136 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Au den engel her geleit
Er was der engel hereste
An wirdigkeit der erste
Der schonest was er auch erkant
2 '' Des was er lucifer genant
Als ein liccht drager
Sint er der schonest were
Sin schöne gäbe jme vhermut
Als es noch den luttcn dut
Gein sinem schoplTer satzte er sich
Er seyt er solde jme wesen glich ii. s. w.
3* ivird durch Lucifer Eva, durch Era Ada?n
verführt, verhanmmg aus dem paradiese.
3' Er triebe sie für das paradils
Yglichs brache ein qwesten ryl's
Vber ym und deket sich u. s. lo.
S*" Eya (/. Even) vngetruwer rate
Der lute viel verleytet hat
Hinabe zu der hellen u. s. w.
hienach das gelaicht gottes über den mensche/u
Hye käme es also ferre
Das der hyinel herre
Got von hyinelrich
Besafs gewaltiglich
Selber ein gerichte
Mit wirdiglicher pflichte
3'' Mit aller hymelischen schare
Die hymelfürstcn koinen dar u. s. hk
4" ÜEr tron was gemachet wolc
Als da ein keyser sitzen sol
Von golde vnd auch von richer bort.
gesteme und hlumen iverden beschrieben. darnach redet
gott die engel an.
4" Miir rede got alsus began
Er sprach Jre furslcn vnd jr man
Wir hatten grosser wirdigkeit
Au den menschen vil gelcyl
Jme was vnderlhau gemacht
Was der hymel hat bedackt u. s. w.
BIBLISCHE GESCHICHTE. 137
nun treten die vier Schwestern Barmherzigkeit Wahrheil
Gerechtigkeit und Friede^ auf und schlichten den sprach.
4*^ So diese rede ergingen
Mit grosser swere empfingen
Sie die Herren alle gliche
Das der koning riebe
Mit zorniglichem mute
Durch die missehute
Vff des menschen vnheil
Fragete vmb ein vrteil
Sie Westen nit was sprechen
Sint sich der koning rechen
An dem menschen wolde
Sie würben vmb ein hulde
Dem menschen vnd baden
Glich allesampt gnaden
Gnade koning riebe
Auch warbe getruwelich - '
Frauwe Barmhertzigkeit
Jre was des menschen kuiiier ley*
Sie neigte vor goltis fulse
Sie bade auch also sulse
Vor des menschen missetat
Eya herre syt das mensche hat
VbergrifTen din geholt
So bifs du ein milier gott
Du sali barmherlzig sin u. s. w.
5* Das hört jre swesler Warheit
Sie ginge hin für den koning stan
Sie jach ich bette keynen wan
Das frauwe Barmhertzigkeit
1. diese darstellung tvia-dc bekanntlich öfter behandelt; prosaisch
unter anderm im Bclial, i^ereimt theils in Rudolfs v. IIE. forlsclzun-
gen {barinherziglieit tvahrheit Gerechtigkeit vänne), theils in beson-
drem gedickte, beginnen(^ Sich huob vor gotes tröne ein gespraeclic
schone (m cod. Stuttgard. bibl. publ. Mscr. poet. fol. n. 10, cod.
Monac. Emmerain. G. xxxvi. eh. 4, cod. Paldt. 341. nr. 124
bl. 246, Colociaer cod. nr. 120, JFiencr hs. ^(ill nr. xl. bl. 100''
— 10.3'', 7iur eine abschriß des Colocz. cod.)
138 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Diese wortte hett vlsgelevt u. s. w.
5^ OErechtigkeit die horte das
Sie stunde ufF baide da sie safls
Sie ging auch vor den koning riche u. s. w
b*" Da Friede horte diesen stryt
Sie sprach nu weres an der zyt
Das ich zu hoffe queme
Vnd die rede da verneme
Sie name ein vrkundt vnd ein ptant
Rechtes frieden jfifi die hant
Das was gottis bilde
Sie sprach bil's herre milde u. s. w.
5** Da diefs rede was gescheen
Sagt an was mocht got da jheen
Verhörte er barmhertzigkeit
Das were jrer swester warheit
Ymer widderzenie
Obe aber er verneme
Gerechtigkeit das were
Gar vnfriedber
Kurlzlich nu geschach i: •
Die raaiestas aber sprach
Jre fursten vnd jre Ratman
Jglicher rade was er kan
Gebet endlichen Rate darzu
Was ich zu diel'sen dingen ihuo
Wie ich milde walde
Vnd doch warheit halde 'C
Vnd wie ich halde friede
Vnd gerechtigkeit dar myde //. s. w.
6" Des vatters wifsheit vnd sin Rat
Der der gotheit gehat
Spiegel vnd bilde ■
Sehent den zwange grols milde
Vnd jnbrunstig mynne u. s, w.
G** Do diefs clare maiestas •
Den Rat jn sym spiegel lafs
, Der endelosen wifsheit u. s. w.
6' Da nu der soue begatte
BIBLISCHE GESCHICHTE. 139
Das er den verlaup hatte
Von sinem vatter schiere
Die swester alle viere
Hofelich sprach er an ti. s. w.
6** So diefs swester alle
Von dem freuden schalle
Hortten den sone der kunfftig was
Als iglich selber lafs
Jun der gollieit
Da wurden sie geraeytt
Vnd auch zuchtiglichen froe
Sie sprachen alle glich also
Du hymelischer Spiegel
Were wolde wesen kriegel
Gein diner wisen lere u. s. tv.
7^ Synt ich was an lant gefaren
Vnd ich den segel wolt sparn
Den ich durch rüe nyder liefs
Vnd den encker in den griefs
Des selber haüfi geschossen u. s. w.< ^
S** t9^ der Rate ergangen was
Das des vatler Spiegel glafs
Der Sone daz hymel kindelin
Der gotheit widder scheyne ■
8"^ Nach hoher wil'sheil vl'serwelte n. s. w.
nun geht die rede über auf die boten die gott als verkündi-
ger des Sohnes im ablauf der seiten sendet.
9 * Hernach etwae lange was
Als ich in den buchen lafs
Das es den herren duchte zyt
An dem alle tugent lyt
Bolten sant er jnn die lant
Vnd hiefs dem volck thun bekant ..;
Hoffenliche mere . '
Das ein erlosere
Schier komen solde v
Der vns erlosen wolde u, s, w.
9" Here Abraham der erste
Der Patriarchen herste ....
140 BIBLISCHE GESCHICHTE.
10" lÜEre Moyses liernach enstundl
Der viel getruwe gottes frundt . . .
10" ^Vo sin liecht ye hiu qiiamc
Diesen Sterne balaara
Lange vor erkande ....
10' ÜEr gut lop het auch vernoilien
Wie got her nyder wolt komeo
Jn diese menschliche wat
Das er auch vor gesaget hal
Zu got rieff er taugen
Joch herr myn diu äugen
Fleischlichen sollen werden ....
10'' "Der vfserwelte goltis früt (/. tnU)
Der kouig dauid vherlut
Hat vorhin lange
In sinem psalter sänge
Geprediget vnd vor geseyt
Vnd gar mit truwen vfs geleyt
Wie Cristus vnser herre
Der liechte sonne Sterne
Koüien wolt jnn vnser wat
Vnd wolt sin hantgedat
Drosllich schauwen vnd sehen .
1 1 ^ Her Salomon der wise
Der was auch an dem pryls
- •/ Dieser hohen bottschafft
Des er von geistlicher cralFt
Vnd von gottlicher ee
Sprache er miserere domie ....
1 1 " ÜEre abagug in truwen sprach . .
12" ÜEr wissage Aggeus ....
12'' Usr wissage auch 3Iicheas . . .
12'' ÖEr werde Zacharias . . .
12*^ !DEr prophete Jonas
Der dry tag jnn dem vische was . .
13*' A.uch ist nit vnderwegen hüben
Osee hales auch geschriben
Iß'^ MPi.n tempel Malachias
HlßLlSCIlE GESCHICHTE. 141
14" Ayel hat auch vernoüieu
Wie vnser herre woll koüieii
/»>;• werden die heidnischen Sibyllen llrgil n. .9. w. oinge-
flochlen.
14'^ In die heydenisch niagl
Sibilhi was gar vimcrzagt
An derselben botschafft
Von gott hat sie die crafft
Das sie so viel verkundt hat
Den heydenischen gottes Kalt //. .v. >r.
15'' ÜEhalten hant jre hie bevor
Wie herre nabnchedonosor
Auch gottis sone erkaut u. s.tv.
15'' I¥och hau wir vor vns (einen) hell
Der zu der botschafft erwell
Auch suuderlich von gott was
Jnn siner schrifft der wise lafs
Wie gott wolde uff erden
Gehörne mensche werden
Als er verkündet hat alsus
Der heyden doch Virgilius
Als er auch hett wole vcrnoiuen
Der sprach die letzte zyt sol körnen
Davon sibilla hat gesaget
Es soll körnen vns ein magel u.s.w.
nach dein trojanischen kriege und Achilles (16") treten die
prophelen wieder ein.
16" ÜEr lobelich ysayas
Auch vor gesiechtiglich lal's
17" Uysse wyste auch Jeremias
Da er von dem herren lafs
18* HEre Daniel der gute
Er want mit reynem mute
Das er auch vor wole wysto
Von vnscrm liern Criste
Wie er mensch wart geborne
Vnd vns den ewiglichen zorne //. .v. w.
18" Ezechiel die porten sach
Darumb er mit truwen sprach
142 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Von der maget lobelich
Ein porte beslosseu ewiglich
18' In der zyt was auch eyn man
Dem die Judent gar entran
Er was von alter awer gryls
Er hat sich jnn alle wise
Zu gottes dienst wole bereit
Er was jnn der Judischeit
Ein priester nach der alten ee
iL ?'. Simeon.
X'd" Win Jerusalem ein priester waz
Geheissen Zacharias
Ein bischoff nach der alten ee //. s. iv
hier geht die rede auf Maria über.
20 '' Waz solle langer rede mee
Einen sone die frauwe trug
Hie mit sy der rede gnug
Eya myniglicher gott
Durch die gnade vnd die gebott
Vnd durch die claren sussigkeil
Die du herre ane vnderscheit -
An dir ewiglichen weist
So gib mir die volleist
Dins heiligen geists ratt
Der manig hertz erluchtet hal
Daz er mir myne synne
Mit süsser zarter raynne
3Iyu herlze vnd myn gemüte
31it warer mynnen glut
So heiliglich entzünde ' • • *
Das ich von aller sunde
Geweschen werde vnd gczwagen
Das ich wirdiglichcn sagen ' ■'-■'''
20° Von der rechten rosen möge
Daz es jre zu lobe doge
Der lob vber alle dinge swebt
Daz mit dir ewiglich lebt
Als ein herre konigin
So dii mir diu gnade schyn
BIBLISCHE GESCHICHTE. 143
Allein ich doch wole weyls
Was sich yemant gefleyfs
Daz er sie globte wol
Jre lobe wart doch nye lobes vol
Vnd was nu ist vnd auch ye was
Laup kruder bluben vnd grafs
\ ad ymmer mee sol werden
Creature ufF erden
Konde daz alles sprechen
Vnd lobe von lobe brechen
Es konde doch nit glichen
Es musle jrem lobe entwychen
Doch meret es des lobes schar
Nu neilien alle lute wäre
Were diese frauwe möge gesin
An der diefs hohe lop erschin Cwart schin?)
Nach so werdem pryse
Daz meister nye so wise
Wurden die ergrunden
Jre lobe noch wirde künden
Er ist der Engel frauwe
Vnd ist ein Rol's jnn dauwc
Die bluet schonu jnn alle zyt
An jre vil selickeit lyl ■ • ^ •
Sie ist aller gnaden ein volles fal's
xVu hilfF auch du mir frauwe bafs
Mee sprechen dann ich könne (künne)
Du bist der hymel wunde (: wünne)
Du lylien viol rosa
Du zart zyllosa
20'' Du porte des paradifses
Du stame des raandel ryses
die bilder gehen fort durch alle thierc bäume pjla/izen.
Du lurlellaube du adelspare
Du fenix vnd du adelar u.s.w.
hienach 21" der englische grufs und die Verkündigung, nebs/
Elisabeth und Mariae heimsuchung, endlich (Jhrisli gcburt.
23" In der zyl also geschach
144 ßlBLISCUE GESCHICHTE.
Ein so wunderlich noit
Keyser augustus vis gebott ....
darnach die lieiligcn drei/ künige.
25' Hye tredc ich aber \\\ daz spor
Da wir die rede liesen vor
Ee ich der zyt so viel verzere
Wie daz lobelich here
Die heren konig alle drij
Von Saba tarsis vnd arabij
Vnd alles jre gezunffte
Waren an jre kunlFte
Nach dem Sterne gahend
Jerusalem zu nahend
darstellung Christi im tempel.
27'' Maria waz ylzüt gereyt
Vnd des kindes friindt genug
Das man jnn jnn den tempel trug .
Her ödes und der ki/idei^nord.
29'^ öo Herodes diese rede
Gesprach die knecht so zu stede
Vlten gein Judeen laut
Sie slugen nyeder so zu lianf
Was sie kinde funden
Jnn duchelin gewunden ....
Chrisliis im tempel.
29'' IJAUge rede ich kurtzen mag
Das kint wüchse allen tag
An alter vnd an wilsheit
An gotlichcr wirdigkeit
Zuname er an jiiget
29'^ An geistlicher tugent
Er wart den lutlen allen wert
Als ein kint das man begerl
\ on formen was er schone
Sin nuint ein suis gedone
llelt mit sprach vnd auch rede
Des herre Dauid sprach zu stede
Jnii sinem psaller gesange also
Speciosus forma
BIBLISCHE GESCHICHTE. I45
(bild, Christus im tempel)
So er nu zwolfl' jerig wart
Da hübe sich ein walfart
Zu Jerusalem als mau pllag' 71. s.w.
Jokatmes der täiifer und Christi taufe.
30" Mn derselben frist
Johannes der Baptiste
Zu an heiligkeit name ....
31'' Hernach es aber also quam
Das Crist der heilant lobesam
Wolt erfüllen diesen Rat
Den er lange vffgelegt hat
An den Jordan er da ginge
Den dauffe er von Johanne encpfieng
Als jne die wäre mynne hiel's ....
Christi miftretim und predigt.
32'' Mu sprach jre selige gottis kinde
Die hüte hie gesaüiet sin (kint : sint)
Vernement heilsamen Ratt
Johannes des tauf er s tod.
32'' HTv was es ytzo also komeu
Das herodes hat genoüien
SS'' Sins bruder frauwe zu wyp
Christus Umt zeichen und wunder.
33 '' Inn der zijt alsus geschach
Das man von Jhesu zeichen sach
Die nye gescheen waren
Da vor (in) allen jaren
Die lamen det der heylant geeu
Die tollen dett er vll' sleen
Die hincken deter springen
Die stummen sprechen vnd singen
Die sunder siechen macht er reyn
Sehen t das was gar gemeyn
Gehorde gäbe er den dauben
Den tummen rechten glauben
Die blinden macht er sehend
Die zwuiller verjehend u.s.w.
Z. F. l>. A. II. u Ml» 10
l/,6 niBLISCHE GESCHICHTE.
Christi oinzug.
34'' Hfv was yedoch der hohe t.ig
Das man da hiu pflag
Da was des volc.kes michel schai
Die nameul allesaniet war
Wo der konig lobesam
AI dort here geritten kam
al>t'7i(linal 35". — gebet nrn ölberg.
35*' Mye was ein garte vor der sla»
Darwerts vnser herr drat
Da wolte er sprechen sin gehett
Als er hie vor vil dick dete
Die jungern volglen im nach . . .
35 ■ Kyn gebete er aber dele (treib?)
Judas nu vnlang bleib
Er hat gehauffet ein sciiarc
Die quamen mit jme aldar
Sie brachten stecken vnd swerf
Sie gingen gein dem berge wer»
Da vnser herre sin gebete
Nach gewonheit vff dere
Christus vor Pilatus,
3(5'' ^'^nd da daz morgenlieclit vfging
Abur man den herren finge
Man fürte jne vor pilatnm
geiselung.
37'' ^Pilatus jnn der zijt vernain
Das der heylant lobesam
Geborne was von nazareth
Das jnn gallilea stell
Da herodes was ein vogi . .
kreuzignng .
37'' Ime ein creuz da bereit
Mhesu wart daz vff geleyl
Das er daz selber soll tragen
Nu was er also sere gcslagen : i
Das sin heiliges blute
AI vmb vfs sinem libe will
Da von vnie die macht zu ran
BIBLISCHE GESCHICHTE. 147
Nu was von eyme dorfF ein mann
Von geschiechte kommen dar
38 ' Den zwangen sie der Juden schar
Das er das crutze must lielllen tragen . . .
38'' Sye singen jne vnsul'se
Durch hende vnd durch fulse
Dry queck negel vnd nit scharpfl'
Loifs man vmb sin cleider warff ...
Joseph von Arimathia.
39^ M'v was alda ein Edelmah
Der an pilalo erwarb alsan
{bild, Christi grablegimg^)
Das er begraben solde
Jhesum wann er wolde
Joseph hiels er von armatia ....
Christi höllenfahrt. .
39' HTv höret die rede furbals mee
Der ich doch hau begonnen ee
Was drostes jnn die Iiellen
Adam vnd sin gesellen
Quam so wirdiglich
Mit diel'sem fursten ricli . . .
auferstehung.
Da nu die ander nacht erging
Ee der morgen liecht empfing
Vnd der sabolh was vergan
Von hymmcl quam da sunder wan
Ein so grosser donnerslag
Das die ritterschaft erschrack
Den das grab beuolhen was
Sie wurden bleicher dann ein wahs
4 ^ Sie fielen nyder von der not
Glicher wise sie wem dot
Die erde bieben da began
Jhesus der gotlich man
Ja der wäre heylant
Vis dem grabe stunde zu hant n.s.w.
4 1 ' Also stund vir der herr fru
10*
148 BIBLISCHE GESCniCHTE.
Bereyl hetten sich ylzo
Die niarien alle dry ....
himvielfahrt.
42 '^ Da die viertzig tag da
Ergingen vnscr herr sa
3Iit sinen jungern dranck vnd als
By jne er fruntlichen safs ...
pßngsten.
43'' ÖA nu der pfingstag entstund
Die lobelichen gotlis frundt
Waren by einander gar
Zu Jherusalem an eyner schar
Die herliche menge
Lagen an irer venige
Vasten weynen sin gebeHe
Yedermann besunder dete
Sin Sassen alle da by eyne
Da jnn der droste von gotl ersclieyn
Es quam ein snelliglich bofs
Als eins gehen windes dofs
Da von ein hüls erbiben sol
Das hufs (wart) aller gnaden vol
Der geisl alda schufF wunder
Er besals besunder
Iglichen wirdiglichen
Vnd also lobclich
Alle tugent alle kunst
Sie hatten gotliche gunst
Sie waren sunder meisterstule
Komen hin zu hoher schule
Ire meister was der heilige geisl
Der gäbe jne werde volleist
Zu tugent vnd zu wyfsheit
Ine was zu stunt alda bereit
Das sie künden alle schrillt
Das wunder warde alda gestietri
Das jne das alles kundig was
Das jre keyner doch nye gelals
BIBLISCHE GESCHICHTE. 141»
Ine was alle spräche kunl
Die kundeu sie alila zu stuiit
Durchiiiechtiglich als jren nameu
Hie von die lute hatten gameu
Da sie die herren sahen
Glich alle sie da jähen
43' Sie weren Avynes druncken
Da was das von den funcken
Des heiligen geists glüte
Da von afs jrem gemüte ....
von dci' kraß der jünger (44^) und von der dreieinig keit.
44*' So sint die drij ein eynig gott
Also ist das ewiglich leben
Eyniich vnd drylich vnderweben
Eben eynig vnd eben hcre
Selieul diefs waz der herren lere
Diel's predigten vnd lartten sie
Den glauben Hessen sie vns hie
44*^ Den sollen wir doch yninier han
von Maria, ihrem lobe und ihrer himinelfahrt
Hieniit sollen wir bestan
Konde ich nu wirdiglichen kosen
Von der hochgelobten rosen
Die frauwe obe allen frauwen ist
Die vnser herre Jhesus crisl
Zu mutler vlserwelt hat
So solde ich finden eyncn Hall
Daz ich endorffte nit vertagen
Ich solde ein lutzel sagen
Von der lobelichen fart
Wie die konigin wart
Gefurt so wonniglich
Hin zu hymmelrich
Ja mag ich uu reden wol
So horelt was ich uch sagen soll
Was eygentlich ich sprechen mag
Maria hiit uff diefsen tag
Alsus diel's mynn brief
Den herreu Salomou doch rieif
150 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Von des heiligen geistes wegen
Der sie mit flil's konde pflegen
Myn sele sich zu lassen hat
Sint myn frundt gekoset hat
So bann ich jne zu stunden
Gesucht vnd doch nit funden
Ich riefl" mit ynniglicher gier
Antwort engab er nit mir
Der stete wartet* mich ye sa
Funden jfifi den zytten da
Die wundeten vnd singen
Mich sere jfifi den vnfugen
Der Muren wechter vnder jnn
Drugen mynen mantel hin
V^on Jerusalem jre meyde
Mynen frundt sagendt gereide
44'' Das ich sij von mynnen kranck
Diels was maria mynnen sang
Iren frundt den wolt sie haben
Sie hat siner liebe entzoben (entsaben)
Vnd der hymel sussigkeit
Des hat sie das pufse leyt
Zarten Jammer vmb jren frundt
Marien wole die clage slunt
Eya Edele konigin (kuneginne)
Wie kanstu dragen mynne
Zu eynem fursten rieh
Du mynnest wirdiglich
Er mynnet dich hinwidder wert
Iglichs des andern mynne gert
Er dincr als du siner thuest
Davon du billich tragen musl
Frauwe die hymmel kröne
Die er dir gibt zu lone
Vmb alle soliche mynne
Du bist die konigyn(ne)
Der konig ist din zartes kint
Die zwey gar wäre myne sint ,,, ^iA
* /. warter. ., ,, . „ ,„ njiiM'. t. >ii
BIBLISCHE GESCHICHTE. 151
{bild, Man'ac tod)
/lö" Me (loch in derselben frisl
Der mynniglich lierre crist
Mit eyner wirdiglichen schar
Quam zu siner mutier dar
Die jne hat hie erzogen
Er hat jre brüst gesogen
Da er die lobelichen sach
In luterkeit er zu jre spracli
Du zartes durtel tubelin
Du vsserwelte frundin myne
Du lutter schone sunder wal
Diu flecke hat an dir nil male
Din zunge honig gusset
Din munt mit seume flulset
Vud din adelicher smack
Vber alle kruder riechen mag
Sehet der wintter ist zurgan
Es (Er) hat sin regen auch gelageu (gelänj
Die blumen lobelichen vffgeent
Die wiugartlen alle jnn blute steent
Die lurteltuben singent nü
lun vnser freude frundin dii
Stant vtf yle bifs gereyt
Komme iur grosser wirdigkeit
Komme herre von dem libauo
Gekronet saltu sin ye so
Seht das cristus wider rede
Nu waren kommen da zu stede
Sin jungern auch ye sa
Des wart die Edel maria
Verrichtet mit der heilikeil
Die zu dem ende ist vffgeleit
So das alles da erging
Mariam wirdiglich empfing
Der hohe furste jnn sin gewall
Die hymel köre manigfalt
Sungen vnd waren frohe
45^ Hin für die konigyn da
152 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Lilien vnd roselin
Vyoln vnd zyloselin (zitloselin)
Vnd aller hande blumen
Waren jre zu Rome
Zu dienste hart wole bereyt
Sie machte jre ein vmkleyt
Sie halt dienstes keinen bruch
Ire diente auch adelich geruch
Mirre baisam vnd aloe
Cordamömen gamandre
Muscaten vnd negelin
Cubeben galgen zynamomyn
Vnd aller edelicher gesmack
Der von wurtzen riechen mag
Der was aller samet da
Mit der kofiigyn sa
Da die hymelische schare
Der konigyn wart gewar
Von jne ein süsse stymme erclang
Sie sungen diesen wunder sang
Were ist die frauwe jn dirre wat
Die so lobelich vfF gat
Die vffgende wirdet schynen
Als ein rauches gurtelin
Von wyrach vnd mirren
Mit diefsem hymmel herren
War richtest du dich wyse magt
Ein morgen schyn an dir betagt
Du geest vfF als ein morgen rote
Dem die sonne jren schyne erabot
Du Edel dochter von Syon
Gar süsse jnn diner stymme don
Du bist schone vor alle war
Dem monde bistu glich dar
Vsserwelte kouigynne
45" Glich der claren sonnen schyne
Also füren sie wirdiglich
Hin jnn das hymmelrich
BIBLISCHE GESCHICHTE. 153
ooin antichrist.
45'' Maria aller sunden drost
Du hilfF vns daz wir erlofst
Werden von der falschen lisl
Den man nennet antecrist
Vnd siner ungetruwen boden
Des vnser seien also geroden
Nu nach alle stunde
Inn der hellen abegrunde
Von jnn icht werden verbrant
Des syest du konigin gemant
Da dirre tufelisch man
Geborne werden sol von dan
Dann der zwolIF sone eyner hiel's
46" Die Jacob jnn Egipten liefs
Als jre lange hant vernommen
Von des gesiechte sol er kommen
Von eym Juden wybelin
Das sol yedoch das hoste sin
Von demselben könne
Vntugent wirt sin wonne
Liegen vnd vnkuscheit ....
sein triiglehen bis zu seitietn stürze.
47" Das ende nahet yedoch nu
Wanne vnser herre Jhesus crisl ,►
Der herre vber alle konig ist
Ein richter vnd ein heylant
Sin herschafft machet da bekant
Sin gewalt vnd sin geholt
Ja der droste der wäre gott
Nyder siechte den bösen wiechl
Vor des volckes angesiecht
Daz jne die warhcit werde konl
Die Engel kommen so zu stunl
Vnd slagen die tufel abe
So lassen sie vsser habe
Vnd lassen jne gewerden
Er feilet zu der erden
Wol gar er zu bristet >-
154 BIBLISCHE GESCHICHTE.
47'' Daz voick nit lenger fristet
Sie schauwent vnd nement war
Sie nement alle wunder gar
Das er zubrosten lyl
Sie clagen jre verlöre zijt
Das sie die hann also verthau
Vff eynen offenlicheu wan
Die warheit widder plantzet dann
Die doch die zwene gottis mann*
Den lütten hann gesaget vor
Des komet sie mit der spur
Der heiliglichen lere
Das sie widderkere
Bälde vnd endlich thun
An crist den waren gottis soue
Das sie ruwen vnd leyt
Infi jrs hertzeu bitterkeyt
Vnd wäre bichte hafi
Vnd balde bul'se emphan
Nach gnaden vmb jre misselat
Solichen heilsamen ratt
Vorhin die herren hant gegeben
Die lute gaben vnd sterben
An geistlich fare
48" Zu der herren lare
Heiden vnd prussen
Kriechen vnd russen
Vngern datterere
Schotter frantzoyser
Walhen vnd latine
Juden Sarratzene 1
Vnd alle volck was sprachens kan
Ein herle es wirdet alles dan
Es werdent alle ein schar
Der sol ein hirte nemen war . .
Sam die heydenisch magt
Sibilla hat vns vor geseyt
* Ullas und .Malachia.s. ' < ,i..- m? f"/
BIBLISCHE GESCHICHTE. 155
Vnd der heidenisch man
Virgilius sich hebet dan
Das nymant vmb kauff fert
Noch mit müren sich erwerl
Wann ein ander ist gesant
Achilles nü zu Troien lant
Vnd verrichtet gar den stryl
Aller vnfriede nu gelyl
48'' So das alles nu er gat
So wene ich daz die werlt hat
Ye doch jrs lauftes leste ziel ....
orn jüngsten tage und seinen fünfzehn seichen.
Diefs ist ein tag des zornes
Ein dolse des herehorns
Jamers bitterkeit vol
48' Noch ist der propheten viel
Der ich nu geswigen will
Die es alles haut geschriben
Vff den engstlichen tag
Da nyemant sich verbergen mag
Ye doch sol von erste gescheen
Das man sol jamerzeichen sehen
Ee derselbe tag erstee
AI solich noit geschiecht ee
Gein dem wunder fireysen
Den lütten mag wole eysen
Die dann sint am leben
48*^ Vnd das geschauwel eben " •
Ire sint funiftzehen an der zale
Yedoch nyemant wissen soll
Wann es nyemant hat vernomen
Obe sie nahe einander koiiien
Von langer zijt von langer frisl
Diels dinge nyniant kundig ist
Das erste zeichen ist also
Das mere vber alle berge hohe
Sol viertzig elen hoher geen
An siner stette sol es steen
Eyner nmwern glich gestalt
156 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Daz wunder schauwen glich Junge vud alle
Das ander zeichen also stat
Das mere sich widder nyeder lat
Vnd sencket sich zu dale
49*' Vnser herre ertzeuget sich
Eym hohen furslen glich
Oben von Orient ....
vo?t den sieben hanptsü?ide7i.
50'' VErnenient kurtze rede noch
Die siben heuptsunde ydoch
Die uch nu sint vorgeleyt
Sie fliessen vfs der schalckheil
Des vngetruwen slangen
Wann er also wolde fangen
Alles menschlich könne
Von der hymmel wonne
Davon er schemlichen fiel
von den zehen geboten.
50*^ Der auch heldet die geholt
Die vns hat gebotten gott
Der hat selber vsse erkorne
Der wirt nymmer mere verlorne
Ire sint doch zehen an der zale
Als ich uch bescheiden sal
Das erste ist so gestalt
Das du nit verswern sali
Gottis namen vmb nicht u. s. w.
von dem tode und der hölle.
^|b \^o sijt jre nu herr Judas
Herre Cahin vnd herr Caiphas /
Herre phebus vnd herr Jubiter
Meister allexander
Frauwe venus vnd frauwe pallas
Achilles vnd Eneas
Paris Hcclor Hercules
Vnd auch der wyse Olixes
Herre Symon vnd herre Nero
Herodes vnd pharao
Ire Juden jre sarrazene
BIBLISCHE GESCHICHTE. 157
Ire gelaufften kauwerzene*
Ire prusscn vnd datterere ■
Ire rauber vnd nachtbrenner
Ire morder vud jre diebe
Sehent jre uch nu icht lieb
Ire solleiit furwar alle dar
Also erfuUenl jre die schar
Wafifi jre syt gar der hellen kynl
51" Hiemit gar begriffen sint
Was lute hant vnrechtes leben
Den wirt ein ewig fluch gegeben j/.s v<
schhifs. Ilfv helfft mir alle bitten gott
Durch sin wirdiglich gebotl
Vnd durch die claren mynne
Die zu der konigynne
Der hochgelobte furste treyt
An die er Schönheit hat geleyt
Vnd also grol's wirdigkeit
Inn sinem riebe ane vnderscheil
Das er sin wirdigliches blute
Das vis sinen wunden wüte
Das für vnser missetat
Der konig herre vergossen hat
Wolle an vns behalten
Das wir icht sin verschalden
Des ewiglichen lebeus
Das er icht habe vergebens
Die marter also durch vns gelitten
Das er also jenierlich versnytten
An dem fronen crutze stunde
Er wolle vns vuder sin frundc
An dem leisten tage zclen
Das er vns dar zu wolle erwelen
Des bitten wir den heylant
Dem alle hertzen sint erkanl
' sieh Kawerzer in Schmellcrs bnier. wb. 2, 275. inoiiuvi.
böte. 7, 403 an chabcrzcin oder an Juden, nicderrhein. urk. v. j- 1123
ad usuras magnas Judeorum vcl Cauwercinoruui urgentes.
158 BIBLISCHE GESCHICHTE.
Die von libe ye quamen
Nu spreclient lieben Amen
Finite ijta fcria p9 galli Anno
dili M° cccc° IxqiiUo.
H. F. MASSMANN,
EINIGES ZUR LEX SALICA.
Ich behalte einer späteren ausführlichen arbeit vor zu be-
weisen dafs die sogenannte nialbergische glosse nicht einem
deutschen dialecte, sondern den keltischen volksmundarten
der gallischen lande wo diese lex zur anwendung kam ange-
hört, es wird sich dann auch der beweis führen lafsen dafs die
abweichungen der verschiedenen handschriften hinsichtlich
dieser glosse nicht blofs der nachläfsigkeit der Schreiber an-
heim fallen, sondern zum grofsen theile entweder synonymen
oder nur mundartlich abweichende formen derselben worte
darstellen, hier vorläufig nur einiges.
Der tit. iii de furtis animaliimi wird gewiss von den mei-
sten als ein beweis angesehen dafs die malbergische glosse
deutsche worte enthalte, denn ochsaiora und okseno stimmen
doch zu gut scheinbar mit dem deutschen ochsen; man sollte
aber billig sogleich stutzig werden wegen der verschiedenen
beiden ausgänge des Wortes, und bei den übrigen Wörtern die-
ses titeis wird man bald verzweifeln sie aus dem deutschen zu
erklären, ochsaiora wird durch anniculum animal d. i. ein-
jähriges rind erklärt, ohsono durch hos. diesen erklärungen
entspricht ganz das gälische agh searra und agh seine (spr.
öch searra und öch sehne, soweit sich die laute deutsch be-
zeichnen lafscn). agh bedeutet ein rind, in der regel ein jun-
ges rind, searr oder searrach ist jedes junge thier, füllen,
hirschkalb, auch ein junger kalbiger mensch, also agh sean^a
ist ein kalbiges rind. seine heifst älter, .ilso agh seine ist ein
älteres rind.* — Pedero ^'w^ durch vitnlus lactans erklärt.
' eiu ganz ähnliches Verhältnis wie zwischen diesen worlen und
dem deutschen worte ochse findet statt zwischen dem malbergischen
Worte ortfocla und dem deutschen worte vogel. die ähnlichkeit ist
nur scheinbar, ßach heifst im irländischen gälisch jeder grüfsere hoch-
ZUR LEX SALICA. 159
der ganze reichthum sämmtlicher deutscher mundartcn bietet
kein analoges wort, aber das gälische bietet sofort baothair,
was ein niilchkalb, auch einen jungen kalbigen menschen be-
deutet, an das p im anlaut darf man sich nicht stofsen ; das
gälische hat ursprünglich kein p und es hat diesen buchsta-
ben, der weicher ausgesprochen und auch weiches b {boith
^0^) genannt wird, blofs der fremden Wörter wegen eingeführt,
das ao wird mit einem laute zwischen ü und ö ausgesprochen,
wie ein dumpfes e, pedero und baothair ist sicher dasselbe
wort. — Mala wird durch vacca erläutert, ein solches wort
hat keine deutsche mundart, aber das gälische hat maol und
dies bedeutet ursprünglich ungehörnt, dann die ungehörnte
kuh {bo mhaol) und endlich kuh überhaupt, da auf den briti-
schen inseln mehrere rindviehracen sind mit ungehörnten
kühen und die Kelten wohl auch in Gallien solche racen hiel-
ten, sie waren ja Tacitus zu folge auch in Deutschland ver-
breitet. — Zymis bedeutet offenbar mit, zusammt mit, denn
zymis pedero malia wird § 4 erläutert durch vacca cum vi-
lulo (in den § 3 ist die glosse nur durch versehen gekommen,
indem der Schreiber nach dem worte furaverit im 4n statt im
3n Paragraphen zu schreiben fortfuhr), ein diesem zymis ent-
sprechendes wort hat der deutsche sprachstamm kaum aufzu-
weisen, wohl aber das gälische, in welcher spräche soimh
(jetzt gewöhnlich saimh) zusammen, unter sich verbunden,
gepaart, bedeutet, es heifsen also die worte zymis pedero ma-
/{V? Zusammen mit dem kalbe die kuh. — Abazym pedero be-
deutet dasselbe, denn ba heifst einfach auch die kuh und a ist
wahrscheinlich der artikel, der im gälischen an, aber in ge-
wissen fällen auch a lautet, also a ba zym pedero heifst Die
kuh mit einem kalbe, was wohl in dem lateinischen ausdruck
vacca domita, eine bezwungene kuh, eine kuh die gerinderl
hat, im gegensatz einer kalbe, auch liegen soll, da wir hier
zym in einfacherer form als oben zymis haben, so ist anzu-
lliegende vogel ; in der regel zwar ein rabe, allein man unterscheidet
durch präfigierle worte, ^airr-Jiach ein habichl, cuaimh-ßach ein
geier. so ist das ortfocla der glosse nichts als ort-ßach mit einer
hilduugssilbe noch am ausgange des Wortes, ord heilst tapfer, streit-
bar, und als tapfere, streitbare vogel können wohl accijntrr i;rus
ryffnus, auf die sich die glosse bezieht, bezeichnet werden.
160 ZUR LEX SALICA.
nehmen dals jenes is an zymis noch etwas besonderes be-
zeichne, isc ist im gälischen die emphatische form des femi-
nins des pronomens der dritten person, die personalpronomina
stehen aber in allen keltischen sprachen in nächster bcziehung
zu den possessivprouominibus. bedeutet nun ise oder isi jetzt
eadem, so liegt sehr nahe dals auch eiusdem oder suus damit
ausgedrückt werden konnte, und so erhalten wir für die worte
zym is pedero malia die bestimmte erklUrung 3Iit ihrem kalbe
die kuh. — Chcrecheto wird erläutert durch taurus qui gre-
gem regit, aus deutschen mundarten wird sich hier nichts
beibringen lafsen, aber gälisch heifst greigh die herde ; das
entspricht dem chereche. nun kann to blofse bildungssilbe sein
oder auch mit tois, tus, der erste platz, der beginn, die füh-
rung, zusammenhangen und vielleicht nicht vollständig ge-
schrieben sein. — Traslo wird durch bimus taumis, zweijähri-
ger stier, erläutert, ich glaube, man wird im ganzen germani-
schen Sprachschatz umsonst nach etwas ähnlichem suchen,
während man gälisch dasselbe wort hat, denn treas-laogh
(sprich tj'as-Iöh) bedeutet ein starkes kalb, und so kann man
wohl einen zweijährigen stier bezeichnen. — Ein diebesfrevel
der an einem mehreren landgütern gemeinsam gehörigen bul-
len geübt wird ist § 9 durch chami iheuto, ein diebesfrevel
der an einem zu einer königlichen domäne gehörigen bullen
geübt wird ist durch chamutevo bezeichnet, nun heifst cam
oder caim gälisch jede Ungerechtigkeit, jeder frevel, und
tuath heifst die gesammtheit von landleuten die in irgend
einem verbände stehen ; cham i iheuto könnte also recht gut
mit hilfe des gälischen durch Frevel an der gemeinde erklärt
werden, das utevo das sich an das andere cham anschliefst
weifs ich zur zeit nicht zu deuten. — Es folgt sodann § 12
ein auch sonst oft vorkommendes wort, sonischalt. es be-
zeichnet überall wo es vorkommt eine verbundene auzahl
vieh, eine geschlofsene zusammengehörige herde. in unserem
titel § 13 scheint es durch iunctum erklärt zu werden, wenn
man nämlich die glosse sonischalt zu dem letzten davor ste-
henden Worte, iunctay allein bezieht, wie man wohl mufs,
wenn diese stelle nicht in directen Widerspruch treten soll
mit allen übrigen in denen das worl vorkommt, sehen wir
uns im gälischen um , so linden wir son in der bedeutung
ZUR LEX SALICA. 161
kräftig, stark, in beziehung auf menschen heifst es grofsge-
wachsen ; in beziehung auf acker und gewächs fruchtbar^
überhaupt vortheilbringend, glücklich, durchdringend, kräftig,
tüchtig, ceal heifst die fuge, die Verbindung, ceile was ver-
bunden ist, z. b. eheleute. sonischalt könnte also eine frucht-
bare herde die der Vermehrung, des vortheils willen verbun-
den ist, bezeichnen, dies passt bei allen stellen.
In ähnlicher weise wie die glossen zu dem erwähnten titel
bin ich im stände die ganze malbergische glosse zu erläutern,
das heifst also so dafs mit ausnähme einiger weniger worte
sämmtliche übrigen sich auf ganz nahe liegende gälische wort-
stämme zurückführen lafsen. im einzelnen mag ich mich, bei
der neuheit meiner Studien nach dieser seite, vielfach irren,
in einigen fällen näher liegendes übersehen und nach entfern-
ter verwandtem greifen, aber der gesammteindruck ist mir ge-
worden, die malbergische glosse des fuldischen codex stellt
eine keltische und zwar eine dem gälischen sehr verwandte
mundart dar. das wort vialberg., das der glosse beigeschrie-
ben ist, bezeichnet auch selbst nichts anderes, denn mal heilst
gälisch die Versammlung, der häufe, und beargnadli die Volks-
sprache, lingua veriiacula; die abkürzung malberg. wird also
nichts anderes bezeichnen als Volkssprache, landessprache des
gerichtsumstandes, des zum gericht versammelten haufens,
und mit deutschen malbergen nichts zu thun haben.
Dafs in nordöstlichen gegenden Frankreichs und in Bel-
gien, wenn sich noch reste der alten keltischen spräche hiel-
ten, diese den dialecten Irlands und Schottlands nahe standen
scheint den irländischen traditionen von einwanderung der
Firbolg oder Belgier in Irland ein neues gewicht zu geben.
Ich kann nicht umhin hier gleich auch ein wort der mal-
bergischen glosse zu besprechen das sich zeither als ein wah-
res kreuz erwiesen und noch kürzlich hcrrn ghr. Luden zu
der wunderlichen ansieht verführt hat es sei ein eigenname,
nämlich das wort Leodardi oder Leudardl. dies wort ist ge-
braucht zu bezeichnung der verschiedenartigsten frevel, es
ist aber nichts anderes als das gälische wort Icadairt, abgelei-
tet von dem zeitwort Icadram, welches jede art frevelhaftes
gehabens von blofs moralischer mishandlung, von blofsem mis-
brauch, von der Verhöhnung eines menschen bis zur vernich-
Z. F. D. A. II. 11
162 ZUR LEX SAIJCA.
tenden körporliclicn inishandlung, dem niederschlagen und nie-
derhauen l)ezeichnet', leadairt ist ein jedes solches rechts-
verachlciides verfahren, und diese bedeulung passt zu allen
stellen, auch die glosse leudi hängt damit zusammen, denn
leod ist gälisch mit leadairt synonym, dafs dieser dem gä
tischen verwandte keltische dialect gerade in den belgischen
gegendcu bei einwanderung der salisclien Franken noch ge-
sprochen worden sein mufs sieht man daraus dafs einzelne
solche keltische worte nicht blofs in der glosse sich finden,
sondern im text selbst vorkommen, der doch ohne zweifei
in niederländischer gegend abgefafst worden ist. so findet
sich im 2n titel § 14 im texte porcellus teriuasiis. dies letz-
tere wort ist ohne zweifei dasselbe mit dem in der glosse
-zu § 5 sich findenden thertesun. dies findet seine erklärung
in den textworten (pii sine mati^e vivere possit und hat als
synonym bei sich das wort ymnisßlh. es kommt ohne zwei-
feil her von tarrthaim d. i. wachsen, bedeutet also heran-
gewachsen, und yninisßth von iomai/i, als verbum treiben,
als substantivum die getriebene herde, dann insbesondere die
Schweineherde, üu(\ Jithea?i, das schwein; es bezeichnet ein
schwein das mit der herde laufen kann, ein treiberschwein.
ein anderes synonymes wort gibt § 14 in der malbergischen
glosse, dracechalt, wofür andere handschriften blofs drace.
dränge haben, es erklärt sich dies wort durch dragk, tren-
nen, abnehmen, und durch coilleadh, das schwein; drace-
chalt ist ein getrenntes , von der muttersau entwöhntes
schwein. * den entscheidendsten beweis aber dafs wir es
mit einer gälischen mundarl zu thun haben liefert § 11 des-
selben titeis. da haben die textworte si quis viginti quinque
porcos furaverit, nbi at/iplias in gregc illo non fuerint ne-
ben sich die glosse sonischalt tita zym is fit miha chunna.
sonischalt kennen wir schon, es heilst die zusammengehö-
* dafs ehalt das schwein, im i)c,sondcrn die sau bedeutet sielil
man aus den beiden glossen fucivhalt, scrofa ßtrata, und varachalt,
:,iiofa uccisa. jenes ist mit yog-/*, der raub, zusammenf^cselzl. dies mil
initarbh (sprich ivarw), lodt, gelödtel. so wie es auch aus der glosse
III ii/nii scxa ehalt hervorgeht, welche sich erkläil durch rtsque ad
sex cupila {po7-coruin); in steht hier (wie we-ler unten in unserem
texte Itia) in der bcdeutung Bis zu, und in zymi sexa ehalt heifst Bis.
zusammen sechs Schweinen.
'JB^
2& ^ «r
iPiiarHtie»
164 CHRENECIIRUDA.
geleitel ist. wahrscheinlich ist ein altes adjectivum cniin-
aeach, versammelt, gesammt, abgekreüst, vorhanden gewesen
und dies ist unser chrettoc, denn /// und ai wechseln mund-
artlich wo diese diphlhongen stammvocale sind.
Dasselbe adjectivum ciminneach, d. i. collectus, bildet
den ersten theil von ckrcncchruda, welcher also wohl auch
chrencc oder chrenech zu schreiben ist, aber in der raalber-
gischen glosse, die die worte nicht nach gelehrter Orthogra-
phie, sondern nach dem ohr darstellt, chrene geschrieben
wird, weil das anlautende ch des folgenden Wortes das an-
lautende ch \\xchre72ech unhörbar machte*; chruda oder cruda,
wie andere handsciiriften haben, ist creadh, d. i. erde, staub,
das ganze bedeutet also terra collccta. dafs nun Zusam-
mengenommene erde und Zusammengenommene herde in der
malbergischen glosse so ähnlich klingen findet sein analogon,
wenn wir bedenken wie wohl ein Franzos, der nach dem
klänge die ebenangeführten deutschen worte aufschreiben
sollte, verfahren würde, schwerlich würden sie sich befser
unterschieden ausnehmen als chrencc ruta und chrenec cruda.
Wen es wunder nehmen sollte dafs creadh zu cruda
gehöre, trotz des so abweichend lautenden stammvocales,
der bedenke dafs erstens dies wort überhaupt in seinem vo-
cale sehr schwankend ist, denn neben creadh kommt in
Schottland und Irland die form criadh vor, und offenbar nur
eine nebenform ist crcdh, die mineralische erde, das erz,
sodann zweitens dafs früher eine form croth auch im gäli-
schen vorgekommen sein mufs, wie die ableitung crothaid,
ein grantsteinchen, ein kiessteinchen, grothal, sand, kies
grant, beweist. — das galische ea hat in Irland einen lan-
gen, einen kurzen und einen accentlosen laut; es lautet äh,
e, oder fast wie französisches stummes e. wo es den lan-
gen laut hat ist es in der malbergischen glosse in der regel
* einen ganz ähnlichen fall haben wir in tit. xlh de plagiatori-
btts § 2, hier findet sich zu dem falle dafs jemand einen sklaven
stiehlt nnd üher das lueer enllührl die glosse viridio für vir-ridio,
d. h. meer- flüchlnng, von miniir (sprich witir, morlificicrte form von
Tnuir), das meer, und ri/ith, die lliichlung. die gelehrte Orthographie
würde ein doppeltes r erfordern , die rasche rede läfsl aber nur ein
einfaches wabrnebmen.
CHRENECHRUDA. 165
au geworden, seilen io oder eo, eu; vielleiclit ist aber auch
chrenechrcuda zu lesen, wenigstens hat der Fuhlaer codex
chrenceiide für chrenochruda. das kurze gäiische ea ist in
der maibergischen glosse immer e.
Ich schlielse der besprechung dieses Wortes auch ein
ähnlich lautendes an welches tit. ii de J'urlis porcorum § 1
iu der Pariser handschrift begegnet, da steht zu den latei-
nischen Worten */* quis porcellum lactantem de f ranne (ver-
schrieben für hran/ie, und die Fuldaer handschrift setzt noch
ganz nothwendig hinzu prima aut de mediana) furaverit die
glosse ckrinne chultis. doch ehe ich diese Wörter erklären
kann niufs ich erst den ausdruck rhamie erläutern, im gä-
lischen heilst rann, rainn, ruinn oder runudh eine abtliei-
lung; in unserer stelle hat rhanne dieselbe bedeutung oder,
in speciellerem sinne, sorte, race, art. die worte des Ful-
daer codex de rhanne prima aut de mediana bedeuten Von
geringster race oder von mittlerer, dies beweisen deutlich
die in demselben codex dabei stehenden worte der glosse
rhannecala lerecala id est unum ahelepte. nämlich rhanne-
cala ist verschrieben, wie man deutlich aus der bedeutung
des nachher zu erläuternden chrinne cultis sieht; es sollte
heifsen chranne cala, der Schreiber, der die glosse nicht
mehr verstanden zu haben scheint oder das im text vorher-
gehende wort rhanne im köpfe hatte, setzte für chranne
dies wort noch eiumahl. chranne cala heilst häfslichster qua-
lität, von granna, d. i. häfslich, schlecht, und call, die Qua-
lität, lere cala heifst leidlicher qualität, hinreichender qua-
lilät, von leör, hinreichend, genügend, und cäil, qualität,
dies lere cala wird noch erklärt durch die worte id est unum
ahe lepte, d. h. eines von gedeihlicher race, denn ahe ist
das gälische aigh, gut, gedeihlich, und lepte ist das gälischc
leahhadh, die race. der folgende paragraph des Fuldaer
codex sagt dann si vero in tertia rhanne (also von noch hö-
herer Sorte) furaverit, und dazu die glosse rhanne chalteo.
hier ist rhanne au seinem orte; denn chalteo ist das gäli-
sche gallda, fremd, und rhanne chalteo heifst Von frem-
der Sorte.
W^ir haben also in dem vollständigen codex drei ver-
schiedene schweiucsorten, nach deren höherer gute die bufs-
166 CHRENECHRUDA.
gelder steigen, aufgezählt, der mangelhaftere Pariser codex
hat offenbar nur die erste, geringere sorte im äuge ; die fol-
genden bestimmungen fehlen, ihm, und diese erste, geringste
Sorte wird bezeichnet mit chrinne chultis, d. i. unansehnli-
ches schwein, yQM criön, klein, unansehnlich, xm^ciiilleadh^
das Schwein.
Ich mufs hier nothwendig noch etwas hinzufügen über
das ch der malbergischen glosse. es entspricht nämlich bald
gälischem c, bald gälischem ch, bald gälischem g. der laut
ch ist im gälischen nur ein mortiGciertes c; die mortification
tritt bald als grammatisches bildungsmittel, bald in folge des
auslautes vorhergehender worte und silben ein, bald ist sie
nur dialectische eigenheit. dafs also zuweilen malbergisches
c gälisches ch, zuweilen malbergisches ch gälisches c ist
und dann und wann sich malbergisches und gälisches ch
decken ist natürlich ; jedes anlautende gälische c kann ja un-
ter umständen die mortification erleiden, auffallender ist al-
lerdings dafs ch auch gälischem g entspricht, und zwar sehr
häufig, allein auch das ist natürlich, wenn wir andere buch-
stabenreihen betrachten, die Galen haben nur einen reinen
dentalen laut, denn s ist sibilant und t ist im irländischen
(offenbar die ältere ausspräche festhaltenden) überall ein star-
kes englisches th (im schottischen ist es vor sogenannten
breiten vocalen zur tenuis t, vor schmalen vocalen zum ita-
liänischen ci geworden) ; zum ausdrücken der reinen denta-
lis, sowohl des t als des d, hat also das alte gälische nur
einen buchslaben, nämlich d. offenbar kannte die schrift
früher auch nur d; denn während alle übrigen buchstaben
baumnamen oder vielmehr pflanzennamen haben, hat das t
allein den namen teine (feuer), zum zeichen dafs es in das
aiphabet gekommen unter ganz anderen, späteren umständen,
wenn also in der malbergischen glosse bald t für gälisches
d, bald d für gälisches t sieht, so hat dies nichts befrem-
dendes, weil sich d und t im gälischen erst später und of-
fenbar nach etwas anderen gesiclitspunctcn schieden als bei
der auffafsung des mundartlichen klanges für die malbergi-
sclie glosse obwalteten, ein ganz gleiches Verhältnis findet
hinsichtlich p und b statt; jenes ist gar kein aller gälischer
buchslab, er hat keinen eigenen uamen, sondern wird als
CllUENECllKUÜA. 167
weiches b bezeichnet und im irUiiidischen wenigstens weicher
als h ausgesprochen, er ist ursprünglich für fremde worte
in die spräche gekommen, und wenn er auch in einige ur-
sprünglich gälische worte eingedrungen ist, lindel sich doch
in der regel die Schreibung derselben werte mit b noch
daneben und sogar häufiger, z. b. boc {capra) neben poc
u. s. w. so scheint es nun dafs wie bei der dentalen und
labialen reihe die tenuis und die media in älterer zeit im
gründe zusammenfallen (denn auch bei der dentalen reihe
wird noch häufig in denselben Worten t und d geschrieben,
z. b. teine, feuer, und deine, hitze, sind eigentlich dasselbe
wort und der orthographische unterschied ist nur wie im
deutschen bei wider, contra, und wieder, rursus, rein künst-
lich und willkürlich*), so auch bei der gutturalen reihe der-
selbe fall statt fand und die tenuis c und die media g viel-
fach verwechselt wurden; auch tritt noch jetzt derselbe fall
wie bei den andern reihen ein, dafs die Schreibung willkür-
lich in vielen Wörtern zwischen media und tenuis wählt,
z. b. neben gabhar, die ziege, findet sich fast ebenso oft
cabhar. ein anderes hieher gehöriges beispiel hatten wir
oben in crothaid, das sandsteinchen, kiessteinchen, neben
grothal, der sand, kies, kurz, wie in Thüringen kein mensch
den unterschied von t und d, von p und b, und selten den
von k und g hört, und also auch ihn nicht ausdrückt, so
ist es bei den Galen wahrscheinlich in älterer zeit bestellt
gewesen, und daher dies kreuzen und wechseln der Schrei-
bung, selbst in denselben Wörtern, und sogar im anlaute,
wo doch sonst tenuis und media am leichtesten geschieden
gehalten werden ; daher diese Unsicherheit in dem vorkom-
men der tenuis und media, wenn mau die malbergischen
Worte mit gälischen in verglcichung bringt, indessen erin-
nere ich mich nicht ein malbergisches g anders gefunden zu
haben als gälischem g entsprechend.
H. LEO.
* d. h. ursprünglich willkürlich ; denn in der lange der zeit würkt
dann die Schreibung auch auf die ausspräche wenigstens derer die aul'
bildung anspruch machen, wie man bei gewissen durch die Schreibung
entstellten deutschen Wörtern sieht.
168
INCIPIT AVREA FABRICA
de laudibus virginis gloriosae.
1 lllius assit gratia,
qui stricta cinctus tascia
caelorum ambit spalia
et manet ante solem,
et raorilur pro gregibus
datque salutem regibus,
ut suis subdant legibus
totius orbis molem.
2 Fideles tradunt apices,
latoris legis Codices,
mysteriorum indices,
sub forma typicorura,
ad struem tabernaculi,
caelestis babitaculi,
sacrorum retinaculi,
quas quivis Hebraeorum
3 Res absque simullatibus
de suis facultatibus
sinceris cum conatibus
pro viribus dederunt.
magnates cum potentibus,
qui praeftierunt gentibus
non sine puris mentibus,
laetanter obtulerunt
4 Aurum quidem ab aurea,
argentum ab argentea,
aes ad ornandum aerea,
ut novit architectus :
thesaurus istis varii
vigoris, mullifarii
coloris cingentarii,
est lapidum adiectus.
4, 2. 'i. l. ad — ad 7. /. argenlaiii
AÜREA FABRICA. 169
Nunc donaiit inter alia
ligna Sethim nobilia,
sed haec imputribilia
fuisse memoranlur.
postremo dant piirpurea
cum cocco byssum, linea,
quae nunquam laedet tiuea.
sed isla applicantur
Cohortibus leviticis
pro vestibus pontificis,
quae noveruut ar tili eis
industria poliri.
egeni dabant denique
cum pilis pelles utique,
cum quibus opus undique
debebat operiri.
Oblalis bis gemmarius
Beseleel, aurarius
fidelis, coramissarius
prae omnibus electus,
prudens vermicularius,
perfeclus operarius,
doctus anaglypharius,
est opibus praefectus
Subtili cum lignario
Ooliab, plumario,
bono polymitario,
viro sciente plura,
quae lieri ex arbore
valebant et ex marmore.
lapidibus et ebore
iu omni caelalura.
Cum suis rei stemmala
hi norunt et arouiala,
ex quibus thymiamata
suavissimi odoris
conücienda fuerant,
bas artes ut docueranl
et artius innueraut
170 AUKEA FABKICA.
iustinctus creatoris.
10 Ornat US habilaculi
cum archa tabernaculi
solertes hi veniaculi,
candelabruin et arani
cum Cherubim velamiua.
et vasis ad libamina
ex auro forniant lamiua
pontilicis tiaram,
1 1 Lucernas, emunctoria,
quae nulla fuscat scoria,
cum basibus tenloria
et purpura iacincto,
cum ephot veste vario
et opere plumario,
ritu polymitario
bis cocco quoque tinclo.
12 Ast alii durissimo
saxoque de iirmissimo
mel sapidum purissimo
cum oleo suxerunt.
de islis quid plus referam
vel ad quid plura proferam,
cum nil egissent perperam
in bis quae construxeruut?
13 Sed ego cum sim luteus
et sensus nisi bruteus,
- sit altus quoque puleus
nee vas ad bauriendum,
prae facultate penula
hinc voce pelo tremula,
ut lingua parcat aemula
prompla ad corrigeudum,
14 Thesaurus beu scientiae,
argcntum eloqueuliae
et aurum sapicntiac
in cordis mci sporla
deticiuul, habiiitas
10, 7. /. auri
ALIUEA FABUICA. 171
liguorum et uobilitas
geramanun et slabilitas
aeris, byssus retorla,
15 Eburqiie castiinoniae,
beryllus parsimoniae
et marmor sanctimoniae
cum iaspide iacinctus,
et purpur aptiludinis
lumenque valetudinis
et luna rectiludiiiis,
bis coccus quoque tinclus.
l(J Rex ergo celsi numinis,
dignare, pater luminis,
lorrente sacri fluminis
ine sie laetiöcare,
si oleum cum mellibus
non sugam ex saxellibus,
sed pilis et de pellibus
queam erucluare
17 Älariae laudes et honorem,
virtutes et decorem
virginitatisque pudorem
et mores cum ornalibus,
diversis modis a discretis
tam patriarchis et prophetis
praetypiatos in secretis
obscuris aenigmatibus.
18 Excelsi regis maler nata,
ab intus pulcre deaurata
et variis praedecorata -«•
scripturae cum monilibus,
dignare pennam irrigare
et stylum mentis colorare
sie ut ad strucm comporlare
quid queam cum exilibus.
l'J Scriptoris linguam, cursum mcnlis
gubernet virga dirigcntis
velociterque conscribentis
17, Ü. virlulcs cii^s et? !
172 AUREA FABRICA.
illius scribae calamus,
cui virgo tarn serenum
hoc praeparasti parganicnuni,
in quo depictus est ad plenuni
caelesti sponso thalamus.
20 Centenis centies millenis,
millenis niilies centenis,
minuta quae sunt in arenis,
tot etsi fruar linguulis,
si unguis loquar angelorum
arteque canam musicorum
et mores noscam elhicoruui,
sed etsi fungar singulis
21 His sacris dotibus perfecte,
nequaquam quibo adhuc rede
reginae caeli praeelectae
virtutum laudes pangere.
si tarnen ipsa spes reorum
hoc mihi praestet, quod meoruin
arx muri ruat vitiorum,
temptabo tuba clangere.
22 En qualis haec et quanta
est, cuius pulcritudo lanta
sie a supina pedis planta
ad verticem protenditur?
en haec est virgo praecedentem
non habens parem nee sequentem
virtutibus aequipollentem,
ex scriptis ut perpenditur.
23 Dos casta haec est viri, parens
enixa virum viro carens,
producens germen humus areiis.
haec cstque phoenix unica,
capillos cuius auricolor
et verticem miratur clor,
in facie, qua mire solor,
arrident mala punica.
24 Ex intcrmixto liliali
19, 5. cui tu V.'? '11, 1. Eu (jualis virgo?
AÜREA FABRICA. 173
rubedine cum roseali
maxillae forte nitent, tali
perfiiso fronte parcius.
cincinnos noii adulter fucus
subornat neque tingens sucus,
subtilis iste cum sit bnicus
pudorem rodens artius.
25 Nasusque forma moderata
est, nee depressa nee elata,
pigmenta reis de quo grata
scaturiunt cottidie.
hinc oculi praerutilantes
sunt et ut stellae rutilantes
ac in virtute coruscantes
sol tamquam in meridie,
26 Seseque sompno nunquam dantes
palpebrae neque dormitanles
sunt, sed pro suis vigilantes.
praeclara supercilia
o quam decenter ornant vultum,
totius quoque formae cultum,
oreque labiis rubet multum
haec pulcrae Syon filia.
27 In India nee ebur tale
nutritur, dentibus est quale
candoris decus virginale
illustrans oris medium :
gutturque lacteo colore
candescit, coUum nivis more,
stupescit mentum prae decore, v
fit exul omne laedium.
28 Supernus auctor egil sorte,
quod aures eins forent portae
caelorum regis preces forte
nolentes unquam spernere.
0 quam felicem, quam beatum
hunc dicam, cui datum
est hunc praeclarum et dicatum
34, 4. pcrfusa? 26, 7. ore labrisquo? 28,6. Iiunc ego?
174 AÜREA FAßRICA.
vultum in aevum cernere.
29 Scrulatur ab infantia
pectus eius meruui
praecepta cum flagrantia
conditoris rerum,
et ubera fragrantia
sunt hinc deum verum
in iuvene lactantia
antiquumque dierum.
30 Est venter eius aureus
argenteus beatus,
est merito eburneus
et gemmeus vocatus,
portatur quo aethereus
caelorum advocatus,
per quem iacet vipereus
iam coluber prostratus.
31 Re Vera celsi solii
dum nuncius legatur,
cor huius instar folii
palmarum elevatur
et ut repandi lilii
sie supra dilalalur:
dum flebant Evae tUii,
'ecce ancilla' fatur.
32 Virginea decentia
ad instar plumi cigni
sunt bracliia niteutia,
ex aloesque ligni
odore redolcntia
divino apla igui :
amplecti cum frequenlia
0 si essemus digui.
33 Ingenti pulcritudine
sunt man US decoratae
fl
deccnti longitudine
cum digilis ornatae,
donandi aptitudine
',>•», 8. anticiuum? 32. 2. /. pluiiiiie
AUREA FABIUCA, 17.)
quae rainiuie seratae,
sed dandi proniptitudine
sunt aquilis praelatae.
34 Tornatilis est dextera
• virtutum genitiva
Dieses gedieht ist mir von hm. i>rof. IV^h. Grimm zur
hekanntmachung gütig i/her/q/'se/i worden, der es von Schnel-
ler erhielt, in abschrij't aus der Münchener handschrifl
Aug. Dominic. 26, 15 jh. pap. 4", bl. 91''. die Überschrift
aurea fabrica könnte ein original zu Konrads von Würz-
hurg goldener schmiede vermuten Iqfsen, allein das deut-
sehe und das lateinische gedieht, soweit sich das letztere
als bruchstück beurlheilen läfst, sind in form und inhalt
ganz verschieden und bieten kaum im einzelnen etwas über-
einstimmendes dar. die Überschrift rührt, wie mich dünkt,
von einem abschreiber her, da sich in dem gedichle selbst
keine beziehung darauf fndet; will man sie dennoch als
echt gellen lafsen, so darf man ivcnigstens aurea fabrica
nicht durch goldene schmiede wiedergeben, in den einlei-
tenden Worten sagt der dichter dafs zu erricht;ung (so ist
wohl 2, 5 ad struera tabernaculi zu nehmen) und aus-
schmüekufig der stiftshütte jeder von den Juden, der reiche
wie der arme, das seine beigetragen habe, gold, silhei\
erz, edle steine, köstliches holz und anderes, und dafs a7is
diesen Stoffen kunstvolle meister eine tvohnung für den höch-
sten bereiteten, der dichter wünscht dafs ihm in ahnlicher
weise von gott das gold der loeisheit, das silber der be-
redtsamkeit u. s. 7o. verliehen leerden möge, damit er das
lob Mariens besingen, gleichsam zu dem baue ihres tem-
pels der ehre und des ruhmes das seine beitragen könne,
hat also der dichter selbst sein werk aurea fabrica genannt,
so verstehe ich unter fabrica eine werkslätte, bauhütte, wie
deren viele im millelalter zur erbauung eines münslers er-
richtet umrden ; aurea ist darin blofs epitheton ornans.
Das aller des gedichles wird sich nicht genau bestim-
men lafsen i ich möchte es in das \Ze jh. setzen, tveniger
zweifelhaft kann es sein dafs- der dichtei' ein ff^elscher.
wahrscheinlich ein Franzose, kein Deutscher war. dies zeigt
nicht sowohl 19, 0 die form pargamcnuni (parchemin), denn
176 AÜREA FABRICA.
diese könnte dem ahschreibei^ angehören, sondeim es geht
aus mehreren cigenthüinlichkeiten in Stellung und hildung
der Wörter hervor die sich am besten bei einem Schriftstel-
ler erklären lafsen der die lateinische spräche wie eine
halb angeborene zu behandeln gewohnt loar. dahin rechne
ich die hdufiing vo7i adjectiven, die form saxellibus 16, 6,
arx muri (vitiorum meorum) 21, 7. — das wort penulus
13, 15, das ohne zweifei ärmlich bedeuten soll, ist wohl
von penuria abgeleitet, vernaculi 10, 3 steht für famuli. —
ungeschmack zeigen die worte 25, 2. selbst der alte ab-
schreiber scheint den werth des gedichtes nicht hoch ange-
schlagen zu haben, da er abbrach, verbefserungen werdefi
noch an manchen stellen nöthig sein.
LEIPZIG. H. LEISER.
ZU BERTOLTS CRANE.
In Mafsmanns denkm'dlern deutscher spräche und lite-
ratur befinden sich 1 , 75 — 79 bruchstücke eines unbekan?i-
ten crz(ihle?iden gedichtes tvelches allem anscheine nach von
Bertolt von Holle herrührt dessen gedieht Crane wir im
ersten bände dieser Zeitschrift, so weit es erhalten ist, mit-
getheilt haben.
Einmahl stimmt sowohl das alter dieser handschrift* ,
die dem vierzehnten Jahrhunderte angehört, zu der zeit,
in tvelcher Bertolt lebte, als auch der fundort derselben,
Magdeburgs zu dem vaterlande des dichters ; vorzüglich
aber entscheidet die spräche und das ganze colorit in die-
sen bruchstücken dafür dafs beide nur von einem verfafser
hen^ühren können, formen toelche hier vorkommen, loie
men für man, van für von, wert für wirt, we für wie,
let für liez, ret, repf, vornam, unllielden, over, orlop, dorcli,
vorste, coning, coninginue, vorte {für fuorte), sloch, tro-
gen, genogen, mozen, vrowcn, vrowden, truwe, iind über-
haupt der juangelnde umlaut zeigen dasselbe Verhältnis der
vocale wie es sich in dem gedichtc Crane aus meiner s. 60. 61
• sie besteht vur ans zwei pergameniblättern in qitart, die von
einem bücherdeckcl abgelöst wurden; jedes derselben enthält 96 zeilen.
zu BERTOLTS CRANE. 177
versuchten Zusammenstellung ergab ; nicht minder entspricht
derselben der consonantismus in diesen bruchstiicken, vgl.
leven, geven, gaf, over, sterven, inverven, repf, hulphe,
waphen, let, vordrot, slolten, dat neben daz, troch, sloch,
bogen für hohen, die sijncope des h in jen, sen, gesehen
und anderem, mit dem zu Crane s. 63 gesammelte?!, ein-
zelne geringe abweichungen finden sich allerdings^ wie z.b.
dafs diese handschriß hc für eh hat, was aber ebe?i nur
den verschiedenen schreibe?'?! anhei?n fällt; denn auch i?i
andern ei?izelheiten zeigt sich genau dasselbe idio?n, da
hier he mit her, imber mit umber u?id ummer wechsehid,
dus für sus, das niederdeutsche wenle, dieselbe verwi?'rung
in der decli?iation des ungeschlechtige?i pro?io??ie?is und der
zu Crane I, 37 bemerkte auffallende gebrauch der priipo-
sition an wiederkehrt. die reime in diesen bruchstücke?i
sind eben so einförmig wie im Cra?ie; ?ia?ne?itlich findet sich
das bei Bertolt sehr häufige alzohant : bekant oder lant ///
den wenigen versen dreir?iahl. zuletzt zeigt noch die häu-
fige wiede?'kehr der epitheta gemeit, wert, milde, hochge-
lobet dafs beide gedichte nur eineji verfafser haben, so wie
der ga?ize ton inid die ?na?iier der pocsie in beide?! b?'uch-
stücken übei'ei?istim?nen, was keinem leser bei angestellter
veigleichung e?itgehen wird, wir theilen deshalb hier nur
ei?ie kurze p?'obe (bl. II, z. 86 — 97 nach Mafsi?ia?ins ab-
drucke mit, eine stelle die ??iit Cra?ie IV, AA^ff., wo Ache-
loyde von Gayol abschied ?n??nnt , sehr gj'ofse ähnlich-
keit hat.
De coning zo der vweu sprahc
'In can mibe nihct leng* sparen.
Nahe dem vorsten wil ihc varen.
Woldi mibe vmm nie gesen,
Daz sal vor antriun gesellen.
Heiz min waphen bringe mihc'
Nein, o milde vorste rihe,'
Sprach de eoninginne reine,
'Wold ir dar riten eine,
We stet daz vwcr edeliebeil?
Ir hat so manigen hclid gemeit —
Lntcr de?i persone?i die in diesen bruchslücken erirähnl
Z. F. D. A. FF. 12
178 ZU BERTOLTS CRANE.
werden irUt hesondet's Demantin hervor (bl. 11,17.64.80).
der die schönste Jungfrau Syrgamote erioorben hat. nun
besieht sich Bertolt im Crane IV, 216 y. ^folgendermaßen
auf ein früheres erzählendes gedieht welches von falschen
Spöttern getadelt sei,
do ich sprach we der man vn gin
mit swerten pris er worven hat,
se twauc ires hertzen valschen ral
datz se der tzucht vor gazen
vii mine rede niazen.
ich hatte schon vermutet dafs in dem unverständlichen man
vn gin der name des beiden stecken miifse und es wird
jetzt^ zumahl da namen in altdeutschen handschriften öfter
sehr verdorben sind, der schlufs zuläfsig sein dafs hier
Demanlin statt der man vn gin gelesen tverden miifse, wo-
für sowohl der reim als die schriftzüge sprechen : woraus
de?in von selbst folgt dafs die erwähnten bruchstücke bei
Mafsmann zu dem gedichte Demantin von Bertolt von Holle
gehören.
Noch sicherer dürfen unserm Bertolt die bruchstücke
eines gedicbtes zugeschrieben werden welches in Nyerups
symbolae ad litcraturam teutonicam antiquiorem sp. 83- — 92
aus einer pcrgamenthandschrift welche gleichfalls dem vier-
zehnten Jahrhundert angehört unter dem titel fragmenlum
carminis antiqui Suevico-Saxonici ex historia Darifanti mit-
gethcilt sind, wir glauben den beweis nicht einleuchtender
führen zu köntien, als wenn wir diese bruchstücke hier
ganz mittheilen und die parallclstclten aus Crane und De-
mantin hinzufügen, zumahl da Nyerups buch nicht jedem
leser zur band sein möchte, weil wir keinen diplomatisch
getreuen text liefern konnten, so geben tvir Nyerups ab-
druck interpungiert und von den ärgsten fehlem gereinigt
wieder : die Schreibart der kandschrift, so inconscquent sie
ist, haben wir beibehalten, da sie sich nicht nach den ge-
wöhnlichen mittelhochdeutschen gesetzen regeln lafsen ivird,
wenn es auch leicht war einzelnes zu befscrn. nur die un-
tren7ibaren präposilionen sind, too sie abgesondert ivaren,
der deutlichkeit wegen mit den tvorten verbunden zu wel-
chen sie gehören, die wichtigsten abweichungen von Nyerups
zu BERTOLTS CRANE. 179
texte sind angezeigt, offenbare lesefehler abet' stillschwei-
gejid vei^bej'sert.
mit der sconeii Locedyau quam
dar al sin troren cn ende uani
in der vroweden riehen nacht
dar sie tzo samende worden bracht.
ein bete in Avas ghemachet 5
mit richeit uongheswaghet :
mit vroweden brachten sie se dar
vil menich scoue vrowe dar.
dar wart sunder sorghen
de nacht went an den morgheii 10
bracht vil vrolichen.
dar wart yme daz riebe
ich wene kleine ghedacht.
waz dar vroweden wart volbracht,
des ne muoz ich wisen nicht; 15
were ich vorbaz bericht
ich chundc iz doch vorswighen wo! ;
vor der valschen deth man sol
vorswighen gutes maunes heil
daz sie es ne winnen nimber teil, 20
Do de nacht uof ende quam
Locedyan man do nam,
man kleidete sie mit richeit;
menich vrowe gemeit
halph zimeren iren lip. 2.5
do was sie das sconeste wij»
daz mannes oughe i ghesach,
de meyste meiiie ir des iach, s
an scone hctte sie den pris : s
de cronen dar tzo Torkis ?. : 30
de sach man ir hovuet tragen. ;
ich wil van dem vorslen sagen,
ich meine den werden Balifeil :
im waren van samilte kleit
3. daz was iit N. vgl. Ci\ iv, 340. 4. <laz N.
Ct\ IV, 115. 117. 243. .5. uf oin bete N. 14. Cr. iv, 262-66.
16. der« N. 30. d(Mi N. 33. (Y. iv, 79. 539. .591.
12"
180 ZU BERTOLTS CRANE.
ghesnilen riche und grot: S5
manich lowe van golde rot
de stunden bi ein ander dar
mit menigheme riehen steine dar
vaste underscheiden.
iz gene also in beiden 40
als in de wuonsch bette irdacht.
Nuo wart dar de crone bracht
de des landes bette gbewalt.
nuo wart de iuonghe vorste halt
ghecronel dar tzo Torkis, 45
dar her sint vil menigben pris
begbencb mit siner milden bant.
nuo uontfengben ir borge vn ir lauf
de vorsten vnd de heren al.
von boverende irhof sich do ein scal 50
vor dem iuongen coninge riebe
von den berren al ghelicbe
vnd von dem bertzoghen wert,
swer dar wolde nemen swert,
daz wart mit willen im gegheuen: 55
man sach nach werdicheide streuen
vil manigben edelen riehen man.
der coninch etzen do began.
dar lephen ros heren vri
de de rittare sloghen bi, 60
üv dar upphe menich samit lach
ghesniten und pellel von Baldach
de de vorsten riche trogben vore.
dar was uof ghetan de tore :
de ir gnaden gherten 65
de vorsten sie ghewerten
mit ir gave vnd mit sotzicbeit.
dar was alles daz bereit
36. Cr. 290 — 300 do se de bilte priseten de man dar underschei-
den vant, mauigen lewcn riche irkant de uf einen samit breit koste-
liche wären bereit. 38. was N. 46. her fehlt N. 50. houo-
ende N. vgl. Cr. iv, 210. 51. von N. 59 ff. Cr. iv, 134—141.
63. de ersten richten N.
zu BERTOLTS CRANE. 181
daz ein vorsle hauen sohle
de erliche woide 70
siue hochtzit macheit.
daz de spottere dar uof lachen,
ob sie daz letzen daz wer mir teil.
dar wart mit grotzer werdicheil
de hochcit uof ein ende bracht : 75
ich wene dar ichtes wer gedacht
iz ne werte al ghetan.
ich wil von der rede lan,
waz woldich ir mer ghesaghet?
dar bleif de vorste uonvorzaghet SO
gheweldich an sime riebe :
daz besaz her so erliche
daz hers ghewan so hoeu loi",
swer nach im reit an sinen hol
dorch besehen an sin lant, 85
her wart also wider ghesanl,
daz is der coning ere uontfenc.
Balifeile iz wol irghenc :
do vn ymber mere
irwarf her pris vnd ere. 90
von Darifante wil ich saghen :
sin ritterschaf beguonde in iaghen .
dorch der minne pris an vromede lanl
orloues gherte her altzo baut:
waz her dicke wart ghemant! 95
he wolde im liehe don becani
mit im daz coningriche,
her solde gheweldichliche .
mit im dar inne coning sin.
PuoUe daz eighen riebe min 100
ich don is dir ghelichen teil becaul/
do sprac de iuonge Darifant
7^. vgl. 18 und Cr. 1,22. iv,212jf. 78. Cr. iv, 375. 84. 6V.i,4»-45.
86. Cr. 550. 551 ir werdet also weder gesant datz ich des motz ha-
vcii ere. 92. Cr. iv, 462. 556. zwischen 95 und 96 scheint
etwas zu fehlen. 96 ff. Cr. iv, 438. 333 niiner lulc und miner
ant tuon ich im lichea teil bekaat.
182 ZU BERTOLTS CHANE.
'duo soll din riche selver han:
ich wil beide und plan
nach aventuoren riten, 105
dorch zyosleren vnd dorch striten
wil ich sochen vroniede lant.'
Nu tzoch de werte Darifant
harnasch an sin stolte lip.
waz dar manich scone wip 110
inil ir smalen witzen hant
im sine waphen remen hant !
sin korsit vnd sin waphenkleit
mit grotzer richeit was beleit
so iz Fiolede irdachte : 115
mit kost sie iz volienbrachte.
de coninginne reine
waren uoz ghespruongen steine
^'f' vor swerten swar de vorste streit-
nuo hetle de coningiu ghemeit 120
robine dar wider in ghetan.
sie mochte is lever han ghelan,
sie waren dar vonghepriset.
*«♦- _ de aventuore mir wiset,
iz ne wart ni vorste baz ghesant ]25
ghesimeret an vromede lant.
swe vil her ghebeten wart
daz her bliue, her wolde uof de vart.
als mi seit de aventuore,
nuo karte der gbehure 130
mit siner feyen an vromede iant.
der coning gherne mit im ghesant —
es fehlen loenigstens zwei blätter.
de sie betten uoz ghesant.
'Phiolede' Darifant
vil dicke ref, swen her trat 135
vnd so nendichliche sleghe mal
llü. Cr. IV, /i68 — 470 de junge koniaginne gemeit im al de wä-
Iciirieniea bant mit ir wizen edelen hant. 132. han fehlt N.
127. Cr. IV, 465. 537. 129. als mi de a. .V. 130. vgl. 194.
Cr. i, 19. 134. Dem. i, 59. 136. Dem. ii, 65. her mat IV.
zu BEKTOLIS CHAiNE. 183
iiol den gliellorereden man.
wider rufen her Legau
Fiacrode de coningin,
an dinie denesle ich hir bin, 140
din scone helphet mich vorwar.
her rif sie an vnd trat im nar :
swicka, we he do swenken ghenc
vnd selve daz widerghelt uontfeac
von dem werden Darifant! 145
dar spranc vor der tzwiger liaut
daz wer wol Iwiger ackere breit
nuo dranc de vorsle iunc ghemeit
zo Darifande daz her trat
vnd uontweich ein kleine von der stal. 150
dorch so grolze strites not
de feye ir ovghen uontieghen im bot.
sie sprach "^owe der vrovde min !
suolt ir hir vorstriten sin,
so si wir dri an vrovden loth ; 155
ich meine der gotinnen not
vnd der sconeu ElFadien dar
de uimber ghetrost, daz is war,
ne werdet wen von vwer hant :
herre, des sie noch gemant.' 160
do de vorste ir not ghesach
her trat ieghen im vnd sprach
'diz si Fioleideu teil!'
daz wart des coninghes uonheil
do her so nendichlichen quam, 165
daz swert mit beiden banden nam : ,:
we her swcnkete uoC den hell gemeit !
dar spruongcn spene eilen breit
von des coninges scilde uot' den sant.
im gaC sin mille iunghe hant 170
so riebe slegbe daz her dorch not
vntweich : her moste hauen den tot
137. Dem. II, 55. 144. uonterfeiic N. doch vgl. '/äSa.
l/i8. Cr. I, 28. 149. %» fehlt N. 153. Cr. iv, 453 — 54.
161. (lo do .Y. ICf). und daz? 108. eync breit N. <:. - .
184 ZU BERTOLTS CRANE.
ghenomeu, wen de coningiii
de dorch ires Iruowes herzen sin
snellichen von dem pherde trat. 175
sie beguonde loiifen uof der stat
dar sie iren lierren striten sach :
des liues si sich do irwach.
do sie irkande sin uonheil.
do Darifant daz weghere teit 180
helle ieghen den cuonen man.
mit uonwitzen sie do began
louphen ieghen den vorsten wert :
vil nach Darifanles swert
helle ir den lip ghenonien. 185
von dem iunghen vorsten vroinen
wart ghelatzen tzo der Izil
dorch de vrowen dar de strit.
do sprach aver Darifant
yeghen den vorsten al tzo hanl 190
*-^ • . 'heitzet de vrowen van uons gan.
so wert hir slrites mer ghelan.'
do sprach auer Offiart
an vwen denesl wert ghekart.
herre, swes ir an mi ghert: 195
''■•* des suolt ir an mi sin ghewert.
ich gheue noch miner truwen phant.
yeghen rillar ni streit min hant,
ich ne leihe im achte clagende not :
swer sich tzo slrile yeghen mich bot, 200
'' ' dar was daz spil ghewonnen min.
ich moz an vwer deneste sin,
swes ir röchet an mich/
do sprach der iunghe vorsle rieh
hat ir mir Sicherheit ghelan, 205
herre, der wille ich noch irlan.
ich wolde ieghen yspanien lant
verre : dar is mir becant
aventure von einer maghel
17i. licilsos .V. 1H5. hir N. 186. Cr. iv. 576. )'J7. Uetn.
I, 8ti — 89.
zu BERTOLTS CRANE. 185
(so hat ein rillar mir ghesaget); 210
nach ir der gheverle ich gherende bin.
ich wolde sie sen, des ghert min sin.
Offiart de sprach tzo hant
herre, ir suolt an min lant
mit dessen vrowen riten: 215
swer hir komet dorch striten,
her ghewinne scaden oder hail,
her moz dorch sines prises teil
mit uons bliuen doch de nacht,
herre, so sult ir werden bracht T2{)
uof de rechten stratze an daz lanl
dar noch de maghet wert becant.
ir holet doch de duoreste man
der i dorch minne pris ghewan
mit dren sinen gheverten, 225
de mit speren vnd mit swerten
dicke hat irworven pris.'
do sprach der iunghe vorste wis
'ich wil darhin, daz ist min ghere :
her sal an mich vinden were 230
strites, daz si noch ghesaghet.
swaz mich gheschen von im mach,
nimber vrolichen lach
ne leve ich, ine come dar 235
daz ich ghese er oughen dar.'
Mediane sprac tzo hant
'herre, ich wil noch don becant
des landes recht sult ir began:
iz sal werten al ghetan 24U
des ir an dem vorsten ghert.
siet nuo wart de coning ghewert.
mit im karte Darifant :
unvorwitzen an daz lant
311. Dem. i, 35 ze Anlriun diu' wold ihc hin den xorslon seii.
des gert min sin. 215. zwar N. 326. Cr. iv, 216 do ich spiacli
svc Dcniantin mil swerlen pris firworvjrn hat. 229. Cr. iv, 450.
230. Cr. IV. 171. 395. 235. ne coine TV. .
186 ZU BERTOLTS CRANE.
lie au korlzeu stunden reit, 245
bi im de scone niaghet ghenieit.
des coninghes swester, daz is war.
vnd de scone Fedakine dar:
de was des landes coniugin.
sie karten herlze vnd sin '2öO
we sie scophen im ghemach :
al des denestes man im placli
des her selve gherte :
noch mer man im ghewerte.
he wart dar wol uontfanghen. 255
uonlieghen im quam gheganghen
vil menich scone vrowe ghemeil,
do he uof einen [gronenj angher breit
mit der coningin gheriten quam
dar her ghesach vnd vornam 260
manich poulun riche,
ffhesimeret costichliche.
her sag ein dar vnder,
soldich half de wonder
sagheu de ich dar von weit — 265
252. Cr'. IV, 359. 255. uonterfangheii .\ . '200. Cr. i, 46.
262. was g. N. vgl. Cr. iv, 52. 270. 'iöi. Cr. lu 15.
IV, 286.
Die vergliche7ien stellen, obgleich sich Jur ei?izelhei~
teil noch mehr anführen liefsen, scheineji hinlänglich su
dem beweise da/s das gedieht von Dainjant ebenfalls von
Bertolt herrührt, der umstand dafs im atfange des bruch-
stücks ein vei^mäldungsfesi beschrieben tvird, dessen wenn
auch kürzere Schilderung in der ganzen manier der be-
schreibung von Gayols Vermählung gleich kornrnt, läfst au-
'»enblicklich denselben verfafser erkennen, zutnahl da auch
hier wie in Crane an einer ganz entsprechenden stelle eine
ähnliche rüge der spotlere vorkommt, auf ivelche sich eben-
falls des dickters klagen in der einleitung zu diese?n ge-
dickte beziehen. Bertolts idiom zeigt sich auch hier, wie
im Demantiii, so deutlich dafs wir es für überßüfsig hal-
ten einzelnes hervorzuheben, bei genauerer betrachtung er-
gibt sich dafs die drei gedickte Demantin Crane Darifani
zu BERTOLTS CRANE. 187
in der folge wie wir sie eben aufgeführt habm verfafst
sind, denn wenn der dichter im Darifant seine einseitige
und deshalb leicht erkeniibarc manier auch nicht x>erleus:-
net, so zeigen doch einzelne partien eine höhere kunst-
rollendungf weshalb dieses gedieht gewiss nach dem (Jrane
zu setzeri ist.
WILHELM MÜLLER.
ZUM iWEIIV.
Die hs. 2779 (/?. 2259) derfFiener hofbibliothek ent-
hält unier anderem auch Hartmamis Itvein. damit niemand
daran ziveifele, da die von Graff Diut. 3, 371 und Hoff-
mann verz. j. 16 angegebenen anfangszeilen nicht der ein-
gang des Iwcin sind, mag hier räum finden was Karajan
mir darüber vorlängst mitgetheilt hat.
Bl. 46 VW. bricht auf der In spalte die kaiserchronik
ab. es folgt mit der 20?i zeile
hie hebet sich an daz
Bvch daz da haiset der
ritter mit dein leben
Swenn ein wol beschaiden man
Der beschaidenleichen dienen chan
Baiden mvt vnde leip.
Leit an einem beschaidem weip.
Swen des wudert.
Daz do ir hertze svndert.
von vns allen hintze dem.
Der sagte gerne weste er wem.
Des enwudert mich nicht.
Swa dem gvten wol geschieht.
Des pin ich immer vro mit in.
Daz haizzcnl auch di weisen sin.
Di rede lazzen wir beleihen.
vnde sagen ev von den weihen.
Si habent wuderlcichen sit.
Da si di man versuchent mit.
Swcr ev di alle solde sagen.
188 ZUM IVVEIN.
Der endorft auch nimmer gedagen.
Wir svln si lazzen beleiben.
Swer ev solde schreiben.
Alle ir wuderleiche sile.
Der bedorfte prailer permeil.
Swelich weip von ir sinne.
Dar vmbe versprichet minne.
Daz die leute alle.
Bedent mit einem schalle
Secht wi State den ist.
Di 1er ich einen pezzern list.
Daz si minne walte.
Vnd ir er doch behalte.
vnde minne einen man.
Der minnen vnde helen chan.
So sprichet manigev wa fvnd ich den
Da wage iz wider tisen
waz iz wider den man daz ist mein ral
Der Zucht vnd schone sinne hat
So mag ir nimmer misse gan.
Si sol doch vngeluche han ^
hierauf beginnt die 2e spalte
Swer an rechte gvte u. s. w.
die voi'hergehende reimerei wird niemand zum Iwein rech-
nen oder für hartmannische poesic halten.
H.
ZU DEN MERSEBURGEK GEDICHTEN.*
Das asyndclon, ohne welches im zweiten gedieht nicht
vier, nur zwei göttinnen sein würden, fordern folgende gründe.
1. ira gen. sg. fem. ist ahd. und auch alts. von iro gen.
pl. geschieden, beide sondern sich wie golh. izus und ize.
auch das Uildebrandslied hat nur iro eorum, kein ir^a ; wenn
im Hcliand einigemal ira für iro steht, so scheint das feh-
lerhaft, da auch thero und alle übrigen gen. pl. o weisen
• über zwei entdeckte gedichle aus der zeit des deutschen beiden-
tbums. Berlin 1842.
zu DEN MERSEBÜRGER GEDICHTEN. 189
und (las ags. fries. a meiden, erst im mhd. ir fallen beide
casusformen scliädlicii zusammen.
2. bedeutete ira hier eorum, auf wen soll es bezogen
werden? doch auf Phol und Wodan? dann folgte nothwen-
dig dafs Phol und Wodan brüder, Sunna und FoUa ihre
Schwestern waren. Phols und Wodans briiderschafl ist aber
beiden bedeutungen entgegen die ich von Phol versucht habe,
noch weniger scheinen Wodan, Sunna, Folla geschwister.
Söl, nach nordischer mythe, war tochter der Mundilfari,
Schwester des Mäni (Mond), nirgend werden S61 und Fulla
geschwister genannt, zwar heilst Fulla auch nicht der Freyja
Schwester, sie steht vielmehr in nahem Verhältnis zu Frigg.
und da Frigg (langob. Frea, ahd. Fria, slavisch Prii/e) ver-
wechselt wird mit Freyja (ahd. Frouwa, Fri<a), so fragt es
sich ob nicht in unserm denkmal für Früa gesetzt werden
miifse Fria? dann wäre Wodan vollends ein unpassender
bruder, weil er Frias gemahl ist.
3. auf den ersten schein gemahnt frua Folla an do-
tnina Ahundia, dorne Habonde, wie an frau Berhta, frau
Hulda, frau Venus, doch diese ausdrucksweise beginnt erst
im 12n oder 13n jh., ich glaube nicht, dafs man im 8n oder
9n frouwa als blofsen titel vor eigennamen setzte, die ags.
und alts. mundart haben das ahd. frouwa überhaupt nicht,
späterhin scheint es aus der hochdeutschen in die nieder-
deutsche, bis in die niederländische und friesische, einge-
drungen, mhd. lesen wir freilich allenthalben vrowe JutiUy
vrowe Pallas, wie her Jupiler, lier Adam und vrowe nah-
tigal; in den meisten anreden wird betitelt, aber 0. und N.
verwenden frouwa, frowa nicht so. Maria heifst auch spä-
ter niemals frau Maria, sondern entweder Jungfrau Maria,
oder sente Maria, oder unsere frau Maria (wie bereits im
Essener fragm. iisero fri/on sancte Mariun), was mehr als
titel ist. 0. 1, 3, 31. 1, 5, 7. 1, 7, 1 hat nur sancta Ma-
ria; N. ps. 21, 11 föne 3hm>/n wojnbo ; ps. 79, 18 Mariun
sun. niemals erthcill 0. einer Elisabeth, Magdalena, Mar-
tha den titel frowa, noch N. im Marc. Cap. einer Juno,
Minerva, scheint also frCia Folla unstatthaft, so mufs Früa
ein von Folla verschiednes wesen sein, ich habe Folla für
die göttin des reichthums gehalten, lieber als für den Voll-
190 Zu DEN iMERSEBURGER GEDICHTEN.
niond, weil weder bei der nord. Fulla, noch bei Abundia und
dem lettischen Pilnitis des monds gedacht wird, nach dem
Volksglauben spendet auch der neumond mehr fülle und Se-
gen als der Vollmond (litth. pilnatis, goth. fidlips). wie
sich aber Abundia und Diana, Hulda, berühren, könnte den-
noch bei Fulla der JVIond in betracht kommen.
4. wäre frau Folla recht, so müste es auch Stntkg'mid
sunna sein, und Sinthgund den eigennamen der sonne bil-
den, einen solchen führt sie nun nirgend, obschon der ihm
nachgewiesene sinn auf sie wie auf ihre Schwester anwend-
bar wäre, würde aber dann nicht blofs Sinthgimd, mit weg-
lafsang des appellativs sunna gesagt worden sein, der sonne
nicht nothwendiger das prädicat frau gebühren, als der Folla.
selbst wenn diese der mond wäre? in der handschrift isl
nach Sinhtgtmt der den haupteinschnitt des verses bezeich-
nende punct gesetzt, und im folgenden vers könnte er hin-
ter Frua ebenfalls stehn. dürfte, wenn ß'ua blofser titei
wäre, zwischen ihm und dem eigennamen, so wie zwischen
dem eigennamen Sinthgund und dem appeüativ sunna die
metrische ruhe eintreten? ich zweifle.
Sind nach allem diesem Früa und Folla, Sindgimd und
Sufi?ia vier eigene göttinnen, drückt ira ejus, folglich schwe-
sterschaft je zweier unter einander aus, so darf das weg-
bleiben der copula dem nach .y^wo;ii (gramm. 4,216. 346. 950)
an die seile gesetzt w^erden* und auf weitere bestätigungen
hoffen, ich führe noch einige stellen aus der edda an. Isöl/'r,
Asulfr Olmödssyjiii" Ssm. 116"; Ani, Omi oro horjiir Arn-
gi'ims synir 116*'; Amr ok löfur, Mär 115*'; Jinbiörg^
Valbiörg IZh^ \ glöar Gullinbursti, Hildisvini W.k''^ diese
letzte fügung ist zweideutig, da Hildisimii auch der dat.
sein könnte und dann das corama unterbliebe, aus der mhd.
poesie lafsen sich vielleicht befsere beispiele sammeln, als
folgendes, Nöupatris, Eskelabon drr manegen pris besalle
Wh. 106, 23.
JAC. GRI31M.
• auch zwischen herod uodev im ersten pjedichl scheint die copula
l^leich obslchtlich nusf^elaPsen.
191
CREDE MIHI.
Wenn Harlmanns reine deutsche spräche einem abl die
helheuerung crede mich für cj^ede mihi zweimal in den mund
legt (Gregorius 853. 1456), so mul's sie unter den kloster-
leuten sehr im schwang gewesen sein, auch Reinmar von
Zweter MS. 2, 124" sagt diu glihsenheit diu birget vil un-
reines, — dur Juden und dur vilrsten goll so ist man ir ze
Home holt, ir Crede mich kan Schatzes tool gevdren, und
nochmals MSH. 2, 20,3" da triiwc ich nimmer vinden süeze
seic, crede mich (: sich), auch im Waltharius 807 wird
mihi crede eingeschaltet, und man darf Otfrieds giloubi thu
mir, thaz giloubi thu mir, thes giloubi thu mir (2, 14,61.
.3, 20, 178. 4, 5, 34), thaz giloubet ir mir, thes giloubet
ir mir (4,10.0. 19,53) o^^v giloubi minen worton (5,7,4.
13,4) schon für eine blofse Verdeutschung dieser formel hal-
ten, so natürlich auch die eigne spräche auf den ausdruck
führt, was ich aber hier bemerken wollte ist dafs noch im
i7n jh. in dem niederrheinischen kloster Rommersdorf eine
speise, seien es klöfse oder ein backwerk, unter dem namen
cret/e m?7«' verabreicht wurde; ein Heimbacher weisthura von
1627 (1, 619 meiner samlung) besagt, der alt burgemeister
empfanget den hojfnercn im closter 30 cj^ede mihi vnd ein
stuck keefs, das vher 19, doch nit 20 heller werth sei. im
Hennebergischen hiefs nach Reinwald 1, 70. 2, 62 eine ge-
wisse art klöfse herr gott behütcs, oder abgekürzt blofs
hütes.
JAC. GRIMM.
DAS ER ÖRTLICHER APPELLATIVE
UNAD.IECT1VISCH.
Den schein des adj. hat höchstens der nom. sg. masc.
in Nürfiberger tand, lierliner nrilz, Frankfurter kaufmann,
das uns fast wie guter, schlechter, aller lautet, doch in al-
len andern fällen schwindet er. Nürnberger landcs, licrlinrr
192 DAS ER ÖRTLICHER APPELLATIVE UNADJECTIVISCH.
iraare, Frankfurter geld. dies unveränderlich haftende er
unterscheidet sich also auch von organischen adj. auf er,
wie mager, heiter, die überall flectieren. es ist nichts als
der vorgesetzte gen. pl., den die frühere spräche oft auch
dem regierenden subst. nachsetzt, z. b. ein schittifig Rege/is-
bi/rger,Costanzer = Kegensh[irger, Costanzer Schilling, wie
man ihn zu Regensburg, Costanz ausprägte, die ahd. spräche
sondert jenen festen gen. pl. -äro bestimmt von gnoter und
magar. wenn nun allen eigennamen und örtlichen appella-
liven ein grolser buchstab gebührt, so folgt, dafs er jenen
gen. nicht entzogen werden darf, und es unrichtig ist zu
schreiben leipziger druck, berliner handschrift statt Leipzi-
ger, Berliner.
JAC. GKIMM.
FRAU KEIN WILDES THIER.
Schon gramm. 4, 650 ist auf redensarten hingewiesen
worden die mir uralt scheinen, will eine frau ihrem gelieb-
ten seine blödigkeit vorrücken, so sagt sie ihm Ich war ja
kein wildes thier das du zu meiden brauchtest. bei dem
von Kürenberg 31 S. 1, 38'' jo enwas ich niht ein eher leildc,
als der liebhaber sich nicht sie zu wecken getraut hatte.
Iwein 2269 ir möhtent sitzen naher haz, min vrouwe bizet
iuiüei' niht. MS. 2, 195*' sin mäht mit linden henden rnin
niht ersldn. auch unser noch gebräuchliches einem den zahn
weiser kann dazu genommen werden : si zeiget mir den
ivolves zant Ben. 386. es mufs andere stellen meiir geben,
deren ich mich jetzt nicht entsinne.
JAC. GRIMM.
11«
MARIENLIED.
Der herzoglich najsaiiische oberschulrath, herr dr Frie-
dtiinann, director des centralarchives zu Idstein, hatte die
gute mir eine im anfange und am ende defecte pergament-
handschrift eines lateinischen psalteriums mitzutheilen, die
er in dem ehemaligen marietikloster zu Arnstein aufgefun-
den hatte, in welcher auf den letzten blättern ein deutsches
marienlied steht.
Die handschrift ist in kleinoctav und gehört in das drei-
zehnte oder vierzehnte Jahrhundert ; die spräche aber so
urie die reime iveise?i auf eine bedeutend frühere zeit, so
dafs loir also nur eine abschrift eines von einer frau ge-
dichteten frömmelt liedes vor uns habeii : diu buoche (das
buch), alinc {unversehrt, ganz), andouge, du statt diu im
instrumefitalcasus so wohl als im nominative und accusative,
und mehr der art, lafsen an der früheren entstehung des
liedes nicht zweifeln.
Ich füge hier noch bei dafs der folgende abdruck sich
auf eine von mir selbst genommene abschrift gründet, in
welcher ich nur, des leichteren Lesens wegen, den vocal i
mit einem puncte versehen habe ; alles übrige, so xvie auch
die inteipunction, gibt treulich die handschrift ivieder.
GÖTTINGEN, apr. 7. 1842. G. F. BENECKE.
I Die vier ersten zeilen sind ausgekratzt.
werlt van der sunnen vz geit ane ser 5
vnd an arbeit, daz kint daz himel und
erden solde er f'rouwen. daz ze slorene
qua unsen ruwcn. an aller slahte ser iz ^
uan dir qua. alsiz godcs kinde allcine-
me gczani. \'^an der sunnen geit daz 10
dage liet. sine wirdet uinbe daz du
dunkelcre nicl. nog bewollen ward
din incgedlicher lif. allein gebere du
daz kinl heiligcz wif. Sint du daz
Z. F. D. A. II. 13
194 MAHIENLIED.
kiiil gebere. bit alle du werc. Uitcr uiide 15
reine iian mannes gemeine* swencn so
daz dnnkel nnniugelicli der merke
daz glas daz dir is gelig- daz sannen
liet schinet durg milllen daz glas, iz
is alinc nnde lufer sinl alsiz edes was. 20
durg daz alinge glas geit iz in daz
luis. daz uinesternisse uerdriuel iz dar
uz Ou bis daz alinge glas da der
11 durg qua. daz liet daz uinesternisse der
werlde benam. uandir schein daz go-
des liei inalle die laut, do uan dir ge
boren warlh unse heilant. iz beluhle
dich und alle cristenheit. du inden 5
iingelouuen uerre was uerleit. iz uani
dich, iz liz dich, bit alle luter alse du
sunne deit daz glase uinster. luden
die ug willen ce gode keren. merkel
daz glas daz mag ug leren. Inder 10
buche lese wir. daz ysaias uane dir.
alsus hauet gesprochen, die wort die
sint belochen Vz uan iesse sal wahsen
ein rvde. uffe der rüden sal wahsen
ein blüme. ander blumen sal gervn 15
der heilige geist. her sal sie gesterken
bit allen sinen crefden. uan ime sal sie
du godes craft entfan, da mite sal sie
den uiant erslan. meinet du rüde dig
heilig megedin. bedudet du blume 20
din drut kindelin Oug saget
uns alsus. du biich du der heizet exo
dus. daz moyses ein heilig man. sag
III einen husch de der bran. den busch du
flamme beuienc. ie doch her niet ne
cegienc. her bran undc louvede. daz
für ime ninc scadedc Schein uan
deme husche daz für. daz meinede daz 5
uane dir. got hie in erden, erberwel
III, (». deiiUicIi <M'l)er'M('l in der hs.
MARIEINLIED. 195
solde werden, grünede daz lof indenie
fiire. blüde der din magedüm inder
geburle. der busch behielt du sine sco-
necheit. so dede din heilig lif du sine iü
reinicheit. Dines magedümes blü-
nie grünet ie nog. du heizes unde bis
milder ie doch .' daz is daz wunder daz
niene gescag. daz nie ore negehorde
nog ouge ne gesag. Oug bezechene- 15
de dich wilen de niandelen zuig. de
uore gode blüde daz was äärones
rüde, de sament bit den blumen erou
nede die mandelen. Du porte besloz
zen gode alleineme offene du ezechi 20
eli erschein, si was oug diner ceichen
ein. man liset oug ander, uil nianig
wunder, damide din geburd wilen.
IV uore gekündet ward. Hed ich dusent
munde gesagen ich niene künde en
vollen des wunderes, daz uan dir ge
scriuen is. iznemogen alle zungen
gesagen. nog ges diner 5
eren. nog dines loues enuollenUer
hiraelischer hof. singet aller dinen
lof. louet dig cherubin. eret dig sera
phin. allez daz herie der heiliger en
gele die godes andouge Stent uon fO
aneginne prophelen und aposloien.
und alle godes heiligen, die frowent
sig iemer din. kunenclichez inege
din IfVale miizen sie dig eren. du
l)is nuuler ircs heren de der himel 15
und erden, uan eres hiez werden, de . '
bit eineme worte gescfif du werlt
alle dem alle dinc sint under dan
18. I',>. riellcicltt tu bi'f.ivrii crougede. vergl. genes, ftnulgr.
2, :m, 6.
IV, 5. ohne ÄU't'{/ip/ gcsiiigcii, das auch naeliher, x, 2iy. , mit zungen
reimt, vor diner ist noch zu erkennen bit alle.
13'
196 MARIENLIED.
dem uiet \\e mag widerstan. dem
alle crafl gewichet dem niet ne ge 20
liehet, den der eret und uortet. alle
duse werlt. Daz is mir lanc zesa
ffeiie wie her du sis ee himele. iz enis
V oug oiemanne kiint, ane den seligen
die da sint. Des eines bin ig uan dir
gewis. daz IVowe siis geret bis. diirg
die dine groze güde. durg die dinc
olmüde. durg du dine suvcrcheit 5
durg du dine groze mildeeheit
Van du anerufen ig dich, frowe nu
gehöre mig. aller heiligesle wif. uer
,1 ; nim mig sundigcz wif. allez daz
min herze, daz fled dir bit flize. 10
daz du mir willes genaden. cedine
me sune hellen, daz er durg sine gu
de miner missedede nergezze hil
alle unde mir genaden wille Jjei-
der mine lidicheil du hat mig dik 15
ke uerleit. daz ig uan minen scul
den. uerworte sine hulde. frowe
daz is mir engestlich her umbe so
vorten ig.- daz er sine genaden uan
mir sule keren. Van du flien ig 20
ce dir numüze daz stan ane dir
wie du mir maged milde gehelfes
siner hulde. hilf mir wares ruwen
VI daz ich mine sunden. müze gewei
neu. bit inneclichen trenen Hilf
mir bit flize daz ig du hellewize
niemer ni relide. dad ig oug vernii
de hinne uord alle dine die wider 5
godes hulden sint Vnde ruehe
mig gesterken in allen güden werken,
daz ich bege minen lif. alse die heili
23. enis ist ?ncht ganz sicher; man Iwunte auch, und vielleicht
richtiger, izn is leseii. V, 3. vor sus scheint du ausgefallen zu
sein. VI, 4. dad] /. daz.
MAKIEINLIEU. 197
§e wil' dir uns aller (lugende j^ege
neu haueut bilede. unser müder sa 10
ra du otniudige anna du gediildi
ge. liesler du milde, iudil du wizzi
ge. und andere die frowen. die in go-
des forhten. hie sig so helrageden. daz
sie gode wole behageden. Oug na di 15
ner gude. na diner otmüde. muz ig
gescheppen minen liC. des hilf mir hei-
ligez wif.' an dine haut ig Legeuen
mig und allez daz min leuen. dir be
velen ig alle mine not. daz du mir 2()
willes sin gereit in swelechen minen
noden ig dich iemer ane gerufen JPio
we diner liende beuolen si min ende .'
Vil und rüche min gewisen. und mich er
losen uz uander grozer not suanne
so der leide dot ane mir sol gescheiden
den lif uander seien Inder grozer
engeste cum du mir ce tröste/ unde hill 5
daz min sele werde ce deile. den lie
uen godes engelen. niet den leiden du
uelen/ daz sie mich dare brengen. da
ig müze uinden. du eweliche frovvede
die da liauent ce himile/ die fil selige 10
godes kint die dar zu irwelet sint.
Daz ig müze scowen den unsen lieueu
herren. den unsen scheppere, den unsen
heilere der uns gescvf uan nivvete. der
vns oug gecoufte/ bit sines sünes blu 15
de uan deme ewigeme dode. "Vver sal
mir des gehelfen, wer sal mig so geluteren
daz ich des wirdich muze sin. daz saltu
ilTc herre min. gif mir herre dinen ge
ist wanlu selbe wale weist, alle mine 20
crancheit. und alle min unwizigheit.
daz ig muze scowen bit den minen ' ■
ougen.' diu unuerloschcn liet daz
\'lll ne werc du mir niet.' daz is der ewige
198 MAKIENLIED.
liF. daz is daz ig armez wif. bit diner
helfen suchen daz la mig herre uinden.
Ues sie min bode cedir. dines selues müder/
owie selig bin ich dan. of sie mig wil- 5
let fore stan. Jflaria godes druden,
maria trost der armen/ maria Stella
maris. züfluht des sunderis. porce des
himeles. burne des paradises / dan uns
du genade üz gefloz du uns eilenden 10
entsloz daz unse rehte uater lant. nu
gif uns frowe dine haut. liWise uns
uz gehelfen uon dere grozer dufenen
daz is des duveles gewalt. dar uns in
hat geualt/ eua unse müder nu flie 15
wir alle zu dir. ^Vir weinen unde
suften. ce dinen lieuen uvzen/ la du
dich irbarmen/ die not die wir armen/
indirre dale beiden manege wis uer
: dulden. Stella maris bis tu genant. 20
na deme sterren der an daz lant. daz
müde schif geleidet dar iz cerasten
beidet/ geleduns an ilTni dinen sun
IX Auf dieser seile ist nur zu erkennen daj's das was
darauf stand deutsches war. aber alles ist ausge-
kratzt. zu lesen ist nur als ziveite hälftc der letz-
ten zeile daz er sie behu-
X de naht unde dach, uan aller slahten
ubele daz in gewerren mach, daz er
in geuen wille die sine lieuen hulde
unde celezzes uns gesamene in deme
, ewigeme leuene. JfMaria milde kü 5
ningin. nu müzes tu gelouet sin/ der
diner otmüte. und aller diner güde/
.. dar umbe dig crist genam. ce müder
als iz wale gezam / daz den aller bez
VIH. 8. porce deutlich in der ha., aber wohl nur schreibj'ehler
statt portc. 19. genau so in der hs. 23. das wurt sun kann
auch, und vielleicht richtiger, vil gelesen werden.
X, 9. 10. bezzestcs /c/i/er der hs., l. Ijczzesleu.
MARIENLIED. 199
zesles man der ie induse werlt quam. 10
daz bezzeslc wif gebere du in vviues
kuuiie were. ]%[u nuizcs tu yelouol
sin maria unse uogcdin. Irosl der
crislcnheide. schilt der unser hrode
clieide/ maria gra jdena du bis uol 15
aller gnaden / des heiligen geisles er
cornez uaz. daz er cedisen eren sun
derliche erlas/ uz uan allen wiCen.
die der ie geboren wurden. THilde
maria. genedige maria. siize maria 20
dincn lof müzen singen, aller slah
te Zungen .' und alle du geschefl'ede
du der is in erden oC in hinicle. diu
Die folgende seile ist aifsgetUgt und unleserlich.
GOTTHICA MINORA.
1
Zu band 1 s. 311 ff.
Die s. 314 ausgesprochene beziehung des von Bonaven-
tura Vulcanius herausgegebenen eotntnenturiolus docti ciiius-
dam iriri anonymi auf Richard Strein dürfte der weiteren
besprechung nicht unwerth sein, die a. a. o. genannte hand-
.schrift von Leyden (Vul. 92') liegt in ihrem ganzen inhalte
jetzt vor mir und gewährt bei näherer betrachtung manche
eigenthümliche beziehung. icii schildere sie daher noch etwas
näher.
1. der inhalt. s, 1 enthält a) Alphabetnm Gethicum, dar-
unter die Worte |MyfVr['6Aqö, «['f^'l^^' H(\|^Rii |\N,\<iTQAGi(]).
aiuuaggelgo lliairli murcu anasiodcith
darftnter b) ORJTIO DOMINICJ (gothisch) bis auf s. 2,
welche noch entiiäll SALFTATIO ANGELICA.- s. 3
CANTICFM FJRGINIS, mit lateinischer Übersetzung über
den Zeilen und Wörtern, bis s. 4. — s. 5 bietet Canticum
Simeonis, blofs gothisch. — s. 6 bis 10 sind leer. — s. 11
und 12 enthalten die s'. 315 bereits besprochenen kanimcr-
rechnungen oder notizen von Richard Strein, die wir hier
niitlheilen.
200 GOTTHICA MINORA.
s. 11 Ad Ctes. Ca. nulicain.
Die key. m' weijjst siehe?' disen heioilligung vnd ist
ivol zuerjunert. vnd diewoyl er ein wol verdeinster schiilr
So ist der (über der steht jr) m^. will das dasselbige dem
zo
supplicantenn vnuersagelich gereicht werde. Darumb jr M\
bcuolch ist dafs jr M koyserlicher (diese drei worte in leer
gelafsenen räum mit schwärzerer tinte eingetragen) hofcämer
also, vnd das der siipplicant nitt lenger auffgehaltenn werde
anzureichen (ausgestrichen, darüber a?isuzeiefi). per impe-
ratorem 15" Julij. 69.
praesentata fuit hiec requesta 22** Junij zu sehen obs
nicht zuuor den Jesuws* beuelh. oder in recknung
26 Julij 68.
Georg Lantig. solle Georgio Cassandro 200 goldt Gulden
zuestellen
13 Decembris A° p 65.
s. 12 (abgeschnitten und weiter gerilsen) . . aujf die ....
. . Lieber Her hojfzallmaister ivillet dem supplicäten diese
zwe hundert goldt guldejin van stundan betzalenn, vnd ob
ires jm anibt nicht hetet aufs bewiegerung*", vnd b am
ersten gelt wider erstaten 19 Julij 68. Vndertzeckent
Strein .
2. innere eigenthiimlichkeiten. bekundet schon das letzte
wort vor der Unterschrift des namens Strein, Vnderzeckent
einen Niederdeutschen oder Niederländer, so bestätigen dies
einige über die lateinische interlinearversion zum canti-
cum virginis geschriebene deutsche Wörter, nämlich über
hNj\iy6iii)\i und humilitatem das niederdeutsche nedricheit,
und über HiKiAf})nhTj\iiS und superbos — hogdcnckende, und
über rj\SQri»Vf\ und impleuit — gesedigen***.
Vergleicht man die gothischen texte bei Vulcanius.und
hier bei Strein näher, so ergibt sich 1) die gröste ähnlichkeit
in beziehung der alphabete ; man sehe :
uiideullicli, elx^nso das darüber geschriebene er . . . . und das dar-
unter, neben reckiing stellende Jres viaj zijn.
oder aufs hewiegertim j darüber unleserlich ringchen, ob aus
ai/fsbewiegeren gemacht ist ausbringhen ?
'** über hA6BUVj\ und suscepit steht hebet au [f.
GOTTHICA MIiNOKA.
201
Vulcanius
(\ B i" A G |; q li H
<)) l R A H H Q ri O !<. S
T 11 II ']:» Z X
a, b, c, d, e, f, g, li, eta,
th, i, k, l, m, n, o, p, q, r, .s-,
t, V, u, y, :;, c/i.
Slrein
eta
f
Ih 0
<]) l RA M HQII0|<.i;
T u u u y z X
ü u z eil
[jv. B. e. u gibt Str. iii
verschiedenen formen.]
dieselbe folge der buchstaben ; dann dieselben irrthümer,
c, g, eta, V St. qv, dagegen 0 als q, dieselben fehler (g st. 7)
in dem bei Slrein gleich folgenden anfang des evangelii Marci
(bei Vulcan. s. Qß), nur dafs Str. aiituaggelgo, Vulc. Ai-
wanggelgo, überdies noch Marcum schreibt; im gothischen
haben übrigens beide hier f]j(\iRli H|\RRU.
2) bei Strein folgt das Vaterunser, das Vulcan. s. 32 — 34
gibt, gemeinsam ist hier beiden das l,s.342 schon bespro-
chena M(\t\S; Vulcanius zeigt (s. 33, 4) am ende der zeile
yj\ip])j\ st. Y,\i)^f|)j\i bei Strein; des Vulc. auslegung s. 35
sculanfsigaima erklärt sich (während er s. 34 abbricht mit
SRiiAjXUS und 35 mit siqj\iM(\ anhebt) aus StreinsSRiiAjXHSSi-
q(\m)\ ; Strein schliefst s. 1 mit .svasvefah und beginnt s. 2 mit
ni. bnggnis. uns. in. J'raist. | iibnjaL, läfst also aus (durch
jah) vais ajletum thäi skulam unsuraim jah. Strein setzt
vielfach puncte zwischen den Wörtern: so nach nnnio thein. —
ihiudlnassus theins. und von lu'nnnadaga. an fast hinter jedes
wort bis zum schlufs. Strein hat liB'GAlN (mit absichtlich ver-
scliwärzlera d) — beweis dafs er in seiner Urschrift Avie V^ul-
cauius richtig iiHiAiil vor äugen hatte.
3) in dem bei Strein nun folgenden englischen grufse
(Vulcan. s. 31j verbindet Str. )\ii,ST|\i,AncV,\Ii|\|^T,\, eben so
Vulc. f\nSTj\i,\ii j A,\li(\|^Tj\; Vulc. bietet |^j\, Str. nur (^,\
(dagegen im folgenden lobgesang Mariae mit jenem Un, wie
r«|> und im Cant. Simeon. beide |^f\); beide geben das umge-
202 GÜTTHICA MINOHA.
kehrle ii st. u in niHsJN und ni«])j\NS, eben so beide (})iiif|)U\0/\
R)v|\u (Vulc. daher thhi thidol krati)'.
4) im lobgesang M. beide (nachdem silbernen c.) Mikileid
lind Svelg-tteid, beide auch gleich trennend HiRlAGUVSjVi y)\A(\,
eben so t\li r(|) )\, welches j\ Str. durch articulus erklärt, wie
in All li H)\iy6Ui|\i (eben so trennt Vulc.) das li ihm articul<^
sein mufs, )\ articulus wieder als iS|v|\eA j\ (eben so setzt
Vulcan. ab). Str. giebt N^sqj\N(\ (Vulc. richtig H|\sq(\NA.)
und drüber salutare (salvatore) meum (H6iHj\MMj\ !) : beweis
l'alscher abschrift im goth. wie im latein. — Strein gibt weiter
falsch seiHjMSias (Vulc. richtig semjViZsJS). beide verbinden
wieder fc|<f\MlvinH(\N lijVIiA.j\rqj\H st. fram k'imma nu au-
dagjand). Vulcanius holzschneider sah und schnitt HlSlHlRl-
A61H (Str. hat jenes i nicht), beide wieder trennen Nj\M öiS
(nomen ejus), und verbinden '])6iMs2r(\H<Vj\H, wo Str. im bei
beiden falsch mit 6 geschriebenen (|)|\in deshalb nicht den arti-
kel sieht (er setzt blofs timentibvs über), beide verbinden und
theilen ferner (am ende der zeile) HiRiA'|^lihTj\NSrj\]hnrÄ.jVl5
Vulcanius bezeichnet richtig am ende der zeilen ns- 1 lij\nhl*Vj\
und lm,\i-|yu\j\iis und aj\ii-|S(\ms rj\Hri- | H|\Ht\s, weil sie
auch Strein verbindet; er trennt auch iNSj\N- 1 Ai«Vj\ und
rj\Mim(\- 1 HA.S , wie Vulcanius am ende nn-|«vj\iy, Strein
schliefst schon mit ,\|^M,\h)\iRT6iNS-syj\S<J)6, während seine
s. räum genug bot mit Vulcan. zu schliefsen rodida du attam
unsaraim Abrahama ja fraiv is und aiv. beide geben wieder
gleich r)\ h Hj\i- 1 yk\,\iiü Vulc, r^ h. | uj\iyuvj\HS Str.;
Strein fehlerhaft hAeBU\)\ st. Vulc. liAGiKuvjX, beide (mit
oder aus cod. Ar gen t.) »j^iUM^Vl'U zu seinavuna.
h) gleichmäfsig nach dem silb. cod. im Canticum Simeo-
nis (Vulc. s. 41) beide (und beide gleichm gelrennt) |^|v(\
AGiTjMS ; beide ferner gleich fehleriiaft i')\y(\i|v»|)r(\ ; während
aber Vulcan. j\iir,s5iij\ schneiden liefs (ähnlich Str. voraus
l:|^|\im-|HsJik\ St. Vulc. |;|<.j\iii'i- |Ns2Nt\), schrieb Str. nur
j\iiöH(\, verleitet durch das vorausgehende [i. Strein gibt mit
ausgewischtem n blofs M)\ii|\ | yuveü, beide wieder den glei-
chen fehler (gleichmäfsig getrennt) IH )\H ,\iuvy)\i|v«])q(\ j Str.
weiter hin »|^iiu\öii, V^iilc. richtig ']niKVQM, Sir. endlich ver-
• vgl. h.l. 1.31U, • •■
GOTTHICA MINORA. 203
schrieb <]>eN)\i, strich es durch und wiederholte mit der neuen
zeile (|>(^inei.
Alle diese einzelheiten beurkunden hinlän<^lich eine und
dieselbe quelle für Vulcanius und Strein, nur dafs letzlerer
blofs texte abschrieb, Vulcanius dieselben anders geordnet
wieder gab. natürlicher folgt aber bei Strein, obschon nach
der Überschrift des evangelii Marci nochmals das vatcrunser
aus Matth. 6, 9 steht, der engl, grul's — der lobgesang M.
— der lobgesang Simeons (d. i. Lucas 1, 28 — 1, 46 —
2, 29) als bei Vulcanius s. 1 das aiphabet, s. 31 der engl,
grufs, s. 32 das Vaterunser, s. 36 der lobgesang Mariae,
s. 41 der lobgesang Simeons, endlich s. 66 die stelle Marc.
6, 4 (iio?i est propheta ?nsi in patn'a suä mit den fehlem
miST n|<^i\Ti|^6Tns | inns yej^^s nibjvih | ir,\iip]),\i semjvi.
sieh bd. 1, s. 324 u. 325) und die Überschrift des evangelii
Marci.
Zu band 1 s. 377 ff. Gothisches in Spanien.
Paulus Piasecius episcop. praemisl. sagt in seiner Chro-
nica gestorum in Europa singularium (Cracoviae 1645 fol.)
Si 48, wo er von den Gothen und Vandalen spricht, Qitod
vero potissimum, rne procuranta, Adamus Makocttts, dum in
Hispania a. 1622 obiret legationcm a Sigisviuudo in Rege
Polofiiae opud Philipputn iv Hispaniae regem, perquisivit
ibi summa diligentia monumenla Gothorutn Vandalorumque
ac invenit multa, etiam sacram Hebraeorum historiam*
Gothica lingua scriptam, quae cum a Suecis, qui erant in
aula Sigismundi regis non pauci viri docti, compararentur
tum vulgari tum obsoletiori demumque cultiori scriptae lin-
guae Sueticae et Germanieae, nee unicum verbum reperiri
potuil, in quo una alteram vocis aut syllabarum, vel ely-
mologiae signißcationisve proprietate assimilaret. quin imo
et in publicis inscripfionibus refustis, quae in Suecia piu-
rimae praesertim circa oppidum Telga visuntur, ne minima
' (las nmfs doch wohl das alle leslamenl sein, vorher sagt er in
isla gente, ex qua natus d. Hieronymus, eadem lingua slavonica sa-
cram Ifebracorinn kisloriam rerlit, tit ipscmet in apologia contra
Ihißnum tcslalur.
204 GOTTHICA MIISORA.
quidem similitudo invenitur set^monis vel characteris Gothici.
iUudque vulgare Gutthland twn Gothicum sed Germanicum
est ?iomcn, ob honitatem soll certae ibidem regioni inditum.
quod nolunl etiam geograjj/ii, ut Petrus Bertius in descri-
ptione illius regionis. imagines autem antiquac Gothorum
et Vandalorum, quae ibidem in Hispania alicubi visuntur,
rej'erunt vestitum Sarmatico similem. sed his carpti?n nnno-
tatis ad propositum redeamus.
Hätte der gute mann doch nur eine probe mitgetheilt.
die imagines Gothorum erinnern an das Standbild Theodo-
richs in Neapel (band 1 s. 375); die erklärung von Goth-
land ist niclit schlechter als die noch heute in Schweden ge-
wöhnliche, eben von den Gothen. von diesen selber sagt
aber Piazek s. 48 Gothi, Uli itiquam bellicosi Gothi sive
Gethae {idem enim sonat utrumque apud omnes eruditos . . . .)
a7i sint censendi inter gentes Sarmaticas, aliis disculiendum
relinquo ; keinesweges aber seien sie aus Schweden gekom-
men, sondern vom schwarzen meere und von der Donau,
ebenso seien die Vandalen vom sarmatischen flufse Vanda-
lus oder Vistula gekommen.
H. F. MASSMANN.
ERFURTER GLOSSEN.
De nominibus cognationum.
Coloni. locatum agrum colunt. id esl anderes la/it sezau.
Inquilinus inbvirthich. Indigene. inlendig. Urbanus. bürgere.
Oppidanus burgsezo. Mancipium quicquid manu capi subdi-
que potest. Libertus urigelazin. Libertinus iirigelazijis su7i.
Manumissus geuriethat. Manumissor dator libertatis. Dedili-
cius ein hantgengo. Genitores a gignendo dicuntur. idem
parentes quasi parientes. idem et creatores a cremento quod
est semen cuiusuis generis masculini nominanlur. Auus. se-
ciindus patcr. auia. Proauus. tercius paler. Proauia. Aba-
uus IUI paler. Abauia. Attauus v paler. Altauia. Trilauus vi
pater. tritauia. Soboles. filii et filiae a substitutione uocali
sie. Liberi id est filii sie appellati ut secernantur a seruis. Po-
stumus diotus quod post humationem patris uascitur. Nothus a
ERFURTEK GLOSSEN. 205
nobili patre et igiiobili raatre. Spurius patre incerto nialre ui-
(lua genitus. qiiia nuiliebrem naturam ueteres spuriim uocabanl.
Nepos filius ülii. Pronepos tercius iilius. Proneptis. Abncpos.
quartas Iilius. abneptis. Adncpos. quintus filius. adneptis.
Trinepos. sextus filius. trineptis. Patres ante genitores. patres
ante proauum dicti uel nominati. Progenies, filii post nepotem
dicti. Maiores dicuntur ante tritauum patres. Minores omnes
post trinepotem dicti. Agnati ueniunt per uirilis sexus perso-
nas. id c?.l fadermag a. Cognati ueniunt per sexus feminini
personas. id est mudermaga. Dicitur etiam proximus 7nagh
id est propinquus et sanguineus. Fratres de patre nati. ali-
quando gelandan. quos Latini paternitates appellant. Patrue-
les. quorum patres fratres inter se fuerunt. Fratrueles mater-
terae filii. boc est muidirsuna" . Consobrini aut ex sorore et
fralre nati. aut ex duabus sororibus. Sobrini consobrinorum
filii. Socer et socrus parentes sunt mulieris et uiri. et dicitur
a sociando. Gener uir qui liabet filiam. Nurus. feniina. Leuir
dicitur frater uiri et leminae. Vitricus priuignus. Palruus.
patruus magnus*' propatruus. abpatruus. et sie de aniita.
Auunculus. auunculus niagnus. proauunculus et sie de niater-
tera. Sceniata dicuntur ramusculi quos aduocati faciunt in ge-
nere cum gradus cognalionuni parciuntur. ut pula ille filius.
ille pater. ille auus. et cetera. Arrabo daturpro coniugio di-
cta quasi arrabona. et dos. Pronuba et paranimpha huuelspce-
per.sa Obstetrix Matrona hemurouiia. Mater,
ununi liabens inlanlem. Malerfamilias. plures. Fratrissa. fra-
tris uxor. Lanitrices duoruni fralrum uxores. Calus uiri so-
ror. Friuolum esl cum eo separantur. ut rursuDi ad se inui-
cem reuertantur. Repudium.
Capilli capitis quasi piii. honethar vel t^has. Pili a pelle, id
csi lichhar. Cesaries. ein schorenlach."" a cedendo vocata.
Coma proprie sunt non ceci (/. caesi) capilli. boc est lanc.
Greci enim comas a secando caimos nomiiianl. unde et ccrin
londcre dicunl. inde et cirri. id est lebdo'loecas uocantur.
quod idem cliam Greci mallonem appellant. Crines. ivisphas
(so), quod vittis discernuntur dicti. Tinipora thiunnehein. sie
niuidirsuiia über inüi'vpiiiictierlvtn v\ duabus soi-orihiis.
patruus inagnus über propatruus.
of/cr -latli ; n/i dem vorlelzlen bnchslubrn isl. (■(ivi'i'fiiorl .
206 ERFURTER GLOSSEN.
nuncupata qiiia mouentiir. Vultus gedena. a uoluntate aninii.
Tautonibus ouer Facies ab effigie. Frons a foramini-
bus oculoruni. Oculi. ([uod ciliis oculanlur. Papilla a pauitate
dicta. eadem et päpula. Conas ovgan. Corona eo quod ambiat
papulam. Palpebra a palpitacione. Lacrimae a lacerationc
mentis. Has Greci dacria dicunt. Cilia eo quod celant oculos.
Supercilia eo quod superposita sunt oculis. Intercilium inler
oculos et supercilium. Gene inferiores partes oculorum uoeatae
propter rotunditateni. quas Greci mala dicunt. Maxillae kin-
iiebein.* propter diminutionem a malis. Mandibulae partes
maxillae. Pinnula. orlappa ab acumine dicta. Nares dictae
quia uos odore admonent ut aliqua sciamus, Olfecisse enini
ueteres scisse dicebant. Praescissores. qui rem praesciunt.
Canni. thesmannesgetkunche. Älolares quod quasi molant
atque inniassent. Fauccs quod per eas famur. Arteriae vuinth-
athren.*' dictae quod per eas a pulmone aer fertur. Tolles
per diminutionem toxellas uocamus. quae in faucibus turge-
scere solent. Mentiini quod mandibulae ibi iungantur. Gur-
gulio a gutture noniinata. Rumen. hinc ruminatio, Sub-
linguium dicuutur. quod illic uiscera torta uideantur.
idem lacerti. idem musculi. idem et uiscera. Lingua, zhunga.
Cubitus elenbogo. uel eleji. quod in ipso ciibanius. Ulnus se-
cundum quosdam ycr^Äew. secundum quosdam cletinam. Greci
ulenos cubitos uocant. Talias lenden. Alae oselen. a similitu-
dine alarum eaedem ascillae. quod ex eis brachia excellantur
et mouentur eadem et sub Ungulas nagala.*** bas Greci
onices uocant. Truncus tota medietas hominis. ToraxGrecum
nomen est. hoc est Imistlappa . quam Latin! arcam uocant.
Pectus bj'i/.stbehi. siue una costa quod sit quasi pexum. Ma-
mille per diminutionem a rotunditate quasi nialae Papulae
imnrza quod eam infantes quasi papant. dum lac sugunt. Lac
a colore dictum quia Greci leucos album uocant. Ubera quod
lade uberant. Arpina spun?ia et liquando nece. Pulpa, orspin-
na et est illud durum in aure. Cira quod palpitor eandem et
uiscum uocanl (juia gluliuosa sit. Artus lilhe. et .iliquando
limus dicii quod inuicem artentur. Compago meinbrorum. quod
* kinnübein über maxillae.
" das erste l von anderer band über^esehriebeii .
"' nagala eorrifi?'erf, vorher stand iiajrola.
ERFURTER GLOSSEN. 207
sibi compacta sunt neruis. Veslibula imerfhehi. co qiiod in-
flexionc nienibrormn uertiinlur. Carlilagines dictae
(juod leni atlritu carent dolore. Terga quia eis iacemus in
terra. Scapiila scoldra. Iota medictas inter scapilium. Palae
scoldrin. sie diclae quod in luctando eas premimus. nam Greci
palin luctam nomioant. Spondilia ritgbein. Spina rugelenda
quia radiolos acutos habet. Sacra spina lendenbein.* hanc
a
Greci ieron oslen id est sacrum 6s nominant. eo quod haec a
gentilibus diis hostia dabatur. Renes Icnden. quod riui ab bis
obsceni humoris naseuntur. Lumbi Imf bein, ob libidinis lasci-
niani. Umbilicus quod sit umbus ilioruni sie uocatur. Ilium
lanvo et est Grecuni nonien quia ibi nos obuoluanuis. (irece
siquidem ileos obuoluere est. Ciunes gofen. quod sint iuxta
culuni. Genitalia liaec pudenda baec et inhonesla et ideni uere-
truni quia uiri est lantum. Virus proprio bumor flueiis a natura
uiri. Viscus pellis in quo tesliculi sunt. Posteriora dicta quod
retro sunt. Mealus quod per eum meant id est egeranliir stcr-
cora. Coxae quasi coniunctae axcs. Vertebra ^7/e/•A■Zla/^. quod
in eis capila femorum uertentur. Suffragines, hainmen. quod
subtus frangunlur id est flecluntur. Tibiae scinkan. quasi tu-
bae. Crura schma. quia in bis currimus. Bathma (liioth. Ta-
lus enkel. a tolo. nam tolus est emincns rotuudilas. Pedes
Greci podas dicunt. Planlae pes anlea a planicie. Viscora.
beitillel ßesc. dictum propter uiscum quod est rüidblood. sine
billislr. Item uiscera intestina sunt, id est tharma. Item ui-
scera uilalia hoc est liarlin/iolhere. Item uiscera capila neruo-
rum ex sanguine et neruis copulata. quod est .scoodhra/t .
Idem tori. idem lacerti. id est scnuhjran. Idem miirus et per
diminutionem musculi a similitudine animalium sub terra deli-
lescenlium dicti. Pulmonem Greci j)leuinon uocant. in qua
pneuma id est spirilus inest. lecor quod ex co ignis in cere-
brum subuolat. Fibre. leuerinlappan. sie uoealae quod apud
gentiles in sacris ad Phebi aras forcbautur. StoniachusGreeum
est et interpretatur 6s. et subauditur ueulris.
Mitgetheilt ron kern/ docior IVailz ans ci/ivr in der
amploniani sehen bibliothek zu Erfurt befind liclie/i hand-
loinleiiiliciii die lis.
208 ERFURTER GLOSSEN.
schnft in octav aus dcvi \1njh.; aber da/s diese glossen
aus einer älteren handschrift abgeschrieben si?id lehrt der
augenschein.
BONUS.
Gotlichiu msere
wseren uns vi^eudenbaere
von dir ze sagene,
küniginne aller magene.
der wil ich einez recken. 5
da sollu minen sin zuo strecken,
daz ich dich lobe nach dinem rehle.
wan mir sündigem knehte
ist gar ze unmügelich.
doch ist minem willen niht trseglich, 10
ich si dir dienstes bereite,
min Zungen mir geleite
und süeze den liuten mine stimme,
swes ich in dinem lobe beginne,
du himelischiu küniginne. 15
Einen kneht biet du dir erweit,
der bete in dine gnfide verselt
sinen lib und sin sele.
des wuohs sin ere
vor gote und vor den liuten. 20
swa in diu schrift bediute
da er solle dienen,
des erwendele in nicmen,
er wsere dienstes gereht.
ich han gesprochn er wwr din knelif. 25
vrowe der engelischen schar.
Hie hebet (hebt /") sich an alsus (svs / ) von einem bischolf (pi-
schof /') hiz (der hiez / ) Bonus MI. 1 jf. Lachmann zur klage
s. 292. 1. Golliche M. 4. magdcn /. 0. do MI'. ster-
»hen F. 8. svndigen F. 9. vielleiclit ist ez g. ze unm.
11. dienst geraile /'. i'l. beraite J\ 15. hinielische /', hymeli-
srhe M. 10. hile M. 17. De hcte in dein genade v. F.
l\ . kau bi'deiiteii .]/. 2."). i^psiiroclieii er were M.
BONUS. 2ü9
des wurden alle die gewar
die er nach biscliolflichen eron
solde wisen unde leren
den weg ze dem ewigen lebene. 30
swaz im unser hßrre gab vergebene,
daz nam er umb anders niht veile,
denne swen er zuo dem ewegen heile
gevürdern mohte tag und naht,
dar an lag sin vliz und sin mäht. 35
Bonus was er genant,
der name het in wol ermant,
wan er guot hiez und wolde guot tuon.
er het den weisen viir sinen suon,
die wilewen vür sin muoter. 40
Bonus sprichet Guoter-.
guot tete er zwäre
tougen und offenbare,
er was der dürf legen amnian.
allez daz er ie gewan, 45
daz im ze notdurft über wart,
daz wart niht unz morne gespart,
er gedahte ze allen ziten
an sine hinevarl witen.
Der von im welle vragen, 50
Wachens künde in niht betragen,
vaslen was sin gwonheit:
wie selten er [keinen] tak vermeit. ^^ ^
er würde bihtig unde sunge.
üf die muoter der barmunge 55
liez er allen sinen gedingen : '
da muost im von rehte an gelingen,
eines sitcs er ouch phlak,
swenne kom der selbe tak *'"
daz man unser vrowen hinvart begie, 60
28. Öi her nach mil bisch. M. 29. soldeu M. 30. Den wege
ZV d. ewigen leben M. 'il. vergeben M. 32. Daz man vmb anders
n. V. M. 33. ewigen M {immer -igen). 3 4. ze tag vnd ze naht M.
38. gute hiez M. 39. hele M. 40. sine M. 47. morgen M.
52. gew. M. 54. bichlige M. 57. do mfste M. 59. kome M.
Z. F. D. A. II. 14
210 BONUS.
so verlie er daz nie,
er wser über naht an sinie gebete.
eines beilegen nabtcs er sam lete,
zuo einen hochzilen
(diu Sache sol witen 65
guoten liuten werden kunt getan).
dö sacb er den himel offen stan,
got weit wunder mit im began.
Daz aller schoenste sank er vernam,
als ez in wol von reble gezam 70
die gotes kint sint genant,
daz nieman so schoenez vant
von wunneklicher wtse,
,j,\ [daz hörte er] zem ersten ein teil lise,
dar nach ie baz unde baz. 75
der herre siner psalmen gar vergaz.
Do sach er ein sträze,
diu duhte in zuo der mäze
als er [e] in den buochen het gesen
in der himelischen Jerusalem, 80
sani si wesen solde
üz durch gesotem golde, j
wol gezierel üz und innen r.
von berlin und von gimmeu,
rehte alsam ez brunne : 85
daz was michel lieht an sunne, ,/
da enschein der mane noch der sierre.
ey waz wunne der herre
^...' in dem münster sach aleine .et) '.;
die beilegen alle gemeine, 90
si begunden lachen,
sam si in ein senffe wolden machen.
die do fuoren ze fal,
rehte gegen dem belesal
da dirre lag enkriuzestal. 95
62. Er were — sinein fvebrt M. 65/. \v«M-dcu /lintn- sol M.
78. in fehlt M. 79. gesen] so M. 86. U'^chte M. 87. Do
enschcinc — Stern M. 88/. ey was wunne vnd was ern. Der herre
sach in dem nivnsler alein M. 95. Do dirre Inse en kreii'ztal M.
BONUS. 211
Die koere wären underscheiden
von Jungelingen und von meiden,
als si der vorwise solden phlegen
und den magden anlwurt geben.
mit wunderlicher stimme 100
beleiten si die kiineginne.
der zwelifboten herschaft,
ir orden was erliaff,
do si si fuorten under banden,
ein slat si erkanden, 105
vor den alter frone
saz diu maget schone
und hele üf ein guldin kröne.
Harte was der bischolf erkomen.
er het im ein winkelstat genomen HO
da er wände in swhe niemen.
do vrägten die boten wer da got solde dienen.
'Bonus' sprach diu frone maget,
der sol werden her für geladet,
den ich dar zuo wirdigen erkenne 1 1 5
daz ich in zuo miner gnözschaft nenne.'
die rede er harte widersaz,
er smukte sich zesamne baz j/ü
hinder den phila;re.
daz gebot dühle in swa^re, 120
er enphalch sich gote in sime gebete.
do entweich diu sül von der stete
wol zwelif kläfter wit :
daz [zeichen] gesach man dö und nimmer sit.
Bi der haut viengen si den herren, 125
- . si fuorten in mit eren
da diu frone maget saz.
getröstet wart er aber baz
08. vorweise M. 101. beleitent ^f. 106. dem M.
109. bisc^olfe M. HO. hcte M. 111 . Do M. in. T
116. genoschaft erkenne (: erkenne) M. U8. zv samne M.
119. pheiler (: swere) M. 121. in sin gebet M. J24. vnd
immer rae seil M. 12.5. Bi hiinden viengen? 127- D" — mag-
<le s. ^f.
212 BONUS.
daz er sines unmuoles erwanl :
si gesegenl in mit der hant. 130
du reichten im die engel here
daz messegewant mit grozer ere.
als er vür den alter gie,
manegen zalier er dö lie,
die im in sinen buosmen fluzzen 135
und die himelwat beguzzen,
wan er sich unwirdik erkante
da in diu maget zuo benante.
und ein wunder daz geschach,
do er daz gebete vor dem alter sprach, 140
so man tuot zuo einr islichen messe,
do sprächen die zweifboten gewisse
i^i .; die wären indulgenciam.
daz dühte den herren tröstsam.
Uf huoben die [himelischen] degene 145
daz ambet schone und ebene
daz des tages ze singen was
* ' ' von ir diu gegenwürtic saz.
wem geschach solhes ie iht mer
daz die erzengel her 150
im reichten daz opher an
unz diu messe ein ende nam
'-'; und stuonden gezogenlichen an
unz der bischolf sine gehorsam
den zwelifboten erzeigte 155
vor den er sich [nider] neigte?
si gäbn im urloub zuo dem segene
■- ^ und neigten sich gar hingegene.
dö sprach diu maget fröne
min dienstman Böne, 160
hab dir ditz messegcwant ze löne.'
Dö wart diu künegin Marjä
131 /. Iier : er M. 136. himelwat so M. 138. do M. 141. einer M.
142. zwelifboten gar gewisse M. 143. die] Den M. 145. de-
gen M. 153. an] dan? 155. erraichet /)/. 156. vor dem —
naiget M. 157. Si gaben — segen ^hingegen) M. 162- kviieginne
Maria M.
BONUS. 213
also schiere diu ober hvk
die nideren gerüeret
ze himele gefüeret. 165
der biscliolf stuont eine :
sin gebete was reine
unz an die niettine.
do körnen die sine
wol gelerten kaplän 170
die im wären undertäu.
dö si träten in den tuoai,
si duhte als ein balsanmni
allenthalben waere geströuwet,
si wurden groezlich gefröuwet. 175
uiht betrouc si ir sin :
si sprächen, got were do mite samte in,
daz erzeigte dö dez bischolf gewin.
er beleip mit in steete,
wan er kom aller von der wajte 180
diu dennoch üf dem altar lac.
dö in erschein der lieble tac,
dö lie si der bischolf schouwen
welch ein gäbe er von unser vrouwen
des nahtes het enphaugen, 185
dö er frönampt hete begangen.
wizer denne der sne was diu wäl:
da enmohte nieman keine nät
erkiesen mit den ougen.
ouch zeigte ern ander tougen, 190
wie im diu süle was entwichen
da er hinder was geslichen,
diu in vor den engein niht gelorste verheln.
dö huoben die phafFen mit heitern kein
schoene gesank von unser vrouwen: 195
164. nidern M. 165. daz si zv liiincl wart gefurel M.
166. stvnde M. 168/. raellin : sin M. 177. were do mit samle
in M. 177 /. vielleicht si sprächen, got wäer da mit in samt, daz
erzeigte da der stanc. 179. beleihe M. 180. wan er erkom M.
183. do im erscheine M. 184. welich M. 186. fron ampte M.
189. do — dekeine M. 190. er in M. 192- do ^f.
193. diu in niht getorste verheln? 194. dö huoben si mit h. k. ?
214 BONUS.
suiulicbea begunden touwen
die heizen zeherbrunnen.
[alle] die daz bedenken kunnen,
die sulen iren muot keren
daz si si immer gerne eren, 200
die muoter des obristen hereen,
Do der bischolf verschiet
und sich dö gotlich beriet
umb einen andern allherren
der die liufe künde geleren 205
den weg zuo dem ewegen riche,
doch was er sinem vordem angliche
G'C-f daz er so grozer durnehte
' künde gephlegen oder mehte.
doch gedahle er im sit, 210
swenn koem unser vrowen hociizil,
er wolde an sime gebete benahten
03J unde mit gote belrahten
ob im diu ere möhte geschehen
daz er solde solch tougen sehen 215
als der vorder bischolf sach.
nu hoerl wiez im ergie her nach:
ö^f ' in gie demüetikeit an, "eli. ii i'ji.» " ,
als noch vil manigen man.
Do er minen trehtin an rief, 220
üf der greden er entslief. jr ;'::t: ^b
welch ein wunder im geschach
OÜ: daz er an allen ungemach
in sin bette wart geleget! ff
er hetc liitzel ruowe gephleget, 225
.lubdit ze metten wakte in der sinegöz.
II. sin angest wart do vil groz
' ■' wer in üz dem miinster biete bräht.
196. svmlich iV. 200. daz si sein imer /»/. 203/. viel-
leicht unde si do g(»l beriet mit einem u. s. w. 206. wege M.
208. durnehte IH. 209. mechte aus mocht gebefnert M.
211. swennc kerne M. 212. sioem M. 217. Nv höret wi ez M.
219. nianik HI. 224. pcleit M. 225. rv gephlcit M.
726. sinegoz finlinnabiiluin, Schmcllcr 3, 2.54. 227. sine M.
BONUS. 215
er weste wol deir kintlich liet gedüht
daz er sich dem wolde geliehen 2.'50
der unser vrowen so fliziklichen
künde dienen als ich iu gesagel han.
er klagte daz erz lorste ane gän.
doch wart er ein guot man sit.
küneges kint Davit, 235
her an dise werlt wiird du geborn :
läz unser keinen werden vlorn
die dich ze vogtin haben l erkorn.
229. deir] daz M. 232. diente? 233. er klagete daz er er.
lorste an ergan M. 236. Herre MT. wurd r, wurde M.
237. verlorn MP^. 238. ze vogtin /'; zv vogtinne M.
Aus (M) der Melker handschrift 11,18, porg., \A jli.,
octav, hinter den sttnckerischen beispielen s, 212 ff. ab-
schrift verdanke ich herrn Franz Pfeiffer, die ersten 18
und die letzten 4 verse theilt Greith spicil. Vat. 62 y. mit
aus {V) der vaticanischen hs. bibl. Christ, n» 1423, perg.,
vom j. 1347, 128 bll. octav. diese hs. ist wahrscheinlich
eine abschrift der Melker hs. genau in derselben folge
enthält sie, mit ausnähme iveniger, die nämlichen stücke,
im ganzen zwei und vierzig. Banga in seinem Verzeich-
nisse (im aufsefsischen anzeiger 1833, 2SAff.) hat das 2Qe,
Greith in dem seitien {spicil. Vat. ^7 ff.) das 3e das 29c
und das 33«? ausgelafsen. — von der legende vom bischof
Bonus hat Hoffmann altd. bll. 1, 327/. eine bearheitung
in lateinischen reimeyi nachgewiese7i.
H.
V,
\,v
216
WALTHER UND HILDEGÜNDE.
Da Karaj'an die von ihm entdeckten und in seiner fräh-
lingsgabe im j. 1839 mitgetheilten wichtigen hruchstücke
eines mhd. gedichtes vo?i JValther und Hildegunde der k.
k. hofbibliothek übergeben hat, so war es mir vor zwei
jähren möglich die beiden pergamentblätter ?iochmaliger
durchsiclit zu unterwerfen, ich bekam ziemlich viel heraus,
auch die zeilen wo oben oder unten nur spuren von buch-
stabe?i geblieben wai^en ; blofs ein paar vom buchhinder zer-
knickte Zeilen widerstanden, das durch das besch?ieiden
vom 2n blatte verlorene konnte an einigen stellen leicht und
sicher, aii andern gar nicht ergänzt werden, das ergänzte
ist hier cursiv gedruckt, das imsichere, erloschene zwischen
klammern gesetzt, die zeilenabtheilung der ha?idschrift
bewahrt Karajans erster druck, zu dem ich nur bemerke
da/s die wörterabtheilung am ausgange der zeileii noch
mehr als dort geschah und fast i^egelmäfsig durch einen
bitidestrich be zeichtet ist; 2, 18, 2 steht sogar vr'l'evnde;
2, 13, 1 steht jener strich 7iach sl wohl nur abrückend oder
sollte dem i (si) zufallen.
Neuer abdruck dieser bruchstücke erfolgt hier weil
Karaja?i, dem ich meine abschleift in IVien damals gern
übergab, mir jüngst bei erbetener rücksendung schrieb
dafs er so bald an keinen iviederabdruck kommen könne,
bei meiner letzten anwesenheit in Berlin aber die dortigen
freunde dazu antrieben, möge Karajan durch erneute be-
mühung auch die von mir noch gelafsenen lacken ausfül-
len, ein reagens wurde von mir nicht angeivendct. *
H F. MASS3IANN.
[einige bcmerliungen die ich ItinzuziiJ'ügen mir erlaubt habe
und ditrr/i klammer// u/id 11. beieivhnel. Ifaupf.]
VVALTHER UiND HILDE(iUNDE. 217
1
WALTHERS UIVD HILDEGtJNDEN HEIMKEH«.
«
1 in.)
wol gehelfen, si rvhten minen win.
von miner hende nemen an. (ic)h gan iv deste baz.
daz ir vns leitet nah den iwern siten. daz svle wir dvl-
den ane haz.
2 Si enphiengen Volkere, vnd ovch die sine man.
sehzec siner degene. die waren mit im dan.
gevolget von dem Rine. dvrch den wasechen walt.
er laitte so den gast vnd ovch die sine, daz ers vil
wenich enkalt.
3 Do sprach der eilende, nv hellFet mir bewarn.
daz wir die twerhen strazen iht i den landen varn.
wir svln gen leng's. da ist d* valer min.
des anlwrt Volk* der vil kvne. des sol ich hvt* sin.
4 Swie wir anders riten. so ist daz div lere min.
daz wir da ze Metzen geste niht ensin.
Ortwin hete drinne / wol tovsent kvner man.
swaz der kvnic hernach darvmbe geredete, mit strite
wrde wir bestan.
5 Er hete wol geraten, si liezens ane strit.
so er aller beste chvnde. so leit er siv sit. •
di di ez sahen daz er da mite reit.
die mohte do dem beide noch d vröwen vor i gerate
deheiniv leit.
6 Wa si die nahtselde. nahmen dvrch div lant.
mit volk'e dem beide, daz enwart mir bechant. ^
d* kvnic mit sin* gvte im schone dinen hiez "
Volk* d* was in also werden mvte. daz er sin wenic
v*liez.
7 Ovz Ortwines lande dvrch Bvrgonde dan.
braht si do volk* d* vil kvne man. '
ob mä daz sin geleite, so starch niht het gesehen,
so mvs in ouf der selben straze dikche. sin niichel ar-
beit geschehen.
5, 3 von ez sahen daz spuren oben an der zeile, die untere liälfte
ganz erloschen, [6, 3. l. sinem guolc. mit Knrajan. U.]
218 WALTHER UIND HILDEGL'NDE.
8 Nv liorl ovch wie der reke frvt i(n sime) lanl.
die boten die er hele dem kunige gesant,
die riten ross div gvteu. vü fvrten spahiv kleit
die sagten indem lande, daz er kome vfi och vrö Hii-
deg*t div meit.
9 Do der khvnic alker. gehorte dise sage.
do entweich im vngemvte. vud ovch sin langiv klage,
die boten er vlizichliche enphie. vnd ovch. sin wip.
si wrden harte grozer vrevden riche. dvrch den wal-
theres lip.
10 öo sprach d* vogt von Spanyge so wol mich iwer sage,
ich hete sorge manige. lang mine tage,
daz sin s(in in der) fremde, was mir wol t^vsent iar/
ich sih in gern, swen i got send* div red ist entlichen
war /
1 1 Do ez div kvniginne. het mit im vernomeu.
ir was von lieben magren, vil d traeh*en komen.
von herzen indiv ovgen. weinde si do saz.
si riet wie man si bede wolde solde enphahen. vnde
tet vil willechlichen daz.
12 Do sprach aber der rekche ir svlt mich hören lan.
wie Etzele vnd frö Helche zv zin haben getan,
.(T, do sprach der boten einer daz wil ich iu sage
walth* ist vö dem kvnige so gescheiden. daz ez die
Hivncn immer mvzen klagen.
13 Ir ettelich' drvnder. daz si i wahren holt,
er hat an svmelichen. vil wol daz versolt.
daz si im immer flvchen. wand er hat in erslagen.
an siner verte vil ir lieben mage. ich kan iv ands niht
gesag.
14 Do sprach der kvnic edele. ich sol mich vre wen sin.
er mvz wesen herre. inden landen min.
|8, 1. in sime lanl bezweifle ich, nicht wegen der in diesem tvortc
nicht sellenen Verkürzung des datives, aber wegen des sinnes. eher in
sinin lant. H.] 9, 1. alkeij 5. 2, 7, 1. 10, 1. blaues D. 11,4. wol
de solde so.
WALTHER UND HILDEGUNDE. 219
er wirl der Hvne purgetor.
swes Ezele vnd sine rechen ie begvnden. da was er
ze allen ziten vor.
15 MeR chvnic sprach zv den rekeu. wol öf alle mine man.
vnd rilet im belegene, er hat mir liep getan,
swer I nv gerne dienet, des vrivt (wi)l ich wesen.
div lant svlt ir mit vns beiden bowen. ir mvgt bi wal-
th* wol genese.
16 Man sagt im daz in leite. d*ch Gvnth's lant.
Volk' der vil kvne. d' was im wol erkät.
vnd ovch des kvniges reken. driv hvndert od' baz.
do bat er sin gesinde zv im gaben, di täte willechli-
chen daz.
17 Do hiez ovch sich bereiten des edeln kvniges wip.
ia wolde si beleiten. d* Hild'gde lip.
so si aller beste kvude. ze Lenges indie stat.
ir vrowen si do wol kleiden begvnde. des si der kunich
selbe bat.
18 Sin warten sine livte. mit g^zer vngebite.
dar nach in chvrzen stvnden. man sagt im daz da rite,
daz Gvnlh's gesinde. mit in indaz lant.
do kom d' wirt mit stolz* massenye. da er vnin Hild'.
vant.
19 Div kvniginne fvrte. wol sehzec niegedin. _j
die aller schönisten. die d mohten sin.
vn ovch d hohsten mage. di raä do bi in vant.
do fvrten och des alten kvniges beide, vil harte her-
lich gewant. ^ ^
20 K si vol drie mile komen waren dan.
von der stat ze Lenges, in volgen tvsent man.
od* dannoch mere. die zv den gesten riten. ..,
wand si d' kvniginne herc. beten
14, 3. 4. die Zeilen sind in der hs. so abgclhvili. min. er «irt der
Hfüe pur- I getSr. swcs Ezele vnd sine \ rechen ii. s. w. 15, 1. ro-
thes D. 20, 1. blaues E. 4. mit heten bricht das erste blatt ab.
^'.WmV
220 VV ALTHER UND HILDEGÜNDE.
2
hildeg'vnde brvte
1 Mv was zehove nienien. wan di da solden siti.
het gesehen iemen. ein schöner magedin.
denne wser Hildegvt do si da heime saz.
da ir des ivngen kvniges reken dieten. ich gelovh luv-
lich daz,
2 Swaz man wesse vnpilde. di iemen het getan,
er waire denne wilde zereht mvse stau.
da walther d* vil kvene sines vater lant besaz.
er phlach des landes nach der kröne rehte. wände im
riet div ivnchfröwe daz.
3 Die Walthers mvter. zafte wol die meit.
daz sach der degn gvter. iz was im niht leit.
si schvf ir hovegesinde. vil schöniv magedin.
die bi Hildegvnde. ze allen ziten mit groze zvhte mv-
se sin.
4 Do div magt edele in ir heinliche saz.
so getet ir chvrzwile/nie dekeine baz.
wä so si des gedahte waz ir d* chvne degen.
e daz er si vö den Hivnen brachte, het gedieuel ovi"
den wegen.
5 Dar zv sach er si diche. vrö was in d* m°vt.
ir trivtlich' bliche siv beide dovhte gvt.
er liebte swie er kvnde. daz mmnechliche kint.
daz man lohes jnvse iehen ffi'ldegvnie. der
'■ ' wncvToweü sint.
6 Swa le des fvrsten hole /v'ten. dvrch daz lant.
e^ wa7't den livten allen, mit sime tvn bechant "" ,
er wolde ÄoÄzite. mit Hildegvnde hau.
der riebe kvuich rnUte mit sinen vrevnden. dar zv
bereiten si<;h began.
7 Crestvle hiez do wrchen dei' herre, alpker.
ahzec her gesellen, vnt wa;n dannoch mder mer.
hildegvnde brvte ist schliifs rofhcr Überschrift. 1, 1. bun-
tes iN. [6, 2. die ausfüllung dieser zeile ist mir bedenklich,
vielleicht er liiez den liuten allen inil vlizc luon bekant. H.\
6, 4. oder blofs miti' [vielmehr der r. k. mit den sinen vriunden. IJ.\
7, 1. blaues G. [7, 2. inder verstehe ich nicht, wohl unt wa;n
WALTHER UND HILDEGÜNDE. 221
.... der iesliclien wol zwez hvnderl man.
die mit de ... . sehe chomen solden. des «-ßrches
galien man hcg-an.
8 Er schvf ovch allenllia/^e//. iaget inden walt.
vf man'ic tyer wilde, der he enkalt.
ouch mvsen v/schare. ovf wa^^e vnmvz?c ?^esen.
si fvnden ir vil in den vnden. die von in
e//kvnden genesen.
9 Die sinen valchniere. der/i'rste peizen hiez.
wie vil man der nezze. m\z\chlichen liez.
verren vnde nahen, man der voge/e nie.
. . . hiez(e)n a sneile a
in s .
10 E
wie icher de e' daz.
gesniten.
di(e) da lieber ross gewnne der kom vil manig* dar
gerite.
1 1 Die Äohzile walther d*ge . . . . do der walt gelovbel
was
vnd daz die blvme vnd daz gras
Afvnden allenthalben 6f den wisen breit.
daz im </' sine geste körnen, so icas allez da bere(it.)
12 vnmvzic waren hie. ze Spume lant.
da h . . . nv . . . Hildcgvnl. kom heim . . . gesanl.
ze Arrogön dem laot div ma^re hiez si sagen.
daz si in chvrzen ziten wolde h'one. bi dem kvnin^P
walthcre tragen.
13 f^f'ol was iz in allen. (de)n si / den gTvz e?ib6l.
ovch mvs in wol gevalhn. daz si von mang* 7wt,
zen Hivnen was ^esceiden. vnd daz si brahte dan.
de?' h walthere so rehtc \ohliche. da vö er ere vil
gewan.
<lannocli mcr. //.] [8, 2. vielleirhl vil inanic tier wilde der lierschaft
enkalt. //.] [8, 4. ivohl die vor in //.] (9, 2. wie wenic Diler wie lülzel.
vogelnetze sind gemeint. //.] 10, l.E iinddie Iniljte der zeilc noch auf
der Vorderseite des zweiten blattes j mit wie endet die erste zei/e der
rückseite. [U, 4. so wiere //.] [12, 3. ivolil ze Arr. dem lande
inaere (ot/er diu m.) h. s. s. //.] [13, I. Liep was //.] 13. 3. mit
gesc schliefst die zeile. [14, /i. nir/il hiofs her W.? II. \
222 WALTHER UND HILDEGUNDE.
14 Des kmu'g'QS, ingcsinde. be(rei)te sich zeT vart.
wol . . . saCz^te er di reken. wol geziret bf /'ossoii
vn(gesp)art.
rrowen yo ^her.
15 Ke Engellant. man riten och die boten hiez.
die wege man vil leiten, gar ^v^mvzic (lie)z.
zNauarren vn Chijerlingen. da wart ez ovch bechanl.
do rillten si sich gen der hohzite. i daz waltheres lant.
16 Walther gie zerale. ob si daz devhte gvt.
sine man vn sine mage. ob niht vbele gemvt.
Ezel da vo w^rde. ob er die boten sin.
im vnd der kvniginne Helch'n sande. vn ouch daz schon
magdin.
17 Daz wider riet im niemen. da von wart ez sit getan,
sine brieve schriben. man dar zv began.
die er da wolde senden in Ezelen lant.
den selben boten l?e man niht gebresten. man gab in
i'osse vnd och gewant.
18 Mit den hiez man do rite, di da solten an den Rin.
Gvnth* wol gedahte. vnd ovch die vrevnde sin.
wie er siniv nnere. bete dar gesant.
bi Volkere dem stolzen videlaere. in der ßvrgönde lant.
19 Do sprach der vogt von Rine. vnd wier iz niht schände
min.
het ic\\ nv tovsent miner beiden, so wold ich gerne sin.
'»% ze siner hohzite. waer ez d* Hagne rat.
so wold ich dar
If). 1 . blaues Z.
223
GEDICHTE DES ZWÖLFTEN JH. ZU VORAIJ
IN DER STEIERMARK.
Hei'r Joseph Diemer, scriptor an der k. k. imwersi-
tätshibliothek zu Graz fand jüngst in dem regulierten chor-
herrnstifte zu Voran im codex N. xi eine anzahl zum theil
ganz unbekannter deutscher gedickte des I2n, vielleicht auch
des 1 In jh. die handschrift, 183 pergamentblätter in breitem
folio mit je zwei sechsundrierzigzeiligen spalteji und unab-
gesetzt geschriebene?! verse7i enthaltend, besteht aus zwei
hatipttheilen , deren deutscher bis bl. 135 reicht, von reo
Ottos von Freisingen Gesta Fridarici vivique iniperaloris
quae Wolfcangus scripsit iubente ßernhardo praeposilo von
bl. ISG*" bis 183 folgen., leider nur die drei ersten bücher
und zwei bliitter des vierten; nach dem einbände fehlen
etwa 30 blätter. eine hand des vorigen jh. hat mit bleislift
auf den Innern deckel geschrieben Quid fecisli frater Idio-
ta, quod lacerasti hunc libruni tarn prsetiosuni? Otto von
Vreisingen starb 1185, kaiser Friedrich 1190, Bernhard
im j. 1202, nachdem er seit 1185 die würde eines präla-
ten in Voran bekleidet hatte (Caesar. Ag. annal. 1. 682.
2, 85).
Der vordere theil der hs. enthält nun folgende ge-
dieht e.
1. bl. 1" — 73"^ die kaiserchronik bis zum beginne des
kreuzzuges u?iter Konrad 3 im j. 1147, mit denselben war-
ten abbrechend wie die Heidelberger hs. ihr werth im ver-
gleiche zu dieser wird sich aus folgender gegenüberstellung
des anfanges eingeben.
Heidelberger hs. Vorauer hs.
In des almecliligen gotis ininneii. In des almaelitigen gotis iiünnen.
Wil ich dissis liedes beginnen. so wil ich des liedcs beginnen.
Daz schult ir gezogeliche uer- daz scult ir gezogenlichc u*-
neme. nenien.
Ja mac Jv uil wol gezcnio. ia mag cz ech iiil « olc go/<'iii<'ii.
224
VORAIJER HANDSCHRIFT.
Heidelberger hs.
Ze hörne alle uruinecheil.
Iz dunkel die tunimen arbeit.
Sol man sie iciit leren.
Odir wisdum gemeren.
Daz in were nuzze.
Sie ne phlegint nil guter wizze.
Daz si ungerne horent sagen.
Da uoa sie mochten haben.
Wisdum uü ere.
Uü Avere ie doch urume d sele.
Vorauer hs.
ze hören alliv frumichail.
die tumben dunchet iz arebait.
sculn si immer ihl gelerncn.
od ir wislum gerne en.
die sint unnuzze.
vn phlegent niht guter wizze.
daz si ungerne horent sagen.
dannen von si mohten haben.
baeidiv vvistüm vfi ere.
uii waere iedoch frum der seit-
Das weitere des anfangs in Hoffnianns fundgruhen, der
nur z. 42 unerhört aus nv grife wir daz gute liet ane (vgl.
z. 2) daz gute her machte. — wichtig ist z. 31 mit c. pa-
lat. mit scophelichen Worten, woraus die übrigen {Manch.
W^olfenb.) be7'eiis schimT^hlichen ge?nacht haben ; Prag, über-
sprang. — der schlaf s ist
Heidelberger hs. Vorauer hs.
Der babes EugeniO.
Der gewarp alsus.
Er hiez iz clagen drate.
Deme künrate.
Vü deme kunige Ludewige.
Daz ne stunt nicht lange wile.
Vnz d abl)al Bernhart.
Den uursten geliebete die vart.
Er quam zu dem kunige Kiinrat.
Er mancte harte.
Mit sinir suzen lere.
Er sp'^ch daz selbe unser herre.
In dar zu erwelde.
Der kunic nicht langer ent-
weite.
die Heidelberger hs. bricht mit dieser 8n zeile ihrer spalte
105*^ ab, die foi^auer hat die mitgetheilten schlufsverse un-
abgesetzt und schliefst mit bl. 135. ebenso schliefst die
Wiener hs. 2693, die U'olfenbütfelcr 15, 2, und die Slrafs-
burger. die München er geht nur bis Lothar 2. die an-
deren voll stand i geil hss. {der jüngeren recension mit dem
anfange Hoch gelobter altissinius), cod. Vindob. 2685, Vin-
dob. Inspruk., Carlsruh. 52, Monac. germ. 965, gehen bis
zu kaiser Friedrichs 2 lode, cod. JValdburg. Zeil, selbst bis
Der babes Eugeuius.
der gewarf do alsus.
er hiez iz chlagen drate.
dem chonigc Chönrat.
unt dem Chonige Ludewige.
daz enstunt niht lange wile.
unze der abbat Pernhart.
den uursten geliebte die vart.
er chom ze dem chunige Chönrat.
er manet in harte.
mit siner süzen lere.
er sprach daz selbe unser here.
in darzu erwelte.
der chönich niht langer netvelte.
VORAUER HANDSCHRIFT. 225
Rudolf von Habsbitrg. das jähr 1147 wird aus mehreren
gründen das anhnltsjahr für dies kunige Inioch bleiben
müfsen.
2. hl. 74* — 96'' die vier bücher Mosis, von denen aus
der fViener hs. nur das le buch und der anfang des 2n
bekannt waren {Hoffmanns fundgr. 2,9 — 101, Mafsmanns
ged. des I2n j'h. 2, 235 — 342).
3. bl. 97'' — OS'' ein gedieht von der wvltschöpfung ,
bisher unbekannt, 32 Strophen, etwa 340 verse. Schöpfung
durch die allma.cht gottes, auch der enget die fielen u?id an
deren stelle die menschen in das paradies gesetzt wurdeji;
gott gab ihnen bist und ivo?ine, um bei künftigen leiden auf
die seligkeite7i ihrer ursprünglichen heim dt zurückzublicken,
von den höheren geschöpfen verlieh gott dem menscheii ver-
schiedene kräfte, von den steinen mannhafte härte der beine
H. s. tv. dann wollte er ih?i schmücken aus allen vier de-
menten i vom feuer gab er ihm den reijien sinn, von den
höheren lüften das gehör, von den niederen den geruch,
von den wafserti den geschmack, von der erde die stete
regsamkeit der hä?ide und füfse. danach ward mit dem
ersten menschen ein vertrag geschlofsen dafs er mit dem
geböte einen zioeikampf bestehe ßlr das ganze menschen-
geschlecht
Daz er ein einwig rungi
mit denio giboti uur mankunni :
erlange er den sieg, so sollten wir niemals sterben; unter-
liege aber unser kämpfer,
wanti der iinsir chcmpho do geweich,
so fielen rvir sämmtlich dem tode anheim u. s. w.
4. bl. 98° — 100" loblied auf könig Salomo {in 24 Stro-
phen, etwa 240 versen), von den drei m(in?iern im feurigen
ofen, und von Judith (in 20 absützen von ungefähr 200
versen).
5. bl. 100" — 108'' ein gröfsej^es gedieht von der Ju-
dith in etwa 2400 versen, wie die vorgenannten gänzlich
IUI bekannt.
C. bl. 109" — 115'^ der Alexander des pfafjen fjamprcclil.
zwar nur die ersten 1000 verse, doch wird das fehlvndr
Z. F. I). A. II 15
226 VORAUER HAiNDSCHRIFT.
blatt der Strafsburger hx. ergänzt. — Judith und Alexan-
der wird herr Diemer demnächst herausgeben.
7. bl. llö" — 125'* vom leben und leide?i Jesu, vom An-
tichrist und jüngsten gerichte, aus der bisher einzigen
Görlitzer hs. abgedruckt (fundgr. 1, 127 — 204); hier fehlt
ein blatt (s. 149,9 — 155, 15), ebenso gleich im anfaiige
die geschichte Johannes des täufers. nach dem schlufse ist
das werk von einer frau gedichtet,
Dizze buch dihlole
Zweier cliinde muter
Diu sagelen ir disen sin
Michel niandunge was under in u.s.w.
8. bl. 125'' — 128'' loblied auf Maria, ungefähr 800
verszeilen, deren ernste dt^eizehn auf den inneren deckel der
Zwetteler hs. 73 sich fanden, s. Hoffm. fundgr. 1, 260.
9. bl. 128'' — 129 ein gedieht von 34 Strophen, etwa
300 versen, ähnliches Inhaltes wie das unter 3, auf veran-
lafsung des bischofs Günther von Bamberg (1057 — 1065)
verfafst.
Der gute biscoph gunter vone babenberch
Der hiez machen ein uil gute werbe
Er hiez die sine phaphen
Ein gut lieht machen u.s.w.
er beginnt mit der Schöpfung der weit und des ersten paa-
res, dem sündenfalle und seinen folgen, der erlösung durch
den Messias, icelche im alten bunde schon Abels und Abra-
hams opfer und Mosis schlänge in der wüste vorbedeutete ;
dann von der auferstehung u. s. w. bei der Schöpfung hoffst
es auch hier wieder, gott bildete den meyischen aus acht
theilen, vo?i der erde gab er ihm das fleisch, der thau ist
ihm der schweifs, aus dem felsen schuf er das bein, aus
den wurzeln die ädern, aus dem grase das haar, aus dem
meere nahm er das blut, von den wölken den sinn und von
der sonne die äugen, endlich verlieh er ihm. seinen gcist,
damit er ihn fortwährend behalten, und die erkenntnis,
dafs er sie stets mehren sollte (vergl. zcitschr. 1, 1).
10. bl. 129*^ — 133" von den sieben gäbe?! des h. gci-
stes und von der siebenzahl überhaupt {die 7 gaben des
geistes, die 7 siegel des buches in der offenbarung, die 7
VORAUER HANDSCHRIFT. 227
zahlen der aslronomen^ die 7 wandelsternc am hirnmel, die
7 tage der ivoche, mondwechsel^ lauf der sonne, entstehung
und aushildung des menschen, die 7 altersslufen, die 7 freien
kiinste und grade der verwandlschafL, die ü alter der welty
die 7 hauptschnerzen des me?ischen, bei deren letztem der
iod erfolgt) ; gcgc7i 900 verse. als verf ist genannt ein
priester Arnoltli, vielleicht der aht Arnold zu Botineval,
der de Septem donis spiritus schrieb, vertrauter freund Bern-
hards von Clairvaux (1113), dessen lehensbeschreibung er
i^erfafste.
11. hl. 133*^ — 135 gedieht vom himmlischen Jerusa-
lem {?iach offenb. 21. 22). in der minne seines namens, der
die liimmel besefsen, die erde umfange7i, die regeiitropfen
geziihlet, zu seinem dicnste die enget erivählet, beginnen
wir dieses liedes ; sehr fürchte ich dafs etliche schelten y
von dem himmel reden wir selten' u. s. lo.
12. Ottos von Freisingen leben k aiser Friedrichs, s. oben.
MÜNCHEN, 23 april 1842. H. F. MASSMANN.
PREDIGTBRUCHSTÜCK.
1 r?/'. a verzage nit ich bin der der dinen lip vfi din
sele gescliafTen hat. Ich bin der der die edelkeit
diner sele vn diner nature erkennet, da von er-
barmctost du mir vn fvr von himelrich vsser mi-
5 nes vater schoz daz ich dich suchte vn wider-
brehte zv diuer edelkeit. Ach lieber mensche
sprach er Ich bin din vater da von minnote ich
dich so sere daz ich alles min blut vz goz. nv
merke wie mir din v . . . c be . . . den het. da
10 von bin ich wol gelich den velt blvmelin an mi-
nen kleidern. Ich bin och gemeine allen dien die
min geruchent. 3Iin tod ist gemeine, min genade
ist gemeine, min himelrich ist gemeine. Ich vn
min vater vn der heilig geist sin gemeine allen
15 dien die Irosles ald genadcn gerent von rechte
herzen, dien will ich mich selben geben mit vol-
15*
228 PREDIGTBRUCHSTUCK.
leni Irosle. Vfi nach disem eilende wil ich selbe
ir Ion vn ir vröde sin. mir ist nieman ze am
mir ist nieman ze svndig. Ich bin ein eherer vn
I vw.b alles daz dem tievel enphallet daz lise ich | vf vn
5 eheren ez. Nv horent des gvten gottes gvti er
gelichet sich einem eherer. Alz ir wol sehenl da
die riehen Ivte snident da gant die armen Ivte
nach vn eheren t. Ze gelicher wise tvt vnser
herre. Der tievel ist der riebe man der snidet
JO leider vber alle die Avelt manig edel sele die gol
köfte mit sime wirdigen blvte. So ist vnser herre
der arme man vn gat alles nah in eherende. Vn
swa im ein sele mag werden die zvket er an
sich. Vn des manet er den menschen vn sprach.
15 0 we mensche gedenke daz ich ein eherer wor-
den bin dvr din heil. Er sprach och lieber men-
sche gedenke wie ich dich gesvchet han. Ich liez
himelrich min rechtes erbe, vfi fvr vf ertrich vn
wart mcnsciie. Vn liez mir min herze in minem
20 libe vf tvn. vnd min zarten sele gap ich von mir
ze scheidenne. daran gedenke vn erbarme dich
vber mich eilende wan ich han mich dur din liebi
Xi'w.a verellendet da von gib mir din herze daz | ich vf
ertrich han gesvchet. gedenke noch an mich vn
25 kere dich zv mir vn gip mir din herze zv einer
rvwe vn din sele zv einer minnerin wan des han
ich gegert. Nv kere wider lieber mensche zv den
svzen vellblvmelin. er ist so vol miltekeit vn er-
bermde daz er dich gvtlich enpliahet. Uwe ellv
30 menschen die sich ie von disem lieben veltblvnien
kertin. die keren hvte wider mit rechter trvwe
zv siner genade. vn svchen trost an sin erbermde
mit rechter demvtekeit. Wan er sprach selbe alle
die mich svchent mit demvtige herzen die sun
35 genade vn trost an mir vinden. Nv svnd ir wiz-
zen daz vnser herre nil allein ist ein veltblvme
alz er sich selben nemet. Er ist och sinen hein-
lichen frvnden ein lylie in dem beslozenen garten.
Wan ze gelicher wise alse man des lylien ze al-
PREDlGTliKÜCIlSTUCK. 225)
leii ziten sicher ist in dem beslozenen garten
1 ri(\ b Also ist got ze allen ziten in dem | vridcsamea
herze. Wan der mensche der sich flizet daz den
vride behalte vzwendig mit eime ieklichen men-
5 sehen beidv an werten vfi an werken. Vn der
och inwendig hat ein Ivter gemvte ane nid vn
ane vbeln willen der ist wol ein beslozzener garte,
der sin herze also beslvzet daz alle argwan vn
alle nid da vor mvz beliben. Vn och sinen munl
10 also beslvzet. daz er nie manne uit arges sprach
hinder im noch vor im. Vn alles daz ze gvte vn
ze tvgenden keret das er sihel ald höret, der
mensche ist wol ein beslozener garte, in dem
garten wil got rvwen svzeklich vü frvnllich mit
15 der lieben sele. Zv der sele sprach vnser herre
mich het sere gelvstet daz ich din antlvle gesehe.
So mag dv sele wol sprechen, alz si sprach in
der minne bvche. Kvme her nider min geminter
in dinen garten, nv kvvic min gemahel. min garte
20 ist wole geblvniet mit aller hande tagenden ma-
Ivw.a nige altekeit vn ist da vndergemischet | mit dem
grase inneklicher begirde nach dinem biwescnne.
da die sele sattet nach aller geuvgede. nu kvm
her minner der minne dv da vbertriffet alle sinne
25 ksvü. in dinen garten, der alvmbe mvret ist mit
vorhte dine liebi ze verlierenne. Vn darzv mit
hvte ze allen ziten dine heinlicbi vn dine frvnt-
schaft zebehabenne. Nv kvm her zvcht vn schäme
stand an der porte vn hvtent daz dv vn din min-
30 uerin mit enkeiner vnzvcht werden erweket. Nv
kvm her min vnbevaher vn min minner. din garte
ist wol beslozen mit dem sloze rchter demvtckeit.
So sprach denne vnser lieber herre. Ich wil
nider gan in minen garten vn wil gesehen die
35 bome in dem tal die blvmen vn daz gras. Vn
wil scliowen ob die reben blvgcn. Nv merkenl
dis. die böme in dem tal das sint die reinen ta-
gende in der sele. Vn die schönen reben daz isl
vrölichi in gote. swaz dich an gange daz dir das|
230 PREDIGTBRUCHSTUCK.
2 viv. b ein yvhdc in allen diue . . .
.... soll dv rechte Aemuetige vrode mit gote
han in diner begirde. daz dv s^weg vroliche ge-
rest arbeit kvmhcr vfi not haben in der minne
5 dines minners, d . . . die reben in der sele die
blvegewi schone vfi vfwuesam swenne der mensche
yrcelic/i ist in widerwertekeit. Y/idalweg bcgeret
daz er ATbeit dvr got trage. Vnder die?i bömen
vn bi dien reh&n r^nvet vnser herre. als er selbe
10 sprach. Ich lian gervwet vnder dem schalten mi-
ner ge;?^«Äelen, vfi die frvcht ir . . . den het mich
gespiset. Vnd die spise ist mir gar svie in mi-
nem mvnde vfi minei' kelvn. Nv svnd ir vfi:izen
daz ein ieklich gvt yon vnserra herre vrode vn
15 last git. In disem besloze/??/« garten des reinen
herzen sint got vn dv sele zesawe/^e gemehelt.
daz ist Qin r;??;?neklicher höngar^e imd ein para-
dise der vrcede vnd lust da
2 7'w. a .... füge I .
20 t sprach dise
frvndinne han ich gar sere geminwe^ vh bin men-
sche -worden dvr ir liebi. Vn han arbeit dvr si
gellten al da her von minen kintlichen tagen. Ich
bin ein minner ivorden ires schonen \volge*/«//en
25 antlvtes. Vnd ir wzV/neklichiv geschepfede hat
mich ZV einem minner gew«chet. dar vnbe starb
ich an dem criice daz mir ?ninv frvndin wrde zv
ei//er minnerin. Vfi daz ich vfi sie //eplich ze
samne geiyget vn gemehelt wrdin. vfid ist daz ge-
30 schehen in dem Z^eslozenen garten da rvwet got
vn dv selige se/e mil ein andern, da nietet sich
dv sele einer syzekeit Alz si sprach in der minne
bvche Ich saz under sime schalten des ich ie
gerte. vn s'mes svzen wvchers nielel ich mich.
35 daz wort ist nit so ze verstenne, als ob si s^rce-
che ich Äan mich gesezzet
.... et ze
2 rtv. b ze n | scam sincr
menscheit. Vnd lief vf zr warlonne hvngerigi'i an
PREDIGTBKUCHSTÜCK. 231
den edela wicher siner gotheil. Vii ich ellendv
ze kvlenne vnder den schallen des heiligen gei-
stes. 0 we svzu sele wie rechte niiiineklich
disv rvwe ist. da got rvwet in diuern paradyse
5 daz ist din geblvnites herze in allen tvgenden.
Vnd din sele rvwet vnder sinie gütlichen schat-
ten, gcsach got die sele du mit rechter begirde
rvwet vü erkvlet wirt vnder dem schalten des
heiligen geistes. Du sele mag wol genesen vor
10 aller vreise. Zv der sele sprach unser herre in
der minne bvche, 0 dv min aller liepstü wie
schone dv bist in dime zarte. Nv merkent we-
der der zart gotes si hin zv der sele. oder von
der sele zv gölte. Vn welu sele diz zartes wir-
15 dig si. Entrvweu daz sint die dvrnechtigen die
demvtiges herzen sint. ez sint nit die valschen
geislichen, noch die glichserin. ez sint och nit
die hinderrede spvlgent vn verkerde. ez sint die
demv
Doppeltes quartblatt , pergavient , afi einer seite be-
schnitten, abgelöst von dem einbände eities buches in octav
in der Universitätsbibliothek zu Marburg, die abkürzufige7i
sind aufgelöst, ergänzunge7i cursiv gedruckt.
MARBURG. DR DIETRICH.
ÜBER DIE BEDEUTUNG DES NAMENS ZIU.
Je spärlicher unsere nachrichten über diesen gott, einsl
einen der bedeutendsten, vielleicht den ersten, fliefsen, um
so werthvoUer ist jede auch die geringste aufklärung über
sein wesen. die folgende auseinandersetzung versucht es
einiges licht wenigstens über seinen namen zu verbreiten.
Grimm stellt in der mythologie s. 31 den namen Ziu
mit dem lat. dcus und griech. Zii>g zusammen, und das ist
wohl was das letztere worl betrifft unbezweifell richtig ; ge-
gen die Zusammenstellung mit deus spricht aber einmal das
diesem vollständig gleichstehende griechische Otög, dann aber
zweitens das Ju- in Jupiter, das, wie wir weiter unten zei-
232 DIE BEDEUTUNG DES NAMENS ZIU.
geu wollen, dem Xiu und Ztin; entspricht, so dal's jene zii-
saninienstellung nur möglich wäre, wenn man annehmen
wollte, alle diese Wörter seien untereinander identisch, dies
anzunehmen verbietet aber das sanskrit, wo das Xiu und
Z^vq entsprechende wort tljaus (hinimel), das dem deus und
■&töq entsprechende devas (gott) ist, was wir zunächst von
Seiten des lautes nachweisen wollen.
In deus und &^oq sowie in derns sind u, o, a, wie die
declination ergibt, zum stamm gehörig und wir behalten
demnach als wurzel de, •&(, und dev, woraus hervorgeht
dals das griechische und lateinische den halbvocal v verlo-
ren haben*), der indess im griechischen, wie ich vermute,
nicht ganz verschwunden ist, sondern die aspiration auf den
anlaut übertragen hat. denn es ist, um von einer verwand-
ten erscheinung auszugehen, im griechischen häufig dafs eine
im auslaut einer wurzel stehende aspirata ihre aspiration,
wenn diese nach irgend einem lautgesetz schwinden mufs.
nicht ganz aufgibt, sondern dieselbe auf den anlautenden
consonanten überträgt; man vergleiche d-Qi'S. mit r^ixög, TQi-
qto mit TQf\pof^tai, -OaTTToi mit hüqtjv u. a. m. nach demselben
lautgesetz zeigt das griech, {yvyuT)]Q ein anlautendes O statt
des d in skr. dithitd (f. dtihitar), goth. daiihtar, weil das
griechische kein inlautendes h hatte und statt dessen die
entsprechende gutturale media setzte, der ausfall eines di-
gamma, das sich ganz den aspiraten anschliefst, hat nun zu-
weilen dieselbe erscheinung herbeigeführt und diesem umstände
verdankt z. b. -Ovqu sein x> gegenüber dem d von dvdr f.
und dvdram n., die ihür; ein noch augenscheinlicheres bei-
spiel ist (fiuoög (fett, glänzend) verglichen mit skr. pivaiYis
mit derselben bcdeutuug, neben dem TiiuQog ebenso wie das
einfache Tvioiv neben pivan besteht, welche zugleich zeigen
dafs das erwähnte lautgesetz nicht in allen fällen durchge-
drungen ist und den mangel fernerer beispiele erklären, dem-
nach dürfen wir, denke ich, nicht zweifeln, das griech. -Ofüg
dem lat. deus und skr. deeas an die seite zu stellen, und köu-
(lenn im dorischen i}tvizzi&töi gchbrl v nicht zur würze! (isl also
nicht aus einem früheren digamma vocalisicrt), da fr durch coniraclion
aus fo entstanden ist.
DIE BEDEUTUNG DES NAiMENS ZIU. 23:i
neu iius nun zu der zweiten reihe der oben zusammengestell-
ten Wörter wenden.
Die richtigkeit der Zusammenstellung von Zfvg und Zit/
brauchen wir nach Grimms Vorgang nicht weiter zu erör-
tern, und es bleibt uns nur die mit skr. dj'aus und zwar
zunächst ebenfalls nur von der seile des lautes zu rechtfer-
tigen, dies wort hat drei verschiedene stamme, von denen
es seine casus bildet, nämlich div, dju und djö, deren letz-
tere in den casibus erscheint, die Bopp die starken nennt,
diese verhalten sich zu den schwächeren wie im griechischen
die wurzelform des 2n aoristus vieler verba zu der des prä-
sens, z. b. wie tcpvyov zu qfvy-oi, und die Verstärkung be-
steht hier wie da häufig in der vorsetzung eines vocals (im
skr. immer a oder d, mit denen ii in ö und au übergeht,
im griech. u, e, o) vor den einfachen wurzelvocal. die bei-
den formen dju und dj'ö reducieren sich demnach auf die eine
ursprüngliche dj'u; diese erscheint nun in der declination
des Wortes nur in den casibus, deren endungen mit einem
consonanten beginnen, wogegen sich die erste form d/'v vor
allen vocaliscii anlautenden endungen zeigt, demnach müfsen
wir auch dju und div als identisch ansehen und zwar das
letztere als das ursprüngliche, da v im sanskrit nur vor r
und j erscheint und vor allen übrigen consonanten sich vo-
calisiert oder verschwindet, daher hier nothwendig in Ji ver-
wandelt werden muste, also diu, woraus sich dann unmit-
telbar die andere form dju entwickelte, da das sanskrit nicht
zwei vocale neben einander duldet.
Gehen wir nun zur declination des wortes über, so zeigt
eine Zusammenstellung der griechischen und entsprechenden
indischen formen sogleich die formelle Verwandtschaft von
djaus und Zfv,- (wobei wir das bei Boeckli im corpus inscr.
sich findende digamnia zu hilfe nehmen).
nom. djaus Ztvg
gen. divas Jt\:6g
dat. 1 divc , ,
loc. idivi .;
acc. divam z/i\iu
voc. djaus Ziv
liierhoi isl nur zweierlei zu bemerken, nämlich (msIous dafs
234 DIE BEDEUTUNG DES NAMENS ZIU.
im iioiii. und voc. f an die stelle von dj getreten ist; die-
ser lautwechsel erklärt sich jedoch leicht, wenn man erwägt,
dafs i" ein doppelconsonant ist, der hier, wie die casus obli-
qui zeigen, aus einem d nebst folgendem zischlaut besteht,
welcher sich bereits dem vorhergehenden consonanten assi-
miliert hat, wogegen er im sanskrit noch auf der ursprüng-
lichen stufe verharrt ist. zweitens würde man an der stelle
des griech. ev eher das vollere uv erwarten wie es z. b. in
vuijg verglichen mit skr. 7iaiis (gleicher bedeutung) erscheint,
indess zeigt gerade dies wort am besten die möglichkeit einer
Schwächung aus au in iv, indem es im ionischen als vrjvg
erscheint und die grammatiker eine form v£vg aufbewahrt
haben, die vielleicht nur den genitiven veiäg und vioöv zu
gefallen ersonnen ist, aber nichts desto weniger die richtige
Stammform der letzteren ist, in denen das v nur, nachdem
es frühereu lautgesetzen gemäfs in digamma verwandelt war,
in der späteren sprachperiode nothwendig verschwinden muste.
Die dritte Stammform des indischen Wortes, nämlich dju,
erscheint nur im pluralis vor consonantischen endungen, hat
aber dem römischen nameu des gottes den Ursprung gege-
ben, indem nur das anlautende d, da das römische nie dj
im anlaut hat, aufgegeben ist und so Ju-piter für Djupiter
steht, die casus obliqui dieses namens lafsen die erklärung
sowohl aus dem stamm dju als dju zu, indem neben ihnen
nach \ arro auch Jovis als nominativ stand, dies wort erfor-
dert nun aber noch eine erklärung in bezug auf seinen zwei-
ten theil, die uns zu gleicher zeit über die bedeutung der
oben zusammengestellten Wörter näheren aufschlufs giebt.
Das wort fiter in Jupiter schliefst sich nämlich eng an
das indische pitä (s. pitar)^ dervater, an, und es kann kein
zweifei sein, wenn wir die bedeutung von sanskr. djaus,
der himniel, und das lat. sub Jove berücksichtigen, dafs Ju-
piter den himmelvater bedeutet, diese annähme gewinnt noch
gröfsere beslätigung, wenn man ferner erwägt dafs auch Ho-
mer den Zivg fast immer noch ttutj^q nennt, und die durch
den leider zu früh verstorbenen Rosen uns eröflneten schätze
der vedas entscheiden endlich vollends, bisher war uns aus
den epischen gedicliten das wort djaus nämlich nur in der
physischen bedeutung bekannt, in einigen vedahymnen er-
DIE BEDEUTUNG DES NAMENS Zlü. 235
scheint es nun aber als der personificierte liiinmel, und die-
ser wird in einer derselben (Kosen Rig-Veda s. 177) pita
djaus, vater Zivg, vater himmel, genannt, und ihm die 7ndtä
prithivi, rautter erde, zur seite gestellt, gerade wie im ho-
merischen Ztv TTuriiQ yrj Tf ^u]Tni), und so denke ich kann kein
zweifei an der bedeutung von Zevg als himmel sein, womit
dann zugleich dieselbe für Ziu gewonnen ist. was aber die
form betrifft, so sehen wir dafs sich das angelsächsische
Tiv (gen. Tives) am nächsten an die indische grundform
diu anschliefst, diese ist nun als wurzel auch sonst noch
vorhanden und bedeutet leuchten, glänzen, der himmel ist
also der glänzende, eine durch die gewöhnliche vocalver-
stärkung von i zu e geschehene ableitung von div ist nun
aber devas, was demnach ursprünglich der himmlische heifst,
und nun, wenn wir anders recht haben, auch beweist dafs
deus und d^eög nicht mit Ziu und Zfvg in eine reihe gestellt
werden können.
BERLIN. A. KUHN.
ÜBER DIE GESCHICHTLICHE GRUNDLAGE
DES GRAFEN RUDOLF.
Im jähre 1828 gab Wilhelm Grimm fragmente eines mit-
telhochdeutschen gedichtes aus dem ]2n jh. heraus, unter
dem titel Grave Ruodolf, deren trefflichkeit in ausführung und
darstellung nach seinem Vorgänge ebenso anerkannt wurde
als ihr Zusammenhang, die motive und der abschlufs des In-
halts völlig räthselhaft blieb, unter diesen umständen hat
jeder versuch hoffnungslos geschienen historische gestalten
aufzusuchen mit denen die figuren des gedichtes zusammen-
hangen könnten, und je gröfser die lebendigkeit ist mit der
die bruchstücke den zustand des königreichs Jerusalem vor
1187 vergegenwärtigen, desto mehr hat man den verlast des
ganzen auch wegen geschichtlicher aufklärungcn die es viel-
leicht enthalten hätte bedauert, ich gestehe freilich dafs ich
dieses gefühl nicht theile und bei der sichtlichen freihcit der
darstellung nicht glaube dafs wir hier für kenntnis der that-
sachen irgend ein neues gewonnen hätten, — höchstens sonst
236 GRAVE RUODOLF.
schon lestgeslelltes hätte schärfere beleuchluug erhalten ; —
desto lebendiger ist mir aber immer der umgekehrte wünsch
geblieben, ob nicht trotz alles ungünstigen Scheines durch
geschichtliche Untersuchung fernere aufklärung über den bau
des gedichtes zu gewinnen wäre, wie weit ich nach mei-
nem dafürhalten in der verwürklichung dieses Wunsches ge-
kommen bin mögen die folgenden bemerkungeu darlegen:
ich stelle fürs erste, um die nölhigen vergleichungspunkte
übersichtlich zur band zu haben, den inhalt der vorliegen-
den fragmente zusammen.
König Gilot von Jerusalem gibt ein glänzendes fest, sich
gegenüber setzt er einen herrn aus Flandern, der seinen söhn
au der seite hat.
Ein pferd ist beim zügel gefafst und soll weggeführt
werden, des grafen knappe ApoUinart wird es gewahr und
bringt eilend den Faris in sein behälter.
Nachricht von einem kriegszuge, 'wir fiengen einen der
das schönste ross an der band führte.' — habe dank männ-
licher that" u. s. w. die ritter nehmen nachtlager und zie-
hen auf Rudolfs bitten am vierten tage nach Jerusalem, wo
sie mit geläut und heiligthum empfangen werden, am fünf-
ten tage kommt ein böte von Scalun, ich war da, derselben
bürg also nah dafs ich sah in das land.' es soll krieg ge-
ben, Rudolf ermahnt zur tapferkeit, der könig dankt ihm,
herr, ihr seid kommen in das land durch gottes ehre.'
Vorgänge bei der belagerung. Girabobe führt von der
bürg herunter ein gespräch mit Rudolf, bietet für die gefan-
genen gold und silber, das Rudolf zurückweist, er habe ge-
nug aus seinem lande mitgebracht. Girabobe hat die weiber
in der bürg geschoren und in waffen gesteckt, er zeigt jetzt
diese recken, könig Gilol beüchlt seinem beergrafen* die
wachen zu henken weil sie so viel volkes in die bürg ge-
lafsen, nimmt darauf aber den von Girabobe dem grafen vor-
geschlagenen frieden an. alle werden feierlich in Jerusa-
lem von dem cardinal von Bethlehem und andern empfan-
gen ; Rudolf, von könig berufen, reitet in den palast, sein
• ich glaube, der coniielablc wird gemeint sein, vcrgl. seine fun-
• tionen lici Canciani 5, 148.
(;mave ulodolf. 237
adel, seine Schönheit wird gferühmt, die frauen blicken nadi
ihm in niinne, der könig ehrt den kindischen beiden, der
gegen arm nnd reich gleich liebenswürdig ist nnd dem könige
gegenüber wenigstens nicht blöde auftritt, schon früher, auf
einen ausriif des erstaunens, ist das wahr?' antwortet er
ihm scharf genug, 'denkst du, ich sagte was ich nicht auch
vernommen hätte?' jetzt, als Gilot meint, er möchte einen
hofhalt wie den des kaisers bei sich einführen, lacht Rudolf
laut, 'was denkst du? wessen unterwindest du dich? könige
dienen dem kaiser, dir will ich guten rath geben — .'
Liebesscenen zwischen Rudolf und einer darae, wie sich
weiterhin zeigt, der tochter des heidenkonigs Halap, an des-
sen hofe sich Rudolf hier befindet. Gilot sendet aus dem
christenlande, entbietet dienst und minne und fordert Ru-
dolfs auslieferung mit gebundenen bänden, er sei untreu im
dienst gewesen und habe ihm den herzog und seinen söhn
benommen. Halap will Rudolf zu gerichtlichem Zweikampf
stellen, sonst aber nicht ausliefern.
Rudolf kommt zu dem beere, das mit grofscr Streitkraft
vor der bürg am meere liegt, gelangt mit list durch das be-
lagernde beer in die bürg, richtet die gemüter wieder auf,
und als Halap zum entsalz herannaht, macht er einen aus-
fall, ohne jedoch anders als mit flachem schwxrle auf die
Christen zu schlagen. Gilot erliegt dem Girabobe : man sieht,
die bürg am meere ist wieder Scalun.
In Conslantinopel. die fürstin weist alle bewerbungen
des griechischen königs zurück, erhält in prachtvoller taufe
den namen Irmengart, und läfst nur immer nach Rudolf for-
schen, ob er noch am leben sei. Rudolf liegt in einem hause
gefangen aus dem er mit mühe und noth entkommt, gotl
läfst ihn sehr für seine missethat büfsen. elend versteckt er
sich in einem dornbusch, manch harter schlag war ihm ge-
geben und mancher stofs, liefe wunden, sehr grofse, hat er
gewonnen, rücken und bauch war Ihm geschlagen dafs es
niemand sagen kann, ein Avundcr dafs er am leben blieb.
Rudolf und die königin enllliehcn mit ihren schätzen
heimlich aus Conslantinopel, die königin wird müde, sie ma-
chen ihr ein lager auf blinnen, IJouifail, Hudolfs ncfl'e, be-
reits früher ihr kämmerer, hall wache. Überfall ^ on räubeiii,
238 GRAVE RUODOLF.
Rudolf erwacht, sielit BonifaiL und fünf räubcr bereits todt,
erlegt die übrigen und beklagt den nelTen.
Dies ist alles was uns zur begründung irgend einer an-
sieht vorliegt; anfang und ende sind also ganz im dunkel,
und auch innerhalb der fragmente selbst sind die lücken
höchst wesentlich, den anfang unserer belrachtung, wenn sie
nicht ganz im blinden rathen soll, niufs eine möglichst genaue
Zeitbestimmung bilden, und ich denke, um über 1187, den
allgemeinsten termin, hinauszugehen wird man eine Unter-
scheidung zunächst festhalten müfsen. nämlich Grimm ge-
winnt ein zweites datum aus Rudolfs äufserung dafs könige
dem kaiser dienten, eine thatsache die damals nur zur zeit
Wladislaws von Böhmen, 1158 bis 1173 vorgekommen sei.
aus dem gleich anzuführenden gründe trage ich aber kein
bedenken diese crwähnung nur auf rechnung des deutschen
bearbeiters und nicht einmal des französischen Originals, zu
setzen : dafs die handlung des gedichtes selbst nicht in die
erwähnte periode passe ergibt die einfache bemerkung dafs
so gut wie Jerusalem christlich, Ascalon dort saracenisch ist.
man gewinnt dadurch nicht mehr 1187 als letzte oder 1158
als früheste, sondern 1153 als äufserste grenzbeslimmung,
und überhaupt müfsen die händel mit dieser Stadt, die im
gediclile eine so beträchtliche stelle einnehmen, uns auf nä-
here bestimmungen führen, es ist zwar unmöglich, aber für
unsere zwecke auch nicht erforderlich, eine würkliche und
förmliche belagerung Ascalons durch die Franken nachzu-
weisen die den kämpfen Gilots und Girabobes entspräche :
es wird uns vielmehr darauf ankommen eine periode in der
geschichte des königreiches aufzufinden in welcher der krieg
gegen Ascalon eifrig genug geführt wurde um einen dichter
darauf aufmerksam zu machen und ihm allgemeines Interesse
für dessen darstellung zu verheifsen. gehen wir in dieser
rücksicht die einzelnen rcgierungen durch, so werden wir
zunächst die ersten jähre Balduins I von vorn herein aus-
scliliefsen mülsen. die damaligen kämpfe mit Ägypten waren
einmal von anderer bedeutung, ein umfafscnder krieg zweier
nationen, wo Ascalon freilich als waffenplatz seine grofse
wichtigkeil hatte, aber niemand daran dachte es als gegen-
GRAVE RÜODOLF. 239
slaiid des slreiles zu betrachten; zweitens war auch der er-
folg ein verschiedener, die Ägypter wurden abgewiesen, waren
darum aber nicht weniger übermächtig, während umgekehrt
in unserem gedieh te Gilot zuletzt eine niederlage erleidet,
im ganzen aber kräftig genug den Ascaloniten gegenüber auf-
tritt, später erscheint als das einzige streben Balduins I die
besetzung der türkischen seeplätze, und nur in seinen letz-
ten Jahren versuchte er sich in abenteuerlichen zügen gegen
die ägyptische grenze, wobei aber gerade Ascalon nicht im
mindesten berührt wurde, unter Balduin II wurde 1125 ein
einzelner streifzug gegen die Stadt unternommen, sonst aber,
durch umstände und vielleicht durch richtige einsieht bewo-
gen, gieng die normale richtung seiner politik in abwehr und
fortschritt durchaus gegen die syrischen und mesopotamischen
feinde, von Fulco will ich sogleich reden und vorher be-
merken wie Balduin III zwischen 1143 und 1148 nur den
unglücklichen zug gegen Boszra versuchte, wie 1148 könig
Konrad allerdings die belagerung Ascalons vorschlug, selbst
dorthin gieng, sich aber von den übrigen fürsten verlafsen
fand, worüber sein brief an Wibald das nähere und damit
die erkläruDg des Nie. Ambian. gibt, dafs die iterata fraus
auf die Christen, nicht auf die Saracenen geht, also zur er-
klärung unseres gedichtes nicht benutzt werden kann*, dafs
noch weniger als dies unternehmen die endliche belagerung
von 1153 im grafen Rudolf gemeint ist erhellt aus dem ziem-
lich schlagenden umstände dafs damals Ascalon erobert wur-
de, im gedichte aber die Christen un verrichteter sache ab-
ziehen müfsen.
Nur die regierung Fulcos von Anjou ist noch zurück,
und hier scheinen sowohl die Verhältnisse gegen Ascalon als
die zustände im allgemeinen der art gewesen zu sein um in
poetischer bearbeitung gebrochen ein bild wie das unserer
fragmente abzuspiegeln, das auftreten Emadeddin Zenkis würkle
in einer den syrischen Franken auch sonst geläufigen weise ;
wo ein kralliger gcgncr auftrat vermieden sie die kämpfe
mit ihm, statt sie zu suchen ehe jener völlig erstarkte: so-
bald Zenki seine macht in Aleppo gegründet hatte war von
• ep. VVit). 127.
240 GRAVE RUODOLF.
clirisüiclier seile keine rede weiter von einer offensive gegen
ihn nnd die nordgrenze überhaupt, vielmehr wandte sich die
einzige ihnen nicht abgenöthigte thätigkeit dem jetzt beinahe
ungefährlichen süden zu. nicht mit bewuster planmäfsigkeil,
sondern jenem factischen Verhältnis folgend versuchte man
die ersten schritte auf dem wege der 1153 zu der einnähme
Ascalons und 1 168 zu dem angriffe auf Ägypten führte :
langsam heranrückend setzte man sich fest in der unigegend
der Stadt und engte sie durch eine reihe starkbesetzter ca-
stelle ein, so dafs 1138 die Ascaloniten nrhem per gyrum
praesidiis mexpugnahilibus vallatnm erblickten und in völ-
liger mutlosigkeit darüber an den chalifen berichteten, da war
1132 Baitnuber (später Richards I mehrmaliger lagerplatz),
dann näher 1134 Bersaba, 1137 Ibelin, 1138 die hohe Blan-
chegarde befestigt worden*, von deren ihürmen man in die
Stadt hineinsah und jede kriegerische rüstung bemerkte, nicht
anders als der böte an könig Gilot berichtet, 'ich war da,
ich sah in das land.' von diesen bürgen wurden die wenn
auch unbedeutenden doch lästigen plünderungen der Ägyp-
ter gehemmt und ein kleiner krieg ununterbrochen gegen
Ascalon selbst gerichtet; der könig, der pafriarch, die barone
hatten den grundstein der castelle legen helfen ; man sieht
wie dies, in etwas gesteigert und concentriert, den kämpfen
des gedichtes vollkommen entsprechen muste. und in der that,
die kräfle des reiches brachten es zu wenig resultaten da-
mals aufser diesen befestigungen : abgesehen von den folgen-
losen zügen nach -Antiochien, zu denen Fulco sehr gegen
seinen willen geuöthigt wurde, weifs Wilhelm von Tyrus
nur die Vernichtung eines räubernestes zu erzählen, einer
befestigten berghöhle, wie man sie auch sonst aus syrischen
kriegen kennt, der punkt war berufen wegen seiner festig-
keit, und nur die ankunft des grafen Dietrich von Flandern,
ebenfalls 1138, gab den mut, seine hilfc den ausschlag bei
dem unternehmen : ich meine, es wird auch hier nicht zu
' diese zeitl)e.sliiuinuii};('ii weichen von Wilkeii ai), so wie (iee in-
hail inelirerei" soiisliffeii behaiipliingen von ihm und den übrigen mir
bekannlen geschichleii. ich niuls die nähere begriiiidiiiig einem andern
orle vorbehailen und beziehe mich nur im allgemeinen auf Wilh. von
T. 14.
GRAVE RUODOLF. 241
gewagt sein in den anfangsworten des gedichtes eine renii-
niscenz an diese Vorgänge zu finden.
Die Wahrscheinlichkeit hier im vierten decennium des
Jahrhunderts den geschichtlichen aufenthalt des grafen Rudolf
zu entdecken wächst mir aber noch in weiterer hinsieht,
wie Ascalon und Flandern treffen auch die griechischen ein-
fliilse zu, nicht als wären sie später geringer gewesen, aber
damals tritt durch den angriff Kalojohannes der Wendepunkt
ein mit dem eine neue bedeutung der Byzantiner für Syrien
beginnt, seine persönliche tüchtigkeit, nicht minder die sei-
nes Sohnes Manuel, war den dortigen Franken wohl bekannt;
das unzweideutigste zeugnis darüber legt die politik der kö-
nige von Jerusalem seil dem zweiten kreuzzuge, legt ferner
in ausdrücklichen worten der erzbischof von Tyrus über Ma-
nuel ab. wie umfafsend waren nicht Johannes asiatische plane
als Vertreter der Christenheit den islam in dem kerne seiner
macht, im chalifate, zu vernichten; dafs die erwartungen
anderer nicht zurückblieben ist in jeder weise anzunehmen,
auch dann noch als nach dem stürze der Monkaditen in Schai-
sar die eifersucht der Franken seine fortschritte auf Klein-
asien beschränkte, für einen dichter der von vorn herein
nicht das detail der ereignisse, sondern ihren kern im äuge
hatte, lag demnach stoff in hinreichender weise vor um einen
conflict zwischen dem kaiser und dem rechten haupte des
islam zu schildern ; was irgend ein emir errungen und er-
litten halle wurde auf Zenki, den sanguinus rex Alapiae,
den könig Halap, übertragen, — ein process, der sagenpoe-
sie so geläufig wie kein anderer; — mit einem worte, so
konnte Halap selbst der unterliegende in Schaisar und seine
tochter nach (]onstantinopel geführt werden, denn von einem
ähnlichen Standpunkte gehört die bemerkung hierher dafs ge-
nau dieselbe zeit es ist in der die ersten geschiclilliclion
nachrichten über liebesverhältnisse zwischen Christen und
Türkinnen niedergeschrieben wurden, vor 1130 kenne ich
kein beispicl davon, der fanatismus von 1097 verdammte er-
oberungen dieser art statt sie zu preisen, jetzt aber wird er,
hier wie in anderen gebieten, durch die gesetze ritterliches
und sinnliches wesens gebrochen, es ist eine umwandelung
auf der bedeutende theile der syrisch -fränkischen geschichte
Z. F. D. A. II. - IC
242 GRAVE RUÜDOLF.
beruhen, liier in im crer frage ist es Orderic V ilalis der in
jenem Zeitpunkte die belrefFenden erzälilüngen vernahm und
aufzeichnete; man mufs die erfolge christlicher ritlerschafl
auf diesem felde in seiner farbigen darslellung nachlesen um
sich zu überzeugen welch frische popularilat damals diese
dinge im abendlande gehabt haben müfsen. was geschicht-
liche Wahrheit anlangt, so ergeht es ihm dabei natürlich nicht
anders als dem Albert von Achen in seinen mystischritter-
lichen neigungen ; es ist einmal unerlüfslich die beiden mü-
fsen auch weibliche herzen und nicht blofs feindliche Schwer-
ter besiegen ; so erfindet sich die sage ihr detail, wenn sie
es nicht vorfindet, gelingt es uns nach sonstigen indicien
den grafen Rudolf in einer geschichtlichen figur zu entdecken,
so wird darin wenigstens kein beweis gegen die identitäl
liegen dafs ein Verhältnis der arl in der erzählung etwa des
Wilhelm von Tyrus mangelt.
Fafsen wir alles zusammen, die griechischen geschich-
ten, die liebe zu der heidnischen königin erlauben, Ascalon,
könig Halap, der graf von Flandern führen geradezu darauf
hin den stoft' unseres gedichtes in der regierungszeit Fulcos
zu suchen, hiernach wird jetzt schon wer einige wifsenschaft
dieser periode zur band hat nicht mehr zweifeln von wel-
chem ereignis ich reden will ; es gibt nur eines, so viel uns
bekannt ist, bei dem sich irgend eine möglichkeit des ver-
gleichens zeigt, und ob ich dies eine mit recht hierherziehe
möge der leser aus der folgenden erzählung beurlheilen, in
der ich die vergleichungspunkle mit dem gedichte wörtlich
nachAVilhelm gebe, im übrigen mir aber vorbehalte mehrere
fehler und unvollständigkeilen des autors nachzubefsern.
Es ist allgemein bekannt in welchem zustand von schwä-
che könig Philipp 1 die cenlralgewall Frankreichs seinem
nachfolger Ludwig biiiterliefs : eine menge sogar der kleinern
barone stand in olfener Widersetzlichkeit und Ludwig konnte
anfangs nicht von Paris nach Melun, nach Etampes, oder von
Etampes, von Orleans gelangen ohne sich mit diesen caslel-
lanen herumzuschlagen*, einer der berufensten war Hugo
die belege dazu finden sich beinahe sämmllich verzeichnel bei
Bouquet 12, ind. gcograph. unter Pitsaciitvi. ich bin so ausführlich
weil gerade hier Wilhelm von T. 14, 15 so mangelhaft ist.
GRAVE Rl OÜOLF. 243
t]berliard, castellan von Pniset, einer bürg nicht weit von
Orleans, der scliöne aber der rnchlose von Orderich bezeich-
net, der keinen kaulinann des weges ziehen liefs und mit
einer bände verzweifelter gesellen die ganze umgegend in
schrecken hielt, in vielfachen kleinern und gröfsern bändeln
sehen wir ihn schon unter Philipps regierung, das bedeu-
tendste war dafs er im jähre 1106, als Boemund I ganz Eu-
ropa zum kriege gegen Alexius aufrief, seinem bruder Gui
die Verwaltung der chatellenie übertrug und sich dem nor-
mannischen beiden anschlofs. wir begegnen ihm in diesem
kriege mehrmals in ansehnlicher Stellung, er spielt eine rolle
l)ei den friedensverhandlungen, besucht nachher Constantino-
pel, pilgert nach Jerusalem*, und kehrt dann wieder zu dem
alten treiben in die heimat zurück, hier war indessen Lud-
wig zur regierung gekommen, mit dem festen entschlufse
eine befsere Ordnung herzustellen ; eine bürg nach der andern
wurde gebrochen und bald genug fand sich ein anlafs auch
'Jen herrn von Puiset zu beseitigen, einmal befreite ihn zwar
graf Theobald von Blois und Champagne (zwischen 1115 und
1123), zum zweiten mal aber erlag er der königlichen
macht, er selbst wurde gefangen, die bürg geschleift, die
besitzungen eingezogen, unter diesen umständen suchte er
nun von neuem, durch mehrere anläfse eingeladen, den
Orient auf; könig Balduin II war sein vetter von mütterlicher
Seite", ein anderer verwandter, Walram von Puiset, hatte
sich so eben in glück und unglück neben dem könige aus-
gezeichnet"*, genug Hugo, seine gemahlin Mamilia, eine ge-
borene Roucy, mit ihm, langte in Palästina an und erhielt
sogleich die grafschaft Joppe als erblehn, starb aber bald
darauf, und Mamilia brachte Joppe ihrem zweiten gemahle
Albert, einem bruder des grafen von Namur, zu. aber auch
diese beiden starben nach kurzem besitze, und nun meldete
sich als nächster erbe des lehns der mann auf den es uns
endlich hier ankommt.
Mamilia mufs wie 1123 so auch schon 1106 ihren ge-
mahl auf seinen fahrten begleilel haben, wenigstens läfst sich
Anna Coinnenn und (hilci iili.
" Wiih. von T. I'i, Ift.
Ordnricli.
16*
244 GRAVE RUODOLF.
mir so die angäbe Wilhelms retten, dafs der jüngere Hugo
in Apulien geboren und bei seinem verwandten Boemund er-
zogen worden sei. wann er überhaupt nach Syrien gekom-
men läfst Wilhelm unbestimmt, sicher ist er nur dafs er nach
dem tode seiner mutler (etwa 1127? es träfe das mit seiner
Volljährigkeit nach französischem lehnrecht iiberein*) Joppe
ohne Schwierigkeit erhielt und mit könig Balduin stets in
gutem vernehmen stand, hier fahrt nun Wilhelm in folgen-
der weise fort, mit könig Fulco gerieth der graf aus ver-
borgenen Ursachen sehr bald in hader ; nach einigen soll
Fulco geargwöhnt haben Hugo führe zu vertraulichen ver-
kehr mit der königin 31elisende, wofür in der that gar man-
ches zu sprechen schien, denn der graf war jung, von statt-
lichem aussehn und zierlichen formen, ausgezeichnet durch
ritterliche thaten und in aller äugen beliebt, mit vollen bän-
den schien die natur ihm alle Vorzüge gespendet zu haben;
ohne zweifei hatte er im königreich keinen gleichen an
Schönheit freigebigkeit und kriegerischer erfahrung; dazu kam
seine nahe Verwandtschaft mit der königin, der tochter Bal-
duins II. — andere freilich widersprachen jedem gerüchte die-
ser art und behaupteten das allein sei grund des haders ge-
wesen dafs Hugo, etwas hochfahrend und anniafsender als
billig, gegen den könig sich weniger unterwürfig zeigte als
die übrigen fürsten und manchen befehl eigensinniger weise
vernachläfsigte.
Hier bleibe ich einen augenblick stehen und frage ob
man sich bestimmtere ähnlichkeit wünschen kann als zwischen
diesem jungen grafen Hugo, dem schönsten manne des rei-
ches, der den könig wie seines gleichen behandelt, dem man
die liebe der königin ebenso zutraut wie die ritterlichste
tapferkeit, und unserm kindischen beiden, unserm Rudolf,
der den Gilot auf jeden zweifei hitzig zur rede setzt und
die stolzen ideen des königs fröhlich verlacht, den die frauen
minncn, an den die liebe von arm und reich sich heftet?
auch die äufsern Verhältnisse stimmen: Hugo sowohl als Ru-
dolf sind eben erst aus dem abendlande angelangt, und in-
dem ich mich der Verwandtschaft mit Balduin, dem belgischen
die unsicherhell des syrischen isl hinsichllich dieses punktes aus
Wilken bekannt.
GRAVE RUODOLF. 2i5
grafen, eriiinei'e, koinnic ich auf Grimms frage zurück, ob
nicht der herr aus Flandern oder sein söhn etwa Rudolf
selber sei, geschichtlicher weise also nicht Dietrich, sondern
die beiden Puisets, vafer und söhn, deren ankunft der dich-
ter hier nui' zusammenfafste? ich lafse es dahingestellt; es
ist gleichgülliger, da ja, wie wir sahen, sich auch für Diet-
rich geschichtliche analogien ergaben : zunächst folge ich der
lauf bahn des jüngeren Hugo weiter.
Sein eigener Stiefsohn, der herr von Cäsarea, wie man
sagte auf anstiften Fulcos, trat gegen ihn auf mit der klage
auf hochverrath ; Hugo forderte ein gericht der pairs, dies
aber erkannte auf Zweikampf; Hugo blieb aus irgend wel-
chen gründen aus und wurde in contumaciam verurlheilt. in
dieser noth ergriff er eine mafsregel die allerdings damals
ohne beispiel war und erst in den letzten Zeiten des reiches
nachahmung gefunden hat, die Wilhelm deshalb mit recht
als eine unerhörte bezeichnet, er warf sich den Saracenen
in die arme, segelte nach Ascalon und bat die Ägypter um
hilfe gegen seinen lehnsherrn. der vertrag kam zu stände,
Hugo gieng nach Joppe zurück, wo er sich befestigte, die
von Ascalon begannen den krieg und streiften bis Arsuf,
Fulco belagerte den grafen in Joppe ; darauf brach auch Tadsch
el Moluk von Damascus los und eroberte die wichtige grenz-
stadt Paneas, deren inhabcr mit den übrigen baronen vor
Joppe stand*, die sache gewann gefähiliche bedeutung für
das ganze reich, denn mit Hugo verbunden war auch Ro-
manus von Puy, herr von St Abraham und besilzer der
transjordanischen landschaft, so dafs also fast die ganze süd-
grenze sich in offne feindschaft gegen das reich versetzt hatte.
Dies nun ist Rudolf bei Halap, der letztere stets als
repräscntanl der saracenischen fürsten überhaupt genommen,
Rudolf und (jirabobe in der belagerten bürg am meere, mag
nun Ascalon selbst oder Joppe gemeint sein, die niederlage
* dies geschah vurdemSIn oct. 1133, da Abulf. a. 527 davon be-
pichtet, da nun Fuleo kurz voriier erst aus Antiociiien zurück gekom-
men war, nach Wilh. v. T. 14, 10 ziemlich gleichzeitig mit dem tode
des Patriarchen Bernhard, so fallt der streit mit Hugo zwischen juli
und november 1133 (nicht 1132, wie Wilkcn hat). Bernhard starb im
36n jähre seiner amlsfiihrunp und war im Juli 1098 eingesetzt.
246 GRAVE RUODOLF.
Gilots gegen Halap, der einnähme von Paneas durch die
Damascener entsprechend, wie man sieht sind alle einzeln-
heiten auf das freiste bearbeitet, das gesammtverhältnis da-
gegen steht in unverändertem lichte und man kann sich leicht
überzeugen dafs alle abweichungen dazu dienen sein wesen
nur reiner lebendiger und vollständiger zu entwickeln.
In jener noth nahm sich darauf der patriarch Wilhelm
der Sache an und bewog beide parteien zu der Übereinkunft,
Hugo solle drei jähr lang freiwillig das reich meiden, der
könig die grafschaft so lange verwalten, nach ablauf dieser
Frist aber alles vergeben und vergefsen sein, bis zur über-
fahrt gieng darauf Hugo nach Jerusalem zurück, und hier
trat ein Zwischenfall ein über den ich wieder den erzbischof
von Tyrus wörtlich reden lafse. der graf spielte würfel auf
dem tische eines pelzhändlers Alfani vor dessen hause in der
kürschnerstrafse, als ein bretonischer ritter, den jener mit
dem spiele beschäftigt nicht weiter beachtet hatte, ihn plötz-
lich anfiel und vor den äugen alles Volkes mit hieben und
Stichen auf das gefährlichste verwundete, sogleich entstand
ein gewaltiger auflauf, der ruf der nichtswürdigen ihat flog
durch die Stadt, alles erhob sich, und öffentlich war die rede
in jedermanns munde, ohne des königs mitwifsen habe das
niemand wagen dürfen, jetzt sehe man des grafen Unschuld
und den hafs des königs, den er ohne grund trotz aller Ver-
dienste auf Hugo geworfen habe; kurz die sache des grafen
war populär mit einem male, alle schritte gegen ihn wurden
reiner bosheit zugeschrieben, nun entkräftete Fulco aller-
dings die meisten dieser vorAvürfe durch die umsieht mit der
er die Untersuchung und bestrafung des mordversuches an-
ordnete; der graf blieb in Jerusalem bis zu seiner heilung
und verliefs dann das land in tiefer betrübnis, theils wegen
der zuletzt erfahrnen unbilde, theils weil er gezwungen war
seiner besitzungen beraubt in fremden landen hilflos zu bet-
teln, er gieng so nach Apulien, fand hier an könig Roger
einen beschützer und erhielt von diesem die grafschaft Gar-
gana ; indess starb er eines frühzeitigen todes ohne Palästina
wieder gesehen zu haben.
Zunächst will ich hier anknüpfen an das aufsehen wel-
ches Hugos Schicksal in Jern.salem gemarhl. den aniheil den
GKAVE KUODOLF. 247
alles Volk daran j^enooimen lial. Fulco erscheiul durchaus
in gehäfsigem lichte; es war, wenn dieser Standpunkt dich-
terisch geltend gemacht und die gesiiinuug des königs in pla-
stischen thatsachen ausgedrückt wurde, wahrlich ein gerin-
ger schritt, zu dem mordversuch das gcfangnis und zu Hugos
traurigem scheiden die äufseren hedrängnisse hinzuzufügen
in denen die Iragmenie des gedichtes uns den grafen Rudolf
zeigen, allerdings steht historischer weise Fulco etwas befser
da als nach dieser annähme Gilot im gedichte ; es kommt
uns aber auch viel weniger darauf als auf die nieinung der
zeitgenofsen an, und hier läfst ja Wilhelms bericht die Sym-
pathie des Volkes für Hugo deutlich genug erkennen, man
nehme dazu wie vieles in Fulcos würklicher erscheinung ein
vorurtheil dieser art begünstigen muste, die schwäche des
alters, die planlosigkeit der regierung, der wunderliche man-
gel alles gedächtnisses, endlich in Hugos sache der ausgang
selbst, wo es zu einer gerichtlichen feslstellung des unrech-
tes niemals kam, — und die entstehuug eines bildes wie es
in Gilot erscheint wird nicht weiter in Verwunderung setzen.
Eines noch will ich, da die fragmente uns hier verlafsen,
nicht urgieren, aber wenigstens erwähnen, dieselbe theil-
nahme wie bei dem mordversuche zeigt Wilhelm auch bei
dem abscheiden Hugos aus Palästina; statt ihn einfach von
Joppe nach Brundusium überfahren zu lafsen nimmt er das
Interesse für den beltler in fi'emden landen in anspruch. wie
wenn das gedieht eine hier unmittelbar sich darbietende ge-
dankenreihe verfolgt und ausgebildet hätte? der armut helfen
zwar Irmengards schätze ab, aber die Verbannung bleibt;
ehe sie in die neue heimat gelangen ziehen sie von land zu
land und sehen die nähe und die fremde unter strengerem
oder milderem geschicke. wenigstens käme man damit auf
kein der damaligen literatur fremdes gebiet; man erinnere
sich an herzog Ernst und den heiligen Brandau, und, um ein
beispiel unseres kreifses anzuführen, an die ritler Balduins II
bei Orderic, die von (ihorlberl nur durch das innerste Asien
nach Antiochien zurückkehren können, es wäre ein motiv
mehr für den dichter gewesen gerade dieses Stoffes sich zu
bemächtigen.
lind hiermit, scheint mir, kann ich schliefsen. ich wüste
248 GRAVE RLüDüLF.
kein wesentliches eleiuent in dem gedichte das nicht irgend
einer richtung, einem Verhältnisse von speciellerer oder all-
gemeinerer bedeulung in der angegebenen zeit entspräche,
läfst sich dies aber bei einem historischen gedichte nachwei-
sen, so mufs man trotz aller abweichungen anerkennen, ein-
mal dafs der dichter die richtige Stellung zwischen geschicht-
licher und poetischer Überlieferung einzuhalten versteht, zwei-
tens dafs die freie ausbildung des einzelnen nicht mehr als
grund gegen die identität des Stoffes benutzt werden kann,
und hierauf vor allem mufs es uns ankommen : was die ein-
zelnen geschichtlichen thatsachen angeht, so ist nur das eine
erforderlich dafs sie dieser identität nicht geradezu wider-
spreciien. das wesentliche und positive liegt in dem beweise
dafs aus der historischen begebenheit als ganzem vermöge
richtiger ästhetischer beliandlung die vorliegende gestalt des
gedichtes entwickelt werden konnte.
BONN. VON SYBEL.
WITEGE MIT DEM SLANGEN.
Sphragistische aphorismen, von C. P. Lepsius. erstes
lieft (aus den neuen mittheilungen des thüring. sächs. Ver-
eins besonders abgedruckt) mit drei steindrucktafeln. Halle
1842. enthalten schätzbare beitrage zu der siegelkunde des
mittelalters. auf der zweiten tafel sind in sorgfältigen nach-
bildungen siegel der schmiedezünfte bekannt gemacht, wel-
che besondere aufmerksamkeit verdienen, das gewöhnliche
Siegel dieser gewerkschaften enthält die natürlichsten Sym-
bole ihres handwerks, hammer und zange. als beispiel ist
das Siegel der schmiede zu Stettin, das nach der form der
buchstaben zu urtheilen in die mitte des 14n (15 ist ein
druckfehler) Jahrhunderts gehört, merkwürdiger sind drei
andere von den schmiedezünften zu Halle Mainz und Augs-
burg, die in dieselbe zeit fallen mögen; das hallische ist einer
Urkunde vom j. 1327 angehängt und vielleicht das älteste,
hier ist noch zwischen hammer und zange jedesmal eine
schlänge gesetzt, welche in dem mainzischen und augsbur-
gischen eine kröne von drei spitzen trägt, die in jenem sich
WITEGE MIT DEM SLANGEN. 249
iu kugeln, iu diesem in drei blumen oder kleeblätter endi-
gen: in dem maiuzischen ist ferner ein gekrönter adler ne-
ben die Schlange gestellt, wie ich vermute der deutsche
reichsadler. statt der kröne steht in dem hallischen ein sechs-
eckiger Stern über der schlänge, unter derselben aber ein
halber mond. diese abänderung erklärt sich daraus, dafs man
das hallische Stadtwappen, zu welchem diese beiden zeichen
gehören, noch anbringen wollte ; der slern verdrängte die
kröne, der verfalser hat den Zusammenhang des siegeis mit
der alten sage von Wieland und seinem söhne Wittich rich-
tig bemerkt und aus einander gesetzt, ich will seiner aus-
fiihrung einige nähere bestimmungen beifügen.
Die Wilkinasage beschreibt an zwei stellen (cap. 33.
156) Wittichs rüstung. sein schild war weifs und mit ham-
mer und zange von rother färbe bezeichnet, weil sein vater
ein Schmied war, und über diesen zeichen standen drei kar-
funkelsteine, um die königliche abkunft seiner mutter anzu-
deuten, sein heim von dem härtesten stahl war mit nageln
beschlagen, und es war ein giftspeiender lindwurm von gold,
den man schlänge nennt, darauf eingegraben (thar var d
markadur orrnur, sder slarigi heitir G. 33. d hans hialmhetti
er skrifadur ormur qfraudigulti, sd er sla/ig7 lieitir c. 15G).
dieses zeichen trug er auf seinem haupt, damit jeder daran
seine tapferkeit und seinen zornmut erkennen sollte, auf
saltel wafFenrock und fahne war derselbe lindwurm ange-
bracht.
AVir finden hier alle cinzelheiten des schmiedesiegels.
die kröne mit drei spitzen und den kugeln darauf, welche
dort die schlänge trägt, ist ohne zweifei aus den drei kar-
funkelsteinen entstanden, welche über haramer und zange in
dem Schild angebracht waren, die schlänge, da sie als hclm-
zeichen nicht auf dem schild vorkommt, scheint unpassend,
aber diese Verbindung zeigt sich auch in einem mit den sie-
geln ziemlich gleichzeitigen gedieht, in Dieterichs drachen-
kämpfen (heldens. 268), wo das zeichen in Wittichs fahne
beschrieben wird, ein Immer und ein zange von golde rot,
ein nater diu ist von golde (\. ,si/öer) wiz. und so konnte
die sage oder ein Volkslied die schmiedezunft veranlafsl ha-
ben sich durch aufnähme der schlänge in ihr siegel, die einen
250 WITEGE MIT DEM SLANGEN.
der bci'iiliintesteii beiden mit ihrem Handwerk iu Verbindung
brachte, zu verherrlichen, die dänischen kjämpeviser (1,4.
18. 80) unterscheiden aber noch bestimmt den schild mit
hammer und zange (der drei karfunkelsteine geschieht hier
keine erwähnung) von dem heim.
In den dänischen liedern, wie in dem schwedischen (bei
Arwidsson 1, 16) wird der heim Blank genannt, seltsam ist
diese Verwendung des adj. für einen eigennamen, aber sie
bestärkt mich in der Vermutung dafs er aus Slange entstan-
den ist, weil man diesen namen für einen heim sich nicht
zu erklären wüste, es würde damit stimmen dafs in dem
ältesten Zeugnis, im Biterolf (heldens. 147. 148), der heim
selbst Limine heilst, wenn ich dieses unverständliche wort
durch lind wurm richtig erklärt habe, die stelle im jüngeren
Titurel (heldens. 173), IFitege mit dem slangen entscheidet
hier nichts.
Freilich konnte der ganze heim den namen Slange füh-
ren, wenn eine schlänge darauf eingegraben war, aber eine
stelle in dem gedieht von Ecke nach der bearbeitung Kaspars
von der Röhn (heldens. 226) leitet mich auf eine weitere
Vermutung. Ecke spricht hier zu Dieterich von Bern
' — hell, loiltii mich bestdn?
der heim und den ich iijfe hdn,
den wirkt JVielant vdt sitten,
in sanl ein künec her über mer .-
er revacht ein kdnecrich mit der wer.
guldin ist er in mitten.
nii Idz- dir von dem hclme sagen,
ob dich dar nach belange.
er ist so meisterlich beslagen,
guldin sint im sin spange;
dar 171 verwirkt ein wurmes schal.
stoie vil man swert drüf slüege,
da von gewint er doch kein mal.
diese slrophe iiudet sich nicht in dem lafsbergischen text
(wiewol Str. 78 von dem heim die rede ist), noch in dem
slrafsb. und augsb. druck, allein Kaspar von der Röhn hat
sie ohne zweifei in seiner quelle vorgefunden, zwar ist nicht
von dem heim Willichs die rede, aber doch von einem den
WITEGK MIT DEM SLANGEN. 251
Wieland geschmiedet hat und der ganz gleicher art scheint
gewesen zu sein, nicht eine schlänge war als zeichen dar-
auf eingegraben, sondern die schuppige haut einer schlänge
hinein verarbeitet, die dem stahl die übernatürliche stärke
verlieh, so dal's kein seh wert nur eine spur darauf zurück-
lafsen konnte : wie die dänischen lieder (1 , 28) sich aus-
drücken, 'viele Schwerter waren darauf zerbrochen.' mir
scheint es aber angemefsner dafs Wieland, der ein alp ist
(heldens. 388. 389), dem heim übernatürliche kräfte verleiht,
als ihn mit zierrat schmückt.*
Kannte man überhaupt in früherer zeit den helmschmuck?
er scheint mir erst im 13n jh. aufgekommen zu sein, das
bild auf der spitze des heims finde ich zuerst bei Wolfram
(Parz. 39, 16. 736, 10. 739, 16) und bei Wirnt, der es diu
zimier nennt; uf keimen diu lieht schinenden mal Nib.
1943, 4 (in einem späteren lied) scheinen dasselbe zu be-
zeichnen (vgl. Andreas und Elene s. 92), könnten aber auch
auf zierrat an der seite gedeutet werden, in den gedichten
des 12n jahrh. habe ich nichts dahin bezügliches gefunden.
im Rolandslied, da wo der heim Venerant beschrieben wird
(117, 7 — 16), wäre gelegenheit dazu gewesen, auch in den
bildern zu der pfälz. handschrift sind die heline ganz einfach
und schmucklos : nur kaiser und könige tragen zugleich die
kröne, die aber nicht auf der spitze des heims sitzt, son-
dern die stirne umgibt. Waltharius 334 imposuit cnpiti rubras
cum casside cristas stammt wohl aus Virgil.
Demnach wäre glaublich dafs in den früheren sagen (die
von Wieland gehört zu den ältesten) der vater seinem söhne
einen heim schmiedete dessen kraft nicht blofs in dem stahl
lag sondern zumeist in der eingewürkten schlangenhaut. es
wäre nicht das erste mal dafs in der späteren quelle sich
das ursprüngliche allein erhallen hätte.
Endlich noch ein zeugnis von der Verbindung des hand-
werks mit der sage, das älter ist als jenes siegel. in einer
Urkunde vom jähr 1262 (Lang regesla boic. 3, 181) steht
juxta domum ]Velandi fabri. möglich dafs ein schmied sich,
Vulcanus ist {^otl der schmiede, selbst schmied, und lahm wie
Wieland, dessen profsvater oder ahnherr \ ili<inus in irpend einem be-
zog stehen miils zw Vulkan. JACOli GHIMM.
252 VVITEGE MIT DEM SLANGEN.
oder das volk ihm, den altberühmten namen beigelegt hätte;
mein bruder glaubt dafs nach herkömmlicher sitte an dem
haus ein bild von Wieland gestanden habe.
WILHELM GRLMM.
SCHON MEHR ÜBER PHOL.
Neueutdecktem pflegt sich bald auzuschliefsen was vor-
her, weil alle beziehung fehlte, noch unbeachtet blieb, so
auffallend der heidnische name Phol zuerst erscheinen muste,
bietet er sich glücklicherweise an andern stellen weiter dar,
und alle zweil'el über seine mythische echtheit schwinden.
Das wichtigste ist dal's die traditiones fuldenses und pa-
tavieuses ihn in uralten ortsnamen gewähren ; glänzendes
zeichen für die nolhwendigkeit diese sprachquelle sorgfältig
zu erforschen.
In den fuldischen Verzeichnissen begegnet bei Schannat
s. 291 no 85 die merkwürdige stelle JVidcrolt comes tradi-
dit sa?icto Bonifacio quicquid propjnetatis habuit in Pho-
lesbrunnen in provincia Tin^ingiae* . Pholesbrunno ist das
heutige dorf Pfuhlsborn unfern der Saale, von den Städten
Apolda Dornburg (dem alten Doringeburc) und Suiza gleich
weit, etwa anderthalb stunden abgelegen**, man wird aber
aufserdem denken dürfen an Falsbrunn, Falsbro7in, auf dem
Steigerwald, ander rauhen Eberach, zwischen Troisdorf und
Theinheim, auf würzburgischem boden, nicht fern von der
* meinem freunde Dronke, der auch den codex verglichen und die
lesart genau so gefunden hat, verdanke ich diese miltheilung,
" slaatshandbuch des grofsherzogthums Sachsen-Weimar 1840 s. 138,
in noch ungedruckten Urkunden des kloslers Hausdorf erwähnt, eine
undatierte, etwa zwischen 1285 und 1310 ausgestellte hat Lndolphus
de Phubborn; eine von 135G doniiniis Heinricus de Phulsborn, eine
von 1302 llenricus dictiis Schonehiife plebantis in Pfolczbiirn, vergl.
Schmidt die Lobdaburg bei Jena (Jena 1840) s. 126. in der ehemali-
gen voglei Dorla (im kreifse Mühlliausen) kommt eine w üstung Pfuhl-
rode vor (Fiirslemann neue mitth. 2, 272) oder Ftilrode (Wolf gesch,
des Eichsfeldes 1, 104). das dorf Pful/endorJ' bei Gotha (gewöhnlich
Foliendorf genannt) heifst in urk. des 14n jh. Phtilsdorf. PfuHendorJ
und PJ'iillingen in Schwaben sind bekannt.
PHOL. 253
bambergischcn grenze, ungefähr in der riclitung zwischen
Eltmann am Main und Schliilselfeld : zwar in einer später
zu Franken gerechneten gegend, doch früher konnte er wie-
derum zu Thüringen gehören, das sich südöstlich noch wei-
ter, bis ins bairische gebiet, erstreckte.
Den andern gleich beziehungsvollen namen liefern mir
die traditiones patavienses in einer zwischen 774 und 788
fallenden Urkunde, Pholesauwa" . späterhin wird Pholesowe,
Pholisoire gefunden "; und es ist das jetzt noch bestehende
dorf Pfalsati (auch Pfahlso geschrieben) im niederbairischen
landgerichte Griesbach, pfarrei Höhenstadt, etwa vier stun-
den von Pafsau liegend.
Schwerlich ist der genitiv eines dieser namen auf einen
menschlichen eigner oder besilzer zu deuten, bei der gro-
fsen Seltenheit des eigennaniens Phol, den wie Wuotan, Do-
nar sterbliche sich beizulegen anstand nahmen, dürfen sie uns
verschollenen Pholsdienst bezeugen, und dem gewicht der
einzelnen Zusammensetzung wird durch das übereintreffen
der beiden siciilbar hinzugefügt.
Pholesbrunno wird also mythisch gefafst werden müfsen,
nicht wie Hrabanes prunno (Eccard Fr. or. 1, 674), Litl-
lanbrunna (Lüntzels Hildesheim s. 22), Botmbru/mo, Scal-
chobrufüio, Hapnchopru/uio, und solcher örtlichen benennun-
gen mehr, des gottes Verhältnis zu dem brunncn verstehen
wir freilich nicht, in der nordischen mythologic kommen
aufser ßalders brunnen auch Mhnisbrunnr und Urdarbrumir
vor, der quell in welchen Odin dem weisen Mimir sein äuge
zu pfand setzte und das heilige wafser der norn. wie wenn
Phol und Mimir in naher berührung ständen? der letztere
ist dem nordischen glauben wo kein gott, doch ein göttliches,
erhabnes wesen, bei welchem selbst Odin sich rathes zu er-
holen nicht verschmäht, ja es scheint dafs Odin und 31imir
dem begriffe nach einigemal in einander übergehn. man hat
hier die benennungen Vidritiimir, ndn'r, Heiddmpnir und
Hoddropnh' zu erwägen. Sa.'m. 195'" werden lleiddraup/ns
* M. B. vol. 28 pars 2 n» 23 5 das im reiclisarchiv zu München
liegende diploin schreibt j)holcfauuua.
" M. B. 28, 2 s. 30 n» 33. 29, 2 s. 263 ; daselhsl s. 'l(,\
i» einer tradition des 12n jh. Unclt de pliulsu.
254 PHOL.
haus und Mhnishüßid hinter einander genannt, ein Pholes-
houbit wäre nur erst aufzufinden.
Auch die Zusammensetzung mit aue eignet sich ganz zu
der annähme eines altheidnischen cultus, nicht nur auf ber-
gen wurden die götter verehrt, auch auf inseln oder von bä-
chen und flüfsen eingeschlofsnen auen, da wo fruchtbare wie-
sen trift, Wälder schatten gaben, so das castmn nemus der
Nerthus in insula Oceani, so Fosetes land mit seinen weiden
und quellen (mythol. s. 144). nach nordischen götteru hei-
fsen Oäinsey (Onsöe) in Norwegen (fornmannasögur 12, 33)
und Oäinsey (Odensee) auf Fiihnen, sonst auch Odinsv4
(ve heiligthum, geweihter ort) benannt; pursey (wäre ahd.
Donaresouwä) fornmannasögur 7, 234. 9, 17; Hlesay (Läs-
söe im Kattegat); vielleicht Niariey (f Niardarey) fornm.
sog. 2, 6. 3, 593 ; andere mehr, wie gerichte und Zweikämpfe
häufig auf auen und inseln statt fanden, scheinen sich auch
die christlichen kirchen gern solche platze auserlesen zu ha-
ben, eine menge klosteruamen in Deutschland gehn aus auf
-aue, z. b. Reichenau in Alemannien, Breitenau in Hessen,
ein hersfeldisches nonnenkloster zu Aue an der Geisa wurde
von abt Ludolf nach Blankenheim an die Fulda verlegt;
merkwürdig wird in einem gedieht des 13n jh. vom nonnen-
kloster Aldenburg in der Wetterau bei Wetzlar der ausdruck
gebraucht in der megde omve (Diut. 1, 357). nun können
solche auen aufser nach göttern auch nach beiden oder spä-
teren eigeuthümern genannt sein, wie z. b. im Norden Sdm-
sey, Vißlsey nach Sunir und Vißll, oder jene Reichenau
(Augia dives) früher Sifitleozesomoa, nach einem gewissen
Sintleoz", augiae insulae dominus, hiefs, der seine besitzung
■ schlechtere formen Sintluz, Sinllar, Sindloch, stehen Pertz 5,
147. Eccard Fr. Orient. 1, 348, das allein richtige Sintleoz sichert
Neugart episc. Constant. s. 536 und cod. dipl. Alem. n" 188 (a. 816).
diesen eigennamen durfte GralT 4, 1123 nicht unter HL bringen, ihm
gebührt gleich den übrigen Adallioz, lieginleoz, ff^olßeoz, Hriiodleoz
ein reines L, wie die vergleichung des bekannten isländischen Ulßiotr
zr fVoIßioz lehrt, das altn. adj. liolr lurpis, deformis oder was es
eigentlich bedeutet halic, inufs also auch in einem ahd. lioz, leuz auf-
gestellt werden, und in einem golh. Huts, wovon liiila hypocrita, ver-
sutus. dolosus.
PHOL. 255
der kirclie hingab, allein wie bei Pholeshruniio isl auch bei
Pholesouicn die ainvoiidiiiig auf den golt vorzuziehen.
Ich wüste den cigcnnamen Phol als menschlichen wie-
der nur aus einer andern Urkunde der Irad. fuld. (Pislor.
1, 142) anzuführen, wo sigiium Volea steht, Schannats ab-
druck no 483 aber Vuoles liest, weder JVol noch Vuol z=:
Fuol erscheinen sonst, aber l^ol ■==:■ Phol befremdet nicht,
Dronkes fuld. giossen liefern phuoza pedes f. vuoza ; so wird
noch später gar oft z. b. /?/tzVÄe=:zJzcÄe geschrieben (weislli.
2, 290), Phumbei^g neben Vüncmhers^ (Böhmers cod. fran-
cof. no 61. 74). dennoch mufs das beinahe festgehaltene i'H
in Phol Pholeshrunno Pholesovirn bei künftig einmal zu
versuchender deutung des namens angeschlagen werden.
Darum sei noch eines andern eigcnnamens, wenn schan
unsicher, gedacht. Resch annales ecclesiae sabionensis (Se-
hen, später Brixen, in Tirol) liefern 3, 672 den seltsamen
mannsnamen Heitphol, in einer conimutatio inier Albinum
cpiscopum et Oudalricum (aus dem lOn jh.). die anmerkung
728 zu dieser Urkunde gibt jedoch Heitphoc, wodurch mau,
wenn zweimal verschi'ieben wäre, auf die lesart Heitpholc
geräth, und in der that enthalten andere bairische Urkunden
Heitfolcus (Ried, n« 40 a. 848), Heidfolch (Ried, n" 72
a. 890), //e/f//ü/c (31eicliclbeck n" 63i), Heidjloc yMc\Q\\e\h.
n" 502), Heitvolc (Längs reg. 3, 15 a. 1251). man vergleiche
Sigffolc, Sigißoc (Meichelb. n" 427. 663). /ÖA-, obgleich den
begrif von agmen, cohors ausdrückend, könnte doch wie das
entsprechende slavische polk, pluk in mannsnamen vorkom-
men ; das zeigt der berühmte name Svatopolk, Sratopluk,
Zuenlepolch, ja die Versetzungen polk und pluk, Heitfolc,
lloitßoc, SigiJ'olc, Sigijloc rechtfertigen einander, das ahd.
heit, ags. had bedeutet ordo, ordo sacer, religio, das altn.
hcidr honor, dignilas, und erinnert man sich der eddischen
nymphe Heidr, der mythisclien namen Heidrün, Heiddropnir,
so gliche unser Ilciljblc dem slav. Smtopolc (d. i agmen
sacrum) aufs haar, aber selbst die form Heitphol lafse ich
noch nicht fahren, sondern halte für möglich dal's phol und
pholc sich berührten, und halte die versuchte Zusammenstel-
lung zwischen Phol und Mimir irgend grund, so würde selbst
Heitphol gemahnen an Hi'iddropnir.
256 PHOL.
Aber noch stärker Pholesbrunno an Balder, und die
gleich nach dem ersten eindruck des gefandnen denkmals
behauptete identität zwischen Phol und Balder. denn von
jenem Baldersbrunnen, mit dessen wafser der siegreiche gott
sein durstendes beer labte, weifs ja Saxo grammaticus s.42,
noch heute führt BaMershrönd zwischen Kopenhagen und
Roskilde den namen ; sollten nicht andere örter mehr, auch
des innern Deutschlands, dafür zeugen? Chmels regesta Ru-
perti n« 1069. 1074. 1836 aus späten Urkunden von 1400.
1404 haben ein Baldehruji^ Baldeburn unweit Hagenau, das
aus Baldeshrunn, Baldershrunn verderbt sein könnte*, und
" ['Baldebrunno auf der Eifel' erwähnt Gratf 3, 311, leider wie
gewöhnlich ohne angäbe seiner quelle, ich schliefse hier eine unge-
druckte Urkunde an welche zu der deutung von Baldebrunn aus Bal-
dersbrunn ein ähnliches beispiel gibt, sowie die nachfolgenden bemer-
kungen verdanke ich sie der gütigen mittheilung des hn hofrath Gers-
dorf. 'In nomine sancte et individue trinitatis amen, nos Eckinhar-
dus burggraßus dominus de Sfarkinberch Omnibus Christi ßdelibiis
hanc literam visuris in perpetuum. quoniam ad modum aque de-
ßuentis mundi huius ßgura praeterit seci/m rapiens in obliuio7iem re-
rum gestarum memoriam necesse ntique est ut quq memoria indigent
quibtis subsistant indiciis muniantur. unde et presenti indicio per-
lienni constare voluimus nocioni quod quidam noster ßdelis Rinkerus
de Baldershain obtento super eo consensu seniorum ?iostrorum et no-
sfro quidam ex his qu^ de iam dictis senioribus nostris et a nohis
nomine feudi habuerat duodecim videlicet agros cum lignis sitos in
campo iuxta villam Hartinrode quorum longitudo perienditur a pra-
tis vill§ in Lntlmünshain usque ad agros illorum in Hartinrode. la-
tifudo vero a metis lignorum Tnarchionis rustici de Frankenowe usque
ad semitam qua itur de Lutwinshain in Hartinrode in dotem perpe-
tiiani ecclesi§ Korbisen vendidit legitime etc. testes huius rei sunt
nobilis vir auunculus noster Heinricus iunior aduocatus de Plane, do-
vnnus Rewse auunculus noster de Gera etc. datum in Starkinberch
anno dni m. ccc. xxvii. vi. Idus lunii. — Baldershain, jetzt ßalden-
hain, ein zum herzogthum Altenburg gehöriges dorf, liegt in einer sehr
fruchtbaren von laub- und nadelholzwaldungen vielfach durchschnitte-
nen gegend am anfang des sogenannten Reichstädler grundes, andert-
halb stunden von Ronnebnrg, zwei stunden von Gera, an der ehema-
ligen strafse von Gera nach Allenburg. die in der Urkunde genannten
dörfer sind sämmtlich nur ungefähr eine halbe stunde nach osten Süd-
osten und Westen davon entfernt, in alter zeit gehörte Baldershain
unstreitig zum gau Geraha, nicht zum gau Plisni. — sollte nicht
auch in der nähe des Thüringer waldes oder in Oberfranken ein
PHOL. 257
weitern sich hier blicke, nicht nur auf die jüngeren sagen
von Karl dem grolsen (myth. s. 103. 104), der uns mit glei-
chem fug Wuotan wie Balder verträte, sondern selbst auf
Castor und Pollux im hain der Nahanarvalen bei Tacilus
(Germ. 43)? den Pollux kürzen eidschwüre in Pol, dafs er
unserm Phol ganz ähnlich wird, und die römischen Casto-
res erscheinen am brunnen der Juturna rosse tränkend.
Halten wir das gewissere fest, dafs Phol nach Thürin-
gen gehörte bestätigt nun Phokshrunno einleuchtend, Pho-
lesouwa weist auf Baiern, Hcäphol noch südöstlicher. Thü-
ringen und Baiern (oder alterthümlicher ausgedrückt, Her-
munduren und Markomannen) verehrten also diese goltheit;
ob andere deutsche stamme, ist uns noch verborgen.
JAC. GRIMM.
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
Hans Sachs, dessen poesie am reinsten und eigensten
in den fabeln und schwanken waltet, deren slolF und umfang
seiner lebenserfahrung und ganzen sinnesart am meisten ent-
sprach, hat einen lieblichen, dem hauptinhalt nach ihm be-
reits Überlieferlen mythus dreimal verschiedentlich behandelt,
zuerst 1553, 23 sept., in dem spiel, wie der herr Evae kin-
dcr segnet (band 3 iheil 1 bl. 243), dann 1553, 6 nov. in
der comedie der ungeleichen kinder Eve (band 1 theil 1 bl. 10
— 18), endlich 1558 in dem schwank von den ungleichen
kindern Eve (band 2 theil 4 bl. 83), jedesmal trefflich und
ausgezeichnet, doch wird man kaum anstehen der letzten
undramalischeu erzählung noch den vorzug zu geben, es ist
darin alles abgerundet und bis ins einzelne vollendet, der
dichter scheint von dieser fabel gar nicht ablafsen zu kön-
nen und wicderholentlich band an sie zu legen um ihr end-
lich die gelungenste form zu verleihen.
gleichnamiger ort si(;li finde;!!? in !neinen sauünlungeii linde ich Jo-
hfinn Triichscf.i von Baldcrshcim riller, den P. Jovius im chi-onicoh
Schwaizhui'gicum (vcrgl. Schötigen und Kfcysig diplomalar. 1,257) als
unleil!'andl('r der gi-äfin Margai-ela \nn Schwaizbiü-g in saihcn diu-
heiM'Schaft Hi-anüfck in Frankt-n im j. \W\ aiiriihi-l.' — 1!.]
Z. F. I). A. II. 17
258 DIE ÜNGLEICIIE^ KINDER EVAS.
Als Adam und Eva aus dem paradies vertrieben waren,
hauten sie die unfruditbare erde und erzeugten viel kinder
mit einander, nach dem verlauf der zeit liels ihnen der all-
mächtige gott durch einen engel entbieten dal's er zu ihnen
kommen und ihren haushält schauen wolle, da war Eva froh
der gnade gottes, kehrte und schmückte das ganze haus mit
gras und blumen und begann ihre schönsten kinder zu ba-
den strahlen und flechten, legte ihnen neugewaschne hemdcn
an und ermahnte sie wie sie sich vor dem herru höflich nei-
gen, ihm die bände bieten und züchtig prangen sollten, ihre
ungeslalten kinder hingegen barg sie ins stroh und heu oder
versteckte sie ins ofenloch, aus furcht der herr werde sein
misfoUen darüber äufsern. als nun gott der herr eintrat,
standen die schönen kinder in der reihe, empfiengen ihn,
neigten sich, boten ihm die bände dar und knieten nieder,
der herr aber fieng an sie zu segnen, legte seine bände auf
den ersten knaben und sprach 'du sollst ein gewaltiger könig
werden,' zu dem zweiten du ein fürst,' zu dem dritten du
ein graf,' zu dem vierten 'du ein ritter,' zu dem fünften
'sei ein edelmann,' zu dem sechsten 'sei ein burger,' zu
dem siebenten sei ein kaufmann,' zu dem achten du werde
ein gelehrter doctor!' gab ihnen also allen seinen reichen
segen. Eva jedoch dies mit ansehend und die milde des
herru erwägend gedachte, ich will auch meine ungestalten
kinder holen dafs sich gott ihrer erbarme, lief hin und langte
sie aus dem heu, der krippe und dem ofenloch und führte
sie vor gott, eine unlustige gesirobelte grindige russige grobe
schlüchtischc rotte, da lächelte der herr, sah alles an und
sprach 'ich will sie auch segnen,' legte dem ersten auf seine
bände, 'du sollst werden ein bauer,' dem andern 'du ein
flscher, ' dem dritten sei ein schmied,' dem vierten sei ein
lederer,' dem fünften ein weber,' dem sechsten 'ein Schuh-
macher,' dem siebenten ein Schneider,' dem achten 'ein haf-
ner,' dem neunten ein karrenmann,' dem zehnten ein schif-
niann,' dem eilften ein böte,' dem zwölften 'du sollst ein
hauskneclit bleiben, dieweil du lebest!' wie Eva das alles
anhörte, sagte sie 'herr, wie thcil.st du deinen segen so un-
gleich? hab ich doch alle kinder geboren und deine gnade
sollte über alle gleich crgohn.' der herr aber versetzte 'Eva,
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS. 259
(las verstehst du nicht, mir gebührt und ist noth dal's ich
die ganze weit mit deinen kindern versehe; wenn sie alle
Fürsten und herrn wären, wer wollte körn bauen, dreschen,
malen und backen, wer schmieden, Aveben, zimmern, bauen,
graben, schneiden und nähen? jeder soll seinen stand ver-
treten, dafs einer den andern erhalle und alle ernährt wer-
den, wie im leib die glieder.' da antwortete frau Eva 'ach
herr, vergib! ich war zu rasch, dafs ich dir einredete; dein
göttlicher wiüe geschehe an meinen kindern.'
In dem spiel ist alles umständlicher angelegt und aus-
geführt. Adam, der im schwank gar nicht mithandelt, ver-
nimmt des engcls bolschaft und heilst Eva die kinder putzen
und baden ; sie bringt aber nur einen tlu>rl und versteckt die
andern in die streu und hinler den herd. als gott ein'^-e-
trelen ist und mit Adam und Eva geredet hat, wendet er sich
auch zu den kindern, läl'st sie beten und das valerunser her-
sagen; dann segnet er sie durch händeauflegen und macht
den ersten zum könig, den zweiten zum riller, den dritten
zum burgermeister, den vierten zum kaufmann ; hernach
nimmt er sie mit, ihnen den lustgarten zu weisen, unter-
dessen bereut Eva ihre häl'slichen kinder vor dem herrn ver-
borgen zu haben, Adam rälh sie noch herbei zu schaffen,
und als der herr wieder eintritt und scheiden will, kommt
sie eilends mit den vier ungestalten kindern gelaufen ; sie
sollen niederknien und beten, könnens aber nicht, auf Evas
bitten läfst es der herr die armen kinder nicht entgelten und
legt ihnen auch die bände auf; der erste knabe soll ein schu-
ster, der andere ein weher, der drille ein schäfer, der vierte
ein bauer werden. Eva beschwert sich über die ungleiche
austheilung, wird aber zur ruhe verwiesen.
Die comödie, nur wenige monate nach dem spiel ge-
dichtet, scheint Überarbeitung desselben, vermullich auf äu-
fscren anlafs, um sie auf mehr pcrsonen einzurichten, un-
ternommen, viele Worte und ganze salze sind aus dem spiel
eingeschaltet, die haupländernng besteht darin dafs Abel und
Kain namentlich auflreten, Kain sich nicht waschen und
schmücken lafsen will, auch hernach mit den übrigen unge-
horsamen kindern verkehrl betet und gottlose reden ausslöfst.
Abels und liaiiis opfei- und der hnidermord kommen mit in
17*
260 DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
die Handlung, Satan und sein gefolge erscheint persönlich :
dadurch wird die segnung der ungleichen kinder und der
unterschied der stände zurückgedrängt, so dafs von manchen
schönen ausführungen abgcsehn der haupteindruck der co-
mödie doch dem des spiels nachsteht, es ist wohlgefälliger
dafs die im segen hintangesetzten kinder nur als ungestalt
und vcrnachlälsigt, nicht als boshaft dargestellt werden.
Daraus leuchtet recht des dichters liebenswürdige be-
scheidenlieit hervor, dafs er jedesmal seinen eignen stand,
den des Schuhmachers, aus der mitte des verabsäumten und
geringen geschlechts entspringen läfst.
Hans Sachs, der alles dichtet und doch nichts erdich-
tet, sondern gern aus einer namentlich angeführten quelle
beglaubigt, nennt sie im eingang des spiels nicht ; bei der
comedia aber läfst er den herold sagen dafs sie
itrspimngklich hat zugericht
im latein Philippus Melancthon,
und nun zu gut dem gmeitien vion
auch in teutsche sprach ist gewcndl.
und vornen im schwank heifst es wiederum
die gleisten haben zugericht
vor jaren ein lieblich geticht.
von Melanthon ist aber unsere fabel eben so wenig ursprüng-
lich ausgegangen, er erzählt sie dem comes Joannes a Weda*
in einem brief vom 23n merz 1539" und sagt y^cere 7ion po-
tui, quin adjicerem narratiunculavi, quae in quodam poe-
inate extat, non illam quidem historicam, sed venuslam et
erudite confictani, admonendae adolescentiae causa, ut co-
gitet et discrimina ordinum divinitus instituta esse, et uni-
" Johann iv graf von VVied, ein freund und anhänger der refor-
mation, war durch Peter Medmann, vertrauten rath erzbischof Her-
manns von Köln an Melanthon empfohlen «orden. im mai 1543, auf
der reise nach Bonn, sprach Melanthon bei dem grafen zu Wied ein.
(J. St. Reck gesch. von Isenburg, Runkel, Wied s lOÜ).
epistolae selectiores aliquot Pli. Mclanthonis editae a Caspavo
Pvucero. Vitch. 1565. 8. s. 342 — 363, und cpistolarum J'h. M. liber
primus editiis a Caspavo Pcucero. f Heb. 1570. 8. s. 377 — 397, wo
auf der Iclzlen seile fälschlich 1530 für 1539 gedruckt sieht, es gibl
auch einen einzelnen druck, ad comitem Joanuem a Weda ephtola.
Francofurti apiid C. Egriiolph 1539 auf zwei octavbogen.
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS. 261
cuique elaborandum esse, ul virtule suam pcrsonam tuea-
tur. das gedieht worauf sich hier bezogen wird muls doch
auch lateinisch abgefal'st gewesen sein, weil sonst kaum eru-
dite coiijictam gesagt wäre, was von Hans Sachsens Vor-
trag abweicht ist folgendes, kein engel bringt die botschafl
von goltes vorhabendem besuch, sondern Eva schaut zum
fenster aus und sieht ihn mit den engein nahen, sie hatte
gerade schon wegen eines bevorstehenden festtags die kin-
der zu waschen begonnen, war aber noch nicht mit allen
fertig geworden, die ungewaschenen heifst sie also sich in
heu und stroh verstecken, aber die gewaschnen dem herrn
entgegentreten, mit ihnen hält nun golt eine förmliche kin-
derlehre. Abel sagt das credo weilläufig her, nach ihm wer-
den Seih und die Schwestern geprüft, alle bestehn aufs beste,
dann aber befiehlt der herr auch Cain und die übrigen her-
zurufen, deren abwesenheit dem allwifsenden nicht entgan-
gen war. Cain erscheint trotzig mit Strohhalmen und heu-
fasern im ungekämmten haar, er kann das credo nur ver-
kehrt und verstümmelt herausbringen und äufsert sich frech,
darauf läfst der herr den Abel herantreten, legt ihm bände
auf und weiht ihn zum priester, den Seth zum könig, den
bäurischen Cain aber zum knecht. als Eva wehklagt, trö-
stet sie gott, reicht den kindern beim abschied die rechte
und wird von der mutter noch eine strecke weit vom haus
begleitet, bis er sie heimkehren heifst und in eine wölke ge-
hüllt gen himmel steigt.
Von dieser anmutigen, reinlichen einkleidung entfernt
sich, wie man leicht sieht, die comedia des Hans Sachs in
vielen stücken, indem er einzelne zügc ausläfsl oder hinzu-
fügt, den auachronismus dafs Abel und Seth zusammen auf-
treten ertragen beide Vortragsweisen.
Es gibt von Erasmus Alberus ein gespräch zwischen
gott, Adam, Eva, Abel, Cain, von der schlangen Verfüh-
rung und gnade Christi, Berlin 1541, wiederholt Erfurt 1544,
das ich mir nicht habe zur einsieht verschalFcn können, um
zu ermitteln ob darin aufser den biblischen Vorgängen im
paradies auch noch die fabel von den ungleichen kindern be-
rührt wird, man darf es bezweifeln, weil sonst auf dem tilel
wohl der Unterscheidung der stände gedacht wäre.
262 DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
Wichtiger aber ist uns eine stelle aus Agricolas Sprich-
wörtern, die über die jähre 1558 1553 1539 hinauf, bis zu
1528 zurückweist, ich hebe darum die ganze erzählung nach
dem plattdeutschen Magdeburger druck aus, n° 264 bl. 127''.
Etlike Seggen yn schertzes wt'se, de vürsten, hereit vnde
eddellude hebten eren ortspnmg dar her, do Adam radede
vnde Heiia span, krech Heua vele kinder. vp eine tid ivolde
vnse here godl tho Heua ghan vnde besee?i, tvo se hushelde,
nu hadde se euen all ere kinder vp einmal by einander
vnde wusck se rnde smtickede se. do öuerst Heua vnsen
heren godt such kamen tho sick, hadde se sorge, he mochte
er eere vnküscheit voriviten, dat se so vele kinder hadde,
vnde ging tho vnde vorstack etlike ynt stro, etlike ynt höw,
etlike in de auenkulen, de alderhöueschten öuerst bchelt se
by sick. vnse here godt sach de smuckeden kinderken an
vnde sprack tho einem also, du schalt ein köninck wesen,
tho dem andern, du schalt ein vörste syn, tho dem drild-
den sprack he, du schalt ein eddelman syn, tho dem veer-
den, du schalt ein bürgermeister syyi, tho dem vöfften, du
schalt ein schulte, eiti- vagdt edder amptman syn. do nu
Heua süth, dat ere kinder, de hervor weren, so incklick
begauet weren, sprack se, here, ick hebbe 7ioch mer kin-
der, ick wil se ock hervor bringeti. do se nu quemen, ive-
ren se vngesmucket, swart vnde vngestalt, dat har hengede
en villi stroes vnde hoiiwes, do sach se vnse here godt an
vnde sprack, gy schalt buren bliucn, küye vnde swyneher-
den, ackerlüde, etlike van iuw schvllen in den steden hant-
wercke driuen , b?'uiven , backen vnde den ersten heren
denen.
Neben dieser mehr zu dem schwank als zu den dramen
und Melanthon stimmenden darstellung der fabel sei noch
eine spätere, schlechtere aus dem schlufs des 16n jh. bei-
gebracht, wie sie in Georg Rudolf Widmanns ivarhajftigen
historien von de?i grewlichen vnd abschewlichen sünden, so
D. Joh. Faitstus hat getrieben. Hamburg 1599. 4. 1, 237.
238 angetrolfen wird.
Adam xvar sonderlich ein astronomus, und wie man fa-
buliert, so hab er viel kinder gehabt, als er aujf dem erdl-
reich und aufser seinem crrtriebncn land dem paradis seine
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS. 263
Wohnung mnb Damnsco Iwlte, mvhii-fs ihm goll, er tuolle
auj]' ein zeit ein/nah/ koninien und sehen wie er lebe, da
ihn nun der herr auf ein zeit visitiert, lear des Adams hat
und behuusung besehlnßen, der herr hlupjf'el an, als aber
.Idaui und sein weib Heua durch ein loch den herrn ersa-
hen, erschracken sie sehr, denn sie schemten sich, das sie
so viel kinder haben sollen, der herr ivürde ihnen diejs
aufmutzen, derhalbcn sie behend etliche kinder in die Win-
kel und andern örtern verschoben, eines ander das hew,
das ander ander das dach, das dritte ander die garben,
das viert in ofen, das fiinJJ't in den kellcr, das sechst an-
der die küfen, item wider das weinfafs, eins in ihren alten
peltz-, in ihr bereit lach, damit sie hat die kinder beklei-
den wollen, etliche under das leder und so fortan, die
schönsten kinder aber, so schön von angesickt und haar,
liefs er in der st üben, da nun der herr in die behausung
hinein kam, und ihnen den segen ivünscht, gab er denen
kindern, so er gesehen und umb ihn stutiden, die handt,
sagte zu den eitern, seid friedlich, erschreckt nicht vor
mir, wie ihr zuvor gethan habt, den alhie bleibt mein se-
gen! segnet derhalben die kinder umb ihn und sprach, ei
lieben kindlein, wachset und inehret euch, du sei könig,
fürst, grajf, Jurist! und theilte also alle cmpter aus. da
nun die eitern sahen, zu was hohem stand sie gesegnet
worden, gedachten sie au die andern kinder, begehrten ih-
rer Wohlfahrt auch und zogen die ungeschajfne kinder her-
für, sagendt, herr, hie sindt noch mehr meine kinder. da
nun der herr mehr solcher kinder sähe, da sprach er auch
das benedicite über sie und sagte, sei du wechter, baur,
meurer, ackerman, kemrnicJ feger, gerber, decher, keller,
kubier, bender, kürfsner, Schneider, schustcr ! daher 7iun
diese iveldl also begabt worden.
So unbehoHeii und verworren hier alles vorgeli'agen wird,
lalscn doch einzelne abgehende oder hinzulrelende unisländc
schlielsen dafs VVidnian weder aus Hans Sachs noch aus
Melanlhon und Agricola schöpfte , sondern einem andern
schrillliciien oder jiuindlichen herichl folgte, der herr lindel
das haus verschlofsen und klopft an, Adan» und Eva er-
schauen ihn durch eine lucke ; auch hei Melanthon scliaul
264 DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS.
Eva durch das fenster und siebt gotl von weitem kommen,
während ihn bei Hans Sachs eine botschaft des engeis ver-
kündigt, den von Widmann und Agricola vorgegebnen be-
w eggrund, dafs Eva wegen der menge ihrer kinder verweis
von gott fürchtet und einen theil davon zu bergen sucht,
kennen Melanthon und Hans Sachs nicht ; es ist viel müt-
terlicher dafs Eva die schönen ausliest, die häfslichen ver-
steckt; doch stimmen darin Agricolas und Melanthons erzäh-
lungen dafs Eva beim waschen der kinder für den festtag
von dem besuch überrascht und die ungewaschnen bei seile
zu bringen genölbigt wird, bei Hans Sachs läfst erst nach
empfangner botschaft Adam den befehl zum scheuern des hau-
ses, zum streuen der maien und schmücken der kinder er-
gehn. die catechisation mangelt in der letzten darstellung
ganz, doch wird in ihr das verstecken und hernach der un-
terschied der ämter mehr im einzelnen ausgeführt.
Alle solche abweichungen machen eine lebendige und
allgemeinere Verbreitung der sage von den ungleichen kin-
dern Evas im ganzen laufe des 16n jh. wahrscheinlich, die
gar nicht auf einen der angeführten erzähler zurück geführt
werden darf, vielmehr sclion früher, namentlich im 15n jh.
und länger bereits gangbar gewesen sein mufs. vielleicht
war jenes lateinische gedieht, woraufMelanlhon sich bezieht,
noch im 15n jh. abgefafst ; im 16n werden die lateinischen
dichter schon zu namhaft, ihre arbeiten stellen sich durch
wiederholte abdrücke sichrer, das ältere und fast volksmä-
fsige umgehn dieser sage wird am sichersten dadurch erwie-
sen dafs sie auch in den kreifs dramatischer Vorstellungen
aufgenommen war. schon zwölf jähre vor Agricolas Sprich-
wörtern im j. 1516 oder noch früher, im j. 1509, wurden
zu Freiberg im erzgebirge feierliche spiele gehalten, deren
Job. Bocerus in seinem gedieht Fribergum in Misnia (Lips.
1577. 4. folio K. z. verso) und daraus Michael Neander in
seiner orbis terrae succincta explicatio (Lips. 1597. 8.
s. 140—146) gedenkt, eine im morgenblalt, jahrg. 1808
n° 278 mitgelheille nachricht enthält darüber folgendes. I?i
pß?igstjeiei tagen den 11. 12. 13 mai 1516 sind die ludi
solemnes, so man zu Freiberg- gehalten, auf offeütlichem
marlitr mit grnj'ser pracht vnd hosten agiert worden, da
DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS. 265
denn dar hcrzos; Geors: zu Sachsen neben seiner uremalilin
und ganzer hofhaltung, ivie auch viel andere hohe und nie-
drige Standespersonen zugegen gewesen und zugesehn. hier-
zu hat ein ehrsamer rath zum actore verordnet Hans Ru-
dolfen, den damaligen stadtrichter, und ihm Hans Pfef-
Jern, der hernach stadtvoigt loorden, zugegeben, sieben
jähr zuvor 1509 ist genanter Rudolf gleichfals actor ge-
wesen neben Nicolaus Perner., dem fürstlichen schofser. man
hat aber, une gedacht, alle drei pfingstfeiertage nach ein-
ander agiert, den ersten tag ist die geschichte gespielt wor-
den von dem fall der engel, von ej^schajfung und fall der
menschen, von ausjagung derselben aus dem paradiese und
von deyi ungleichen hindern Adams und Evas, wie sie gotl
der herr angeredet und examiniert, die personen dieses tags
sind- gewesen gott der himmlische vater, Raphael, Michael,
(iabriel drei engel, Cherub auch ein engel, Lucifer, Relial,
Satan drei teufel, Adam, Eva, die schlänge, Abel, Seth,
Jared, HeJioch, Methusalem, Lamech sechs gehorsame
^Idams söhne; Kain, Bathan, Achan, Nahal, Esau, Nim-
rod sechs ungeratime kindcr, samt dem chrenholde. den
zweiten und dritten tag wurden Vorstellungen aus dem neuen
lestament und die des jüngsten gerichts gegeben.
Hieraus ist freilich nicht genug über die innere behand-
lung der fabel von den uuglciclien kindern zu entnehmen ;
da aber in Hans Sachsens coniodie die sechs gehorsamen u?id
sechs ungeraten sün Eve ganz mit den nemlichen nanien auf-
treten, so darf man voraussetzen, dafs der nürnbergische
incister mit der hergebrachten einrichtung des älteren spiels
bekannt gewesen sei und daran nichts wesentliches abgeän-
dert habe, solche spiele werden aufser Nürnberg und Frei-
berg an manchen andern orten Deutschlands aufgeführt wor-
den sein, allem anschein nach schon während des 15n jh.,
wiewohl sich unter den mir bekannten fafsnachtspielen des
Polz und Kosenblüt d;is von den ungleichen kindern Evas
nicht erwähnt findet, noch weniger ist es mir gelungen in
den mhd. dichlungen irgend eine spur der fabel zu gewahren.
Wozu also hier sie genauer untersuchen? ich tr.iue ihr
dennoch ein weit höheres aller zu.
Durch die pocsie und den Volksglauben unserer vergan-
2(;6 DIE IjNGLEICHEN KINDER EVAS.
<^cnlicil ziehen auch faden geistlicher stofFe die der christli-
chen, biblischen quelle unangeniefscn waren, nicht die apo-
kryphischeu bücher sind damit gemeint, welche in frühen
Jahrhunderten fern vom deutschen boden entsprungen mehr
auf gelehrtem wege allgemeinen eingang fanden, ganz abge-
sondert von diesen erscheinen in kleinen vereinzelten sagen
zügen und selbst namcn hin und wieder beziehungcn auf
gestalten des alten oder neuen testamenls ; sie gereichten zu
unschuldiger crheiterung oder ausschmiickung des glaubens,
die kirche liefs ihnen weder billigung noch tadel angedeihen.
dahin rechne ich aufser vielen thier- und pflanzennamen, die
auf Maria oder den teufel angewandt wurden, zumal alle
Überlieferungen, in deren mittelpunct sanct Petrus und noch
einige andere heilige sich bewegen, seine Verleugnung des
herrn, der hahnkrat, selbst das durch den schliifsel empfangne
himmlische thürhiiteramt benahmen ihm gleichsam an würde,
wenn auch nicht an gewicht, und erleichterten den anflug
welllicher sagen, fafst man dessen art und weise näher ins
äuge, so werden sich leicht uralte, heidnische Überbleibsel
ergeben, welche duldsam und fast unverhinderlich färbe und
gewand des neuen glaubens annehmen durften, ihr dasein
und Ursprung wäre sonst kaum zu begreifen.
Wie nun Petrus bei jedem anlafs gern aus der himm-
lischen Wohnung in die alte irdische heimat zurückkehrt, wo
er sich mit seinen freunden letzt oder mit Spielern und
landsknechten umtreibt, so sind mir die Wanderungen der
götter auf der weit ganz besonders ein zug unsrer einhei-
mischen mythologie. das alte testament läfst gotl den herrn
nur im paradies vor den erstgeschalfnen menschen, hernach
noch vor Noah und Abraham leiblich erscheinen ; später rich-
ten engel seine befehle aus. in der griechischen fabel wer-
den Zeus Hermes Apollon Athene und andere himmlische
dem sterblichen geschlecht häufig sichtbar und nicht minder
oft zeigen sich in der nordischen zumal Odin Thor Ha'uir
und Loki. so besucht Thor seine freunde die Thelleböndcr
zur braullauft ; diese schöne norwegische sage (bei Faye s.4)
kennt auch eine schweizerische Überlieferung, begnügt sich
aber mit dem einkehrenden zwerg statt des goltes. vor allem
gehört hierher das eddische licd von lligr dem wanderer,
DIE ÜNGLEICHElN KINDER EVAS. 267
dem ich gerade unsere sage von den ungleichen kindcrn an
die Seite stellen möchte, unter jenem namen zieht Heiiiulallr
der gott zu den drei menschenpaaren und gründet den unter-
schied der drei geschlechter, dieser mythus von dem ein-
kehrenden, die stände festigenden gott mag von frühe au in
raanigfacher form bei den heidnischen Deutschen umgegan-
gen und fortgepflanzt worden sein, er trug sich zuletzt in
geschickter anwendung unvermerkt auf Adam und Eva über,
aus dem blofsen gegensatz zwischen Abel und Cain, aus
dem über Cains nachkommen gesprochnen fluch allein leitet
sich nicht die Umständlichkeit der ganzen erzählung, der
durch das fenster gewahrte besuch gottes, sein anklopfen,
die festliche ausschmückung des hauses* und der kinder, ihr
theilweises verheimlichen und die genau ausgedrückte glie-
derung der stände her. zwar weicht ab dafs hier die kinder
schon geboren sind, in der edda erst nach des gottes anwe-
senheit geboren werden, dafs hier alle von einem paar, dort
von dreien ausgehn ; doch diese Verschiedenheiten konnten
oder musten auf den langen wegen der alten fabel leicht
erwachsen, im eingang der Völuspa heifsen alle menschen,
die meiri ok minni (gröfsern und kleineren), megir Heim-
dallar, des gottes söhne, und wenn der umziehende Petrus
schon in gedichten des zwölften oder gar zehnten jh. nach-
zuweisen ist, wird auch jener göttliche besuch bei Adam
und Eva, den ich höchstens bis zum jähr 1509 hinauf brin-
gen konnte, viel ältere grundlagen in der geschichtc unsrer
poesie ansprechen dürfen.
JAC. GRIMM.
' kom hann al sal, suitr horfda di/r, var hurd luiigin, hri'ngr
rar i '^iv.lti, '^i'ck hann inn al pa/^ gö/f' var strdd. Sa;iii. 103''.
208
ÜBER UMLAUT UND BRECHUNG.
Etwas in meiner jüngsten darstellung der deutschen vo-
callaule ganz neues, die annähme von brechungen, woran
auch altn. und ags. grammatiker nicht dachten, hat noch
kein aufsehii erregt, aufser bei Adolf Holtzmann, der neulich
in den Heidelberger jb. 1841 s. 770 — 777 und, wie er pflegt,
sehr scharfsinnig darüber gesprochen hat. er fafst die merk-
würdige erscheinung nur anders auf. während ich die bre-
chung des / und // vom umlaut des a trenne, bringt er die-
sen damit zusammen, und nimmt ahd. umlaut des a durch
/, des / durch «, des u durch a an, woraus e, e und o,
nach meiner bezeichnung, entspringen, die sache ändert sich
nicht, sie wird nur verschieden erklärt.
Es wäre hübsch und einfacher, käme man mit den drei
umlauten des «, /, u ab, d. h. könnte man überall die e, ü, o
abhängig machen von einem / und a der nachfolgenden silbe.
noch vollständiger würden fünf altn. umlaute erwachsen, zwei
für a in e und ü, je nachdem / oder u folgt, zwei für ti in
0 und 1/, insofern a oder / folgt, einer für / in e bei nach-
folgendem a, so dafs auf a durch die nachstehenden vocale
zweimal eingewürkt würde, ebenso vielmal auf u, nur ein-
mal auf /. geborgen bleibt der reine vocallaut in allen fäl-
len, wo jedem derselbe vocal folgt (a — a, i — /, u — //) und,
weil i lediglich durch a afficiert wird, auch wenn ihm u
nachtritt {i — ii). für den umlaut ergeben sich die formeln
e — i, ö — u, ö — a, o — a, y — i. die Wichtigkeit der regel
leuchtet zumal ein, wenn abgefallne vocale der zweiten oder
dritten silbe aus beschaffenheit des vocals der ersten erra-
then werden sollen.
Meine bisherige darstellung entzieht die formeln e — a,
0 — a dem umlaut und überweist sie der brechung. gründe
welche sonderung des gebroohnon lauts von dem umlaut an-
rathen sind nachstehende.
1. die brechung scheint älter als der umlaut, von dem
der goth. dialect durchaus noch nichts weifs. der ahd. blofs
l TIMLALT UNI) BRECHUNG. 269
den beginn, nicht die Vollendung aufzeigt, ii und o dagegen
sind schon dem goth. ahd. und allen übrigen dialecten be-
kannt, wenn gleich in abweichender geslalt.
2. im golh. iiängl die brechung blol's von den conso-
nanlen r und h ab, in den übrigen sprachen von consonan-
lischen und vocalischen einflüfsen zusammen, so jedoch dafs
jenes r und h überall noch, Aviewohl auf andere weise, sie
bedingen, aufserdem aber auch zumal im ahd. nachfolgendes
n gefordert wird, während nachfolgendes i und // beide das
/ und u der wurzel schützen, mir schien als ob aus blofs
consonantischer brechung der Gothen sich im fortschritt eine
consonantisch vocalische im ahd. ags. und altn. entfaltet habe,
späterhin sogar ist, zumal im mnd. mnl., die vocalische aus-
gedehnt worden auf formen die ursprüngliches i und u in
der letzten silhe haben, z. b. si'^^e ahd. sign, vrikJe ahd.
fridif, schiinen ahd. scinun. auch die schwed. dän. präte-
rita vierter reihe nehmen im pl. e für i in die wurzel, und
sonst viele subst. zeigen solches c, z. b. schwed. dän. sm'ed
i'aber, /f-V/ artus, altn. *w?V//', U(ti\ das nhd. sommer schwed.
sommar dän. sommer nnl. zomcr zeigen o, da doch mhd.
sumer ahd. sumar auf ein goth. stimnis (wie widar, pipar
^v\{ viprus, bibrus, gramm. I, 147. 453) schliefsen lafsen,
also der brechung nicht unterliegen sollten, dennoch schritt
sie vor.
3. Umlaut durch i zeigt sich in den flexionen weit sich-
rer als brechung durch a. zwar in ahd. conjugation erster
und zweiter reihe gewähren hilfu hilßs hilfii helfames
hi'lfat heljant ; lisit lisis lisit lesames tesat lesant (und
trutii trutames statt ti'üti tretames liefse sich theoretisch
vermuten) zureichende beispiele, neben welchen in dritter
reihe tragu, Iregis, tregit, tragames umlaut weist, der na-
türlich an anderer stelle vortritt, auch in fünfter reihe bie-
tet sich das part. scopan, logan dar, da doch in vierter nur
scinan tripmi nicht scennn Irepan steht ; erst jene späte-
ren mundarten gewähren würklich scheuen, schrevoi f. ahd.
scinan, scriban. dies / in scinan crkläi't sich Iloltzmann
aus einem übergewicht des / und i in vierter coiignjation,
so dafs das einzige parlicip nicht zum e habe gelangen kön-
nen, doch war ei in sccin, Ireip (\n\. sehen, ^^'X'/) *'*''" ''
270 UMLAUT UND BRECHUNG.
nahe genug, in der declination * erscheint aber gar kein ge-
brochner im Wechsel niil ungebrochnem vocal ; mau halte ihn
namentlich ahd. in den ersten starken declinatiouen zu ge-
warten, denn wie neman nimu sollten jöe/'c, tvec, nest, got,
hof im instrumental jnrku, wiku, ?iistu, gutu, hiifu, vorzüg-
lich fem. wie gepa, piita, ercla, giwona im dat. gipu, pitu,
irdu, giwunu zeigen, konnte hier wiederum das i und u in
der Wurzel nicht durchdringen? oder sind die u der flexion
unorganisch, wie das der dat. pl. auf um statt am in den
ersten declinationen? weshalb mit recht kein wikum, nistum,
gutum, pilum, irdtwii giwuniim erfolgte, dürfen wir aber
uns einlafsen auf solche Verdächtigung der würksamkeit ahd.
flexionsvocale, so müsten wir auch dem u in der prima sg,
lisu, 7nmit, hüfu kraft abstreiten die brechung zu hindern,
weil goth. Jisa, nima, hilpa gelten, in den zweiten decli-
nationen sollte das thema i wenigstens im dat. sg. der bre-
chung räum lafsen, doch nirgend begegnen die formen scriita,
scelta, vohsa f. scrita, scilta, vuhsa, obschon der nom. sg.
nach abgelegtem thema i sogar rückumlaut gewonnen hat,
ast, gast, pale, anst, am, womit die umgelauteten casus
esti, gesti, pclgi, e?isti, et'ni tauschen, man mufs in den
zweiten declinationen übergange aus erster und dritter an-
schlagen, und den ahd. dritten gewährt das thema u schütz
vor brechung. längst entsprach keine ahd. flexion genau
mehr dem goth üu des gen. dat. sg. wer wollte den nom.
masc. und neutr. erster decl. nach abgelegtem thema a der
flexion gebrochnes e, o in der wurzel statt ?, u zutrauen,
wo sich die reinen laute zumal vor doppelconsonanz bewahr-
ten? nie erscheint fcsc für ßsc, so angemefsen das e in
liiscan, liskii scheint, im ganzen folglich darf der raangel
der brechungen in ahd. declination, neben den entwickelten
umlauten, diesen ein lebendigeres, jüngeres, jenen ein zä-
heres, älteres })rincip bezeugen.
4. den unilaut sehen wir fast ganz von vocalischem,
die brechung wesentlich von consonantischem einflufs ab-
hängig, es ist doch bedenklich, das goth. ai in bairan, vair-
* icli ncliuic jclzl nur drei slarkc (loclinalioiu-ii mit dem lliema
a, i, ti an, wie ich anderwärts (in einer academisclien Vorlesung) ent-
wickelt lial)e nnd in der irrainmatik umständlich auslühren werde.
UMLAUT UND ßllECHUNG. 271
pan anders aufzufafsen als das alid. li in pi'rnn, wörfan.
allerdings macht grofsen unterschied dafs das ahd. /'' iheils
ausgedehnter ihcils eingeschränkter gilt als das gotli. ai, es
findet sich auch in nöinan, li'sa/t, kl'paii ■=. goth. uiman,
lisan, giban, und hört wieder auf in prrü, wirfU =: goth.
hain'f), vaivpip. ein goth. nainian, latsa/i, ^aihnn wäre
unglaublich, eher lielse sich denken dals bairip, vairpip nahe
an birip, virpip grenzten, doch gerade wie h und r goth.
brechung veranlafsen, welcher vocal auch nachher folge,
hindern ahd. in und //, wenn andere consonanlen daneben
slehn, alle brechung, wenn auch a folgt, es heifst pinrnman,
rinnaii^ limfan, pi/itan^ prinhan, diusan und im particip.
prnmvian, ninnan, lunija/i, punian, pninkan, dunsan^ nie-
mals pr'emman proinmau, so dals diese durchfiihrung des
z, u völlig der des goth. ai, ak in bairon, bauran gleich-
steht, und der von vocalcn bedingte Wechsel des reinen und
gebrochnen lauts nur in den übrigen ahd. formen zuläfsig
Avird, freilich in den meisten, den umlaut des a durch i,
sobald er einmal platz gegriffen hatte, scheinen consonanti-
sche einwürkungen wenig zu kümmern, es heifst spnnnu
spennis , g'nngi/ gongis , fnra fcris , icahsu irehsis. die
in Position verbundnen m und 71 hemmen aber die brechung
auch in Substantiven erster decl. wie sind, ivinl, hrinc,
m///if, stiinna, slanla, im gegensatz zu clmi'ld, irolf, lii-IJa,
molta, hi'vtd.
5. der ahd. mhd. umlaut stätigt noch andere unterschiede
günstig, wo im analogen fall die brechung unvvürksam scheint,
denn wie von den adj. Icngi, Iwrli, Jesti die rückumlauten-
den adv. lango, harlo, fasto gebildet werden, dürfte nun
auch neben irri, durri ein adv. iirro, dori'o stattlinden, wenn
schon nicht der wposition zugefallen neben lindi ein adv.
li'ndo. die aualogien lafsen aber im stich. irran goth.
airzjan hat ein dorran goth. paürsjan zur seite, so schön
das transitive durran abstechen würde von dem intransiti-
ven dorren, nie erscheint ahd. dorah per, immer durah;
soll es erklärt werden aus einem vorgewicht von dt/ruh,
durik? goth. pnirh zeugt eher für -ah. in onlnung sind
/M/v janua und Lor porla, ////■/// osliola, doch gleich .s7^// und
stcti wechseln tor und ////•/ nicht, sondern der reine odej-
272 UMLAUT UND BRECHUNG.
gebrochne laut haften im einzeluen wort wie sie sich einmal
festigten, warum behauptete sich kein alts. hh^u gladius,
wie bliran birid, sondern heru z=i gotli. hairus? warum
alts. ehu ■:=. goth. aihvus? da doch sidii, ividu, simi gelten.
warum mhd. mete mulsum neben site mos = goth. 7nidus
und sidus, wie zu vermuten steht? ahd. scheinen mitu und
metu zu schwanken, warum schon bei Tacitus Nertkus,
Hermunduri, kein Nirthus, Hirmunduri? die goth. brechung
vor r und h ergibt, auch von dieser seite, sich als die äl-
. teste, freilich heifst es ahd. hiruz =: goth. hairtus, altn.
hiörtr, also für hiruzu, während ^o««;' mehr zu ^oih. punrs
als zu punf'us berechtigt.
6. rathen es diese erscheinungen zusammengenommen
an im ahd. und mhd. umlaut und brechung abzusondern, so
begehren es noch entschiedner im ags. eigenthümliche. denn
während der umlaut des a in e, des n in y ordentlich er-
geht, weicht die brechung des ? und e, des u in o öfter
von der ahd. ab und richtet sich wieder nach consonantein-
llüfsen. so bleibt namentlich der reine lant meist schon vor
einfachem /n und n : niman ahd. neman, numen ahd. noman,
aber auch andere Wörter führen ihn durch, z. b. gifan ahd.
kepan, gifcn ahd. ki'pan ^ otigitan ahd. i?itkl'zza?i, ongiten
ahd. intkezzan. hingegen bricht sonst die prima sg. präs.
den vocal: ete ahd. izzu, bere ahd. pirii , stele ahd. siilu,
bri'cc ahd. prichu, wo man anzunehmen halte, der ausgang
-e müfse ursprünglich gleich dem goth. -a, nicht wie im ahd.
-u gewesen sein, obwohl jene niman, gifan, ongitayi aucii
hier nime, gife, ongitc behaupten, in der zweiten und drit-
ten person tritt freilich itst, it; hilfst, bird; stilst, stild^
bricst, bricd ein. was ferner u angeht, so haftet es ags.,
wo es nach ahd. regel zu o werden sollte, z. b. \n fugel
ahd. fokal, punor ahd. donar, milf ahd. ivolf; doch in bo-
ren, brocen, svollen, vorpen stimmt es zu ahd. poran, pro-
chan, suollan, rvorfan. von besonderer Wichtigkeit ist nun
weiter dafs neben i und i^ häufig eo stattfindet und zwar mit
beiden wechselnd, niclit nur wird vita und veota procer,
f'rido und froodo geschrieben, sondern auch efor aper und
enfor, gifon oceanus und geofon, fida niultum und feola,
f'cäer poniia und foodor , setel thronus und seotol ; ja es
UMLAUT UND BRECHUNG. 273
können die drei formen friäo, freocto, frl'do gelten, e und i
verhalten sich gar oft wie die ahd. z. b. in den ableitnngen
fiäre ahd. gifidiri, xowßkteri geviderc terapestas, ahd. gi-
loitiri, von veder. co habe ich als ursprüngliche, der Ver-
engung in e vorangehende brechung dargestellt, die dem goth.
ai noch näher steht, und das wird dadurch bestärkt dafs sie
wiederum vor r haftet, zumal wenn durch einen zweiten
consonaut position erwächst ; veorpan, beorgan, hveorfa?i
gleichen dem goth. vairpan, bnirgan, hvairban mehr als das
ahd. iverfan, pergan, hiierpan; nur vor st, sc gilt e, ber-
stan, perscon nicht bco7'stan, peorscan. auch scheint für
ein höheres alter des eo zu sprechen dafs ahd. spuren von
ähnlichem ia oder io vorkommen, die bald verschwinden, so
das neulich aufgefundene sioza (oben s. 5) = ags. seotu.
ohne zweifei ist also eo ein laut der uns das Verhältnis zwi-
schen goth. ai und ahd. e vermittelt und nicht gestattet letz-
teres lediglich von dem vocalischen einflufs des folgenden a
abhängen zu lafsen. dazu kommen noch die ags. ea und ä,
welche neben dem reinen a auftreten, ja dessen Übergang in
0, die ich sämtlich lieber der brechung als dem unilaut ver-
gleiche, ea hält sogar gleichen schritt mit eo in bearh,
vearp, cearf von beorgan, vvorpan, ceorjan, entwickelt sich
aber auch vor posilionalem / in healp, gealp von helpan,
glilpan und in andern fällen, weder dieses ea für a in den
starken prät. vearp, healp, ahd. umrf, half, noch das ä in
gäf oder geaf, am wenigsten das ä in däg, däges, scriif,
scräfes, ist aus folgendem a abzuleiten, weil dieses gerade
den reinen laut in dagas, daga herstellt, wie es das ?/ in
daguin, scraju thut. o in gomel, ?ioina, svongor wird durch
m und 71 gewürkt. und die mnl. spräche hat vor posiliona-
lem r gebrochncn laut r/e für a (gramm. 1, !>79), da sie doch
für i blofs verengtes e zeigt, icii geschweige hier der an-
dern mnl. so wie der friesischen vocallaute die noch ein-
schlagen.
7. aber die altn. spräche zeigt uns jene ags. i, eo in
rcgelmäfsigerem Wechsel gewisser flexionen, dergestalt dafs
hier das ursprüngliche / nur diircii ein nachfolgendes i der
cndung gehalten wird, hingegen sobald a oder u folgen, die
brechung ia oder deren umlaut iö eintreten, welcher letztere
Z. F. 1). A. II. 18
274 UMLAUT UND BRECHUNG.
auch da stall findel wo u früher vorhanden, später wegge-
fallen war. es tauschen demnach angenehme formen wie
hiörn hiarnar hirni , Niördr Niardar Nircti, und freilich
dieser einflufs des i scheint dem von i herrührenden umlaute
des a in den analogen formen lögr lagar legi zu gleichen,
ist aber kein umlaut, da der umlautende vocal niemals den-
selben laut zeugt, vielmehr mufs man sagen dafs in hirni
die flexion /' den urlaut schütze, in legi das a umlaute.
Holtzmann will dies alln. ia für jünger halten als das e,
und allerdings fällt die abwesenheit jenes in den starken
conjugationsformen auf, es heifsl bera, gefci, nicht hiara,
giafa; doch sehe man das gramm. 452 aufgewiesne biarga,
gialda (wieder im positionsfall) und erwäge wie gangbar die
ags. beorgan, weorpan gerade in starker form sind, auf
der andern seile ist alln. e weiter vorgeschritten als ahd.
und ags. ; man sagt selbst brenna, r'etma für brinna, rinna
(gramm. 454) neben spi/ma. ja es nimmt den ganzen sg.
prUs. ein: et etr , gijf gefr , nein neim^ , berg bergr , verp
verpr, obschon in dritter reihe umlaut des ß in e gewürkt
wird, el elr , stend ste?idr. ein nicht undeutliches zeichen
dafs hier umlaut und brechung auf andern gründen ruhen,
in die Ursachen des wechseis zwischen ^, ia und e überall
zu dringen ist schwer genug; von den adj. iq/n und diarfr,
die auf gleichem fufse stehn, wird sowohl ejna als dirfa
geleitel; ahd. behaupten epan und epanon den selben laut,
pidirpi aber schwankt seltsam über bald in pid'erpi, bald in
piderpi d. h. umgelautetes pidarpi, und die nemliche Unsi-
cherheit ist in pidirpan piderpan pidarpan pidcrpan. offen-
bar war hier die ausspräche nicht mehr mit sich einig, da
iie doch in den meisten andern füllen die laute reinlich
sonderte.
Was endlich die bezeichnung der beiden e betrifft, so
ist sie mir gleichgiltig, sobald man sich darüber einmal ver-
ständigt. Holtzmann will f für e (wie alln. o für ö), da-
gen e für e, welches c unleugbar dem gebrochnen o äufser-
lich gleicher stände*, ich halte ii vorgezogen um an das
ursprüngliche i zu erinnern und weil der typus unsern
schon Lachmann in seiner atiswahl halte erzp, folj^lieh ezne
angenommen.
UMLAUT UND BRECHUNG. 275
druckereien nicht abgeht, dies spricht auch für das nord.
ö, dem man in Dänemark schwerlich wieder entsagen wird,
dafs in ahd. hss. ae und f für o, e und e erscheinen weifs
jeder.
JAC. GRIMM.
VORANGESTELLTE GENITIVE.
Nicht blofs wurzeln formen reclionen , sondern auch
einzelne Wortstellungen erhalten sich in der spräche lange
Jahrhunderte hindurch, ich will hier einige fälle behandeln
wo der genitiv dem Substantiv das ihn regiert beständig
vorausgeschickt wird, in eigennamcn und Zusammensetzun-
gen verhärtet sich diese fügung häuflg, aber auch dem losen
genitiv pflegen in gewissen redensarten wir noch heute im-
mer den Vorrang zu lafsen, z. b. wenn es heifst von rechts
wegen, aus leibes kräfien, seiner händc icerk. so setzte
die alte spräche dem mit einer präposition verbundnen worte
ende, bedeute es nun das vorderste oder hinterste, jederzeit
den gen, voraus. Hildibrant ums eo folches at eyite ; that
he wurdi is aldres at endie Hei. 82, 10 ; dryhteji sinne drio-
rigne fand ealdres ät ende Beov. 5576; pd väs sund liden
eotetes ät ende Beov. 446; wenn Andreas 221 mit vorge-
schobner präp. ät vieres ende gesagt ist, möchte man auch
da zu lesen vorschlagen meres ät ende. mhd. belege sind
mir folgende zu band, gie des hovos an ein ende Gudr.
1618, 4; toiset des hoves an ein ende Rab. 197; trihen be-
gan des her es unz an daz ende altd. bl. 1, 342; ich kum
es an ein ende Nib. 791, 3; vmvizzer dinge kam an ein
ende Greg. 1197; nu bin ich ze ivdre diner mxre an ein
f?/?</e Aowew Hahns Stricker 4, 283; ich bin des vf ein ende
brdht Silv. 5190. noch in späteren Volksliedern meine ich
gelesen zu haben gieng des weges a/i ein etide, denn aller-
dings sind solche fügungen eher episch als dafs die höfischen
dichter sich ihrer gern bedienten, sicher findet auch die
phrase statt er kam sins libes an daz ende, wie gestüont
sins libes an der J'reide (iudr. 495, 4; daz man so mani-
gen recken sehe si?is libes in der freide Bit. 11376; reit
18*
276 ^()RAiNGESTELL^E GENITIVE.
S//IS libes en freise Er. G096 ; minor sele ze freisc Haupts
zeitschr. 1, 318, und ähnliches, die analogie bald der vor-
gesetzten genitive (nhlres, /ibes'^, bald der von der präp.
abhängenden Substantive schlägt dabei au, man dürfte auch
bei at 07'de, in der tniftr gleiche Stellungen erwarten, aus
der golh. spräche gehört hierher das bekannte seina misso,
entsprechend dem altn. si7i ä viilii.
JAC. GRI3IM.
BESCHREIBUNG EINER IM JAHRE 1507 ZU
ZERBST AUFGEFÜHRTEN PROCESSION.
Am ausgange des 15w nnd im anfange des \&n jahr-
hmderts, wahrscheinlich bis zum Jahre 1522, in welchem
die sladt Zerbst für Luther sich erklärte, ward daselbst
Jährlich eine jirocession, oder richtiger ein geistliches stra-
fsenschauspiel, aufgeführt.
Mehrfache abschriften von beschreibungen dieser pro-
cessio?i in poetischer form sind im geheimen archive der
sladt Zerbst vorhanden, ich habe dieselben^ die niemand
bekatmt sein ko7inten, da das archiv seit fast zweihundert
Jahren unberührt stand, bei anordnung desselben aufge-
funden und der vollständigsten, in eichenholzschalen ge-
bundenen, die im Jahre 1507 stattgefundene darstellung be-
schreibenden handschrij't nachstehende mittheilung cntnom-
men. über den zweck der procession gibt am füglichsten
folgende Urkunde vom Jahre 1506 auskunft, durch ivelche
beglaubigte abgeordnete des stadtraihs beitrüge zur bestrei-
tung der processiofiskosten nach dem grofsen brande sam-
melten welcher am 30// april 1506 die Stadt zu?n vierten
theile in asehe gelegt hatte.
ZERBST. FRIEDRICH SINTENIS.
\ or allenn Cristgloubigenn frommenn szeligenn leuthenn
was wirdenn Slandis Addir weszenn Die sein vnnd mith
diesszem vnnzern offin briefle in deniulh zue der ehre gotts
irsucht werdin Bekenncnn wir Burgeruieysler vnd Rath-
mannc Richter vnnd Schcppenn der Sladt zcerwisch
ZERBSTEU PROCESSIOxN. 277
Szo alsdann nianicheun fronien menscliin bwustli, das
liier zue der Erbietunge des Allmechtigenn golls vnnszers
szelichiuecliirs Ejnn Erlich processieu bedeuliinge der bil-
lern ghenge. die chrislus vnnszir beill vmme erloszuoge Al-
ler menschlicher gesiecht zue seynen hymraelischenn vaters
durch denn snielichin lodl ghanghen ist, der gleich gottis
auszerwcllcn heillige phyu vnnd niarlir zcue bedenckenn,
Alhier vorordenth vnnd aufF gericht isth, Jerlichenn in dem
xVchten tage des heiligenn leichnams, mith koszperlichenn
(Bguren des Aldenn vnnd nawen testaments Welche gherin-
ge Erebiethunge der Erwirdigiste In goth vater vnnd herr
hcrr Raymundus* Bebstlicher legal vnnd Cardinall In kor-
Izin Jaren Alhier Irschenenn Dergleichenn der hoechwirdi-
giste In goth vatir Irleuchlenn hochgeboren ffurst vnnd hcrr
herr Ernstli ErlzbischofF zue Magdeburg primat in gcrmanien
Administrator der kirchin zcue halberstadt herlzcogk zue
Sachsszenn lanthgralTe In doringhenn vnnd margkgratf zue
meysszenn vnnszer Gnedigister lieber herr, Inglcichcnn vnn-
szir Gnediger herre von Brandinborch** vnnd 31erszeborgk"*
Alles bevvagcnn vnnd Sulche processienn vnd Erbietunge
Angeseheun den schaltzs der krisllichen kirchin Angegriflin
vnd zelien ablas dar zue gegebin vnd Allen mylden hanth-
reichern dys zue Irhalden Sodhann Schatzs nach vormel-
dunge der brieff mithgeteill wie wol Rustunge vnd kostunge
etzwas gestandin Isth doch leyder brandis vnd feurs noelh
vorszeriget vnd beschedigel wurden, wir bewogenn cwer
mylde hanlh betlichen zue irsuchin Deshalbin diessze kegin-
werlige vnszer huszbesesszin gloubwirdige bothen Ahn ewer
alle gunslh vnd liebe geschickt Wollen die Ere vnnszers
zelichmechers betrachtin ewer zelen heil bedenckenn. Den-
selbigenn vnnszeru bothen die mylden Almuszenn zue sul-
cher Ehre obir die Irgangenn schodin bey euch zcuebiltenn
' der curdlnal litiyiinuidiis ^ieiig am Vi n Januar 1503 auf seiner
reise naeh Magdeburg durch Zerbst und ward daselbst aufs feier-
lichste evipfangen. vergl. Bcekmaun ehr. von Anhalt. 6, 3 5. 13.
" Zerbst gehörte zum. bisthiimc Brandenburg und zwar unter das
archidiacunat des probstes zu Leitzkaa.
"" fürst Adolf zu Anhalt war damals beim Merseburger bischof
Thilo V. Tlirote presbyter, ward 1507 von ihm zum coadjulor ange-
genommcn und sein nachfolger 1514. eergl. Ludtv. lieliq. i. p. i6\.
278 ZERBSTER PROCESSION.
vorgonnenn vnnd selbst mittetheilenn vnd auff" ernhanten
tagk hier Irscheinenn Die belonunge vonn gote. der aller
woltelhe eyn beloner isth zunehemen, Wollen wir ouch vmbe
eynen yderen Bszundern wiliich vnd gernhe vordienenn.
Diesszes zu warhafFtiger vrkunde habin wir vnnszir Stadt
Secrelh vndenn Ahn ghehanghenn der gegebenn isth nach
cristi vnnszers herrn geborth Thausentfunffhundert vnd Im
Sechssien Jare Sonthages Voceni Joeundita tis.
Äiifsere aufschvift der handschrift.
Eyn sprach von deutung vnnd Irkleruug der ffiguren dy
in der processien gehenn Donnertags in der heiligen phin-
gistwoche Im funfzcehenhundersten vnd Sibenden Jarn.
hmere aufschvift.
ürdenunge vnd bestellunge der procession.
Die ölsleger.
Die scheppung der werlt nach der schepfer
ffigura
Des scheppers hoge gewalt
Ist sichtlich mannigfalt
Hymmel vnd erde vnd was do in ist
Hat got gemacht allis auff eyne frist
Aller wunder letzt vnd ent
Ist das wirdig sacrament
Schaw 0 mensche deyne speysze
Dy iesus marien szone der weysze
An sich selbem hat gegebenn
Der seien trosl vnnd rechtis lebeun
Do got den menschen macht
Was er Reyn vnsterblich geacht
Die Bader
Eynen Bom mit eyner slangen. Adam vnd Eua nakel
mit queslen wan der rym geleszen szo sol der engel Adam
vnd Eua vszslan
ffigura
Alsbalt aber vnszir vater adam
w Den verbotten appel zcue sich nam
ZERBSTER PRüCESSION. 27P
Erslang er den ewygen lodt
Des viel dy menschcit In herle nodi
ffigura
Der engel slug olin aus dem paradeysze
Als dysse figur tliuet weysze
Nackent enelendig vnnd bloes
Darnach hub sich Eyn boszheil groes
Browerknechte
Cayn mit eyner klauen Abell erlichen gekleydel
Alia figura
Abraham eyn konnigk Melchisedech wein vnd brol
ffigura
Cayn slet abel seynen bruder lodl
Der Im kein leyt gethaeu hodt
Dy syntflut that gantze werll vortrincken
Dan dy sunde soll allwege vorsinckenn
Alszo bleib der mensche in sunden sweben
Abraham hub an in horszam zcue lebenn
ffigura
Den ehrete konnigk melchisedech mit brot vnd weyn
Das soll dyszes sacrament bylde seynn ,
Regenten *
Abraham mit eynem geczogen Swert ysaac seinen So»
bey der hanl
ffigura
Abraham brachte seynen szone gote zcue ehren
Vnuorschont seyn leben zcue vorsehrenn
Des Andacht got angesehnn hot >
Dy Irloszung er do Im bot , i? ,
Das aus seynn gesiechte
Wurde geborn der Irloser rechte
Die Szever vnd dreszler
Jonas in dem'wallissche ,3
ffigura
Jonas von dem walfische verslungen
Am drytten tage war Im gelungenn
Domit ist wurden künde
Der Irstentnys die froliche stunde
' Inhaber von altären und den damit verknüpften einkiinften.
280 ZERBSTER PROCESSION.
Die lakenmecher
David eyn konnigk mit eyner harpfen vnd kneclite
Ifigura
David Eyn konnigk lobesam
Dornach elierlich quam
Das kreucz ciisti in der harffe
DoraufF gezcogenn alszo scharffe
Die murmeyster
Irer viere als geschigkten zu wandern tragen eyne wyn-
truben vnd eynen garten Engadi gehit vorn
ffigura
Engadi der lustiger weyngart
Dor Inne ist der balszam wolverwart
Auch vil ander schone blumen
Domit wir dy newe ehe beruhmen
Der zcyperbom vnd trubelen dor an gefunden seyn
Reich vnd trubar gaben sie weyn
ffigura
Yrir zcwe Eyne trubele swerlich trügen
Bedewt vns nach cristlichen fügenn
Gottes irlosung den vbirfloes
Vnd des herrn Jesu mylde gnad so groes
Der verslossener gart ist muttir vnd maget
Dor Inne Irgrunet got vnd mensch vns belagel
Hir abe wir zue sagenn bann
■ ' Vnd heben mit salomon ahn
Die lakenmecher
Salomon eyn konnigk mit seyner mutter vnd öre hofge-
synde
ffigura
Davidis szon konnig salomon
Sas in seynn konniglichim tron . ^
. Mit kostbarir schöner zcyrde
Vnd kronete seyne muttir wirde
Alszo hat got seyner muttir bewyszen
Dorvon er ist genyszen
Daraus ist cristus gespalt
Nach vylen Jaren wol gezcalt
Maria Eyne Juncfrawe reyn >■
ZERBSTER PROCESSION. 281
Doraus got irsprossen vnd geborn alleyn
Mit warer menscheit
Die vorstender vnszer lieben fraweii
Ortus conclusus mit seinem anhange tragen die bruch-
slressere *
Die besuchungc marien zu Elizabet vber das gebirge
mit czwen engelen im rym leszen sullen sie sich vmbfangen
czuchlich
tfigura
Höret ir cristen iewte
Was ich hewte bedewte
0 groes gnade vnd barmhertzcigkeit erczeyget
Do sich got in gnaden zcue vns hat geneygel
Der von hymmel ist gekommen
Vnd die menscheit an sich hat genhomeu
Das wir alle werden getrost
Hat ehr in vnszir nature eidost
ffigura
Höret merket vorsteit dysser verslosne garte
Beczeyget vns mariani dy eddele zcarte
In dem sich got selber vorsloes
Vnnd sich mit allen gnaden In sie ergoes
ffigura
Höret der pusch moysi brante von fewre vnuorczert
Also maria entpfingk vnd gebar vnuorsert
Juncfraw vnd rauttir gottis vorwar
Ahn allen wandell vnd mangel gar
ffigura
Mercket dys bedewt dy rwte aaron bluete
Beczeyget mariam dy do brachte dy blume allir gute
Ir magelthum behilt vnd ewige keuschcit schone
Gotts szon entpfing von hymmelischen trone
fligura ' -■ ■ ' ' '
Dysser thron bedewt mariam zcart
Dy do vor der erbsunde von gote wart bewart
Mit vil tausent gülden Schilden
Bleyb vnuormagkelt dy reyne vnd mylde
slrtij'sf itiiicr t'orxladl voti Zerhsl .
ZERBSTEK PROCESSION.
ffigura
Dysse güldene geslosne port
Bedewt das maria was vnd bleib eyn Juncfraw vor
vnd nach der gebort
Vnd bleibet vmmer vnd ewig geslossen
Der gebort wir alle zcue ewigem heyle haben gnossen
ffigura
Die person bedewt den engel gabriel gesanl
Do ehr die Juncfrawe vorslossen fant
Brachte ir allis heyles grossen groes
Was sie allis leydes bloes
ffigura
Dys bylde bedewt wie der ewige eynhorn
Quam zcue marien der Junefrawen auszirkorn
In den keuschen schoes der ewige heylant
Von dem hymmel mit allen gnaden sich swaut
ffigura
Dysser vier hundeleynn Jaget
Got von Ewigkeit hat gesagt
Frede vnd gerechtigkeit
Warheyt vnnd barmherzigkeit
Habenn got alle vier vorraocht
Vnnt mit ir iaget zcue wege gebracht
Das got von hymmel quam
Vnnde die menscheil an sich nam
ffigura i
Dysse figur thuet euch bekant
Wie got seyn Eygen szon hat gesaut
Vnd wie die Juncfraw von dem heiligen geyste wart
swanger
Dancketh das got ewig mit eynander
ffigura !
Das hat gabriel bereit
Der engel mit seynem grussze i
Macht er widder süsse
Des sunder bitterkeit
Maria ist wurden bereit
ffigura
Alsbalt sy iesnin hat entpfangenn ,■ ."
ZERBSTER PROCESSION. 283
Ist sie in das gebirge gegangen
Zcue Elizabct yrir frundynne alt
Drey mont ir gedynet niannigfalt
Darnach hat maria gezcelt ane smerlze
Jesum das nemet alle zcue hertze
Die Wantsnyder
Die gebort christi mit dem husischen darinnen maria
vnd eyn kindichen sollen die vfczogere* tragen
ffigura
In eyner krippe geleget
Grosz armiit gepfleget
In eynem armen hawsze zcue falle
0 gros armut vbir alle
Dor In gelydenn vil iammer vnd zcwangk
Im ist gebottenn lob vnd dangk
Die Wantsnyder
Die heiligen drie konnige wol gerüst hilgetom in ore
hende weiszen vf die Sterne am husichen
ffigura
Vonn den heiligenn konnigenn drey
Mit golde murra wiroch do bey
In lyebe vnnd grosser andacht
Hann sie das oppher gebracht
Sy filen nydder vfF yre knye
Wie wol sy ohn funden vntir dem vyhe
■ Nach irkenten sy mensch vnd got
Der yr hertze irluchtet bot
0 wy wunderlich ist herre dcyne gebort
vnszere lieben frawen vorstender
Joseph ein erlich man wol gekleydet mit eyner Haschen
vnd laschen Maria vf eynem Esell mit eynem kynde Joseph
sol den esell leyden
ffigura ,. ' ' i
Maria nam des nachtis ire liebes kint
Wie wol es weynte sere vnd swynt
Vber berg vnnd vbir thael
In armut ane zcall
' die leide, welche die bierfäfser aus den braukellern zogen;
Zerbst versendete damals Jährlich zehn bis fiinfzeh» lausend faß bier.
284 ZERBSTER PROCESSIOPS'.
Zcog sy In egiptenii landt
Dor was sy mit Joseph vnbekandl
Das macht herodes der vngelrewe
Dem taet es sere rewe
Aus hessigem boesenii raethe
Die Becker
Herodes eyu konnigk mit eyner krönen vf eynera pferde
eyn czeptcr in seiner hant
Item wolharnischtere knechte mit spysen kindere darvf
steckende
Item iiii frowen Svvartz gekleydt demutig die hende
wringende Alszo das die mentell von den schuldern hengen
sollen sich stellende zcu weynende
ffigura
Begingk er mort vnnd vbillhael
An kiuder vnter zcwenn jarnn
i ffigura
Ahn dy muttir thaet er auch vbillarcnn
Sehet wy Jammerlich sy weyne
Vmme yre kint szo kleyne r '• -n''
Die barbirer
Johannes baptista mit eynem lipkleyde Eyn lam im arme
mit czwen fingeren dar vf wiszend Ecce agnus
ffigura
Johannes der allirheligister man
3Iit seym finger zceygete er ahn v ,rY "
Dasz lam gotls iesus crist -;*
Der vnszir yrloszer ist. ',- ^;
Die barbirer
Jesus mit eynem tufell der tufel in der hani stcyne vnd
Eyn rym Si filius dei es pp.
Jesus eyn ryme non in solo pane pp. czwe cngel mit
rymen Et angeli pp.
ffigura "
Nach der lawlle sobalt
Wirt iesus gofurt in den walt
Abir vonn Jesu do vorwuunen wail
Der tewllcl eyn schalgk von art
Jhesus zcuc viinszr^m Irosl ^okommcnn i,.:
ZERBSTER PROCESSION. 285
Die ankunschen*
Jhcsus mit xii apostcllen barfus ihesus mitUMi iiin vnd
alle diademala
ffi{^ura
Hat czue sich zcwelff Junger genommen
Mit den zcog er widder vnnd vort
Vnnd segele seynn heyliges wort
Die czymnierlewte
figiira Iterodis cum decollatione Johannis konniglich ge-
kleydet in sampl seine frowen vnd tochter iiii wapener vnd
iiii junger Johannis in korhemden
ffigura
Herodes rieht zcue eyn grosz essenn
Seyns bruder weyb bey Im gesessenn
Sy harffte sang vnd sprang wylde
Darvmme wart der konuig mylde
Vorhyesch ir allir bete vnuorsagt
Herodiaden yr muttir sy befragt
Johannes howbt in eyner schusscl sy bat
Ifigura
Gar halt wart gewbet dy thaet
Im gefengnisz verlor sanl Johan seyn leben tewre
Das langest bey den wylden thyrn vngehewre
Sycher vnnd lebendig behilt vnuorlorn
Benympt nach sundiger weyber has vnd zcorn
Nymandes leyder nyinpt zcue synne
Wie yrbermlich der gerechte kompt von hynne
Johannes Jungern ane vorzcage
Brengen Iren meyster erlich zcue grabe
Die lynwefer
Die erweckunge laszari vsz dem grabe ihesus mit ii
vlgerackten fingern lasarus im grabe mit gcfalten henden
lligura
rgk er
Vom tode lasarum Irwecket haet
Grosse wunderwergk er thaet
* der Ankiihn, grofse vorstadt der Stadt Zerbsl , oder vielnu-ltr
eine eigene utadt {wie die nsustadt Mai^dchurg), unter Jiirstlii-hcr Ju-
risdiction.
286 ZERBSTER PROCESSION.
Als sich irvolgete die zceyt
Dor an vnnsir heil gantz leyt
Die boddeker
Jhesus vf eynem Eszel mit vfgerichten fingern
xii apostel ii junge Juden vorn die tüchere werfen
ii junge Juden die palmen werfen vnd singen hie est pp.
ffigura
Am palmtage alszo schyr
Satzt er sich auff eyn thyr
Vnnd reyt zcue Jherusalem in dy stat
Das volgk ym grosse ehre that
Nach dem heyligen abintessenn
Die kannengisser
Jhesus vnd Judas Jhesus eynen rym quid facere de cre-
visti celeriter perfice Judas eynen Rym egone sum Domine
ffigura
Hat Judas ehre vnnd trewe vorgessenn
Des Abinies in dy nacht spaet
Er den herrn vorrathenn haet
Die ackerlewte
Den ölberch mit ihesu vnd iii apostellen als er ange-
richlt is
ffigura
Der herre In eynen garten gyngk
• ' Dor Inne vnszir irlosung anphingk
V or drey seyner Junger zcyttern wart
■> Zcum oelberge karte er seyn vart
Seyn augenn slug er aulF zcue got
0 welche angest vnd noet
Er gelydenn in liebes brunst szo heys
Vergoes auff dy erden blut vnnd sweys
Mit willen sich vor vns begab
Der verreter lies nicht ab
Er viel zcue ym swynde
Mit der pryster vnnd ander gesynde
Judas drang sich zcue ym Eyn
Der herre sprach 0 frunt meyn
Die Gerwer vnd Schuster
Jhesus mit Juda der yn kusszen sali hie suilen die vo-
ZERBSTER PROCESSION. 287
rigen xii apostell von ankun zu disser figuren konien vnd
szo lange vor dem Sacrauient stehen bisz das Jhesus gefan-
gen wirt die apostellen sollen wegk. louffen Judas sal haben
in seiner hant eynen groszen Rym Aue rabi in dem sollen
sie ihesum angreifen Jhesus mit iiii gewapente Juden ange-
griffen gebunden vnd getrecket
Annas cum ihesu hir sal ihesus gebunden gehen vnd
Annas als eyn biscop vf der eynen seite vf der andern seite
Eyn Jude der die hant zum slan vf hebet vnd eynen Rym in
seyner hant Sic tradilur pontifici vff dem markt im rym sal
ihesus nidderfallen
Higura
Mit dem kues mensch vnd got
ßrengestu bysz in den svveren tot
Jhesus ist gesucht mit fachelen wapen holtzern vnd
luchten
Gefangen gebunden vnd gefurt mit vnzcuchfen*.
ffigura
Do lyeffen dy Junger wegk in gemeyne
Vnd Hessen iesum yren hern alleyne
IFigura
Vor Annas der herre irstlich stundt
Hertlich geslagenn an seyne wangen vnd munl
Die bruvverknechte
S. petrus mit eynenn langen niantel eyn diadem In ev-
iicr hant eynen rym Nescio quid dicis In der lincken hant
eynen rym Non noui hominem
Zu ichlicher seiten Eyne maget mit rymen die eyne
Et tu cum Jliesu naszareno eras Die andere: Et hie erat
cum ihesu nazareno » ^
fligura
Petrus ist von fragenn Eyner niayt
Wurden vorschrockenn vnnd vorzcazt
Das er mit tewren swerenn
Vorloychent iesum vunszren lieben heru
* andere lesart dieser beiden zeilen ;
Irbermlich wirdt Jesus gefaoge
Gefurt mit ernstlichem zwange
288 ZERBSTER PROCESSIO^.
Ehr der hane drey gekregt
Grosz weynen er dor vmme pfleget
Eyu Erbar Rath
Cayfas cum ihesu gebunden gefurt
ffigura
Cayphas der ander richter was
Vor dem aus neyt vnd has
Falsche zceugen seyn gebracht
Die hau vil logene vbir iesum yrdacht
Seyn har geraufFt am harte
Auch am howbte gezcogen mit der swarte
Vor zcorn Cayphas seyn kleit zcueryssen hat
Vnschulde den hern besagt mit honsprecher tat
Frytags frühe mit dem tage*
Must der herre eyn ketten am halsse trage
Schuster
Jhesus mit iiii Juden Eyne ketten am halsze pilatus vf
der rechten seiten Eyn weisz holtz in seiner haut vnd ii
banner vor om
tfigura
Vor pylatus gefurt zcue vorrichlenn
Dy Juden tatenn vil klegede yrtichten
Eyn Erbar Rath
Herodes schon gekleydet Eyn krön vnd czepter vor im
Jhesus vor om mit eynem weiszen kleyde vnd klatzere daran
iiii Juden die ihesu gebunden leyten
ffigura
Herodes der vierde richter was
Von dem zcue pylatus gefurt furbas
Vor eynen thoren gewogen dy Ewige woyszheit
Bespottet mit eynen langen wyszen kleit
0 wolch Eyn Jammer vor allen
Irbermlich vbir dy blocke gefallen
Dy vudeu am kleyde gemacht
Szo slym ist marienn kint voracht '
De Schuster vnd Gerwer
Jhesus an der sewlen czvvey die in howen mit rulen
* diese beiden Zeilen, die im originale an dieser stelle stehn, g-e-
liViren zu der folgenden ßgur.
ZERBSTER PROCESSION. 289
ffigura
Ahne sache lies pylatus iesum an eyn sewlo bynden
Irbermlich gegeiselt vorn vnnd hyndenn
Dor an liessenn sich dy Juden nicht genugenn
Sy Ihaten furbas befugenn
Die Schuster
Jhesus vf eynetn stule ii die im die kröne mit stehen
vfdrucken Eyn Jude mit eynem Rore Eyn rym Aue rex Ju-
deorum
ffigura
Eyn dornenn kröne mit smertzc
Honlich gehalten geehret yn scherlze
Noch rieffenn dy vntrewe lewte
Krewczyge ohn balde hüte
Die Schepfen
Pilatus schon gekleydt Jhesus ym leibkleyde mit eynem
roten mantel Eyn dornenkron vfF seinen houbte
ii knechte Eyner binden eyner für mit eynem hecken
Pilatus eynen rym Ecce homo
ffigura
Pylatus nam den herrn leyte -' '
Ahn Ein fenster hoch vnnd breite
Ach sehet Jammer an den menschen vud armen
Lasset euch seiner Irbarmen
Fn grosser liebe vnnd gedult
Die Snyder
Jhesus mit eynem crucz vf dem rücken Eyn altraan die
im helft tragen ii Schecher mit crucen iiii Juden die in fuh-
ren ii Juden die die Schecher füren ii kleine Juden die in
werfen Wur die Strassen weit sein sollen die Schecher ne-
ben in gehen wur enge binden
ffigura
Ist iesus gcfurt ane seyne schult
Zcum todc seyn kleit in dy wunden gebacken
Eyn swer krewcze aufl' seyn nackenn
Als thaten sy Jagenn
Eynenn altenn der musl helH'en tragenn
Z. F. D. A. II. ly
290 ZERBSTER l»R()CESvSION.
Ifigura
Mit zcwen buefenn in rechter vnsclmlt
Lest sich iesus furenn mit j^edull
Die Craraer
Eyii wolgescliigkle frowe die dy feronica trcgel demn
liy gekleydet Eyii criice vfgerichtt
Tenebre
Maria demüttigliken geschigktt
Johannes bey marien in einem weiszen manlel Kyn
blosz Swerl zu marien gekert
Darnach maria magdalena mit eyner buxszen
Maria kleopfas swartz gekleydct yre namen in yre hende
Cenlnrio rillichen zu pferde geschigkt vf ichlicher sei-
len ein knecht In seiner hant eynen rym vere lilius dei erat
isle Longinus mit eynem vfgerichtem spere wol gekleidet
Eynen jungen der in leydet
ffigura
Veronica das edel weib vnd milt
Erwarb des herren angesichl vnd bilt
Tenebre fade sunt et hie pausatur fiat Brevis pnisns
in turri
ffigura
Das krewcze ist aufgerichl
Wer das liewle ansieht
Der gedencke an dy martir groes ' ' '.^ '
Vnnd seyn heiliges bluet das do floes
-^li.. f. Das tregt der prister in seyne hant
-(■:,( Dancken wir iesu dem rechten heylant t ;',
' '^ ; ~ ffigura
.■<• ! ' Dem volgele maria mit trawre
Dy vorgoesz yre trene tawre
Dor zeue Johannes bey der muttir gehet
Maria Cleophas auch do bey stehet
ffigura
Magdalena steyt auch in rawenn ' ' '
Mit Irenen vnd ganizenn trawen
Dy cristlich kirche was do nicht
Dan in marien das heylige licht '» •' H •
ZERBSTER PROCESSION. 291
Centurio der ryü" vor aller schar
Dis ist gotis son vorwar
Dem hernn langet meii Etzigk her
Jfigura
Longinus reichte das scharfl'e sper
Vrbanus richard*
Die begrebnisz vnnszers lieben liernu
ffigura
Der herre nach seyuem lode herbe
Als er vor vns wolde sterbe
Lies er sich legenn Im steynen grabe
Dy drey marien wolden nicht gehn darabe
Warer got vnd Mensch Im grabe gelygenn
Dy gotllche sele zcuer hellen gestygenn
Mit selbest mechtiger thaet
Die altvetere yrloszet haet
Die Smede
Die vferstentnisz Jhesu mit eyner fahnen eyn liebkleydt
mit V wunden Desz sal bey dem grabe sein ii wolgeruste
wepener vnd ii engelle mit weiszen tuchern
Item ii greber darinne ii personen mit weiszen mutzen
vnd mit gefalden henden
ffigurä
Am drytlen tage irstandcnn ist
Vnnszir lieber herre ihesu crisl
ttigura
Andere mit cristo irstandin seynn
Dy geben dem glowbenn scheynn
Die ackerlevvte
S. SteHan als eyn Ewangelier ii Juden die SfefTanum
werffen Steffanus sal ein ror in der liant habrii
Higura ' "
Stephanus der mertcler mildt
Ist der Irst der des leydens bildt
An sich volbracht haet ' '■' '"
Die boddeker
xii aposleli ichlicher sein marter czeichen in alben an-
" ein Zerhster bürger.
19'
292 ZERBSTER PROCESSION.
i^eczogen Dyademata vf yren haubten Die nhamen dar inn
geschreiben vnd ichlicher eyn rym des geloiibens eynen ar-
tikel vor siner brüst
ffigura
Hyr volget der heylige rael
Der zcwelff golliche böte
Petrus andreas irwelt von gote
Johan Jacobiis der grosse
Symon Judas seyn genösse
Bartholomeus vnnd matlhias
3Iattheus dorzcue thouias
Philippus Jacobus der kleyne
Das seyn sy in gemeyne
Dy ganze werlt han sy bekart
Vnd den cristen gelowbenn gelarl
Ir bluet han sie alle vergossenn
Eyne grosze schar der mertelere
Die Schiitmeyster
S. Sebastian an eynersewlen im libkleydemit pfeilen durch-
macht Eyner mit eynem bogen eyner mit eyner armbursle ne-
ben ym '
ffigura
Sant Sebastian der heyliche herre
Mit pfeilenn ist er durchschossenn
Sein bluet miltlich geflossenn
Vorstender S. Valentini
S. Jürgen vf eynem pferde ritlich im harnnisch
Eyn juncfrow mit eyner krönen kostlich geczirt die sal
den trachen leiten
ITigura
Sant Jörg in gotts dynst hat thuen wachen
Vnd irstochenn den gresenlichenn trachen
Vorstender S. ßartholoniei
St Laurentz als eyn leulte eyn diadem vnd eyn rost
in der hant vnd eyn ror
S. Ciriacus mit eynem diaken rocke Eyn diadem
Eyn tewfelsbilde bey im
ZERBSTER PROCESSION. 293
Ifigura
Sant lorentz vnd Ciliax zcwene leuitenii
Hau mit yrem tode thun streitenii
Vorstendcr S. Nicolai
S. lefin eyn biscop liutli vnd korkappe Eyii slapp Eyii
czange mil einer czungen
S. uicolaus als eyn bisscofl" mit eyner körkappen vnd
hüte Eyu stab vnd iii klosz gold in den fienden die hant
zur benedictio vfgerichtt
ffigura
Sani liuinus hat ane zcunge gesprochen
Sant Nicolav^^es hat vil vnrecht gerochen
Die korszner
S. Gregorius gefurt als eyn babist mit eynem hüte vnd
eynem crutze
S. jeronimus als eyn cardinal mit eynem hüte vnd crutze
S. ambrosius als eyn biscoff
S. augustinus als eyn biscoff Eyn crutze mit iii stralen
Sollen alle jre nhamen an yren hüten haben
ffigura
Vier lerer sollen wir merckenn i ,. i.
Die han dy kirchen thun sterckenn ..,i
Gregorius Jherouimus dorbey '
Ambrosius Augustinus von sunden frey ■ .-,,>
Die Slechterkoche
S. Michell als eyn engel czirlich geschigkt Eyn crutze
vor seinem houbte- Eyn stola am halsze crutzweisz vnd sal
füren eyuen tewfel an der kethen
Higura
Sant michael den tewifel verwann -<
Szo schriebet in geheym sant Johan , ,. ,
Die Szeler
S. Cristoff barfusz Eyn kindt vf seinem nacken Er vnd
das kindt Diadema crutze vf dem houbte das kinl sal ii fiu-
ger vfrichten vnd eyn alt mennichen eyne laterne vor sich
tragen
ffigura
Cristoffcrus am lybe groes
Seyn bluet vor chrislo vorgoes
294 ZERBSTER PROCESSION.
Vorstender S. Gerlrudt *
Anna demutlich gekleydt bey annen eyne junckfrow in
marien weysze Eyn kindichen in ihesus weysze angetzogeu
mit eyneui diademate
Elizabet in hoffliclier demut mit eynem minister in irer
haut Die nhamen alle in ire hende
ffigura
Anna Elizabet dy heyligen frawen
Thun ir hy mit scbawen
Die 31üller
S. Mauritz selb sybende Swartz beramit vnd in har-
nissche mit einer syden fanen Mauritius ein rot schilt mit
eynem gelen crutze gutten harnissche alle crutze vor den
houbten vnd schortze vber die lenden
fiigura
Sant moritz mit seyner heyligenn legion
Hau auch der merteler krön
" '';t '" Sechstausent sechshundert sechs vnd sechzcigk man
^ Sollenn wir In Ehrenn bann
Vorsteher der elenden"
xiiii nothulfer mit diademata vnd crutze vf ore houbte
Jhesus kindes weysze im mittel
S. wendelinus ein hirte mit eynem hörn Sacke vnd
tassche
fBgura
'\r Vierzcehn nothelffer seyn gezcelt f^
" •' " ' Von gote sunderlichenn auszirwelt
Vorstender corporis cristi**
S. katherina schön eyne krön vnd marlir czeichen
S. margareta eyne krön vffs schönste geczirt eynen tra-
chen vff yrem arm
S. Barbara mit eynem tonn kelche vnd hostia
S. dorothea eyn knebichen bey der hant mit eynem
roszenkorbe
Darnach folgen junckfrawen szo viel der sein kan yre
martirczeichen vnd nhamen in ore hende n3;^*»ji
kapeile zu Zerbsi.
" geistliche brüderschaftcn zu Zcrbsf. ' '''"'■ " f'*^'
ZERBSTEU I'KOCESSION. 295
lliyura
Saut kalherinu uiargarel reyiiii
Ifigiira
Barbara dorolliea nicht allein
ffigura
Sundere Andere Juncfraweiin aue zcall
Dy lian gelydcn grosze luartir vnd (|uall
Dy nhameu tragen sey in vre hcnl
Zouni rechten vbir sey iian gelenl
Die lakenscherer
S. Ursula konnigiichen geczirt iii slrale in ore haut vor
ir ein kiiabe mit eyncm czepler Eyner der ir die kleider
nachtrege L
üarnacii sollen ir folgen szo vil junckl'rawen als man
vuimer darzu vororden kan in weyszen kleyderu crulze vor
ire houbte pfeile strale vnd andere wapen in irc heudt iiii
vnd iiii bey eynander
Higura
Sant vrsula mit yrer schar
Han vorloren ir leben gantz vnnd gar
Vor cristus dem herrn gute
Dy alle mit yrem bluete
Han gebawet dy cristenheit
0 mensch zcue andacht dich bereyt
Dan kurtz ist deyn leben
Got wirt nach den wcrcken das loiin geben
Tisscher vnd maier
Der todt im liblarwcn kleide mit eyner wolgeschicktcn
lodenkappe 8al langszam sleichen Eyne scnszen zum liawe
in seiner hanl tragen geleich vf der straszen bleiben
ffigura
Gedencke der todt kompt gewyslich
Abir dy stunde ist ganlz myslich
Die knocheuhawer
Das hymmelriche Jhesus forne daran mit cynem regen-
bogen szo geschigktl das mau inn funlT wunden gesehn kan
vf der eynen selten maria eyne junckfraw demuttich gekley-
det vnd mit gefaldcn henden
vf der andern seilen S. Johannes mit eyueni diadema
296 ZERBSTER PROCESSION.
ouch mit eynem libkleyde vnd mit gefalden heuden in dem
hymmelhausze Iwten pffiffen trummel vnd allerley seitenspill
szo vil man das habe
vor dem hymmel sollen sein kinder weisz gekleydt von
allerley stenden Babist Bisschoff Cardinal vnd pfaffen Die
helfFle sal iiaben einen engell im stricke gehen zu der rech-
ten hant mit frolichem gemute
Die andere helfte der kinder von allen stenden obin be-
rurt Sal eynen teufell füren in eyner kethen Die kinder vf-
recken ire hende wenen vnd heulen als vorthumet
Item am regenbogen zur rechten seitten eyne lylige
Eyn rym venite benedicti patris mei
Zur linckeu seiten Eyn Swert Eyn rym Ite maiedicti
in ignem eternum
Eyn engel sal bey dem gerichle tragen ein crutze mit
allen wapen vnszers hernn
ffigura
Schaw den richter sytze
Dy büszen zcuer hellen in dy ewige hytze
0 welch vnlust vnnd swerir hon
Dy guten weysl er zcue hymmelstron
Vorstender des hospitals
X wolgesmuckte juncfraweu v mit bernenden lampen Iro-
lich vnd v mit geneyten lampen trurich vnd weynende
ffigura
Bedewtenn dy zcehn Juncfrawenn
Dy ir thuet schawenn
• . Funff tragen bernende lampen vnuordrossen
' FunfF han das oel vorgossenn
Eya wy ferlich ist vnnszir weszenn
Wollen wir hyr geneszenn
Ist vns noet vnd behufF
Das wir geyssen vnnszir gebet vnd ruIT
Zcue Jennigem am ent
Wirt getragenn in des pristers hent
Der vnszir trost vnnd heil
Seyne gnade ist das seyl
Do mit wir gezcogenn werdenn ' ' ' ' ' •
' " '' Sich got ist bey vns auff erdenn
ZERBSTER PROCESSION. 297
Des alleyne liir iujjedenckenu
Dorzcue deyiie andacht sol lencken
Dysze figuren thun iesum bewyszenn
Er wil vns mit seynem leichnam speysen
Gyb lob vnd dang o cristenheit
Ane spot habe Innigkeit
Eytelcheyt saltu hewte meydenn
Gedenck seyn heyliges leyden
Darzcue wil man hyr in eyne saclie*
Billich gebort vns Inen zcue lobenn
Synget mit andechtiger slymme zcue gole Irhobeu
Incipiatis Crist du bist mild vnd guth
Die schoknechte
Die helle
ZUR LEX SALICA.
Über die ausdrücke die in den stellen der lex salica,
welche von gräbern und deren Verletzungen handeln, vor-
kommen und nicht aus älterem Latein sich erläutern.
Wir begreifen unter den in der Überschrift bezeichneten stellen
diejenigen welche in der von hn Laspeyres besorgten nicht ge-
nug zu rühmenden synoptischen ausgäbe der lex salica, die uns
überhaupt bei unsern Studien die trefflichsten dienste geleistet
hat, s. 46 — 51 unter den Überschriften De corporibus cxpo-
liatis oder De eo qiii vioHiiiim hommem eaypoliarerit zusam-
mengestellt sind, und bringen die erörterung der einzelnen
ausdrücke, wie sie in den handschriflen und paragraphen auf-
einanderfolgen, in regislerarliger weise zum vortrage.
1. Si quis honünem mortumn (al. corpus occisi homi-
nis) antequam in terram mittatur, expolinverit (ma/b. chreo
' in einer andern handschrift stehen hier Johlende teilen
Er gebe vns seyncn sege
Hir bleibt in der nege
Es wirt hir Jhesus vor vbbirzyhc
Fallet alle auf Ewer knye
Betet an seyn fleis vnd blut '
Danckende vmb seyn bewisenes gul
298 ZUR LEX SALiCA.
mosdo, ?A. cheo mosido, d\. ckreomardo, al. mulher) u.s.w.
der erste llieil dieser malbergischen glosse welcher chi'eo
lautet (cheo ist Schreibfehler) ist genau das gälische creadli
d. i. der nieuschliche leib, leichuam ; mosedo, musido, mu-
sedo, vmrdo sind offenbar das gälische mortadh, mui'tadJi
(spr. murto), welches jetzt mord bedeutet; aber in älteren
Zeiten mag das wort wie das entsprechende deutsche eine
allgemeinere bedeutung gehabt und nicht sowohl homicidium
als facimis clandestinum bedeutet haben, der Wolfenbütt-
ler codex hat in einem entsprechenden paragraphen noch die
glosse norebero; das wort ist gälisch, nämlich nar schmach-
voll, und ein verbalsubslantivum von beir nehmen, weg-
bringen, welches jetzt irregulär breith lautet, aber regulär
beirendh lauten müsle. norebero bedeutet Schmachvolle weg-
nähme, schmachvoller raub.
2. Si quis haminevi moriuum (al. corpus iam sepultimi)
exfodierit et expoliaverit {malb. thurnichalt, al. iurni cale,
al. turnecale, al. tbt/rn?'cha/e), war^gus (al. virgo) sit i. c.
expellisset (al. expulsus de eodem pago) usque in dient il-
hnn quam ipsa causa parentibus defuncti faciant emendare,
et ipsi parentes rogare ad iudiceni debea?it, ut ei liceat
inter homincs habitare u. s. w. das wort tu7'nicha/t (so
scheint die richtige Schreibung) kommt überein mit gälischem
torraii das grab, und cailte oder caillte verdorben, zieht
man die Schreibung cale vor, so ist es cailleadh das zu-
grundericiiten, verderben ; turnichalt zerstörtes grab, tnrni
cale Zerstörung des grabes. dal's das wort ivargus oder
virgo keltisch und von den Kelten erst an die deutschen
Stämme gekommen sieht man einmal daraus dal's angelsäch-
sisch i^earg oder allnordisch vargr ohne wurzel, vielmehr
selbst erst ausgangspunkt für einige ableituugen ist, sodann
daraus dafs vargus bestimmt als keltisches wort bezeichnet
wird: Sid. Apoll, ep. 4, 6 iHirgorum nomine indigenae lu-
trunculos nuncupanl. oflcnbar ist hier die bedeutung la-
h'unculus nur die speciellcre, gewissermafsen convcnlionelle ;
die allgemeine bedeutung ist AiisgestoFsener, verfolgter, cxul,
die eigentliche grundbcdcutung aber ist Elender, denn es ist
die aspirierte form des gälischen mairg, also mhairg (spr.
ZUK LKX SAUCA. 299
iiuirg oder ivarif)' (1. i. janimervoU, unglücklich. — die län-
gere falsung des paragraplieu im VVollenbüUeler codex hat
noch et qiii ei, antequam componat ciun parentihus, ante
penc (litt tor, qui tale dcderit (oder nach anderer falsung
el quicunqm nntea ei aut yanem mit hospilale dce uxor
sua sive yroxima ei dedent, und anderwärts mit noch eini-
gen Varianten), ich halte die worle yene auttor für uialber-
gisch, entsprechend dem gälischen benn. umgehen mil jemand,
behandeln jemand in einer weise, ead"\ negatives prätix, und
deöra der ausgeslorscne, verbannte, ein Verbalsubstantiv
von bean würde beanadh lauten und bebandlung, Umgang
bedeuten: ead-deüra {ea-deöra) der nicht verbannte, pene
auttor bedeutet Behandlung als nichtverbannten, und so über-
setzen es auch der Pariser codex und die emendata, qui ei
hospitium dederit ^ das wort panem scheint aus misverstand
des malbergischen pene erst hereingekommen.
3. Si qiiis hominem morluum super alterum in naufum
(al. in qffb, al. in aufa, al. in nachao, al. in naufo, al.
in nofo) aut in petra, quae vasa ex nsu sarcophagi di-
cuntur, iniserit {rnalb. idulgus, al. hidulgus) u. s. w. die
Verlegenheit des Schreibers ob er jf oder ch schreiben solle
ist erklärlich, da es sich hier um einen laut handelt der
zwischen / und ch in der mitte liegt, wie zuweilen das aus-
lautende englische gh. dieser laut, der im auslaut einsilbig
ger Stämme ganz jenem englischen gh ähnlich, nur mit stär-
kerem hauche gesprochen wird, wird gälisch gh geschrie-
ben, und ofjo, aufo, achao ist gälisches uagh das grab, das
todtenlager. das n, das in der malb. glosse bald davor steht
bald nicht, gehört ebenfalls dem keltischen lautsystem an,
wo in gewissen lautverbindungen bei vocalisch anlautenden
Substantiven ein n vor den stamm gesetzt werden mufs.
' einzelne dialeele inoelihMi auch das / stärker und aussehlielsen-
dei- hervorheben, und so die form viri;o entstellen, im jetzigen Irlän-
dischen vcrtheileti sich diese dreierlei aussprachen des ai (als a, ä, i)
an verschiedene worte, z. b. tain (spr. takn) ruinour , aingeal (spr.
iiigel) angel, air (spr. ürr) law/u/. , i,,,, ;
" dem malbergischen (ui entspricht mit seltenen ausnahmen ca,
und das aiil der malbergischen glossen ist fast stets ead, z. b. pedero
aut freodu, verschrieben für prdcro aut treodo, ein kalb was nicht
zur herdc gehör» {eud- treudaeh), was noch mit der matter läuft.
300 ZUR LEX SALICA.
idulgus (mit dem h verhalt es sich ganz gleich wie eben
hinsichtlich des 71 erwähnt ward) ist gälisch eiti furchtbar
(das wort wird besonders zu bezeichnung des gespensterhaft
furchtbaren gebraucht) und olcus frevel, idulgus =z grau-
senbringender frevel.
4. Si quis aristatoiiem (al. cheinstadima, al. arestatio-
nem) super hominem mortuum capulaverit {inalb. viandoado)
aut silave (al. selave), quod est pontictilus, super hominem
mortuum deiecerit^ de unaquaque {malb. chreohurgio) u.s.w.
das wort aristaton wird in der emendala durch staplum er-
klärt, die gloss. Est. fügen das wort banculas hinzu; der
codex Estensis hat sonst scaplum, was für staplum offenbar
verschrieben ist. das wort staplum ist offenbar deutsch,
Stapel, der höhebau zu welchem stufen führen, auch der
thurm. aristaton ist gälisch a riastadh (spr. a risto) die
einfafsung und tiiam das grab, — aristaton die grabeinfafsung.
hanculas halte ich für verlesen oder für verschrieben für
banculac i das wäre synonym, banc querstrich, furche, ein-
fafsung, grenze, und ndhlac das begräbnis: es hiefse auch
grabeinfafsung, — die raalbergische glosse mandoado erscheint
in der emendata latinisiert als mandualis mit dem beisatze
quod est stn/ctura ; es scheint aus den gälischen Worten
mam der hügel und dual die einfafsung, der rahmen, zusam-
mengesetzt, = die grabhügeleinfafsung ; mandoado wäre
dann für mandoalo verschrieben, silave oder selave (Wol-
fenbüttler Codices haben auch salive, sillabc) wird durch
ponticulus (porticulus bei Herold scheint ein Schreibfehler)
erklärt, die Verschiedenheit der Schreibung erklärt sich aus
den gälischen Worten die zu gründe liegen, sail die bewah-
rung und uaimh der grabraum, das grab, wenn mau schriebe
seluaiw, so wäre die ausspräche genauer ausgedrückt, aber
doch nicht lautlich genau, was überhaupt mit unserni aipha-
bet nicht möglich ist. offenbar war es der überbau, die
brücke über dem grabesraum, über dem lodlenlager (off oder
auf ■=: uagh; ave oder abe z=:tfaimh), welche das einstür-
zen des darüber errichteten aristaton verhinderte und die
leiche vor diesem bedrücktwerden behütete, an dieses be-
drücklwerden der leiche scheint sich gespensterhaftes ange-
knüpft zu haben, wie man aus dem oben erwähnten verböte,
ZUR LEX SALICA. 301
eine leiche auf die andere zu legen, schliefsen darf. — zu
bezeiclmung aller dieser unter 4 erwähnten grabfrevel zu-
sammen hat nun die heroldische glosse noch das wort chreo-
bnrgio, wozu als anders und zugleich üdsch geschriebenes,
übrigens sonst gleiches wort chlebarbio des Pariser codex ge-
hören mag*, auf jeden fall ist letzteres in chvebarbio zu
ändern, die richtige lesung scheint chreoburdio oder chreo-
bardio, von creadh der leichnam und buaireadh die Störung.
5. Si quis tornbam (al. tunibam) super mortiium homi-
ncm expoliaverit {inalb. turnichalis u. s. w. das wort tur-
yiichalis ist schon oben erläutert; tumba oder tomba ist gä-
lisches iuam das grab.
6. Si quis basilicam super hominem mortuum expolia-
verit (inalb. ehre ottar sino) u. s. w. die glosse ist offen-
bar abzutheilen ck7\'o ttarsino d. i. gälisch creadh der leich-
nam und darsa das haus, die wohnung, das gebäude.
Von diesen freveln ward, wenn wir die bufsen über-
blicken, am härtesten gebüfst das legen einer leiche auf die
andere, über noch einmal so hoch als der raub in einer
über dem grabe errichteten kapelle, über viermal so hoch
als die meisten anderen grabstörungen, und nur das ausgra-
ben eines schon bestatteten leichnams und die beraubung
desselben hatte noch höhere bufse. offenbar aber hat das
gesetz verschiedenartige grabeinriclitungen vor äugen, gräber
mit einer kapelle (basilica) darüber, gräber mit einem ein-
fafscndcn und deckenden aufbau (aristato?i), gräber mit einem
durch einen vorbau umfafsten erdhügel (rnandualis).
H. LEO.
iler lieroldischo codex hat auch zu clireoburgio am rande bardio.
302
MITTELNIEDERLANDISCHES OSTERSPIEL.
Vor eitiigor zeit erlaubte 7nir herr bibliothekar Holtrop
hieselbst mit gewohnter freundlichkeit die durchsieht der im
verflofsnen sommer aus dem ehemaligen Slaivantenkloster bei
Mastricht an die hiesige kömgliche bibliothek gekommenen
handschriften . ich fand darunter nur eine vo7i Wichtigkeit
ßlr die altfiiederländische literatur, und aus ihr sind die
nachstehenden mittheilungen entnommen, sie ist gegefiwär-
tig bezeichnet n° 377 und enthält 247 pergamentblätter in
folio. nach einem zwei hliitter einnehmenden inhaltsver-
zeichnisse folgen von hl. 3 v. bis 232 i\ 47 predigten, von
welchen ich wegen der Seltenheit altniederländischer prosa
zwei kürzere aufs gerathewohl herausgegivffe?i habe, bis
dahin geht eine und dieselbe deutliche, feste, 7vahrschein-
lich dem ende des \An j'ahrh. ajigehöinge hand. mit bl. 232*^,
dem ende der 20w läge, bricht die letzte predigt plötzlich
in der mitte eines wertes ab, und es folgt von bl. 233/'.
bis 1kl V. das leider sehr verstümmelte osterspiel, welches
ich ah ältesten Überrest niederländischer dramatischer poe-
sie vollständig wiedergebe, die hand ist mit der vorherge-
henden ziemlich gleichzeitig, ich glaube aber nicht sehr
zu irren, tvenn ich die predigten sowohl als das osterspiel
mindestens ein halbes Jahrhundert älter achte als die hand-
schrift. — die Orthographie habe ich unverändert gelafsen,
trotz ihrer grofsen mn^egelmäfsigkeit, leeil das osterspiel,
wahrscheinlich auf der grenze entstanden, im texte wie in
den reimen deutsche und niederländische formen und Wör-
ter mischt, ich begnügte mich deshalb aufser der inter-
punction einzelne kurze anmerkungen und verbefsei^utige?i
am rande beizufügen, einige j)arallelstellen welche herr
dr Jonckbloet hieselbst mir gefälligst mittheilte sind mit J
bezeichnet.
Derselbe machte mich aufmerksam dafs das von herrn
von Karajan in dieser zeitschr. 1, 97 ff. mitgetkeilte brach-
MNL. OSTERSPIEL. 303
stück einer nieder Uindischen bcarheitnng der Karlssage zu
den brabantischen yeeslen des Jan de Kleine gehört, in der
ausgäbe von Willems {BrüsseJ 1839. 4.) hoek 2 v. 2180
— 2475 s; 146—156.
HAAG 5 aprll 1842. JULIUS ZACHER.
hl. 233'' Dit is begi7i, loie vnse here die werelt zen irsten
hegonde ze machcne ende allet des he begerde, ende
sprag das Ego siim alfa et o.
f^nse here zu sich seluer
Ich ben ende efi aneginne.
gew or gol gerechte minne ! .
Hie macht vnse here dat irstc, dat loas himel ende erde.
Nu wil ich dat gewerde
hlmel ende erde,
inde wille hanen schone 5
engele in niinen trone,
die minen lof sengen
inde immer in vrouden rengen.
Hie sengen t die engele gloria in excelsis deo. dar na
besach sich Lucifer in die driueldicheit inde spi^ach das
Ich sien in minen claren schin
dat is mich diinke werdich sin 10
dat ich minen stnl in eisten
sezze ende gelich dem hoisten. '■
\\\i prüuel gesellen alle
wie lieh dit beualle.
Ein enget Satan ror si alle spricht '
233'' Vns dunckil gut de seine wain, , 15
dar umbe wir dich gestain.
Hie wirt Lucifej' virstosen, ende spricht rtise here
Lncifor, din ouermiiet .w \
hait dir benomen al dat guet,
inde dal der himel beneit,
8. rengeii. vcv^l. Minnen loep, lis. der /iön/i'L bibl. im Haag,
hl. ;U)'' \N ye in den eorsten (giael van minne) ringlict v(ieM, Dacr meest
onsediclieit in valt. Die .sai hehberi in syn hehall Mate, waer lii hene
gael. ./.
304 MNL. OSTERSPIEL.
dat der zu vrouden was gereit 20
ende alle dineii gesellen.
nii vart zu der hellen
da ir quellt inne
van disen aneginne
immer sunder ende 25
in iemerlich meswende.
Hie werden die e?igele duvele ende spricht Beizebub
Owe leider ende owach !
dat uns die doirheit ie geschach
die uns dus hait mishandelt ;
want uns schonet is vorwandelt 30
in eine arge vorme.
na eime leitlichen worme
sin wir nu alle geschaffen,
wir daden als arme äffen
dat wir uns des ane noraen 35
des wir inmochten voUekumen.
Hie machet vnse here die iverelt.
Nu so wil ich machen
wale duen gerachen
alle creaturen
{hier fehlt ein blatt.)
234" Vnse here quam in paradis ende spach zu Adame
Sage Adam wo bes du? 40
wat hais du begangen nu?
Adam sprach zu imsen here
Here, ig han dine stimme gehört.
van uorten so ben ig zestort,
went ig nacht ben ende blois,
des is mine schemede grois. 45
Vuse here zu Adame
Adam wijs dir geschyt
dat du in hais behauden nyt
dat ig dir hadde geboden?
went van miner gcnaden
so must du hauen w^nne 50
euer al ersehe kunne.
MNL. OSTERSPIEL. :«)5
Adam zu i/nscft hero
Dal wyf, dal du mir geues, here,
die dede ic, ende hör lere,
dal ich mig' hau uirgessen
inde van dem appel gessen. 55
l'nse here zu vorn Yven
Eua, war umbe hais du brail
minen man zu der gedait,
dat he sig dus hait vergessen
ende van der vruchte gessen?
f^or lue SU unsen hären
Here in' dail is selue niet ! 60
dis slange hi steil mir dal riel.
Vnse here zen slangen
Slange, went du dit hais gedaen,
234*' so in saul du nil reichte gaen,
mer du saul crufen ende slenden,
dig up dinen bugge wenden; 05
alle die werelt sal dig vlin,
dich bespien, node ane syn.
f^^nse here zu vorn Yuen
Wyf, nu si dir dal gesail :
went du dit hais zu brail,
ende minen man bedrogen, 70
so si dir dat zu plogen
dat dir ende allen Aviuen
die vrut van vren liuen
sal kumen zu bit iamergeil
inde bit groisser arbeit. 75
/ nsp here zu adame • . \
Adam, wenl du den wiue diu
me gehordes dan dat gebol min
her umbe ich dich vorwise
vsser den paradyse,
dich ende alle dine nakumeri, 80
den si ewige vroude benoraen
53. ic ist coi'iififerf aus mid ; es mufs wohl mir oder ie heij'sen.
64. cruipen, kriechen, itt slenden vergl. slyntvvorm, lyntworm
Teuth. 243'.
Z. F. D. A. II. ' 20
3(|(i MNL. OSTERSPIEF..
immer evveliclie
van den himelriche.
ende als du kiimes zu der erden
so muz dir sur werden 85
in dinen sueize diu broit
dürg des billers lumgers noil, .
als du Salt hacken ende roden.
dat geschie dir zu vngenaden
dal beide, distele ende dorne, 90
wasse under dinen körne.
234'= Hie driuet Cherubin, der engele, Adame ende
Yuen usser dem paradyse mit einen sirerdo.
Adam ende Yue, ir hait versünil
vg. dit paradis nu riioit
inde ilet her vore ;
ich muz huden dise dore. 95
Viise here spricht die hitfarmeherthigkeit ane
«■; f Virnemet vuer Gerehügcit,
ende docher, vor Inlbarmicheit.
wes ig ug nu vragen sal :
of einichen kende dat geual
immer geschien muge, 100
dat dar zu duge
dat mit einichen sinne
dat erue wider gewinne
dat usser sines vader hanl
ze voren erfliche is gewant 105
ende willenllige is gegeuen
einen andren al sin leuen?
Die Intbarmicheit spricht
Ich was ie ende sal immer syn
diu dohter, ende du der uader min.
intfarmicheit h^n ig genant, ' 110
de name is mir van dir bekanl.
in woldis du dere nit informen
die up dig scrien ende karmen " ■'
wie wers du dan der vader min.
of wie bliue ig die dohter din, 115
96. /. vor (vrou) 97. /. doli (er
iMNL. OSTERSPIEL. 307
234'' die ie einsamen waren gader,
ig- din dohter ende du min vader,
inde immer müssen wesen ein
ende vngesundert in vns zwein,
vader dar vmbe is dat min rait 120
dat du irlois dine hantgedait.
uu du vp dine gotliche arme
ende vederliche dig irbarme
ouer Adams ende Yuen kent
die al ze lange in noden senl! 125
J'^nsc here ze JVairheide
Dohter, vor Gerechtigeit,
gef mir rait ende vnderscheit
wie ig bit rehle ende bit minnen
wider muge gewinnen
dat ig gegeuen ende gewant 130
ban erfliche in eins ander hant.
Die Wairheit antwnrt
Ig ben genant gerebtigeit,
de name van diner gotheit
an mir is geruet ende gegeuen,
ende wir sin vngesundert bleuen 135
iemals, ende sulien immer sin
vngesundert. vader min,
. -. dedis du inl'armicheit,
wa bliue dan die gerehticheit?
her vmbe setz ich den rait an dir, 140
want it unmügelich duchte mir
dat einich kent sich vnderwndo
des erues, des sin vader gunde • '
sinem andren manne ze voren *
235* e dat kent worde geboren. 145
in were, oll mugelich were,
dat eine mait ein kent gebere
ende bliue mait als si was 6. -
dat seine kent, ende niman me,
mothe rait reichen witzen 150
dat seine erue besitzen
15U. /. inobte — rehten ' • : •'
20*
308 MNL. OSTERSPIEL.
dat erflich was us gegeuen
e dat kent gewinne sin leiien.
yrise here ztt sich sprach
Want Dauid, niia prophele, sprag,
des is leiden nianich dag, 155
gereitheit ende vride hant sig gekust.
intfarmicheide hait gelust
ende wairheide, dat si in ein
sich han verdragen in hon zwen.
nu willich dat irvollet werde 160
van miner irbarmunge die erde.
her umbe beuellet mir ze dune
dat ich wille machen sune
intuschen die gereicticheit
indc die barmheerzicheit, 165
inde wille dun bit desen vride
als ich mit Abrahame dede,
deme ig einen wider sande
den he vor sinen sun virbrande,
da mide ich ienen troiste 170
inde leidichte Ysac van den roiste.
also willich genendeu
ende sal Christum dat lamp senden
der nie schuldich inwart.
235'' de muz up ertriche dun die vart, 175
da he den kelter trede alleine,
vp dat mine hantgedait gemeine >
mit sine dode werde irloist "
inde van ewiger pinen gelroist.
f^Tise here in sich sprach
Nu willich dat werde kunt 180
durg miner propheten munt
dat ich wille senden . .^
minen sun ; de sal sich wenden
in einer meide lichame
ane menschliche schäme, 185
P„ , inde mine goithcil
bedecke bit der minscheit ;
172. genenden, t^ergl. Huydee. op Sfoke%, 328 ff. 187. /. bedecken
/
MNL. OSTERSPIEL. 309
di pine ende nianiclie noit
liden muz binz in den doit y
durg den minsche, de vorerst •/ y '^'^
is zer hellen ende vorderst, '- ^
inde halt geweset lange
in des duuels bedwauge.
nu dunckit mir nu wesen reit
dat ig loise minen kneit, 19.'»
des ben ich uirsünnen.
ich wille dal werde vorwünen
mitz Criste ant cruce, de uorwan
an deme holze uiinen man.
Vor Ecclesia sprecht zu Balani
du uan irste Balam, 200
sage wal dir vore quam,
\ve sal der losere sin?
willich sint die reden din?
235" Balam antwort Ecclesien
Van Jacobs künne
heft sich eine w<Jnue, 205
ein schone leide sterre,
de sal schinen verre ,.
ouer alle die werelt breit,
allil dat sich ruret ende geit
sal ime wesen vndertaen. 210
sine krail in sal zegaen
nummerme nog nimmerme.
himcl, erde ende se
sal weruen al an siner hanl.
he sal alle die lant 215
beduengen al geliche.
dat wisset weirliche.
Ecclesia spricht zu Ysaiam
Ysaias, godis driit,
sage uns ouer lüt
van der gebort heirlich 220
so gut ende so minentlich.
Ysaias zu Ecclesien (Ecce virgo..)
Got sal ein wonder geuen ;
310 MNL. OSTERSPIEL.
ouer alle die leuen
\ sal gaen ein kent zeuoreu,
V "* ^at werdeff" sal geboren 225
A » van der maffet eine,
^ die sal wesen reine
da dat kenl sal kumen af
ane mans gemeischaf.
Ecclesia zu Virgilis
Heiden man Virgilis, 230
235'' du saut uns ouch macben wis
van der ^eiliger gebort,
sage, wie sint dine wort?
Virgilis zu Ecclesien
Ho van biemelricbe
sal kiiinen wnderlicbe 235
eine nuwe gebort,
die sal werden gevort
van aller bände creaturen,
vor die nit en kan geduren
■•<'' beide, doit ende leuen, 240
be sal si beide mugen geuen.
Hie sent unse here Gabriele zu Marie zen irste/i male.
Gabriel, virnem niig reitbe !
van Dauides geslete
han icb ein müder erkoren,
raanicb zijt liie beuoren, ■> 245
di mich maget sal gebaren »i
(dat sal der belieb geist bewaren) •'
ende na geburde sal maget bliuen, • ■
V reine vor allen wiuen. > iis ti" , ii
Maria is si genant. ;• " 2S0
zu Galileen in dat lant, .!^
in die stat van Nazaret w iauw,» 5W'.',A..A -
da vindis du si in ore gebet. l
Gabriel spricht zu Marien < a
' " (Ne timeas Maria etc.) .'; i li- -vi'
Maria, wie gebers du so?
Hall dig, reine maget, vro, 255
•242. /. rehte 243, /. geslehle rf,i'(.'. U\>:
MNL, OSTERSPIEL. 311
du hais voiiden j-enade
2.'}(>* van den liijueliclien gode.
Maria antwort den engele
(Quomodo fiel istud. etc.)
engel van liimelriche,
id dunckit mich wnderliclie
dat it in)iner me geschie, 260
want ich man bekunde nie.
Gabriel zu Marien spricht
(Audi Maria virgo fpc Tcs etc.)
Maria, maget reine,
in hat" vorle engeine !
dat kent, dat du salt gebaren,
dat sal der heiligeit bewaren. 265
Maria zen engele spricht
(Ecce, ancilla doniini etc.)
Such, die godis dirne ben ich, . .
heilich engel, inde an mich
volge die susze boitschaf diu,
want der vrouwet sich die sele min.
Ecclesia zu Marien spricht
Aue ! reinicheidc spigel, 270
inde meitlich ingesigel,
rose aller wiue,
so wale dinen liue
dat du ie wordes geboren,
zu hiraele so bis du irkoren. 275
der genaden aneginne
heil dir kunincginne
von Dauites kiinne ! > i.
id sal eine w°nnc
van dinen liue kümen 280
236'" die der werelde sal urümen.
du sali dragen crone
in den hoistcn Irone.
in den himelriche,
immer eweliche. 285
Hie hauet der engel zo Joseppe ende beuill ome Ma-
rien in sine hude. (Josep fily dd'.)
312 MNL. OSTERSPIEL.
Josep, Dauites künne,
du Salt vrouden wonne
mit dinen ougen schouweu
bi der reiner juncvrouwen.
keir vm mit vroen müde, 290
nem Marien in dine hude.
in la si niet, stant bore bi,
inde wes aller vorlen vri ;
went der beliebe geisl
de sal duen sin volleist 295
- ' an der heilieber gebort
di die mait sal brengen vort.
Hie deit der enget den hirden kunt dnt Jesus gebo-
ren St.
(Aununctio uobis gaudium magnum.)
Ir birden up den uelde, geit,
beft up ur boft ende uirsteit,
ich brenge ug liue mere : 300
der werelde loisere,
den die engele bau irkoreu.
de is alzebant geboren.
Dei' hirden ein spricht zu siine gesellen
Höre gesellekin, boire
in des bimels koire 305
wie die engele sengen,
die di boitschaf brengen i -
-1 dat dat kent geboren si v
dat die werelt niaeben vri •?
sal. bit groissen eren ■ 3J0
la uns da bine kereu.
Ihr ander hirde sirne gesellen i
Geselle, wir willen ane vaen
dat wir zu Betleiui willen gan, I) :ut>. 'n:'.-:
inde machen raeren
dat bit groissen eren '315
geboren si dat selue kent n ü »' ci .
< . deme weder ende went^
biniel, erde ende se
dinen sulen immerme,
MNL. OSTERSPIEL. 313
als uns der engel sathe 320
de VHS die boilschaf brathe.
Der irste hiinle zerti andren
Vromve dich geselle sere,
ich dich liue mere.
die boilschaf die der engel brate
indc bit vrouden sathe 325
vns liint an diser nait,
dat is gescheit van godis crait :
want ich sach dat kindolin
ligeu in der kribben sin.
Hie quam ein bode ende sprag zen hirden das
(Quem vidistis paslores dicite. etc.)
Er hirden, wie gebert ir so? 330
inig dune ir siet van herten vro.
saget, wat hait ir uirnomen,
ol" wat is uch zu voren kunien?
In der engel trone
soige wir also schone 335
dat vile selich kindolin
dat der werelde here sal sin.
Hie kument die dri kuninge ende uolgent deine slerren
ende sukent, dat kent
(Hoc Signum niagni regis est.)
Dit is ein zcigin sicherlichen
des küningis van liimelrichen ' • vi > ■ \'
dat he nu geboren si. 340
volge wir liine alle dri
so wäre uns leideit der stei're. ' ' 'i?
golt, wirouch ende mcrre ■ '
wil wir ime zu öftere dragen '•
indc eweliche lof sagen. 345
Hie kamen die dri kiininehe in die stat ende vragen
umhe dal kenl.
;{23. nach ich fehlt das verbitm. WK) f. l. iiachl : kracht
:i33. /. oreii nach 333 J'ehll die iiberschriß zur anlwort der liirten,
welche in der hs. überhaupt von der fraise des boten nicht fielrennt ist.
335. /. saghe (saghcii)
314 MNL. OSTERSPIEL.
(Vbi est qui natus est rex ludeorum).
Wo is he nu, de is geboren,
de zu kunincke is erkoren
ouer alle iuzge diet?
einen sterre han wir gespiel,
herus van da die sunne up geit, 350
de uns dat bekant deit
dat geboren si dat kent,
237" dat weder ere nog sent
so eidel nie geboren wart,
dat suke wir up diser varl. 355
Hie kiwipt der bode ^u Herodes
Here, uirnem in dinen genaden,
', . ' • hie sint kumen nuwe boden
ze Gersleim in die stat;
vor woer sage ig dir dat
si weruen an din ere. 360
höre künninc here,
si sagen ongehorche reden, ' L
, , . want si willen ane beiden
ein kindolin, dat is geboren, -' n
dat die engele hant irkoren 365
zu keisere ende zu heren. , '•'
ouch willen si vomieren '
dat it geweldich sule werden,
beide in hieniel ende in erden.
Herodes zu deme boden <» ■ • •;/ ■■■
Sage, wat hais du vernomen? 370
we is, dat do sal komen,
de muge sin gelich?
wie sal he bedwengen mich
inde driuen us minem trone?
so mir mine crone ! ; . li 375
mich moithis uile lithe ^ ^ • \ ^
dat ijt ander ricthe. ' »■ «
Der irste riddere zu Herodes
Des du nit, here min,
di boden, die da kumen sin,
376 ,/■ '■ 'iiicli muotets vile lihte dal icl anders rillte.
MNL. OSTERSPIEL. 315
die du houe kumen, 380
vnze du hais uirnumen
wes si hauen gedait;
so maicli du bit diner inait
den kuninc vordriuen
lüde selue kuninc bliuen. 385
Her ödes zu den riddere
So gebiden ich dir
dal du si kümen dus vor mir.
dat ig van on dat höre.
dis dunckit niig ein dore.
üer ridder zu den künicinngen. prinius
Got grus ug heren alle drij ; 390
will ir wissen wat id sij ?
Herodes, min here,
intbudet uch mere
dat ir sult ze houe kumen,
want gerne hedde min here vernoiiien 395
war umbe ir sijt kümen here.
dat is sines herzen gere.
üer drier kiinincke spricht ein
Gerne kume wir ze houe
deme keisere ze loue,
inde ime sagen dat, -'400
wie ende umbe wat ''S '
(of it ime it mach vromenj
dat wir us sin kümen. " "
Hie kwnent die dri kimincge vor Herodes ende sen-
gent Viue rex in eternum.
Herodes Saluet (/. Salulat) uos gralia mea. "' •'
Der irste kuninc sprich zu Herodes dus ''
Heil dir, kuninc here ! •, '
diu lof ende diu ere ' '' ' " '•' ' , 405
musze immer irmeren sich.
Herodes antwordet ze hant
Siet willekume ir heren mig !
mine genade si uch bi.
ine weis wanne urc cinicli si
316 MNL. OSTERSPIEL.
oc wat ug vs hail gedragea. 410
dal sult ir mig, ir heren, sagen.
Der irste kilainc zu Herodes
Keiser, geweldich here,
der hais vns geuraget niere
we wir sin, ende wanne wir kunien.
dal saut du schire han vernomen. 415
Arabien, dat riebe lant,
dat wiruet al an miner haut,
ende wat da ridet oue geit
dat is mir zu dinste gereit.
Der ander kihihic zu Herodese
AI dat lant von Tarsys 420
inde menich helit wys
sin mir vnderdenicb,
der ben ich al geweldich.
Der dirde kuniiic zu Herodese
Kaldewen al dat riebe
bau ich geweldenclige 425
in miner baut bedungen,
beide, alden ende iungeu ; . / ^"
inde dise beren die hie staen
237' sint mir zu dinste underdaen.
Nu spricht he nog me
Nu weis du, keiser, we wir sin. 430
nu wille wir dig och dun scbin
. war umbe wir sin kumen vs. ^^
Ysaias ende Virgilius
inde andre propbeten bau gescreuen
van eines kendis leuen. 435
des wir sere ruken
van bercen, ende gein suken. . , ,
Herodes spricht zen kiininc
Ir bereu di sich küninc nennet, •■ ^. \".« Aä
sait wa ane ir dat irkennet '
dat dat keul nu si geboren. 440
wat is ug kiunen ze voren,
Ul. /; "reu
MNL. OSTERSPIEL. 317
of wal (liebl) ir uirnoraen,
we is (lat da sal kunien?
Die kunincke zu Herodes. primus
(Vidimus slellam eius)
In Oriente verre
sagie wir einen sterre. 445
dar ane han wir bekant
dat nu geboren is in't lant
ein kent also herlich
dat nie enwart des gelich
nog nimmer en deil 450
als uns lert vnse wisheit.
Herodes zen künincgcn
Ir heren di vor niig sit kumen,
van deme dat ir hait vernuraen
vragel na deme kende.
238" so \va mant irgen vende 455
dat sult ir mich sagen.
min offer willich ime dragen
ende na uren seden
wil ig it ane beden.
primus:
Kuuincinnc Marie, 460
edel ende vrie,
wir brengen dig gauen
dinen kende zu loucu,
deme wir sin nnderdaen ;
liflich Salt du si enti'aen. sfcundus. 465
Marie antwt ivider dus:
So wale sal uch des immer sin
dat ir wodet geruken min
zu eren minen kende •
her in dit eilende
verre vsser vremde lant 470
inde mig dise ere hait bekant.
442. hebt /('/(//. nach 459 eine liicke von vier zeilen.
4(57. /. woudet
318 MNL. OSTERSPIEL.
Hie varetit die kiniincge inweg. tercixis
Vrovwe zu dineii eren
wille wir henne keren.
Hie kumpt der cngel ende sait dait si gein einen an-
dren weck zu Marien ende Joseph.
(Audite verbuni domini gentes)
Ir heren liort mich ende versteit ;
ich rade nch, dat ir nit engeit -475
238** den seinen wech den ir sit kumen,
want ich ben uch zu vromen
heir gesanl virholentliche
van den hoen hiemelriche.
Der bode zu Herodesse
Here in dinen genoden 480
nu bis du uirraden.
die sich kunincge hant genanl
die sint gekert in or laut
' andren wech dan si quamen,
want si dat uirnamen 485
dat du si vaen woldes
inde uirderuen soldes. «• ,,.:;. .
nu niuz he kuninc bliuen , ' ■ .
de dich will vordriuen.
Herodes riddere spricht ein secundus
Halt dich kuninc bit genaden. 490
ich sul dich wale raden
dat du bit diner gewalt :-
den genen vordernen salt
de sig des virmessen hait,
of du volbrenges niinen rait, • 40®
dat he sule kuninc bliuen
ende dich bit geweldc vordriuen.
Herodes spricht zcn riddere • :;:.
Dinen rait willich voUebrengen
bit aller slathen dengen.
inde dich geen ze lone . ;, ■, 500
niine guldine crone.
De ander ridder zu Uerodese
Here, du dine riddere senden
MNL. OSTEKSPIEL. 319
wideii in allen enden,
indc du alle die kindolin
die bennen zwen iaren syn 505
so wo si se venden doit slaen.
id in mach ninimer so irgaen
dat kent in si dar vnder
do dise so manicli wonder
lange ane liain gesait. 510
so bliues du here in dincr mait.
Herofles zume rid(le7'e spricht
Du liais nnch wale geraden.
vp riddere ende boden !
duet doden alle di kindolin
die bennen zwen iaren sin. 515
Gabi'iel kumet zu Marien ende heizit si vlie?/ zu Egip-
ten voert.
(Descende in Egyptum.)
Joseph, nem Marien wäre
mit ire kcnde, ende vlu al dare
da ir nimanne en syt bekant,
dal is in Egyplen lant; '.,•,, ,V'- . ,.,
indc also lange al da bes 520
wint doit is Ilerodes.
Hir kumenl die riddere Herodes ende sukent di kent.
Rachel sprichet das zti in
Walen ! wat sal mir geschien
van den luden, die ich sien
so balde kunien herwert?
wat sulen ire gerothte swerl 525
inde ire vreslich gebere?
mich wondert uile sere
war umbe si herwert rennen
of wes si gesennen.
Hie sleit man doil die kent. — primus
Gef her din kent, baude wyf, 530
wilt du behalden dinen lyf;
want ig müsset doden
van des kunninz noiden.
Rachel zu den ridderen
320 MNL. OSTERSPIEL.
Here got van hiemelriche,
nu müsse dis ieinerliche 535
(loit vor dinen ougeii sin
van denie liuen kende min.
wanl haddis nu uirschoit.
nu willich mine ungedolt
gerne laissen bliuen, 540
went si woudeu entliuen
Jhesura, dinen liuen sün,
van deme der küninc Salomon
lange ze uoren hait gesait;
want dus wale Ionen mait 545
minen kende ende mich,
des biddich liue here dich.
Hie kument die riddere zu Herodesse trider. — Se-
cundus
Höre, here, wat ich dir sagen :
die kent haen wir irslagen
in al dat lanl van Juda. 550
iomer worte wir alda.
Der engel zu Joseph
(Tolle puerum et malrem eins)
239** Joseph, liue bode,
stant up uile drode,
nem Maria bit der haut,
strich zu Juda in dat lant 555
went si doit sin ende gestoruen
die no des kendes sele woruen.
Hie uert Maria ende Jhesiis ende Joseph zu Egypten
(1. uil Eg.). Hie was Jhesus zioelf iare alt. Ma-
ria zu iren sune
Jhesus, sun, horis du,
du hais wale dat ander nu ' w .
dal du wale bit uns mait gaeii 560
in den tempel, ende uirstaen
wat man in den tempel deit, ■ '■
inde wi mau dat hogezide begcit.
Jhesus zu siner müder
538. etwa wanl wat hadd'is nu virsclioll'.'
m^L. OSTERSPIEL. 321
Milder, bit iig gaen ig gerne.
des insteit mich uit zu inberne, 565
geit uore, ich benz gereit
vch ze uolgene ende gemeit.
Hie ginc .Ihestis in den tevijyel imder die iuden ende
sprach
Er iuden, ig hume zu ug her,
dat is mines herzen ger
dat ich bit ug wil disputiren 570
inde offenbare probiren
inde bit reden machen wis
dat ir geleit syt up ein ijs,
went ir den ewe haut nnrethe
de uren geslethe 575
hie beuoren wart gegeuen
Moisi in einen stein gescreuen.
ouch weis du wale wat Daniel sprag
hie beuoren manichen dach :
als heilich gisle der heiligen wirt gesanl, 580
jutschaf, so uel us diner hant
die künincliche rüde
in eine vremde hude.
Cayf'as zu Jhesus
Jhesu, wir vuirsten dich wale.
du spriches ungehorte zale. •" .SSö
he in is noch nit gesant,
dat is vns wale bekant,
de uns sule troislen
inde kumen van den hoisten.
Jhesus SU Cayfase
He is van einer maget geboren, 590
as Ysaias hie beuoren
inde alle die propheten screuen.
dat in is nit achler bleuen
nog in mag nit achter bliuen.
hiniit wil ig dich wider driuen 595
dins ungelouen hie zestunden.
sage, wo wirt irgen vunden
580. /. als der heilig geeste wird gesant
Z. F. D. A. ri. 21
322 MNL. OSTERSPIEL.
ein kuninc under uren kiiiine,
deme got des gunne
dat he gesaluet werde 600
ze kunincge up die erde,
als got hie beuorcn dede?
begef dine hicheliche rede.
Cayfas zu Jhesusse
239° War umbe solde wir geswigen des?
went he nog mit kumen in es, 605
de uns zu troiste sal sin gesant.
Mesias so is he genant
des wir alle wardende sin;
dar unibe la die rede din.
Jhesus zu Cayfasc
De messias, des beidet, 610
mit deme wert ir uorleidct.
he in sal nit kunieu van gode,
want he is des duuels bode
mit deme dat he wirken sal
inde die werelt uirleiden al, 615
al binz an die seine zyt
dat die selue werelt syt
dal on Cherubiti irslcit
inde siner valsheil wider steil.
Cayfas antwrt Jhesusse
Jhesu vns Wandert sere 620
dal du so sware lere
vns ze koirnisse sais
zu der iugede die du hais.
Jhesus zu Cayfase
An is mine meusgeil zuels iar alt,
mine wisheil is manichfalt, 625
die an mir wirt bekant
van irae de mig hait gesant.
Hie kumet Mcma ende Joseph ende vendeu Jhesum imder
,. den luden i?i ire schote, dus spricht Joseph zu Jhesu
610. /. des ghi beidet 622. cornisse, Versuchung; vgl. coringe,
yelthem sp. hisi. 3, 22, 64. Jonckbloet specimen c litt, neerl. {Felth.
sp. h. h. 3) s. 100. 127. 624. /. AI is
MNL. OSTERSPIEL. 323
239' Wes silzes du, Jhesu, hie uirborgen?
wir liaii groissen sorgen
dich gesut, wale zweue dage, 630
indc gedriuen sware clage,
wanl wir diu inlboreu
ende dich wonden han uirloren.
Jhesu.s antwort
Wat ist dat ir mich suket
inde min nu geruket? 635
in wist ir nit dat ich müs sin
in dinste des vader min,
den he uns hait beuolen,
als gude kinder sulen.
Hie kumct Jhesiis zu seilte Johanne baptisten eiide will
van ime gedoßt sin
Johannes, ich küme zu dir 640
dat du di doifTe geuis mir.
Johan?ies zu Jhesu
Genade, liue sceppere !
mich wndert harde sere
dat ich solde doifFen dich.
ich bidde dat du heilicli mich. 645
Jhesus antwort Johantiesse
Min oitmuet will ig dun schin,
dat ig gedouft van dir wil sin,
dat kirstcn ewe da mit geste
ende der iutzaf aler ge,
dar umbe ganc vort ende du 650
des ich dich han gesprogen zu.
Eine stimme van den hirnele sprach
240' (Hie est filius meus dilectus.)
Dit is min sün de mir beuellet,
in deme ich mich han uirsellet;
den gebort in allen stünden
so wert ir in den besten vonden. 655
Du Jhesus gedoufet was du ginche in ein einnode up
einen stein sich beiden, dit sach Lucifer ende sprach
629. l- inet groissen (j30. /. gesoekt 649. dat iuedscap,
Maerl. 2, 201. vgl. Gr. gr. 2, 521. /. achter
21*
324 MNL. OSTERSPIEL.
Horis du, (lief Sathan,
mich w^'iiderl sere, we de man
si, de >itzit up deme steine
in sinen geheide alleine,
sunder essen ende dranc, 660
nu uichtet mig in min gedanc
da he de selue minsche si
de uns kumen moithe so bi
dat he rouuet uns die helle.
nu var, Sathan, liue geselle, 665
inde nem des wäre
dat he uns namals nit endare.
Sathan zu Lucifere
Meister, dat willich gerne dilen.
ine wille nimmer geriien,
ich ine kume ime so bi, 670
dat ich wisse we he si,
mit miner schalcheide,
e ich van ime gescheide.
Hie kumpt Sathan zu Jhesit.
Gut man, wes sitz du hie so eine
._; vp diesen harten steine? 675
240* hais du einis hungers noit,
nem dise steine ende magge broit;
ich weis wale dat kans die list
of du godis sun bist
Jhesus zu Sathan
Niet in vrages du des, 680
wistes du wat da gescreuen es,
dat man in brode alleine
leuen moithe deine
dan int wort godes
inde int duen sins gebodis. 685
Hie vurle der duuel Jhesus vp den tempel ende sprach
Of du godis sün bist,
V'al her nider bit diner list,
du weis wat da gescreuen steit,
662. /. dal ()fi7. darcn, schaden. 070. ich ist zu tilgen.
680. /. vragdos
MNL. OSTERSPIEL. 325
die cngel kuiuen dich gereil,
die dich bewaren inde waren, 690
dal dich die steine niren
in nuigen hende nog wusse,
so dal dijl si vnsusse.
Jhesus ze/t duiielc
Id is gescreuen du bes uirloren,
duü sali dinen sceppere nil bekoren. 695
Hie nirt der duuel vnsen here up einen berg- ende sprag
Nu val uider hie ze sieden,
ende wolt du mich ane beden
so bist du here al disser lanl,
die geue ich dir an diner haut,
so wat du hie niait gesien, 700
240° of du an mig wolt gien.
Vnse here sprag
Wat soude mig dinc richeit,
want al da gescreuen sleit
dal alreisle dalz din val,
ende man nit ane beden en sal 705
dan got, dinen here,
aller denge sceppere.
Sathanas, nu snelle
dich wider in die helle.
na dinem werke dir geschie, 710
du in hais numme ze dune hie. '
Nu kumit unse here ende vindet Petrus ende Andreas
gande up deine mere vischende ende sprach zu
im dus
Peter ende Andris, laisset staen
• vr seif, ir must bil mir gan.
ich sal uch uugcn zu anderen saggen
inde vitschere der lüde machen. 715
690. /. vüreii 701. gien, mhd. jebeii. Maerlant (?) geestel.
gedickte (n. tverk. d. maalsvh. v. lett. 5 deel % st. s. 27). Zech
mensche, merc ende hevie, Zageslu mecirii rouwe ye Dan du an mi hc-
ves vonden? Wat mocht, ic mere doen dor die Dan hangen, sterven, proef
ende ghie, Mit aldus svvaren wonden ? ebctid. s. Ol Doe god die werell
wilde vvieden — Outflo Noe mel zinen lieden Enlie aen ghelove ghiedcn
In die arke mctten dieren, ./.
326 MNL. OSTERSPIEL.
Sente Peter' spj'ach
Meister ende here,
gerne dun wir dine lere,
AI 110 dinen gebode
iude no dines seines rode ;
dar umbe saut du uns here säen 720
wat lone dat wir sulen haen
alle Sachen achter loissen
inde vns zu dinem dineste soissen.
f^7ise here spricht xen opostel
Dat sult ir han ze lone,
240'' ir sult sitzen up den trone 725
mit mir, ende urdeil geuen
vuer die doit sin ende leuen.
Vnse here zu setite Petere
(Petre, anias me ? — Tu scis dne)
Sage Peter, rains du mich?
[Sente Peter zu v/isen here)*
Du weis wale, here, ig minnen dig.
Vnse here zu sente Petere
(Pasce oues ineas)**
Van nu vort ende allewegen 730
salt du rainer schafe plegen
ende hauen sie in diner huden
inde bit den worden godis vuden.
Sente Peter zu unseri here
Meister, dat is mine begerde
dat din wille an mir gewerde. ' 735
Jhestis spricht
(Tu es Petrus)
Du bis Peter, up disen steine '
so Stiche ich die kirge reine,
inde beuele dir eweliche
den sluzel van den himelriche,
di da cloppcnt die la in, 740
si sulen alle inlfangin sin.
Sente Peter sprach
722. achter te laten ? ' fchU. in der hs. " Frise, Pascc |
diese beiden Zeilen sind in der hs. iimi'csteUl . 737. /. stirhle
MNL. OSTEKSPIEL. 327
llere ineister, du mir kiinl,
of mau siilc sieuen stunl
alle die siuidigen intfaeii
oC sie zu buezeri willen staen. 745
f^/ise herc .s/jrach (üi mitte se|).)
Ja Peter, ze siueu ende siuenzich stunden,
241' ende so decke als he wirt vonden
in Sunden inde he die wilt scrien
Genade sal man ime uirlien.
Miij'ia zu unscn herc
Here sun, willen gaen, 750
of dirt gut duncket gedaen,
zer bruloit Johans, dins neuen,
deme ein brul hait gegeuen
de riebe wirt Arcbitriclin,
da müdes du der urt'nde din. 755
Jkesus zu siner müder
Müder min, id dune mig zucbt
dat wir zu der brulucbt
inde zu anderen unsen vrunden gein
inde ire vroude nit vorsmein.
Archüriclin
(es schet'/ti etwas zu fehlen.) -
Maria zu Iren sune
Hie in is, meister, iugein win, r 760
dar umbe du dine genade schin, •-
dat ein zeigen hie geschie - - .
von dir, dat dal volc gesie.
Jesus {zu") siner müder
Wijf, wat soude mir ane genomen?
mine ure in is noch nit komen. 765
duet Wasser in die krugen gissen,
vp dat sijs alle genissen
di her zu urouden kumen sin,
id sal wandelen sich in win, i
inde drait si Architricline, 770
dal he drencke van den wine.
750. /. \vi,i willen 75H. /. bniilof'l 755. /. vrieiid«'
XU fehlt. ; ' !
328 xMNL. OSTERSPIEL.
Architriclin spricht
Dis will (lunckit mir der beste,
241'* went hene up dat leste
gehalden hait sinen vrundea,
inde will dit zeigen hie uorkuuden. 775
Hie kiimet Maria Magdalena.
Vrout ug alle, iunc ende alt,
went die vroude is manichfalt
die men syt nu ouer al
vp den berg inde den dal.
man hoert vor den walde 780
dat uorgangen is dat kalde,
went die bluuien sprengen
inde die uogele sengen.
dat uelt cirt sich ouer lut.
an der erden drengen vi 785
manicherhande blumen
der ich nit inkan genümen.
der uogel saue wirt olfenbor,
inde die lucht wirdet cloer.
uorgangen is vns og dat sure. 790
des vrout sig manich creature ;
der nog hait geweset bange,
die vrouwet sich bit blidem sänge.
also willich e it lanc
van vrouden sengen nuwen sanc. 795
Hie^singet Magdalena
Alle creaturen
vrouwent sich der liuer zijt, ,i
rosen blumen hure :
siet man springen wider strijt.
si woren versunden, 800
si hant or leit vorwonden,
sie dun uns den sumer kunl.
241' susze, suuerliche,
werde ich vrouden riche
dal deit mir diu roder munl! — 805
nu hait ir van der zijt gehört
77fl. /, inde in 800. /. verswunden
MNL. OSTERSPIEL. 329
beide, sanc in wort,
im mut ir vorwert leren,
wilt ir den sen keren
ze minen worden reichte, 810
juncvrouwen ende knechte,
went min lere si is guet;
ig han ir seine decke besuet
bit vrouden ende bit schalle,
dar urabe rade ich ug alle 815
dat ir willet uolgen mich,
ig sal ug machen vrouden rieh,
nu schouwet alle gemeine,
grois ende deine,
wie ich schire minen lijf. 820
als ein w^nnencliche wijf
sich van reichte ciren sal
an iren lijf, al ouer al,
also sult ir ueh ciren,
inde vren lijf orniren, 825
ende behagel machen,
dat mans muge lachen,
dus nemet einen spigel,
da ir reichte als in ein sigel ^
rauget ur gedene beschouwen. 830
beide, knapen ende iuncurouwen,
ir sult au ure liende trecken
zwene henszen, ane vlecke,
die uch die heude wale bedecken.
241*^ ir sult ouch umbe ur houet strecken, 835
ir iuncvrouwen, ein quac,
de uch ur hair al sunder lac
muge leigen ende richten,
bit eime kambe sult ir slichten,
dil is sicher die lere min. 840
ir meide, ir sult ug halden üu,
als ig duen, intgeen die knechte.
807. inj /. inde 808. leren ist lernen. 813. besuet] besoect.
820. /. cicre 830. gcdaente, gestalt. 837. gebreck, lack;
(lel'ectus, macula. Teulhonista 39".
330 MNL. OSTERSPIEL.
beschouwel luiu gedeiie rechte,
ich wil ug sagen we ich si.
edel bin ich ende vri, 845
ouch ben ich wale bekant,
Magdalena ben ich genant,
(ich in hans ingeine schäme).
31aria is min reichte name.
ich säen uch sunder waen, 850
Magdalum is mir vnderdaen,
eine burch herlich ende guet,
dar vmbe vrouuet sig min nuiet.
Lazarus de is min bruder.
ich in haen vader nog müder, 855
sunder mine suster eine,
siet, dit is si die ich meine,
si steit enen dore gelich,
des gebaut ug ane mich.
went si weis eine ander zale 860
die mich nit en beuellet wale.
Martha zu Marien spricht - -
3Iaria, du sais dat min zale
dich nit beualle wale.
242'* weis du, war umbe dal dat is?
ich wil dirs machen gewis : . 865
went dich nit in is bekant
got, nog van ime gesant ■
troist ende minne,
dat hais du dine sinne
an der werelde rum gelait. 870
des inbes du nit wale bedait
dat du dine sinne dig leis drigen.
die werelt inkan nit dan ligen
inde bit sunden umbe gaen,
dar ane will du volstaen. 875
des is din name sich verwandelt
went du dich dus hais gehandelt.
8i9. Magdalum, v.astnnn in littore maris Gulilaeae, ac in tribii
Zabvlon, a quo vohtui Mariam, de qua Math. 27. 56, Magdalenam esse
iiominatain. s. 63" des anhanss n/r l'vlgata, Paris. Dezallier 1702. 4.
MNL. OSTERSPIEL. 331
Maria sulde man dich nennen
so moichte man dich bekennen.
der ewangeliste hait uns gelert 880
dal din name si umbe gekert,
ende sis eine siinderinne genant
wijt ouer alle die lant.
Magdalena zu Marthen
War umbe is mir benomen
min name wat so mag dat vromen 885
dat ig min vroude sule laizen
of miner vrouden mig gemazen?
Martha zu Magdalena
Maria, ich wille dirt sagen
went du mig beginnes vragen.
dine vroude in is nit gut, 890
wanl si is ze umbehiit.
si is suntlich ende vnreine,
242"' si is ouch alze sere gemeine.
want suntlich werc sin veruuazen
van godis munde ; wolt du si laiszen, 895
ig wil dir dar zu geuen rait
wie si dir sulen dünken quait.
Maria zu Marthen
Ja, liue suster min,
rait mig up die truwe din
al dal mich mag wesen giiet, 900
wanl mig dunkil ig ben vnurut.
Martha zu Marien ' .
Wolt du dan uolgen niiner lere?
Maria zu Marthen
Ja ich, nu ende immermere.
Martha zu Marien
So höre mig wale ende uirstant: '
spigel, hcnschen ende gcwant 905
sali du balde van dir duen.
dun sali og nimmer geruen,
883.//'. Klwa min name, of wut mag dat vromen dat ig — gemazen '*.
überhaupt schcini die ganze stelle v. 874 — 884 mehrfach verdorbpn.
332 MNL. OSTERSPIEL.
dun sulis suken deu heilant,
de van liirael is gesant
VHS zu eineu Iroiste. 910
he was, de irloiste
Israhel van Egypten lauge,
he was, de on och sande
van den heimel dat suze broit
in der uusehten, si haddens noil. 915
nu es he up ertriche kiinien,
also als wir haen uirnümen,
ende wilt zu ime bekereu
den sundere bit siner leren,
he cleit zechen manichualt. 920
an ime gelouuet ifinc ende alt.
nu so salt du up staen
inde uollencliche da hine gaen
da du vendis disen here,
Jhesum, den irlosere. 925
he sal dich macheu sunden vry
ende troislen och dar bi.
Maria za Marthen
Marta, ich begenne z' uulen
wo diese wort hine sulen.
got deil mig sine genade schin. 930
si vliszen in dat herte min
als ein riuir nu ze'stüut.
gebenediet so si diu münt.
ich wille min herte keren
na alle derre leren ' 935
die Salomon der küninc,
de uil wise iuncgelinc,
bit sinen raiinde gesprochen hail.
dat dunckit mir der beste rait.
he sait van der idelcheit, 940
da die werell mit ümbe geit,
dat sy quait si ende vol sunden.
nu willich anders mig Vormunden,
ich wille us duen dit gewant
{n-i. I. liiiid.' 915. /. woesten 920. /. deil
MiNL. OSTERSPIEL. 333
da ich niide ben geschant, 945
iiule wille di sunden vorwerl laiszcn.
IUI var, dattii sis uirwaiszen !
du hais iiiig decke gedaen leide,
spigel der unreiuicheide.
242' ich wille zen spigel gaen 950
in deme die gedene staen
reichte volmacht ende wale,
da man sich alzemale
in beschouwe sunder leit, —
dat is die driueldicheit. 955
Hie biddet Syinon der siehe Jhesum zu esse?ie mit ime.
Here ende nieister min,
ich bitte dig, ouet muge syu,
dat so la mich al hie wessen,
of du dar hem wls kiimeu essen.
.fhesus zu Symone
Ja ich, Symon, dine spise 960
vorsaen ich nit in geiner wise.
Maria Magdalena spricht
Man spricht einer hande zale > , ■
die han ich gehauden wale,
dat niman zu hone in sule knmen
(also as it haen uirnumen) 965
hene si chirst dar geladen,
of id mag ime wale schaden.
des in mach dog nit loiszen,
die sunden han mig so nerwazen,
^ an sal man wenich up mich ruken, 970
ig müz dar den gienen suken
den ig da kenne in Symons hus.
genant so is he Jhesus. :'
ich wille vallen an sin uiise
inde bidden also siize 975
dat he wille mins inlfarmen,
want lie is, de durg uns armen
wolde minsche geboren werden
van Marien up der erden.
957. /. of «'t 965. /. icl 960. /. zf irsi 970. /. al sal
334 MNL. OSTERSPIEL.
zu siuen uiisen wil ich gain 980
ende achen sinen riiche stain,
waut ich sain ug dat introuwen,
in dar sin anllitze nit beschowen.
Hie kämet Mai^ia Magdalena in S?/mons hus, inde g-ois
ir sahie up Jhestis houet. Dit sack Si/mon ende
spi'ach dus
[ch sieii mit den ougen min
dat mich ein wonder diinkit sin 985
van ime den ir meister nennet,
dat he dise niet enkeunet
die au sine uusze lyt.
he inkent si wale nyt.
were he prophete van gode gesanl, 990
so were si ime wale bekant.
si is eine sunderinne gemeine.
mich dünc dat he is wisse deine.
Jhesus Sil Symo?ie spricht
Symon, in wenig sal ig dir sagen,
dat in sal dir nit mishagen, 995
Symon zu Jhesu :'■
Nein id, here meister min,
sage mir den wille din.
Jkesi/s zu Symoti .•■.*.'•■
Zwene knechte schuldich waren
zu einen thiden hie beuoren
einen manne eine deine güit. ;, 1000
243^' des so waren si vnurut
. ; wa mide sit gelden moiten ^
of si zu der gülden doiten.
der ein was schuldich den seinen here
wiif hundert pennincge, inde nit mere ; 100.5
der ander nünzich mit reichte.
die zwene kneichte
ime gcgelden inkunden.
zu den seluen stunden
nam is der h*e gftde gedolt 1010
he uorlois in ire scholt.
981. /. achter sinen rugge
MNL. OSTERSPIEL. 335
im sage mig, Simon, sunder wanken,
we soride iiue alremeisl du danken?
Si/mofi zu Jhesu
Here meister, dat sain ich dir,
so dus willes vollen mir, 1015
deine he uirlies die meiste scholt,
alre meist was he ime holt.
Jhesus zu Symo/ine
Symon, du hais wair gesait,
inde dit vrdeil reichte uolbrait.
dit wyf sis du Symon wale. 1020
ich quam zu dir al sunder zale,
du ingeuis mincn uüszen niet
wasser, als dit wyf hie liet
hait gedaen bit iren treuen.
euch insalt du des nit wenen, 1025
si in haue gedrugel bit iren hare,
beide stille ende offenbare.
og is dich me uirgeszen
sent ig hire ben gesessen
2/13"^ des kussens uan dinen münde. ' 1030
> süg, al van der seiner stunde
dat si in dat hus getrat,
so hait si begangen dat
reine ende susze,
inde gekussct mine vüsse. 1035
du in salt dig nit müden sere,
ig wil dich vorwisen mere.
sent dat ich zu dir ben kiimen,
so hais wale min wort vernomen
van disen dat hire is geschiet. 1040
uu in hais du Symon niet
min hoit begossen bit der saluen,
diese hait mig in allcnthaluen
mine uüze gesaluet wale,
dat sult ir wissen al ze male. 1045
dar umbe säen ich dir dat,
«ilzehant up dieser stat,
1013. du =: (ioe. 1031. süg a7. sie, vidv. oerg/. '20(5.
336 MNL. OSTERSPIEL.
dat si der süiiden genade vint,
wanl si van herten sere mini.
Maria du saut up staen 1050
inde vort in vreden gaen.
din geloue hait dich gesimt
geniagt nu zu diser stunt.
Jhes^us zu sinen aposteleu
Ir heren, laist uns up staen,
dat dunkjt mich wale gedaen, 1055
inde laist uns gaen in dat lant
dat Judea is genant.
Petei' zu Jhesu spricht
Meister, wat soude dig dat gedaen?
243** du bes ze kune, als it verstain.
wat wiit du da mide meinen? 1060
die iuden wouden dig dog steinen.
Jhesus antwort
Noch wist ir wale, dat it sin
zwelf stunden an den dage schin.
so we bit den dage wandelt,
he is de sich wale handelt. 1065
wilt he euer in der nait
gain, dat si uch gesait,
he müz an den wege sneuen
went he dat lyt hait begeuen.
Maria Magdalena
Höre her zu mir, iungelinc. - - ^ 1070
ich wil dir sagen ein deine dinc.
wolt du uns ein boitschaf driuen?
einen brif sule wir dir scriuen
zu Jhesum, unse herc,
de inie sal clagen vns beswere. 1075
De bode zu Marien
Ja ich, vrouwe, ich ben bereit.
loen mir minre arbeit.
Maria zu den bode
1059. l. ict 1006. aver, aber. 1068. sncuveii, deßcere,
vacillai'e, adi^ersa pali. KU. 1069. /. liclit. vergl. 1184.
MiNL. OSTERSPIEL. 337
Üinen Ion wil ich dir geuen
so mich got hehuet dat leuen.
D&v bode zu Jhn.su
Höre, meister ende here, 1080
ich säen dich eine nuwe mere.
dich enlbident ende dun künt
zwa gesusteren nu zestünt
di dich han usser maissen lijf,
244" si sendent dig disen brijf, 1085
inde entbident dich dar inne
hören dinst ende höre niinne,
inde willen dat dir si kunl
dat ir bruder is ungesunt,
Lazarus, der vrunt din. 1090
des du ime dine helpe schio.
Jliesus zu den bode
Die suchde sal wesen sunder noit,
1 sine sal nit dragen zu der doit,
mer an ime sal sin gemeert
godis name, ende ouch geert. 1095
Jhesus zu den apostelen
Nunc niuge wir nit langer staen,.
wir müssen da hine gaen ;
zu miner liuer uründe hus.
alda slefet Lazarus.
den so willich, of ich mach, 1100
inlslafen dün up disen dach.
SenU' Pete)' zu Jhesu
Ilerc, wir venden dat geleissen :
slefet he so is he genesen.
.Uiesus zen apontelcn
Ich wilt ug sagen offenboer
(want ig weist wal vorwoer) 1 105
dat he doit is ende begraiien.
dat wil ich uch nu sagen,
inde wil mich vrouwen sere
vmbe uren wille immermere,
vp dat ir gelouuct des. 1110
ine was da nit, des sijl gewes.
Z. F. D. A. II. 22
338 MNL. OSTERSPIEL.
2/iA^ Seni Dummois zen apostelen
Owie ! got ende here,
dit is uns eine kranke mere.
geit dane, gesellen, loist uns weruen
dat wir bit ime mögen steruen. 1115
des so is uns groisse noit.
decke reikede he uns sin broit,
inde sine susteren beide.
des is mir alze leide.
Hio kumet der bode ende sait Marthen dat her Jhe-
sus kume.
Martha, du salt up staen 1120
ende balde her us gaen.
nit en mache lange merre,
Jhesus in es henne nit uerre.
Martha loiifet intgein Jliesu.
Here, vns hait gewesen bange,
dal du van uns also lange 1125
hais geweset sunder noil.
;,!<,■; nu so is uns bruder doit.
wers du bi uns bleiuen
behalden, so hedde he it leuen.
idoch so wisse wir al gader, 1 1 30
wat du biddes dinen vader,
dat he dinen wille deit,
want sin rait an dir nu steil.
Jhesus zu Marthe?i
Hall dich des al sunder waen.
din bruder, he sal up erstaen. 1135
Martha zu Jhesu
Ich weis dal wale, dat he sal
244" vp erstaen, hait heis geual,
also ich han virnümen,
als got zen urdel wil kumen.
Jhesus zu Marthen '•■
Dal uperstentinisse ben ich. 1140
des sali du gelouuen mich,
>iti inde in der wairheide bekant. * -
dal leuen ben ich og genant.
MNL. ÜSTERSPIEL. 339
we gelouuet ane mich,
were he doit, he wecket sich. J145
ende allel, dat da leuent es,
so id gelouft (des sijt gewes)
all mig, he instiruet niet;
want ich ben dat geware lijt.
Martha geloufes du des? 1150
Martha zu haut
Here, ich bens gewes
dat du bes godis süa genant,
de in dise werelt is gesant.
Martha zu Marien
Maria, ich san dir iiue mere,
dat linse meister ende unse here 1155
is kumen zu unser sericheide.
nu stant up, ende la uns beide
heimeliche zu ime gaen.
ich hau lange bi ime gestaen
inde ime geclaget vnse noit 1160
dat unse bruder si nü doit.
stanl up ! he ruft dich alzehant. ' • ;
vnse ruwe is ime wale bekant.
244*^ Maria ginc zu Jhesus. dit sach ein iude inde
sprach
Mich dune Maria is up gestan.
zu den graue wilt si gaen 1165
inde iren bruder weinen,
Lazarum, den reinen.
wir willen alle bit hoire
zu den graue gaen her uüre. )
Uli Maria unscii here nach, du vil si ze siueti aussen
ende sprach
(Dne, si hie fuisses, Lazarus etc.)
Vrünt, here ende meister min, 1170
wa hais du so lange gesin?
hetz du bi uns mugcn wesen,
rj ■ so were uns bruder wale genesen.
Il5ft. serichoclc. Irauor, uiiiiliick. rcr^l. Hiiydtc. op Stoke h. 3 v. i.
22*
340 MNL. OSTERSPIEL.
Jhesus zu Manen
Sait mir, wa liait irne gelail?
Maria zu haut
Here, dat si dir gesait! 1175
will du bit uns da hine gaen,
wir dun dich kurteliche verstaen.
Der irste iude
Vor wor si uch dat gesait,
he hail sine minue an iine gclait.
des duukit niig, hen kans geloissen, 1180
he weinet inen usser moissen.
Ein afider iude
In künde he dat nit gsraachen,
de bit als gemelicher sachen
deme blenden wider gaf sin lijt,
dat Lazarus in sturne nijt? 1185
Jhesus geit zen graue
245^* Tastet ane, hefl up den stein.
Martha ze haut
Ey here, durg got nein !
(Martha singet ende spricht)
(Ecce iam fetet, quadriduanus est)
Here, id is hude der uirde dacli
dat ine her in legen sach.
Jhesus zu Ma7'theH
. ■ Martha, ich säen dir minen sen, 1190
dat du niet en suis zuiuelen
of du wolt sicherliche
beschouwen godis riebe.
(Hie hil Jhesus sinen vader)
Vader van himelriche,
ich danc dich sünderliche 1195
aller genaden der du mig deis,
want ich dat wale weis
dat ich van dich ben gebort
iude nie mine beide inwart zeslort,
dun dedis minen wille 1200
offenboer ende stille.
Uli biddicli dig als minen vader
MNL. OSTERSPIEL. 341
vmbe diser wille alle gader
die hie umbe stände siju
dat diiie gotheit werde schiu, 1205
ende dat on allen werde bekant
dat ich van dig ben gesant.
(Euer Jhesus)
(Lazare, ueni foras)
Lazare, du salt up staen
inde usser diseu graue gain.
loist ime af die bende 1210
an uussen ende an hende.
Hie sendet vnse here sente Petere ende sente Johanne
vmbe eine eselinne.
Peter ende Johannes,
in di slat di uor uch es
sult ir al beide gaen,
da vent ir eine esselinne slaen 1215
inde ire iunc gebunden,
die brenc mir nu zu stunden.
will dat iman widersaen,
sait, ur meister wil si haen.
Sente Peter zu Jhesu
Here dat si gerne gedaen, 1220
na den eissei wil wir gaen. - i
Der bodc zen apostelen
Ir hereu sait, wat sukit ir hi?
war umbe inbendit ir dit vie?
Sente Peter zu den bode
Gut man, uns meister sal drüp riden.
dar umbe in salt du it nit beniden. 1225
vor woer salt du wissen dat,
he hait ze dune hie in der stal.
Der bode zu deine volke
Hort ir heren eine mere,
hie kumet Jhesus, der lerere,
her zu ug gereiden, 1230
einen eissei hait he beschreden.
dunkit ug allen gut gedaen,
intgegen ime wil wir gaen.
342 MNL. OSTERSPIEL.
Ey7i pha7'iseiis spricht
245" (Aue rex nr fili Dauid.)
Willekume sijs du here,
der werelde scheppere, 1235
van Israhel kuninc herlich,
Dauites sun geweldich.
du bis van dines vader haut
vns zu troisle gesant,
als der propheten bugge han inue, 1240
van dei' w^erelt aneginne.
des sis du gebenedijt
van nu vort zu aller zijt.
Di kindere süngen gloria laus.
(Gloria, laus et honor tibi sit)
Hude si dir lof ende ere,
Crist, der werelde losere, 1245
r I in deine dat di kusche iuget
in dir sere wirt erhuget.
ebreis vole kümt dir intgegen
mit palmen ende blumen allerwegen
inde gert dat it dich intfange 1250
beide bit loue ende bit sänge.
Hie dreif hei' Jhcsus us den templc die kqßude
Ir misdedige, henne vlijt!
in disen tempel insult ir nijt
driuen meisdait ende rouf
nog uorweselen vren kouf. 1255
Hie bleif her Jhesu in den tempel, ende ?iiman inba-
den zu essene sunder Martha.
(. Here, wilt du mit uns" gaen ti
245'' inde dat in guet uirstaen
dat wir han in vnsen hus, -
da is vnse brüder Lazarus. . . .»vk. ' a\
da wil wir dir in güden trüwen 1260
deilen des uns is uirluwen.
Jhesus zu Marthen ;- ;
Vor Martha, gerne willich gaen
mit uch essen, ende Infant
1201. verliehen. 1263. /. ontfaen ■'-'■■ t\:*'y\-<^\\}^ ■ .
MNL. OSTERSPIEL. 343
des ir liait in vren huse 5
indc wir venden Lazaruse. 1265
Maria Magdalena kumet in Sijmons Jius, da her .fhe-
sus saz-, ende g'ois ime up sin honet aromata dal
gecrude. Dil sag Judas ende spj^ach
Dil werc Las acliter bleuen,
vnibe dil gecrude were gegeuen
zu llchtea gedinge
dri hundert penninche,
ze geuene den armen 1270
der man sich sal irbarmen.
Jhesus antwort sinen iiingeren
Gedougel ug, laist bestaen !
want si hait wale an mir gedau.
bi ug sult ir alle zijt die armen
venden, der laisl uch irbarmen. 1275
mich in muit ir uiet sien
in aller zijt, dat müs geschin.
dit is bekennisse,
dat man hi ane wisse
bedutnisse van minen graue, 1280
246" inde ich den doil ze lidene haue.
Ein phariseus, ein inde, sprichet das
(Quid facimus, c^uia hie . . .)
Ir heren, wilt ir nemen rait
vmbe dat sich hi erbauen hait?
hi in disen lande
hell sich eine nuwe schände. 1285
hie kumet des diiuels bode
inde mach sich zu einen gode. ,, , , .vV
vch allen is he bekant.
Jhesus is he genant.
sin vader was eyu cimmerman. ^ , 1290
ig weis dat wale dat heue wan
an eynen wiue Marien. .,, ,;V\
sins wille wir uirzien.
sin koggelspel dat is so grois
1278. betekenisse? 1293. sins willen wir versien, n'ir wollen
uns vor ihm vorsehn, versien prospicere, vavere, praecavere.
344 xMNL. OSTERSPIEL.
ine weis uirgen sin genois. 1295
uuwens so hait he gedaen
(lat ime eyn dode na gaen.
dat is de seine Lazarus
de hude mit ime in sin hus
zer tafelen hait gesessen 1300
inde hait gedrunken ende gessen,
des nie inplagen ander doden.
helpe wir vus vs diser noiden!
inde dencken, wie wer den rait gegeueu
dat wir benemen ime sine leuen ; 1305
want zu grois wirt sine gewalt.
ime volget junc ende alt.
virnement dit die Romere
aldus gedane niere,
246'' si nemeut vns dat lant, 1310
inde antwordent in vremede hant
vuse wijf ende vnse kent.
here Cayfas, nu vent
eynen rait de vns si gut,
da mide wir wale sin behüt. 1315
Cmjas antwort
(Expedit nobis;
Er heren, mirkit alle
of uch min rait beualle.
wir sien dat volc irre gaen.
dan dunckit mir nit gut gedaen.
besser ist dat eyn man sterue 1320
dan die werelt al vorderue.
Der irste iude sjrricht
Nu hört wat ich dar zu sage :
niet an den heilichen dage
iusull ir dis begennen,
wilt ir den man vorwenuen. 1325
Hie kumpt Judas zen rade
Alleiue inplit mans nit ze hone,
ich muz dog mit vrloue
■;■' ' 'V ^ mich zuchen an diseu rail.
ich weis wale wa it hine galt.
MNL. OSTERSPIEL. 345
ist als ich gemirken kau, 1330
so geit die reide Jhesum an.
will ir reichte stan dar na,
ich wen, it iig andirs nil vorva,
ir inweruet mine minne,
dat ine uch gewinne. 1335
ich were ug harde gut daran.
246"" he is ein sere wis man.
he is uch decke entgangen
als irne umbe vangen
haddet alle gemeine, 1340
inde up ime druget steine.
nu siet wat ir mir willet geuen.
he wirt ug wale, sal ich leuen.
CayJ'as zu Judase
Judas, dine zale
behait mir sere wale. 1345
wilt du uns bit truwen weruen
so in mait du uit verderuen.
vnder vns haen wirs geual.
dan af in mache ingein geschal.
wilt du ouch gedinge machen 1350
van aldus gedaner Sachen,
wir geuen dir uil schone
drizsich pennincge zu lone.
Judas wider .;
. Da in rede ich nit wider.
gef mir nu ende euer sider. 1355
berichtet vre knechte
dat si mirken reichte,
so wen ich küsse vor sinen raunt
den grifet ane zer seiner stunt.
nu hört wat ig hie mide meine 1360
dat ich hie dus kume alleine
inde ich ualle in vren rait,
went id is vmbe vndait.
dat mich soude vrümcn
dat is mich bcnümen. 1365
\:Wi. I. ende ii
346 MNL. OSTERSPIEL.
246' Maria quam van vruade haluen
mit einer kostlicher saluen.
si were so wo mare hedde begerl
drihundert penniuche wert.
die gois si in implit. 1370
dat in behade mir nit.
des was ich ein kemerere.
of si virkoit were
so were der tinde penninc min.
der penninche sulden drissich sin. 1375
id sule mig hinderen oue vrümen,
des schaden willich na kümen.
CayJ'as zu Jiidase
Judas, du reides reichte.
we mich in schaden brechte
des wolde ich immer na kümen, 1380
id solde hinderen oue vromen.
nu du vns dis Sicherheit,
dal war dit venden al gereit.
Hie sendet her Jhesus si?ie apostelen in eine stat.
Peter inde Johan,
Jacob, mine villeiue man, 1385
in die stat sult ir gaen.
dat sult ir wissen sunder waen.
dat sult ir venden hude
eynen man den ich ug dude.
he dreit ein legellen an der haut, 1390
. vol Wassers, dat si ug bekant.
ir sult ime sagen mere,
dat ur meister ende ur here
wile sin paschen
(es fehlen mehrere bl'dtter)
IM" of ich der niartilien möge in sijn 1395
voirhussen, oft si der wille dijn.
niet na rainen wille, vader,
mer na den dinen allegader.
1370. in ontplit ? unbedachter wetsei' plief, cura, observatio, Hilian
MNL. OSTERSPIEL. 347
Hie unse* here loider ende vint sine iungere slafende
ende sprach
(Symon, dormis? Non potuisti vna hora vigilare me-
cum, et ludas non dormit. Quomodo non dormit,
sed festinat me tradere Iiideis.)
Slefes du Peter, liue kent?
die wort van mir gescreuen senl. 1400
also sint si volle brait
hint, an dire seiner nait,
van einer enstelicher Sachen.
in moites du nit in wenich wachen,
als Judas deit, de sich bereit 1405
wie hie die Juden an mig geleit,
inde begint dar streuen
dat he beneme mir dat leuen.
ir sult ur slafen laissen stan,
inde rufen minen vader an 1410
dat uch der duuel nit bekore.
der geist, de is gereit doch zwore,
ouch wie der licham si ungesunt,
den doit zu lidene nu zerstunt.
Hie geit uns here anderwerf beden.
Herteliue vader min, 1415
of id nit anders in mach sijn,
dat ich nit inraag intwenken
ine mnsze van disen kelge drenken,
247'' ig in wille die martilie nit entsien,
din wille müsze an mir geschien. 1420
Hie kurnet unse here, ende vindet sin iungere sla-
fende, ende geit sich dirdewerf beden up den
berg.
(Pater, manifestaui nomen tuum etc.)
Vader, ich han in aller stünt
dinen name gemachet künt
den luden die du hauis mich
gegeuen, vor die bid ich dich.
in in wille nit rufen ane " 1425
/. Hie coml unse
348 MNL. OSTERSPIEL.
vnibe die werelt dineu name.
went ich zu dich sal uaren, vader,
so bidde ich vmbe inine vrunt algader.
Hie kumet Gabriel ende troistet vnsen here.
Here Jhesu, durg dine gude
nu Salt du din vngemude 1430
loissen ende och dine clage.
vorstanl ende hör wat ich sage :
dir inbudet sicherliche
din vader, got van himelriche.
ich ben as van ime gesant 1435
eyn bode, Gabriel genant,
de ze diner müder
Marien der guder
wart gesant vm des minschen noit.
dar uinbe so müz du den doit 1440
liden, de dich sal geschin.
van dinen vader is he vorsien.
247' den müz du doigen nu zestunl.
war umbe it is datz dir wale kiint.
dar umbe la din ungedout. 1445
id is umbe die irste schout,
di da in den paradyse
sich irhuef in maniche wise.
her umbe müst ze rade gaen
got, din vader, sunder waen, 1450
wie ende mit wilcher Sachen
fv- : ; den minsche wider vri moichte machen.
^ he sig du genande,
^ Jhesu, dat he dich sande,
inde gaf dir dat ze dune 1455
dat du suis machen süne
tuschen dich ende dinen vader
inde der Averelt allegader.
nu ist kimien an der zijt
dat zebrochen wirt der strijt, 1460
• , ' want du hais die sune vorbrait,
als hie vore is gesail.
nu Iroisle dich Jhesu, liue name,
MNL. OSTERSPIEL. :M9
du Salt liden simder schäme
vmbe des minscheii wille den doit, 14 05
ende stürzen och din blut roit.
dan sal dich nit wesen leit,
want van dir gescreuen steit
dat du suis werden sunder noit
geleil als ein schaif zer doit. 1470
nu valr ich wider in dat lanl
dan ich here ben gesant.
J-nsc here zu den apostelen
247 '' Slafet kinder, nemet raste ;
Judas de so nekit vns vaste
mit allen den viende min. 1475
steit up, laist ur slafen sin !
wat so sal die lange rue?
dis minschin sun der wirt itzu
getreckit in der sunder haut.
vrunt, dat si uch bekant: 1480
we so hait zwene rocke
de so loufe uppen stucke
virkoufer einen ende gelde eyn swerl.
des is urber ende wirt begert,
weme id sie lief oue leit. 1485
went alse gescreuen steit,
ich sal den schaef hirde slaen,
sin schaef sulen gesprcdit gaen.
inde als ich uperstanden ben
vor gaen ich uch in Galileen. 1490
Sente Peter zu Jhesu
Here zwey swert sinl hie.
Jhesus
wat wolt du dat der mit geschie?
Peter, der is gnuch der niide.
gedougc wir uns nu zu siede.
Judas zu den luden lief.
Ir heren, hört wal ich ug sage. l/i«.).")
id is iezu vor dcnic dage
dal Jhesus in gcbcde
liet, na unsen sede.
350 MNL. OSTERSPIEL.
will irne vangen oue slaen,
so must ir balde bil mir gaen. 1500
Dit horten die luden ende
Et uos similes hominibus. etc.
bl. 3" Dese wort spreect onse here te sinen jongeren ende
teen igeliken menschen, ende spreken de wort aldus in dit-
schen: gi sult gelic sin dien menschen die beiden hares he-
ren, die geuaren es ter bruloyt, dassin gereet inlaten. dese
brudegoem es got, ende die brut es sin menscheit. die hef-
ter te himel geuurt. ende in den iuncsten dage so wilter
her weder comen. ende sprect onse here in den ewange-
lien : siet dat gi bereet sijt, want gin wet nit wanner nog
welges dags des menschen kint compt. dats dar bi want wi
alle Iweere mehschen kinder sin. ende hi en es nit dan
enes menschen kint ende gots. ende daer tue dwangen die
M. dassich got mensch macde, ende die menschen te gode,
als dar vore steet, dar onse here sprect, dat wi gode wer-
den, dat macde allene die m. want m. es so edel ende so
werdech, dasse den menschen ane allen dengen gode gelic
mact, in der maten dat hi henie gelic mag werden, nu sprect
hi dat wi gelic sulen wesen dien menschen die beiden hars
heren, die geuaren es ter bruloyt, als hi weder compt, das-
sin gereet in laten. ende die dus hars heren beiden, si su-
len drie denc hebben, wille sis wale beiden.
Dirst es dasse waken sulen. ende sulen waken dor drie
denc. dirste darse orabe waken sulen dats dat hen nit ver-
stolnen werde, dander es dat hen tfür nin verlesschc, op
dasse heme ligl eniegen brengen. terde es dasse bereet sin
den brudegoem in te laten. — si sulen den irsten waken
dat hen der scat nit verstoln en werde, dar af sprect s. Pau-
lus: wat maech ons Aerstolen werden dan die sile? derre
MNL. PREDIGTEN. 351
wacht der diuel lallen tiden, datier ons die verstele. ende
bidien sleel ons vlilelic te waken dat wi die behuden. wi
Silin oec waken op dal tfiir nin lessche. dit für en es an-
ders nil, dan die genade ons heren. ende dir genaden sal
der mensch dogenllike wagten ende plegen, ende sal telken
liden dir genadcn tu leghen mit guden werken, mi lest in
den auden wet, dat gol geboet dat elken tijd een vur bernde
in den altare, ende der hude van den wette sult dat vur
maken, ende alloes tu leghen dat nin verleschde. geliker
wis es ons gebodeu, dien de genade ons heren in den her-
len bernt. ende der hude van den wette dat es des men-
schen beschcidenheit. die sal dat vur der genaden sloken
met guden werken, ende sal die dogde vffenen vlitelikc, die
heme got gegeuen heft, met singene, met lesene, met bedene,
ende met eenre igeliker guder arbeil, als vele als hi vermach,
ende na dien dat heme got genaden heft gegeuen die sal hi heme
weder geuen. want en will hi die genade nit vffen so menret
se in gode. alsoe sprect s. Paulus: gefl weder die genade gode,
gi verlisse anders, onse here sprect oec in den ewl. : so wi die
genade verbergt, dire van gode heft, ende nit en vfTent, die
nempl hi heme ende gifse een anderen, darse nutler es. die
prophete sprect : in wil nemmer rasten eer ic come in die
heilecheit gots ende an hare dat iuncste. also sprect hi sei-
ner in Apoc. : ego sum alpha et o, ic ben begen ende ende,
ende also sprect der prophete dat hi nemmer en raste, hin
com ten begenne ende ten ende dal got es. hi sprect oec
meer: viemor fui, ic gedagle ane gode, ende mi weder vu-
ren drie denc. due ic ane gode dagte due losts mi, ende
bidien vffendic gude werc, ende mi tevloel min gest van dir
sulecheit die ic in minre gedechtcn ane gode vant. uii les!
van der coninginncn Hesler, du se vor den coninc Assuerum
sulde gaen, due cruerelse hare sere. want der coninc had
dien sede, wi vor heme quam ongerupen, hi must den doel
liden. ende tenen male must die coninginne vor heme comen
ongerupen. ende due ciretse hare met edelen clederen. ende
du se vor heme sulde gaen, due vurlse eene joncfrouwe met
hare, die hare die cleder op ligde. ende du se den coninc
ane sach, due dogl hare dasse der coninc een deel verbolgelic
352 MNL. PREDIGTEIN.
aiie sege, .ende verscoet alsoe sere (lasse al bleec wart, ende
neigde sich op die joncfrouwe. bi den coninc Asswero es
betekent onse here Jhesus Christus, ende bi der coniginne
Bester es betekent die sile. want als die sile begint te ge-
denckene aue gode ende ane die schoenheit des himels, so
en rast die sile nemniermeer, eerse met hare gedegten come
vor gots stul, ende stict dan har ogen in din godeliken spi-
gel. ende alsoe als mi lest van der cög. dasse verscoet,
due har dogle dasse der coninc verbolgelic ane sege, alsoe
geschiet der silen, alse met baren gedegten vor gode compt,
ende sich got an sulker maten geft te bekenne, also dasse
sin anschin bekent, ende van dien anschine verschit die sile.
ende bidien dat der coneginne dogte dat har der coninc een
deel verbolgelic ane sege, bi dir bolgescap es betekent ene
wandelinge dis anschins. die wandelunge geschiet als die
sile hare oegen stict in gode, ende sich got har geft ter-
kenne. so verscit die sile, inde der lighanie verlist al sine
cragt, ende trect sich dbuet (/. tbloet)allet enwert. want therte
heft so grote beruringe ontfaen, dat der mensch bleec wert,
ende neigt sich dann der geest op den lighame ont der mensch
wider te sich seiner compt. terde, darse ombe waken sulen,
dats dasse gereet sin den brudegoem in te latene als hi compt.
alsoe sprect onse here : ic sta, ende cloppe tes menschen
herten. selech sinse die mi in laten. met hen willic ho-
getide hebben. hie sprac oec in der m. büke, du mi op,
min liue suster ende tortelduue, ende laet mi hogetide hebben.
Dander es, si sulen wale gesiert sin als danschin stem-
peis, ornaverunt faciem templL mi lest in den auden wet
van den temple, dat was gecirt met güldenen cronen ende
met güldenen scilden, ende waren ane die orde des tempels
ombehange op geslagen met güldenen vingeren. gelikerwis
sal der mensche gecirt sin. dat sprect s. Paulus : onse
lighame es een tempel des leuentgen gots. sent wi nü een
lempel gots sin, so sulwi gecirt sin met eenre guldenre cro-
nen. s. Jo. sag ene vrouwe, die hadde die sonne tenen
cleede ende den mane tenen vutscemele, ende was gecroent
met XII ligten sterren. hi sprect oec: ich sach een teken
an den himel, dal was wonder groet, ende was ene vrouwe.
MNL. PREDIGTEiS. 353
det möge wi betekeu anc onser vrouwen. vvant si badde
vvale die sonne tcncn clcde, du se die ewege sonne onlünc,
ende si ende got eren gemeinen son te gader liadden. si
liadde oec den mane tenen vulscenielc. dal was die hose
werelt, die Iiadse versuiaet. si was oec gecroeut ende es
noch gecroent in himelrike mit xii sonderliken eren. ende
dat hi sprac: ene vrouwe een wif", dat meint lii dar mede,
dasse müder ende magt es. wi mögen oec dese betekeninge
keren ane ene igelic sile die gots tempel es. die sonne, dar
die sile mede es gecleet, dats die gre, die onse bere den
guden menschen geft in den gebede. die mane, dats die böse
werlt. die sal der mensch versmaden ende vlien. als S.Pau-
lus sprecl: mi es die wcrclt le meste worde vor min oegen.
regte als of hi sprake : ic hebbe die werelt so verworpen
ende versmaet, dat ic nit meer op bare en agle dan olTe een
mcst wäre, darna wert die sile gecroent met eenre cronen,
die bclt XII sterren. das sin xii gemein sterren des himel-
rics, die een igelic mensche heft dire oc ni beft (?). bi ge-
winl VI sunderlike vroiide ende gecirde an din liue, ende vi
an dir seien, aldus sal die sele gecronet sin, die gols tem-
pel es. wi sulen oec gecirt sin met güldenen scilden, alse
dat lempel. also sprac Dauid, doiiiine ut scuto. oy here,
du best mi gecroent metten scilde dins guden willen, an den
seilt sin drie orde. dar bi es ons dit betekent. en ort dat
sin ons beren gebot ende sin leringe. die sal der mensch
vlilelike hauden, ende sinen rade na volgen. dander ort es
ene igelicke regele, terde es die setlinge die mer ons sei
ende heit. dat sal der mensce gullike ende vrolike behau-
den, ende sal sin herte dar tu ordeniren, dat willeglike ge-
horsam sie sinre mccsterscap ende sire ordenen. alse der
mensce dese drie ort heft so es bi wale gecirt vore gode,
ende es een tempel des leuende gots. dat tempel was oec
gecirt mel iiij ombebangcn. dal sin iiij dogede, die der men-
sche sal hebben die gots tempel es. der erste es outfarme-
cbeit, die der mensche sal hebben ouer enen igeliken men-
sce, alse uerre alse hi mag. ende sal mel enen igeliken men-
schen dragen wat so beme mescomt, het si an Jiue, ogte an
seien, ogte an herten, ende sal uor beme bidden. der ander
es gehorsamheit, die sal der mensce willeglike Icslen, met
Z. F. D. A. II. 23
354 MNL. PREDIGTEN.
herten ende mit liue. der derde es geduldecheit. der mensce
sal gediildeglike sine ordene dragen ont in den doct. der
uirde onibehanc ende der leste, dats otmuet. der mensce
sal oelmudelike alle sine werc uolbrengen. ende sal ontfar-
mecheit, gehorsamlieit ende geduldecheit ciren met der oet-
mudeclieide. met desen vier onibehangen sal dat tempel gots
gecirt sin. ende dese oinbehange sulen op geslagen sin met
güldenen uingeren. also sal der mensce alle sine dogede
ophefen melter M"., ende sal sine sele ende gode te samen
nechgelen metter M". en geliker wis, alse een vingeren ront
es sonder ende, also es die M". sonder ende, want alse
alle dogede tegaen, so blift se stedeg. want sis eweg. mi
leset van Moyse, di wart geworpen in een water, ende wart
vonden op din watere, ende mi bragte dat kint der coni-
ginne, ende si hilt drie dage. bi din es ons betekent een
igelic geestelic mensce. Moyses sprect een mensche di vt
enen watere es getrecl. dat sin geestelike lide. di sin ut
yn watere getrect derre vlitender werelt. want geliker wis
alse dit waler ulit ende onstedeg es, also es die werelt allen
tid ongetruwe. also sprect ene wise urowe : wi uliten henne
alst dat water. also sprect die screft: een igelic dinc ilt dal
werde, ende dat sins sec nit meer en sie. also es die un-
getruAve werelt alse dat waler. vt din watere sin gestelike
lide gelogen in geeslcliken leuene. dar in sulense dri dage
weiden gaen legen dal himelrike. der erste dag es gans ende
regt ruwe. der ander dag es ganse ende regle bigte al der
Sunden, der derde dag es stedege bvte toten ende, mi leset
in den auden wet, dat onse here gebot dal mi een tempel
macte, ende dat cirde met drin uarwen. met witler ende met
roder ende met himel varwen. bi der witler uarwen es be-
tekent die kuscheit ene geslelike scanie. daraf sprect S. B*.:
ic weet ene liarde scone doget, si es gebeten geestelike
scame. si es harde guet geweten, si es een heimelic vrint
gols. si es een bchutinge der kuscheit, ende een sluel ende
een beginsel der dogede, ende ene bereidinge des herten,
ende ene ouergulde alre dogede ende alles gudes. bi der
roder uarwen es belckenl gedencnisse ons heren marlelen.
dar sal der mensce bedinken al dis dal hi dor ons leden hefl,
ende wie grole minne hi ons dar niidc toende. ende dar
MNL. PREDIGTEN. 355
sal sich die sele iierwen inettin blude dal ut slnen Herten
vloet. also sprect S. Agnelc: ons heren bluet es nii eae
uarwe an minen wangen. hofsce urouwen plegent sich le
verwene raet witter varwen ende met roder. also sal sich
dl sele verwen met kuscheide ende met gedenckenisse ons
heren martelen. dat lempel was oec gecirt met himel- var-
wen. dar raide es belekent begeringe ende M*., die wi su-
len hebben tin himelsce lande, ende die M". salt ons loenen
ende mit gode verbinden, also sprect S. Paulus: die M*'. es
een baut dar onse here bitter seien mide wilt gebunden sin.
S. Agnes sprect oec: die M^. es een sutebant: si bint gode
ende die sele sulelike te sanien. hi sprect oec: oy JVP. du
best ene edele doget, ende best die nit en begcrs allene te
hebbene. du deeist di al den genen die in der minnen sin.
so sprect dan S. Paulus: die IVP. es edel, ric ende gewel-
deg, ende slat also metter M". si mact den riken arm ende
den armen rike. ende wi sonder M*. es, die es arm, al wäre
oec alle die werelt sin. ende wie oec die M"" heft di es rike.
aldus sal die sele gecirt sin met drin uarwen alse dat tempel.
Terde es wie degene dun sulen, die hars heren beiden,
die ter brulogt es geuaren. dats dat si sulen geduldechlike
beiden, also dals lien nit en verdrite, of hi te lange mert.
si sulen geduldechlike beiden dor dri dinc. die geduldecheit
meret din loen. so der mensche geduldeger es in sinem bei-
den, so sin loen mere es vor gode. dander es, si jioget
die werdecheit. so der mensce merre werdecheit heft, so
hi hoger wert vor alt himelsce her. terde es si breit die
uroude des himelrikes. so der mensce merre geduldecheit
heft, so sine uroude mere es vor gode, ende an heme seiner
ende an alt himelsce her. also list mi van S. 3Iertcnc, die
was also geduldeg dat hi seide: here wiltu ic Icue, wiltu ic
Sterne, wat gi will dat willic, v wille gewerde an mi. mi
lest van enre urouwen, die hit Rebecca, die dnig Iwe kin-
dere, ende die kint cregen in der müder onder sig. bi dir
vrouAvcn es bctekent der gude sente Merten. die drng twe
willen, die cregen onder sig. dal was doet ende leucn. wat
gots wille wäre, dal dat oc sin wille wcre. were dal gofs
wille dal hi leucde, so wolde hi leuen, gode tedinste. wolde
oec got dal hi storue, so wolde hi stcruen gerne, op dal hi
23*
356 MNL. PREDIGTEN.
ter hiinelscer gelorien queine. gol geue ons guden wille,
ende din also te haldene dat sin ere ende onse orber sie.
Amen.
XXI
Dets wie sich got g^elict eenre blumen.
bl. MO* Be/loiun't caro inea etc. Alsus sprect onse here
dor dd. mont. min vlesch es weder gebloit. nu suldi mer-
cken dal sig onse here gelict eenre blumen, ende die blume
hefl ses bladere. derre bladere suhvi mercken drie ane sinre
mensheit, ende drie ane sinre golheit. ane sinre mensheit
was oetmudecheit, kuscheit ende gehorsamheit, onse here
Jhesus xpc was der oetmudechste mensche die ie geboren
wart, hi was also sere versmaet, dat noit mensche op ert-
rike so versmaet en wart, hi was oec der kuste mensche
die ie geboren wart, ogte emmer geboren sal werden, sin
wort, sin werc, sin gelaet, sin wandelinge ende alle sin le-
uen was also reine ende also kusch alst van regte wesen
soude. want hi es een beginsel alre kuscheit. hi was oec
gehorsam sinen vadere totter doet. want gehorsamheit ban-
den ane een cruce, ende schiet sine edele sele van sinen
lighame, ende sfunt an den cruce also iamerlike, dat sinre
liuer müder harte herle tebreken mogte. ende due se also
iamerlike stunt bi heme, ende also hertelike sere weinde,
(want muderlike herle es harde morwe, ende si sagene in
groter noel), due sprac hi te hare : sech, liue rauder, waer
din kint staet ! dat was also vele gesproken: sech, liue
müder, wie ic stae ! mi sin min vute anl cruce genegell met
also scarpen nagelen, dat ic di niet ter herbergen geleiden
en can. min hande sin mi geuegell, ic encan di din oegcn
niet gedrogen. min bluet es mi ontfloten van minen herlen.
in can gespreken nog en can di nit gelroeslen. ende due
sprac hi te S. Jo. ewi*. die bi heme stunt: ecce vialcr tua.
dat was als vele gesproken: sech, Jo., ic bcuele di minre
liuer müder; müder, ic beuele di Jo., minen liuen iungere,
tenen sone. dat was een cranc wesscl. hi gaf den here
oinb den knegt. Owi ! nu merct muderlic herle, ende prüft
MNL. PREEIGTEN. 357
wie herleliken wec Marien sinre müder was due si bare kint
so iamerlike sa<^ staen ant criice ende si den iungere muste
nenicn vor den nieester. siet of Jhesus gehorsam was.
want wat drcuene in sinre doet ant criicc? — aldus hebdi
gehört wie onse here Jhesus xpe drie bluraen hadde an sinre
mciisheil. nu suldi oec drie mercken an sinre hoger golheit.
dats gewaut, schoenheit ende ewecheit. sin grote gewaut
niogdi mercken ane meiiger creialuren. merkt dat hi gewel-
deg es himels ende erden, ende al dis dat ie gewart, ende
oec dis noit en wart, ende al dis dat emmer werden sal.
sin gewaut en can niman voltellen. niet enen worde macde
hi himel ende erde, ende alle denc, ende alle creiaturen,
ende es nog al in sinre gewant besloten. dits die blume van
sinre gewaut. nu merct die van sinre Schönheit, van sinre
scocnheit es bouen male le sprekene, ende es onseggelike,
want sin Schönheit es ongelic eneger Schönheit die mi ge-
uisiren can. ende alle Schönheit es ene donkelheit iegen sin
Schönheit, nu bort een gelickenisse geft een wis man. hi
sprcct: die name al dat ie wart ende emmer werden sal,
beide, hout ende stene, blumen, gras, ende al dat bernen
mag, ende van al din een vier maecde, dat worde een harde
groet ligt, ende die daii ene kertce name, ende onlfencket
se, ende hillse ihegen dat groet vier — regte (sprect hi)
alse die kertce wäre ihegen dal vier, also ongelic es alle die
Schönheit in hiraelrike ende in ertrike ihegen die Schönheit
die ane gode es. dits die blume sinre Schönheit, nu suldi
mercken sin gotlike ewecheit. dat eweg es, dats sonder ende,
also suldi weten dat die gotlike ewecheit sonder ende es.
ende oec sonder beginsel. hi was altoes, ende hi es altoes,
ende hi sal alloes wesen. siet, dits die blume van sinre
ewecheit. ende aldus es got weder gebloyt. nu sul wi heme
bidden, dat hi ons bloyende ende groiende make, ende ewe-
like le bliuene met sinre ewecheit. Amen.
35S
EIN MÄRCHEN AUS DER OBERLAÜSITZ.
Eine nonDe ein bergmanu und ein schmied wanderlen
mit einander durch die weit, einmal hatten sie sich in einem
grofsen finslern walde verirrt, so dafs sie Iroh sein muslcn
als sie endlich in der ferne ein gemäuer erblickten in dem
sie dachten obdach zu finden, sie giengen also darauf zu
und sahen dafs es ein alles wüstes sciilofs war, schon vei'-
fallen, aber dafs man doch zur noth noch darin wohnen
konnte, darum beschlofsen sie darin zu bleiben und hielten
rath wie sie sich einrichten wollten und wurden bald einig
dafs immer eins von ihnen daheim bleiben und die Wirtschaft
bestellen sollte während die beiden andern aus wären.
Das lofs zu hause zu bleiben traf zuerst die noiine. als
nun der bergmanu und der schmied in den wald gegangen
waren, besorgte die nonne die küche, und als ihre gerährten
zur mittagszeif nicht heim kamen, verzehrte sie iiiren iheil
von der malzeit, da trat auf einmal ein graues männclien
zur thür herein, schüttelte sich und sprach 'o wie friert mich !'
die nonne antwortete 'setze dich zum ofen und wärme dich.'
das männchen that wie sie es hiefs, aber bald rief es 'o wie
hungert michl' die nonne sagte 'auf dem ofen sieht cfsen,
so ifs.' da machte sich das männchen über das eisen und
afs in geschwiudigkeit alles auf was da war. darüber wurde
die nonne zornig und schalt es dafs es für ihre gerährten
gar nichts übrig gelafsen hätte, da gerieth auch das männ-
chen in einen grofsen zorn, nahm die nonne, schlug sie und
warf sie von einer wand zur andern, darauf liefs es sie
liegen und gieng seines wegs. am abend kamen die beiden
gefährten der nonne nach hause, und als sie hungrig ihr
efsen verlangten und nichts da war, machten sie der nonne
grofse vorwürfe und wollten ihr nicht glauben als sie ihnen
erzählte was ihr widerfahren wäre.
Den folgenden lag erbot sich der bergmanu das haus zu
hüten und versprach schon dafür zu sorgen dafs niemand
EIN MÄRCHEN. 359
hungTig zu bette gehen dürfte, so giengen die beiden an-
dern in den wald und der bergniann besorgte das efsen,
verzehrte seinen Iheil und setzte dann das übrige auf den
ofen. da trat das uiännchen herein, aber wie erschrack der
bergmann, als er sah dal's es zwei köpfe halte, es schüt-
telte sich und sprach 'o wie friert mich ! ' ganz voller furcht
verwies es der bergmann zum ofen. bald darauf fieng es an
zu klagen 'o wie hungert mich, 'auf dem ofen steht efsen,
so ifs!' antwortete der bergmann. da fiel das männchen mit
seinen beiden köpfen über das eisen her und bald war alles
aufgezehrt, als der bergmann es deswegen ausschalt, ergieng
es ihm wie der nonue : das männchen schlug ihn, warf ihn
von einer wand zur andern, liefs ihn dann liegen und gieng
davon, als nun am abend der schmied mit der nonne heim-
kam und nichts für seinen hunger fand, gerielh er mit dem
bergmann in streit und vermafs sich hoch und theuer, morgen
sei an ihm die reihe das haus zu hüten und da solle es
keinem an efsen fehlen.
Als am andern tage das efsen fertig war, kam das männ-
chen w-ieder, und dies mal hatte es drei köpfe, es klagte
über frost und der schmied hiefs es sich an den ofen setzen.
als es darauf über hunger klagte, theilte der schmied von
dem efsen etwas ab und setzte es ihm hin. damit war das
männchen geschwind fertig; es sah sich mit seinen sechs
äugen begierig um und verlangte mehr, uud als der schmied
sich weigerte ihm mehr zu reichen, wollte es ihm mitspie-
len wie der nonue und dem bergmann. der schmied aber
war nicht faul, nahm seinen grofsen schmiedehanmier, gieng
auf das männchen los und schlug ihm zwei von seinen kö
pfen ab, so dafs es eilig die llucht ergriff, der schmied lief
ihm durch viele gange nach, bis es bei einer eisernen ihür
plötzlich vor ihm verschwand, nun muste der schmied es auf-
geben das männchen weiter zu verfolgen, nahm sich aber
vor nicht eher zu ruhen als bis er mit seinen beiden gelahr-
ten alles glücklich bestanden hätte, indessen waren der berg-
mann und die uonne nach hause gekommen, der schmied
brachte ihnen, wie er versprochen halte, ihr efsen und er-
zählte ihnen sein abenteuer und zeigte ihnen die beiden ab-
gehauenen köpfe, die sie mit verdrehten äugen anstarrten.
360 ELN MÄRCHEN.
darauf bcschlofsen alle drei sich von dem grauen männclien,
wenn es möglich wäre, gauz zu befreien, und gleich am fol-
genden tage giengen sie ans werk, sie niusten lange suchen
ehe sie die eiserne thür fanden hei der das männchen ge-
stern verschwunden war und es kostete grofse mühe ehe sie
sie aufsprengten, da that sich ein weites gewölbe vor ihnen
auf: darin safs ein schönes junges mädchen an einem tische
und arbeitete, sie sprang auf und fiel ihnen zu fiifsen, indem
sie ihnen für ihre befreiung dankte und erzählte sie sei eine
königstochter und von einem mächtigen zauberer hierher ge-
bannt worden ; gestern mittag habe sie auf einmal empfun-
den dafs der zauber gelöst sei und seitdem habe sie jede
stunde auf ihre befreiung gehofft, aber aufser ihr sei noch
eine königstochter in dieses schlofs gebannt, darauf giengen
sie und suchten auch diese auf und befreiten sie. in grofsen
freuden dankte sie ihnen und sagte dafs auch sie gestern zu
mittag es gefühlt habe wie ihre Verzauberung gelöst sei. nun
erzählten die beiden königstochter ihren befreiern, in ver-
borgenen kellern des schlofses sei ein grofser schätz den ein
schrecklicher hund bewache, sie giengen nun danach und
fanden endlich den hund, und der schmied erschlug ihn mit
seinem schweren haramer, wie sehr er sich auch zur wehre
setzen mochte, der schätz aber war gold und silber, ganze
pfannen voll, und dabei safs als hüter ein schöner jüngling.
der gieng ihnen entgegen und dankte ihnen dafs sie ihn er-
löst hätten, er sei der söhn eines königs, aber von einem
Zauberer in dieses schlofs gebannt und in das dreiköpfige
männchen verwandelt worden, als er zwei von seinen köp-
fen verloren, da sei die Verzauberung der beiden königs-
tochter gehoben worden, und als der schmied den gräfslichen
hund erschlagen, da sei auch er erlöst gewesen, dafür soll-
ten sie nun den ganzen schätz zum lohne haben, darauf
ward der schätz getheilt und ehe sie damit fertig wurden
hatten sie lange zu thun; die beiden königstochter aber hei-
rateten aus dankbarkeit für ihre erlösung die eine den schmied
und die andere den bergmann, und der schöne königssohn
heiratete die nonne. so lebten sie in frieden und frcude bei-
sammen bis an ihren tod.
361
LAÜBACHEIl BARLAA3I.
Berichtigung zu s. 13G des lu bandes.
Die angäbe dafs von der Laubacher handschrift des Bar-
laam Diefenbach zuerst nachricht gegeben habe ist unrichtig,
schon im j. 1820 hat Benecke in seiner beurtheilung von
Köpkcs ausgäbe des rudolfischen Barlaam (Gott. gel. anz.
st. 34) sie mit wenigen Worten beschrieben, deren wieder-
abdiiu'k nicht überflürsig sein dürfte.
'Die geschieh te des Barlaam und Josaphat, die eben so
gut eine empfehlung des eremitenlebens als des christenthums
hcifsen kann, mufs vor Zeiten ein sehr beliebtes buch gewe-
sen sein, niciit nur Rudolf brachte es in deutsche reime,
der verfafser dieser anzeige hatte vor einigen jähren aus der
zu Laubach befindlichen bibliolhek des grafen Solms eine
handschrift in liänden die im j. 1392 geschrieben wurde und
eine von Rudolfs gedichte ganz verschiedene, im ganzen aber
schlechtere bearbeitung desselben Stoffes enthält, als verfafser
derselben wird am schlulse ein bischof Otto genannt, der
reimzeilen mögen vielleicht ein paar tausend mehr sein als
bei Rudolf, auch schliefst sich der bischof genauer an das
lateinische an als Rudolf, so heilst es zum beispiel gleich
im anfange, im lateinischen Rebus igitur bene se habentibus
et aureis (ut ita dlcam) pennis multis in coeltwi volantibus
suiTcxit quidam rex Avennir nomine, dies übersetzt Rudolf
in drei zeilen ohne etwas von den aureis 'pcnnis zu erwäh-
nen ; Otto hingegen, dem gerade dieses bild sehr gefallen
mochte,
er gülden gefedere
daz druog sy hen tvedere
zuo den hymchchen koren. >
nu moget er gehören
waz die vcder dnten
an den guden Inten :
wachen fasten
t/nd dar zuo lulzel rasten.
302 LAUßACHEIl BARLAAM.
und arbeiten sef^e
ahhirch die godes eye,
daz- forct en die scle
ziio sante Mychele.
in den selben stunden,
do die lade begiinden
als US ze gode streben,
do begundc ein konig leben u. s. w.
als fingerzeig für denjenigen der etwa eine zweite bs. die-
ser arbeit Ottos auffindet mag diese probe genügen ; eine
weitere vergleichung mit Rudolfs gedieht gehört nicht hier-
her, nur dies verdient hier noch bemerkt zu werden, dafs
die im zehnten kapitel des lat. buches erzählte fabel von dem
Vogelsteller (Bon. fab. 92, vergl. EUis roui. 1, 139) von Otto
übersetzt ist, bei Rudolf aber, man begreift nicht warum,
fehlt; —
Stuttgart, 10 merz 1842. FRANZ PFEIFFER.
BURIDAN UND DIE KONIGIN VON
FRANKREICH.
De Buridano et Noverra historla Johannis Jeiicz
incipit fellciter.
Buridanus, nacione Picardus, perspicacis vir ingenii, dum
in alma universitate Parisiensi degeret in collegio Na-
verre, quod omnium collegiorum ibidem est maximum,
quamvis varios libros composuerat ceteraque preclara fa-
5 cinora sequenlibus posterisque ad sui sempiternam memo-
riam slatuendam reliquit, tunc aliis suis preclaris factis
dimissis solum unum memorie tradere visum est, quaUter
nephandam mulieris libidinis cedeni stullorumque adoles-
centum ac amatorum miserandam cladem et oppressionem
10 mira callidilate prohibuerit. naui quodam tempore ad Buri-
dani aures loquax fama rumorque perveuit de regina Fran-
cie Navarra nomine, qualiter plerosque adolcscentes Pa-
risiensis universilatis studcntcs successive ad se iusserat
2. pariensi regerei 4. /. couiposueril 5. ad suis senipilcr-
num 6. /. reliqueril /. taniPii //. 8. vielleicht muliebris
BÜRIDAIN UND DIE kÖiMGlN VON FRANKREICH. 303
accersiri, quoruiii nulius ab ea rcverti visus esf. Buri-
(lanus vero erat vir magna prcdilus solertia. ex regine
palalii silii, quod super aquam Secanam iacet, slinlenlum
perdicionis causam apud se rede rimatus est. ul ergo
5 ulleriorem miserorum amancium submersionem impedire
posset, ad boc opportune vestlmenlorum ornalu reginc
curiam lusum ingrcdilur. dum autem scopbi ludo pluribus
secum vario cursu laborantibus certaret, ipse cunctis te-
Icrior cunctisque agilior et in corporis multiplici flexibi-
10 litate cunctis expedilior visus. regina vero Navarra de
pallacio versus eandem curiam ad ambitum egrcssa Buri-
dani celeritatem nüralur, totiusque ludi iocunda celebri-
tas uon tantum quantum solius Buridani gracile corpus
eiusque veloces saltus reginam delectare videbantur. nul-
15 lum autem maius solacium Navarra in regis mariti sui
absencia posse babere credidit ut quanto citius velocis sal-
tatoris poliretur aniplexibus. nam qui corea veloces sunt,
eciam in amoreis amasiis expediciores esse credunlur.
nee fit mora. misso nunccio Buridanus vocatur ad reginc
20 pallacium. quo veniente, slratis per cuncta sedilia tapeti-
bus alque celalis vasis mullo auro argentoque fulgenlibus
per mense ambitum pro ccna ducenda ordine locatis, opta-
tus amator gaudenter suscipitur. cena vero vario cibi po-
lusque apparatu, multiplici sermone, diverso ioco citbaris
25 resonantibus in multam noctem splendide ac solenniter
deducitur. dum vero longe dulcis Bachi indulti blanda Ve-
nus utriusque amantis corpore surripere visa est, innu-
meris osculis ultro citroque datis sei^cia sacra ingredi
moliuntur. sed ubi Naverra talibus gaudlis trium dierum
30 atque noclium spacio perusa fuisset atque libidinis ardore
minuto et communis insanle crescenlc, ne eins scelcrc
palefacto publicum sibi scandalum alque dedecus orirelur,
femineo fraudis vero expers Buridano, ut plerisque dudum
consueverat, necis boram hiis verbis nunciavit, 'non te
16. /. quam ut 18. vielleicht ia aiuoie celeris amasiis H.
20. lapedibus 21. sclalis 20. 27. /. indultu — corpori surrc-
pere //. 28. uiro vielleicht e*icic d. i. Erycinae L. secreliora? //.
29. molliuiitur 31. /. et communi insania decrescente
'.Vi. puplicum 33. /. femiiiee
364 BURIDAN UND DIE KÖNIGIN VON FRANKREICH.
conturbet, mi amator, quoil post lalia gaudia ultiuium spi-
rilum rcddere debeas. nani tu non solus hanc viain iturus
es. sunt etenim uonagiuta novem iuniores te adolescen-
tes, qui post meos amplexus Secane fluctus non potiierunt
5 evadere. non igilur tc conlurbel, si post dulcia experieris
aniara.' Buridanus vero huiusce malicie non ignarus iaui
dudum per suos discipulos navim foeno onustara dispo-
suerat, que geometrica altitudine ad l'oranien illud, quo
Buridanus de regine pallacio ad Secanam precipitandus
10 esset, poterat altingere. tali itaque auxilio fretus ad regine
miuas lete ac hilariter hiis verbis respondisse, o sere-
nissima domiua, o niea flamma, o meus amor, tuus ro-
seus aspectus, tuus dulcissiuius amplexus, tuum lenerum
corpus meum animum tarn ardenti cupiditate, tain firniis-
15 simis kathenis sibi ad perpetuain dilectionem colligavit ut
nulla mors tam aspera tamque dura esse possit quin eam
tui amoris causa libentissime subire paralus sim. ymmo
si vivus a te separari debcam, nullam futuram vitam scio
• michi amplius fore iocundam. ut ergo in tuo amore gau-
20 denter mori valeam, de triplici prece, inclitissima domina,
me securum digneris efficere : pro quibus tuis preclaris
beneficiis in altero seculo incessabilem amorem etcrnis
obsequiis velim rependere.' regina autem, quamvis cru-
delem sibi cepisset animum, Buridani tum verbis mitigata
25 ita respondil, 'o duicissime amator, ex mille amatorum
numero nullus unquam tam amasium tamque fidele cor
michi habere visus, nullus unquam tibi similis repertus
est, ea de causa quicquid postulabis vita cxcepta impe-
trabis, si sallem michi quoquo modo possibile fuerit re-
30 tribuere.' ad hec Buridanus, 'o clementissiraa domina, ut
meum corpus, ymmo non meum sed tuum, quo tu perusa
es, si unquam in ripis Secane repertum fuerit, honorilice
sepulture constilui possit vigiliarum alque niissarum cele-
bracionibus pro anima tuo amore sauciata consequentibus,
35 quatenus pecuniam ad hec nccessariam sub brachio michi
alligare velis primam oracionem oflero devotissime.' ad
haue pelicionem regina maguum auri sacculum eins ca-
misie assuisse asseritur. secundo petit ut auream cathe-
5. expereris 10. vieUchlit frelus ferlur 16. süui 24. tum] /. tarnen W
BURIDAN UND DIE KÖNIGIN VON FRANKREICH. 3Gö
nam quam regina in coUo gestabal sue cervici vclil ponerc,
ut torques ipsa in fuluro seculo Buridani aninie appensa
veliit memorialc qiioddam ipsum in prislinos Naverre am-
plexus posset reducere. qua impetrala nee terliam sibi
5 regina pelicioncm recusare poluil, dum orat ut ante omnia
dexlram manum liberam habere posset. qua per foramen
inclinalus aque Secane benedixil, ne quis sibi nialignus
Spiritus nocendi vim quousque modo habeat. dum sie lerna
vive expressa mediocre .voee aquam benedixit in nomine
10 palris et filii et Spiritus saneti, sui diseipuli navim pre-
diclam foramini appropinquauti eins dextram firmitcr arri-
puerunt. dufti regina ipsa Iradit, ipsi trahunt afque ingens
saxum aquam inieiunt, itaque magnus sonus in aqiia au-
dilus rcgine salis faeeret afFectibus. hoe eum non contenta
15 adhue maiorem desuper lapidem misit proiicere, ut, si
vellet surgere Buridanus, non posset. sed fideles diseipuli
ioeunda magislri liberaeionevigilanlissime potiti dulei quieli
eorum trahunt corpora. postera vero die Buridanus in sum-
ma sccretorum suorum e gralitudine diseipulorum non le-
20 vium personarum niore seeius regine revelare, sed subtili
quadam versucia patefaeere in dabiam suspicionem ponere
curavit. nam emptis ferme omnibus aviculis que in pon-
libus Pariseus haberentur, seripsit hee verba, reginam
Naverram interficere noiite timere quia bonum si quis
25 consenserit ego non contradieo.' hiis verbis rotulis inseri-
ptis et coUo avium assutis et alligatis omnes volare di-
misit. quas iterum auceps una cum rotulis cepissent atque
doctoribusmagistris eeterisqneuniversitalis suppositis verba
rotularum ostendissent, quisque legeneium se dubitare as-
30 serebat utrum dicta verba reginam interimcndani an inter-
fectionem eins metuendam affirmarent. cum dubia de ro-
tulis avium fama vago rumore vario per omnem non modo
uuiversilatem, sed et civilalem Parisiensem volutaret, il-
lud quod diu erat in dubio factum est in ore omnium fere
1. /. imponcre //. 11. /. appropinquanles 13. /. in aquam
itaque] ila ul //. 14. hoc autem nou contenta? //. 18. /. tra-
dunt //. 19. /. suorum congralulaüone //. 21. /. palcfacere et
22. enipli 23. /. Parisiis 27. /. quas eum iterum aucupcs
33. /. volitaret
3GÜ BURIDAN UND DIE KÖNIGIN VON FRANTCREICH.
populo, (iiiod Buridanns debeat ille fuisse qui predicta
scripseral. de quoruni verborura intellectu et construccione
interro-jatiis dicitiir respondisse 'lucide scriptum est, iit
quisque acciperet prout siio liberet arbitrio.'
ö Hee ßiiridani solercla ex communi fama cepi Pariseus
et presertim a quodani cenfenario qui senio confectus ad-
liuc vivcbat anno domini 14(50. is dicebat se dum adhuc
adolescens esset Baridanum malura etatc iam vidisse. in
ecclesia vero, ubi sepultus est Buridanus, ut fecerunt
tO Picardi studentes, de predicta pecunia usque in hodier-
num diem perpetuum ccnsuni fecisse narralur pauperibus.
itaque omni dieVeneris unus albus francigenus, qui qua-
tuor valet denarios, cuilibet venicnti pauperi pro eius
anima in elemosinam datur. regine vero Francie Naverre
15 meretricis silencio populi oblileratus nichil reliquit aliud
unquam in coUcgio Naverre pro prediclo scelere perpe-
tuus census quibusdani studentibus regina institueret, qui
horas canonicas pro ea in evum decantare astricti sunt,
hee et tanta de Buridano ad postulacionem eommendabi-
20 lis bonarum arcium sectatoris magislri Petri de Gelingen
ex vago rumore in unura colligere conatus sum alma in
universitate Lipczensi anno domini Mf4''7'' quorum Buri-
dani et regine anime rcquiescant in pace. amen.
1. populo] jii'opalam? 5. /. Parisiis 13. quiühel
15. in der /is. melc(j. wajj künnfe das ganze inigefülir so le-
sen, rcgine vero Francie Naverre memoria silencio populi oblilerala
nichil reliquil aliud quam quod in coUegio Xaverre pro predicto sce-
lere perpetuos census quibusdani studentibus regina institueret w. s. w.
Die obtiTd in einem neniisch von classischevi und init-
telaltei^lichem Intein abgefaßte erzHldiing des Nico/. Jent.svh
habe ich ans einem noch niclil co/isignierten papiej'codex der
Leipziger 7inieersitätsbibliothek, in qiiart, der von einer
nachlfifsigen hand gegen ende des Ihn jh. geschrieben ist.
wider vermuten fand icJi, als ich in Bai/les dictionnaire hist.
et crit. (Amst. 1740) den artihel Buridan nachscliliig, dnfs
nach notc a hijchst ivahi'scheinlich dieselbe erz(ihlii7ig noch
anderwärts, nämlich in einer hs. des klosters Seitenstctten
in Oberöstreich vorhanden ist. in der note heifst es 'ce fait
etoit dune noloriele bien publique, du nioins dans les pais
BURIDAN UND DIE KONIGIN VON FRANKREICH. 367
elrangers, puis qiie dans la Saxe — un maitre ez arls de
runiversite de Leipsic coniposa en 1471 un petit ouvrage
sous le litre de commentariolus historicus de adolescenlulis
per Blridanum nalione Piccardum ab illlcitis cuiusdam reginac
Franciae anioribus relraclis. 31. Krause qui pag. 186 de son
Journal literaire aleman imprime in 8° a Leipsic en 1715
parle de cette piece comme etant un nianuscrit de la biblio-
theque du monastere de Seitensladt dans la haute Aulriche,
devroit bien, soit dit en passant, en procurer Timpression.'
bei de?' beri/fiing auf J. G. Krause vtufs eine irrung vor-
gefallen sein, denn trotz- allen naelisuchungen habe ich we-
der in den von ihm redigierten neuen Zeitungen von gelehr-
ten suchen noch in seinem hüehersale das cilat auffinden
können.
Nicol. Jentsch neiint in seiner erziihlung die königin
schlechthin Naverra ; aus andern nachrichten erfahren wir
dafs die sage damit die königin Johanna vo?i Navarra
{\ 1304), die gemahlin königs Philipp des An meinte, das
älteste Zeugnis dafür scheint das des Robertus Gaguinus
("f- 1501) zu sein, der in seinem Compendium super Franco-
rum gestis, Paris I50i fol. im 7n buche bl. 70"'' sagt, Fue-
runt quoque insignibus feniinis sua fala, nam uxores liliorum
Philippi Ires addulterii insiniulatae sunt, und bald darauf ob
hanc impudicitiam insignium mulierum natam fabulam reor,
quae de Joanna Philippi pulchri uxore a rerum impcritis me-
morari solct, eam videlicet aliquot scholasticorum concubitu
usam eosque ne pateret scelus, protenus extinxisse et in
Sequanam araneni de cubiculi sui f'encstra abiecisse ; sed unum
tantum 13uridanuin eo periculo forte liberatum et proplerea
sophisma ab eo editum esse 'reginam interlicere nolile tirnerc
bonum est.' fuit siquidein JJuridanus Joanna posterior u. s. w.
Gaguinus selbst hält demnach das gerächt nicht für wahr ;
nach seiner Vermutung wäre zu dessen entstehung der um-
stand veranlafsung gewesen dafs die drei gemahlinnen der
söhne Philipps des 4n, Margaretha Johanna und Bianca,
des ehebruchs angeklagt und die erste und dritte als scJiul-
dig befmden von ihren männern verstofsen wurden (vergl.
E. A. Schmidt gesch. v. Frankreich, Hamb. 1835. 1,723).
es haben auch andere, wie J. Launoy in seiner iicgii Na-
368 BURIDAN UND DIE KONIGIN VON FRANKREICH.
varrae gymnasii historia, Paris 1677. 1, 14. 15, die gehalt-
losigkeit dieses gerückts zu zeigen versucht, indem sie dar-
znlhin sich bctnähicn da/s Buridanus viel zu spät nach der
königin Johanna gelebt habe, allein sie bringen kein ent-
scheidendes Zeugnis bei. nach dem verfafscr des artikels
Buridan /// der biographie universelle (Noel) soll Buridan
im j. 1358 sein nach ihm benanntes haus der picardischen
nntion vermacht haben und man schliefst daraus dafs Bu-
ridan vielleicht auch in demselben Jahre gestorbe?i sei. dem-
zufolge könnte Buridan wohl ein zeilgenofse der Johanna
gewesen sein, glauben tvir mehr der relation des Nicol.
Jentsch, nach tvelcher der hundertjährige greis, der ihm
1460 in Paris die geschichte erzählte, den Buridan in sei-
ner Jugend jioch gekannt haben will, so mufs dann Buridan
noch über das Jahr 1370 hinaus gelebt haben, dies erliält
dadurch einige Wahrscheinlichkeit dafs ihn 3Ia?'silius ab
Inghen (-]; 1396) in seiner Oratio dictiones clausulas et ele-
ganlias oralorias coniplectens, Heidelb. 1499. 4. als zeitge-
nofsen von sich auffährt, ivic dem auch sei, so ist geiviss
die königin Johanna bei dieser geschichte ganz nnbethei-
ligti es bestand, ivie wir gleich sehen werden, eine ältere
an der Universität Paris haftende sage, die sich später an
Johanna von Navarra aus keinem andern als dem gründe
anlehnte weil diese kurz vor ihrem tode im J. 1304 das col-
legium von Navarra stiftete (vergl. darüber Launoy a. a. o.).
Nicolaus Jenttch hat zugleich mit der sage noch einiges
von dieser Stiftung, aber in großer entstellung, erfahren.
Die sage ist, wie ich bemerkte, älter, wir habe?i ein von
Martin Schlecht oder Schleich in des Späten ton verfertig-
tes gedieht, welches die heraiisgeber des ivunderhorns 2, 237
rnelfach verändert zuerst bekannt machten, in echterer ge-
stalt Jindet es sich in Görres meisterliedern s. 195 und nach
einem jlieg enden blatte aus dem anfing des \^n Jh. in Pb.
Mar Köi^ners histor. Volksliedern, Stuttg. 1840. 8. s. 201,
womit der te.vl in dem Frankfurter grojsen liederbuche
{v.J. 1599. 8.), w" 226, im ganzen übereinstimmt, dieses
gedieht hat ganz dieselbe sage zum gegenstände ; in ihm
tritt aber Albertus Mägnf/s an die stelle des späteren Bu-
ridanus. aufserdem dafs in diesem gedichte die sage sich
BURIDAJN UND DIE KÖNIGIN VON FRANKREICH. 369
in einfacherer gestalt erhalten liat {die zahl der von der
königin umgebrachten ist z. b. JiicJit 99, sonderji mir 9)
loird auch mir einer königin von Frankreich, nicht von
Navarra gedacht, die, nachdem es ihr mit Albertus M.
misslungen, auf seine ermahnungeii in ein klosler geht, in
dem sie noch \% Jahre in reue und leid zubringt. Albertus
M. (geb. 1205) befand sich um das j. 1230 in Paris ; nach
dem alten Hede mäste es dami Bianca von Castilien (-]- 1252)^
witwe Ludwigs des 8n, sein mit welcher er verbotenen um
gangs pßog. dafs die ältere sage diese Bianca auch meinte
geht aus einem späteren zeug/iisse hervor, der dichter Jo
hannes Secundus machte im Jahre 1532 ei?ie reise nachFrank-
reich; in Paris sah er das an der Seine gelegene schlofs
voji tvelchem herab nach der sage die königin Alba ihre
liebhaber durchs fenster in den flufs gestürzt haben sollte;
er hat darauf das folgende gedieht gemacht {opp. LB.
1651. 12. s. 119 und s. 276).
In arcem reginae Albae Parisiis.
Cernite flaventes ubi volvit Sequana lyniplias
Seniirutam, fertur quam coluisse prius
Effera funcstae regina libidinis, arcem,
Nunc ultore mali ut tempore sola iacel
Et quassata undis ventis habitatur et imbri,
3Iulta ubi ferales nocte querantur aves,
Cypris ubi milis flammas exosa cruentas
Chaonias sedem ponere nolit aves,
Qua strix, qua Furiae volitent et plurima fatum
Exululet raucis queslibus umbra suum.
Sic domus aeternum numerosae conscia caedis
Impia lascivae lacta luit dominae.
Labuntur lentis et condemnata ruinis
Implorant hominum pendula saxa manus.
Implorant Iruslra: stant haec rata lege severa,
Instauratricem ne l'erat uUus opem,'
Aut subeat gladios prelium pietalis iniquae
Et quis adhuc ausit facta nefanda sequi.
En etiam saxis mortem censura minatur
Longaquc post cineres stant raonimenta mali.
7na7t. sieht toohl leicht dafs Alba der lalinisicrtc name ist für
Z. F. D. A. II. 24
370 BURIDAN UND DIE KÖNIGIN VON FRANKREICH.
Bianca, wenn die geschickte auch nichts erwähnt ivas un-
serer sage historische Wahrscheinlichkeit verleihen könnte,
so hat sie doch mehrcres über Bianca von Castilien über-
liefert was die keuschheit dieser königin stark verdächtigt
(vergl. Bayle dict. u. d. artikel Caslille und Schmidt a. a.o.
s. 487;.
Der alte französische dichter Fraji^ms Corheuil dit
Villon gedenkt der sage in seiner ballade des dames du
temps jadis {Recueii des plus belles pieces des poetes Fran-
fois — par Barbazan. Pa7'is 1692. 12. 1, 11) mit folgen-
den warten,
Semblablement ou est la reyne,
Qui comracnde que Buridan
Fust jelte en ung sac en Seine?
und, wahrscheinlich nach dem deutschen Hede, Eyering, pro-
verbiorum copia 1,4,
Dann als der Albertus Magnus
Nicht (wie andre) so tröstlich was.
Verriebt er doch der königin mort
Aus Franckreich durch die vögleiu zart,
Den er die zeltelin in mund
Dergestalt in jhr schneblin bund.
Das wo sie sich salzten zu essen
Der zetlelin im mund vergessen
Sie fallen Hessen zu der fahrt,
Dardurch jhr mort verrahten ward,
Vnd in jhrn reich vnd gantzen landl
Ein raörderiu alldo genandt,
' Die neun Studenten bracht umbs leben,
Gott wol jhr solche sünd vergehen.
Der durch den abschreiber sehr verunstaltete text der
erzählung von Nicol. Jentsch bedarf noch der verbefserung,
die sich mit hilfe einer zweiten hs. leicht ergeben loilrde^
durch freundliche beihilfe des herausgebei's dieser Zeitschrift,
dem ich das 7ns. vorher viittheiUe, sind indessen mehrere stel-
len lesbar gemacht worden deren herstellung mir nicht hatte
gelingen wollen. — scophi Indus s. 363, 7 ist ballspiel ; Du-
cange gibt wohl unrichtig scopha jrila, Gallice pale , für
scophus. HERM. LEYSER.
371
ZU SILVESTER.
155. 156. (laz (er) dicke und ofle dö
vrömder geste vil gewan. Haupt.
292. tugentlose wiht.
300. disiii] diu. w/V scheint disiu in der Senkung und mit
verschliffencm nuslaut zu hart für Konrad. H. — ich
habe dieselbe Vermutung gehabt, aber wieder gestj'i-
chen weil Kowad, ivenigstcns im Silvester^ jenes de-
monstr. liebt, vergl. 197. 2256. 2306. 3857. 44 14.
5039. 5160.
772. verswein.
1127. ab ich? H.
1325. beide setzen die abschreiber so ivillkiirlich dafs ich es
auch hier lieber ihnen zutraue als dem dichter gegen
die regel {Lachmann z. Nib. 646, 1). 4874 /. und.
im Silvester scheinen mir die zweisilbige?t auftakle
leicht hinweg zu räumen. 12. 104. 1730. 1812. 2133.
2310. 2395. 2847. 4622. 5171 und. 588. 633. 1126.
2627. 2643 dann oder dan. 749 iur. 1054 eim.
1215 wir sin [her] üf dise erden. 1892 leit {vergL
2026). 1903 über al roeinisch riebe. 2165 prüef. 2228
müez. 2542 geläzen ohne oucb oder ouch lazen. 2673
umbo</trum. 2877 üf. 2895. 4755 als. 3073 würd.
3080 selb. 3291. 4098. 5158 und. 3332 so bedarf.
3427 well. 3498 reht. 3501 niuost. 3797 wenn aber
oder wenne ab. 3867 wolt. 3981 swig. 4453 müg.
4632 swenn. 4643 fui. 4736 von prime. 4823 rünf.
4843 und liuoben. 5022 ezn niiige, H. — ich bemerke
dagegen folgendes. \i(^\\^. findet sich gold. schm. 844
in ganz gleicher Stellung und wird durch das zeugnis
von zehn handschriflen geschützt, freilich läfst der
zweisilbige auflakt in den meisten füllen sich mit Icich-
tigkeit loegschajfeti, und ich kann noch weitere vor-
befserungen dieser art vorschlagen. 927 umbe gc-
nisl. 1111 wser. 1353 wann. 1904.3086. 3506 als.
24*
372 ZU SILVESTER.
2297 keiner. 3097 irdisch. 3453 od. 3454 sprach er
ist zu löschen, ferner go Id. sehn. 847 ders. ti^oj. kr.
1687 ilz. 2593 ich wil statt ml wil ich. 24651 daz ist
zu streichen. 5383 iu weiz. 15932 oug über ouge zal-
1er. 24651 daz fällt weg. es fragt sich aber zunächst
ob die herbei geführten kürzungen auch alle für Kon-
rad zuläfsig sind: von einigen, z. b. von iur, od,
möchte ich es noch nicht behaupten. ^dann aber bleiben
noch andere falle zurück wo sich der zweisilbige
auftakt nicht wohl entfernen liifst, z. b. Silvester 937
man bevalch diu reinen Icindelin. 2948 einen men-
schen suln wir machen, 2959 einen menschen snl wir
bilden, die kürzung ein oder einen hat Konrad schwer-
lich gebraucht. 1209 wir sin Peter unde Paulus.
3450 weder was daz erlriche. gold. schm. 1999 von
der engel süezem schalle. u?iter diesen umständen
scheint es mir angemefsener die regel noch nickt fest
zu setzen so7idern das zeugnis der handschriften zu
erhalten, erlaubt hatte ich mir im Silvester und für
unde, vergl. zu 113, auch 4720 drin, weil es durch
gold. schm. 5 gesichert war. 2877 üffe hatte ich
selbst rschon bezweifelt, s. vorr. xi. — \^Z7 könnte rei-
nen, 3450 weder entbehrt iverden. 1209 ivUrde ich
\ an Petr und Paulus nicht viel gröfseren anstofs neh-
men als an sein 209. aber 1263 die getouften goles
•^ " knehte weifs ich nicht mit Wahrscheinlichkeit zu än-
dern, da man goles nicht wohl streichen darf: viel-
leicht geteufte gotes knehte? leichter läfst sich 3754
ändern, die geburt entsloz uns [Jesus] Crist. auch
die zweisilbigen auftakte der goldenen schmiede la-
fsen sich fast alle durch genauere Orthographie hin-
weg schajfen. 146 swenn. 623 dürr. 641 kann. 670.
1817 würd. 688. 930. 970. 1374 vrow {wie 74. 1874).
1007. 1322 schön. 1172 müg. 1255 zeim. 1269 denn.
1279 verr. 1370 liet. 1851 grüen. 1881 schier. 1987
manc. 847 würde ich lieber leit als ders schreiben.
CS bleiben, auf ser jenem beide 844, nur drei bei spiele
übrig. 14 oder: die hss. schwanken und deuten da-
durch gerade aufoA. 1384 der geschepfde sin zc löne :
zu SILVESTER. 373
so lese?t nur acg, die fcrgamenthandschriften wei-
chen ab; doch, glaube ich. Hegt in jenern fkts ivahre
der geschepfde ze lone, dejin sin ist im gegerisatze
zu dem folgenden der sclicpfaer sich ervrischete ganz
entbehrlich, 1999 das oben erwähnte von der engel
siiezem schalle : hier möchte ich süezcm streichen. H.'\
1395. guote war. Konrad liebt die silben zu zählen, loarum
sollte er hier die Senkung fehlen lafsen, ivo guole
war doch die gewöhnliche redensart wäre? H. —
ivir sind nicht gewiss, da die ßexion wegfallen kanfi,
vergl. gramm. 4, 482. freilich steht auch troj. kr.
158* keine war, aber das entscheidet noch nicht,
de?m gleichförmigkeit ist nicht nöthig, auch nicht
natürlich, die letzte Senkung fehlt in dem. gedieht
nicht selteji, z. b. 862. 879. 1030. 1744. 2213. 2987.
3478. — \in diesen beispielen, mit ausnähme des letz-
ten, fehlt die Senkung mitten in einem loorte, prisant,
ungeloubhaft (vergl. geloubhaft 1420, dagegen gelou-
behafl 2812), herschaft (außer 1030 noch 1110.2553),
andäht (außer 1744 noch 4435. 4521. 5189), äkust
(außer 2213 ?ioch 372G), Silvester (außer 2987 ?wch
111. 169. 242. 419. 808. 1225. 1284. 1458. 1464.
1686. 2786. 2987. 3084. 33S0. 3389. 3924. 4089.
4549. 4590. Silveslro 423. 724. 853. 1505. 1864.
2974. 5131. Silveslrum 293). ich füge die übrigen
beispiele hinzu, urdrutz 5. bischaft 19. 3875. 3892.
4135.4263.4281. LiutoltSO. Jusla 105. CyrinusllO?
Thyraoleus 166. 198. Thymoleum 294. bischof 246.
Paulo 279. Paulus 1408. 1429. 1488. unreht 339.
gesunUicil 493. hanfgift 534. zwelfbole 582. ursjjriuc
654. 5032. IVeislich 728. golheit 751. 2818. 2940.
3701.3712.4095.4119. Petrus 774. 805. Honoi'ä-
tus781. serpant 796. palas 951. 1086. 1748. 4601.
palastl834. siecheit 1004. 2541. meintat 1019. tunip-
lich 1067. gewonheit 1091. billich 1095. 4316.
sicchtagen 1222. 1679. 1849. pfafheit 1229. Serapliu
1283. gütlich 1427. buochslabcn 1482. 4725. gew;er-
haft 1605. Jonas 1653. 1664. samzlages 1695. Sau-
lus 1801. vriheit 1877. denuiot 1977. menscbeit2165,
374 ZU SILVESTER.
2784. 3724. 4207. 4374. urloup 2197. wistuom 2211.
2458. abgote 2301. warheit 2455. 2643. 2744. 3243.
3941.4531.4946. (Iiensthaft2480. 5186. volleist2506.
botschaft2567. J6as2749. G6d61ias2750. Annan 2752.
Kusi 2755. 3467. Davit 2900. 3012. trehtin 2946.
3008. 3462. 3532. 3878. 5138. wonhaft 3057. dürnin
3069. 3184. 4464. Ysäiä 3091. Ysäias 3398. wis-
sage 3101. 3151. 3225. wissagen 3277. 3301. 3333.
4321. gewissaget3359. Zacharias3122. wisheit3137.
Judas 3161. Jeremias 3187. 3213. dannoch 3475.3485.
autwurl3573. 3603. 4002. 4577. 4679. arbeit 3641.
4120. 4140. 4756. välant 3838. 4902. hovart 3839.
3860. vräzheit 3879. 3897. unkust 3977. 4424. 4541.
Jobal 3989. 4083. Tharä 4223. smächeit 4329. iirbap
4403. also 4483. Zanibri 4642. 4658. 4741. unlob-
same 4674. freissam 4912. 5040. freissamen 5066.
urteil 4927. einige dieser beispiele icürden an sich
nichts beweisen, da mit vollerer form der loörter sich
die fehlende Senkung gewinnen liefse, goteheit ge-
woneheit götelich dienesthaft (icie 20 steht) boteschaft
arebeit unlobesame; es bleiben genug übrig denen
man nichts anhaben kann, die goldene schmiede bie-
tet folgende belege, richluom 55. Gotfrit 97. Fran-
ciscus 155. brütstuol 307. urhap 357. forest 467. got-
heit 581. 784. 1633. 1651. güetlich 589. Afrer811.
Cuonrät890. menscheit 961. 1733. arbeit 1067. vol-
leist 1138. ursprinc 1141. wirouch 1404. sidin 1417.
gewissaget 1722. zwivalt 1750. trehtin 1939. wissa-
gen 1967. viel seltener als mitten in einem ivorte
läfst Konrad die letzte Senkung des stumpfen vei^ses
nach einem warte fehlen. Silvester 1246 wird viel-
leicht statt dri stunt befser geschrieben drislunt, wie
gold. schni. 507. n/isicher ist dri tage 762. 1545, da
drie tage jvohl so gut als in Hartmanns Gy^egor 1540
stehen dürfte, und bereit was 1749, da bereite gar
zu nahe liegt. inuotwas950, latin wol 2711 werde?i
des herausgebers wahrscheinlichen vei^nutungen ivei-
chen müfsen. 41{^S vermutet er dise woV für die not ;
mit demselben rechte wird man 2053 dilze heil ,////'
zu SILVESTER. 375
daz heil i'orschlagen dürfefi. 1544 (nii luo) mit wil-
len daz ich dir sage würde al vor daz vertragen, es
bleibt übrig drizic jär alt 458. zwei jär 841. lant sin
{wo doch der herausgeber riche sm vorschlägt) 928.
sprach er 2988. brot az 3154. dorn nie 3478. in den
zweitausend zeilen der goldenen schmiede fohlt, wenn
ich tiichts übe7'sehen habe, die letzte Senkung ?iur
zweimal anders als mitten in einem worte. 198G diu
sunne erlasch und wart sal, 873 diu doch die reinen
bluot birt. allein die zweite stelle ist imsicher, denn
ein theil der hss. bietet diu doch den schoenen bluo-
men birt. aus dieser Zusammenstellung, bei der ich
mich absichtlich auf den Silvester und die goldene
schmiede beschränke, ergibt sich die möglichkeit daj's
\^^^ ^woivf AT richtig ist^ aber zugleich die unwahr-
scheifilichkeit ; denn einfallen muste dem dichter das
üblichej^ guote war. H.^
1418. gewallic. f/cv^/« kein ander gewallic hl scheint mir ge-
schmeidiger. H. — aber Konrad legt selten die he-
hung auf ein tonloses e, zumal bei zweisilbigen Wör-
tern, vielleicht bewähren sich nicht einmal die bei-
spiele die Halm zu Otto 158 anführt, wenigstens
ist gold. schm. 378 zu streichen, und warum sollen
wir defi dichter noch geschneidiger machen als er
schon ist? — [<Jfiß i^^^ ''"^ unrecht kein ander gc-
waltic ist vermutet habe mufs ich ^Anräumen, ebenso
dafs ich 3725 mit unrecht die lesart der handschrij't
in schütz genommen habe, aber an kein ander gwal-
lic ist nehme icJi immer noch anstofs. denn loas ich
von der letzten Senkung bemerkt habe {zu 1395),
dafs Konrad sie mitten in einem tvorte häufig feh-
len läfst, nach einem worte sehr selten, das gilt auch,
in hinsieht jeder andern stelle des verses. im Silreslcr
falleTi vielleicht einige beispiele durch andere, dem
dichter nicht nngemäfse, betonutig himveg, 1958 und
lie vliezen lougen. 2978 daz sun valer unde geisl.
4483 bok g«;gen b('>kke also, einige stellen erledigen
sich wenn man genauer schreibt, 229 hicz er que-
len unde slahn, 346 ich wil dich quclen harter. 4724 an
376 ZU SILVESTER.
die schalen silberin. 4899 der stier verloren hat sin
leben, hierher gehört auch 2439 mit guoter sclirifte
V'oUekomen (schrifte ivie 2771). vom herausgeber sind
verbefsert 665 und guot geniste {für guole genist) ha?te
2md 3279 daz unrehte {für unreht) warnest du. unver-
ständlich und verderbt ist 3426 der uns wart noch ge-
däht. bei 1039 den wagen üf dem er saz tvird man fra-
gen können ob ?iicht hier das 2897 verworfene (s. zu
1325) üiTe stehen darf, loodurch der vei^s alte Senkun-
gen einhält wie 1642. leicht zu ändern ist 4981 den
pharren daz er geniset in disen pharreu daz er
gniset. V071 den beiden zcilen 4952/1 daz er tot unde
leben Beide mac vil wol geben, die hinter einander
Konrad gewiss nicht so geschrieben hat, ist die zweite
sicher ditrch gegeben zu verbofsern, vergl. 4961 f.
daz du wider mäht gegeben Dem ohsen ein gesundez
leben : die erste zeile weifs ich mit Wahrscheinlich-
keit nicht zu ändern, endlich gehören nach der ge-
lööhnlichen betonung hierher 338 und wart sin zorn
älse groz, 4612 ich weiz einen goles nämen. in der
goldenen schmiede steht 695 wazzer fiur erde luft,
aber Kom^ad kann die unorganische aber nicht seltene
form^wer gebraucht haben . 1310 kann man vielleicht
lesen din heil sime glücke. 432,/. würde ich mandel-
kerne vorziehe?i, denn Konrad kann neben der star-
ken form auch die schwache gebraucht haben, und
er zog sie vor, wenn die folgende ansieht richtig ist.
Senkungen, aufser der letzten, läfst Kojirad mitten
in einem tvorte im Silvester mehr als aclizig mal,
in der goldenen schmiede ungefähr dreifsig mal feh-
len, unter so vielen beispielen ist beinahe kein ein-
ziges völlig sicheres von fehlender Senkung nach er-
ster den vers beginnender hebung. denn Silv. 25 15/".
Sit du von den touben Abgöten bist getreten beweist
nichts ehe ?nan nicht darthut dafs Konrad ?iicht abe-
göten sagen komite, welche form hier und da er-
scheint. 380 heifst es man sol dich underwisen Daz
Thymoleus nihl enwas Meintaitic, wand er las In sins
edeln herzen niuot. hier hat Grimm bereits bemerkt
zu SILVESTER. 377
dafs in {Christum) fehlt, ich möchte aber dieses in
nicht zu anfange des letzten verses einschalten, son-
dern so schreiben, 31eintäelic, wände er in las In sincs
u. s. w. so ist mit dem anstofse des sinnes hinweg-
geräumt loas mir bei Konrad ein metrischer anstofs
scheint, es bleiben drei verse übi^ig (2759. 3922. 3963)
in denen die erste Senkung des verses nach der er-
sten silbe des namens Archel oder Arkel fehlt, da
aber, ivie in der anmerkung zu 2759 angegeben ivird,
die kaiserchronik die legen da aurea und das passio-
nal einstimmig Arocl haben, so scheint mir hei Kon-
rad Arohel die richtige Schreibung ; daraus loard
zuerst Archel, dann x^rkel. wenn also, wie es scheint,
Konrad an dieser stelle des verses die Senkung selbst
mitten im icorte nicht leicht hat fehlen lafsen, so dünkt
es mich unwahrscheinlich dafs er sich dies nach einem
loorie eher eidaubt haben sollte, ich halte also AloQ
meine Vermutung freclien unde geilen fdr sicher, denti
ein dichter wie Konrad gebraucht zwar manches sel-
tene des verses wegen, schwerlich aber gegen seine
metrische gewohnheit ?/ngewöh?iliches wo das gewöhn-
liche ihr vollkommen entspräche. A0A9f wo die hs.
Davide und zide gibt, 7nöchte ich nicht lesen oucii
sprach zuo hern Davit Gol in der alten zit : sollte der
dichter nicht geschrieben haben ouch sprach zuo hern
Dävite Got in der alten zilcl freilich Davites in defi
akd. fViener fragmente?i (ii, 18. viii,21.23) beweist
dafür nichts. 1104/! heifst es ich, der mit miner hant
Hiin überwunden elliu lant: hier will ich mich aller
Vermutungen enthalten und glauben dafs durch die
fehlende Senkung der nachdruck des ich erhöht ^ver-
den soll, aber 1418/6'^, glaubeich, zu schreiben kein
ander got gewaltic ist Wan der vil reine süeze Crist :
vor dem folgenden worte konnte got leicht ausfallen,
und der Zusammenhang fordert beinahe dieses ivort,
denn vorher geht des kaisers mcinung dafs Petrus
7ind Paulus mügen — vil üz erweite göle wcsen. //.]
1538. und gerne leisten d. g., abhängig von niht. ich gebe
zu dafs ungern möglich ist, aber auch der ausdruck
378 ZU SILVESTER.
dünkt mich, bei verbindendem und, passender wenn
und gerne geschrieben loird. H.
1897. dräne Benecke (Gott. anz. 1841 s. 728). es müste wohl
des ane heifsen; aber das erlaubt das versmqfs nicht,
vergl. IValth. 31, 10 sich dran läzen.
21.56. müezcnt. dejin läzen 2672 ist wohl V plur. praes.
conj. H. — Hah?i hat schon vorr. zu Otto s. 9 amn.
die 2' plur. praes. auf -en bei Konrad nachgeiviesen ;
dazu ßige ich troj. kr. 21266 ir versehen im reim auf
spehen. in einem spätem gedieht (altd. wälder 2, 142,
240. Hätzleinn 129'') ir erkalten : spalten.
2550. du] ich glaube dun (= du in), gerade wegen 2280.
2320. vergl. noch 2880. 4880.-^. — ich hatte es auf
Dävides riche bezogen, aber allerdings wird es befser
mit der jüden got 2545 in Verbindung gebracht.
2674. swederz, vergl. 2681^. H. — s^tiAtTs hat die ha?id-
schrift, und teil keifst hier partei, wie 2838 der jü-
den teil.
2765. der eilift. H.
2779. siner B. und H. — ich glaube auch, siner ist rich-
tiger, aber ich bin nicht ganz gewiss, vergl. Graff
präpos. 82. Iwein 3273.
2782. einen (druckf).
2876. wellent daz.
343'7/- vielleicht
und an der schrift gelesen ie
daz got den ersten menschen hie (=i den ersten men-
schen der hier war). H.
3451. Adam.
3725. 7nit der handschrift so waere Adames Verlust (oder
'Adämes. H. — 3471. 3498. 3510. 3528. 3688. 3730.
3763 Adam, 3451. 3503 'Adam, 3587 Adame, 3512.
3520. 3683 Adamen sind sicher, «Ae/* Adames, 'Adämes
hier ohne beispiel und für Konrad bedenklich.
3837. der wissäge Davit. de?m da wider ist nur ein Schreib-
fehler den der Schreiber, als er das richtige Davit
gleich selbst setzte, auszustreichen vergafs. H.
«.141. U7iten in der anmerkung l. 4351 statt 4356.
4307. ze den] ze rede? //.
zu SILVESTER. 370
4483. er ivohl am besten hinter bok. H.
4570. iuch. H. steht auch in der haudschrift.
4750. frechen, grammatisch mag sich frech verteidigen la-
fsen, aber es ist unwahrscheinlich daj's Konrad ohne
noth die seltene ausdrucksweise gebraucht und damit
gegen sei?ie gewohnheit die Senkung aufgegeben haben
sollte. H. — bei blofser Wahrscheinlichkeit gestatte ich
noch keine änderung der handschrift, und hier kann
ich nur eine vermutu?ig sehen, eine Senkung, sogar
zivei in derselben zeile, liifst Konrad nicht allzu selten
fehlen.— [s, zu IA\^. H.^
5199. Iriujjet B. — ich stimme vollkommen bei. die hand-
schrift hat trüget, demnach ist auch die bemei^kung in
der vorr. vii u?id \\\i zu streichen.
5209. Iriuwen (druckf).
Ich habe im Silvester allzeit (218.840.3327.3391.3474.
3741. 3766. 4442. 4474. 4520. 4965. 5026. 5063 offenbar
geschrieben, /«cÄ^ offenbar, weil ich, Schmellers ansieht
(Graff 1, 163) beistimmend, jenes für das richtigere halte,
und weil Konrad, tvenn auch nur in einzelnen fällen, a : ä
bindet und anderwärts bei ihm {Engelhard bog. 1^ 11) offen-
bar: gar vorkommt, wie bei Friedrich dem knecht3IS.2, 116".
andere schwanken. Neidhard, dem a undk im reim kaum ei-
nen unterschied zu machen scheinen, gebraucht offenbar {Be-
necke s. 340. 358. 439) ebenso oft als offenbar {Beneckc
s. 424. fVackeivuigel lesebuch 1, 513, 29). der 3Ieis?ie7'
{altmgb. 27"*) reimt das wort mit jär und schar, der dichter
Beinfrieds von Braunschweig mit gevar {Hannöv. hs. bl. 149'')
und jar (206*). allein da Konrad das wort vorzugsweise auf
-är reimt (im Silvester, und Otto 391. troj. kr. 4995. 5063.
6003.7391. 10505.12933.16313.18890.19181.21642.21835)
und andere, welche a: ä zulafseji, wie Freidank 23, 17. 42, 5,
LichtensleijiFrauend.27 , 16, blofs offenbar zeigen, so, glaube
ich jetzt, geht man sicherer wenn man, wenigstens für diese
dichter, ein unorganisches offenbar als adj.und adv. annimmt,
das ist auch Haupts meinung. dazu kommt dajs Gottfried, der,
so viel ich weifs, kein a : a gestattet, J'reilich nur einmal {in
dem lobgesang, bei IVackernagel leseb. 1, 431, 27), offenbar
auf war reimt: er gebraucht daneben das adj. offenbaTC
380 ZU SILVESTER.
(Trist. 10997. 17716. lobgesang str. 56 Hagen, auch bei
andern, z. b. in Rudolfs Barlaam 322, 40 imd in dem un-
echten Hede Konrads MSH. 3, 340") und das adv. offenbare
{Trist. 15069, vergl. JFatther 7, 20. Stricker ged. 3, 33.
Bite7^ol/' 1328&). dieses adj. mag den langen vocal veranlafst
habe?i, der in dem ahd. offanpar und offanparo ?iicht darf
vorausgesetzt werden; ein niederdeutsches ufDnbere kommt
aber im reim auf hele schon im zwölfte?! Jahrhundert vor
{Hoffmann fundgr. 2, 136, 15).
ZUR GOLDENEN SCHMIEDE.
lies xxui, 3. 4. aus der kaiscrchronik sind eifrige bibli-
sche gleichnisse von der Jungfräulichkeit anzti fähren.
XLix, 5. Dävides. 142. lebermer. 284. brüt.
1085. ir 1285. ähte Lachmann. 1466. kuochen.
WILHELM GRLMM.
WATE.
Jacob Grimm hat {ubeti s. 5) aus dem reime Waten : ge-
gaten im Alexander und aus der ags. Schreibung Vada dar-
gethan dafs man Wate schreiben mufs und nicht Wate, dies
bestätigt die Gudrun. - -
232, 2 (928) da man Walen den alten [ bi sinen beiden vant.
357, 1 (1427) der fürsteHagene fragte I Waten und sine man.
507, 1 (2027) do kam der degen Fruote | und Wale mit si-
ner schar.
509, 4 (2038) zeHagenen dem wilden | hiezen si Waten den
alten dringen.
514, 1 (2055) do gieng üf Walen den alten | der kiinic mit
grozen siegen,
520, 3 (2081) er künde [da] Waten den alten | niht von im
bringen.
522, 2 (2088) er kam ze Waten dem allen | daz was dem
beide leit.
687, 4 (2750) und wil nach Waten dem allen | uiide nach
den andern . . . senden.
889, 1 (3555) swä man Waten den kiienen j in stürmen ie
verncim. ,
WATE. ZUR GUDRUN. 381
925, 1 (3699) dö sprach Wate von Stürmen | 'ich mag iuch
niht verdagen.
1135,4(4544) Wate mit sime gesinde | was dem magnelen
komen al ze nähen.
1397, 4 (5592) si vorhten Waten den allen | alse einen grim-
men lewen wihlen.
1457, 2 (5830) Waten und sine mau.
1465, 3 (5863) ich muoz ze Walen dem allen : | swie mir da
gelinge.
1466, 3 (5867) do besUiont er Waten den grimmen. [ daz was
dem helde ein ere.
1468, 1 (5873) Wate vil zorniclichen | lief Harlmuolen au.
1470, 3. 4 (5883,/".) ez was ein michcl wunder j daz dö Ilarl-
muot
von Waten niht muoste sterben : | vil grimme was der
recke gemnot.
1480, 3 (5923) nü stet der recke Harlmuot | vor Waten in
grozer freise.
alle diese Zeilen können nicht richtig gelesen xoerden ivenn
man nicht Wate oder Waten zu einer silbe verschleift.
Einige Zeilen Icifsen sich nun, da ivir die richtige fonn
des namens kennen, leicht aus ihrer Verderbnis herstellen und
dienen so zur bestätigung.
329, 4 (1318) die irowen erbiteu küme | unz si die site an
Waten dem allen erfunden, die hs. hat an dem alten
Waten.
340, 1 (1359) Do hiez man Waten den allen | zuo der meide
gän. die hs. den alten Waten.
1455, 1 (5821; Üf Walen und sine helde | so grimme man dö
schöz. die hs. wiederholt an^nach und.
1508, 3 (6035) nü ner uns kiiniginne | vor Waten und sinen
mannen, die hs. wiederholt \ov nach und.
Ich übergehe die stellen die metrisch nichts gegen Wale
beweisen, wie 759, 2, leo zwar kein verstütidiger unde Watn
dem allen billigen wird, aber und Walen dem allen a7i sich
unanstöjsig tväre, 7venn nicht die emnittelte form des namens
lehrte da/'s es heifsen vivfs unde Walen dem alten,
hl den wenigen zeilen also in denen dieser name mit kur~
382 WATE. ZUR GUDRUN.
zem a dem versmäfs nicht entspricht^ wird mafi einen Jehler
der hs. zu suchen haben.
235, 4 (942) er dahte wie er Waten, j sinen alten Munt, solle
cnphähen. lies er gedahte wie er Waten.
300, 4 (1202) Horant und Wate aller erst hin ze hove ir gäbe
sanden. wahrscheinlich Horant und Wate ir gäbe | aller
erste hin ze hove sanden.
451, 3 (1805) sich bete der Wate | gesümet nach ze lange.
es ist nichts nach der einzuschalten, sondern es mag ge^
heifscn haben sich bete Wale der alte.
574, 2 (2296) den enphalcb er Waten, j er zöch daz kindelin.
vielleicht auch hier den enphalcb er Waten dem alten.
859, 4 (3438) die hs. ich wil daz her Wate der alle seinen
scbilt niht mussig liesse. der abschnitt kann nicht nach
Wate eintreten, vielleicht ich wsen her Wate der alle]
sinen schilt do niht miiezic lieze.
1512, 3 (6051) willekomen, Wate! | wie gerne ich dich ssehe.
lies wis willekomen Wate.
1539, 4 (6160) die hs. nu thüe Wate waz er welle mit den
gysel seinen, lies nü tuo et swaz er welle | Wate mit
den giselen sinen.
mir vier hebungen hat die letzte halbzeile der 1485w strophe
(5816), daz er mirHarlrauoten | von dem alten Waten erlöste.
hier können leicht ßinf hebungen herausgebracht loerden,
wenn man schreibt von Walen dem allen erlöste.
Hieran mögeji sich, um den bogen zu Julien, ohne beson-
dere ausivahl einige hemerkungen über andere stellen dieses
gedichtes reihen.
9, 4 (36) hat Ettmüller richtig geschrieben die fuoren mit
ir gerne, inid hierdurch ändert sich eine bemerkung Jac.
Grimms, zeitschr. 1, 8. aber auch die folgende zeile
10,1 verlangt verbefseimng. In magellichen eren die ir
(nicht ye, ie) da fuoren mite.
15, 3. 4 (58/".). den vil guolen nioeren diu guotcn salelkeit
hiengen für die hiicve nider üf daz gras, die hs. Äar^büef-
fen ; tvas die letzten herausgeber schreiben, für die hüf-
fen, ist ein sprach/'ehler. vergleichen lajsen sich viele
stellen, z. b. WolJ'r. IFilh. 360, 4 unz üf den buof daz
ors vil gar gewäpenl was mit kovertiur. — dieselbe ände-
ZUR GUDRUN. 383
rung ist nöthig 552, 3 (2209), (diu ros) den die man
verre üf die hüeve giengen. die hs. hat hufe; die letzten
herausgeber setzen hülle, aber bis zu den hilflen (liuf ist
7iicht bug) zu 7^eichen loürde den mahnen schwer gewor-
den sein.
134, 2. 3 (534/*.) Ir niuolet miiier froinven dazs iwer gesinde
wesen. an seyn liilffe si miigcu wol genesen. Ettmüllcr
schreibt mit Ziemafin äne sine helfe, tcohl nur aus ver-
sehen, denn gebilligt hat er schwerlich dessen übcrselt-
same erhlärung, 'sin bezieht sich wohl auf gott, desse/i
namen hier auszusprechen gotteslästerlich gewesen icäre!
lies ane dine hilfe. der zorn duzt.
145, 1 (578). Er hiefs sy fragen wie sy getorsten komen in
daz lant. lies Er iesch wie si getorsten u. s. w. dasselbe
wort ist herzustellen 295, 1 (1179) Her Wate iesch ge-
dinges des landcs herren biten. in der hs. steht haisst,
aber das präteritum ist nothwendig u?id iesch ivahr-
scheinlicher als hiez. es folgt dort man mohle do wol
kiesen an sinen heren siten, den sin gewalt geruchte,
daz er da grimme waire. lies gereichte.
168, 4 (674). Hagene der kiiene erpot sinen nanien (den na-
men Valant aller künege) vlizidiche. lies urbort.
174, 1 (695). Üf einem wilen plane herbergen man die hiez
des riehen kiineges geste. lies h. man dö hiez. in dieser
hs. steht oft die ßir dö ; iii der Gudrun ist derselbe foh-
ler zu verbefsejm 633, 2 (2530). 724, 1 (2895).
258, 1 — 3 (1031^.) (wir sulen sagen Hagenen daz wir küme
üz Stürmen sin entrunnen) Und daz (uns) ungenäde der
künec Hctel tuo (die hs. thue). mit unser grözen gäbe
sul wir ofte zuo (zuo foJilt) ze Hilden und ze Hagenen
hin ze hove gan.
288, 2. 3 (1152,/'.). — hin ze Hagenen bürge, so wir hoeren sa-
gen, da er herre wa,'re, ze Polay lasterliche, lies ze Ba-
liän der riehen (: geliche).
314, 2 — 4 (1256 j^'.). sin kraft und [ouch] sin eilen sinl starc
und ouch sin hant. (er) hat uns geswachet an manegen
freuden guot, daz wir sin von schulden deste trüeber ge-
muot. ich habe er eingeschaltet und das gemaciiet der hs.
rej'ändert. freuden statt freunden hat schon Ziemann.
384 ZUR GUDRUN.
meine Veränderung dieser stelle, ivie die der folgenden,
habe ick schon an einem andern orte mitgetheilt, ich
iviederhole sie hier, iveil sie von dem neuesten herausge-
her übersehen ivorden ist.
322, 4 (1290) lies daz slüende uns allen schentliche. die hs.
schedlich, icas hier keinen sinn gibt.
456, 4 (1826) lies swie si des nilit gedrehten, ja gewunnen si
der arbeit mere. die hs. wann sy des iclit gedachten.
538, 4 (2154) lies ich kan des niht geläzen, ich engrüeze iuch
willicliche. die hs. han iind ich graesse. auch 13G9, 2
(5478) muß k:x\\ für han gesetzt werden, daz sint vil
(kiiene) degene, als ich gesehen kan, vergl. 1374, 2
(5498) als ich mich kan versehen,
646, 1 . 2 (2583/!) lies Do si heten gerne die porten zuo ge-
tan, dö muosten si daz lernen durch schunipfenliure Ver-
lan, die hs. d. ni. s. das lernen das schimpfen tewre ward
Verlan. r/?//"schumpfentiure scheitit auchEttmüller {s.^&)
gekommefi zu sein, obwohl ich seine meinung nicht recht
verstehe.
662, 2 (2648) lies du hast mit dicneste hiule hie versolt daz
u. s. w. die hs. mir dienst.
669, 2 (2676) lies ez wan den niht geviele die erz wizzen
liez. die hs. etlwan. ^
686, 3. 4 (2745y.) lies henden: — ja kan ez nienien anders
so wol genden(=geenden). die hs. handen und geauien.
693, 1 — 3 (2771^.) lies Der wirt wol tusent helden gap ros
unde wat: diu zugens iiz den seiden, so si der ofte hat
der vehten wolte riten zuo langen slräzen. die hs. rofs
vnd gewant — so sy die offt hant — ze — .
707, 1 — 4 (2827 Jf.) lies Do si zesamen wären, von den ich
han geseil, komeu mit ir kreften, äne freude leit heten
' zallen ziten die recken unde sorgen, waz in die naht ge-
schehe, si dahten 'wie leben wir den morgen?' die hs.
an freunde lait und die recken vnd wegsorgen.
H.
385
DIE GUTE FRAU.
GEDICHT DES DREIZEHNTEN JAHRHUNDERTS.
Die einzige handschrift in der dieses gedieht erhalten
ist befindet sich in der k. k. hihliothek zu IVien (cod.
2795, früher philol. 42, Arnbr. 435, jHipier, 45 blätter
kleinfolio, vergl. Hojfinanns Verzeichnis s. 55 u?id von der
Hagen im alld. museum 1, 550, der zugleich angibt dafs
die handschrift aus dei^ handbibliothek kaiser Maximilians
stammt), sie fuhrt den titel Anonymi poema de Caroli 31.
origine et genealogia. bekannt war das gedieht bisher inir
seinem Inhalte nach durch Ferd. fpolfs schrift über die
neuesten leistungeii der Franzosen für die herausgäbe ihrer
national -heldengedichtc s. 73 — 97. ich entnehme es einer
abschrift die Schottky im J. 1817 für die Berliner könig-
liche bibliothek (ms. germ. quart 12) besorgt hat.
Der verfafser, über den loir nichts erfahren als dafs
er das gedieht auf den wünsch eines markgrafen geschrie-
ben hat, war ein mäfsiges taleyit n?id hatte noch wenig
Übung gehabt; sein loerk scheint ein ei'ster jugendlicher
versuch und wenn er sich durch den erfolg desselben nicht
zu iveiteren arbeiten ermu7dert gefühlt hat, so darf die
liteimturgeschichte dies nicht zu sehr beklagen, seine weise
ist die allgemeine epische des \Zn jahrh., die durch Hart-
mann vertreten wird, denn IVolfram und Gottfried zeichfien
sich durch eine zu scharf ausgeprägte individualität aus
als dafs sie für den gesammtaus druck ihrer zeit gelten
könnten, aber auch dieser stehende typus der epischen poe-
sie erscheint hier ziemlich dürftig, die darstellungsiveise
ist arm und eintönig, dies zeigt sich besonders bei den
Übergängen der erzählung, deren das an stoff äufserst rei-
che gedieht sehr viele bedurfte, selbst mittehnäfsige dichter
des 13/1 Jh. haben es den ?neistern abgelernt ivie man du?'ch
feine, vorzüglich durch naive ivendungen des lesers aufmerk-
samkeit auf das folgende neue spannt; hier tverden tvir fast
Z. F. D. A. II. 25
386 DIE GUTE FRAU.
immer mü einem dürren nu oder dö weitergeführt, aus
dem wecliselvollen Schicksal der Heldin erwuchs die schönste
gclegcnheit zu genaueyi ausführlichen Schilderungen und
scharfen gegcfisätzen ,• doch der dichter benutzt dieselbe nie.
dafs er keine psychologische entwickelung, zu der ihn der
Stoff aufforderte, gibt machen wir ihm nicht zum Vorwurf;
diese findet sich selbst bei den besten dichtem dieser zeit nur
njivollkommen. allein die herkömmliche ironie der mhd.
poesie selbst, mit welcher andre dichter, die durchaus nicht
originell sind, manche artige Wendung erhaschen, steht ihm
nur in geringem mafse zu geböte, neben dieser armut ist
seine erzählungsiveise nicht selten geradezu nachUifsig und
dadurch unklar, besonders bei anordnung der personen (vgl.
z. b. 862^., 921^. wo ick 923 durch Verwandlung von er
in der nachzuhelfen gesucht habe, 12oGff.). dieselben ge-
da?iken, ganze vei^se werden höchst matt bald ivörtlich bald
mit geringer dnderung tciederholt {man vergl. 43 f. und
685/ = l/i45/ 2231/ 2779/, 364 U7id A18, 813/.
955/ und 2725 f, 912 und 1152, 913 und 1063, 1541/
und 2iol f., 1791/ und 2917 f., 1837/ und 29^5 f.,
1847—52 ?///rf2937— 42, 1957/ und 197 o f. vergl. 1251 f.,
2013 f und 2427 f., 2301 ?/?id 2705, 2421/ z/nd 2737 f
u. a.). ja es scheint dafs der dichter sogar den grundge-
danken seiner f ab el nicht verstanden hat. dieser ivar ohne
zweifei der ethische, theologisch jnj/siische, dafs gott
jnüchtig genug sei um die tvelche seinethalb sich der ir-
dischen guter begeben nicht nur durch seineji himmel
sondern durch noch gröfseres irdisches glück zu belohnen
und vor jeder entehrung zu bewaltren. dieser mystische
Charakter geht bereits aus dem ganzen gange der sage her-
vor; wenigstens iväre ohne die annähme eines fortdauern-
den unmittelbaren eingrcifens der gottheit, welches auch
dort thätig zu denken ist wo der dichter davo?i schweigt,
dieses zutreffen so höchst verschiedenartiger und zum theil
sehr ungewöhnlicher ereignisse, die dem dichter stets in die
hand ivachsen ivie er sie eben braucht, vollkommen abge-
schmackt, unser poet dagegen stellt am schlaf se des ge-
dicktes das glück der keldin als lohn ihrer ckelicken treue
dar; aber kierbei irird zunäckst nicht begriffen iveshalb
DIE GUTE FRAU. 387
auch der mann glücklich wird., man milste ihn denn etwa
nur für ein mittel zur hegründung und erhaltung des glückes
der fr au ansehen; ferner geht diese ansieht so wejiig aus
der anläge des gedichtes hervor dafs die frau alsdann viel-
mehr sterben, sich selbst tödten mäste als eines zweiten und
selbst des dritten mannes bett besteigen, zumal da sie selbst
gar nichts dazu beitrügt dafs sie rein bleibt. Ja nicht hof-
fen darf es zu bleiben, sondern nur wider erwarten, das
erste mal durch gottes unmittelbaren schütz (2019 — 2026),
das zweite mal durch ein glückliches zusammentreffen der
umstände {den hafs der königin von Frankreich die, nach-
dem sie dem gemalil entßohen, ihn durch Zauberei der lie-
hesfreude beraubt 2433 — 2444), gerettet wird.*
Dafs die fabel ursprünglich von der karlssage unab-
hängig gewesen zmd nicht früher mit ihr vereinigt worden
sei als der kerlingische und bretonischc sagenkreifs so all-
gemein gefallen hatten dafs die dichter jeden beliebigen
Stoff durch anlehnung ati einen von beiden anziehender zu
machen hofften, haben bereits von der Uagen und Jfolf
bemerkt, dafs der dichter einen zug seines Stoffes benutzt
um Pippins klei?iheit zu motivieren (3025 — 3030) klingt auch
in seinem munde fast mir scherzhaft, die vcranlafsung zur
anlehnung an die karlssage aber tvar ohne zweifei, tvie
ebenfalls schon Wolf bemerkt, die ähnlichkeit welche das
Schicksal unserer heldin mit dem der Berta {denn mit ihr
wäre sie identisch) hat, wie dieses im roman de Berte au
grand pie erscheint, dafs die ivenigen Idnweisungcn auf
bekannte historische punkte {dafs Karls vater Karlmann ge-
heifsen, daß Pippin Karls bruder gewesen, dafs Karls va-
ter nach dem tode des früheren kÖnigs durch einen volks-
beschlufs auf den thron erhoben sei u. s. lo.) falsch sind
bedarf keiner erwähnung . ob die übrigen ereignisse die
der dichter als historische gibt {z. b. der krieg des königs
von Spanien und des herzogs von Bretagne mit dem grafcn
' auch hier iinirdc ein dichter der wie Jf'olfram bewiistvoll sei-
nen Stoff ordnet das erste motiv, golies schütz, als das gewichtigere
zuletzt gebraucht haben; doch unser verfafser schlofs sich ohne Zwei-
fel hierin der wälschen quelle an, die überhaupt an der dürfligkeit
des deutschen gedicktes grofsentheils mit schuld sein mag.
25*
388 DIE GUTE FRAU.
von Püilou^ die kämpfe des grafen Guido von AuvergnCy
der raub der französischen königin durch den könig von
Portugal) ga7txi oder zum theil begründet sind, dies zu
untersuehen hielt ich für zwecklos, zumal so lange die fran-
zösische quelle nicht bekannt ist. das gedieht ist weder
der anläge noch der ausfdh^ung nach so ausgezeichnet
dafs wir hoffen kön?itefi bei einer solche?i nntersucliung den
geist der mittelalterlichen poesic zu beimischen wie er die
geschickte nach des dichters zzvecke?i j/mgestaltetc 7/nd den
gestalten der sage einßocht. im allgemeinen verweise ich
auf die Vermutungen die IVolf in den sorgfdltigC7i anmer-
kungen zu seiner inhaltsangabe aufstellt und füge nur die
herichligung hinzu, die ich herrn prof Leo verdanke, dafs
Barria, die heimat tinsrer lietdin, nicht Bar sondern Berry
ist, wozu es vollkommen pafst dafs der ritter auf seiner
ersten fahrt in das benachbarte Poitou zieht, dafs die gute
frau von dem ebenfalls benachbarten grafen von Auvergne
angegriffen wird it7id dafs die Schlacht am Allier (Aller
1080) statt findet, als besonders auffallend hebe ich iiur
den offnen ividerspruck gegen das salische gesetz {2\A^ ff.)
und die enoähtiung der 12 fürsten {auf jeden fall der pairs
Karls) hervor, deren macht' so grofs ist dafs sie den könig,
wenn er ihnen nicht zu willen ist, absetzen (2537 — 68).*
Die zeit der abfafsung des gcdichts läfst sich nicht
genauer begrenzen als durch die jähre 1212 und 1280.
der ganze ton zeigt, dafs es erst nach der Umgestaltung
welche die deutsche poesie am ende des 12// und im erste?i
jahrzehend des ISn jh. erfahren hat geschrieben ist; dafs
es aber nicht ganz an das oide des ISnjh. zu rücke?i ist, da-
für bürgt eine gewisse einfachheit und natürlichkeit die das
gedieht bei aller sonstige?i armut zeigt; iväre es aus so
ganz später zeit, so würde es sicher an Übertreibungen,
eben so wenig tafsen sich von vnlcrsuchungen über den Ursprung
■und die fortcntwickelung der sage sonderliche resultate erwarten, sie
hat ühnlichkcil mit der legende vom heiligen Eustacinus {s. derRcemer
tat herausgegeben von Keller s. 166 Jf.), auch, wie schon bemerkt,
mit der sage von Berla mit dem j)lattfufs; vieles in ihr ist nur all-
gemein hergebrachtes zur phrase herabgesunkenes sagen- und mär-
chenelamcnt.
DIE GUTE FRAl. 389
L^esuchtem prunh\, spielei^eien und anderen aiLswächsen lei-
den, auch u'ürde die spräche schweidich so rein sein, nach
der g'anzen haltung würde ich es, ohne diese bosti)mtiung
durch dufserc gründe stützen zu können, in die Jahre
1230 — 40 setzen.
fVenn ich oben gesagt habe dajs Hartrnann als repriisen-
lant des jnhd. epos dasteht, so ist dies bekanntlich nicht so
zu verstehe?}- als ob die übrigen dichter in denen sich die-
selbe tveise findet ihn speciell nachgeahmt hätten, wie
IVolfraui und Gottfried eine ganze reihe von diclitcrn ängst-
lich gefolgt ist; wenige dichter wie IVirnt ausgenommen
war diese Übereinstimmung mehr eine unwillkürliche. Hart-
jnatin hat die demente seiner poesie nicht geschaffen, icie
jene beide7i allerdings vollkommen neues, bis dahin noch
nicht gekanfites aus sich erzeugt haben, sondern nur das
was er vereinzelt bereits vorfand zusammengefafst und hö-
her entwickelt, unser dichter dagegen scheint freilich Hart-
vianns werke vorzüglich gelesen zu haben, wid, er hat sie
in einem mir in der mhd. poesie sonst nicht bekannten
grade ausgeschrieben, man halte folgende stellen zusam-
men die mehr oder minder wörtlich übereinstimmen: 23/".
= Erec 3687 f., 248 = £'rec 4642 (tnit hinzusetzung eines
durch vor lüter auch = Gottfr. Tr. 11730), 263 = Greg.
325, 372 = /m^. 7864, 416 = Greg. \2lö, A24 — 26= Erec
132 — 34, 605—10= Greg. 1807 — 12, 883—85= Greg.
1983 — 85, (925/ = Iw. 3073/) 1199 — 1202 = Greg.
1921 — 1924, 1204 = E7^ec 1520 und Iw. 4766, 1450
=: Greg. 323, 1474 — 76 = arm. Heinr. 58 — 60, 242 1 /".
(= 2737 f.) = Iw. 365 f. und Erec 8361/, 2425/
z=i Erec 7Q78 und 6351/, 2859/ =//«. 2533/ wenige
dieser stellen sind so allgemein dafs ma?i glauben könnte
der dichter habe sie ohne Vorbild zufällig auch gefunden,
einen einßufs Gottfrieds könnte man sehen in den versen
103 — 106, 167 — 174, 301 — 312, 1341—1359, vielleicht
auch in dem gedanken der 2189 — 98 ausgesprochen ivird,
so wie in dem häufigen spiele mit licp und leit, das sich
zwar bei allen mhd. dichtem, doch bei Gottfried besonders
häufig findet; dagegen braucht der dichter gegen Gott-
frieds art in Übereinstimmung mit Hartmann auffallend we-
390 DIE GUTE FRAU.
nig französische toorter, turnier 219, hashart 1094, äniis
1344, schappel 1947, malätes 2631, condwieren 2677 (zwar
conjectur, doch unzweifelhafte^^ punte 2803, la hone dame
3022. aus den anfangszeilen des gedichies könnte man schlie-
fsen dafs der dichter nicht nach einer schriftlichen quelle
sondern tvie JFirnt nach mündlicher erz'dhlung des kaplans
oder des markgrafen gearbeitet ; doch scheint diese folge-
ning bei so ivenig bestimmten ausdrücken voreilig und las
(6) seile (9) saget (575) können sich auch auf das vorlesen
beziehe?! .
In sprachlicher hinsieht sind nur folgende durch den
reim verbürgte formeii zu bemerken, gesät (: stat 704. 1552,
: bat 957) das auch Hartmanri und besonders Rud. vo?i
Ems haben, iiiet (: schiet533. 2601. 2616. 2772, :diet2998),
genuogcn (/?^> geniiegen 1370) diu kalte (628, Xi scheint den
einflufs des i gestört zu habeti, vergl. die conj. prät. der
schw. verba sande, künde, funde und die gehemmte kraft
des a in bindan), diu grüebe 2024. vott formen die verschie-
dene dichter verschieden brauchen finden ivir folgende im
reim: sie (: ie 246, gie4I4, lie 1992), prät. ind.vonMn,
hate (121. 542. 656 und oft) ha;te (55) het (:T61et 2433),
sint (für sit, das auch im reim vorkommt, 1928. 2958),
drin (tribus, 1120), wir sin ind. (1910) und wir sin (3034.
504, in der letzte?! stelle kön?ite es alle?falls co?y'unctiv
sei?iu?id vielleicht ist 1910 wir hin ^w sch?'eibe?i), tete (348.
^62)u?id tet (243 und sonst), dieselben for?nen b?^auchenRud.
ff'^irnt und der Stricker ?iebe?i ei?iander, vgl. graimn. 1, 965 ;
femi?ii/ia auf In (2050. 2173. 2216 u?id oft) inne (302. 1326.
1333. 1954. 2202. 2229. 2515. 2553) u?td in (2869 und im
reim auf dar in 2847, da dies wort so?ist im reitne ?ncht
vorkommt habe ich diese gewöh?ilichere form vorgezogen)^
adv. auf liehe (43. 128. 688 u?id oß) liehen (889. 2124)
liehe (867) liehen (897), herre (: merre 93. 230. 855, das
auf kein anderes woiH reimt), nu und du stehen ?iicht im
reim.
Das ??ieti'um wird oft ei?itö?iig und ungefüge, die bei-
de?! zusamtnengehörigen ?'eimzeile?i loerden selten durch den
sinn geschieden ; doch fehlt die se?ikung sehr oft und dies
spricht für eine frühe abfafsung des gedichts. kli?ige?id
ÜIE GUTE FKAU. 391
reimende vevse za vier hebtt/igen erlaubt sich der dichter
wie uujscr Gottfried und Konrad von IVürzburg wohl alle
dichter des 13/< jk. das tonlose e irird im in- und auslau l
innerhalb des verses wie im reim (hier sogar in formen wie
kiat dat. 29. 349), so oft es dem dichter unbequem ist, ab-
geworfen.
Im reime zeigt er ferner folgende freiheiten. er bin-
det n : m auffallend oft und zwar an : am (47. 51. 323 und
noch 20 mal) aru : arm (gevarn : arm 2179) an : am (jjetan: räm
2795) ein : eim (zwein : oelieim 591) ün : um (Urilüii : rum 843;
uon: uom (tuon:ruom 1563) iens : iems (Urliens : Riems 1807);
aufscrdem naht : gemachl 2395, bilde : milde 2383 wo der
Schreiber mit richtigem gefiihl milte setzt, komen : vromen
2097 (vergl. gramm. 1, 205. 3^ ausg.). dafs er ursprüng-
lich geschlofsnes e mit offnem in wesle : beste 57, weste :
veste 1201, gerne :erue 581 bindet wird nicht als freiheit an-
zusehen sein, sondern in seiner gegend wurde das geschlofsene
e einiger tvörter in der that als offnes gesprochen tvic auch
Hartmann das e in weste als offenes behandelt.
Was endlich die beschaffe nheit der handschrift betriff't,
so geht dieselbe, besonders die höchst verderbte Orthogra-
phie, aus den auszügen bei IVolf Hoffmann und Hagen
hinlänglich hervor; ich habe daher in den hemerkungen
nur die wörter der handschrift aufgeführt in denen ich ivürk-
lich abgewichen bin oder die ihrer form wegen in irgend
einer hinsieht bemerke nswerth schienen und führe hier nur
noch an dafs ei für i, scbvv sohl scbn sehr und die ausl.
media dort ivo sie im inL hervortritt bereits fast ganz
durchgedj'ungen ist; dafs das poss. ir bereits als adj. ße-
clierl wird ; dafs sich die adj. ßexion iu nie findet, ebenso
wenig ein swer, swaz u. s. ic, zwei oder drei fälle ausge-
nommen in denen zw geschrieben ist, sondern stets wer
steht; ferner sind fast durchgehend ou für äne, nit, nun,
zwingen, zwahen, iarbc, jemand, niemand, verlor, häufig
ich sagen und ähnliche (gramm. 1, 958); nirgend ein dirre,
und es rvird nur vn vnd vndd, yiie unl oder unde geschrieben,
die handschrift stammt aus dem \än, vielleicht, wie Graff
Diut. 3, 349 will, aus dem Hin ßi. ; es liegt wenig daran
dies genauer zu untersuchen, neun verse fehlen, nur bei
392 DIE GUTE FRAU.
V. 2404. 2856. 2890 bemerkt Schottky die lücken; mögen
Wiener freunde der altdeutschen poesie, icenn sie das ge-
dieht dessen loerth halten^ und ich hoffe dafs es hei al-
ler mangelhaftigkeit doch gelesen zu tverden verdient,
nachsehen ob sich auch die ührigen lücken in der hs. fin-
den, geschrieben ist die hs. ivahrscheinlich in Schwaben,
loenigstens zeigt sie folgende vorzugsweise schwäbische
eigenthütnlichkeiten, au für ä, ent für et in der 2. pei's.
pl., doch nie im reim, dagegen hlofses t einige mal ^ volle
formen wie lebolen, begegnot, seltaa; kllche (2107, doch
1649 kirche) und den abfall des e am cfide der ivürler,
rergl. Beneckes vorrede zum fVig. s. 43y. da sich nicht
annelimeii läfst dafs das gedieht eine grofse Verbreitung
gefunden^ so darf inan hieraus, so wie aus des dichters ge-
nauer bekanntschaft mit Hartmann, ivohl schlief sen dafs auch
er ein Schwabe gewesen, tadehi wird man es nicht dafs
ich bei einer so gänzlich unverlafsbaren hs. manches ge-
regelt habe was auch in den besten hss. schwankt, dafs
ich z. b. die form vrouwe bis auf die stellen in denen der
vers vrowe fordert durchgesetzt habe, während die hs. stets
auch im reim frow schreibt, bei gleichgiltigem schwanken
wie ode oder aide alder bin ich der hs. gefolgt.
Schliefslich habe ich herrn prof Lachmann meinen er-
gebensten dank zu sagen für die grofse liebe mit ivelcher
er mich, ivie bei meinen Studien überhaupt, auch bei diesem
kritischen versuche unterstützt hat. die eitelkeit dafs ich
mir bei diesem probestück gern den geringen schein eines
eigenen Verdienstes bewahren mucJite macht es mir iinmög-
lich alles aufzuführen was ihm im einzelnefi an dieser arbeit
gehört. 7nöge ich künftig im stände sein ihm gröfseres und
befseres vorzulegen, dafs er zeit und mühe nicht als ver-
loren beklagen mufs.
BERLIN 15 Juli 1842. Da EMIL S03J3IER.
Ein buoch lit ze Arie
daz der kiinec Karle
hie vor vrumle geschriben,
2. Was der küug (küng nach Schottky, kinig nach tVolJ stets)
3. frümbt
DIE GÜTE FRAL. 393
wie sin geslähte waTe beclibeii
und wie ez dar komen was. 5
der ditze buoch las,
der was von Munferran
des margraven cappelän :
der seit im diu m^ere,
wie ez komen w*re 10
und wiez von erste huop sich.
dö bat der margrave mich
daz ich diu ma^e rihte
ze liutschem getihte.
nu hän ich es begunnen : 15
die ez vernemen kunnen,
unde wellen die gedagen,
so wil ich in vil rehte sagen
von der besten vrouwen
die mau dö mohte schouwen. 20
Ez saz ze Frankriche
hie vor gewaltecliche
ein herre biderbe unde guol,
an sinen triuwen wol behuot.
4. plibü und 5. wyt für wie ez. beliben konnte höchstens heifseti Wie
sein geschlecht lange gewährt, sich erhalten habe, so dafs es dasselbe
wäre tvie wite dar (bis auf Karl den grofsen) komen. ich zweifle
ober zunächst ob sich dieser sinn in belibea hineinerklären läfst, so-
dann ci'hielten wir gleich am anfang eine matte Wiederholung, und
vorzüglich hat sich Karls geschlecht nach unserm gediehte durchaus
nicht weither {und kann wite dies überhaupt heifseti f), durch viele
glieder, forterhallen, da Karl selbst erst das zweite oder, wenn man
die altern der heldin mitrechnet, das drifte glied ist; deshalb beson-
ders habe ich auch wile geändert, auch schien mir das gcfühl des
Icsers zu fordern dafs das subject (ez) wiederholt werde; und die ver-
bifserung wird bereits durch den titel der hs. angedeutet, de Caroli
origine (becliben) et genealogia (dar komen), der wahrscheinlich in der
älteren hs. die der unsern zu gründe liegt übergeschrieben und aus
den anfangszeilen entnotnmen war. — über den Wechsel der modi
(wKi'e, was) vcrgl. Lachmann zu If^^alth. 29, 34. 6. dis
7. IVuiilTevran NuiiH'eoran NuafTeman Hagen , NunlFecran Schotthy,
'Vüiiirerran Jf'olf, iNumfetran Graff {Diut. 3, 349), Nüinfretran Iloff-
viann. 15. l)egünncn lü. verniemcii {nergl. 301. 735. 1228)
künucn 17. wiillen die still gelagn 21. gewalleuclichc
394 DIE GÜTE FKAIJ.
er was Kuopreht genant, 25
Barria hiez sin lant.
er was sttete und raanliafl
und het an guote wol die krall
daz man in mit gewalle
wol zeiuem gräven zalte. 30
an gewalt und au eren
er künde wol bekeren
siniu dinc nach sinem muole.
do der herre giiole
bi sinem wibe gesaz 35
zwei jär alder baz,
dö gewan se ein kindelin,
daz schoenesle löhlerlin
daz mannes ouge ie gesacli.
diu diet im alle samet jach, 40
do ez wahsen begunde,
dö jähen im zestunde
,alle geliche,
beide arm und riche,
ez künde so wol gebären, 45
käme ez ze siuen jären,
da wüehse ein salec wip an.
si jähen als ez sit kan.
Bi im was gesezzen
ein herre vermezzen : 50
der was disse gräven man
und im doch genozsan,
der in nihtes dorfte vlehen
niuwau umbe daz liMien
daz er von im luete. 55
er was al siuer nele
der ha'hsle und ouch der beste :
swaz der eine weste,
daz was ouch dem andern kunt :
25. es w. Ilupprecbt geuampt 33. siiiiuj Diso 37. sy
42. I)ü Jacheiit Jm sa zcrst. 40. Kein 47. wiichs 48. Do
spraclicnd als er sicli kan 51. dicz 53. Dar Jon nichlz bedorlil
54. ^iunlt■Il 55. hole 50. an seineu lellcn
DIE GÜTE FRAU. 395
si waren sament zaller stiiut, 60
sameat hie, sament dort:
ez wa-re wise oder wort,
daz was ungesclieideu
zwischen den herren beiden.
getriuweni vriundc ist nütze bi, 65
swie unwert triuwe nü si,
si niuoz doch imer mere
ein honptschar sin der ere.
Der herrc, disse gruven man,
üuch ein kindeh'n {^ewan : 70
daz was ein siin wol getan,
nu mac et niemen niht hän
wan als im got wil gunneu:
het er noch zwei gewannen,
diu wa-ren wwrliche 75
beide worden riche.
diu zwene beten zwei ensam,
die wurden so liebesam
daz man noch wunder seit dar abe.
diu juncvroawe und der knabe 80
wären sament zallen stunden,
daz si gedenken künden
wie holt sc einander wahren. ',
an spräche und an geba'ren
minten si sich sunder. 85
da hwret michel wunder,
si wuohsen in der minne,
ob ich rehte mich versinne,
60. zesament 65. Ain gelreiiwü iVüiul. die form nütze (iiücz ia
der A.V.), statt des gewöhnlichen nuz nutzes in., habe ich gestützt auf
das alid. wwltX f. {GraJJ't., 1123) bewahrt. 68. hepplschar, vergl.
1339. 60. dis 72. et iebt niemät n. h. 73. giinnen
74. gewinnen IT f. Die zwen herren Lett zwene Die wurdenl so
lieb seine, ich weifs ensam blofs durch die analogie von bisam init-
sam zesam zu stützen; aber andere verbefserungcn {etwa die zwene
[herren] beten zwei kint diu wurden so geliebe sint (sinl im reime
1928 tmd 29.58) schienen mir zu gewagt. 81. zesament
82. daz, seit der zeit dafs. 83. sy ainandren waren 84. spra-
ohen u. a. gebaren 85. besonder 87. wücbstend
396 DIE GUTE FRAU.
(laz ir ielwederem wa're
des anderen sweere 90
leider dan diu sine.
dö starp dem raägetline
ir vater, der edel hßrre.
dö wart diu rede vil nicrre
zwischen den kinden beiden 95
daz si vorhlen sin gesclieiden
dann umb in der du tot gelac.
si wanden, soltens einen tac
von einander sin gewesen,
daz si iemer möhten genesen. 100
ja herre, waz ist minae?
man vindet wunder drinne.
ez wirt von ir gewalle
der junge als ouch der alte,
der alle als oucli der junge. 105
si heizet wandelunge
baz danne niinne.
si verkeret rehte sinne
ze wunderlichen dingen.
den niemen möhle bringen 110
üf deheiner slahle arbeit,
dem git si liep unde leil
und machet in vil drale
an werken unde an rate
als er ein minuajre 115
ie gewesen wtere.
Nu lac der alte herre tot,
als gol von himele geböl,
von dem ich e hau gesagt.
dö wart sin husfrowe und diu i/iagl 120
die er ze tohlcr liale
mit ir vriunde rate
bevolhen harte sere
dem andern an sin ere,
9'i. <ler red uil mcr 98. siillends ein ',)".). aiu andren
101. Da hurend HO. Die niemat mocli |ir. 118. hiemel
II'.). der Vil. helle 122. friinde vud ralte
DIE GUTE FRAU. 397
(laz er ir pflegen sohle, 125
als er bilh'che wolde.
deswur daz tct der riclie
vil gctrimveliche.
er nanis in sine huole
mit libe und mit guote 130
und scluiof alle ir sache
ze eren und ze gemache
als die sine oder baz.
dö diu vrouwe gesaz
zwei jar nach ir manne, 135
dö starp ouch sie danne
dö der edel weise
von des tödes vreise
verlos sin muotr und sineu vater,
raanege riche man bater 1 40
durch ir bürge und durch ir lant.
in was allen wol bekant,
swellien si ze slaele
zeinem man genomen ha^te,
dem wter als wol geschehen daran 145
als dem der si sit gewan.
Nu schuof ouch mit gewalte
der tot daz der alte
behendeclichen tot gclac
der der juncvrouwcn pdac. 150
dö starp ir vriunt und ir raf.
dö tet si als der beide hat
sailde unde wisheit:
si was dem armen vil bereit,
dem riehen hcrrn ze vuoge. 155
ir jähen des genuoge
daz wibes name ie würde
137. wyse 140. batt er. sie lad die Jiirsten zu sich zum empfange
de)' lehcn, vergl. vür sich bilen (s. b. Parz. 344, 22) und unser bit-
ten, einladen. 142. welchen 145. also 146. genam
147. zwang, so viel ich weifs steht twingen mhd. so wenig als un-
ser zwingen ohne obj'ect; doch tveifs ich nichts bejseres als das un-
wahrscheinliche schuof an seine stelle zu setzen. 149. Beschaiden-
lichcn 157. wurde
398 DIE GÜTE FRAU.
so fri vor valsches bürde
an allem ir gemüete.
si schuof mit mancher giielc 160
daz si über allez daz lant
diu guote vrouwe wart genant.
soltich iu von ir dingen
gar zeinem ende bringen.
wie rehte guot si w«re, 165
daz würde ein langez nia>re,
an ir was vür säze
guot und elliu mäze,
mäze junc, maze alt,
mäze blüc, mäze balt, 170
mäze diemuot, mäze here :
an ir gebrast niht mäze merc,
\ ' wan si was äne mäze guot,
da mäze niuwan schaden tuot.
disiu reine junge !*•'>
diu saz in zvvivelunge
wie si ir leben slizze
daz man ir niht Aerwizze.
si gedähle 'ich wil mich äne man
begän, ob ich iemer kan: ISO
mir ist sus sanfte unde wol.
swaz ein vrouwe haben sol
von bürgen und von lande,
von pferden und von gwande,
von rittern und von vrouwen, 185
daz mac ich allez schouvven
in minem hove, svvenn icii wil:
. , darzuo maneger bände spil,
beizen, birsen, unde jagen, >.'•
videlen, singen, unde sagen, 1,90
des hän ich alles gewalt.
158. valscher Bürde 162. genamt 167. satze (: massc). vergl.
fValth. 8,24. MS. 2, 215'^ (min wort min doene geträten nie uz reliter
sinne säzen) vnd 2, 224''. in ihr war als in seiner behattsung, in ihr
hatte sich eingemietet. 168. an alle 173. wan fehlt.
174. Die niasz nicmal 180. iemi-r fehlt. 181. 193. sunsl
DIE r.lTE FRAU. 39y
wie niölite ich senfter werden all?
mir ist sus micliel baz
dann ich iemen über daz
minnle vür min selbes lip. 19-5
ich horte sagen, so diu wip
mannes minne hinderge,
daz in dannc wirs si dan e.
3Iir ist niht kunl umbe man :
als aber ich mich verdenken kan, 200
an in sint zwei dinc leider,
der ich erviirhle beider,
ob ich einen man ha'te,
dem wa're ich also sla*le
daz ich nimer verliezc 205
swaz ich in luon hieze.
baete ich danne daz er sich
enzucte eteswes durch mich
daz er lihte nlht verba're,
daz würde ein sölhiu swa're 210
diu mich vil serc müete.
so liete ich miner güele
cngolten harte sere.
dannoch vürhte ich mere,
swenne er uz wa're 215
durch rilterlichiu mare
in turniern unde in slriton,
so müest ich zallen ziten
da heime grozen angest han,
wie ez im dort soll ergän. 220
so het ich jugent unde leben
gar einem manne gegeben,
lebte er mir nilil danne,
'• •• so wsere ich zc manne
al zc vrüeje geriten. 225
ez ist bezzer wol gebiten
dann übele gegähet.
201. zvvai laid 203. Die i. e. itaid 208. etwas, es könnte auch
elcwu heißen. 210. Da 211. mültc 212. gute 219. hai-
inen grossen 222. man gebfi 225. früg. wohl s//ric/iit<(ir//ir/i.
400 DIE GUTE FRAU.
swer also sich selben vahet,
der ist betalle ane siii.
ich wil eht leben als ich bin.' 230
Nu wart der junge herre
balder unde merre
danne in dem riebe
keiner sin geliche
der bi der vrouwen was gezogen. 235
si tätenz alle ungelogen
die in ie an gesahen,
ob si im gruozes jähen,
schiere kam er üf die vart
daz er loplichen wart 240
ze ritler als ein edel man.
dar nach er dienen began
siner vrouwen als er e tet.
daz was ir wille und ir gebet,
wände si in minnet ie. 245
also tet er ouch sie.
ich sage iu wie ir rainne was :
lüter als ein Spiegelglas, ^
an aller slahte geviere
mit werten unde gebwre. 250
. ' • ■ si gedähte 'ich sol im holt sin.
sin vater underwant sich min ,
also schiere, dö min vater slarp. i
daz ich dö uiht gar verdarp,
daz schuof siu hilfe und sin rät. 255
daz er zuo mir getan hat, ;,
des het ich iemer schände,
beviinde ieman im lande
ald in mime gesinde, ■
ine waT ouch sinem kinde ?6.0
holt an sines vater stat.
228. selbs vacht 231. wuchs, was ich mit dem aüjeclivischen incrre
zu verbinden anstehe. 232. mer 233. ich 236. hetten all
237. grücz verjacheii 245. Wann sy mini 247. sagen wie
{lu fehlt) 249. geuar 250. gebar 259. mine
200. ine] Ich
DIE GUTE FRAU. 401
ich weiz vil wol wes er mich bat,
do er an sinem ende lac
und nimer anderthalben tac
nach dirre rede werte. 265
do bat er unde gerte
an mich vil sere
daz mir an mine ere
sin kint bevolhen wsere.
vergaize ich sölher majre, 270
so waere ez vil gar verlorn
swaz triuwen an uns ist geborn.
D6 was aller sin gedanc
als in diu groze liebe twanc.
er gedähte in sinera muote 275
• "ja herre got der guote,
nu geruoche mir geben
die sa;lde und daz lange leben
daz ich gediene sere
die manecvalten ere 280
die mir diu vrouwe hat getan,
ich muoz anders iemer hän
der Hute spot unde ir haz,
ine getuo eteswaz
. daz man spreche und schouw«,. 285
swaz disiii guote vrouwe
disem manne liebe tuot,
daz enist niht ein verloren guol.'
Do gedähtes alle tage
da wider als ich iu sage, 290
"min vater nie gewan
getriuwern mäc noch man
dan sinen vater, dem er mich lie.
solher triuwe pflägens ie,
daz Sit unz an ir ende schein, 295
die liezen si uns zwein :
262. WZ 271. ez vil] ich 273. seiner 274. nv zwangk
277. nn fehlt. 284. Jnen getüg 289. sy altag 292. getrüver
magt 293. seia 294. pflag sy ie 295. an vncz Jr end
schin 296. Do üessent sy vncz zwain. wir haben die trette ererbt.
Z. F. D. A. II. 26
4(»2 DIE GÜTE FRAU.
IUI sols oucli stiele beliben.
man viinde noch an wiben
Iriuwe unde statte,
der in ouch rehte ta?te. 300
Do erzeigte in diu Minne
daz si ein vüega?rinne
ist über allez daz ic wart,
unde ir slüzzel hat \erspart
swaz iemer man von minnen -Mi»
möhte gewinnen,
die slüzzel treit si beide
ze liebe und ze leide,
sie sliuzet unde entsliuzet,
ir engiltet und geniuzel 310
manger zaller stunde,
nu beeret wie si begunde
michel wunder stellen
under diseu zwein gesellen,
die rainne, diu undr in was 315
noch vester danne ein adanias,
die schriet si mit kraft enzwei,
daz si sich kloup als ein ei.
er nam sin teil in sine hant,
• ' diu Minne in überwant, 320
der sine vrouwen muoste län
und wart der Minne undertan, i
Als er in ir gewalt kan^ .i
do wart er ein trürec man,
,t ' ob er die solte bän verlorn 325
die sin herze het erkorn
vür alle die er gesach.
diu Minne wider in sprach
we du vil armer tumbe,
t du enweist niht darumbe. 330
swic unde warte mir.
ich löne eines lages dir,
297. solts 298. an den 299. Jn anders och 318. klob
321. der] Var odei^ Nar, undeutlich in der hs. 329. Turne
331. wie V. wart 332. Ionen .•"■ ■ , '
DIE GÜTE FRAU. 403
daz du mit sselden mäht leben,
ich wil dir ein wip geben,
daz dir niemer mere 335
guotes noch cre
hinnän vür gebresten kan.'
dö sprach der kindesche man
'vrouwe, ich leiste al iwer gebot
und wil iuch biten durch got, 340
weit ir mir gensedec sin,
so gebt mir eht die vrouwen min,
ob ir der gewaltec sit,
bi der ich alle mine zit
uf gnade her gewesen bin.' 345
dö sprach diu Minne wider in
'gsebe ich dir nach diner bete,
daz ich nie manne tele,
künege noch küneges kinl,
die mir underta^nec sint. 350
so hat mich min wisheit
durch dich vil nidere geleit.
ich wil dir sagen min wesen :
swer mit mir wil genesen,
swaz der ungemaches lide, 355
so muoz er als ein side
•ij,: ze aller stunt gewaschen sin,
ald ich geloese mich sin.
raines hoves geselle
ist der himel und diu helle: 360
wan niemen nimts deheine war,
wan als er hat gedienet dar.
von diu scheiden wir uns, daz ist guol.
du hast deheJner slahte muot
der von schänden vliehe 365
336. Gucz 339. ein absalz in der hs. 341. Vnd wiill
347. gel) — gebelt 348. iiiemäl tält 357. gewaschen, ich kann
diesen sprichwörtlichen ausdruck sonst nicht nachweisen, sehe aber zu
änderunge?i (gewaehe, gevücge) kein recht. 358. glos 359. mei-
nem hoj'e gleich. 361. VVa niemant man niemetz kain w.
363. diu] dir 365. von scheiden
26*
404 DIE GUTE FRAU.
aide zeren sich ziehe.
var hin swä du e wsere
diner vrowen almuosencere.
da wil ich dich lazen sin :
gebiutet ez diu vrouwe din, 370
so wil ich dich da bi ir län.
du enhäst gedinge noch wan
daz dir an si üf der erde
immer gelonet werde.'
Do sprach daz kint wol geborn 375
vrouwe, senftet iuwern zorn.
wiset mich, wie ich werbe :
e daz ich gar verderbe,
so volg ich iuwern eren.'
si sprach 'ich wil dichz leren. 380
boesiu wip niide,
und mit den besten lide
swaz dir ze liden geschiht.
swelher man da valscheit gibt,
der euhabe keinen wän. 385
wellest du die guoten willec han,
wis getriuwe und manhaft,
vliz dich üf ritterschaft :
da mit soltu gewinnen
daz dich die besten minnen.' -^ 390
er sprach 'vrowe, daz tuon ich :
got eutoele danne mich,
' so tuon ich durch sie eteswaz,
daz man mich lobet dester baz.
diu mir ane valschen list 395
lieber was und lieber ist,
dann in der wcrlde ie wurd ein wip,
durch die wil ich miuen lip
arbeilen unde Lwingen.
ze etelichen dingen, 400
366. zerren 368. alinusnere, bcttler? 370. min 372. nach
379. eüvch gerne 380. es lernen 385. en fehlt. 387. Bis
392. ertölt 395. valscher 397. weit stets, doch nicht im
reim.
DIE GÜTE FIL\U. 405
«z si niin schade oder uiiu vruiue,
daz ez ir ze dienste kume.'
Er bereite sich vil dratc
iiAch der Minne rate
und beriet sich zehanl 405
daz er wolle riimen daz lanl
und daz er üz ein jär belibe,
und ob er daz also tribe
daz manz vür guot ha.'te
daz ers noch mere tiete. 410
als er sich bereite,
niht lenger er enbeite,
vür sine vrouwen er dö gie,'
also sprach er wider sie.
raöhte ich iu und künde 415
ijenäden mit dem munde
als mirz daz herze meinet ! -
vrouwe, ir hat bescheinet
an mir vil ganze triuwe :
des ich vil groze riuwe 420
han, wie ichz vergelte,
daz man mich nihl enschelte.
gebiet mir, vrouwe, ich wil varn.
der himelkeiser ruoche bewarn
i.«i iwer werdeclichen ere : -425
ir gesehet mich niemer mßre,
in getuo durch iuch eteswaz
daz man mich lobe dester baz.
daz ist wol min wille/
do sprach diu vrouwe stille -430
guoter, wes hästu gedaht
ode wer hat dich ane bräht
disen willn und disen muot?
der was diu vriunt niht guot,
der dich wil von mir keren. 435
408. ain Jar tribe 412. laug 413. Von seiner 415. iu] n»
416. Gnad 423. Geblüt, noch ihrzen sich die beiden, die hs. macht
hier einen absatz. 425. wcrdenl. 427. Ich getun 428. mich
fehlt 431. Gutt 432. Ad
406 DIE GUTE FRAU.
du mäht mit grözen eren
mir hie dienen, daz ist reht,
als wol ritter, als kneht.'
'Daz ist war, vrouwe min :
ja wil ich in iuwern dienste sin 440
swä in allen landen
ich schaffe mit den handen
unde mit der zungen.'
diu laut sint betwungen :
wiltu mir dienen, daz tuo hie 445
in dem daz mir min vater lie :
da mac ich wol gedienen dir.
wiltu nu scheiden von mir,
wem wiltu denne läzen mich?
} , V si sint gedigen an dich, 450
die mir guot sollen sin :
der vater und die muoter min
diu sint leider beidiu tot.
dannoch ha^te ich mine not
' mit dinem vater überkomen, 455
hsete in der tot mir niht genomeu :
nu hat ir got beroubet mich.
von diu soltu wol bedenken dich
e du scheidest von mir.'
er sprach 'min wille und ouch min gir 460
stät gar in unkundiu lant.
ich bin leider unbekant
in vremden landen, des niht guot.
ich slize jugent unde muot
anders danne ich solte, 465
ob ich gedenken wolte
waz miner jugent gezseme
und dem alter i'ehte kseme.
440. iuwer dienest? 442. landeu ziveimal. 441. Wo
442. ich schaffe fehlt und mit steht zweimal, eine genügende ver-
hefserung habe ich umsonst gesucht. 444. sy sprach betwungen
verstehe ich nicht, vielleicht hedruogen, die angrenzenden länder sind
mit krieg überzogen. /k^k^. tu 453. Die -456. mir schon nach
Hell 458. diu] dir 4()0. och hegir 46t. vnkunden
463. dz nit 4Ü5. Änderst i,. ^ , imu j,
DIE GÜTE FRAU. 407
swer sich verlit in siiier jugent,
<laz schadet dem alter sere an tiigenl : 470
er wirt vil dicke schamrot,
diso vorhle und dise not,
nuic ich, die wil ich bevvarn.
lat mich mit iuwern hulden varn.
swar ich kiime, ich hin ouch hie, 475
min herze daz geschiet sich nie
von iu, noch niemer getiiot.
wizzet rehte mineu muot :
swa ir weit, da muoz ich sin
mit triwcn und mit dem herzen min 480
imer unz an minen tot.
Iiie von wart si schamrot
und was iedoch der ma3re vrö.
si bat in unde sprach also,
wiltu bi mir beliben, 485
diniu jar mit mir vertriben,
des gelone ich dir harte wol.
er sprach 'ichn mac noch ensol
beliben niht mere.'
daz muot die vrouwen sere, 490
daz si in wolte erwenden
und ez niht mohte geenden.
do muoste si in varcn län.
•''« si sprach 'wilt du iht des ich hän,
Silber oder deider?' 495
vrowe, der hän ich beider
ze eime järe genuoc.'
einen köpf man dar truoc,
der was von golde durclislagen :
475. kom 479. weiil. ctiva wonl? 487.'gel()iieii 488. irli
eniiiag 491. wenden 403. er 494. iclitz 499. voll gold.
nicht rächt deutlich isL mir durchslagen. es steht zugleich mit durcli-
worlit in Heinrichs Tristan 4481, wo von einem mit gold verzierten
tnantel die rede ist. bcchcr heifsen ebenda 4805 durch legi mit edelen
steinen. roseng. 740 werden helnic mit gesleine wol durchslagen.
klar ist dafs die steine iti das gold gej'nj'st uuirden , doch fragt es
sich ob sie durch giengcn, so dafs der bcchcr an den einzelnen stel-
len durchsichtig wurde, oder ob sie bloß auj'sen anlief ügt wurden
408 DIE GÜTE FRAU.
da inöht man wunder von sagen 500
wie der geworht wa^re:
so lengert ez daz msere.
Sie sprach 'hie bi gedenke min
die wile wir gescheiden sin.
nu sage mir war din wille si : 505
ist er verre aide bi?'
ich sag iuz gerne, vrouwe.
ich wil gen Poitouwe
da hat der künec von Hispanje
und der herzöge von Britanje 510
den gräven bestanden,
gen disen zwein landen
ist im not guoter wer,
wan si hänt im Überher.
dem wil ich helfen, obe ich mac. 515
' ' » gelebe ich iemer den tac,
ich hebe mich üf die sträze.'
daz muote äne mäze
die vrouwen unde was ir leit:
daz meinte ir einvaltekeit 520
daz ez si so sere muote.
iedoch sprach diu guote
'got gesegen dich, nu var.'
si enwiste aber niht waz im war.
in twanc minne unde ir baut, 525
' . da von ouch wilent Tristant
gröze not und arebeit
durch sine vrowen Isalde leit.
so was ouch er gebunden
vil sere zallen stunden 530
mit siner lieben vrouwen.
do moht man wunder schouwen, '
des sine mohte wizzen niet,
do in ir minne von ir schiet.
Sinem knaben er dö sagete 535
und die innere wand des hechers ganz von golde war. 501. ge-
würckt 508. pettowe, ve7'gL 1162. 1178. 1424. ,514. sein band
517. (lisc 524. nit wo od* war 528. ysald 533. Das sein
DIE GUTE FRAU. 409
des morgens dö ez lagete
daz man im diu ros bereite.
niht leiiger er enbeite.
dö vuor mit dem kinde
gar ein wenigez gesinde, 540
aht knaben wol beraten
als si des State bäten.
daz was ein rotte deine.
er vuor gesellen eine :
daz muote in dicke sere. 545
dö kam vrou Sa?lde und Ere :
die wurden sine geverten
die in sit dicke ernerten
von aller slahte swa;re.
des hoert ein schoene ma;re. 550
Er kam ze Poitouwe in daz laut,
den gräven er da heime vant
mit unstaten ze wer bereit.
' ^ daz scbuof sin gröziu vrümekeit
der sich so lange werte, 555
s6 sere man in herte.
sines landes daz beste,
diu dörfer und die veste,
was allez samt verbrant. '
so ja'merliclie stuont daz lant 560
daz ez zerbarmenne was.
der armen iützel da genas:
si warn wol halbe hungers tot.
wer möht ouch leben äne bröt? i
fragt nu ieman der msere, • 565
wä von der gräve wsere
zerstoeret unde sin lant,
den berihte ich ez zehant. . ,.r
der künec da von Spangen jach,
daz da vor nie geschach, 570
er seit sin lant von im han. !"'
542. statt 544. gesell 550. Da 557. «ler best 558. lest
561. zerbarmen 563. halb hungcr 564. mochl o. lang l.
569. Spangen 571. soll
410 DIE GUTE FKAU.
(16 wolt er sich vertriben län
e daz iemer geschaehe
daz ers von im jaehe.
des wart urliuge so groz 575
daz es vil manegen verdroz.
man saget uns vür war,
ez werte wol driuzehen jär
daz nie dehein jär wart,
si kwniu mit niuwer hervarl. 580
nu was ez vor dem erne,
so diu liute gerne
ir vienden schaden tuont.
daz körn üf dem velde stuont :
daz wollen si in hän genomen, 585
. '*' darumbe wärens dar komen
mit harte grozem gezoge.
der britänische herzöge
der was betallecliche ein helt
ze allen noeten üz erweit. 590
''■' der künec was sin oehein.
der gräve werte sich in zwein '-
daz er niht mere mohte.
sin wer im lützel tohte.
Nu erschrac der gast ma^re, '' 595
' ■' swie er doch komen wa^re '
durch ritterschaft in daz lant. '•
daz machete, im was bekant -
an ritterschaft wan der name. '■
als aber er verliez die schäme, '.• GOO
do wart vil schiere ouch er
beidiu mit schilde unde sper '«
so behende und ouch so wise '•
daz ez in bräht ze prise. '
575. wards vrlog 580. kemin. des verses wegen mochte ich in J'i/r
inil setzen. 581. eriulc, 589. betallccliclien. ich kann diese
form nicht nachweisen ; doch sah ich /{einen griind sie tu tilgen, das
versmajs würde dem einfachen belallc nicht entgegen sein. 593. ze
zw. 594. im] nü 597. macht in vast unbekant (501. vil schiere
Jehll.
DIE GUTE FRAU. 411
swä si an die vinde kämen, • 605
swelhen schaden si dti nämen,
so vergie in selten daz,
er engetaete ie eteswaz
da von er wart ze schalle
und ze prise vür si alle. 610
im enschatte ouch niht sere
daz vrou Sailde und vrou Ere
sich sin underwunden,
dö sin üf der sträze vunden.
vrou Sa'lde loste im diu pfant : 615
dar nach versatzte si zehant
vrou Ere aher vürbaz.
den strit den liez er äne haz.
daz was sin wille und ouch sin muol :
swenn im der gräve bot guot, 620
des werte er sich schone,
und ern wolde niht ze löne .
wan siner vrouwen minne:
got gebe dör die gewinne.
der kiinec eines sites pflac, i ". 625
daz er die sumerzit lac
im lande mit gewalte t;
unz in vertreip diu kalte.
die wile wuostc er daz laut.
. swa er den gräven guot vant 630
. ■ aide sine belfere,
daz was im allez miere.
er fuorte sine antwerc
beidiu an tal unde berc,
- ebenhoehe und mangcn. 635
• ; swaz er moht erlangen,
daz was allez samet verlorn.
ez wart der gräve wol geborn
605. koinen 6Ü6. nomeii 007. So woll ie doch selten)
608. eiigeltet ich habe diese stelle nach Ilarhiiainis Greg. 1807 — 12
ücrandert ; doch scheint 607 eine urtdere lesarl verborgen zu sein.
611. entschal 614. sy in 616. sy si 020. Wann 622. zc-
lün 624. derj dir 625. sitlcns 628. der k. 635. Eben hoch
412 DIE GÜTE FRAU.
uie überladen so vaste
von urliuges laste. 040
Der künec fuor mit gewalte.
manege burc er valte,
ir müre nider in den graben.
der gräve mohte niht behaben :
er verlos an der vart 645
Cäwirz unde Müsliart,
die im dicke dienten sere,
und behabte niht möre
,. ;;, wan siner stete viere:
diu nenne ich iu schiere. 650
Linode unde Rodel,
die behuop der helt snel,
und Poitiers, daz waren dri,
>'.• ' daz vierde daz was Lenseni.
der gräve nam ze rate 655
alle die er häte,
er sprach 'nu ratet, ez ist zit
(min lant mir allez wuoste lit),
wie ir wellet daz ich werbe *,
6 daz ich verderbe. 660
ob wir siiln mit in vehten
(got lät geniezen uns des rehteu,
w'an si tuont mir äne schulde),
,' ald ob ich des küneges hulde
gewinne, der uns hat getan. 665
wil ich min lant von im hän,
so hat der kriec ein ende.
e aber ich sehende
, : mich selben und min erben,
ich läz mich e verderben. 670
swem ez danne nach mir werde, i b
der wer als ich sin erde
oder tuo swie im gevalle.'
640. Vrlougs 648. behablü 654. daz viertle, vergl. Iw. 92.
frolfr. trh. 45, 20. 661. oh fehlt. sollent mit Jm 662. uns
vor geniezen 665. uns] es 666. ich] ouch 669. selbs
673. tüg
DIE GUTE FRAU. 413
dar nach rietens alle
bczzer ist iiiil ern verstriben 075
dan mit schänden hie beliben.'
den selben willen hän ouch ich.
vertribenl dise herren mich,
daz enist niht ein wunder.
doch stirbet manec gesunder 080
e ich min laut rüme.
si vertribent mich vil küme
die wil mir helfe gestat
diu mir unz her geholfen hat.'
si sprächen alle geliche 685
beide arme und riebe
'herre min, nu ist guot
daz ir wisliche tuot,
swelh not iuch an ge.
ir wäret doch bescheiden e : 690
daz selbe lät nu werden schin.
ir sult von uns gewis sin,
wir helfen unde raten
als wir noch ie geläten, ■'■' '
weit ir unsern rät begän. 695
die selben stete die wir hän
die sult ir schiere bewarn
und sult selbe in eine varn
• diu iu diu liebeste s\.
dennoch haben wir nu dri : ' 700
dar in varen aber wir.
herre, dar nach schallet ir
daz werde iegelicher stat
'' ein sölich houbetman gesät
ander den die andern swern 705
daz si sich hüeten unde nern '
rehte als er si heize,
daz schallet ageleizc.'
Si rieln im alle vaste
674. rittend sy 687. min fe/ilt. 692. sond 694. noch] iudi
697. 698. sond 704. hopptman gesalzt 708. angelaisz
709. rictlend
414 DIE GUTE FRAU.
(laz er sinem gaste 710
muote unde bsete
daz erz durch in ta^te
und ze Linöde füere,
und im daz volc da swüere
daz si im wceren undertän. 715
si woltenz alle da vür hän
daz undr in niemen waere
ze not so trostbwre.
der gräve gienc sä zehant
-da er sineu gast vant. 720
,^y:i er nam in von den liuten dan,
er sprach 'mir räteni mine man
daz ich iu des muote
daz ir in iuwer huote
miner stete eine ruochet nemen. 725
:;«.,■ - wil iuch des durch mich gezemen,
daz gediene ich imer me benamen/
do begunde sich der gast schämen
der an in wolte keren
die arbeit mit eren. 730
,.tj • er sprach des sult ir mich erlän.
si hänt dar an niht wol getan
die iu an mich rieten.
got sol in gebieten
daz si iu rätn an einen man 735
,i, der iu baz gedienen kan,
da beeret kraft zuo unde sin.
so wizzet ir wol daz ich bin
in iuwern diensten also ^,;
daz ich von herzen wa?re vro, 740
{i swaz ich gedienen möhte
daz iu ze dienste tobte.
der gräve vlehetc unde bat
unz er gelobete die stat
ze behüeten und bewarn , -•' • 745
710. seinen gast 713. zclinodc liere 714. schwierc 717. tlaz
fehlt. 725. nicniea 726. zimen 727. ymer by namen
729. der] daz 735. si fehlt. 737. hört
DIE GUTE FRAU. 415
und durch in dar in varn.
er reit des morgens vruo.
man schuof im hundert ritter zuo.
da fuor er und die sine
in daz laut ze Linödine. 750
als er ze Linödine kan,
do was da dehein man
si swüeren alle in sin gebol
unde baten des daz got
im salde und ere giinde, 755
Sit er sichs underwünde.
nu was er unlange da,
er enschüefe ouch eteswä
der über allez daz laut
,zem besten ritter wart genant. 7()0
ich sage iu rehte w^es er pflac.
er geruowte selten keinen tac
von grözer arebeite.
läge unde reite
kund er wol gestellen. 7«}5
im hülfen sine gesellen
mit manheit und mit rate
daz er geschuof drate
daz in daz her vorhte. .; .j..
vil dicke er si entworhle 770
,11. mit viieterunge.
der volkomene junge
schuof in michel ungemach:
ir guoten market er in brach
daz in diu spise tiure wart. 775
,s,',j der kiinec hete an der vart
dem graven sin laut gar genomen,
wser er im niht ze hilfe komen.
Der kiinec zürnen began,
747. morges 749. siiien 753. schwüren 754. daz] darunil)
755. Sed v. e. gunde (im fehlt) 75C. sich hell vndcNvundcii
758. entschuU' 759. der] Dar 762. sellan kain 708.' g.schafft
hat (drate /t'Ä//) 771. wohl Durch das ausziehen nach speise.
772. volkomenl 774. markt
416 DIE GUTE FRAU.
er sprach 'daz uns der einec man 780
in disem witen lande
besitzet, d^st ein schände,
der tiuvel brähte in hiure her.
tsete mir ieman als er
sinem herren tegeliche tuot, 785
dem waere hilfe unde guol
von mir iemer unversagt.
nu müeze ez gote sin geklagt
daz ich nieman enhän
der in getürre bestän.' 790
do sprach der herzöge here
herre, ir sult niht mere
reden von disen dingen.
*'• ich wil in schiere bringen
eintweder gevangen oder tot.' 795
ein triuwe er im des dar bot.
niht lenger er entweite,
üz den sinen er dö weite
daz ir driu hundert wären.
die begunden sin da vären. 800
si vuoren üz alle tage,
ir knehte riten nach bejage
als si ouch e täten.
also wart er verraten.
daz wart dem beide unverzagel ' 805
dar nach schiere gesaget
von einem garzüne
daz sin die Brituue '
lägeten aller tegelich.
dö sprach er 'daz ist billich 810
daz man den vinden schaden tuo '-■
beidiu späte unde vruo,'
do ergienc ez vil bereite '
als er üf leite.
782. besitzt das ist 783. hür, vcrgl. 625 JT, 797. enlwalle
798. walte 801. allen tac 803. tetleii 808. sin] im. viel-
leicht ist der dativ zu bewahren, vergl. 844. 811. lüg
812. früg 813. Do gieng er uil
DIE GUTE FRAU. 417
(16 diu ros daz vuoter gazen, 815
zehanl si druf säzen.
sus reit der helt balde
sä gegen eime walde
des selben nahtes späte,
den er erkoren häte 820
zer aller besten huote.
dö bat si der guote
daz si stille laegen
und deheines Schalles pfla?gen.
er sprach 'swie wenec unser si, 825
uns lit ein michel her hie bi.'
als lägen si mit sorgen.
dö in erschein der morgen,
dö sprach er 'ich wil riten:
nu sult ir min hie biten 830
hinder disem rise.
nu tuot als ich iuch wise.
in si daz allen vorgesaget,
swer mich da her zuo iu jaget,
dem hänt wir wol geliehen strit. 835
als ichz erhebe, so komet enzit.
wirt aber der jegere ze vil,
so sage i'u wie ich tuon wil :
ich vliuhe ein ander sträzen,
so sult ir mich läzen 840
vliehen und verliget ir,
und ritet danne nach mir,
so iu werde der rün.
unser läget der Britün
mit siner geselleschefte 845
die hänt uns überkrefte.
von diu pflegt gewarheit '
817. Sunsl 821. Zc 826. gotli^ das rechtt 835. Denn
838. ich üoch 839. So fliuch ich e. a. strassze 840. mich] nil
841. Fliechent 843. run 844. Vnns lagcnt die pritün
845. gesi'llschaflte 846. iiberkrafft*; 847. die pfligt warheil
848. Aiu nüw wirt widerrail, woraus ivh nichts zu machen weiß,
Z. F. D. A. II. 27
418 DIE GUTE FRAU.
Nu tüten si als er in riel
vroeliche er von in schiet 850
selbe vierzehende.
(16 reit er umbe spehencic
bi den viuden lif der warle.
dö kam sä vi! harte
der Britüne herre : 855
des schar was diu merre.
als er si hätc gesehen,
er sprach 'uns mac niht geschehen
., : wan daz uns geschehen sol.
daz gevüeget sich ouch wol. 860
wir suln in striten üf reliL'
do enbeit der guote kneht
unz si si wol besahen,
dö sin begunden nähen,
zuo zini der da habLe 865
gezogenliche er drabte
^ vor in werliche.
siege unde Stiche
die wären da wol veile :
der wart im vil ze teile. • 870
man stach unde sluoc in
über ein wit velt hin.
ich sage iu rehte wes er gnas : >
daz er ein ziere ritter was
unde manhaft genuoc. • ; ^ . 875
vünf ros er in sluoc
, unz hin zem holze vorne,
dö warf der wol geborne
sin ros hinwider diu ougen.
die da lägen tougen ' 880
verborgen in dem walde, -^
die körnen sä vil balde.
dö wart der scha'neste strit
849. lelleud 853. der] einer 854. kiim so. vielleicht ist gähtc
zu schreiben, icegen harte. 855. pritun höre 861. söllent mit Jn
862. cmbaiezt 864. Do beg. Jnen 866. Gezoglich 873. in
fehlt. 877. verne
DIE GUTE FRAU. 419
der vor des aide sit
von so vil liuten ie geschach. 885
diu minder schar durch brach
durch die merren vil ges winde,
der gast und sin gesinde
vähten nianlichen.
des muosten in entwichen 890
des herzogen ritterschaft.
si bestuonden si mit sölher kraft
daz sis ze vlühtc twungen.
do begegenle dem jungen
der herzöge in dem strite. 895
in harte kurzer zite
twanc er in manlichen,
wan im warn entwichen
die im helfen sollen da.
do vienc in der hell sä 900
und twanc in mit gewalte,
den pris man im dö zalte.
swen nu der rede wundert
daz hundert driu hundert
. , viengen unde ersluogen, 905
daz geschsehe oueh hiute genuogen,
swä ungewarnte liute riten
und ir gewarnete biten
verholen in einer läge,
daz man von sinem mäge 910
vlühe e er bevünde
aide wol gcmerken künde
welaht jener wa^rc.
also vuocten sich diu ma^re. :
si sluogen unde viengcji 915
swaz so si ir begiengen , .
884. (lez aller zilt 893. sis] sy 894. De begegnol
906. geschacli — gnüge 908. Je. der dichter hat sieh entioeder die
gottfriedische unrej^elmäfsigkeit erlaubt (und ir gewarnete biten, ver^^l.
zu Iw. 6575, denn lindc ir gewarnte biten tväre zu hart) oder gewar-
note gesagt. 911. Flucht er befände 913. vergl. 1063. da die
form welacht zweimal vorkommt, wage ich nicht zu ändern.
915. schlug
27*
/,20 DIE GUTE FRAU.
und rilen vroeliche liein.
dö muost der kiinec sinn oehein
biiezen unde gelten.
dem gräven dem was selten 920
da vor so wol gelungen.
nu dankete er dem jungen.
als der zc Linode kan,
do sante er sinen boten dan
und enbot dem gräven m?ere, 925
wie im gelungen waere,
und der im kunt Isete
,. - daz er gevangen hsete
den von Britanje laut.
. ' . dö daz der gräve bevant, 930
dö schiet in daz miere
von aller siner swa're.
er kam ouch zallem guote.
im wart nach sinem muote
vergolten iesä zehant 935
' beide roup unde branl.
Dö der gräve und sin lanl
,' ' mit grözen eren überwant
sinen kumbr und sine not,
sinem gaste er dö bot ; ~ 940
sin tohter ze wibe ,
und nach sinem libe
daz lant ze Poitouwe.
des erwande in sin vrouwe.
er sprach 'des erlät mich : ' 945
ez waere unvuogelich. '
ich wart der eren nie wert. " *-
der herzöge iuwer tohter gert,
den ir da gevangen hat:
dem gebet si, daz ist min rät: 950
ich rätez üf die triuwe min.
918. seiu 920. seltan 923. der] er. iinsci^ ritter ist gemeint.
925. embollen den gr. mere 927. dar Jim 929. den herczogen
939. kumer 943. peltowe 945. des] der 948. begert
951. ratts
DIE GÜTE FHAU. 421
so mac iuwer suone sin
stselc linde veste.
(laz (lunket mich daz beste.
<laz ergic vil bereite 955
als er üf leite.
(16 diu suone wart gesät,
zehant er urloubes bat
jze riten heim ze laude.
der gräve in des ervvande 960
harte kiime und doch mit bete,
daz er ungerne tete.
nu möhtc niemen wizzen
wie si sich alle vlizzen
ze tuonne swaz er wolle. 965
swenn er ze hove solle
ald zer herberge riten.
so dolle er zallen zilen
von gedrange michel ungemach.
swer in zuo einem male gesach, 970
der wände sin vür war
deste sa^liger ein jär. -
in dirre wirdekeile
vant in ein böte bereite,
der sagete im leidiu ma.Te, 975
daz siner vrouwen wäre
ir laut wol halbez genomen.
dö sprach er 'wie ist daz komen?
aide wer hat daz getan?'
daz läze ich schiere iuch verstän. 980
der gräve Wide von Averne
haite si ze wibe gerne,
dö enwolt ab si sin niht. : -
da von ir daz leit geschiht.
er reit mit her in ir lant: 985
952. sun 957. sunn 960. in des] iiil 961. kom 962. er, der rittcv.
963. inoclil 965. zelun 972. sin vor ein 974. in ein] min
977. hall) 980. bcstan. dies soll nach Zieinarin MS. 1, 70'' in der
bedeiUung von verstän vorkommen, ist aber dort so gebraucht wie iv
diesem gedichtc 1315.
422 DIE GUTE FRAU.
daz hat er allez verbräm
und liget noch mit gewalte da/
vür sinen herren vuor er sä.
an sinen vuoz er sich bot,
er sprach 'nu ist mir erste not, ^90
weit ir mir iemer rät geben,
al die wile ich hän daz leben
so muoz ich vertriben sin,
vertribet man die vrouwen min
diu mich von kinde hat gezogen. 995
ode mir hat ir böte gelogen,
si urliuget sSre
und hat hilfe lützel mere.
. ' nu hat si her an mich gesant.'
Do sprach der gräve zehant JOOO
'des wil ich iemer got loben
und den guoten sant Jacoben
daz ez ir solte widervarn.
• nu wil ich niemer gesparn
weder lip noch daz guot. " ^ 1005
swer dem andern wol tuot,
tuot er im da wider leit, : ,
daz ist ein groziu bosheit.
ir hat vil wol an mir getan.
daz ich min laut hiute hän, ' 1010
des hülfet ir mir eine ^v; 7 • - ,' i .
und anders iemen deine.
ich hilfe iuch da widere
ald ich gelige darnidere.'
der gräve boten sante : ' 1015
nach den boten er selbe rante.
■ er sprach mäge unde man, •
unz er vünf hundert ritter gwan
den eines ringes niht enbrasl.
die riten alle durch den gast 1020
harte willecliche. ' '
998. verluget 999. in der hs. schon hier absatz. 1005. daz
fehlt. 1013. ouch 1Ü16. ist bolen zu strcichenlf stlb da
1021. willeacl. . ■
DIE GUTE FRAU. 423
sus vuüi- der lugeiilriche
wider heim ze lande.
mit ereil äne schände.
<lö der hole siner vrouwen kam 1025
und daz si rehte vernani
sin wirdeclichen ere,
dö vreute si sich sere
und gedahte in ir muote
ja herre got der guole, 1030
diner gnaden der ist nie
dan der vische inie se.
noch wirt min alse guot rat
als der diu einen man hat.
ich weiz wol daz da her verl H)35
ein man der min laut wert
so er aller beste kan.'
dö daz her diu msere vernan
'■ daz da krem ein ander her,
gen dem schuofen si ir wer. 1040
dö si komen in daz laut,
der e gast was genant,
der wart nu wirt, si gaste.
in schuof der muotveste ■
gemach als er wol künde, 1045
wan er in guotes guude.
dar an enwas dehein zil :
rosse und liute heten si vil,
nu enböt er siner vrouwen,
si soll ir balde zouwen 1050
im senden swen si möhle haUo
daz wart vil schiere getan:
si sanle im in einer schar
• ' . vünf hundert biderber ritter dar
und tilsent serjande, 1055
die besten von ir lande,
die wären willec üf die vart
!022. Sunst für 1027. winlencl. 1038. frowl 1039. kaem ein]
kain 1042. genamt 1043. vü sy 1046. wol gulz
1048. hatten 1050. sölt — scLowen 1057. viilicht
424 DIE GUTE FRAU.
und liezn ir hiuser wol bewarl.
Do si zeinander kämen
und die geste verniimen 1060
von den vome lande,
do was in harte ande,
welaht jener wsere.
sich huop urliuges majre.
dö hugelens alle uf einen strit. 1065
des wurden si gewert sit :
wan im was strites gedäht,
der si dar hete bräht.
der reit des morgens zehant
da er die viende vant 1070
...' und kam in also nähen
daz si einander sähen,
er schuof sim her durch gemach
ir herberge an einen bach
der zwischen in nider vloz. 1075
daz wazzer was also groz
daz ez ze den selben ziten
da niemen moht erriten,
so rehte tief was der sant. .. • >
ez ist noch Aller genant. 1080
der gräve Wide von Averne
dem tobte ouch niht zemberne,
erne schliefe under in
beidiu wer unde sin:
wan er hete dri starke schar 1085
die im gevolget beten dar.
des siges des versach er sich . , ,
und was ouch gnuoc werlich : \,,,.
des was er innerlichen vrö.
da wider gedähte er aber do 1090
1058. liessz 1059. zu aia. körnen lOCO. v nomen
1061. vome] von dem 1064. vrlougs 1065. hugetes
1066. gewar 1069. der] do morges 1073. sein
1078. erriten in dieser bedeutuns kenne ich nm- aus Notk. ps. 67, 25.
1080. gedannl 1083. Den dog» 1083. Er scliulT 1089. inne-
clichen? 1090. selb
DIE GÜTE FRAU. 425
ich hau ez dicke gesehen
und ist mir selben geschehen,
swä ein spil geteilet wart
nf breite ald an hashart,
swer da daz wseger kos, 1095
daz er dicke verlos.
also ist mir geleilt ein spil
dar an ich gewinnen wil,
ob ich sailec wart geborn :
wirt aber min teil verlorn, 1100
so enruoche ich wer diu pfant hat,
wan so wirt min nimer rät.'
hie von het er beide
liebe unde leide.
- Mit rede ich iuch betiute, 1105
von welher bände liute
er dri schar hüte :
-, die nenne ich in drate.
der gräve von Murlan,
dem was Gascön undertän, 1110
der kam durch sinen willen dar.
dö braht die anderen schar
ein gräve, der hiez Lufer,
von Provenze was der.
diu dritte schar sin selbes was. 1115
üz den drin scharn er dö las
die besten alle die naht
mit den er smorgens vruo vaht.
dö schuofen jene under in
. , zwo schar gen den drin. 1120
der guote kneht sich underwant
» der die er brähte in daz lant:
die teten gern swaz er si hiez.
iuy4. vcrgl. Jacob Grimm in der zcitsclir. f. d. alt, 1, 57ti. dort wird
ein lia.seli.irt lif einem brel erwähnt; hier scheinen nf breite und an
hashart verschiedene spiele zu sein, diese stelle ist ohne zweij'el die
älteste in dei' dies ivort bisher gefunden ist. 1095. da fehlt. i
1099. ob] das 1110. Gason 1112. ander 1118. dez ni. vor
1122. er fehlt. 1123. gern zu streichend
426 DIE GÜTE FRAU.
dem gräveii er die sineu liez
und bat in nächhuote : 1125
daz lobete im der guote.
niorne, dö ez tac wart,
si körnen beidenthalp geschart
mitten ilf ein ouwe.
dö vrumt diu guote vrouwe 1130
des selben tages sä zestunt
vii manegen töten unde wunl.
daz was doch an ir schulde gar.
zesamene körnen dise schar
mitten ime vurte, 1135
da man manegen nider hurte
der niemer mere üf gesaz. v
-'M j si wurden müede unde naz.
swelher da nider kan,
den generte nie man, 1140
er muoste da beliben tot.
daz lüler wazzer wart röt
'• ' vil schiere von dem bluote \ •, »■:
da die beide guote
striten in dem wäge. 1145
nieman bedarf der vräge
wie ez der helt strete
■ ' des selben tages tsete.
er werte mit siner hanl
sine vrouwen unde ir laut 1150
des tages mit gewalte.
den pris man im zalte. •. , =.
er dranc unde er hurte,
unz er üz dem vurte ,1
getete sunder twäle . ' 1155
mit gwalt die Provinzäle. .
als er daz laut dö gewau,
sin herre mit den vanen kan. *
dö wart gevärwel daz gras
1127. Mornen 1135. in ain fute 1140. nieinaii 1144. heldeii
1155. sonder wal 115(i. den prouiczal 1158. raueu. »n hcrro
rer/,'/. 907. 1177. 1159. grün grrasz
DIE GCTE FRAU. 427
röt, daz e grüene was. 1160
der gräve und die sine,
die stolzen Poitewine,
drangen sament durch die schar
als ez wa^re ein ror gar.
do bestuont der gräve Wide 1165
mit harte grozem nide
die herren vorne lande.
vil verre mann erkande :
sin wäfenroc was riche,
er erschein gar werliche 1170
von im als ein Sterne .
der gräve von Averne
der was ein helt ze aller zit
doch kund er niht genern sit
den gräven von Murlan. 1175
daz het er gerne getan :
do enliez in des gräven man
der von Poitouwe kan.
waz sol ich iu nu mere sagen?
da wart gevangen unde erslagen ■ ' 1180
meistec allez daz da was.
der aber entran und genas,
der verlos ganzliche. ...
"• jene wurden also riche
daz si ez fuorten küme. 1185
si vuoren hin zem pflume ''
und herhcrgcteu zehant.
dise vrouwen unde ir lant
' erloste ir geselle. '
nu löne im so si welle! 1190
ouch wart er an der selben stunl
in eine hant sA s«;re wunl
daz er einen krumbcn vinger gwan
■'■ der im sit ze grözeii slalen kan.
do disiu rede also ergie 1195
116U. cj es 1162. Do stoUzleii boitwinen 1168. man in
tl69. Waffen rot 1172. wid v. A. 1174. doch — sit] als man von
Iin seil 1185. Iure Itomcn IIS'J. Er erlossl ir Jr gesellen
428 DIE GÜTE FRAU.
imd sich daz her nider gelie
und daz diu vrouwe veruam,
zehant si geriten kam
harte schöne über daz vell
vür des gräven gezelt 1200
da si in inne wesle.
do enpfienc der muotveste
die vrouwen schone unde woi,
als man lieben vriunt sol.
ouch enpfienc in diu riche 1205
gar güelliche:
si hiez in willekomen sin
und sprach vil lieber herre min,
ir hat vil wol an mir getan.
mich wolte der herre hän 1210
*: mit gewalte äne reht,
als ir selbe wol seht
wie er min laut verwiiestet hat.
daz ez nu vrideliche stat,
des hat ir mir geholfen wol. , .^ 1215
. . nune weiz ich wie ich dienen sol
dise manecvalten ere,
wan daz ich ieraer mere
, in iuwerm dienste schine
mit triuwen und die mine.' 1220
[er sprach] Vrouwe, ir müezt die rede län.
swaz ich in gedienet hän,
daz tete ich gerne an iuwer bete.-
danket ir es dem durch den ichz tele.
mir half ein iuwer lantman, 1225
^ ; daz ich ez niemer enkan
gedienen als ich solte, - , •
ob er dienest nemen wolte.
mir half sin manheit und sin sin
daz ich ein richer herre bin, , 1230
und was, do er ze mir kau, :
belalle ein vertriben man.
1199. (lazj ciids U17. meniguult 1223. gebelt. 1225. aiiier
1228. nicmeii -<.'.•;. '' vi
DIE GUTE FRAU. 42U
den selben sult ir willec hän,
so kan ez iu nihl missegAn.'
ilannoch enweste der hell halt 1235
wiez undr in zwein was gestalt.
Diu milte und diu riebe
enpfienc vil werdeclicbe
ir gesellen den degen.
da wart ir nacb vil nianec segen, 1240
dö diu vrouwe gemeit
wider bin ze büse reit,
soll ich iu sagen wie si reit
und wie si wwre becleit,
und ir juncvrowen besunder, 1245
daz diubte iucb ein wunder,
si heles an guote wol gewall :■
und was ouch dar zuo gestalt
alse wol ze wäre
an libe und an bare 1250
daz ir alle die jaben
die si des tages gesäben,
si geswben nie so scbcene maget. ;
swaz iu von ir was gesaget,
des jäben si ir alle nie. 1255
Wol dri tage unde me
reit er bin wider mit in.
do teilten si ir gewin
und riten vroeliche hein.
do sacb man under in zwein 1260
manege triuwe ein ander geben,
die wil si möbten geleben
daz iemer wtere mit kraft
sta'te ir gesellescbaft.
daz kint scbiet trürende dan. 1265
daz machele, im lac allez an
sin berze in eime stricke
und ermante in vil dicke
1^33. sond 1?35. wisst nicht d. 1238. werden!. 1240. vuor?
1243. Soll 1247. hell es 1256. in der hs. kein absatz.
1262. mochten 1265. trurig 1266. lang allsan 1268. Ja ermant uil
430 DIE GÜTE FRAU.
(laz er nach liebe hete leit.
(16 was diu Minne vil gereit: 1270
si riet im, als siui e riet,
do er von siner vrouwen schiel,
daz er guotiu wip erte
und von den boesen kerte
und dar au stsete belibe, 1275
und swie lang er daz tribe
und swie wenec ers genüzze,
daz ez in niht verdrüzze.
daz treip er also manegen tac
daz ich viir war wol sprechen niac 1280
daz man in wälscher zungeir
so wol gelobeten jungen
in allen enden niender vant,
• wan er siner vrouwen het ir laut
erlost albetalle: 1285
' w - des jähen si im alle.
nu erbarmte die Minne,
daz er lip und sinne ^
an ir genäde häte ergeben
und ein so jgemerlichez leben 1290
von ir schulde ha^t erkorn.
si Iwanc die maget wol geborn
daz si ouch wehsein began
ir minne wider den man.
ir wart nach im als we '1295
als im nach ir was gwesen r.
als si von der Minnen
also waren überwunden,
swaz si da vor künden 1300
trinken oder ezzen, <
des wart gar vergezzen,
lachen unde singen
1269. liebin 1271. sim] Jm 1283. iiieiiert 1286. Das
1291. von] Vnd 1293. si fehl/. 1298. etwa au iibe unde an sin-
nen, oder, da die Hielte nicht bezeichnet ist, um 1296 zu glätten, als
im was gewesen «'• nach ir in sinen sinnen. 1300. dauon
DIE GÜTE FHAI . 431
daz warl ze andern din<»en
harte verkeret. 1305
swen minne leben lerei,
dem widervert dicke
liebe und iierzen schricke.
swie groz diu liebe si,
so wcse gewarnet da bi 13l()
mit liebe und mit leide,
wie si die gescheide
die mit vröuden selten werden alt.
herre, wer gap ir den gewall
(ern beslät si ze nilite) 1315
daz si scheidet äne gerihte
daz gerne samet wa^re ?
der selbe scheida^re,
der heizet missew^ende
und liep ze leid ende. 1320
Babilonje diu stuont e,
die wile disiu werlt gesle
so gewinnet niemer mere
dehein stat so michel ere.
da was gesezzen inne 1325
ein richiu küneginne.
ez enwart nie küneges gewalt
zuo der vrouwen gezalt
noch enmöhte niemer werden.
si was uf al der erden 1330
gewaltec rchte als in ir iianl:
si vuor mit her in elliu laut.
diu selbe küneginne - .
pflac wunderlicher minne.
si was vil selten äne man: 1335
1304. Dez 1309. die liebü ist sy 1310. wese] bis 1311. liebi
1315. er einbestat 1318 und 1319. Die, was ich nicht, wage stehen
zu lafscn. 1330. liep ze leid ende ist wie ein ivort zu betrachten,
vielleicht ist jedoch liebe leidez ende zu schreiben oder mit grüj'se-
rer kühnheit 1310 scheide zu lesen, 1318 und 1319 in klammern zu
schliefsen, und zu verbinden den gcwall daz si scheide and — ende.
1323. niemät 1325. da] Das 1330. aller der 1335. sellan
432 DIE GUTE FRAU.
s weihen si des nahtes gwan,
er laite ir liep oder leit,
dem was des morgens bereit
daz man imz houbet abe sluoc :
si verdarbte liute genuoc. 134Ü
also git Minne beide
liebe unde leide.
si lönet ze gelicher wis
als diu künegin ir ämis.
diu gap ie den Ion den tot: 1345
als lonet si mit seneder not.
..< . nu ist iedoch vrou Minne
meister aller sinne,
si einec ist betalle
honec unde galle, 1350
alt unde niuwe,
vreude unde riuwe,
weich unde herte,
sieht und ungeverle,
- grilsen unde vehen, 1355
dröuwen unde vlehen,
släfen unde erwecken, .
zarten unde erschrecken :
des hat si alles gewalt.
ir gevalt ist manecvalt 1360
daz ir niht des widerslät ., . . ■
daz herze unde sinne hat.
Swer nu an disen kinden
wil ze rehte vinden
waz si leben äne minne, 1365
der enhät deheine sinne. • -
swem rehte kunt wa3re
ir mauecvaltiu swcere
die si nach ein ander truogen, '.,
den möhte ez wol genuogen. 1370
ich sage iu sinen kumber :
1336. die n.ichlz 1337. teil 1338. morgcs 1339. heppt
1340. verderbt 134». all belallc 1361. iiiclitz w. 1363. an
feh/t. 1368. nuiiiiguällige 1371. kumer
DIE GUTE FRAU. 433
er gedähte ich vil tumber,
waz solle mir der tumbe wän?
von der ich liebe wände hän,
diu ist ein vrouwe riche: 1375
so lebe ich armliche,
si wirt mir also schiere
als Melze, alse Triere.
dö was der vrouwen giiote
anders ze muote, 1380
vil reht als iu sagen wil.
und merket iemen uns daz spil,
so si sin gröziu vrümekeit
gein mime guote geleit:
so mac ez wol geliche sin. 1385
rätent ez die vriuude min,
ich nime in gerne zeinem man.
ob ichs niht an in vinden kan,
ich minne in an ir aller rät.
der rehte wisse wiez nu stät, 1390
der hülfe mirs bezite.
swaz ich vürbaz bite,
daz ist wider minen danc'
diu Minne si zesamme twanc:
diu kundes wol gevellen 1395
,:, ' ensamt ze einem wellen,
si sante nach ir mannen
und nach ir vriundeu dannen ' . -^-^
und dähte, swie si den gelüge
und si mit listen betrüge, 1400
daz ez doch guot wtere.
si sprach mir wart ein maere
gesaget nähten späte,
daz man aber rate
an min guot und an min ere. 1405
1372. Turner 1378. Also mctz also Trier 1382. Vnd merk uff
dz sp., und tadelt es jemand. 1384. Gen Jn min g. 1385. ez]
Jr 1389. Ich ich min (nim?) Jn on aller Jrer r. 1390. rechten
wicz 1391. gar zitte 1395. kund sy 1396. One sant ze sine
wollen, ohne zweifcl ist wellen noch verderbt. 1403. nacht
Z. F. D. A. II. 28
4S4 - DIE GUTE FRAU.
nu viirhte ich mir vil sere :
ich bin eia maget äne sin.'
dö sprach einer under in
'vrouwe, ir sultz vür guot han,
disiu vorhte und dirre wän 1410
ist uns bereit ze aller zit.
die wiie ir äne man sit,
so sint wir alle verlorn,
irn kieset einn man wol geborn
der uns wer und iuwer laut. 1415
do sprach diu vrouwe zehant
ich enwil noch enmac
hinnen vür deheinen tac
' " '8Ci "z iuwerm rate geleben.
weit ir mir einen man geben, 1420
1^ den kieset als es iuch gezeme
daz ich in durch iuwern willen nemc.
si sprächen alle 'vrouwe,
r,i: der dem gräven von Poitouwe
sin laut widere gewan, 1425
weer iu der liep ze einem man,.
der bete iuch billiche.
der wert euch iuwer riebe
ij: manlichen als ein helt.' ;-
diu vrouwe sprach 'sit ir in weit, s 1430
ich nime in gern durch iuwern rät, •;
Sit daz ir mirz geraten hat. t
dö wert in vrouwe Minne '■
1 ; an libe unde au sinne n - 'ii.i
vil rehl nach sinem muole > 1435
an wibe unde an guote <
als sim geheizen bäte.
swer nach ir rate >
1409. soll es 1411. isl /vhlt. 1414. Jr kiessct ,\r aineii
1415. yvcv fehlt. 14'il. gezim 1422. daz] sit neme] niiii
1424. Der den gr. 1425. poitowc 1428. wirl 1429. Manlich
143Ü — 32. vielleicht ist die dreimalige erwähnung des rathes wenig-
stens einmal dadurch zu vermeiden da/s man 1431 ze hirät schreibt.
1438. War .... ,••• r^ A'Vv,, "il. --.r, i.
DIE GÜTE FRAU. 485
Wirbel, derst behalten,
und wil er sinne walten. 1440
Do ditze raa?re üz kan,
daz diu vrouwe bete disen man,
daz wart über al daz laut
ze grozen eren bewant.
si spracben alle geliche, 1445
beidiu arme und riebe,
er solt si billicbe bän.
oucb bet si wol an im getan,
er was vro und si was vro :
ir vreude scbuof sich also 1450
alle stunde und alle vart
daz in ande niene wart,
daz bekumberte laut -^
den aller besten vride vant
der da vor ie drinne wart. 1455
ir ungenäde was verspart.
'< dem bcrren liebte sin wip
beidiu leben unde lip.
er lebete als er wol künde. ('j,i
hebeche unde ouch bunde, 1460
valken unde winde
bet er in sime gesinde v ,'
ze allen zilcn harte vil.
hundc unde vederspil
was sin kurzwil allen tac, 1465
swenn er da heime müezec lac.
! doch verlac er selten durch gemach,
swa ime lande iht gescbach ' ».
daz iht traf ze rillerschaft.
er und sine gcsellescbaft 1470
wären wol da vorne. .ii-
1439. <ler ist li-41. kein ahsatz. 1443. allez 1446. Bälden
1452. Das Jin das ander Je wart, ich habe die unwahrscheinliche und
matte wendiing' nur um keine l'dcke zu laj'sen in den tcxi gesetzt.
1453. bekümbrot 1460. Häbk 1464. Ilüad 1467. seltan
1469. Das zer ritterschaft icht trafft. daj's der dichter reime wie rit-
terschaft: gesellcschaft 7iicht mied zeigt 1255/. die alte form gesel-
ieschaf ist schwerlich anzunehmen. 1471. vornen
28*
436 DIE GÜTE FRAU.
der mille üz erkorne
was ein zil der eren :
die künde er wol gemeren
mit aller hande tagende. 1475
er was ein blnome der jugende.
Nu kam es zeinen ziten
daz der helt wolle riten
mit sinen hebechen an einn bach
da er sich vögele versach. 1480
er reit daz wazzer ze tal :
do vant er vögele äne zal,
; , viir eine mülen gie sin pfat:
dar an giengen driu rat
diu harte sere liefen. . ' 1485
vor der mülen da sliefen
zwelf vil arme dürftigen,
" ' die sach er da vor ligen,
halze unde blinden,
die niender künden vinden , 1490
vor ir ungemache rehte wege.
do vragete er, in wes pflege
daz gotes her da waire.
do sprach der miilnsere
herre, mir hat si gesant 1495
diu guote der ditze laut
ist (der ist ouch disiu miile), • ; '
daz ich si hie behalten süle
und ich also mit in werbe,
swenn ir einez sterbe, 1500
e ich daz iemer begrabe,
daz ich zehant ein anderz habe.
Do sweic er und reit vür sich
und dahte 'diz ist wunderlich,
daz ich sündiger man 1505
gote niht gcdanken kan
der manecvalten erc.
1472. usserkoren 1476. der] in seiner 1477. kein absatz.
1478. wol r. 1479. hebcchn an einen? oder sinen zu streic/umif
1483. 148G. mülin 1490. nienerl 1497. mul - ■ •
DIE GUTE FRAU. 437
hete er mir niht mere
gegeben wan min saelec wip,
so enkunde min lip 1510
gedienen niemer mere
die manecvalten ere
die er mir hat getan.
sit ich nu ganzlichen hau
swaz ein man haben sol, 1515
so stüend ouch da bi harte wol,
[daz] ich geda'hte wannen ez kan
und wiez einn urhap gewan/
do sin beizen ergienc
und er der vogel so vil gevienc 1520
daz er ir genuoc häte,
dö reit er wider dräle
alles in dem muote,
er gedähte 'got der guote,
gip mir sinne unde mäht 1525
daz ich wol geswüere
daz ich mit gwalte vüere,
wolt ich, in diu riebe.
nu bekenne ich sicherliche 1530
daz niht so grozen schaden tuol
als ere unde guot.
daz ist ein mortgalle
zem ewigen valle.'
den gedanc den verliez er nie 1535
unz er ze naht ze bette gie.
dö lac diu vrouwe riebe
bi ir manne güelliche.
diu liebe ergazte in der clage.
si sliefen beide unz ze tage. 1540
dö der tac durch daz tach
beide lühte unde brach,
dö er den morgen erkös,
I5Ü9. Mir geben waü 151.3. mänigiialt 1518. ain vrhab gewän.
1525. inaht ohne ztisatz fällt auf. vielleicht fehlt mehr als ein vers.
1532. Dan alz er 1536. bet 1538. Jieni 1541/.=2451/. 1542. lüchi
438 DIE GUTE FRAU.
daz' er des äbents verlos
do er sich nider leite, 1545
daz vant er vil bereite
in sinem herzen stecken :
riuwe begunde in wecken,
er lac an sinem bette,
wider sich selben er dö rette, 1550
'mich hat an eines wolves stat
got üf die erde gesät,
dem man die gans vür leit :
so er die vroeliche treit,
so ist dar an gehenket 1555
«< ;;; ; daz im diu bein ab swenket.
als trage ich zaller stunde
die gans in minem munde:
dar zuo versneit mich sere
guot und werltlich ere. 1560
,^.. f ez eusol, ob got wil, niht sin,
vind ich ez an der vrouwen min,
daz ich werltliche tuon. i,
so suln wir ere unde ruon
durch got vil schiere üf geben 1565
■; : und ditze unstsete leben, -,
läzen unde erwerben, m
s6 wir an dem übe verderben, ■ jj.;
daz die sele sin erstanden , x\..h
vor grözen hellebanden. \ 1570
Do erwachete diu reine '.■,/- '
und erhörte an siner meine
da ouch ir wille stuout zuo.
si sprach 'waz redestu so vruo?
'daz sage ich dir, guote. .. 1575
weere dir ze muote .
als mir ze muote ist, ■ ; ,^i.i 6i'
so wolt ich in vil kurzer vrist . , i
die werlt läzen durch got.'
1540. Da 1550. selber, inelleichi zu siTcicheu. 1557. also
1559. uil sere 1561. ob} es 1564. sollen — riiom 156i>. se-
ien sind 1570. helbanden 1572. seine 1575. sasa fehlt.
DIE GUTE FRAU. 439
si sprach ovve, ez ist din spol. 1580
warumbc hilstu daz mich?
ja weistu wol, est biilich
daz ich läze unde tuo
swä diu wille stände zuo.'
si berieten sich zehant 1585
daz si bürge unde lant
liezen ganzliche ligen
und sich alles des verzigen
daz in nütze wa're.
durch ir schepfa're 1590
si hielten an daz wort sich
daz gol sprichet, 'swer sich durch mich
nideret üf der erde,
der kamt ze hohem werde:
in mines vater tröue 1595
Ireit er iemer kröne/
. nach dem tröste was iu gäch.
iesä schiere dar nach,
<lö diu liute släfen kämen,
dürftige gwant si an sich nämen. 1600
dö die liute sliefen,
si strichen unde liefen
iu ein unküude.
e daz ieman bevüude,
dö warens in dem lande 1605
Vt .»i da si nieman erkande.
dö sich verwandelte ir gewanl.
verwandelt sich ouch zehant
ir här und ouch ir varwe :
1610
;.'r:i gestellet ze wäre
innen einem järe,
swer si da vor hete gesehen,
1581. dez 1582. es ist 1583. tüg 1584. .stand 1587. gancz
1592. swcr] wen 1599. komc 1600. nonin 1603. vnkunde 1604. E
das CS Jenen bestünde 1605. waren sy von d. I. 1606. Do
1610. es fehlt etwa si wurden so begarwr 1612(zzl955) innen] in-
wendig Jn ...
440 DIE GUTE FRAU.
der enhete niemer gejehen,
würdens hundert jär alt, 1615
daz si iemer wiirdeo so gestalt.
gemaches wart in schiere buoz.
vil manegen ungüetlichen gruoz
si vil dicke enipfiengen :
- . so si nach der spise giengen, 1620
dö sprächen de alten und diu kinl
swä so starke liute sint,
die solten dienen umbe brot :
<^:f. I wir heten mit den michel not
die es niht gedienen künden. 1625
ja wsen ich, si sünden,
swer so starken liuten git.'
des vreüten si sich zaller zit :
-V, i si dulten gerne disen haz.
man gap in ie doch eteswaz, 1630
ez wa.'re dort oder hie.
swä der wint her gie,
da wart ir roc hin gewant.
ir vesten bürge unde lant
wurden den diez haben solten, .• • 1635
dö sis niht mer enwolten
disiu vrouwe gienc mit ir man
unz si zwei sünelin gewan. .. :;
daz wären arbeite genuoc,
do si der kinde ietwederez truoc. 1640
daz si zer grozen arbeit m u
deheiner slahte gewarheit
mohte hän, wä si belibe,
so si ir not dar zuo tribe.
so gevuocte sich ie ir gemach 1645
daz si gewan daz obedach.
der man ir daune da pflac . •: • ^ .
1614. ninner 1615. Waren sy worden 1621. sprachent die allfi
vnd d. k. 1624. bettend 1625. kunuen 1626. yd fehlt
Wenn 1628. frowtü sich 1634. feslin 1636. sy es
1637. diu? 1639. Daz maicn arbait j,'. 1640. dö] Daz
1642. Schlacht warhait 1646. obertach 1647. da] dar
DIE GÜTE FRAU. 441
die wile daz si da lac.
swenne si ze kirchen gienc,
zwo jtmehte si eiipfienc. 1650
daz was ein swaere werc,
und daz si lal unde berc
der kinde eiuez muoste tragen,
wä si durch got iht möhte bejagen.
Do wart ir eines tages w6, 1655
daz si enmohte niht me
der kinde gesougen noch tragen,
do wart der man ir zweier wagen,
er wart wagen unde rint,
unz er die muoter und daz kint 1660
brähte sunder twäle
zuo einem spitale
in eine harte schoene stat.
der man ir dar inne bat
swaz er ir erwerben künde. 1665
si lac da so lange stunde
unz ir elter kint wart so groz
daz ez siner krefte genöz
und daz ez mit dem vater lief,
so er umbez brot rief. ' 1670
daz ander daz Avas deine :
daz sougle diu vil reine
mit milch uz einem hörne,
ez z6ch diu wol geborne
unz ez der milch wol enbar 1675
und im daz ezzen niht enwar.
dö wartez in einem jare
wol so tiure ze wäre
daz ein man az mit gewalt
ein brot daz einen schillinc galt. 1680
dö betelete der guote >,
unz ez die liulc muote.
1648. dazj da 1049. Wenn sy k. g., tta fehlt ze. vielleicht do si
ze k. g. 1650. zw(» schwäre ainächl 1654. Wo sy durcht iclil
mocht b. 1662. seinem 1670. vinb dz 1677. aine
1680. ain seh.
442 DIE GÜTE FRAU.
dö ez die liute verdroz,
dö kam vil dicke sin schoz
zer herberge leere 1685
swie not in spise wsere.
daz was ein j.Tmerlichiu clage.
si wären dicke zwene tage
daz si brötes nie enbizzen.
nn enmöhte niemen wizzen 1690
wie den vil getriuwen
wip und kint begunde riuwen.
dö sprach die vrouwe 'nu ist zil,
Sit daz uns niemen niht git,
' 'f daz wir sehen wie wir werben 1695
e daz wir gar verderben.
ganc warte ob iener hie bi
in der stat ein vrouwe si
diu dir umbe mich iht gebe :
tj: der diene ich die wile ich lebe. 1700
sage ir, daz si mich hol :
ja gediene ich harte wol, > n süji
genise ich, mine spise.
ich bin von werke wise :
'.'•i mit drihen und mit spelten 3 ii-. 1705
kan ich ez wol vergelten,
ob si min eine wile enbirt,
uuz mir der lip wider wirt. \ui
ob ich daz niht vinden kan,
.'■'' so bistu noch ein junger man: 1710
ganc ner dich und diu kiudelin ; iiri
wir sterben, suln wir sament sin.
und la daz varn, sterbe ich,
daz ist bezzer, danne ir driu durch mich
verdürbet unde ich Isege tot.
daz was ein angestlichiu not,
IG'JO. enin(»chl niemr^l 1G94. nicmet nücz git 1705. Mit schin: drihe,
ein wci'kzeiig ztim würken, besonders von borten, zusa7nmen mit speltf
fro/fr. Tit. 91,4. Gott/r. Trist. 6559, allein /rolfr. Tit. 137, 2.
über spcltc s. IFh. Grimm zur gold. schm. 350. 1711. vnd dinc
kind (: sin) 1712. söUii wir samS s. 1715. leg • -^
DIE GUTE FRAU.
443
diu got erbarmen solte^
ob ia iht erbarmen wolle.
Do sprach der triuwen riclic
du redest lierlecliche,
und solde ich dich danne län,
ob ich enwec wolle gän.
ich wil benamen hie besehen
waz uns sament süle geschehen.'
do sprach die vrouwe wider in
'du bist betaue ane sin.,
du mahl mit dirre schulde
Verliesen gotes hulde
an mir und an den kinden,
wiltu niht erwinden.
der hunger tuol uns vil not,
diu kint sinl nach vor zadele tot,
wan si weinent ie genote
vil lüte nach dem brote.'
dise rede Ireip si ie
unz daz er sinen wec gie.
er gie so lange unz er vant
eine vrouwen, diu zehant
'. v~) mit im gie da si lac ;- « ,
kindes unde unrates pflac. .r
dö si ir schoenen lip ersach,
do erbarmtez si, unde sprach
'ez was ein süberlichez wip.
>>r't gil ir got wider den lip,
daz er vil lihte niht entuol,
si wirt mir nütze unde guot.
dö sprach si zuo ir manne
guot man, well ir mir danne
- daz guote wip ze koufen geben,
daz si mir allez ir leben I
diene, obe si genese,
und iemer mer min eigen wese,
1720. liorleHclich 172:{. hie fehlt. 1724. siill
der 1734. lüU 1737. lange] laucz 1739. .lo
sy 1745. villiclil en tut, o/me niht 1750. alz
1720
1725
1730
1735
1740
1745
1750
1727. dirre]
1742. erbarmt
1751. Dienen
444 DIE GUTE FRAU.
(larumbe gib ich iu zwei pfunt.
do gedäht diu sieche zestunt
'herre, wan wa^r daz geschehen!' 1755
dö moht man grozen järaer sehen,
do der gnaden bestroufte
sin wip durch not verkoufte.
er gap si als er niohte,
. 1760
der spise zeniberne :
siniu kint diu äzen gerne.
do wart michel schrien,
do er die edelen vrien
der vrouwen vür eigen gap. 1705
'''.A der man der suochte sinen stap,
da mit er ref unde wagen
samet häte getragen.
sin leit begund er gote clagen.
diu vrouwe hiez si hin tragen 1770
' '• ' heim in ir gewalt
als schiere dö si im vergalt. ;a- ^^'■
dö er die pfenningeenpfie,
diu vrouwe stricte sim hie
in einen zendäl, der was röt: 1775
ir manne si den dar bot.
mit jamer und mit leide
schieden si sich beide. - - <
er bat ir got vil dicke pflegen,
ouch bevalch si in in gotes segen. 1780
siniu kint truoc er enwec ^'
und kam gegangn an einen stec.
daz wazzer wuohs unde döz
daz ez üz an daz laut vlöz.
er sazt der kinde cinez nider 1785
und woltez hau geholt wider
1755. wenn 1757. bestrafRe 1758. verko'ffte 1760. es fehlt wohl
wand in lenger nilit cntolile 1764. dö er] Da 1765. Der frowii
sich für 1767. repp : übe}- ref s. Graff i, 1154. Schmeller 3, 61.
1774. diu] sin? 1775. zendat 1776. ir mä sy dar b., ohne den
1781. kinl/e/i//. hinweg 1782. ain 1783. dosst 1786. wolcz
DIE GÜTE FRAU. 445
und nani daz ander üf den riigge
linde triioc ez über die Lrügge.
do erz brähte an daz lant,
dö sazle erz nider sä zehanl 1790
und wolle jenez geholt hän
da er ez hate verlän.
do der genadenlöse man
enmitten üf die brügge kan,
do truoc daz wazzer enwec 1795
beidiu man unde stec.
vil küme gchienc er dar an.
dö vlöz der stec und der man
in einer kurzen wile
mer danne ein halbe mile. 1800
dö treip inz wazzer ze Stade.
er geruole Avcnec nach dem bade :
er gähte wider zen kinden
und wände si da vinden
^i da er si haite verlan. 1805
do verlos er arbeit unde wan.
Nu het der bischof von Riems '
und der gräve von Urliens
ein gesprseche geleit
;. '\ vdä man über die brügge reit. 1810
dö diu brügge was zerbrochen
dö enwart da niht gesprochen,
wan gruoz gegen gruoze :
daz machele ir unmuoze.
' '' , ir ietwcder nam zehant 1815
daz kindelin daz er vant.
daz wazzer hiez diu Seine.
hin über ruolt der eine
'ich han ein kint vunden hie.'
der ander in da wizzcn lie . 1820
daz er eincz ouch het vunden.
1787. Ruggfi 1788. brügge, ebenso 1794. 1810. 1811. 1797. ge-
hängt 1801. in dz 1803. Er gedacht w. zun k. 1813. grus
g. grus 1814. ir] Jn 1817. hie der sein: vcv'^l. 2957.
1819. ain schön kind 1821 — 1830 stehen mit geringer abwcichttng
ViC, DIE GUTE FRAU.
si ritea dan ze stunden,
diu gotes gnade da erschein
an disen erbelosen zwein,
daz got ielwederem bescherte 1825
den der ez zöch uude nerte.
~ . dö der gnadelöse man
hin wider zuo der brügge kan,
daz wazzer harte verre gie
da vür da er diu kint lie. 1830
dö däht er 'ez hat si genomen :
war w«rens anders komen?'
zuo einem boume er gesaz
miiede unde harte naz.
t'ij/'i gp 2Öch ab siniu cleider 1835
(diu wären boese leider)
und hanctes an die este.
sin jämer der was veste.
üf huop der eilende
■ ' gen gote sine hende, 1840
Mu gaebe mir ein schoeue wip,
dar zuo kint und gesunden lip :
der haste ouch äne mich getan.
Sit ich nu noch den lip han,
der biieze dir die wil er wer. 1845
deheiner vreude ich mer beger.'
unsern herren er an rief,
unz er in den sorgen entslief.
uf den boum koni ein ar:
der wart dort nidene gewar 1850
wa siner pfenninge sac
rot neben im lac.
der hunger in des betwanc
daz er sich schiere dar swanc ; ^
zweimal hinter einander. 1822. <liin] sa beide mal. 182G. Dem
beide mal 1828. zu der briig das erste mal, zu bürg das andere.
1829. veri- gie das erste mal, vergie das andere. 1830. Dauor
beide mal. 1832. wärent 1841. Er sprach her* du gäbt
1843. bastu 1845. Der biiTs dir die weit erwer 1850. dort
1853. des fehlt.
DIE GÜTE FRAU. 447
und zuctez, wan im was gtich. 1855
der man spranc uf und lief im nach,
[er sprach] Mierre vater unde geist
und du, heiliger sun, wol weist
min groze widerniüetc.
nu tuoz durch dine güete, (860
getroest mich dirre leide, _
so ich von der werlde scheide.
an zöch er sin gewant, '
mit jamer rumele er daz lant.
dö die vögele wurden gwar 1865
daz geladen vuor der ar,
do begunden in an schrien
kreien unde wien.
si triben in iimbc als ein rat i ''
unz hin gegen der selben slal 1870
da disiu sieche vrouwe was.
' i durch bäc si her üz kras .
si sach die vogcle mit dem arn
harte sere umbe varn.
in sliez ein vogel an den nac, ^ 1875
daz im pfenninge nnde sac
' enpfielcn. do siz ane sach,
do huop siz üf unde sprach
'öwe vil armer miiedinc,
war sint nu komen diniu dinc? 1880
ich waen du bist von hunger tot,
^^ • daz dich die vogele durch ir not
ga3zen und zerlrüegen,
wie mohte sich daz vüegen? ' *
ich wsen ez sich gevüegct hat 1885
daz min niemer wirt rat.
-' ' nu miiezen vasten miniu kint,
1859. widermüll 18G0. liiii es d. din gut 18G1. dil'z laide
1865. gewar 1868. kräyen : vergl. Grajf i, bSl . 1872. balck
— kraifz. krcsen, re;;erc, vc7'gl. 3812. Gi^aJ' A, 6lij. 1874. vinblai-n
1875. sliez] schier dem nag 1876. Dar Jim pfeiiing
1877. 1878. .sy es 1879. owe] 0 1880. Wo — kind
1883. Gassen vnd zerlrügri 1884. möchl 1887. müssend
448 DIE GÜTE FRAU.
diu noch in den jären sint
daz ich si solle bewarn.
wie hän ich arme so gevarn? 1890
wseren wir doch sament beliben,
het ich si niht von mir vertriben,
stürben si doch danne,
so enweere ich niht ze banne.'
Do si geweinete genuoc 1895
und sich zen brüsten vil gesluoc
mit jämer und mit riuwen,
-/. do enhalf si niht ir bliuwen
wan daz ir deste wirs was.
daz disiu vrouwe genas, 1900
daz was groz wunder. i
si gedähte hier under
'nu weiz ich doch wol daz wir hän
an got vil verre uns verlän.
den erkenne ich wol so riebe 1905
daz ich billiche
dirre clage enbaire : t .i
der si ouch schirmsere
über mich und über in.
er weiz wol wes wir dürftec sin: 1910
des welle er uns beraten.' . .
in eine kemenäten,
•/ . diu ir sunder was verlän, r, "
da sir gemach solt inne hän,
gienc diu vrouwe zehant. 1915
ir wart von gote ein trost gesanl,
daz si deheiner sorgen pflac.
si nam pfenninge unde sac
und leite si gehalten.
si sprach 'got müeze walten ; , ' 1920
mins mannes zuo den kinden.
der Simeon dem blinden ^r. i::... ... ■;
siniu ougen wider gap
1888. dem Jar 1894. zc banne, in botmiifsigkcit. 1896. zu den
1903. herunder 1907. Der cl. 1914. Jun soll hau 1922. Sy-
ineone den plinden
DIE GÜTE FRAU. 449
und der die vrouwen Räap
getroste ze Jericho, 1925
der getroesle uns also.'
disiu vrouwe unde ir kint,
diu häten gemach sint:
ir sailiger man leit
kumbcr unde arbeit. 1930
daz künde nieman bewarn,
er muose tuon unde varn
als ein genädelöser.
ze wiuter ervroser,
ze sumer verbran im diu hut. 1935
schiere wart der gotes trul
gestalt üz ungersete,
. ob in sin wip hajte
vor ir hin gesehen gan,
sine möht es nihl erkennet hän. 1940
dö wart ab ir vil wol gepflegen.
dö si ir suht het üz gelegen,
do gediente si vil wol ir solt.
man koufte ir silber unde golt.
da mite worhtes an der ram 1945
borten und dar nach alsam '
gürtel unde schappel '
breit unde sinewel,
daz man nie spadier wcrc gesach. -
ir vrouwen lieber nie geschach ^ ' 1950
dan daz si si brähte hein.
si gap si ir tohtern zwein
ze einer meisterinne. :
die brähte si ze sinne
innen einem jare 1955
. • also wol ze wäre
daz in alle die jähen
1934. rab 1930. Koiucr 193(). gotesj grolz 1937. Gestelt
von? 1938. wis 1939. ir] in 1940. inöchlz nit
1941. aber 1943. Jren 1945. worchl sy an d. kam
1949. schinech* 1950. Der frown 1951. haiia 1955. Jnwendig
1956. wol xweimal. 1957/. = 1975/. vet'i-L 1251/
Z. F. D. A. II. 29
460 DIE GUTE FRAU,
die si ie gesähen,
ir leben wwr ein wünne,
üz allem ir künne. i960
also waren si volkomen,
si möht ein keiser han genoincn.
Diu vroiiwe ouch des wol genoz
daz si ir lere nilit verdroz.
ez muosen ie geliche sin 1965
ir raentel unde ir röckelin.
do si ir ungeniach verlie
und wider ze gemache vie,
do wart si schoene, reht als e,
und er wart niuwan wunt ie mö. 1970
schiere kam ez üf die vart
daz nie in dem lande wart
kein vrouwe als wile ma-re
als disiu vrouwe erbaere :
wan ir alle die jähen 1975
die si ie gesähen,
s wannen si ka^me in daz lant,
zir wser ein riebe wol bewant.
disiu stat hiez Treis
und was des gräven von Bleis. 1980
do der diu nnere vernan,
do sante er nach dem koufuian
und vrägete in der ma;re, ' ' ^
ob ez also wa^re
als im w*re geseit. 1985
do verjach er im der wärheit.
er sprach 'so sollu mir si geben,
all die wil ich hän daz leben ;■
so wis miner sliure vri, ^ -r
swie not mir pfenninge si.' 1990
dö er im die sliure lie,
I'JCiO. Jrem l'J62. si] Jedetwed erc 1964. Dz sy in ir 1er
1965. Es inufs iegliche s. 1970. nit wunder e nie. die verbefse-
rujig ist zweifelhaft. 1973. mere 1974. erbere 1977. Wanna
sy kein 1978. .Ii- 1979. Die slatt 1980. der 1983. fragt ir
19S6. der] die 1987. ü fehlt. 1989. bis
DIE GUTE FRAU. 451
zehant gap er im sie.
dö hiez si der gräve holn.
dö muost si dulden unde doin
swaz si mit ir scimofen. 1995
do begund si sfere wuofen,
überlüt und in ir muote.
si sprach 'got der guote,
der kume mir ze tröste,
der oucli Sussanen erlöste 2000
von grözen werltschanden.
ich stän ouch in den handen ^
vil sere gebunden :
ich niuoz in kurzen stunden
Verliesen sele und öre. 2005
swes gerte ich arme mere,
wan WKr ich tot bi minem man,
den ich vil erliche nan?'
dö si dem gräven kam da hein
und also rehte schoene erschein, 2010
ir minne in des betwanc
daz in der tac duhte lanc.
dö der ta& da verswant,
si giengen släfen zehant. . i
dö er lac bi siner brut, 2015
do entorste er ir vvize hüt
niender gerüeren häres gröz,
swä si iender schein blöz.
ir huolc ein kamereere
dem niht ze vil wa'ire, ■ 2020
ob er der helle abgründc
und der erde volmiinde
uf in die lüfte hiiebe n
und die selben grücbe
dem lulle machte gelich : 2025
daz enweer im niht unmügelich.
1993. si fehlt. 1996. ruffen 1997. in ir] .Irn 2000. sussanaz
2002. banden? 2009. dahin 2010. schon erschin 2017. Niert
2018. Jencrt schin ph.s 2021. abgrundo 2022. itflumüde
2023. hübe 2024. grübe . ,
29*
452 DIE GUTE FRAU.
dem bevalch si ir getriuwer mau,
do er ir durch hungers not entran.
do diz der grave gesach,
daz wunder daz an im geschach, 2030
daz er wol wiben tohte,
und mit ir niht eumohte
geslälen als er e pflac,
do schämte er sich unde erschrac.
er sprach also in siner schäme 2035
'reine guot wibes name,
bistu maget aide wip,
daz mir din süberlicher lip
also ist vor beslozzen?
ich hän din niht genozzen. 2040
wan daz ich bin ervseret
und harte an dir beswseret.
si daz von zouber gewesen,
so sage mir ob ich müge genesen,
ich meine dich so sere 2045
daz ich niemer mere
von dir niht gewenken kan.
' ich si din geselle ode din man,
wir müezen iemer sament sin.
du muost heizen graivin, 2050
so ich grave bin genant.'
mit vollen ougen sprach zehant
disiu vrouwe schone
'herre, got der lone
in des guoten willen. ; ' 2055
ir mugct an mir gestillen
iuwer siinde ein michel teil
und ouch gemeren michel heil,
ich bin ein wip und niht ein magt.
als ir mir da hat gesagt, 2060
daz enliän ich zware niht getan,
weit ir, ich wil iuch wizzen lan
2027. Jre gctiiwü: s. 1779. 2033. c fehlt. 2037. als
2041. erfercl 2043. Sid 2049. müssent sin] din 2051. gc-
Damt 2052. sprach sy z. 2055. Euvch 2062. Woll
DIE GÜTE FRAU. 453
und rclit iif mine triuwe sagn,
vvaz Wunders mich her hat getragn.'
Do sprach der griive zuo ir 2065
liebe vrovvc, daz sage mir:
ich kan ez harte wol vertragen.
du kanst mir sölhes uiht gesagen
da von ich din welle enbern.
ich wil dich alles des geweru 2070
des du gerst ane mich,
daz du min erbarmest dich.'
des was diu vrouwe vil vrö :
also sagte si im dö,
min valer hiez Ruopert, 2075
der was rieh unde wert.
er was von ßarriä genant.
er starp und erbete ich sin laut.
do ich wuohs als ich hiute bin,
do kerte ein herre sinen sin 2080
daz er mich gerne wolte han.
do het ich keiner slahte wän
daz ich iemer wurde mannes wip.
durch mich verlos er sinen lip.
im täten mine man den tot. 2085
!•; daz tel in michel not.
er reit mit her üf mich :
dö muosten si wern sich: .,
si sluogn in under siner schar.'
diu vrouwe sagte im rehte gar 2090
, ';!' von aller ir geschihte,
und doch niht wan die slihte.
do sim ez bäte geseit,
do erkande er wol die wärheit: <
ez was im reht alsam gesagt. 2095
er bat ir ouch do si was magt :
2063. mine] eüver 2064. wunder 2068. sölUchs 2009. woll
2070. allez dez 2071. Das 2072. mir 2073. Das die, ohne
was 2075. rupperch 2077. parria 2079. gewuchs
2080. sein sin 2083. mans 2084. verlor er sein 1. 2086. Jm
2089. schlugen
454 DIE GUTE FRAU.
nu ist si im dar heim komen.
was dann? er blibt ir äne vromen.
daz man da heizet bi gelegen,
des enmohl er niht mit ir pflegen, 2100
und was im doch äne kip
lieber dau sin selbes lip.
do disiu rede also ergienc
und der tac an gevienc,
do man liuten begunde, 2105
üf stuoudens da ze stunde
und giengen hin zer kirchen sä.
ze eigen gap er ir da
-■ ' ': bürge, laut, und diensstman,
und allez daz er ie gewan 2110
gap er ir ze eigen da.
ze messe giengen si sä,
unde was diu vrouwe dö
in ir muote harte vrö
daz si was unbe wollen 2115
und doch het guotes vollen.
si bete man nach wäne
und was doch mannes äne,
als ich iuch wil bescheiden.
diu liebe gap in beiden 2120
so groze vreude mit kraft : . { .
daz sich ir geselleschaft ■,: in'
möhte wol geliehen .: -: -
den die tägelichen : i!>
sament nach kinden rungen, 2125
als noch tuont die jungen.
der gräve was so vrö nie,
unde si niht des erlie
swä von si al der erden
möhte getiuret werden. 2130
diz was ir unmuoze :
mit gäbe und mit gruoze
2098. plibt 2100. Dz 2106. stund sy 2107. kilchen
2108. ir fehlt. 2115. vnbewallen 2116. gutz vallen
2118. mans 2120. liebin
DIE GUTE FRAU. 455
künde si die liute oilDiieu.
si schuof mit schoenen sionen
daz ir des grävea mäge unt man 2135
waren baz gehörsan
dau si im selben wa3reu.
der tugenl kamera^rcn
mit aller hande lügende
* 2140
lebten schöne und äue baz :
ez wart nie zwein lieben baz.
do scbiet der tot si mit gewalt,
und starp der gräve Diebalt
der vrouwen al ze dräte, 2145
den si geerbet bäte
vor allen sinen mägen,
wan si sament lagen.
swer ze Fraukriche ist komen,
der weiz ez unde hatz vernouien, 2150
da enist kein scbidunge an,
da erbt daz wip als der man.
als erbte oucli si den gräven guol.
diu reine kiusclie wol gemuot
diu saz in ir lande 2155
mit eren ane schände,
schadte ir iht, daz tct daz
daz si hinder sich baz
gedahte danne vür sich :
daz wart genuoc wunderlich. 2160
daz bescheide ich iu so ich beste kan.
in ir herzen sach si an
waz ir ze leide was geschehen
und enkunde daz niht ersehen
daz ir künflec wu^re. 2165
daz was ir meiste sw*re.
Do disiu rede also ergie
als ich iu han gesaget hie,
2137. selber 2138. kamer creii 2140. Sv do hegunde : ? 2143. Do
sy der tod mit gwalt 2151. Das enisl 2153. Also 2154. künseh
2161. uveh 2162. sy dari
456 DIE GÜTE FRAU.
d6 was vil lasterliche
dem künge von Frankriche 2170
sin wip diu künegin genomen,
dö sim dar heim solle komen,
von Arragon diu künegin.
do wold er äne wip sin,
unz daz er si mit banne 2175
gewünne von ir manne
an dem selben male,
von dem von Portigäle.
mit im was si da hein gevarn.
dö was diu kristenheit als am 2180
daz man des bäbestes ban
gar deine war nan.
do diu künegin wart verlorn,
dö was den landesherren zorn
daz er niht anders wibes nan. 2185
im rieten mäge unde man
daz er ein ander wip na^me
und erben mit ir bekseme.
nu hat diu minne einen sit,
dem volget kein staite mit: 2190
■'^l^' swa sie zwei gelieben vindet
und diu zesamene bindet,
werdent diu gescbeiden,
so ratet si in beiden,
daz vür ietwederes swwre 2195
niht so guotes wa^re
noch sich baz ze tröste stelle
dan ein ander geselle,
als twanc si ouch den künec guot
daz er verkerte sinen muot. 2200
er gedähte in sinem sinne
von Bleis diu graevinne
diu ist rieh unde wert,
ob ir min liut ze vrouwen gert,
2172. sy im 2173. Ar'ogoni 2178. portagale 2179. dahaiii
kome gefarfi 2185. wib 2189. hett d. m. ainer 3191. Wo s.
z. geliebt viridt 2194. ratlend 2199. also 2202. Beieis
DIE GUTE FRAU. 457
gevellel si den allen 2205
si nuioz ouch mir gevallen.'
er sprach an sinem rate,
da er die vürsten häte,
ich weiz in minem lande
ein vrowen, ob ich si nande, 2210
diu ist als erbsere,
ob ein künec noch richer wsere,
dannoch vuogte ez sich so,
er niöht ir iemer wesen vrö.'
si sprächen 'herr, wer mac diu sin?' 2215
■^ez ist von Bleis diu grajvin.
diu ist mir so verma>ret
daz ich niemer wurde beswaTet
von ir so gröz als umbe ein här.
wizzet rehte vür war, 2220
die staete na:'nie ich vür ein lant/
si sprächen alle zehant
'herre, ir hat wol gedäht:
schaffet daz ez volbräht
nach iuwern eren werde. v 2225
ez enlebt üf al der erde
dehein wip so volkonien
als wir von ir haben vernomen.
si zimet uns wol ze küneginne.'
'so schallet daz ich si gewinne.' 2230
si sprächen alle geliche, •*»■
beide arm und riebe,
'der abbt von sant Dönise,
der ist biderbe und wise, li-
den sult ir zuo ir senden dar 2235
der si gespreche und iu ervar
ob ir muot dar zuo stß :
ir nemet si gerne zuo der 6. i
ir sult ir ouch enbieten
2205. gcuallct 2213. fugt 2210. Beieis 2219. also
2221. Stätte: vielleicht süeze? selbe? 2223. habent 222(5. aller
erd 2230. Er sprach so 2233. Denise] nise. ebenso 2628. nisten
2660. 2235. sond
458 DIE GUTE FRAU.
daz iu die vürsten rieten, 2240
und die herrn von iuwerm riebe
alle gemeinliche
mit rate an iuch ksemen,
und si gern ze vrouwen nwmeu.
so ist si so wise und so guot 2245
daz si ez wairlichen tuot.'
der abbet der was da zehant,
der wart schiere dar gesant,
nach der vürsten rate.
in schuof der künec dräte 2250
zer vrouwen nach der vürsten bete.
der abbet daz vil gerne tele.
er vuor ie sä zehant
da er die grajvinne vant
'•*;•■. und sagte ir disiu maere, 2255
daz der künec wsere
mit den vürsten allen
an den rat gevallen
daz des landes kröne -.
'./:': so wol noch so schone 2260
niender wsere bewant.
nu hänt si mich her ziu gesant
darumb ob ir si wellet tragn.
\Touwe, nu solt ir mir sagn
ob iuwer muot dar zuo stät. 2265
wan elicher hirät
der enwirt noch enwart nie, ?
got unser herre vüege in ie. > r
die vürstu üz unserm riebe
.;. alle gemeinliche 2270
hänt iuch zuo der kröne erkorn. * -V-
die hänt ein vrouwen verlorn i lo
der in got niht wolte gunnen. •'■ -•
2240. ui'ch 2241. herben v. eüveru 2242. Als 2243. Sy mil
rat an sy komen 2244. Vm sy frown han genomeii 2251. Ze
frowü : vielleicht ze verte? 2254. grävin 2262. zu iw',
2263. wöllenl 2260. hirat] ee Ilal 2267. Den 2269. für-
slen von
DIE GUTE FRAU. 459
diu ist dem künge entrunoen
mit einem « man. 2275
dem got deheiner sielden gan,
den kan er wol gedrücken,
und den üf gezücken
den er ze seiden hat erkorn.
weit ir, ir sit dar zuo geborn 2280
daz ir der hoehsten einiu sit
di hiiite lebent, äne strit/
swaz er gesprach ie,
diu vrowe geantwürte im nie
6 er gerette und gesweic. 2285
dö stuont si üf unde ncic
dem künge alters eine
und den vürsten gemeine
und dankete in vil sere
der grözen houbetere 2290
der si gedäht hseten ir,
si sprach 'herr mm, nu sult ir mir
teidinges gunnen.
ich enbin niht so besunnen
daz ich gesprechen künn dar zuo 2295
da niich als es mir not tuo.
ich sage iu morgen miueu muot/
daz lobte der abbt und dühte in guot.
Des abbets man vil wol pflac.
dö diu vrouwe an ir gebete lac, 2300
dö knietes üf den esterich.
si sprach 'herr got, ich liez durch dich
michel ere und gewalt:
dö gulte du mir zwivalt.
wiltu mir ouch mere geben, 2305
so laz mich niemer daz geleben ;^, ■
daz mich dehein ere
von dinen gnaden köre.'
2:275. Mit ainem seins maus man 2276. seldan 2282. Die hiitl
lebt 2285. geschwig 2286. Do stund er uff vn schryg
2288. U. d. fdrstn allen g. 2290. hoppt ere 2293. Tädlngs
günnf- 2294. besinne 2300. Jnn 2301. kniet sy
460
DIE GUTE FRAU.
si weinete unde clagte
vil nach unz ez tagte. 2310
in den sorgen si entslief.
ein stimme ir in daz öre rief
'es enraac dehein rät sin,
du muost werden kiinegin
da ze Frankriche 2315
und dar nach ewecliche
ze himele tragen kröne :
daz git dir got ze lone.'
dö diu vrouwe erwachte
und si sich üf gemachte, 2320
niht lenger si sich werte,
si dähte zuo der verte.
do man des morgens gaz,
der abbet zuo der vrouwen saz,
er sprach 'vrowe, lät werden schin 2325
daz ir sit und müezet sin
der hoehsten wibe eine.
weit ir, als ich ez meine, i
den kiinec loben ze manne,
so muget ir imer danne 2330
mit vreuden leben und alten
und grozer eren walten,
als ein küneginue sol.' ^
si sprach 'herr min, nu tuet so wol
(min gesinde deist enbizzen), 2335
lät irz die herren wizzen,
so gespriche ouch ich si danne. ' •
sw'elch vrouwe ze manne
gäbet, tuot siz äne rät, .-
ob ir danne missegät, ■^^■^■•*' 2340
so muoz siz eine slizen. ••' •'<•
wem solt siz danne wizen?' "^''
2309. clagt 2310. tagt 2310. ewenclich 2326. sind
2328. Wölt 2329. Dem küng leben 2330. So mugent Ji
ymer d. 2333. küngin 2335. dz ist 2336. irz] ir
2338. Welche 2339. Gaben 2341. sy es ainig scblissen
2342. Wann s. sy es
Jn
DIE GÜTE FRAU. 461
Der abbet nam dö alle
die wisen vome schalle
und sagte in dise rede dö. 2345
des wärens alle samet vro.
do sacb man von in allen
michel vuozvallen
vür die vrouwen da si saz.
si sprach 'stät üf, waz hilfet daz 2350
daz man so nider vellet?
redet sus waz ir wellet.'
si sprächen alle gemeine
vrouwe edel und reine,
tuot des iuch der abbet bite : 2355
da sin wir alle mite
gezieret und geeret,
und unser heil gemerel.'
diu vrouwe wisliche tet
und volbrahte ir gebet. 2360
er horte gar dar an.
si sprach ze berren und ze man
ich lobe en künec, swie ez mir gat.
lät beeren mich der vürsten rät,
wie si wellen deich gevar. ,,^ ,; 2375
wellent si her od sol ich dar?
daz sol allcz sin getan :
ich wil mich genzliche län
üf ir triuwe und üf ir eit.'
der abbet vroeliche reit 2370
mit endehafter widersage
und kam an dem sibenden tage
da er den künec mit disem ma;re
schiet von aller siner swsere.
er sprach zen selben stunden 2375
herre, ich hän funden
daz beste wip deich ie gesach.
2346. D. warent sy allsamt 2349. do 2350. stand 2352. sunst
2353. sprachenl 2355. Tund dz uvch der alt pit 2359. wifzlich
2361. unverständlich. 2363. en] an 2368. han 2373. Do
2377. dz ich
462
DIE GUTE FRAU.
und als ich si von iu gesprach
und von den vürsten die hie sint,
dö was ez allez sam ein wint 2380
swaz ich von zühten hän vernomcn.
ist iender üf die erde komen
von himele wibes bilde,
daz ist diu vrouwe milde.
iu enbiut unser kiinegin, 2385
si welle iu undertanec sin :
swie ir gebietet, daz si reht.
nu kieset selbe unde seht
wie man si mit eren hol :
daz vüeget sich ir namen wol/ 2390
Der künec sante schiere
nach ir vürsten viere,
dö er si dar bereite
ze Paris err erbeite.
dar kömens über vierzehn naht. 2395
gfen der vrouwen was gemacht
ein gestüele iierlich.
der künec der bereite sich
zuo den hohziten.
man sach die vrouwen riten 2400
gar schöne gen der stat.
der künec die pfafFen bat
daz si gen der vrouwen giengen
dö kämen zuo dem tuorae • * '' 2405
mit ir heiltuome
all die preläten.
swaz si gezierde häten,
diu wart genzliche erwegt
und die sträzen umbelegt 2410
schöne und ouch behangen.
si wart vil wol enpfangen.
2378. iuv'ch 2380. samt 2384. milte 2385. Wenn bütt 2390. Jrem
2391. kein absatz. 2392. N. ir der f. v. 2394. er Jr 2395. Dar
komen sy über xiiij nacht 2399. dem 2402. bait 2404. es
fehlt etwa und si werdecliche enpfiengen 2405. kam 2410. vjub legt
DIE GÜTE FRAU. 463
dö der antfanc ergie,
der künec si an der stunde enpfie.
ze rehte er si koufte. 2415
von diseoi brutloufte
Seite ich iu vil, wolte ich,
wan er was harte grozlich.
nu solde man ouch ezzen gäo.
da enwart niht verlän, 2420
man gsebe in alles des die kraft
daz man da heizet Wirtschaft.
do man daz ezzen verlie
und diu naht au vie.
do was ouch slafennes zit: 2425
daz liez der künec äne nit.
dö der tac do verswant,
si giengen släfen zehant.
dö lac diu vrouwe riche
vil harte güetliche 2430
bi einer küneginne man
diu mit dem von Portigale entran.
diu selbe vrouwe bi ir het
einen meisler von Tölet
der von nigromanzie las 2435
und des listes gar ein meister was.
der schreip ein karacteres
und half der küneginne des ■'
daz si dem künge getan hate,
daz im alle sin arzäte 2440
niht gehelfen künden,
daz er ze keinen stunden
mohte mit den wiben
mannes werc Iriben.
swie leit und swie swsere 2445
daz dem künege wsere
und swie nach ez sinen hferren gie,
2413. anfang 2421. Wann geb in allez dez. mit dieser nnd der '
folgende?! seile vergl. 2737/. 2425. schlaffetz 2427/. —2013/.
.2428. giengent 2431. künigine 2434. Talet 2438. küngin
2439. hal 2440. arczat 2447. sinem herzen? doch t^ergl. 2188.
464 DIE GUTE FRAU.
diu vrouwe ez äne clage lie.
nu sliefens beidiu vaste,
der wirt bi dem gaste. 2450
dö der tac durch daz tach
beide lühte unde brach,
do erwachten sie beide,
der künec lac in leide :
zuo der küuegin er sprach 2455
'ez ist wol ein jär daz mir geschach
daz ich dir niht entuon kan
als einem wibe sol ein man.
nu soltu mich geniezen lan
daz ich dich da vür erkorn hän: 2460
solz iemer werden übersehen,
■u daz muoz von diner tugent geschehen.'
. des was diu vrouwe vil vro :
also antwiirte si im dö
j;. 'herre, ir miiget die rede län. 2465
got hat vil wol an mir getan
und w^rliche erzeiget hie
daz in sin gnade nie verlie
noch niemer mere verlät,
, j der rehte statte an im bestät. 2470
als hat er ouch an mir getan.
ir sult daz vil gewis han
daz ich in bin statte unde guot :
got gebiete iu, daz ir mir wol tuot.
ich läze diz wol äne haz : 2475
mir geschach an keime dinge baz:
ich sol es äne clage sin.'
der künec sprach zer künegin
'ich wil dichs ouch ergetzen
und wil dir daz reht setzen, 2480
so du morne wirst gewihet,
ob dir got her näcli Übet t , /// (,.•;
2449. schlieffend sy 2453. sy 2460. darfiir : vielleicht da zuo ?
2465. Sy sprach h. 2467. wellichen erzaig 2469. mere fehlt.
2470. staete] stat 2476. nie an kaim 2479. dich es 2480. wil
ist vielleicht zu streichen. 2481. gewicht 2482. Hehl
DIE GÜTE FRAU.
465
2495
2500
einn andern man unde kint,
daz die iemer riclie sint.'
uu geschach daz selten ie 2485
an zwein lieben alse hie,
daz des einen herzeswsere
des andern vreude wsere.
da von der künec sware truoc,
da von gewan si vreude genuoc 2490
und was es innecliche geil,
si dülite daz ein guot heil
daz si got der guote
vor schänden Lehuote.
do der künec also trütc
und man zer messe lüte,
man entsloz die kemenäten.
dar kömen die da häten
Leslozzen kröne und gewant
da mit daz riche und daz laut
harte wol gezieret was.
manec saphir und ballas
und rubin dar an lac,
der rehte liebte als der tac
von dem golde lühle. 2505
die künegin beduhte^
do manz ir an hate geleit,
ez wair ein wol stende cleit,
als ez von rehte solde. ■ '
•■■<'- dö schatte dem golde 2510
ir reiniu wibes varvve :
diu het ez begarwc . i .
vil nach verswachet,
swie schöne ez was gemachet.
■' dö saz diu küneginne ' 2515
gckrocnet dar inne
unz daz der künec gekroenet wart.
2483. AiQ 2485. seltan 2487. Dz das ain hercz schwär
2491. Jnnerlich 2495. rüwte 2490. lutte 2502. pallas
2504. lichte] lucht 2508. wol ain stend 2509. solle 2510. schat-
tet den 2511. raiue 2514. schön
Z. F. D. A. 11. 30
466
DIE GUTE FRAU.
si beidiu giengen en gegenvarl
über den hof schone.
lant unde kröne 'iö'iO
gap er ir zeigen ieuier nie
und nam die vrowen ze siiier e.
diu gäbe beleip skele :
swie sis nilit gedienet baete,
so beleip si doch sirele da. 2525
ze messe giengeu si iesa.
do die messe wart gesungen
und daz volc was üz gedrungen,
do gienc der küncc enbizen.
i- man sach der vrouwen giizen 2530
bi dem här daz öre
als den sne bi einem niore.
der hof was von gewandc
gezieret maneger bände,
,, ■ wiz blä gel griieue brün rot, 2535'
als der künec dö gebot.
do geschach in alse noch geschiht
swä man grözeu höf sihl,
so der zergat so ist alz ein troum.
, ,' man sibt ze meien manegen bouiu . 2540
schöne stän geloubet :
so si dan der winter roubet,
so staut si dürre unde blöz.
ez enwart nie ere als groz,
si zergange genzliche, >, ' 2545
wan ere in gotes riebe.
Nu lazen wir die rede sin. t
der künec und diu künegin
diu lebeten schöne ane not: ■.,..
öwe, dö schiet si der tot. 2550
e daz ez volle wart ein jar,
dö starp der künec, daz ist war,
und liez die küneginne
2518. g. zegegfi vart 2521. me] ic 2524. sy es. da sie nur sc/iein-
har sein weih war. 2532. ainc iiiorc 2540. 1\I. sieb zemaycn mengfi boin
2544. erd 2547. kein absalz. 2549. lebotn . 2551. voll ward
DIE GUTE FRAU. 467
an vil grozeni gwinue.
si hete lant unde schaz 2555
und beleip äne widersaz.
nu slAt Frankriche
des einen lierliche,
da sint zwelf genoze,
daz sint viirsten groze, 2560
den mac der künec niht verzihen,
er miioz in daz reht lihen
mit vanen und mit banden,
ze raten sinen landen.
und koment die zwelfe über ein, 2565
so bat der künec reht debein :
er muoz in werden undertän
- . ald aber in daz riebe län.
die zwelve wollen nibt enbern,
si niücst diu künegin gewern 2570
eins mannes der in tobte
und si beschirmen möbte.
diu süeze äne gallen
sprach zuo den vürsten allen
'wenn ich des küneges jarzit 2575
begän und ir bie hi mir sit,
so bin ich iu so geborsan
umbe einen andern man,
swie ir muotet, daz ergät.
iwer gebot und iuwern rät 2580
ich iemer beballen sol.
ir bat gehandelt mich so wol i
daz ich ez iemer dienen wil
unz an mines endes zil.'
, beide ir rede unde ir muot 2585
die vürslen alle düble guot,
und volgcten es der vrowen da.
urloup nämen sie ie sä
2554. grossen gewinne 2559. gnossen 2560. grossen
2504. ze raten] Rat ze 2569. absatz. woltend 2570. musst
2571. mans — tochte 2572. mochte 2578. ain 2579. er gal
2580. Eiiver — eüver r.
30*
468 DIE GUTE FRAU.
und vuoren heim zc lande
iinz daz si nach in sande. 2590
diu künegin da heime beleip.
daz jar si also vertreip
mit almuosen und gebete.
mit guoter andalit si daz tele,
daz ir got des gnnde 2505
daz ir zer selben stunde
ir man wider kreme,
ald aber von im verneerae
ob er lebte aide wa;re tot.
'■' daz was ir aller groeste not 2600
daz si mohte wizzen niet,
Sit daz er 6rste von ir schiet, -
ob er lebte und diu kindelin :
da mit muoste si beswierel sin.
'■' ' - doch het si eines gedaht: 2605
so daz jar waer volbrähl,
ob er dan niht wider ka'ine,
daz si einen andern man na'me,
e daz iemer wurde getan
''•}' •' so wolte si e varn län 2610
beidiu kröne unde laut:
des bewac si sich zehant.
also dö diu stunde
nahen begnnde, ''•
als der künec da verschiel, ■" . 2615
dö sumte sich diu vrouwe niet,
ir boten si wite sande
zen herren vome lande, - > :
daz si ktemen äne strit, ■
daz man des küneges jarzit • ' ' ' 2620
begienge nach gewonheit.
manec böte nach den armen reit,
da si horte sagen ma're
2589. fürten 2592. also] vielleicht: Mcz'^. 2593. mit gebet
2595. Atsfvhll. 2001. nit 2603. leblin 2608. E das sy dafi
ain 2612. bezwang 2616. Do sompt — nit 2621. Begingin
2622. dem Arme ■•i.
DIE GUTE FRAU. 469
daz ir aller meiste waere,
in den spitäl si enbol, 2625
swera da ihtes wwre nol
von gewande und von spise,
der seid ze sant Denise
ze des kiineges järzite komen.
dö si daz halten vernomen, 2630
malates unde siechen
begunden dar kriechen
an zal und aue ahle.
diu künegin geahte
harte wenec üf den schaden : 2635
si hiez vil balde üf laden
raanegen karren unde wagen,
swaz die mohten getragen,
Jaz man der armen diete
cleider drabe schricte. 2640
des hat si alles war geuomen.
M:.: ■ dar zuo wären ir ouch komen
da bi üz einer zelle
zwelf bärtinge snelle,
daz si in diu cleider mtezen 2645
und ir pfUcgcii, so si sezen. . . '
dö si der armen ähte
also ze ende brähle
daz ez gole wol mohte liehen,
do schuof man den riehen 2650
guoter spise genuoc.
> :•_ man vuorte dar unde Iruoc "
swaz ie gevlouc oder gevloz.
dö was diu Wirtschaft so groz '
daz die armen gäzen 2655
nocii mcre, da si säzen, ' • '
2028. Dciiisc] iiise 2029. Zuo des 2030. betten 2031. Ma-
let/,: malates i^cimt a«/ widerrates Ulr. Tr. 2161. 2634. gedacht
2638. traga 2610. darab 2642. warent 2644. bärtine, laieii-
hruder. vergl. Schmeller 1, 203. 2645. der cl. messe 2646. plle-
gin so sy ässe 2653. gpflog 2654. Ritterschaft groTs. ohne so
2655. Daz sy die 2656. sässen
470 DIE GÜTE FRAU.
dau si iemer getaeten,
ob si ez gekoufet hseten.
Do der groze järtac
ze sant Deuise gelac, 2660
als man den künec da begruop
und man die messe ane huop
die der abbet selbe sanc,
do was da gröz gedranc :
des enmohte kein rät gesin. 2665
ie doch beleip diu künegin
an vil guotera ruome hie,
. i- ? do si ze opfer gie
mit zweiuzic bisanden.
mit snewizen banden 2670
si si an die stole bot.
dö was ein diirftege durch sin not
gedrungen zuo der künegin,
'gebt mir ein gäbe, vrouwe min,
daz des küneges sele - 2675
von sante Michahele
hiute gecondwieret si.'
si gap im zwene oder dri •
ald aber lihte viere.
da gegen greif er schiere. 2680
als er die haut bot dar,
do wart diu künegin gewar
eins krumben vingers an der hanl
den si selbe heilte unde baut,
do er im ab geslagen wart - ■ i 2685
ze ritterschaft an einer vart.
do erschrac si unde sach in an :
si erkand in wol, ez was ir man.
dö wart si vor vreuden rot:
ir groziu zuht ir daz gebot 2690
daz si vil lüte niht erschre.
däne tweltc si niht me,
2657. getelten 2658. koufft hellen 2660. Denise] nisten
2666. plib 2672. dürftig 2671. ain gab sprach er frow
2677. geanliwürt 2691. si /e/(/^. erschrai 2692, Danne wolle
DIK GÜTE FRAU. 471
diu siieze und diu sliL-le :
si vienc in bi der waete
und zöch in vroelichen dan, 2695
iinz ir ein kameraire kan,
zuo dem si lieplichen sprach
sclial mir dem armen guot gemach :
im geschiht genadc von mir hie.'
der arme vroelichen gic 2700
da sin wol gepflegen wart.
kleine was sin hochvarl.
<ld diu messe wart gesungen,
daz daz volc was üz gedrungen,
do knietes üf den estcrich, 2705
si sprach 'herr got, du hast durch mich
ein michel wunder getan,
daz ich minen man vunden hän,
von dem ich jämmerliche schiet.
nu hilf mir daz ich dirre diet 2710
noch hiute bewaere
diz wunderliche mamre.' . '
Si vragte wä w«re
ir oberster kameramre.
«r wart ir schiere gewunnen dar. 2715
si sprach '\[ balde uude var,
schal" mir dem armen ein bat
und kom du selbe in die stat
und gewin mir im bezite
w vome besten samite 2720
cieider diu im reht sin
und wol geviilt mit hermelin,
und si daz bereit vor none,
4laz ich dir es iemer löne.' .,■;,!
*• ■ daz ergie vil bereite 2725
als si üf leite.
si schuof dar mit guotem liste,
2090. Vncz er Jn ain kamer kam 2698. disem : vergl. 2717.
2701. Do nü sein 2705 = 2301. kniivel sy 2710. diser
2719 ir. vergl. Lackm. zu den Nib. 1113, 3. 2721. sind
2723. Viid dz berait sey 2725. braite i i ■
472 DIE GÜTE FRAU.
daz ez liitzel iemen wiste,
schuohe und linin gewant,
und gienc si selbe zehant 2730
hin üz zuo ir gesten.
dö satzle man die besten
und die andern alle dar nach.
do was den truhssezen gäch,
si truogn in vür daz ezzen. 2735
desn wart niht vergezzen,
man gap in alles des die kraft
daz man da heizet Wirtschaft.
dö si alle gäzen
f.!'.- und dar nach gesäzen, 2740
si schuofen daz man üz treip
daz gesinde und niemen da beleip
wan diu künghi alters eine
und die vürsten alle gemeine.
si sprachen 'vrouwe, nu ist zit, 2745
die wil ir also müezec sit,
werbet als wir iuch bäten e,
daz iuwer lant mit vride ste,
des ein vrouwe niht gepflegen kan. -^
« v kieset selbe einen man. 2750
swen ir weit, der ist uns guot.'
do sprach diu vrouwe wol gemuot ..
die mich es hinte baten, \.
wolten mir die raten, i,
so verswigete ich si niht, > 2755
in seit in alle mine geschiht.'
si sprächen alle gemeine ;. -.s
'saget uns, vrouwe reine: . .ü,
iuwer not ist uuser leit.'
des buten si alle ir eit. 2760
hie mit diu künegin ane vie,
die vürsten si dö wizzen lie
beide ir namen unde ir lant
2728. yemant 2729. Schuch 2731. Jren 2736. Denen ward
2737. allen 2742. niemat 2749. Dz 2751. vvält 2753. hür
2756. in = ichne] Jr 2762. wisse
DIE GÜTE FRAU. 473
uud wie ir vater was genant,
daz er grave Ruopreht hiez. 2765
dar nach si si wizzen liez
wie si ir eigen lanl lie
und durch got da von gie
und ilf der straze bi ir man
zwcne schoene siine gewau 2770
und wie sie der hunger schiel.
dar nach verswigte sie niet
wie si des gräven laut gewan,
daz er doch nie wart ir man.
si sprach 'ich muoz iu mer verjehen. 2775
ein wunder ist an mir geschehen :
min man der ist her wider komen.' .
do si daz häten vernomen,
si sprächen alle gcliche,
beide arme und riebe, 2780
'den bat uns got her gesant
ze einem künege in daz laut.'
Si waren alle samet vrö
unde vreuten sich do ,:
daz in so liebe was geschehen 2785
daz si die vrouwen sollen sehen 1
und oueh ir vil lieben man. ,, ,'.
si komen alle samet dar an,
' er wa^re wol wert der kröne.
./ X si sprach 'so bring ich in ze löne.' 2790
der arme in dem bade beleip
unz man daz hör von im treip :
daz schoenete in vil deine.
im bedahtc sin gebeine
iw . ein hilt swarz als ein ran: 2795
daz was vil rehte getan ;
gevar nach der aschcn. ii
in half vil deine ir waschen,
2765. rüppercht 2770. sun 2773. sy nie 2775. eüvcli
2778. hettcn 2783. allsamet 2784. Frown vnd fi-üad frowtü sich do.
frauen sind nicht zugegen. 2785. lieb 2787. Jren 2788. allsamt
2792. har. 2794. Jn beduciil 2797. eschen 2798. waschen
474 DIE GUTE FRAU.
wau (laz ez in gelroste
(laz in got dervon erlöste. 2800
er was zeu brüsten durcliflach :
an sinem libe man vvol sach
(laz in vil manege puntc
mit speren und stieben wunte :
ouch sacb man oberbalp der bra 2805
daz im die ringe wa unt \va
inz houbet waren geslagen.
dö im daz hör was ab getwagen
dö jach der kamera;re
' ' daz ez ze wäre wäre 2810
da vor ein ritter gewesen,
swie küme er kaime dar gekresen.
als er getruckente gar,
zehant brähte man im dar
^^■' ^^ ein hemede und eine niderwät: 2815
daz was gar wol genät
mit harte wizer varwe.
man zoch dar in begarwe
einen gürtel harte wa'he,
( swer in noch hiute saehe, 2820
der möht in gerne schouwen.
in worbten juncvrouwen
er sprach 'durch got, waz so! daz sin?
♦ ' ■ ■
i' ' weit ir mir geben rehte wät, - 2825
so gebt mir diu mir rehte slat,
minen alten roc und niinen sac :
diu sint nu vil manegen tac
min wät und min geverte.' '
: swie lange er sich werte, 2830
si zugen im an daz selbe cleit.
des schämte er sich, und was im leit.
28Ü0. got fehlt. 3803. puiicle 2804. vnd mit stiehcu 2806. wa
unt wa] vergl. Goltfr. Tr. C53. 2807. Jn das lioppt 2808. Dz Jin dz
har was ab geczwagen 2809. Do Jachen die: vcrgl. 2714. 2810. ze
Avai-e] war 2812. gekrisen 2815. Ain wifs hemd 2822. vorchten
2824. etwa her l^^iimcrajre, ir spotct min. 2827. Min — min s.
DIE GÜTE FRAU. 475
si zugen im an vil dräle
zwo hosen von scharlute,
dar nach daz hermine gewaut, 2835
daz man uiender an im vant
daz im iht arges würre.
do sprach der arme dürre
'vvan lät ir hiute durch got
mit mir den ungeviiegen spot? 2840
ir möhtets wol vergezzen.
weit ir iuwer cleider mezzen,
so mezzet si an etesweme
den iuwers Schimpfes gezeme:
ich mag es niht erliden.' 2845
von golde und ouch von siden
sand im sin wip diu künegin J-.
einen wachen gürtel dar in
und cnhöt im diu mtere i<
daz si da vrouwe waire 2850
worden in dem lande
an sünde und äne schände,
als ez got gevüegen wolte.
do miiest er unde solle
von allem rehten küuec sin. 2855
do nam in besunder
der rede michcl wunder,
ob daz selbe mwre
"r .' w'ar ald erlogen wa^re. 2860
er gediihte in sinem muote
'ja herre got der guote,
ist daz wunder hie geschehen, . i
so mac man endelichen sehen
• ' ^ daz du ein wunderajre bist 2865
über allcz daz der ist.'
do lute man die none.
283G. Do mü nicaert au vaiul 2837. iclilz args wurde 2838. diir
2839. hiute] herte: herreu? 2841. niöchtend es 2844. schimpf
gezäm 2848. ein glirtcl ist schon 2819 erwähnt. 2853. Higfen
2854. luust 2858. mich 2866. alle
476 DIE GÜTE FRAU.
über hof giengen schone
die viirslen vür die künegiii
uad die andern alle mit in. 2870
do si zesamne kämen
und die herren genämen
iegelicher sine slat,
diu künegin einn viirslen bat
ir wort da betiuten '2875
durch got den landes liuteu.
si sprach als ez ir wol gezam.
dö daz lantliut vernam
diz wunderliche mare
• i-' % rehte, wer si wffire, . 2880
des wärens alle samet vrö.
^ also jähen si ir dö,
da wa^re geschehen wunder an.
dö gienc si unde holte ir mau.
. ' Dö si kam daz si in sach, 2885
' si vienc in zuo ir unde sprach
'wis willekomen, lieber man. • .!■;
Sit mir got der swlden gan,
daz dich min ougen haut gesehen,
. 2890
ez ensi nu allez sament guot.'
sich vreute sere ir beider muot > .
daz in so liebe Avas geschehen i'.'
daz si einander solten sehen
' lebendec üf der erde hie. 2895
bi der hanl si in vie - ■ ; ■■
und zöch in vroeliche dan
zen viirsten, ir vil lieben man, >-
- die ouch engegen im giengen: ■. ■■ ■
nach eren si in enpfiengen. 2900
dö si in brähte her vür,
si bat die vürslen an der kür, i
daz si im wahren undertän.
2878. Do dz die lands lüt vcrnamen 2881. Dez waren sy allsaml
2883. Do wer 2884. Jrn 2887. Bis 2888. kan 2890. etwa so kund
ich anders nihi jehen, 2894. ain andren 2902. Sy b. der f. der chur.
DIE GUTE FRAU. 477
des si si gebat, daz wart getan :
si waren im gehörsan, 2905
beide mage unde man.
zir manne sprach diu künegin
'iierre, war sint komen diu kindelin?"
'daz wil ich dir vil rehle sagen.
ich brähtes beidiu getragen 2910
an ein wazzer, daz was breit.
ich schiet si durch gewarheit
und truoc si besunder.
nu hoere raichcl wunder,
wie sich min leit merte. 2915
do ich wider kerte
und jenez geholt wolte hau
da ich ez bäte verlän, i-
do drucle des wazzers last
die starken brügge daz si brast. 2920
do leit ich ungeverte,
wan daz mir got bescherte
einen boum, da ich an beleip
unz er mich ze Stade treip. i-*;,
als ich kam an daz laut, 2925
do gahte ich widere zehant -
da diu brügge nider gie • -
und da ich miniu kint lie.
do cnweste ich war si waren komen :
ob si daz wazzer het genomen, 2930
daz was mir leider unerkant.
do saz ich zehant
zuo einem bounic riuwevar
min gewant daz nam ich gar
und hanctez an die cste. i 2935
min janier der was vestc. ' '
unsern herren got ich ane rief,
unz ich in den sorgen enlslief.
oAne an 2904. Was 2910. Ich bracht sy 2917/. = 1791/.
2918. helt 2923. Ain pom do 2926. gedacht: vergl. 1803.
2928. do 2929. enwusst 2933. ruw var 2935/ = 1837/
2937 — 42 = 1847 — 52. 2937. hcrrgol
478 DIE GUTE FRAU.
uf den boum kam ein ar
und wart dort uidene gewar 2940
wä miner pfenninge sac
rot neben mir lac,
die mir da wurden von dir.
sich, vrouwe, die nam er mir
und vuorles ich enweiz war.' 2945
'nu sich, do brahte er si gar
zeim boumgarten da ich was
■ und warf si vür mich üf daz gras:'
so sprach diu vrouwe wol gemuot.
: .. 'sit uns got diz deine guot 2950
also wider hat gegeben,
do sulnt ouch diu kint leben.
des ich im getriuwe verre
daz in niht enwerre.'
■■■'■'"' do sprach ein gräve zehant 2955
'ez sint wol vier jär daz ich vant
bi der Seine ein schcene kint:
daz hän ich wol behalten sint. ...
ouch weiz ich wol, do vander
der bischof daz ander. 2960
diu sint beide samet hie.'
nach den kinden man do gie.
unde brähtes her ze hove.
dem graven und dem bischove
dem wart vil nähe gedrungen. 2905
so vil gevröut und gesungen
vor noch sit nie wart
dö diu vrowe zesamne gewan
beidiu ir kint unde ir man, 2970
vor vreuden stuont die schcene vrouwe
als der rose in dem touwe
2940. (lert nidnen 2945. ich waiss nit war 2947. .Tn aine bomg.
(lo 2948. Warir {ohne und) sieh mich für dz gras 2949. Do
2952. sollen 2954. Dz ich nit enwere 2957. Sy der sein
2959. vander z= vant ir. 2960. der ander 29G3. brachtz 29G8. es
fehlt etwa danue an dirre selben vart. ,
DIE GÜTE FRAU. 47t)
stet vil schöne gebluot
und siniii löiiber üf tuot,
diu beide wiz siiil unde rot. 2975
ir was deheiner varwe not.
dö schein ab er riuwevar:
daz machte, sin was deine war
geuoraen in vier jären,
Sit si gescheiden wären. 2980
In der selben stunde
sprach mit süezem munde
von wibes namcn daz höhe zil
'swer mir daz niht gelouben wil
daz diu rede also si, 2985
so lit min lanl hie nahe hi
da von ich hie vor gie
und ez durch got varn lie :
daz liut bring ich ze schine.
ouch ligent in minem schrine 2990
die selben pfenninge
dar umbc ich mit gedinge
miner vrouwen wart gegeben. _ ■:
ouch hat si selbe noch daz leben,
da mit ich ez erziuge wol, 2995
obe ich ez luon sol.'
do sprach elliu diu diet :
'vrouwe, ir bedürfets niet.
wir wizzen wol die warheil
daz ir uns niht hat missescil.' 3000
zen vürsten sprach diu kiiuegiu
'ich bevilhe iu diu kinl min
iif iuwer Iriuvve und miiien man,
so ich allerbeste kau,
daz ir in sil ze aller zit 'M)06
reht als ir mir gewesen sit,
Sit daz ich iuwer vrouwe hiez
2973. Statt uil schön geplüt 2976. Ja 2977. aber Jr rüvo varb
2978. sy was cl. var 2986. nach 2989. Die lütt br. ich her
z«!schine 2993. gebfi 2995. erzüpil 2997. alle 2998. be-
dürüent nit 3003. min
480 DIE GUTE FRAU.
und mir der künec sin lant liez.
got weiz wol, ich gewan nie man
wan disen den ir sehet an.' 3010
die vürsten dar giengen,
von dem künege si enpfieugen
beidiu bürge unde lant.
dar nach swuorens im zehant
vil zühteclichen hulde. 3015
Aal schone er daz verdulde
unz daz si im geswuoren
und rehte dan vuoreu.
Der ditze riche gewan,
der was geheizen Karelman. 3020
do was der küneginne name
niht anders wan La bone dame.
dö hiezen ir kindelin
Karle unde Pippin.
■> '• Pippin der was deine: 3025
daz machte daz eine
daz sin diu muoter niht wol pflac,
do si in dem spitäle lac
und in diu wol geborne
' ; sougte üz dem hörne. 3030
der merre der hiez Karle:
. '■ der wart künec ze Arie.
Sit gewan der künec Pippin
daz lant da wir hie inne sin,
'■■ ' und der biderbe Karle uns mähte 3035
die herliclien pfahte. *•■
des suln im iemer danken
die Swäbe und diu Franken
daz er si vor aller diet ''-■• ' '
an ir rehte üz schiet. 3040
sit gewan der selbe gotes trat
ein tohter, diu hiez Gerdrüt.
3010. den] diu 3014. sy im 3015. züchtenclichen 3018. dan]
mit Jm 3019. Wer dis 3022. labonedaue 3031. mcrer
3035. Karlin der vns macht 3036. pfahte] ach 3037. sollen
3038. An der sehen die swabn vä die frankfi 3041. got
DIE GUTE FRAU. 481
diu heilige vrouwe
diu lit ze Haspelgouwe,
des edelen wibes wünne, 3045
von der diz reine künne
von aller erste känieu.
in gotes namen amen.
Des bite ich sünda^re.
nu hän ich ditze ma?re 3050
voUebräht an die stat
als mich der margräve bat.
nu w'ü ichz heizen schriben
ze eren guoten wiben,
daz si merken unde schouwen 3055
bi dirre guoten vrouwen
daz niemer wibe missegät
diu Iriuwe gen ir manne hat.
3045. scheint verderbt. 3046. dis reme komc 3047y. Von aller
erst Jn gotz nameii Aincn, ohne kamen, der plural des verbums bei
dem singulare des nomcns wie 890^. 3049. Djs 3050. (lifz
fFolf, dafs Schotlky. 3051. Volbracht 3056. diser 3058. Jreni
man hat Amen. '.»'A'
Em MÄRCHEN AUS DER ORERLAUSITZ.
Es war einmal ein schönes mädchen, das hiel's Helene,
ihre mutter war früh gestorben, und die Stiefmutter die sie
bekommen hatte that ihr alles gebraunte herzeleid an. Helene
gab sich alle mühe ihre liebe zu gewinnen, sie verrichtete
die schweren arbeiten die ihr auferlegt wurden fleifsig und
uuvcrdrol'sen, aber die böse Stiefmutter blieb in ihrem har-
ten herzen ungerührt und verlangte immer mehr von ihr.
denn weil Helene so emsig und unermüdlich war dafs sie
immer bei Zeiten mit ihrer arbeit fertig wurde, so glaubte
sie, was sie ihr auferlegt habe sei noch zu leicht und zu
gering gewesen und sann auf neue aufgaben, eines males
verlangte sie von ihr, sie sollte zwölf pfund federn in einem
tage abschieifsen, und drohte ihr mit harten sti'afen, wenn
sie abends heim käme und die arbeit nicht gethan fände.
Z. F. D. A. II. 31
482 EIN MÄRCHEN.
Die arme Helene setzte sich mit angst und thräneu zu
ihrer arbeit und konnte vor kummer kaum einen anfang ma-
chen, wenn sie aber endlich schon ein häufchen geschlilse-
ner federn vor sich liegen liatte, da muste sie wieder an ihre
noth denken und bitterlich weinen, und dann stoben von ih-
rem seufzen die federn aus einander, so gieng es ihr immer
wieder und ihre angst stieg aufs höchste, sie bedeckte ihr
gesichl mit beiden bänden, bückte sich über den tisch, und
rief weinend aus 'ach ist denn niemand auf gottes erdboden
der sich meiner erbarme?' da antwortete auf einmal eine
sanfte stimme 'tröste dich, mein kind : ich bin gekommen dir
zu helfen.' erschrocken sah Helene auf und erblickte eine
fee, die freundlich fragte 'was weinst du so?' Helene hatte
lange kein freundliches wort gehört, sie fafste vertrauen und
erzählte was ihr für eine arbeit aufgegeben sei und dafs sie
damit unmöglich zur bestimmten zeit fertig werden könne,
sei ohne sorgen, mein kind' sprach darauf die freundliche
fee, 'lege dich ruhig schlafen ; unterdessen will ich deine ar-
beit verrichten.' Helene legte sich zur ruhe und unter den
bänden der fee flogen die federn fast von den kielen, so dafs
die arbeit lange vor der gesetzten zeit fertig war. darauf
weckte die fee Helenen, die allen kummer verschlafen hatte,
und verschwand, als diese ihr danken wollte, am abend kam
die böse Stiefmutter nach hause, wie erstaunte sie, als sie
Helenen neben der fertigen arbeit ruhig sitzend fand, sie
lobte zwar ihren fleifs, dachte aber bei sich auf neue und
noch schwerere arbeiten.
Am andern tage befahl sie Helenen einen grofsen teich
der in der nähe lag mit einem lölfel auszuschöpfen, und der
lölfel den sie ihr dazu gab war durchlöchert. Helene machte
sich an ihre arbeit, aber bald sah sie ein dafs es unmöglich
war das gebot ihrer Stiefmutter zu erfüllen, voll unnuit und
angst wollte sie eben den löfl'el von sich Averfen, als plötzlich
die gute fee vor ihr stand und sie freundlich fragte warum
sie so betrübt sei. als Helene ihr von dem geböte ihrer
Stiefmutter erzählt hatte, sprach sie 'verlafs dich auf mich :
ich will deine arbeit für dich verrichten, lege dich unter-
dessen nur ruhig schlafen.' Helene war getröstet und legte
sich zur ruhe, aber bald ward sie von der fee leise geweckt
EIN MÄRCHEN. 483
imd erblickte das vollbrachte werk, voller freuden eilte sie
zu ihrer sliefimilter und hoffte, ihr herz werde sich nun end-
lich erweichen, aber diese ärgerte sich darüber dafs ihre
tücke so wunderbar vereitelt worden war und sann auf noch
schwierigere aufgaben.
Als es morgen geworden war befahl sie Helenen bis
zum abende ein schönes schlofs zu bauen das sogleich be-
zogen werden könne und an dem nichts fehle, weder küche
noch keller noch irgend etwas. Helene setzte sich nieder-
geschlagen auf den felsen der ihr angewiesen war und trö-
stete sich nur mit der hoffnung dafs ihr die gute fee auch
diesmal aus ihrer noth helfen werde, so geschah es auch :
die fee erschien, versprach das schlofs zu bauen, und schickte
Helenen wieder zur ruhe, auf das wort der fee erhoben sich
felsen und steine und fügten sich in einander, so dafs bald
ein prächtiges schlofs da stand, vor abend war auch inwen-
dig alles fertig und in vollem glänze, wie dankbar und freu-
dig war Helene, als sie die schwere aufgäbe ohne ihr zu-
thun erfüllt sah. aber die Stiefmutter freute sich nicht, son-
dern gieng spürend durch das ganze schlofs von oben bis
unten, ob sie nicht irgend einen fehler fände wegen dessen
sie Helenen strafen könnte, endlich wollte sie auch den
keller be trachten, aber in dem augeublicke wo sie die fall-
thür erhoben halte und hinabsteigen wollte schlug die schwere
thür plötzlich zurück, so dafs die böse Stiefmutter die treppe
hinabstürzte und sich zu tode fiel.
Nun war Helene selber herrin des schlofses und lebte
in ruhe und frieden, bald kamen viele freier die von ihrer
grofsen Schönheit gehört hatten, unter ihnen war auch ein
königssohn mit namen Lassmann, und dieser erwarb sich die
liebe der schönen Helene, eines tages safsen beide vertrau-
lich vor dem schlofse unter einer hohen linde beisammen und
Lassmann sagte Helenen dafs er von ihr zu seinen altern
reisen müfse, um ihre einwilligung zu seiner heirat sich zu
holen, und bat sie unter der linde seiner zu warten : sobald
als möglich schwor er ihr zurückzukehren. Helene küsste
ihn beim abschiede auf den linken backen und bat ihn so
lange er von ihr entfernt sein werde sich von niemand auf
31*
484 EIN MÄHCHEN.
diesen backen küssen zu lafsen. unter der linde wolle sie
ihn erwarten.
Helene baute felsenfest auf Lassmanns treue und safs
ganzer drei tage lang' vom morgen bis zum abende unter der
linde, als aber ihr bräutigam immer noch nicht kam, gerieth
sie in schwere sorge und beschlofs sich auf den weg zu ma-
chen und ihn zu suchen, sie nahm von ihrem schmucke so
viel sie konnte, auch von ihren kleidern nahm sie drei der
schönsten, eins mit Sternen, das andere mit monden, das
dritte mit lauter sonnen von reinem golde gestickt, weit
und breit wanderte sie durch die weit, aber nirgend gerieth
sie auf eine spur ihres bräutigams. am ende verzweifelte
sie ihn zu finden und gab ihr suchen auf, aber nach ihrem
schlofse wollte sie doch nicht heimkehren, weil ihr dort ohne
ihren bräuligam alles öde und verlafsen vorkommen muste:
lieber wollte sie in der fremde bleiben, sie vermietete sich
bei einem bauer als hiriin und vergrub ihren schmuck und
ihre schönen kleider an einem verborgenen orte.
So lebte sie nun als Iiirtiu und hütete ihre herde indem
sie an ihren bräutigam dachte, sie gewöhnte ein kälbchen
von der herdc an sich und halte an ihm ihre freude, fütterte
es aus ihrer band und richtcle es ab vor ihr nieder zu knieen
wenn sie zu ihm sprach
'kälbchen, knie nieder
und vergifs deiner ehre nicht, wie der
""' prinz Lassmann die arme Helene vergafs,
als sie uuler der grünen linde safs.'
^ach einigen Jahren, die sie so verlebte, hörte sie, die
tochter des königs in dem lande wo sie jetzt wohnte werde
ein königssohn mit namen Lassmanu heiraten, darüber freu-
ten sich alle leute, aber Helenen überfiel ein noch viel grö-
fserer schmerz als sie bisher erlitten hatte, denn sie hatte
immer noch auf Lassmanns Irene vertraut, nun traf es sich
dafs der weg zur königsstadt nicht weit von dem dorfe vor-
bei gieng wo Helene sich als hirtin verdungen hatte, und
so geschah es oftmals, wenn sie traurig ihre herde hütete,
dafs Lassmann an ihr vorüber ritt ohne sie zu beachten, in-
dem er ganz in gedanken an seine braut versenkt war. da
licl CS Helenen ein sein herz auf die probe zu stellen und
EllN MARCHEiN. 485
zu versuchen ob es nicht möglich sei ihn wieder an sie zu
erinnern, nicht hinge darauf kam Lassmann wieder einmal
vorüber: da sprach Helene zu ihrem kälbchen
'kälbchen, knie nieder
und vcrgil's deiner ehre nicht, Avie der
prinz Lassmanii die arme Helene vergal's,
als sie unter der grünen linde sal's.'
als Lassmann ihre stimme horte, da war es ihm als solle er
sich auf etwas besinnen, aber hell wurde ihm nichts, und
deutlich hatte er auch in'cht die worte vernommen, da He-
lene nur leise und mit zitternder stimme geredet hatte, so
war auch ihr herz viel zu bewegt gewesen als dafs sie hätte
acht geben können welchen eindruck ihre worte machten, und
als sie sich fafste, war Lassmann schon wieder weit von ihr.
doch sah sie noch wie er langsam und nachdenklich ritt, und
deshalb gab sie sich noch nicht ganz verloren.
In diesen tagen sollte in der köuigsstadt mehrere näclite
hindurch ein grofses fest gegeben werden, darauf setzte sie
ihre hoffnung und beschlofs dort ihren bräutigam aufzusu-
chen, als es abend war machte sie sich heimlich auf, gieng
zu ihrem verstecke und legte das kleid das mit goldenen
sonnen geziert war und ihr geschmeide an, und ihre schö-
nen haare, die sie bisher unter einem tuche verborgen hatte,
gab sie nun frei, so geschmückt gieng sie in die Stadt zum
feste, als sie eintrat, da wandten sich aller äugen auf sie,
alles verwunderte sich über ihre Schönheit, aber niemand
wüste wer sie war. auch Lassmann war von ihrer Schön-
heit wie bezaubert, ohne zu ahnen dafs er einst mit diesem niäd-
chen ein herz und eine seele gewesen war, bis zum morgen wich
er nicht von ihrer seile und nur mit mühe konnte sie in dem
gedränge ihm entkommen als es zeit war heim zu kehren.
Lassmann suchte sie überall und erwartete sehnlich die näch-
ste nacht, wo sie versprochen hatte sich wieder cinzuiinden.
am andern abendc begab sich die schöne Helene wiederum
so zeitig als sie konnte auf den weg. diesmal hatte sie das
gewand an das mit lauter silbernen monden geziert war und
einen silbernen halbmond trug sie über ihrer stirue. Lass-
mann war froh sie wieder zu sehen, sie schien ihm noch
viel schöner zu sein als gestern und die ganze nacht tanzte
486 ELN xVlÄRCHEN.
er allein mit ihr. als er sie aber nach ihrem naraen fragte,
antwortete sie, sie dürfe ihn nicht nennen wenn er nicht er-
schrecken solle, darauf bat er sie inständig den nächsten
abend wieder zu kommen, und dies versprach sie ihm. am
dritten abend war Lassmann vor Ungeduld frühzeitig in dem
saale und verwandte kein äuge von der thür. endlich kam
Helene in einem gewande das mit lauter goldenen und sil-
bernen Sternen gestickt war und von einem Sternengürtel
festgehalten wurde; ein sternenbaud hatte sie um ihre haare
geschlungen. Lassmann war noch mehr als zuvor von ihr
entzückt und drang in sie mit bitten sich ihm endlich zu er-
kennen zu geben, da küsste Helene ihn schweigend auf den
linken backen, und nun erkannte Lassmann sie auf einmal
wieder und bat voll reue um ihre Verzeihung, und Helene,
froh ihn wiedergewonnen zu haben, liefs ihn nicht lange
darauf warten.
G R E G O R I U S.
U7iter mehreren meist auch sonst bekannteji lateinischen
gedickten die in eine handschrifi der königlichen bibliothek
zu München {cod. Aug. s. Vir. 113. 4°. papier) von einer
hand des 14w jh. zusammengetragen sind ist eines (hl. 43*
— 52*') das in 453 hexametern die sage von Gregorius auf
dem steine erzählt, wer die gemütliche deutsche behand-
lung desselben Stoffes durch Hartmann von Aue kennt wird
sie gern mit dieser lateinischen vergleichen, die loeniger als
eine andere, von welcher H. Leo in de?i blättern Jiir lite-
rarische Unterhaltung für 1837 s. 1431 und danach Jac.
Grimm in der vorrede zu den lat. ged. des 10« und \\7i
jahrh. s. xlv/. ein bruchstück mitgetheilt hat, für eine nach-
bildung derselben zu halten sein dürfte, da sich die haupt-
momente dieser christlichfrommen sage auch in älteren des
germanischen nordens ßnden und vielleicht ebendaher ent-
lehnt sind, so wird dieselbe, ob auch in lateinischem ge-
wande, eine stelle unter deutschen alterthUmern in anspruch
nehmen dürfen, gesteht man ihr, auch als lateinischer dich-
tung, ein gewisses verdienst zu, so wird ihre bekannt?na-
GREGORIÜS. 487
chung aus einer ziemlich fehlerhaften ahsckrift, an der hier
nur das verhefserlichste verbefsert ist,* vielleicht veranla-
fsung' sein dafs auch noch lesbarere und. richtigere texte
atis tageslicht gezogefi werden. J. A. SCHMELLER.
* ich habe mir erlaubt vcrmtitimgen, so viele mir einfielen, hin-
zu zu fügen, sie sind mit H bezeichnet. Haupt.
Gratia potentis, quae cunctarum moderatur
/?erum processiis, quae regem misit ab arce
jE'xcelsi solii miseris succurrere, sanctos
Gratuilis ditare donis, relevare iacentes,
Oppressos homiues extollere, viiicula vinctis 5
/fumpere, peccata dimittere, crimina mundi
/ustitia delere siia, dignetur adesse,
Ui valeam vitam cuiusdam scribere metro
iSancti, qui possit speculuin peccantibus esse.
Postquam praecipiti ceciderunt omnia casu, 10
^xpulsis primis de sede parentibus alma,
Coeperunt homiaes ia terra inultiplicari,
Crimina creverunt populo crescente, nee uUus
^Iterius portabat onus, sed lege relicta
Totus erat mundus confusus, venit Olympo 15
Omnipotens, ut ferret opera, solusque valebat
ßeddere quod periit et solus cuncta redemit.
Kex recto ritu regende regna tenebat.
Nobilis huic dederat prolem natura geraellam,
Natum cum nata. probus bic fuit, illa decora. 20
Tempus edax longusque dies scniumquc molestaus
Regem cogebat morli sua solvere iura.
Convocat hie proceres. veniunt. praesentibus illis
Nato commiltitur regnum, natam quoque nato
Commitlit, sed committit nimium, meliusque 25
Non commisisset. manet inviolabile fatum.
Sed quoniam, sicut testalur Naso poela,
1 — 17. ob das acrosticiüsche Gregorius poccator auf jenen, den doch
das gedieht als einen heiligen verherrlichen will, oder etwa auf den
dichter gehtif 1. pollentis? //. i. /. bonis //. 24. /. coui-
miltit H. 27. Naso] her. 2, 85. '!
488 GREGORIUS.
Exitus acta probat et finis cuncta coronat,-
Qui mala commisit, conclusit fine beata.
Rex moritur, sed non penilus, quia filius eius 30
In regno regnat et rede regna gubernat.
Cuncta regendo bene, se non regit, immo ruinam
In se convertit, dum non ut frater auiavit
Germanam. dilexit eam, dilectio crevit,
Ut Byblis fratrem dilexit, 3Iyrrha parentem. 35
Hanc muUi petiere proci: procul ipse procorum
Esse iubet turbam, quoniam procus improbus ipse
Vult optatque sibi soli quam non cupit ulli.
Ergo iocos fingit, dat basia, brachia stringit,
Aggreditur, sie transgreditur commissa, querelas 40
Exequitur, solatur eam quocumque vovendo.
Et licet ambo scelus hoc velint dissimulare,
Non tameu id celat uterus, loquiturque pudorem,
Voce carens, parlu turgens. iamiam manifesta
Crimina sunt utero, ne factum fama loquatur, 45
Rex quodam conclusit eam. fuit unus in eius
Regno vir prudens, qui regi iam tumulato
Consulerat, cuius sapieutia vicerat onmes
lUius regni sapientes. hunc vocat, illi
Factum denudat humilis. consultor ad isla 50
Vir prudens stupuit, relevat, solatur, et illi
Consilium spondet dicens celare pudorem.
'Hunc ego celabo, quoniam mihi provida coniunx,
Auxilio cuius sie facta premam, quod in omni
Nemo sciat regno praeter nos. esse paratus 55
Ad mea verba velis.' se totum subiicit illi
Rex humilis, proceres vocat, coram quibus illi
Regnum committit prudenti: nam cruce meutern
Et vcstem signat, dicens se velle sepulchrum
,,<,' Visere pro voto domiui. benedixit et ivit. 60
Istud consilium sapiens suggesserat illi.
Quid moror? hie moritur, seu couscia praecipitavit
Mens vitam summa dies, angustia mentis
Saepe dies hominis prorupto tempore rupit.
33. ^y. fehlt. 42. /. vellent //. /i8. e* steht vinccrat .57. /
proceresque //. 63. seu summa d.? //.
GREGORIÜS. 489
Vir prudcüs regnum moderalur, femina cuius 65
Factum sie celat quod nuUi fama revelal,
Diccns quod niilliis rej^inam cernerc possit
Donec rex reditmn faciet, vel forte per annnm
Hanc servare velit, ne fiat causa doloris,
Si procus hanc vel si velit ipsa procari. 70
Tempus adest partus, puerum parit et pariendo
Elficitur mäter : amitam tarnen esse fatetur
Se : si vixisset pater eins, avunculus esset.
Vir prudens puerum toUit capsaque recondit,
Purpuren pauno circumvolvit, mediamque 75
Particulam panni mater linquit, et superaddit
Viginti marcas auri, tabulisque nota\it
Quod puer gentilis adhuc quoque rex pater eins
Reginaque mater, celatum non negat ortum,
Et rogat in tabulis, si forte pepercerit illi 80
Sors, si quis fuerit pueri tabulaeque repertor,
Aurum toUat, alat puerum, baptizel eundem.
His actis tabulam claudit, linit intus et extra
Glutine, ue possit liumor fluetinus obesse,
In mare mittit eam, procul hanc rapuere procellae. 85
0 puer infelix, miser et miserabilis, heu!
En alter Moyses repetit cum piscibus undas.
0 fatum dirum, cur non dampnare vereris
Tam parvum puerum, sie innocuum sine noxa,
Qui uil deliquil, nisi quod genuere parentes 90
Incesti ? sed nos numquid peccata parenlum
Sic omnes fuimus ? sed et excusabile fatum
Se faceret, si fata forent. sed lata relinquo,
Ad creatorem revertor. qui mare fecit, '"
Qui mare calcavit, puerum servavit in unda. 95
Est locus ad littus maris : illic regula quondam
CoUegit domino famulantes. hie veniam det
Lector produci Gregorium aul breviari.
70. haue aliquis? Si poscal procus hanc? Si procus hanc poscal? //.
76. /. malri linquil, superaddit //. 78/. Quod gcnlilis adhuc (juodquc
esset rex pater cius, Ref^iiia inalcr, cclalum? die prosodie rcginä ii'ic
z. b. 207. H. 83. tabulam] capsaiii ? //. 80. /. ohen //.
91. sed] scu? //. 1)2. /. iuimus //. '.»i, /. Adquc //. '<■
490 GREGORIUS.
Hoc nomeii fuit abbalis. isti pueroque
Nomeo erit idem cum baptizabitur ergo. 100
Sed quocumque veliat luetro ponatur ubique.
Suppleat interdum totum monosyllaba nomen,
Ut si dicam Gre, vel sie dissyllaba, Grego,
Vel Irisyllaba sie, Gregori Gregoriusque,
Vel Gregorius. occufril saepius illud 105
Nomen: propterea veniam de nomine quaero.
Ad seriem redeo. fratres Gregorius abbas
Rexit, direxit, correxit, corpore, mente.
Festa dies aderat et pisces meusa petebat.
Defuerant. claustrum abbas pro piscibus exit 110
Et piscatores iubet ut sua retia laxent.
Res nova: qui pisces cupiunt, puerum capuerunt.
Ignorant quid sit. cogenlibus ergo procellis
Adpeliunt, sed vix in navem retia ducunt.
Spes trahit abbatem. propinquat et speculatur, 115
Sed quod rete ferat, nihil invenit. ergo bacillo
Retia dimovit. piscatores mala verba
Danl illi, 'numquid fures sumus, ut tibi pisces
Furemur? te propterea sie retia nostra
Volvere non deeuit.' abbas recedit. iecti 120
Vagitus pueri resonat sub retibus. abbas
Audit, miratur, latitat, reperit, reseratur,
Et puer et tabulae pariter cernuntur et aurum.
;ij; Abbas scripta videt, reseiseit singula signa.
Tunc, quia discretus, piscatori dedit auri 125
Tres mareas, puerum committens, toUat ut ipsum,
Praeeipiens ut eum baplizari roget, ut se,
Conipater ut fiat, rogat. isla facit sapienter.
Piscator puerum recipit, ut lilius eins
Si fuerit, eum baplizari facit, abbas 130
Compater efficitur pueri Gregorius, illum
Aequivocum facit esse suum. fratres tarnen illud
Aegra mente ferunt. abbas obpescuit omnes.
Ecce puer erescit tarn corpore quam probitale.
101. vclim? //. 105. occun-it iiain {odo' quod) s. i. ? //.
112. rapueruiil? //. 120. iecli] ? 12i. es steht rediscil
128. /. ropel //. KM), illum? et cum? //.
GHEGORIUS. 491
Cum pueris liidil quasi gernianus eoruui. 135
Quod sit adoptivus nescit puer, al tarnen iutus
Hunc natura docet quod voluit degencr esse. .
Cum pueris ludens (seu casu laeserit illum,
Luden tem laesit) dum quodam tempore ludit,
OlFendit forte puerum, quem nomine fratris 1 40
Esse fratrem putat. laesus puer ad genitricem
Accusat Grego. mulier commota novercam
Induit et nescit se simulare novercam,
Quamvis non voluit, verbis exprimit iram.
Spurius ille puer nupcr defluxus in undis, 145
Quem mare reiecit, quem vix haec terra recepit,
Insultat nostris pueris et verbere saevit.
Prob puer hie etiam noslram pervenit ad aedem :
Sit procul a nobis et sit maledictus et expers,
Exul, inops vivat, aliena limina lustret.' 150
His aderat verbis Gregorius, at tarnen illum
Nescivit mulier. puer hie tristatur et omnem
Infra se celat gemitum iiullique revelat
Probra, sed extremae mandat muliebria cellae.
Tempus adest quo adesse debet scolae puer. illum 155
Compater apponit studio : discit puer et sie
Imbutus Musis, et quem neglexerat ortus,
Ingenio fortuna beat. procedit ad annos
Sic iuvenis nimis hunc nimio stimulante dolore.
Laetitiam simulare negat, sed trislis in omni 160
Facto fit. quid agat, dubitat. considerat illud
Abbas discretus, quaerens quae causa sit illi
Tristitiae, vix extorquens. illi probra Grego
Narrat feminea. paler inquit 'quid placet inde.
Hoc totum faciam.' Grego dixit 'volo miles 165
Esse, pater, mihi cum dominus dabit unde. sed hoc scis
In domino confido Jesu: sj)eranlibus in se
Semper adest.' dominus abbas dixit 'bene dicis.
Da domino laudes, quia dives es:' dederatque
Inventum aurum, superaddens foenora multa. 170
135. /. quasi sil //. \',\7. <iii(k1 iiolil ? //. 143. /. sc dissimu-
l.ire //. 144. et verbis? //. 150. /. alicnaque //. 153. /. In-
tra //. 157. /. Iinbuilur //. IGO. mihi Jehlt. Iti7. fido? ff.
492 GREGORIUS.
Mililal ergo Grego, crescens niulta probilale,
Adiiingitque sibi socios. abbas pater inquil
'El modo quid Facies?' Gre dixit 'non requiescaii»
Doncc percipiaui qiiae mibi sit terra, quis ortus,
Quis pater et mater, vel quae cognalio, vel quac 175
3Ie fortuna regat.' tabiilas buic protiilit abbas,
Quae genus illius memori scripto retiuebaut,
Quas prius ille senex parvae coniunxerat arcbae.
Quando conclusit, grates Gre multiplicavit.
Ex hiiic eximius proGciscitur et loca quaeril, 180
Quae sibi sit patria se noscere quaerit, et ubi
lani reperit loca mulla uialrera mirabilis ecce
Occurrit casus, casu pervenil ad illani
Urbem quam mater sua rexit solaque mansit
Sub ditione sua: dux quidam cetera bello 185
Caslra tulit, vix haec iu castroque mansit.
Ingreditur castrum, movet hunc iniuria matris.
Quam matrem uescit, regiuae coudolet, armis
Succinctus pro iustilia iubet citius omnes
Armari senes, ut se comitentur in armis. 190
Ista iubet cives, ut ei succurrerc totis
Viribus insistant. et eo iam produce fiunt
Audaces, acies acuuntur et arma parantur.
Ecce repentiua feslinat l'ama venire
Dux castrum ducis bosles. iam vulgus adesse 195
OD Indicat. occurrit illis Gregorius, hostes
Impugnät, vastat, confundit, cetera turba
Plus audet quia sie audere nitet, probitasque
Civibus excrevit audentis de probilale.
Hostes consternunl, quia consternuntur et ipse 200
Dux fugit. binc cives cilantur proque triumpbo
Victima digna dalur, quaerit regina quis iste
Sit miles per quem virtus sie crevit, et omnes
Ignorant laudantque virum et ipsum
174. /. Uli Sil oder sil mihi //. ISÜ. f.v slelil cxiinius prollcitur
181. Sil fefiU. l. ul)i(|ui' //. 182. matrem]? 18G. vix liuec
in boc casli'oquc rcmaiisil? //. 187. es steht: luovoiil liuc
189. /. ociii.s //. 190. si'iicsj cives? //. 195. K.\ caslro ducis? //
'iOI. /. laelanlur //. '204. m fclill etwas.
GREGORIUS. 493
l[)sa vidcre ciipit, ([uoniani Grogorius illi 205
Mulla traiismiscral cl niisit vice versa
nii regiiia sna munera. dicitur illi
Ante fores templi, cum forsan lempla subibit,
fpsa viruni spcctare potes, iam templa palebuiit/
Stal Grego ante fores, quem regia purpura vestit 210
Qua puerum mater involverat et paler abbas
Hiuc vestes illi formavit. suspicionem
Maler habet, sed diüidit quod filius eius
Vivat adhnc, l'aio ponlo piscique relictus.
Grates illa referl de laclis, munera praebel. 215
Argentum, vestes, aurum quoque respuit ille,
Ut dives, quoniam rerum sibi copia fluxit.
Dux bellum renovat, rursus iit maior in armis,
Urbem circnmdat. Gregorius associalus
Civibus bosliles insultat, macte retuudit, 220
Hostes coaf'undit, necat hos, fugat hos, capit illos.
Ut lupus ovibus, ursus capris, ut leo dammis,
Buteus asper aquis velut accipiterqiie columbis,
Est ense manu vel sie Gregorius et inmitis.
Qui possunt fugere fugiunt, reliqui capiuntur 225
Aut occiduntur, dux sie confunditur ut iam
Vires non ausit rursus hello rcnovare.
Omnes conveniunt, gralulantur, Gregoriusque
Iq Caput eligitur pro hello, profugi ducis
Cives invadunt reginae castra, requirunl 230
ümnia vixque duci domus vita relinquitur, in qua
Delateat. pacem rogat, vix obtinet illam.
Turba coit procerum, reginae suggerit ut se
Coniungat viro quia regniim rege carerc '
Non decet. illa rel'ert vellem sine coniugc vitam 235
Ducere, sed quia suadetis nie nubere viro,
Parebo verbo, vos tarnen quacrile regem
Qui vobis placeat et me tegat/ petit illam
3Ü5. Mulla traiisniisil el traiisiuisit? //. ^-.v steht wtrsa vice 223. aquis,
denßscficn im luaj'ser? II. 224. Erisc manuque vclox Grcj;orius est ini-
micis. //. 229. profugi ducis] jn-ol'ugieiilis, mil einer im mittelaltcr nicht
seltenen mefsitn-^? II. 231. /. doiuus nna r. //. 232- /. at vix //.
233. es sieht sugeruut 237. vos lautuin? //. 238. /. adpolii //.
494 GREGORIUS.
Nunc hie nunc ille et rex sperat quilibet esse.
Protrahit illa nioram, quia vellet vivere casta. 240
Fata negant. proceres reginae consilium dant,
Ut se coniungat equiti per quem sua castra
Perdita restitui sibi viderat. annuit illa,
Consilium se'quilur, natum nubit, quia nescit
Esse suum natum. melius non nata fuisset, 245
Si deus omnipotens fieri non consuluisset.
Gregorius regnat, scelus ignorat tamen illud.
Conscia mens mordet, tabularum scripta relegit.
Nam solus saepe cubile clausit ubique
Questus singultus gemitus et verbera plangit 250
Et lacrimas multas efFudit. noverat illud
Unica reginae famulans ancilla fidelis
Reginaeque refert. rogat hanc regina, ut ipsa
Insidias ponat, vasculo labulasque repostas
Ciam rapiat. cameram claudit clavemque reponit. 255
Illa videns tabulam rem seit tabulasque relegit,
Cum gemitu lecto se ponit, raox revocare
Venatu regem facit. hie redit. "et mihi quid nunc
Tarn subito mandas, venatio noslra valebat
Si me forte duas absentareve dies tres ?' 260
Illa gemens longa trahit suspiria, dixit
'Heu misera, quid agam, cum me dominus genitriceni
Esse tuam voluit ? ulinam genitrix tua tantum
' ; Et iam non coniux ! proh, sum tua mater et uxor.
Vellem non esse, vellem non nata fuisse, 265
Ne fierem mater. vehemens dilectio qua me
Frater dilexit male dilexit. frater
Qui nieus, est tuus ille pater: tua sum modo mater
-; Et coniux, amilamque vocas cui nomina tot sunt
Confusi generis voluit natum tumulare. 270
Heu quot quaeque mihi sunt nomina! nescio quo sim
. Nomine diceuda : sum mater et uxor
Sum socrus ac amita, sum neptis, filia, pellex:
244. /. nato 246. ex steht consiluisset 2i9. Nam solus se saepe
cubili clausit ibique //. 250. planxit? //. 253. reginaque, ut
ipsi? //. 254. /. vasclo //. 2()1. /. traxil //. 267. Frater
dilexit, dilexit me male, frater? //. 270. ? 272- eadem sum? //.
GHEGORIÜS. 495
Quo potius dicar? socer est genitor mihi: socnis
Sum patriquc filia sive geuitorquc nepotem 275
Tiniens appellat : avus tuus ipse sororera
Fraler me dicit: pellex siini facta diiorum ::
Est tuus ipse pater tibi factus avunculus et me
Sic amitam tuam esse facit, sum tua mater.
Altera describi possunt problemata Sphingis. 280
Sic de Lot legitur idem de quo scriptum rcperitur
'Est avus ipse pater pueri, sator quoque maler,
Estque noverca sibi matertera, sie soror illi.'
Numquid de stirpe sum Laii? credo quod alter
Oedipus tu sis, cgo sum locasta vel ipsa 285
lafelix 3Iyrrha vel ßyblis adultera fratris
Vel si Vera loquor possum iuiianaque dici.
Nominibus tantis ex omni parte relictis
Esse volo mater, tu tamen consule matri/
Sic queritur dubia tristis regina, sed ante 290
Quaesierat genus ipsius dicens 'scire volo
Quae stirps, an sis mihi compar nobilitate/
Grego respondit 'scio quod sum nobilis et me
Rex e regina genuerit. solicitari
Non debes inde.' mater tabulas sibi dedit et inquit 295
'Vera refers.' visis tabulis Gre vix valet inde
Ad coelos oculos attollere, sed gemebundus
Ip'sum solatus et tristis talia fatur,
'0 deus, 0 domini lesu sanctissima mater,
Quid res ipsa notat, non est audacia ullis 300
Temporibus visa vel talis confusio rerum.
Post chaos explicitum, post |)rimula mundi
Tale nefas quis percepit, quae pagina scripta
Exposuit, penna conscripsit, penna paravit?
Sed pius ipse deus, fons tolius bonitatis, 305
Qui facit omne bonum, mala pcrmittens, meliora
275. ? 276. avus et tuus? //. 279. Sic amitam facit esse tuam,
cum sim tua mater? //. 281. idem zu tilgen. IL 282. sator]
soror est? //. 285. es steht locusta 28G. es steht l)elis
288. iunaiiaque]? 289. tu tan tum? //, 291. /. volo scire //.
292. L Quae sit stirps //. 294. /. Rex et regiua geuuerunt//. 295. inde]
hinc? 11. 3Ü0. /. Quod, und vielleicht, nach deutscher weise, nnWis II.
301. vel] /. aut //. 302. post primaque iiiilia? //.
496 GREGORIÜS.
Pravis eliciens, de petra mclla propinans,
De nigris corvis faciens pro velle columbas,
Qui dixit Veni nou iustos ut renovarem,
Sed peccatores se corpore posse fatentes 310
Promptus suscipere, nobis dignetur adesse,
Qui Petrum flentem, Matthaeum lucra petentem,
Disraam pendeiitem, Mariam sanclanique gementem
Vidit, suscepit, audivit, sauctificavit,
Vitam det nobis per tot tempora continuare 315
Ut digne nostriim possiiniis flere reatum.
In regno maneas et clam lua crimina plangas:
Exul ero, quaerain locum plorantibus aptum.'
Regnum dimittit baculumque rapit, procul hiuc it,
Commoda postponit, veniam petit et loca quaerit 320
In quibus ipse suas possit deplangere noxas.
Dum loca sie multa perlransit, venil ad aedem
Cuiusdam duri piscatoris. rogat illura
Hospitium nocle. piscator durus et asper
Corripit miserum verbis, obstuua quid optas? 325
Unde venis? quid vis? quo tendis? pondera ferre
Deberes polius quam sie discurrere. longe
Sit tibi nostra douius. latronem te puto : velles
Nobis occisis res nostras tollere nocte.'
Gregorius supplex lacrimis ita dixit obortis, 330
'Eya, mi domine, non est ita, loca quaeram
In quibus acta luam mea crimina, namque miser sum
{)(l Peccator, veniam peto, mihi gratia tameu
Hospitii detur per noctem: cras eo mane
Quo me cumque deus duxerit et loca quaeram 335
Quae de commisso me purgent crimine.' sponsa
Ilospitis hinc pelil ut miser ille quiescat.
<-r. 'Sed peccatorum si forsan mole gravaris,
Si me cras sequeris, si vis commissa delere,
Ad loca te ducam quae te cito sanctiücabunt/ 340
310. ? 315. per lempoia oder tot tempora o/ine per //.
318. /. quaeramque //. 332. xenil Je /ilt. 325. /. Corripuit H.
obsluua in den mittleren hnchstaben undeutlich, o sciirra ? H.
330. es steht lacrimas und abortus. 331. /. sed loca H. 334. ve-
niaiuque — lanlum? //. 335. /. direxerit H. 337. Hospilis hiac
noctem petit? //.
GREGORIUS. 497
Gregorius laetalur in his, grates agit, intrat
Porcorum slabula, sufFragia paucula sensit
A piscatore. sol occidit et oritur sol.
Piscator more mane consurgit in undas,
Ut victum quaerat, clamans 'cur non venit ille 345
Peccatorum sero volens sanctissimus esse?'
Femina Gregorium vocat, 'o miser, cito ! navem
Vir mens intravit.' mox ille sopore relicto
Evigilat, tabulis oblatis ad niare currit.
Hunc ratis accepit, piscator transvehit ipsum, 350
In riipera ponit, ubi pauca gramina tantum,
Et riueis fluxit remis, nulluni quoque lignum,
Nee pira nee poma creverunt, sed neque mora
Ulla fuit causa cur rupem viserit illam
Nullus homo, quoniam fuit locus sine fructu. 355
Illic piscator Gregorium compede vinctum
Emittit, clavem quoque compedis in mare iecit,
Dicens 'haec clavis fuerit si quando reperta,
De sceleris venia sit tibi liducia certa.'
Hacque iacens rupe planxit Gregorius aunos 360
Quatuor atque decem. dominus, qui pavit Heliam,
Qui pavit Moysen, illum pavit sine pane.
Hie piscator abit. denis cum quatuor annis
Non seniel in meutern subiit Gregorius illi.
Finito dicto iam tempore Roma carere 365
Incepil propter papam nee possunt habere.
Roma facit vota pro sanclo patre. revelat
Uni devoto deus, pro patre pelatur
Qui sedet in rupe Gregorius. omnibus ista
Visio complacuit. famuli mittuntur ubique 370
Ut sanctum quacrant. lustranlur singula missi
Ac illac islac quacrunt de nomine, tandem
Ad piscatorem dictum veniunt duo, quaerunt.
Tempore iam longo si quemquam rupe sedcntem
343. et] /. atque //. 347. o miser, o cito? II. 349. vielleicht oblitis,
wenn der (lichter dann vei-gej'sen hat das wunder von der schriftlos ge-
wordenen ziirückgelafaenen taj'el tu erzählen. II. 351. paucula? //.
352. Et nullus fl, rivus ? //. 355. /. Uilus — fuit ille locus s. fr. H.
359. /. tibi sit //. 360. es steht Gregorius planxit 366. papam,
possunt nee habere? //. 368. /. ut pro H.
Z. F. D. A. II. 32
498 GREGORIÜS.
Noveril, ignolum sibi dicit: 'sed tarnen olini, 375
Vix raemiui, quidam fuit hie peccator, eumque
In solo posui deserto. sed tarnen illum
Post haec non vidi : non credo vivere.' 'ducas'
Tunc clamant illi 'nos ad rupem, videamus
Ul saltem rupem, licet hunc non inveniamus.' 380
Annuit his hospes, missos traducit, euntque
Ad rupem. sedet ecce miser quasi Spiritus, illum
Vix vivum credunl, rapiunt, gaudendo reducunt.
Aspectus pallor eins erat, crura minuta,
Inplicitus crinis, caro vix caro, sobrius artus. 385
Ista probant illum signacula iam fore sanctum.
Vinctum deducunt gaudentes. unus eorum
In mare rete iecit, missum quoque tempus edendi
Iam fuit, ut pisces aliquos deprenderc possent.
Ad mensam rete missum iure capiturque 390
Lucius eximius. gaudet, exenteral illum
Unus, in hoc clavem reperit. piscator ul ipsam
Aspexit clavem, clamat, sicut adiuvet ipsum
Iam deus, 'hanc clavem manus haec proiecit in undas.
Compedis est huius haec clavis.' compede rapta 395
Absolatum vinctum cuncti stupuere videntes.
Hinc repetunt Romam. Romanis nuntia fama
Dicil adesse virum. cuncti carpunt iter, illum
Suscipiunt, papam statuunt, sanctum venerantur.
Pater papa patrum parcit peccanlibus et se 400
Exemplum statuit poenae venientibus ad se,
Dat veniam cunctis miseris peccanlibus, in se
Cognoscit quae quisquis possit, quod misereri
,, Nil credit esse maius, sine quo nil posse mereri
Vel sanctum credit, a papa nemo recedit 405
Quin hunc propitium per totum praedicet orbem.
Fama volat, plane quod tam mitis miserator
Non fuit Romae, qui sie sciret misereri
Simplicibus miseris, veniam peteutibus acgris.
384. /. A. pallor erat eius //. 388. /. iacit //. 393. /. sicut lu-
vet oder sie adiuvet //, 395y. vielleicht compede rupta Absolvit viu-
cturn : //. 400. /. Papa pater palruin //. 404. esse zu tilgen //.
408. /. fuerit //. 400. /. veniainque //.
GREGORIUS. 499
Papae faina volat, niatris pcn^enit ad aures 410
Ipsius papae. venit spes. haec trahit ipsani
Ad papam, cum ignorat quod filius eius
Sit Uoinae papa. rcjjnum disponit iterque
Ipsa rapil Romaui. quo dum pervenit, ad aulam
Feslinat propere, pedibus provolvitur eius. 415
Papam noii iioscit, veniam poscit. stupet ille,
Mirando malrem coepit cognoscere, papa
Dissimulat matrem, maier supplex. 'crimen inquit
Si quod liabes, doraina, die, ut iustificeris.
Si peccata deles, si vis dimittere crimen, 420
Omnipotens tibi dat coeli contingere limen.
Nunquam peccator tautus fuit, ut miserator
Non esset dominus, crimen deleret ut eius
Qui puro corde sibi viveret et sine sorde.'
Mater spe veniae concepta de pietate 425
Papae propitii suspirat pectore toto
Ac exponit ei tolum cursuni seriei,
Quem non ignorat, quoniam seit sicut et ipsa.
Ad gemitum cordis confessio iungitur oris.
Corde delens, palmis plaugens, oculis lacrimando 430
Ostendit vere se velle commissa delere.
Papa videns matrem tantum commissa gementem
Solatur verbis et ei delicta remissa
A domino dicit. tenet baue quasi sit peregrina,
Vel plus poeniteat non cognita. nomine tandem 435
Appellat matrem. mater stupet et sua proles
Quod sie non credit, tarnen bunc accedit et inquit
'Si meus es natus, si sum tua mater, idemque
Miror et admiror quod te Fortuna reservet,
0 fili, si lilius es. mirabilis ipse 440
Dicitur esse deus : quis posset scribere vel quis
Posset narrare quae tanta deus benediclus
Nobiscum Iccit ac in nobis est operatus?'
Papa suum casum matri per singula narrat.
Ambo deum laudant, ambo domino benedicunt : 445
ill. es steht hanc tmUil ipsa 412. cum] quoniam ? //. 418.? 419. mi-
hi die? //. 420. /. doles //. 430. /. dolens H. 431. admissa ? //.
437. /. Sit //. 438. /. ilemquc //. 443. /. facit N.
32*
500 GREGORIUS.
Haec satis est Ulis, concordant vota duorum
lu laudem domini, grates persolvere summas
Ambo Student, verba vix inveuiunt quibus illum
Laudent quem coeli laudant, quem laudat abyssus,
Quem terra laudat et quem cuncta benedicunt. 450
lila vale dicit puero, puer hanc benedicit,
Papa regit Romam patriamque petit sua mater,
Mater salvatur, Gregorius almificatur.
446. /. Nee H.
ZUR LEX SALICA.
1
DIE MALBERGISCHE GLOSSE DER LEX SALICA.*
1. allgemeines, einleitendes.
Wenn nicht in Wales bis auf den heutigen tag sich ein
rest der alten britischen spräche gehalten hätte, würden wir
kaum eine ahnung davon haben dafs sie auch noch in den
letzten zeiten der römerherrschaft in Britannien, und nicht
das lateinische, die herrschende spräche gewesen. — ein
ganz ähnliches Verhältnis aber mufs in Nord-, namentlich in
Nordostfrankreich stattgefunden haben ; wenn man auch in den
Städten lateinisch sprach, das landvolk war gallisch geblieben
und bei keltischer rede, das sieht man deutlich an der ganz
unterschiedenen buchstabenbehandlung lateinischer worte im
nordfranzösischen, s. g. normandischen, dialectc im vergleich
mit der buchstabenbehandlung lateinischer worte in den süd-
franzüsischen dialecten. in Nordfrankreich kommen nicht so-
wohl regelmäfsige lautverscliiebungen innerhalb derselben con-
sonantenreihen, als vielmehr consonantenmortificationen und
consonauteneclipsen vor, wie sie die gälische spräche in ihren
beiden innig verwandten, fast nur in eigenheiten der aussprä-
che, aber in sehr wenigen lexicalischen und grammatischen
eigenheilen sich scheidenden dialecten kennt.
' [statt handschriftlicher miltheilung an freunde und befreundete,
von dr 11. Leo. nur in fünf und zwanzig exeinplaren abgedruckt. Halle
1842. viit erlaitbnis des verfafsers hier tviederholt.^
ZUR LEX SALICA. 501
Während die keltischen dialecte des nordwestlichen Frank-
reichs sich denen in Wales und Cornwallis innig anschliefsen,
schon weil diese nordwestlichen gegenden Galliens in den
letzten zeiten des Rönierreiches durch Briten aus England, die
vor den Sachsen wichen, sehr bedeutende Zuwanderung erfah-
ren haben, miifsen wir dagegen die sprachverwandten der
nordöstlichen Gallier in Irland suchen, wo noch eine reihe
alter traditionen von ein Wanderungen und colonisationen re-
den die durch Belgier statt gehabt hätten, wir wollen hier
den historischen werth dieser traditionen auf sich beruhen la-
fsen, können aber nicht umhin zu bemerken dafs irländische
Sprachforscher schon längst darauf aufmerksam gemacht ha-
ben dafs eine reihe von rechtsausdrücken die sich im mit-
telalter in latinisierten formen von Frankreich und von Bel-
gien her über Europa ausgebreitet haben eine gälische ety-
mologie beweisen, ich selbst habe mich, wie viele andere,
früher abgemüht diese ausdrücke auf deutsche wurzeln zu-
rückzuführen, weil ich, wie fast alle meine gelehrten lan-
desgenofsen, mit der gälischen spräche völlig unbekannt war.
Diefenbachs Celtica haben mich zuerst aufmerksam gemacht
auf das licht was bei den Galen zu finden sei, und so mufs
ich ihm jetzt, nachdem ich mir die mühe genommen das gä-
lische etwas näher kennen zu lernen, ganz beistimmen, wenn
er z. b. vassus, imsallus aus keltischen wurzeln ableitet:
uis und uais heifst ursprünglich ein f/if'mstetiali's, dann ab-
geleitet nohilis; uasal ist eine abgeleitete form von uais,
hat aber dieselbe bedeutung wie uais. — ich verfolge hier
den gegenständ nicht weiter, da es mir zunächst nur auf
eine kurze notiz an freunde und befreundete ankommt, de-
nen ich mittheilen wollte dafs ich entdeckt, die malbergische
glosse sei ganz und gar in einem keltischen dialecte geschrie-
ben, der sich zum gälischen etwa so verhält wie althoch-
deutsch zu mittelhochdeutsch ; ich muste zu diesem ende blofs
ganz kurz die hauptgründe berühren weshalb eine solche er-
scheinung nicht von vorn herein zu den unglaublichen din-
gen zu rechnen sei.
Das wort malherg. selbst erklärt sich mit hilfc des gä-
lischen vollkommen, denn mol heifst eine Versammlung, ein
Haufe, und heargnadh heifst die landessprache jeder gegend,
502 ZUR LEX SALICA.
— malberg. ist also die abkürzung eines keltischen Wortes,
welches Die landessprache des haufens, welcher den gerichts-
umstand in gewissen gegenden bildete, war. im tit. xlx de
incendiis § 1 des heroldischen oder Fuldaer codex heifst es,
nachdem von einer angelegten feuersbrunst und den dem da-
mit intendierten verderben entronnenen die rede war, per
mnlberg. seulandevevas. das letzte wort werden wir unten
im 2n abschnitt behandeln und erklären, wir führen die stelle
hier nur wegen des per an, welches offenbar andeutet dals
hier von einer anderen spräche die rede ist durch welche
die Sache ausgedrückt werden soll, es mufs aber diese sprä-
che neben der fränkischen und lateinischen in derselben ge-
gend gesprochen worden sein wo das salische gesetz, wenn
nicht zuerst abgefafst, doch frühzeitig mit Zusätzen verse-
hen ward, denn eine reihe dieser malb. spräche angehörige
Worte haben in latinisierten formen eingang gefunden in den
text des gesetzes ; z. b. in dem tit. de corp. expoliat. so
werden wir auch als hieher gehörig unten im 3n abschnitte
das wort argutarhis kennen lernen, ich führe hier sofort
noch ein paar an. in tit. ii de furtis porcorum § 14 heifst
es si quis porcellum tertussum usque ad. atinicolatum fura-
verit, dazu die glosse drace- ehalt, aber vorher § 5 si quis
porcellum Juraverit qui sine matre vivei'e possit, und dazu
die glosse yrnuis fith sive thertestin. dieses thertesun ist
offenbar das malbergische thema was in tertussiis als latini-
sierte Variation erscheint, und wir haben drei synonymen
für die eine sache, ymnis-fith, thertesun, drace -ehalt, be-
trachten wir diese in ihrem Verhältnisse zu gälischen Wor-
ten, der letzte theil von ymnis-fith entspricht dem gälischen
fithean das schwein, denn die endung -ean ist nur diminu-
tivform; der erste theil entspricht dem gälischen ioinain; als
verbum bedeutet dies Eine herde austreiben, eine herde hü-
ten ; als substantivum Die ausgetriebene , gehütete herde
selbst: — ymnis-fith ist ein schwein was ausgetrieben wird,
oder was zur ausgetriebenen herde gehört, ein treiberschwein,
ein hcrdcschwein. das wort thertesun hängt zusammen mit
dem verbum taii'thaim wachsen ; porcellus tertussus ist also
ein schon herangewaciisencs schwein, was nicht mehr mit
der sau geht, kein milchschwein mehr ist. für drace -ehalt
ZUR LEX SALICA. 503
lindet sich im Münchner codex die Variante dränge — ; die-
ser erste theil des Wortes hängt zusammen mit dem gälischcn
dragh trennen, abnehmen von etwas; der zweite theii ist
das jetzige gälische coiUeadh oder cailleadh das Schwein,
in speeie die sau (diese speciellerc bedeutung hat das wort
in Irland, woraus sich die lalsciie ableitung Armstrongs von
caille der testikel, cailleadh ein geschnittenes schwein, er-
gibt); draee- ehalt ist also ein von der muttersau getrenn-
tes schwein. dafs ehalt würklich in dieser Verbindung (denn
in sonisehalt hat es anderen Ursprung und andere bedeutung)
eine sau bezeichne beweisen § 6 und § 7; in jenem, wo von
einer getödteten sau die rede ist , steht die glosse vara-
chalt, in diesem, wo von einer scrofa furata die rede ist,
die ^o&SQ Jbeiehalt : — vara \si '^ÄWsdi rnharbh (spr. loarw)
d. i. todt; _/o« ist gälisch yb^/< d. i. raub. — ein anderes
beispiel ist tit. lxiv de Haroioeno, wo dasselbe worl in der
malbergischen glosse des § 2 charoweno geschrieben wird;
es ist abzutheilen cha - rowe?io von gabh (spr. gah) und
robamn (spr. robänj) der raub ; cha - roweno ist Raub-
nahme.
Das bisherige kreuz aller ausleger der malbergischen
glosse, leodardi und leudi, erläutert sich durch das gälische
sehr einfach : das verbum leadram drückt jede widerrechtli-
che behandlung, rechtsverletzung gegen einen anderen aus,
von der blofsen moralischen mishandlung, der Verhöhnung,
bis zur ärgsten physischen mishandlung, bis zur massacre ;
jede solche rechtsverletzung heilst leadaivt oder leod^ die
beiden wörler sind synonym und Ifodardi und leudi sind die
correspondierenden malbergischen formen derselben. t
In tit. XXXVII de sepibus § 4 ist die rede davon dafs je-
mand eine gestohlene sache auf einem anderen gehöfte ohne
wifsen des besilzers des letzteren verbirgt, und von der
strafe dessen qui hoc misei'at ; dazu die glosse Jer ihebero
d. i. gälisch /mr a tabhairt von fear (spr. Jer) der mann,
und thabeiriin oder tabeirim geben, bringen, — der bringende
mann.
In til. xxxui de eoueitiis wird § 1 cinitus durch die
malbergische glosse quinluo erklärt; im gälischen heifst coint
das weib. § 2 ist zu dem Schimpfwort meretrix die glosse
504 ZUR LEX SALICA.
extrabo; — im gälischen heifst strahaid die hure und ex-
traho ist wie tit. ix des Wolfenb. codex § 5 excuto für scuto
(d. i. gälisch sgud heraushauen).
Doch wir brauchen nur eine reihe glossen durchzuge-
hen um uns zu überzeugen wie fast alle Wörter der malber-
gischen glosse sich im gälischen wiederfinden, z, b. tit. \\\
de furtis animalium hat zu vitulus lacta/is die glosse pedero
oder iüi Pariser codex podor ^ im gälischen ist das wort
baothair, was eigentlich Dumm, kalbig, bedeutet und ad-
jectivum ist, auch gäng und gäbe theils um einen kalbigen,
jungen menschen, theils um ein kalb selbst zu bezeichnen,
der paragraph 2 hat zu anniculum animal die glosse och-
saiora, und § 11 zu bos die glosse ohseno ; im gälischen
heifst agh (spr. öch oder öh) das rind; ochsaiora ist agh
searr ein kalbiges rind, rindskalb, denn seai^j^ heifst jedes
junge thier unter drei jähren; ohseno ist agh seine ein äl-
teres rind, denn seine heifst Alter, in § 5 steht mala als
erklärung zu i'ffcc« j- das gälische maol heifst eigentlich Kahl ;
dann in beziehung auf rindvieh Hornlos ; bo mhaol die horn-
lose kuh ; — allein maol wird auch allein zu bezeichnung
der kuh gebraucht, da racen mit hornlosen kühen auf den
britischen inseln häufig sind; sie waren aber auch im alten
Deutschland, also wohl auch in den salfränkischen gegenden,
gewöhnlich, wie Tacitus sagt ne ai'mentis quidem suus honor
aut gloria J'rontis. in paragraph 4 steht zu vacca cum vi-
iulo die glosse zymis pedero malia ,• das letzte wort ist of-
fenbar dasselbe mit mala die kuh ; pedero, haben wir ge-
sehen, heifst das kalb ; so mufs also zymis heifsen Mit dem
oder mit seinem — nämlich kalbe die kuh ; nun heifst soimh
oder saimh gälisch würklich Gepaart, verbunden, zusammen ;
das scheint dem zym zu entsprechen; isi ist nachdruckge-
bendere form für si, d. i. ea, bedeutet also eadcm. da nun
alle personalpronomina übrigens im gälischen in nächster be-
ziehung zu den possessivpronomen stehen, ist es leicht mög-
lich dafs sonst statt des jetzt für beide geschlechter und
auch im plural gebrauchten possessivpronomen a (sein, ihr),
verschiedene pronomina vorhanden waren nach den verschie-
denen geschlechlern, und das is das possessivpronomen der
dritten weiblichen person (suus, sua, suum in beziehung auf
ZUR LEX SALICA. 505
weibliche gegenstände, deutsches Ihr), oder aber der geni-
tiv der dritten persou (also emsde/n) war, und zj/7n ts pe-
dero malia bedeutet Mit ihrem kalbe die kuh. — dieselbe
glosse findet sich zwar auch § 3 zu ganz andern Worten,
ist aber hier olFenbar durch versehen des Schreibers herein-
gekommen, der nach furaverit in dem übrigens gleichlau-
tenden 4n Paragraphen zu schreiben fortfuhr und also auch
die nach § 3 gar nicht gehörige glosse aufnahm, bimus tau-
rus hat bei sich die glosse traslo, d. i. gälisch treas laogh
(spr. tras lüh), starkes kalb.
2. zur deutschen tlilersage.
Ich habe oben darzulegen gesucht dafs die malbergische
glosse der lex salica Wörter einer keltischen, der gälischen
sehr verwandten, mundart enthalte, auf diese darlegungen
gestützt gehe ich zu einem bestimmten theile der lex salica
der für unsere thiersage Wichtigkeit hat, zu tit. vii de fur-
tis avium über, ich mufs dabei vorausschicken dafs die gä-
lische spräche zu bezeichnung der thiere eine menge bildli-
cher ausdrücke hat; so heilst z. b. der wolf nicht blofs
Wilder hund {madhradh alla, cu alluidh), sondern auch
Sohn des landcs ()/i(ic-tire) -, und fuchs, bär, hirsch u. s. w.
haben zehnerlei namen, namen die zum theil poetische bil-
der enthalten, wie z. b. der name des fuchses (rod-7nm/i),
welcher einen wegekundigen oder Wegweiser bedeutet, ein
anerbieten, geschenk, und ein reh werden zuweilen durch
dasselbe wort bezeichnet, earb. der bär iieifst magh-
ghah1iuin?i, d. i. kalb der ebene.
Solche poetische namen der thiere begegnen uns nun
auch in dem bezeichneten tit. der lex salica. schon ort-
J'ocio, offenbar dasselbe mit dem gälischen wortc ord-ßack
streitbarer vogel, ist poelisch genug; ebenso das in der lex
salica synonym dazu gesetzte weiano (oder in anderer les-
art veganus), denn es ist zusammengesetzt aus Wörtern die
den gälischen baighe der streit, kämpf (in vielen Wortver-
bindungen geschrieben bJiaighc, spr. wojc) und ean der vo-
gel, entsprechen, und bedeutet also auch Kampf-vogel, streit-
barer vogel. noch poetischer aber sind die namen der haus-
506 ZUR LEX SALICA.
vögel : die henne heilst solampinam^ offenbar aus Wörtern
welche den gälischen sallan (der gesang) und hinn (laut,
schrill, hell) entsprechen ; es bedeutet einen lautrufenden
vogel und ist dasselbe mit dem Chantecler der thiersage.
der bahn heifst chanaswido, offenbar aus Wörtern zusammen-
gesetzt die den gälischen caii und svicid entsprechen, denn
die gälischen mundarten haben kein w, sondern dieser laut
ist überall ein mortificiertes b oder mortificiertes vi; die
mortincation aber (im ursprünglichen aiphabet durch einen
puuct über dem buchstaben, bei dem gebrauch der lateini-
schen buchstaben durch zugesetztes h, also durch hh oder
mh ausgedrückt) ist theils grammatisches bildungsmittel, theils
bei einzelnen Worten mundartliche eigenheit, w^ie hier, wo
offenbar bei den belgischen Kelten smheid (spr. swed oder
siüid) für gälisches s?/ieid galt, das wort can bedeutet sin-
gen, smeid das blinzeln, winken des auges ; chanaswido be-
deutet also ein thier welches die äugen zudrückt, mit den
äugen blinzelt, wenn es singt; das ist wieder genau der
ChantecUn der thiersage. bedenkt man nun dafs die deut-
sche thiersage in der gestalt wie wir sie kennen ihre älte-
ste heimat gerade auch in jenen gegenden hat die als die
heimat der malbergischen glosse der lex salica zu bezeich-
nen sind, so ist klar dafs wir in einigen der thiernamen der-
selben alte keltische einflüfse anzuerkennen haben.
Stünden sotampinam und chafiaswido allein, so könnte
man noch einen zweifei haben ob überhaupt solche art aus-
legung und deutung der namen zuläfsig sei; allein sundelino
welches anserem auf anatam bezeichnet, also einen Schwimm-
vogel im allgemeinen zu bezeichnen scheint, ist ganz ähnli-
chen Charakters ; denn der erste theil des wortes ist offenbar
verwandt den gälischen worten siinnd freude, lust, sunnda
keck, lustig, und sunndach fröhlich ; der zweite theil aber
dem gälischen worte Htm, welches jedes stehende wafser,
eine pfütze, einen teich, einen see bezeichnet ; — sundelino
ist der auf stehendem wafser muntere, lustige, fröliche vo-
gel. in dieselbe klasse von bezeichnungen gehört der name
des Sperbers, sifceli?i, denn er ist verwandt dem gälischen
präfixum so oder soi, welches mit dem worte vor welches
es tritt den begriff der tüchligkeil, geschicklichkeit verbin-
ZUR LEX SALICA. 507
(let, und dem worte ciall oder ccill der sinn, verstand; —
sucelin ist ein vogel der tüchtige sinne hat, der kluge vogel.
Dafs sich in dem Pariser codex zu dem worte weiano,
oder wie es in diesem codex lautet vcganus (in § 3), und
im Fuldacr codex zu den Worten ortjocia (für ortfocio) sive
tvciano in jenem antcte, in diesem jiayidctc findet, hat eine
andere bewandtnis. dieser zusatz findet sich noch häufiger
in der lex salica ; vergleichen wir einige der stellen, so wird
uns sofort die bedeutung derselben entgegentreien, und mit
der bedeutung zugleich haben wir auch die gälischen worte
augenblicklich gefunden denen sie entsprechen.
Tit. IX de furtis apium § 1 . si quis apem de intro clavem
furaverit — malb. gl. antidio elechdrdis.
Tit. VII de furtis avium § 3. si quis accipitrem de intro
clavem repositum furaverit — malb. gl. ortfocla sive
iceiano pandete {ah cod. antete).
Tit. XII de furtis ingenuorum vel offrncturis § 3. si vero
ingenuiis de intus casa furaverit etc. — malb. gl. an-
tidio.
Tit. xn de furtis ingenuorum vol ejfracturis §.5. si vero
ingenuus clavem effregerit et per furtum aliquid
tulerit etc. — malb. gl. antidio.
Aus diesen vier stellen schon gehl hervor dafs antete
oder a?idete oder antidio bezeichnen dafs etwas im inneren
eines hauses oder bedeckten raunics, innerhalb eines ver-
schlufses, statt gefunden hat. nun sind die gälischen mund-
arten zu bezeichnung oft ganz einfacher dinge zu wunder-
lichen Umschreibungen genöthigl, und Innerhalb läfst sich gar
nicht ausdrücken als durch eine redensart welche wörtlich
heifst Auf der seile im hause, an taobh s tigh (spr. a?i thö
s thih); — das einzeln stehende .y in dieser redensart ist rest
von an7is ; wahrscheinlich sagten die belgischen Kellen in
diesem falle aber nicht Auf der seile im hause, sondern blol's
Auf der seile des hauses; das wäre an taobh tighe oder aus-
gesprochen an ikü lhih;~ das ist unser antele, andete oder
antidio. eine parallele dazu bildet die malb. gl. zu tit. x
de damno in messe u. s. w. § 5. da heifst es si alicuius
porci aul quodlibel pccus, pastorc illud cuslodiente, in mes-
sem alienam cucurrerit, et ipso neganle si ci fucrit adpro-
508 ZUR LEX SALICA.
bntum u. s. w.: hiezu die glosse leodardi (gäl. leadnirt, d. h.
es wird ein solches falsches leugnen der Ihalsache, wie in
allen ähnlichen fällen, unter die klasse der frevel gesetzt
welche als leodardi bezeichnet werden) sive ande sitto ; —
hier ist ande wieder an taobh; das wort sitto aber entspricht
dem gälischen sidhite (spr. sijite) d. i. bewiesen; ande sitto
heifst An der seile des bewiesenen, oder Im fall es bewie-
sen ist.
Anders dagegen verhält es sich mit andehau oder an-
deba (tit. xix de incetidiis § 1), denn dies compositum ist
abzutheilen an-debaii, an-deba*. der erste theil des Wor-
tes ist identisch mit dem praef. intens, an; der zweite ist
deobhadh (spr. deivo) die Zerstörung ; und das ganze bedeu-
tet Arge Zerstörung, Verwüstung, dafs diese erklärung rich-
tig ist beweisen eine reihe ähnlicher worte in demselben ti-
tel, z. b. §8 leos-deba, verwandt mit lias der stall, der
viehstall, besonders für kälber, lämmer u. s. w., und mit dem-
selben deobhadh; leos-deba ist also Stall -Zerstörung, und
eben davon ist in dem betreffenden paragraphen die rede, in
demselben paragraphen, so wie in dem vorhergehenden,
kommt die glosse sal- deba vor, deren erster theil mit sealbh
besitzthum, herde, habe, zusammenhängt; Ä«/f/eÄff ist Zerstö-
rung des bewahrten vorrathes, und eben davon, von der Zer-
störung der körn- und gelraidescheuern, der heuscheuern
und gctraidefeimen, ist in den betreffenden stellen die rede,
endlich kommt in demselben tit. § 1 — aber aufserdem an
vielen steilen, z. b. tit. xx § l tit. xxi § 1 — die glosse vor
seul-andevera, seul-andevevas, seul-andovevas. in allen die-
sen stellen ist von intendiertem verderben die rede; das eine
mal ist es eine feueranlegung, deren verderben aber leute
entrinnen : das andre mal ein mordlicher anfall, wo aber der
todeshieb nicht trifft; das dritte mal die anklage eines un-
schuldigen abwesenden vor dem könige (also in einer sache,
die an leben, freilicit oder ehre geht), wo aber die falsch-
hcit der klage sich erweist, der Wolfenbültler codex hat
dasselbe wort auch zu tit. xviii de inaleßciis § 2, wo davon
die rede ist dafs einer einen anderen durch ein maleßcium
' dafs die abthcilung so richtig ist beweist die glosse zu tit. x\
§ ! des Pariser codex, wo hloPs dcha stellt.
ZUR LEX SALICA. m)
verderben will, der dadurch bedrohte aber davon kommt,
hier ist das wort geschrieben sel-andoeffa. überall also in-
tendierte Vernichtung ; und diefs a/ideveva, andovevas, an-
doeffa ist nichts als andeha, was wir schon kennen, und hängt
mit deobhadh Vernichtung, Zerstörung, zusammen, der erste
theil des Wortes aber, seid oder sei, ist verwandt mit seolaim
anordnen, veranstalten, lenken, intendieren, dasselbe worl
begegnet in derselben bedeutung, Intendiertes verderben,
auch in tit. xxxi de elocationibas § 2 wenn einer einen men-
schen durch einen andern wegfangen lafscn will ; § 4 wenn
einer einen menschen durch einen anderen tödten lafsen will.
Ich denke, es wird dies einstweilen hinreichen zu be-
weisen, wie vollständig sich die malb. glosse zu tit. vii de
furtis avium mit hilfe des gälischen nach allen Seiten erklä-
ren läfst, und der gewinn den diese glosse für die deutsche
thiersage gewährt, wird, wenn auch klein, doch nicht zu ver-
achten sein.
3. nachträgliche ei nzel nhe iten.
Die Überzeugung dafs meine entdeckung, die malbergr-
sehe glosse sei in einem dem gälischen verwandten kelti-
schen dialecte geschrieben, richtig sei, anderen mitzutheilen,
wird wohl am geeignetsten sein, den theil der glosse zu be-
sprechen der die entdeckung herbeiführte, es ist tit. xvin
de homicidiis parvulorum § 2. si vcro fuerum criniium. sine
consilio aut voluntate parcntum tolondcrit (malb. schiiisara
chy^ogino). diese beiden worte der glosse fielen mir auf; es
war mir lächerlich dafs sie so gälisch klangen ; als ich sie
näher besah und nicht blos gälischen klang, sondern auch
ganz gälischc bedeutung fand, erschrak ich fast vor erstau-
nen : siosar heifst die schere, gi'og heifst das haupUiaar.
nimmt man an dafs dem substantivum siosar (spr. schiosar)
früher ein zeitwort siosaraim ich schere, ich schneide ab,
entsprach, so hiefsc sinsaradli (spr. schiusai'o) das abschnei-
den; und wir brauchen über den werten der glosse nur den
punct über dem i zu translocieren und statt schuisara viel-
mehr sehiusara clwogi/io zu lesen, so haben wir einen al-
terthümlichen, aber vollkommen gälischen ausdruck für Ab-
510 ZUR LEX SALICA.
schneiden des haupthaares ; denn dafs die alten keltischen
mundarten vollere, besonders vocalischere bildungssilben ge-
habt haben ist aus den aus dem alterthum bewahrten orts- und
Personennamen schon klar, ein genitiv chrogino für jetzi-
ges groig kann also nichts auffallendes haben ; schon des-
halb nicht weil die irländische und hochschottische spräche
nicht allein dem Schicksal ganz entgangen sein kann, was
seit abfafsung der malbergischen glosse alle anderen euro-
päischen sprachen mehr oder weniger gehabt haben, ihre vol-
len, vocalischen formen zu verlieren, sie einschrumpfen zu
sehen, das abschneiden des haupthaares in beziehung auf
eine puella wird § 3 genannt theoctklia^ dies hängt im er-
sten theile zusammen mit diotheach oder ditheach (spr. dio-
hach oder dihach) d. i. carens, indigens, wovon das ver-
bum diothachahn oder dithachaim, indigentcm reddere, ca-
rentem reddere, jyrivare. den zweiten theil des composi-
tums, sei er nun tidia oder idia, w^eifs ich zur zeit nicht zu
erklären; vielleicht hängt er mit tiddhle (glänzend, liebrei-
zend, angenehm) zusammen, und theoc-tidia bedeutet Raub
des (locken-)glanzes, des liebreizes,
Ein wort welches zeither alle ausleger aufserordentlich
geplagt hat ist vialacina. die auslegung dieses Wortes ist
aber höchst einfach, sobald wir festhalten, was ohnehin die
übrigen glossen bekräftigen, dafs in der malbergischen glosse
das c nie den laut z-^ sondern (wie in der angelsächsischen
und gälischen schrift) immer den laut k hat. vialacina ist
dann dasselbe wort mit dem gälischen bcalach, was in der
aspirierten, häufig in der rede eintretenden, form bhealach
(spr. wealach) noch fast ganz so lautet wie vialacina, nur
dafs auch hier eine vollere eudung, und wie es (nach der
analogie von chrogino) scheint, eine genitivendung das wort
schliefst, bealach heifsl jedes defile, jede enge passage,
Schlucht, hohlvveg, dann aber (und dies am allgemeinsten)
überhaupt strafse, weg. die stellen wo das wort begegnet
sind folgende.
Tit. XVI et XVII de super cenüs et expoliationibus. § 4.
si quis hominem, qui alieubi migrare disponit et deri-
gere habet praeceptuni regis, et si aliunde icrit in
mallum publicum, et aliquis extra ordinationem regis
ZUR LEX SALICA. 511
restare cum facil aut adsalire praesumserit ; — hiezu
die raalb. glosse : alac facis vialacina^ d. i. ealc, ma-
litiosus ; fogh der raub, der Überfall; '* in (präp. die
den genitiv regiert) ; und bealach der weg, die stralse.
es ist also zu schreiben alac faci* '* vialacina und
zu übersetzen Böswilliger anfall auf der strafse.
Tit. XXXIV de vialacina § 2. si vero mulierem ingenuam
de via sua ortaverit aut impinxerit — und dazu malb.
glosse urhi \s vialacina, — ferner § 4. si quis viam,
quac ad farinarium ducit, clauserit — und dazu malb.
glosse urhi 's vialacina, d. i. urhhaidh (spr. urwe)
bewachung, bewahrung, haft , 's in , und bealach die
strafse: haft, arrest auf der strafse. dieselbe glosse ist
(ohne zweifei durch blofses versehen des Schreibers)
auch in tit. xxv de furtis in rnolino commissis § 2 her-
eingekommen, die Wiederholung des Wortes farinarium
mochte den unkundigen dazu veranlafsen.
Ein wort welches ohne zweifei auch sehr dazu beige-
tragen hat die malb. glosse für der deutschen spräche an-
gehörig zu betrachten ist tit. iv de furtis ovium § 1 das
wort le?n zu ag/ius lactans; — allein das wort ist auch kel-
tisch, ja wahrscheinlich den Deutschen erst von den Kel-
ten zugekommen, denn im deutschen ist das wort lamm ein
völlig verwaistes,** im keltischen hat es noch lebendige, or-
ganische Verbindung, nämlich luim oder leim oder laiui heifst
in verschiedenen gälischen mundarten Die milch , und luim-
han, leimhan oder laimhan Das lamm, es ist als wenn wir
im deutschen sagen wollten Milcherchen, denn die endung
an giebt deminutivbedeutung. zu tit. v de furtis caprarum
§ 1 hat die malb. glosse ebenfalls das wort lamp zur bc-
zeichnung einer ziege. hier hängt das wort offenbar nicht
' J'aci oder foei ist die alte form, wie wir aus foci- ehalt, d. i.
schweineraub, sahen.
" gauz Uhiilieii verhält es sieh mit dem deutsehen werte Stute, in
unserer spraehe steht es verwaist da , im gälischen in organischer le-
bendigkeit: A7e?/rf heifst Schnell laufen, rennen; steudach schnell; und
steud oder componiert xtcud-eack ein rennpferd. dafs es im deutschen
für das weibliche pferd vorzugsweise gebraucht wird mag daher kom-
men dafs die alten Deutschen, gleich den Arabern, die sluten fiir schnel-
lere läufer hielten.
512 ZUR LEX SALICA.
mit dem subst. leim (spr. lern die milch), sondern mit dem
verbum lehn oder leum (spr. löm) zusammen, d. i. springen,
hüpfen, und ist eine poetischere bezeichnung der ziege, Der
Springer, die Springerin, am rande des cod. Fuld. fanden
sich die synonymen afrcs sive lamp-hebros vel pectis. hier
mufs man sich erinnern dafs das gewöhnliche gälische wort
zu bezeichnung der ziege gahhar (spr. gawar) ist, welches
mit dem angelsächsischen häfer und lateinischen capra iden-
tisch ist. in der mundart der malb. glosse erscheint nun die
anlautende gutturale geschwächt, die inlautende labiale ver-
stärkt, so dafs aus gabhar, hebros und in wahrscheinlich
anderer mundart aß'es geworden ist ; lamp - hebros ist spring-
bock, springziege. das wort pectis scheint verschrieben oder
verlesen; wahrscheinlich war eine s. g. angelsächsische
Schrift in dem codex von welchem der Fuldaer abgeschrie-
ben war oder in diesem selbst gebraucht; in diesen schrift-
zügen sind c und t so ähnlich dafs sie hundert Verwechse-
lungen erleiden, und so ist pectis für jjeccis geschrieben oder
gelesen, die Galen haben zur bezeichnung der ziege näm-
lich auch das wort poc, in obliquen casus und ableitung 7?o/c
oder pnic, z. b. das zicklein sowohl als das junge reh hei-
fsen puicean und puichiu. dieses puic (spr. byc) scheint in
peccis zu suchen zu sein.
In tit. VI de furtis camrni heifst es § 2 der lex sal.
emendata si quis — veltrem leporarium, qui et argutarii/s
dicitU7\ furatus fuerit vel occiderit. diesem paragraphen
entspricht im Fuld. cod. § 4 si vero argutario furaverit, da-
zu die malb. gl. chimno vatio, oder im Pariser cod. chuna
bana. offenbar hatte die windspielrace welche zum hascn-
hetzen gebraucht ward eine silbergraue färbe; denn ckuna
hana oder chunno vano bedeutet einen weifsen hund, von
cü (in den obliquen casus noch jetzt cui?i) der hund *; und
bän oder bäin weifs, in den aspirierten fällen bhÜ7i (spr.
wan). dadurch erklärt sich auch das lateinische wort ar-
gutarius, welches offenbar ein keltisches, in Gallien latini-
offenbar ist das n was die ohliqueu casus haben ursprünglich
auch am noiniuativ gewesen, und dieser lautete curt, dem xvojv, canis,
hund, entsprechend.
ZUR LEX SALICA. 513
sierles ist und mit gälischem airgiod, d. i. silber, zusam-
menhängl und silbergrau bedeutet.
Derselbe tu. vi de furtis canum gibt uns noch zu ei-
nigen anderen interessanten bemerkungen veranlafsung. der
§ 3 nämlich hat zu caneiii qui ligameyi noverit die glosse
theophano, d. i. von teud der strick, und fan bleiben, aus-
harren : der am stricke bleibende, am rande steht rcppo-
phano, von rop (in cas. obl. j^oip) der strick, nn^Jan:
der am stricke bleibende, merkwürdiger noch ist die glosse
zu § 2 si quis seg-usium magistrum canem furttverit (malb.
tro-widowano tuene chunne) und am rande ti^oci withier
cunni. wir können diese glossen nur erklären, indem wir
tit. XXXVI de vetiatio?nbus hinzunehmen, hier findet sich § 3
zu erläuterung der textworte welche einen hirsch angehen
qui ad venationcvi faciendam mansuetus factus est, die glosse
trowandio, im VVolfenbiiltler codex trovisido; § 4 zu einem
ccrvus alias domesiicus qui in venatione adhuc non fuisset
die glosse trowidio cham stala * und im Wolfenbüttler codex
Avieder trowisido ; am rande aber tvowido; endlich § 5 si
quis cervum lasswn, quem alterius cajies movenml et adlas-
saverunt, involaveril aut celaverit, wieder hiezu die glosse
trochwido.
Es ist deutlich, die reinste Schreibart ist trocwido oder
trochwido; die Schreibart tro-wido mag mundartliche Ver-
schiedenheit oder nachläfsigkeit des Schreibers enthalten ; tro-
vandio und trovisido sind Schreibfehler eines unkundigen,
denn wid ist genau das gälische j^ö^/ä (der hirsch, das wild,
wildpret überhaupt) in seiner aspirierten form fkiadh (jetzt
wich ausgesprochen, früher wohl wied"), der erste iheil des
compositi troc-, troch-, tro- aber ist einfach das adjectivum
dorch, doirch, dunkel**, was sich mit der übertragenen be-
chaui ist (las iriscli-gälisclie gan, scliollisch -gälische <^nn, d. h.
ohne ; und stala das gälisch«; stalac (ider stalc, welches jede listige
jagd hezeiciinel, das jagen mit dem schieTspferd, das Vogelfängen mit
dem netz, das lischeii mit der angel; daher z. h. stalcar der vogel-
Tänger. cham stala heilst Ohne jagd, qui in vcnationc adhuc non
fuisset.
" verwandt mit dem vvorte scheint auch dearg braunrolh, welches
Wort geradezu zu bezeichnung eines hirsches (der braunrothe) gebraucht
wird.
Z. F. D. A. II. 33
514 ZUR LEX SALICA.
(leulung Schlecht, übel, auch im gälischen in der Umsetzung
droch, droich zeigt; droch-fhiadli (spr. droch-ivieh) be-
deutet also ein dunkel-wild (wie wir sagen, roth-wild), be-
deutet einen hirsch : die randbemerkung froct-withier cu/ini
ist also hirsch -hund, Jagdhund auf hirsche, die glosse (ro-
ividowano tuetie ckunnc bezeichnet einen Suchhund , denn
tuinidhc (spr. tuinije) bezeichnet das lager des wildes ; das
worl kömmt von iuin welches im allgemeinen Aufenlhaltsorl
bezeichnet, leicht aber in der älteren mundart auch schon
die specielle bedeutung haben konnte die im heuligen gäli-
schen das abgeleitete tuinidhe hat; trowidowano scheint ein
von trowido abgeleitetes adjeclivum oder diminutivum zu
sein: trowidoivatio tuenc ist ohne zweifei das hirschlager,
und iroividowa/io tuene chnnne ein hirschlager- hund, ein
Suchhund.
Diese bemerkungen mögen einstweilen hinreichen die
entdeckung, dafs wir in der malbergisclien glosse reste einer
alten keltischen mundart die zur Römerzeil und in der er-
sten Frankenzeit in Nordfrankreich und Belgien gesprochen
ward zu sehen haben, zu beweisen, ungeachtet ich schon
fast über alle anderen einzelnen glossen in ähnlicher weise
auskunft zu geben im stände bin, beschränke ich mich doch
fürs erste auf obiges ; ein weiteres tieferes eindringen in die
geschichte und den jetzigen bestand der keltischen sprachen
wird mich hoffentlich in nicht zu langer zeit in den stand
setzen die entdeckung weiter zu verfolgen, und (was vor
allem noth ihut) das laulliche und grammatische Verhältnis
der malbergischen glosse zum gälischen bestimmter festzu-
stellen, historische ergebnisse schliefsen sich diesen sprach-
lichen Untersuchungen unwillkürlich an, denn es geht deut-
lich aus der beschaffenhcit der glosse in den verschiedenen
handschriften hervor dafs die abweichenden worte der ver-
schiedenen handschriften synonymen sind, woraus sich also
ergibt dafs die spräche noch in frischem reichthume lebte,
als diese glossen aufgezeichnet wurden, ferner die aufnähme
so vieler keltischer worle in den lateinischen text selbst,
namentlich bei Standesbestimmungen und bei grabheiligthü-
mern, beweist dafs das gesetz nur in einem locale zu stände
gekommen sein kann, wo Franken und Kelten schon längere
ZUU LEX SALICA. 515
zeit vermischt lebten, auch der name des Saliers selbst,
Francus Sah'gus oder Francus Salccus, erhält nun endlich
eine auf'klärung, denn dies Sa/igus oder Salecus entspricht
einem keltischen adjectivum welches marinus (von sal das
meer) bedeutet, die Franci Saleci oder Salici sind also
Frauci marini, meeranwohnende Franken, im gegensatze der
im binnenlande wohnenden, rifländischen Franken, der alte
name der Moriner (von inoir oder muii' die see) ist so auf
die Franken die sich in den niederländischen küstenland-
schaftcn zwischen Maas meer und kohlenwalde festsetzten
gewissermafsen übergegangen, wenigstens in einem synony-
men ausdrucke wiederholt und auf die Franken übertragen,
auch Dispargum wird nun wohl ein ursprünglich keltischer
Ortsname sein, Dise-barg, der glühende häufe, die rothe
aufschüttung, die rolhe schanze.
VORLÄUFIGE BEMERKUNGEN ZUR GRAMMATIK
DER MALBERGISCHEN SPRACHE.*
1, ab (oder ob)^ zeichen des infinitivs in der
nialbergischen glosse.
Die gälische grammatik führt ihre verba auf entweder
nach der ersten person des präsens im indicativ welche auf
im ausgeht, z. b. rnealaim ich betrüge, oder, und dies ist
ohne zweifei das richtigere, nach dem imperativ, z. b. vteall
betrüge du. das letztere ist das richtigere weil der impe-
rativ den stamm des Zeitwortes rein darstellt, in den Wör-
terbüchern pflegt zu dieser ersten präscntis oder zu diesem
imperativ dann das erklärende englische oder lateinische Zeit-
wort im infinitiv gesetzt zu werden, und das ist, da wir ge-
wohnt sind die verba so zu bezeichnen, für uns ebenfalls
das passtMulsle und hat nichts störendes für den der das sach-
verhältnis kennt, den gälischen infinitiv anzuführen hat be-
denken, da er durch aspiralion des anlautenden consonanten
sehr oft eine vom vcrbalstamm etwas abweichende bilduug
' [Halle 1842. in 25 cxemplaren gedruckt.]
33*
516 ZUR LEX SALICA.
hal; er besieht nämlich aus derselben form die auch zur bil-
dung der participia des aclivs gebraucht wird und unterschei-
det sich von diesen nur durch die verschiedenen vor die
form gesetzten parlikeln: ag^ mealadh heifst Betrügend, iar
mhealadh heifst Betrogen habend, do mhcaladh oder a mhea-
ladh aber heifst Betrügen.
Nun ist ganz deutlich, auch die malbergische glosse be-
zeichnet ihre infinitive, wo deren vorkommen, durch eine sol-
che vorgesetzte partikel, bildet also (mit ausnähme der aspi-
ration oder mortification, die ohne zweifei in der malbergi-
schen spräche geringere ausdehnung hatte als im gälischen)
den intiuitiv ganz dem gälischen analog, wie sofort beispiele
zeigen werden, gleich die erste glosse ist ein Infinitiv :
tit. I de manire § 2 findet sich in der Wolfenbüttler hand-
shrift zu dem latinisierten viallare (von inol die Versamm-
lung; versammeln, zur Versammlung aufbieten) die glosse ah
iena. ah ist infinitivzeichen ; tena ist dasselbe mit, oder
vielmehr der einfachere stamm zu dem schottischen teanail,
irländischen tional, tionadh, versammeln, zur Versammlung
aufbieten, englisch summo?i (wälsch dyiinau spr. deönaii ver-
einigen).* eine ähnliche infinitivische glosse haben wir tit. xv
de eo qui uxoreni tulerit alienam vivo marito: da steht
' die alle irische form ist teaina (spr. theiia)^ wie man aus Fiechs
lied auf den heil. Palricius str. 24 sieht,
Lassias immidne imhai
Asan teaina d galastar.
Er leuchtete (entbrannte) lieblich in wohlwollen
Wo er versammelte schüler.
O'Conors Übersetzung dieser einfachen stelle, die aus nichtberiicksich-
tigung der noch im schottischen glilisch vorhandenen reste der alten
spräche und aus dem bestreben eine Wiederholung des mosaischen Wun-
ders vom feurigen busche in des Patricius leben zu bringen hervorge-
gangen, enthält die wunderlichen worte exarsit rubiis in quo erat, ibi
iniscuerunt colloqitiam . doch will ich mich durch diesen tadel nicht
ähnlicher sünde schuldig machen als andere an mir früher in beziehung
auf nicht ganz richtig behandelte schwierige alte angelsächsische ge-
dichtstellen begangen haben, wo alle noch schüler sind hat jeder dank-
bar die bemühungen des Vorgängers anzuerkennen, das richtige dersel-
ben als gewinn einzutragen, und wo er auf falsches stöfst, es durch
die Schwierigkeit des gegenständes zu entschuldigen, vor allen dingen
aber nicht zu vergefscn dafs ihm des Vorgängers bemühungen bis auf
ZUR LEX SALICA. 517
uämlich in § 1, der eiue solche ran-away-match behan-
delt, zu den lateinischen worlen si quis uxorem alienam
vivo marito tulerit die glosse ahtica oder in dem Pariser
codex abteca ; die Unsicherheit zwischen z' und e beim stamin-
vocal deutet schon an dafs wir ein gälisches ei zu suchen
haben ; nun heifst teich (altcrthiimlich miiste der zu diesem
stamm gehörige inßnitiv a theachadh lauten) auch würklich
Er lief davon, he mm aivay : es ist also abzulhcilen ab teca.
bretoiaisch heilst tccha noch Davonlaufen. — tit. xliv de
homic. ingen. § 3 heifst es si quis komi/iem in puteum aut
in vipida iactaverit: dazu die glosse chalip sub dupio oder
im Pariser codex challis ob duplio. es ist beides ein wenig
verderbt, wenigstens die buchstabentheilung des ersteren; es
mufs heifsen chalips üb dupio, und itb steht falsch für ob;
es ist nämlich wieder infinitivpartikel, denn dub heifst gä-
lisch Untertauchen; also malbergischer infinitiv ob dupio;
und chalips ist ein adverbium welches dem gälischen adje-
ctiv galba (stark, gewaltsam) entspricht.
Tit. xLii de plagiatoribus handelt von sklavenverfüh-
ruugen, auch vom sklavenstehlen ; § 1 hat zu den Worten
si quis mancipia aliena soUicitaverit die glosse theulasina
oder theolasina ; dies wort ist ein compositum und entspricht
dem gälischen dao oder daoi (schlecht, gemein, verworfen)
und lasan (die entflammung, die leidenschafl). statt dieses
Wortes, wodurch das verlühren, verlocken der sklaven eines
fremden herrn gebrandniarkt wird, hat der Wolfenbütller
codex einen inlinitiv, oh sculte d. i. sgoilt abreifsen, ab-
splittern, abschlcifsen. als ein absplittern wird es bezeich-
net, wenn einer einen sklaven zur untreue gegen den herrn
verleitet.
Wenn anders die cndungen richtig behandelt sind, ha-
ben wir also sehr unter sich verschiedene inlinitivendungen,
tena, tica^ dupio, sculle ; das entspricht auch wieder ganz
der gälischen spräche, in welcher allerdings die meisten,
aber keinesweges alle Infinitive auf adh (spr. o) ausgehen,
sondern sich bei einzelnen verbis die verschiedenartigsten
einen gewissen grad den pfad gebahnt und die entdeckung des unrich-
tigen darin erst erleichtert haben, ohne O'Conor wäre mir die ganze
Untersuchung unmöglich.
518 ZUR LEX SALICA.
infinitivendungen linden. * die vorgesetzte partikel ist es
welche sie characterisiert.
Dieselbe verbalform welche den infiniliv und die parti-
cipien des activs hergibt dient (ohne aspiration des anlauten-
den consonanten, wie diese ja auch beim partic. präsentis
fehlt) zugleich als Verbalsubstantiv : mealadh heifst Das be-
trügen, solche substantiva verbalia finden sich nun auch in
menge in der malbergischen glosse ; sie gehen (grofsenlheils
wie der infinitiv) auf a oder o aus, und o ist auch die aus-
spräche der jetzigen gälischen silbe adh, wenn sie das wort
schliefst, man sieht daraus dafs hier dem aspirierten d nie
ein würklich vorhanden gewesenes </, wie in anderen fällen,
entspricht, sondern dafs dieses adh rein eine orthographi-
sche figur ist, zu bezeichnung eines lautes den man sonst
nicht wohl erreichen konnte (den das wälsche auch blofs mit
vocalen schreibt) : denn das o welches durch adh ausgedrückt
wird ist nicht rein, sondern zwischen o und u und wird hie
und da als u ausgesprochen, die altirländische spräche noch
schreibt für dieses adh zuweilen blofs a, wie z. b. den in-
finitiv consena in Fiechs altem liede auf den heil. Patricius
(str. 14) und andere beispiele (wie ardriaghla für ardriagh-
ladh in v. 88 des gedichtes A colcha Albain uile; auch
der oben angeführte infinitiv teaina, den ich freilich so ge-
schrieben nur in einer note gefunden habe und der also in
dieser gestalt, statt teainadh, auch neuere formation sein
könnte, aber dann doch voraussetzt dafs er nach anderen
dem autor bekannten ähnlichen formen gebildet sein mufs)
aus den aller ältesten irländischen Schriftstücken beweisen.
* im wälschen ist es ganz eben so ; primitive substantiva können
in ihrer eignen form auch als verbalstämme behandelt werden, z. b.
bod das wesen und bod sein ; diese fälle ausgenommen werden die ver-
balstämme aus Substantiven oder adjectiven so gebildet dafs sie einen
vocalischen verbalauslaut als infinitivzeicheu erhalten, z. b. car der
freund, caru lieben ; dmvd ein depositum, dodi deponieren ; daivn die
gäbe, rfowiV/M begaben ; e«M'g- der lachs, eoea lachse fischen, lachsen ; —
diese vier vocalausgänge a, i, aw und u bilden alle formell abgelei-
tete infinilive (bis auf gewisse ganz specielle bedeutung habende verba
mit consonantischen ausgingen), wie wir in der malb. spräche die vo-
calischen ausgänge a, e und io sehen, auch im wälschen tritt gern ein
partikelhafles « oder y vor den infiniliv, doch braucht man es nicht
zur grammatischen bezeichnung.
ZUR LEX SALICA. 519
Um beispiele solcher verbalsubstantiva aus der malber-
gischen glosse zu geben, führen wir nur folgende an.
diba, (loba, debau, doeffa, dei'cva, die Zerstörung; gäl.
diobhadh und deabhadh (spr. diüiro und deivo). (die
vielen formen des Wortes sind wie noch im brel. zu-
gleich ta?'/, tarv, taro, terff\ ferr, der stier).
brio-rodero der finger welcher beim bogenspannen zum
pfcilhalten dient (quo sagittatur) ; gälisch briogh (spr.
bri oder hn'o) die kraft, hauplsubstanz ; ruadharadh
(spr. ruajavo, ehemals wohl ruadaro) das fechten;
kraft, hauptsubslanz des gefechtes (oder ist der letzte
theil des Avortes hier participisch, Mit kraft fechtend?).
scuto, eoocuto, sehoto, wenn vieh gepfändet wird und je-
mand unternimmt es dasselbe aus dem pfändungsarrest
eo'pellere mit excutere; gälisch sgudadh das heraus-
hauen (excutcre), von sgiid heraushauen.
schuisära (für schiusära)^ indem es einem supponierten al-
ten gälischen siosaradh eutspriclit, gehört ebenfalls hie-
her. Das abschneiden mit der schere.
murdoy rnusido, musedo, mosedo, raubüberfall ; gälisch
murtadh, mortadh, das morden (die formen mit s sind
wahrscheinlich verschrieben; es bliebe sonst keine ab-
leituug übrig als von mus^ d. i. nimis, und eadaich
verslohlne dinge treiben, was docli zu gezwungen er-
scheint).
meledeno der kleine finger; gälisch meall gut, und taoin-
ncadh das lockenmachen, kräuseln : der finger, der zum
lockenmachen gebraucht wird (ist wohl hier entschieden
participisch Gut locken machend).
minechhhio der kleine finger; gälisch min niedlich, und
glanadh oder glaineadh das reinigen, das sichschmuck-
machen (ist wohl auch participisch. Der niedlich schmük-
kende).
Vielleicht nimmt mancher unserer leser an crklärungen
wie die der Wörter brio-rodho (kraft des gefechtes), viele-
deno (gut- locker), mine-chUhw (niedlich -schmücker), als an
zu gesuchten künstlichen Wendungen anstofs; gerade aber
diese ausdrucksweisen sind ganz in kellischer rede gegrün-
det, die überall wo sie nachdrücklich, solenn oder poetisch
520 ZUR LEX SALICA.
darstellen will zu solchen compositis ihre Zuflucht nimmt,
altgälisch z. b. heifst dal oder data eine Versammlung, Ver-
einigung, hrio-dal (eigentlich Kraft der Versammlung, Sub-
stanz der Vereinigung) heilst aber captatio henevolentiae,
Schmeichelei, artigkeit; /e//r heifst gras, min-fhcur (eigent-
lich Niedliches gras) bedeutet aber die binse. in älteren wäl-
schen gedichten nun vollends ist dieser art Zusammensetzun-
gen kein ende, man findet eine kleine Sammlung von bei-
spielen solcher compositionen in Owens grammatik s. 27ff.,
und diese entfernt die sache nicht erschöpfende Zusammen-
stellung zählt doch 170 beispiele. viele keltische thierna-
men sind so gebildet.
2. der malberg^ische artikel a, o oder an ; das
malbergische präteritum durch die partlkel de
gebildet.
Der gälische artikel lautet im masculinum an oder am,
im feminin ati oder a""; nämlich die form w tritt vor labialen
ein, die form «' überall vor aspirierten consonanten (mit
ausnähme des fh) und da im nominativ nur feminina im an-
laute mortificiert werden, kann auch nur im feminin die form
«* als nominativform angegeben werden.
In der malbergischen glosse kommen die beiden Wort-
verbindungen vor, ff ba zym pedero die kuh (oder allge-
meiner das rind) mit einem kalbe , und o ho sino das äl-
tere rind (denn ba oder ho heifst gälisch das rind, gewöhn-
lich specieller die kuh, haothair das kalb und seine älter;
welches letztere Avort in oh seno d. i, agh seine nochmals
begegnet und eben in dem schwanken des vocals, sejio, sino,
auf gälischen stammvocal ei deutet), in diesen beiden Wort-
verbindungen ist a oder o deutlich der artikel.
Das wort anhunerbo, womit das gewaltsame fortschaf-
fen eines pfluges vom acker bezeichnet wird, scheint eben-
falls in mehrere Wörter {an hun erho) zu zerlegen, es kommt
öfter vor dafs malbcrgisches h ein gälisches g ersetzt, wohl
weil doch die sonst gewöhnliche Schreibung des ch für gäli-
sches g in manchen fällen eine zu starke gutturale audeu-
ZUR LEX SALICA. 521
lete, oder aus uachläfsigkeit, iodeni eiu c vor h vorweisen
ward, so z. b. hoc her (wahrscheinlich verschrieben für
Jer, oder absichtlich um den milderen laut des mortilicierten
f in fhear auszudrücken) jtaan de escrippas d. i. gach (jeder)
fhear (mann) bami (gesetz, band, gesetzlich gebundenes,
tetitum), da (partikel welche das prüteritum bezeichnet)
sgj'iobas (prüteritum* von srgr/'oö, furchen, pflügen), — die
ganze redensart heilst also Jeder mann welcher** gesetzlich
gebundenes (d.h. anderem gesetzlich gehöriges) pflügte; und
sie findet sich im Wolfenbütteler codex tu. xxvi de furtis
diversis § 21 zu den lat. Worten si quis campo alieno ara-
verit. aufser dem dafs wir aus dieser redensart sehen dafs
die bildung des präteriti im malbergischen der im gälischen
ganz analog war (nur dafs de statt da steht, wie jedoch zu-
weilen auch im allen irländischen der fall ist, z. b. die form
de chaidh in dem gedieht Eirc ogh ims ?ia naoimh v. 148
und de iainic v. 140. ebenso de taiiiic a thiugbas, es kam
sein ende, in dem fälschlich Oissin zugeschriebenen, bereits
im 14n Jahrhundert aufgezeichneten gedichte welches O'Co-
nor (i, 1 s. cxxiii) aus einer bodleyanischen handschrift
herausgegeben hat), geht daraus auch hervor (indem hoc für
gach steht) dafs malb. /* für gälisches g stehen kann.**'
' diese form ist freilich nur allirliindisch ; das aber ist im vorlie-
genden falle noch beweisender, die graininaliker geben sie bloPs in der
ersten person ; die zweite hat nach ihnen sgriühais, die dritte sgriob
(neuerdings sgriohh), allein wahrscheinlich hat die abschwächung bei
der drillen angefangen; jetzt lauten alle drei personen sgriobh und
werden nur durch pronomina unterschieden, dafs sie wohl auch für
die drille person slalthafl sein kann bewrist Fiechs altes lied auf den
heil. Patricins n" 14 (O'Conor scr. Ilio. vol. i in proleg. s. xcii), wo die
form pritchais (er predigte) begegnet, und anderwärts leghais, lassais,
ariais u. s. w. im wälschen ist es ganz so, viele präterita gehen in
erster person auf ais, in dritter auf acs, as, es aus.
*' mit dem relativum ist das gälische in ähnlicher Verlegenheit wie
unsere ältesten deutschen mundarlen ; die s. g. relativen pronomina
sind im gründe bloPse pai'likeln ; oft wird die rclation durch einen be-
sonderen modus des verbi ausgedrückt; zuweilen wird sie nur verstan-
den wie in gewissen fallen im englisclien.
* * " bei der Schreibung haroioeno oder haroeno für charowsno, c/iae-
roeno, chereno (raubnahme) tritt derselbe fall ein, denn das wort kommt
von gabli (spr. gah, d. i. nehmen) und rohainn d. i. raub, im wäl-
schen stehen meist labialen an der stelle gälischer gutturalen ; da hcifsl
522 ZUR LEX SALICA.
einige andere beispiele kommen zu hilfe. nehmen wir nun
dies hz=i g an, so steht hun für goht, das stolsen, schla-
gen ; erbo hängt auf jeden fall mit ar ackern (wälsch aru),
arbhar die saat, airbhrc die saat (im walschen erw das
ackern und der acker) zusammen und mufs entweder einen
pflüg, einen ackersmann, oder das saatbestellen bedeuten,
denn zu den Worten an hun erbo im tit. xxvii der herold.
ausgäbe de furtis ditersis § 20 gehören die lateinischen worte
st quis vero de campo alieno aj^atniin anteortavicrit mit ja-
ctaverit; also bedeutet die glosse entweder Das wegstofsen
des pfluges, oiler Das wegstofsen von der saatbestellung;
auf jeden fall scheint an der artikel zu sein.
3. von der Formation des pliirals der nomina in
der malbergischen spräche.
Wir haben einige glossen unter den malbergischen wel-
che offenbar pluralformeu darstellen, einmal haben wir auch
den Singular dazu, nämlich bei dem worte ehalt (das schwein,
in specie die sau), den singular sicher in den glossen vara
ehalt (todtes schwein), drace ehalt (der sau entwöhntes
schwein), foci ehalta (raub des Schweines), den plural in
der glosse {tit. ii de furtis poreorum § 10) in zym i sexa
ehaltet eepto tua septun chunna. diese glosse gehört zu den
Worten si quis tres porcos aut amplius furaverit usque ad
sex capita denar. mcccc qui Jaciunt sol. xxxv. das wort
zym (habe ich anderwärts erwiesen*) heifst Zusammen, mit.
das wort is mufs, wie ich ebenfalls dargethan habe, in be-
ziehung auf feminine subjecte suus, sua, suüm, oder viel-
leicht ursprünglich (da im gälischen alle pronomina possessiva
genitive der personalia sind) eiusdevi, earundem bedeutet ha-
ben, das s in diesem woi"te is gehört aber der emphatischen
form an {i-si gülisch eadeni, dagegen / nur ea). das ein-
fache possessivum lautete also wahrscheinlich für das femi-
nin i im singular, und wohl auch im plural." im cornischen
also »las malbergisclie hör, giilische i^acli (oder allere euch), nun pub
uud paivb.
zeilscliriri lür deulselies alterllium 2, 159.
' " (loch könnte ohige glosse vielleicht auch zu sdireiben sein in
ZUR LEX SALICA. 523
heifst suus, suo, suum für den singular femininer subjecte
denen etwas angehört einlach /, im plural gef, aber das g
ist hier keine gutturale, sondern nur leise aspiration, so dal's
also auch hier (wie bei dem gälischen a der fall ist) Singu-
lar und plural fast gleich lauten, das wort in bedeutet wohl
Bis : es ist das um so wahrscheinlicher, da selbst das viel-
fach durch malbergismen corrumpierte latein der lex salica
das wort m in diesem sinne gebraucht, z. b. im Wolfenbut-
teier codex tit. IV de ovibus furatis § 3, wo von diebstählen
in beziehung auf vervices die rede ist, certe si in (res mit
ampliiis fin^averit d. h. wenn er aber bis drei oder noch
mehr gestohlen haben sollte, die worte in zym i sejca ehal-
tet bedeuten also Bis zusammen deren sechs schweine. —
dieser plural ehaltet kdiun nichts befremdendes haben bei ei-
ner keltischen mundart in Gallien, da auch noch jetzt im
bretonischen aufser anderen gerade die Wörter welche thiere
bezeichnen ihren plural auf ez, oz oder ed bilden.* wir ha-
ben also den singular im nom. ehalt, im gen. ehalta, im
acc. wahrscheinlich wie im gälischen dem nominativ gleich,
den plural im nom. und auch wohl im accusativ ehaltet.
Die folgenden worte cepto tua septun chiinna beziehen
sich auf den betrag der bufse. cepto ist gälisches gabhta,
das heifst eigentlich Genommen, dann aber Verpflichtet, in
anspruch genommen (ingaged). septun ist gälisches seach-
duin, nach einem feststehenden, grammalisch längst zur evi-
denz gebrachten lautwechsel dem zu folge in vielen fällen
das gälische an die stelle des /; verwandter dialecte ein c
oder ch setzt; seachduin heilst eine siebent, z. b. eine sie^
beut von lagen, eine woche ; dann überhaupt jede siebent,
das wort chunna ist gälisches enignear'"' d. i. fünf, wie eine
Äy/M is sexa ehaltet u. s. w., iiulcin nach di-iii klang die wiirti'r ge-
schrieben worden wären und so in den beiden Wörtern is sexa bei
verschleifender ausspräche nur das eine .9 getiinl hätte.
* auch im wälschen bilden die Wörter welche lebendige wesen be-
zeichnen ihren plural gewöhnlich auf ed.
" ich bemerke hierbei dafs nn (oder ml, denn so wird in altereu
gälischen Schriften h« unAählliche mal bezeichnet) und gn oder ///* und
ugh in fast allen keltischen dialecteu einander sehr nahe, oft zum vor-
wechseln nahe liegende laute bezeichnen, für welche unser deulsi^hes
aiphabet, da die deutschen sprachen die laute nicht haben, auch keine
524 ZUR LEX SALICA.
andere glosse noch deutlicher beweist, septun chunna sind
Fünf siebente, also fünf und dreifsig. im tit. lxxx werden
die bufssätze erläutert, bei dieser erläuterung mufs die ein-
heit nach welcher gerechnet wird ein halber solidus sein,
denn septun chunna (eigentlich 17^2 sol.) wird im gericht
für 17 sol. gerechnet*, und thue septen chunna (das ist das
tua septun chutma der glosse die wir eben erläutern) be-
deutet Zwei mal fünf siebente halber solidi, also 35 ganze
solidi; sexan chunna (d. i. fünf halbe duzende halber solidi,
fünf sechsenle halber solidi) sind 15 ganze solidi. ein sol-
ches halbes duzend (eine sechsent) scheint auch ivalt** zu
heifsen, thue walt chunna ist die doppelte summe von sexan
chunna. — genug, die worte cepto tua septun chutma be-
deuten entschieden In anspruch genommen zu zweimal fünf
siebenten, nämlich halber solidi — das ist zu 35 sol., wie
der lateinische text hat.
Auch analoges mit dem bretonischen plural der bezeich-
nungen der thiere auf es oder oz bietet die malbergische
glosse. zu tit. V de furtis cafrarum § 1 (welcher lautet si
quis capram unarn, duas vel tres furaverit) hat die herol-
dische glosse das wort lamp, von welchem wahrscheinlich
ist dafs es eine ziege und zwar als springendes thier be-
zeichnet ; denn es kommt wohl vom gäl. leum (wälsch. llam)
springen, indem die vocale eu und ea mundartlich und hie
und scheinbar individuell willkürlich in dem stamme einer
menge gälischer Wörter wechseln; so findet sich z. b. fast
ebenso oh freumh (die wurzel) geschrieben als freamh. bei
dem worle leum ist allerdings jetzt die Schreibung leam
nicht gewöhnlich, aber nur um die Verwechselung mit der
contrahierten form leum (d. h. mit mir) zu vermeiden, am
rande nun findet sich zu dieser glosse lainp noch der zusatz
qfres sive lamphebros vel pectis. nun heifst gäl. gabhar
(wälsch. gavyr) sonst die ziege; da ich anderweitig darge-
bezeichnung bielel. das polnische alphabet allenfalls liefse darch n und
ng näher kommen ; doch ist das ng zu hart, nicht glatt genug.
* wahrscheinlich ist die bezeichnung eines halben solidus in der
lat. erklärung nur durch nachläfsigkeit eines Schreibers ausgefallen.
** dieses iralt ist die aspirierte form des gälischen halt {bhalt)
d. h. zusammcnfarsuog, einfafsung, rahmeu, rand, zahlbrel.
ZUR LEX SALICA. 525
than habe dafs malbergischcs h oft gälisches g ausdrückt,
so haben wir als beuennung der ziege ohnehin habar oder
havar zu erwarten, und hcbros scheint nur ein plural von
habar, was vielleicht auch hebr oder habr lautete ; afres
ist mundartlich verschieden mit mortificiertem anlaut*; ganz
wie das wälsche neben gavyr die form evyr hat. dafs das
gälische bh, wälsche v, hier durch b und /' neben einander
ausgedrückt ist ist nicht zu verwundern, denn keiner von
beiden lateinischen buchstaben drückt den keltischen laut bh
oder V aus, der, ungefähr dem englischen v gleich, zwischen
beiden in der mitte liegt, pectis ist entschieden für peccis
verlesen oder verschrieben, was bei s. g. angelsächsischer
Schrift des mittelalters sehr nahe liegt, wie hebi^os oder ofres
plural ist von heb?' oder afr, so ist peccis plural von poc,
welches im gälischen in den abgeleiteten casus seinen stamm-
vocal in oi oder tii wandelt (also poic oder puic), welcher
gälische (scheinbare) diphthong oi im malbergischen immer,
und ui wenigstens sehr oft, durch e dargestellt wird, hcbros,
afres und peccis sind nun offenbar solche plurale, wie sie
die Bretonen bei den namen der thiere bilden auf oz oder
es. der vocal der endung wird ein kurzer, halbverschluck-
ter gewesen sein, wie noch zuweilen in den flexionssilben
im gälischen der fall ist. jetzt hat sich dafür eine bestimmte
Orthographie festgestellt ; bei dem aufnehmen des Wortes blofs
durch das ohr mochte mau zweifelhaft sein ob man os, es
oder is zu schreiben habe.*'
dafs die Kelten der Roinerzeit die mortification des anlautenden
consonanten in ihrer spräche halten, sieht man deutlich aus dem vor-
kommen doppelter formen von eigennanien der Völker, von denen die
eine die mortificierte form darstellt, z. b. Suessones und Uessones,
Tectosages und Aegosages u. s. w.
** solche Unsicherheit des vocals in der endung könnte manchen
befremden, allein es lafsen sich aus den noch lebenden, sogar zu dem
besitz einer literatur gediehenen keltischen mundarten unzähliiche ana-
logien anführen, statt vieler nur eines: die endungen der In, ;2n und
3n pluralis des impcrfects der s. g. derivativen verba im fälschen
schreiben die einen -etil -ech -ent; die anderen -yin -yck -ynl; die
drillen -om ■ och 'Ont. — e und i wechseln in denselben endungen
im wülschen häufig, in alten gälischen Schriften ersetzen sie einander
überhaupt, wie es mit e und y im wälschen noch jetzt fast ist.
526 ZUR LEX SALICA.
Indessen so allgemein ^\ie im bretonischen kann die er-
scheinung consonantischer pluralbildiing bei den bezeichniin-
gen der thiere im malbergischen nicht gewesen sein, denn
es kommen ganz entschieden auch vocalische pluralbildungen
vor, z. b. die schon früher bei einer anderen gelegenheit *
besprochenen wörler ßt miha chunna (zwanzig schweine fünf)
enthalten den plural miha schweine (verwandt dem gälischen
inuc das schwein, viuic in obliquen casus, iniican im plu-
ral).** einen anderen vocalischen plural bei einer thierbe-
zeichnung bietet nur scheinbar die Übersetzung von vervices
in der glosse der heroldischen ausgäbe tit. iv de furiis ovium
§ 3, welche \?i\\iti feisfecho et fetischefo. das letztere worl
halte ich für verschrieben statt fetisfecho; die glosse will
offenbar zwei formen, zwei aussprachen eines und desselben
Wortes geben; liest man Jcisfecho et Jet/sfecho, so ist auch
offenbar nur dasselbe wort wiederholt, einmal mit wahrge-
nommener mortification des t, das anderemal ohne dieselbe,
im gälischen heilst Jeithis sowohl In eine herde vereinigen,
als Eine herde hüten ; daher fets die Vereinigung, Versamm-
lung, herde ; feitidhe das herdevieh ; faich aber heilst Das
offene feld, die wiese, die weide, die bedeutung also von
feisfecho sowohl als von J'etisfecho ist Herde des feldes,
' Zeitschrift für deulsches alterlhum 2, 163. sollte jemand austoFs
daran nehmen dafs hier zwar in gälischer weise das Substantiv, zu dem
die zusammengesetzte zahl gehört, zwischen die beiden theile der zu-
sammengesetzten zahl (20 und 5) gesetzt, aber die gröfsere zahl und
nicht, wie im gälischen, die kleinere vorangestellt ist, so verweisen
wir ihn auf das wälsche, wo diese Stellung wie in der glosse vor-
kommt, in zwei stellen eines alten gedichtes findet sich sogar im gä-
lischen diese Stellung, nämlich v. 289 des gedichtes Eire ogh inis na
naoimh liest man in einer handschrift Fic/ic air cliiiig, in der anderen
Ficlie as cuig i jenes bedeutet Zwanzig zu fünf, dies Zwanzig und fünf,
und V. 347 desselben gedichtes steht xl ar cett tri, Vierzig zu hun-
dert und drei.
* ' das entsprechende wälsdie wort tnocli sollte im plural mych
haben , wenn es selbst ein reiner Singular wäre, d. h. ein einzelnes
schwein bezeichnete ; es bezeichnet aber die gattung schwein, und hat
keinen numerus (aufser wenn etwa einmal von mehreren schweinegat-
tungen die rede w äre) , sondern wenn ein einzelnes schwein bezeichnet
werden soll, wird die diminutivform gebraucht, mochyn. mycli ist der
inall)ergischen form miha nahe genug.
ZUR LEX SALICA. 527
speciell auf scliafe bezogen, wahrscheinlich halten schon die
Kelten ähnliche Verwendung der ausdrücke die ursprünglich
eine menge überhaupt bezeichnen für bestimmte gattungen
von gegenständen, wie wir sie auch haben in Kudel hirsche,
schwärm bienen, flug tauben, volk hühner, karlel genisen
u. s. w., und wie ich auderwärls* gezeigt habe dafs ruta
die herde vorzugsweise bei ziegen zu bezeichnen und jede
anzahl von mehr als drei ziegen zusammen zu heil'sen scheint,
so mag sich /eis oder fctis specieller auf schafe beziehen
und jede anzahl von mehr als drei schafen bezeichnen, der
W olfenbüttler codex hat auch nachher zu § 5 um eine Schaf-
herde zu bezeichnen einfach das worl Jcto und der Pariser
codex verschrieben dafür f'veto. hier ist also der plural nur
scheinbar, zu bemerken ist hiebei noch dafs wenn felischejb
nicht verschrieben sein sollte für fetisfecho, es dann nach
andeutung der Pariser (im ersten theile des Wortes entschie-
den verschriebenen) handschrift frettis chaeto (für fetus-
chaeto) wenigstens in dem zweiten /' verschrieben oder ver-
lesen sein mufs für J'efis-cheto d. i. herde schafe, denn catt/t
ist ein gälisches wort welches ursprünglich milch, milchrahm,
dann aber zuweilen auch ein schaf bedeutet, also Jetis-cketo
herde der milch, oder herde der schafe.
4. die malberg-isclicn Zahlwörter.
Die zahl eins kommt in der glosse dem lateinischen so
gleichlautend vor dafs man sie bis jetzt immer für das la-
teinische Zahlwort gehalten hat. sie lautet wmm, wie noch
jetzt im bretonischen unun (in Vannes uno/i), und im wäl-
schen un, im gälischen aon und eiin. zwei kommt nicht
vor, sondern nur zweimal oder zweifach, und dies licifst
malbergisch (in tit. ii) tun oder (in tit. lxxx) thiicwi', thue,
tJiu. vielleicht ist die cardinalzahl dasselbe wort, drei kommt
nicht vor; vier begegnet wohl, wovon aber weiter unicn.
dagegen fünf begegnet oft; immer lautet es chiinna (gälisch
cuigncar). eine fünft (anzahl von je fiinfeii) scheint cunih
zu heifsen, dem Pariser codex {tit. c) zu folge, wofür der
heroldische codex (///. lxxx) sundc verschrieben oder verlc-
* zcilschrilt für deutsches allei'lhuiu 2, 103.
528 ZUR LEX SALICA.
sen hat. sechs lautet sexa (die sechsent ^e^?««,« wenigstens
die pluralform ist so), wie wir anderwärts erwiesen, die
siebent lautet septmi oder septeiii also sieben wohl septe.
acht kommt in tit. lxxx vor, acto (actotelus chunde oder
acto et usunde, beides wohl für acto tetus cunde : achtmal
zehn fünften, nämlich halber solidi, d. i. 400 halbe oder 200
ganze solidi). die neunt heilst we^ oder ne (theiiwe net chiinna,
theive ne chunna für thueive ne chunna d. i. zweimal fünf
neunten, nämlich halber solidi d. i. 45 ganze sol.); dies 7iet
oder 7ie entspricht ganz dem gälischen two, naoi (spr. nö)
neun, zehn scheint tetus (was vielleicht für tecus verschrie-
ben oder verlesen ist) zu heifsen in der schon angeführten
glosse ; einigermafsen analog ist das gälische deich, noch nä-
her das bretonische decg.
Nun erst nachdem wir die bedeutung von cunde (die
fünft)* festgestellt, können wir auch von der vier reden, sie
lautet malbergisch (dem bretonischen pyder analog) ßtter ;
nämlich die glosse ßtter tius chunde oder ßtter nu cunde
scheint verschrieben für ßtter ticus oder ßtter tecus cunde
d. i. viermal zehn fünften, nämlich halber solidi oder 100
ganze.
Nun nachdem wir die ersten zahlen, unum, tua {thue),
drei fehlt, ßtlir, chunna, seocn, septe, acto, ne (?iet), tecus
(tetus), leidlich festgestellt haben, können wir den tit. lxxx
der heroldischen ausgäbe oder tit. c des Pariser codex im
zusammenhange erläutern.
' solche subslantivisciie zahlausdrücke sind auch ganz altirliindi-
sche sitte ; öfter kommt iu den allen gedichten statt Zwei (da) vor
Ein paar {dias), statt jNeun (nao) Eine neunt {naonmhar und naonar),
statt Acht {oc/id) Eine acht (orhtar) u. s. w. — auch die rechnungs-
art ist durchaus gälisch, und iiöhere zahlen werden sehr häufig nicht
durch additions-, sondern durch multij)licationsausdrücke bezeichnet,
so um nur einige beispiele sofort anzuführen : in Eh'e ogli in/s na
naoimk findet sich v. 299 die zahl ceathrar ix bhßchit d. i. qiiatuor
et novics viginfi, 4 -f (9X20) r= 184. ebendaselbst v. 279. 280 die
angäbe Da blladhain ier s in vii n deich 0 ecc Maelscchlainn siiaich-
nidli, zwei jähre nach diesem und siebenmal zehn (72), vom todeMael-
sechlainns des hervorragenden, ebendaselbst v. 343 u. 344 in einer
Variante Seacht mbliadlina seacht moghad oll Jgi/s ciiice cell gan
iomrall, sieben der jähre sieben male zelin und fünf hundert ohne
überlreibung (d. h. nichts darüber) d. h. 577.
ZUR LEX SALICA. 529
Der kleinste der bufsansätze welche in diesem titel mit
malbergischen Worten erwähnt werden besteht aus 6 halben
solidis, also, da nach goldsolidis zu 40 denaren gerechnet
wird, aus 120 oder einem grolshundert denaren. es scheint
eine ähnliche reciinungseinheit zu sein wie man z. b. ein
schock meifsnischer groschen sonst anführte, und es mul's
dies geldmafs von einem grofshundert denaren eine vielfach
im gebrauch vorkommende summe gewesen sein, da sich
mehrfache ausdrücke dafür finden, sie heifst ivalt; das ist
die aspirierte form vom gälischen halt, halt bedeutet einen
rahmen; auch blofs einen rand*. wahrscheinlich waren die
zahlbretter mit ihren rändern so rahmenartig eingerichtet
dafs gerade ein grofshundert denare sich hineinzählen liefs,
die man deshalb einen rahmen geld nannte, auch sejca (sexan
ist wohl pluralform) wird diese summe genannt, weil sie aus
6 halben solidis bestand, endlich kommt auch der ausdruck
vor tlioa lasthi oder tlioalasti. offenbar ist hier ein Schreib-
fehler der öfter begegnet im spiele, dafs nämlich, wenn
zwei Wörter zusammenstehen deren erstes mit demselben
consonanten auslautet mit dem das folgende anlautet, dieser
consonant nur einfach geschrieben erscheint, also thoa lasthi
steht für thoal lasthi. thoal ist das gälische dual, was wie-
der einen rand, einen rahmen, eine einfafsung bedeutet**;
lasti oder lasthi ist das gälische last oder lasd d. h. die la-
' wälscli heifst das wort byliad (in leichter form vyliad) die
einfafsung, einrahinung; hylit cinfafsen, einrahmen ; hyl (in leichler
form vyl) der rand ; — das y scheint aber ursprünglich aus a her-
vorgegangen, denn a lautet oft in e und y um, wenn dünne vocale
folgen ; bal (in leichter form val) heifst jedes hervorragende ; ver-
wandt \i\, fal, die einfafsung rund herum, fahl die hürde.
verwandt ist das wälschc tiol ringseingefafste fläche, in specie
der eingefafste hausplatz, dit; leichte form des Wortes ist dwi, die
aspirierte dliwl, die sanfte tliwl. in allen vier formen kann das wort,
und in jeder häufig, am wenigsten liäulig aber ohne zweifei in seiner
absoluten form twl vorkommen, ich Tühre dies an, weil auch die gä-
lischen mundarten in ihren mortilicationen und ellipsen, endlich (die
älteren gälischen Schriften häutiger, die neueren fast nur bei Wortzu-
sammensetzungen) in der Verdoppelung (d. h. ersänftigung) der anlau-
tenden consonanten eine ganz ähnliche reihe haben wie das wälsche in
der leichten, aspirierten und sanften form der initialen, man mufs das
bei allen keltischen etymologicu berücksichtigen.
Z. F. D. A. II. 34
520 ZUR LEX SALICA.
düng, Ihoalasti ist also Rahmenladung, die einmalige ladung
des zahlbrettes.
Paragraph 1 des erwähnten titeis, innim thool lasthi
■=. eine zahlbretsladuug =: 3 solidi ist also klar.
Paragraph 2, sexan chiinna = 6X5 halbe solidi =15
solidi ist ebenfalls klar.
Paragraph 3, sepüm chunna = 7X5 halbe solidi ::=17V2
solidi ist in sofern nicht ganz klar als der text nur 17 solidi
erwähnt und den halben ausläfst. es könnte gerichtsgebrauch
gewesen sein in diesem falle den halben solidus nicht mit
zu zählen ; eher glaube ich dafs die nachläfsigkeit des einen
Schreibers (denn dieser satz kommt nur in der heroldischen
ausgäbe vor) die worte et dimidio ausgelafsen hat.
Paragraph 4, thuc walt chimna = 2x6x5= zweimal
fünf rahmen = 2x6x5 halbe solidi = 30 solidi ist klar.
Paragraph 5, thue septen chimna r= 2 X 7 X 5 =
zweimal 35 halbe solidi =: 35 solidi ist einfach und klar.
Paragraph 6, thuewe ?iet chunna = 2 X 9 X 5 =r
zweimal 45 halbe solidi =: 45 solidi ist einfach und klar.
Paragraph 7, thoto cunde sitme chunna z= 25 X 5 halbe
solidi =: 62 '/2 solidi. diese glosse ist mir nicht ganz erklär-
bar; thoto oder (nach dem Pariser codex) thotho scheint
eine bezeichnung von zwanzig zu sein, zwar bietet tit. ii
§ 1 1 für zwanzig den ausdruck fit, welcher dem gälischen
ßtche entspricht ; indess wie man im älteren deutsch zwei
Worte zu bezeichnung von 100 hatte, nämlich einhunt und
zehanzug, so kann man auch im malbcrgischen zwei worte
für zwanzig, gehabt haben, nämlich aufser ^? noch tho-io
welches etwa einem Zweimalzehn entspräche*, cunde (oder,
wie es in diesem falle bei Herold gesciirieben ist, condi) ist
die fünft, vielleicht aber, wie im gälischen sowohl cuignear
als cuig fünf bezeichnen, auch eine zweite form für fünf
wie sie bei zusammengesetzten zahlen gebraucht werden
mochte ; also thoto cunde wäre 20 + 5 = 25. das chunna
' gerade so ist es im alten irlündischrii, wo neben fiche, Jitche,
ßchet, fiticfed, ßchead (zwanzig) nicht blofs der ausdruck da deich
(zweimal zehn) begegnet, z. b. im alten gedieht Eirc ogh i/t/'s na naoimh
in V. 45 Diarmaid da deich da b/iad/iai», Diarmad zweimal zehn jähre
u. s. w., sondern auch das wort dnchnt zwanzig.
ZUR LEX SALICA. 531
am ende ist seiner bedeutung nach auch klar, was bedeutet
nun abei' sitme oder, wie die heroldische ausgäbe liest, toeth?
ist hier ein Schreibfehler, so scheint er grofs zu sein, ich
weifs keinen rath aulser den das wälsche gewährt, wo gwaith
(wenn es angehängt wird blol's tvailh) so viel bedeutet wie
unser deutsches Mal (z. b. unwaith einmal, ywaitli hon
diesmal), nach streng regclmäfsigem buchslabenMechsel ent-
spricht diesem wälschen worle das gälische faoi (z. b. J'aoi
do zweimal) ; iveth chunna hiefse also fünfmal, in dem worte
siiine könnte aber ein flickwort stecken, wie das gälische
tna seoilh wenn so, dann (fünfundzwanzig dann fünfmal),
oder seadh me meine ich, schätze ich, wie die Nordameri-
kancr jetzt 1 g-ness flickwörtlich brauchen (Tünf und zwanzig,
taxiere ich, fünfmal).
Paragraph 8, fittei' tecus cunde = 4x10x5 = 200
halbe solidi zr: 100 solidi ist einfach und klar.
Paragraph 9, acto tecus cunde i=. 8x10x5 = 400
halbe solidi = 200 solidi ist einfach und klar.
Von den beiden folgenden paragraphen will ich zuerst
den eilften zu erklären suchen, er lautet Jitlertos (wohl
ßttertn vierzig , wie thoto zwanzig 5 die heroldische ausgäbe
balßllerno, offenbar verlesen oder verschrieben) cmide thue
apta (so hat die Pariser; die heroldische aptheo) chunna.
hierin ist einfach erklärbar 40 X 5. das sind aber erst 200.
die ganze summe welche herausgebracht werden mufs be-
trägt IGOO halbe solidi; da chunna am ende steht, wie bei
den vorhergehenden zahlen, müfsen also die dem worte chmma
vorausgehenden Zahlwörter die summe 320 geben, welche
5 mal genommen dann die 1600 voll machen, da Jiltcrto
cunde erst 200 sind, so müfsen thue apta gleich sein 120 ;
da wir wifsen dafs Ihue zwei lieifst, ist also apt ein aus-
druck der, gleich unserem Schock, CO bezeichnet, die ganze
glosse ßtlerto cunde thue apta chunna stellt sich also so
dar (40 X 5) -f (2 X (50) X 5 = IGÜO halbe solidi oder
800 ganze.
Nun ist der zehnte paragraph diesem ganz analog.
tlirioto (die heroldische ausgäbe hat llieiolJio, das Pariser ma-
nuscripl iial tlü'iolus: beides scheint ihcihveise verlesen oder
verschrieben ; die heroldische Schreibung mit ausnähme des
34'
532 ZUR LEX SALICA.
c für r die richtigere)* cunde tertheo chunna. von diesen
•Wörtern scheint thrioto dreifsig zu bedeuten ; thnoto cunde,
dreifsig fünften, sind also 30 X 5 = 150. da bleiben noch
neunzig übrig welche das tertheo ausdrücken mufs. wahr-
scheinlich ist es ein zusammengezogenes wort was ursprüng-
lich tei^ thrioto (dreimal dreifsig) etwa lautete, wie ja auch
jetzt noch das gälische und bretonische mit den zahlen 20
bis 100 ein wenig in unbequemer ausdrucks weise sind und
z. b. zehn und zwanzig sagen müfsen um 30 auszudrücken,
zweimal zwanzig um 40 u. s. w. , viermal zwanzig (guntre-
vingt) um 80, und viermal zwanzig und zehn um 90 aus-
zudrücken, da ist dreimal dreifsig noch compendiös dagegen,
es ist wie das vulgäre irische wort für 27, nämlich tri-
naonmhar (3x9). dieser ganze zehnte paragraph der glosse
stellt sich also nun so dar, thrioto cunde tertheo chunna
= (30 X 5 4- 90) X 5 = 1200 halbe solidi = 600 solidi.
Ich denke so erklärt sich dieser fast ganz in malbergi-
scher spräche abgefafste titel der lex salica höchst einfach
und der jetzigen gälischen ausdrucksweise von zahlen ganz
analog, die Überschrift incipiunt chunnas, d. i. hier begin-
nen die fünfen, ist offenbar gewählt weil mit ausnähme der
ersten, den inhalt des zahlbrettes angebenden glosse, alle
folgenden eine verfünffach ung eines ansatzes enthalten und
mit dem worle chunna schlicfsen ". es ist übrigens in alten
gälischen aufzeichnungen nicht ohne beispiel dafs unter den
* ganz ähnliche formen finden sich allg'älisch, z. b. chaogad fiinf-
zig (a eolcha Albain iiile v. 105, und das eine manuscr. von Eiris ogh
inis na naoinih v. 16). ebenso cetlirachat oder cetrachat vierzig (die
anderen mss. von Eiris ogh inis na naoimh v. 16). diesen formen ge-
mäfs ist auch eine alte form triad dreifsig zu präsumieren, malber-
gisch correspoudieren dann iriad zr thriuto, cetlirachat izz fitterto,
caogad zn chunto'f
" einigermafsen etwas analoges findet sieh in den leges JFaUice
tit. XLvm. quot modis dicitur duodcnarius numerus in lege, duode-
cies rcdduntur nii denarii sine elevationc u. s. w. an den wälschen
gesetzen ist es nicht die 5, sondern 3 und 4; und 3 mal 3 (9); und
3 mal 4 (12); und 4 mal 12 — welche alles bestimmen, auch 3 mal 3
(9) und 4 mal 4 (16). das zahlenprincip ist also vorhanden wie im sal.
gesetz, aber es sind andere grundzahlen gewählt, nur in bezug auf
frauenangclegenheilen kommt auch die 5 vor, fit. xxvi. triades § 20
Pimpl riuei gureic (quinque praecipua uxoris) u.s. w. und bei schuld-
ZUR LEX SALICA. 533
zahlen die fünf (so wie in gröfseren summen dann die zwan-
zig und das hundert) hervortritt, so wird z. 1>. die zahl acht
öfter durch Drei zu fünf zusammen ausgedrückt: tri bliadhm
Ja chttig gau roinn (drei jähre zu fünf ohne trennung) heifst
es in dem alten gälischen gedieht aus dem eilften Jahrhun-
dert welches nach seinen anfangsworlen a eolcha Albain
uile genannt wird, im 43n verse. neun und zwanzig wird
V. 17 des alten gedichtes Eire ogh im's na naoimh ausge-
drückt durch cethrar cuicc coicc d. i. vier und fünfmal fünf. —
dies gedieht ist aus dem 12n jh., heruft sich aher auf ältere
historische lieder und scheint zuweilen deren text aufzu-
nehmen.
zahlungeil bestimmten einige die frist statt nach 3 mal 3 tagen nach
3 mal 5 lagen, tit. lvii de furto § 26.
H. LEO.
DIE ALTDEUTSCHE STAMMSAGE BEI DEN
SCHOTTEN.
Jacob Grimm im anhange seiner deutschen mythologie
XXVII f. theilt in einer stelle des Nennius und in der eines
unbekannten compilators Zeugnisse mit von dem fortleben der
alten deutschen bei Tacitus zuerst sich lindenden stammsage
von einer dreitheiluug des Volkes nach den söhnen des Man-
nus, dem Isco, Ingo und Hermio. diesen späteren stellen
zufolge hat Escio oder Hisicio (so wird Isco genannt 5 die
letztere form, die sich bei Nennius findet, hat schon ein
keltisches vorgeschobenes It) vier söhne, Francus, Romanns,
Alamannus und Britus, oder es stammen von ihm ab Franci,
Romani, Alamanni et Brietojies. hier wird also die bcvölke-
rung Italiens, Galliens und Britanniens von Isco abgeleitet.
Es ist bekannt welches sagengewirr die irische und
schottische Urgeschichte bildet, die üüfsigkeit kellischer laute
hat es leicht gemacht irische und schottische namen etymo-
logisch an die sprachen und namen der eutfcrnleslen Völker
anzuknüpfen, und wie es in neuerer zeit, seit England in
nächste Verbindung gekommen ist mit Ostindien, nicht ge-
fehlt hat an leuten die alte indische Überlieferungen mit gä-
lischen namen und stammsagen in Verbindung zu bringen
534 DIE ALTD. STAMMSAGE BEI DEN SCHOTTEN.
gesucht haben, so haben im mitlelalter irische und schotti-
sche mönche nicht blofs den Eber der israelitischen Urge-
schichte, sondern auch Phönicier, Iberier, Skythen und wer
weifs was alles der landesgeschichte der britischen inseln in
der Urzeit verknüpft, man wird bei diesen versuchen die
Urzeit zu bevölkern lebhaft an unser deutsches Sprichwort
erinnert Bei nacht sind alle kühe schwarz.
Interessant mufs es uns aber sein dafs an einen schot-
tischen mönch, der kurz nach der mitte des eilften Jahrhun-
derts ein gälisches gedieht verfafste das O'Conor mittheilt und
das nach seinen anfangsworten A eolcha Albain uile ci-
tiert wird, auch unsere deutsche stammsage gekommen war
und dafs er sie, gleich Nennius, mit der abkunft britischer
Völker in beziehung setzt, ich gebe die beiden hierher ge-
hörigen Strophen zuerst in ihrem gälischen text und dann in
der Übersetzung, den gälischen text, ungeachtet sich in
Deutschland nicht viele dafür interessieren werden, füge ich
theils der urkundlichkeit wegen bei, theils weil meine Über-
setzung an zwei stellen von O'Conor abweicht, der hier sehr
nachläfsig gewesen zu sein scheint; da aber O'Conor als Ir-
länder die präsumtion richtigeres Verständnisses für sich ha-
ben könnte, mufs ich doch dafür sorgen dafs sachverständige
meine Übersetzung vollständig controllieren können.
Strophe 2
Albanus do ghab ria n slogh,
Mac sein oirdhairc Isiocoi?i,
Brathair do Britus gan brath;
0 raitir Alba eathrach.
Strophe 3
Ro ionnarb a bhrathair bras
Britus tar muir, n iocht namhnas ;
Ro gabh Briotus Albaiti ain
Go roinn ßaghnach Fothudain.
die Übersetzung ist
2
Albanus nahm es (nämlich Albanien) mit seinem heere^
Der ältere söhn des edeln Isiocon,
Bruder (nämlich war er) zu Bntus gewisslichi
Von ihm loird genannt Alba (Albanien) das schiff reiche.
DIE ALTO. STAiMMSAGE BEI DElN SCHOTTEN. 535
Es cer trieb xcine/i b rüder geicalltliiiiig
Der Briius übern mcer, nicht pietät war das ;
Es nahm Britus das preiswürdige Albanien
Bis zur gcgo/id des wildprotreichen Fothudanie/i.
Hier haben wir den Isiocon als valer des Albanus und Bri-
tus wie bei Nennius den Hisicio als vater des Alamannus
und Brutus, offenbar hat sich der Schotte der deutschen
Völkergenealogie, in welche er bereits einen Britus einge-
flochten finden mochte, weiter bemächtigt und den Ala-
ynannus in Albanus verkehrt, oder sollten hier wiirklich ur-
alte den Germanen und Kelten gemeinsame Überlieferungen
zu gründe liegen? allein die lateinischen namensendungen,
Albanus, Britus, verralhen eine gelehrte lateinische quelle,
und der name Isiocon (spr. Isicon) zeigt dann deutlich dafs
ihn der vcrfafser nicht nach einer nominativform Isico, son-
dern nach formen anderer casusflexionen, Isiconis u. s. w.,
gebildet hat. H. LEO.
DER S^ELDEN TOR.
In den homerischen dichlungen gibt die menschliche auf-
fafsung der götter jedem derselben sein eigenes haus auf ei-
nem der umwölkten gipfel des Olympos, und die personifi-
cation und Vergöttlichung der träume besteht hauptsächlich
darin dafs ihnen thore zugeschrieben werden, bald eins an
dem der schlafende ruht (Od. 4, 809), bald zwei aus denen
sie selber hervorgehen (Od. 19, 562 ff.).
Die Vorstellung von gotteshäusern ist, wie mehr als eine
stelle altnordischer dichlungen zeigt, auch der deutschen my-
thologie nicht fremd gewesen; nur hat sich der poetische
redegebrauch, der die" Synekdoche liebt, nach und nach an
einen ausdruck dieser art festgeheftet und spricht bei götlli-
chen wcsen und göttlich bewalteten dingen nicht von einem
hause, sondern von einem thore derselben, von dem thore
das auch sonsl das ganze haus symbolisch vertritt als dessen
geheiligter ein- und ausgang (rechtsalt. 174 ff. 726 ff.), so
heifst die Eider ahd. Egidora Agadora, alln. Aegisdyr d. h.
536 DER SALDEN TOR.
thor des meeres- und schreckensgottes (mythol- 174)*; so
kennen nihd. dichter ein thor der Minne (vdH. 2, 157^),
der Liebe (Ulr. v. d. Türlin Wilh. cod. pal. 98»), des To-
des (ebenda 34") **, und ein allitterierender reisesegen wahr-
scheinlich des 12n jh. (Diut. 2, 70) nennt neben einander
dis sigidoi\ diz selgidor (lies swldeioi'), diz ivägtdo?' und
ätz ioäßndor'\.
Der Sivlde toi\ dieser eine ausdruck wiederholt sich be-
sonders häufig, von Jacob Grimm ist nachgewiesen (myth.
504 ff.) in wie heidnisch sinnlicher weise noch das ganze
mittelalter von der glückseligkeit spricht, wie sie da schläft
und wacht ff, zürnt und lacht, so nun hat sie auch ein
thor (leseb. 1, 274, 25) das ihren lieblingen sich öffnet, den
unbegünstigten verschlofsen ist, und ebenso ein thor ihre
böse Schwester, die UnsKÜh : Unscelde si mir itf getan !
Rabenschi. 57'\
Was jedoch nicht zu übersehen, gewöhnlich und beinah
überall heifst es nicht der Swlde, sondern mit anderer en-
dung </er swldeti tor : Walth. 20, 31. Grootes taschenb. 138
(vom j. 1402). der stehlen für Heinr. v. d. Türlin 45. 160.
vdHagen 1, 93\ der sceldcn porte leseb. 1, 331, 36.
diese form aber ist mehrfacher auslegung fähig, entweder
ist da Saide ganz als weiblicher eigenname verstanden und
deshalb schwach flectiert (wie Unscelde vdHagen 2, 209'),
oder es ist gen. plur. : letzteres dann entweder auf grund
* die Eider ist der grenzflufs zwischen Sachsen und Dänen, und
als hauptgottheiten der letzteren werden Juppiter und Neptun genannt :
Ermold. Nigell. 3, 5 ff. 4, 451 ff. eine Urkunde der Karolingerzeit im
Staatsarchiv von Zürich hat am Zürcher see einen ort namens Agasül,
wobei in betracht kommt dafs Columban und Gallus an eben diesem
see idola lovis et Neptiuii vorfanden (mon. Germ. bist. 2, 61).
'* vergl. die thore des todes und der finsternis und das haus des
lichtes Hiob 38, 17. 20.
•}• bislozin si dir diz wdgidor, samt si dir diz wdßndor ; in einem
andern reisesegen herre got, du muozist in biscirmin vor wage unde
for ivdßne Diut. 2, 293.
ff swer die nu solle schoitwen, des swld was niht enlsldfen ülr.
V. d. Türlin 46". wcpnt ir das min swlde tht wache? cod. pal. 341,
340*^. gaiiziu tvgent, meines teil: da wachet schände und sldfet heil
Heinr. v. d. Türlin 44. vergl. fortunam eius in malis tantitm civili-
bus vigilasse Amm. Marc. 14, 10.
DER S.ELDEN TOR. 537
der annähme mehrerer glückgöttinnen, oder indem sa'lde mit
aufgebung der persönlichkeit lediglich abstract genommen und,
wie das bei abslracten zu geschehen pflegt, in den pluralis
gesetzt ist.
Diese dritte auslegung, nach welcher tor beinahe nur
nocli ein ausdruck ist ohne bestimmt bewusten sinn, möchte
wohl den Vorzug verdienen, denn jedesfalls hat Hartmann
die mythische grundanschauung bereits verloren, wenn er golt
selbst als pförtner die stelde/i porte verschliefscn läl'st (le-
seb. 1, 331, 35), und nach analogie des altgewohnten thores
der glückseligkeit wird hin und wieder auch solchen ab-
slracten ein thor beigelegt für die eine einstmalige personi-
fication zur gottheit nicht wohl anzunehmen ist * : der riuwc
tor Parz. 649, 8. der wünne forte vdH. 2, 125% und gar
der rittei-schefle tor Suchenw. 1, 14; da aber begegnen uns
ganz unzweifelhafte plurale : der früuden tor vdH. 2, 157''.
313'**.
Dergleichen ist dann eine eben so unmythische, nur noch
dichterische Sinnlichkeit der darstellung wie das sinkende
haus des rechts in Aeschylus Eumeniden 516 neben den tho-
ren der träume und den götterhäuseru Homers.
' wie eben solche nun auch schlafen und wachen gleich der Saelde:
vergl. anm. zu Walth, 2, 172. man siht ofte wachen unwize und
kunst sldfen Hcinr. v. d. Tiirl. 4. ir güefe und ir besc/icidenheit ist
leider gar gein mir entsldfen vdH. 1, 66''. niio begitnd mir freude
weken gehügde Ulr. v. d. Tiirl. Hü''.
*' vergl. hl werdem man so wachent wi'bcs güete vdll. 1, 343*.
WILH. WACKERNAGEL.
IN DEN WALD WÜNSCHEN.
Zu den gedichten Walthers von der Vogelweide welche
die kunst der ausleger necken gehört besonders der an Leo-
pold von Osterreich gerichtete spruch bei Lachmann s. 35.
so viel ist klar, der herzog hatte Wallhern in den wald ge-
wünscht, der dichter entgegnet indem er mit scherz und
Wortspiel den wünsch zurückgibt, die hauptsachc wird nun
sein zu erklären was sich das miltelaller bei einer verwün-
538 IN DEN WALD WÜNSCHEN.
scliuiig in den wald gedacht habe, zu Walthers zeiteii viel-
leicht nichts recht bestimmtes mehr, vielleicht auch mehrer-
lei neben einander, ich will zur ergänzung und weiteren
begrüudung dessen worauf bereits der commenlar zu Sim-
rocks Übersetzung 2, 168 hingewiesen hat die mehrfachen
bedeutungen die möglich seien zu entwickeln suchen.
Ein allüblicher ausdruck enthält dieselben alle kurz ver-
einigt, dei' wilde iva/d, eine zugleich ablautende und allitterie-
reude wortpaarung wie das grüne g7'as und wie im grie-
chischen ovQuvbg fv^vg, ev(tvg uqovqu.
De?' loilde icald, es ist das aus dem munde des behag-
lich eingehausten und gesitteten menschenlebens gesprochen.
Denn dem unfruchtbaren walde steht erstlich das feld,
der bestellte acker entgegen : wie denn auch Walther sagt
wünsche mir ze velde und j\iht ze ivaldc. wer daher jemand
in den wald wünschte, der wünschte ihn vom segen des
menschlichen fleifses weg in die von menschenhand noch un-
berührte, unangebaute wildnis.
Da aber mit dem ackerbau der feste wohnsitz verbun-
den ist, weshalb bauen (das gr. qveiv) sowohl vom bepflan-
zen des ackers als dann auch vom wohnen und vom errich-
ten der Wohnung gesagt wird, so ergibt sich der allitteiüe-
rende gegensatz heim und holz- (leseb. 1, 113, 21), der
wirtliche wohnsitz und der unwirtbare wald, und die Ver-
wünschung in letzteren ist eine Verwünschung fort aus dem
verkehr der draufsen angesefsenen menschen, deshalb Wal-
lher Id uiich bi den Hüten: möglicher weise noch ein Wort-
spiel mit Liupolt, eben wie der wünsch in den wald eins
mit Walther.
Sollten fehler und häuser an die stelle des wilden wal-
des treten, so musle man diesen zuvor ausräuten. das war
aber die arbeit roher, selbst halbwilder bauern, so dafs die
alli Iteration hof und holz den gegensatz von bildung und
bildungslosigkeit, von hölischer feinlieit des Verstandes und
der sitte und bäurischer Stumpfheit und unsitte ausdrückt
{swer niht enmerket daz er siht, er enbezeri sich da von
niht: im mühte sin als mwre daz er da ze holze wo're so
da ze hove welsch, gast 1, 2), und derjenige den ein fürst
in den wald wünscht damit vom hofc weg in das schwere
IN DEiN WALD WÜNSCHEN. 539
leben der lürper verwünscht ist. Walther eiwiedert ickn
kan niht riuten.
Erst dann ein sitz menschlicher cultur wenn er ver-
schwindet, ist der wald so lange er steht nur die heiniat
des wildes : der mensch betritt ihn nur als Jäger, während
er im kriege mit menschen, auch in diesem uufriedlichen
verkehr mit seinesgleichen, lieber auf freiem felde bleibt, so
aufgefafst können feld joh ivald auch krieg und jagd bedeu-
ten (Otfr. 1,1, 62), und der in den wald verwünschte ist
verwünscht zu den thieren, zu den hölzittgen, wie ein alter
euphemismus den >volf, den sciirecken des holzes, nennt
(Keinh. lv).
Aber der wald ist auch das reich unheimlicher wesen :
wer sich da verirrt, den schrecken auch ivalilsclwaten, kolz-
iveiblein, icaldteufel jeglicher art, oder er geräth einem men-
schenfrefsenden türsen in die bände (leseb. 1, 559. vdHagen
2, 331''), und es laufen da aufser den Wolfen auch wehrwölfe.
insofern sich nun fluche und Verwünschungen gern zurück-
beziehen auf Vorstellungen des heidenthums, möchte der ur-
sprüngliche, wenn schon nicht der immer und allein festge-
haltene sinn der Verwünschung in den wald eine Verwün-
schung zu allen teufein desselben gewesen sein* oder eine
anfluchung dämonischer wolfsgestalt. in der that gibt es auch
wenigstens zwei stellen die unzweifelhaft nur in solcher
weise können verstanden werden, eine in der Crescenlia,
wo der marschall, nachdem er Cresccntien eine unholde ge-
scholten, noch hinzusetzt (kaiserchr. cod. pal. 73*^, vergl.
Kol. cod. s. 262) du soldcs billecher da ce holz- varn" dan
die megede lue (bei hofe) bewarcii, und eine die noch dem
15n jh. angehört, in der Mörin Hermanns von Sachsenheim
(Worms 1539. xvii"), die kihigin sah den Eckart an Vnnd
.sprach ' herting, geschiveig der xvortl Lieff'eslu i/m jhenem
wald dort Vnd werst einwolff, das acht ich klein! 'Gnad,
' vergl. wie Filiiner der Gothenkiiiiig die Aliorunen (d. h. Ilalio-
runen, ahd. helliriina) in die wiidiiis jagt, wo sie mit den waidiniia-
nern sicli vermischend das vnlk der Hunnen erzeugen, Jornand. 24.
fahren bezeichnet auch sonst das wild unstäte leben dämoni-
scher weiber: hagliedissen ende varcnJe vrouwen hör. belg. 1. 119.
varende wif der Wirbelwind mylhol. 017.
540 liN DEN WALD WÜNSCHEN.
fraw, so lieff ich wider heyin P^ml wer gleich Eckart als
auch vor! 'IVer weyfs^ man schlug leicht zu das thor
Vnd Hofs dich Schnecken blenden gon!
WILH. WACKERNAGEL.
ZWÖLF SCHWERTER UND NEUN HERZEN.
Eine recension des Rosengartenliedes legt Siegfried, dem
könige aus Niederland, zwölf schwerler bei, er vileret zwelf
swert, einez ist Balmunc genant. Wilhelm Grimm (Roseng.
s. v) ist geneigt die worte für verderbt zu hallen und ver-
mutet als ursprüngliche lesart er vilert der zwelf swerte einz,
deist Balrmmc genant; worin dann eine beziehung liegen
würde auf eine hie und da anklingende sage von zwölf un-
ter die verschiedenen beiden ausgetheilten elfenschwertern.
gleicherraafsen ist ihm wahrscheinlich dafs die erzählung des-
selben und noch eines andern Rosengarlenlexles von zwei
oder drei halsbergen, die Siegfried angelhan habe, nur auf
einem misversländnis beruhe; ein älteres lied habe von dri-
lichen d.h. dreifach geflochtenen halsbergen gesprochen (hel-
dens. s. 250. Roseng. s. v).
Ich weils jedoch nicht ob diesen Vermutungen beizustim-
men sei. denn die rohere kunst (und sicherlich zeigt sich
im Rosengarten die poesie des volkes roh und verwildert
genug) scheut sich nicht abstracte eigenschaflsbegriffe auch
auf die abenteuerlichste weise sichtbar zu versinnlichen ;
Inder Slawen Mongolen dichten und bilden vielhändige viel-
häuptige gölter, Griechenland hat seinen dreiköpfigen Cer-
berus, seinen hunderläugigen Argus, der scandinavische nor-
den das achtbeinige pferd Odhins und riesen mit drei, mit
sechs, mit neunhundert häuplern (mythol. s. 222 f.) : warum
nun die drei halsberge, die zwölf Schwerter nicht eben der-
gleichen vergröbernde Symbole, dieses der zwölffachen manns-
stärke, welche das Nibelungenlied 336, 3 dem beiden in der
tarnkappe ausdrücklich zuschreibt, jenes der unverwundbar-
keil, die sonst minder auffällig durch die hornhaut symboli-
siert, aber auch so immer nur symbolisiert wird?
Und dies um so mehr als die dichtunsen des deutschen
ZWÖLF SCHWERTER UND NEUN HERZEN. 54t
wie des romanischen miltelallers sonst noch manches der-
selben, ja noch viel roherer art enthalten, der drei schwer-
ler des Ferabras nicht zu erwähnen, weil zwei davon über
den Sattelbogen des rosses gehängt werden (Fierabr. s. 9) :
in dem gleichen Rosengarten wie in der altschwedischen Vil-
kina-saga hat Heime vier eilenbogen (heldens. s. 257. Ro-
seng, s. Lxxiv) d. h. riesenhaft langa arma ;' im Reinardus
kommen widder vor mit vier, sechs, acht hörnern, worauf
der dichter schwerlich durch die vielhörnigen schafe Islands
geführt worden (Jac. Grimm Reinh. s. lxxii); in einem
Volksmärchen (n» 38) fuchse mit zwei bis neun schwänzen
d. h. von doppelter bis zu neunfacher fuchseslist; und einen
menschen von aufserordenllichen geistcsgaben nannte man
ehemals neunherzig, der übertraf an verstand und gemüt die
gewöhnlichen menschen wohl um das neunfache, von Me-
genze lool niunherzic man heifst bei Reinmar von Zweter
(vdH. 2, 210'') der erzbischof Siegfried der 2e von Epstein;
so nimt mich wunder daz er niunherzecUche kan geleben:
mit ebne Übe erz allcz luot" . die Adelnhauser hs. in Zü-
rich (altd. bll. 1, 343) deutet n» 52 die neun herzen auf
neunerlei geistliche eigenschaflen. ein rehte guot mensche
sol kan nivn herze, ein herze mit allem vride. ein behuetit
hercc mit allem vlize. ein linde herze daz ein iegelich in-
gesigel wol müge enphahen nach sime dinge, ein wit herze
da himelrich und ertrieh wol inne mügen gestan. ein vf er-
haben herze ob allen zerganclichen dingen, ein gebunden
herze mit rehter gehorsami. ein entluhtende herze mit der
gotlichen ininne. ein gesament herze, mit der gotlichen wis-
heit. ein beslozzcn herce mit der heiligen drivallikeit. die
spätere zeit hat diesen symbolischen ausdruck in dem ge-
schlcchlsnamen Neunherz fesigehallcii (ein Job. Neunherz,
geb. zu Schmiedeberg 1(553, gest. zu Hirschberg 1737, ver-
fafser der Evangel. sabbaths-freude. Zittau 1690. 12), und
zugleich ihn ganz uusyinbolisch auffafscnd ein grauscnhafles
zaubcnnitlcl daraus abgeleitet, 'wer von neun herzen noch
ungeborener knaben gegefsen, konnte, welchen diebstahl oder
* der schlufs dieses Spruches bedarf noch der befscrung; walir-
schcinlich daz iiu'l ich dne ziri'vcl Idzcn. im ist nach creii also '^w
daz nie ein hiin^ergüic bcr so nCtlec wart nach süczes lionegcs ra'zcn.
542 ZWÖLF SCHWERTER UND NEUN HERZEN.
sonstiges verbrechen er immer begehen mochte, dabei nicht
ergriffen werden, und wenn er dennoch durch einen zufall
in die gewalt seiner gegner gerathen sollte, sich unsichtbar
machen und so seinen banden sich wieder entziehen Tettau
und Temme, volkssagen Preufsens s. 266.
WILHELM WACKERNAGEL.
THEILEN, THEILEN UND WAHLEN,
THEILEN UND KIESEN.
1. Die letztwillige Verfügung jemandes über den eintritt
anderer in sein eigenthum wird im altdeutschen mit dem
zeitworte teilen bezeichnet : es liegt darin beides ausgedrückt,
die sonderung des gutes in seine bestandtheile, und die be-
stimnuuig der einzelnen personen welchen dieser und jener
zufallen solle. Walth. 60, 34. Reinm. vdH. 1, 176\ die frei-
heit solcher Verfügungen war jedoch in mehr als einer weise
gesetzlich beschränkt, und es kamen dieselben immer nur
ausnahmsweise vor. der regel nach war es den erben über-
lafsen mit berücksichtigung der bestehenden rechte die sache
unter sich selbst in Ordnung zu bringen, da aber waren
verschiedene verfahrungsarlen möglich und gebräuchlich.
2. Das erste verfahren zeigt jene beiden seilen der
letztwilligen Verfügung in geschickter weise unter die erben
vertheilt; zugleich ist es ein beispiel für die characteristi-
sche neigung des altdeutschen rechtes das justum und das
aequum mit einander zu vereinbaren, ich meine das durch
alle Stämme, durch alle Jahrhunderte gehende gesetz, wo
zwei zu einem erbe geboren seien, solle der ältere theilen,
der jüngere wählen, der ältere die erbschaftsmasse in zwei
hälften zerlegen, und dann der jüngere zuerst sich erklären,
welche der beiden hallten er wolle, sachsensp. landr. iii, 29.
schwabensp. landr. 26, 2. 237, 2 (andere stellen rechtsalt.
s. 480). damit wird sowohl der erstgeburt ein Vorrecht,
dem gereifleren alter ein übergewicht der Verständigkeit, als
auch dem jüngeren sein gutes anrecht, eine freie willkür des
liiuns und lafsens zugestanden, hier und dort aber dem über-
greifenden eigennulze würksam vorgebeugt.
THEILEN. 543
Auf diesem gebrauche des iheilens und wälilens beruht
eine sprichwörtliche redensart die uns bei den dichtem des
niitlelalters häußg begegnet : von einem der die ganze fülle
des gliickes und der gewalt in bänden hat wird gesagt, er
selbst, er allein tiieile und wähle zugleich. Hartmann büchl.
2, 615 f. vdH.1,94''. 127^ 2, 78^ Ulr. v. Turh. Wilh. cod.
guelf. 60'' so uwidet ir hau bcidiu tJaz- teilen imd daz iveln.
Dasselbe verfahren, nur mit einer merkwürdigen um-
wendung der aequitas, indem der jüngere theilte, der ältere
wählte, kannten auch die einwohner von Wales, indessen
die britischen rechtsgebräuche berühren sich auch in ganz
anderen stücken mit denen des deutschen Volkes, und hier
möchte sogar eine blofse entlehnung im spiele sein: denn
eben jene umwendung war auch normannischer grundsatz,
rechtsalterth. 480. das aber ist auffallend, dafs einmal auch
die Römer davon gewust haben; dafs uns, abweichend von
dem ausgebildeten recht der späteren zeit, welches davon
auch nicht die leiseste spur mehr übrig hat, doch für die
sagenhaften anfange der römischen geschieh te die sitte des
theilens und wählens deutlich bezeugt wird, nämlich in der
erzählung von Numitor und Amulius bei Plutarch Rom. 3.
Amulins, also auch hier der jüngere bruder, iheilt, als einen
theil die guter und schätze des hauses, als anderen das blofse
königthum vorlegend ; Numitor, der ältere, wählt, und zwar
das königthum. welche erzählung Pompouius Laelus, oder
wer sonst verfafser des dem Aurelius ^ictor zugeschriebenen
buches de origine gentis Rom. sein mag, in dem einen punkte
aus misverstand oder absieht ändert (cap. 19) dafs Numitor
die guter gewählt und das königthum dem nachgeborenen
überlafsen habe, bei üionysius von Hai. 1,76 ist Numitor
nicht durch iheilung und wähl, sondern schon durch die erst- ■
gehurt zur thronfolge berechtigt.
3. Zu dem Vorrechte der theilung kam in dem falle wo
es angestorbenes hcergewäte (lodleibe) betraf noch eine wei-
tere bevorzugung des älteren erben : er nahm das schwert
des verstorbenen zuvor und ward damit als dessen eigentli-
cher nachfolger, als erster schwerlmag, als neues haupt des
hauses und vogt der unmündigen miterben bezeichnet: sach-
sensp. landr. i, 22. schwabcnsp. landr 26, 1. 3. für das
544 THEILEN.
übrige galt der gewohnte brauch des theilens und wählens,
nach umständen auch der verloosung (vergl. 4 5 Sachsenspie-
gel und Schwabenspiegel sagen minder bestimmt dat andere
delet sc gelike under sik): hier um so mehr als bei der un-
gleichartigkeit der einzelnen gegenstände welche das heer-
gewäte ausmachten ein blofses abzählen und vertheilen der-
selben unmöglich war.
Wo also ein manu von ritters art (nur ein solcher be-
safs heergewäte) zwei ebenbürtige söhne hinlerliefs, theilte
der ältere beider erbe und heergewäte, der jüngere wählte
nur, und das schwert das jener zuvor empfieng durfte wohl
auch als lohn seiner mühwaltung erscheinen.
Hierdurch erklärt sich ein sonst dunkler und nüifsiger
zug in der erzählung aus Siegfrieds Jugend die im Nibelun-
genliede 89 ff. Hagenen in den mund gelegt und theilweis ab-
weichend im Dietleib SO** als sorglicher gedanke Dietrichs
vorgeführt wird, der erzählung w^ie Siegfried sein wunder-
bares schwert und durch dieses den hört und die tarukappe
o^ewonuen habe. Siegfried kommt dazu wie die beiden kö-
nigssöhne Nibelung und Schilbung ihr anerstorbenes erbe
theilen wollen und, mufs man ergänzen, darüber in zwisl
gerathen sind, weil die iheilung des älteren den jüngeren
bruder nicht befriedigt, sie bitten ihn das streitige geschäfl
zu übernehmen, und geben schon im voraus im ze miete daz
Niblunges swert. aber auch er kann es ihnen nicht zu danke
machen, und im neu erhobenen hader erschlägt er sie mit
der kaum empfangenen waffe. 'man begreift nicht' sagtWilh.
Grimm heldens. s. 78 'warum sie ihm das schwert Balmung
voraus zum lohne geben, ehe noch die theilung geschehen
ist.' da jedoch Siegfried mit der Übernahme der theilung in
ein recht eintritt welches sonst dem älteren erben zukommt,
und da der ältere erbe aus dem heergewäte des verstorbe-
nen dessen schwert zuvor erhält, hier aber eine verlafsen-
Schaft der art zu theilen ist dafs auch heergewäte dazu ge-
hört, die verlafsenschaft eines edcln, eines königs, so ist es
nur eine nothwendige folge des alten rechtsgebrauches dafs
bei dieser erbtheilung er die auszcichnung und den lohn des
erstgeborenen, schon im voraus das väterliche schwert em-
pfange.
THEILEN. 545
4. Die Vorschrift des theilens und wählens war jedoch
nicht überall durchzuführen : die zahl der erben und die be-
schaffenheit der erbstücke konnten auch andere verfahrungs-
arten nöthig machen, entweder eine freie Verabredung der
erben, wie z. b. in dem französischen märchen vom gestie-
felten kater, während das entsprechende italiiinischc (märchen
3, 304) mit einer letztwilligen Verfügung des sterbenden va-
ters beginnt; oder aber das lofs, eine Übergabe der thcilung
und vertheilung in gottes hand. dat erve schal de oldcste
dehn, de juugeste kesen; is er aver rner den/i twe, so de-
le?i sc mit gelote rigisches recht, Oli'ichs s. 140. wd zwene
erbbi krigen umtne teildte erbis oder frigis (sc. eigens),
mochten die nicht mit löschte noch mit fr.untschaft ubir ein
gelrage, so sal der eider e teile, he si knabe oder juncfrawe,
man oder wib, und der jüngere kise (also nur noch ein aus-
kunftsmittel). is aber der er bin tne denne zivene, so stil-
len sie teile iif ein glich lös Erfurter stadtr. (Walch
beitr. 1) 19*.
Der Sache nach gleichbedeutend mit dem lofse ist das
angerufene Schiedsgericht eines zufällig hinzukommenden un-
parteiischen dritten, wovon uns wenn schon nicht die rechls-
bücher, doch wenigstens dichtungen des Volkes erzählen, so
das 92e märchen der grimmschen Sammlung, so auch ein
magyarisches bei Gaal s. 166 ff. und ein arabisches der
1001 nacht bei Habicht 10, 252 Jf. : märchen die mit dem
vorher erwähnten jugendabcntcuer Siegfrieds mannigfach über-
einstimmen, zum beispicl auch und namentlich darin dafs der
streit der erben gleiciifalls guter von zauberhafter würkung,
wunschdinge betrilft, und dafs es zuletzt der Schiedsrichter
ist der im besitze derselben bleibt: aber nicht minder grofs
ist die abweichung: es handelt sich hier nicht um tiicilung,
' bei thcilung von ländfireien ward als lofs ein seil gebraucht:
den so ^ehmot wirt, die rnvgen sprechen 'funes ceciderunt mihi in
praeclaris' (ps. 16, 6). die gcbruodere teilent ir erbe hie in dirre wcrlte
eltewenne mit seilen : da denne daz seil hine gcvellct, ez si ubcl oder
guot, dd muoz ez der nomcn, der denne wellen sol Diut. 2, 279. viel-
leicht aber ist das nur unitlare auflafsung und Übertragung der ange-
führten und andrer altteslanienllichcn stellen (vergl. deuteron. 32, 9) :
Notkcr setzt diesem mosaischen seile als theilungsgeräthschaft seiner
zeit die ruthc entgegen, und zwar als mal's, nicht als lofs, ps. 77, 55.
Z. F. D. A. II. 35
546 THEILEN.
sondern um verlheilung; nicht um Zerlegung der erbschaft
in hälflen oder drittel, damit nachher jeder der streitenden,
und der jüngste zuerst, das ihm beliebige auswählen möge,
sondern, indem die wunschdinge bereits gelrennt und einan-
der an werlhe gleich vorliegen-, nur noch um Stellvertretung
der erben in der streitigen wähl, auch ist der sittliche cha-
racler des ausganges hier ein anderer als dort bei Siegfried,
der Schiedsrichter überlistet die streitenden nur, er über-
wältigt sie nicht; sie verlieren nur die gegenstände ihres
ihörichlen zankes, nicht auch das leben, wie dort die Ni-
belungssöhne, durch deren ermordung mit eben dem Schwerte
das sie selber ihm zutrauensvoll gegeben Siegfried zuerst
den fluch des Verderbens über sich herabruft.
Durch die Verschiedenheit des ausganges in characteri-
stischer weise noch weiter abweichend, sonst aber auch hie-
her gehörig ist die sage vom wolf der sich bereden läfst in
einem alten rechtsstreite zwischen vier widdern den Schieds-
mann zu machen: da ergehts ihm wie überall ; er kommt da-
bei zu schaden, die widder stofsen ihn jämmerlich zusam-
men: Reinh. lxxii: vergl. cclxxvi.
5. Die rechtliche praxis des mitfelalters liefs aber auch
da theilcn und wählen wo es keine erbschaft, sondern an-
dere dem nur analoge verhältnifse galt, die Görlitzer glosse
zum sachsensp. landr. nr, 29 (Görl. hs. 28) besagt ausdrück-
lich hettin IuIp mit einander gesselleschaft odir bruderschaft
odir gcmeinschqft anoime dinge do siille der eldeste teilin
und {der) jüngste kiesen.
Die märchen- und fabelpoesie, in welcher auch der über-
listende Schiedsrichter zuweilen da auftritt wo die streiten-
den nicht gerade um eine erbschaft, sondern überhaupt nur
um besitz in Zwiespalt sind (löwe bär und fuchs bei Aesop
Kor. 39, das deutsche märchen 3, 225, das tatarische ebda 172,
das persische 1001 tag vdHagen 4, 3G3 f.), macht nicht
minder gebrauch von jener freien ausdehnung des theilens
und w ählens ; sie fügt nur noch eine neue freiheit hinzu,
denn in den mannigfach sich gestaltenden fabeln von der
socielas leonina, dem löwen und dessen jagdgcsellen, ist die
abschliefsende wendung jedesmal ein theilen und wählen,
und zwar, wie in jener sprichwörtlichen redcnsart der mhd.
THEILEN. • 547
dichter (s. 2.) beides von einer und derselben band ausge-
übt, nur kommen dabei nicht die verschiedenen altcrsslufen
in betracht, sondern das eine mal ist es die überwältigende
stärke des löwen kraft welcher der die gemeinsame beule
theilt und alle theile dann für sich selbst erwählt (Reinh,
ccLxii, vergl. cclxxxv. cccxii), das andere mal die Weisheit
des gewarnten fuchses die jenem das ganze zuspricht und
für sich selber höchstens ein kalbsfüfslein erbittet (Reinh.
LXXVr. CCLXll).
So tritt uns dieses verfahren, den natürlichen und na-
lurrechtlichen motiven gemäfs aus denen es hervorgegangen
ist, aller orten und zu den verschiedensten Zeiten entgegen,
bald in der, bald wieder in jener anwenduug: eigentlich
rechtlichen bestand jedoch und grundsätzliche einschränkung
auf ein bestimmtes rechtsverbältnis hat es nur bei den Deut-
schen gefunden.
6. Verschieden vom theilen und wählen ist das theilen
und kiesen, hier handelt sichs nicht darum wie eine und
dieselbe erbschaft auf dem billigsten wege unter zwei gleich-
berechtigte personen könne verlheilt werden : sondern eine
person soll sich entscheiden, welchem von zweien ihr schon
gesondert vorgelegten, ihr bereits getheilten dingen sie den
Vorzug gebe um dieses dann für sich zu behalten, der un-
terschied der Synonyma wählen und kiesen ist also der, dafs
bei jenem mehr ein gegonsatz der subjecte, bei diesem einer
der objecte stattfindet; was ganz zu der etymologie beider
stimmt: Idesc/i gehört zum gr. yfunp, lat. giistare, und be-
zeichnet eigentlich ein kostendes prüfendes urtheilen; tvä/i-
len dagegen zu wol/e/i, insofern dies ein nicht- sollen, eine
freie anders woher unabhängige eulschliefsuug ausdrückt.
Stellen wo vom ihcilcu und kiesen oder, jenes unaus-
gesprochen, nur vom kiesen die rede ist, sind z. b. Walth.
46, 27 (u'c'l/e/i hieze sicherlich nur des Wohllautes wegen
statt kiese?i hiezc) if. vdll. 2, 208''. I^lcken ausf. Lafsb. 131.
Ottok. 336". das subst. heilst kär Ollok. 559". selbchur
Diul. 1, 289. minder genau mal vdll. 1, 333".
Das theilen und kiesen ist eine sache zumeist des ge-
sellschaftlichen Spiels und redespieles (daher auch spil teilen)
und es beruht auf ihm als einer dialectischen formel die ganze
35*
548 TIIEILEN.
dichtiingsart der tenzone (prov. jocx partits, partimens, par-
fia, fr. jeii parli oder parturc). rechtlicher natur ist es
nicht: die fälle wo dennoch von rechts wegen getheilt und
gekoren wird gehören der poesie an. es sind das die öfters
wiederkehrenden sagen von einem jugendlichen übelthäter
dessen gesinnung durch eine vorgelegte wähl zwischen werlh-
voilen und werthlosen oder gar schädlichen gegenständen,
wie aber ein kind sie liebt, auf schuld oder Unschuld geprüft
wird (märchen 2, 2e auf!, s. vii f.): da greift jedesmal eine
höhere band ein, zu schneller und guter entscheidung lei-
tend, und es bewährt sich 'die kindheit der gedanken, die
obst für gold erkiest' (Opitz).
WILH. WACKERNAGEL.
VERLÖBNIS UND TRAUUNG.
Es ist bekannt wie im achten Jahrhundert der Staat mit
der kirche übereinkam die rechtsgültigkeit der eben fortan
abhängig zu machen von der mitwifsenschaft und dem segen
des geistlichen, und zugleich bekannt wie dennoch das ganze
mittelalter darüber hingegangen ist bis die kirche ihre im
Christen ihum wohlbcgründeten ansprüche durchgesetzt und das
Volk sich überall gefügt und gewöhnt hatte das rein bürger-
liche Verlöbnis gegen die kirchliche trauung zu vertauschen
oder doch in dieser erst den rechten vollen abschlufs des
Verlöbnisses anzuerkennen*, ein nothwendig begleitendes re-
sultat dieses lang andauernden kampfes zwischen altem recht
und neuem gesetze war die fortschreitende schmälerung der
unkirchlichen förmlichkeilen durch welche nach altdeutschem
brauch das eheverlöbnis befestigt ward, und als Vorbereitung
des gänzlichen verschwindens das hinabsinken derselben auf
die niederen stufen des Volkslebens, wo der unterschied zwi-
schen ehe und concubinat nur ein geringeres mafs practischer
bedeutung hatte, günstige umstände haben uns eine hinrei-
chende anzalil von Zeugnissen und dcnkmälern aufbehalten
' wo man und so lange man von li-auung nichts wustc, bestand
zwischen veilöbnis und Vermählung kein rechtlicher unterschied ; da-
her hrut auch gcmahlin, gemahelc auch braul bedeutete.
VERLÖBNIS ÜIND TRAUUNG. 549
(He wenigstens vom 12n jalnlmndcrl an bis zum 15a diesen
slufengang deutlich vor äugen legen.
Dem 12n jahrh. geliört das zuerst von 3Iafsmann (rhein.
museum f. jurispr. 3, 281 ff.) bekannt gemachte Formular des
eheverlöbnisses freier Schwaben (leseb. 1, 189 f.), eine auf-
zeichnung erst der feierliciieu reden mit welchen der Schwabe
die Schwäbin des mitbesitzes all seiner guter versichert,
dann der Sinnbilder welche den Übergang der braut aus der
band des geborenen vogles in die des ehelichen bezeichnen ;
jene noch in alter fülle, altem schmuck der poesie, diese
noch theilweis hindeutend auf den altgermanischen rechts-
grund der ehe, den kauf des weibes. demgemäfs steht auch
der bräutigam redend und handelnd im Vordergründe, nächst
ihm der geborene vogt der braut, ihr vater oder ihr näch-
ster verwandter von vatersseite : ihr selber bleibt an dem
ganzen rechlsgeschäfte nur ein ganz passiver antheil; keine
meidung davon dafs sie zuvor um ihr jawort befragt worden,
und eben so wenig ist von kirchlicher einwilligung und ein-
segnung die rede, der bräutigam kauft und begabt die braut,
so enphuhet er si, luide habesimci in haec munera uxor
accipitur.
Im 13n jahrh. pflegen die höfischen dichter, wo sie von
geschlofsenen eben erzählen, zugleich der Irauung durch
priestershand oder doch eines vor der kirchengemeinde ab-
gelegten bekenntnisses zu gedenken, aber nicht als wären
diese benedictio, diese professio unumgängliche bedingungen,
nur weil es so wohlanständig sei und glückverheifsend (Gottfr.
Trist. G26ir.). die volksmälsigen dichter dagegen wifsen nur
von einem Verlöbnis vor zeugen aus dem laienstaude (Gudr.
6593), und nunmehr auch von einem jawort der braut (Nib.
568.1622. Gudr. GGS-i); nach vollzogenem beilager gehen
mann und weih wohl in die kirclie (Nib. 594), aber es scheint
nicht um ihre ehe nachträglicji segnen zu lafsen. dieser ge-
gensatz zeigt uns das unkirchliche Verlöbnis als altes, jetzt
schon auf das niedere volk, und auch da l)ereits mit einer
concession sich einschränkendes recht ; die kirchliche trauung
als eine neue fremde gesetzlichkeit, der einstweilen die hö-
heren stände anfangen sich zu bequemen, das nun übliche
eheritual des volkes wird uns in dem raeicr Helmbrecht aufs
550 VERLÖBNIS UND TRAUUNG.
anschaulichste vorgeführt, der dichter beschreibt die Vermäh-
lung eines räubers, Lämmerschlind, mit Gottliuden, einer
bauerndirne (1507 ff.).
vf stuont ein alter grise;
der was der worte ivise,
der künde so gctdniu dinc.
er staltes beide in einen rinc.
er sprach ze Lemberslinde
' loelt ir Gatelinde
Glichen nemen? so sprechet Ja*
'gerne sprach der knabe sä.
er vrcigte in aber ander stunt.
'gerne sprach des knaben munt.
zem dritten male er do sprach
'nemt ir si gerne?^ der knabe jach
'so rnir sele undc lip,
ich nime gerne dize wipl
do sprach er ze Gotelinde
'weit ir Lemberslinde
gerne nemen zeinem man?^
'ja, herre, ob 7nir sin got gan.'
'nemt ir in gerne?^ sprach aber er.
'gerne, herre l gebt mim herV
zem dritten male 'ivelt im?'
'gerne, herre 1 nu gebet mirn^
do gap er Gotelinde
ze wibe Lemberslinde,
U7id gap Lemberslinde
ze manne Gotelinde.
si sungen alle an der stat.
vf den vuoz er ir trat.
die gegenwart eines copulierenden priesters wird dabei we-
der von den hochzeitleuten noch von dem dichter vermifst:
aber schon beruht auch die ganze feierlichkeit der haudlung
in der dreimaligen frage und dem trille des bräutigams auf
denfufs der braut, dem zeichen der besitzergreifung und der an-
getretenen herrschaft (rechtsalt. 142. Freiberger stadtr. 189)*.
wer auf den rechten fufs eines Zauberers trilt, in den geht die
Sehergabe des letzleren über: lieders. 1, 593.
VERLÖBNIS UND TRAUUNG. 551
Wie iiiiii im 14n jalirhunderl? aus diesem haben wir
in dem jjediclile von Melzcn und ßclzcn hochzeil (Diut. 2,
78 ir. lieders. 3, 399 ff), dessen iieiniat in Schwaben zu su-
chen ist, ein seilcusliick zu jenem abschnitt des österreichi-
schen meiers llelmbrecht, und da lallt es dem verfafser,
nachdem Metze und Betze die nur noch einmalige frage eines
alten bauern vor all den übrigen bäurischen hochzeitgästen
bejaht und somit den ehesland geschlol'sen haben, da lallt es
ihm bereits auf dal's weder schüler noch pfalFen zugegen ge-
wesen seien.
'nu swiget, all unde juncV
sprach der wise Nuodiinc.
'Bez, du bist ein grad man ;
wiltu Mezeil zuo der <1 hdn?'
er sprach 'ja, loil si mich'
Nuodmic sprach '31eze, gich:
willu Bozen hdn zuo der e?'
si sweic. er vorschles aber me.
'ja, heizet viicliz min muoter.'
Nuodunc spi'ach 'si entuotder
niht dar umbe: gloube mir.'
also nach ir beider gir
wart in diu e bcschafen
an schuoler und an pfafen.
sonst gehl es in allen rechten her, und es ist keine vaga-
bundenhochzeit : Metze bringt ihrem manne sowohl eine
stattliche milgift zu, als auch diese von Beizen mit schönen
gegengaben 'widerleil' wird ; von symbolischer überanlwor-
lung derselben erzählt jedoch der dichter nichts, vielleicht
nur weil er vorwärts eilt, was aber für uns hier das wich-
tigste ist, morgens nach dem beilager ziehen Betze und Metze
im fröhlichen gcleit ihrer hochzeitsgästc zur kirche und wer-
den da am beschlufs des gottesdienstes noch einmal priester-
lich zusammcngegcben , wie das der text des licdersaales
s. 407 ausführlicher, der in der Diutisca s. 81 kürzer und
mehr andeutungsweise berichtet.
do zogle miinglich df dir rart
der mit ir zuo der laichen looll.
man vuortcs als man billich soll
552 VERLÖBNIS UND TRAUUNG.
höflich unde schöne :
ei?thalp tneier Crone ;
anderhalp do greif si an
der g-7'dwe meier Colmon.
Diem und Liiigart beide,
den was der hriitlouf leide, ,
wan si Mexen gespilen ivdn;
die muosten vor ze kilchen gun.
do man gesanc und allz ergie,
wan gaps zesameji, als nu ie
da her die Hute hänt getan. "
die briit hiez man daz paz enphdn:
daz buoch bot ir der mesner.
Während somit diese dichterstellen für eben dasselbe
land, wo noch im 12n jahrh. das alte volksrecht der Verlöb-
nisse unverkümmert galt, nun im 14n die priesterliche trauung
auch eines bäurischen ehepaares schon als rechtlich befser,
ja als nothwendig neben und nach dem verlöbnis anerkennen,
und zugleich die feierlichen reden bei letzterem nun auf das
äufserste mafs zusammengeschmolzen zeigen , nimmt das
wahrscheinlich gleichzeitige landrecht von Berg die alle ge-
wohnheit der laiencopulalion selbst noch für die ritterschaft
in anspruch : iva?i ein man van ridderschaft ein wyf nemen
wil, mach sie zosamen geven ein leyhe vur den luyden of-
fenbairlich : dat wise?i die ridderschaft ind scheffen van
Upiaden, dat sye ein rechte echtschaft under die ridder-
schaft ind eine aide gewoenheit Lacomblet s. 95.
Wir besitzen jedoch aus eben dieser zeit und gleich-
falls vom Niederrhein noch ein anderes und ausführlicheres
Zeugnis, ein ziemlich umständliches Verlobungsformular nach
kölnischem rechtsgebrauch (aus einer haudschrift der kölni-
schen Statuten milgetheilt von WallrafiF in der samml. von
beitr. z. gesch. d. st. Köln 1, 159 f.); und diese gewährt
in der hauptsache wesentlich dasselbe resultat als jener be-
richt über die bauernhochzeit in Schwaben, es lautet aber
dies interessante denkmal folgendcrmafsen.
der (lichter fingiert um seine personen wichtiger zu machen, erst
sie hätten die sitle der kirchlichen copulation aufgebracht.
VERLÖBNIS UND TRAUUNG. 553
So wer irre zive zosamen gevcn sal so der e, de sal
dese wort sprechen, de hernä stent.
Item Zorne irsten sal he vrdgen den man 'bistu he, dat du
Beilgen {pf loe si heist ; den namen sal man nennen) zö
eimc 6ligen loive ind z6 eime bedgenössen' havvn wultT
so sal der brudegem sagen 'ja ich! so sal he de brüt vrd-
gen mit ii^me 7iamen 'bistu he, dat du Heinrich {of we sich
der brüdegam mempt) haven wult z6 eime mumber** ind
bedgenösse?i ? etc. so sal si sagen 'ja ich.' so sal der
brüdgam dan den rinc nemen ind stechen dan den rinc der
brüt in iren vinger neist dem kleinen vinger\ etc. dan
sal der gene, der si z6 hof gift, dat siden doch mit xij
tomeschen in dat doch gebonden nemen-];'];, ind sal sagen
'ich bevelen iich z6 hof up frenzer erden mit golde ind ge-
steinen, silver ind gold, beide nä Franken wise ind Sasse?i
e ];•]"];, dat ürre gein den anderen lassen ensal umb lief noch
umb leit noch um gein dinc dat got an eme geschaffen hat
' a\is. gibeddcd, in der inLd. gencsis g-ci/eZ/e; Rollenbagcn froschin.
1, 9 (auch in männl. form von einem weihe) schlafgescll.
muntbor muntporo vormund vogt.
■{• in (lerne fierden scinent ßngerlln die zieren, dd mite der man
spulget [spulget d. ynanl sin wib viahilen \mahilan'\ fundgr. 2, 14.
ringe als zeichen der Vermählung, öffentlicher wie heimlicher, laPsen
sich bis in die ältesten zeiten nachweisen (rccbtsalterth. 177 f. 432):
ist somit der reipus ri'pus, hei Franken und Langobarden der symbo-
lische kaufpreis der braut (rechtsalterth. 425 f.), also auch des rechtes
ihr den brautring anzustecken, unser hochd. reij'f mit umgekehrter
Übertragung gebrauchen wir Schilling fiir schlag, weil unter umstän-
den eine anzahl gerichtlicher schlage mit eben so viel Schillingen konnte
abgekauft werden.
■{■f dat doch wie der rinc: also bekannte, altgewohnte Symbole,
die zwölf lorneschen (kleine silbermünzen von Tours, tiironcnses, toui'-
nois) die der zuhaufgebende von dem bräutigam empfängt, und die her-
nach im namen der braut an die armen verschenkt werden, sind der
reipus der alten Franken.
-j-f ■}■ Köln liegt auf fränkischer erde, aber so dafs Franken- und Sach-
senrecbt einander dort begegnen : daher wird beim Verlöbnis auf bei-
des geachtet, aber worin ? etwa indem die braut nach fränkischer
weise mit band und halm, nach sächsischer mit torve inde tvige über-
geben wird (vergl. rechtsalterth. 128. 431)? nur ist dann neben dem
tuch mit silhermünzen in der band des verlobenden eine bestimmtere
erwähnung dieser beiden cbaracteristischen Symbole zu vermifsen.
554 VERLÖBNIS UND TRAUUNG.
oder geschaffen mach hissen wanden ^ dan sal der gene,
der si zösamen gift, dat doch dal de torneschen in hat
ebne gcven de it der brat behalde : de sal dan dat gell
umb got geven armen luiden. dan sal de brütgem der brät
schenken üsse eime kopp, ind der brüdgem sal irst drinken,
ind der brüt dar nd schenken".
Hier mangelt es zwar nicht an alterthümlichen Worten
und Symbolen, und das ganze macht den eindruck eines bla-
fseren gegenbildes zu jenem Schwabenverlöbnis des 12n
Jahrhunderts : gleichwohl ist nicht zu verkennen dafs hier
absichtlich unentschieden gelafsen wird wem es zustehe braut
und bräutigam zusammenzugeben, ob einem priester, ob nach
altem gewohnheitsrecht einem weisen laien : mit raura geben-
der weitläuftigkeit heifst es wiederholentlich nur so wer irre
zwc zösamen gevcn sal zö der e, — der gene der si ze höf
gift, — der gene der si zosamen gift.
So ist das 14e Jahrhundert auch in diesem stücke wie
in vielen andern der entscheidende Wendepunkt zwischen al-
tem und neuem ; im 15n ward der sieg des kirchenrechtes
vollendet und der schlufs der ehe als eines sacramentes gänz-
lich und allein den bänden der geistlichkeit überlaCsen. wie
aber diese nunmehr bei der copulation verfahren sei, wie sie
da blofs den canonischen Standpunkt eingenommen habe, lehrt
uns eine für priester bestimmte anweisung Ad Copidandum^
die sich in einer breslauischen papierhandschrift (iv, 9. 8°.
bl. 56) erhalten hat.
Poslquam vefieris ad locum copulandi, primo interroga
nomina cor um. die primo ad vir um ' Petir, bis tu her ka-
nten , das du katherinain will nemen czu eyjiir elichin
frawen T post responsionem sui, scilicet viri, Rouertc te
ad virginem, et conclude eadem vcrba dicens ' katlierina,
bistu her kamen, das du will petir czu eine elichin manne?^
Post responsionem Interroga virum de periculis instantibus,
* der bei allerlei verlrägen übliche weinlrunk: rechtsalterlh. 191.
(vergl. II. 3, 295 ff.), das ebenda s. 441 aus Gottfr. Trist. 12642 ff.
angeführte trinken frühmorgens nach dem beilager bezeichnet der dich-
ter selbst als eine vorzeitliche, zugleich wohl auch als eine fremde
sille ; in dem gedieht von einem Übeln weibe 2S if. werden eier in
schmalz und brot und als trunk zum efseu auch ein becher morafs
vors bell gelragen, •■ •
VERLÖBNIS UND TRAUUNG. 555
vtrum. ipsc habet vxorcm, rel promiserit altcri, cl de pro-
pinqiiitate seil amicicia. st non dabit responsioiie.m quo ad
periculum, tiinc interroga virginem eadem verba similiter quo
ad virum fecisti ; et tiinc publice htterroga omries ci'rcumstan-
tes si sciunt depericulofuturo; quod dicunt manifeste, et. postca
tacea?it. post hoc accipe Manum dexteram viri et dextcram
virginis, et coniunge eas adinvicejn, et die ad vir um illa verba
'Sprich mir noch, petir. Ich petir nevie dich kafherin czu
eynre elichin frawen, vnde globe dir des rneync trewe dick
czu vorivesin.' et die ad virgine?n 'Sprich rnir noch. Ich
katherin neme dich petir czu eyrne elichin manne, vnde
globe dir des meyne trewe vnde gehorsam czu leistin bis
an meyn eyide^ Et audi quod verba supra dicta non mu-
tant, quo facto die secreto modo hec verba ' Quos deus
coniunxit homo non separet^ et die 'Ego coniujigo vos in
nomine patris et filij et spiritus sanctiJ Et sie percute cum
supra scapulas etc. recede.
Also doch wenif^stens ein volkslhümlichcs synibol, ein
schlag auf die achsel um dem gedächtnis nachzuhelfen, wie
sonst zu gleichem zwecke maulschellen gegeben werden:
rechtsalterth. 76. 144. 253.
WILH. WACKERNAGEL.
F. H. TH.
Beispiele wo im deutschen die aspirierten laute der ver-
schiedenen Organe auf dieselbe art gegen einander vertauscht
werden wie die Sabiner für II, die Aeolier und Lateiner für
TH die labiale F gebrauchten (z. b. fedus für haedus ge?fs,
veferc für vehere tytiv wegen, fordeum für hordeum ^(jtüri
gerste, fostis für hostis gast; qijo ferus für t^'/;(j tier, fo-
ris für -Ov^u tor, fumus für {)viioi toum, rufus für t^^qöq
rulilus rot"; wie die Spanier seit vier bis fünf Jahrhunder-
ten das F zahlreicher lateinischer grundworle in H vcrwaii-
* F für II zuweilen auch im lalciiiisclien : verf?!. x^.öot iiclvns {(elb
und flavus J'ulvus, -/oli] galle und fei, xiw haurio ifiej'scn uud Jodio
fimdo; uud da für inlautendes F iin lateinischen lieber B gesetzt wird,
nun auch t(jvü(j6s und ruber, ov&u(i uterus cuter und über.
556 F. H. TH.
delt haben (z. b. fiimus in humo : vergl. Diez gr. d. roui.
spr. 1, 184), und die Rufseu S schreiben, aber (1> (ßta)
aussprechen*, dergleichen beispiele finden sich auch im deut-
schen gar nicht selten, schleifen und schleichen, taufen und
tauchen sind wesentlich eins ; wie denn auch die alamanui-
sche mundart ein von schlicheti hergeleitetes faclitivum
schleiken hat im sinne des hochd. schleifen und des eigent-
lich niederd. schleppen, das niederl. und das nhd. haben eine
ganze reihe von worten mit CHT für FT : sacht echt be-
schwichtigen Schlucht gerächt für sanft vhaft swiften schluft
gejmfte*". aus dem F m ßehen fliehen, welches ursprüng-
lich scheint (vergl. lat. jüico precor), machen die Gothen
ein TH, thlaihan thliuhan. ebenso nQ^Treip, frevel, ags.fro-
fer, ahd. fluobara trost : dagegen goth. thrafstjan trösten-
umgekehrt ist das hochd. F in finster der secundäre, das D
d. h. TH in dinster düster der eigentlich gebührende laut:
vergl. xdvM tenebrae du?ist. H für TH zeigt das goth. ahma
TTffVfiu, verglichen mit urftö^ und odcrn. das H im goth.
auhns tcXijupog stimmt zu lat. ignis (vergl. mythol. 359) :
im hochd. heifst es ofen.
Sonst erscheint dieser Übergang von H in F als beson-
dere eigenthümlichkeit der fränkischen, vielleicht auch der
langobardischen mundart: eine handschrift des Gregorius Tu-
ronensis auf 3Ionte Cassino gewährt Flotharius Flodouechus
(Pertz, archiv 5, 55); ebenso kommen anderweitig /7or/o«/'-
dus und Frodoaj'dus vor, und in den Reali di Francia Fiovo
als entstellung von Chlodoveus ^ das hochd. hroch rock lau-
tet im latein. der fränkischen klöslev froccus floccus ^ und
wie daher noch das französische froc, so wird auch flanc,
ital. fianco auf ein hochd. hlancha als ältere form für lancha,
weiche, zurückzuführen sein.
Nach diesen vorläufigen bcmerkungen möchte ich bei ei-
nigen Worten, deren etymologie von interesse, aber ohne die
* aulTalleiid wie umgekehrter weise der gotliischo buchstab für TH
dem griechischen 0 bald ähnlich ('/'), bald vollkommen gleich sieht.
' ** die Wurzel von swij'ten (oicpojv aupXög sibiliis) zeigt aber auch
sonst im deutschen stäts den gaumenlaut, swigcn sweige (die zusam-
mengeblasene herde) swegald ; sie vereint in sich die begriife hohl bla-
sen und zischeln. . >. ■.^.^. ..■ ,
F. H. TH. 557
annähme solches aspiratenwechsels kaum erreichbar ist, in
etwas länger verweilen dürfen.
1. Hermann Müller (die marken des Vaterlandes s. 97)
belegt afa apa als nebenform von aha ahva, lat, aqua; sei-
nen beispielen ist Ascapha (geogr. Rav.) beizufügen, und
Schaffhausen das an die stelle von Ascapha gebaut w erden :
Schaffhausen ist dieselbe aphärese von Aschaffhausen wie
Schafnahurgum von Aschafnahurgum und Falterbach (Schmel-
ler 1, 89) von Affalterbaeh. zu eben diesem afa gehört
auch apfel die saftige frucht, Avie pomum zu poto^ und das
einfacher gebildete schw. masc. äffe: das thier wird damit
als ein über see gekommenes bezeichnet; also ein wort wie
meerkatse meerschweinchen . das pferd, auch ein überseei-
sches thier, nach dem mythischen ausdruck eine Schöpfung
Poseidons, hat seinen pelasgischen und altsächs. namen von
derselben wurzel, /'xxo? (dorisch für Ynnog) equus ehti; vergl.
aequor, aequus wafserrecht, ln^üg, tx^i^vg wafserläufer (zu
■&i(a wie fuOüg) fisch.
2. Das mittellal. feodum feudum mufs, wie es auf ein
eigenthümlich deutsches rechtsverhältnis geht, auch einer deut-
schen Wurzel entsprungen sein : an das lat. fidcs oder foe-
dus wird niemand mehr im ernste denken, aber aus wel-
cher? aus ßan fijan, als erkriegtes feindesgut? und dann
vielleicht eine Umbildung des gotli. fiathra feindschaft? dem
widersprechen die laute co und cu; aus ßands ist auch kein
feund geworden, oder, worauf die Schreibung yea^/c?«*- (urk.
von 1217 bei DuCange) führen könnte, eine Zusammensetzung
mit aud od gut, wie alaudes alodis (rechtsaltcrth. /i93. 950)
und wie der eigenname Faidaudes {faida fehdc) auf einer
römischen Inschrift zu liasel- Angst ? dem aber widerspricht
die kürzung yt'«.y, die iinmitlelbur neben unverkürztem alode
zu lesen (urk. von 9G0 bei DuCange) und das zweite F der
formen f<'fß'offare^ das mit dem D von aud nicht zu ver-
einigen ist. alle sciiwierigkcilen heben sich so wie man ß':o-
dum ßcofurn ß'eus, zunächst ein fränkisches worl, als frän-
kische ausspräche des goth. thiulh, und dieses subslanlivisch
auffafst. thiuths gehört mit thiuda zu der wurzel ihius die-
ner, thivi dienerin, ahd. dionon dienen : thiuda das dem
könig dienende volk, ihiulhs dienlich, gut, und als neutr.
l
1
558 F. H. TH.
subst. wiederum gut. hier noch bestimmter das wofür, wo-
von man dient, diensfgut; wie denn auch servitiurn im sinne
\on feil dum gebraucht wird, gut im allgemeinen bezeichnet
es in dem faderphius oAe,v faderphium d. h. faderthiuth des
langobardischen eherechtes.
3. Theodorich der grofse, Autharis der Langobarden-
könig und unter den westgolhischen zuerst Reccaredus leg-
ten sich den namen Flaviiis bei. vielleicht dafs sie dies nur
den byzantinischen kaisern nachahmten, die sich Flavier
nannten seitdem Constantinus den geschlechtsnamen der bei-
den Vespasiane gleichsam als kaiserlichen titel erneuert hatte;
vielleicht aber dafs sie zugleich oder auch allein ein deut-
sches wort dabei im sinne hatten, das goth. thiaqvus uttu-
f.ög: als königlicher beiname entspräche das zunächst dem
clevicniissimus und dementia im titel der römischen kaiser.
auch wir sagen jetzt Jlau mit F, und schon des Arminius
bruder hiel's Flavus, ein fränkischer hausmeier des ßurgun-
deni'eiches (Fredegar 89) Fluochatus.
4. Ulphilas übersetzt das griechische otuv^joüv mit hram-
jan (vergl. gr. y.ijenm'w^u, ahd. i'ama stütze rahm, i^ctm auf-
gestecktes ziel) ; die lex salica hat die latinisierung adhra-
mire oder achramnire im sinne von befestigen, bestätigen;
dazu in einigen hss. (Diut. 1, 330) die Variante adframire.
dies leitet auf die richtige erkläruug der mishandclten fra-
mea der Germanen : es ist die haftende und heftende, mit
unverändertem H ist auch Rhamis hierher zu ziehen, nach
Strabo 7, 1 der name von Scsithakos gattin, und mit dem
lippenlaut das deminutivum fvunca, im ags. ein wurfspiefs.
alsdann hat das volk der Franken eben wie das der Sach-
sen seinen namen von einer characteristischen walle em-
pfangen.
5. Der mittelalterliche name eines waldes und eines gaues
in Schwaben ist Virgun Kirgunt; Jacob Grimm stellt es
gr. 2, 175 treffend zusammen mit dem goth. fairgiini berg,
und eben damit mythol. llGf. die nordischen göltcrnamen
Fiörgjjnn und Fiörgi/n und den liltiiauischen des donner-
gotlcs Perkanas. es wird erlaubt sein noch weiter zurück-
zugehn und auch die Hercynia silva, von der die Virgun
nur ein iheil und Überrest war, und die gewiss mehr als
F. H. TU. 559
eine dem donnergott geheiligte statte darbet, mit fairguni
und Pet'kunas zu verbinden.
6. Das gotli. mathl ayoQo. (mofhlei XaXiä, mathljan A«-
\hv) nimmt mit der späteren zeit drei verschiedene j^eslal-
ten an: die regelrechte Umformung /««ö^rt/ behauptet sich ahd.
nur noch in eigennamen wie Madalger, das ags. madhel
oder medhel auch in zusammengesetzten appellativen (gr. 2,
469) ; sonst heifsl es mahal gerichtsstätte gericht, und mit
fränkischem F in der lex salica mqfolum neben mahalum
(Diut. 1, 330). dazu kommt noch mit assimilation des thl
in eben diesem rechlsbuche und anderswo mallurn jnnitarc
so wie der ortsname Thiotmalli Detmold, während mahal
inahaljau mahnUm begreiflicher weise auch in mal mdijnn
mdlon können zusammengezogen werden, mit diesen so ent-
standenen Worten sind mal fleck Zeitpunkt und indlen pin»
gere, die schon im gothischen einsilbig mel und mrljan lau-'
ten, unverwandt und wohl zu unterscheiden, vergl. rechlS'
alterlh. 746.
7. Endlich das wort ocJise, goth. aiihsus. auch hier
scheint mir ein aspiralen Wechsel im spiele und H für F ein-
getreten zu sein, des lat. ops wegen, das ursprünglich eben
jenes ihier mufs bezeichnet haben, denn es wird erzählt,
als die Sabeller einen heiligen lenz von Jünglingen in die
fremde sandten, sei ein theil derselben von einem spechle
nach Picenum, ein anderer von einem stier in das land der
Opiker, der häufe der späteren Hirpincr von einem wolfe
geführt worden (Niebuhr I, 103). die Picentiner führte ein
picus, die flirpiner ein hh'pus : denn so ward auf samuitisch
der wolf genannt; demnach kann der stier an der spitze des
dritten zuges nur ops geheifsen haben, und da dieses P im
lateinischen unverändert bleibt (die bedeulung ändert sich wie
von pecit in 2)cciüna), während sonst, wo im oskisclicii P
für C oder Q steht, die Lateiner den gebührenden laut her-
stellen (z. b. osk. po, lat. que, goth. nh : vergl. Olfr. 3Iül-
lers Elrusker 1, 30 — 32), so hat die verlauscliuiig des lip-
penlautes gegen den kehllaut, die im deutschen auhsus vor-
liegt, eben erst im deutschen, erst auf der stufe der aspira-
tion stattgefunden, hier aber ist der wurzel noch ein
560 F. H. TH.
abieilendes S angehängt worden, was gerade bei thiernamen
besonders häufig vorkommt: gr. 2, 275.
WILH. WACKERNAGEL.
DREI LÜGENMÄRCHEN.
I
fViencr hs. 2705 (Hoffm. w» xxxiv) bl. 145=" ^
Ez ist der lügenaere
so rehte lügebaere,
daz er liuget alle zit
und daz im lüge wol ergit.
er liuget naht, er liuget tac, 5
er liuget swaz er geliegen mac;
er liuget sinen vater an,
siner muoter liuget er sam,
er liuget siner swester ;
diu lüge ist dannoch vester 10
die er sineni bruoder tuot.
des stet ze lügen gar sin muot.
er liuget her, er liuget dar,
er liuget stille und ofenbär.
also liuget er durch daz jär, 15
daz man wirt siner lüge gwar.
e daz er niht enliege,
er lüge e daz ein stiege
in den himel reihte ;
er lüge daz ein mucke seihte, 20
ez tribe wol vier mülrat.
liegens wirt er nimmer sat,
liegens kan er ein her,
er liuget daz daz mer
üz trunke ein ämeiz, 25
und liuget daz er einen scheiz
6. die hs. gelivgen wie 42 livgen, 22. 23. 41 livgens 24. ^2. fehlt
ein ivort.
LüGEINMARCnEN. 561
einen so grozen lieze,
der einen berc nider stieze.
im ist so rehte wol mit lügen,
er lüge e daz die berge flügen 30
noch sneller denne die valken.
er kan vil gewaiken
rehte als ein lügevilz,
er liuget daz einer siuren milz
si groezer denne eins husen. 35
er liuget, mit dem musen
vieng er einen walvisch,
und leite den uf sinen tisch ;
den louc er drier raste lanc.
Sit im an der lüge gelanc, 40
so kan er liegens harte vil,
so niac er liegen swaz er wil.
dennoch liuget er ofenbscre
daz er vierzec müraere
fuorte in einer nüze häl 45
(solher lüge kan er schal)
unz enmitten üf daz mer;
da hiez er müren durch wer
zvvene turne üf ein' linden blat;
der lügensere mit flize bat 50
daz die steine wahren märniel rot,
ob er koenie in dehein not,
daz er sich dar ufe nern solte, ü> ' :
ob im iemen schaden wolte.
der selbe lügewise 55
der liuget daz er üz ise
ein guot fiuwer mache,
und liuget daz ez krache
als ein praslelender wile :
da ist der lüge genuoc mite. 60
34. siure milbc 35. hs. ein 3r>. den 38. sinen Ivge tisch
30. (Irie 44. movraere 45. 46 scheinen verderbt. 52. er]
hs. der Ivgnaere 59. 60. prastelvader wit : mit. von isländischem
eise, so hart und trocken dafs man damit heizen kann, erzählen Adam
V, Bremen und das hruchstück einer iveltbeschreibung J'undgr. 2, 5.
Z. F. D. A. Jl. 36
562 LÜGENMÄRCHEN.
der selbe lügewsehe
der Hiiget daz er siehe
üf den wölken varn einen slilen
mit so snelleclichen silen,
diu geliche als er flüge. ß5
er louc daz in ein esel züge,
und üf dem selben sliten reit
siben frouwen wol gekleit;
die fuorten alle kröne.
dö liefen neben in schone 70
zwelf garzilne,
die bliesen busüne ;
die horte man lüte hellen.
guldiner schellen
der hienc gnuoc an dem sliten. 75
dar nach tüsenl rilter riten
mit als manigem soume ;
der liigenajre nam des goume
daz si nach dem selben sliten
allez üf den wölken riten, 80
und wolten da mite über mer.
also liuget er äne wer.
er liuget, er seehe" üf einer wise
iV daz ein getwerc unde ein rise,
die rungen einen halben tac. 85
dö nam daz getwerc einen sac,
da stiez ez den risen in ;
und liuget, ez liefe da mite hin
siben lange raste,
und baut in zeinem aste 90
üf ein boum wol tüsent kläfter hoch.
daz getwerc da mite dan zöch
und lie den risen hangen.
t da was diu lüge ergangen.
er liuget, er sa*he üf einem wasen 95
GG. in fehlt in der hs. 71. 72. 73. garzvne bvsvne Ivte. ein räth-
sel über jähr monate ivochentaj^e {vcvgl. Reirun. v. Zw. vdll. 2, 311'').
wird hier als lüge missvcrstanden. 86. hs, da 91. einen
94. oder dö? ;. • , n'.i.v v »
.t>! '
LUGENMARCHExX. 563
slriten einen wilden hascn
hier bricht der Schreiber ab, und folgen statt des übrigen
SVa leere spalte.
n
Ein ander lacherlich Lied.
In Frauwen Lobs Speteii Thon.
Liederbogen in 8. Basel bei Joh. Schröter 1612 5 die verse
nicht abgesetzt.
Eue ich auff Erd geboren was,
vnd eh die Mauter mein genafs,
in einem Landt da hört ich das
Ein Esel, Ku, die selben spitzen liesen.
In einem alten schüsselkorb, 5
dem waren weib vnd kind gestorb,
das klagt sich ein seges worb, '" ' •
der bracht jm gelt, vnd darzu Kornzinsen.
Dem schüsselkorb ward wee zu einem kinde,
ein hafenräfF ward gefatter so geschwinde, 10
er gbar ein stal vol gutler feifster Schaffe,
del's frewet sich ein läre tasch, j
ein bettelsack ein maltzeu fliisch,
ein ofengabel in der äsch,
die kamen dar mit jhren gespiele gloften. 15
Das was ein dryfufs vnd ein rost,
ein kesselring gab jn gut trost,
ein hechel ein armbrost
die kamen dar, mit eins kr.lmers Hütten.
Elin (Jumpeslfals ließ" mit jn dar, 20
ein spatz einen jungen hund gebar,
defs ward, ein Slorckennest gewar,
es lieir auch dar, in eines Münches kulten.
Sie namen rat by einem alten karren,
wie sie allzeit inn freuden selten harren, 25
ein kunckel vnd ein haspcl wurden gefatter,
sie safsen alle vmb das fewr,
4. lies spitzten linsen: Hans Sachs Kcmiitn. ausg. 1, 165 für alle
Kürtzweil Linsen spitzen gleich wie ein Kind bei einem Jahr.
36*
564 LÜGENMÄRCHEN.
nun hörend fürbafs abenthewr,
dazu kam ein öde scheur,
ein kiibel malck an einen dürren gatter. 30
Ich stund eine kleine weil darbey,
ein lamer erlieff drey Hasen frey,
ein nackender nam jras alle drey,
vnnd stiefs sie in den busen behende.
Das sah ein blinder stumm der sprach, 35
ein Igel einen baren stach,
ein katz fieng meufs in einem bach,
ein kuchen schlug den koch wol vmb die lenden.
Defs Irewen sich häfen kel'sel vnd auch pfanne,
mit freuden dantzt ein alt futer wane, 40
ein kuh gieng auff ein seil vber ein grabe,
f. ein Esel sprang mit freuden embor,
da dantzt dort her ein grosse Mor,
ein kalb das pfieff hin durch ein ror,
ich mein nit das, kein man gesehen habe.
(H
III
Ein kurtzweiligs vnd lächerlichs Lied, Vom SchlaurafFen
Landt, welchs das allerbest Landt auff Erden ist, etc.
Im Thon : Wie man den Lindenschmidt singt. Getruckt
im Jahr 1611.
Der Schrift nach z-u urtheilen von Joh. Schröter in Basel
gedruckt i die zeilcn nicht abgesetzt.
Nvn höret zu vnd schweiget still,
{,,■ vnd höret was ich euch singen will,
von einem guten Lande,
es blieb mancher daheimen nit,
wenn jhm das wer bekandte. 5
Die gegend heist Schlauraffen Landt,
ist faulen Leuten wolbekandt,
ligt hinder einem Berge,
6. SchlaurafTe aus schlauderaffc {Seh. Braut im iiarrenschijf schluder-
affe) wie mundartlich schlauren aus schlaudern schlüdcru nachläjsig
arbeiten, faulenx-eii.
LÜGENMÄRCHEiN. 565
derselb ist nichts den lauter Dreck,
wer nein will niuls die zwerche. 10
Sich beissen durch den Berg hiuaul's,
gaiilzer drey Meiin, vnnd wenn er nauls,
kompt rede ichs ohn schaden,
da sein alle Häuser gedeckt,
mit eytel Eyerfladen. 15
Welche Magd oder Geselln,
dil's Lands Ort geniessen wciUn,
mögen sich dahin verfügen,
wenn man die Dacher brichet ab
haben sie Fladen mit genügen. 20
Thür vud die Wand das gantze haufs,
ist gut Leckkuchen vberaul's,
die TrAm mit Schweinen Braten,
kaulll einer dort ein pfenning werth,
hie gilts einen Ducaten. 25
Vmb jedes haufs so ist ein zäun,
geflochten von bratwürsten braun,
resch gebraten frisch gesotten,
es mag sie essen wer da will,
sein niemand nicht verbotten. 30
All Brunnen voll Malvasier da sein,
rinnen eim selbst ins Maul hinein,
vnd andere süsse Weine,
vnd wer sie gerne trincken thut,
der mach sich bald hineine. 35
Die Fisch wol auff dem wasser gähn,
gebacken, gebraten, gesotten schon,
bey dem Gcstad gar nahen,
vnd gehen auft" das Land heraufs,
lafsen sich gerne fahen. 40
Auch fliegen vmb mochl jhr glauben,
gebratne Vogel, Gänfs und Tauben,
vnnd wer da ist so faule,
der sie da wolte fahen nit,
dem fliegen sie selbs ins Maule. 45
Die Säw all Jahr gar wol gerahten,
17. lies An
566 LÜGENMÄRCHEN.
laufifen herumb vnnd sein gebraten,
tragen Messer im Rucken,
damit keiner gesaumet werd,
das jeder schneid ein stücke. 50
Die Creutzkafs wachsen wie die stein,
im gantzen Lande grofs und klein,
das mag ein jeder glauben,
die stein sein all zu essen gut,
sein lauter Karpffen vnd Tauben. 55
Feilt im Sommer ein Wetter ein,
so regnets lauter Honig fein,
alle die gerne schlecken,
die lauffen in das Land hineyn,
da haben sie zu lecken. 60
Im Winter wenn es schneyen thut,
schueyt es lauter Zucker gut,
gute Rosin vnd Mandel,
vnnd wer sie gerne essen thut,
der hat ein guten Handel. 65
Auff den Thannen wachsen KarpfFen,
wie hie zu Landt die Thannzapffen,
auff Fiechten wachsen Schnitten,
auch thut man von Birckenbäumen,
gute Speckkuchen schütten. 70
' Auff Weydenbäuraen wechst auch frey,
frisch Semmel vnd Löffel darbey,
> darunder Milchbäch fliessen,
die fallen selbs in Milchbach nein,
das jeder kan geniessen. 75
Liederlichs Gsind, faul Megd und Knecht,
sein in das Land gar eben recht,
wol auff Gretlein vnd Stoffel,
macht euch zu dem 3iilchbach hinein,
mit ewerm grossen Löffel. 80
Wer Rolfs hat wird ein reicher Meyer,
sie legen grosse Körb voll Eyer,
gar manchen grossen hauffen,
55. 66. lies Krapffen
LÜGENMÄRCHEN. 567
tausendt man vmb einen pfennig gibt,
noch will sie niemand kaufen. 85
Auls Eseln schütt man Feigen gut,
auch wer sechs grosse Gröltzer thut,
bekompt sieben batzen zware,
vnud welcher auch nicht gerne zahlt,
wenn die Schuldt alt wird ein Jahre. 90
So mufs jhm sein Glaubiger eben,
noch so viel Gelts darzu geben,
solch freyheit hat ein jeder,
vnd welcher da sein Gelt verspielt,
dem gibt mans zwifach wider. 95
Ein furtz gilt auch von jederman,
ein batzen wer nur wol fartzen kan,
darff da vmbsonst nichts ihone,
vnd der ein grosse Lügen thut,
der hat all mal ein Kronen. 100
Hie leuget mancher viel vmbsonst,
dort helt mans für die beste kunst,
all die wol können liegen,
die auch darvon nit werden rot,
thun ins Land all wol tügen, 105
Es hat grofs Walde in dem Land,
darinnen wächst das best Gewandt,
Rock, Mäntel vnd auch Schauben,
Wammes vnd Hosen auch darbey,
da mag jm einer raul's klauben. 110
Darzu wächst aufF der wilden Heyden,
Damasch t, Sammet vnd genede Seiden,
darzu gut Englisch Thuche,
auff den Stauden da wachsen auch Hut,
Stiöel vnd gute Schuhe. 115
Das Land hat 3Iärckt vnd freyheit viel,
und der sein wcib nicht haben will,
mag sie vertauschen eben,
man gibt jm eine junge darfür,
vnd gibt jhm gnug darneben. 120
Das Land hat auch ein gute gnad,
es hat darinu ein warmes Bad,
568 LÜGENMÄRCHEN.
das ist von grosser KrafFte,
alte LeQt die baden darinu,
die werden jung geschaö'en. 125
Welcher ein alte Frawe hat,
der schick sie auch mit in das Bad,
sie badet kaum drey Tage,
so wird daraufs ein Mäydiein jung,
vngfehr bey achtzehen Jahren. 130
Der am weitsten schiest von dem Ziel,
der gwint das best, hie seind jr viel,
die weit neben aufsschiessen,
ziigen sie in das Land hinein,
da würden sies geniessen. 135
Im Landt ists Geldt zu gewinnen gut,
sonderlich wer viel schlaflen thut,
hat von der stund einen batzen,
da kan er sein Gelt mit schlaffen verdienen,
hie mufs er sehr drumb kratzen. 140
Welche da grosse Trincker seyn,
haben vmbsonst den besten Wein,
darzu ein guten Lohne,
von jedem Trunck drey batzen bar,
gibt man Frawen vnd Manne. 145
Wer gerne arbeit mit der band,
dem verbeut man das gantze Land,
vnnd der nichts guts will lernen,
0 M , der das böfs thut, vnnd lest das gut,
den helt man in hohen Ehren. 150
Wer dolpisch ist vnd gar nichts kan,
der ist im Land ein Edelman,
vnd der nichts kan als schlaffen,
'iMj essen, trincken, tantzen vnnd spielen,
der wird zu einem Graffen. 155
Wer der allerfeulst wird erkannt,
ist konig vber das gantze Landt,
er hat ein grols einkommen,
II. i dcis Landes art vnd eygenschal't,
habt jhr also vernommen, ü ! ii • 160
Der sich will macheu auff die Reifs,
LÜGENMÄRCHEN. 569
vnd der selber den weg nicht weils,
der mag einen Blinden fragen,
ein Stumm der ist auch gut darzu,
thut jhm nicht vnrecht sagen. 165
Solchs ist der faulen Zunfft erdacht,
weil müssiggang nie guts hat bracht,
darmit zu fexiern v^nd straffen,
die lieber hunger leiden denn arbeiten,
das maus weifs ins Landt Schlauralfen. 170
ENDE.
Nach einer andern, vielfältig abweichenden rccension ge-
druckt in den altd. hl. 1, \^^ff. unser te.vt hat manches vor-
aus, z. b. 69jf. den hübschen zug dafs gerade an birken und
weiden, an den bäumen also von loelchen man sonst ruthen
schneidet, hier so gute dinge umchsen ivie Speckkuchen sem-
mel und löjj'el dazu, und die milchbäche darunter hin fliej'sen.
WILH. WACKERNAGEL.
WAR DIE EIDE?
Ich bin verschiedentlich nach dem wortsinn des Spruchs den
ich einer schrifl vorgesetzt habe gefragt worden ; so wenig ver-
breitet ist die künde unserer alten spräche dafs leser an der
Partikel tvar auslofs nahmen denen ein homerisches ttjJ ver-
ständlich gewesen wäre, mich zieht es an wahrzunehmen wie
nahe in solchen ausbrüchcn des gefühls die griechische poesic
zu der deutschen stimmt und das menschliche herz von selbst
ewige formcln llndct. war si?it die eide komen? Nib. 562, 3
wird auch Hol. 76, 12 ausgedrückt ivnre chomen die eide di si
mir swuoren? bei Homer steht das futurum, ttj) Öt) auvOiaiuo re
xui 'ö^jy-ia ßrjGfrai 7]f.ui/ ; II. 2, 339, jenes nfj l'ßav '6(jxiu; wird
aber durch nfi i'ßav fv/oykal ; II. 8, 229 nachgewiesen, ebenso
nov TOI, uniilai; II. 20, 83 und noö toi utihIuI ui'/ofTui; II. 13,
219 und Titj dl] coc fu'vog o'txfTui ; 11.5,472; wa/- kamen dine
sinne? Nib. 784, 1. nicht anders bei Äschylus Choeph. 900
nov dt] TU lumoc Ao^iou fiuiiTtuf.(.uiu r« 7ii'd6'j((i',f>i^(^, itimcc Ö
ivü^natfiuiu; JAC. GllIi\lM.
570
AUS STRASSBURG.
Während ich der zehnten sttzung des ivifseiischaftlichen
congresses i'on Frankreich zu Strqfsburg- beiwohnte theilte mir
herr bibliothecar und professor dr Jung in cod. Joh. A. 148.
4". perg. 12 jh. (bl. l^ auszüge aus homilien u. s. w.) fol-
gende anweisung den oslercyclus zu finden 7nit. bl. 1*. Wil
dv wizzin. wie vil sie vndVzwishen. | winnahten vude vaslvn.
sonim disi zale. | AndSni erstin iäre. sint iiivn wochin. An-
de I mi andVn iäre sibin wöchin. Andme driltin ] zehine.
And*mi vierd*n iäre nivn wochin. | And*mi fivnftin sehsi. And mi
sehstin nivne. | And*mi sibindin ahtöwe. And mi ahtod n iäre|
einlive. And*mi nivnd*n iare nivn wochin. | Andrai zehind n
iäre sibin wochin. And*mi ein | liflin iäre cehin wochin. Andmi
zwelftin iäre | ahte wochin. And*nii dricehind n iäre sibine.|
And*mi vier cehend^i iäre cehin wochin. An | demi fivnf ce-
hend*n iäre ahtöwe. And'mi seh [ cehind'n iäre sibine. And mi
sibincehind^n iäre | nivn wochin. Andmi ahtcehind n iäre ahle[
wochin. And*mi nivncehind'n iäre ahte | wochin. Andmi nivn-
cehind*n iäre einlif wo j chin. Bihaltist dv die zale. dV nivn-
cehin j iäre. so ver irrost dv niniir zeware.
Bei diesem anlafse berichtige ich in der nachricht über die
merkwürdige Vorauer hs. {oben s. 223jf.) einige unangeneh-
me druckfehler. s. 223 z. 18 lies 1158. 20 Aq. 5 v. u.
zweite spalte gotes 1 v.u. iuh {statt ech) s. 227
z. 9 lies 1157 (?).
Aus wahrem inneren bedürfnisse aber benutze ich zugleich
die gelegenheit zu der erklärung dafs nicht nur das verdienst
die Vorauer handschrift gefunden und in ihrem werthe er-
kannt zu haben herrn scripfor Joseph Diemer an der k. k.
Universitätsbibliothek Jetzt zu JHe7i gebührt, sondern auch
die fast durchgängig wörtlich von mir beibehaltene Schilde-
rung ihres einzelnen Inhaltes in jener von 7nir unterzeich?ie-
ten anzeige, ich fügte nur die s. 223 — 225 gegebene ge?iauere
vergleichung der Heidelberger u. s. tv. hdschr. der kaiser-
chronik ein. übrigens war ?iicht dieses der grund warum ich
meinen namen darunter setzte, sondern ein mit der art wie
mir die ganze Schilderung des fundes zu handen kam eng zu-
sammenhängender, was aber beides hier nicht räum rauben
AUS STRASSBÜRG. 571
soll, den ich, aufser der hemerkung dajs die ganze erste no-
lis über den erfreulichen fand ursprünglich vorn r^erjafser
gar nicht ßir diese wifsenschaftliche Zeitschrift, sonder'n Jiir
die Augsburger allgemeine zeitung bestimmt war, lieber noch
dazu benutze herrn scriptor Dicmer schon Jetzt ßir die edle
hereitwilligkeit zu danken ynit loelcher er mir zur endlich
bevorsteheyiden herausgäbe der kaiserchronik den Vorauer
höchst ivichtigen text bereits weiter hinein so sauber als sach-
kundig- abgeschrieben hat. seiner seit darüber das nähere.
H. F. MASS3L\JVN.
NACHTIL4GE UND BERICHTIGUNGEN.
zum ersten bände.
s, 373 in einer niederdeutschen Übersetzung des buches liher Alexandri
M. regis Macedoniae (s. Droysen gesch. des helienismus 1, 715)
beifst es zu den Worten in tlirono erant imagvtcs in quibiis crant
scripti versus graecis litevis et lafinis nomina omnium provin-
ciaritm qiiac serviebant Alexandra — niyt Grekscher, Jodisc/irr vnde
Latinsclier bokstauen. das gemahnt an Tacilus Germania 3 tno-
nmnentaque et tumulos quosdam graecis literis inscriptos, wo der
codex Neap. (Farnesianus) am rande momimta in cojinio gertna-
nie getis iscripta litteris liest. H. F. MASSMANN.
411 z. 13 V. u. — 416 z. 17 ist später aus derselben Miinchener hs.
gedruckt erschienen in Kellers ausgäbe der deutschen gesta Romanorum
s. 155 ff. eine ältere abfafsung derselben erzählung steht im an-
hange der fabeln aus den zeiten der minnesinger (Zürich 1757)
s. 255 ff.
503 V. 12328. eiden ist nicht anzutasten, ahd. egida die egge.
zum zweiten bände.
s. 216 z. 4 V. u. ein reagens wurde von mir nicht angewendet] zu die-
ser hemerkung des hn professor MaPsmann fügt herr von Karajan
die erklärung dafs noch ehe dies«; bliilter der k. k. hofbibliothek
übergeben worden, abt-r nach ihrem abdrucke in der frühliiigsgabe,
von einem anderen galläj)fellinctur angewandt worden sei und dafs
diese bekanntlich erst nach jähr und tag ihre rechte würkung zeige.
232 z. 20 1. ■&()iifJO!uai.
269 ff. die starke flexion des nomens zeigt in erster declination kein
i aufser dem goth. gen. -is, der ahd. schon zu -es, alls. sogar
mitunter zu -as geworden ist; man wird also von wec nur w'c'ges,
kein wiges (goth. vigis) erwarten dürfen, aber in schwacher form
war dem gen. und dal. ahd. -in geblieben, wie goth. -ins und -in
gelten ; hier konnte von prro Iti-po konio vo/o ein gen. und dat.
piriji kipin kuinin vulin eintreten, wofür ich keinen beleg kenne;
bald verdünnt sich auch -inzu-en. unorganisch wird das t der flexion
nicht sein, obgleich ags. -an und selbst nltn. -a stattfir>.dcn, da, frei-
572 NACHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN.
lieh nur ausnahmsweise, umlaut des a durch ahd. -in bewürkt ist,
wie der dat. henin gallo lehrt, für den jedoch meistentheils hanin
vorkommt, das * war also frühe hier seiner kraft herauht. ganz un-
würksam erscheint das schwache weibliche A in bezug auf i und u
der Wurzel ; mau findet immer cheld cheliai, sci'ltd sceltiin, hosci lio-
sün, während dasselbe /1 (oder mag es schon verkürzt u sein) altn.
allgemein a in ö wandelt, atmna ömmu, aska üskii. umgekehrt ha-
ben die ahd. Wörter tild mamma, pipa tremor überall i bewahrt, d.h.
auch im nom. sg. kein h' angenommen, noch besondere aufmerksam-
keit verdient das -n oder -iu der ahd. nom. sg. fem. und nom. acc.
pl. neutr.; denn zwar neben k'e'rc'r lioler wird nicht kiriu huliu gebil-
gebildet, doch neben deser allerdings disiu disii, was sich wiederum
der ausnähme ellii elliu von alli'r an die seite setzen läfst, da die re-
gel smaler smalii, klater klatu weist, nämlich eUu wäre spur eines
alten umlauts des a durch u und gliche dem altn. '611, das sich zu al-
ler allaz verhielte wie disu zu deser desaz. JAC. GRIMM.
s. 300 z. 20 If. ungeachtet die malbergische glosse im Verhältnis zu den
keltischen noch lebendigen dialecten die lautstufe des gälischen hält,
dient doch in vielen fällen das wälsche zu ihrer erklärung, wie ich,
seit ich diese niundart in den bereich meiner Studien gezogen, deut-
lich erkannt habe, die erscheiuung erläutert sich einfach dadurch
dafs von dem alten wortvorrathe der keltischen sprachen manche
Wörter im gälischen nicht, aber im wälschen gehaftet haben, dahin
gehört das wälsche maen der stein, zwar scheint das gälische mein
und 7nen und mian (metall, bergwerk, mine) damit verwandt, aber
unmittelbar hat sich das wort gälisch nicht gehalten, dem wälschen
toi decken, überdecken, überdachen, wovon toad das dach, und
toawl (adj.) dachartig, abgeleitet sind, entspricht nach regelrechter
lautverschiebung gälisches tiigh (spr. tliiij), wofür aber tiibh (spr.
t/iuw) gewöhnlicher gebraucht wird, decken, bedachen, nun finden
sich aus diesen wintern, mit der nothweudig eintretenden Schwä-
chung des anlautenden consonanlen des zweiten wortes zusammen-
gesetzt, im wälschen noch die Wörter viavndoad steindecke, stein-
dach, und macndoawl steindachartig; da haben wir fast buchstäblich
das malbergische wort mandoadu und das latinisierte mandualis, die
ich früher falsch aus niain der hügel, und dual der rand, die einfa-
fsung (hügeleinfafsung) zu erklären suchte, weil ich glaubte nur gäli-
sche Wörter zur erklärung herbeiziehen zu dürfen, in ähnlicher weise
greift noch vielfach bei erläuterung der malbergischen glosse der
wälsche dialect unterstülzeud ein. so brauchte ich weiter oben bei
der erklärung der glosse traslo (s. 160) das der form nach schon fer-
ner liegende gälische laogh (spr. lö/i') das kalb, während das wälsche
geradezu dasselbe wort /o, das kalb, hat. H. LEO.
373 z. 3 1. der geschäft ze lüne.
383 z. 4 und 18. herr professor Lachmann macht mich darauf aufmerk-
sam dafs er gedähte wie er Waten und w'is vnllekömen Wüte mit
einsilbigem ffate in der cäsur sehr anstöPsig sei (zu den Nib. 118,2),
dagegen untadelhaft er ddlile wie er Uätvn und wiUekomen, JVäte.
t also wird 451, 3 (1805) das rechte sein sich hete her JFäte gcstimet
nach ze lange und 574, 2 (2296) ist den enphalch er Waten, er znch
daz kindel/n nicht zu verändern.
573
INHALT.
Allerhand zu Gudrun, von Jacob Grimm s. 1
Sioza, von demselben - 5
Buch der rügen, herausgegeben von Th. von Karajan - 0
Sand Oswalds leben, herausgegeben von Franz Pfeiirer - 92
Biblische geschichle, von Mafsraann - 130
Einiges zur lex salica, von H. Leo - 158
Chrenechruda, von demselben - 163
Aurea fabrica, herausgegeben von H. Leyser - 168
Zu Bertolts Crane, von Wh. Müller - 176
Zum Iwein - 187
Zu den Merseburger gediehten, von Jacob Grimm - 188
Crede mihi, von demselben - 191
Das -er örtlicher appellative unadjectivisch, von demselben.... - 191
Frau kein wildes thier, von demselben - 192
Marienlied, herausgegeben von Benecke - 193
Gollhica minora, von Mafsmann •• - 199
Erfurter glossen, herausgegeben von Waitz - 204
Bonus, herausgegeben von Haupt - 208
Walthcr und Hildegunde, herausgegeben von Mafsmann - 216
Gedichte des 12n jh. zu Vorau in d. Steiermark, von demselben - 223
Prediglbruchstück, herausgegeben von Dietrich - 227
Über die bedeutung des namens Ziu, \ on A. Kuhn - 231
Über die geschichll. gruudlage des gr. Rudolf, von H. v. Syi)el - 235
Witege mit dem slangen, von Wilhelm Grimm - 248
Schon mehr über Phol, von Jacob Grimm - 252
Die ungleichen kindcr Evas, von demselben - 257
Über Umlaut und brechung, von demselben - 268
Vorausgeslcllte gcnitive, von demselben - 275
Beschreibung einer Zerbster proccssion vom j. 1507, herausge-
geben von Fr. Sintenis - 276
Zur lev Salica, von II. Leo - 297
Mittelniederliindisches oslerspiel, herausgeg. v. Julius Zacher. - 302
Mittelniederländische predigten, herausgeg. von demselben - 350
Ein märchen aus der Obcrlaositz, von Haupt - 358
Laubacher Barlaam - 361
Buridan und die königin von Frankreich, von H. Leyser - 362
Zu Silvester, von Wilhelm Grimm - 371
Wate, vou Haupt - 380
574 INHALT.
Die gute frau, herausgegeben von E. Sommer s. 385
Ein märchen aus der Oberlausitz, von Haupt - 481
Gregorius, herausgegeben von Schmeiler - 486
Zur lex Salica, von H. Leo - 500
Die altdeutsche stammsage bei den Schotten, von demselben... - 533
Der saelden tor, von Wilh. Wackernagel - 535
In den wald wünschen, von demselben - 537
Zwölf Schwerter und neun herzen, von demselben - 540
Theilen, theilen und wählen, theilen und kiesen, von demselben - 542
Verlöbnis und Irauung, von demselben - 548
F. H. TH, von demselben - 555
Drei lügenmärchen, herausgegeben von demselben - 560
War die eide ? von Jacob Grimm - 569
Aus Strafsburg, von Marsmann - 570
Niichträge und berichtigungen - 571
DRUCK VON BREITKOPF UND HÄRTEL IN LEIPZIG.
PF Zeitschrift für deutsches
^^^ Altertum und deutsche
^^ Literatur
Bd. 2
PLEASE EX) NOT REMOVE
CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
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